Stenographisches Protokoll

608. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 25. Jänner 1996

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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608. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 25. Jänner 1996

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 25. Jänner 1996: 14.05 – 19.23 Uhr

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Tagesordnung

1. Wahl eines Ordners für den Rest des 1. Halbjahres 1996

2. Erstattung eines Vorschlages des Bundesrates für die Ernennung eines Mitgliedes des Verfassungsgerichtshofes

3. Selbständiger Antrag der Bundesräte Dr. Herbert Schambeck, Walter Strutzenberger und Dr. Peter Kapral betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates

4. Wahl der vom Bundesrat zu entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948

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Inhalt

Bundesrat

Schreiben der Ersten Präsidentin des Wiener Landtages betreffend Mandatsveränderung im Bundesrat 6

Schreiben des Präsidenten des Steiermärkischen Landtages betreffend Mandatsveränderungen im Bundesrat 6

Schreiben des Präsidenten des Niederösterreichischen Landtages betreffend Mandatsveränderungen im Bundesrat 7

Angelobung der Bundesräte Horst Freiberger, Alfred Gerstl, Dipl.-Ing. Richard Kaiser, Dr. Michael Ludwig, Erhard Meier, Grete Pirchegger, Ing. Peter Polleruhs, Peter Rieser, Michaela Rösler, Johanna Schicker, Dr. Paul Tremmel und Engelbert Weilharter 8

Antrittsansprache des Präsidenten Johann Payer (Burgenland) 8

Wahl eines Ordners für den Rest des 1. Halbjahres 1996 15

Wahl der vom Bundesrat zu entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 73


Bundesrat
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Personalien

Krankmeldungen 6

Entschuldigungen 6

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Amtsenthebung und gleichzeitige Betrauung mit der Fortführung der Verwaltung der bisher innegehabten Ämter der Mitglieder der Bundesregierung 13

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Amtsenthebung von Bundesminister Dr. Staribacher beziehungsweise Betrauung mit diesem Amt bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung durch Minister Mag. Klima 13

Wahlen in Institutionen

Erstattung eines Vorschlages des Bundesrates für die Ernennung eines Mitgliedes des Verfassungsgerichtshofes 15

Vertretungsschreiben 13

Ausschüsse

Zuweisungen 14

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Ursula Haubner, Dr. Michael Rockenschaub und Kollegen an den Herrn Bundesminister für Umwelt betreffend Kraftwerksprojekt Lambach (1155/J-BR/96)

Begründung: Ursula Haubner 33

Beantwortung: Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 35

Redner:

Dr. Michael Rockenschaub 42

Peter Rodek 44

Johann Kraml 45

Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer 47

Dr. Helmut Prasch 50

Anton Hüttmayr 52

Mag. Gerhard Tusek 54

Dr. Günther Hummer 57

Andreas Eisl 59

Karl Wöllert 60

DDr. Franz Werner Königshofer 62

Dr. Drs h. c. Herbert Schambeck 63

Engelbert Weilharter 67

Entschließungsantrag der Bundesräte Ursula Haubner, Dr. Michael Rockenschaub und Kollegen betreffend einen aufschiebenden Stopp der Bauarbeiten zum Kraftwerksprojekt Lambach und die Durchführung einer diesbezüglichen Umweltverträglichkeitsprüfung 43


Bundesrat
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Ablehnung 69

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung 69

Verhandlungen

(3) Selbständiger Antrag der Bundesräte Dr. Herbert Schambeck, Walter Strutzenberger und Dr. Peter Kapral betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates (90/A-BR/95 und 5127/BR d. B.)

Berichterstatter: Josef Rauchenberger 16

(Antrag, der Bundesrat wolle beschließen, der diesem Ausschußbericht angeschlossenen Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates wird die verfassungsmäßige Zustimmung erteilt)

Redner:

Jürgen Weiss 17

Albrecht Konečny 22

Dr. Peter Kapral 24

Katharina Pfeffer 26

Dr. Paul Tremmel 28

Dr. Drs h. c. Herbert Schambeck 70

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, der Bundesrat wolle beschließen, der diesem Ausschußbericht angeschlossenen Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates wird die verfassungsmäßige Zustimmung erteilt 73

Eingebracht wurden

Berichte

16236-17968-EU der abgelaufenen Gesetzgebungsperiode sowie 1-49-EU der XX. Gesetzgebungsperiode über Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union gemäß Artikel 23e B-VG

Bericht des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die soziale Lage (III-143-BR/96)

Waldbericht 1994 des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft (III-144-BR/96)

Anfragen

der Bundesräte Dr. Drs h. c. Herbert Schambeck und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Doppelgleisigkeiten im Bereich der Grenzkontrollen (1152/J-BR/95)

der Bundesräte Dr. Drs h. c. Herbert Schambeck und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Durchführung des Streifendienstes im Bezirk Baden (1153/J-BR/95)

der Bundesräte Jürgen Weiss, Ilse Giesinger, Ludwig Bieringer und Gottfried Jaud an den Bundesminister für Finanzen betreffend Richtlinien für die Darstellung finanzieller Auswirkungen neuer rechtssetzender Maßnahmen (1154/J-BR/95)

der Bundesräte Ursula Haubner, Dr. Michael Rockenschaub und Kollegen an den Herrn Bundesminister für Umwelt betreffend Kraftwerksprojekt Lambach (1155/J-BR/96)


Bundesrat
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608. Sitzung / Seite 4

der Bundesräte Dr. Peter Kapral, Andreas Eisl und Gottfried Waldhäusl an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Interventions-Nahrungsmittel für benachteiligte Personen (1156/J-BR/96)

der Bundesräte Dr. Peter Kapral und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Überschuß-Abgabe auf Reis (1157/J-BR/96)

der Bundesräte Dr. Peter Kapral, Dr. Paul Tremmel und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Schließung des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien (1158/J-BR/96)

der Bundesräte Albrecht Konečny und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Errichtung eines Generalkonsulates in Ost-Jerusalem (1159/J-BR/96)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Ilse Giesinger, Dr. Reinhard Eugen Bösch an den Bundeskanzler betreffend Behandlungen von Anregungen des Ideenwettbewerbes "Effizienzpreis 1994" der Industriellenvereinigung Vorarlberg (1160/J-BR/96)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Ilse Giesinger, Dr. Reinhard Eugen Bösch an den Bundesminister für Finanzen betreffend Behandlungen von Anregungen des Ideenwettbewerbes "Effizienzpreis 1994" der Industriellenvereinigung Vorarlberg (1161/J-BR/96)

Anfragebeantwortungen

des Bundeskanzlers auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss, Ilse Giesinger und Dr. Reinhard Eugen Bösch (1050/AB-BR/95 zu 1129/J-BR/95)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Mag. Gerhard Tusek und Kollegen (1051/AB-BR/95 zu 1130/J-BR/95)

des Bundesministers für Finanzen auf die Frage der Bundesräte Ilse Giesinger und Kollegen (1052/AB-BR/96 zu 1137/J-BR/95)

des Bundesministers für Finanzen auf die Frage der Bundesräte Ilse Giesinger und Kollegen (1053/AB-BR/96 zu 1138/J-BR/95)

des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr auf die Frage der Bundesräte Anton Hüttmayr und Kollegen (1054/AB-BR/95 zu 1136/J-BR/95)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Dr. Paul Tremmel , Dr. Peter Kapral und Kollegen (1055/AB-BR/96 zu 1144/J-BR/95)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Dr. Paul Tremmel, Dr. Peter Kapral und Kollegen (1056/AB-BR/96 zu 1147/J-BR/95)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss , Ilse Giesinger und Dr. Reinhard Eugen Bösch (1057/AB-BR/96 zu 1140/J-BR/95)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten auf die Frage der Bundesräte Ilse Giesinger und Kollegen (1058/AB-BR/96 zu 1143/J-BR/95)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten auf die Frage der Bundesräte Ursula Haubner, Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen (1059/AB-BR/96 zu 1150/J-BR/95)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Frage der Bundesräte Dr. Peter Kapral und Kollegen (1060/AB-BR/96 zu 1151/J-BR/95)


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des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss, Ilse Giesinger und Dr. Reinhard Eugen Bösch (1061/AB-BR/96 zu 1141/J-BR/95)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Gottfried Waldhäusl, Dr. Peter Kapral und Kollegen (1062/AB-BR/96 zu 1145/J-BR/95)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Mag. Dieter Langer, Dr. Peter Kapral und Kollegen (1063/AB-BR/96 zu 1146/J-BR/95)

des Bundeskanzlers auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss, Ilse Giesinger und Kollegen (1064/AB-BR/96 zu 1142/J-BR/95)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Frage der Bundesräte Dr. Paul Tremmel, Dr. Peter Kapral und Kollegen (1065/AB-BR/96 zu 1148/J-BR/95)


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Beginn der Sitzung: 14.05 Uhr

Präsident Johann Payer: Ich eröffne die 608. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 607. Sitzung des Bundesrates vom 19. Dezember 1995 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Krank gemeldet haben sich die Mitglieder des Bundesrates Therese Lukasser und Dr. Peter Harring.

Entschuldigt haben sich die Mitglieder des Bundesrates Ludwig Bieringer, Hermann Pramendorfer und Dr. Susanne Riess-Passer.

Mandatsverzichte und Angelobungen

Präsident Johann Payer: Eingelangt sind Schreiben der Ersten Präsidentin des Wiener Landtages, des Präsidenten der Steiermärkischen und des Präsidenten des Niederösterreichischen Landtages betreffend Mandatsveränderungen im Bundesrat.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieser Schreiben.

Schriftführerin Ilse Giesinger: "Die erste Präsidentin des Wiener Landtages

Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Bundesrats

An den Herrn Präsidenten des Bundesrats Johann Payer

Sehr geehrter Herr Präsident! Das an zweiter Stelle gereihte Mitglied des Bundesrates, Walter Strutzenberger, hat mit Wirkung vom 31. Dezember 1995 auf sein Mandat verzichtet.

Auf dieses Mandat rückt das an gleicher Stelle gereihte Ersatzmitglied Dr. Michael Ludwig nach.

Mit Wirkung vom 14. Jänner 1996 haben das an zehnter Stelle gereihte Mitglied des Bundesrats Dr. Elisabeth Hlavac und das an gleicher Stelle gereihte Ersatzmitglied Martina Ludwig ihr Mandat zurückgelegt.

Entsprechende Nachwahlen werden voraussichtlich in der nächsten Landtagssitzung stattfinden."

"Der Präsident des Steiermärkischen Landtages

Sehr geehrter Herr Präsident! Es wird mitgeteilt, daß in der Landtagssitzung am 23. Jänner 1996 folgende Mitglieder und Ersatzmitglieder des Bundesrates gewählt wurden:

von der Österreichischen Volkspartei:

1.) als Mitglied: Kommerzialrat Alfred Gerstl als den an erster Stelle entsendeten Vertreter des Landes Steiermark, Arndtgasse 7, 8010 Graz;

als Ersatzmitglied: Dr. Fritz Hoess, Baierdorf 1, 8844 Schöder;

2.) als Mitglied: Grete Pirchegger, Leopersdorf 13, 8643 Allerheiligen i.M.;

als Ersatzmitglied: Dr. Vincenz Liechtenstein, Schenkenstraße 4/4, 1010 Wien;

3.) als Mitglied: Ing. Peter Polleruhs, Jauring 56, 8623 Aflenz-Land;

als Ersatzmitglied: Ing. Helmut Wieser, Oberdorf 57, 8612 Tragöß;

 


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4.) als Mitglied: Peter Rieser, Obdachegg 19, 8742 Amering;

als Ersatzmitglied: Erwin Puschenjak, Bahnhofstraße 1, 8714 Kraubath;

von der Sozialdemokratischen Partei Österreichs:

1.) als Mitglied: Horst Freiberger, Hans Froniusweg 2, 8280 Fürstenfeld;

als Ersatzmitglied: Elisabeth Gross, Wieskapellenweg 69, 8280 Fürstenfeld;

2.) als Mitglied: Erhard Meier, Teichschloßsiedlung 284, 8990 Bad Aussee;

als Ersatzmitglied: Josef Brandauer, Puchen 123, 8992 Altaussee;

3.) als Mitglied: Michaela Rösler, Goethestraße 1, 8850 Murau;

als Ersatzmitglied: Mag. Werner Köchl, 8853 Ranten 77;

4.) als Mitglied: Johanna Schicker, Sommersiedlung 32, 8712 Niklasdorf;

als Ersatzmitglied: Dr. Eleonore Hödl, Scheigergasse 104, 8010 Graz;

von der freiheitlichen Partei Österreichs:

1.) als Mitglied: Dr. Paul Tremmel, Harrachgasse 3, 8010 Graz;

als Ersatzmitglied: Kurt List, Wagnitzstraße 4E/6, 8073 Feldkirchen;

2.) als Mitglied: Engelbert Weilharter, 8852 Stolzalpe 3;

als Ersatzmitglied: Ing. Gerhard Raidl, Raachgasse 15, 8051 Graz.

Ich beehre mich, Ihnen dies zur Kenntnis zu bringen."

Das Schreiben des Präsidenten des Niederösterreichischen Landtages:

"Betrifft: Wahl eines Mitgliedes und eines Ersatzmannes des Bundesrates

Sehr geehrter Herr Präsident!

Das Mitglied des Bundesrates Frau Agnes Schierhuber hat ihr Mandat per 14. 1. 1996 zurückgelegt.

Weiters hat ihr Ersatzmann, Frau Landtagsabgeordnete Monika Lugmayr, erklärt, auf das freiwerdende Mandat als Mitglied des Bundesrates nicht nachfolgen, jedoch als Ersatzmann auf der Liste verbleiben zu wollen.

Auf Vorschlag des Niederösterreichischen Landtagsklubs der ÖVP wurden in der 35. Sitzung des Niederösterreichischen Landtages am 25. Jänner 1996 an Stelle von Frau Agnes Schierhuber Herr Dipl.-Ing. Richard Kaiser, Angestellter, Landwirt, 2243 Matzen, Hofrat-Döltl-Straße 1, als Mitglied des Bundesrates und Frau Landtagsabgeordnete Monika Lugmayr, Bäuerin, 2285 Leopoldsdorf, Breitstetten 32, als Ersatzmann gewählt.

Die Kanzlei des Bundesrates wurde zu Handen des Herrn Direktors des Bundesrates, Parlamentsrat Dr. Walter Labuda, verständigt. Ebenso wurde das Bundeskanzleramt, Sektion V/2, von der Wahl in Kenntnis gesetzt."

Präsident Johann Payer: Die neuen beziehungsweise wiedergewählten Mitglieder des Bundesrates sind im Hause anwesend. Ich werde daher sogleich ihre Angelobung vornehmen.


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Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Frau Schriftführerin wird die Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten sein. Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel und anschließend um den Namensaufruf.

Schriftführerin Ilse Giesinger: "Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Horst Freiberger.

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ): Ich gelobe.

Schriftführerin Ilse Giesinger Alfred Gerstl.

Bundesrat Alfred Gerstl (ÖVP): Ich gelobe.

Schriftführerin Ilse Giesinger: Dipl.-Ing. Richard Kaiser.

Bundesrat Dipl.-Ing. Richard Kaiser (ÖVP): Ich gelobe.

Schriftführerin Ilse Giesinger: Dr. Michael Ludwig.

Bundesrat Dr. Michael Ludwig (SPÖ): Ich gelobe.

Schriftführerin Ilse Giesinger: Erhard Meier.

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ): Ich gelobe.

Schriftführerin Ilse Giesinger: Grete Pirchegger.

Bundesrätin Grete Pirchegger (ÖVP): Ich gelobe.

Schriftführerin Ilse Giesinger: Ing. Peter Polleruhs.

Bundesrat Ing. Peter Polleruhs (ÖVP): Ich gelobe.

Schriftführerin Ilse Giesinger: Peter Rieser.

Bundesrat Peter Rieser (ÖVP): Ich gelobe.

Schriftführerin Ilse Giesinger: Johanna Schicker.

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ): Ich gelobe.

Schriftführerin Ilse Giesinger: Dr. Paul Tremmel.

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche): Ich gelobe.

Schriftführerin Ilse Giesinger: Engelbert Weilharter.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche): Ich gelobe.

Präsident Johann Payer : Ich begrüße die neuen beziehungweise wiedergewählten Mitglieder des Bundesrates recht herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Antrittsansprache des Präsidenten

14.15

Präsident Johann Payer : Hoher Bundesrat! Meine Damen und Herren! Mit Beginn des neuen Jahres ist die Präsidentschaft des Bundesrates auf das Burgenland übergegangen. Für mich als


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erstgereihten Vertreter dieses Bundeslandes ist diese Funktion eine sehr hohe Anerkennung und Auszeichnung.

Persönlich freue ich mich sehr, daß bei der heutigen Sitzung hohe politische Repräsentanten, aber auch Repräsentanten der burgenländischen Verwaltung anwesend sind, und ich erlaube mir, diese Gäste – Landtagspräsidenten Dr. Wolfgang Dax, Hans Sipöz, Georg Puhm, Klubobmann Dr. Peter Rezar sowie den höchsten Beamten, Landesamtsdirektor Dr. Robert Tauber, den Bürgermeister meiner Heimatgemeinde, Josef Thiess, mit seinen Gemeinderäten und unseren Herrn Pfarrer – besonders zu begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Ihre Anwesenheit – und ich glaube, da im Namen aller Bundesrätinnen und Bundesräte zu sprechen – werte ich als Anerkennung für die gesamte Länderkammer.

Ich möchte es an dieser Stelle keinesfalls verabsäumen, meiner Vorgängerin, Frau Präsidentin Haselbach, die objektiv, menschlich und gepaart mit großem Fachwissen die Geschicke der Länderkammer geführt hat, für ihre Arbeit wirklich recht herzlich zu danken. (Allgemeiner Beifall.)

Es ist natürlich ein Zufall, daß in dem Jahr, in dem wir "1000 Jahre Österreich" feiern, das jüngste Bundesland ebenfalls einen Geburtstag, nämlich den 75., begeht. Im Rahmen dieser Jubliäen werden sich Historiker und Wissenschafter verstärkt auch mit der Rolle meines Bundeslandes im Konzert der österreichischen Bundesländer beschäftigen.

Dabei wird der 12. Juni 1994, der Tag der Abstimmung über den Beitritt zur EU, eine besondere Rolle spielen. An diesem Tag haben 75 Prozent der Burgenländerinnen und Burgenländer einen bedeutenden Schritt in die Zukunft gesetzt. Sie haben ein eindeutiges Ja zum Beitritt Österreichs zur Europäischen Union gesagt. Diese hohe Zustimmungsrate in einem Bundesland ist europaweit einmalig und herausragend.

Dieses Abstimmungsergebnis markierte aber nur den vorläufigen Höhepunkt einer steten Aufwärtsentwicklung, ist es doch schon bei den Beitrittsverhandlungen, die Österreich mit der EU geführt hat, gelungen, die Anerkennung als Ziel-1-Gebiet zu erreichen. Und schon in wenigen Jahren soll aus diesem Bundesland mit Mitteln, die auch die Europäische Union zur Verfügung stellt, eine zentraleuropäische, sich dynamisch entwickelnde Region werden, nicht nur auf dem industriell-gewerblichen, sondern auch auf dem touristischen und agrarischen Sektor.

Dem Burgenland kommt mit 395 Kilometern EU-Außengrenze aber auch eine wichtige Rolle als Bindeglied zum ehemaligen Osten zu. Neben der aktiven Mitwirkung an der Europäischen Integration wird es Ziel sein, die bereits traditionellen und gutnachbarlichen Kontakte zu Ungarn und der Slowakei zu pflegen und auszubauen. Während meiner Funktionsperiode werde ich mich auch bemühen, diese Kontakte zu intensivieren.

Meine Damen und Herren! Ich habe eingangs das besondere EU-Abstimmungsergebnis meines Bundeslandes erwähnt. Eine nur oberflächliche Analyse dieses Ergebnisses könnte vielleicht den Eindruck vermitteln, daß einzig und allein der Geldfluß für Ziel-1-Projekte in das Burgenland für diesen hohen Zustimmungsgrad ausschlaggebend war. Ein genauer Blick in die 75jährige Geschichte unseres Bundeslandes beweist, daß andere Faktoren eine fast genauso wichtige Rolle gespielt haben.

Als 1921 das ehemalige Deutsch-Westungarn als neues Bundesland mit dem Namen "Burgenland" zu Österreich kam, waren das einzelne Dörfer ohne besonderen Zusammenhalt. Das Fehlen einer eigenen Hauptstadt – Ödenburg verblieb, wie Sie ja wissen, bei Ungarn –, der Mangel an durchgehenden Verkehrsverbindungen und Strukturprobleme in der Landwirtschaft – einerseits Großgrundbesitz, andererseits durch Erbteilung hervorgerufene bäuerliche Kleinstbetriebe – erschwerten die emotionale Identifikation als eigenes Bundesland.

Dazu kamen noch die Sogwirkung der Bundeshauptstadt Wien und das daraus resultierende notwendige Pendeln zu den Arbeitsplätzen. Aber gerade dieses Pendlerschicksal brachte einen


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europäischen Geist des gegenseitigen Achtens und Anerkennens in mein Bundesland. So ist zum Beispiel meine Heimatgemeinde Neutal Zentrum der Kessel- und Kaminmaurer, und kein Hochofen in Europa – und ich getraue mich zu sagen: auch keiner in Übersee – ist entstanden, ohne daß Neutaler Maurer dort mitgewirkt hätten.

Diese aus der Not geborene Offenheit wirkte sich auch positiv auf das friedvolle Zusammenleben der Volksgruppen – der Deutschen, Kroaten, Ungarn, Roma und Sinti – aus. Und in bezug auf diejenigen, die glaubten, durch grauenvolle Bombenanschläge in Oberwart und Stinatz vielleicht einen Keil zwischen unsere Volksgruppen treiben und Unruhe und Haß schüren zu können, kann ich von dieser Stelle als Burgenländer nur feststellen, daß dies nicht gelungen ist. Vielmehr glaube ich, daß sich dort, wo es bis zu diesen grauenhaften Taten vielleicht nur ein friedliches Nebeneinander gegeben hat, seither aus diesem Nebeneinander kontinuierlich ein solidarisches Miteinander entwickelt hat. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Daß das Burgenland auch im Bereich der Konfessionen vielfältiger als andere Bundesländer ist, hat sicherlich zur Europäisierung des Landes – dieser Ausdruck stammt aus der Ersten Republik, meine Damen und Herren! – beigetragen. Einige Gemeinden haben schon lange vor dem EU-Beitritt den Titel "Europagemeinde" getragen.

Das Verschwinden des Burgenlandes von der österreichischen Landkarte – während der Jahre 1938 bis 1945 gab es kein Burgenland, sondern eine Aufteilung des Landes zwischen dem Gau Niederdonau und Steiermark – konnte das schnell wachsende Landesbewußtsein jedoch nicht verhindern.

Meine Damen und Herren! Ich erwähne diese historischen Gegebenheiten als Gegenbeweis für die oft sehr leichtfertigen Aussagen, daß es durch die Europäische Union zu Identitätsverlusten der einzelnen Bundesländer kommen kann. Gerade das Gegenteil – das beweisen wissenschaftliche Untersuchungen – ist der Fall: Die Mitgliedschaft hat in allen Mitgliedsstaaten föderale und regionale Tendenzen gestärkt, und diese Tatsache – so glaube ich – ist für uns als Vertreter der Länderkammer ein wichtiges Kriterium, das es zu beachten gilt.

Hohes Haus! Mit seinen neun Bundesländern besitzt Österreich eine beneidenswerte Struktur lebendiger föderaler Einheiten, die topographisch, klimatisch, wirtschaftlich, politisch und in ihrer Identität klar differenziert sind und in dieser Differenzierung unsere Republik gleichzeitig interessant und liebenswert machen.

Europäisch verstandene Regionalpolitik verlangt Chancengleichheit und Solidarität. Die EU hilft entscheidend mit, die regionalen Ressourcen besser zu nutzen und durch Förderung lokaler Initiativen neue Lebenschancen und Anreize zum Bleiben und Seßhaftwerden in Gebieten mit starken Abwanderungstendenzen zu schaffen.

Ich habe ganz bewußt in meiner heutigen ersten Rede der Regionalpolitik breiteren Raum eingeräumt, weil ich glaube, daß das föderative Österreich einen großen Reichtum an politischen und administrativen Talenten auf regionaler Ebene besitzt und daher aufgerufen ist – und im besonderen wir als Vertreter der Länderkammer –, mitzuhelfen, daß das "Europa der Regionen" verstärkt aus dem "Reich der Ideen" in das "Reich der Tat" umgesetzt wird.

Als ganz wichtiges Signal für die aktive Rolle des Bundesrates in EU-Fragen werte ich dabei die Aktivitäten des EU-Ausschusses, der heute vor dieser Plenarsitzung auf Initiative des Vorsitzenden Ing. Penz zusammengetreten ist, um wichtige Fragen und Probleme zu erörtern.

Sehr geehrte Damen und Herren! Am 17. Dezember haben die Wählerinnen und Wähler mit einer hervorragenden Wahlbeteiligung der Politik einen eindeutigen Auftrag erteilt, den es sehr rasch zu erfüllen gilt. – Der Kernsatz dieses Wählerauftrages heißt meiner Meinung nach: Die Politik ist gefordert, eine reformorientierte, ausgewogene Budgetkonsolidierung unter besonderer Rücksichtnahme auf die Beschäftigungssituation als Grundlage für das weitere politische Agieren zustande zu bringen. Bund, Länder und Gemeinden sind gefordert, bei Investitionen in die Infrastruktur nicht nachzulassen, um auch Beschäftigung auf diesem Gebiet zu bieten.


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Wenn dies gelingt – und ich persönlich glaube daran –, dann müssen darüber hinaus auf möglichst breiter Basis in einem Konsens wiederum große Anstrengungen unternommen werden, um die sogenannte Bundesstaatsreform zu verwirklichen. Hinter diesem technokratischen Wort "Bundesstaatsreform" verbirgt sich – ich verwende hier eine Aussage des burgenländischen Landeshauptmannes Karl Stix, der bedauert, wegen der Koalitionsverhandlungen nicht hier sein zu können – nicht mehr und nicht weniger der Versuch, das Verhältnis zwischen dem einzelnen Bürger und dem Staat zu verbessern. Die Kompetenzaufteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden muß transparenter sein und für den einzelnen Staatsbürger überschaubarer gestaltet werden.

Dr. Peter Kostelka hat einen Antrag betreffend die Abhaltung einer Enquete über die Bundesstaatsreform eingebracht, und wir, meine Damen und Herren, die Vertreter der Länderkammer, müßten uns – so glaube ich – dabei ganz stark einbringen. Die Umsetzung dieses großen Reformpakets, was mit einer Stärkung der Stellung des Bundesrates verbunden sein muß – ich erinnere dabei nochmals an meine Aussagen über die Regionalpolitik in der EU –, wird nur dann möglich sein, wenn sich die Verhandlungspartner an die Maxime "näher zum Bürger" halten.

Warnend möchte ich aber meine Stimme erheben vor engstirnigen, von Kirchturmegoismus getriebenen Debatten, die es bisher wirklich nur in kleinen Ansätzen gegeben hat, wenn etwa der gesamte Verteilungsmodus von Steuergeldern zu Fall gebracht wird. Denn dann würde sich unweigerlich die Scherenwirkung zwischen ärmeren und reicheren Bundesländer verschärfen, und das würde auch der EU-Regionalpolitik diametral entgegenwirken.

Eine vernünftige Neuordnung der Kompetenzen, eine Neuordnung der Rechte und Pflichten sowohl des Bundes als auch der Länder muß mit viel Augenmaß, aber auch mit Solidarität in Angriff genommen werden. Diese Neuordnung sollte unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips und der Erkenntnisse der ökonomischen Föderalismusforschung, unter Beachtung von Gesichtspunkten der Verwaltungsvereinfachung und unter Berücksichtigung bewährter Regelungstraditionen erfolgen.

Wenn die Worte "näher zum Bürger" nicht Worthülsen bleiben sollen, dann wird es notwendig sein, der Bevölkerung mehr Mitsprachemöglichkeiten bei der Auswahl der Ländervertreter zu geben. Zum Beispiel die Direktwahl der Bundesräte – gemeinsam mit der jeweiligen Landtagswahl – ist sicher ein diskussionswürdiger Vorschlag, denn gerade die Wahlordnungen für die Landesparlamente und für die Gemeindestuben sind in den letzten Jahren in einigen Bundesländern – ich glaube sogar, in der Mehrheit der Bundesländer – personenorientierter geworden.

Um aber die Bindung zu den jeweiligen Landtagen durch personenzentriertere Auswahl der Mandatare nicht abreißen zu lassen, sondern zu verstärken – auch das scheint mir notwendig zu sein –, wäre ein Frage- beziehungsweise ein Rederecht in allen Landtagen eine weitere Möglichkeit, die Bundesgesetzgebung transparenter zu gestalten.

Hohes Haus! Gute und zielorientierte Politik benötigt das Vertrauen der Bevölkerung. Daher sind wir gefordert, uns auch mit einem immer wiederkehrenden Thema, das uns selbst betrifft, nämlich mit den Politikerbezügen – ich sage das ganz offen – zu beschäftigen. Grundsätzlich meine ich, daß Politiker keine Privilegien haben dürfen. Ich glaube, daß eine überwiegende Mehrheit diese auch nicht besitzt. Es ist eine Sache des Politikverständnisses und des Demokratieverständnisses, wie jemand Politikerbezüge und die Stellung des Politikers überhaupt bewertet.

Medienwirksam und populistisch ist es, sich selbst hinunter zu lizitieren und sich damit selbst in Frage zu stellen. Wenn man zum Beispiel sagt: Wir, unsere Gruppierung, machen es billiger, dann birgt dieses Bekenntnis die Gefahr in sich, daß die Qualität der Politik darunter leidet. Dieses "Hinunterlizitieren" eröffnet politischen Glücksrittern den Zugang zu Positionen und Funktionen, die sie unter demokratiepolitisch richtigen Regelungen nicht erreichen würden. Ein Politikerbezug, meine Damen und Herren, muß so gestaltet sein, daß die notwendige Unabhängigkeit gewährleistet ist.


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Ich habe mich mit der Diskussion über Politikerbezüge in den einzelnen Landtagen wirklich sehr genau beschäftigt und dabei festgestellt, daß man in allen Ländern bemüht ist, das Bezügegesetz transparent, nachvollziehbar und leistungsorientiert zu gestalten. Trotz dieser Bemühungen und Offenlegungen ist es jedoch bisher nicht gelungen, die Diskussion über Politikereinkommen so zu führen, daß sie der parlamentarischen Demokratie zuträglich ist.

Erlauben Sie mir, in diesem Zusammenhang als Beispiel – weil ich die Verhältnisse dort am genauesten kenne – mein Bundesland anzuführen. Trotz einer Einigung aller im Landtag vertretenen Parteien kommt es immer wieder zu Diskussionen, die dem Ansehen der Politik schaden und Politikverdrossenheit, vor allem bei der Jugend, fördern.

Von den derzeitigen Koalitionsverhandlungen erwarte ich mir daher eine Neuregelung der Politikerbezüge, und zwar in Form einer klaren und von der Bevölkerung durchschaubaren Einkommenspyramide, beginnend beim Bundespräsidenten über die Abgeordneten der einzelnen Landtage bis hin zu den auf kommunaler Ebene tätigen Mandataren.

Leistung und politische Verantwortung müßten bei diesem Aufbau das gerechte Maß für das Einkommen sein. Politiker – das ist meine Meinung – brauchen kein Armutsgelübde abzulegen. Es scheint mir aber dringend notwendig zu sein, daß man in dieser von mir dargestellten Einkommenspyramide auch Mechanismen einbaut, die garantieren, daß dieses vorgeschlagene System der Pyramide nicht durch Ämterkumulierung umgangen wird. Ich meine damit nicht, daß nur eine einzige politische Funktion ausgeübt werden soll. Gerade Kommunalpolitiker sind in den gesetzgebenden Körperschaften der Länder und des Bundes notwendig. Es sollte aber, auch wenn jemand zwei politische Funktionen und zwei Einkommen hat, eine transparente Einkommensobergrenze innerhalb dieser klaren Einkommenspyramide geben.

Diskussionswürdig – darüber sollten wir auch reden – erscheint mir auch die Loslösung der Politikereinkommen vom Bezügeschema des öffentlichen Dienstes. Mir ist völlig bewußt, daß ich damit ein sehr heikles Thema anschneide. Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Die bisher praktizierten Nullohnrunden bei Politikern lassen sich medienwirksam für einige Zeit gut verkaufen, bringen aber keine Strukturveränderung. Die bisher praktizierten Verzichte führen nämlich, solange wir das Bezügeschema des öffentlichen Dienstes anwenden, ein Jahr später zu dem grotesken Fall, daß Bezüge von Politikern automatisch mit dem doppelten Prozentsatz, im Vergleich zu den anderen Gehaltsempfängern, erhöht werden. Eine Bindung der Erhöhung an die durchschnittliche Einkommensentwicklung aller Bürger Österreichs ist daher diskussionswürdig und überlegenswert. – Das wollte ich heute bei meiner ersten Rede auch anbringen.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich habe versucht, zu einigen Problemen Stellung zu nehmen. Es waren dies die Regionalpolitik in Europa aus föderativer Sicht, aus der Sicht eines Bundeslandes, es waren dies Anmerkungen zur Bundesstaatsreform und Überlegungen zur Stärkung der Stellung des Bundesrates und die meiner Meinung nach bestehende Notwendigkeit, daß verstärkt vertrauensbildende Maßnahmen im eigenen Bereich, sprich ganz offen: im Zusammenhang mit Politikereinkommen, gesetzt werden.

Abschließend ersuche ich Sie, gemeinsam, trotz verschiedener politischer Standpunkte und trotz mancher Gegensätze, immer wieder zu versuchen, parlamentarisch tragfähige Brücken zum Wohle unserer Republik zu bauen. Ich werde mich nach bestem Wissen und Gewissen darum bemühen. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

14.38

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Johann Payer: Ich setze jetzt mit den Bekanntgaben fort.

Eingelangt ist ein Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Amtsenthebung und gleichzeitige Betrauung mit der Fortführung der Verwaltung der bisher innegehabten Ämter der Mitglieder der Bundesregierung.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieses Schreibens.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
608. Sitzung / Seite 13

Schriftführerin Ilse Giesinger:
"An die Präsidentin des Bundesrats

Ich beehre mich mitzuteilen, daß der Herr Bundespräsident mit Entschließung vom 19. Dezember 1995, GZ 800.410/5/95, die in der Sitzung des Ministerrates am 19. Dezember 1995 beschlossene Demission der Bundesregierung zur Kenntnis genommen hat und die Bundesregierung und die Staatssekretäre gemäß Artikel 74 Abs. 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes vom Amte enthoben hat.

Gleichzeitig hat der Herr Bundespräsident mich und die übrigen Mitglieder der Bundesregierung gemäß Artikel 71 des Bundes-Verfassungsgesetzes bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung mit der Fortführung der Verwaltung der bisher innegehabten Ämter und mich mit dem Vorsitz in der einstweiligen Bundesregierung betraut.

Ferner hat der Herr Bundespräsident auf meinen Vorschlag gemäß Artikel 70 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 78 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung die bisher im Amt befindlichen Staatssekretäre und Staatssekretärin mit der weiteren Wahrnehmung ihrer Funktionen betraut.

Mit besten Grüßen

Franz Vranitzky"

Präsident Johann Payer: Das dient zur Kenntnis.

Eingelangt ist weiters ein Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Amtsenthebung von Bundesminister Dr. Staribacher beziehungsweise Betrauung von Bundesminister Mag. Viktor Klima mit diesem Amt bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung.

Ich ersuche abermals die Schriftführung um Verlesung dieses Schreibens.

Schriftführerin Ilse Giesinger: "An den Herrn Präsidenten des Bundesrats

Ich beehre mich, die Mitteilung zu machen, daß der Herr Bundespräsident mit Entschließung vom 3. Jänner 1996, Zl. 800.410/0/96, gemäß Artikel 74 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz den Bundesminister für Finanzen Dr. Andreas Staribacher vom Amte enthoben hat.

Gleichzeitig hat der Herr Bundespräsident gemäß Artikel 71 Bundes-Verfassungsgesetz bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung Mag. Viktor Klima mit der Fortführung der Verwaltung des Bundesministeriums für Finanzen betraut."

Präsident Johann Payer: Auch das dient zur Kenntnis.

Eingelangt ist weiters ein Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Ministervertretung.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieses Schreibens.

Schriftführerin Ilse Giesinger: "An den Präsidenten des Bundesrates

Der Herr Bundespräsident hat am 24. Jänner 1996, Zl. 800.420/5/96, folgende Entschließung gefaßt:

Auf Vorschlag des Bundeskanzlers betraue ich für die Dauer der Verhinderung des Bundesministers für Inneres Dr. Caspar Einem am 25. und 26. Jänner 1996 den Bundesminister für Arbeit und Soziales Franz Hums mit der Vertretung.

Hievon beehre ich mich, mit dem Ersuchen und gefällige Kenntnisnahme Mitteilung zu machen."

Präsident Johann Payer: Auch das dient zur Kenntnis.

Eingelangt sind ferner 17 Anfragebeantwortungen, die den Anfragestellern übermittelt wurden.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
608. Sitzung / Seite 14

Die Anfragebeantwortungen wurden vervielfältigt und auch an alle übrigen Mitglieder des Bundesrates verteilt.

Den eingelangten

Bericht des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die soziale Lage 1994 und

den Waldbericht 1994 des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft

habe ich dem Sozialausschuß beziehungsweise dem Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft zur Vorberatung zugewiesen.

Eingelangt sind ferner Berichte (16236 bis 17968 der abgelaufenen Gesetzgebungsperiode sowie 1 bis 49-EU) der XX. Gesetzgebungsperiode über Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union gemäß Artikel 23e Bundes-Verfassungsgesetz. Diese Berichte habe ich dem EU-Ausschuß zugewiesen.

In Anbetracht des Umfanges habe ich gemäß § 18 Abs. 2 Geschäftsordnung des Bundesrates nach Rücksprache mit den Vizepräsidenten angeordnet, daß eine Vervielfältigung und Verteilung zu unterbleiben hat, alle Vorlagen jedoch in der Parlamentsdirektion zur Einsichtnahme aufliegen.

Weiters gebe ich bekannt, daß ich den

Selbständigen Antrag der Bundesräte Dr. Schambeck, Strutzenberger und Dr. Kapral betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates

dem Geschäftsordnungsausschuß zur Vorberatung zugewiesen habe. Der Ausschuß hat seine Vorberatung abgeschlossen und einen schriftlichen Ausschußbericht erstattet.

Absehen von der 24stündigen Aufliegefrist

Präsident Johann Payer: Im Hinblick darauf sowie mit Rücksicht auf einen mir zugekommenen Vorschlag, von der 24stündigen Aufliegefrist Abstand zu nehmen, habe ich den soeben erwähnten Selbständigen Antrag, die Wahl eines Ordners für den Rest des 1. Halbjahres 1996, die Erstattung eines Vorschlages des Bundesrates für die Ernennung eines Mitgliedes des Verfassungsgerichtshofes sowie die Wahl der vom Bundesrat zu entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder des Selbständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die mit der Abstandnahme von der 24stündigen Aufliegefrist des gegenständlichen Ausschußberichtes einverstanden sind, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Vorschlag ist mit der nach § 44 Abs. 3 der GO-BR erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Ankündigung einer dringlichen Anfrage

Präsident Johann Payer: Bevor ich in die Tagesordnung eingehe, gebe ich bekannt: Es liegt ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Haubner, Rockenschaub und Kollegen an den Bundesminister für Umwelt betreffend Kraftwerksprojekt Lambach vor.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung an den Schluß der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.


Bundesrat
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608. Sitzung / Seite 15

1. Punkt

Wahl eines Ordners für den Rest des 1. Halbjahres 1996

Präsident Johann Payer: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt: Wahl des Ordners für den Rest des 1. Halbjahres 1996.

Diese Wahl ist durch die vom neu konstituierten Steiermärkischen Landtag durchgeführten Neuwahlen in den Bundesrat notwendig geworden.

Es liegt mir der Vorschlag vor, Herrn Bundesrat Dr. Paul Tremmel für den Rest des 1. Halbjahres 1996 zum Ordner zu wählen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich frage den Gewählten Dr. Tremmel, ob er die Wahl annimmt.

Bundesrat Dr. Paul Tremmel: Ich nehme die Wahl an und danke für das Vertrauen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsident Johann Payer: Danke schön.

2. Punkt

Erstattung eines Vorschlages des Bundesrates für die Ernennung eines Mitgliedes des Verfassungsgerichtshofes

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung: Erstattung eines Vorschlages des Bundesrates für die Ernennung eines Mitgliedes des Verfassungsgerichtshofes.

Die Erstattung dieses Vorschlages ist notwendig geworden, da das seinerzeit aufgrund eines Vorschlages des Bundesrates ernannte Mitglied des Verfassungsgerichtshofes, Dr. Heinrich Kienberger, mit Ablauf des 31. Oktober 1995 aus dem Verfassungsgerichtshof ausgeschieden ist.

Gemäß § 1 Abs. 2 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 wurde die offene Stelle im Amtsblatt zur Wiener Zeitung und in den für amtliche Kundmachungen bestimmten Landeszeitungen mit einer Bewerbungsfrist bis 28. November 1995 ausgeschrieben.

Den Mitgliedern des Bundesrates wurde die Möglichkeit zur Einsicht in die eingelangten Bewerbungen geboten.

Es liegt mir nunmehr ein Wahlvorschlag vor, der auf Dr. Willibald Liehr lautet.

Wird die Durchführung der Wahl mittels Stimmzettel gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Ich werde daher die Wahl durch Handzeichen vornehmen lassen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem von mir genannten Wahlvorschlag, der auf Dr. Willibald Liehr lautet, ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Wahlvorschlag ist somit angenommen .


Bundesrat
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608. Sitzung / Seite 16

3. Punkt

Selbständiger Antrag der Bundesräte Dr. Herbert Schambeck, Walter Strutzenberger und Dr. Peter Kapral betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates (90/A-BR/95 und 5127/BR der Beilagen)

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung: Selbständiger Antrag der Bundesräte Dr. Schambeck, Strutzenberger und Dr. Kapral betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Josef Rauchenberger übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Josef Rauchenberger: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Die Bundesräte Dr. Schambeck, Strutzenberger und Dr. Kapral haben am 19. Dezember 1995 den Antrag betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates eingebracht und wie folgt begründet:

Aus den Erfahrungen der Verhandlungen im Bundesrat haben sich mehrere Änderungswünsche ergeben, die in dieser Novelle zur Geschäftsordnung des Bundesrates zusammengefaßt werden.

Es handelt sich hiebei um die Möglichkeit, einen Schriftführer für eine bestimmte Ausschußsitzung zu wählen, wenn die auf Dauer gewählten Schriftführer verhindert sind. Diese Regelung hat sich auch in den Ausschüssen des Nationalrates bewährt.

Weiters soll das Rederecht der Landeshauptmänner auch auf Angelegenheiten, die nicht auf der Tagesordnung stehen, ausgedehnt werden.

Im Fall einer unvorhersehbaren Verhinderung eines Fragestellers soll er seine mündliche Anfrage an einen anderen Bundesrat abtreten können, wenn dieser zustimmt.

Zur Klarstellung für die Auflage des Amtlichen Protokolls wird die Frist mit den Amtsstunden von 8 bis 16 Uhr genau bestimmt.

Darüber hinaus soll die Bezeichnung für die leitenden Bediensteten der Parlamentsdirektion in Angelegenheiten des Bundesrates auf eine zeitgemäße Form geändert werden und auch auf die Stellvertretung anwendbar sein.

Weiters haben die oben angeführten Bundesräte folgendes zur Erläuterung ausgeführt:

Zur Erweiterung des Rederechtes des Landeshauptmannes:

Das Rederecht des Landeshauptmannes im Bundesrat beschränkt sich nach § 38 Abs. 2 auf Wortmeldungen im Rahmen einer Debatte.

Es erscheint aber sinnvoll, darüber hinaus dem Landeshauptmann auch das Recht zuzugestehen, im Bundesrat Erklärungen zu Themen abzugeben, die nicht auf der Tagesordnung des Bundesrates stehen. Über solche Erklärungen soll die Abhaltung einer Debatte verlangt werden können.

Zur Abtretung einer mündlichen Anfrage an einen anderen Bundesrat:

In der Praxis hat sich manchmal die Situation ergeben, daß ein Bundesrat, der gemäß § 62 eine mündliche Anfrage spätestens am vierten Tage vor der Fragestunde eingebracht hat, kurzfristig erkrankt beziehungsweise sonst verhindert ist, an der Sitzung teilzunehmen.

Dennoch kann die Beantwortung der Frage für den verhinderten Bundesrat politisch von großer Bedeutung sein. Es wäre daher zweckmäßig, wenn an seiner Stelle ein anderer Bundesrat diese Frage vortragen könnte.


Bundesrat
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608. Sitzung / Seite 17

Um in das Individualrecht des verhinderten Bundesrates nicht einzugreifen, wird daher vorgeschlagen, daß dieser hinsichtlich der Abtretung eine konkrete Erklärung gegenüber dem Präsidenten des Bundesrates – Bundesratskanzlei – abgeben muß, in welcher er auch jenen Bundesrat zu bezeichnen hat, der in sein Fragerecht eintreten soll.

Der Geschäftsordnungsausschuß hat diesen Antrag in seiner Sitzung am 25. Jänner 1996 in Verhandlung genommen.

Die Bundesräte Dr. Schambeck, Konečny und Dr. Kapral brachten einen Abänderungsantrag ein, womit die durch den EU-Beitritt Österreichs obsolet gewordenen Bestimmungen über den EWR-Ausschuß aus der Geschäftsordnung gestrichen werden und weiters die Bundesräte eines Landes mit weniger als fünf Mitgliedern die Möglichkeit erhalten, eine Debatte über die Erklärung ihres Landeshauptmannes zu verlangen; schließlich wird ein sinnstörender Druckfehler bereinigt.

Bei der Abstimmung wurde der Selbständige Antrag 90/A-BR/95 unter Berücksichtigung des vorerwähnten Abänderungsantrages einstimmig angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Geschäftsordnungsausschuß somit den Antrag, der Bundesrat wolle beschließen:

Der diesem Ausschußbericht angeschlossenen Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates wird die verfassungsmäßige Zustimmung erteilt.

Präsident Johann Payer: Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausführungen.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Jürgen Weiss. Ich erteile dieses.

14.54

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Ausführungen des Berichterstatters konnten Sie bereits entnehmen, daß die zur Diskussion stehende Änderung der Geschäftsordnung einige Klarstellungen bringt, die die Handhabung der Geschäftsordnung in der Praxis erleichtern sollen. Es ist ein gutes Zeichen für die Zusammenarbeit im Bundesrat, daß auf erkannten Änderungsbedarf rasch reagiert wird, ohne das mit anderen Fragen zu junktimieren.

Der Hauptteil des Antrages stärkt die Verbindung des Bundesrates mit den Ländern. Der jeweilige Landeshauptmann kann auch von sich aus und nicht nur im Rahmen der vorgegebenen Tagesordnung Anliegen zur Diskussion stellen. In welcher Weise das künftig über rein protokollarische Höflichkeit hinaus genutzt wird, wird auch maßgeblich für den künftigen Einfluß des Bundesrates sein.

Die Bundesverfassung beschreibt die Stellung des Bundesrates in der Bundesgesetzgebung, ohne damit ausdrücklich eine bestimmte Aufgabe zu verbinden. Der Bundesrat ist also zunächst einmal zweite Kammer der Bundesgesetzgebung im allgemeinen Sinne, sozusagen die Verkörperung des Vier-Augen-Prinzips und Ausdruck der Gewaltenteilung auch in der Gesetzgebung selbst. Wir alle wissen, daß auch unter dem Gesichtspunkt der zweiten Kammer und ihrer Stellung unsere Befugnisse schwächer sind als die nahezu aller anderen zweiten Kammern der Parlamente anderer Staaten, gleich, welcher Staatsform sie sich bedienen. In einem einzigen Punkt sind wir völlig gleichberechtigt mit dem Nationalrat, was die Wirksamkeit unserer Beschlüsse und die Gleichwertigkeit der Einflußnahme betrifft, nämlich dort, wo Verfassungsänderungen die Zuständigkeiten der Länder einschränken würden.

Wenn wir uns fragen, ob wir den mit dem Vier-Augen-Prinzip üblicherweise verbundenen Erwartungen gerecht werden, müssen wir, glaube ich, zur Kenntnis nehmen, daß es in Österreich in der Bevölkerung, in den Ländern, auch in den Gemeinden, vielfältige Kritik an der Tätigkeit des Bundesgesetzgebers gibt.


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608. Sitzung / Seite 18

Das deutet schon darauf hin, daß wir – glaube ich – ein bißchen selbstkritisch sagen müssen, daß wir manches durchgehen lassen, an dem wir nachher dann verständlicherweise Kritik üben und mit dem wir Kritik ernten. Ich glaube, ein solch kritischer Maßstab darf allerdings nicht in den Hintergrund rücken, daß wir dessenungeachtet in vielfacher Weise eine Art vorbeugende Wirkung entfalten, die nicht konfliktaustragend ist, indem man einen Beschluß beeinsprucht oder ihm nicht zustimmt und dann zurückverweist, sondern indem man sich von vornherein bemüht, Bedenken zeitgerecht einzubringen, und Konflikte, die sich aus diesem Spannungsverhältnis der beiden Kammern ergäben, gar nicht erst eintreten zu lassen.

Ich halte das an sich für eine sehr vernünftige Vorgangsweise. Sie hat nur für uns den optischen Nachteil, daß solche Konfliktvermeidung natürlich häufig nicht sichtbar und daher dem Bundesrat in der Öffentlichkeit auch nicht zugeschrieben wird.

In der häufig verwendeten Bezeichnung "Länderkammer" für den Bundesrat wird dem Bundesrat eine ganz spezifische Funktion zugeschrieben. Diese wird daraus abgeleitet – in der Bundesverfassung selbst ist das der einzige Anknüpfungspunkt –, daß die Mitglieder des Bundesrates von den Ländern, konkret von den Landtagen, entsandt werden. Der Bundesrat ist in dieser Hinsicht also nach dem Gedanken des Staatsvertretungsorgans angelegt, wenngleich das auch nicht ausdrücklich ausgesprochen und ausgeführt ist wie so manches, was als Ergebnis eines historischen Kompromisses diesbezüglich in die Bundesverfassung eingeflossen ist. Der Verfassungsgesetzgeber hat also bewußt differenziert und von einer bloßen Wiederholung der Kreationsvorgänge des Nationalrates – der Volksvertretung Nationalrat – abgesehen, die zudem angesichts der Befugnisse des Bundesrates und der häufig festzustellenden Gleichartigkeit der Beschlüsse die Frage von dessen Notwendigkeit aufwerfen würde, würde man konsequent zu Ende argumentieren.

Wir sollten auch nicht davon ausgehen, daß nur der Bundesrat und die Bundesräte Länderinteressen vertreten würden. Das tut natürlich auch der Nationalrat, denn auch in die Beschlüsse des Nationalrates fließen Erwägungen, die für die Länder sprechen, mit ein.

Der Nationalrat agiert also keineswegs abgehoben von den Ländern, weder in seiner Gesamtheit, noch tun dies die einzelnen Abgeordneten.

Wie die Gliedstaaten in einem Bundesstaat ihren Bestand sichern können und auf die dem Bund übertragene Gesetzgebungskompetenz im Sinne des Verfassungsgesetzgebers einwirken können, ist in Bundesstaaten auf verschiedene Art und Weise geregelt. In der Schweiz geschieht das nur auf den ersten Blick im Rahmen des Ständerates, der zwar durchwegs von der Bevölkerung gewählt wird, aber ohne jeglichen Parteienproporz. In der Schweiz ist es tatsächlich eine reine Personenwahl, die in gar nicht so seltenen Fällen dazu führt, daß beispielsweise beide Ständeräte eines Kantons derselben Partei angehören, etwas, was nach unseren Wahlmodalitäten und Vorstellungen ganz offenkundig nicht ins Auge gefaßt ist und auch nicht in der Bundesverfassung ins Auge gefaßt war. Das ist also ein ganz wesentlicher Gesichtspunkt der Zusammensetzung des Schweizer Ständerates durch Volkswahl.

Die Schweizer Kantone sind in ihrem Bestand allerdings auf eine weitaus wirkungsvollere Art und Weise gesichert, indem nämlich Verfassungsänderungen jeglicher Art, auch wenn sie den Bestand der Kantone gar nicht tangieren, einer Volksabstimmung zu unterziehen sind, wobei nicht nur die Zustimmung der Mehrheit der Bevölkerung erforderlich ist, sondern auch die Mehrheit der Kantone. Damit haben die Schweizer Kantone eine ausgesprochen starke Bestandsgarantie, die zudem noch von dem Grundsatz der völligen Gleichwertigkeit der Kantone beim Zustandekommen dieses sogenannten Ständemehrs getragen ist.

In der Bundesrepublik Deutschland – um den zweiten bundesstaatlichen Nachbarstaat ins Auge zu fassen – ist die Interessenvertretung der Länder ihnen selbst übertragen, zwar auch im Wege eines Organs, das den Namen "Bundesrat" trägt, das aber ausschließlich aus Mitgliedern der Landesregierungen unter Federführung des jeweiligen Ministerpräsidenten gebildet wird. In der Bundesrepublik Deutschland nehmen die Länder ihre Interessenvertretung in der Bundesgesetzgebung selbst wahr, und zwar mit Organen, die zudem noch dem Landtag bei der


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608. Sitzung / Seite 19

Wahrung dieser Interessen politisch verantwortlich sind, etwas, wodurch sich unsere Bundesräte ganz wesentlich unterscheiden, weil es hier diese politische Verantwortlichkeit – abgesehen von der Wahl und einer allenfalls drohenden Nichtwiederwahl – nicht in diesem rechtlich ausgeprägten Sinne gibt.

Österreich hat einen dritten Weg gewählt, daß nämlich die Länder nicht durch sich selbst, sondern mittelbar durch eigene Vertreter ihre Interessen wahren können. Daß der Bundesrat die Interessen der Länder zu wahren hat, ist also gesundes Selbstbewußtsein, keineswegs Amtsanmaßung.

Das geht auch aus dem Arbeitsbehelf zum Bundesfinanzgesetz 1995 hervor, in dem folgendes als Begründung für die durch mit dem Bundesrat notwendigerweise verbundenen Ausgaben steht. Es heißt dort in einer Vorlage der Bundesregierung, jeweils zur Kenntnis genommen und mitbeschlossen vom Nationalrat: "Aufgaben des Bundesrates: Der Bundesrat setzt sich aus den von einzelnen Landtagen entsendeten Vertretern zusammen und übt gemeinsam mit dem Nationalrat die Bundesgesetzgebung aus." Jetzt kommt es – ich zitiere wörtlich –: "Seine vornehmliche Aufgabe ist hierbei, die Interessen der Länder zu wahren." Das ist also die Aufgabe, die uns auch nach dem Verständnis der Bundesregierung zugeschrieben ist.

Die mittelbare Vertretung von Interessen in einer Art Treuhandverhältnis wirft natürlich in der Praxis wie im Wirtschaftsleben auch in der Politik zahlreiche Probleme auf, insbesondere dann, wenn der Treuhänder Gefahr läuft, die von ihm zu vertretenden Interessen nicht an jenen des Treugebers zu orientieren.

Aus der auch von den anderen Staatsorganen so gesehenen Aufgabe der Wahrung der Länderinteressen ergeben sich der Sache nach ein enger Zusammenhang und die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit mit den Bundesländern. Wir alle wissen aus verschiedenen Blickwinkeln, daß diese Zusammenarbeit – das ist durchaus auch ein Appell an die Länder – verbesserungsfähig ist. Ich möchte den Herrn Präsidenten und die Vizepräsidenten bestärken, in ihrem Bemühen fortzufahren, diese Kontakte mit den Ländern zu verbessern und zu verstärken.

Mit der Änderung der Geschäftsordnung setzen wir einen weiteren Schritt in diesem kontinuierlichen Bemühen, und wir schöpfen damit gleichzeitig weitgehend das aus, was uns an Stärkung des Bundesrates verfassungsrechtlich möglich ist.

Ich möchte mich in diesem Zusammenhang auch dafür bedanken, daß im Ausschuß durch einen Abänderungsantrag der Hinweis aufgegriffen wurde, daß es wohl angebracht wäre, wenn man bei dem Verlangen auf Debatte über die Erklärung eines Landeshauptmannes, das dieser nicht selbst stellen kann, nicht auf die Fraktionsstärke von fünf Bundesräten abstellt, sondern es auch kleineren Bundesländern – es sind immerhin drei, die nicht fünf Bundesräte haben – ermöglicht, wenn sie gemeinsam – alle drei oder vier – diese Auffassung vertreten, eine Diskussion einzuleiten. Es wäre nicht ganz sachgerecht, wenn das nur den Bundesräten eines größeren Landes möglich wäre, insbesondere dann, wenn der eigene Landeshauptmann eine Erklärung abgibt.

Etwas, was als Erinnerungspost für weitere Geschäftsordnungsänderungen anzufügen wäre: Derzeit ist es so, daß bei vergleichbaren Erklärungen eines Mitgliedes der Bundesregierung nach wie vor nur fünf Bundesräte eine Diskussion verlangen können. Das ist eine nicht ganz befriedigende Situation, etwa in dem Fall, daß sich eine solche Erklärung auf ein Bundesland im besonderen bezieht. Wenn dieses Bundesland den Nachteil hat, klein zu sein, könnten seine Bundesräte, wenn sie der Meinung wären, darüber sollte es über alle Parteigrenzen hinweg im Interesse ihres Landes eine Diskussion geben, das nach der gegenwärtigen Rechtslage nicht mit einem Verlangen durchsetzen. Das wäre also etwas, was man bei einer künftigen Reform der Geschäftsordnung ins Auge fassen sollte.

Jedenfalls möchte ich mich dafür bedanken, daß den Anliegen der kleineren Länder mit dieser Novelle in sachgerechter Weise entsprechend Rechnung getragen wird.


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Um die Möglichkeiten des Bundesrates zu erweitern, haben wir in der letzten Gesetzgebungsperiode dem Nationalrat auf eine Änderung der Bundesverfassung zielende Gesetzesanträge übermittelt. Das betraf zunächst die Möglichkeit des EU-Ausschusses, Stellungnahmen des Bundesrates in EU-Angelegenheiten namens des gesamten Bundesrates abzugeben.

Wir wissen aus der Praxis, daß dies geradezu eine Voraussetzung dafür sein wird, daß der EU-Ausschuß und damit auch der Bundesrat seine Interessen in einer effizienten, das heißt raschen Art und Weise wahren kann. Man kann nun darüber diskutieren, ob es die Bundesverfassung überhaupt ausschließen würde, daß wir in unserem autonomen Wirkungsbereich einem Ausschuß des Bundesrates diese Enderledigungsbefugnisse übertragen. Ich halte aber durchaus dafür, daß man im Zweifel – auch dies ist anzuerkennen – eine Klarstellung durch den Verfassungsgesetzgeber erbittet.

In diesem Zusammenhang nur in Parenthese: Beim Unvereinbarkeitsausschuß sowohl des Nationalrates als auch des Bundesrates gibt es offenkundig diese Bedenken nicht, denn auch dort erfolgt ohne ausdrückliche Ermächtigung durch die Bundesverfassung Enderledigung, indem nämlich beispielsweise von einem Bundesrat mitgeteilte unvereinbarkeitsrelevante Sachverhalte abschließend und enderledigend zur Kenntnis genommen werden, ohne daß noch einmal das Plenum des National- oder Bundesrates damit zu befassen wäre. Das soll aber niemanden daran hindern, eine verfassungsrechtlich saubere Verankerung weiter zu betreiben.

Das, was wir dem Nationalrat in der letzten Gesetzgebungsperiode weiters als Wunsch mit auf den Weg gegeben haben, war eine Stärkung des Bundesrates im allgemeinen. Sie kennen diese Punkte, ich möchte sie nur schlagwortartig erwähnen: Es handelt sich um eine Gleichstellung mit dem Nationalrat hinsichtlich des Widerspruchsrechtes in ganz wenigen sich aus der Zuständigkeit ergebenden Fällen, wenn die Bundesregierung von einer bindenden Stellungnahme des Bundesrates abweichen möchte.

Das ist weiters das mir in der Praxis außerordentlich wichtig und effizient erscheinende Recht des Bundesrates, vorab zu einem in Aussicht stehenden Gesetzesbeschluß Stellung nehmen zu können, würde uns aus der unangenehmen Situation befreien, daß wir nur abschließend ja und amen oder nein sagen können. Das ist keine befriedigende Entscheidungssituation. Wünschenswert wäre, könnten Bedenken auch formal, nicht nur hinter den Kulissen zeitgerecht artikuliert werden.

Das dritte ist eine gemeinsam mit dem zuständigen Ausschuß des Nationalrates wahrzunehmende Korrekturfunktion bei offenkundigen Schreibfehlern oder Irrtümern, ohne daß damit die gesamte Gesetzgebungsmaschinerie von vornherein neu in Bewegung gesetzt werden muß. Wir alle kennen ja diese Situationen, in denen man auf der einen Seite bei einer nicht ganz sauber vollziehbaren Regelung verharrt, weil man das neuerliche Ingangsetzen der Maschinerie scheut.

Das nächste ist das aus der Bundesstaatsreform herausgelöste Inkorporierungsgebot, das für die Länder außerordentlich wichtig ist, auch für die Verständlichkeit der Bundesgesetzgebung. Verfassungsänderungen sollen, so wie in nahezu allen anderen Verfassungsstaaten auch, nur in der Verfassungsurkunde selbst vorgenommen werden können.

Schließlich haben wir beantragt, daß nicht nur der Nationalrat eine Volksbefragung einleiten können soll, sondern auch der Bundesrat und daß die bundesstaatlich gemeinsamen Organe – Präsident des Rechnungshofes, Mitglieder der Volksanwaltschaft – gemeinsam, nämlich im Wege der Bundesversammlung, gewählt werden.

Daneben gab es noch einen Gesetzesantrag, der sich nicht so wie die anderen Punkte auf einen Konsens aller drei Fraktionen stützen konnte, wenngleich dieser Konsens früher einmal in weiten Teilen da war, nämlich die Erweiterung des Zustimmungsrechtes des Bundesrates auch auf das Finanzausgleichsgesetz und auf solche einfache Bundesgesetze, die für die Länder mit Kostenbelastungen verbunden sind.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
608. Sitzung / Seite 21

Ich gehe davon aus, daß der in der letzten Gesetzgebungsperiode bei den gemeinsamen Gesetzesanträgen gefundene Konsens weiterführend bedeutet, daß die gemeinsam beschlossenen Anträge auch gemeinsam wieder neu eingebracht werden, nachdem sie ja durch die vorzeitige Beendigung der Gesetzgebungsperiode als Beratungsgegenstand des Nationalrates untergegangen und gegenstandslos geworden sind.

Ich würde es begrüßen, wenn wir in einer der nächsten Sitzungen, da jetzt der Nationalrat seine Arbeit wieder aufnimmt und ein solcher Antrag auch wieder Sinn macht, einen solchen Antrag tatsächlich auch wieder beschließen.

Erfreulicherweise ist bereits wieder durch eine Regierungsvorlage Beratungsgegenstand des Nationalrates geworden, was den Ländern bereits vor dem Beitritt zum Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum versprochen worden war, nämlich eine die Länder stärkende Reform des Bundesstaates. Der Sachverhalt ist hier hinreichend bekannt und auch schon ausführlich diskutiert worden. Ich kann nur an das anschließen und unterstreichen, was der Herr Präsident in dankenswerter Weise in seiner Ansprache ausgeführt hat.

Ich glaube, wir sollten die neue Arbeit nicht mit Schuldzuweisungen beginnen, warum dieses Versprechen durch zwei Gesetzgebungsperioden hindurch nicht erfüllt werden konnte oder wollte – wie auch immer. Es ist auf jeden Fall ein Faktum, daß wir erneut an die Arbeit gehen müssen.

Ich möchte auch dem Bundeskanzler die Durchsetzungsfähigkeit wünschen, das, was er den Ländern gegenüber zugesagt hat und was er in Form einer Regierungsvorlage – zuletzt von ihm selbst als Antrag eingebracht – ausdrücklich inhaltlich auch als richtig anerkannt hat, zustande zu bringen. Ich würde mich auch sehr freuen, wenn es gelänge, diese Einigung in einen Zeitraum fallen zu lassen, währenddessen der burgenländische Landeshauptmann Stix den Vorsitz in der Konferenz der Landeshauptmänner führt, weil er ja einer der ganz maßgeblichen Mitverhandler dieser Bundesstaatsreform war und ihm die Länder über alle Parteigrenzen hinweg eine sehr professionelle und engagierte Interessenvertretung verdanken. Das möchte ich sagen, auch wenn er heute aus den bekannten Gründen nicht hier sein kann. Es wäre ein würdiger Abschluß seiner intensiven Bemühungen, wenn er die Freude hätte, das in seiner Amtszeit erleben zu können.

Die Bundesstaatsreform – und das stellt sich immer deutlicher heraus – liegt keineswegs nur im vorrangigen Interesse der Länder – schon auch, aber eben nicht nur. Ein schlankerer Staat – und das ist das Gebot der Stunde und der Staatsfinanzen – und als Folge davon – nicht, wie man häufig vereinfachend meint, als Voraussetzung – auch eine schlankere Verwaltung läßt eine solche Reform der Staatsaufgaben und der Verteilung, wie sie wahrzunehmen sind, auch im Interesse des Bundes liegen.

Ich nenne nur als Beispiel einen Fall, wo es im ganz besonderen Interesse der Bürger liegt, nämlich die Einführung einer Landesverwaltungsgerichtsbarkeit, weil die sich aus dem Arbeitsanfall unvermeidlicherweise ergebende lange Bearbeitungszeit von Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof nicht sehr bürgerfreundlich ist und die Wartezeit somit das Maß des Zumutbaren für den Bürger über Gebühr strapaziert. Mit diesen Landesverwaltungsgerichten könnte ein ganz wesentlicher Schritt in Richtung Dezentralisierung gesetzt werden.

Ausländische Beispiele zeigen auch, daß föderale Gliederungen eines Staates keineswegs eine aufgeblähte Verwaltung bedeutet. Das ist ein Schluß, der vielleicht auf den ersten Blick naheliegen mag, wenn man sagt, man hat alles zehnfach. Die Praxis zeigt etwas anderes. Die Bundesrepublik Deutschland und erst recht die Schweiz sind wesentlich stärker föderal gegliedert als Österreich. In beiden Ländern gibt es eine viel stärkere Übertragung von Aufgaben an die Länder. Nach dieser vorhin erwähnten Meinung müßten sie eigentlich einen besonders hohen Verwaltungsaufwand haben. Interessanterweise ist aber das Gegenteil der Fall. Sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die Schweiz haben einen signifikant niedrigeren Anteil der im öffentlichen Dienst Tätigen an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
608. Sitzung / Seite 22

Das heißt, ein gut strukturierter, arbeitsteilig arbeitender Staat ist so wie in großen Wirtschaftsunternehmen auch ein schlankerer Staat, im Gegensatz zu einem Staat, in dem zu viele Zuständigkeiten in unbeweglicher Weise an einer einzigen Stelle konzentriert sind.

Die über die Regierungsbildung verhandelnden Parteien werden in diesen Tagen natürlich mit Wünschen, was unbedingt geschehen solle oder auf keinen Fall geschehen dürfe, geradezu überschüttet. Ich möchte daher nicht mehr dazugießen, aber doch ein für den Bundesrat wichtiges Anliegen nicht verschweigen. Koalitionsvereinbarungen neigen nach aller Erfahrung – und diese ist in den Ländern eigentlich nicht anders als im Bund – dazu, Widerstände für die Durchsetzungsfähigkeit des Vereinbarten möglichst von vornherein aus dem Wege zu räumen beziehungsweise, wenn es notwendig ist, das notwendige Durchsetzungsinstrumentarium zur Verfügung zu haben.

Das gerät natürlich in der Bundesgesetzgebung in erhebliche Kollision mit den Aufgaben des Bundesrates, die Interessen der Länder zu wahren, nicht vorrangig jene der die Bundesregierung bildenden Parteien. Das ist ein ganz wesentlicher Unterschied zum Nationalrat, dessen vorrangige Aufgabe es ist, das, was politischer Konsens für die Mehrheitsbildung ist, auch entsprechend durchzusetzen.

Der Bundesrat kann eigentlich nach den ihm übertragenen Aufgaben nicht gehindert sein, zur Vertretung der Länderinteressen, allerdings nicht beliebiger, womöglich anderer parteipolitischer Interessen, von seinen verfassungsmäßigen Rechten tatsächlich Gebrauch zu machen, wenn das von den Ländern entsprechend gewünscht wird.

Wenn das freie Mandat verteidigt wird – und das ist eine Diskussion, die durchaus Plus und Minus aus dem jeweiligen Betrachtungswinkel haben kann –, dann muß dieses freie Mandat in Koalitionsvereinbarungen als Länderkammer, wohl zuerst in diese Richtung verteidigt werden.

Bei allen Unterschieden, die wir von unseren Ländern mitbekommen haben, von unseren politischen Parteien, denen wir angehören, haben wir, glaube ich, doch parteiübergreifend den gemeinsamen Wunsch, die uns von den Landtagen übertragenen Aufgaben auch tatsächlich und wirkungsvoll – und nicht gehindert durch außerhalb des Bundesrates getroffene Absprachen – wahrnehmen zu können.

Ich glaube, wenn wir diesen Wunsch zum Maßstab unseres eigenen Verhaltens machen, dann können wir sagen, daß wir unserer Aufgabenerfüllung ein weiteres gutes Stück entsprochen haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

15.21

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Albrecht Konečny. – Ich erteile dieses.

15.21

Bundesrat Albrecht Konečny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß zugeben, daß ich von zwei Prägungen ein wenig geleitet bin, wenn ich in diesem Zusammenhang hier das Wort ergreife: einerseits davon, daß ich in den nunmehr nicht so ganz wenigen Jahren, in denen ich dieser Körperschaft angehöre, und in vielen, vielen Jahren davor, in denen ich als Mitarbeiter des SPÖ-Parlamentsklubs den Bundesrat intensiv kennengelernt habe, eine tiefsitzende Abneigung gegen Nabelschautendenzen dieses Hauses entwickelt habe.

Mir scheint, daß dieses Haus seine Möglichkeiten konsequent nützen soll – sie sind so klein nicht! – und daß die ewige Diskussion darüber, wie dieser Kammer des Parlaments mehr Einfluß verschafft werden kann, eines mit Sicherheit erfolgreich verhindert: mehr Einfluß zu erlangen. Wer dauernd in den finsteren Wald geht und laut pfeift, wird dadurch nicht mutiger und stärker, und mir scheint, daß diese Kammer ein wenig durch die Gegend pfeift – nicht aus dem letzten Loch, aber im finsteren Wald.

Das zweite, von dem ich geprägt bin – und das ist ein jüngerer Einfluß, Herr Minister –, ist die Mitgliedschaft im Europäischen Parlament, wo einem zwei, drei und, wenn man Glück hat, fünf


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Minuten Redezeit zugeteilt werden. Das prägt auch fürs Leben, und ich möchte diese Lebensprägung zum Vorteil dieses Hauses hier zur Anwendung bringen. Ich glaube, daß es uns auch guttut, unsere Debatten zu straffen und aufs Wesentliche zu konzentrieren, auch und gerade dort, wo eine breite Auseinandersetzung durchaus erforderlich ist.

Ich möchte ganz klar sagen, daß das Nachdenken über unsere Möglichkeiten, das Nachdenken über den Bundesstaat mit Sicherheit verdienstvoll und notwendig ist. Es ist überhaupt keine Frage, daß dieser Bundesrat eine Scharnierfunktion, möchte ich sagen, zwischen gesamtstaatlicher Verantwortung und Bundesländern erfüllen muß. Was einige unserer Kollegen hier heute getan haben – und jeder von uns irgendwann einmal getan hat –, ist ja, das Gelöbnis auf die Bundesverfassung, auf die Gesetze der gesamten Republik, abzulegen. Aber wir sind natürlich Interessenträger unseres Bundeslandes – entsendet von den Landtagen – und damit zur Vertretung von Teilinteressen, die durchaus legitime Interessen sind, verpflichtet.

Das ist eine doppelte Verantwortung, es ist eine Verantwortung, deren Bestandteile man klar erkennen muß und aus der heraus auch letztlich individuelle Entscheidungen von jedem von uns zu treffen sind.

Wir haben heute – das ist die Grundlage dieser Diskussion – eine verhältnismäßig kleine Reform unserer Geschäftsordnung zu beschließen, und ich glaube, daß auch hier die notwendige ständige Anpassung an Erfahrungen der richtige Weg ist; eine dieser Erfahrungen wird nun in unsere Geschäftsordnung aufgenommen.

Es ist schon richtig, daß unsere selbst gesetzten Arbeitsbedingungen von Zeit zu Zeit nachzujustieren sind. Wir tun es heute, und wir werden es bei Gelegenheit wieder tun.

Lassen Sie mich aber ganz klar zum Ausdruck bringen, daß wir hier im Bundesrat Bestandteil der österreichischen politischen Wirklichkeit sind und durchaus auch sein sollen. Es ist keine Sonderexistenz, die wir führen, und es ist schon gar keine bessere Existenz. Die Mitglieder dieses Hauses fühlen sich ihrer jeweiligen Gesinnungsgemeinschaft verpflichtet. Auch dann, wenn wir nicht durch ein direktes Wählervotum legitimiert sind, fühlen wir uns – das ist letztlich auch unser indirektes politisches Schicksal – mit jenen Wählern verbunden und auch jenen Wählern verpflichtet, die bei einer Landtagswahl der Partei, die uns im Landtag zum Vorschlag bringt, ihre Stimme gegeben haben.

Und das bedeutet, daß natürlich Vertreter der Parteien, die der Regierung angehören – welcher auch immer –, sich hier ganz klar verpflichtet fühlen, ein bestimmtes politisches Programm mitzutragen.

Es liegt an uns, in der Öffentlichkeit, in unseren Parteien, sicher auch hier im Haus spezifische Gesichtspunkte zur Geltung zu bringen, aber die große Programmatik, das Bündel von Maßnahmen, auf das sich eine Regierung einigt, ist von jenen, die sich dazu bekennen können, hier mitzutragen, und ich möchte nicht, daß an dieser grundlegenden Orientierung irgendwie gerüttelt wird.

Meine Damen und Herren! Dieser Bundesrat ist nicht nur ein Teil unserer Formalverfassung, er hat sich auch in der Realverfassung dieses Landes seine Position geschaffen. Ich glaube, je mehr er seine Rechte ausübt und je weniger er darüber redet, desto besser tut es ihm.

Als ich ziemlich jung war, war einer der großen Hits – sowohl als Roman wie auch als Film – die schöne Geschichte mit dem Titel "Ich denke oft an Piroschka", und in dieser Geschichte ... (Bundesrat Dr. Schambeck: Auch er hat ein musisches Gefühl! Der Bildungswert ist musisch!) Der Bildungswert ist trivial, denn es war ja nicht gerade Weltliteratur. (Bundesrat Dr. Schambeck: Ich habe das noch nicht gelesen!) Das ist schon naheliegend, es handelt sich um eine Liebesgeschichte, Herr Professor! (Heiterkeit.)

In diesem Roman und auch in der Filmszene läßt der Autor die ungarische Hauptheldin zu ihrem etwas verklemmten, deutschen Studenten den schönen Satz sagen: Liebe, darüber redet man doch nicht, das tut man! – Ich würde diese Vorgangsweise bei der Durchsetzung seiner


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politischen Kraft dem Bundesrat sehr anempfehlen. (Beifall bei der SPÖ und bei den Freiheitlichen.)

15.29

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Kapral. Ich erteile dieses.

15.29

Bundesrat Dr. Peter Kapral (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Den heute zur Beschlußfassung anstehenden geringfügigen Änderungen der Geschäftsordnung, die ja zu einem Teil auch nur Anpassungen an gegebene Verhältnisse darstellen, haben wir gerne unsere Zustimmung gegeben, weil auch eine Politik der kleinen Schritte letztlich zum Erfolg führen kann.

Keineswegs ist diese Zustimmung aber so zu verstehen, daß wir unser Ziel einer umfassenden Reform des Bundesrates aufgegeben haben und uns eben mit diesen kleinen Retuschen an der Geschäftsordnung zufriedengeben.

Ich kann meinem Vorredner, Bundesrat Konečny, durchaus zustimmen, daß man diese Reformbestrebungen in Gang setzen, intensivieren, verdoppeln kann, wenn man wirklich handelt, aber dieser Appell, zu handeln und nicht zu reden, muß dann auch wirklich beherzigt werden.

Meiner Meinung nach sind aber die Aussichten dafür denkbar ungünstig. Die Diskussion über den sogenannten koalitionsfreien Raum, wie sie sich derzeit in der Öffentlichkeit abspielt, läßt hier nicht sehr viel Hoffnung aufkommen. Letztlich läuft ja bedauerlicherweise diese Diskussion auf eine weitgehende Ausschaltung des parlamentarischen Systems überhaupt hinaus, wodurch der Nationalrat sowohl zu einer reinen Abstimmungs- als auch zu einer Vollzugsmaschine des Koalitionsapparates zu werden droht.

Wenn dies schon für den Nationalrat gilt, wie wird sich diese Entwicklung erst hier im Bundesrat auswirken, den man ja schon bisher – und ich glaube, nicht ganz zu Unrecht – den Vorwurf gemacht hat, in praxi eine Duplizierung des Abstimmungsverhaltens im Nationalrat zu sein. Das ist also ein nicht sehr positives Bild einer demokratischen Institution. Und in diesem Zusammenhang sind die erfreulich positiven Äußerungen des Herrn Bundesrates Konečny wohl nur eine hehre Hoffnung, was ihre tatsächliche Realisierung anlangt.

Die Frage einer Verbesserung der Stellung des Bundesrates in unserem demokratischen System stellt sich wohl für die nächste Zeit nicht.

Sie können überzeugt sein – dies richtet sich vor allem an die Damen und Herren von der ÖVP –, daß wir, wenn es tatsächlich zu einer solchen starren Bindung innerhalb einer allfälligen Koalition kommen sollte und Sie sich von den sozialdemokratischen Verhandlungspartnern in die Knie zwingen lassen, jede Gelegenheit nützen werden, um die Bürger und Bürgerinnen über diese Vorgangsweise zu informieren und aufzuzeigen, wie wenig Wert, wie wenig Gewicht auf demokratische und parlamentarische Vorgangsweise gelegt wird. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Ich darf noch ein anderes Thema ansprechen. Österreich ist seit über einem Jahr Mitglied der Europäischen Union. Während die Mitwirkungsrechte des Nationalrates an der EU-Beschlußfassung, an der Vorbereitung und Beratung über Entscheidungen des sogenannten Rates naturgemäß schon seit längerem fixiert wurden, ist die ebenfalls vorgesehene Mitwirkung des Bundesrates noch nicht endgültig festgelegt. Es gibt zwar einen EU-Ausschuß, der, wie gesagt, heute getagt hat, aber offen sind nach wie vor notwendige Ergänzungen der Geschäftsordnung und vor allem eine Regelung der Frage, wie die Erledigung allfälliger EU-Anträge erfolgt, insbesondere eben, ob dieser EU-Ausschuß solche Anträge auch anstelle des Plenums enderledigen kann.

Eine diesbezügliche Verfassungsgesetz-Novelle bedarf natürlich eines Beschlusses des Nationalrates, der durch die vorgezogenen Neuwahlen hinausgezögert wurde. Ich persönlich bin


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der Meinung, daß es durchaus angezeigt wäre, die notwendigen Änderungen der Geschäftsordnung rasch zu beschließen, um darzulegen, daß es dem Bundesrat durchaus Ernst damit ist, seine Mitwirkungsrechte wahrzunehmen, um dem Nationalrat die Notwendigkeit einer raschen Beschlußfassung einer solchen Bundesgesetz-Novelle vor Augen zu führen. Diese Meinung hat sich aber eben nur bedingt durchgesetzt.

Wenn es aber heute zu einem gemeinsamen Dreiparteienantrag über Änderungen der Geschäftsordnung gekommen ist, so ist das für mich ein erfreulicher Beweis, daß im Bundesrat sachliche Notwendigkeit immer noch einen höheren Stellenwert genießt als parteipolitisches Taktieren. Ich darf hier meiner Hoffnung Ausdruck geben, daß sich diese positive Situation nicht sobald ändern wird.

Aber das heißt sicherlich nicht, daß die Forderung nach einer EU-orientierten Geschäftsordnungsreform in Hinkunft von uns mit weniger Nachdruck betrieben wird. Ich möchte insbesondere den Vorschlag meiner Fraktion ansprechen, daß nicht nur ein Drittel des Bundesratsplenums eine Enderledigung durch das Plenum verlangen kann, sondern auch die Bundesräte eines Bundeslandes oder einer Fraktion. Ich habe hier bewußt diesen Vorschlag als einzigen genannt.

Lassen Sie mich abschließend noch auf einen anderen Gegenstand zu sprechen kommen, der heute hier in der Diskussion von Bundesrat Weiss angezogen wurde, nämlich die Bundesstaatsreform beziehungsweise den Föderalismus überhaupt. Ich habe mit Interesse den Ausführungen von Bundesrat Weiss zugehört, die interessante Aspekte enthielten, insbesondere was die von ihm gebrachten Vergleiche mit anderen föderalistisch aufgebauten Ländern und dort gefundenen Regelungen hinsichtlich des Mitwirkens zweier Kammern an der Gesetzgebung und an der Beschlußfassung anlangt. Aber ich habe auch mit ebensolchem Interesse den Appell von Bundesrat Weiss an das Präsidium gehört, die bestehenden Möglichkeiten zu nutzen, und ich möchte diesen Teil der Ausführungen noch besonders unterstreichen.

Ich möchte am Schluß noch ausdrücklich auf etwas zu sprechen kommen, von dem ich glaube, daß die diesbezügliche Entscheidung in der nächsten Zeit, in den nächsten Wochen fallen wird, und darf hiezu aus dem jüngsten 19. Bericht über die Lage des Föderalismus zwei dort genannte Autoren zitieren:

Der inzwischen abgeschaffte Föderalismusminister Weiss gab sich zu Jahresende 1994 überzeugt davon, daß die – Originalzitat Weiss – Bremser die notwendigen Veränderungen nicht aufhalten können. Dafür würden die leeren Kassen und der unzufriedene Staatsbürger sorgen, die beide nach einer sparsamen und einfachen Verwaltung verlangten. Auch die Zentralisten würden früher oder später ihr Interesse an klaren Kompetenzverteilungen und einfachen Verwaltungsstrukturen zeigen. – "Salzburger Nachrichten" vom 20. 12. 1994.

Dem ist wohl auch vom Standpunkt dieser Kammer des Hohen Hauses nicht viel hinzuzufügen.

Ich darf aber auch noch ein anderes Zitat verlesen: "Was jedoch speziell die Bundesstaatsreform anlangt, gilt das vom Salzburger ÖVP-Klubobmann Dr. Schausberger bereits im Jahr 1991 Gesagte." – Und dieses Zitat ist doch wohl eher bedenklich.

Im Originaltext:

"Sollte Österreich Mitglied der Europäischen Gemeinschaften werden, ohne daß schon vorher oder zumindest gleichzeitig ein grundlegender Umbau unseres Staatsaufbaues zugunsten der Länder erfolgt, werden die Bundesländer auf längere Sicht zu größeren Bezirkshauptmannschaften degenerieren."

Ich hoffe sehr, daß die Pessimisten – das wird sich, wie gesagt, in den nächsten Tagen und Wochen zeigen – nicht recht haben, auch wenn Teile ihrer pessimistischen Äußerungen heute schon ein Faktum sind, und hoffe weiters, daß es doch in den nächsten Wochen in unserem gemeinsamen Interesse zu ernstlichen Bemühungen um ein Aufgreifen und Weiterverhandeln


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über die sogenannte Bundesstaatsreform kommt. – Danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.42

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste zum Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Pfeffer. Ich bitte sie, das Wort zu nehmen.

15.42

Bundesrätin Katharina Pfeffer (SPÖ, Burgenland): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Ende dieses Jahrtausends stehen wir mitten in einer Phase von Veränderungen, die alle unsere Lebensbereiche berühren. Natürlich werden diese Veränderungen und wird dieser Bedarf an Reformen in einer demokratischen Gesellschaft besonders deutlich. Sie lösen Diskussionen aus und fordern die Parteien heraus, damit sie ihre Lösungsvorschläge darlegen.

Die österreichischen Wählerinnen und Wähler haben am 17. Dezember entschieden, in welche Richtung diese notwendigen Reformen gehen sollen und wer sie vorantreiben soll. Das Ergebnis dieser Wahl ist eindeutig: Die Österreicherinnen und Österreicher sind für eine große Koalition, und sie sind dafür, daß diese Regierung von den Sozialdemokraten geführt wird. Und wenn ich das Wahlergebnis negativ kommentiere, dann ist auch da die Schlußfolgerung eindeutig: Die österreichischen Wählerinnen und Wähler haben jenen, die eine Dritte Republik predigen, eine klare Absage erteilt.

Mit einem Wort, unsere Menschen sind davon überzeugt, daß unser staatliches System gut ist und daß wir es beibehalten sollen. Sie meinen aber gleichzeitig, daß Reformen notwendig sind. Maßnahmen, die behutsam und überlegt gesetzt werden müssen.

Wir sind also aufgerufen, unseren Staat, unsere Gesellschaft, unsere Wirtschaft weiterzuentwickeln. Diesen Auftrag müssen wir ernst nehmen.

Es ist hier und heute nicht meine Aufgabe, über die Aufgaben, die auf die neue Bundesregierung zukommen, zu diskutieren, sehr wohl aber ist es unser Auftrag, in diesem Zusammenhang die Interessen der Bundesländer zu sehen und zu vertreten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren und verhandeln schon seit mehreren Jahren über eine Reform unseres Bundesstaates. Die Neuverteilung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern, mehr Eigenständigkeit der Bundesländer und die Entflechtung der Zuständigkeiten sind das Hauptziel der angestrebten Reform.

In den wesentlichen Fragen besteht Übereinstimmung. Ich bin überzeugt, daß es in dieser Legislaturperiode des Nationalrates gelingen wird, die Bundesstaatsreform unter Dach und Fach zu bringen. Das kann aber meiner Meinung nach nur eine wichtige Etappe von mehreren in den Reformbestrebungen sein.

Als Mitglied des Bundesrates sehe ich viele Punkte, die auch unser Haus betreffen. Unsere Aufgabe ist die Vertretung der Länder als Teil des parlamentarischen Systems unserer Republik.

Wir haben bereits Vorschläge ausgearbeitet. Ich hoffe, daß wir auch in dieser Frage entsprechende Fortschritte in den nächsten Jahren erzielen werden.

Das, was wir selbst verwirklichen können, weil es in unserer Kompetenz liegt, werden wir veranlassen und beschließen. Dazu gehört auch die Reform unserer Geschäftsordnung.

Der Antrag liegt Ihnen vor. Ich möchte gleich auf den Kernpunkt dieser Änderungsvorschläge zu sprechen kommen.

Der Bundesrat wird vielfach als zahnlose und kompetenzarme Vertretung der Bundesländer kritisiert. Betrachten wir die tatsächlichen Möglichkeiten, die wir haben, wenn es um gesetzliche Regelungen geht, wird man diesen Kritikern wohl zumindest teilweise recht geben müssen.


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Auf der anderen Seite aber gibt es genug Beispiele, daß es uns immer wieder gelingt, den Interessen der Länder zum Durchbruch zu verhelfen. Umso mehr müssen wir bereit sein, unseren Auftraggeber, eben die Bundesländer, noch im stärkeren Maß in die Meinungsbildung dieses Hauses einzubringen.

Genau diesem Gedanken entspricht der Vorschlag für die Geschäftsordnung, der den Landeshauptmännern ein erweitertes Rederecht im Bundesrat sichern soll. Ich bin überzeugt, daß wir damit den richtigen Weg beschreiten. Die Demokratie muß ihre Spielregeln haben. Die Spielregeln unseres Hohen Hauses sind in der Geschäftsordnung festgeschrieben. Der vorliegende Antrag schafft die Möglichkeit, daß wir flexibler und rascher auf aktuelle Fragen reagieren können.

Die Landeshauptmänner – beziehungsweise haben wir jetzt auch eine Landeshauptfrau in der Steiermark – sollen auf eigenes Verlangen ein Rederecht eingeräumt bekommen, auch wenn es sich nicht um Gegenstände handelt, die auf der Tagesordnung stehen.

Ich befürworte diese neue Regelung, weil ich davon überzeugt bin, daß dies ganz im Sinne der Bundesländer ist. Gerade ich als Burgenländerin finde diesen Schritt als richtige Reaktion auf die verstärkte Notwendigkeit der Berücksichtigung von Bundesländerinteressen in der Bundespolitik. Gerade wir haben Entwicklungen erlebt, bei denen wir Verständnis und Unterstützung der anderen Bundesländer gebraucht haben. Ich erinnere nur an die zahlreichen sicherheitspolitischen Fragen durch die Öffnung der Ostgrenzen. Ich erinnere auch an die Probleme, die das steigende Aufkommen des Transitverkehrs an unseren Grenzen mit sich gebracht hat.

Eine weitere Frage, die uns betrifft, ist die Entwicklungspolitik in der Ostregion allgemein. All das sind Fragen und Problemkreise, in denen das Land selbst nur wenig Kompetenzen hat. Daher ist es wichtig, sich mit den benachbarten Bundesländern zu akkordieren, aber auch allen anderen Ländern die Problemlage klarzulegen und ihre Unterstützung einzufordern.

Es mag Zufall sein, daß gerade zu diesem Zeitpunkt die Spitze der Bundesländervertretung in burgenländischen Händen liegt. Heute hat mein Kollege Johann Payer den Vorsitz für ein halbes Jahr hier im Hohen Haus übernommen.

Seit 1. Jänner ist unser Landeshauptmann Karl Stix Vorsitzender der Landeshauptmännerkonferenz und zugleich Vorsitzender der Landesfinanzreferenten. Und weil wir Burgenländer schon immer sehr großen Wert auf innerstaatliche Zusammenarbeit und Koordination gelegt haben, sehen wir diese Funktionen in den Händen von Landsleuten als besondere Aufgabe und wichtigen Auftrag.

Unser Landeshauptmann hat im Zuge der Vorbereitungen des EU-Beitrittes sehr früh erkannt, daß für unser Burgenland eine große Chance im Rahmen der Regionalförderungen der Europäischen Union liegt. Er hat mit Zähigkeit und Geradlinigkeit letztendlich erfolgreich durchgesetzt, daß unser Bundesland als Ziel-1-Gebiet anerkannt wurde. Er hat aber auch immer wieder betont, daß die Fragen der Sicherheit gerade für unsere Menschen einen besonders hohen Stellenwert haben.

All diese Fragen wurden hier bereits mehrfach diskutiert und abgehandelt. In Zukunft werden wir uns dabei leichter tun, denn wenn wir die Änderungen in der Geschäftsordnung beschließen, dann wird es uns leichter sein, die Informationen rascher und gleich aus erster Hand zu bekommen. Es wird aber auch den Vorsitzenden der Landesregierungen leichter sein, brennende und aktuelle Anliegen als Thema in den Bundesrat einzubringen.

In diesem Sinne sehe ich daher das Rederecht des Landeshauptmannes als Schritt zur weiteren Aufwertung der parlamentarischen Vertretung der Bundesländer. Nicht die formalen Vorschriften und Einschränkungen sind das Ziel einer Geschäftsordnung, sondern die Absicht, Fragen und Probleme direkt und ohne große Hürden in die Diskussion hereinzubringen.


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Ich hoffe daher und bin überzeugt, daß wir mit dieser Maßnahme einen geeigneten und vernünftigen Weg gefunden haben, unseren Bundesländern mehr Gehör zu verschaffen. Der Landeshauptmann soll nicht nur eingeladen werden, wenn der Bundesrat seine Meinung hören will – nein, er soll auch von sich aus die Gelegenheit eingeräumt bekommen, vor den Bundesrat zu treten.

Aus diesem Blickwinkel sehe ich den Vorschlag, daß auf Verlangen eine Debatte über die Ausführungen des Landeshauptmannes zu führen ist. Es ist dies für mich der logische Schritt auf die erste Maßnahme, denn es hätte ja wenig Reiz, nur den Ausführungen des Landeshauptmannes zuzuhören, und keine Gelegenheit zu haben, eine Debatte darüber abzuführen. Je niedriger die Latte für den erfolgreichen Antrag auf Debatte gelegt wird, um so lebhafter werden auch die Überlegungen zum Thema ausfallen.

Ein vielleicht von außen rein optischer Schritt mag die neu eingeführte Funktionsbezeichnung "Bundesratsdirektor" sein. Ich sehe aber darin auch den Ausdruck der Bestrebungen, unser Haus zu einer schlagkräftigeren und zeitgemäßen Vertretung der österreichischen Bundesländer zu machen.

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung ist die konsequente Fortführung unserer Bemühungen, eine neue und verbesserte bundesstaatliche Ordnung zu schaffen.

Die Bundesstaatsreform, die Neuverteilung der Kompetenzen und das gesamte Reformwerk des neugewählten Nationalrates sind Herausforderungen, für die auch wir gewappnet sein müssen.

Namens meiner Fraktion kann ich hiemit die Zustimmung zum vorliegenden Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung mitteilen.

Erlauben Sie mir am Ende meiner Ausführungen eine Feststellung zu machen. Auch für mich ist das heute ein besonderer Tag, ein sogenannter Burgenlandtag. Nicht nur mein Kollege Johann Payer wurde zum Vorsitzenden gewählt, für mich waren das auch berührende Augenblicke, und ich möchte hier bekunden: Ich bin stolz darauf, mein Bundesland hier im Bundesrat vertreten zu dürfen. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

15.50

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke.

Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Tremmel.

Herr Doktor, ich darf Sie nur gleich darauf aufmerksam machen: Es ist 10 Minuten vor 16 Uhr. Wir müssen um 16 Uhr unterbrechen.

15.50

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Ich werde mich bemühen, mich an die Zeitvorgabe zu halten.

Meine Damen und Herren! Geschätzte Vorrednerin! Auch wir anderen Bundesräte, die Damen und die Herren, freuen uns natürlich, daß heute hier ein Burgenländer den Vorsitz führt – derzeit natürlich nicht –, und wir gratulieren Ihnen dazu, denn das soll so sein. Föderalismus heißt auch Gleichbehandlung.

Aber nun in die Niederungen oder in die Höhen unserer Geschäftsordnung hinein: Ich möchte es nicht so hochtrabend ansetzen, daß ich sage, das ist ein konsequenter Schritt in die Zukunft für unsere Bundesstaats- und Bundesratsreform. Ich meine, meine Damen und Herren, schlicht und einfach: Das Skelett der Geschäftsordnung ist etwas verbessert worden. Es ist noch nicht ideal, es fehlt noch Fleisch.

Oftmals wurden sehr gute Gustostückerln hier geäußert. Ich habe hier ein Buch des Herrn Professors Dr. Schambeck, und ich lese im Vorwort: "Wer von Europäischer Integration und


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österreichischem Föderalismus spricht, stellt eine Beziehung her zwischen der in der EG beziehungsweise EU zusammengefaßten Gemeinschaft von zwölf Staaten und dem in der österreichischen Verfassungsordnung Gestalt gewordenen Prinzip des Staatsaufbaues, das in der Einheit des Staates die Eigenständigkeit seiner Länder beläßt."

Ein guter Satz, Herr Professor, der allerdings teilweise an der Realität unserer gehandelten Verfassung scheitert. Ansonsten wäre es nicht möglich, meine Damen und Herren, daß etwa in einer langen Abfolge von Wünschen die Landeshauptmännerkonferenz am 3. November 1994 zum Ausdruck gebracht hat, bevor sie sich mit den aktuellen schwierigen Problemen beschäftigt hat, nämlich mit den Finanzproblemen: Die Stärkung des Bundesrates in der Mitwirkung bei der Bundesgesetzgebung nach deutschem Muster ist zu versuchen. Offensichtlich, meine Damen und Herren, ist das ein vergeblicher Versuch und ein vergebliches Mühen und Bemühen geblieben.

Der Abbruch der jahrelangen Bemühungen um die Bundesstaatsreform kam für uns, für die Freiheitlichen, leider erwartet, für viele jedoch völlig unerwartet und löste bei den beteiligten Verhandlern überwiegend Enttäuschung aus, weil ungezählte Verhandlungsrunden, sorgfältig erarbeitete Reformvorschläge, umfangreiche Fachgutachten letztlich vergeblich schienen.

Sie alle, meine Damen und Herren, wissen ob der Vorschläge, wissen über das Hin und Her, wissen etwa über den Streit um Artikel 98, um den Kern einer Bundesstaatsreform, einer Finanzverfassungsreform, kennen den Regierungsentwurf, in den für den Finanzminister eine Supervollmacht hineingeschrieben wurde in bezug auf finanzielle Folgewirksamkeit von Gesetzen im Bereich der Länder. Er wäre zum Finanzrevisor der Länder gemacht worden.

Meine Damen und Herren! Das ist die Realität unserer Bundesstaats- und Bundesratsreform.

Meine Damen und Herren! Sie erinnern sich auch, wie hier der Bundeskanzler der Republik Österreich gestanden ist und gesagt hat: Vor Abschluß der EU-Begleitgesetze wird diese Bundesstaats- und Bundesratsreform beschlossene Sache sein.

Meine Damen und Herren! Wie wir bei der letzten Bundesratssitzung beinahe bittend hier einen Entschließungsantrag eingebracht haben, wurde uns von dem von mir durchaus geschätzten Präsidenten Strutzenberger gesagt: Na, das ist Wahltaktik. – Bitte, die Wahl ist längst vorbei. Meine Damen und Herren, was wir heute hier machen, ist eine lobenswerte Reform der Geschäftseinteilung, aber nur eine Reform der Geschäftseinteilung.

Die Damen und Herren der ÖVP haben gesagt, es ist hier Zeit zu suchen und Zeit zu nehmen in bezug auf die Überlegung. Ich gebe recht.

Aber, meine Damen und Herren, bedenken Sie, was Ihr Herr Bundesrat Weiss als Föderalismusminister, was Ihr Klubobmann Professor Schambeck hier zur Bundesstaats- und Bundesratsreform sagte. Die Erklärungen waren groß: Stärkung der bundesstaatlichen Struktur Österreichs, zeitgemäße Weiterentwicklung der Kompetenzeinteilung.

In der Praxis erfolgte eine geringfügige Aufwertung des Bundesrates durch die entsprechende Bundesverfassungsnovelle. Die föderalistischen Neuerungen, die hier durchgeführt wurden, haben die Länder betrieben und auch erreicht, etwa die Landesbürgerschaften, Abschluß von Artikel 15a-Staatsverträgen, Information, die oftmals sehr mangelhaft ist, die Begutachtungszeit, über die heute schon im Ausschuß diskutiert wurde, die sehr mangelhaft wahrgenommen wurde und wo der Bund wie eine schlampige Mutter oder wie ein nachlässiger Vater seine Kinder Bundesländer eigentlich im letzten Moment informiert, wenn es gerade sein muß.

Die österreichischen Länder haben den Beitritt zur Europäischen Union von Anfang an mit vollem Einsatz unterstützt. Es wurde durch Erklärungen hier, durch Erklärungen im Nationalrat den Bundesländern zugesichert, daß hier auch im Zuge einer Bundesstaatsreform eine Abgeltung, ein finanzieller Ausgleich erfolgen sollte. Bis heute, meine Damen und Herren, ist dieser finanzielle Ausgleich, ist diese finanzielle Abgeltung nicht in entsprechender Form erfolgt.


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Und ein Großteil der Länderbudgets – so scheint es – wird genauso obsolet wie das Bundesbudget, um das man derzeit heute verhandelt. (Bundesminister Dr. Bartenstein und Landeshauptmann Dr. Pühringer betreten den Sitzungssaal und werden von der ÖVP-Fraktion mit Beifall begrüßt.)

Frau Präsidentin! Ich stoppe, damit Sie begrüßen können. Bitte.


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Nein, bitte, setzen Sie fort in Ihrer Wortmeldung!

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (fortsetzend): Wir kommen gerade zu einem sehr interessanten Thema für die Gäste hier in diesem Haus. Wir sprechen über das Finanzausgleichsgesetz, eine Nichtkompetenz des Bundesrates, und über das Finanz-Verfassungsgesetz, also über den Kernpunkt unserer Bemühungen. Die Länder haben auf der Grundlage eines Beschlusses der Landeshauptmännerkonferenz gemeinsame Vorschläge zur Stärkung der Rolle der Länder und der Regionen zur Europäischen Konferenz 1996 verlangt, und das diesbezügliche Papier der Landeshauptmänner ist in Form der Länderpositionen zur Regierungskonferenz 1996 übermittelt worden.

Über das Paktum, meine Damen und Herren, über das gescheiterte Paktum, über den gescheiterten Schwur von Perchtoldsdorf, vergeistigt durch die Beschlüsse von Rust, habe ich hier bereits gesprochen.

Der laufende Wahlkampf hat, obwohl man diese Bundesstaatsreform für so wichtig angesehen hat, gezeigt, daß kaum jemand über die Fragen des Föderalismus gesprochen hat.

Meine Damen und Herren! Ich möchte namens meiner Fraktion einige Punkte herausgreifen, die durchaus noch nicht ganz konsensträchtig sind und die teilweise hier diskutiert wurden.

Nicht das Mitspracherecht bei Bundesgesetzen, die die Landesfinanzen belasten – da sind wir einer Meinung –, nicht die Abschaffung der mittelbaren Bundesverwaltung gegen finanzielle Entgeltung – auch diesbezüglich sind wir einer Meinung –, nicht die Einführung der Verwaltungsgerichte bei den Ländern, nein, wir haben als Kernvorschlag unterbreitet, der Bundesrat solle in Zukunft aus jeweils drei von den Landtagen zu wählenden Mitgliedern sowie den Landeshauptleuten bestehen, um da eine stärkere Gewichtung vorzunehmen. Über die Zahl kann man ja noch immer reden, aber die Zahl drei, für die wir uns entschieden haben, sollte das gleiche Verhältnis der Bundesländer zueinander signalisieren. Das eine Bundesland ist nicht mehr oder nicht weniger wert als das andere. Das war der Hintergedanke unseres Zieles, wirklich eine echte Form des Föderalismus zu erreichen!

Meine Damen und Herren! Ich habe der Frau Präsidentin versprochen, mich in meiner Wortmeldung an die zehn Minuten zu halten. Ich darf nur noch einige Punkte zu jenen Bereichen nennen, wo der Bundesstaat wirklich notleidend wurde. Sie alle können sich an das Starkstromgesetz erinnern; wir haben dagegen Einspruch erhoben, aber das hat eigentlich nichts genützt, denn der Bund hat ... (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Schambeck. ) Oder Mastengesetz. Herr Professor! Sagen wir es halt in der Umgangssprache: das Steuerfindungsrecht. Dieses wurde einerseits den Ländern aufgetragen, andererseits durch den Bund den Ländern untersagt.

Meine Damen und Herren! Ich schließe mit der Piroschka-Tatsachen-Feststellung zur Liebe Konečnyscher Prägung an: Ich hoffe – das hoffe ich auch –, daß man über die Liebe nicht nur spricht, sondern sie auch tut. Ich meine die Liebe zur Bundesverfassung.

Meine Damen und Herren! Ich lade Sie namens meiner Fraktion ein, zu dieser Frage noch in diesem Jahr zu sprechen, um im Interesse unserer Heimat zu einer gedeihlichen Lösung zu kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und Beifall des Bundesrates Dr. Schambeck. )

16.02

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen zur Tagesordnung.

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Ursula Haubner, Dr. Michael Rockenschaub und Kollegen an den Herrn Bundesminister für Umwelt betreffend Kraftwerksprojekt Lambach (1155/J-BR/96)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zur Verhandlung über die dringliche Anfrage 1155/J-BR/96 der Bundesräte Haubner, Dr. Rockenschaub und Kollegen an den Herrn Bundesminister für Umwelt betreffend Kraftwerksprojekt Lambach.

Da diese inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Die dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Frau Bundesministerin Maria Rauch-Kallat hat im Februar 1995 in einer Anfragebeantwortung festgehalten, daß die "grundsätzliche Politik des Bundesministeriums für Umwelt im Energiebereich weiterhin auf die Etablierung eines nachhaltigen Energiesystems abzielt, die naturgemäß auch die Angelegenheiten des Naturschutzes impliziert." Weiters stellte sie in dieser Anfragebeantwortung fest, daß "Wasserkraft als weitgehend erschlossener heimischer erneuerbarer Energieträger nur unter Berücksichtigung der Interessen des Naturschutzes beziehungsweise der sozialen Verträglichkeit weiter ausgebaut werden solle." Darüber hinaus "wolle das Bundesministerium für Umwelt die Revitalisierung von ehemaligen Kleinwasserkraftwerken sowie die Optimierung von bestehenden Wasserkraftwerken unterstützen."

Auch der amtierende Herr Bundesminister hält in einer Anfragebeantwortung zu Lambach fest, daß es gelte, "die vorhandenen Energiesparpotentiale forcierter als bisher zu erschließen", und daß darüber hinaus das "Energiekonzept 1993 der Bundesregierung einen umfangreichen Maßnahmenkatalog enthält, welcher im Falle seiner Umsetzung eine deutliche Verbesserung der einschlägigen Rahmenbedingungen mit sich bringen würde." Der oberösterreichische Umweltanwalt hält in seiner Stellungnahme zum Kraftwerk Lambach fest, daß "unter Würdigung aller den Bau begründender oder entgegenstehender Interessen und Randbedingungen die oberösterreichische Umweltanwaltschaft zum Schluß kommt, daß die hohe Schutzwürdigkeit der betroffenen Naturräume beziehungsweise des Gewässersystems der Traun einer Errichtung des Kraftwerks entgegensteht. Der aus den Kraftwerken gewinnbare Nutzen ist unsicher, und der erzielte Schaden ist nicht kompensierbar." Verschiedene Gutachten bezweifeln die wirtschaftliche Rentabilität des geplanten Kraftwerkes in betriebs- sowie in volkswirtschaftlicher Hinsicht. Darüber hinaus wird das Kraftwerk aufgrund seiner minimalen Winterleistung in winterlichen Spitzenzeiten einen "thermischen Zwilling" benötigen. Das Argument, der Bau des Kraftwerkes sei eine CO2-mindernde Maßnahme, kann damit nicht aufrechterhalten werden.

Einem Schreiben des Herrn Bundesministers für Umwelt vom 9.8.1995 ist zu entnehmen, daß es sich beim geplanten Kraftwerksbau Lambach um ein Projekt handelt, bei dem es dringend geboten scheint, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Ebenso geht aus der Anfragebeantwortung des Bundesministers hervor, daß "aus Sicht des Umweltressorts eine umfassende Beurteilung hinsichtlich einer gesamthaften Umweltverträglichkeit des Projektes nur auf der Basis einer Umweltverträglichkeitserklärung möglich wäre."

Bereits im Mai 1993 wurde das Ansuchen der Oberösterreichischen Kraftwerke AG (OKA) um wasserrechtliche Bewilligung für das geplante Kraftwerk Lambach in einem Bescheidkonzept des zuständigen Landesrates Achatz abgewiesen. Auf eine Weisung des damaligen Landeshauptmannes Ratzenböck, der zu diesem Zeitpunkt auch gleichzeitig Eigentümervertreter der OKA gewesen ist, wurde der endgültige wasserrechtliche Bescheid für das Bauvorhaben Lambach jedoch positiv erlassen. Ebenso wurde der vom oberösterreichischen Umweltanwalt


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beeinspruchte naturschutzrechtliche Bescheid vom Kollegialorgan der Landesregierung zugunsten des Genehmigungswerbers erlassen.

Die unterzeichneten Bundesräte stellen daher an den Herrn Bundesminister für Umwelt folgende

dringliche Anfrage:

1. Welche Maßnahmen wurden gemäß dem Energiekonzept 1993 der Bundesregierung bisher getroffen, die ihrer Meinung nach geeignet sind, "die vorhandenen Energiesparpotentiale forcierter als bisher zu erschließen"?

2. Wie weit konnten Sie bisher Ihre Forderung nach Einführung eines "Least-Cost-Planning" im Energieversorgungsbereich durchsetzen?

3. Sind Sie der Meinung, daß die Realisierung des Kraftwerkes Lambach im Sinne der von Ihrer Vorgängerin angesprochenen Interessen des Naturschutzes und der sozialen Verträglichkeit gelegen ist? Wenn ja, auf welche Prognosen beziehungsweise Gutachten begründet sich Ihre Meinung?

4. Sind Sie der Meinung, daß die Realisierung des Kraftwerkes Lambach dem Prinzip der Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Ausschöpfung vorhandener Energiesparpotentiale entspricht? Wenn ja, auf welche Prognosen beziehungsweise Gutachten begründet sich Ihre Meinung?

5. Teilen Sie die Meinung des ehemaligen Verbund-Generaldirektors Walter Fremuth – natürlich im übertragenen Sinne –, daß die Leistung des Kraftwerks Lambach "einer Klosettspülung" gleiche?

6. Wie beurteilen Sie als Umweltminister angesichts der vorgelegten Einsprüche und Zweifel die Vorgangsweise der oberösterreichischen Behörden betreffend die wasserrechtliche und naturschutzrechtliche Genehmigung für das Kraftwerk Lambach?

7. Halten Sie als Umweltminister die Errichtung des Kraftwerks Lambach zur Sicherstellung der österreichischen Energieversorgung für absolut notwendig?

8. Wie schätzen Sie als Umweltminister den Effekt für die OKA aufgrund des zu erwartenden Ausfalls vieler ihrer Stromgroßabnehmer ein?

9. Teilen Sie die Ansicht des oberösterreichischen SPÖ-Klubobmannes im Landtag, Dr. Frais, der gestern in der Landtagssitzung erklärte, daß noch diverse umweltrechtliche Fragen ungeklärt sind?

10. Welche Schritte haben Sie bisher unternommen, um "aus Sicht des Umweltressorts eine umfassende Beurteilung hinsichtlich einer gesamthaften Umweltverträglichkeit des Projektes auf der Basis einer Umweltverträglichkeitserklärung zu ermöglichen"?

11. Werden Sie die Vorhaben zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung betreffend die Errichtung des Kraftwerkes Lambach unterstützen?

12. Werden Sie dafür eintreten, daß bis zum Vorliegen des Ergebnisses einer Umweltverträglichkeitsprüfung das Bauvorhaben nicht weiter vorangetrieben wird? Wenn ja, welche Ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten werden Sie dafür ausschöpfen?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne der Bestimmungen des § 61 der Geschäftsordnung des Bundesrates dringlich zu behandeln und dem Erstunterzeichner Gelegenheit zur Begründung zu geben.

*****

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich erteile Frau Bundesrätin Ursula Haubner als erster Anfragestellerin zur Begründung der dringlichen Anfrage das Wort.


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16.03

Bundesrätin Ursula Haubner (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Landeshauptmann! Herr Landeshauptmann, ich freue mich sehr, daß Sie heute aufgrund der dringlichen Anfrage der Freiheitlichen betreffend das Kraftwerk Lambach bei uns anwesend sind, da man daraus ersehen kann, daß auch Sie dieses Thema sehr bewegt und sehr berührt.

Meine Damen und Herren! Gestern hat sich der oberösterreichische Landtag mehrheitlich, und zwar mit den Stimmen der Freiheitlichen und der Sozialdemokraten, für einen vorübergehenden Baustopp und eine zwischenzeitliche Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beim Kraftwerksprojekt Lambach ausgesprochen. Die ÖVP-Mehrheit in der Landesregierung hält aber weiterhin an ihrem Beschluß fest, das Kraftwerk zu bauen.

Diese Entscheidung des oberösterreichischen Landtages ist eine weitere politische Willensäußerung in einem jahrelangen Verfahren, das in den letzten Wochen mehr denn je polarisiert ist – nicht zuletzt durch das aufgetretene Engagement verschiedener Umweltschutzorganisationen, wie zum Beispiel "Global 2000" und WWF. Dadurch ist ein medienweites Echo eingetreten, und das Kraftwerk Lambach ist auf einmal von bundesweitem Interesse: So hat Bundesgeschäftsführerin Ederer zu diesem Thema einen "Runden Tisch" verlangt, und gestern gab es in der "ZiB 2" bereits eine Diskussion darüber, und zwar zwischen der Grünen Monika Langthaler und dem Herrn Landeshauptmann Pühringer.

Einen bundesweiten Stellenwert hat dieses Thema aber auch durch die für uns eigentlich doch sehr unmißverständlichen Äußerungen von Ihnen, Herr Bundesminister, erhalten. Ich zitiere in diesem Zusammenhang ein Schreiben vom 9.8.1995, dem zu entnehmen ist, daß Sie in dem geplanten Kraftwerksbau Lambach ein Projekt sehen, bei dem es dringend geboten erscheint, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.

Ebenso geht aus einer Anfragebeantwortung hervor, daß "aus Sicht des Umweltressorts eine umfassende Beurteilung hinsichtlich einer gesamthaften Umweltverträglichkeit dieses Projektes nur auf der Basis einer Umweltverträglichkeitserklärung möglich wäre."

Sie stehen mit diesen Äußerungen natürlich nicht allein da, auch Ihre Vorgängerin, Frau Bundesministerin Maria Rauch-Kallat, hat in einer Anfragebeantwortung im Februar 1995 festgestellt, daß "Wasserkraft weitgehend als erschlossener heimischer erneuerbarer Energieträger nur unter Berücksichtigung der Interessen des Naturschutzes beziehungsweise der sozialen Verträglichkeit weiter ausgebaut werden solle."

Als drittes Zitat in diesem Zusammenhang möchte ich auch eine Stellungnahme des oberösterreichischen Umweltanwalts bringen, in welcher dieser zum Kraftwerk Lambach festgestellt hat, daß "unter Würdigung aller den Bau begründender oder diesem entgegenstehender Interessen und Randbedingungen die oberösterreichische Umweltanwaltschaft zum Schluß kommt, daß die hohe Schutzwürdigkeit der betroffenen Naturräume beziehungsweise des Gewässersystems der Traun einer Errichtung des Kraftwerkes entgegensteht. Der aus den Kraftwerken gewinnbare Nutzen ist unsicher, und der erzielte Schaden ist nicht kompensierbar."

Diese eindeutigen Aussagen haben uns Freiheitliche bewogen, heute eine dringliche Anfrage zu diesem Thema im Bundesrat zu stellen.

Wenn der Chefredakteur der "Oberösterreichischen Rundschau" behauptet, daß die gestrige Entscheidung des Landtages ein Kniefall der Sozialdemokraten und der Freiheitlichen vor dem Druck illegaler Aubesetzer gewesen ist, dann muß ich sagen: Er ist in der Causa Lambach nicht genau informiert. Denn seit Jahren zeigen wir Freiheitliche unter Landesrat Achatz die Problematik hinsichtlich Umwelt und Wirtschaftlichkeit dieses Kraftwerkes auf.

Zum besseren Verständnis: Bereits 1993 wurde das Ansuchen der OKA um wasserrechtliche Bewilligung für das geplante Kraftwerk Lambach in einem Bescheidkonzept des zuständigen Landesrates Achatz abgewiesen. Auf die Weisung des damaligen Landeshauptmannes Ratzenböck, der zu diesem Zeitpunkt gleichzeitig auch Eigentümervertreter der OKA gewesen


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ist, wurde der endgültige wasserrechtliche Bescheid für das Bauvorhaben Lambach jedoch positiv erlassen.

Ähnlich erging es 1995 dem negativen Naturschutzbescheid von Naturschutzlandesrätin Prammer. Die Landesregierung hat mit der Mehrheit der fünf ÖVP-Stimmen die Naturschutzabteilung beauftragt, einen negativen Bescheid als positiven zu erlassen.

Insgesamt wurden in den letzten Jahren acht freiheitliche und vier sozialdemokratische Landtagsanträge im Zusammenhang mit Lambach eingebracht. Ein freiheitlicher Antrag hat sich beispielsweise dafür eingesetzt, daß ein Appell an den Aufsichtsrat der OKA gerichtet wurde, eine Hauptversammlung einzuberufen, um über das Kraftwerk Lambach zu entscheiden. Ein zweiter freiheitlicher Antrag ging in Richtung Befragung des Volkes, ob das Kraftwerk Lambach gebaut werden soll oder ob der Kraftwerksbau fünf Jahre zurückgestellt werden soll. Der Ordnung halber muß ich dazusagen: Beide freiheitlichen Anträge wurden von der SPÖ abgelehnt.

Die ÖVP-Mehrheit setzt sich in der Landesregierung aber nicht nur über eine repräsentative Mehrheit im Landtag hinweg, sondern sie nimmt auch nicht zur Kenntnis, daß sieben unmittelbar betroffene Gemeinden mit insgesamt 46 000 Einwohnern Bedenken gegen das Kraftwerk haben, und zwar Vöcklabruck – ÖVP-Bürgermeister, Attnang-Puchheim – SPÖ-Bürgermeister, Timelkam – SPÖ-Bürgermeister, Regau – ÖVP-Bürgermeister, Schörfling – SPÖ-Bürgermeister, Seewalchen – SPÖ-Bürgermeister, Lenzing – SPÖ-Bürgermeister. Man beruft sich in der ÖVP lediglich auf eine Umfrage von durchschnittlich 400 Personen und behauptet kühn, die Mehrheit der Oberösterreicher sei für diesen Kraftwerksbau. (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt auch!)

Wir Freiheitlichen haben unter Landesrat Achatz seit 1993 immer eine seriöse Linie in Sachen Kraftwerk Lambach vertreten und immer unter dem Gesichtspunkt der Umwelt, der Wirtschaftlichkeit und des volkswirtschaftlichen Nutzens diesen Kraftwerksbau diskutiert. Sie, Herr Landeshauptmann, haben in Sachen Kraftwerk Lambach von Ihrem Vorgänger ein Erbe übernommen, bei dem Sie anscheinend nicht willens sind, dieses Erbe den neuen Gegebenheiten anzupassen.

Meine Damen und Herren! Die Energiepolitik der achtziger und neunziger Jahre ist einfach eine andere als jene der sechziger und siebziger Jahre. Das Prinzip der Nachhaltigkeit, der Energieeffizienz und der Ausschöpfung vorhandener Energiesparpotentiale steht im Vordergrund. Wir brauchen heute eine Energiepolitik, die nicht angebotsorientiert auf weiteren Kraftwerksausbau setzt. Wir müssen auf eine veränderte energiepolitische Situation reagieren. Wasserkraft ist weitgehend erschlossen, und es gibt europaweit genügend Strom – mit ein Grund, warum gestern die Draukraftwerke ihre letzten zwei Staustufen als obsolet erklärt haben. Die Stromerzeugung ist österreichweit um 6,5 Prozent gestiegen, die Abnahme von Strom jedoch nur um 3 Prozent.

Meine Damen und Herren! Nur eine Energiepolitik, die nicht primär angebotsorientiert auf den weiteren Kraftwerksausbau setzt, sondern stärker nachfrage- und verbraucherorientiert arbeitet, hat Zukunft! Nur Monopole sind in der Lage, sich nicht um die tatsächliche Nachfrage der abhängigen Kunden zu kümmern. In Amerika zum Beispiel gehen die privatisierten Elektrizitätsunternehmen den umgekehrten Weg: Man setzt auf Stromeinsparung, denn jeder weitere Kraftwerksbau wirkt sich unweigerlich auf den Strompreis aus. Es wird dort marktwirtschaftlich gehandelt. Das heißt, die Bedürfnisse der Kunden sind zuerst zu befriedigen und nicht die Interessen eines Energiemonopols, wie zum Beispiel bei uns in Oberösterreich jene der OKA.

Die OKA-Stromaufbringung gliederte sich 1992 folgendermaßen: 15 Prozent Strom wurden durch Wasserkraft aufgebracht, 14 Prozent aus Wärmekraft, 21 Prozent aus Bezugsrechten und 50 Prozent aus Fremdbezug. Fremdbezug ist die Pflichtabnahme vom Verbund.


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Bezogen auf die gesamte Stromaufbringung der OKA wären die 7 Millionen Kilowattstunden – ich korrigiere auf 70 Millionen –, die vom Kraftwerk Lambach erzeugt werden würden, genau 1,7 Prozent, österreichweit sogar nur 0,14 Prozent, also eine vernachlässigbare Größe.

Wenn man die Leistungen bestehender Wasserkraftwerke an der Donau vergleicht, dann ... (Ruf bei der ÖVP: Äpfel und Birnen!) Wieso? (Neuerlicher Ruf bei der ÖVP: Donau und Traun!) Nur um die Relation bei der Leistung zu sehen: Bei Lambach: 70 Millionen Kilowattstunden, Ottensheim: 1 143 Millionen, Aschach: 1 648 Millionen, Asten: 1 028 Millionen. Also da besteht schon eine sehr unterschiedliche Stromaufbringung und Stromleistung. Dabei ist hier allerdings noch zu bedenken, daß außerdem im Winter das Kraftwerk Lambach nur 2 Megawatt Stromleistung liefern würde und es daher im Winter einen kalorischen beziehungsweise einen atomaren "Zwilling" brauchte. Das Pro-Argument, das man immer wieder hört, daß nämlich mit diesem Kraftwerk auch dem Treibhauseffekt dementsprechend entgegengetreten würde, entbehrt in diesem Zusammenhang wirklich jeder weiteren rechnerischen Grundlage.

In der gestrigen Landtagssitzung hat Wirtschaftslandesrat Leitl erklärt, daß Oberösterreich bei erneuerbaren Energien Spitzenreiter sei – das ist sehr erfreulich –, und er wies darauf hin, daß zum Beispiel bisher 30 000 Wärmepumpen und zirka 40 000 Quadratmeter Sonnenkollektoren errichtet wurden. Ich frage mich nur: Warum optimiert man nicht diese bestehende Alternativen und fördert sie im vollen Umfang weiter? Man könnte die 740 Millionen Schilling Baukosten für das Kraftwerk Lambach in Windanlagen oder in Biomasse investieren. Man könnte mit diesem Geld aber auch diese 40 000 Quadratmeter Sonnenkollektorenfläche auf das Achtfache erhöhen beziehungsweise achteinhalb Jahre hindurch jedes Jahr neue, zusätzliche 40 000 Quadratmeter Sonnenkollektoren bauen.

Herr Bundesminister! Ich weiß nicht, wieweit Sie über die tatsächliche Wirtschaftlichkeit des Kraftwerks Lambach informiert sind. Wenn aber Ihre von mir eingangs zitierten Aussagen zum Umwelt- und Naturschutz nicht nur Lippenbekenntnisse sind, dann müßten Sie eigentlich alle Ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nützen, um auf Ihre Parteifreunde in Oberösterreich einzuwirken, einen einstweiligen Baustopp zu verfügen, um eine zwischenzeitliche Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen zu können.

Ich verwahre mich auch dagegen, all jene, diesem Kraftwerk kritisch entgegenstehen, als Verhinderer abzuqualifizieren. Wir Freiheitliche sind der Meinung, daß bei diesem Kraftwerk der ökonomische Nutzen in keinem Verhältnis zum ökologischen Schaden steht. Ich weise nur darauf hin, daß von diesem Kraftwerk eine der letzten freien Fließstrecken der Traun betroffen ist und das angrenzende Augebiet eine Fülle von seltenen Tier- und Pflanzenarten beherbergt.

Wir Freiheitliche sind im Zusammenhang mit dieser Diskussion absolut dagegen, daß nach dem alten Muster "Ökologie gegen Ökonomie" vorgegangen wird, sondern wir wollen, daß Naturschutz, Wirtschaftlichkeit und volkswirtschaftlicher Nutzen gegeneinander abgewogen und als Einheit gesehen werden. Einige Punkte sind aber in diesem Zusammenhang beim Kraftwerk Lambach unklar. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.17

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich darf nun den Herrn Bundesminister um die Beantwortung der dringlichen Anfrage bitten.

16.17

Bundesminister für Umwelt Dr. Martin Bartenstein: Ich danke für die Worterteilung, Frau Präsidentin des Bundesrates. – Herr Landeshauptmann! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Bundesrates! Im Sinne einer umweltverträglichen und vom Ausland auch weitgehend unabhängigen Energieversorgung Österreichs stehen für mich als Umweltminister die optimale Ausnützung bereits vorhandener Ressourcen, Energiesparmaßnahmen und die Nutzung nachhaltiger, erneuerbarer Energieträger im Vordergrund. Es ist eben die Wasserkraft, meine sehr verehrten Damen und Herren, neben Wind, Sonne und Biomasse, die auch von der Frau Bundesrätin Haubner genannt wurden, eine der saubersten Energiequellen. Die Wasserkraft zeichnet in Österreich für nicht weniger als 70 Prozent des Stromaufkommens


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verantwortlich und versetzt Österreich in die hervorragende Situation, mit diesem sehr, sehr sauberen Energieträger mehr als nur gut arbeiten zu können.

Es ist auch keinesfalls so, daß die Ausbaufähigkeit der Wasserkraft, wie Frau Bundesrätin Haubner gemeint hat, erschöpft sei. Die theoretischen Werte, die heute in der Praxis bereits verwirklicht sind, liegen bei rund 65 Prozent des Ausbaupotentials, wobei ich sagen möchte, daß ich es für nicht sehr wahrscheinlich halte, jemals auf den theoretischen Ausbaugrad von 100 Prozent zu kommen – aus den verschiedensten Gründen.

Immerhin hat es Österreich geschafft, daß in den Jahren 1970 bis 1994, also innerhalb eines knappen Vierteljahrhunderts, der Anteil der Wasserkraft am Gesamtenergieaufkommen, meine sehr verehrten Damen und Herren des Bundesrates, von 9 Prozent auf 14 Prozent gestiegen ist und – das sei in diesem Zusammenhang auch sehr anerkennend vermerkt – daß Österreich seinen Anteil an erneuerbaren Energieträgern – zuvorderst Biomasse und Holz –, bezogen auf das Gesamtenergieaufkommen, in unserem Land von 8 Prozent auf 12 Prozent hat steigern können. Das heißt, Biomasse, andere erneuerbare Energieträger und Wasserkraft zusammengenommen kommen heute für nicht weniger als 26 Prozent des primären Energieaufkommens in unserem Lande auf. Ich halte diesen Wert für international hervorragend und verweise darauf, daß andere Länder, die mit Österreich durchaus vergleichbar sind, bei zirka 5 Prozent Anteil an erneuerbaren Energieträgern, bezogen auf das Gesamtenergieaufkommen, halten.

Die Wasserkraft ist nicht nur ein Mittel, um unseren Energiebedarf eigenständig und unabhängig vom Ausland abzudecken, sondern sie ist naturgemäß auch ein sehr wesentlicher Energieträger, wenn es darum geht, unsere CO2-Emissionen zu reduzieren. Sie wissen, meine Damen und Herren, daß sich Österreich in einer Art von Selbstverpflichtung dazu verpflichtet hat, vom Jahr 1988 bis zum Jahr 2005 seine CO2-Emissionen um 20 Prozent zu reduzieren: das sogenannte Toronto-Ziel, das uns verpflichtet, von 55 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß im Jahr 1988 auf 44 Millionen Tonnen im Jahr 2005 zu kommen.

Ich als Umweltminister muß zur Kenntnis nehmen, daß es uns aus Sicht des Jahres 1995 zwar zu gelingen scheint, unsere CO2-Emissionen auf einem Niveau von etwa 59 bis 60 Millionen Tonnen stabil zu halten und damit dem EU-Ziel, nämlich der Beibehaltung des CO2-Ausstoßes während des letzten Jahrzehnts dieses Jahrtausends – von 1990 bis 2000 –, zu entsprechen, muß aber andererseits mit Bedauern zur Kenntnis nehmen, daß wir es bei einer Beibehaltung der derzeitigen Energie- und Umweltpolitik nicht schaffen werden, unseren CO2-Ausstoß um 20 Prozent zu reduzieren. Ich sage dies in diesem Zusammenhang deswegen, weil der von Ihnen, Frau Bundesrätin Haubner, zitierte oberösterreichische Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Leitl erst vor einigen Tagen in Oberösterreich bekanntgegeben hat, daß sich das Land Oberösterreich sehr wohl auf dem Wege befindet, seine CO2-Emissionen unter das Toronto-Ziel bringen zu können und bis zum Jahr 2005 um 20 Prozent zu reduzieren.

Lassen Sie mich daher auch gleich auf die Dimension von Lambach, diesem Kraftwerksprojekt, das heute im Mittelpunkt Ihrer dringlichen Anfrage an mich steht, eingehen: Lambach ist so groß, wie es ist: 14 Megawatt Engpaßleistung, etwa ein Zehntel der Dimension des Kraftwerks Freudenau. Lambach ist aber gleichzeitig unter 1 600 Wasserkraftwerken in Österreich jenes – soferne dieses Projekt verwirklicht werden wird –, das etwa an die Stelle 100 zu reihen ist, das heißt, es gibt in Österreich 1 500 kleinere Wasserkraftwerke. Wer immer die Argumentation so führt, daß er sagt: Dieses Kraftwerk Lambach zahlt sich doch gar nicht aus!, der spricht eigentlich allen Klein- und Kleinstkraftwerken in unserem Lande jede Berechtigung ab (Bundesrat Eisl: Aber die haben wir schon, die stehen schon!), der spricht indirekt auch den allermeisten Hackschnitzelwerken ihre Berechtigung ab, denn dort liegen wir bei einer Leistung – ich weiß schon, einer Wärmeleistung, weil im Regelfall heute noch kein Strom aus Hackschnitzeln erzeugt werden kann; die Verstromung ist technologisch noch nicht ausgefeilt – von 1 bis 2,5 Megawatt. Die allergrößten liegen bei 5 Megawatt, und es gibt auch etliche bäuerliche Hackschnitzelheizungen, die eine Wärmeleistung von lediglich einigen hundert Kilowatt aufbringen. Das sollte man doch in eine gewisse Relation stellen.


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Ich sage Ihnen zu dem Thema CO2-Reduktion und Lambach auch noch etwas: Nach Angaben des Kraftwerkbetreibers und Projektbetreibers OKA reduziert Lambach die CO2-Emissionen um 58 000 Tonnen pro Jahr. Das ist ziemlich genau ein Promille, 0,1 Prozent des gesamtösterreichischen CO2-Ausstoßes; und ich sage Ihnen eines: Es ist schwer genug, ein Promille der CO2-Emissionen einzusparen. Man soll daher in diesem Zusammenhang ein Promille nicht geringschätzen! Es gibt nicht so viele energiepolitische Maßnahmen, die es uns ermöglichen, unsere CO2-Emissionen im Prozentbereich zu reduzieren.

Und noch eines sage ich Ihnen – ohne jetzt irgendwelche Umfragedaten qualifizieren zu wollen; das steht mir nicht zu, Frau Bundesrätin Haubner –: Ich beziehe mich bezüglich der allgemeinen Akzeptanz der Wasserkraft – wenn wir schon von Projekten an der Donau sprechen und wenn in vielen Medien immer wieder von Hainburg die Rede ist – dann auch auf das Projekt Freudenau, gerade auch, weil wir hier in Wien sind, gerade auch, weil dieses Projekt zur Zeit verwirklicht wird. – Dieses Projekt, meine sehr verehrten Damen und Herren und Herr Landeshauptmann, hat in einer Volksbefragung immerhin 66 Prozent Zustimmung bei der Bevölkerung gefunden, und das ist ein nachvollziehbarer Wert, wie immer Meinungsumfragen der einen oder anderen Richtung betreffend Lambach in den letzten Tagen zu bewerten sein mögen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Nicht von ungefähr hat sich die Bundesregierung daher stets – auch in ihrem letzten Energiebericht – für den Ausbau der heimischen Wasserkraft ausgesprochen, wobei ich Ihnen darin zustimme, Frau Bundesrätin Haubner, daß die Nutzung aller Ressourcen – natürlich auch der Ressourcen aus Wasserkraft – eine Güterabwägung zwischen dieser sauberen Energie auf der einen Seite und den Interessen des Naturschutzes, der sozialen Verträglichkeit und der sozialen Akzeptanz auf der anderen Seite sein muß. Das ist keine Frage.

Es ist aber auch keine Frage – und als Steirer, der irgendwann einmal auch Fisching miterlebt hat, welches ein Projekt in etwa vergleichbarer Größenordnung ist, weiß ich das –, daß derartige Kraftwerksprojekte und Projekte insgesamt zu öffentlichen politischen Diskussionen führen. Das war und ist auch bei Lambach so. Es sind bei diesem Projekt jetzt zehn Jahre lang die Für und Wider diskutiert worden, wobei wir wissen, daß mit dem Baubeginn, mit dem Rodungsbeginn vor einigen Tagen diese Diskussionen einen aus meiner Sicht nicht besonders erfreulichen Kulminationspunkt erreicht haben.

Hoher Bundesrat! Es ist aber auch nicht zu leugnen, daß nach eingehender Prüfung die zuständigen – ich betone das: die zuständigen – oberösterreichischen Behörden alle für den Bau des Kraftwerks notwendigen Bescheide positiv ausgestellt haben und daß aufgrund der verfassungsrechtlichen Kompetenzaufteilung ich als Umweltminister in diese Entscheidungsfindung nicht eingebunden war und nicht eingebunden sein konnte – ob ich das jetzt wollte oder nicht. In diesem Zusammenhang erlaube ich mir – gerade vor der Länderkammer dieses Hauses und gerade nach einer Rede des steirischen Bundesrates Dr. Tremmel, der das Thema Föderalismus und Bundesstaatsreform hier richtigerweise wieder angezogen hat –, darauf hinzuweisen, daß es gerade Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren des Bundesrates, ein besonders hehres Ziel und eine besonders wichtige Angelegenheit sein sollte, zwischen Landes kompetenzen auf der einen Seite und Bundes kompetenzen auf der anderen Seite zu unterscheiden. (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.)

Ich bin heute gerne bei Ihnen, Frau Bundesrätin Haubner und Hoher Bundesrat, erlaube mir aber trotzdem, auf diese Kompetenzsituation hinzuweisen, weil ich es für sehr wesentlich halte, daß klargestellt ist, daß insbesondere die Kernauseinandersetzung, die in Lambach geführt wird, nämlich die Frage des Naturschutzes, die Frage des Eingriffes in diese natürliche Umgebung, der dort in mehr oder weniger großem Ausmaß zweifellos auch geschieht, eine Frage der Landes kompetenz ist, weil in Österreich Naturschutz Landeskompetenz ist und sicherlich auch bleiben soll.

Ich sage Ihnen daher, daß in Kenntnis des naturschutzrechtlichen und auch des wasserrechtlichen Bescheides die bestehenden und von der Oberösterreichischen Landesregierung festgehaltenen naturschutzrechtlichen Bedenken gegen das Kraftwerk auch nicht geleugnet


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werden sollen, daß aber festzuhalten ist, daß die Oberösterreichische Landesregierung – der Herr Landeshauptmann ist ja heute hier – im Bewußtsein dieser Bedenken öffentliche und private – gewissermaßen energiepolitische – Interessen am Kraftwerksprojekt Lambach offensichtlich höherwertig eingestuft hat.

Aus meiner Sicht wäre – das ist auch Gegenstand meiner Anfragebeantwortung gewesen und auch Gegenstand meines Schreibens an Frau Mag. Glawischnig, damals noch Global 2000, heute Kandidatin der Grünen für den Wiener Landtag; so schnell geht das – für eine umfassende und objektive ökologische Beurteilung eine Umweltverträglichkeitsprüfung zweckmäßig gewesen, Frau Bundesrätin Haubner, falls Sie mir bitte Ihre Aufmerksamkeit auch weiterhin schenken wollen. (Bundesräte Dr. Tremmel und Dr. Kapral : Doppelstrategie!) – Das gehört auch dazu.

Frau Bundesrätin! Ich darf daher aus meinem Schreiben an Frau Mag. Glawischnig – damals, wie gesagt, Global 2000, heute Kandidatin bei den Grünen – zitieren, in dem ich sage: "Eine Beurteilung des Projektes ist nur durch eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung möglich. Da eine solche bisher nicht in Angriff genommen wurde, sehe ich mich außerstande, das Projekt objektiv zu beurteilen." – Darum geht es. Es steht mir nicht zu, eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu fordern, wenn sie rechtsstaatlich aufgrund der Terminsetzungen noch nicht eingefordert werden kann. Ich sage lediglich: Zur objektiven ökologischen Beurteilung eines derartigen Projektes wäre eine Umweltverträglichkeitsprüfung aus meiner Sicht zweckmäßig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren des Bundesrates! Es sind jetzt – und deswegen ist, glaube ich, diese heutige Sitzung und Anfragestellung nicht unwichtig – alle gefordert, zu einer Beruhigung beizutragen und alles gegen eine weitere Eskalation in Lambach zu tun. Es ist mit Bedauern festzuhalten, daß es bereits zweimal zu Aktionen gekommen ist, die besser dort nicht stattgefunden hätten: erstens ein Angriff eines dort tätigen Umweltschützers – wo immer er auch hergekommen sein mag – gegen den Bezirkshauptmann der BH Wels-Land und zum anderen ein noch nicht völlig geklärter Vorfall, bei dem ein Umweltschützer von einem Traktor gestürzt ist und sich dabei verletzt hat oder von einem Anhänger überrollt wurde. – Das sind jedenfalls Dinge, die zweifellos darauf hindeuten, daß eine Eskalation in Lambach nicht ausgeschlossen ist, und daher sind alle Demokraten in unserem Lande aufgerufen, das ihre dazu beizutragen, derartiges zu verhindern und hintanzuhalten. Frau Bundesrätin Haubner! Hierin sehe ich gewissermaßen meine Hauptrolle in den nächsten Tagen und Wochen, und auch schon in den letzten Tagen: Ich sage Ihnen zu, daß ich alles in meiner Macht Stehende dazu tun werde, um zwischen den Befürwortern dieses Kraftwerksprojektes und den Gegnern zu vermitteln. Ich meine, daß mir auch schon ein Schritt in diese Richtung gelungen ist, als seitens des Projektbetreibers OKA und dessen Generaldirektors Dr. Windtner einige Zugeständnisse gemacht wurden, die die ökologische Verträglichkeit und die ökologische Qualität dieses Projektes mit Sicherheit verbessern.

Ich darf den Hohen Bundesrat außerdem davon informieren, daß mir seitens des Betreibers OKA zugesichert wurde, daß es zu einem verbindlichen Verzicht der OKA auf die Traun-Kraftwerksprojekte bei Saag und Riesenberg kommen wird respektive gekommen ist. Das wird auch aus Sicht verschiedener Umweltschutzorganisationen für sehr wichtig gehalten, insbesondere das Projekt Saag steht an der Spitze der Bedenken.

Es ist darüber hinaus auch zu einem Verzicht auf weitere Schlägerungs- beziehungsweise Rodungsmaßnahmen durch die OKA gekommen. Wer immer jetzt sagt: Dort ist ja schon alles gemacht worden!, dem darf ich nur antworten, daß sogar die Umweltsprecherin der Grünen im Nationalrat, Langthaler, mittels Aussendung festgestellt hat, daß 50 Prozent des Auwaldes gerodet sind. Also: Entweder sind 50 Prozent gerodet worden oder es ist "eh schon alles getan". – Ich halte das jedenfalls im Sinne einer Beruhigung der Atmosphäre, im Sinne einer Geste des guten Willens, auch im Sinne einer Einladung an die Projektgegner, an die Umweltschutzorganisationen für wichtig, weil es wirklich dadurch leichter möglich sein sollte, von den Bäumen herunter zum Verhandlungstisch zu kommen, das Gespräch zu suchen, ein Gespräch, das man mit mir bisher in geeigneter Form nicht gesucht hat, zu dem ich aber zu jeder Zeit bereit bin.


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Ganz wesentlich, meine Damen und Herren des Bundesrates, ist auch der dritte Punkt in diesem Sieben-Punkte-Programm, nämlich die Einsetzung einer Arbeitsgruppe zur Konkretisierung der ökologischen Begleitplanung und Bauaufsicht, unter Einbindung der zuständigen Behörden und weiterer, sehr wesentlich externer Experten. Mit der Leitung wird das mit der ökologischen Bauaufsicht betraute Institut für Ökologie, Herr Dr. Wittmann, beauftragt. Weiters wird eine ökologische Begleitplanung vor der Bauausführung jedes einzelnen Projektabschnittes eine optimale Überwachung der Umsetzung ermöglichen. Ich darf jetzt, ohne allzu lang zu werden, noch einige Begleitmaßnahmen beispielhaft schildern, die mir wesentlich erscheinen, wie zum Beispiel eine Optimierungsplanung für eine Fischaufstiegshilfe, Gestaltungsvorschläge für den Bereich der Badeinsel, Optimierung naturnaher Uferstrukturen im Unterwasserbereich oder auch eine Optimierung des Mündungsbereiches des Schwaigbaches; dies sind nur einige Beispiele, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Wie gesagt: ein Hinweis darauf, daß eine Fülle von Maßnahmen vereinbart wurde, die die ökologische Verträglichkeit des Projektes jedenfalls erhöhen sollen.

Ganz wesentlich erscheint mir auch ein Zugeständnis der OKA, die Selbstverpflichtung, und zwar die Gewässerqualität unter der Voraussetzung auf dem Niveau der erreichten Gewässergüteklasse II weiterhin einzuhalten, daß auch das flußaufwärtskommende Wasser weiterhin die gleiche Gewässerqualität wie bisher aufweist. Eine Forderung, Herr Landeshauptmann, die nach meinem Wissen zum Beispiel der Herr Bürgermeister von Stadl-Paura das eine oder andere Mal bereits geäußert hat, und zu deren Einhaltung sich die OKA nunmehr verpflichtet hat.

Das ist also ein kurzer Überblick über die Maßnahmen, die im Zuge dieser ersten Vermittlungsaktivität meinerseits gelungen sind. Ich wiederhole hier nochmals: Ich wäre froh gewesen, wenn auch die Umweltschutzorganisationen nach dem Stellen von Ultimaten und einem nur 30 Minuten langen eigentlichen Nicht-Gespräch – denn Gespräch war es keines – mein Büro nicht einige Tage zuvor ergebnislos verlassen hätten. Ich meine, daß wir schon kurzfristig zum Verhandlungstisch zurückkehren sollten, und daß ich sehr gerne bereit bin, mit allen an diesem Konflikt Beteiligten jederzeit Gespräche zu führen, um zu einer Vermittlung beitragen zu können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren des Bundesrates, in diesem Sinne darf ich nach dieser Einleitung nun zur konkreten Beantwortung der an mich gestellten Fragen kommen.

Zu Frage 1:

Frau Bundesrätin Haubner! Beispielhaft seien folgende Maßnahmen, die seitens des Bundesministeriums für Umwelt mitgestaltet wurden, genannt: Es gibt eine Bund/Bundesländer-Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zur Verschärfung der Wärmeschutzbestimmungen in den baurechtlichen Vorschriften der Länder und des Bundes. Dabei wurden die k-Werte aus der Vereinbarung des Jahres 1980 verschärft.

Weiters ist eine weitere Artikel 15a-Vereinbarung des Bundes mit den Bundesländern über die Reduktion von CO2-Emissionen allgemein in Verhandlung.

Drittens ist vor kurzem eine Artikel 15a-Vereinbarung zwischen den Ländern bezüglich einer Typenprüfung von Kleinfeuerungsanlagen in Kraft getreten.

Viertens wurde von mir vor einigen Tagen der Klimaschutzbericht über die Bundesregierung an den Nationalrat weitergeleitet. Dieser Klimaschutzbericht ist entsprechend der Entschließung des Nationalrates vom 19. Jänner 1994 vom Umweltminister in zweijährigem Abstand zu erstellen.

Auch die von unserem Haus gerierte betriebliche Umweltförderung unterstützt zahlreiche innovative Energieprojekte, die insgesamt dem in Ihrer Fragestellung formulierten Ziel – Ausnutzung vorhandener Energie, Sparpotentiale – entsprechen. Letztlich ist auch die Ökologisierung des Steuersystems ein zentrales Anliegen und ein zentraler Arbeitsschwerpunkt des Umweltministeriums. Erste Schritte wurden 1996 eingeleitet.


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Zu Frage 2:

Zu Ihrer zweiten Frage darf ich festhalten, daß die Energieverwertungsagentur als Projektleiter das Wirtschaftsforschungsinstitut, das Ökologie-Institut und Herr Professor Swoboda von der Universität Graz im Mai 1994 seitens des Bundesministeriums für Umwelt gemeinsam mit dem Wissenschaftsministerium und mit dem Wirtschaftsministerium mit der Erarbeitung der Studie "Least-Cost-Planning (LCP) in Österreich" beauftragt wurden. Der nun vorliegende vorläufige Endbericht zeigt unter anderem auf: Die Möglichkeit der Realisierung eines wirtschaftlichen Einsparpotentials bis zum Jahr 2010 bezogen auf die Endnutzerenergie, auf die Nutzenergie von 426 PJ gegenüber 486 PJ. Das heißt, daß es zu einer Reduktion von 12 Prozent kommt oder 50 Prozent des bis zum Jahre 2010 ansonsten eintretenden Energiemehrverbrauchs. Das kann Least-Cost-Planning in Österreich bringen!

Wenn ich das übersetzen darf auf die möglichen Einsparungspotentiale bei dem schon diskutierten Treibhausgas Kohlendioxid, so entspricht das einer Reduktion von 4,8 Millionen Tonnen CO2 direkt oder zusätzlich 0,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent in Form des Gases Methan.

Zusätzlich kann Least-Cost-Planning nach dieser Studie 2 200 Tonnen SO2 – das entspricht etwa 3 Prozent des in Österreich noch emittierten Schwefeldioxids –, 10 000 Tonnen Stickoxide und 500 Tonnen Staub einsparen.

Nach einer ausführlichen Analyse der Hemmnisse und Instrumente bei beziehungsweise zur Erschließung von Least-Cost-Planning-Prinzipien wird ein Zweistufenvorschlag für die Inplementierung von Least-Cost-Planning in Österreich formuliert. In einer ersten Stufe soll gemäß dieser Studie das Least-Cost-Planning-Prinzip durch eine Anerkennung der Kosten von Energiesparprogrammen bei der Strompreisbildung verwirklicht werden. Es soll kein betriebswirtschaftlicher Nachteil für die Energiewirtschaft sein, wenn sie Least-Cost-Planning verwirklicht.

Auf Basis des initiierten Diskussionsprozesses im Rahmen dieser Studie wird nun ein erstes österreichisches Least-Cost-Planning-Pilotprojekt von fünf Energieversorgungsunternehmen durchgeführt, namentlich von der Verbundgesellschaft, der STEWEAG, den Wiener Stadtwerken, den Salzburger Stadtwerken und den Feistritzwerken Gleisdorf. Es wird dieses Projekt auch von der Europäischen Union gefördert. Die OKA ist da leider nicht dabei. Das Bundesministerium für Umwelt ist also maßgeblich an der Initiierung eines Least-Cost-Planning-Prozesses in Österreich beteiligt. Die Umsetzung in die verschiedenen Rechtsbereiche wird von uns angestrebt.

Zu Ihrer Frage 3:

Frau Bundesrätin! Der Oberösterreichischen Landesregierung waren als zuständiger Behörde die Bedenken aus Sicht des Naturschutzes bewußt, es wurden jedoch die öffentlichen und privaten Interessen, wie ich schon gesagt habe, im Sinne einer Interessen- und Güterabwägung als höherwertig eingestuft. Dies geht aus dem rechtskräftigen Naturschutzbescheid hervor. Mangels Vorliegen einer umfassenden Umweltverträglichkeitsprüfung kann eine weitergehende ökologische Beurteilung – auch das habe ich schon ausgeführt – nicht erfolgen.

Zu Ihrer Frage 4:

Die Ausschöpfung vorhandener Energiesparpotentiale ist ein wesentlicher Bestandteil der österreichischen Energie- und Klimaschutzpolitik. Darüber hinaus trägt die Realisierung von Wasserkraftwerken zu einer Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energien an der Gesamtenergieerzeugung bei und verursacht im laufenden Betrieb keine Schadstoffemissionen.

Zu Ihrer Frage 5:

Nein! Die Leistung des Kraftwerks Lambach beträgt laut Auskunft der OKA 14 Megawatt oder 71 Gigawattstunden – das entspricht 71 Millionen Kilowattstunden, nicht 7 Millionen Kilowattstunden, wie Sie irrtümlich formuliert haben. Dies entspricht gleichzeitig dem Bedarf von 17 000 Haushalten. Ich verwahre mich gegen eine Aussage des Herrn Fremuth, der diese Leistung einer Klosettspülung gleichstellt – das wurde dann gestern von der Umweltsprecherin der


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Grünen in der "ZiB-2" mit "Kloschüssel" frei weiterformuliert. Ich meine, die Stromversorgung von 17 000 Haushalten ist schon mehr als eine Klospülung, vor allem mehr als eine Klosettschüssel, wie Frau Abgeordnete Langthaler meinte.

Zu Ihrer Frage 6:

Nach meinem momentanen Wissensstand – und davon gehe ich aus – sind alle Verfahren im Rahmen der Gesetze abgewickelt worden. Die Rechtskraft dieser Bescheide ist aus meiner Sicht, Frau Bundesrätin, anzuerkennen und zur Kenntnis zu nehmen.

Zu Ihrer Frage 7:

Die Sicherstellung der österreichischen Energieversorgung muß von allen Energieversorgern Österreichs gemeinsam gewährleistet werden. Einzelne Kraftwerke – wie allenfalls auch das Kraftwerk Lambach – liefern dazu den jeweiligen Beitrag.

Zu Ihrer Frage 8:

Da es sich dabei um Angelegenheiten der wirtschaftlichen Gestion der OKA handelt, ist mir eine Beantwortung nicht möglich, da nicht Gegenstand des Vollzugs. Sollte ich dazu jedoch Informationen von seiten der OKA zur Verfügung gestellt bekommen, so werde ich diese – mit dem Einverständnis der OKA – gerne an Sie und an den Bundesrat weiterleiten.

Zur Frage 9:

Da ich die gestrige Erklärung des Herrn Landtagsabgeordneten Dr. Frais nicht im Detail kenne, ist mir eine Beantwortung – und dafür bitte ich um Verständnis, Frau Bundesrätin – nicht möglich.

Zu Ihrer Frage 10:

Meine Intention im Rahmen meiner Vermittlungstätigkeit ist es, einen Überblick über die Positionen der Projektbefürworter und -gegner zu bekommen und Möglichkeiten für eine Entspannung des Konfliktes auszuloten. Dazu hat es – und ich habe das schon kurz angedeutet – Gespräche mit Vertretern von "Global 2000" und dem WWF, Gespräche mit dem oberösterreichischen Umweltanwalt, Gespräche mit dem für die ökologische Bauaufsicht verantwortlichen Institut und auch ein Gespräch mit dem Generaldirektor der OKA, Herrn Dr. Windtner, gegeben. Dieser wurde in diesem Gespräch mit einigen Bedenken meinerseits konfrontiert und hat in etlichen Punkten, wie ich ja schon ausgeführt habe, eine Berücksichtigung zugesagt. Die Erstellung einer Umweltverträglichkeitserklärung wurde von mir angeregt, jedoch seitens der OKA bisher nicht zugesagt.

Zu Ihrer Frage 11:

Zur umfassenden ökologischen Beurteilung des Vorhabens wäre – auch das habe ich schon gesagt – eine Umweltverträglichkeitsprüfung nötig, doch möchte ich ausdrücklich festhalten, daß sämtliche das Projekt Lambach betreffende Verfahren geraume Zeit vor Inkrafttreten des UVP-Gesetzes eingeleitet wurden – mit "geraume Zeit" meine ich einen Zeitraum von vier oder fünf Jahren.

Nur noch zu Ihrer Frage 12:

Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Da dies eine ausschließliche Angelegenheit der OKA und des Landes Oberösterreich ist, kann ich dahin gehend leider keinen rechtlich verbindlichen Einfluß geltend machen. Ich werde aber selbstverständlich – und da wiederhole ich mich einmal mehr – in Sachen Lambach meine Vermittlungstätigkeit fortführen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich danke für die Erteilung des Wortes. (Beifall bei der ÖVP.)

16.46


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Danke, Herr Bundesminister. Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, daß gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit eines jeden Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Michael Rockenschaub. Ich erteile ihm dieses.

16.46

Bundesrat Dr. Michael Rockenschaub (Freiheitliche, Oberösterreich): Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann Dr. Pühringer! Herr Bundesminister, ich darf mich namens der freiheitlichen Fraktion zunächst für Ihre allgemeine Bereitschaft zur Vermittlung in jeder Hinsicht bedanken. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Penz. )

Ich darf auch folgendes festhalten – weil es diesbezüglich Anspielungen gegeben hat –: Wir Freiheitliche wollen keinesfalls illegale Aktionen oder gar Gewalt als Mittel des Protestes, so etwas kommt für uns selbstverständlich nicht in Frage. Sie haben hier militante Grüne – ich darf das so zusammenfassen – erwähnt, und ich darf dagegenhalten, daß es auch aus bischöflichen Kreisen Kritik am Projekt Lambach gibt. Ich meine daher, hier ist die Bandbreite groß, und man sollte – Sie haben das auch nicht direkt getan, aber gestern im Landtag ist das öfters gekommen – die Lambach-Kritiker nicht mit bedauerlichen Vorgangsweisen einiger Extremisten diskreditieren.

Herr Bundesminister! Sie haben ein Plädoyer für die Wasserkraft abgelegt – in diesem Punkt sind wir alle uns ja einig, Herr Bundesminister! Strittig ist, bei welchem Flußabschnitt oder bei welchem Bach man damit aufhört, wann man die berühmten 97, 98 Prozent erreicht, ab denen ein Ausbau einfach nicht mehr sinnvoll ist, weil ja eine 100prozentige Ausschöpfung zweifellos nicht wirtschaftlich sein kann.

Unser Standpunkt ist eben, daß in Oberösterreich die sinnvolle Nutzung der Wasserkraft als ausgeschöpft zu betrachten ist. Daher ist es kein Widerspruch, auf der einen Seite für die Wasserkraft zu sein, aber auf der anderen Seite festzustellen, daß in einer bestimmten Region, in einem bestimmten Bundesland die Wasserkraft als betriebswirtschaftlich und volkswirtschaftlich voll ausgeschöpft zu betrachten ist.

Herr Bundesminister! Sie haben weiters die Abhängigkeit vom Ausland bei der Energieversorgung ins Treffen geführt. Dieses Argument empfinde ich insbesondere bei einst glühenden EU-Befürwortern als nicht besonders zwingend. Wenn einst glühende EU-Befürworter jetzt plötzlich die Unabhängigkeit vom vielleicht bösen EU-Strom beschwören, so beeindruckt mich das nicht besonders. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu den Kleinkraftwerken – selbstverständlich, dieses Argument war rhetorisch gut, aber ich habe es auch nicht für sehr notwendig befunden, Herr Bundesminister! Niemand hat etwas gegen Kleinkraftwerke, schon gar nicht gegen Kleinkraftwerke mit großer Tradition – es gibt Private, die seit vielen, vielen Jahren auf eigenem Grund Kleinkraftwerke betreiben –, aber es geht um die Relation zum Umweltschaden.

Ich meine, wir sind da in der Debatte insofern weitergekommen, als wir eben gesehen haben, wo wir uns einig sind. Strittig ist eben die Beurteilung der Balance Umweltschaden versus Ausnützung der Wasserkraft.

Sie haben gesagt, daß Sie formalrechtlich nicht zuständig sind. Wir bedanken uns jedenfalls dafür, daß Sie gekommen sind und so ausführlich geantwortet haben. Wir wußten, daß Sie sich in dieser Frage sehr hätten zurückziehen können, weil die formalrechtliche Zuständigkeit in diesem Fall nicht bedeutend bei Ihnen angesiedelt ist, Sie haben sich aber in der Öffentlichkeit dazu geäußert, Stellung genommen, und wir freiheitlichen Bundesräte wollten einfach wissen, wie der Umweltminister zu diesen Fragen politisch steht.


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Die Ökologisierung des Steuersystems haben Sie in Ihrer Antwort angeschnitten. Ich habe die Ökologisierung des Steuersystems bis jetzt auch dahin gehend verstanden, daß damit ein Lenkungseffekt in Richtung Energiesparen erreicht werden soll. Wird dieses Ziel erreicht, so bedeutet dies eine weitere Senkung des Stromverbrauchs und – das ist meine Meinung – ein weiteres Steigen des Stromüberschusses. Ich könnte also das von Ihnen gebrachte Argument der ökologischen Steuerreform mit gutem Recht auch umdrehen, denn es sind ja in letzter Zeit – das ist bekannt – die österreichischen Stromexporte stark gestiegen, die Stromimporte stark gesunken, der Außenhandelsüberschuß hat sich in diesem Bereich vervielfacht. Es gibt auch keine Anzeichen dafür, daß dies in den nächsten Jahren anders sein sollte.

Meine Damen und Herren! Wir halten dieses Projekt für einen betriebswirtschaftlichen Flop. Es wird hier eine Spekulation in Richtung steigender Strompreise betrieben – und dies bei anhaltendem Stromüberschuß.

Ein zweiter Punkt dafür, daß dieses Projekt unserer Ansicht nach betriebswirtschaftlich nicht verantwortbar ist – diese Situation kann in allen Bundesländern und auch auf Bundesebene eintreten; ich sage das für die Kollegen aus den anderen Bundesländern –: Die Oberösterreichische Kraftwerke AG, die OKA, steht kurz vor wichtigen Beschlüssen betreffend ihre Privatisierung, die Hereinnahme neuer, großer Aktionärspartner. Eine derart wesentliche, schwerwiegende Investitionsentscheidung am Vorabend solch umwälzender Entscheidungen in der Eigentümerstruktur, in der Partnerstruktur, finden wir nicht richtig.

Es könnte der Fall eintreten – und dieser wird vielleicht auch eintreten –, daß ein künftiger Partner das Kraftwerk Lambach als wertlos einstuft und bedauert, daß es gebaut wurde. – Auch wenn Sie jetzt lachen – Herr Kollege, ausschließen kannst du diese Situation nicht! Der Klubobmann der Sozialdemokraten Dr. Frais hat gestern im Landtag festgestellt – Herr Bundesminister, er wird das nicht bestreiten; es sind ja auch Bundesräte von den Sozialdemokraten hier –, daß – Herr Landeshauptmann wird meine Aussage bestätigen – diverse Fragen des Umweltrechtes und Naturschutzes ungeklärt sind. Das ist die wörtliche Aussage des Klubobmannes und ranghöchsten SPÖ-Abgeordneten in Oberösterreich und nicht von irgend jemandem. Man braucht sich daher nicht zu wundern, daß bestimmte Teile der Bevölkerung und auch andere Abgeordnete hier eine kritische Haltung einnehmen, wenn ein solch hochrangiger Funktionär der Partei, die sich selbst immer gern als "staatstragend" bezeichnet und die die größte in Österreich ist, eine derartige Kritik äußert.

Zusammenfassend darf ich die freiheitliche Position wie folgt darstellen: Wir sind der Meinung, daß das Kraftwerk Lambach aus volkswirtschaftlichen, betriebswirtschaftlichen und auch umweltpolitischen Gründen nicht rechtfertigbar ist. Ich bitte alle Kollegen, uns dahin gehend zu unterstützen, eine Nachdenkpause zu erreichen. In diesem Zusammenhang darf ich namens der freiheitlichen Fraktion einen Entschließungsantrag einbringen, der bereits an alle Fraktionen schriftlich verteilt wurde.

Entschließungsantrag

Der Bundesrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Umwelt und der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, wird ersucht, dahin gehend auf die oberösterreichische Landesregierung einzuwirken, daß ein einstweiliger Stopp der Bauarbeiten zum Kraftwerksprojekt Lambach erfolgt und der damit verbundene Zeitgewinn zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und zur Klärung aller noch offenen Fragen wie Einhaltung der EU-Naturschutzrichtlinien, Verwaltungsgerichtshoferkenntnis bezüglich des Wasserrechts, Beurteilung der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen durch eine Wirtschaftlichkeits- und Bedarfsprüfung unter Einbindung der Verbundgesellschaft und unabhängiger Experten genutzt wird.

*****


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Ich ersuche um Ihre Unterstützung und Zustimmung zu diesem Entschließungsantrag. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.56

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Der von den Bundesräten Haubner, Dr. Rockenschaub und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend einen aufschiebenden Stopp der Bauarbeiten zum Kraftwerksprojekt Lambach und die Durchführung einer diesbezüglichen Umweltverträglichkeitsprüfung ist genügend unterstützt und steht demnach zur Verhandlung.

Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Peter Rodek. Ich erteile es ihm.

16.56

Bundesrat Peter Rodek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Landeshauptmann! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Ihnen sagen, daß ich für die Anfrage – nicht für den Antrag! – der Freiheitlichen sogar dankbar bin. Das ist nicht ironisch gemeint, wie Sie vielleicht glauben wollen. Ich werde Ihnen meine Gründe dafür bekanntgeben.

Erstens ist der Bau des Kraftwerkes Lambach leider durch die einseitige Berichterstattung einiger Medien – diesbezüglich muß ich Frau Kollegin Haubner recht geben – zu einem Gesprächsthema in ganz Österreich ähnlich der Hainburger Au geworden. Diese Anfrage gibt uns daher – mir, meinen Kollegen, vor allem aber unserem Landeshauptmann – die Möglichkeit, keine politisch schöngefärbte, sondern eine ehrliche und klare Stellungnahme abzugeben sowie fundierte Informationen an alle Bundesratsmitglieder aus allen Bundesländern weiterzugeben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie glaubwürdig sind veröffentlichte negative Meinungsumfragen in Österreich zum Kraftwerk Lambach, wenn man die Fakten gar nicht kennt? – Ich kann Ihnen sagen, daß in Oberösterreich – und die Oberösterreicher kennen die Situation um Lambach – eine klare Mehrheit für den Bau von Lambach ist – Tendenz steigend. Ich weiß nicht, wie Sie, Kollegin Haubner, zu einer gegenteiligen Aussage kommen. (Bundesrat Ing. Penz: Das ist eine reine Vermutung!) Eine reine Vermutung, genau!

Zweitens. Wir sind tatsächlich für eine saubere Energie, und der Bau dieses Kraftwerkes stellt einen Bestandteil des oberösterreichischen Konzeptes für wiedergewinnbare Energie – Wasserkraft zählt nun einmal dazu – dar. Und niemand kann uns als Betonierer bezeichnen, denn dank dieser großzügigen Förderungen des Landes Oberösterreich ist es möglich gewesen – Frau Kollegin Haubner hat ja schon darauf hingewiesen –, daß wir in Oberösterreich eine größere Kollektorenfläche haben als ganz Deutschland und eine gleich große wie das Sonnenland Spanien. Wir bekennen uns zu einer sauberen Umwelt mit einer Verringerung der CO2-Belastung.

Unser Umweltminister Bartenstein hat schon gesagt, daß der jährliche Ausstoß von CO2 in ganz Österreich 55 Millionen Tonnen beträgt. Daher kann man es tatsächlich nur begrüßen, daß durch diesen Kraftwerksneubau im Vergleich zu einem kalorischen Kraftwerk pro Jahr – in anderen Zahlen ausgedrückt als von unserem Umweltminister – 16 000 Tonnen Heizöl oder 24 000 Tonnen Steinkohle ersetzt werden können. Fragen Sie bitte die Anrainer unseres kalorischen Kraftwerkes in Riedersbach, in meinem Bezirk, ob Sie nicht lieber Anrainer eines Wasserkraftwerkes wären.

Drittens gibt mir diese Anfrage auch Gelegenheit, die Krokodilstränen der Umweltschützer und Kraftwerksgegner um die verlorene Au etwas zu relativieren.

Auch in meinem Bezirk wurde gemeinsam mit dem Freistaat Bayern ein Wasserkraftwerk errichtet, welches selbstverständlich von den Gegnern diesseits und jenseits des Inns in Frage gestellt wurde. Es wurde heftigst dagegen protestiert und von einer nie dagewesenen Zerstörung der Flora und der Fauna gesprochen.


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Reden Sie heute mit denselben Leuten: Sie werden von dem einzigartigsten Vogelparadies in ganz Mitteleuropa hören, von einer Artenvielfalt, die es vorher nie gab, die erst durch dieses neu geschaffene Augebiet möglich geworden ist.

Daher möchte ich viertens mit meiner Wortmeldung festhalten, daß wir in Oberösterreich jedes Verständnis für engagierte, protestierende Umweltidealisten aufbringen, keines aber für bezahlte Berufsprotestierer, ganz gleich aus welchem Land sie kommen. (Beifall bei der ÖVP.)

In diesem Zusammenhang erscheint es wirklich sehr eigenartig, daß in verschiedenen Tageszeitungen per Inserat gut bezahlte Demonstranten gegen Lambach gesucht werden. Nachweislich haben die Aktivisten von "Global 2000" ein Institut beauftragt, Flugzettelverteiler und Spendensammler mit einem Mindestmonatslohn von 10 000 S anzuwerben. (Rufe bei der ÖVP: Das ist ein Skandal! Das ist unerhört!)

Dazu möchte ich anmerken, daß hier dieselben Leute am Werk sind, die richtigerweise auch gegen Temelin und Mochovce protestieren. Glaubwürdig, liebe Freunde, ist aber nur der, der zum Atomstrom Alternativen vorzuweisen hat. In Oberösterreich wird mit diesem Kraftwerk über Eigenvorsorge Auslandsunabhängigkeit angestrebt und so der Import von Atomstrom minimiert werden können. Ob es Sie beeindruckt oder nicht, Herr Dr. Rockenschaub, es ist nun einmal so!

Bei Abwägung all dieser Vor- und Nachteile kann es eigentlich nur ein Ja zu Lambach geben. Es liegen dafür ja auch alle notwendigen rechtskräftigen Bescheide vor. Aber daß erst jetzt, ein Jahr nach der Beschlußfassung durch die Oberösterreichische Landesregierung, mit Protestmaßnahmen und Aubesetzungen begonnen wird, kann eigentlich wohl nur damit in Zusammenhang gesehen werden, daß in Oberösterreich nächstes Jahr Landtagswahlen anstehen und man die Volkspartei und unseren Landeshauptmann damit anpatzen möchte. (Bundesrat Mag. Langer: Damit patzen Sie sich doch selber an!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Anders ist es wohl auch nicht zu erklären, daß sich momentan sehr seltsame politische Allianzen zu einem Protest zusammenfinden. So ruft zum Beispiel das linksextreme "TATblatt" zur Aubesetzung auf. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Diese Sympathisanten und Demonstranten werden vom sozialistischen Landeshauptmann-Stellvertreter in Oberösterreich und auch vom freiheitlichen Landesrat Achatz mit großzügigen finanziellen Spenden unterstützt. (Bundesrat Ing. Penz: Achatz finanziert das "TATblatt"!) Genau!

Liebe Freunde! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Rechtsstaat muß Rechtsstaat bleiben, rechtmäßige Bescheide sind einzuhalten. Wenn künftig Demonstranten, Minderheiten anstatt Mehrheiten und Medien Entscheidungen treffen, wird unsere Demokratie sicherlich langfristig in Frage gestellt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

17.05

Vizepräsident Dr. Drs h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Johann Kraml. Ich erteile es ihm.

17.05

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Wenn Kollege Rodek meint, daß nur wenige Medien negativ über das Kraftwerk Lambach berichten, so meine ich, daß er nur wenige Zeitungen lesen kann. Ich sehe, daß das Medienecho negativ quer durch alle Zeitungen geht. (Bundesrat Ing. Penz: Zwischen Bericht und Bericht ist ein Unterschied!) Lediglich der Rundfunk hält sich etwas heraus aus dieser Sache. Wie die 62 Prozent bei der Meinungsumfrage zustande kamen, wissen wir auch. Und wenn der Protest erst jetzt eingesetzt hat, dann könnte man das umdrehen und sagen, daß der Landeshauptmann vielleicht auch etwas anders reagieren würde, wenn nicht 1997 eine Wahl vor der Tür stehen würde.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundesrat beschäftigt sich heute mit einem rein oberösterreichischen Problem, hat aber in dieser Sache keine Kompetenz. Der Entschließungsantrag der Freiheitlichen wird daher unsere Zustimmung nicht finden, weil Beschlüsse unserer


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Meinung nach in jenen Gremien zu fassen sind, die dafür auch zuständig sind, und das ist nun einmal der Oberösterreichische Landtag. (Zwischenrufe: Die Landesregierung!) Die Landesregierung. – Ich nehme diesen Hinweis dankbar zur Kenntnis.

Nun aber zur Sache selbst: Bereits am 27. 3. 1995 wurde im Oberösterreichischen Landtag mit Stimmenmehrheit ein Initiativantrag beschlossen, mit dem die Landesregierung und der Landeshauptmann als Eigentümervertreter der OKA aufgefordert worden sind, dafür zu sorgen, daß vor jedem Eingriff in die Natur sämtliche vorhandene Ressourcen und Möglichkeiten genützt werden. – Damit sind sowohl die Optimierung bestehender Anlagen wie auch die Nutzung von Alternativenergien gemeint.

Herr Landeshauptmann! All das ist bis jetzt nicht geschehen. Sie setzen sich ganz einfach über einen Entschluß des Oberösterreichischen Landtages hinweg. Sie haben auch den Rodungsbeginn in Lambach zugelassen.

Auch der Umweltminister hat erst nach einigen Tagen nach Linz gefunden. Der Rodungsstopp, der dann verkündet worden ist, war nur mehr Show, weil bereits alle Bäume gefällt waren. Ich habe dem Herrn Bundesminister jetzt zugehört, und ich weiß auch, daß es 1 500 kleinere Kraftwerke gibt. Ich kenne auch einige solche kleinere Kraftwerke. Zum Beispiel bei mir im Bezirk Rohrbach gibt es an der Großen und der Kleinen Mühl solche Kraftwerke, aber da hat es diesen brutalen Eingriff in die Natur mit Sicherheit nicht gegeben. Das sind Kraftwerke, die seit vielen Jahren gewachsen sind.

Aus der Anfragebeantwortung habe ich herausgehört, daß der Herr Bundesminister mit der harten Haltung des Landeshauptmannes eigentlich gar nicht so glücklich ist. (Bundesrat Ing. Penz: Was haben Sie da gehört? Wo waren Sie da?) Wenn man gute Ohren hat, dann kann man hören.

Herr Landeshauptmann! Sie fordern auch immer einen Schluß der Debatte in dieser Sache, aber das gibt es einfach nicht. In Ihrem Tatendrang haben Sie den negativen Naturschutzbescheid einfach durch Kompetenzentzug in einen positiven verwandelt, sodaß Sie das Kraftwerk zumindest beschlußmäßig über die Runden gebracht haben. (Bundesrat Ing. Penz: Sie behaupten hier Dinge, die gar nicht stimmen, Herr Kollege!) Sie müssen das wissen, denn Sie sind ein Niederösterreicher und kennen sich bei dieser Sache sicher sehr gut aus.

Es war sehr interessant, daß gestern im Oberösterreichischen Landtag ein oberösterreichischer Abgeordneter der ÖVP gesagt hat, das Kraftwerk müsse gebaut werden, weil es 1991 "in unserem Wahlprogramm" gestanden hat. Daher wissen wir, wie wichtig das jetzt ist. (Zwischenrufe.)

Für die Österreichische Volkspartei ist die betriebswirtschaftliche und energiewirtschaftliche Frage nicht so relevant, es geht nur um Parteiprogramme und Wahlprogramme. (Bundesrat Ing. Penz: Das glauben Sie doch selber nicht!)

Herr Landeshauptmann! Schauen Sie nach Kärnten – das ist heute schon erwähnt worden –, dort hat die KELAG zwei fix geplante Kraftwerke kurz vor der wasserrechtlichen Verhandlung zurückgezogen. (Bundesrat Ing. Penz: Es waren die Draukraftwerke!) Ob es die KELAG oder die Draukraftwerke sind, das spielt an und für sich keine so große Rolle. Es waren zwei Kraftwerke in Kärnten. (Bundesrat Ing. Penz: Das ist schon wichtig, weil in dieser Frage der Eigentümer entscheidet! Denn der muß den Strom verkaufen, und um das geht es!)

Das Argument war interessant, es hat gelautet: Die Kraftwerke sind energiewirtschaftlich und betriebswirtschaftlich nicht mehr sinnvoll.

Meine Damen und Herren! Der Energiemarkt ist im Umbruch begriffen, es gibt eine Überkapazität von Strom. Gestern war zum Beispiel im "Standard" und auch in anderen Zeitungen zu lesen, daß 1995 Österreichs Stromexporte kräftig zugenommen haben.

Wir haben zuviel Strom. Der Verbund zahlt zum Beispiel allein an Ungarn 335 Millionen Schilling für einen Strom-Nichtbezug. Das muß man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen! Wir


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zahlen Millionen, damit wir keinen Strom bekommen! All das scheint bisher aber nicht bis nach Oberösterreich durchgedrungen zu sein. (Bundesrat Ing. Penz: Herr Kollege Kraml! Schauen Sie sich doch die Lieferverträge an, die wir mit Tschechien, mit Ungarn haben!)

Das Kraftwerk Lambach würde Strom meistens nur dann liefern, wenn wir den Strom nicht so dringend brauchen, nämlich in den Sommermonaten, und in dieser Zeit ist Österreich bereits jetzt ein Stromexportland. (Bundesrat Ing. Penz: Da sind Sie falsch informiert!) Und je mehr Strom die OKA in dieser Zeit erzeugt, umso mehr Strom muß der Verbund natürlich auch auf den internationalen Spotmärkten absetzen, und zwar zu einem Preis, der für die OKA sicherlich nicht sehr interessant sein kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPÖ-Oberösterreich hat Alternativprogramme für die Arbeitsplatzsicherung vorgelegt. Die für den Wohnbau zuständige Landesrätin startet zum Beispiel eine Wohnbauoffensive, im Rahmen derer alleine 500 Millionen Schilling bauwirksam eingesetzt werden. Bauwirksam heißt für mich, daß möglichst viele Arbeitsplätze gesichert werden, und nicht, daß ein Großteil des Geldes in die Maschinen hineinfließt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Landeshauptmann! Nicht ein Prestigeprojekt allein rettet die Bauwirtschaft. Wir brauchen, über das gesamte Bundesland verteilt, arbeitsmarktwirksame Aktivitäten. Setzen Sie diese Aktivitäten, dann brauchen Sie Lambach nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

17.12

Vizepräsident Dr. Drs h. c. Herbert Schambeck: Zum Wort gemeldet ist der Herr Landeshauptmann von Oberösterreich, Dr. Pühringer. Ich erteile es ihm.

17.12

Landeshauptmann von Oberösterreich Dr. Josef Pühringer: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das Kraftwerk Lambach ist von der Kompetenz her – ausgenommen das Wasserrecht, das ja auch in letzter Instanz abgeschlossen ist – Ländersache. Daher war es für mich eine ganz klare Sache, daß ich als Landeshauptmann auch in die Länderkammer komme und mich den Mitgliedern der Länderkammer auch in dieser Frage entsprechend stelle. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist ein Zufall, daß gerade jetzt der Vorsitzwechsel stattgefunden hat. Ich hätte es mir vor 25 Jahren nie gedacht, daß mein damaliger Lehrer an der Universität Linz mir einmal das Wort in der Länderkammer erteilen wird. Dabei bin ich schon bei einem ganz entscheidenden Punkt meiner Ausführungen.

Ich glaube, daß in der Fülle der Argumente für das Kraftwerk Lambach an erster Stelle der Rechtsstaat und die Rechtsstaatlichkeit stehen müssen. Das Verfahren zum Bau dieses Kraftwerkes hat in mehr als zehnjähriger Diskussion mit den Bürgern, in den politischen Gremien, alle Verfahren durchlaufen, und es liegen für alle Bereiche rechtskräftige Bescheide vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, daß dem Einspruch von zwei Brunnenbesitzern keine aufschiebende Wirkung zukommt. Damit waren die rechtlichen Voraussetzungen für den Baubeginn gegeben.

Es gibt sicher viele Fortschritte in unserer Gesellschaft und in der Geschichte. Einen halte ich für besonders wichtig: nämlich den, daß sich unsere Republik zu einem verläßlichen Rechtsstaat entwickelt hat. (Beifall bei der ÖVP.) Ich glaube, diese Verläßlichkeit muß gelten, egal, wer der Bauwerber ist.

Zweiter Punkt: Es wird immer wieder betont, daß das Kraftwerk Lambach ohnedies nur ein Kleinkraftwerk wäre und für Oberösterreich und für das Energieaufkommen kaum etwas brächte. Dem stelle ich entgegen, daß 71 Millionen Kilowattstunden Strom die Versorgung von 17 000 Haushalten bedeuten und daß der Strom beim Kraftwerk Lambach wirtschaftlicher erzeugt werden kann als in der Freudenau oder in den immer wieder genannten Salzach-Kraftwerken.


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Wenn der Verbund oder die Draukraft den Bau von zwei Kraftwerken am gestrigen Tag zurückgezogen hat, so möchte ich auch dazu Stellung nehmen.

Erstens war das nur mehr ein formaler Schritt, denn beide Kraftwerke waren im koordinierten Ausbauprogramm der E-Wirtschaft seit längerer Zeit gar nicht mehr enthalten. Das war so quasi die Löschung aus dem Grundbuch im nachhinein.

Zum zweiten stelle ich fest, daß die Wirtschaftlichkeit der Draukraftwerke enorm schlechter gewesen wäre als in Lambach. Die Kilowattstunde an Investitionskosten hätte bei diesen Kraftwerken 13,20 S betragen und beträgt in Lambach 8,50 S.

Meine Damen und Herren! Das ist ein enormer Unterschied! Sie haben die Ungarn-Verträge und den Verbund angesprochen. Ich finde die Äußerungen des Herrn Generaldirektor Fremuth – ich sage es der Würde des Hauses angebracht – unangemessen.

Meine Damen und Herren! Ich verstehe, daß der Verbund größte Probleme mit seinen schlechten Verträgen mit den ehemaligen Ostländern hat. Warum? – Erstens muß er sich der Kritik aussetzen, daß dieser Strom aus schlechten kalorischen Kraftwerken kommt – gegen die wir im übrigen auch protestieren –, und der zweite Kritikpunkt ist, daß die Verträge schlecht sind. Die Kilowattstunde etwa aus den Ungarn-Verträgen kostet 80 Groschen, die Kilowattstunde in Lambach am Tag der Inbetriebnahme 77 Groschen, und das fällt in den nächsten 25 Jahren herunter auf 54 Groschen.

Meine Damen und Herren! Lambach wird das billigste Wasserkraftwerk werden, das seit langem in dieser Republik gebaut wird. Das kann ich mit aller Deutlichkeit sagen! (Beifall bei der ÖVP.)

Es wird immer wieder die ökologische Seite ins Treffen geführt. Erstens stelle ich fest, daß Lambach 16 000 Tonnen Heizöl-schwer oder 24 000 Tonnen Steinkohle substituiert. Lambach entlastet die Umwelt von 58 Tonnen Kohlendioxid, 45 Tonnen Stickoxyde, 45 Tonnen Schwefeldioxid und 2 Tonnen Staub.

Meine Damen und Herren! Das sind die Zahlen, die von Fachleuten errechnet wurden. Es wird der wirtschaftliche, der arbeitsmarktmäßige Impuls von Lambach in Frage gestellt. Wir haben ihn von der Universität Linz von Universitätsprofessor Dekan Dr. Schneider errechnen lassen. Er sagt: 100 Beschäftigte direkt am Bau. Aber das ist die kleinere Zahl, meine Damen und Herren! Die zweite wird immer verschwiegen: 557 weitere Arbeitsplätze werden durch diese große Investition mittelbar entstehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch das muß vor allem in einer Zeit gesehen werden, in der allein in Oberösterreich im Jänner 5 600 Menschen am Bau keine Arbeit haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zum Naturschutz, zum Naturschutzbescheid und zum Wasserrechtsbescheid, ein Wort sagen: Richtig ist folgendes: Herr Landesrat Achatz hat seiner Abteilung den Auftrag gegeben, einen Wasserrechtsbescheid zu erstellen. Die Abteilung hat einen positiven Bescheid erstellt, und der Herr Landesrat hätte einen negativen Antrag gestellt. Dies hat der Landeshauptmann mit Zustimmung der Sozialdemokraten und der ÖVP jedoch nicht zugelassen, sondern in mittelbarer Bundesverwaltung die Sache an sich gezogen und jenen Bescheid erlassen, den die Abteilung erarbeitet hat. – Erster Punkt.

Naturschutz: Hier liegt die Sache gesetzlich völlig anders. Das Naturschutzgesetz, verehrte Frau Kollegin Haubner, sieht im Abs. 1 des entsprechenden Paragraphen der Geschäftsordnung und parallel dazu in der Bestimmung im Gesetz vor, daß entweder das zuständige Regierungsmitglied entscheidet oder aber, wenn das Regierungsmitglied es will, oder aber, wenn die Regierung es beschließt, anstelle des Regierungsmitgliedes das Kollegialorgan Regierung entscheidet, nicht aber der Landeshauptmann alleine. Das möchte ich gleich einmal klarstellen. Der Bau eines Kraftwerkes ist wohl eine wichtige Sache. Ich glaube, wir entscheiden in der Regierung über kleinere und unwesentlichere Dinge als über die Genehmigung des Baus eines Kraftwerkes, und es kann doch nur richtig sein, wenn man das von der Ein-Personen-Ent


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scheidung in die Kollegialentscheidung nimmt und auf diesem Weg eine demokratische Entscheidung herbeiführt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Dr. Tremmel .)

Meine Damen und Herren! Ich sage auch: Im Landtag gab es eine demokratische Mehrheit. Aber Sie müssen eines – das muß ich dann dazu sagen, das wollte ich eigentlich nicht erwähnen – zur Kenntnis nehmen: Ich habe es als unangenehm empfunden, daß der Antrag der Volkspartei, im Oberösterreichischen Landtag geheim abzustimmen, keine Mehrheit gefunden hat. Man hat sich auf die Verläßlichkeit seiner Abgeordneten nicht gestützt, sondern hat offen abgestimmt. Wir hätten uns das in dieser Frage anders gewünscht. Man kann sich daher auf den Landtagsbeschluß nur berufen, wenn man auch diese Begleitmusik erwähnt. (Bundesrat Mag. Langer: Man kann Demokratie nicht relativieren, Herr Landeshauptmann, das geht nicht!)

Noch ein Wort zu den Demonstrationen: Ich möchte deutlich sagen, daß ich vor jedem höchsten Respekt habe, der in seiner Freizeit auf seine Kosten, Opfer auf sich nehmend, gegen was auch immer entsprechend seiner Überzeugung seinen Protest anmeldet und seinen Protest ausübt, daß ich aber wenig Verständnis für professionelle Protesttouristen habe, die sicherlich auf dieser Baustelle eine eindeutige Mehrheit haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es wurde das "TATblatt" – es ist allen ein Begriff – schon zitiert. Frau Kollegin! Ich kann Ihnen sagen: Sie können alle Protokolle lesen. Von mir hat das "TATblatt" keinen einzigen Schilling Subvention bekommen. Sie können alles nachlesen! Seien Sie bitte aufmerksam: Dann werden Sie feststellen, daß es von mir keinen Schilling gab. Das müssen andere getan haben! (Beifall bei der ÖVP.)

In diesem Artikel, in dem man zum Kommen aufruft, heißt es – ich zitiere das, weil ich gerade von den Protesttouristen spreche –: "Weitere Aktivisten aus Wien werden eintreffen. Nur vereinzelte Terroraktionen des österreichischen Wachdienstes" – gemeint ist die Gendarmerie – "stören die Umweltschützer und -schützerinnen noch in dieser nebeligen und feuchtkalten Nacht." – Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß diese Aussage deutlich macht, wer hier auch – nicht alleine, aber wer auch – in Lambach am Werk ist. Und mit denen möchte ich nichts zu tun haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schluß meiner heutigen Wortmeldung. (Bundesrätin Schicker: Zeit war’s!) Ich bin Frau Bundesrätin Haubner sehr dankbar, daß sie gesagt hat, sie sei für einen vorübergehenden Baustopp. Der Baustopp geht also wieder vorüber. Das Ergebnis davon ist, daß man Zeit verliert, meine Damen und Herren, und diesen Verlust sollten wir nicht riskieren.

Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß der Landeshauptmann von Oberösterreich in dieser Frage nicht alleine steht. Sämtliche Sozialpartner – Industriellenvereinigung, Gewerkschaftsbund, Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer, alle Fraktionen, Landwirtschaftskammer – stehen hinter diesem Bau, außerdem ist eine in vier verschiedenen Umfragen in den letzten zwei Jahren erhobene Mehrheit der Oberösterreicher für Lambach.

Man sollte dieses Geld in Windkraftwerke investieren, wurde gesagt. – Ich muß Sie enttäuschen: Wir sind zwar ein frisches Land, aber so viel Wind geht in Oberösterreich nicht, daß man um 680 Millionen Windkraftwerke bauen könnte.

Man sprach von der letzten freien Fließstrecke: Ich kann Ihnen nur sagen, daß die Traun dort seit 100 Jahren reguliert ist und daß es sich um ein nicht besonders schützenswertes Gebiet handelt. Die Frau Naturschutzlandesrätin selbst hat bei der Meldung der besonders geschützten Gebiete nach Brüssel diese Strecke im vergangenen Juli nicht in die Liste aufgenommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man tut auch Herrn Bischof Iby unrecht, wenn man sagt, er habe sich für Lambach im Zusammenhang mit Naturschutz eingesetzt. Lesen Sie die Presseaussendung! Dort steht nur, daß er sich für den Dialog eingesetzt hat.


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Abschließend meine ich: Wer, wie viele, ein Plädoyer für die Wasserkraft ablegt, der muß wissen, daß Wasserkraft nur durch Kraftwerke realisiert werden kann. – Ich bitte Sie daher um Verständnis für die oberösterreichische Haltung. (Beifall bei der ÖVP.)

17.27

Vizepräsident Dr. Drs h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Helmut Prasch. Ich erteile es ihm.

17.27

Bundesrat Dr. Helmut Prasch (Freiheitliche, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Landeshauptmann! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe heute das Vergnügen, gemeinsam mit Herrn Professor Schambeck als einziger Nicht-Oberösterreicher zu Lambach Stellung zu nehmen, wobei natürlich Ihre Affinität zu Oberösterreich doch etwas größer ist als meine. Aber das gibt mir zumindest Gelegenheit, nochmals darauf aufmerksam zu machen, weshalb wir das Thema "Lambach" überhaupt zum Gegenstand einer Debatte hier im Hohen Haus gemacht haben.

Das Thema "Lambach" ist für uns keine rein oberösterreichische Problemstellung, sondern vielmehr eine politische Grundsatzfrage von großer Bedeutung. Es stellt sich nämlich für uns die Grundsatzfrage: In welche Richtung geht künftig die Energiepolitik Österreichs? Geht sie wieder zurück in die Richtung der Betonierer von vor 1986, von vor Hainburg, oder aber geht sie in eine neue Zukunft, in der man verstärkt Schwerpunkte im Bereich der alternativen Energienutzung und Energiegewinnung setzen wird?

Das ist eine Frage, sehr geehrter Herr Bundesminister, die in erster Linie Sie und Ihr Ministerium betrifft, und deshalb sind wir sehr dankbar, daß Sie heute Zeit gefunden haben, sich diesem Thema zu stellen. Wir vermissen sehr wohl im Bereich der Bewußtseinsbildung durch das Umweltministerium einige Aktivitäten, die in die richtige Richtung weisen.

Ich finde, daß Sie in Ihrer heutigen Argumentation einem bemerkenswerten Zickzackkurs folgen, denn Sie haben einerseits das Problem, daß Sie als Umweltminister nur schwer einem Raubbau an der Natur das Wort reden können, Sie haben andererseits das Problem, daß neben Ihnen ein Parteifreund sitzt, der ein Prestigeprojekt durchziehen will und dem Sie auch nicht in den Rücken fallen können. (Beifall des Bundesrates Eisl .)

Sehr geehrter Herr Umweltminister! Auch wenn Sie das lustig finden: Ich möchte die Tatsache einmal aufzeigen. Ich befinde mich nämlich mit vielen Umweltschutzorganisationen und engagierten BürgerInnen in einem Boot, wenn ich diese Tatsache einmal aufzeige.

Ich möchte für die Zukunft darum bitten, daß wir die Umweltpolitik weitestgehend aus dem parteipolitischen Bereich heraushalten, und zwar aus folgendem Grund: Wenn wir wollen, daß die Umweltpolitik auch weiterhin in verantwortungsbewußten Händen bleibt – und Sie haben heute auch schon etwas zynisch gemeint, Herr Bundesminister, wie schnell Global 2000-Aktivisten zu Kandidaten für diverse politische Ämter werden können –, wenn wir weiterhin wollen, daß die politische Verantwortung für den Umweltschutz in guten Händen ist, und wir verhindern wollen, daß in Zukunft grüne Chaoten ins Hohe Haus einziehen – wir sind glücklicherweise im Bundesrat davon noch verschont –, dann müssen wir auch einen ernstzunehmenden Beitrag im Bereich des Umweltschutzes leisten, und Sie, Herr Bundesminister, müssen sich auch einer Diskussion stellen und sich mit der Wahrheit aus der Sicht engagierter Bürgerinnen und Bürger, was das Kraftwerk Lambach anlangt, konfrontieren lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Ich spreche deshalb von einem Zickzackkurs, weil Sie zum Beispiel versucht haben, das 1 Promille Verminderung an CO2-Ausstoß, das durch die Errichtung von Lambach erreicht werden könnte, gegen die Zerstörung der Naturlandschaft auszuspielen. Ich halte das nicht nur für unfair, sondern auch für unzulässig, Herr Bundesminister!

Ich versuche nun, als Nichtfachmann im Energiebereich eine Erklärung zu formulieren: Ich glaube, daß wir versuchen sollten, in der Energiepolitik einen Schwerpunkt in der alternativen Energienutzung zu setzen, gerade in der Dezentralisierung und Regionalisierung, aber nicht im


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Bereich der Wasserkraft, sondern im Bereich – wie Sie es auch angesprochen haben – der Nutzung alternativer Energieformen wie Biomasse.

Ich bitte die ÖVP-Abgeordneten, sich ein Beispiel zu nehmen an ihrem Kollegen, Nationalratsabgeordnetem Wurmitzer, der als Bürgermeister seiner Gemeinde ein solches Konzept in enger Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen durchgezogen hat und der seine Gemeinde zu einer europaweiten Mustergemeinde gemacht hat. (Bundesrat Ing. Penz : Mit welcher Leistung?) Er hat nämlich ein Blockheizkraftwerk errichten lassen, das die gesamte Gemeinde mittels Hackschnitzelanlagen versorgt. (Bundesrat Ing. Penz: Das ist lobenswert!) Diese Gemeinde hat einen Europapreis erhalten, und es wurden in dieser Gemeinde tatsächlich auch Arbeitsplätze geschaffen. (Bundesrat Ing. Penz: Ich sagte schon: Das ist lobenswert!) Kollege Penz! Als Vertreter der Landwirtschaft sollten gerade Sie bedenken, daß, wenn wir eine verstärkte Nutzung der Biomasse erreichen, gerade die Landwirtschaft viele Vorteile davon hat, denn auf diese Weise wird ein neuer Erwerbszweig geschaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte auch auf das eingehen, was sowohl Herr Landeshauptmann Dr. Pühringer als auch Kollege Bundesrat Rodek in bezug auf den Rechtsstaat gesagt haben. Ich finde es richtig, wenn Sie heute den Rechtsstaat als Argument ins Treffen führen und sagen: Wir müssen uns an Bescheide der Behörde halten und müssen diese akzeptieren! – Ich möchte allerdings auch daran erinnern, wie solche Bescheide oft zustande gekommen sind, welche politischen Hintergründe dabei eine Rolle gespielt haben. Meine Kolleginnen und Kollegen aus Oberösterreich werden es besser zu berichten wissen, und Sie selbst werden es vermutlich auch besser wissen, was in Oberösterreich vor sich gegangen ist, als beispielsweise eine Umweltlandesrätin plötzlich ihr Ressort verloren hat, nur weil sie gegen dieses Kraftwerk auftrat. (Zwischenruf des Bundesrates Jaud .)

Kollege Rodek! Wenn Sie heute gesagt haben, die Demokratie werde in Frage gestellt, sobald man sich von Minderheiten und Medien beeinflussen lasse, dann muß man schon sagen: Es wird bald jene Partei und jene Regierung in Frage gestellt werden, die weiterhin an den Interessen der Bürgerinnen und Bürger vorbeiregiert.

Ich wundere mich schon, meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen, daß Sie, die Sie oberösterreichische Bundesräte sind, heute die Stirn haben, hier in Wien eine Position zu vertreten, die nicht die Position jenes Organs ist, von dem Sie eigentlich ins Hohe Haus entsendet werden, daß Sie sich völlig konträr zur mehrheitlichen Position des Oberösterreichischen Landtages verhalten. Ich will Ihnen nicht absprechen, daß Sie Ihre eigene politische Meinung dazu haben. Vergessen Sie jedoch bitte nicht, daß es im Oberösterreichischen Landtag keine politische Mehrheit für dieses Kraftwerksprojekt in Lambach gibt und daß täglich die Zahl jener, die dieses Kraftwerk insgesamt ablehnen, ebenfalls zunimmt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Weil der Herr Landeshauptmann und auch einige Kolleginnen und Kollegen Vorredner heute schon einmal das Beispiel Draukraftwerke angeschnitten haben, erlaube ich mir, Ihnen als Kärntner Bundesrat einige Informationen aus erster Hand zu diesem Thema zu geben: Es verhält sich keineswegs so, wie Herr Landeshauptmann Dr. Pühringer geschildert hat, daß es quasi schon von langer Hand vorbereitet war, daß das Projekt dieser zwei Draustufen zurückgezogen werden mußte.

Vielmehr entspricht es der Wahrheit – das haben die beiden Vorstandsdirektoren der Draukraftwerke in einer Pressekonferenz, an der ich teilnehmen konnte, festgestellt –, daß die Planungsarbeiten für diese Draustufen noch bis in den Morgen des Tages, an dem die Entscheidung getroffen wurde, fortgesetzt wurden. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Penz .) Dann lesen Sie die Presseaussendung durch, und hören Sie sich auch einmal die Stellungnahme des Zentralbetriebsratsobmannes der Draukraftwerke an, der kritisiert hat, daß die Ingenieure, noch während sie an der Planung arbeiteten, von der Einstellung dieses Projektes hören mußten. (Bundesrat Ing. Penz : Fragen Sie Dr. Schröffelbauer!)

Herr Ing. Penz! Ich würde Sie bitten, Kärntner Themen nicht in Frage zu stellen. Wir wissen das besser, und ich habe Ihnen extra auch, damit Sie es dann nachlesen können, die Presse


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unterlagen der Drau Consult mitgenommen. Ich war gestern bei der Pressekonferenz persönlich dabei, und ich habe die Kritik ...(Zwischenruf des Ing. Penz .)

Schauen Sie, Herr Kollege Penz: Es ist doch lächerlich, zu sagen, die Draukraftwerke hätten es schon lange geplant, dieses Projekt von der Tagesordnung abzusetzen, wenn bisher mehr als 40 Millionen in diese Planung geflossen sind und die beiden Vorstandsdirektoren der Draukraftwerke gestern sehr deutlich gesagt haben, warum sie schlußendlich für die Einstellung sind, nämlich deshalb, weil die energiewirtschaftliche Situation in Europa und im Europa der Europäischen Union – der gehören wir ja seit dem 12. Juni des Vorjahres an – einen Kraftwerksbau einfach nicht mehr rechtfertigt. (Bundesrat Ing. Penz: Das stimmt nicht! Wir gehören der EU seit 1.  Jänner 1995 an!) Herr Ing. Penz! Ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie sich für dieses Kraftwerk als Niederösterreicher so ins Zeug legen. Sie können es hier am Rednerpult einmal begründen.

Dieser Realität werden auch Sie einmal ins Auge schauen müssen. Vor allen Dingen werden Sie sich dieser Diskussion in vermehrtem Ausmaße stellen müssen! Denn ich glaube nicht, daß die Diskussion über Lambach mit der heutigen Bundesratssitzung oder mit der gestrigen Landtagssitzung zu Ende sein wird. Denn die Diskussion wird weitergehen, weil sich die Zahlen jener, die sich mit dieser Vorgangsweise des Herrn Landeshauptmannes und mit diesem Alleingang seiner Partei nicht mehr einverstanden erklären wollen, erhöhen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zum Schluß noch einen Appell an Sie richten, vor allen Dingen an Herrn Bundesminister Dr. Bartenstein. Bitte setzen Sie als Umweltminister einmal ein Signal, und haben Sie einmal den Mut, auch gegen die eigene Partei einen Standpunkt zu bewahren! Sagen Sie bitte nicht, es seien erst 65 Prozent der Wasserkraft in Österreich genützt! Einem jungen Umweltminister, der in vielen anderen Bereich schon sehr engagiert gekämpft hat – ich erinnere an Toronto, an die Klimakonferenz, was auch immer –, steht es nicht gut zu Gesicht, zu sagen: Wir haben in Österreich erst 65 Prozent der Wasserkraft genützt! – Denn dann könnte man auf der anderen Seite sagen, daß der Umweltminister von Österreich nochmals die Kraftwerksbauten andrehen will und sich nochmals hinter solche Monsterbauten stellt. Und ich glaube, daß das nicht den Tatsachen entspricht.

An den Landeshauptmann und an die Kollegen aus Oberösterreich möchte ich die Bitte richten, doch der politischen Realität im Landtag ins Auge zu schauen und sich auf die Seite der besorgten Bürgerinnen und Bürger zu stellen und nicht auf die Seite der Lobbyisten. Ich glaube, daß es Zeit ist, ein entsprechendes Signal zu setzen. Lambach ist aus unserer Sicht nicht notwendig, und ich bitte Sie, diese Diskussion heute als einen Denkanstoß zu verstehen, wie wir in Zukunft in der Energiepolitik weiter vorgehen sollten, welche Richtung die Energiepolitik in Zukunft einnehmen sollte. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.38

Vizepräsident Dr. Drs h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Bundesrat Anton Hüttmayr. Ich erteile es ihm.

17.38

Bundesrat Anton Hüttmayr (ÖVP, Oberösterreich): Hochgeschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Landeshauptmann! Hoher Bundesrat! Geschätzte Damen und Herren! Ich bin Kollegin Haubner und der freiheitlichen Organisation wirklich dankbar für die Möglichkeit, daß wir heute über Lambach diskutieren können.

Aber nicht nur ich bin dankbar, ich denke, daß auch andere dankbar sind. Die Anfragen haben den einen Vorteil, daß damit Informationsdefizite geschlossen werden können. Wenn man hier gehört hat, was manche Redner von sich gegeben haben, dann glaube ich allerdings nicht, daß sie sich wirklich seriös informiert haben.

Herr Kraml! Wenn Sie sagen, der Landtag hat zu entscheiden, dann befassen Sie sich mit der Rechtslehre! (Bundesrat Eisl: Er hat nichts zu reden in Oberösterreich! So ist die Rechtslehre! –Beifall und Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Herr Eisl! Mit diesem Zuruf haben Sie sich selbst qualifiziert, und Ihre Freunde haben applaudiert! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich frage


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Sie: Wofür haben Sie denn applaudiert? Wofür haben Sie denn jetzt applaudiert? (Bundesrat Dr. Kapral: Nehmen Sie es von der heiteren Seite! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Darf ich Ihnen einen Grundsatz in der Rhetorik sagen: Wenn man eine Botschaft übermitteln soll oder will, dann dürfen nicht mehrere zugleich schreien. Ich habe jetzt überhaupt nicht gehört, was ihr mir sagen wolltet. Herr Eisl! Sie haben sich qualifiziert! (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Grundsätzlich sind wir dankbar, und grundsätzlich sind auch manche anderen dankbar.

Die Politik hat zu gestalten. Wir reden von der Energiepolitik, und wir wissen, daß hier sicherlich ein Anspruch ist zwischen der Wirklichkeit und dem, was man sich wünscht. Ich sage, in der Politik müssen Ziele definiert werden, muß ein Weg eingeschlagen werden. Man muß festlegen, wie man diesen Weg geht. Und dann, geschätzte Damen und Herren, kommt der wesentlichste Punkt: Sie müssen diesen Weg gehen! Sie dürfen nicht nur planen, überlegen, reden, diskutieren – Sie müssen diesen Weg gehen! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben in der Energiepolitik Ziele definiert, gemeinsam Ziele definiert. Wir haben gesagt und tun das immer wieder: Wir wollen vom Atom weg. Wir wollen von Kraftwerken weg, bei denen der Ruß beim Kamin hinausgeschleudert wird. Wir haben uns zu einem Ziel gefunden, und dieses sogenannte und heute schon zitierte Toronto-Ziel sollten wir ernsthaft wahrnehmen.

Ich bin froh, daß das Statistische Zentralamt uns als Oberösterreichern einen guten Persilschein ausstellt. In Oberösterreich hat der CO2-Ausstoß um 2,8 Prozent abgenommen. Hier sind wir Vorbild!

Herr Dr. Prasch! Sie haben von der Energiepolitik gesprochen und unseren Landeshauptmann angesprochen. Hören Sie jetzt zu, und passen Sie jetzt bitte genau auf, wie die oberösterreichische Energiepolitik in den letzten Jahren war und wie sie in der Zukunft sein wird. Erstens bekennen wir uns zum Energiesparen. Zweitens bekennen wir uns zu erneuerbaren Energien.

Und jetzt die interessanten Zahlen für Sie: 34 Prozent aller Hackschnitzelheizungen, die in Österreich in Betrieb sind, sind in Oberösterreich – bei einem Bevölkerungsanteil von 17 Prozent. 25 Prozent aller Wärmepumpen sind in Oberösterreich. Das neue Windkraftwerk ist in Eberschwang – in Oberösterreich. Oberösterreich wurde vor wenigen Tagen beschieden, das Solarland zu sein. Wissen Sie, Oberösterreich hat einen Energieanteil aus erneuerbarer Energie von 30 Prozent, und die EU in etwa von 5 Prozent. Das sind die Fakten!

Gestern habe ich bei der Demonstration ein Transparent gelesen, auf dem stand: Wer Tschernobyl vergessen hat, soll auch ruhig Lambach vergessen! – Wer Tschernobyl vergessen hat, soll Lambach vergessen!

Am 26. April gedenken wir dieses Tschernobyls, vor zehn Jahren ist es passiert. Ich selbst und andere Organisationen sind aufgerufen, darauf hinzuweisen.

Nur sollten wir nicht immer nur das hohe Lied der Wasserkraft singen und dann etwas ganz anderes machen.

Wir wissen – da bin ich beim Mittel, wie wir diesen Weg gehen wollen –, daß natürlich ein Kraftwerksbau die Natur beeinträchtigt. Das wissen wir! Wir wissen aber auch, daß jede andere Art der Energiegewinnung die Natur beeinträchtigt. Nur bei einem Wasserkraftwerksbau beeinträchtige ich die Natur in einer relativ kurzen Zeit, in der Bauphase, ich repariere wieder – und dann habe ich die umweltfreundlichste Energie. Das sollten wir fairerweise in die Diskussion einbringen.

Wenn wir, Sie und ich, wir alle gemeinsam, mit jungen Leuten diskutieren, dann höre ich immer wieder: Wir wollen Politiker, die berechenbar sind, auf die man sich verlassen kann, die ehrlich sind, die glaubwürdig sind!


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Was heißt denn das im Alltagsgeschäft, glaubwürdig zu sein? Wie ist denn das, wir als Mandatare, wie halten wir es denn mit dem Rechtsstaat? Wie halten wir es denn mit Bescheiden, die rechtskräftig zustande kommen? Und wenn sie beschlossen sind und wenn sie gültig sind, dann wollen wir eine Rechtsbeugung machen – oder wir unterstützen jene kleine Gruppe, die das will. Ist das ehrlich?

Ist es nicht ehrlicher, zu sagen: Wie sind denn diese Bescheide zustande gekommen? Zehn Jahre lang diskutiert, zehn Jahre lang beraten, Pläne gemacht und und und. Alle Bescheide sind ordnungsgemäß in Rechtskraft gekommen. Und alle betroffenen Bürger – ich betone: alle betroffenen Bürger – haben die Möglichkeit gehabt, mitzureden. 2 000 haben das in Anspruch genommen. 2 000 haben Parteistellung gehabt, und sieben davon haben den Bescheid beeinsprucht. Das muß man sich vor Augen führen!

Ich glaube, hier ist es herzeigbar, daß das, was in Lambach gemacht wurde, richtig ist.

Ich war unlängst wieder auf der Baustelle, mehrmals war ich schon auf der Baustelle, und da habe ich jene kleine Gruppe gesehen, die hier demonstriert hat. Wissen Sie, ich habe mich gefragt: Wie sind denn die Umweltschützer mit den großen Autos, mit westlichen Kennzeichen, mit östlichen Kennzeichen, hergekommen? Sollten sie nicht anders hergefahren sein? Wie nehmen sie es denn mit dem Umweltschutz? – Und das, glaube ich, sollten wir nicht unterstützen.

Ich glaube auch, weil die Zeit jetzt läuft: Das, was in Oberösterreich gemacht wird, wofür unser Landeshauptmann steht, hat nichts mit Macht zu tun, sondern hat mit verläßlicher Politik zu tun, hat mit glaubwürdiger Politik zu tun, hat mit ehrlicher Politik zu tun. Und das ist es, was sich die Bürgerinnen und die Bürger in Oberösterreich und darüber hinaus wünschen.

Ich danke dir, Herr Landeshauptmann, daß du das, was wir unter "ehrlicher Politik" verstehen, personifizierst. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, wir sollten es so halten, wie es Goethe in einem Satz gesagt hat. Goethe hat gesagt: "Der Worte sind genug gewechselt, laßt uns Taten setzen!"

Wir bauen das Kraftwerk Lambach in unserem Rechtsstaat und freuen uns auf die billigste Energie. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.48

Vizepräsident Dr. Drs h.c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Bundesrat Mag. Gerhard Tusek. Ich erteile es ihm.

17.48

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzter Herr Landeshauptmann! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich bin froh über diese Debatte, und erlauben Sie mir, zuerst einmal die gröbsten Unklarheiten oder Unwahrheiten von einigen Vorrednern hier aufzuklären.

Es haben schon Anton Hüttmayr und auch der Herr Landeshauptmann einiges aufgeklärt. Aber manche Unklarheiten zeigen mir schon, daß sich die lieben Kolleginnen und Kollegen in diesem Zusammenhang nicht informiert haben.

Frau Kollegin Haubner! Ich komme in der Reihenfolge Ihrer Wortmeldungen zu diesen Aufklärungen. Sie haben festgestellt, daß Lambach die letzte Fließstrecke der Traun sei. Das ist völlig unrichtig, denn 40 Kilometer zwischen Gmunden und Wels sind nach dem Ausbau von Lambach noch 20 Kilometer freie Fließstrecke, also 50 Prozent. Hier kann man nicht von einer letzten freien Fließstrecke der Traun sprechen.

Frau Kollegin Haubner! Sie haben vom unbedeutenden Kraftwerk Lambach gesprochen und gesagt, man sollte diesen Betrag eher in Solaranlagen investieren. (Bundesrätin Haubner: Nicht eher!) Sie haben es mit Solaranlagen verglichen.


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Ich darf Ihnen sagen: Diese vom Herrn Landeshauptmann und auch vom Herrn Umweltminister angeschnittene Leistung von 71 Millionen Kilowattstunden zu einem Preis von 600 Millionen Schilling oder 650 Millionen Schilling würde 2 100 Solaranlagen der Photovoltaik bedürfen, so wie sie am Loser errichtet sind – 2 100 Anlagen wie am Loser, zu einem Gesamtpreis von insgesamt 15 Milliarden Schilling. Nur zu Ihrer Kleinheit von Lambach. Sie können sich dann gerne zu einer Berichtigung melden.

Wir haben von dem Windkraftwerk als Versuch in Eberschwang gehört. Die Leistung des Kraftwerkes Lambach bedarf 400 solcher Windkraftwerke. Und dieses Kraftwerk bezeichnen Sie als "verschwindend klein"!

Kollege Rockenschaub! Sie sagten, der Ausbau der Wasserkraft sei ausgeschöpft. Für die Traun habe ich es zuerst schon beantwortet.

Zum eingebrachten Entschließungsantrag muß ich feststellen, daß dieser Entschließungsantrag wegen völliger Unzuständigkeit hier im Bundesrat von meiner Fraktion nicht unterstützt werden kann, denn für Projekte – und das hat der Herr Landeshauptmann klar und deutlich gesagt – ist die Oberösterreichische Landesregierung die zuständige Stelle, und kein Bundesminister für Umwelt, auch kein Bundesminister für Wirtschaft, hat sich hier einzumischen. (Bundesrat Dr. Tremmel: Das steht nicht in der Geschäftsordnung, daß ein Entschließungsantrag in Richtung Oberösterreichischer Landesregierung nicht gefaßt werden darf!) Wir sind Vertreter der Länder, und ich halte so eine Entschließung, die an zwei Minister geht, für völlig falsch, und ich kann sie nicht unterstützen. Sie können sie ja unterstützen, Kollege Tremmel!

Kollege Kraml hat dann den negativen Naturschutzbescheid erwähnt. Erlauben Sie mir auch hier eine Klarstellung. Der Herr Landeshauptmann hat es bereits angeschnitten.

Nur hat niemand gesagt, daß der Naturschutzbescheid der ersten Instanz der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, die die Verhältnisse dort am besten kennen müßte, positiv war. Und erst die Frau Landesrätin Prammer wollte den offenbar in einen negativen Bescheid umdrehen. Und dann ist es das Recht nach der oberösterreichischen Verfassung, daß die Landesregierung diesen Bescheid erläßt – was auch geschehen ist.

Kollege Kraml, ich muß dir auch noch eines sagen: Du hast angeschnitten, daß in den Sommermonaten Überfluß produziert wird. – Erfahrungsgemäß produzieren alle Kraftwerke in Oberösterreich etwa 60 Prozent im Sommer und 40 Prozent in den Wintermonaten. Also da kann man nicht von einem großen Überschuß reden.

Die von Kollegin Haubner angesprochenen 2 oder 3 Megawatt sind bei extremen Trockenheiten, wie sie alle 20, 30 Jahre einmal vorkommen.

Ich kann auch hier ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit erwähnen: Im August 1994 hat die oberösterreichische Stromerzeugung aus Laufkraftwerken 124 Millionen Kilowattstunden betragen und im Jänner 1995, also im Winter, 171 Millionen Kilowattstunden, also um 50 Millionen Kilowattstunden mehr im Jänner als im August.

Das ist auch eine Sache, die man entsprechend bewerten soll. Es gibt Trockenheit, das ist klar, aber sowohl im Sommer als auch im Winter.

Kollege Prasch ist jetzt leider nicht herinnen, vielleicht richten Sie ihm das aus.

Kollege Hüttmayr hat klar mit Zahlen ausgedrückt, daß gerade bei Alternativenergien Oberösterreich und die OKA führend sind und hier schon sehr viel investiert haben.

Zur "Zerstörung der Naturlandschaft" möchte ich dann auch noch kommen. Kollege Prasch hat wörtlich gesagt: Die Zahl der Befürworter wird immer geringer.

Ich habe hier eine Umfrage von Spektra, eine repräsentative Umfrage von Oberösterreichern über 18 Jahren, 398 repräsentativ Befragte, und diese Umfrage zeigt die Entwicklung. Im


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Juli 1995 haben 51 Prozent zum Kraftwerk Lambach die Zustimmung erklärt. Jetzt – die Umfrage war vom 16. bis 19. Jänner, also eine jüngste Umfrage – waren es 62 Prozent, also eine deutliche Zunahme, und da kann man nicht irgend etwas in den Raum stellen.

Meine Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir, vor allem die Umweltaspekte des Kraftwerkes Lambach noch speziell auszuführen.

Ich muß hier vorausschicken: Ich habe mich vor zwei Jahren, zusammen mit dem Landtagsklub der ÖVP, an Ort und Stelle über das Kraftwerk Lambach sehr eingehend erkundigt – vor über zwei Jahren. Andere Fraktionen haben erst jetzt, in den letzten Tagen, Lambach als wichtig empfunden.

Ich kann eines feststellen – das wurde auch schon gesagt –: Das Toronto-Ziel wird vom Jahre 1988 bis zum Jahr 2005 eine wesentliche Sache sein. Und hier geht es in erster Linie um die Verringerung von Kohlendioxid. Diese Verringerung des Kohlendioxids ist in Oberösterreich bereits im Gange, und seit dem Jahr 1988 konnte Oberösterreich die Kohlendioxidbelastung und den Kohlendioxidausstoß bis jetzt, bis ins Jahr 1995, bereits um 9 Prozent verringern. Der Herr Bundesminister hat erklärt, 20 Prozent bis in das Jahr 2005 sind das Ziel. 9 Prozent sind in Oberösterreich bereits erfüllt, und ich bin optimistisch, daß es bis 2005 gelingen wird, das Toronto-Ziel zu erreichen.

Es ist in diesem Zusammenhang aber die Frage zu stellen: Was soll man unternehmen, was soll geschehen? – Ich sehe die Lösung in einem vernetzten System verschiedenster Alternativenergien. Das geschieht. Aber ein Bestandteil dieses vernetzten Systems muß auch die Wasserkraft sein, dort, wo sie nutzbar erscheint, dort, wo es möglich ist.

Die Ersparnis wurde bereits genannt, und das muß man sich einmal vorstellen: 58 000 Tonnen Kohlendioxid werden durch diese Leistung, wie sie das Kraftwerk Lambach bringt, nicht in die Luft abgegeben. 58 000 Tonnen Kohlendioxid allein bei einem Kraftwerk, das von der Frau Haubner als gering und klein bezeichnet wurde.

Wenn wir die Energie über fossile Brennstoffe gewinnen, haben wir eine verstärkte Abhängigkeit vom Ausland und kostet es gewaltige Devisen, denn die Mengen, die der Herr Landeshauptmann genannt hat, nämlich 16 000 Tonnen Heizöl, können wir nicht in Österreich fördern. (Bundesrat Waldhäusl: Warum legen Sie das Kraftwerk still?) Wir wollen es nicht stillegen, wir wollen dieses Kraftwerk errichten, weil es – wie Kollege Hüttmayr gesagt hat – wirtschaftlich ist.

Ich sage auch klipp und klar: Aus Umweltgründen ist das Kraftwerk notwendig.

Ich stelle aber die Frage: Was ist der Preis? – Der Preis ist Verbrauch von Landschaft. Hier müssen wir uns einig sein. Es wird durch jeden Kraftwerksbau Landschaft verbraucht. Es geht jetzt darum, um welche Landschaft es sich gerade im Fall von Lambach handelt. Das Kraftwerk selbst – Kollege Waldhäusl, Sie können den Kopf schütteln, solange Sie wollen, gerade Sie als Landwirt werden da Verständnis haben – kommt auf ein Maisfeld. Das Gelände ist jetzt als Maisfeld genutzt. Und da kann man nicht von schützenswerter Natur reden.

Der 4-Kilometer-Staubereich ist ein Fluß – auch das wurde schon gesagt –, der vor 100 Jahren sehr hart reguliert wurde. Steinplatten und Beton säumen dieses Gerinne. Es ist das kein natürlicher Fluß in diesem 4-Kilometer-Bereich.

Der einzige Aubereich in der Größenordnung von 300 Metern, der durch den Kraftwerksbau berührt wird, wird durch eine entsprechende ökologische Planung, durch einen Damm ausgespart, sodaß man hier von einem sehr geringen Landschaftsverbrauch reden kann. Und wenn man sich auf der Karte oder in der Natur die Traun in diesem Bereich ansieht, dann wird es einem klar, denn flußaufwärts, rechts von der Traun, ist Lambach, links ist Stadl-Paura, das Siedlungsgebiet, und die Felder gehen bis zum Fluß. Hier kann man also absolut nicht von der Zerstörung einer schützenswerten Landschaft sprechen.


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Aus diesem Grund sehe ich keinerlei Ursache für eine Nachdenkpause oder gar für einen Baustopp und ersuche alle, die Möglichkeiten, ein genehmigtes Projekt durchzuführen, zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.00

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Hummer. Ich erteile es ihm.

18.00

Bundesrat Dr. Günther Hummer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer hat einleitend gemeint, das wichtigste wäre doch, daß der Rechtsstaat gewahrt wird, daß das getan wird, was unter diesen Umständen recht sei. Recht schnell wurde es jedoch bei einem Redner der freiheitlichen Partei offensichtlich, daß das Verständnis für diesen Rechtsstaat leider nicht selbstverständliches Gut aller Anwesenden ist. – Ich hoffe, daß es wenige Bürger gibt, die so nebenher sagen: Man weiß ja, wie ein solcher Bescheid oft zustande kommt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was soll dies heißen? Was soll ich mit diesem Satz machen? Soll ich die Verhandlungsleiter, die beteiligt waren, soll ich die Amtssachverständigen und Sachverständigen, soll ich die Parteien, die an diesem Verfahren mitgewirkt haben, fragen, ob sie sich gesetzmäßig verhalten haben, ob sie sich an die Bestimmungen des Verfahrensrechtes gehalten haben, ob sie gewußt haben, worum es sich eigentlich handelt? – Und dann werden wir oberösterreichischen Bundesräte gefragt, ob wir uns sozusagen noch unter die Augen des Landtages trauen, wenn wir nicht vorbehaltlos einer Abstimmung im Landtag entsprechen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von Gewaltenteilung scheint hier der eine oder andere, auch wenn er sehr geschult ist, noch wenig gehört zu haben! (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist nämlich keineswegs Sache der Parlamente, sich in Bescheide, also in die Vollziehung einzumischen, sondern nur, ihren Wünschen betreffend die Ausübung der Vollziehung Ausdruck zu verleihen. Und das ist etwas ganz anderes. Ein Sich-Einmischen wird das eine oder andere Mal bei einer großzügigen Auslegung der Geschäftsordnung eben in Kauf genommen, es entspricht aber in keiner Weise dem Geist unserer Verfassung und unserer Rechtsordnung. Das muß hier einmal mit voller Deutlichkeit gesagt werden! (Beifall bei der ÖVP.)

Es scheint den einen oder anderen zu geben, dem nicht einmal bekannt ist, daß die Bundesräte ein freies Mandat haben. Sie sind nicht an Aufträge gebunden. Wir haben das eine oder andere Mal schon über Modifizierungen eines allenfalls gebundenen Mandates gesprochen, sehr verehrte Frau Präsidentin! Wir haben uns bei der Bundesstaatsreform überlegt, wie der Einfluß der Länder auf das Geschehen hier im Bundesrat gegebenenfalls verstärkt werden könnte. Aber daß wir uns nicht unter die Augen des Landtages trauen dürfen, ist wohl doch ein seltsames Verständnis unserer Demokratie, des Bundesrates und des Rechtsstaates. Wir haben also sehr wohl auf die Wahrung dieses Staates zu dringen!

Meine verehrten Damen und Herren! Eine Kraftwerksgesellschaft war bei Behörden mit einem Projekt vorstellig. Es war nicht das Land Oberösterreich, es war nicht die öffentliche Hand, sondern es war eine Kraftwerksgesellschaft, die sich durch zehn Jahre um Bewilligungen bemüht hat und solche Bewilligungen in langwierigem Vorgehen nach den allgemeinen Verwaltungsverfahren, den Vorschriften und den einschlägigen materiellrechtlichen Bestimmungen erwirkt hat. Beim wasserrechtlichen Verfahren waren an die 2 000 Parteien zugegen, und es war bestimmt nicht leicht, den Intentionen des Gesetzes zu entsprechen.

Wenn man hier so nebenher sagt, es lägen eben rechtskräftige Bescheide vor, als handle es sich um eine bloße Formalität, dann gibt mir das allein schon zu denken. Und wieder einmal muß man sich hinsichtlich der Pädagogik die Frage stellen: Erziehen wir unsere Bürger wirklich zu aufrechten Demokraten und zu echten, feurigen Anhängern des Rechtsstaates?

Es wurde in einem strengen Verfahren nach dem oberösterreichischen Naturschutzgesetz sehr wohl geprüft, ob dieser Eingriff vertretbar war. Es wurden Werte sehr wohl abgewogen. Jeder,


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der sich einmal mit Energiepolitik beschäftigt hat, weiß, daß gerade Laufkraftwerke eine besonders umweltfreundliche Form der Kraftwerke sind, und jeder, der in Zeitgeschichte nicht sehr vergeßlich ist – und das bin ich nicht –, hat noch im Ohr, daß immer wieder gesagt worden ist: small ist beautiful. Es hat vor wenigen Jahren noch geheißen, daß man auch das allerkleinste Kraftwerk, auch wenn es sich gar nicht mehr rechnet, nicht auflassen soll, weil man vor allem das Kleine in der Energieerzeugung entsprechend würdigen sollte, was in Oberösterreich etwa auch mit Windkraftwerken, mit der Ausnützung der Geothermie, mit Wärmepumpen und vielem anderen mit Erfolg versucht wird.

Der Vorwurf, es sei ein relativ kleines Kraftwerk, das nur 17 000 Haushalte versorgen könne, verwundert mich, zumindest wenn ich ihn von Naturschützern höre. Es wurde sehr wohl in einem forstrechtlichen Verfahren geprüft, ob es noch vertretbar und mit der Umweltsituation des Landes noch vereinbar ist, wenn dort geschlägert und Wälder gerodet werden. Auch in diesem Fall wurde in einem strengen Verfahren dafür Sorge getragen, daß keine Verwüstung unseres Waldes stattfindet. Das steht ganz im Unterschied zu dem, was die Aubesetzer machen: So hat etwa ein Förster des Stiftes Lambach in einem langen Schreiben, einem offenen Brief an den Herrn Landeshauptmann, dargetan, welchen Forstfrevel es dort durch die Aubesetzer gibt. Man muß sich dies auf der Zunge zergehen lassen, denn es ist immer so, daß Kleinigkeiten wahre Einstellungen und Haltungen zu Tage fördern.

Es ist schwer, jemandem, der nicht in der Energiewirtschaft tätig ist und kein Fachmann ist, wie etwa der Herr Bundesminister, im einzelnen immer darzutun, inwieweit ein einzelnes Kraftwerk notwendig ist oder nicht. Aber ich glaube den Fachleuten der Energiewirtschaft, daß sie nicht aus lauter Jux, Übermut und Tollerei ein Kraftwerk planen und verwirklichen wollen. Welchen Grund sollte Herr Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer letztlich haben, um in ein Kraftwerk Lambach gewissermaßen verliebt zu sein? – Seine Fachleute, die maßgeblichen Stellen, die einschreitende Kraftwerksgesellschaft halten es für richtig und notwendig.

Ich glaube eben Fachleuten – so vorsichtig man da auch sein muß – doch mehr als Politikern, die so gerne ihr politisches Kleingeld münzen, die so gerne an nächste Landtagswahlen denken und die so gerne dem anderen etwas Dubioses anhängen, daß dann an seinem Ruf etwas Schäbiges, ein bißchen etwas Schmutziges und Eigensinniges hängenbleibt. Diese Tendenz ist gerade in diesem Fall so greifbar und augenscheinlich. Wenn die Medien plötzlich wieder ihr Umweltbewußtsein entwickeln, das sie in viel wichtigeren Dingen gar nicht zeigen, dann hört man förmlich, was hinter verschlossenen Polstertüren geflüstert wird, welche Anweisungen gegeben werden, welche kaufmännische Strategie dahinter steht. Ich verneige mich vor dieser kaufmännischen Strategie, aber nicht vor den Inhalten und vor der Unredlichkeit, die in unserem Staat die eigentliche Gefahr für die Existenz unserer Demokratie ist, nämlich die sich überall sozusagen einnistende Unredlichkeit und das ständige Hantieren mit Halbwahrheiten.

Meine verehrten Damen und Herren! Wenn wir für unseren Staat etwas tun wollen, dann müssen wir gerade diese Halbwahrheiten und dieses Ins-falsche-Licht-Rücken aus taktischen Gründen aufdecken und uns dagegenstellen.

Idealisten könnten sagen: Unsere Jugend, die jungen Menschen müssen zum Widerstand erzogen werden. Wenn wir künftige politische Katastrophen vermeiden wollen, dann brauchen wir den mündigen Bürger, der sich nicht gängeln läßt, der nicht gehorsam ist und vieles andere mehr. – Diesen kann man das sagen, was ich jüngst in einem lesenswerten Buch von Hermann Hesse gelesen habe, der diesen Gedanken vertritt: Bleib dir selbst treu! Habe Zivilcourage! Folge nicht dem Zeitgeist! Bleibe du selbst! Verwirkliche, wovon du überzeugt bist. – Das ist es, was man den Aubesetzern zurufen müßte. Aber man sollte ihnen nicht sagen: Laß dich für ein Trinkgeld, für ein kleines Gegengeschäft zu einer solchen kleinen Unredlichkeit verführen! – Dann das und nicht mehr ist es, wenn ich gegen Bezahlung demonstriere.

Demonstration war ein Recht, aus dem Versammlungsrecht resultierend, gemäß dem sich der Mensch in einem autoritären System artikulieren konnte. Das ist ein heißerkämpftes Recht, das aus den Vorgängen des Jahres 1848 resultiert, und dieses sollten wir auch in unserer Demokratie hochhalten!


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Es ist wichtig, daß wir anerkennen, daß es in einer Demokratie auch Diskussionen geben muß. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, daß der Bürger in einem Rechtsstaat auch das Gefühl haben soll, daß nicht nur Recht gesprochen wird, sondern daß auch Recht geschaffen wird. Eine Kraftwerksgesellschaft hat das Recht, eine Bewilligung zu erhalten. Es ist ein Rechtsgut, daß man etwas bauen und verwirklichen darf. Jetzt soll dies jedoch auf Umwegen durch Drohungen, durch politische Pressionen, durch negative Manifestationen gegenüber der Öffentlichkeit und der Grundeigentümer und durch Demonstranten unmöglich gemacht werden.

Kann sich der Rechtsstaat so etwas leisten? – Wir sagen sicher nein. Und das ist der Grund, daß wir nach so langer Prüfung zu diesem Projekt stehen, einem Projekt, das gründlich geprüft wurde, das rechtschaffen zustande gekommen ist und zu dem wir deshalb nur ja sagen können. (Beifall bei der ÖVP.)

18.13

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Eisl. Ich erteile es ihm.

18.13

Bundesrat Andreas Eisl (Freiheitliche, Salzburg): Hohes Haus! Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Landeshauptmann! Herr Kollege Hummer! Sie haben mir das Stichwort gegeben. Sie haben in Ihrer Wortmeldung eigentlich nur vom Rechtsstaat geredet. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Penz .) Sie haben in Ihren Ausführungen klargemacht, daß das Kraftwerk gerade deswegen, weil es rechtskräftige Bescheide gibt, gebaut werden soll und muß.

Sie haben dabei aber vergessen, und auch die Sozialdemokraten haben es vergessen, daß bei der Landtagswahl im Jahre 1991 das Wahlergebnis der Österreichischen Volkspartei so schlecht war, daß sie eigentlich in der Landesregierung keine Mehrheit mehr gehabt hätten. Nach der oberösterreichischen Verfassung ist es allerdings möglich, durch einen Beschluß dafür zu sorgen, daß einer Fraktion, nämlich der freiheitlichen Partei, die einen zweiten Regierungssitz in Oberösterreich bekommen hätte, dieser Regierungssitz nicht zugesprochen wurde.

Diese Vorgangsweise erinnert mich an die Vorgangsweise mit den Bescheiden. Ich höre im Fernsehen, daß die zuständige Landesrätin ihres Amtes enthoben oder von dieser Position abgezogen wurde. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Tusek .) Auch in Salzburg hat es schon solche Vorgangsweisen gegeben! Auch dort hat der Landeshauptmann von seiner Kompetenz Gebrauch gemacht und dem zuständigen Ressortchef für Raumordnung seine Aufgabe entzogen.

So etwas kommt in einem Rechtsstaat vor, in dem die Mehrheit das Sagen hat! Aber ich kann mir das schon vorstellen: Im Oberösterreichischen Landtag hat die ÖVP keine Mehrheit mehr, und die ÖVP hat anscheinend schon im Jahre 1991 gewußt, daß die Sozialisten nicht immer verläßlich sind. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Da ist es eben besser, ich mache gleich diesen Beschluß, dann brauche ich später nicht mehr auf Koalitionspartner einzugehen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) Ich kann leider nicht antworten, weil ich diesen Zwischenruf nicht verstanden habe!

In dieser Diskussion wird immer mit den Arbeitsplätzen argumentiert. Vor nicht allzu langer Zeit – ich weiß das Jahr nicht mehr genau – wurde das Kraftwerk Riedersbach mit dem Argument gebaut – ich war damals noch in der Anrainergemeinde St. Georgen –, daß wir Arbeitsplätze sichern müssen, trotz der schlechten Kohle, die dort verwertet wird, damit das Bergwerk erhalten wird. Es ist keine zehn Jahre her, höchstens sieben bis acht Jahre, daß dieses Kohlebergwerk zugesperrt wurde. (Landeshauptmann Dr. Pühringer: Das ist weit über zehn Jahre her!) Herr Landeshauptmann! So alt bin ich nicht! So alt dürfen Sie mich nicht schätzen! So lange ist das nicht her! (Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Landeshauptmann Dr. Pühringer: Es ist gewiß zehn Jahre her!) Wieso sagen Sie, daß das zehn Jahre her ist? Sie wissen doch gar nicht, wo Riedersbach ist!

Natürlich gab es dort vorher schon ein kalorisches Kraftwerk! Es ist nur erweitert und vergrößert worden. Deswegen stehen wir auf dem Standpunkt, daß man die Tagespolitik nicht von der


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Hand in den Mund machen, sondern Projekte verwirklichen soll, mit denen Arbeitsplätze tatsächlich gesichert werden, wenn wir schon über Arbeitsplätze diskutieren. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Ing. Penz: Handeln wir!)

Abschließend möchte ich noch Herrn Kollegen Penz auf den Vorwurf antworten, daß die Freiheitlichen mit den Chaoten in der Au sitzen. (Bundesrat Prähauser: Das stimmt auch Kollege Eisl!) Sie haben das "TATblatt" zitiert und alles, was Ihnen sonst noch eingefallen ist. Ich habe nicht alles so richtig verstanden. Ich möchte Ihnen nur eines sagen: Die Freiheitlichen waren nicht in der Au! Aber die Bischöfe haben eine Messe gelesen. Und diese zu verurteilen überlasse ich Ihnen, Herr Kollege! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.18

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Wöllert.

18.18

Bundesrat Karl Wöllert (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Landeshauptmann! Zuerst eine Feststellung: Weder Nationalrat noch Bundesrat haben in der Causa Kraftwerk eine Kompetenz. Diese liegt ausschließlich bei den oberösterreichischen Organen und vor allem beim Oberösterreichischen Landtag, der in diesem Fall selbstverständlich auch politische Verantwortung zu tragen hat. Er hat sich in seiner gestrigen Sitzung auch ausführlich mit dieser Problematik beschäftigt und einen entsprechenden Beschluß gefaßt. – Ich darf mir erlauben, dann noch darauf zurückzukommen.

Die vorliegende dringliche Anfrage beziehungsweise vor allem der vorliegende Entschließungsantrag der Freiheitlichen sprechen also offensichtlich die falsche Klagemauer an. Es ist daher mit aller Klarheit festzustellen, daß jegliche Entschließungsanträge in dieser Angelegenheit, auch wenn sie inhaltlich in Ordnung sind, aus formalen Gründen – sie gehören eben nicht in dieses Haus – abzulehnen sind. Das wird die sozialdemokratische Fraktion des Bundesrates deshalb heute auch tun. – Soweit zum grundsätzlich Formalen.

Nun zum Inhaltlichen: Am 27. März 1995 hat der Klub der sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten im Oberösterreichischen Landtag einen Initiativantrag eingebracht, in dem folgende wesentliche Passagen standen – ich zitiere –: Die Oberösterreichische Landesregierung wird aufgefordert, anläßlich der Interessenabwägung zum Naturschutzbereich die Interessen des Naturschutzes an der Erhaltung einer der letzten natürlichen Fließstrecken der Traun höher zu bewerten als die Notwendigkeit des Kraftwerkbaues, da – ich bitte um Aufmerksamkeit! – ein aktueller Bedarf an zusätzlicher elektrischer Energie derzeit nicht gegeben erscheint.

Weiters heißt es dort: Die Oberösterreichische Landesregierung und der Landeshauptmann als Eigentümervertreter werden aufgefordert, dafür zu sorgen, daß vor allem vor jedem Eingriff in die Natur sämtliche vorhandene Ressourcen und Möglichkeiten ausgenutzt werden, das heißt Optimierung bestehender Anlagen und Nutzung von Alternativenergien. – Zitatende.

Dieser Beschluß wurde – das ist heute schon mehrfach gesagt worden – im Oberösterreichischen Landtag mit Mehrheit gefaßt. Die oberösterreichische Naturschutz-Landesrätin Barbara Prammer hatte parallel dazu mehrfach erklärt, daß für sie ein positiver Naturschutzbescheid aus den eingangs erwähnten und auch noch aus anderen sachlich motivierten Gründen nicht in Frage komme, nicht zuletzt auch deshalb, weil es ganz offensichtlich keinen Bedarf für das Kraftwerk Lambach gibt.

Herr Landeshauptmann Pühringer! In dieser Situation hast du einen Akt gesetzt, der übliche demokratische Gepflogenheiten – ich darf das ein wenig rustikal ausdrücken – ad absurdum geführt hat. Du entzogst nämlich in einer Sitzung der Oberösterreichischen Landesregierung (Zwischenrufe bei der ÖVP) – ich weiß schon, daß euch das weh tut! – kraft der ÖVP-Regierungsmehrheit der in deinen Augen offensichtlich unbotmäßigen Landesrätin Prammer kurzzeitig die Naturschutzkompetenz, um so mit der ÖVP-Regierungsmehrheit einen positiven


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Bescheid für den Bau des Kraftwerks Lambach durchzuboxen. (Bundesrat Eisl : Jetzt wissen wir, wie der Bescheid zustande gekommen ist!)

Meine Damen und Herren! So kann es ja nicht sein, daß man, wie man es eben gerade braucht, ein Regierungsmitglied, das anderer Meinung ist und seine Kompetenzen ausüben will, einfach ausschaltet, um sich selbst einen genehmen Beschluß zu bescheren oder einen negativen in einen positiven umzuwandeln.

Lieber Freund! Das hat mit Rechtsstaatlichkeit und mit ehrlicher Politik nichts zu tun. Da ging es ganz zweifellos um vordergründige Machtausübung und um das Durchsetzen auf Teufel komm raus.

Mit diesem für meine Begriffe auf bedenkliche Art zustande gekommenen Bescheid hat man natürlich formal den Weg zum Bau des Kraftwerkes Lambach eröffnet. Ich habe Verständnis dafür, Herr Landeshauptmann, daß du aufgrund deiner ja noch relativ kurzen Amtszeit in dieser Funktion das Bedürfnis hast, Profilverbesserungen an deinem Image vorzunehmen – das tut jeder, der in solch eine Funktion kommt. Die Säule Durchsetzungskraft spielt dabei natürlich immer eine wichtige Rolle, denn es geht ja um die berühmte Leadership – dies umso mehr, da ja vor noch nicht allzu langer Zeit dein Vorschlag, Landesrat Christoph Leitl als ÖVP-Bundesparteiobmann auf die Bundesebene zu loben, nicht eben erfolgreich endete (Zwischenrufe bei der ÖVP) und damit natürlich ein Einbruch bei der Durchschlagskräftigkeit entstand.

Die Politik ist allerdings eine schnellebige Sache. Es ist daher anzunehmen, daß sich außerhalb der Bundeslandgrenzen Oberösterreichs kaum mehr jemand daran erinnern wird, daß Leitl für diese Position vorgeschlagen wurde.

So mußte also nach diesen Ereignissen offensichtlich das geplante Kraftwerk Lambach für eine neuerliche Demonstration von Stärke und Durchsetzungskraft herhalten, ausgetragen, mein lieber Freund, auf dem Buckel der Natur und der betroffenen Menschen in dieser wunderschönen Gegend.

Meine Damen und Herren! Wir alle wissen, was sich in der letzten Zeit in den Traunauen zu Lambach abspielt: Es finden dort Demonstrationen statt, die Oberösterreichische Kraftwerke AG fuhrwerkt munter drauflos, und die Menschen, die sich dort versammelt haben, werden pauschal als Berufsdemonstrierer und Verhinderer verurteilt, und dabei handelt es sich doch – das ist heute schon einmal herausgekommen – interessanterweise zu einem nicht unerheblichen Teil um jene, die, als sie gemeinsam mit dem Herrn Landeshauptmann und vielen anderen politischen Freunden aus den unterschiedlichsten Lagern zu Recht gegen das Atomkraftwerk Temelin demonstrierten, noch als pflichtbewußte und anständige Oberösterreicher tituliert wurden. (Bundesrat Hüttmayr: Waren Sie schon einmal in Lambach?) Selbstverständlich, wahrscheinlich sogar schon vor dir.

Meine Damen und Herren! Gestern, am 22. Jänner 1996, hat der sozialdemokratische Landtagsklub einen weiteren Initiativantrag zur Causa Lambach eingebracht, der ebenfalls die Mehrheit fand und in dem angesichts der gegenwärtigen Entwicklung ein sofortiger Baustopp verlangt wird, um eine Reihe offener Fragen zu klären, wie beispielsweise die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung, die umstrittene Zulässigkeit nach den EU-Naturschutzrichtlinien und das offene Verwaltungsgerichtshoferkenntnis bezüglich des Wasserrechts.

In diesem gestrigen Beschluß werden darüber hinaus die Oberösterreichische Landesregierung und der Landeshauptmann in seiner Eigenschaft als Eigentümervertreter der OKA aufgefordert, erstens die OKA zu einem sofortigen Baustopp zu veranlassen, damit die offenen Fragen endgültig geklärt werden. Es soll jedoch nicht so sein, daß man, wenn die erste Bauetappe abgeschlossen ist, großzügig einen Baustopp gestattet, sondern es soll ein sofortiger Baustopp erfolgen, damit die offenen Fragen endgültig geklärt werden können. (Zwischenruf des Bundesrates Hüttmayr .)

Zweitens, lieber Freund, soll ein Arbeitsprogramm für die Bauwirtschaft beschlossen und auch umgesetzt werden, sodaß bereits projektierte Bauvorhaben des Landes Oberösterreich und der


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OKA im Umfang der für Lambach vorgesehenen Investitionen sofort vorgezogen und umgehend realisiert werden können. Denn es kann ja nicht so sein, daß man sich jetzt plötzlich auf das Baugewerbe und dessen prekäre Situation, wenn Lambach nicht gebaut werden würde, ausredet.

Es gibt genug Projekte; ich darf zum Beispiel die dritte Linzer Donaubrücke, den Wohnbau oder den immer wieder als großes Anliegen in den Raum gestellten Lärmschutztunnel für die A 7 in der Stadt Linz in Erinnerung rufen. Ich weiß schon, das willst du nicht hören, weil dir das zu teuer ist, aber das Land sollte sich nicht daran vorbeischleichen. Ich ersuche dich wirklich sehr herzlich, darüber ernsthaft Gespräche zu führen. – Es gibt also genug Projekte, die man vorziehen könnte.

Drittens: Die OKA soll dahin gehend angewiesen werden, im Bereich der bestehenden Anlagen der OKA unverzüglich ein umfassendes Sanierungs- und Optimierungsprogramm durchzuführen, welches sowohl den Ersatz alter technischer Anlagen durch neue als auch bauliche Sanierungsmaßnahmen zu enthalten hat. Kollege Hüttmayr! Es stimmt schon, daß wir viele Anlagen haben, aber bei manchen dieser Anlagen rieselt schon der Alterskalk heraus, und sie gehören ordentlich restauriert. Ihr seid alle eingeladen, diese Initiativen zu treffen.

Es geht also, meine Damen und Herren, um durchaus vernünftige Vorschläge, und es geht vor allem um eine sinnvolle Nachdenkpause bei der Umsetzung eines mehr als bedenklichen Projektes. Ich habe es eigentlich als wirklich unangenehm empfunden, Herr Landeshauptmann, daß du unmittelbar nach dem Beschluß im Landtag wieder erklärt hast, der Kraftwerksbau werde durchgezogen. (Landeshauptmann Dr. Pühringer: Ich bin ein ehrlicher Mensch! – Beifall bei der ÖVP.) Das hat mit Ehrlichkeit nichts zu tun, sondern nur mit der schon erwähnten "Stärke" – ich setze das unter Anführungszeichen. Das ist jedoch eine Demonstration von Stärke, an die man sich möglicherweise eines Tages als Unbelehrbarkeit und Ignoranz und letztlich auch, wenn ich an den Beschluß in der Oberösterreichischen Landesregierung denke, als ein nicht gerade demokratisches Verhalten erinnern wird.

In Kärnten – das ist heute schon gesagt worden – hat man sich in einer ähnlichen Situation eine Nachdenkpause verordnet. Ich meine – da fällt niemandem ein Stein aus der Krone –, der oberösterreichische Landeshauptmann sollte sich daran ein Beispiel nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.30

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Professor Schambeck! Es hat sich vor Ihnen schon Herr Dr. Königshofer zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.

18.30

Bundesrat DDr. Franz Werner Königshofer (Freiheitliche, Tirol): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Landeshauptmann! Meine Damen und Herren! Ich möchte im Zuge dieser Debatte doch noch die Gelegenheit nutzen, um einige grundsätzliche Themen und Probleme der österreichischen Energiepolitik, sowohl der Vergangenheit als auch der Gegenwart, anzusprechen.

Die österreichische Energiepolitik ist einerseits gekennzeichnet durch großartige Leistungen in der Vergangenheit – man denke nur an die Kraftwerksbauten in Kaprun, die Zemmkraftwerke, die großen Donaukraftwerke Ybbs-Persenbeug, Aschach, Greifenstein und andere. Die Energiepolitik ist aber auch gekennzeichnet durch große Fehlinvestitionen und Fehlplanungen in der Vergangenheit. Ich darf an das Atomkraftwerk Zwentendorf erinnern, bei dem Milliarden an Steuerschillingen verplant und verbaut wurden, die heute im Wege eines Return on Investment nicht mehr zurückkommen, weil das Kraftwerk nie in Betrieb genommen werden konnte. Oder Hainburg: Auch da wurden Millionen Schilling verplant für einen Bau, der in ein Naturschutzgebiet beziehungsweise in ein sensibles Gebiet gestellt werden sollte und letztendlich ebenfalls aufgrund des Widerstandes in der Bevölkerung nicht umgesetzt werden konnte.


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So gab es noch einige Fehlentscheidungen. Ich erinnere zum Beispiel an die Verträge über Stromimporte aus Ungarn, die uns heute sehr viele Probleme bereiten, weil sie in der Vergangenheit offensichtlich zu hoch abgeschlossen worden sind.

Meine Damen und Herren! Die österreichische Energiepolitik ist aber auch gekennzeichnet durch eine parteipolitische Postenvergabe in all diesen Gesellschaften. Es gibt rote und schwarze Landesgesellschaften. Es gibt die KELAG, es gibt aber auch die Tiwag und die OKA. In der Verbundgesellschaft wurden Positionen und Stellen nach einem parteipolitischen Proporz besetzt. Im Zuge dessen wurden diese Energieversorgungsgesellschaften zu Privilegienparadiesen mit Sonderzahlungen, Frühpensionsrechten et cetera. Sie sind zu Spielwiesen für Privilegien degeneriert.

Die österreichische Energiepolitik ist aber auch gekennzeichnet von der Zersplitterung der Energieversorgungsunternehmen. Es gibt einerseits eine große Verbundgesellschaft, es gibt Landesgesellschaften und Sondergesellschaften, die sich mehr oder weniger heftig bekämpfen. Man verfolge nur die Werbekampagnen der Landesgesellschaften und der Verbundgesellschaft in den Medien – in Presse und Rundfunk –, wobei man sich auch die Fragen stellen muß: Welchen Zweck haben diese Werbekampagnen? Was kosten sie, und welche Auswirkungen werden sie auf die Stromtarife für die Bürger und für die Industrie- und Gewerbebetriebe dieses Landes haben?

Genau in diesem Licht sollte man auch den Widerstreit beim Kraftwerksprojekt Lambach sehen. Offensichtlich will die OKA als Landesgesellschaft noch ein Quentchen mehr Unabhängigkeit gegenüber der Verbundgesellschaft erreichen, möchte sie ihre eigene Position stärken. Dabei spielt die Liberalisierung im Zuge der EU-Mitgliedschaft eine wesentliche Rolle. Es geht um freie Stromlieferverträge, es geht um freies Leitungsrecht – und die österreichischen Partner möchten sich daher entsprechend plazieren. Eine große europäische Stromgesellschaft, ein großer europäischer Partner wird nicht mit X Gesellschaften in Österreich kooperieren, sondern nur mit einem Partner, denn für viele ist dieses Land zu klein. – Das ist der Grund für den Widerstreit zwischen den Landesgesellschaften und der Verbundgesellschaft. Ich glaube, daß der Streit um Lambach auch unter diesem Gesichtspunkt zu sehen ist.

Traurig, meine Damen und Herren, ist dabei nur, daß die Natur unter die Räder – besser gesagt, unter die Baggerschaufel – kommt und daß die Vorbehalte besorgter Bürger rücksichtslos ignoriert und zur Seite geschoben werden. Ich appelliere daher an Sie: Stoppen Sie vorläufig den Bau! Ringen Sie sich dazu durch, eine sogenannte Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen! Ziehen Sie sich nicht auf den formalen Standpunkt zurück, zu sagen, die Planungsarbeiten hätten vor Inkrafttreten des entsprechenden Gesetzes begonnen! Deshalb appelliere ich auch an die Sozialdemokraten, sich nicht auf diesen Formalstandpunkt zurückzuziehen und unserem Entschließungsantrag die Zustimmung zu geben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.36

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Vizepräsident Dr. Schambeck. Ich erteile ihm dieses.

18.36

Bundesrat Dr. Drs h.c. Herbert Schambeck (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Landeshauptmann Dr. Pühringer! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Der Herr Landeshauptmann hat gesagt, er hätte sich vor mehr als 20 Jahren nicht gedacht, daß wir uns einmal so gegenüberstehen werden, daß ich ihm das Wort erteile und er von der Regierungsbank als erster Repräsentant des Landes Oberösterreich spricht. Als sein ehemaliger Lehrer im öffentlichen Recht an der Universität Linz möchte ich meiner Freude darüber Ausdruck geben, daß ihn das Vertrauen der Oberösterreicher in diese verantwortliche Stellung gebracht hat. Ich bin als Ordinarius für Verfassungs- und Verwaltungsrecht stolz darauf, daß er so für den demokratischen Rechtsstaat eintritt, wie er es an unserer Fakultät gelernt hat. (Beifall bei der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren! Weniger stolz bin ich – das möchte ich Ihnen auch sagen – auf das, was ich heute hier von einzelnen Repräsentanten unserer Kammer aufgrund des freien Mandats gehört habe, und ich bedauere außerordentlich die Vorgänge in Oberösterreich im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Kraftwerksbaus in Lambach.

Hoher Bundesrat! Das ist für mich keine Gelegenheitsäußerung. Das ist nicht bloß der respektvolle Akt der Verbundenheit eines Niederösterreichers mit Oberösterreich – ich bin niederösterreichischer Mandatar, der in Oberösterreich einen Lehrstuhl für öffentliches Recht innehat –, es ist Ausdruck einer Solidarität, die jeder in Österreich aufbringen müßte: für Lambach, für die Entscheidung des Landeshauptmannes von Oberösterreich, der den Eid auf die Verfassung und damit auch auf den demokratischen Rechtsstaat abgelegt hat, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich gebe zu, daß sich einige in diesem Saal heute recht schwer tun mit der Entscheidung zwischen der Gewissenspflicht, die aus dem auf die Verfassung abgelegten Eid hervorgeht, und der Notwendigkeit, nächstes Jahr die oberösterreichischen Landtagswahlen zu gewinnen. Es wird dem einen oder anderen etwas aufgerechnet, wo es nichts aufzurechnen gibt, wenn man auf dem Boden der Verfassung steht, meine Damen und Herren!

Ich möchte Ihnen sagen, daß ich bereits – ich glaube, es war 1971 – bei der 25. Wirtschaftswissenschaftlichen Tagung in Bad Ischl über Umweltschutz und Rechtsordnung einen Eröffnungsvortrag gehalten habe, als einer der ersten in Österreich – damals war Dr. Erwin Wenzl Landeshauptmann von Oberösterreich. In der "Österreichischen Juristen-Zeitung" ist das nachlesbar, es ist dort veröffentlicht worden. Ich bedauere es außerordentlich, daß sich unser Rechtsbewußtsein, unser Umweltbewußtsein sowie unsere öffentliche Meinungsbildung auf eine Art und Weise weiterentwickelt haben, daß wir heute einen Punkt erreichen, an dem es den Anschein hat – bei manchen Umweltdiskussionen hat es den schon vorher gegeben –, als würde man sich nicht für die Demokratisierung, sondern für die Jakobinisierung einsetzen. Und von dieser Jakobinisierung warne ich, meine sehr Verehrten!

Ich habe mich im Jahre 1985, beim Staatsakt "40 Jahre Zweite Republik", dafür eingesetzt – auch nachlesbar –, daß man die Einrichtungen der direkten Demokratie weiterentwickelt, und ich habe gesagt, der Bundes-Verfassungsgesetzgeber könne dabei vom Landesverfassungsgesetzgeber lernen, was möglich ist. Ich habe auch damals vor der Jakobinisierung gewarnt. In der Zwischenzeit, meine sehr Verehrten, haben wir eine Reihe von Grenzgängen erlebt. Einigen möchte ich nicht den Idealismus absprechen, aber traurig ist, wenn die Grenzgänger das professionell machen, meine sehr Verehrten, wenn man dieselben Personen protestierend bei verschiedenen Anlässen in ähnlicher Kostümierung und mit ähnlichem Engagement erlebt und das Gemeinwohldenken – das uns eigentlich auch mit der Verfassung aufgetragen ist – verlorenzugehen scheint.

Die Position im Oberösterreichischen Landtag, die ich gestern nach meiner Vorlesung in Linz gehört habe – ich werde dort morgen wieder eine Vorlesung halten –, hat mich, das muß ich offen zugeben, in Erstaunen versetzt. Denn hier in diesem Haus ist es so, daß die Sozialdemokratische Partei mit der freiheitlichen Bewegung an und für sich nichts zu tun haben möchte. Man war immer um Differenzierung bemüht, darum, nichts gemeinsam einzubringen. Gestern habe ich im Fernsehen gesehen, daß die Sozialdemokratische Partei im Oberösterreichischen Landtag gemeinsam mit der freiheitlichen Bewegung gestimmt hat. (Ruf bei den Freiheitlichen: Demokratie!) Das – das muß ich Ihnen ehrlich sagen – setzt mich in Erstaunen.

Was so manche Meinungsäußerung, die ich hier von Vertretern der Sozialdemokratischen Partei gehört habe, betrifft, so möchte ich Sie daran erinnern, daß Sie sich, als Sie sich noch Sozialistische Partei genannt haben – jeder macht ja seine Entwicklung durch –, im Falle Hainburg anders verhalten haben. Damals war ich nämlich am Vorsitz im Bundesrat und war ganz erstaunt, wer sich damals aller vor der draußen pulsierenden Volksmenge plötzlich in den Bundesrat geflüchtet hat. So viele Regierungsmitglieder sind noch nie auf der Regierungsbank gesessen. Sie fühlten sich hier geschützt, während die Leute auf der Straße demonstrierten. Sie


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sind alle gekommen, weil sie so viel "Sympathie" für uns empfunden haben. (Bundesrat
Konečny: Herr Professor! Das gehört in die Memoiren der Republik! ) Herr Kollege Konečny! Sie werden sich wundern, was Sie in meinen Memoiren alles lesen werden. Der Titel wird lauten: "Begegnungen und Erlebnisse". (Allgemeine Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe nämlich ein verhältnismäßig gutes Gedächtnis. Und da ich von der Gutachtertätigkeit immer unabhängig war, bin ich auch ganz unabhängig von den Kräften, die da dominierend sind.

Ich bedauere es außerordentlich, daß wir uns vier Jahre vor dem Jahre 2000 nach einem Verfassungsjubiläum, in einer Zeit, in der wir noch vieles einzubringen haben – ich werde beim nächsten Tagesordnungspunkt darüber reden –, solche Dinge leisten.

Hohes Haus! All das, was man hier dem Landeshauptmann von Oberösterreich vorwirft – Hofrat Dr. Hummer hat ja in seinen Ausführungen schon treffend darauf hingewiesen –, ist ein Musterbeispiel für die Verantwortung eines Landeshauptmanns, der Träger der mittelbaren Bundesverwaltung in einem Land und gleichzeitig auch Chef der Landesverwaltung ist.

Meine sehr Verehrten! Es ist auch ganz deutlich gezeigt worden, welche Verantwortung eine Landesregierung hat. Alles, was hier erklärt wurde, steht auf dem Boden der Verfassung des Bundes und des Landes, nur kennen muß man sie. Herr Kollege Wöllert! Wenn man sie nicht kennt, redet man sich leichter. Es stellt sich aber die Frage, ob es der Sache dient. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte wieder zur Sache zurückkommen und daran erinnern, daß das Bewilligungsverfahren für das Kraftwerk Lambach in allen Instanzen und in jeder Dimension richtig und lange geführt wurde. In diesem Fall handelt es sich um keinen Überraschungscoup, sondern um eine verantwortungsvolle Vorgangsweise. Ich möchte Sie daran erinnern, daß bereits im Jänner 1980 die OKA dem zuständigen Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft die Pläne für das Einstufungsprojekt vorlegte. Gleichzeitig stellte sie den Antrag auf Erklärung zum bevorzugten Wasserbau, die am 7. Oktober 1980 erfolgte. Bei der wasserrechtlichen Vorprüfung durch das Ministerium wurde das Projekt vor allem deswegen, weil eine verläßliche Prognose für die Verbesserung der Gewässergüte der Traun nicht vorlag, negativ begutachtet.

Daraufhin wurde das Projekt umgeplant und eine Zwei-Stufen-Lösung ins Auge gefaßt. Im September 1989 wurde nun dieses Projekt bei den zuständigen Behörden zur Bewilligung – jetzt kommt’s! – nach dem Wasserrechtsgesetz, dem Elektrizitätsgesetz, dem oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetz und dem Forstgesetz vorgelegt. So kompliziert ist das. Aber wenn man das natürlich nicht kennt, redet man sich leichter, das gebe ich zu.

Die mündlichen Verhandlungen fanden von 2. Oktober bis 10. November 1989 statt. Allein zur Wasserrechtsverhandlung – Sie müssen sich die Nerven der Leute vorstellen, ich bewundere auch die Nerven des Herrn Landeshauptmannes – waren 3 648 Parteien geladen. Von ihnen waren aber nur 693 zur Verhandlung erschienen und gaben eine Stellungnahme ab.

Weitere mündliche Verhandlungen betreffend Elektrizitäts- und Wasserwirtschaft fanden am 30. April 1992 und von 14. bis 16. April 1993 statt.

Meine sehr Verehrten! Es sind dann auch die entsprechenden Bescheide ergangen. Ein positiver Bescheid betreffend elektrizitätswirtschaftliche Bewilligung wurde am 1. Juli 1992 erlassen. Gegen ihn haben die Gemeinden Lambach und Stadl Paura sowie die Baustellenanrainer Schneebauer und Merter Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Nachdem die Beschwerden der beiden Gemeinden als unbegründet abgewiesen wurden – bitte hören Sie! –, zogen Schneebauer und Merter ihre Beschwerden zurück. – Nur damit Sie das wissen.

Was die wasserrechtliche Bewilligung betrifft, wurde ein positiver Bescheid am 28. Juli 1993 erlassen. Gegen ihn wurden neun Berufungen eingebracht, von denen bereits drei zurückgezogen wurden. Die verbleibenden sechs Berufungen sind beim Landwirtschaftsministerium


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anhängig. Allerdings wurden in der Zwischenzeit noch zwei weitere Berufungen gegen diesen Bescheid eingebracht. Die wasserrechtliche Bewilligung ist am 13. März 1995 erteilt worden.

Die forstrechtliche Bewilligung wurde am 9. August 1993 erteilt, gegen sie wurde keine Berufung eingebracht.

Die naturschutzrechtliche Bewilligung wurde am 31. Oktober 1993 erteilt, gegen sie wurde eine einzige Berufung erhoben, und zwar vom oberösterreichischen Umweltanwalt.

Im Berufungsverfahren bei der Oberösterreichischen Landesregierung hat die OKA ein zusätzliches Gutachten über den Geschiebehaushalt der Traun vorgelegt. Aufgrund des Berufungsvorbringens des Umweltanwaltes wurden in der Folge die Amtssachverständigen mit einer neuerlichen Gesamtbeurteilung des Projektes beauftragt.

Hohes Haus! Die Verfahren, mit denen wir uns hier zu beschäftigen haben – denn es handelt sich um Verfahren –, haben vor Jahren begonnen und entsprechend gedauert. Ich habe Ihnen die Chronologie eben vorgestellt. Es wurden alle Argumente durchbesprochen. Jeder Bescheid hat den ganzen Instanzenzug durchlaufen und ist auf Herz und Nieren geprüft worden. Eine Unrechtmäßigkeit ist auszuschließen, die Bescheide sind rechtsgültig.

Gegen den Wasserrechtsbescheid gab es von zwei Leuten, und zwar unter Federführung von Umweltgruppen, eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof. Es geht dabei um die Frage, ob ein Kraftwerksbau einen Hausbrunnen austrocknen könnte. Im schlimmsten Fall müßte die OKA auf ihre Kosten die Wasserleitung hinlegen; dazu wird sie imstande sein. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher diesen Beschwerden keine aufschiebende Wirkung zuerkannt. In der Sache wird später entschieden. Diese Vorgangsweise ist – erlauben Sie mir, das zu sagen – in der österreichischen Praxis üblich.

Eine Genehmigung von EU-Behörden ist auch nicht notwendig, da es sich in diesem Falle weder um ein Naturschutz- noch um ein Vogelschutzgebiet handelt, obwohl dort sicher einige Vögel herumfliegen oder herumgehen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.) Es ist schon gar nicht von europäischem Rang.

Meine Damen und Herren! Das, was Sie an echter Bürgerbeteiligung urgieren – es gibt ja auch Karnevalsumzüge, meine sehr Verehrten –, ist vorhanden. Das Verfahren wurde bereits im Sinne einer Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt und war sehr sorgfältig und umfangreich.

Zum damaligen Zeitpunkt gab es das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfungen noch nicht. Es waren zirka 2 000 Anrainer zur Wasserrechtsverhandlung geladen und konnten dort all ihre Bedenken vorbringen. Es gab acht Einsprüche, die zwischenzeitlich – bitte hören Sie! – bereinigt wurden, und die bereits erwähnten zwei Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof.

Laut Oberösterreichischem Amtskalender haben die Orte Stadl Paura und Lambach 3 485 Haushalte. Ein großer Teil der Bevölkerung hatte also ein direktes Mitspracherecht.

Meine sehr Verehrten! Auch von Wirtschaftlichkeit muß gesprochen werden, denn das Recht ist ja nicht Selbstzweck, sondern hat eine Gemeinwohlfunktion. Glauben Sie mir, Herr Landeshauptmann Dr. Pühringer und die Verantwortlichen der OKA machen das nicht aus Jux und Tollerei, weil sich das gerade im Fasching ereignet, sondern aus Verantwortung für das Gemeinwohl. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf Ihnen sagen, daß die ursprünglich geschätzten Kosten in Höhe von 740 Millionen – gerade in einer Zeit, in der man sich um ein Sparbudget bemüht, soll man das nicht unerwähnt lassen und dem Lande Oberösterreich und der OKA Respekt bekunden – auf tatsächliche Kosten in Höhe von 680 Millionen Schilling gesenkt werden konnten. Infolge der Senkung dieser Kosten wird Lambach das billigste Wasserkraftwerk, das in den letzten 40 Jahren in Österreich gebaut wurde. Bei errechneten Investitionskosten von 8,5 S pro Jahreskilowattstunde liegt es günstiger als Freudenau und weitaus günstiger als alle Salzach-Kraftwerke.


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Herr Kollege! Ich gebe Ihnen das mit auf den Heimweg nach Salzburg.

Durch die derzeitige Konjunkturlage konnten die Baukosten gesenkt werden, und das – erlauben Sie mir, das zu sagen – zu einem Zeitpunkt, zu dem die Bauwirtschaft keine Hochkonjunktur hat. Wir sitzen hier nicht allein beisammen, um die Verfassung anzuwenden, sondern auch damit Menschen Brot und Arbeit haben. (Beifall bei der ÖVP.) Zu diesem Zweck sind wir gewählt worden und sind wir Mandatare.

Die Auftragnehmer sind vier österreichische Baufirmen. Bei der derzeit herrschenden Arbeitslosigkeit ist dieser Bau in Lambach ein wichtiger Impuls. Auf zehn Jahre gerechnet sichert dieser Kraftwerksbau 557 Arbeitsplätze in Österreich.

Nicht zuletzt, meine Damen und Herren, ist dies ein Akt der Sozialpartnerschaft, zu der ich mich an dieser Stelle, wie viele andere auch, oft bekennen durfte und die einen Fortschritt der Republik Österreich seit 1945 darstellt. Ich danke dem Landeshauptmann von Oberösterreich, Dr. Pühringer, daß er darauf hingewiesen hat, wie sehr alle Sozialpartner auf Arbeitgeber- und auf Arbeitnehmerseite hinter diesem Bau stehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es wäre falsch – und damit schließe ich –, nur festzustellen, wir stehen auf dem Boden der Verfassung, wir stehen auf dem Boden des Gesetzes. Immer wieder habe ich bei Vorträgen und auch hier gesagt, unser Auftrag ist es, zu normieren und zu motivieren. Auch ich möchte diese Gelegenheit nützen, Sie alle aufzufordern, daß wir gemeinsam die Leute über das informieren, was wir heute vom Herrn Landeshauptmann von Oberösterreich und vom Herrn Bundesminister hören konnten, damit eine echte Meinungsbildung Platz greift. Die Leute sollten in Zukunft ihre Kräfte nicht für Dinge vergeuden, bei denen es nicht mehr notwendig ist, sich zu engagieren. Wir sollten vielmehr rechtzeitig gemeinsam den richtigen Weg in Richtung wirtschaftliches Wachstum und soziale Sicherheit gehen, um einen entsprechenden Fortschritt in diesem Land herbeizuführen, der dringend notwendig ist. (Beifall bei der ÖVP.)

18.52

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. Ich erteile ihm dieses.

18.52

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Landeshauptmann! Meine Damen und Herren! Energiediskussionen haben wie vieles im Leben immer zwei Seiten: Auf der einen Seite steht die Ökologie, also umweltrelevante Dinge, auf der anderen Seite die Ökonomie, also die Wirtschaftlichkeit, wobei es in beiden Bereichen – das ist auch legitim – engagierte Lobbyisten gibt. Diese bedienen sich unterschiedlicher Analysen, wobei die Qualität von Analysen meistens den Auftraggebern und ihren Grundlagen entspricht.

Meine Damen und Herren! Diese Debatte veranlaßt auch mich als Newcomer in diesem Haus, doch ein paar grundsätzliche Dinge zu sagen. Es ist weder durch den Minister noch durch den Landeshauptmann die Frage beantwortet worden, warum sich das Land Oberösterreich und die Landesregierung Oberösterreich so lange Zeit gelassen haben. Es hat mein Vorredner gesagt, bereits im Jahre 1981 sei das Bemühen der OKA dahin gegangen, ein Kraftwerk zu errichten. Aus meiner Sicht ist in den weiteren Debattenbeiträgen auch die Antwort darauf erfolgt. Es wurde das Argument Arbeitsplatz sehr oft in den Mund genommen.

Meine Damen und Herren! Arbeitsplatz: ja. Aber ich glaube, ein Kraftwerk in Lambach kann nur kurzfristig Arbeitsplätze sichern. Wenn das Argument Arbeitsplatzsicherung und Arbeitsplätze zu oft gebraucht wird, so muß ich sagen, es ist für mich eigentlich das Eingeständnis der Oberösterreichischen Landesregierung, daß sie es jahrelang verabsäumt hat, längerfristige Arbeitsplätze und letztlich ein Arbeitsmarktkonzept zu schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Dr. Schambeck: Das ist falsch!)


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Es wurde auch gesagt, daß im nächsten Jahr in Oberösterreich Landtagswahlen stattfinden werden. Ich habe Verständnis dafür, daß sich der Herr Landeshauptmann für die Landtagswahl rüstet und versucht, sich auf dem Arbeitsmarkt zu profilieren. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Schambeck .) Herr Landeshauptmann! Ich darf Ihnen aus steirischer Sicht eine gute Empfehlung geben: Wir in der Steiermark bauen auch Kraftwerke. Allerdings unterscheiden wir uns in der Vorgangsweise. Wir suchen vorher den Konsens mit der Bevölkerung und errichten dann das Kraftwerk. (Landeshauptmann Dr. Pühringer: Wir auch!) Wir betonieren nicht zuerst und versuchen dann, das mit Gewalt durchzusetzen. (Landeshauptmann Dr. Pühringer: Einen Satz möchte ich sagen: Wenn Sie sieben oder sechs – je nach Verfahren – Einsprüche haben, glauben Sie nicht, daß wir einen breiten Konsens mit der betroffenen Bevölkerung gefunden haben?)

Sie haben sich für den Konsens sicherlich Zeit gelassen, eben bis ein Jahr vor der Landtagswahl. Wenn Sie diesen Konsens wollten, Herr Landeshauptmann, dann hätten Sie ihn in den letzten zehn Jahren gesucht, und es wäre heute diese Debatte in der Form nicht notwendig.

Es wurde auch als Argument angeführt, daß es eines der billigsten Kraftwerke wird. Die Kosten werden auf 680 bis rund 700 Millionen Schilling geschätzt. Vor allem ist die Stromerzeugung billiger als in anderen Wasserkraftwerken. Ich bezweifle aber, Herr Landeshauptmann – Sie sind der Eigentümervertreter der OKA –, daß, wenn auch Billigstrom erzeugt wird, sich das für den Konsumenten positiv auswirken wird. Ich habe nicht gehört, daß die OKA in nächster Zeit daran denkt, den Strompreis einzufrieren, schon gar nicht, daß Strom billiger werden wird. Daher sage ich noch einmal: Es handelt sich aus meiner Sicht – ich habe die Debatte verfolgt und wirklich sehr ernstgenommen – um die kraftvolle Durchsetzung des Landeshauptmannes über die Wünsche der Bevölkerung hinweg. Und was mich vor allem stört, Herr Landeshauptmann, ist (Bundesrat Dr. Schambeck: Er setzt Recht durch, das ist nicht Willkür!) – das ist mein Appell an alle Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates –, Sie sind vom Volk indirekt gewählt. Die Volksvertretung, Ihr Landtag, hat mehrheitlich eine andere Entscheidung getroffen. Tragen Sie dem Rechnung! Auch das ist eine Frage des Rechtsstaates.

Daher appelliere ich an alle Damen und Herren des Bundesrates: Seien Sie sich dessen bewußt, wer Sie hier in dieses Haus entsandt hat! Treffen Sie eine demokratische Entscheidung, halten Sie es mit der Verfassung sehr genau! Ihr Landtag hat sich mehrheitlich dagegen ausgesprochen. Erfüllen Sie daher diesen Auftrag Ihres Landtages, denn das ist Ihre Aufgabe hier in diesem Haus! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.58


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Bundesräte Haubner, Dr. Rockenschaub und Kollegen betreffend einen aufschiebenden Stopp der Bauarbeiten zum Kraftwerksprojekt Lambach und die Durchführung einer diesbezüglichen Umweltverträglichkeitsprüfung.

Hiezu liegt ein Verlangen gemäß § 54 Abs. 3 Geschäftsordnung des Bundesrates, das von fünf Bundesräten unterzeichnet ist, auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung über diesen Entschließungsantrag vor. Es ist daher eine namentliche Abstimmung durchzuführen.

Die Stimmabgabe erfolgt mündlich mit "Ja" oder "Nein".

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Markowitsch und Giesinger geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten mit "Ja" oder "Nein" bekannt.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nach Auszählung entfallen auf den Entschließungsantrag der Bundesräte Haubner, Dr. Rockenschaub und Kollegen 11 "Ja"-Stimmen und 38 "Nein"-Stimmen. – Der Entschließungsantrag ist somit abgelehnt .

*****

Mit "Ja" stimmten die Bundesräte:

Dr. Bösch;

Eisl;

Haubner;

Dr. Kapral, DDr. Königshofer;

Mag. Langer;

Dr. Prasch;

Dr. Rockenschaub;

Dr. Tremmel;

Waldhäusl, Weilharter

Mit "Nein" stimmten die Bundesräte:

Crepaz;

Gerstl, Giesinger, Ing. Grasberger, Gstöttner;

Hager, Haselbach, Mag. Himmer, Dr. Hummer, Hüttmayr;

Jaud;

Kainz, Dipl.-Ing. Kaiser, Dr. Kaufmann, Konečny, Kraml;

Ing. Leberbauer, Dr. Linzer, Dr. Ludwig;

Markowitsch, Dr. h. c. Mautner Markhof;

Payer, Ing. Penz, Perl, Pfeffer, Pirchegger, Platzer, Ing. Polleruhs, Prähauser;

Rauchenberger, Richau, Rieser, Rodek;

Dr. Drs h.c. Schambeck;

Mag. Tusek;

Weiss, Winter, Wöllert

*****

Fortsetzung der Tagesordnung

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich nehme die Verhandlungen zur Tagesordnung wieder auf, und wir setzen die Verhandlungen über den 3. Tagesordnungspunkt fort.

Nach der Rednerliste kommt dem letzten Redner, Professor Dr. Schambeck, das Wort zu. – Herr Professor, ich erteile Ihnen das Wort. (Bundesrat Dr. Schambeck ist nicht im Saal. – Bundesrat Dr. Tremmel: Wortmeldung ist verfallen!) Wo ist er? (Bundesrat Konečny: Warten


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werden wir! – Weitere Zwischenrufe. – Bundesrat Dr. Schambeck betritt den Saal und eilt zum Rednerpult.)

Da es sich hier um einen Akt der Höflichkeit gehandelt hat, glaube ich, können wir nachsehen, daß der Herr Professor nicht in dem Moment, als ich gesagt habe, ich erteile ihm das Wort, im Saal war. – Herr Professor! Ich würde bitten, daß Sie das Wort nehmen.

19.04

Bundesrat Dr. Drs h.c. Herbert Schambeck (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Seien Sie bitte versichert, daß ich mir keine Gelegenheit werde entgehen lassen, auch in der Zukunft das Wort zu nehmen, wenn es notwendig ist.

Ich freue mich sehr, daß wir heute nach dieser offenen Aussprache, die doch wirklich engagiert war, bei der wir gesehen haben, was alles in einer Länderkammer stecken kann, und bei der wir uns bemühen, zur Meinungsbildung beizutragen, um zu einem Miteinander zu gelangen, daß wir heute am Schluß dieser Sitzung auch Gelegenheit haben, eine einhellige Verabschiedung vorzunehmen.

Meine Damen und Herren! Es ist in der Geschichte des Föderalismus und der Länderkammer keine Selbstverständlichkeit gewesen, daß alle im Bundesrat vertretenen Fraktionen gemeinsam bereit sind, eine Initiative zu einer Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates und damit auch zu einer Weiterführung des Föderalismus in Österreich zu ergreifen.

Wir haben mehrere Anträge im vergangenen Jahr eingebracht, bezüglich derer wir uns vornehmen sollten, sie in diesem Jahr wieder einzubringen, und sollten den Nationalrat ersuchen, sich auch mit uns zu beschäftigen.

In diesem Zusammenhang möchte ich dem ausgeschiedenen Vizepräsidenten des Bundesrates Walter Strutzenberger, der heute das erstemal nicht dieser Sitzung angehört, aber an den ich gedacht habe, als ich den Saal betreten habe und den Blick auf seinen Platz lenkte, noch nachträglich herzlich dafür danken, was er mit eingebracht hat, das diesen gemeinsamen Antrag zur Geschäftsordnung des Bundesrates möglich machte.

Wir haben darin unter anderem vorgesehen gehabt, daß der Landeshauptmann ein erweitertes Rederecht hat, wonach für ihn auch dann, wenn kein ihn berührendes Gesetz direkt auf der Tagesordnung steht, die Möglichkeit besteht, hier zu reden, und daß auch die Möglichkeit besteht, weil das Parlament doch ein Ort der Meinungsbildung und des Dialoges, nämlich auch der Wechselrede, ist, sich hier nicht bloß einen Monolog anzuhören, sondern auch einen entsprechenden Dialog führen zu können.

Es war auch ein großes Anliegen von uns, daß die Bundesräte eines Bundeslandes hier gemeinsam, was auch für kleinere Bundesländer wichtig ist, eine entsprechende Initiative ergreifen können. Darin sind wertvolle Ansätze, Hoher Bundesrat, zu einer Verlebendigung und zu einer weiteren Verbesserung – ich spreche nicht von Aufwertung, wir waren bisher nämlich auch nicht abgewertet – der Arbeitsmöglichkeiten und der Wirksamkeit des Bundesrates als Länderkammer zu sehen.

Hoher Bundesrat! Das Jahr 1995 ist zu Ende gegangen, ein Jubiläumsjahr zum Bundes-Verfassungsgesetz, und das 1 000-Jahr-Jubiläum Österreichs steht bevor. Wir sollten uns als Länderkammer – das will ich im ersten Monat dieses Jahres sagen, am Beginn der neuen Legislaturperiode des Nationalrates und angesichts einer bevorstehenden neuen Funktionsperiode der Bundesregierung – von Anfang an darum bemühen, eine Fortschreibung des Föderalismus und auch des Verfassungsrechtes zu erreichen.

Ich bedauere es außerordentlich, daß die von uns auch oft urgierte Neukodifikation des Bundes-Verfassungsgesetzes 1920 mit einer Bundesstaatsreform nicht verbunden werden konnte und daß das überhaupt nicht entsprechend behandelt werden konnte.


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Ich möchte dem Kollegen von der freiheitlichen Partei – ich glaube, es war Herr Bundesrat Dr. Tremmel, der ein föderalistischer Mitdenker ist – sagen, daß sich Herr Bundeskanzler Dr. Vranitzky – wobei ich selbst nicht legitimiert bin, ihn hier zu verteidigen, aber ich darf das sagen und feststellen; wir werden ja hier demnächst Gelegenheit haben, ich hoffe möglichst bald, die Regierungserklärung von ihm zu hören – mit seiner im Jahr 1992 vorbehaltslos geleisteten Unterschrift zum Perchtoldsdorfer Abkommen bekannt hat.

Dieses Perchtoldsdorfer Abkommen stellt heute immer noch eine der Öffentlichkeit gegebene Verpflichtung dar, weil wir den Bürgerinnen und Bürgern vor der EU-Abstimmung gesagt haben: Ein Ja zu Europa heißt auch ein Ja zu einer Bundesstaatsreform, denn dort, wo Kompetenzen abgegeben werden, soll durch einen Interessenausgleich für Länder und Gemeinden eine neue Aufteilung der Länder- und Gemeindekompetenzen vorgenommen werden. Ich glaube, das ist in der kommenden Legislaturperiode eine Aufgabe des Nationalrates.

Wenn Herr Kollege Kostelka im Nationalrat eine neue Enquete anberaumt, so ist das sehr erfreulich, ich hoffe aber inständig, daß das nicht ein Teil einer Verzögerungstaktik ist. Ich muß das leider sagen, weil in den letzten Jahren Kollege Strutzenberger und ich monatelang – damit Sie das wissen, monatelang! – antichambrieren und warten mußten, bis man Zeit gefunden hat, mit uns über verschiedene Anliegen des Bundesstaates und des Bundesrates zu reden. Das hat sowohl Herrn Kollegen Dr. Fischer betroffen wie Herrn Kollegen Dr. Fuhrmann und dann später auch Kollegen Dr. Kostelka.

Ich muß ehrlich sagen, wir haben die Verantwortung, baldigst etwas einzubringen – es ist vieles bereits durchdacht, man braucht nur das Wollen dazu aufzubringen. Es gibt kaum ein Thema, das so ausdiskutiert ist wie das Föderalismusthema, die Bundesstaats- und Bundesratsreform.

Wenn Kollege Konečny so nett auf diesen Vergleich mit dem Wald hingewiesen hat, wobei man im finsteren Wald verschiedenes tun und auch verschiedenes erleben kann – ich bin aber nicht soviel im finsteren Wald, weil ich dafür nicht soviel Zeit habe, aber ich kann mir das vorstellen –, dann muß ich ... (Bundesrat Konečny: Ihnen begegnet auch nur der Wald, Herr Professor!)

Nein, da haben Sie keine Ahnung, was mir bisweilen begegnet, weil das Schicksal einem gütig sein kann. Bonhoeffer hat gesagt: Wir wissen nicht, wohin Gottes Wege uns führen. Wir wissen aber, daß uns dabei die Barmherzigkeit seines Willens begleitet. – Und der Wolf gehört nicht gerade zur Barmherzigkeit, denn er beißt im Zweifel!

Ihnen möchte ich sagen, wir sollten das Selbstbewußtsein haben, die Stärke und den Willen zur Aktion, daß wir zum Wald gehen, daß wir damit etwas Entsprechendes anfangen.

Ich bin glücklich darüber, daß wir am Beginn dieses Jahres bei der ersten Bundesratssitzung diese einhellige Verabschiedung vornehmen, und ich möchte Ihnen sagen, natürlich auch unseren Neuankommenden, die ich herzlich begrüße – Herr Dipl.-Ing. Kaiser bringt jahrelange Erfahrung als hervorragender Nationalrat mit ein –, daß wir jetzt aktiv sein sollen, diese Geschäftsordnungs- und Bundesstaatsreform weiterzuführen. Ich würde das begrüßen, Herr Präsident des Bundesrates! An dieser Stelle möchte ich ihm zu seiner Antrittsrede gratulieren. Ich bin zwar kein Burgenländer, aber die Mutter meiner Mutter war aus Müllendorf. Daher fühle ich mich auch ein bißchen als Burgenländer, und ich freue mich über das Engagement des neuen burgenländischen Präsidenten.

Ich hätte mich sehr gefreut, wenn Landeshauptmann Stix heute hier sein könnte. Wie oft habe ich von Landeshauptmann Stix gesprochen! Und ich hätte einmal zwischen Stix und Jürgen Weiss sagen können, wie dankbar ich ihnen und Dr. Purtscher sowie auch dem frühen Dr. Kostelka bin für all das, was sie für die Bundesstaatsreform vorbereitet haben. Wir wollen das auch durchführen.

Herr Präsident! Frau Vizepräsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es wäre auch im Sinne unseres Freundes Walter Strutzenberger, wenn wir die Reform des Bundesrates auch mit einer Neukodifikation unserer Geschäftsordnung verbinden würden. Und wenn die uns betreffende Regelung im Zusammenhang mit dem EU-Recht, was heute mit Recht Dr. Tremmel


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urgiert hat, beschlossen ist, wäre es wünschenswert, wenn wir eine Neukodifikation der Geschäftsordnung des Bundesrates vornehmen würden. Ich hoffe, daß wir dank der Güte des Nationalrates keine Bittgänge und Demutsübungen machen müssen. Ich kenne das seit 26 Jahren und seit 20 Jahren im Präsidium als Zeichen besonderer politischer Kultur. Manchmal hat man den Eindruck, man wäre hier ein Untermieter, ein nicht beliebter Untermieter in einem Haus.

Wenn also dieses Stadium vorbei ist, das aber nicht kommen muß, denn das gehört auch zur Mitarbeit dazu, sollten wir, Herr Präsident, sehr verehrte Frau Vizepräsidentin, eine Neukodifikation der Geschäftsordnung des Bundesrates durchführen.

Es ist heute schon davon geredet worden, daß soviel beschlossen wird, was man nicht ganz versteht. Manche Leute stellen sich auch unsere Bezüge gigantisch vor und wissen gar nicht, wie das in Wirklichkeit ist, was dann am Schluß herauskommt, mit dem man dann die Erlagscheine einzahlen darf – ein besonderes Erlebnis jeden Abend, wie Sie wissen, wenn man seine Post öffnet, das heute abend wahrscheinlich noch jeder von uns vor sich hat.

Wir sollten zur Transparenz beitragen und auch die Geschäftsordnung veröffentlichen, sie jedem in die Hand geben, damit er weiß, was er alles tun kann.

Meine sehr Verehrten! Es wäre notwendig, wenn wir gemeinsam das Unsere einbringen, daß es zu einer zeitgemäßen EU-konformen Kompetenzverteilung kommt, mit abgerundeten und daher geschlossenen Kompetenzbereichen – das ist von größter Wichtigkeit, auch für den Umweltschutz! –, zu einer Beseitigung von befristeten Kompetenzklauseln, zur Verankerung eines Inkorporationsgebotes, wie es das Bonner Grundgesetz kennt. Es soll nicht so sein, daß überall Verfassungsrechtszuständigkeiten herumschwirren, sondern die sollen in einem Gesetz verankert sein. Wir müssen danach streben, daß die Verfassungsautonomie der Länder verstärkt wird, daß die mittelbare Bundesverwaltung abgeschafft wird, die Vollziehung der Bundesgesetze in die der Länder übertragen wird, daß die Landesverwaltungsgerichte der Länder eingeführt werden und die Länder auch bereit sind, das zu akzeptieren, und die Kostenfrage geklärt wird, daß das Zustimmungsrecht des Bundesrates auf Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates erweitert wird, die von den Ländern zu vollziehen sind und deren Vollziehung die Länder belastet.

Es sollten weiters das Einspruchsrecht des Bundesrates auch gegen Teile eines Gesetzesbeschlusses des Nationalrates möglich sein und – hier beziehe ich mich auf etwas, was Kollege Skotton schon vor vielen Jahren mit verlangt hat – ein gemeinsamer Vermittlungsausschuß von National- und Bundesrat für Bundesratseinsprüche vorgesehen werden.

Außerdem – hier zitiere ich Kollegen Dr. Strimitzer und Frau Kollegin Dr. Hieden-Sommer, die das ebenfalls schon vor Jahren verlangt haben, Jürgen Weiss hat eine ganze Liste von Fehlern aufgelegt – sollte eine Korrekturfunktion des Bundesrates bei Schreib- und Druckfehlern bestehen und nicht zuletzt ein Initiativrecht des Bundesrates bei Durchführung von Volksbefragungen, denn man tut sich beim Vollziehen im nachhinein leichter, wenn man im vorhinein weiß, was das Volk will! Und was das letzte betrifft: eine Schicksalsfrage.

Ich komme schon zum Schluß, weil ich auch weiß, welche Bedeutung es für die Kollegen aus Westösterreich hat, rechtzeitig nach Hause fahren zu können.

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen in dieser historischen Stunde, in der wir hier beisammen sind: Die Großparteien bemühen sich jetzt um ein Arbeitsübereinkommen, um eine Regierungserklärung. Ich ersuche, dieses Arbeitsübereinkommen so abzufassen, daß die notwendige Zusammenarbeit gegeben ist. Denn glauben Sie mir: Das Volk draußen interessiert sich überhaupt nicht dafür, wer mit wem streitet, sondern nur dafür, wer für ihn da ist, an wen es sich wenden kann und wer ihm helfen kann. Und dazu sind wir Mandatare aufgerufen, da müssen wir alle zusammenwirken. (Bundesrat Konečny: Das haben die Wähler sehr deutlich gezeigt, daß sie das so meinen!)


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Herr Kollege! Wenn Sie einen fähigeren Finanzminister gehabt hätten, hätten wir ja keine Neuwahl gebraucht, wenn Sie es vielleicht vergessen haben! (Beifall bei der ÖVP.) Aber Sie haben ihn eh rechtzeitig ausgewechselt.

Ich hoffe inständig – Dr. Schüssel, unser Parteivorsitzender, hat das Dr. Vranitzky auch schon gesagt –, daß wir eine Zusammenarbeit haben, bei der es auch einige Räume gibt, in denen die Fraktionen im Nationalrat und im Bundesrat auch ein Lebensrecht haben, denn es gibt das freie Mandat im Parlament! (Bundesrat Mag. Langer: Auch im Oberösterreichischen Landtag!) Jawohl! (Bundesrat Konečny: Auch bei Präsidentenwahlen!) Ich verstehe daher nicht erste Repräsentanten dieses Hauses, die sich dagegen aussprechen, denn wenn man diese Möglichkeit den Parlamentariern nimmt, wird das Parlament immer mehr zum Ratifikationsorgan dessen, was außerparlamentarisch vereinbart wurde – und zum Apportieren sind wir nicht gewählt, meine sehr Verehrten! (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.)

Daher glaube ich, daß es von größter Notwendigkeit ist, daß wir auch die Länderinteressen – und um die geht es in der Länderkammer – berücksichtigen und miteinbringen können, nicht bloß ideologische Sonderritte – und das im Dienste aller Parteien bei einer zukünftigen Gesetzgebung im österreichischen Parlament, der wir uns verpflichtet fühlen.

Meine Fraktion wird freudig diesem Geschäftsordnungsreformantrag und dem Abänderungsantrag zustimmen, und ich bedanke mich als Erstunterzeichner bei allen, die heute diese Beschlußfassung möglich gemacht haben! (Beifall bei der ÖVP.)

19.17

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung das Wort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Geschäftsordnungsausschusses betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates.

Im Sinne des Artikels 37 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz beziehungsweise § 58 Abs. 5 der Geschäftsordnung sind für einen Beschluß, womit die Geschäftsordnung geändert werden soll, die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich.

Ich stelle zunächst die erforderliche Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates fest und bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die dem Antrag des Geschäftsordnungsausschusses zustimmen, der dem Ausschußbericht in 5127 der Beilagen angeschlossenen Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist mit Stimmeneinhelligkeit so geschehen. (Bundesrat Dr. Schambeck: Das ist schön!)

Der Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlußerfordernisse angenommen .

4. Punkt

Wahl der vom Bundesrat zu entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder des Stän


Bundesrat
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608. Sitzung / Seite 74

digen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung: Wahl der vom Bundesrat zu entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948.

Der Ausschuß besteht aus insgesamt 26 Mitgliedern, von denen jeweils 13 vom Bundesrat und 13 vom Nationalrat zu wählen sind. Im Sinne der Bestimmungen des § 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes entfallen von den vom Bundesrat zu wählenden 13 Mitgliedern und 13 Ersatzmitgliedern jeweils 6 auf die ÖVP, 5 auf die SPÖ und 2 auf die FPÖ.

Für die vorzunehmende Wahl liegen mir folgende Vorschläge vor:

Als Mitglieder vom Klub der Österreichischen Volkspartei:

Ludwig Bieringer, Ilse Giesinger, Dr. Kurt Kaufmann, Therese Lukasser, Ing. Peter Polleruhs und Hermann Pramendorfer.

Als Mitglieder der Sozialdemokratischen Bundesratsfraktion:

Anna Elisabeth Haselbach, Hedda Kainz, Erhard Meier, Johann Payer und Stefan Prähauser.

Als Mitglieder vom Klub der Freiheitlichen:

Dr. Peter Kapral und Dr. Susanne Riess-Passer.

Als Ersatzmitglieder vom Klub der Österreichischen Volkspartei:

Franz Richau, Anton Hüttmayr, Gottfried Jaud, Grete Pirchegger, Dr. Milan Linzer und Engelbert Schaufler.

Als Ersatzmitglieder der Sozialdemokratischen Bundesratsfraktion:

Irene Crepaz, Erich Farthofer, Josef Pfeiffer, Josef Rauchenberger und Johanna Schicker.

Als Ersatzmitglieder vom Klub der Freiheitlichen:

Dr. Peter Harring und Mag. Dieter Langer.

Ich lasse über diese Vorschläge unter einem abstimmen.

Erhebt sich gegen diese Vorgangsweise ein Einwand? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, und ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die der Wahl der genannten Bundesräte zustimmen, um ein Handzeichen. – Ich danke. Dies ist Stimmeneinhelligkeit .

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Ich gebe noch bekannt, daß seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt 10 Anfragen, und zwar mit den Nummern 1152/J bis 1161/J, eingebracht wurden.

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin ist Donnerstag, der 29. Februar 1996, 9 Uhr in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Vorlagen in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschußvorberatungen sind für Mittwoch, den 28. Februar, ab 14 Uhr vorgesehen.

Eine weitere Sitzung des Bundesrates ist für Dienstag, den 12. März, 9 Uhr vorgesehen.


Bundesrat
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Die Ausschußvorberatungen sind für Montag, den 11. März 1996, ab 14 Uhr in Aussicht genommen.

Weiters gebe ich bekannt, daß anschließend im Lokal IV die Wahl des auf den Bundesrat zu entfallenden Vorsitzenden des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes stattfindet.

Die Sitzung ist geschlossen .

Schluß der Sitzung: 19.23 Uhr