Stenographisches Protokoll

616. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 25., und Freitag, 26. Juli 1996

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

616. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 25., und Freitag, 26. Juli 1996

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 25. Juli 1996: 9.08 – 24.00 Uhr

Freitag, 26. Juli 1996: 0.00 – 0.37 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bezügegesetz, das Parlamentsmitarbeitergesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, die Bundesforste-Dienstordnung 1986, das Pensionsgesetz 1965 und das Bundestheaterpensionsgesetz geändert werden (Bezügereformgesetz)

2. Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

3. Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (53. Novelle zum ASVG), das Bundesgesetz BGBl. Nr. 110/1993, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Sonderunterstützungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeiterkammergesetz 1992, das Einkommensteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Heeresversorgungsgesetz und das Bundeshaushaltsgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 1996 – SRÄG 1996)

4. Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (21. Novelle zum GSVG)

5. Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz (20. Novelle zum BSVG) und das Betriebshilfegesetz (9. Novelle zum BHG) geändert werden

6. Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird (24. Novelle zum B-KUVG)

7. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger geändert wird (9. Novelle zum Freiberuflichen Sozialversicherungsgesetz – FSVG)

8. Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (8. Novelle zum NVG 1972)

9. Bundesgesetz über die Regelung der Arbeit in Backwaren-Erzeugungsbetrieben (Bäckereiarbeiter/innengesetz 1996 – BäckAG 1996) und über Änderungen des


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616. Sitzung / Seite 2

Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 und des Arbeitsruhegesetzes

10. Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Arbeitszeitgesetz geändert werden

11. Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

12. Montrealer Protokoll über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen; Anlage D und Änderung

13. Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz geändert wird (EU-Novelle 1996 zum AWG)

14. Briefwechsel betreffend die Auflösung der Vereinbarung zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 11 des Basler Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung

15. Übereinkommen über die Zusammenarbeit zum Schutz und zur verträglichen Nutzung der Donau (Donauschutzübereinkommen) samt Anlagen und Erklärung

16. Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz geändert wird (FrG-Novelle 1996)

17. Bundesgesetz über die Durchführung von Personenkontrollen aus Anlaß des Grenzüberschritts (Grenzkontrollgesetz – GrekoG)

18. Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird

19. Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird

20. Bundesgesetz, mit dem das Mineralölsteuergesetz 1995, das Biersteuergesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Alkohol-Steuer- und Monopolgesetz 1995 und das Tabaksteuergesetz 1995 geändert werden (Verbrauchsteueränderungsgesetz 1996)

21. Bundesgesetz, mit dem das Finanzstrafgesetz geändert wird

22. Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Versicherungsvertragsgesetz geändert werden (VAG-Novelle 1996)

23. Bundesgesetz, mit dem das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert wird (2. ZollR-DG-Novelle)

24. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Sozialistischen Republik Vietnam über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll

25. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tunesischen Republik über die Förderung und den Schutz der Investitionen

26. Bundesgesetz, mit dem das Devisengesetz geändert wird

27. Bundesgesetz, mit dem das Garantiegesetz 1977 geändert wird

28. Bundesgesetz, mit dem das Scheidemünzengesetz geändert wird


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616. Sitzung / Seite 3

29. Bundesgesetz über die Übertragung von Kapitalbeteiligungen des Bundes an die ÖIAG und Novelle zum ÖIAG-Gesetz (ÖIAG-Gesetz und ÖIAG-Finanzierungsgesetz-Novelle 1996)

30. Bundesgesetz, mit dem das Halbleiterschutzgesetz geändert wird und die Kundmachung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 11. September 1989 betreffend Gegenseitigkeit nach dem Halbleiterschutzgesetz gegenüber Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Japan, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Schweden, Spanien und den Vereinigten Staaten von Amerika aufgenommen wird (Halbleiterschutzgesetz-Novelle 1996)

31. Vertrag über die Energiecharta samt Anlagen und Beschlüssen

32. Energiechartaprotokoll über Energieeffizienz und damit verbundene Umweltaspekte samt Anlage

33. Bundesgesetz, mit dem das Außenhandelsgesetz 1995 geändert wird

34. Internationales Kaffee-Übereinkommen 1994

35. Nahrungsmittelhilfe-Übereinkommen von 1995

36. Kündigung von Handelsabkommen mit Ecuador, El Salvador und Guatemala sowie eines Abkommens über die Gewährung begünstigter Zollsätze mit Ungarn

37. Bundesgesetz, mit dem das Akkreditierungsgesetz (AkkG) geändert wird

38. Bundesgesetz, mit dem die Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung, die Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnungs-Novelle 1982 und das Wirtschaftstreuhänder-Kammergesetz geändert werden

39. Bundesgesetz über besondere Förderungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU-Förderungsgesetz)

40. Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 und das Landwirtschaftsgesetz 1992 geändert werden

41. Bundesgesetz über den Verkehr mit Reben (Rebenverkehrsgesetz 1996)

42. Bundesgesetz über forstliches Vermehrungsgut (Forstliches Vermehrungsgutgesetz), Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975 geändert wird, und Bundesgesetz, mit dem das Düngemittelgesetz 1994 geändert wird

43. Änderungsprotokoll zu dem Europäischen Übereinkommen zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen

44. Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Belarus andererseits samt Anhängen und Protokoll

45. Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Kirgisischen Republik andererseits samt Anhängen und Protokoll

46. Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kasachstan andererseits samt Anhängen und Protokoll


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616. Sitzung / Seite 4

47. Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Staat Israel andererseits samt Anhängen und Protokollen sowie Schlußakte und Erklärungen

48. Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über den Verlauf der Staatsgrenze in den Grenzabschnitten II, IV bis VII und in Teilen der Grenzabschnitte IX und X (regulierter Glanzbach) sowie XIX (regulierter Rischbergbach) samt Anlagen

49. Bundesverfassungsgesetz über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien in den Grenzabschnitten II, IV bis VII und in Teilen der Grenzabschnitte IX und X (regulierter Glanzbach) sowie XIX (regulierter Rischbergbach)

*****

Inhalt

Bundesrat

Angelobung des Bundesrates Dr. Milan Linzer 17

Unterbrechungen der Sitzung 101 und 209

Personalien

Entschuldigungen 17

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse 17

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 17

Ausschüsse

Zuweisungen 18

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Dr. Paul Tremmel und Dr. Peter Kapral an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Aufkündigung der Krankenkassenverträge mit privaten Krankenanstalten (1203/J-BR/96)

Begründung: Dr. Paul Tremmel 103

Beantwortung: Bundesminister Franz Hums 106

Redner:

Dr. Peter Kapral 109

Engelbert Schaufler 110

Hedda Kainz 112

Engelbert Weilharter 114

Bundesminister Franz Hums 115

Dr. Michael Rockenschaub 116

Alfred Gerstl 117


Bundesrat
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616. Sitzung / Seite 5

Verhandlungen

(1) Beschluß des Nationalrates vom 9. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bezügegesetz, das Parlamentsmitarbeitergesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, die Bundesforste-Dienstordnung 1986, das Pensionsgesetz 1965 und das Bundestheaterpensionsgesetz geändert werden (Bezügereformgesetz) (245/A und 249/NR sowie 5212 und 5224/BR d. B.)

Berichterstatter: Karl Pischl 19

[Antrag, 1. dem Artikel 1 und den in Artikel 9 (Ziffer 9 § 115c und Ziffer 10 § 123 Abs. 20) und Artikel 10 (Ziffer 9 § 121d und Ziffer 10 § 127 Abs. 15) des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates enthaltenen Verfassungsbestimmungen im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben]


Bundesrat
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616. Sitzung / Seite 6

Redner:

Dr. Paul Tremmel 20

Albrecht Konečny 24

Mag. Harald Himmer 28

Andreas Eisl 30

Mag. Harald Repar 32

Franz Richau 34

DDr. Franz Werner Königshofer 35

Stefan Prähauser 39

Jürgen Weiss 44

Ilse Giesinger 50

Dr. Reinhard Eugen Bösch 51

Anton Hüttmayr 53

Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck 54

Dr. Peter Kapral 61

Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. dem Artikel 1 und den in Artikel 9 (Ziffer 9 § 115c und Ziffer 10 § 123 Abs. 20) und Artikel 10 (Ziffer 9 § 121d und Ziffer 10 § 127 Abs. 15) des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates enthaltenen Verfassungsbestimmungen im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen einiger Bundesräte der ÖVP und der Bundesräte der SPÖ, gegen die Stimmen einiger Bundesräte der ÖVP und der Bundesräte der Freiheitlichen 64

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmungen 64 und 66

(2) Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (285/NR sowie 5213 und 5225/BR d. B.)

Berichterstatter:


Bundesrat
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616. Sitzung / Seite 7

Ludwig Bieringer 67

(Antrag – soweit der Gesetzesbeschluß dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegt –, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Albrecht Konečny 68

Ing. Johann Penz 69

Dr. Peter Kapral 71

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters – soweit der Gesetzesbeschluß dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegt –, keinen Einspruch zu erheben 72

Gemeinsame Beratung über

(3) Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (53. Novelle zum ASVG), das Bundesgesetz BGBl. Nr. 110/1993, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Sonderunterstützungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeiterkammergesetz 1992, das Einkommensteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Heeresversorgungsgesetz und das Bundeshaushaltsgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 1996 – SRÄG 1996) (214 und 286/NR sowie 5214 und 5226/BR d. B.)

(4) Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (21. Novelle zum GSVG) (215 und 287/NR sowie 5215 und 5227/BR d. B.)

(5) Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz (20. Novelle zum BSVG) und das Betriebshilfegesetz (9. Novelle zum BHG) geändert werden (216 und 288/NR sowie 5216 und 5228/BR d. B.)

(6) Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird (24. Novelle zum B-KUVG) (217 und 289/NR sowie 5229/BR d. B.)

(7) Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger geändert wird (9. Novelle zum Freiberuflichen Sozialversicherungsgesetz – FSVG) (218 und 290/NR sowie 5230/BR d. B.)

(8) Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (8. Novelle zum NVG 1972) (219 und 291/NR sowie 5231/BR d. B.)

Berichterstatter: Ernst Schmid 74

[Antrag, zu (3), (4), (5), (6), (7) und (8) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Mag. Dieter Langer 78

Aloisia Fischer 82

Karl Drochter 84

Helga Moser 87

Bundesminister Franz Hums 88 und 127

Engelbert Schaufler 93

Gertrude Perl 96

Engelbert Weilharter 98

Jürgen Weiss 99

Hedda Kainz 118

Dr. Kurt Kaufmann 122

Ilse Giesinger 124

Ludwig Bieringer 124

Gottfried Jaud 125

Dr. Michael Rockenschaub 125

Dr. Paul Tremmel 128

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (3) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen einiger Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen einiger Bundesräte der ÖVP und der SPÖ und der Bundesräte der Freiheitlichen 129

Antrag des Bundesrates Dr. Paul Tremmel, zu (3) Einspruch zu erheben 81

Ablehnung 129

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (4), (5), (6) und (7) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 129

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (8) keinen Einspruch zu erheben 130

Gemeinsame Beratung über

(9) Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz über die Regelung der Arbeit in Backwaren-Erzeugungsbetrieben (Bäckereiarbeiter/innengesetz 1996 – BäckAG 1996) und über Änderungen des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 und des Arbeitsruhegesetzes (177 und 300/NR sowie 5232/BR d. B.)

(10) Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Arbeitszeitgesetz geändert werden (242/A und 301/NR sowie 5233/BR d. B.)

Berichterstatter: Ernst Schmid 131

[Antrag, zu (9) und (10) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Dr. Peter Kapral 132

Mag. Karl Wilfing 133

Karl Hager 134

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (9) und (10) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 136

(11) Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (188, 220 und 220/A und 232/NR sowie 5234/BR d. B.)

Berichterstatterin: Michaela Rösler 137

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Helga Moser 138

Anton Hüttmayr 138


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
616. Sitzung / Seite 8

Stefan Prähauser 140

Johanna Schicker 140

Mag. Karl Wilfing 142

Karl Pischl 143

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 146


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
616. Sitzung / Seite 9

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 148

Gemeinsame Beratung über

(12) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend Montrealer Protokoll über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen; Anlage D und Änderung (5 und 303/NR sowie 5235/BR d. B.)

(13) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz geändert wird (EU-Novelle 1996 zum AWG) (149 und 308/NR sowie 5222 und 5236/BR d. B.)

(14) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 über den Briefwechsel betreffend die Auflösung der Vereinbarung zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 11 des Basler Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung (99 und 304/NR sowie 5237/BR d. B.)

(15) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend Übereinkommen über die Zusammenarbeit zum Schutz und zur verträglichen Nutzung der Donau (Donauschutzübereinkommen) samt Anlagen und Erklärung (4 und 305/NR sowie 5238/BR d. B.)

Berichterstatterin: Michaela Rösler 149

[Antrag, zu (12) 1. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, 2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, zu (13) und (14) keinen Einspruch zu erheben und zu (15) 1. dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Engelbert Weilharter 151

Ing. Walter Grasberger 151

Helga Markowitsch 153

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 154

einstimmige Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (12) 1. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben 156

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (12) 2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 156

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (13) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 156

einstimmige Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (14) keinen Einspruch zu erheben 156

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu (15) 1. dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 157

Gemeinsame Beratung über

(16) Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz geändert wird (FrG-Novelle 1996) (224/A und 204/NR sowie 5239/BR d. B.)

(17) Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz über die Durchführung von Personenkontrollen aus Anlaß des Grenzüberschritts (Grenzkontrollgesetz – GrekoG) (114 und 205/NR sowie 5217 und 5240/BR d. B.)

Berichterstatterin: Gertrude Perl 157

[Antrag, zu (16) und (17) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Dr. Reinhard Eugen Bösch 158

Franz Richau 159

Michaela Rösler 159

Ilse Giesinger 160

Bundesminister Dr. Caspar Einem 161

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (16) und (17) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 162

Entschließungsantrag der Bundesräte Ilse Giesinger, Albrecht Konečny , Franz Richau und Herbert Platzer betreffend Einbindung der Länder bei der Schaffung oder Auflassung von Grenzübergangsstellen (Grenzkontrollgesetz) 161

Annahme (E. 146) 162

Gemeinsame Beratung über

(18) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird (94 und 256/NR sowie 5241/BR d. B.)

(19) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird (128 und 257/NR sowie 5242/BR d. B.)

(20) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mineralölsteuergesetz 1995, das Biersteuergesetz


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
616. Sitzung / Seite 10

1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Alkohol-Steuer- und Monopolgesetz 1995 und das Tabaksteuergesetz 1995 geändert werden (Verbrauchsteueränderungsgesetz 1996) (132 und 258/NR sowie 5243/BR d. B.)

(21) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzstrafgesetz geändert wird (130 und 259/NR sowie 5244/BR d. B.)

(22) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Versicherungsvertragsgesetz geändert werden (VAG-Novelle 1996) (109 und 260/NR sowie 5245/BR d. B.)

(23) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert wird (2. ZollR-DG-Novelle) (131 und 261/NR sowie 5246/BR d. B.)

(24) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Sozialistischen Republik Vietnam über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll (11 und 266/NR sowie 5247/BR d. B.)

(25) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tunesischen Republik über die Förderung und den Schutz der Investitionen (12 und 267/NR sowie 5248/BR d. B.)

(26) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Devisengesetz geändert wird (254/A und 281/NR sowie 5249/BR d. B.)

(27) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Garantiegesetz 1977 geändert wird (255/A und 283/NR sowie 5250/BR d. B.)

(28) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Scheidemünzengesetz geändert wird (257/A und 280/NR sowie 5251/BR d. B.)

(29) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz über die Übertragung von Kapitalbeteiligungen des Bundes an die ÖIAG und Novelle zum ÖIAG-Gesetz (ÖIAG-Gesetz und ÖIAG-Finanzierungsgesetz-Novelle 1996) (258/A und 278/NR sowie 5252/BR d. B.)

Berichterstatter: Karl Wöllert 164

[Antrag, zu (18), (19), (20), (21), (22), (23), (26), (27) und (28) keinen Einspruch zu erheben, zu (24) und (25) dem Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen und zu (29) gegen den Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Dr. Michael Rockenschaub 170

Dr. Kurt Kaufmann 171

Helga Markowitsch 172

Dr. Peter Harring 173


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
616. Sitzung / Seite 11

Franz Richau 176

Erhard Meier 176

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (18) und (19) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP, der SPÖ und einiger Bundesräte der Freiheitlichen, gegen die Stimmen einiger Bundesräte der Freiheitlichen 179

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (20), (22), (26), (27) und (28) keinen Einspruch zu erheben 179

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (21) und (23) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 180

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (24) und (25) dem Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen 180

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (29) gegen den Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben 181

Gemeinsame Beratung über

(30) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Halbleiterschutzgesetz geändert wird und die Kundmachung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 11. September 1989 betreffend Gegenseitigkeit nach dem Halbleiterschutzgesetz gegenüber Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Japan, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Schweden, Spanien und den Vereinigten Staaten von Amerika aufgenommen wird (Halbleiterschutzgesetz-Novelle 1996) (51 und 237/NR sowie 5253/BR d. B.)

(31) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend einen Vertrag über die Energiecharta samt Anlagen und Beschlüssen (56 und 238/NR sowie 5254/BR d. B.)

(32) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Energiechartaprotokoll über Energieeffizienz und damit verbundene Umweltaspekte samt Anlage (57 und 239/NR sowie 5255/BR d. B.)

(33) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Außenhandelsgesetz 1995 geändert wird (90 und 240/NR sowie 5256/BR d. B.)

(34) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Internationales Kaffee-Übereinkommen 1994 (100 und 241/NR sowie 5257/BR d. B.)

(35) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Nahrungsmittelhilfe-Übereinkommen von 1995 (106 und 242/NR sowie 5258/BR d. B.)

(36) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend die Kündigung von Handelsabkommen mit Ecuador, El Salvador und Guatemala sowie eines Abkommens über die Gewährung begünstigter Zollsätze mit Ungarn (107 und 243/NR sowie 5259/BR d. B.)


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616. Sitzung / Seite 12

(37) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Akkreditierungsgesetz (AkkG) geändert wird (185/A und 244/NR sowie 5219 und 5260/BR d. B.)

(38) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung, die Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnungs-Novelle 1982 und das Wirtschaftstreuhänder-Kammergesetz geändert werden (251/A und 247/NR sowie 5220 und 5261/BR d. B.)

(39) Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz über besondere Förderungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU-Förderungsgesetz) (184/A und 248/NR sowie 5221 und 5262/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Michael Rockenschaub 183

[Antrag, zu (30), (33), (34), (35), (36), (37) und (38) keinen Einspruch zu erheben, zu (31) 1. den im Artikel 30 sowie im Artikel 36 Abs. 1 Ziffer d und e und Abs. 4 des gegenständlichen Staatsvertrages enthaltenen Verfassungsbestimmungen gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, zu (32) dem Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen]

und Hedda Kainz 187

[Antrag, zu (39) gegen den Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Mag. Dieter Langer 188

Dr. Kurt Kaufmann 189

Erhard Meier 191

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (30), (33), (34), (35), (36), (37) und (38) keinen Einspruch zu erheben 192

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (31) 1. den im Artikel 30 sowie im Artikel 36 Abs. 1 Ziffer d und e und Abs. 4 des gegenständlichen Staatsvertrages enthaltenen Verfassungsbestimmungen gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen 192

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (32) dem Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen 193

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (39) gegen den Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 194


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616. Sitzung / Seite 13

Gemeinsame Beratung über

(40) Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 und das Landwirtschaftsgesetz 1992 geändert werden (198 und 221/NR sowie 5218 und 5263/BR d. B.)

(41) Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz über den Verkehr mit Reben (Rebenverkehrsgesetz 1996) (199 und 222/NR sowie 5264/BR d. B.)

(42) Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz über forstliches Vermehrungsgut (Forstliches Vermehrungsgutgesetz), Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975 geändert wird, und Bundesgesetz, mit dem das Düngemittelgesetz 1994 geändert wird (200 und 223/NR sowie 5265/BR d. B.)

(43) Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Änderungsprotokoll zu dem Europäischen Übereinkommen zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen (156 und 224/NR sowie 5223 und 5266/BR d. B.)

Berichterstatter: Engelbert Schaufler 195

[Antrag, zu (40) 1. den im Abschnitt I Z. 1 und Z. 17 sowie im Abschnitt II Z. 1 und Z. 3 des gegenständlichen Gesetzesbeschlusses enthaltenen Verfassungsbestimmungen im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, zu (41) und (42) keinen Einspruch zu erheben und zu (43) 1. dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Gottfried Waldhäusl 197 und 210

Stefan Prähauser 204

Ing. Johann Penz (tatsächliche Berichtigung) 207

Dr. Peter Kapral (zur Geschäftsordnung) 209

Grete Pirchegger 209

Andreas Eisl 210

Engelbert Weilharter 212

Peter Rieser 213

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (40) 1. den im Abschnitt I Z. 1 und Z. 17 sowie im Abschnitt II Z. 1 und Z. 3 des gegenständlichen Gesetzesbeschlusses enthaltenen Verfassungsbestimmungen im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 215

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (41) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 216


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616. Sitzung / Seite 14

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (42) keinen Einspruch zu erheben 216

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (43) 1. dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben 216

Gemeinsame Beratung über

(44) Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend ein Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Belarus andererseits samt Anhängen und Protokoll (115/NR sowie 5267/BR d. B.)

(45) Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend ein Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Kirgisischen Republik andererseits samt Anhängen und Protokoll (116/NR sowie 5268/BR d. B.)

(46) Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend ein Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kasachstan andererseits samt Anhängen und Protokoll (117/NR sowie 5269/BR d. B.)

(47) Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend ein Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Staat Israel andererseits samt Anhängen und Protokollen sowie Schlußakte und Erklärungen (126/NR sowie 5270/BR d. B.)

(48) Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend einen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über den Verlauf der Staatsgrenze in den Grenzabschnitten II, IV bis VII und in Teilen der Grenzabschnitte IX und X (regulierter Glanzbach) sowie XIX (regulierter Rischbergbach) samt Anlagen (86 und 230/NR sowie 5271/BR d. B.)

(49) Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien in den Grenzabschnitten II, IV bis VII und in Teilen der Grenzabschnitte IX und X (regulierter Glanzbach) sowie XIX (regulierter Rischbergbach) (153 und 231/NR sowie 5272/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Karl Wilfing 218

[Antrag, zu (44), (45), (46), (47), (48) und (49) keinen Einspruch zu erheben]

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (44), (45), (46), (47), (48) und (49) keinen Einspruch zu erheben 219

Eingebracht wurden

Berichte

9116-9818-EU über Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union gemäß Artikel 23e B-VG


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616. Sitzung / Seite 15

Anfragen

der Bundesräte Dr. Paul Tremmel und Kollegen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Zustimmung Österreichs zur Aufnahme der Republiken Tschechien und Slowenien in die EU (1202/J-BR/96)

der Bundesräte Dr. Paul Tremmel, Dr. Peter Kapral an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Aufkündigung der Krankenkassenverträge mit privaten Krankenanstalten (1203/J-BR/96)

der Bundesräte Peter Rieser und Kollegen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Ausbau der regionalen Verkehrsinfrastruktur in den Bezirken Judenburg und Murau (1204/J-BR/96)

der Bundesräte Franz Richau und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Belastungsstudie (1205/J-BR/96)

der Bundesräte Dr. Paul Tremmel, Dr. Peter Kapral an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Versand von Aids-verseuchten Harn- und Blutproben (1206/J-BR/96)

der Bundesräte Dr. Paul Tremmel, Mag. Dieter Langer an den Bundeskanzler betreffend Einstellung älterer Arbeitsloser in den öffentlichen Dienst (1207/J-BR/96)

der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Förderung der AKS Zeitung "Explosiv" (1208/J-BR/96)

der Bundesräte Dr. Paul Tremmel, Mag. Dieter Langer, Dr. Peter Kapral an den Bundeskanzler betreffend Verpflegung des deutschen Bundeskanzlers anläßlich seines Staatsbesuches (1209/J-BR/96)

der Bundesräte Gottfried Waldhäusl, Andreas Eisl an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Marillen – wahrheitswidrige Herkunftsbezeichnung (1210/J-BR/96)

der Bundesräte Dr. Paul Tremmel, Mag. Dieter Langer an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Einstellung älterer Arbeitsloser in den öffentlichen Dienst (1211/J-BR/96)

der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend gleichheitswidrige Behandlung von Frühpensionisten durch die Post (1212/J-BR/96)

der Bundesräte Helga Moser und Kollegen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten betreffend die Frauenzeitschrift "feminista" (1213/J-BR/96)

der Bundesräte DDr. Franz Werner Königshofer, Dr. Paul Tremmel an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Aspergillose bei Krebspatienten (1214/J-BR/96)

der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Besetzung der ÖVP-Zentrale am 8. Juli 1996 (1215/J-BR/96)


Bundesrat
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616. Sitzung / Seite 16

der Bundesräte Dr. Peter Kapral und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ermittlungen im Mordfall Sanikidze (1216/J-BR/96)

der Bundesräte Dr. Peter Kapral und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend organisierte Kriminalität (1217/J-BR/96)

der Bundesräte Dr. Peter Kapral und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Polizeikommissariat in der Fuhrmanngasse 5 (1218/J-BR/96)

der Bundesräte Gottfried Waldhäusl, Andreas Eisl an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Marillen – wahrheitswidrige Herkunftsbezeichnung (1219/J-BR/96)

der Bundesräte Dr. Peter Kapral und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Denkmalschutz (Förderungsbericht 1994) (1220/J-BR/96)

der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Förderung der AKS Zeitung "Explosiv" (1221/J-BR/96)

der Bundesräte Albrecht Konečny und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend die überaus großzügige Versendung von Gratisexemplaren des neuen Waldheim-Buches (1122/J-BR/96)

der Bundesräte Grete Pirchegger und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Semmering-Basistunnel (1123/J-BR/96)

der Bundesräte Grete Pirchegger und Kollegen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Ausbau der Semmering Schnellstraße (1124/J-BR/96)

der Bundesräte Gottfried Waldhäusl und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Folgen des Aufnahmestopps für die Gendarmerie NÖ (1225/J-BR/96)

Anfragebeantwortung

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss und Kollegen (1093/AB-BR/96 zu 1184/J-BR/96)


Bundesrat
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616. Sitzung / Seite 17

Beginn der Sitzung: 9.08 Uhr

Präsident Josef Pfeifer: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich eröffne die 616. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 615. Sitzung des Bundesrates vom 12. Juli 1996 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Entschuldigt haben sich die Mitglieder des Bundesrates Irene Crepaz, Josef Rauchenberger und Mag. Gerhard Tusek.

Angelobung

Präsident Josef Pfeifer: Da Herr Bundesrat Dr. Milan Linzer in der letzten Sitzung nicht anwesend war und daher nicht angelobt werden konnte, werde ich heute sogleich seine Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Frau Schriftführerin wird die Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten sein.

Ich ersuche die Frau Schriftführerin um Verlesung der Gelöbnisformel.

Schriftführerin Ilse Giesinger: Herr Linzer! "Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP): Ich gelobe.

Präsident Josef Pfeifer: Ich begrüße Herrn Dr. Milan Linzer recht herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Josef Pfeifer: Eingelangt ist eine Anfragebeantwortung, die dem Anfragesteller übermittelt wurde.

Die Anfragebeantwortung wurde vervielfältigt und auch an alle übrigen Mitglieder des Bundesrates verteilt.

Eingelangt ist weiters ein Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend eine Ministervertretung.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieses Schreibens.

Schriftführerin Ilse Giesinger: "Der Herr Bundespräsident hat am 11. Juli 1996, Zl. 300.100/13-BEV/96, folgende Entschließung gefaßt:

Auf Vorschlag des Bundeskanzlers betraue ich für die Dauer der Verhinderung des Bundesministers für Arbeit und Soziales Franz Hums innerhalb des Zeitraumes vom 25. bis 30. Juli 1996 den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer mit der Vertretung.

Hievon beehre ich mich, mit dem Ersuchen um gefällige Kenntnisnahme Mitteilung zu machen."

Präsident Josef Pfeifer: Danke, das dient zur Kenntnis.

Eingelangt sind fünf Beschlüsse des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend


Bundesrat
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616. Sitzung / Seite 18

ein Bundesgesetz, mit dem das ASFINAG-Gesetz, das ÖIAG-Anleihegesetz und das Erdölbevorratungs-Förderungsgesetz geändert werden,

ein Bundesgesetz betreffend Veräußerung des Bundesanteils an der Österreichischen Weinmarketingservicegesellschaft m. b. H.,

ein Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen,

ein Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen und

ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird.

Diese genannten Beschlüsse unterliegen im Sinne des Artikels 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates.

Eine weitere geschäftsordnungsmäßige Behandlung der vorliegenden Beschlüsse durch den Bundesrat ist daher nicht vorgesehen.

Eingelangt sind ferner Berichte (9116 bis 9818-EU) über Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union gemäß Artikel 23e Bundes-Verfassungsgesetz. Diese Berichte habe ich dem EU-Ausschuß zugewiesen.

In Anbetracht des Umfanges habe ich gemäß § 18 Abs. 2 Geschäftsordnung des Bundesrates nach Rücksprache mit den Vizepräsidenten angeordnet, daß eine Vervielfältigung und Verteilung zu unterbleiben hat, alle Vorlagen jedoch in der Parlamentsdirektion zur Einsichtnahme aufliegen.

Eingelangt sind weiters jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Ich habe diese Beschlüsse den in Betracht kommenden Ausschüssen zur Vorberatung zugewiesen. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber abgeschlossen und schriftliche Ausschußberichte erstattet.

Ich habe alle diese Vorlagen auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Ankündigung einer dringlichen Anfrage

Präsident Josef Pfeifer: Meine Damen und Herren! Es liegt mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Dr. Tremmel und Genossen an den Herrn Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Aufkündigung der Krankenkassenverträge mit privaten Krankenanstalten vor.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 verlege ich die Behandlung an den Schluß der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Josef Pfeifer: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beabsichtige ich, die Debatte über die Punkte 3 bis 8, 9 und 10, 12 bis 15, 16 und 17, 18 bis 29, 30 bis 39, 40 bis 43 sowie 44 bis 49 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Dies ist nicht der Fall.

Wir werden daher in diesem Sinne vorgehen.


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616. Sitzung / Seite 19

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

1. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 9. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bezügegesetz, das Parlamentsmitarbeitergesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, die Bundesforste-Dienstordnung 1986, das Pensionsgesetz 1965 und das Bundestheaterpensionsgesetz geändert werden (Bezügereformgesetz) (245/A und 249/NR sowie 5212 und 5224/BR der Beilagen)

Präsident Josef Pfeifer: Wir gelangen zum Punkt 1: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bezügegesetz, das Parlamentsmitarbeitergesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, die Bundesforste-Dienstordnung 1986, das Pensionsgesetz 1965 und das Bundestheaterpensionsgesetz geändert werden (Bezügereformgesetz).

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Karl Pischl übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Karl Pischl : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den vom Herrn Präsidenten genannten Beschluß des Nationalrates vom 9. Juli 1996. Dieser Bericht liegt im Detail allen Bundesrätinnen und Bundesräten vor, und deshalb beschränke ich mich auf folgende Zusammenfassung und Antragstellung:

Der als "Verfassungsbestimmung" gekennzeichnete Artikel 1 des gegenständlichen Beschlusses enthält eine Bundes-Verfassungsgesetz-Novelle. In dieser ist eine Bestimmung enthalten, durch die die Zuständigkeit der Länder in der Vollziehung eingeschränkt wird.

Weiters wird in Artikel 9 des § 115c LDG (Ziffer 9) die Vollziehung der Länder eingeschränkt (Artikel 14 Abs. 2 B-VG). Das gleiche gilt für die Inkrafttretensbestimmungen in § 123 Abs. 20 (Ziffer 10) leg. cit..

Auch in Artikel 10 wird im § 121d LLDG (Ziffer 9) die Vollziehung der Länder eingeschränkt (Artikel 14a Abs. 1 und 3 B-VG). Auch hier gilt das gleiche für die Inkrafttretensbestimmung § 127 Abs. 15 leg. cit. (Ziffer 10).

Diese Verfassungsbestimmungen bedürfen daher gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG der Zustimmung des Bundesrates.

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus traf nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmenmehrheit die Feststellung,

"daß Dienstreisen von Mitgliedern des Bundesrates im Sinne des § 18 des Bezügegesetzes zu den Aufgaben des Bundesrates zählen und daher insoweit vom Präsidenten des Bundesrates gemäß Artikel 30 Abs. 3 B-VG und § 7 Abs. 7 und § 15 Abs. 2 Geschäftsordnung des Bundesrates beziehungsweise § 5 Abs. 1 Z 1 BHG die haushaltsrechtliche Verfügung und die Weisungsbefugnis gegenüber den Bediensteten der Parlamentsdirektion zusteht. In der Praxis bedeutet dies, daß Dienstreiseaufträge an Mitglieder des Bundesrates vom Präsidenten des Bundesrates ausgehen",

und stellt mit Stimmenmehrheit den Antrag:

1. dem Artikel 1 und den in Artikel 9 (Ziffer 9 § 115c und Ziffer 10 § 123 Abs. 20) und Artikel 10 (Ziffer 9 § 121d und Ziffer 10 § 127 Abs. 15) des gegenständlichen Beschlusses des National


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616. Sitzung / Seite 20

rates enthaltenen Verfassungsbestimmungen im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

2. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Herr Präsident! Für den Fall, daß Wortmeldungen vorliegen, bitte ich, die Debatte fortzusetzen.

Präsident Josef Pfeifer: Ich danke dem Berichterstatter für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Paul Tremmel. Ich erteile ihm dieses.

9.20

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Herr neuer Präsident, ich wünsche Ihnen für Ihre Schaffensperiode als Präsident alles Gute! Meine Damen und Herren! Ich darf Ihnen einen schönen guten Morgen wünschen und wünsche den Damen und Herren des ... (Bundesrat Prähauser: Wir sind schon länger auf, Herr Kollege Tremmel!) – das glaube ich Ihnen; ich bin auch schon einige Zeit auf. – Ich wünsche Ihnen insgesamt als Bundesrat, als föderatives Gremium der Länder heute eine erfolgreiche Beratung dahin gehend, daß hier die materielle und auch die ideelle Kompetenz des Bundesrates bei diesen Beratungen besonders zum Ausdruck kommt. Die moralische Kompetenz ist natürlich mit inkludiert.

Meine Damen und Herren! Mit dürren und knappen Worten wurde mir auf meine Frage in der Beratung im Verfassungs- und Föderalismusausschuß beschieden, daß aufgrund der Vorlage als Initiativantrag die Länder nicht befragt wurden, ob sie mit dieser Vorgangsweise, wie sie im Bezügegesetz festgehalten ist, einverstanden sind. Das heißt, daß zu einer Materie, durch die es zu erheblichen verfassungsmäßigen Änderungen und Einschränkungen kommt, die Länder offiziell nicht befragt wurden.

Vielleicht war diese Vorgangsweise durchaus bewußt gewählt, um nicht weitere Widerstände zu provozieren. So wie es dargestellt wurde, meine Damen und Herren, daß Einhelligkeit und Einstimmigkeit vorhanden ist, ist es jedenfalls nicht.

Maßgebliche Ländervertreter schreiben etwa - Dr. Helmut Schreiner –: Überdies steht er in Widerspruch – er meint diesen Beschluß – zum bundesstaatlichen Aufbau, dessen Wahrung ganz erheblich in ihrer Gemeinde in der Verantwortung des Bundesrates liegt. So habe ich wie auch andere Landespolitiker als besonders nachhaltige Mißachtung des Föderalismus durch den Nationalrat erleben müssen, daß das offizielle Begehren der Landtage, ausgedrückt in einem Beschluß der Landtagspräsidentenkonferenz, auf Mitwirkung an diesen Regelungen – gemeint ist das Bezügereformgesetz – einfach abgeschmettert worden ist, und es reicht die Erklärung des zuständigen Sektionschefs nicht aus – formal ist es natürlich richtig, daß eine Abgeordneteninitiative nicht den Ländern vorgelegt werden muß –, weil hier Usancen, föderalistische Vorgangsweisen einfach mißachtet wurden.

Weiters schreibt Dr. Schreiner: Ich darf mir deshalb den Hinweis erlauben, daß mit dem erwähnten Beschluß die Probleme nicht wirklich gelöst sind, sondern vielmehr neue entstehen werden. Allein die Tatsache, daß der Auslagenersatz im bisherigen Ausmaß unangetastet bleibt, gleichzeitig aber Bürokosten im Wahlkreis ersetzt werden, wird alsbald große Kritik herausfordern.

Meine Damen und Herren! Die große Mehrheit von Ihnen müht sich, schreibt die Briefe auf eigenem Briefpapier und mit eigener Maschine, und Sie werden hier durch dieses Gesetz indirekt zu Spesenrittern gestempelt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Etwa zu den Reisekosten: So wird sich die Kritik vor allem gegen diejenigen Politiker richten, die nichts dafür können, die fernab der Bundeshauptstadt ihren Wahlkreis haben. An die Stelle der Freifahrt und der Entfernungszulage treten nunmehr Fahrtzeitausgleich, Ersatz von Übernachtungskosten und Ersatz der Reisekosten. Es wird dazu kommen, daß die westösterreichi


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schen Abgeordneten nominell die höchsten Einkünfte haben werden. (Bundesrat Meier: Sie müssen ja belegen, was sie ausgeben! Das bleibt ihnen ja nicht! – Bundesrat Konečny: Sie sollten einmal zwischen Einkünften und Abgeltungen unterscheiden!) Das ist richtig. Es ist zu belegen, aber in dieser Weise sollte man es nicht machen. Die derzeit gehandhabte Regelung hätte durchaus genügt und hätte durchaus entsprochen. Niemand von Ihnen, meine Damen und Herren – es ist mir keine Initiative bekannt –, hat gesagt, er wolle eine neue Spesenregelung haben. Es ist Ihr gutes Recht und wahrscheinlich auch Ihre Pflicht, Herr Bundesrat Meier, daß Sie diese Regelung verteidigen, aber es ist mir nicht bekannt, daß Sie eine Initiative gesetzt hätten, daß es zu dieser neuen Spesenregelung kommt.

Es hat in diesem Zusammenhang – ich muß es sagen – ein beachtenswertes Exposé des Bundesrates Weiss gegeben, in dem er über die Auswirkungen des Bezügereformgesetzes auf die Länder und auch auf den Bundesrat schreibt. Es ist sehr interessant, das zu lesen, und wenn man zwischen den Zeilen liest, dann stellt man fest, daß dieses Bezügereformgesetz den Damen und Herren des Bundesrates zum größten Teil erst aus der Zeitung oder durch nachträgliche Zusendungen bekanntgeworden ist. Eine wirkliche Beachtung der föderativen Struktur des Bundesrates durch die Bundesregierung und durch die Abgeordneten, die diese Initiative gesetzt haben, scheint nicht gegeben zu sein.

Ich muß und darf hier auch einige Zeilen verlesen, die der freiheitliche Klubobmann an Sie gerichtet hat (Bundesrat Konečny: Wie überraschend!) – Sie haben den Brief ja teilweise erhalten –: Die massiven Kritikpunkte an diesem Gesetz sind hinlänglich durch die öffentliche Erörterung bekannt, wobei es bemerkenswert ist, daß es auch in den beiden Regierungsparteien deutliche Kritik gibt. So haben einzelne Bundesräte der SPÖ und ÖVP bereits öffentlich angekündigt, im Bundesrat gegen das nach der Verfassung zustimmungsbedürftige Gesetz stimmen zu wollen.

Weiters – nicht mehr wörtlich zitiert – weist er darauf hin – das meinte ich auch in meinen Begrüßungsworten, meine Damen und Herren –, daß der Bundesrat da ganz besonders seine ideelle und seine moralische Kompetenz darstellen kann, weil er in dieser Materie nicht befragt und nicht tangiert wurde und weil durch dieses Bezügereformgesetz die staatliche Struktur auseinanderklafft.

Meine Damen und Herren! Ich werde jetzt nicht aufzählen, wer seinerzeit profitiert hat, nur eines sei festgehalten: Es gibt möglicherweise – laut Durchrechnung durch eine Zeitschrift – nur zehn Abgeordnete, die weniger bekommen. Das sollte uns in Zeiten des Sparpaketes, vulgo Belastungspaketes, zu denken geben.

Wie die diesbezügliche Beratung wirklich gelaufen ist, hat eine Vorgangsweise in der Ausschußsitzung selbst gezeigt: Als Notreparaturmaßnahme wurde noch eine Ausschußfeststellung, die dann in den Ausschußbericht eingearbeitet wurde, vorgelegt. Der Ausschuß hält fest, daß Dienstreisen von Mitgliedern des Bundesrates im Sinne des § 8 Bezügegesetz zu den Aufgaben des Bundesrates zählen – und so weiter. Sogar darauf hat man vergessen, bei dieser – zwischen Anführungszeichen – "sehr bedachten und umdachten Materie."

Ich darf aus einem Buch eines sehr bekannten Verfassungsrechtlers zitieren, es heißt darin: Betrachtet man alle diese verfassungs- und europapolitischen Aktivitäten Österreichs, so kann man feststellen, daß ohne ein Gegeneinander von Bund und Ländern, sondern in einem aufeinander abgestimmten Miteinander aller Ebenen des österreichischen Föderalismus die Mitgliedschaft Österreichs – da wird auch von der EU gesprochen – vorbereitet und dies mit der zeitgemäßen, EU-angepaßten Verfassungsreform verbunden wird, die verschiedene, längst fällige Verbesserungen österreichischer Staatsrechtsordnungen zu beinhalten sucht. Sie geht einher mit einem neuen Verständnis der Gesetzgebung und Regierungsorgane des Bundes und der Länder sowie deren Zusammenarbeit in verschiedenen neuen Formen des Einvernehmens.

Weiter unten führt der Verfasser dieses bemerkenswerten Buches, Herr Professor Schambeck, aus: Der Föderalismus und die Subsidiarität können es nämlich verhindern, daß sich Europa von einzelnen entfernt, sonst entfernt sich der einzelne von Europa.


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Meine Damen und Herren! Übertragen auf diese heutige Regelung: Es könnte passieren – und es passiert auch bereits –, daß sich der Bürger von dem von ihm gewählten Souverän entfernt und sich seiner Stimme und auch Stimmabgabe immer mehr enthält, weil er all das nicht mehr versteht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube deswegen nicht ganz den Stimmen, die immer wieder aus den Bundesländern auch von einzelnen Koalitionspolitikern hier erklingen und die Stärkung des Bundesrates verlangen. Wir predigen sie in einem fort, wir haben das bei den EU-Begleitgesetzen gesagt, bei fast jeder wichtigen Gesetzesmaterie, bei denen Sie die Schienen für die Entwicklung Österreichs hier anders legen hätten können. – Sie haben es bis jetzt unterlassen.

Wenn jetzt etwa der steirische Klubobmann Schützenhöfer sagt: Aufwertung des Bundesrates, Zustimmung zum Finanzausgleich, Verbesserung des Artikels 8 der Finanzverfassung, muß ich sagen: All das stimmt! Meine Damen und Herren! Hier liegen Anträge, Anträge von uns, die wir der Fristsetzung unterworfen haben und die Sie leider Gottes – aus welchen Gründen auch immer; ich kenne sie nicht – abgelehnt haben.

Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz hat verschiedene gravierende Fehler. Ich sage das nicht, weil ich Beamter bin, weil ich öffentlich Bediensteter bin und diese Gruppe in diesem Bereich mitbehandelt wird – zu Recht mitbehandelt wird. Wir sollten nicht immer in schlampigen Verhältnissen fortleben. Wir sollten klare, offene für den Bürger erkennbare Verhältnisse schaffen.

Ein Gewerkschafter meint – ich teile das teilweise – in bezug auf den öffentlichen Sektor: Eigentlich sind die Beamten diejenigen, die für andere herhalten müssen, weil in diesem Bereich sie allein genannt sind. – Was ist mit anderen Bereichen? Ich will die Nationalbank jetzt gar nicht nennen, aber was ist mit der Bundesbahn? Was ist mit der E-Wirtschaft? Was ist mit den einzelnen Kammern, die alle direkt oder indirekt auch von Budgetmitteln leben? Was ist mit Betrieben, die im Eigentum von Gebietskörperschaften sind und die der Rechnungshof kontrolliert? Was ist mit den privaten Bereichen, die permanent Subventionen vom Staat erhalten? – Auch diese müssen der Kontrolle unterliegen, und auch deren Mitarbeiter müßten sich, sofern sie Mandatare sind, den gleichen Geboten beugen, die richtigerweise den Beamten aufgetragen sind.

Meine Damen und Herren! Dieses Bezügereformgesetz leidet unter mehreren Mängeln, nicht nur unter der Spesenabrechnung, die ich kurz angeschnitten habe. Jeder Private, jeder Handelsvertreter wäre wirklich froh, wenn er in dieser Form bedient werden könnte. Nicht allein das ist es. Es ist nicht allein der Faktor, daß nur bestimmte Bereiche hier herausgegriffen werden, sondern es ist auch ein sehr starres Modell.

Meine Damen und Herren! Es muß nicht nur das freiheitliche Modell sein, bei dem wir sagen: Machen wir diese Bezügereform auf der Basis Leistung! – Man kann durchaus auch – ich bin diesbezüglich sehr wertfrei – in den Bereich der Vorschläge der Liberalen hineindenken, die ein durchaus gescheites Modell entwickelt und gesagt haben: Schauen wir uns das doch an, knüpfen wir das an den Erfolg der Volkswirtschaft. – Es wäre doch sehr vernünftig, uns, die wir uns herausnehmen zu sagen, diesen Staat zu führen und zu leiten, ... (Bundesrat Hüttmayr: So etwas Scheinheiliges!) Was ist scheinheilig, Herr Kollege? (Bundesrat Hüttmayr: Was Sie da sagen!) Warum ist das scheinheilig? (Bundesrat Hüttmayr: Was Sie da sagen, glauben Sie ja nicht einmal selbst!) Fühlen Sie sich nicht als Bundesrat, fühlen Sie sich nicht verantwortlich? – Ich glaube doch. Ich glaube schon, was ich sage. Verhalten Sie sich bei der Abstimmung so, daß Sie noch an sich glauben können! Ich hoffe, ich kann das feststellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich habe gesagt, daß dieses Gesetz an mehreren Mängeln leidet, und ich habe versucht, Ihnen diese einigermaßen aufzuzeigen. Aber ich muß Ihnen jetzt noch ein paar Bereiche nennen: Diese Erfolgskoppelung und auch anderes sind nicht vorhanden.

Wie schaut der Fahrplan dieser Bezügereform nun aus? – Es wird heute – wenn Sie sich an Ihre Koalitionsvereinbarung halten, dem Klubzwang verpflichtet fühlen und das freie Abgeordneten


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mandat beiseite legen – die Mehrheit wahrscheinlich zustimmen. Richtigerweise wäre es dann so, daß kein Beamtenbezug ohne Arbeit mehr gegeben sein sollte. Das ist, meine Damen und Herren, an und für sich eine moralische Voraussetzung, die ich von jedem hier erwarte. Ich bin auch Beamter und nicht erst seit gestern tätig – das wissen verschiedene Damen und Herren sowie Freunde auch von anderen Fraktionen.

Ich möchte nicht allein den einzelnen Betroffenen die Schuld daran geben – ich habe gesagt, ich nenne keine Namen; ich will das nicht –, aber eines sei festgehalten: Die Personen, die hier für andere in die Ziehung gekommen sind, leiden auch deswegen zu Recht, weil es Ihre Gesinnungsgemeinschaften seinerzeit unterlassen haben, einen entsprechenden Boden der Moral einzuziehen. (Zwischenruf des Bundesrates Payer. ) Das sind doch Nachwirkungen der großen Koalition aufgrund der Tatsache, daß die Damen und Herren teilweise versorgt werden müssen. Der eine hat sich doch nicht selbst angestellt, daß er diesen Job bekommt, der der Anlaß war – er hätte sonst die Führungsfunktion in einem Bund nicht übernommen, und so ist das Geschäft mit Frau Ministerin Firnberg damals abgeschlossen worden; das ist doch bekannt! Und Sie, meine Damen und Herren, sollten als Feedback zu Ihren Gesinnungsgemeinschaften dienen und diesen das auch einmal ein bißchen vorhalten und sagen, wie das Ganze entstanden ist.

Jetzt soll in einem echten Husch-Pfusch-Verfahren, durch das die Unterschiede noch größer werden, auch die Unterschiede zwischen den einzelnen Mandataren und die Unterschiede hin zur Bevölkerung – die Menschen werden diese Klüfte nicht mehr verstehen –, das repariert werden. (Bundesrat Meier: Haben Sie das Herrn Dr. Götz in Ihrer Gemeinschaft auch schon gesagt?)

Selbstverständlich. Herr Dr. Götz bezieht auch nur einen Bezug – das ist Ihnen ja bekannt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Konečny: Seit wann?) Das ist außerdem durch Gerichtsurteil festgestellt. (Bundesrat Prähauser: Den er sich durch Gerichtsurteil erstritten hat!) Herr Kollege, ich habe Ihnen das jetzt beantwortet. Ich weiß, das ist ein Ablenkungsmanöver. (Bundesrat Prähauser: Nein, nur ein Hinweis!) Danke für den Hinweis. Ich möchte nicht haben, Herr Kollege Prähauser (Bundesrat Konečny: Zum Heimtragen für Ihre Gesinnungsgemeinschaft!) , daß diese Bezügereform eine unendliche Geschichte ist.

Herr Kollege! Sie meinen, das sei scheinheilig oder sonst irgend etwas. Glauben Sie mir: Mir liegt auch daran, daß sich andere Gesinnungsgemeinschaften parlamentarisch wieder entsprechend darstellen können. Es gibt einige Leute bei Ihnen, die durchaus den Mut dazu haben und das auch tun. Ich weiß, das ist nicht einfach. Wenn man in dieser Situation selbst einmal gefordert ist, schläft man nächtelang nicht. Aber man sollte den Mut dazu haben. Heute und hier haben Sie Gelegenheit. Meine Damen und Herren! Die K&K-Vorlage – nicht die alte k. u. k.-Zeit soll hier in Verruf geraten (Zwischenruf des Bundesrates Prähauser ), sondern es handelt sich um die Khol-Kostelka-Vorlage – ist doch etwas Unglaubliches gegenüber der Bevölkerung.

Meine Damen und Herren! Sagen Sie mir: Wo ist hier die moralische Rechtfertigung für eine Bezugserhöhung, die tatsächlich eintritt? Das kommt ja auch in den Zeitungen zum Ausdruck, wenn Stefan Kappacher sagt: Die Blamage für Kostelka und Khol könnte nicht größer sein, sie war vorprogrammiert. Oder Ulrich Stocker in der "Kleinen Zeitung" meinte: Die Neuregelung der Politikerbezüge ist eine widerliche Augenauswischerei.

Ich will nicht weiterzitieren, vielleicht nur noch das ÖVP-Zentralorgan, das "Volksblatt", in dem Walter Salzmann schreibt: Es waren zu einem guten Teil die Freiheitlichen, die mit einem Antrag auf eine Sondersitzung zum Thema Politikerbezüge Bewegung in die Sache gebracht und die Koalitionsparteien zusätzlich unter Druck gestellt haben. Oder Dr. Neisser sagt in einem Zeitungsinterview: Na gescheiter wäre es schon, wenn die Beamtentätigkeit mit der Politikertätigkeit unvereinbar gemacht werden würde. – Warum erst jetzt, meine Damen und Herren?

Oder wenn man von der Offenlegung der Bezüge spricht ... (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer. ) – Was die Offenlegung der Bezüge betrifft, so könnte man sie natürlich offenlegen, man sollte sie brutto und netto offenlegen, lieber Ludwig, denn dann können die Leute das wirklich ... (Bundesrat Konečny: Manche Bezüge sind so hoch, daß man sich nur mehr getraut hat,


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sie netto offenzulegen!)
Ach so, da haben Sie auch wieder recht, Herr Kollege! Ich weiß nicht, sprechen Sie aus eigener Erfahrung? (Bundesrat Konečny: Nicht aus Erfahrung, aus den Zeitungen!)

Sie sind ja sicherlich sehr gut informiert, Sie brauchen nicht nur in den Zeitungen nachzulesen, Sie brauchen sich nur in Ihrem eigenen Bereich ein bisserl umzuschauen, wie die Bezüge offenbart werden, dann kommen Sie auch drauf, daß manche nicht einmal mehr die Nettobezüge nennen. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gibt da einen Fünffachbezieher in Ihrem Bereich, Fritz heißt er mit Vornamen, fragen Sie ihn einmal. Er hat gesagt, er sagt überhaupt nichts mehr. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ohne Häme: Heute hätte der Bundesrat die Chance zu einer Änderung, ohne daß das Gefüge unseres Staates gefährdet werden würde. Wie ich bereits ausgeführt habe, meine Damen und Herren, wird die Spesenregelung erst mit 1. Jänner 1997 Platz greifen, es ist also soundso nichts verhackt. Wir könnten zurück an den Start und könnten neben einer Gehaltspyramide, Einbau des Leistungsprinzipes, Ausgrenzung dieser Bereiche von Mehrfachbezügen – die ich vorhin zitiert habe –, Wegfall der Politikerpensionen und der Politikerabfertigungen, eine saubere Lösung bis zum Jahresende vorlegen, und Sie könnten Ihre Gesinnungsgemeinschaften dazu verhalten.

Meine Damen und Herren! Sie alle haben sich in die Hand versprochen, daß diesbezüglich eine endgültige Lösung bis zum Jahresende erfolgen sollte: Versuchen wir es bitte gemeinsam! Es wäre nicht nur unser Erfolg, wenn das passieren würde. Es dient uns allen. Wir sind den Menschen draußen, wir sind den Wählern gegenüber verantwortlich. Zeigen wir, meine Damen und Herren, daß wir eine solche Verantwortung auch tragen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.44

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Albrecht Konečny. – Bitte.

9.44

Bundesrat Albrecht Konečny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir, die wir in diesem Saal versammelt sind, die Kolleginnen und Kollegen im Nationalrat, hunderte Landtagsabgeordnete, Bürgermeister – warum tun wir das, was wir tun? Warum gehen Menschen in jeweils ihrer Partei in die Politik? Warum entscheiden sie sich, ein Mandat, eine Funktion anzunehmen?

Ich will jedem in diesem Personenkreis, insbesondere jenen, die in diesem Haus versammelt sind, kein anderes Motiv unterstellen – und zwar jedem einzelnen, das sage ich ausdrücklich – als das, ausgehend von den Ideen der jeweils eigenen geistigen politischen Gemeinschaft, Dinge in der Gesellschaft gestalten zu wollen.

Für mich war das mit Sicherheit das Motiv – lange bevor im Traum daran zu denken war, daß damit irgendwann einmal ein Mandat verbunden sein könnte –, mich in meiner Partei zu engagieren. Ich gehe davon aus, daß dies mit allen individuellen, biographischen Differenzen auch für Sie alle das Motiv war.

Gleichzeitig – auch das ist wohl für jeden von uns richtig – haben wir nicht nur eine politische Komponente. Wir haben Berufe, die wir erlernt haben, die wir ausgeübt haben, in denen mancher von uns auch durchaus Karriere gemacht hat. Es taucht die Frage nach dem Zusammenwirken dieser beiden Komponenten in dem Moment auf, in dem eben die Übernahme eines zeitaufwendigeren, mit einer entsprechenden Bezahlung verbundenen politischen Mandats auf die Tagesordnung kommt. Ich kenne in meiner Partei – Sie sicherlich auch – den einen oder anderen, der in dieser Entscheidungssituation nach einer gewissen Überlegung "Nein danke" gesagt hat: Ich werde dieses Mandat nicht annehmen, ich werde meine berufliche Laufbahn weiterverfolgen; ich bleibe euch verbunden, bin als Funktionär tätig, aber ganz offen gesagt, ich halte meinen Beruf für mich persönlich für wichtiger.


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Ich halte das für eine legitime Entscheidung, und ich halte das Umgekehrte für eine legitime Entscheidung. Aber eines ist dabei klar, und das habe ich versucht, mit dieser kleinen Ableitung deutlich zu machen: Ich unterstelle niemandem, der ein Mandat annimmt, daß es Einkommensinteressen sind, die ihn dazu motivieren, sich in dieser spezifischen und bezahlten Aufgabe zu engagieren. Es wäre eine echte Unterstellung – das gilt quer durch das Parteienspektrum –, zu behaupten, daß jemand in seiner Parteiorganisation mitarbeitet, daß er versucht, an Initiativen auch konzeptiv mitzuwirken, weil dann irgendwann einmal, am Ende eines politischen Weges, ein bezahltes politisches Mandat winkt. Wer diese Behauptung aufstellt, und wer solcherart das politische Engagement der Bürgerinnen und Bürger abwertet, der nagt ganz kräftig an den Fundamenten unserer Demokratie. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

In der Diskussion, wie sie in der Öffentlichkeit geführt wird, hat in den letzten zwei, drei Jahren ein Wort eine gewisse Bedeutung gewonnen, die mir Angst macht. Das Wort kommt aus dem Französischen und bedeutet dort ein bißchen etwas anderes – politische Klasse oder – wenn man will – politische Kaste. Auch dazu ist zu sagen: Jeder von uns hat seinen individuellen Werdegang. Nur wenige von uns stammen, soweit ich das beurteilen kann, aus Familien, in denen andere bereits politische Mandate innehatten, sondern jeder von uns ist seinen eigenen Weg in diese verantwortungsvolle Funktion gegangen.

Wenn es eine Bevölkerungsgruppe von hauptamtlich politisch Tätigen gibt – und diese gibt es –, dann ist es mit Sicherheit eine, die gesellschaftlich offen ist und in die man aus sehr unterschiedlichen Richtungen, aus sehr unterschiedlichen sozialen Gruppen hineinwachsen kann. Ich sage es sehr deutlich, ich halte das für das Entscheidende an einer Demokratie, daß es im Prinzip, auch in der Praxis, für Bürgerinnen und Bürger aus sehr unterschiedlichen Positionen im gesellschaftlichen Stratum die Möglichkeit gibt, eine solche politische Funktion zu erlangen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Damit komme ich naturgemäß zur Frage der Honorierung zurück. Schauen Sie sich dieses Haus mit all seiner Pracht, seinem Stuck, seinem Gold und vor allem mit seinen langen Wandelgängen an! Ich sage ehrlich: Dieses Parlament ist nicht für Leute wie mich gebaut, es ist – wenn Sie mir diese Pauschalierung gestatten – auch nicht für Leute wie Sie gebaut; dieses Haus ist für galizische Großgrundbesitzer gebaut, die eingehängt in langen Wandelgängen über den Verkauf von Grundstücken und Viehherden zu verhandeln hatten – darum sind die so lang, weil es eine Weile gedauert hat, bis sie fertig waren. Ich möchte keinen Parlamentarismus, in dem Großgrundbesitzer – in diesem Fall nicht ostgalizische Großgrundbesitzer, sondern Kärntner Großgrundbesitzer –, Bauindustrielle und andere Gentleman-Politiker die einzigen sind, die die wirtschaftliche Möglichkeit haben, sich zu Volksvertretern wählen zu lassen. (Beifall bei der SPÖ und Beifall des Bundesrates Dr. Schambeck. )

Ich halte es für entscheidend, ... (Bundesrat Dr. Tremmel: Haselsteiner! – Bundesrat Payer: Kannst du nicht genau aufpassen?) Herr Kollege Tremmel! Wenn Sie zuzuhören in der Lage sind, dann tun Sie das! Ich glaube, daß das ein Problem ist, das nichts damit zu tun hat, daß irgend jemand einer spezifischen Partei angehört. Ich habe sehr bewußt keinen Namen genannt – ich schließe mich in diesem Fall Ihrem Vorbild an –, weil die Problemstellung parteiübergreifend ist. Sozialdemokratische Großgrundbesitzer sind ein bißchen rarer (Bundesrat Dr. Tremmel: Es gibt sie!) , aber theoretisch denkbar sind sie natürlich auch, Herr Kollege! (Bundesrat Dr. Kapral: Es gibt zumindest Sympathisanten!) Es gibt keine Sympathisanten, aber lassen wir das.

Wenn wir also ein politisches System aufrechterhalten wollen, in dem Menschen aus dem öffentlichen Dienst, aus der Privatwirtschaft, aus den Apparaten der Interessenvertretungen, aus den vollberuflichen Tätigkeiten in den politischen Parteien, aus Arbeiterberufen, aus der Landwirtschaft und aus all diesen Bereichen, hinter denen nicht Kapital und Besitz steht, vertreten sind, weiterhin aufrechterhalten wollen, dann haben wir darüber nachzudenken – und das tun wir –, wie eine Struktur der Besoldung, der Entlohnung, der Spesenabgeltung sichergestellt werden kann, die politische Tätigkeit möglich macht.


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Herr Kollege Tremmel! Ich nehme nicht an, daß Sie es so gemeint haben, aber ich war viele Jahre meines Lebens in der Privatwirtschaft tätig, und natürlich habe ich dort Spesen abgerechnet – wie Hunderttausende andere Österreicher auch –: Kilometergeld, Tagesdiäten, Nächtigungskosten, all das, was das Gesetz vorsieht und das Unternehmen auch steuerlich begünstigt. Ich halte es für ungeheuerlich, diese Hunderttausenden Österreicher, die das Woche für Woche oder Monat für Monat mittels irgendwelcher Formulare ihrer Firma machen, als Spesenritter zu verdächtigen und den Politiker (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Tremmel ) , wenn er in Zukunft dasselbe tun soll, ebenfalls als Spesenritter zu verdächtigen. Der wirkliche Ansatzpunkt – ich halte ihn für grundlegend richtig – dieser Veränderung ist, daß wir klar trennen sollen und trennen wollen zwischen der Komponente der Einkünfte des Abgeordneten, des Politikers und der Abgeltung von berufsbedingten Aufwendungen.

Es ist dies ein System, das unendlich viele Österreicherinnen und Österreicher in ihrer Berufswirklichkeit leben! Ich kann mir nicht vorstellen, daß in einer Firma jemand auf die Idee kommt, die erhaltenen Kilometergelder einem Kollegen geistig zum Bruttogehalt dazuzurechnen und zu protestieren, daß dieser dadurch mehr verdient.

Wir würden gut daran tun, diesen vernünftigen Grundsatz mit großer Ehrlichkeit vor unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern auszubreiten und klar zu sagen: Ja, da gibt es einerseits mein persönliches Einkommen, das aus dieser Quelle zusammen mit allenfalls anderen fließt, und dann gibt es eine faire, kontrollierbare und von den Bestimmungen für andere Bevölkerungsgruppen keineswegs so unterschiedliche Abgeltung für das, was ich in Erfüllung dieses Mandats zu tun habe.

Ich möchte diesen Versuch – es ist naturgemäß ein Versuch – nicht schon von Beginn weg mit dem Verdacht belasten, daß es den einen oder anderen Kollegen oder die eine andere Kollegin geben muß, die kein anderes Sinnen und Trachten hat, als diese Bestimmungen zu mißbrauchen. Soviel Respekt habe ich vor den Politikern aller Couleurs, daß ich davon ausgehe, daß sie die Möglichkeiten, die nach kritischer Prüfung im Detail eingeräumt werden sollen, verantwortungsbewußt nützen. Wenn es einer nicht tut, dann wird er wohl zu Recht der öffentlichen Ächtung anheimfallen. Aber so zu tun, als ob jedem von uns gewissermaßen ein Körberlgeld zugesteckt wird, ist nicht nur falsch, sondern es ist letztlich der Versuch, einen vernünftigen Weg von vornherein zu diskreditieren.

Auf der anderen Seite wird mit dieser Reform das, was man das arbeitslose Einkommen nennt, in seinen letzten Resten ausgemerzt – ich hoffe es. (Bundesrat Dr. Kapral: Hoffentlich!) Ich sagte, ich hoffe es!

Herr Kollege Kapral! Jedes Gesetz, das wir hier beschließen, ist ein Versuch, einen Sachverhalt zu lösen. Niemand von uns – bei aller intensiven Beschäftigung mit einer Materie – kann die absolute Gewähr dafür übernehmen, daß jeder einzelne denkmögliche Fall damit befriedigend gelöst wird. Ich bekenne mich dazu, daß auch dieses Gesetz – wie jedes andere – eine Irrtumsmöglichkeit und eine mögliche Lücke miteinschließt, und ich bekenne mich dazu, daß der eventuell bewiesene Irrtum oder die eventuell aufgezeigte Lücke zu schließen ist.

Peter Kostelka hat vor geraumer Zeit den klugen Vorschlag gemacht, Gesetze in Zukunft nur mehr mit einem eingebauten Ablaufdatum zu beschließen, um solcherart den Gesetzgeber zu zwingen, sich von Zeit zu Zeit damit zu beschäftigen, ob denn das alles wirklich so gut ist und ob da wirklich noch alles stimmt – Kollege Weiss nickt. Ich halte das für eine sinnvolle Vorgangsweise, nicht mit großer Erleichterung zu sagen: Gott sei Dank, jetzt haben wir es beschlossen! Jetzt greifen wir dort nie wieder hin!, sondern sich immer wieder damit zu beschäftigen – und nicht nur dann, wenn uns Medien oder ein Aufschrei in der Öffentlichkeit dazu zwingen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Lassen Sie mich aber an dieser Stelle – ich möchte das mit großem Nachdruck betonen – gerade in bezug auf dieses Hohe Haus eines klarstellen: Die Diskussion kristallisiert sich naturgemäß um die Bezieher der höchsten, dann meist kumulierten Einkommen; die Diskussion zentriert sich nicht um die Bezüge von Bundesräten. Ich will mit allem Nachdruck feststellen,


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daß für das, was Mitglieder dieses Hauses im Haus, in ihrem Wahlkreis, im Kontakt mit den Bürgern und mit den Bürgerinnen zu leisten haben, der Bezug ein außerordentlich bescheidener ist und einer, von dem – das muß man klar aussprechen – jemand allein nicht wirklich leben kann. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Naturgemäß gibt es viele unter uns, die einen zweiten Bezug, aus welchem Titel immer, haben. Ich stelle fest: durchaus korrekt geregelt. Aber der Fall ist nicht nur denkmöglich, sondern er tritt auch ein, und er ist legitim, daß jemand aus seinem Beruf ausscheidet, wenn er dieses Mandat annimmt. Ich glaube, daß die Republik die Verpflichtung hat, einem politischen Mandatar auch in diesem Fall, wenn kein Besitz und kein Unternehmen dahintersteht, ein auskömmliches Leben zu ermöglichen, keinen Luxusbezug. Aber ich glaube nicht, daß von dem, was netto herauskommt, irgend jemand tatsächlich seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Ich glaube, daß wir bei der Diskussion über die Einkommenspyramide, die kommen wird, dieses Thema sehr ehrlich, sehr offen und ohne falsche Zurückhaltung mit andiskutieren sollten – nicht im Sinn eines Beleidigt-Seins, nicht im Sinn einer Diskussion über den zu kurz gekommenen Bundesrat, sondern einfach von dem Anspruch her, daß das durchaus eine Volltätigkeit ist, die auch entsprechend entlohnt werden muß. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Was wir heute beschließen, ist Bestandteil einer umfassenden Reform, einer Reform, von der wir alle wissen, daß sie nicht leicht ist. Wir werden eine Einkommenspyramide vorlegen, aber ich gebe mich keinen Illusionen hin: Es wird eine unendlich schwierige Diskussion werden. Ich bekenne mich dazu: Es ist ein schwieriges Problem, und auch schwierigen Problemen kann und soll man nicht ausweichen. Natürlich wird es hier mit den Ländern und mit den Gemeinden sehr ernste Gespräche geben. Natürlich sind gewachsene Strukturen zum Einsturz zu bringen, um das ganz offen zu sagen.

Ich sage für mich persönlich: Ich habe nie verstanden, warum ein Mitglied einer gesetzgebenden Körperschaft alle zwei Jahre mehr wert wird. Ich habe es am Anfang meiner parlamentarischen Tätigkeit nicht verstanden und jetzt, da ich sozusagen am Ende dieser Kumulierungen angelangt bin, verstehe ich immer noch nicht, warum Kolleginnen und Kollegen, die neu in dieses Haus eintreten, offensichtlich schlechtere Bundesräte sind, weil sie weniger Gage bekommen. Das hat bekanntlich auch zu der Absurdität geführt, daß ein quer und ohne politische Vordienstzeiten einsteigender Bundeskanzler lange Zeit der schlechtestbezahlte Minister war, weil die Kolleginnen und Kollegen, die ebenfalls in der Bundesregierung saßen, zuvor in politischen Mandaten gewesen sind.

Das ist mit Sicherheit etwas, was bei dieser Reform zum Einsturz zu bringen ist. Vieles andere ist mitzudiskutieren, und ich schlage vor, und ich bitte darum, das in einem Stil zu tun, in dem das Ergebnis, das mögliche, gemeinsam getragene Ergebnis und nicht das Anpatzen des anderen im Mittelpunkt des Denkens steht.

Ich sage sehr offen, weil Sie das angeschnitten haben, daß das auch für die Frage der Pensionen gilt. Regelungen, die in Jahrzehnten gewachsen sind, sind deshalb nicht richtig. Wir schaffen mit dieser Novelle die Möglichkeit zum Verzicht, wenn jemand anderweitig pensionsversorgt oder besitzversorgt ist und daher diesen Anspruch nicht geltend machen will.

Wir haben schon vor geraumer Zeit das – zugegebenermaßen nicht verstandene – niedrigere Alterslimit für die Inanspruchnahme der Pension aus dem Mandat angehoben. Aber ich sage auch sehr ehrlich dazu, daß eine Neuregelung, die wir zu finden haben werden, sicherstellen muß, daß auf der einen Seite der politische Mandatar nicht gezwungen ist, sich mit Zähnen und Klauen an einem Mandat festzuhalten oder aber in einer kurzen Periode am Ende seiner aktiven Tätigkeit noch zum Sozialfall zu werden, und zwar mit all den Peinlichkeiten – ich kenne sie –, daß man dann jemanden wo "unterbringt", und auf der anderen Seite muß eine an österreichischen Systemen auch in ihrer Höhe orientierte Altersversorgung gewährleistet werden für all jene, die keine andere Altersversorgung haben. Ich halte es für legitim, daß auch der öffentliche Mandatar hier ein gewisses Maß an Sicherheit, an Boden vorfindet, mit dem er rechnen kann, weil Lebensplanungen auch und gerade davon abhängen.


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Dies alles sind schwierige Fragen, sind Fragen, die systematisch und grundsätzlich durchdacht werden müssen. Sie wissen alle, daß die Meinungen diesbezüglich ein breites Spektrum abdecken. Niemand wird verhehlen, daß es hier, in jeder der drei Fraktionen des Hauses, durchaus unterschiedliche Standpunkte und kontroverse Diskussionen gegeben hat. Das ist legitim, und es ist ein Thema, das naturgemäß dazu einlädt.

Aber glauben Sie mir, daß dieses Haus, der vielgescholtene und manchmal unterschätzte Bundesrat, sich dessen bewußt ist. Ich möchte da den Herrn Präsidenten mit einem Satz zitieren, den wir uns vielleicht irgendwo auf einem Transparent aufhängen sollten im Saal. Die Bedeutung des Bundesrates und die Stärkung des Bundesrates werden nicht dadurch herbeigeführt, daß dieses Haus von Zeit zu Zeit einmal nein sagt. Wir haben andere und inhaltlich positivere Möglichkeiten, unsere Meinung zum Ausdruck zu bringen. Wir haben die Möglichkeit – und wir haben uns viele geschaffen – zu Initiativen, wir haben die Möglichkeit zum Eingreifen in die politische Diskussion, und es ist eher ein Schwächezeichen, wenn dieses Haus am Ende einer langgeführten Debatte nein sagen muß.

Ich gehe davon aus, daß die erforderliche Mehrheit von Mitgliedern des Bundesrates dieser Vorlage, diesem Gesetzesbeschluß des Nationalrates zustimmen wird. Ich weiß aber auch, daß die Diskussion damit nicht zu Ende ist, weder über die hiemit geregelten Fragen noch über jene, die im Gesetzesbeschluß auf detaillierte Regelungen verlagert werden, und schon gar nicht über die notwendig dazugehörende Gehaltspyramide.

Diese Diskussion ist im Geist der Demokratie zu führen, diese Diskussion ist in Partnerschaft mit den Bürgerinnen und Bürgern zu führen, und diese Diskussion ist ohne doppelten Boden zu führen.

Ich habe mich bemüht, klarzumachen, worum es letztlich geht: erstens um eine Vermeidung von arbeitslosen Einkommen, zweitens um eine klare Trennung des persönlichen Einkommens von der Abgeltung berufsbedingter Spesen und drittens um die künftige klare Hierarchisierung entsprechend der Verantwortung in einer Einkommenspyramide.

Ich würde bitten, daß wir in dieser Debatte diese klaren Strukturen nicht verwischen. Sie können in jeder dieser Fragen anderer Meinung sein – naturgemäß, das ist ein Stück der Demokratie –, aber ich bitte Sie, diese Säulen der Diskussion zu respektieren und nicht dem Bürger zu erklären, daß wir uns jetzt nur neue Töpfe schaffen, aus denen sich die Politiker schamlos bedienen werden.

Wir alle – ich sage noch einmal: ich unterstelle das jedem in diesem Haus – versuchen, einem gemeinsamen Ganzen zu dienen. Wir alle müssen das Berufsbild des Politikers einer neuen gesellschaftlichen Realität anpassen. Das ist ein schmerzhafter Prozeß, schmerzhaft für die Öffentlichkeit und die Gesellschaft und sicherlich auch schmerzhaft für uns. Aber wir sollten darüber – damit kehre ich an den Beginn meiner Ausführungen zurück – eines nicht vergessen: Wir alle sind nicht angetreten, um viel Geld zu verdienen, sondern wir sind angetreten, um von unterschiedlichen geistigen Positionen aus dieses Land zum Besseren zu verändern. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.10

Präsident Josef Pfeifer : Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Harald Himmer. Ich bitte ihn, zu sprechen.

10.10

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute hier ein Thema, das sicher niemanden kaltläßt, nämlich die eigene Gage. Vieles ist bereits diskutiert worden. Man fordert Gerechtigkeit, man fordert Leistungsorientierung, man fordert Transparenz und Sparsamkeit, um nur einige Eckpunkte zu nennen. Es ist uns wohl klar, daß es nicht so leicht gelingen wird, alle diese Eckpunkte im Einverständnis aller zu lösen. Die Konsequenz daraus kann aber in keiner Weise sein, daß man eine Haltung nach dem Motto: "Das ist eh


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schon Wurscht!" einnimmt. Das wäre nämlich sicherlich die falscheste Konsequenz, die man aus dieser Debatte ziehen könnte.

Lassen Sie mich vielleicht etwas zu dem Thema "gerechte Entlohnung" sagen. Welcher Gerechtigkeit folgt der Umstand, daß jeder oder jede, der oder die in dieses Hohe Haus kommt, mit demselben Gehalt anfängt – völlig unabhängig von der Eignung und von der Qualifikation – und in der Folge dann völlig unabhängig vom quantitativen und qualitativen Engagement in diesem Haus in Biennalsprüngen vorrückt? – Wie in jedem Beruf ist sicher eine entsprechende Ausbildung und eine berufliche Qualifikation eine gute Voraussetzung für eine höhere Leistung. Eine Garantie ist es aber auch in diesem Haus – wie überall – nicht, daß dadurch eine höhere Leistung erbracht wird.

Was passiert aber, wenn einzelne in der Politik eine höhere Leistung erbringen? Hat sich irgend jemand darum gekümmert, Alois Mock für seine Leistungen rund um die EU-Integration eine Sonderprämie zu zahlen? Ist irgend jemand oder wäre irgend jemand von uns auf die Idee gekommen, Klima, Ditz, Sausgruber, Stix für die Budgetverhandlungen, die sie geführt haben, ein Überstundenpauschale zu überweisen? – Keiner von den Genannten hätte übrigens jemals dieses Ansinnen gestellt. Keiner von den Genannten hätte übrigens jemals Derartiges angenommen.

Damit komme ich zu dem, was ich meine, was in diesem Punkt des Pudels Kern ist: daß es für einen Politiker nichts Befriedigenderes geben kann, als das Gefühl zu haben, etwas Wichtiges für diese Republik und für dieses Land bewegt zu haben. Oder glaubt irgend jemand von Ihnen, daß eine Geldprämie die Freude von Alois Mock am Tag der Volksabstimmung über den EU-Beitritt hätte ausmachen können? – Das höchste Gut und der höchste Lohn, den man in der Politik bekommt, ist die Möglichkeit, seinem Land und damit den Menschen, die in diesem Land leben, zu dienen. Wer das nicht will und wer das nicht kann, sollte der Politik fernbleiben.

Ich möchte, gerade weil ich zuvor auch darauf angesprochen worden bin, daß ich als Konsequenz dieser Debatte mein Juli-Gehalt gespendet habe, sagen, daß es mir wichtig ist, kein Credo dafür abzugeben, daß Politiker im Bettlergewand herumlaufen sollen. Und schon gar nicht möchte ich – es ist mir wirklich wichtig, das hier ausdrücklich zu betonen –, daß nur diejenigen Politik machen können, für die ein Mandat allenfalls ein nettes Zubrot ist, das sie in keiner Weise brauchen. Hier möchte ich mich meinem Vorredner Bundesrat Konečny anschließen, weil ich meine, daß das in einer Volksvertretung sicher nicht der Fall sein darf. Es ist aber genauso klar, daß jeder selbst dafür zu sorgen hat und selbst dafür verantwortlich ist, daß er für den Fall, daß er seines Mandates verlustig wird, nicht vor dem Nichts steht.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich begrüße es außerordentlich, daß mit diesem Gesetz die Abschaffung der arbeitslosen Einkommen beschlossen werden soll. Ich bin aber mit dem vorliegenden Beschluß des Nationalrates aus mehreren Gründen nicht glücklich. Die Fragen, die diskutiert worden sind, wie etwa die Entfernungen zum Parlament sowie die Fragen des Ersatzes der Bürokosten sind zwar bei einigem Bemühen objektivierbarer als die Frage nach der Leistung, aber von der Diskussion her und von der Gewichtung dieser beiden Fragen her hat es doch eine Schieflage gegeben.

Eine transparente Spesenabrechnung sollte bestenfalls ein Subkapitel einer Reform, bei der mehr Gerechtigkeit das Ziel ist, darstellen.

Mit mehreren Ausführungen, die in den Beilagen des Nationalrates enthalten sind, die uns zugestellt worden sind, gehe ich nicht konform, und ich möchte mich von einer mit besonderem Nachdruck distanzieren, wenn zu lesen ist: Bis zu einem gewissen Ausmaß werden Bürokosten im Wahlkreis (die bisher vielfach aus dem arbeitslosen Einkommen bestritten wurden) gegen Nachweis der tatsächlichen Kosten ersetzt.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Haben wir – damit meine ich den großen, überwiegenden Teil der Parlamentarier, die kein arbeitsloses Einkommen bezogen haben – es notwendig, daß verschleiernde Darstellungen getroffen werden, die den Eindruck erwecken sollen, als wären alle gleich? (Beifall des Bundesrates Prähauser .)


Bundesrat
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Meine Damen und Herren! Ich bin kein öffentlich Bediensteter, aber ich möchte für alle öffentlich Bediensteten eine Lanze brechen, die trotz der geltenden Gesetzeslage sehr wohl ihre Arbeit verrichtet haben und sehr wohl, wenn sie ihre Arbeit nicht verrichtet haben, auf ihre Bezüge verzichtet haben. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.) Damit, meine Damen und Herren, ist nämlich bewiesen, daß der einzelne und die einzelne, wie immer die Gesetzeslage ist, die Möglichkeit hat, für sich eine Lösung zu finden, bei der er oder sie sich in den Spiegel schauen kann.

Mich persönlich geniert es, daß wir bereits über viele Wochen mit der Gehaltsdiskussion eine Debatte haben, die neben dem Sittenbild nichts mit der unmittelbaren Lösung der Probleme in diesem Land zu tun hat. Ich würde mir bei Fragestellungen, wie wir uns unsere weitere Rolle im neuen Europa, die Umstellung unserer Arbeitswelt auf die Informationsgesellschaft, das Bildungswesen und die Behandlung aktueller Themen wie etwa die Semperit-Krise vorstellen, eine genauso engagierte Diskussion wünschen.

Genau da sehe ich eigentlich den größten Schaden, der der Republik und unserem Land in dem Fall entsteht, nämlich daß sich das Hohe Haus so lange primär mit sich selbst beschäftigt, weil Politikergagen ein schönes Thema, ein emotionales Thema sind und ein – erlauben Sie mir, wenn ich das nebenbei auch bemerke – intellektuell überschaubares Thema bleiben. Selbstbeschäftigung kann aber nicht der Sinn und Zweck sein, wofür wir im Parlament bezahlt werden, und das ist der Grund, warum ich mich entschlossen habe, mein Juli-Gehalt zu spenden.

In diesem Zusammenhang möchte ich festhalten, wie immer diese Debatte weitergeht und insbesondere die Bezügeregelung im Herbst aussieht: Letztendlich – das gilt auch für diejenigen, die diesem Gesetz kritisch gegenüberstehen – kann immer jeder für sich selbst entscheiden, was er für sich in Anspruch nimmt und was nicht, denn wie in der Vergangenheit, gilt auch in der Zukunft: Das, was einem gesetzlich zusteht, kann man nehmen, man muß es nicht nehmen.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist bereits angeführt worden – Sie alle wissen es –, daß nur für den Farbenblinden das Leben schwarzweiß ist, und genauso ist es bei diesem Gesetz. Ich habe großen Respekt vor der kritischen Haltung der Vorarlberger. Erlauben Sie mir, auch diesbezüglich anzumerken: Würde von der Opposition Kritik in der Sachlichkeit vorgetragen werden, wie es den Vorarlbergern eigen ist, hätten wir auch zu anderen Punkten konstruktivere Diskussionen.

Ich habe aber genauso Respekt vor jenen Bundesrätinnen und Bundesräten, die – wie alle hier – eine Güterabwägung zu treffen haben, sagen, daß der überwiegende Aspekt für sie ist, daß die Doppelbezüge oder die arbeitslosen Einkommen abgeschafft werden, die, obwohl es sie niemand nehmen mußte, doch immer wieder genommen worden sind, und daß eine saubere Lösung notwendig ist.

Erlauben Sie mir, daß ich – da bei mir nach einer langen Güterabwägung in dieser Frage bei mir das Pendel in der Mitte geblieben ist und ich mich weder zu einer Zustimmung noch zu einer Ablehnung durchringen kann – ausnahmsweise davon Gebrauch mache, so wie man auch bei einer Wahl weiß wählen darf, den Saal zu verlassen. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.)

10.20

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Andreas Eisl. Ich ersuche ihn, zu sprechen.

10.20

Bundesrat Andreas Eisl (Freiheitliche, Salzburg): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die Diskussion hat bereits gezeigt, daß dieses Gesetz, diese Novellierung nicht nur von seiten der Freiheitlichen, sondern auch in den Reihen beider Regierungsparteien große Kritik hervorgerufen hat.

Es schaut so aus, als hätte es in Österreich einen Fall gegeben, der heute mit diesem Gesetz zu beseitigen wäre, und zwar der Fall Höchtl. Bundeskanzler Vranitzky hat sich sogar herabgelassen und hat gesagt: Einen Fall Höchtl gibt es bei den Sozialdemokraten nicht! – Ich pflichte


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ihm bei. Ich kann ihm gleich zwei nennen, nicht nur einen, sondern mehrere (Beifall bei den Freiheitlichen ), nämlich Herrn Fischer und seinen eigenen Klubobmann Kostelka.

Meine Damen und Herren! Wäre die Diskussion auch ausgebrochen, wenn wir nicht heuer auch Wahlen hätten? Ist das arbeitslose Einkommen etwas ganz Neues? Gibt es das nicht schon seit Jahren? – Ich möchte auch dem nicht anwesenden Klubobmann der Sozialdemokratischen Partei auf seinen ausführlichen Redebeitrag über die langen Gänge jener Grundbesitzer, die früher hier verweilt sind, und über jene, denen es nicht möglich war, ein politisches Mandat auszuüben, eine Antwort geben.

Meine Damen und Herren! Wir haben diese Zeit längst hinter uns, und es steht in keiner Weise zur Diskussion, daß es in der Republik Österreich noch eine Berufsgruppe gibt, die sich das nicht leisten kann. Aber ich möchte doch zu bedenken geben, daß heute bereits zwei Drittel der Mandatsträger Beamte oder Abgesicherte sind, während das Risiko, ein Mandat zu übernehmen, viele Unternehmer, Selbständige oder Arbeitnehmer nicht auf sich nehmen können.

Meine Damen und Herren! Wie viele praktische pragmatische Arbeitnehmer in diesem Parlament gibt es wirklich? – Ich kenne keinen, außer zwei in der freiheitlichen Fraktion, die heute noch an der Werkbank stehen. Bei den Sozialdemokraten kenne ich keinen einzigen. Ich glaube, man müßte über diese Situation einmal grundlegend nachdenken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist nach wie vor – das ist unbestritten – ein Privileg, wenn heute beispielsweise ein Beamter jederzeit wieder auf seinen Arbeitsplatz zurückkann, falls ein Wahlmontag einmal nicht so gut aussieht. Das kann keiner aus der Privatwirtschaft, weil der Chef den Arbeitsplatz bereits mit einer anderen Persönlichkeit besetzt hat und der bisherige Mandatar damit nicht mehr die Möglichkeit hat, auf seinen Arbeitsplatz zurückzugehen.

Meine Damen und Herren! Wenn man die Diskussion quer durch die Parteien verfolgt hat, dann kann man sich des Eindrucks nicht verwehren, daß dieses Gesetz, das nicht mit den Ländern abgesprochen wurde – ich brauche nicht zu wiederholen, was Kollege Tremmel bereits aus dem Brief des Salzburger Landtages erwähnt hat und daß sich auch die Landtagspräsidenten darüber Gedanken gemacht haben –, Auswirkungen auf die Kommunen und auf die Länder hat. Ich erwähne hier die Vorlage des Herrn Kollegen Weiss, der sich auch mit der Materie sehr ernst auseinandergesetzt hat. Ich glaube, man kann doch diesen Persönlichkeiten nicht unterstellen, daß sie schlechte Demokraten wären oder daß sie den Populismus in den Vordergrund stellen würden.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß gerade die Diskussion gezeigt und bewiesen hat, daß dieses Gesetz einfach aus der Not heraus, aus Angst noch schnell vor dem Sommer vor den Wahlen beschlossen werden mußte. Eine Persönlichkeit wie zum Beispiel auch die nominierte AAB-Chefin Frau Gehrer hat zum Beispiel in der "Presse" verlautbart, von Ämterkumulierung halte sie wenig. Ohne Namen nennen zu wollen, meinte sie, bei diesen katastrophalen Ämterkumulierungen werde einem schlecht.

Meine Damen und Herren! Klubobmann Konečny hat darauf hingewiesen, daß Kostelka gesagt hat, die Gesetze müßten auslaufen, um sie neu zu konzipieren. Ich glaube, daß diese Vorgangsweise nicht notwendig ist, wenn jeder bei der Sache ist und sich so engagiert, daß er Fehler rechtzeitig erkennt oder Kritikpunkte von der Opposition oder von den Medien ernst aufgreift, und zwar nicht erst dann ernst aufgreift, wenn eine Entwicklung bereits so weit fortgediehen ist, daß man Angst vor heranstehenden Entscheidungen hat. Mit dieser Entscheidung heute werden sie uns wahrscheinlich – ich nehme das an – einen Bärendienst erweisen. Daß mit dieser heutigen Beschlußfassung dieses Problem aus der Welt geschaffen ist, ist sicher nicht zu erwarten. (Bundesrat Prähauser: Das glaubt auch niemand! Es gibt eine zweite Runde im Herbst!)

Sie haben mit dieser heutigen Entscheidung eine weitere Diskussion garantiert. Es gibt aber einige, Herr Kollege Prähauser, die glauben, daß, wenn das heute beschlossen ist, für immer Friede auf dem Gebiete der Politikerprivilegien sein werde. Das glaubt vielleicht zum Beispiel der


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Herr Vizepräsident. (Bundesrat Dr. Schambeck: Ich glaube das nicht!) Sie glauben es nicht, aber Sie stimmen trotzdem zu. (Bundesrat Dr. Schambeck: Das werden Sie dann hören!) Ach so, das werden wir dann hören. (Bundesrat Pramendorfer: Ein erster Schritt wurde gesetzt!)

Ich möchte abschließend festhalten: Die freiheitliche Fraktion wird unter diesen Umständen diesem Gesetz keine Zustimmung geben, weil in vielen Diskussionsbeiträgen bereits der Beweis geliefert wurde, daß spätestens heute nach dieser Sitzung die Diskussion weiter geführt werden wird. Das kann kein gutes Gesetz sein, Herr Kollege Pramendorfer! Eine Husch-Pfusch-Entscheidung ist keine Entscheidung!

Man hätte doch auch in den abgelaufenen Jahren diese Problematik längst an sich ziehen und lösen können. Aber es war niemand dazu bereit, bevor es eskalierte. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Ing. Penz: Da mußte auch Brauneder dabei sein!) Diese Eskalation mußte kommen, um Klarheit oder noch mehr Verwirrung als bisher zu schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.29

Präsident Josef Pfeifer: Ich erteile Herrn Bundesrat Mag. Harald Repar das Wort.

10.29

Bundesrat Mag. Harald Repar (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Zuhörer! Ich möchte am Beginn meiner Ausführungen einige Dinge klarstellen, weil ich glaube, daß es notwendig ist, darauf beziehungsweise auch auf die bereits begonnene Diskussion der Politikerbezüge, die im Herbst fortgesetzt werden sollte, Bezug zu nehmen.

Ich glaube, es sollte einmal klargestellt werden, daß es hier heute nicht um die Bezüge der Politiker für ihre mandatsbezogene Arbeit geht, sondern daß es darum geht, Regelungen für Politiker zu beschließen, die beruflich im öffentlichen Dienst tätig sind.

Des weiteren sind heute schon zwei Schwerpunkte angesprochen worden, nämlich die Entfernungszulage beziehungsweise der Freifahrtschein. Mit dem heutigen Beschluß werden Beamte nach ihrer tatsächlichen Arbeitsleistung bezahlt. Ich finde, daß diese Regelung längst notwendig und äußerst korrekt war und heute hier auch beschlossen werden sollte.

Es hat niemand in der Öffentlichkeit verstanden, als die Diskussion aufgebrochen ist, daß es Menschen gibt, die in der Politik tätig sind und daneben ein Einkommen haben, wofür sie überhaupt keine Arbeitsleistung erbringen. So gesehen begrüße ich diese heutige Regelung, die uns vorgelegt wurde. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Natürlich hat es das gegeben, aber, wie gesagt, es war gesetzlich so geregelt, und es gibt immer einige wenige, die diese gesetzlichen Regelungen zu ihren persönlichen Gunsten ausnutzen. Deswegen war es notwendig, diese gesetzliche Regelung neu zu formulieren.

Der zweite Punkt, den ich sehr begrüße, ist die Neuregelung der Entfernungszulage. Wir können es offen aussprechen, ich kann das Kärntner Beispiel bringen. Ein Kärntner Abgeordneter bekommt knapp über 12 000 S an Entfernungszulage, die ihm heute mit diesem Beschluß gestrichen wird. Anstelle dessen tritt eine Regelung, die sicher auch korrekt ist, nämlich eine Abrechnungsmöglichkeit der tatsächlichen Reisekosten. Die Entfernungszulage war nicht mehr zeitgemäß. Man hatte durch die Verkehrsinfrastruktur die Möglichkeit, von entfernten Ländern wesentlich schneller in der Bundeshauptstadt im Parlament zu sein als Leute, die in Regionen, die zwar noch in der Nähe von Wien wohnen, aber aufgrund ihrer persönlichen beschränkten Möglichkeiten, nachdem die Verkehrsinfrastruktur dort nicht gegeben ist, nicht so schnell in Wien sein können. Daher ist es richtig, daß es eine diesbezügliche Regelung gibt, und diese begrüße ich auch!

In diesem Zusammenhang nenne ich auch die Streichung des Freifahrtscheines. Denn ich muß Ihnen offen und ehrlich sagen, als ich vor nicht allzu langer Zeit in dieses Haus gekommen bin und sofort den 1. Klasse-Freifahrtschein bekommen habe, war ich einigermaßen verwundert, da es auch die Entfernungszulage gegeben hat. Ich finde es daher richtig, daß das jetzt gestrichen wird und daß es eine ordentliche Lösung gibt.


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Meine Damen und Herren! Unter dem Strich, gerade was dieses Haus betrifft, wird es ein relativ hohes Einsparungspotential des Bundesrates geben. Da die Entfernungszulage gestrichen wird, da der Freifahrtschein gestrichen wird – der Freifahrtschein war nicht umsonst für den Bund, er mußte bei den ÖBB gekauft werden –, gibt es sicherlich ein großes Einsparungspotential, das durch den heutigen Beschluß eintreten wird. Das heißt, es ist klar hervorzustreichen, daß es zu Einsparungen im Bundesratsbereich kommen wird.

Mathematische Genies, die in den vergangenen Tagen errechnet haben, daß es zu Mehraufwendungen in der Höhe von bis zu 10 000 S kommen wird, sind wahrscheinlich im Vorschulalter steckengeblieben.

Meine Damen und Herren! Zur aktuellen Diskussion, die heute hier angerissen wurde, betreffend die Politikerbezüge: Es ist eine unendliche Geschichte, die meiner Meinung nach so lange nicht abgeschlossen sein wird, solange es nicht ein Modell gibt, das von allen und vor allem von der Öffentlichkeit mitgetragen wird.

Wir haben als Kärntner Partei im Jahr 1994 ein Modell auf den Tisch gelegt. Ich gebe zu, es war ein sehr visionäres Modell, und ich gebe auch zu, daß es innerhalb des eigenen Kreises auch sehr schwierig ist, mit neuen Vorschlägen Mehrheiten zu finden, zumal jeder andere Vorstellungen hat. Es ist auch sehr schwierig, Mehrheiten in anderen Parteien dafür zu finden. Aber ich denke, es sollte im Interesse der Öffentlichkeit möglich sein, Kompromisse zu finden.

Ich möchte ganz kurz das Kärntner Modell darstellen: Wir haben mehrere Schwerpunkte in unserem Bezügemodell. Es orientiert sich zum einen am Durchschnittseinkommen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das heißt, es orientiert sich nicht mehr am Beamtenbezug, sondern, wie gesagt, am Durchschnittseinkommen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wenn dieses steigt, steigt auch das Politikereinkommen, wenn es fällt, fällt ebenso das Politikereinkommen.

Es sollten österreichweit einheitliche Bezüge eingeführt werden, weil wir es aus Kärntner Sicht nicht verstehen, warum Bürgermeister in anderen Bundesländern für die gleiche Tätigkeit mehr verdienen, warum Abgeordnete in anderen Bundesländern für die gleiche Tätigkeit mehr verdienen. Also ein einheitlicher Bezug für Politiker quer durch Österreich!

Es sollte eine Gehaltspyramide, beginnend mit Bundespräsident und Bundeskanzler bis hinunter auf Gemeindeebene, erarbeitet werden, und es sollte zu einer Vervielfachung des Durchschnittseinkommens, abgestuft nach den einzelnen Berufsgruppen in der Politik, kommen. – Schlußendlich ein Gehalt, transparent und ohne Zulagen, damit sich auch in Zukunft die Diskussionen über die Verschleierungen aufhören!

Ich weiß, daß es nicht sehr leicht sein wird, dieses Modell mit allen Einzelheiten in die Realität umzusetzen. Ich meine aber, daß es Kompromißmöglichkeiten geben muß, und ich fordere hier ein – das ist ganz wichtig –, eine Expertenkommission darüber entscheiden zu lassen, in der Medienvertreter, Arbeitnehmervertreter, Arbeitgebervertreter sind, sodaß das wirklich einmal auf breiter Basis diskutiert wird. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Ziel einer zukünftigen Bezügereform muß es jedenfalls sein, daß man ohne Scham bereit sein kann und auch bereit ist, sein Einkommen offenzulegen. Das darf aber nicht nur für Leute gelten, die im öffentlichen Dienst tätig sind oder Angestellte oder Arbeiter sind – dort kann man sehr gut Einsicht nehmen –, das muß auch für Selbständige gelten.

Hier würde mich insbesondere die Steuererklärung des Obmannes der Freiheitlichen Partei interessieren, ich möchte wissen, was darin alles steht, weil gerade Selbständige die Möglichkeit haben, in einer Einkommensteuererklärung alles in einen Topf zu werfen und viele Dinge abzuschreiben. Das heißt, ich möchte wissen, wieviel Jörg Haider von seinem politischen Bezug tatsächlich versteuert, ob in der Steuererklärung auch sein ganzer Wagenpark, etwa der Porsche, der A 8 und der BMW aus der 7er-Reihe, angeführt ist und warum es möglich ist, daß man 14 S Steuer für ein 300 Millionen Schilling-Vermögen bezahlt. Das wäre auch einmal


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interessant zu hinterfragen, wenn wir schon offen und ehrlich diskutieren. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Rockenschaub: Diese Steuergesetze habt doch ihr beschlossen!)

Meine Damen und Herren! Ich meine, daß der heutige Beschluß ein Schritt in die richtige Richtung ist, weil damit zum Teil für die Öffentlichkeit unverständliche Regelungen beseitigt werden.

Ich habe gerade vom Kärntner Modell gesprochen, was die Bezügereform anlangt. Es hat auch ein anderes Modell gegeben, soviel ich weiß, ist das auch in Kärnten erarbeitet worden. Es war ein Modell der Freiheitlichen Partei, die dargestellt hat, daß man in der eigenen Partei nicht mehr als 60 000 S Nettoeinkommen verdienen sollte und das über dieser Grenze zufließende Geld einem Sozialfonds zugute kommen sollte.

Wenn wir uns hier in diesem Raum umschauen, stellen wir fest, es ist hier und wahrscheinlich auch im Nationalrat niemand oder nur ganz wenige von dieser Regelung betroffen. Wir haben uns einen Fall von jemandem herausgesucht, der davon betroffen ist: Das ist der stellvertretende Landeshauptmann von Kärnten, Karl-Heinz Grasser, der nicht zu Unrecht mit seinen 26 Jahren als der bestbezahlte Lehrling Österreichs genannt wird, da er über 200 000 S verdient. Wir haben uns angeschaut, wie das bei ihm aussieht, und wir haben ihn aufgefordert, er möge uns sagen, was mit den Geldern im Sozialfonds passiert ist.

Berechnet man sein Einkommen mit dem 13. und 14. Gehalt, so hätte er im vergangenen Jahr 500 000 S in den Sozialfonds einzahlen müssen. Tatsächlich waren es sage und schreibe 17 000 S. Das hat er persönlich in einer Presseerklärung mitgeteilt. Die Schlußfolgerung daraus ist, daß Jörg Haider entweder seine Mannen nicht mehr unter Kontrolle hat (Bundesrat Dr. Tremmel: Wer hat die SPÖ unter Kontrolle?), oder es entpuppt sich der Landesgeschäftsführer der Freiheitlichen Partei und die F-Parteikasse als einzig großer Sozialfall, oder – das ist am wahrscheinlichsten – es handelt sich dabei um einen Riesenschmäh. (Beifall bei der SPÖ.)

Mit der ständigen Politik des Hinunterlizitierens der politischen Gehälter muß ein Ende gemacht werden. Diese Politik, davon bin ich überzeugt, nützt Ihnen auch nichts, sondern trägt mit dazu bei, daß in der Öffentlichkeit der Eindruck einer Abwertung der einzelnen politischen Funktionen entsteht.

Wenn ich in unsere Fraktion blicke, dann sehe ich keine versorgungsbedürftigen "Buberln", ich sehe keine Destruktionspolitiker, die nur verhindern und vernadern. Ich sehe keine Politiker, die Zeltfeste dazu nützen, um Raufereien anzuzetteln, sondern ich sehe verantwortungsvolle Politiker, die während der Woche und am Wochenende für die Anliegen der Bevölkerung tätig sind und sich um diese Anliegen kümmern. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe des Bundesrates Waldhäusl. ) Ich weiß nicht, warum Sie sich immer angesprochen fühlen, aber offensichtlich ist schon ein bißchen Wahrheit dran, Herr Waldhäusl!

Ich komme schon zum Schluß: Um zu gewährleisten, was heute schon gesagt wurde, nämlich daß es auch weiterhin möglich ist, daß Menschen, die in die Politik gehen, aus dem Arbeitnehmerbereich kommen und mit großem Fachwissen ausgestattet sind, wird es notwendig sein, eine Bezugsregelung in die Welt zu setzen, die diesen Anforderungen auch in Zukunft gerecht wird.

Aus meiner Sicht ist es so, daß, wie gesagt, die heutige Regelung ein richtiger Schritt in die richtige Richtung ist, und ich werde deswegen diesem Gesetzesvorschlag auch meine Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.40

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Richau. – Bitte.

10.40

Bundesrat Franz Richau (ÖVP, Kärnten): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte am Beginn meines Beitrages eine Feststellung treffen: Zum einen bin ich stolz, daß es innerhalb der Volkspartei möglich ist, seine


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Meinung zu sagen, womit auch gezeigt wird, daß das freie Mandat als solches auch genützt wird. Zum zweiten, da die Diskussion in mehreren Beiträgen sehr stark gegen die Beamten gerichtet war: Ich bin stolz, Beamter der Gendarmerie zu sein, der bei einem Bezug von 75 Prozent die Möglichkeit hat, mehr Leistungen zu erbringen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Keine der im Parlament vertretenen Parteien hat in der Bezugsproblematik das Recht, auf andere hinzuweisen und hinzuhauen. Seien es die Abgeordneten Höchtl, Holger Bauer, Frischenschlager und auch Parlamentspräsident Fischer – alle Genannten sind den für die Politiker zwingenden moralischen Grundsätzen nicht nachgekommen und haben des weiteren bestehende Möglichkeiten nicht genützt. Sie alle sind zu verurteilen, weil sie dadurch den Politiker und damit auch die Politik im gesamten in ein sehr schlechtes Licht gerückt haben.

Meine Stimmabgabe zum Bezügegesetz mit Nein ist bekannt, und ich möchte sie auch kurz begründen. Ich bin grundsätzlich gegen jedes arbeitslose Einkommen und habe damit auch persönlich kein Problem. Nur wer arbeitet, soll den Verdienst bekommen. Um dieses arbeitslose Einkommen jedoch zu verhindern, wäre es nicht unbedingt notwendig gewesen, ein überhastetes und unter Druck zustande gekommenes Bezügegesetz neu zu beschließen.

Neben der gesetzlichen Möglichkeit einer Karenzierung unter Entfall der Bezüge, neben der Möglichkeit der Enthebung aus dem Dienst unter Entfall der Bezüge gibt es für mich aber auch noch das grundsätzliche Verständnis von Moral: ein arbeitsloses Einkommen nicht in Anspruch zu nehmen, auf dieses freiwillig zu verzichten. Viele Abgeordnete haben es getan und tun es.

Ich bin gegen dieses Gesetz, weil es wieder einmal nur gegen die Beamten gerichtet ist. Es erweckt für mich den Eindruck, dieses Gesetz will nur gegen die Beamten sein und stellt fest, daß die öffentlich Bediensteten faul sind. Dagegen verwahre ich mich. Ich meine, daß in diesem Bezügegesetz-Neu auch alle anderen Institutionen wie Kammern, Sozialversicherungen, Gebietskörperschaften öffentlichen Rechtes mit hineingehören. Ich bin aber auch gegen dieses Gesetz, weil es massiv in die Eigenständigkeit der Länder und Gemeinden eingreift und damit – ohne der Möglichkeit einer Stellungnahme der Betroffenen mittels Begutachtungsverfahrens – einen weiteren Eingriff in die Länderrechte durch den Bund bedeutet.

Abschließend möchte ich feststellen: Eine ehrliche Bezügereform, dabei eingeschlossen die Pensionen, der Verdienst, die Abgaben an die Parteien und so weiter, ist unbedingt notwendig, um das mittlerweile total zerstörte Vertrauen der Bevölkerung wiederherzustellen – eine Bezügereform, die ehrlich und durchschaubar ist, unter Einbeziehung aller vorhandenen Vorschläge und unter Mitwirkung aller Parteien. Ich bin überzeugt, die Bevölkerung unterstützt ein gutes Einkommen für Politiker, sie verabscheut aber zu Recht jeden Mißbrauch.

Wir alle haben es heute in der Hand, die Länderkammer aufzuwerten, indem wir unser Mitwirkungsrecht nützen. Wenn wir heute wieder einmal nur die zahnlose Abstimmungsmaschine für Nationalrat und Bundesregierung spielen, dürfen wir uns nie mehr darüber beklagen, als mißachtet angesehen und so behandelt zu werden. Ich bitte Sie, diesem Gesetz die Zustimmung zu verweigern. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.44

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Königshofer. – Bitte.

10.44

Bundesrat DDr. Franz Werner Königshofer (Freiheitliche, Tirol): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Zuerst möchte ich ganz kurz auf die Rede von Bundesratskollegen Konečny eingehen, der festgestellt hat, daß heute immer öfter mit den Worten Politikerklasse oder -kaste operiert wird und er diese Begriffe gar nicht in Abrede stellen möchte. Nur: Es gibt einen gravierenden Unterschied zu der Klassengesellschaft oder der Kastengesellschaft aus der Vergangenheit: Diese Klasse steht allen Schichten, allen Gruppierungen, allen sozialen Gruppen offen.


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Nun meine Frage an Sie, Herr Konečny: Gilt dasselbe auch für verstaatlichte Unternehmen, für Unternehmen mit staatlicher Beteiligung? – Sie werden selbstverständlich ja dazu sagen. Ich gebe Ihnen da auch recht, daß diese staatlichen Unternehmen allen offenstehen – aber nur dann, wenn sie das richtige Parteibuch haben, nämlich ein rotes oder ein schwarzes Parteibuch.

Herr Konečny! Sie schütteln den Kopf. – Dann lesen Sie bitte die heutigen Tageszeitungen "Presse" und "Standard", und schauen Sie sich das am Beispiel der Post AG an. Hier geht es darum, vier Direktoren zu bestellen, die zwei roten Direktoren hat man schon gefunden, und bei den schwarzen spießt es sich noch ein bißchen. Herr Dr. Ditz hat sich aus der Regierung verabschiedet und stellt sich als Finanzchef der neuen Post AG zur Verfügung. (Bundesrat Ing. Penz: Das ist ein guter Mann!) Beim zweiten schwarzen Direktor hat man noch Probleme, weil sich niemand traut, den Telekommunikationsbereich zu übernehmen. Jetzt wartet man mit der Bestellung, bis man jemanden findet. Das ist die Realität, meine Damen und Herren! So schaut es aus! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Ing. Penz: Bewerben Sie sich!) Vielleicht mache ich das noch. Dann schauen wir uns das Ergebnis an. Aber einen Freiheitlichen werden sie dort sicherlich nicht bestellen.

Den Erfolg der Post im freien Wettbewerb wird man sich in der Zukunft überhaupt noch anschauen müssen, wenn sie von Managern aus dem geschützten Bereich geleitet wird, die noch nie in ihrem Leben den scharfen Wind des freien Wettbewerbs verspürt haben. Das gilt für einen Sindelka genauso wie für einen Exminister Ditz.

Meine Damen und Herren! Nun zum vorliegenden Gesetz: "Arm trotz Arbeit – die Krise erreicht den Mittelstand" – So hat das Wochenmagazin "profil" in seiner Ausgabe vom 8. Juli 1996 getitelt. Kassieren ohne Arbeit war der Anlaß für den heute dem Bundesrat vorliegenden Gesetzesbeschluß des Nationalrates. Hier, meine Damen und Herren, liegt das wahre Problem, das Glaubwürdigkeitsproblem der Politik beziehungsweise der Politiker gegenüber den steuerzahlenden Bürgern dieses Landes.

Während die einen, die Bürger, schuften und dafür immer höhere Steuern und Abgaben bezahlen, haben es sich andere, beamtete Berufspolitiker, in einem System, das derartige Ungerechtigkeiten grundsätzlich zuläßt, bequem eingerichtet. Die privilegienlosen Risikoträger – dazu zählen die Arbeiter, die Angestellten, die Bauern, die Selbständigen, die Freiberufler – haben jetzt aber kein Verständnis mehr dafür, daß sich risikolose Privilegienträger weiterhin in unverschämter Weise aus öffentlichen Kassen bedienen wollen.

Der Fall Höchtl war nur der Schneeball, der eine wahre Lawine von Privilegienfällen ins Rutschen gebracht hat. Da gibt es noch einen Parlamentspräsidenten Fischer, der neben seinem Präsidentenbezug auch ein recht hohes Zweiteinkommen als Ruhegenuß, wie man das bezeichnet, einstreifen mußte, wie er selbst zu seiner Entschuldigung anführte. Da gibt es einen SPÖ-Klubobmann Kostelka, dem es – unter Anführungszeichen – "leider" auch nicht möglich war, auf seinen Zweitbezug als Beamter zu verzichten.

Da gibt es eine ganze Reihe von Parlamentariern, meine Damen und Herren, die mehrere Bezüge aus öffentlichen Ämtern und Positionen erhalten beziehungsweise einstecken können, zum Beispiel die AK-Präsidentin Hostasch, die Gewerkschafter Verzetnitsch, Nürnberger, Koppler, Neugebauer oder Dohr, um auch ein paar Herrschaften aus dem ÖVP-Bereich zu nennen, die Kammerfunktionäre Maderthaner, Stummvoll oder Schwarzböck. Auch hier im Bundesrat sitzen Gewerkschafter, Kammerfunktionäre und eine ganze Reihe von Beamten, für die dieselbe Problematik, wie eben geschildert, auch zutrifft.

Auch in den Ländern gibt es Politiker, deren Einkommenssituation aus öffentlichen Bezügen zumindest aufklärungswürdig ist.

Ich will hier als Tiroler nur für mein eigenes Bundesland sprechen, wo sogar die "Tiroler Tageszeitung" am 23. Juli, also vorgestern, schreibt – ich zitiere –: Auch in Tirol wird fleißig "gehöchtelt". – Dabei bezieht sich die "Tiroler Tageszeitung" auf die Arbeitsloseneinkommen von ÖVP-Landtagsklubobmann Madritsch – 20 000 S monatlich, ohne eine Arbeitsleistung dafür zu erbringen; von SPÖ-Landtagsklubobmann Obitzhofer – 19 000 S monatlich, ohne


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Arbeitsleistung, bezogen von den Österreichischen Bundesbahnen; vom SPÖ-Abgeordneten Marinell – 26 000 S monatlich, ohne Gegenleistung; vom grünen Abgeordneten Schneider – 10 000 S monatlich, ohne Arbeitsleistung.

Jetzt stellt sich auch heraus, daß der langjährige ÖVP-Landtagsabgeordnete und ÖAAB-Funktionär Warzilek mehr als sechs Jahre lang monatlich 16 000 S verdient hat, obwohl er als dienstfreigestellter Polizist dafür keinerlei Arbeitsleistung erbracht hat.

Der ÖVP-Landesgeschäftsführer Helmut Krieghofer zum Beispiel – so wird das zumindest kolportiert – hat trotz Eigenkündigung beim Landesstudio Tirol, als er Landesgeschäftsführer der ÖVP wurde, vom ORF eine Abfertigung in Höhe von 700 000 S erhalten. Die Gebührenzahler des Monopolrundfunks lassen grüßen.

Meine Damen und Herren! Als der Fall Höchtl bekannt wurde, war es der Tiroler AK-Präsident und ÖAAB-Mann Fritz Dinkhauser, der vehement den Rücktritt von Pepi Höchtl forderte. Kaum war er in seinem Bemühen erfolgreich, ereilte ihn selbst das Bezügeschicksal. Das Wochenmagazin "News" – Sie kennen es – berichtete von einem arbeitslosen Einkommen Dinkhausers beim ÖAAB, dessen zumindest formale Zielsetzung in der Vertretung von Arbeitnehmerinteressen liegt. Dinkhauser hat aber schnell reagiert und sofort verzichtet. Da ist plötzlich sein Parteifreund und Landesparteiobmann Weingartner auf den Plan getreten und hat die Offenlegung aller Bezüge Dinkhausers seit 1991, als er AK-Präsident wurde, verlangt.

Wenn Weingartner nun von Dinkhauser die Offenlegung seiner öffentlichen Bezüge verlangt, so ist es nur recht und billig, dies auch von Weingartner selbst zu verlangen, vom Herrn Landeshauptmann. Schließlich war dieser Hofrat im Landesdienst, als er in die Landeshypothekenbank wechselte, um dort den Sessel des Generaldirektors zu besetzen. Wenige Jahre später wurde er von der ÖVP in die Landesregierung geholt, wo er seither als Wirtschaftslandesrat und nach dem Abschuß seines Vorgängers Dr. Partl als Landeshauptmann agiert. Offenzulegen wäre dabei die Bezügesituation in all den Jahren. Auch stellt sich die Frage: Hat Weingartner bei seinem Wechsel von der Landeshypo in die Landesregierung eine Abfertigung erhalten, beziehungsweise sind irgendwelche Pensionsansprüche à la Vranitzky/Länderbank vereinbart worden und entstanden? – All diese Dinge müßte der Herr Landeshauptmann, wenn er es vom AK-Präsidenten verlangt, eben auch selber auf den Tisch legen. Da geht es um die politische Moral.

Auch gibt es in Tirol nach wie vor die politische Ämterkumulierung, so sitzen einige ÖVP-Bürgermeister gleichzeitig auch im Tiroler Landtag. (Bundesrat Payer: Einen Landtag ohne Bürgermeister kann ich mir sehr schwer vorstellen! – Bundesrat Bieringer: Sie haben ja überhaupt keine Ahnung! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) – Warten Sie nur, ja, das ist die Frage. Sie sagen ja auch: Ein Mann, ein Amt! (Bundesrat Bieringer: Wer sagt das?)

Auch in der ÖVP kommt das auf. Jetzt frage ich Sie: Diese Bürgermeister, die zugleich Abgeordnete sind, verkörpern gleichzeitig die gesetzgebende und die vollziehende Gewalt. Sie sind einerseits Gesetzgeber und andererseits Vollzugsorgan als Bürgermeister. Auch das widerspricht der Gewaltentrennung und ist nicht im Sinne ihres Begründers Montesquieu – und schon gar nicht im Hinblick auf die Doppeleinkommen im Interesse der steuerzahlenden Landesbürger.

Darüber hinaus gibt es in Tirol auch noch einige Landespolitiker, die Funktionäre oder Angestellte von Kammern, Sozialversicherungsanstalten oder auch Landesbetrieben, wie zum Beispiel der TIWAG, sind. (Bundesrat Konečny: Manche Tiroler Politiker müssen auch Fußballer vermitteln!) – Ja, das ist ein Beruf, aber der bekommt kein arbeitsloses Einkommen dafür. (Ruf bei der SPÖ: Versteuern hätte er es halt sollen!)

Meine Damen und Herren! All diese Beispiele aus einem Bundesland – ich weiß, es gibt in jedem Bundesland solche Beispiele – sollen zeigen, daß das vorliegende Bezügegesetz, aus dem Anlaßfall Höchtl heraus geboren und in einer Husch-Pfusch-Aktion durchgezogen, bei weitem nicht in der Lage sein wird, die bestehende Problematik auch nur einigermaßen zufriedenstellend zu lösen. Im Gegenteil, hier soll der Öffentlichkeit und vor allem den Bürgern des


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Landes wieder einmal Sand in die Augen gestreut werden, um die Hängematten des Privilegiensystems weiterhin zu verschleiern.

Darüber hinaus werden mit diesem Gesetz ungeahnte Möglichkeiten der Spesenritterei eröffnet. Die Medien haben dieses Spiel durchschaut. Lesen Sie die Tages- und Wochenpresse, und Sie werden sehen, daß die Zeitungen kein gutes Haar an diesem Gesetz lassen. Das haben schon meine Vorredner Eisl und Tremmel mit Zitaten dargelegt.

Dies wirkt aber auch, meine Damen und Herren, auf die Stimmung in der Bevölkerung, und man hört schon von allen Ecken aus dem Land im Hinblick auf den 13. Oktober das alte Schlagwort: Wahltag ist Zahltag! Und das gilt nicht nur für die Wahl zum EU-Parlament, sondern auch für die Wahlen in Wien, Donnerskirchen und Reutte.

Meine Damen und Herren! Der Tiroler AK-Präsident Dinkhauser sagt selbst im gestrigen "Standard" – ich zitiere –: Was das Parlament beschlossen hat, ist scheinheilig, wir brauchen aber eine transparente Regelung der Politikerbezüge. Und weiters fordert der Tiroler AK-Präsident eine sachliche Bezügediskussion, in die auch die Gemeinden und der halböffentliche Bereich wie Kammern und Gewerkschaften einbezogen werden sollen. Ähnliches hat auch schon am 5. Juli unser Herr Bundespräsident in einem ORF-Interview gefordert. Und genau das fordern auch wir Freiheitliche schon seit Jahren, aber jetzt wieder aufgrund dieses Anlaßfalles vehement, nämlich die Einbeziehung aller öffentlichen Positionen in ein objektives, transparentes und vor allem gerechtes Bezügesystem.

Neben dem öffentlichen Dienst auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene müssen auch die verpflichtenden und freiwilligen Interessenvertretungen, die Kammern genauso wie etwa Industriellenvereinigung oder Gewerkschaftsbund, miteinbezogen werden. Aber auch die Sozialversicherungen, die verstaatlichten Unternehmen inklusive Banken, Versicherungen und Energieversorgungsunternehmen müssen in ein derart objektiviertes Gesetzeswerk eingebunden werden.

Für Halbheiten, meine Damen und Herren, werden die Bürger in Zeiten eines Belastungspaketes kein Verständnis haben, und Sie werden dafür bei den Bürgern keine Zustimmung erfahren.

Abschließend möchte ich noch auf die bundesstaatlichen Aspekte dieses Gesetzesbeschlusses eingehen. Als Initiativantrag der Klubobleute Kostelka und Khol eingebracht, unterlag der Gesetzentwurf keiner Begutachtung durch die Länder, obwohl durch dieses Gesetz in Länderrechte eingegriffen wird. Ein offizielles Begehren der Landtagspräsidenten auf Mitwirkung an den gegenständlichen Regelungen wurde kalt abgelehnt, was sowohl vom Präsidenten des Salzburger Landtages Dr. Schreiner als auch vom Bundesratskollegen und früheren Föderalismus-Minister Jürgen Weiss in schriftlichen Äußerungen heftig kritisiert wurde.

Meine Damen und Herren! Es liegt jetzt an uns als Länderkammer, die Prinzipien des Föderalismus zu verteidigen und die Interessen unserer Bundesländer hier wahrzunehmen. Lassen wir es doch nicht zu, daß zentralstaatliche Tendenzen unter dem Vorwand irgendwelcher Prioritäten, Sachzwänge oder sonstiger vorgeschobener Notwendigkeiten mehr und mehr zum Durchbruch gelangen! Leisten wir als Ländervertreter einer Aushöhlung unseres bundesstaatlichen föderalistischen Aufbaus nicht auch noch Vorschub!

Ich bin zutiefst überzeugt davon, daß wir alle hier im Hohen Haus nur das Beste für unsere Heimatländer und damit auch das Beste für unser Vaterland Österreich wollen. Der vorliegende Gesetzesbeschluß aber ist derart unvollkommen und mit derartigen Mängeln behaftet, daß er im Falle der Annahme wahrlich nicht zu den besten Gesetzen unseres Rechtsstaates zählen würde.

Ich schließe mich daher dem Präsidenten des Salzburger Landtages an, der in seinem Schreiben vom 19. Juli dieses Jahres sagt – ich darf zitieren –: "Ich hielte es dem Ansehen des Parlamentarismus und im Interesse einer grundlegenden Bereinigung der Sache für angemessener, anstelle der vorliegenden halbherzigen und überstürzten Scheinlösung spätestens im


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Herbst eine gesamthafte Regelung zu beschließen. Dabei könnten auch die Länder einbezogen werden." – Ende des Zitats.

In diesem Sinne möchte ich alle Mitglieder dieses Hohen Hauses einladen, den vorliegenden Gesetzesbeschluß samt seinen Verfassungsbestimmungen abzulehnen und damit die Chance zu eröffnen, die gegenständliche Problematik einer umfassenden und allgemein akzeptierten Regelung zuzuführen.

Ganz zum Schluß möchte ich mir noch erlauben, aus dem heutigen "Standard" zu zitieren. Und zwar schreibt Herr Josef Ertl: "Selbstaufgabe auf Raten. ,Zähneknirschen’ ist einer der am häufigsten verwendeten Begriffe in der Debatte um die Neuregelung der Politikerbezüge. Mit ,leisem Zähneknirschen’ will beispielsweise Bundesrat Günther Hummer diesem Gesetz heute in der Länderkammer zustimmen. Nur wenige haben den Mumm, gegen dieses im Schnellverfahren produzierte Gesetz zu votieren.

Einige ziehen das Fernbleiben vor und drücken sich so um ein klares Nein. Ein nicht geringer Teil der Abgeordneten wird also gegen seine Überzeugung mit Ja stimmen. Damit ist die notwendige Zweidrittelmehrheit gesichert. Die Bundesräte verpassen wieder einmal eine Chance, ihre Daseinsberechtigung unter Beweis zu stellen." – Ende des Zitats.

Meine Damen und Herren! Knirschen Sie nicht mit den Zähnen, Kollege Hummer! Verlassen Sie nicht den Plenarsaal, Kollege Himmer! Bleiben Sie hier herinnen! Zeigen Sie Rückgrat, machen Sie aus Ihrem Herzen keine Mördergrube! Stimmen Sie gegen dieses Gesetz, damit tun Sie etwas für Ihre Länder! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Schicker: Sind Sie für arbeitslose Einkommen?)

11.02

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Prähauser. – Bitte.

11.02

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Kollege Königshofer hat mit einem Zitat aus dem "Standard" geendet, ich möchte mit einem beginnen – wobei es sich eigentlich nicht um ein Zitat, sondern vielmehr um eine Kolumne handelt. "Das spätfeudale Rollenbild der Volksvertreter hat ausgedient", schreibt Anton Pelinka, ein Politologe internationalen Zuschnitts, der große Anerkennung über alle Parteigrenzen hinweg findet. "Politiker haben es gut – dann, wenn sie Masochisten sind." (Bundesrat Eisl: Das glauben Sie aber selber nicht!) Zuhören, Herr Eisl, dann reden – vielleicht auch lachen.

"Keine andere Gruppe in Österreich, die ein so schlechtes Ansehen ,im Volke’ genießt – Journalisten vielleicht ausgenommen –, und das schon seit Jahrzehnten, auch schon lange bevor ein Josef Höchtl in den Nationalrat gewählt wurde. Politiker können sich lustvoll beschimpfen und verdächtigen lassen, sie gelten als überflüssig und arbeitsscheu. Und doch haben sie eine ganz wichtige Funktion: als Objekt populistischen Zorns jedermann(frau) zur Verfügung stehen zu müssen. Was täte der ,Volkszorn’ ohne Politiker!

Es gibt wohl kaum einen Menschen in Österreich, der nicht gelegentlich lügt. Auch kleine Steuerhinterziehungen gelten hierzulande als Kavaliersdelikt, das fast alle begehen, wenn sich die Gelegenheit bietet. Doch in der Demokratie müssen diejenigen, die ,das Volk’ vertreten, eine höhere Moral als die von ihnen Vertretenen haben: Wehe, wenn man Politiker beim Lügen oder beim laxen Umgang mit Finanzen erwischt!

Politiker haben es gut – dann, wenn sie Exhibitionisten sind. Kaum betritt einer aus der Spezies Parlamentarier ein Wirtshaus, muß er schon eine Runde ausgeben. Und kein Dorfball, kein Sportfest, an dem nicht Politiker zur Kasse gebeten werden. Die österreichische Pokalproduktion wird durch die Spendengelder der Politiker am Leben erhalten.


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Es gibt nicht viele, deren Einkommen in diesem Ausmaß ein Durchgangsposten ist. Und am meisten bereichern sich die Parteien – vor einigen Jahren hat Hubert Sickinger errechnet, daß der Gesamtbetrag der von allen österreichischen Politikern gezahlten Parteisteuern rund eine Viertelmilliarde Schilling jährlich ausmacht. Sich dann dafür auch noch prügeln zu lassen, setzt ein hohes Maß an Idealismus voraus – oder eben an Masochismus.

Wir haben, weil wir eine Demokratie sind, die Politikerinnen und Politiker, die wir verdienen. Aber wir behandeln sie so, wie man Fürsten kurz vor der Revolution behandelt: Einerseits werden Gnadenerweise ebenso heftig eingefordert, wie eine spezifische Fürstenmoral verlangt wird. Andererseits grollt die Wut über die Privilegien – die tatsächlichen und die eingebildeten; und beim geringsten Anlaßfall werden Blutopfer gefordert.

Engel und Unhold

Wir sollten, weil wir eine Demokratie haben, die Politikerinnen und Politiker aus ihrem feudalen Rollenbild befreien. Weg mit allen Privilegien – aber auch weg mit den ständigen (Über)Forderungen! Warum sollte ein Abgeordneter seinen Wählern im Gasthaus eine Runde Bier zahlen – wenn diese mündige Bürger sind?

Die Privilegiendebatte hat eben zwei Seiten. Auf der einen stehen die Privilegien der Gewählten – und auf der anderen Seite die Rollenerwartungen der Wählerinnen und Wähler, die sich einen fürstlichen Engel erwarten – und den eben nicht engelsgleichen, weil menschlichen Mandatar dann zum Unhold erklären. Nicht nur die Politiker sind gefordert, sich zu ändern. Mehr noch müßte das öffentliche, das allgemein herrschende Bild von jenen, die ,da oben’ sind, einer kritischen Analyse unterzogen werden." – So Anton Pelinka.

Grundlage für die heute zu beschließende Gesetzesmaterie waren Vorkommnisse, die heute bereits ausführlich in diesem Kreis diskutiert wurden. Ich unterstreiche auch – das ist meine Meinung –, daß dieses Gesetz über den Zaun gebrochen wird in einer Eile, die nicht notwendig gewesen wäre, wäre man früher an die Sache herangegangen – der Anlaßfall hat allerdings Eile erfordert.

Wichtig ist für mich, eine Schnellmaßnahme zu entwickeln, die die sogenannten arbeitslosen Einkommen ein für allemal abstellt. Wir haben auch selbst dafür gesorgt, daß uns die Kritik der Öffentlichkeit in einer bisher nicht gekannten Kraft getroffen hat, weil auch Ausflüchte einzelner von uns dazu beigetragen haben.

Zum Beispiel: Das Gesetz sieht das vor, ich hätte das anders gemacht, ich konnte nicht. – Die Bevölkerung weiß sehr genau, wer in diesem Staat die Gesetze macht, nämlich wir selbst, daher können wir uns hinter diesen Gesetzen nicht verstecken. Ich glaube, daß wir heute einen echten ersten Schritt tun können. Wir werden keinen immerwährenden Frieden in der Privilegiendiskussion erreichen, aber einen ersten Ansatz erzielen, den ersten richtigen und von der Öffentlichkeit erwarteten Schritt tun.

Ich darf aber, bevor ich einige Punkte anführe, die mich an diesem Gesetz mehr als berühren, die Frau Präsidentin bitten, Herrn Kollegen Eisl eine Expertise der Parlamentsdirektion zur Verfügung zu stellen, die ihm ermöglicht, sein Wissen dahin gehend zu erweitern, worin der Unterschied zwischen Höchtl und Fischer besteht. (Der Redner reicht der Präsidentin ein Schriftstück.)

Das Einkommen ist die Grundlage aller Diskussionen. Es gibt welche mit einfachen Einkommen, welche mit Zweifacheinkommen, welche mit Zweifacheinkommen, von denen eines ein arbeitsloses ist, und es gibt welche mit Dreifacheinkommen. – Mit diesen vermeintlich ganz Bösen beginne ich.

In der letzten Ausgabe des "Salzburger Fenster" wurde eine Reihe von Salzburger Politikern gebranntmarkt, die Mehrfachbezieher oder Bezieher von Einkommen sind, für die sie keine Leistung erbringen. Ich nehme ein Beispiel heraus – ohne Namen zu nennen. Er ist Bürgermeister, hat ein Mandat, ein weiteres Mandat und einen Bezug als fiktiv pensionierter Bundes


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beamter in der im Vergleich zu den anderen Einkommen verschwindend geringen Höhe von ungefähr 11 000 S bis 12 000 S brutto. – Genau um diesen Bezug ging es. Auch das war ein arbeitsloses Einkommen. Was hier aber verschwiegen wurde, ist, daß dieses gerade angeprangerte ganz kleine Einkommen die Grundlage der Absicherung seiner Familie im sozialen Bereich ist, und ich glaube, es war auch Heuchelei bei dieser Art der Berichterstattung dabei.

Wenn wir von den Politikern erwarten, sich selbst zu kasteien, muß man ihnen auch die Chance geben, für alle Fälle vorzusorgen. Ein Bürgermeister, der einen falschen Satz sagt, kann morgen Bürgermeister gewesen sein – es gibt Beispiele dafür –, ein Abgeordneter braucht möglicherweise gar keinen falschen Satz zu sagen, das Gesamtergebnis einer Wahl katapultiert ihn aus einer Landtagsriege oder einer Bundesratsriege, wofür er selbst gar nichts kann, denn die Gesamtpolitik ist die Grundlage einer Volksentscheidung.

Da frage ich mich: Wer sichert diesem Menschen, der sehr viel Zeit seines Lebens, Arbeit und Fleiß für die Politik geopfert hat, sein weiteres Fortkommen? – Wir sollten in der Lage sein, dieses gemeinsam zu klären und nicht beginnen, uns nur gegenseitig anzuschütten.

Wenn jemand aus der Politik ausscheidet und in einer Körperschaft "untergebracht" wird – ich sage das jetzt ganz bewußt unter Apostroph –, zeigt die nächste Partei sofort darauf: Da wurde einer versorgt! – Gleich ist Revanche angesagt. Andere Parteien haben dasselbe Problem: Es wird wieder jemand versorgt.

Ein Beispiel aus dem Leben: Ein Bezirksgeschäftsführer, ein Funktionär weitab eines Mandats, hat zehn Jahre lang einen Bezirk vorbildlich geführt, er hat sich dann verehelicht, und nach langem Warten hat seine Frau zwei Kinder bekommen. Er hat sich gesagt, 15 Jahre Politik auf dieser Ebene ist genug, ich möchte mir eine Arbeit suchen, die es mir erlaubt, mit meiner Familie, mit meinen heranwachsenden Kindern jene Zeit zu verbringen, die ich ihnen schuldig bin. Er hat sich ohne Zutun der Partei bei der Gebietskrankenkasse um eine Stelle beworben. Der Bezug machte die Hälfte von dem aus, was er vorher gehabt hat. Der Dank allerdings war: SPÖ versorgt Parteisekretär auf Druck in der Gebietskrankenkasse.

Ich darf hier an Eides statt erklären, daß niemals von uns dort interveniert wurde. Er hat sich selbst aufgrund seiner Kenntnisse dort beworben, auch einem Hearing unterzogen, und er hat diese Position bekommen. Was war die Quintessenz? – Er mußte nach einem täglichen Spießrutenlauf bei den Kollegen diesen Posten quittieren und ist heute – er hat sich wiederum eine Position selbst gesucht – einer der führenden Leute einer bekannten Salzburger Versicherung – keiner roten Versicherung!

Ich meine, meine Damen und Herren, Hoher Bundesrat, wenn wir miteinander diese Dinge diskutieren, dann dürfen wir diese entscheidenden Faktoren nicht vergessen. Ich höre immer wieder – wir haben es auch heute schon gehört –, Arbeiter, Angestellte aus der Privatwirtschaft seien nicht dazu zu bewegen, ein Mandat anzunehmen. – Nicht, weil es sie nicht gibt, sondern weil es auch einem Unternehmen nicht zumutbar ist – ich darf da jetzt für mich sprechen –, einen Mitarbeiter, der zugegeben eine führende Position hatte, nach vierzehn Jahren einfach wieder einzustellen. Es ist ja die Zeit nicht stehengeblieben. Gerade in meinem Beruf des Messebauers und Messeveranstalters hat die Zeit derartige Veränderungen gebracht, daß ich für das Unternehmen – sie würden mich wieder aufnehmen, keine Frage – eine Belastung wäre, eine Belastung, die nicht kalkulierbar ist, weil die Positionen besetzt sind. Man würde es nur machen, um mir einen Gefallen zu tun. Aber den täglichen Gang zu einem Arbeitsplatz, wo 500 Mitarbeiter wissen: Der war zwar einmal gut, aber jetzt wird er hier herinnen mit unserer Arbeitskraft versorgt!, das würde ich niemandem vergönnen. Das müssen wir in Zukunft unseren Mandatarinnen und Mandataren ersparen, dann sind wir auch glaubwürdig.

Wir hören immer wieder auch aus den eigenen Reihen: Die Politikerpensionen gehören abgeschafft, Politiker haben keine Pension zu bekommen. – Was erzähle ich jemanden, der aus der Privatwirtschaft in die Politik gegangen ist, wenn er das Mandat einmal nicht mehr hat? Was soll er denn mit 53 oder 54 Jahren machen? Wer in der Wirtschaft, in der Privatwirtschaft nimmt


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einen abgewählten Mandatar, einen Parteisekretär oder sonst irgend jemanden aus dem politischen Leben in ein Unternehmen auf, wenn nicht aus Mitleid? Aus persönlichem Interesse wird es diese Versorgungsplätze nicht geben.

Ich glaube auch, daß es ein falscher Ansatz ist, das Alter der Pensionsberechtigung für Politiker hinaufzusetzen. Ich meine, daß der Staat mehr davon hätte, aus der Jugend, aus dem Nachwuchs Wissen zu ziehen, dafür muß aber auch an einem Rad weitergedreht werden, damit Plätze freiwerden.

Ich meine, ein Bundesrat, der 20 Jahre lang alles eingebracht hat, was er in der Lage ist zu geben, hat natürlich aufgrund seines Wissens alle Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln, aufzusteigen, wenn er das will. Es gibt einzelne Interessen auch von Parteien, die sagen: Du bleibst in diesem Gremium, du bist dort eine Führungspersönlichkeit, dich wollen wir – das sind Ausnahmen. Letztendlich glaube ich, daß ich, wenn ich in 20 Jahren noch hier herinnen sitzen würde, nicht mehr einbringen könnte als heute, wenn ich Gesetze zu kommentieren hätte. Aber die Innovation, das, was die Österreicherinnen und Österreicher von uns erwarten, ist eigentlich erschöpft. Es wäre auch schlecht, wenn es bis dahin nicht zum Wohle des Volkes umgesetzt worden wäre.

Ich meine, wir müssen auch hier ehrlich miteinander umgehen. Für ein Abschaffen der Pensionen kann ich mir eine Zustimmung nicht vorstellen, und zwar aus folgendem Grund: Wenn wir immer wieder beteuern, wir wollen Menschen aus allen Bevölkerungskreisen in der Politik, dann dürfen wir nicht zulassen, daß drei Klassen von Politikern entstehen: nämlich jene, die die Möglichkeit haben, sich karenzieren zu lassen und irgendwann auf den Arbeitsplatz zurückkommen können; jene, die es sich aufgrund des sozialen Status leisten können – es gibt auch Menschen, die sagen, ich halte mir einen Abgeordneten wie einen Rassehund –, und dann noch die dritte Klasse, die sagt: Ja, ich bringe viel Zeit in die Politik ein, ich bemühe mich, und es ist mir egal, was dann passiert, wenn ich mein Mandat mangels Erreichen eines entsprechenden Platzes nicht mehr ausüben kann. Das sind in der Regel jene, die wir heute so bedauern, hier nicht vorzufinden. Wir haben Schienen zu legen, daß jene Damen und Herren, jene Männer und Frauen, die mit ihrem Wissen an der Gesetzgebung mitwirken wollen, die Chance dazu haben, aber auch eine entsprechende soziale Absicherung haben.

Grundsätzlich – hier komme ich zu einzelnen Kritikposten – haben wir die Diskussion auch weinerlichen Mandataren zu verdanken, die der Öffentlichkeit tatsächlich zum Beispiel vorzurechnen versuchten, daß sie aus einem Dienstverhältnis mit dem Bund 50 000 S als Lehrer bezogen, dann ein Mandat im Nationalrat angenommen haben, was einen Einkommenszuwachs von rund 100 000 S bedeutet, und davon nur mehr 15 000 S, weil sie noch 800 000 S Vorsteuer eintragen können, erhalten.

Hoher Bundesrat! Für wie dumm halten wir eigentlich die Bevölkerung? – Mir kann niemand erklären, wenn er seinen Bezug verdreifacht, daß er dann die Hälfte herausbekommt von dem, was er vorher gehabt hat, noch dazu, wenn er dafür keine Arbeit zu leisten hat. Und wenn jene dann auch noch beteuern, die Zeit, die sie im Zug oder im Auto sitzen, sei abzugelten, dann muß ich sagen: Dafür fehlt mir das Verständnis.

Ich gehe davon aus, daß ein Mandat mit einem bestimmten Bezug festzusetzen ist, egal wo es ausgeübt wird – das weiß man bei Antritt desselben. Natürlich muß man unterscheiden, ob jemand nur Bundesrat oder Abgeordneter ist und sonst nichts oder – so wie ich – ein zweites Einkommen hat. Ich weiß, ich habe 80 Stunden zu arbeiten, und – das darf ich auch vermerken – 60 000 S sind für 40 Stunden eine ordentliche Entlohnung. Es zwingt mich niemand, das zu tun. Ich mache es gerne, weil ich vieles auch aus eigener Erfahrung einbringen möchte, um für Österreich zu gewährleisten, in Zukunft dort weiterzutun, wohin uns viele vor uns gebracht haben.

Ich verwehre mich aber dagegen, daß der Eindruck entsteht, wir wären Gierschläuche. Manche stellen sich als solche dar, und daher war es auch für mich nicht von vornherein klar, diesem Gesetz zuzustimmen. Ich glaube aber, daß es der verkehrte Weg wäre, hier etwas zu Fall zu


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bringen, was bereits einen ersten Ansatz bringt, nämlich das Wichtigste: die arbeitslosen Einkommen abzuschaffen.

Ich darf auch vermerken, daß es im Klub der SPÖ keine Androhung von Repressalien für den Fall eines Nichtzustimmens gegeben hat. Wir sind auch Abgeordnete mit Rückgrat und Eigenverantwortung.

Ich meine aber, daß die Chance, diesen ersten Schritt umzusetzen, eine große ist und Zustimmung verdient. Und daher bin ich meinem Klub sehr dankbar für das Versprechen, das gegeben wurde, sofort eine Arbeitsgruppe einzurichten, die Umsetzung zu begutachten, zu begleiten und, wenn nötig, auch vor einer Novellierung nicht zurückzuschrecken, um in der Öffentlichkeit glaubwürdig zu sein. Ich meine, daß es besonders wichtig sein wird, größtmögliche Transparenz zu erreichen.

Ich glaube auch, daß wir die Meinung der Öffentlichkeit treffen, wenn wir davon ausgehen, daß die Ausübung eines Mandates nicht als Verdienstentgang gelten kann. Anders wäre es nicht begründet, wenn heute auch Vorsorge dafür zu treffen ist, daß Fahrzeitabgeltung nur dann wirksam wird, wenn ein Verdienstentgang nachgewiesen wird. Was heißt das? – Wenn ich in einem Unternehmen beschäftigt bin und sage, ich muß in den Bundesrat, dann sagt man mir: Prähauser, das kannst du machen, aber dafür werden dir vier Stunden vom Gehalt abgezogen. Dann ist Verdienstentgang gegeben. – Ich kenne die Unternehmungen aber nicht, und besonders dann, wenn man halbzeit- oder dreiviertelbeschäftigt ist, sehe ich die Zeiterfordernis nicht. Und daher auch mein Groll. Bisher wollten immer jene Zeitabgeltung, die ohnehin dienstfrei gestellt waren.

Wenn ich mich für ein Referat vorbereite, wem nehme ich die Zeit? – Meinem Arbeitgeber, überhaupt keine Frage. Umgekehrt bin ich nicht ununterbrochen als Bundesrat unterwegs und gebe so meinem Arbeitgeber Zeit zurück. Insgesamt sehe ich 80 Stunden für genug an, und wenn hier jemand behauptet, im Schnitt 90 Stunden zu arbeiten, wie ich heute in der Zeitung lese, dann halte ich das für leicht überzogen. Allerdings zähle ich dazu nicht die Schlafminuten in der Eisenbahn.

Ich habe auch wirklich meine Bedenken gegen Scheinmoral. Scheinmoral nicht nur unter Politikern, sondern auch bei Journalisten. Es gab folgenden Fall: 1994 hat die SPÖ erheblich an Mandaten verloren – das ist ja bekannt; ein Jahr später konnte verdientermaßen ein Großteil davon wieder zurückgewonnen werden –, und damals wollte mir in einem Gespräch ein Zeitungsherausgeber folgendes weismachen: Jetzt nominiert ihr die Leute ohnehin nur mehr, damit sie eine Pension kriegen, damit sie versorgt werden, denn sonst dürfte ja der Mandatar neben seinem Mandat nicht noch eine Beschäftigung haben. – Ich habe daraufhin gesagt: Na ja okay, sie haben recht. Aber ich frage mich: Was soll jemand, der nicht mehr nominiert wird, tun? Darauf sagte er: Wenn er etwas gelernt hätte, könnte er in seinen Beruf zurückgehen. Meine Damen und Herren! Der, den ich meine, hat etwas gelernt, er war nämlich Journalist. – Ich habe dann gesagt: Würden sie jemand aus der Politik, der ein Mandat nicht mehr erreicht hat, in ihrem Betrieb aufnehmen? Darauf sagte er: Ja selbstverständlich! Darauf sagte ich zu ihm: Da habe ich eine gute Idee. Dann nehmen sie den. Darauf antwortete er – es hat ihn fast der Blitz getroffen –: Na ja, der widerspricht unserer Blattlinie!

Meine Damen und Herren! Das ist Scheinmoral: auf der einen Seite zu versuchen, Versorgungen abzustellen und Menschen falsch zu informieren, und auf der anderen Seite, wenn es darum geht, sein wahres Gesicht zu zeigen, den Schwanz einzuziehen; ich darf das so emotionell und gewöhnlich formulieren.

Ich meine, daß wir selbst aufgerufen sind, uns zu helfen: durch eine transparente Gestaltung unserer Bezüge, durch eine ehrliche Abrechnung! Abgeordnete müßten auch in der Lage sein, selbst zu entscheiden, ob die Eisenbahn, das Auto oder der Zug das geeignete Verkehrsmittel sind. Denn: Nicht jeder Anfahrtsweg ist gleich. Ich meine jetzt nicht vom Wohnort her gesehen. Man kann auch in 400, 500 Kilometer Entfernung einige Dinge erledigen. Es liegt im Ermessen des Betreffenden selbst, zu entscheiden. Dazu bedarf es keiner Kommission, die nachrechnet


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und prüft, ob es fünf Kilometer mehr oder weniger sind oder ob man mit dem Zug fahren oder fliegen hätte müssen.

Es gibt dafür ein hervorragendes Beispiel: Wenn ich mit dem Auto von Salzburg nach Wien fahre, kostet das dem Staat genausoviel, wie wenn ich fliegen würde, nämlich 4,70 S oder 4,30 S Kilometergeld. Den Nachteil allerdings muß man auch ehrlicherweise anführen: Eine Flugkarte zahle ich, die Kosten dafür werden mir ersetzt, und die Sache ist erledigt. Das Kilometergeld hilft mir aber, mein Auto zu erhalten. So ehrlich muß man auch sein! Das vergessen auch manche – auch das hat man in der Vergangenheit tun können –, nämlich daß man Dienstkilometer steuerlich geltend machen kann. Niemand ist gratis gefahren. Ich kenne niemanden, der das getan hat. Wenn jemand es getan hat, dann war er eigentlich nicht der Richtige, Gesetze zu beschließen.

Ich meine, meine Damen und Herren, daß eine Arbeitsgruppe, laufende Kontrolle und notwendige Novellierungen in der nächsten Etappe bei weitem die heutige Maßnahme, nämlich arbeitslose Einkommen abzuschaffen, rechtfertigen. Auch die versprochene und von uns aus mit betriebene Einkommenspyramide wird ihren Teil dazu beitragen, Transparenz in der Politik zu erreichen. Ich meine auch, daß es, wenn wir mit gutem Beispiel vorangehen, an Nachwuchspolitikerinnen und -politikern in Zukunft nicht mangeln wird.

Ich habe immer gesagt: Hinausgehen ist keine Lösung. Ich meine, man sollte zu einer Meinung stehen, so oder so. Mein Ja ist nicht mit Zähneknirschen, sondern nach Summierung der Vor- und Nachteile zustande gekommen, und ich fordere auch, die Privilegienbekämpfungspartei selbsternannter Art, die FPÖ, auf, mit uns zu gehen, und dieses Gesetz nicht zu behindern, sondern die Privilegien abzuschaffen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.24

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Weiss. – Bitte, Herr Bundesrat.

11.24

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte im folgenden die Gründe, warum ich im Einvernehmen mit den über Parteigrenzen hinweg maßgeblichen Repräsentanten meines Landes gegen dieses Gesetz stimmen werde, in fünf Bereiche gliedern und sie dann erläutern.

Das Gesetz ist überhastet zustande gekommen, nicht ausreichend durchdacht und unserer Meinung nach in einem Punkt verfassungsrechtlich bedenklich. Die notwendige Beseitigung arbeitsloser Einkommen wird mit neuen Formen von Entschädigungen verknüpft. Das ist weder notwendig noch sachgerecht! Es ist notwendig, zu regeln – dazu hat Kollege Prähauser vorhin sehr viel Bedenkenswertes und Richtiges gesagt –, aber nicht in dieser Form und nicht unter diesem Zeitdruck.

Das in die Zuständigkeiten der Länder mehrfach eingreifende Gesetz wurde über ihre Köpfe hinweg beschlossen. Ein späteres Inkrafttreten dieses Gesetzes würde keinen einzigen freiwilligen Verzicht auf arbeitsloses Einkommen verhindern. Schließlich als letztes: Ich meine, daß nicht Einsicht, sondern Uneinsichtigkeit die Diskussion zum Schaden der Politik weiter verlängern wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zum Ersten: Der überhastet zustande gekommene Gesetzesbeschluß entspricht aus mehreren Gründen nicht den Anforderungen eines gründlich durchdachten und hinsichtlich seiner Auswirkungen transparenten Gesetzes. Es gab – weil es keines geben konnte – kein Begutachtungsverfahren. Es gab aber – was die Alternative gewesen wäre – auch keine breite Diskussion der Anträge und Beschlüsse, auch keine Beiziehung von Ländervertretern zu den Ausschußsitzungen des Nationalrates, wie das sonst gehandhabt wird.

Auch die mit einem Begutachtungsverfahren verbundene Einbindung externer Fachleute erfolgt bei diesem Gesetz nicht vorher, sondern bei der Erarbeitung der Richtlinien nach vorgegebenen


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Kriterien im nachhinein. Es ist auch ein offenes Geheimnis, daß im Nationalratsausschuß die genaue Kenntnis der Entscheidungsgrundlagen einem sehr kleinen Kreis vorbehalten war.

Der Gesetzesbeschluß vermittelt keine Klarheit über die finanziellen Auswirkungen und den damit verbundenen Verwaltungsaufwand. Ich bewundere die Rechenkünste all jener, die genau wissen, wem was wieviel bringt oder wieviel nimmt. Ich kann diese Rechnungen nicht nachvollziehen, weil die Grundlage dafür dem Gesetzesbeschluß nicht zu entnehmen ist. Ich halte das für einen ganz wesentlichen Mangel eines Gesetzes.

Schließlich habe ich nach der Diskussion der letzten Tage und nach vielen Gesprächen auch Zweifel, ob im Nationalrat nach dem Wissensstand von heute dieses Gesetz so noch einmal beschlossen werden würde.

Zum Zweiten: Wenn die Mitwirkung des Bundesrates an der Bundesgesetzgebung als eigenständiges Gegengewicht zum Nationalrat – im Sinne einer nachprüfenden Qualitätskontrolle und nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Vertretung von Länderinteressen – einen Sinn haben soll, dann sollte dieser meiner Meinung nach wenigstens bei diesem exemplarischen Beispiel schlechter Gesetzgebungskultur durch Rückverweisung an den Nationalrat zum Ausdruck kommen, so wie das im Nationalrat selbst bereits mehrfach gefordert worden ist. Für die bloße Beurkundung von Gesetzesbeschlüssen des Nationalrates gibt es bereits ein Organ: den Herrn Bundespräsidenten. Wenn eine zweite Kammer Sinn haben soll, dann wohl nur den, daß nicht allzuviel Macht bei einem Organ konzentriert wird und diese zweite Kammer ein Gegengewicht zur ersten darstellt. (Beifall bei den Bundesräten der ÖVP, bei den Freiheitlichen sowie des Bundesrates Prähauser. )

Die Gesetzgebung wird in Österreich nur formal, so wie es in der Bundesverfassung steht, vom Nationalrat und Bundesrat gemeinsam vorgenommen – materiell vom Nationalrat allein.

Ich weiß schon – ich hielte es für falsch, es zu tun –, daß man an die Tätigkeit des Bundesrates nicht den Maßstab anlegen soll, zu wie vielen Gesetzesbeschlüssen er Einspruch erhoben hat. Das wäre ein nicht sachgerechter Maßstab. Auf der anderen Seite müssen wir uns aber auch kritisch mit dem Argument auseinandersetzen, ob wirklich alle dieses Haus in den letzten zehn Jahren verlassenen Gesetze so gut waren, daß wir in Wahrheit nur ein einziges Mal Anlaß für einen Einspruch gesehen haben.

Wir gehen in der parlamentarischen Praxis von der Einheit der Entscheidungsfindung zwischen Nationalrat und Bundesrat aus, und wir werden verstärkt mit der Frage konfrontiert werden, ob da nicht Einheit letztlich auch Einzahl bewirken sollte und bewirken wird. Wenn wir sehen, wie in den Landtagen teilweise darüber diskutiert wird, dann wissen wir, daß es nicht nur die Massenmedien sind, die die zweite Kammer in Frage stellen. Es gab vor kurzem im Salzburger Landtag eine Diskussion, in der von der SPÖ und von der Bürgerliste die Existenz des Bundesrates in Frage gestellt wurde – das ist in Ausschußberichten des Salzburger Landtages nachzulesen. Diskussionen darüber werden auch immer wieder durch Beiträge von Landeshauptmännern ausgelöst, die sagen, bei den finanziellen Beziehungen zwischen Bund und Ländern wollen wir die Interessen der Länder selbst wahrnehmen. Sie sagen, im Bundesrat fände keine wirksame Vertretung statt. Das ist aber etwas, was ich in Paranthese anfügen möchte, weil es mit diesem Gesetzesbeschluß nicht unmittelbar zu tun hat.

Dazu kommt, daß dieser Gesetzesbeschluß in einer reichlich überfallsartigen Weise auch für die Länder und die Gemeinden wirksam werden soll, ohne daß sie – wie schon erwähnt – im Begutachtungsverfahren oder auf andere Weise eingebunden gewesen wären.

Das Bezügereformgesetz verknüpft die notwendige und beispielsweise vom Vorarlberger Landtag seit langem geforderte und in seinem eigenen Bereich – wie auch in anderen Landtagen – durchgeführte Verbesserung der Rechtslage bei Dienstfreistellungen öffentlich Bediensteter für Mandate in gesetzgebenden Körperschaften in einer weder vertretbaren noch notwendigen Weise mit überhasteten Änderungen des Bezügegesetzes und des Parlamentsmitarbeitergesetzes, die leider auch vom Gedanken der finanziellen Kompensation des Wegfalls arbeitsloser Einkommen getragen sind.


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Ob das nun sachlich auch berechtigt ist, das ist eine Frage, die man nach der Wortmeldung des Kollegen Prähauser, die mich sehr beeindruckt hat, natürlich diskutieren muß. Aber es ist die Frage, ob hier und heute der Anlaß der richtige ist und ob das nicht in einen größeren Zusammenhang gestellt werden sollte.

Da bis Ende des Jahres nach einer Entschließung des Nationalrates ohnedies eine grundlegende Reform der Politikerbezüge in Aussicht genommen wird, halte ich es für verfehlt, wesentliche Teile ohne jede sachliche Notwendigkeit vorwegzunehmen. Die jetzt zu treffenden Maßnahmen sollten sich daher auf die Beseitigung der Möglichkeit beschränken, Einkommen im öffentlichem Bereich ohne entsprechende Arbeitsleistung beziehen zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber selbst der die Beseitigung arbeitsloser Einkommen betreffende Teil des Gesetzesbeschlusses ist nicht ausreichend durchdacht und verbesserungsbedürftig. Er bezieht sich nur auf den öffentlichen Bereich im engsten Sinne, nämlich auf die Bediensteten der Gebietskörperschaften. Es sind darin nicht erfaßt die Selbstverwaltungskörper, die Kammern, die Sozialversicherungsanstalten, die staatsnahen Betriebe wie Bundesbahn, Post, Arbeitsmarktservice, all die ausgegliederten Bereiche und dergleichen mehr.

Dazu kommt, daß diesen auch zum öffentlichen Bereich zählenden Dienstgebern – ausdrücklich im Ausschußbericht nachzulesen – eine autonome Umsetzung der von ihnen auch erwarteten Maßnahmen zugestanden wird. – Den Ländern und Gemeinden hingegen nicht! Bei ihnen wird sogar mit einer Änderung der Bundesverfassung in ihre Gesetzgebungszuständigkeit und ihre Autonomie eingegriffen. Ich halte es für nicht nur nicht sachgerecht, sondern auch bundesstaatlich außerordentlich bedenklich, daß die Dienstnehmer von Ländern und Gemeinden anders behandelt werden als jene von anderen öffentlichen Dienstgebern.

Es ist für die Länder in hohem Maße kritikwürdig, daß die Autonomie der Kammern und anderer öffentlicher Einrichtungen höher bewertet und höher geachtet wird als jene der Länder und Gemeinden selbst.

Mit der vorgesehenen Bezügekommission wird auch eine Art neue Bundesaufsicht eingeführt, wie von Ländern und Gemeinden in ihrem Zuständigkeitsbereich und mit den von ihnen selbst zu verantwortenden Mitteln eine der tatsächlichen Arbeitsleistung entsprechende Bezahlung geregelt wird, obwohl diese Regelung bereits der Rechnungshofkontrolle und der politischen Kontrolle durch die Landtage unterliegt.

Damit verbunden ist auch die Verpflichtung der Länder und Gemeinden zur Auskunftserteilung, ja sogar zur Aktenvorlage, weil dieser Bezügekommission zumindest ein Teil der Rechte eines Untersuchungsausschusses zugestanden wird. Aufgrund dieser Unterlagen wird dann die Kommission fern der Dienststelle und am grünen Tisch – auch über den Kopf der betroffenen Dienstbehörde hinweg – darüber befinden, was der Betroffene gearbeitet hat und ob er vom Dienstgeber korrekt behandelt wird.

Alle anderen Dienstgeber der öffentlichen Hand – Kammern, Sozialversicherungsträger und so weiter – sind hingegen von dieser Bundesaufsicht ausgenommen, obwohl sie dort in nicht minderem Maße angebracht wäre als bei den Ländern und Gemeinden. Der Bund fällt mit dieser Regelung von einem Extrem ins andere: von der jahrelangen von uns allen – auch von mir – mit zu verantwortenden Untätigkeit in eine zentralisierende Überreaktion.

Auch inhaltlich lassen die vorgesehenen Regelungen für eine der Dienstfreistellung entsprechende Kürzung oder Stillegung von Bezügen wichtige Fragen offen. – Wir haben im Ausschuß darüber schon kurz diskutiert. Ich möchte das hier nur kurz noch einmal aufgreifen. Das ist ja nicht allein nur aus der Sicht des Bundesdienstrechtes zu sehen, sondern sollte auch darauf Rücksicht nehmen, daß die Länder teilweise eigene dienstrechtliche Vorschriften und Besonderheiten haben.

Es ist durchaus der Fall denkbar – in Zukunft noch vermehrt, aber auch heute schon –, daß jemand eine Halbtagsbeschäftigung beispielsweise als Landesangestellter oder als Vertrags


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bediensteter ausübt; das ist in den Ländern teilweise schon stark verbreitet. In einem solchen Fall bezieht er 50 Prozent seines Bezuges, und es ist, wenn nicht ungünstige Umstände dem entgegenstehen, einem solchen Bediensteten ohne weiteres möglich, in seiner Freizeit ein Mandat etwa im Landtag – sicher nicht im Nationalrat – auszuüben.

Das Verfassungsgesetz sieht nun vor, daß für alle Einkommen aus öffentlichem Bereich, die mit einer Mandatstätigkeit verbunden sind, eine Obergrenze eingeführt wird, unabhängig davon, ob der Betreffende eine Dienstfreistellung beantragt und ihm diese gewährt wird. Das sind 75 Prozent. Über dieses Niveau hinaus kann niemand verdienen. Es heißt dann weiter im Verfassungsgesetz: Diese Grenze von 75 Prozent gilt auch dann, wenn weder die Dienstfreistellung noch die Außerdienststellung in Anspruch genommen werden – weil sie gar nicht in Anspruch genommen werden müssen.

Nun kann man darüber diskutieren, wie der Begriff "Dienstbezüge" zu verstehen ist. Man kann natürlich die Auffassung vertreten, Dienstbezug ist das, was einen bei einer Volltätigkeit aufgrund des Gesetzes zusteht, und dieser Dienstbezug wird dann ohnedies auf die Hälfte gekürzt, und das ist sozusagen der fiktive Dienstbezug. Wenn aber der Dienstbezug auf 75 Prozent gekürzt wird, ergibt sich das Problem, daß diese Kürzung wesentlich milder ausfällt, als wenn man nur 50 Prozent bekäme. Das ist sicherlich kein gewollter Lösungsansatz.

Aber auch die Alternative, wenn man den Begriff anders versteht, ist nicht befriedigend, denn wenn man davon ausgeht, Dienstbezug ist das, was jemand tatsächlich bekommt, nämlich statt 20 000 S nur die Hälfte, also 10 000 S, dann führt diese Bestimmung dazu, daß in einem solchen Fall von seinem restlichen Bezug noch einmal 25 Prozent gekürzt werden, obwohl er eine Dienstfreistellung gar nicht in Anspruch zu nehmen hatte.

Ein weiteres Problem: Dienstfreistellungen und Bezugskürzungen sind nur über Antrag vorzunehmen. Daher kann das Problem auftreten, daß bei einer unterlassenen Antragstellung – es ist ja niemand dazu verpflichtet – und bei einem stillschweigenden Einvernehmen mit dem Dienstgeber eine stärkere Kürzung als auf 75 Prozent und auch die Meldung an die Kommission unterbleiben, weil meldepflichtig ja nur Sachverhalte sind, bei denen eine tatsächliche Dienstfreistellung oder Außerdienststellung vorliegt.

Damit sind wir beim nächsten Punkt, daß die Regelung in sich nicht schlüssig ist: Die Kommission kann in solchen ihr bekannt gewordenen Fällen nicht einmal von sich aus tätig werden, weil ihre Tätigkeit an die Meldung der betroffenen Dienstnehmer gebunden ist.

Eine sowohl einfachere als auch der Autonomie der jeweiligen Dienstgeber besser berücksichtigendere Regelung als eine neue Kommission wäre nach unserer Auffassung gewesen – das haben beispielsweise auch die Grünen in einem Antrag im Nationalrat schon vor längerer Zeit vorgeschlagen –, daß die betroffenen Mandatare den bereits bestehenden Unvereinbarkeitsausschüssen des Nationalrates, des Bundesrates und der Landtage die Regelung ihrer Dienstverhältnisse und die Vereinbarkeit mit der Mandatsausübung bekanntgeben und daß darüber selbstverständlich jährlich in einer der Öffentlichkeit zugänglichen und transparenten Weise berichtet wird.

Dazu müßte lediglich der Aufgabenbereich des Ausschusses erweitert werden. Ein nicht unwichtiges Detail dieser ganzen Problematik bleibt auch nach dieser Neuregelung weiter bestehen. Es war schon bisher so, und das wird auch weiterhin so bleiben, daß jedem öffentlich Bediensteten, der sich um ein Mandat im Nationalrat bewirbt, die für die Bewerbung um das Mandat erforderliche freie Zeit zu gewähren ist. Es handelt sich dabei in der Praxis um eine 100prozentige Dienstfreistellung, die jemand in Anspruch nehmen kann, aber nicht muß. Diese Dienstfreistellung wird nach den dienstrechtlichen Vorschriften von der Einbringung des Wahlvorschlages – erst damit ist letztlich jemand rechtsgültig Kandidat – interessanterweise nicht bis zum Wahltag, sondern bis zur Kundmachung des Wahlergebnisses gewährt. Das geht offenbar von der Fiktion aus, daß man nachher noch ein bißchen erholungsbedürftig sei.

Auch diese Frage wird weiterhin für öffentliche Diskussionen sorgen. Ich bin durchaus dafür, daß der öffentliche Dienstgeber seine Mitarbeiter nicht schlechter behandelt, als es andere tun,


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aber das soll in einer sachgerechten und vergleichbaren Art und Weise geschehen. In diesem Punkt greift die vorliegende Regelung zu kurz. Daß die Änderung des Bezügegesetzes tatsächlich in einer nicht nachvollziehbaren und auch nicht nachrechenbaren Weise dem Ausgleich der Beseitigung arbeitsloser Einkommen dienen soll, ist sogar und bemerkenswerterweise im Ausschußbericht des Nationalrates selbst dokumentiert.

So wird als Begründung für den Antrag angeführt, daß aus dem arbeitslosen Einkommen bisher Aufwendungen bestritten worden seien, die unmittelbar mit dem Mandat zusammenhingen – wörtliches Zitat – (zum Beispiel Fahrten zu Sitzungen und Nächtigungen in Wien). Diese Aufwendungen sollen künftig in anderer Weise gesondert abgegolten werden. Dabei bleibt unberücksichtigt, daß diese Aufwendungen vom Finanzamt stets als Werbungskosten anerkannt wurden und insoweit auch ein sachgerechter Ausgleich für diese Mehraufwendungen da war.

Aber auch diese Regelungen, die eine ausführlichere Diskussion verdienen würden – ich bin hier ganz bei den Wortmeldungen der Kollegen Konečny und Prähauser, daß man dieses ganze Spektrum der offenen Probleme bei weitem nicht ausgeleuchtet hat und daß man in der Öffentlichkeit den Mandataren und auch dem öffentlichen Dienst in vielfach nicht ganz sachgerechter Weise kritisch gegenübersteht –, sind nicht ausreichend durchdacht und bringen neue Ungereimtheiten.

Ich beschränke mich auf ein Beispiel, es gäbe mehrere. So soll beispielsweise der Fahrzeitausgleich als Ersatz für die bisherige Entfernungszulage dann und nur dann gewährt werden, wenn unselbständig Erwerbstätige ihre berufliche Arbeitsleistung ganz oder teilweise einstellen und damit auch eine Einkommensverminderung haben oder wenn selbständig oder freiberuflich Erwerbstätige einen bezahlten Vertreter oder Betriebsführer bestellen.

Nicht berücksichtigt, obwohl meiner Meinung nach berücksichtigungswürdig, sind dabei jene Fälle, in denen beispielsweise eine Hausfrau eine Haushaltshilfe in Anspruch nehmen muß oder wenn ein Selbständiger, ein Freiberufler oder ein Landwirt, statt der Bestellung eines Vertreters oder Betriebsführers einen Rückgang seiner Geschäftstätigkeit und damit seines Einkommens in Kauf nimmt, weil er denkt, er habe durch den Mandatsbezug einen Ausgleich dafür. In diesen Fällen greift das Gesetz zu kurz, und ich meine, daß in diesem Falle auch eine Zweiklassengesellschaft von Mandataren geschaffen wird, die nicht sachgerecht ist.

In drei Bereichen verweist der Gesetzesbeschluß auf eine erst noch vom Nationalratspräsidenten zwar nach Anhörung, aber letztlich allein zu erlassende Richtlinie, nämlich hinsichtlich der Pauschalierung von Fahrtkosten, der Berechnung des Fahrzeitausgleiches und des Ersatzes der Bürokosten im Wahlkreis.

Insbesondere der Ersatz von Bürokosten inklusive – ich zitiere wörtlich – sonstiger Kosten ist dabei in einer Weise vage formuliert und inhaltlich unbestimmt, die nach unserer Auffassung angesichts des Verordnungscharakters der Richtlinien – sie begründen Rechte und Pflichten – eine verfassungsrechtlich unzulässige formalgesetzliche Delegation – volkstümlich Blankoscheck genannt – darstellt, deren Schicksal nicht dadurch besser wird, daß der Sachverhalt praktisch beim Verfassungsgerichtshof nicht einklagbar sein wird.

Die Eigenständigkeit des Bundesrates gegenüber dem Nationalrat wird scheibchenweise weiter eingeschränkt. Es ist anzuerkennen, daß vieles von dem, was in den ursprünglichen Intentionen in nahezu entwürdigender Weise für den Bundesrat enthalten war, doch wesentlich verbessert wurde, aber es bleibt eine neue haushaltsrechtlich unserer Meinung nach keineswegs notwendige Unterordnung – zum Beispiel bei der Erlassung von Richtlinien – unter den Nationalrat.

Diese Ausdünnung der in der Verfassung grundgelegten Eigenständigkeit eines jeden Organes der Bundesgesetzgebung wirft allmählich auch die Frage nach der Grenze auf, ab der solche Regelungen verfassungsrechtlich bedenklich werden.

Wenn man nun neben seiner eigenen Überzeugung und der Auffassung des hier zu vertretenden Landes auch noch die Verantwortung für die Folgen einer Entscheidung bedenkt, um auch den Ansprüchen der Verantwortungsethik gerecht zu werden, muß man natürlich auch prüfen,


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welche Nachteile mit einer Ablehnung des Gesetzesbeschlusses verbunden sein könnten. Dabei stehen die Behauptung und die verständliche Sorge im Vordergrund, daß damit die Beseitigung arbeitsloser Einkommen verzögert würde. Da es aber dem weitaus überwiegenden Teil der betroffenen Mandatare schon bisher möglich war, auf arbeitslose Einkommen zu verzichten, ist eine rasche Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen zwar sehr wünschenswert, aber keineswegs eine unerläßliche Voraussetzung für die Beseitigung unhaltbarer Zustände. Ich frage mich: Wer hat denn eigentlich noch arbeitslose Einkommen? Und aus welchen Gründen ist in diesen Fällen weder ein Verzicht noch eine Widmungsänderung möglich?

Herr Kollege Prähauser hat eine Äußerung der Parlamentsdirektion zitiert, warum der Nationalratspräsident nicht verzichten könne. Dem ist sachlich nicht viel entgegenzuhalten. (Bundesrat Prähauser: Ich habe auch gesagt, das Gesetz machen wir selbst!)

Ich sage das auch gar nicht kritisch, aber ich habe zufälligerweise am selben Tag in der Zeitung gelesen, wie Herr Kollege Schlögl das gehandhabt hat, der auch Anspruch auf einen Bezug als Bürgermeister hat, ein Amt, das er teilweise ausübt, und er hat nicht davon gesprochen, daß er nicht verzichten könne. Vermutlich könnte er auch gar nicht verzichten, aber er hat – so stand es zu lesen – die Rathausverwaltung angewiesen, diesen Bezug einem gemeindeeigenen Fonds zuzuführen.

Das ist also auch eine Lösung, wie man sich in einer sehr respektvollen Weise von dem Odiosum befreien kann, man beziehe ein arbeitsloses Einkommen. Herr Kollege Schlögl war in der Lage, das zu tun, ohne daß er dafür eines Gesetzes bedurft hätte.

Eine Verzögerung der Verabschiedung dieses Gesetzes kann also niemandem als Rechtfertigung dienen, arbeitsloses Einkommen weiterhin in Anspruch nehmen zu müssen. Eine entsprechende Erklärung und ein entsprechendes Verhalten der restlichen Betroffenen – es können gar nicht mehr viele sein – könnten dieselbe rasche Wirkung wie das Gesetz selbst erzielen und den Druck wegnehmen, auch um den zu hohen Preis unbedachter Regelungen ein sofortiges Inkrafttreten des Anlaßgesetzes beschließen zu müssen.

Damit möchte ich kurz auf eine Grundsatzfrage eingehen. Ich halte es zwar für unsere Gesellschaft in gewisser Weise als typisch, aber doch außerordentlich fragwürdig, daß selbst wir als Führungsorgane des Staates davon ausgehen müssen, bei uns selbst maßhaltendes, vernünftiges, der Bevölkerung vermittelbares Verhalten nicht durch eigene Einsicht zustande zu bringen, sondern daß man dazu einen Gesetzesbefehl brauche. Das ist eine Situation, die eine wesentliche Ursache dafür ist, daß wir über Überbürokratisierung, Gesetzesflut und Verwaltungsreform reden müssen.

Hinsichtlich der anderen Teile des Gesetzesbeschlusses, nämlich des bezügerechtlichen Teils, ist eine Verzögerung völlig belanglos, weil sie ohnedies erst zum bevorstehenden Jahreswechsel, also in einem halben Jahr, in Kraft treten werden. Bis zu diesem Zeitpunkt soll nach einer vom Nationalrat gefaßten Entschließung auch eine umfassende Reform der Politikerbezüge mit einer Einkommenspyramide vorliegen.

Die jetzt überhastet getroffenen zusätzlichen Bezügeregelungen können inhaltlich von dieser Gesamtreform wohl nicht getrennt werden und müssen daher im Herbst ohnedies neu überarbeitet werden.

Gesamthaft betrachtet bringt eine Rückverweisung an den Nationalrat in der Sache selbst also keinen einzigen wirklichen Nachteil, vermeidet aber meiner Ansicht nach weiteren Schaden an der Glaubwürdigkeit der Politik.

Ich halte es auch für eine Fehleinschätzung, wenn man davon ausgeht, daß die teilweise mit beachtlichen Emotionen geführten Diskussionen unter den Bürgern mit der Zustimmung des Bundesrates einen Schlußpunkt finden werden und daß während des Sommers schon Gras über die Sache wachsen werde. Ich glaube vielmehr, daß solche Diskussionen eher durch Einsicht als durch Uneinsichtigkeit wieder in ein ruhigeres Fahrwasser gelenkt werden können und an Sachlichkeit gewinnen. Daher sehe ich es über die Vertretung der klaren Haltung des


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eigenen Landes hinaus auch als meine ganz eigene persönliche Verantwortung an, dem vom Nationalrat mit knapper Mehrheit beschlossenen Bezügereformgesetz nicht zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.)

11.52

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Giesinger. – Bitte, Frau Bundesrätin.

11.52

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg) : Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Das Bezügereformgesetz bereitet mir große Sorge, da ich mich mitverantwortlich dafür fühle, daß es so lange möglich war, Einkommen zu beziehen, ohne dafür zu arbeiten, und das aus öffentlichen Geldern. Zwar war ich noch nicht dabei, als 1983 unter Bundeskanzler Dr. Kreisky und der SPÖ-FPÖ-Koalition mit Zustimmung aller Parteien im Parlament das Gesetz in der jetzigen Form beschlossen wurde, aber ich fühle mich mitschuldig, nicht schon seit meiner Tätigkeit im Bundesrat dafür Sorge getragen zu haben, daß das Bezügegesetz geändert wird.

Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wie erklären wir dies der Bevölkerung, daß gutbezahlte Mandatare aller Parteien ein Einkommen beziehen, ohne dafür zu arbeiten, ein Einkommen, das x-mal höher ist, als viele Menschen dieses Landes mit ihrer Hände Arbeit verdienen können? Abgesehen davon widerspricht dies auch der christlichen Soziallehre.

Kritisch möchte ich allerdings noch anmerken, daß sich hier eine Situation widerspiegelt, die auch von einem Teil der Bevölkerung praktiziert wird. Ich denke hier an den Sozialmißbrauch. Was oben geschieht, geschieht auch unten, beziehungsweise was unten geschieht, geschieht auch oben.

Ebenso fühle ich mich verpflichtet, zu erwähnen, daß es Mitglieder im Bundesrat sowie Abgeordnete im Nationalrat, in den Landtagen und in den Gemeinden gibt, die trotz Gesetz kein arbeitsloses Einkommen beziehen und dies sofort bei Ausübung ihres Mandates geregelt haben.

Ich bin auch der tiefen Überzeugung, daß die Spesenregelung im Zusammenhang mit der Bezügepyramide gesehen werden muß. Leider ist es in den letzten Jahren Brauch geworden, zuwenig ausgereifte Regierungsvorlagen zu erstellen.

Ich appelliere nochmals in diesem Zusammenhang, bei der Erstellung von Regierungsvorlagen folgendes zu beachten:

Erstens: Es sollte die Durchführbarkeit in der Praxis überprüft werden.

Zweitens: Es sollten verständliche Gesetzestexte erstellt werden.

Drittens: Es sollte eine Kostenberechnung für Länder, Gemeinden, die Wirtschaft und für die Bevölkerung angeschlossen werden.

Abschließend möchte ich meine Gründe darlegen, warum ich das Bezügereformgesetz ablehne:

a) Durch das Gesetz entsteht ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand.

b) Die Spesenregelung ist zuwenig ausgereift. Es sind noch viele Details ungeklärt, die erst in Richtlinien festgelegt werden müssen.

c) Die Regelungen gelten nicht für Mandatare, die in Selbstverwaltungskörpern, die auch öffentliche Gelder verwalten, arbeiten, gelten zum Beispiel nicht in den Sozialversicherungen, bei denen wir wissen, daß dort ein enormes Defizit ist – wir beschließen heute auch die 53. ASVG-Novelle –, in den Kammern, bei der Post, den ÖBB und so weiter.

d) In diesem Gesetz sind weder Einsparungen noch Kosten angeführt.


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e) Wie bereits erwähnt, müssen meiner Meinung nach die Bezügepyramide und die Spesenregelungen in einem Zusammenhang gesehen werden.

f) Es wird die Zuständigkeit der Länder in der Vollziehung eingeschränkt, ohne den Ländern ausreichend Gelegenheit zu Stellungnahmen gegeben zu haben. (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.)

11.56

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Bösch. – Bitte.

11.56

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Frau Vizepräsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Am Samstag, den 20. Juli 1996, habe ich im "Standard" gelesen: Der Bundesrat lehnt das Sparpaket ab. Ich war zuerst etwas beunruhigt, weil ich glaubte, eine Sitzung versäumt zu haben, wurde dann aber beruhigt, als ich weitergelesen und natürlich gesehen habe, daß es sich um den Bundesrat von Deutschland handelt, in dem sowohl Vertreter von SPD als auch von CDU/CSU regierten Ländern ein Gesetz des Bundestages wiederum verworfen haben.

Eine solche Schlagzeile, meine Damen und Herren, möchte ich einmal in einer österreichischen Zeitung lesen, damit wir das Selbstverständnis dieser Länderkammer wieder einmal unter Beweis stellen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Für Österreich scheint leider zu gelten, was heute im "Kurier" als Karikatur zu sehen war, in der es heißt, daß man in bezug auf den Bundesrat das Dornröschen wieder einmal wachküssen sollte. Diese Karikatur blickt genau in das Auge unseres hochverehrten Herrn Präsidenten, wenn Sie die Ausgabe von heute schließen, meine Damen und Herren, sie ist deshalb auch nicht zu übersehen.

Ich komme nun zu den zwei Kernpunkten dieser heutigen Debatte. Meine beiden Vorredner, Kollegin Giesinger und Kollege Weiss aus Vorarlberg, und auch meine Parteifreunde haben schon darauf hingewiesen. Es geht zum einen – das sollte uns diese Karikatur deutlich machen – um unseren Selbstwert als Bundesräte, um die Daseinsberechtigung dieser Länderkammer überhaupt. Seine Daseinsberechtigung hat der Bundesrat nicht dadurch, daß Gespräche vor der Sitzung und in den Couloirs dieses Parlaments, meine Damen und Herren von der SPÖ, stattfinden, sondern die Daseinsberechtigung des Bundesrates entscheidet sich hier herinnen im Plenum bei der Abstimmung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Deshalb ist es auch nicht zu vertreten, wenn Mitglieder des Bundesrates bei der Abstimmung den Saal verlassen. Meine Damen und Herren! Ich darf Sie daran erinnern, daß Sie dafür bezahlt werden, daß Sie hier Ihr Mandat ausüben und auch in kritischen Situationen Stellung beziehen. (Präsident Pfeifer übernimmt den Vorsitz.)

Wir sollten heute aber auch noch einen zweiten Aspekt ins Spiel bringen, nämlich den der Glaubwürdigkeit der Politik überhaupt. Beide Dinge sind in dieser Diskussion über die Bezüge in der letzten Zeit ins Gerede gekommen, und zwar zu Recht. Das vorliegende Gesetz, das die Koalitionsparteien hier ausgearbeitet haben, ist aus dieser Sicht als völlig unzureichend zu bezeichnen.

Die Vorarlberger Landesregierung – Kollege Weiss und Kollegin Giesinger haben darauf hingewiesen – hat schon in einer umfassenden Stellungnahme dieses Gesetz aus Vorarlberger Sicht verworfen.

Erinnern Sie sich an die Genese dieses Vorschlages: Als die Affäre Höchtl zum Tragen gekommen ist, hat es von seiten der Nationalratsklubs die ersten Vorschläge gegeben, die darin gegipfelt haben, daß die Gehälter der Klubobleute und der Präsidenten eigentlich erhöht, aber nicht gesenkt werden sollten, damit die Herren Frühpensionisten einen Ausgleich bekommen,


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wenn sie auf ihre Frühpension verzichten müssen. Meine Damen und Herren! Die Empörung in der Bevölkerung darüber ist berechtigt.

Viele Politiker haben sich in den letzten Jahren unmoralisch und unsolidarisch verhalten. Solidarität, meine Damen und Herren der SPÖ, ist ein Begriff, den auch Sie noch gelegentlich strapazieren. Solidarität mit dem Bürger ist in dieser Frage gefragt, und unsere Aufgabe als Politiker ist es, diese Solidarität zu leben.

Ein wesentlicher Grund, warum das, was Sie, meine Damen und Herren der Regierungsparteien, als Sparpaket verkaufen wollen, von der Bevölkerung aber als Belastungspaket empfunden wird, ist auch der, daß die Politikerkaste – ich danke für diesen Begriff, Herr Kollege Konečny – es nicht zuwege gebracht hat, mit gutem Beispiel sichtbar voranzugehen. Wir sollten nämlich nicht nur an Gehaltspyramiden denken, wir sollten auch an eine Glaubwürdigkeitspyramide denken, und zwar an eine Glaubwürdigkeitspyramide, die auch bei Thomas Klestil beginnen sollte und bis hinunter durchgängig durchgezogen werden muß! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im Rahmen dieser Glaubwürdigkeit haben wir Freiheitliche – Kollege Repar hat sich darüber lustig gemacht – jene 60 000 S-Grenze eingeführt. – Lustig findet das nur Herr Repar; die Freiheitlichen, die davon betroffen sind, habe ich darüber noch nicht lachen gehört. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Das wird schon durchgeführt.

Die Regelung, die wir heute hier beschließen sollen und die nicht unsere Zustimmung findet, meine Damen und Herren, ist eine Augenauswischerei. Sie wollen damit von der endgültigen Lösung dieses Problems, den Gehältern, der Einkommenspyramide und so weiter ablenken. Die Abschaffung von arbeitsfreien Einkommen ist nur ein Vorwand, denn wie Kollege Weiss schon deutlich gemacht hat: Niemand wurde bisher daran gehindert, für Arbeit, die er nicht leistet, kein Geld zu nehmen. Und daß die Sozialversicherungen, die Krankenkassen, Gewerkschaften, Kammern, Banken und alle diese Institutionen nicht in dieses Gesetz einfließen, ist eine Lücke, die nicht zu akzeptieren ist.

Wir haben als Freiheitliche und auch als westösterreichische Mandatare den Verdacht, daß hier überhaupt keine Neuregelung gewollt wird, daß die Verschiebung auf die sogenannte Einkommenspyramide eine unrealistische ist und nur der Verschleierung dieses Unwillens dient.

Meine Damen und Herren! Wir haben mit Beginn der letzten Landtagsperiode in Vorarlberg eine Regelung eingeführt, die dazu geführt hat, daß es im Lande Vorarlberg für Abgeordnete keine Abfertigungen und keine Pensionen mehr gibt. Wir haben das auf freiheitliche Initiative hin in der Regierungskoalition ohne Probleme diskutieren können. Alle Parteien im Vorarlberger Landtag haben zugestimmt und von niemandem, von keinem Vorarlberger Abgeordneten, ist dabei irgendein sadomasochistischer Salto verlangt worden in bezug auf jene Einzahlungen, die er früher in den Pensionsfonds geleistet hat.

Die klare Regelung bedeutet, daß neu eintretende Abgeordnete nicht mehr in den Pensionsfonds einbezahlen, keinen Beitrag bezahlen müssen und deshalb auch keine Pension bekommen, sondern diese Dinge privat regeln können. Die Abschaffung der Politikerabfertigung ist eine klare Sache gewesen, und die Erhöhung der Pensionsbeiträge jener Abgeordneten, die noch der alten Regelung unterliegen, waren eine Selbstverständlichkeit.

Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen und ich als Vorarlberger Bundesrat können deshalb heute nur an Sie appellieren: Stimmen Sie gegen dieses Gesetz! Zum einen aus föderalistischer Sicht, weil es um das Selbstverständnis, um das Selbstbewußtsein dieser Länderkammer hier heute geht, und zum anderen: Stimmen Sie gegen dieses Gesetz, weil es um die Glaubwürdigkeit der Politik in diesem Lande geht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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12.04

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Hüttmayr. Ich erteile es ihm.

12.04

Bundesrat Anton Hüttmayr (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Wir alle sind schon – wahrscheinlich jede und jeder von uns – einmal in einem Kreis gewesen, in dem wir uns über das Image der Politiker beklagt haben. Wir reden einerseits oft vom Fremdbild und andererseits wiederum vom Bild, das wir selbst haben. Ich habe während der heutigen Diskussion einige Aussprüche von uns Politikern selbst mitgeschrieben – und da relativiert sich das.

Wir haben heute etwa vom risikolosen "Privilegienritter", vom "Spesenritter", vom "nicht mehr in den Spiegel schauen können" gesprochen und davon, daß wir uns schämen. Wir haben ferner vom "Bogen der Moral" gesprochen, vom "Wachküssen aus dem Dornröschenschlaf", von der "Politikerkaste" und so weiter und so fort. Und dann hat gerade mein Vorredner von Glaubwürdigkeit gesprochen. (Bundesrat Dr. Bösch: Sie haben richtig gehört!) Herr Dr. Bösch! Das ist – und hören Sie meinen weiteren Sätzen zu –, wenn Sie das in bezug auf die "F"-Bewegung betonen, eigentlich ein Gipfel, der überschritten wurde. Sie bringen Namen ins Spiel und tun so, als ob Sie derartiges in Ihren Reihen überhaupt nicht hätten! Wer ist denn ein gewisser Herr Brauneder? (Bundesrat Waldhäusl: Universitätsprofessor!) Wer ist denn ein gewisser Herr Holger Bauer oder von wo kommt er her? Wo kommt denn ein gewisser Herr Meischberger her? Oder ... (Bundesrat Dr. Kapral: Wo hat Herr Meischberger öffentliches Einkommen?)

Ich sage Ihnen, Herr Dr. Kapral, wer ein öffentliches Einkommen hat. Da gibt es einen Abgeordneten in Oberösterreich. Sie, Herr Dr. Königshofer, haben ein Beispiel aus Tirol gebracht; ich bringe Ihnen eines aus Oberösterreich. Da gibt es einen Bürgermeister, einen Landtagsabgeordneten, einen Beamten der Bezirkshauptmannschaft, der heißt "zufällig" Haimbuchner und ist "zufällig" Mitglied der "F". Tun Sie doch nicht so, als ob Sie das nicht berührte!

Da gab es – ich kann diese Reihe fortsetzen – bis vor kurzem einen Abgeordneten, der hieß Stöger. Er saß im Hohen Hause in Oberösterreich und hat sich die Bezüge als Landesbediensteter offiziell kürzen lassen, sie aber dann still und heimlich wieder erhöht! Er ist dann ausgeschieden und hat die Differenzbeträge wieder zurückgefordert. So liegen die Dinge! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Dr. Bösch: Wie heißt der Mann?) Stöger. – Ich habe das Gefühl, daß man hier mit zweierlei Maßstäben mißt. Da gibt es hunderte Geschichten, das ist richtig. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Rockenschaub. )

So leicht, lieber Herr Kollege Rockenschaub, kann man das nicht abtun! Ich bin auch neugierig, wie das mit diesem so ominösen "Fonds" ist. Wann wird dieser denn endlich offengelegt? (Bundesrat Eisl: Er ist schon offengelegt! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wie kann es denn sein, daß in den Medien publiziert wird, ... (Bundesrat Eisl: Er ist schon offengelegt, aber die ÖVP wird nicht daran beteiligt!) Tut es weh, wenn man die Wahrheit hören muß? (Bundesrat Eisl: Die ÖVP könnte ja selbst einen solchen Fonds gründen!)

Tut es weh, Kollege Eisl, wenn man die Wahrheit hören muß? (Bundesrat Eisl: Ich höre gern die Wahrheit!) Ich habe das Gefühl, da gibt es einen Brei, und dieser wird gewürzt mit Gewürzen, die durchaus populistisch sind. Und da sind Sie sicherlich einer davon. Aber vom gemeinsam gebackenen Brot naschen Sie alle ganz, ganz kräftig mit! Ich halte dieses Agieren wirklich für nicht glaubwürdig. Ich glaube, wir sollten auch ein wenig schaumgebremster agieren. (Bundesrat Waldhäusl: Das wäre gescheit! Sie erzählen hier eine Unwahrheit nach der anderen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Die Wahrheit zur Kenntnis nehmen, Herr Waldhäusl!

Jede Geschichte hat ihre Vorgeschichte, auch jene der Politikerbezüge hat ihre Vorgeschichte. Und wir finden uns – das konnte man als gemeinsamen Tenor heraushören – dann, wenn wir uns zu einem gewissen Einkommen bekennen: ein Einkommen, das wir für unsere Leistungen bekommen, das wir dafür bekommen, daß wir für die Bürgerinnen und Bürger etwas tun, daß wir einen Zeitaufwand erbringen, daß wir eine eingeschränkte Lebensqualität auf uns nehmen. Da finden wir uns! Wir finden uns auch dann, wenn wir uns darüber verständigen, daß wir den


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berufsbedingten Aufwand – sprich: den Aufwand, den man als Politikerin, als Politiker hat – gegen Beleg abrechnen können. Da finden wir uns!

Da frage ich jetzt: Ist es legitim, wenn wir dann nur den Leuten nach dem Mund reden? (Bundesrat Eisl: Das wird ja gerade gemacht, mit diesem Gesetz bestätigt!) Ich sage es Ihnen gleich, Herr Kollege Eisl! Warten Sie noch ein bisserl, ich komme gleich dazu. Warten Sie noch, ein bisserl Geduld!

Sachlösungen sind notwendig. Man muß sich getrauen, Sachlösungen in der Öffentlichkeit durchzutragen, auch dann, wenn sie nicht von vornherein die große Zustimmung der Bevölkerung finden und wenn sie nicht unbedingt populär sind. (Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Man kann über verschiedenes nachdenken, und das, was Jürgen Weiss gerade gesagt hat, durchaus unterschreiben. Eine Betrachtungsweise ist auch jene, die zum Beispiel Kollege Prähauser aus dem "Standard" zitiert hat, wo Anton Pelinka – man kann darüber denken, wie man will – den Politiker als Masochisten bezeichnet hat.

Was ist denn an dieser Bezügereform so ungeheuerlich? Wer hat denn – jede einzelne und jeder einzelne – ein Problem damit, wenn wir in unserem Wahlkreis darüber befragt werden? Also ich habe bis jetzt noch nie ein Problem damit gehabt. (Bundesrat Dr. Bösch: Ich auch nicht!) Ich konnte das, was ich bekomme, rechtfertigen. Hat irgend jemand von Ihnen, die hier herinnen sitzen, ein Problem damit? Das ist für mich die Frage. (Bundesrat Eisl: Bei uns sicher nicht! Wir haben sicher kein Problem. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Rufe: Donabauer!) Da gibt es eine ganze Reihe von Dingen, die wir bereden können. Ich habe persönlich kein Problem damit und ich sage auch, daß diese Bezügereform in die richtige Richtung geht.

Als ich gehen lernen konnte oder mußte, hat man mir beigebracht: Man soll die erste Stufe vor der zweiten nehmen und nicht umgekehrt. (Bundesrat Dr. Prasch: Verschonen Sie uns mit diesen "Weisheiten"!) Und nun frage ich: Was ist an dieser Bezügereform so falsch, wenn das arbeitslose Einkommen abgeschafft wird? Was ist an dieser Bezügereform so falsch, wenn Fahrpauschale abgeschafft werden und die Fahrten direkt verrechnet werden müssen? Was ist daran so falsch, wenn man den Auslagenersatz beim Finanzamt nachweisen muß? Was ist daran so falsch, wenn neu Eintretende auf die Pension verzichten können? Was ist daran so falsch, wenn man den Höchstbezug von Verfassungsrichtern regelt, und was ist daran so falsch, wenn man gegen Nachweis Kosten für den Wahlkreis verrechnen kann? Da frage ich mich: Was ist wirklich so ungeheuerlich an dieser Bezügereform? Was ist dabei so falsch?

Ich denke, da ist es natürlich legitim, daß man mehr verlangen kann. Das ist legitim! Nur: Ich glaube, daß es auch legitim ist, daß man einen Schritt vor den anderen setzt. Ich bin schon davon überzeugt, daß das ein richtiger in die richtige Richtung ist. Tun wir doch nicht so, als ob das alles so an uns vorbeigehen könnte. Waschen Sie Ihre Hände nicht in Unschuld, wenn Sie sich dann doch – gerade Sie von der "F" – an dem, was zu verteilen ist, beteiligen. Tragen Sie vielmehr dazu bei, daß Sie das Wort "Glaubwürdigkeit" auch mit Taten erfüllen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.13

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Herbert Schambeck. – Bitte.

12.14

Bundesrat Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Wenn wir uns heute mit dem Bezügereformgesetz beschäftigen, so muß ich sagen, man kann aus legistischer Sicht und im Hinblick auf die politischen Umstände, die diese Gesetzwerdung begleitet haben, wahrlich nicht von einem Jahrhundertgesetz, nicht von einer legistischen Meisterleistung sprechen. Es handelt sich vielmehr um ein "Anlaßgesetz", das unter Zeitdruck zustande gekommen ist. Diesen Zeitdruck haben aber nicht wir erzeugt, meine sehr Verehrten, da sich dieser Zeitdruck aufgrund des Sparpakets, das notwendig wurde, und der öffentlichen Meinungsbildung ergab – und diese,


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Hoher Bundesrat, haben wir zur Kenntnis zu nehmen! Mit dieser haben wir uns auseinanderzusetzen, und alle Damen und Herren Vorredner haben das auch getan.

Es hat selten ein Thema gegeben, mit dem sich die parlamentarische und die außerparlamentarische Willensbildung – auch in den Massenmedien, Rundfunk, Fernsehen und Zeitungen – so parallel beschäftigt haben.

Die demokratische Republik – im Artikel 1 Bundes-Verfassungsgesetz heißt es: Österreich ist eine demokratische Republik; ihr Recht geht vom Volk aus; wie oft habe ich gesagt, wir müssen uns bemühen, daß niemals der Eindruck entsteht, es wäre am Volk ausgegangen – ist jene politische Staatsform, in der die Identität der Bevölkerung mit ihren Repräsentanten im Mittelpunkt zu stehen hat. Es ist zu bedenken, meine sehr Verehrten, gerade auch in einem Jahr, in dem wir das Millenium Österreichs feiern, daß der Staat Österreich, die österreichische Staatlichkeit in der Zeit, als wir eine Monarchie waren – als der Recht- und Machtzweck im Vordergrund stand und Ferdinand Lassalle nicht zu Unrecht im vergangenen Jahrhundert von einem Nachtwächterstaat gesprochen hat –, mit seinen damaligen Repräsentanten der Monarchie höher angesehen war als heute der soziale Rechtsstaat mit dem Rechts- und Machtzweck und Kultur- und Wohlfahrtszweck, mit seiner Mehrzweckverwendung, in der wir uns befinden.

Bedenken Sie, daß der Raum – Kollege Konečny hat das auch schon angesprochen –, in dem wir uns jetzt befinden, bis 1918 der Vorraum, der Rauchsalon des Herrenhauses war und daneben, im heutigen Nationalrat, das Herrenhaus gewesen ist. Meine sehr Verehrten, es ist doch interessant, daß man damals mehr Respekt gegenüber jenen hatte, die für den beschränkten Staatszweck gewesen sind, als heute gegenüber jenen, die sich darum bemühen, daß es einen nicht limitierten, nicht beschränkten, sondern einen mit Recht umfassenden Staatszweck geben soll.

Meine sehr Verehrten! Die Bezügereform ist heute in beachtenswerten Diskussionsbeiträgen behandelt worden. Zu vielen wird noch viel geschrieben werden und könnte man noch viel sagen. Zur Frage, ob man dieses Gesetz im Juli oder im Herbst verabschieden hätte sollen, kann ich sagen, auch ich wäre dafür gewesen, sich mehr Zeit zu lassen, allerdings war der öffentliche Druck entsprechend stark.

Dieses Thema ist ein ewiges Thema in einer demokratischen Republik, denn, meine sehr Verehrten, genauso wie sich in einer Familie das Wirtschaftsgeld nach den wirtschaftlichen Verhältnissen weiterentwickelt, wird sich auch das Bewußtsein weiterentwickeln, was einer demokratischen Republik die Politik wert ist oder nicht wert ist, wofür man bereit ist, etwas auszugeben, und wofür nicht.

Meine sehr Verehrten, ich bin überzeugt davon – und ich glaube, da sind wir über alle Fraktionsgrenzen hinweg einer Meinung –, es geht niemand in den Bundesrat, um mächtig zu werden und viel Geld zu verdienen. Das weiß man von Haus aus, meine sehr Verehrten. Ich bin im Jahr 1969 mit vollster Überzeugung in den Bundesrat gegangen, obwohl meine Partei und mein Bund mich einige Monate später, nämlich bereits im Frühjahr 1970, aufgefordert haben, in den Nationalrat überzuwechseln. Als Ersatzmann war damals Herr Dr. Robert Lichal vorgesehen. Ich habe damals meinem Parteioberen Dr. Prader gesagt: Ich denke nicht daran, in den Nationalrat zu gehen, ich will Bundesrat sein. Warum? – Erstens, weil ich dem Föderalismus dienen will, und zweitens, weil ich daneben meinen Beruf ausüben möchte. Wie Sie aus den Vorlesungsverzeichnissen der Linzer Universität ersehen können, habe ich jedes Studienjahr meine volle Lehrverpflichtung als Professor erfüllt, meine Vorlesungen gehalten und daneben auch publiziert, was in den Bibliotheken nachlesbar ist.

Aber, meine sehr Verehrten: Jede Situation ist eine andere. Bei einem Hochschullehrer, wenn er Ordinarius ist – und bevor ich ins Parlament gekommen bin, habe ich schon drei Lehrstühle gehabt, davon einen in Amerika –, so darf ich Ihnen sagen, ist eine andere Situation gegeben, als wenn jemand in der Hoheitsverwaltung in einer Hierarchie mit eingebaut ist – genauso wie die Situationen auch in der privaten Wirtschaft verschieden sind. Es kann einer einen Unter


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nehmer haben, der stolz darauf ist, daß er einen Mandatar in seinem Unternehmen hat, aber bei einem anderen ist das nicht der Fall.

Ich kannte einen leider vor mehr als 30 Jahren verstorbenen Landtagsabgeordneten in Oberösterreich, bei dessen Begräbnis ich damals war, der hat in der Nacht jene Stunden in seinem Betrieb einarbeiten müssen, die er untertags im Landtag versessen ist. Und dann habe ich seinen Chef schluchzend die Grabrede halten gehört – so etwas habe ich auch erlebt, meine sehr Verehrten. Das war vor 30 Jahren. Es wird sicherlich damals Verständnisvolle gegeben haben, und es wird auch Unverständnisvolle gegeben haben – die Situationen sind divergierend.

Meine sehr Verehrten! Je mehr der Staat und die Politik in erfreulicher Weise demokratisiert werden, desto mehr entstehen natürlich auch Verpolitisierungen.

Meine Vorredner haben treffend darauf hingewiesen: Es richtet sich der Scheinwerferkegel des Bezügereformgesetzes vor allem auf Bund, Länder und Gemeinden. Herr Bundesminister a. D. Bundesrat Jürgen Weiss hat nicht zu Unrecht darauf hingewiesen, daß in diesem Gesetz die territorialen Selbstverwaltungskörper, nämlich die Länder und die Gemeinden, anders behandelt werden als die übrigen Selbstverwaltungskörper wirtschaftlicher und sozialer Natur, als die gesetzlichen Interessenvertretungen, und wenn man von Interessenvertretungen spricht, sind auch die freien Interessenvertretungen miteingeschlossen.

Meine sehr Verehrten! Hier ist noch viel offen, und auch der Nationalrat hat das gewußt, weil er auch dieses Thema bereits behandelt hat. Es ist auch zu einer Entschließung gekommen, in der die jeweils zuständigen Mitglieder der Bundesregierung ersucht werden, in ihrem Bereich gemäß ihrer Zuständigkeit auf die Selbstverwaltungskörper und diejenigen Unternehmen, die der Rechnungshofkontrolle unterliegen, einzuwirken, daß die bundesverfassungsrechtliche Regelung, wonach Politiker in ihrem Beruf nur mehr nach tatsächlicher Leistung bezahlt werden, auch in den obgenannten Bereichen autonom umgesetzt wird. – Das heißt, dieses Thema ist nicht abgehakt, sondern es steht nach wie vor auf der Liste dessen, was zu regeln ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich meine Vorredner, die sich alle in diese Materie intensiv eingearbeitet haben – und da ließe sich noch viel hinzufügen –, höre, dann stehen wir jetzt vor dem, was man im Römischen Recht als die Compensatio lucri cum damno bezeichnet hat, nämlich die Kompensation des Gewinnes und des Verlustes.

Hoher Bundesrat! Wenn wir in einigen Minuten zur Abstimmung kommen, dann werden die einen erwarten, daß auch im Parlament möglichst schnell die Möglichkeit von arbeitslosen Einkommen beseitigt wird, das heißt, daß das Gesetz angenommen wird, die anderen aber würden es gerne sehen – weil wir in einer Zeit leben, in der man mit dem Konträren ja viel mehr Aufmerksamkeit erlebt als mit dem Integrativen –, daß man dagegen stimmt. Dann könnte man sagen, der Bundesrat hat eine Korrekturfunktion wahrgenommen – Sie wissen, ich habe mich drei Jahrzehnte dafür eingesetzt, und viele Novellierungen sind auch auf Initiativen von mir zurückgegangen –, wohl aber auch sagen, diese Kammer hat verhindert, daß die arbeitslosen Einkommen jetzt für ihre beamteten Politikerkollegen beseitigt werden.

Es ist wie beim Mühle-Fahren: Was immer in wenigen Minuten beschlossen werden wird – es wird nicht allen recht sein. Und diejenigen, die uns kommentieren, können jeden Satz aus Zusammenhängen herausreißen und nach ihrem Gutdünken dann die entsprechenden Bewertungen vornehmen: registrieren, ignorieren, aber, was sie meist tun: ironisieren!

Meine sehr Verehrten! Ich möchte Ihnen jetzt schon sagen – und ich selbst bin ein Auslaufmodell, nachdem ich diesem Haus am längsten angehöre, nämlich schon 27 Jahre, davon 21 Jahre im Präsidium des Bundesrates –: Glauben Sie mir, dieses Gesetz – wie immer es beschlossen wird und was noch alles hinzukommt; verwechseln Sie bitte nicht die Gehaltspyramide, die bevorsteht, damit, denn die wird sich nicht mit den Fragen beschäftigen, die wir heute zu beschließen haben – kann höchstens novelliert werden, aber die sogenannte Bezügepyramide wird sich mit einer anderen Frage zu beschäftigen haben. Was immer in diesem Jahr beschlossen oder nicht beschlossen wird, das Bild des Politikers wird sich nach dieser Gesetzgebung für den Parlamentarier in der Zukunft ändern, und verschiedene Leute innerhalb der


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Hoheitsverwaltung, der Privatwirtschaftsverwaltung des Staates oder der privaten Wirtschaft werden es sich überlegen, ob sie in die Politik gehen sollen.

Ich darf Ihnen versichern, daß nur der in die Politik geht, der von den Idealen seiner Jugend und von seinen Wertvorstellungen getragen ist, denn es ist ja nicht so, daß jemand hier Einkommen anhäuft. Ich habe mein ganzes Leben lang einen einzigen Bezug im öffentlichen Leben gehabt, das war der des Bundesrates, und ich habe daneben einen Bezug als ausübender Professor, wobei meine Gehaltskürzung als Ordinarius so viel ausmacht, daß der Bundesratsbezug, von dem noch ein Drittel die Partei bekommt, wahrlich kein Gewinn gewesen ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen sagen, daß mit dem vorliegenden Gesetz auch eine Reihe von Ungereimtheiten verbunden ist – ohne damit zu behaupten, es wären Verfassungswidrigkeiten gegeben, um diese Vorstellung von vornherein zu beseitigen. Ich weiß, daß alle Landtagsklubobmänner der ÖVP nach Wien zu Vorbesprechungen eingeladen wurden. Auch der Landtagsklubobmann von Vorarlberg war dreimal eingeladen, und meines Wissens war er auch zwei- oder dreimal in Wien. Er hat das alles gewußt. Ich gehöre dem Bundesparteivorstand der ÖVP an, und da waren alle Spitzenrepräsentanten der Länder dafür – soweit sie anwesend waren. Und damit wir uns gleich richtig verstehen: Ich habe – mit Ausnahme des Herrn Landesstatthalters von Vorarlberg, Dr. Sausgruber, dem ich auch von dieser Stelle aus alles Gute zu seinem 50. Geburtstag wünsche und dem ich vor allem dazu gratuliere, daß die dortige Einkommenssituation eine andere ist als unsere – bis heute von keinem einzigen Landeshauptmann oder Landtagspräsidenten ein Schreiben bekommen, in dem wir aufgefordert worden wären, gegen dieses gegenständliche Gesetz zu stimmen. – Im Gegenteil! Ich habe von verschiedenen Leute Briefe und Anrufe erhalten, in denen ich ersucht wurde, dazu beizutragen, daß das verabschiedet wird.

Meine Damen und Herren! Die heutige Diskussion ist für uns von dreifacher Bedeutung: Erstens zeigt sie die Freiheit des Mandats, zweitens die Lebendigkeit des Föderalismus und drittens die Dynamik der Demokratie! Und für all das – wie immer das Ergebnis der Abstimmung ausgehen wird – brauchen wir uns nicht zu genieren. Ich würde dem Nationalrat sehr empfehlen – sehr empfehlen! –, sich alle Diskussionbemerkungen, auch von Jürgen Weiss, auch von Ilse Giesinger und auch von denen, die keine Regierungsverantwortung in Österreich tragen, sehr genau anzusehen im Hinblick auf die weitere Rechtsentwicklung, was die Stellung des Mandatars angeht.

Der Anlaßfall war die Frage des arbeitslosen Einkommens im öffentlichen Dienst. Ich bitte Sie, sich vor Augen zu halten, daß der Mandatar natürlich einer ständigen Beurteilung unterliegt, nämlich der seines Parteivolkes, seiner Freunde in der Partei, seiner Kolleginnen und Kollegen, denn er muß sich für eine Wiederwahl überhaupt erst Verdienste erwerben in der Öffentlichkeit. Seien wir froh, daß wir eine freie Presse haben, freie Massenmedien, die sich mit uns beschäftigen – natürlich auch wir mit ihnen –, sodaß eine Kontrolle gegeben ist. Und wer in öffentlichen Diensten steht, wird jetzt noch zusätzlich überprüft.

Ich darf Ihnen sagen, ich bin als Ordinarius diesbezüglich noch nie überprüft werden; jetzt werde ich wahrscheinlich von denen, die ich als meine ehemaligen Assistenten habilitiert habe, überprüft werden, solange ich die Freude habe, hier hereinzugehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es hat sich eine Reihe von Fragen aufgetan, etwa in bezug auf unsere Fahrten. Mein Beitrag zur Verkehrssicherheit ist, daß ich nicht Auto fahre, und ich habe auch nicht die Absicht, morgen Auto fahren zu lernen, weil ich als Fußgänger meine Tage beschließen will. Wer auf die Bahn angewiesen ist – und ich erlebe sie Tag und Nacht –, der könnte viel erzählen über die Situation der Österreichischen Bundesbahnen. Ich fahre Tag und Nacht mit der Bundesbahn und muß sagen: Hut ab vor den Bundesbahnbediensteten, die selbst noch mehr als ich stöhnen über die schlechte Leistung und über das, was an Verantwortung dort ausgeübt wird.

Meine Damen und Herren! Für mich ist der Verlust der Bahnkarte ein echter Verlust. Ein echter Verlust! Aber ich zahle das, denn ich bin gerne in der Politik, um für die Mitmenschen zu arbei


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ten, und die Unterscheidung, ob man bei einem Politiker nur eine parlamentarische Tätigkeit werten kann, oder ob es nicht neben der parlamentarischen Tätigkeit noch andere politische Tätigkeiten gibt, läßt sich ja schwer treffen. (Beifall bei der ÖVP und SPÖ.)

Die Tragik des Bundesrates ist, daß dieses ganze Bezügereformgesetz endgültig beschlossen und akzentuiert wurde von Leuten, die ein Ministergehalt haben, im Hinblick auf die Bezüge eines Nationalratsabgeordneten – und der Bundesrat hat die Hälfte, und für den gilt das auch –, ohne zu bedenken, daß die Ausgaben für uns genauso sind wie für einen Minister und wie für einen Nationalratsabgeordneten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich meine – und diesen Vorwurf mache ich den Vätern oder den Müttern dieses Gesetzes –, daß man nicht in ausreichendem Maß mit allen Zuständigen vorher gesprochen hat. Ich für meine Person – und wer mich näher kennt, weiß es – gehe lieber einen Tag und eine Nacht – nur zwischen ein und fünf Uhr früh molestiere ich niemanden mit einem Anruf – mehr auf die Nerven, als daß jemand den Eindruck hat, er wird von mir übergangen.

Ich hoffe sehr, daß die Weiterentwicklung dieses Bezügegesetzes und die Vorbereitung dieser sogenannten Pyramide – diesen Ausdruck halte ich nicht für sehr günstig, weil das spricht für Über- und Unterordnung, und das ist in einer demokratischen Republik nicht günstig –, kommunikativer zustande kommt – im Einvernehmen mit den Repräsentanten auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe bisher so gelebt, wie es das Gesetz verlangt: volle Berufsausübung neben einem politischen Mandat. Wer dieses Gesetz ernstnimmt, braucht aber einen 18-Stunden-Tag. Und ich möchte sagen: Respekt vor allen Ehefrauen, Eheteilen, Ehemännern, Familien, die Verständnis für die politische Tätigkeit des anderen Eheteils haben, auch vor den Kindern. Ich würde das ein zweites Mal niemandem zumuten. Meine Frau hatte dafür Verständnis gehabt. Mein Schwiegervater war ein österreichischer Politiker, der im Amt gestorben ist, dem alle drei Fraktionen Respekt zollten. Er hat, als ich in die Familie kam, gesagt: Um Gottes willen! Zuerst hat es ihn gefreut, daß ein Wissenschafter in die Familie kommt, damit die Tochter einen Mann zu Hause hat, der ein – wie er meinte – stiller Gelehrter ist, aber als er dann gemerkt hat, daß ich die Absicht habe, ein Bundesratsmandat anzunehmen, hat er mir vor seinem Ableben im Jahre 1966 gesagt: Bitte, tu das nicht! Er hat das auch meinen Eltern gesagt.

Und ich sage Ihnen ehrlich: Ich habe heute, wo ich die Ehre habe, hier vor Ihnen zu stehen, meiner verstorbenen Frau gegenüber ein ebenso schlechtes Gewissen wie gegenüber meiner Tochter. Ich war kein guter Ehemann, ich hatte zuwenig Zeit für meine Frau, und ich hätte ein besserer Vater sein können. Ich habe im In- und Ausland mehr über die Familie geschrieben und gesprochen, als ich dies in Wirklichkeit auch leben konnte. Ich habe diesbezüglich ein schlechtes Gewissen und schlage hier mein "maxima culpa". Meine Frau hat bis zu ihrem Ableben Verständnis dafür gehabt; diese Zusammenarbeit steht auch in den Vorworten meiner Bücher.

Ob begriffen oder nicht, ob verhöhnt – die heutige Zeit, meine Damen und Herren, ignoriert Leistungen, sie verhöhnt und ironisiert Anerkennung und propagiert das angenommen Negative! Das werden wir auch morgen erleben und in den nächsten Tagen. Aber, meine Damen und Herren, es gehört zum Menschsein dazu, daß jeder sein Kreuz zu tragen hat, bewußt oder unbewußt. Und ich zitiere nicht einen Christlichdemokraten, sondern einen Sozialdemokraten, der sich diese demokratische Republik ersehnt hat, aber sie nicht mehr erlebt hat, den Sozialisten Victor Adler, der gesagt hat, nur der solle in die Politik gehen, der die Menschen liebt. Ich gebe Victor Adler recht und füge als Christlichdemokrat hinzu: Der soll in die Politik gehen, der hinter den Menschen etwas Höheres sieht. Politik ist Dienst am Nächsten, ist praktische Nächstenliebe, meine sehr Verehrten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Selbst auf die Gefahr hin, verhöhnt zu werden, habe ich in meinem Leben nie einen Menschen, der zu mir um eine Hilfe gekommen ist, gefragt, wo er politisch herkommt. Nur wenn er mit mir zusammenarbeiten wollte, habe ich gesagt: Damit Sie es wissen, ich bin der Soundso, wenn Sie


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bei mir ankommen, werden Sie schwarz. – Dieser Ausspruch ist nicht von mir, der ist vom Dr. Taus über Dr. Prader zu dessen 60. Geburtstag gesagt worden.

Wir sind Mandatare für alle, meine sehr verehrten Damen und Herren, und daher müssen wir auch überlegen, Gesetze für alle zu beschließen. Daher danke ich auch Ilse Giesinger für den Hinweis auf das klare Gesetz unter Beantwortung der Kostenfrage; auch die Europareife hat sie immer wieder verlangt. Wir müssen Gesetze beschließen, die für alle nachvollziehbar sind. Und ich sage Ihnen: Machen wir uns da nichts vor! Ich bin gestern nacht gesessen, zum x-ten Mal: Diese Bezügereformgesetz ist schwer begreiflich. Sie müssen schon ein guter Jurist sein, um das zu begreifen. Sie müssen ein ausgezeichneter Beamter oder eine ausgezeichnete Beamtin sein, um dieses Gesetz innerhalb kürzester Zeit vorzubereiten.

Meine Damen und Herren! Ich wünsche Ihnen allen den verdienten Dank für Ihre Tätigkeit, aber ich möchte sagen, diesen Dank verdient auch im besonderen die Beamtenschaft, die über Ersuchen von politischen Funktionären bereit gewesen ist, mitzuarbeiten. Ich danke der Frau Ministerialrätin Dr. Ingrid Schäffer, ich danke dem Herrn Ministerialrat Dr. Karlheinz Böhm, ich danke der Frau Dr. Anita Pleyer, ich danke hier im Haus den Herren Dr. Johannes Schnizer und Dr. Harald Wögerbauer für das, was sie versucht haben, in dieses Gesetz einzubringen. Und ich bitte jetzt schon, daß wir bei den zukünftigen Regelungen für den öffentlichen Dienst um legistische Mitarbeit ersuchen, aber ich wünsche mir auch mehr als bisher die breite Meinungsbildung innerhalb und außerhalb des Hauses, um das jenen zu verdeutlichen, die ja von den Abgeordneten Leistungen und einen bestimmten Einsatz verlangen.

Meine sehr Verehrten! Nachdem man so viel über die Verpflichtungen des Politikers gesprochen hat und über alles, was fehlt, erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang zwei Personen zu nennen, von denen der eine zum Wohle seines Vaterlandes ein aktiver Politiker gewesen ist und der andere ein nicht unbedeutender Literat. Der eine war Churchill. Er hat einen Ausspruch getan, ohne auf unser Bezügereformgesetz Bedacht nehmen zu können, da er längst verstorben ist – wobei Churchill sich den Sitz im englischen Unterhaus leisten konnte, weil er vermögend gewesen ist. Churchill hat einmal gesagt: Zu einem guten, aktiven Politiker gehört die Haut eines Nilpferdes, das Gedächtnis eines Genies, die Geduld des Bibers, das Herz des Löwen, der Magen des Vogel Strauß und der Humor einer Krähe. Diese Eigenschaften sind nichts ohne die unentbehrliche Sturheit des Maulesels, erklärte Churchill.

Wobei ich zum letzten Satz sagen möchte: Vor der Sturheit des Maulesels würde ich alle warnen, denn Sturheit gegenüber der öffentlichen Meinung findet ihre Strafe. Bezugnehmend auf den berühmten Satz von Gorbatschow: Wer zu spät kommt, den bestraft die Geschichte, darf ich Ihnen sagen – wer zu früh kommt, hat unlängst Bundespräsident Dr. Klestil gesagt –: Wer überhaupt zu einer falschen Zeit kommt, den bestraft der Wähler.

Es ist mit der heutigen Beschlußfassung noch nicht das Ende der Debatte gefunden, sondern wir werden hinaustreten müssen, um diese Bezugsregelung auch draußen zu erklären.

Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen angekündigt, auch einen Literaten zu nennen, nämlich Erich Kästner. Der hat das zum Ausdruck gebracht, was jeder gute Mandatar hier einbringt, als er vor Jahren schrieb: Wie hinter fortgewehten Hüten, so jagen wir Terminen nach, vor lauter Hast und Arbeitswüten, liegt unser Innenleben brach. Wir tragen Stoppuhren in den Westen und gurgeln abends mit Kaffee, wir hetzen von Geschäft zu Festen und denken stets im Exposé. Wir rechnen in der Arbeitspause und rauchen 15 pro Termin. Wir kommen meistens nur nach Hause, um frische Wäsche anzuzieh´n. Wir sind tagaus, tagein im Traben und sitzen kaum beim Essen still. Wir merken, daß wir Herzen haben, erst wenn die Pumpe nicht mehr will.

Meine Damen und Herren! Ob Sie dann dafür oder dagegen stimmen, den letzten Satz wünsche ich Ihnen nicht. Ich denke aber an all jene – und ich kenne viele –, die vor ihrer Zeit gegangen sind oder bis zum Schluß ihren Einsatz geleistet haben, und in einer Zeit, wo sie nicht mehr so beachtet worden sind, den Preis dafür zu zahlen hatten.


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Hier gilt mein respektvolles Gedenken dem großen Vorarlberger Nationalratsabgeordneten Dr. Wolfgang Blenk, der auch auf europäischer Ebene Großes geleistet hat und uns vor kurzem verlassen hat.

Meine sehr Verehrten! In diesem Gesetz wird der 18-Stunden-Tag vorausgesetzt. Und ich habe auch gesagt, der Politiker wird sich ändern, denn, meine Damen und Herren: Heute gibt es eben einen öffentlich Bediensteten, der da im politischen Einsatz steht, wie Herr Hofrat Dr. Hummer, der öffentlich Bediensteter ist, ausübender Hofrat der oberösterreichischen Landesregierung und Mandatar, aber wir werden in der Zukunft dann sicherlich manchmal sagen: Diese Verpflichtung werden wir nicht übernehmen können im politischen Leben, weil wir auch unserem Beruf nachgehen müssen.

Es wird also ein neues Berufsbild und eine neue Situation entstehen. Ich denke dabei etwa an den Gendarmeriebeamten Richau aus Kärnten, der ein aktiver Bundesrat ist. Jeder einzelne von Ihnen bringt hier sein Schicksal mit. Und ich sage Ihnen: Das Kennzeichen eines Gesetzes ist die generell-abstrakte Norm. Die wird man auf die unterschiedlichen Politikerschicksale nicht überall in gleicher Weise anwenden können, und es werden sich Konsequenzen ergeben. Ich bin daher Herrn Bundesrat Prähauser sehr dankbar, daß er auf ein Beispiel hingewiesen hat – wir wissen denjenigen auch unter uns –, daß jemand ein großartiger Bürgermeister und glänzender Mandatar und Vertreter des Föderalismus ist, beruflich aber in der Luft hängt.

Hierzu möchte ich Ihnen sagen, daß die finanzielle Situation des Mandatars natürlich eine unterschiedliche ist, und dies ist dabei zu bedenken.

Meine Damen und Herren! Ein Ergebnis und eine Folge dieses Gesetzes ist, daß wir selbst ab 1. Jänner nicht die Möglichkeit haben, mit der Bahn zu fahren, aber alle Regiefahrer der Bundesbahn erhalten bleiben. Ich gönne es ihnen, denn ich schätze ihre Leistung, nur sage ich Ihnen: Der Anspruch, daß auch wir die Möglichkeit haben, zu diesen Zwecken zu fahren, ist damit ein anderer geworden, und die Abgrenzung der Kosten wird für die Finanzbeamten in der Zukunft mit größten Schwierigkeiten verbunden sein.

Meine sehr Verehrten! Was die Situation der Länder anbetrifft, wissen Sie, daß ich mich seit Jahrzehnten sowohl als Staatsrechtslehrer als auch Politiker vorbehaltlos für den Föderalismus eingesetzt habe, aber es gibt Grenzen, und dafür bitte ich Sie um Verständnis. Der Bundesgesetzgeber muß natürlich im Hinblick auf die Stellung der National- und Bundesräte, die ja Bundes- und nicht Gemeinde- und Landesorgane sind, sowie auch im Hinblick auf die Homogenitätsnotwendigkeit bundeseinheitliche Vorschriften erlassen, wobei es notwendig ist, daß man vorher den entsprechenden Kontakt mit den Ländern pflegt.

Meine Damen und Herren! Ich selbst habe mich in den letzten Wochen x-mal intervenierend dafür eingesetzt, daß Bestimmungen betreffend den Bundesrat aufgenommen werden, und ich danke den Zuständigen, daß sie meine hektische Motorik – in verschiedenen Tonhöhen, ich gebe das auch zu – ertragen haben. Genauso danke ich allen, die dazu Stellungnahmen abgegeben haben, wie etwa dem Herrn Bundesminister a. D. Bundesrat Jürgen Weiss, unserem Freund. Verehrter Herr Präsident, ich danke auch Ihnen für Ihr Engagement, und ich danke für das Verständnis von Frau Vizepräsidentin Haselbach. In diesem Zusammenhang tut es mir leid, daß unser Freund Walter Strutzenberger nicht ein weiterer Konkerbant gewesen ist, denn Walter Strutzenberger hat ja große Gewerkschaftserfahrung. Dieses Gesetz ist ihm erspart geblieben, er wird es aber sicher verfolgen, meine sehr Verehrten. Und ich kann Ihnen sagen, daß es in der letzten Zeit doch gelungen ist, einige Bestimmungen für das Bundesratspräsidium aufzunehmen.

An dieser Stelle habe ich selbst gesagt, daß ich als mehrmaliger Präsident und langjähriger Vizepräsident des Bundesrates in diesem Haus oft und oft – seit 1969 – den Eindruck gehabt habe, man sei ein lästiger Untermieter, der hier herinnen gerade noch geduldet ist. Mit diesem Gesetz ist es möglich gewesen, dort, wo der Präsident des Nationalrates die Verantwortung für die Parlamentsdirektion hat – denn wer für die Parlamentsdirektion ist, muß natürlich auch die Stellung des Chefs der Parlamentsdirektion, des Nationalratspräsidenten, entsprechend re


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gistrieren, sonst müßte man diese Parlamentsdirektion ändern und manches andere auch –, einiges zu ändern. Es ist uns gelungen, in einer Reihe von Bestimmungen – darauf hat ja auch Kollege Weiss hingewiesen – den Bundesrat entsprechend zu berücksichtigen.

Meine sehr Verehrten! Dieses Gesetz ist ein Anlaßgesetz mit einem Inhalt, der sich erst in der Praxis zu bewähren haben wird. Und wir, meine Damen und Herren, werden mit allen Mitgliedern der Bundesregierung – und wir können uns freuen, daß es oberste Vollzugsorgane gibt, die, wie Herr Staatssekretär Mag. Schlögl und viele andere, hier herinnen gesessen sind und jetzt nicht alleine das, was über den Bundesrat geschrieben wird, hier einbringen, sondern ihre eigenen Erfahrungen zum Tragen bringen – dieses Gesetz nach außen zu vertreten haben, mit dem Wunsch, daß nie mehr ein solches Gesetz auf diese Weise zustande kommen möge, meine sehr Verehrten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir haben uns nun zu bemühen, daß dort, wo sich Problemstellungen ergeben – wie sogenannte arbeitslose Politikereinkommen, die es ja nicht für alle im öffentlichen Dienst gegeben hat; es gab unterschiedliche Situationen und, auch das sei gesagt, Gehaltskürzungen, die ein Aktiver nicht hat, meine sehr Verehrten –, dieses Gesetz dann eine entsprechende Anwendung, aber auch ein Erklären in der Öffentlichkeit durch uns erfährt. Daher sind die Ferien, die bevorstehen und wofür ich Ihnen allen wünsche, daß sie erholsam sein mögen, eine Zeit, die man auch dafür nutzen soll.

Es wäre – lassen Sie mich damit schließen – aber von größter Wichtigkeit für Österreich auf dem Weg in das integrierte Europa, daß wir uns bald von der politischen Nabelschau wegbewegen zu Sachthemen. Denn ich sage Ihnen: Das Sparpaket und alles, was damit zusammenhängt, können wir nur erfüllen und weiter eine gute Budgetpolitik betreiben, wenn wir nicht eine Neidgesellschaft, sondern eine Leistungsgesellschaft werden, meine sehr Verehrten, denn nur in einer Leistungsgesellschaft können wir in Europa bestehen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich für meine Person – und ich glaube, nicht allein zu sein – werde diesem Bezügereformgesetz – in manchen Bestimmungen contre coeur, aber bei anderen, bei denen es notwendig ist, mit voller Überzeugung – die Zustimmung geben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.46

Präsident Josef Pfeifer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Kapral. – Bitte.

12.46

Bundesrat Dr. Peter Kapral (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich hätte meine Ausführungen heute gerne damit begonnen, meiner Freude Ausdruck zu geben, daß wir es zustande gebracht haben, diesen Gesetzesbeschluß des Nationalrates betreffend ein Bezügegesetz doch auf einem sehr hohen Niveau abzuhandeln, wenn nicht zwischenzeitig die Wortmeldung des Herr Bundesrates Hüttmayr erfolgt wäre.

Es stört mich nicht, daß er hier freiheitliche Funktionäre und Mandatsträger angegriffen hat. Es läßt sich jeder Fall erklären, auch der Fall des Präsidenten Brauneder. Diesbezüglich brauche ich nur auf das zu verweisen, was Herr Professor Schambeck zu seiner eigenen Person gesagt hat. Das trifft 100prozentig auch auf den Fall Brauneder zu, auch wenn möglicherweise die Bezugshöhe differiert. Aber das liegt im Unterschied zwischen Nationalrat und Bundesrat. Meine Formel hierzu lautet: BR = NR/halbe.

Sehr bedauerlich erschien mir bei den Ausführungen des Herrn Bundesrates Hüttmayr das Fehlen jeglicher Perspektive, die aufzeigt, was notwendig ist. Reine Polemik, noch dazu von seiten der Regierungsparteien, ist einfach zu wenig, um sich profilieren zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Sachargumente im Zusammenhang mit diesem Gesetzesbeschluß wurden in den verschiedenen Wortmeldungen breit dargelegt. Mit Interesse habe ich den Ausführungen meines Vorredners entnommen, daß diese Materie, obwohl es sich um einen Initiativantrag im Nationalrat gehandelt hat, sehr wohl mit Unterstützung einer Reihe von Beamten zustande gekommen ist,


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was mir ein bißchen contre coeur geht, was das Selbstverständnis des politischen Agierens anbelangt. Ich war immer der Meinung, Initiativanträge entstünden im Parlament – es gibt auch im Parlament Beamte, sonst würden wir uns heute nicht mit diesem Bezügegesetz befassen. Daß aktive Beamte in den verschiedenen Bundesministerien an Initiativanträgen mitwirken, werden wir uns aber sehr gut merken. Wir werden als Opposition demnächst auch die Mithilfe der Beamten in Anspruch nehmen, denn ich glaube, daß – noch mehr als Politiker, wie dies Professor Schambeck richtig ausgeführt hat, sich dem gesamten Volk verantwortlich fühlen – Beamte für das Gesamtinteresse da sind und nicht für das Interesse einzelner Parteien oder einzelner Funktionäre. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es hat heute hier interessante Wortmeldungen gegeben, die noch andere Schwachstellen unseres demokratischen Systems aufgezeigt haben, vor allem die Gefahr – ich komme damit auf die Wortmeldung des Herrn Bundesrates Prähauser zurück und simplifiziere und vereinfache es jetzt –, daß wir bald ein Beamten- und Gewerkschafterparlament haben werden, daß es langsam unmöglich wird, daß auch andere Berufsgruppen hier vertreten sind. Diese Fragen sollten einer Diskussion zugeführt werden, aber ich gewinne immer mehr den Eindruck, daß es in Österreich leider nicht mehr möglich ist, grundsätzliche politische Fragestellungen zu diskutieren, sondern daß wir uns einfach aus der Verantwortung, aus der Diskussion stehlen, indem wir uns mit irgendwelchen fadenscheinigen Argumenten, und sei es nur der Vorwurf: Das kommt ja von der Opposition! Da können wir nicht darüber reden!, darüber hinwegzuschwindeln suchen, daß uns einfach die Potenz, die Kraft fehlt, eben diese grundsätzlichen Fragen unserer Demokratie, unserer demokratischen Rechtsordnung auch einer ordnungsgemäßen Diskussion zuzuführen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich darf auch noch ein Wort zu den Ausführungen des Herrn Bundesrates Repar sagen. Sein Interesse an der Steuererklärung des freiheitlichen Obmannes ehrt ihn. Ich darf ihn darauf verweisen, daß darüber mehrmals in der Öffentlichkeit zu lesen war, daß es diverse Veröffentlichungen gibt, daß der freiheitlichen Bundesobmann, was seine Steuererklärungen und seine Steuerleistungen anbelangt, sehr wohl gegenüber der Öffentlichkeit Rede und Antwort gestanden hat, sodaß sich Bundesrat Repar durchaus informieren kann.

Ich darf auch noch – es ist das von verschiedenen Seiten angesprochen worden – auf den Leistungsbericht, auf die Entwicklung des Treuhandkontos für den freiheitlichen Sozialfonds zu sprechen kommen. Auch hier gibt es seit einiger Zeit die erste Abrechnung – das ganze System besteht ja noch nicht allzu lang –, aus der hervorgeht, daß die Zuwendungen von medizinischen Dingen über Minderheitenschutzarbeit, die Unterstützung eines Sozialvereins bis hin zur Lebenshilfe und zur Behindertenweltmeisterschaft reichen. All das kann nachgelesen werden. Ich kann Ihnen auch gerne diese Unterlagen zur Verfügung stellen. Es handelt sich hierbei keineswegs um irgendwelche Geheim- oder sonstige Fonds. All das ist der Öffentlichkeit vorgelegt worden.

Zurückkommend zum Gesetzesbeschluß betreffend das Bezügegesetz: Leider gilt trotz ihres hohen Niveaus die heutige Diskussion einer schlechten Sache. Es ist auch bemerkenswert, daß in den Wortmeldungen der Bundesräte der Regierungsparteien Skepsis und zum Teil Ablehnung überwiegen. Ich darf auch auf das Fernsehinterview von Herrn Staatssekretär Schlögl zu sprechen kommen, der am Dienstag im "Report" erklärt hat, es sollte die Aufsichtspflicht klar geregelt sein – das heißt natürlich übersetzt, daß sie nicht klar geregelt ist –, das Gesetz ginge in die richtige Richtung. Das kann schon sein, aber es ist natürlich, wenn man die Kehrseite heranzieht, keine Lösung.

Der Herr Staatssekretär hat sich sehr stark für die deutsche Lösung ausgesprochen und sie als die sauberste bezeichnet, nämlich die völlige Dienstfreistellung des Beamten, wenn er von der exekutiven zur legislativen Seite wechselt. Das ist sicherlich richtig. Wir vermeiden aber auch die Diskussion über die Frage, wie weit hier eine unstatthafte Verquickung zwischen exekutiver und legislativer Funktion gegeben ist, und damit kommen wir noch einmal zu der Frage, wie weit überhaupt Regierungsvorlagen, die von Beamten gemacht worden sind, die diese Gesetze dann zu vollziehen haben, wirklich unserer demokratischen Rechtsordnung entsprechen.


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Das alles führt zu weit, es zeigt nur, daß wir bedauerlicherweise die Diskussion über diese Grundsatzfragen nicht wirklich führen.

Das Bezügegesetz, wie es uns heute vorliegt, stellt keine wirkliche Lösung der Probleme dar. Das ist keinesfalls nur eine Behauptung der Opposition, sondern diese Ansicht hat sich verselbständigt und wird heute von vielen unabhängigen Experten und Kommentatoren vertreten.

Die Akzeptanz für unser politisches System, für das politische Engagement, für die Art der Repräsentanz der politischen Willensbildung ist sehr wichtig, und sie wird mit solchen Schritten meiner Meinung nach gefährdet. Sie wird gefährdet durch Aktionen wie diese, die wir eben hier beraten und beschließen sollen, die fälschlich nur auf einen momentanen Scheinerfolg abzielen. Statt eine wohlüberlegte, gut durchdachte, längerfristig konzipierte Lösung anzustreben, machen wir Husch-Pfusch-Lösungen. Meiner Meinung nach muß Politik mehr sein, als kurzfristig irgendwelche überhastete Maßnahmen zu setzen, wenn wieder das Vertrauen der breiten Bevölkerung in die politische Willensbildung gefunden werden soll.

Ich darf an das erinnern, was eben hier von meinem Vorredner gesagt wurde: Machen wir nie mehr ein solches Gesetz, das so zustande kommt, wie dieses. Ich glaube, daß diese Worte doch jedem einzelnen von uns zu denken geben sollten, und ich darf hier neuerlich den Appell an die Bundesräte und Bundesrätinnen der anderen Fraktionen richten, mehr Mut zu zeigen, ihrem Gewissen zu folgen, selbständiges Handeln zu signalisieren. Ich darf an alle Bundesräte außerhalb meiner eigenen Fraktion, die Zweifel daran geäußert haben, ob es sich um einen klugen Schritt handelt, appellieren, sich klar und eindeutig gegen diesen Gesetzesbeschluß auszusprechen.

Ich darf abschließend noch sagen, daß die freiheitlichen Fraktion einen Antrag eingebracht hat, daß der Bundesrat beschließen möge, Punkt 1 des Abstimmungsvorganges einer geheimen Abstimmung zu unterziehen, und zu Punkt 2, nämlich keinen Einspruch zu erheben, eine namentliche Abstimmung durchzuführen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.58

Präsident Josef Pfeifer: Es liegt mir keine weitere Wortmeldung mehr vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? (Berichterstatter Pischl: Danke!) – Das ist auch nicht der Fall.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Bevor ich in das Abstimmungsverfahren eintrete, gebe ich bekannt, daß mir ein Verlangen der Bundesräte Dr. Schambeck, Konečny und Kollegen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung über den gegenständlichen Beschluß, also über den Antrag auf Zustimmung und den Antrag, keinen Einspruch zu erheben, vorliegt.

Weiters liegt ein Verlangen der Bundesräte Dr. Kapral und Kollegen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung über den Antrag, keinen Einspruch zu erheben, vor.

Schließlich wurde seitens der Bundesräte Dr. Kapral und Kollegen ein Antrag auf Durchführung einer geheimen Abstimmung über den Antrag auf Zustimmung eingebracht.

Da in derselben Angelegenheit eine namentliche Abstimmung verlangt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 5 der Geschäftsordnung des Bundesrates eine geheime Abstimmung unzulässig, weshalb der von den Bundesräten Dr. Kapral und Kollegen eingebrachte Antrag auf geheime Abstimmung nicht zur Abstimmung zu bringen ist.

Eine namentliche Abstimmung ist daher sowohl über den Antrag, die Zustimmung zu erteilen, als auch über den Antrag, keinen Einspruch zu erheben, durchzuführen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
616. Sitzung / Seite 64

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 9. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bezügegesetz, das Parlamentsmitarbeitergesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, die Bundesforste-Dienstordnung 1986, das Pensionsgesetz 1965 und das Bundestheaterpensionsgesetz geändert werden (Bezügereformgesetz).

Der vorliegende Beschluß enthält in dessen Artikel 1 sowie im Artikel 9 (Ziffer 9 § 115c und Ziffer 10 § 123 Abs. 20) und im Artikel 10 (Ziffer 9 § 121d und Ziffer 10 § 127 Abs. 15) Verfassungsbestimmungen, die nach Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedürfen.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest. Es sind dies weitaus mehr als die Hälfte.

Es liegt mir hiezu, wie erwähnt, ein Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung vor.

Es ist daher eine namentliche Abstimmung durchzuführen.

Die Stimmabgabe erfolgt mündlich mit "Ja" oder "Nein".

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Markowitsch und Giesinger geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten mit "Ja" oder "Nein" bekannt.)

Präsident Josef Pfeifer: Meine Damen und Herren! Ich gebe nun das Ergebnis der Abstimmung bekannt.

Mit "Ja" haben 41 Bundesräte, mit "Nein" haben 16 Bundesräte gestimmt.

Der Antrag, den zitierten Verfassungsbestimmungen im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlußerfordernisse angenommen . (Beifall des Bundesrates Konečny .)

Ausdrücklich, meine Damen und Herren, stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

*****

Mit "Ja" stimmten die Bundesräte:

Bieringer;

Drochter;

Farthofer, Fischer, Freiberger;

Gerstl, Ing. Grasberger, Gstöttner;

Hager, Haselbach, Dr. Hummer, Hüttmayr;

Jaud;


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
616. Sitzung / Seite 65

Kainz, Dr. Kaufmann, Konečny, Kraml;

Dr. Linzer, Dr. Ludwig, Lukasser;

Markowitsch, Dr. h. c. Mautner Markhof, Meier;

Payer, Ing. Penz, Perl, Pfeifer, Pirchegger, Pischl, Ing. Polleruhs, Prähauser, Pramendorfer;

Mag. Repar, Rieser, Rodek, Rösler;

Dr. DDr. h. c. Schambeck, Schaufler, Schicker;

Mag. Wilfing, Winter.

Mit "Nein" stimmten die Bundesräte:

Dr. Bösch;

Eisl;

Giesinger;

Dr. Harring;

Dr. Kapral, DDr. Königshofer;

Mag. Langer;

Moser;

Dr. Prasch;

Richau, Dr. Riess-Passer, Dr. Rockenschaub;

Dr. Temmel;

Waldhäusl, Weilharter, Weiss.

*****

Präsident Josef Pfeifer: Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Hiezu liegen Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung vor.

Es ist daher eine namentliche Abstimmung durchzuführen.

Die Stimmabgabe erfolgt mündlich mit "Ja" oder "Nein".

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Markowitsch und Giesinger geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten mit "Ja" oder "Nein" bekannt.)

Präsident Josef Pfeifer: Meine Damen und Herren! Ich gebe nun das Ergebnis der Abstimmung bekannt.

Mit "Ja" haben 41 Bundesräte, mit "Nein" haben 16 Bundesräte gestimmt.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
616. Sitzung / Seite 66

Der Antrag, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

*****

Mit "Ja" stimmten die Bundesräte:

Bieringer;

Drochter;

Farthofer, Fischer, Freiberger;

Gerstl, Ing. Grasberger, Gstöttner;

Hager, Haselbach, Dr. Hummer, Hüttmayr;

Jaud;

Kainz, Dr. Kaufmann, Konečny, Kraml;

Dr. Linzer, Dr. Ludwig, Lukasser;

Markowitsch, Dr. h. c. Mautner Markhof, Meier;

Payer, Ing. Penz, Perl, Pfeifer, Pirchegger, Pischl, Ing. Polleruhs, Prähauser, Pramendorfer;

Mag. Repar, Rieser, Rodek, Rösler;

Dr. DDr. h. c. Schambeck, Schaufler, Schicker;

Mag. Wilfing, Winter.

Mit "Nein" stimmten die Bundesräte:

Dr. Bösch;

Eisl;

Giesinger;

Dr. Harring;


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
616. Sitzung / Seite 67

DDr. Kapral, DDr. Königshofer;

Mag. Langer;

Moser;

Dr. Prasch;

Richau, Dr. Riess-Passer, Dr. Rockenschaub;

Dr. Tremmel;

Waldhäusl, Weilharter, Weiss.

*****

2. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (285/NR sowie 5213 und 5225/BR der Beilagen)

Präsident Josef Pfeifer: Wir gelangen zum 2. Punkt der Tagesordnung: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ludwig Bieringer übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Ludwig Bieringer: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Zuge seiner Beratungen über den Antrag 29/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird, hat der Geschäftsordnungsausschuß des Nationalrates am 4. Juli 1996 über Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol, Dr. Friedhelm Frischenschlager und Andreas Wabl mehrstimmig beschlossen, dem Nationalrat gemäß § 27 Abs. 1 Geschäftsordnungsgesetz einen Selbständigen Antrag vorzulegen, der eine Novelle des Bundes-Verfassungsgesetzes zum Gegenstand hat.

Zum Antrag führten die Antragsteller aus:

"Zu Z 1: Analog dem Hauptausschuß des Nationalrates soll auch dem EU-Ausschuß des Bundesrates die selbständige Erledigung von Stellungnahmen gemäß Artikel 23e B-VG anstelle des Bundesrates ermöglicht werden.

Zu Z 2: Diese Änderung folgt der Novelle zum Geschäftsordnungsgesetz."

An dieser Stelle möchte ich eine Anmerkung machen und als Berichterstatter, um keine Unklarheiten entstehen zu lassen, darauf hinweisen, daß es sich bei dieser soeben erwähnten Z 2 um eine Novelle zum Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrates handelt, über welche dem Bundesrat gemäß Artikel 42 Abs. 5 B-VG kein Mitwirkungsrecht zusteht. Dies kommt aber im folgenden Antrag ohnehin klar zum Ausdruck.

Nun aber weiter im Bericht:


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
616. Sitzung / Seite 68

Hinsichtlich seiner Z 1 stimmt dieser Gesetzesbeschluß mit dem Antrag 91/A–BR/96 der Bundesräte Bieringer, Konečny, Dr. Kapral, der dem Nationalrat gemäß Artikel 41 Abs. 1 B-VG in Verbindung mit § 21 der Geschäftsordnung des Bundesrates als Gesetzesantrag unterbreitet wurde (54 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates der XX. GP), überein.

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag soweit der Gesetzesbeschluß dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegt –, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Josef Pfeifer: Ich danke dem Berichterstatter für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Albrecht Konečny. – Bitte.

13.16

Bundesrat Albrecht Konečny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der heutigen Beschlußfassung handelt es sich um eine für den Bundesrat außerordentlich erfreuliche Weiterentwicklung, nämlich in der Richtung, daß nunmehr unstrittig ist, daß auch der EU-Ausschuß des Bundesrates die Möglichkeit hat, stellvertretend für das Plenum des Bundesrates Stellungnahmen zu EU-Vorhaben zu beschließen. Das wird die Aktionsmöglichkeit dieses Ausschusses zweifellos erhöhen und es uns besser möglich machen, in einem nicht gerade täglichen, aber direkten Kontakt mit dem Entscheidungsfluß der Europäischen Union unsere Meinung zum Ausdruck zu bringen.

Ich möchte aber in diesem Zusammenhang auch darauf verweisen, daß es bereits mit der Novelle zum Bundesverfassungsgesetz 1994 sowohl dem Nationalrat als auch dem Bundesrat gelungen ist, in einer im europäischen Vergleich beeindruckenden Art und Weise Mitwirkungsrechte im Normsetzungsverfahren auf europäischer Ebene zu erreichen.

Die österreichische Ausgestaltung dieses Mitwirkungsverfahrens ist nicht nur für andere europäische Länder ein Vorbild geworden, sondern sie zeigt auch sehr eindrucksvoll, daß durch den Beitritt zur Europäischen Union nicht notwendigerweise nationale Parlamente einen Bedeutungsverlust hinnehmen müssen.

Die sozialdemokratische Bundesratsfraktion hat damals, im Jahr 1994, darauf gedrängt, dem Bundesrat identische Rechte wie dem Nationalrat beim Mitwirkungsverfahren einzuräumen. Schließlich und endlich kommen dem Bundesrat im nationalen Rechtserzeugungsprozeß diese gleichen Rechte zu.

Schon im Vorfeld hat sich damals die SPÖ-Bundesratsfraktion auch dafür eingesetzt, daß im Bereich der Mitwirkungsrechte der Länder bei EU-Vorhaben uns, dem Bundesrat, eine zentrale Rolle zukommt. Wir waren damals leider mit unseren Vorschlägen ziemlich allein und konnten auch von den anderen Fraktionen des Hauses keine Unterstützung erfahren. Aber vor allem war es die Landeshauptmännerkonferenz, die sich strikte dagegen aussprach, die Wahrung der Mitwirkungsrechte der Länder dem Bundesrat anzuvertrauen, und die daher eine eigene Institution, nämlich die Integrationskonferenz der Länder, gestaltete.

Ohne jetzt politischen Revanchismus zu betreiben, ist klar festzustellen, daß diese der Landeshauptmännerkonferenz nachgebildete Einrichtung in der Praxis bisher völlig versagt hat und sich die Mitwirkung der Länder am europäischen Gestaltungsprozeß und dem österreichischen Part daher auch nicht in formell dafür vorgesehenen verfassungsmäßig eingerichteten Gremien abspielt, sondern in Lobbying – sei es gegenüber der Bundesregierung, sei es in Form der Bundesländerhäuser in Brüssel.

Ich halte das für keinen guten Weg, und ich sage es noch einmal: Es ist nicht politischer Revanchismus, der mich das aussprechen läßt, sondern einfach der Wunsch, daß wir hier zu einem zweiten Anlauf kommen, wenn man in kritischer Überprüfung feststellen muß, daß der


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
616. Sitzung / Seite 69

eine Weg nicht zu dem – ich gestehe das den Landeshauptleuten sofort zu – von ihnen damals gewünschten Erfolg geführt hat.

Ich kann daher für meine Fraktion nur an die Länder, die letztlich und endlich unsere politische Legitimation hier sind, die Einladung richten, bei einer hoffentlich von ihnen zu unternehmenden Neugestaltung dieser Mitwirkungsrechte den Bundesrat diesmal sehr wohl zu berücksichtigen.

Ich möchte weiters in diesem Zusammenhang feststellen, daß trotz der bisherigen Unklarheit über die Funktion des EU-Ausschusses dieser Ausschuß – ich will nicht fremde Sitten annehmen, aber Kollegen Penz ist für die Initiative, die er in diesem Ausschuß immer wieder vorgetragen hat und den er mit Leben erfüllt hat, zu danken – schon bisher eine durchaus positive Arbeit geleistet hat. Wir haben uns dort ausführlich und sehr wertvoll, wie ich glaube, mit den Leitlinien zur Regierungskonferenz auseinandergesetzt, wir haben mit den Mitgliedern der Bundesregierung den Dialog geführt und schließlich in Entschließungen Stellung genommen.

Daß diese Arbeit im übrigen auch wahrgenommen wird, beweist – manchmal ist es ganz gut, wenn man in der Welt herumfährt – eine von der Generaldirektion der Europäischen Kommission herausgegebene Zusammenfassung über den Diskussionsstand in den einzelnen nationalen Parlamenten zur Regierungskonferenz. In dem Papier, das wir bei verschiedenen Gelegenheiten, unter anderem bei einer Tagung in Rom, gesehen und bekommen haben, wird über den Nationalrat berichtet, daß er den Gemeinsamen Ausschuß eingesetzt hat und daß im Herbst 1995 eine Debatte darüber stattgefunden hat. Die Entschließung des Bundesrates vom Februar 1996 hingegen findet sich in diesem Dokument der Kommission vollinhaltlich. Ich finde, das ist doch ein Zeugnis, daß diese Arbeit nicht nur für uns selbst passiert, sondern daß wir tatsächlich in einen europäischen Diskussionsprozeß eingreifen.

Ich bin der Überzeugung, daß der Bundesrat und sein EU-Ausschuß gut beraten sind, wenn sie auch in Zukunft eigenständige Wege gehen und völlig unabhängig von der Politik, die in seiner Entscheidungshoheit der Nationalrat beziehungsweise dessen EU-Ausschuß eingeschlagen hat, spezifische Themen aufgreifen, insbesondere solche, die beispielsweise das für uns sehr bedeutsame Subsidiaritätsprinzip berühren.

Ich möchte auch darauf hinweisen, daß eine Stärkung und Ausübung dieser Mitwirkungsrechte des Bundesrates und natürlich der Mitwirkungsrechte anderer nationaler Parlamente gleichzeitig mit einer Stärkung der Rechte des Europäischen Parlaments ein wichtiger Schritt sind, um die Europäische Union gerade auf der Basis parlamentarischer Demokratie weiterzuentwickeln und nicht nur auf der Basis von Regierungsübereinkünften.

Lassen Sie mich am Schluß noch eine Bemerkung machen: Wir sollten im Zusammenhang mit dieser Beschlußfassung, die wir heute vornehmen, nicht vergessen, daß das ein Off-spin einer Geschäftsordnungsreform im Nationalrat ist. Ich glaube, daß wir diesen Impuls zum Anlaß nehmen sollten, die Geschäftsordnung des Bundesrates in einer vergleichbaren Richtung attraktiver und moderner und, wie wir erlebt haben, in der einen oder anderen Frage vielleicht auch klarer zu formulieren.

Namens der sozialdemokratischen Fraktion kündige ich Initiativen in dieser Richtung an und lade gleichzeitig die anderen Fraktionen ein, nicht nur unsere Vorschläge kritisch zu beurteilen, sondern auch mit eigenen Vorschlägen in einen solchen Diskussionsprozeß einzugreifen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.24

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Penz. Ich erteile dieses.

13.24

Bundesrat Ing. Johann Penz (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Vorbereitung der Regierungskonferenz 1996 stand unter dem Prätext der Versöhnung zwischen Europäischer Union und den Bürgern. Das ist auch verständlich, denn wird der europäische Integrationsprozeß ernstgenommen, bedeutet das natür


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616. Sitzung / Seite 70

lich, daß nationale Rechte an eine supranationale Organisation abgegeben werden. Das bedeutet, daß der Parlamentarismus auf nationaler Ebene Veränderungen erfährt, teilweise auch ausgehöhlt wird.

Es ist nunmal ein Faktum, daß auch die nationalen Parlamente die Vorgaben der Europäischen Union zu übernehmen haben. Nimmt man die Europäische Integration auch ernst, so muß man zur Kenntnis nehmen, daß sich die Europäische Union eine Reihe von Maßnahmen, eine Reihe von Bereichen arrogiert. Daher bin ich sehr dankbar, daß auch Herr Bundesrat Konečny gesagt hat, daß wir dem Subsidiaritätsgedanken in besonderer Weise Rechnung tragen wollen. Unsere Aufgabe besteht auch darin, genau zu prüfen, welche Bereiche sich die Europäische Union zuordnen wird und welche im nationalen Recht bleiben. Das heißt, wir können das wesentlich mitbeeinflussen, es hängt sehr wesentlich von unseren Mitwirkungsrechten ab.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte im großen und ganzen meinem Vorredner, Bundesrat Konečny, recht geben und ihm auch für das danken, was er hier gesagt hat. Es geht heute, glaube ich, nicht darum, festzustellen, wer als Erster da war und wer mit dem einen oder anderen Vorschlag recht behalten hat. Ich glaube, wir sollten heute feststellen, daß wir Mitwirkungsrechte in Österreich haben, die international hervorragend sind – ich kenne kein europäisches Parlament, das so weitreichende Mitwirkungsrechte hat, wie es das in Österreich hat –, und daß diese Mitwirkungsrechte in einer gemeinsamen Anstrengung auch aller drei hier im Bundesrat vertretenen Parteien beschlossen wurden und von allen diesen drei Parteien auch getragen werden.

Wir haben eine Reihe von Rechten, meine sehr geehrten Damen und Herren, aufgrund des Artikels 23e der Bundesverfassung, nämlich daß uns die Bundesregierung oder das jeweilige Mitglied der Bundesregierung unverzüglich über alle Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union zu unterrichten hat und uns die Möglichkeit geben muß, dazu auch eine Stellungnahme abzugeben. Dieses Informationsrecht vom Bundesrat umfaßt neben der Europäischen Gemeinschaft, nämlich der ersten Säule, auch die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die zweite Säule, genauso wie die Bereiche Justiz und Inneres, also die dritte Säule.

Die Frage, die wir sehr oft diskutieren und die vielleicht am Beginn unserer Arbeit nicht ganz klar war, war, was denn Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union sind und was denn die Rechtzeitigkeit der Übermittlung ist. Wir sind immer davon ausgegangen, daß wir über alle Vorhaben zu informieren sind und daß die Rechtzeitigkeit auch dann gegeben ist, wenn im Bereich der ersten Säule das Parlament befaßt wird, also sobald ein formeller Vorschlag der Kommission an den Rat vorliegt, und daran wird sich auch nichts ändern.

Ich möchte aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch zwei Dinge anschneiden, die mir auch aufgrund der heutigen Beschlußfassung notwendig erscheinen. Wir haben nunmehr Gott sei Dank die Möglichkeit, selbständig zu erledigen, und das ist richtig so. Denn es gibt im gesamten EU-Verfahren eine Reihe von Erledigungsmöglichkeiten zwischen Kommission, Rat und Parlament. Das heißt, es gibt eine Vielzahl von Verfahren, in denen auch inhaltliche Veränderungen vorgenommen werden können oder vorgenommen werden müssen. Der Bundesrat hatte bisher nur die Möglichkeit, im Plenum endzuerledigen. Der EU-Ausschuß hatte nur der Vorberatung gedient. Nunmehr besteht also auch die Möglichkeit, daß wir im Ausschuß eine selbständige Erledigung machen können, und das ist ein wesentlicher Fortschritt.

Aber ich darf auch in Anregung der Wortmeldung von Herrn Bundesrat Konečny sagen, daß ich eine Veränderung und eine Weiterentwicklung der Geschäftsordnung für unbedingt notwendig halte. Ich möchte heute keine konkreten Vorgaben geben. Aber ich glaube, wir sollten gemeinsam – nämlich in allen drei Fraktionen – darüber nachdenken, wie groß denn der EU-Ausschuß auch in Hinkunft sein soll. Ist es tatsächlich erforderlich und tatsächlich gut, wenn wir enderledigen, daß 21 Mitglieder dem EU-Ausschuß angehören beziehungsweise es einen 16er-Ausschuß gibt, das heißt, daß ein Viertel des gesamten Bundesrates diesem Ausschuß angehört?

Zweiter Punkt: Wir sollten uns auch im Rahmen einer Geschäftsordnungsreform überlegen, wie wir eine Erledigung machen können. Gibt es die Möglichkeit der Stellungnahme, der Ent


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schließung? Gibt es auch für uns die Möglichkeit, daß wir das anderen Ausschüssen zur Beratung zuordnen? Und gibt es für uns auch die Möglichkeit, Herr Bundesrat Konečny, daß wir nicht die Integrationskonferenz der Länder befassen, sondern daß wir auch die Länder um Stellungnahmen bitten? – Ich halte das für sehr wesentlich. Inwieweit können wir im Ausschuß auch nur Dinge zur Information bringen, die nicht weiter behandelt oder weiter diskutiert werden müssen? – Das ergibt natürlich auch die Frage der Termingestaltung. Wann treten wir zusammen? Wie oft werden wir zusammentreten? – Jedenfalls ist es eine neue Ermächtigung, die uns eine neue Dynamik verleiht, und ich bin überzeugt davon, wir werden das auch im Interesse unseres Landes aufnehmen.

Ich möchte aber noch etwas anschneiden, was wir bisher nicht gelöst haben. Wir müssen offen und ehrlich sagen, daß wir lernen wollen und lernen müssen. Wir hatten bisher eine Informationsflut, es kommen pro Jahr in etwa 20 000 oder 25 000 Geschäftsstücke mit einer Seitenanzahl in der Höhe von etwa 100 000. Es stellt sich daher die Frage: Wie können wir selektionieren, und wie können wir auch ganz gezielt auf Vorlagen oder auf Vorhaben der Europäischen Union zurückgreifen, die die Länder betreffen, bei denen in erster Linie wir aufgefordert sind, zu beraten? (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Ich bitte das Präsidium des Bundesrates noch einmal, gemeinsam mit der Parlamentsdirektion hinsichtlich der EDV-Gestaltung – auch der Software – zu überlegen, ob es nicht Kennzeichnungen gäbe, die das vereinfachen würden. Das würde auch bedeuten, daß wir mit der Verbindungsstelle der Bundesländer in Verbindung treten, um ein einheitliches EDV-System zu haben.

Ich möchte mich jedenfalls abschließend sehr herzlich bedanken, aber nicht nur bei den Damen und Herren, die bezüglich der Geschäftsordnung schon einiges geleistet haben. Es hat eine Reformgruppe gegeben, auch von allen drei Fraktionen hier im Hause, auf beamteter Ebene, in der Dr. Zögernitz Gott sei Dank sehr vieles eingebracht hat. Aber durch die Neuwahl im vergangenen Jahr hat diese Arbeitsgruppe auch ihre Arbeit eingestellt.

Ich bin auch überzeugt davon, daß wir auf politischer Ebene – alle drei Fraktionen – diese enorme Herausforderung, die sich durch die Europäische Union stellt, annehmen und daß wir neben der Schaffung der Infrastruktur auch die notwendigen politischen Akzente im Interesse der österreichischen Bevölkerung setzen. – In diesem Sinne stimmen wir natürlich gerne dieser heutigen Vorlage zu. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.34

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Kapral. – Bitte.

13.34

Bundesrat Dr. Peter Kapral (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich glaube, ich sage nichts, was nicht schon bekannt ist, wenn ich sage, daß ich diesem Gesetzesbeschluß mit etwas "widerspältigen" Gefühlen gegenübertrete. Erfreulich ist der Hinweis des Berichterstatters, daß ein Zustimmungsrecht des Bundesrates nur für jene Teile erforderlich ist, die eben dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegen, also jedenfalls nicht der Änderung der Geschäftsordnung des Nationalrates.

Ich konnte das letzte Mal schon ausführen, daß ich mich in keinem Fall damit anfreunden kann, wenn Oppositionsrechte eingeschränkt werden. Das ist bedauerlicherweise mit der Änderung der Geschäftsordnung des Nationalrates der Fall. Wenn Herr Bundesrat Konečny heute hier gesagt hat, daß wir auch die Geschäftsordnung des Bundesrates reformieren müssen, so bekenne ich mich grundsätzlich auch zu dieser Überlegung, sie ist verbesserungsbedürftig, sie bedarf Klarstellungen, sie bedarf Anpassungen an die heutigen Erfordernisse, aber ich werde mich sicherlich mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen wehren, daß im Bundesrat ähnliches getan wird, um die Oppositionsrechte einzuschränken, wie dies im Nationalrat der Fall war.


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Bedauerlich ist natürlich auch, daß es der Nationalrat nicht nur zu einer Vermischung von zwei ganz unterschiedlichen Materien gemacht und damit an sich die Zustimmung der Freiheitlichen Partei zu einer vernünftigen und richtigen Initiative – das geht aus der Tatsache des Dreiparteienantrages hier im Bundesrat hervor – nicht ermöglicht hat, sondern daß er eigentlich auch völlig negiert, daß es sich um einen Dreiparteienantrag handelt, einem Dreiparteienantrag des Bundesrates, und so tut, als ob das eine eigene Initiative im Ausschuß des Nationalrates gewesen wäre. – Ich hoffe sehr, daß diese Klarstellung, wie sie im Bericht des Ausschusses erfolgt, auch entsprechende Beachtung findet.

Daß der Nationalrat einfach nicht imstande ist, die Existenz einer zweiten Kammer anzuerkennen und davon auszugehen, ist – finde ich – außerordentlich bedauerlich! Ich freue mich, daß es möglich sein wird, auch in Zukunft einige Wünsche des Bundesrates, die der Zustimmung des Nationalrates bedürfen, unter Hinweis auf die jetzt erfolgte Zustimmung zur Enderledigung von EU-Beschlüssen durch den Ausschuß, möglicherweise mit einer etwas rascheren Umsetzungsgeschwindigkeit zu realisieren, daß sozusagen dieses Vorbild, dieser Präzedenzfall dazu dient, dem Nationalrat klarzumachen, daß es auch noch andere Anliegen des Bundesrates gibt. (Vizepräsident Dr. Schambeck übernimmt den Vorsitz.)

Die Mitwirkung des Bundesrates in EU-Angelegenheiten – das haben meine beiden Vorredner schon ausgeführt – ist außerordentlich wichtig. Ich kann noch ergänzend zu dem, was schon gesagt wurde, auf die jüngste Stellungnahme des Instituts für Föderalismusforschung verweisen, in der auf eine Aushöhlung des Länderbeteiligungsverfahrens in EU-Angelegenheiten hingewiesen wird. Das ist eine Konsequenz der von Bundesrat Konečny aufgezeigten Tatsache, daß nicht der Bundesrat das Sagen hat, sondern ein Gremium, das außerhalb der institutionellen Organisation steht und dem es anscheinend nicht gelingt, sich so zu profilieren, daß es die Länderinteressen im EU-Verfahren tatsächlich vertreten kann.

Wir müssen aber auch an uns selbst den Appell richten, die Möglichkeiten, die uns jetzt gegeben sind, zu nutzen und davon Gebrauch zu machen und uns im Interesse der Wahrnehmung der Länderrechte – auch gegenüber der Beschlußfassung und der Tätigkeit im Nationalrat, im Hauptausschuß des Nationalrates – in Hinkunft noch intensiver mit den EU-Materien – aus der Sicht der Länder – zu befassen. Ich hoffe sehr, und ich bin überzeugt davon, daß in der Person des Vorsitzenden des EU-Ausschusses, des Herrn Bundesrates Penz, die Gewähr gegeben ist, daß dies auch tatsächlich der Fall ist. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.41

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist nicht gegeben.

Wir gelangen daher zur Abstimmung .

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates, soweit dieser dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegt, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

3. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (53. Novelle zum ASVG), das Bundesgesetz BGBl. Nr. 110/1993, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Sonderunterstützungsgesetz, das Ar


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beits- und Sozialgerichtsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeiterkammergesetz 1992, das Einkommensteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Heeresversorgungsgesetz und das Bundeshaushalts-gesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 1996 – SRÄG 1996) (214 und 286/NR sowie 5214 und 5226/BR der Beilagen)

4. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (21. Novelle zum GSVG) (215 und 287/NR sowie 5215 und 5227/BR der Beilagen)

5. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz (20. Novelle zum BSVG) und das Betriebshilfegesetz (9. Novelle zum BHG) geändert werden (216 und 288/NR sowie 5216 und 5228/BR der Beilagen)

6. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird (24. Novelle zum B-KUVG) (217 und 289/NR sowie 5229/BR der Beilagen)

7. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger geändert wird (9. Novelle zum Freiberuflichen Sozialversicherungsgesetz – FSVG) (218 und 290/NR sowie 5230/BR der Beilagen)

8. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (8. Novelle zum NVG 1972) (219 und 291/NR sowie 5231/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wir gelangen nun zu den Punkten 3 bis 8 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird. Es sind dies

ein Sozialrechts-Änderungsgesetz 1996,

die 21. Novelle zum GSVG,

ein Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz (20. Novelle zum BSVG) und das Betriebshilfegesetz (9. Novelle zum BHG) geändert werden,

die 24. Novelle zum B-KUVG,

die 9. Novelle zum Freiberuflichen Sozialversicherungsgesetz – FSVG und

die 8. Novelle zum NVG 1972.

Die Berichterstattung über die Punkte 3 bis 8 hat Herr Bundesrat Ernst Schmid übernommen. Ich ersuche ihn höflich um die Berichterstattung.


Bundesrat
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616. Sitzung / Seite 74

Berichterstatter Ernst Schmid:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Sozialausschusses zum Punkt 3 der Tagesordnung.

Die im gegenständlichen Beschluß enthaltene 53. ASVG-Novelle enthält zur finanziellen Absicherung der Krankenversicherung folgende Maßnahmen:

Erhöhung der Rezeptgebühr um 7 S;

Einführung einer Krankenscheingebühr;

Erhöhung des Beitragssatzes für Pensionisten in der Krankenversicherung um 0,25 Prozentpunkte;

Ersatz der Aufwendungen für das Wochengeld zu 70 Prozent aus Mitteln des Familienlastenausgleichsfonds;

Verlängerung der Dauer des Krankengeldanspruches von Gesetzes wegen auf 52 Wochen;

Ausschluß der Notare, Notariatsanwärter und Bezieher einer Pension nach dem NVG 1972 von der Angehörigeneigenschaft;

Beschränkung der Kostenerstattung für Wahlarzthilfe auf 80 Prozent des Betrages, der bei Inanspruchnahme eines Vertragsarztes vom Versicherungsträger aufzuwenden gewesen wäre;

Umwandlung der satzungsmäßigen Pflichtleistung der Fahrt- und Reisekostenzuschüsse in eine freiwillige Leistung.

Weiters enthält der Beschluß folgende, großteils der Rechtsbereinigung, der Verbesserung der Praxis beziehungsweise der Anpassung an die Rechtsentwicklung außerhalb des Sozialversicherungsrechts dienende Neuformulierungen:

Vollversicherung für ehemalige Militärpersonen auf Zeit während ihrer Berufsförderung;

Teilversicherung in der Unfallversicherung für fachkundige und fachmännische Laienrichter sowie für Schöffen und Geschworene;

Selbstversicherung in der Unfallversicherung für Notärzte;

Beseitigung der Bestimmung über die Ermächtigung zum Abschluß von Vereinbarungen über abweichende Beitragszeiträume;

Ermächtigung des Satzungsgebers zur Festlegung von längeren Beitragszeiträumen;

Bindung des Verzugszinsensatzes an den Nominalzinssatz für Bundesanleihen zuzüglich 3 Prozentpunkten;

Definition des Erwerbseinkommens;

Erweiterung der Angehörigeneigenschaft in der Krankenversicherung in den Fällen der sogenannten Verwandtenpflege;

Anpassung betreffend das Hauptwohnsitzgesetz;

Ausweitung des Unfallversicherungsschutzes zugunsten der Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren und anderer altruistisch tätiger Organisationen;

Nichtanrechnung von Unterhaltsleistungen auf den wiederaufgelebten Witwen(Witwer)pensionsanspruch in den Sonderzahlungsmonaten;

Abstellen auf den "gewöhnlichen Aufenthalt" im Inland bei der Zuerkennung von Ausgleichszulagen;


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616. Sitzung / Seite 75

Aufhebung des § 293 Abs. 5 ASVG über den fiktiven Richtsatz;

Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für das rückwirkende Inkrafttreten von Satzungsänderungen;

Erweiterung der Berufskrankheitenliste.

Ein von den Bundesräten Mag. Langer und Genossen eingebrachter Antrag, gegen den Beschluß des Nationalrates Einspruch zu erheben, fand nicht die Zustimmung der Ausschußmehrheit.

Der Sozialausschuß beschließt mit Stimmenmehrheit folgende von den Bundesräten Kainz, Schaufler und Genossen eingebrachte Ausschußfeststellung;

"Der Ausschuß hält fest, daß durch die Änderungen der 53. ASVG-Novelle (§§ 131 Abs. 3, 135 Abs. 4 und 5, 154a Abs. 2 und 302 Abs. 1) nur die satzungsmäßige Pflichtleistung des Ersatzes der Reise- und Fahrtkosten in eine freiwillige Leistung umgewandelt werden soll. Die im § 135 Abs. 5 ASVG geregelten Krankentransportkosten bleiben als Pflichtaufgabe der sozialen Krankenversicherung weiterbestehen, das heißt, daß auch künftig die Satzungen der KV-Träger Regelungen über die Gewährung von Krankentransporten vorzusehen haben."

Der Sozialausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (21. Novelle zum GSVG).

Der gegenständliche Beschluß enthält zur finanziellen Absicherung der Krankenversicherung folgende Maßnahmen:

Erhöhung der Rezeptgebühren um 7 S;

Erhöhung des Beitragssatzes für Pensionisten in der Krankenversicherung um 0,25 Prozentpunkte;

Umwandlung der satzungsmäßigen Pflichtleistung der Reise- und Fahrtkostenzuschüsse in eine freiwillige Leistung;

Ausschluß der Notare, Notariatsanwärter und Bezieher einer Pension nach dem NVG 1972 von der Angehörigeneigenschaft.

Der vorliegende Beschluß enthält auch zahlreiche Änderungen, welche der Rechtsbereinigung, der Verbesserung der Praxis beziehungsweise der Anpassung an die Rechtsentwicklungen außerhalb des Sozialversicherungsrechtes dienen sollen.

Schließlich sieht dieser Beschluß auch eine Reihe weiterer Änderungen vor, von denen folgende hervorzuheben sind:

Neuregelung der Ausnahme von der Pflichtversicherung bei Ruhen der Gewerbeberechtigung;

Ermöglichung der Feststellung der GSVG-Pflichtversicherung bei bloß kurzfristigem Nichtbestehen des Krankenversicherungsschutzes nach dem ASVG;

Schaffung einer Lagerungsbestimmung für das Zusammentreffen von Kindererziehungszeiten mit anderen Ersatzzeiten;

Wiederaufleben der Familienversicherung in der Krankenversicherung bei bloß kurzfristigen Unterbrechungen;


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616. Sitzung / Seite 76

Ermöglichung der Übermittlung von Daten des Gewerberegisters an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft;

Schaffung einer Satzungsermächtigung zur Festsetzung einer Einkommensgrenze, bei deren Überschreitung anstelle der Sachleistungen Geldleistungen gebühren;

Angleichung an die Trennung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes bezüglich der Regelung über die Zeiten der Kindererziehung vor dem 1. Jänner 1956 und danach;

Zusammenzählung der Bemessungsgrundlagen für Kindererziehungszeiten und Versicherungszeiten, die die Witwe durch die Fortführung des Betriebes erworben hat.

Der Sozialausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Ich berichte nun über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz (20. Novelle zum BSVG) und das Betriebshilfegesetz (9. Novelle zum BHG) geändert werden.

Der gegenständliche Beschluß zum BSVG enthält zur finanziellen Absicherung der Krankenversicherung folgende Maßnahmen:

Erhöhung der Rezeptgebühren um 7 S;

Erhöhung des Beitragssatzes für Pensionisten in der Krankenversicherung um 0,25 Prozentpunkte;

Umwandlung der satzungsmäßigen Pflichtleistung der Reise- und Fahrtkostenzuschüsse in eine freiwillige Leistung;

Ausschluß der Notare, Notariatsanwärter und Bezieher einer Pension nach dem NVG 1972 von der Angehörigeneigenschaft.

Der gegenständliche Beschluß zum Betriebshilfegesetz sieht einen Ersatz der Aufwendungen für das Wochengeld zu 70 v. H. (bisher 50 v. H.) aus Mitteln des Familienlastenausgleichsfonds vor.

Dieser Beschluß zum BSVG enthält auch zahlreiche Änderungen, welche der Rechtsbereinigung, der Verbesserung der Praxis beziehungsweise der Anpassung an die Rechtsentwicklungen außerhalb des Sozialversicherungsrechtes dienen sollen. Schließlich sieht der vorliegende Beschluß auch eine Reihe weiterer Änderungen vor, von denen folgende hervorzuheben sind:

Neuregelung des Beitragszuschlages in Anlehnung an das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz;

Angleichung an die Unterscheidung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes von Zeiten der Kindererziehung vor dem 1. Jänner 1956 und danach;

Zusammenzählung der Bemessungsgrundlagen für Kindererziehungszeiten und Versicherungszeiten, die die Witwe durch die Fortführung des Betriebes erworben hat;

Schaffung einer Lagerungsbestimmung für das Zusammentreffen von Kindererziehungszeiten mit Ersatzzeiten.

Der Sozialausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.


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616. Sitzung / Seite 77

Nun berichte ich über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird (24. Novelle zum B-KUVG).

Der gegenständliche Beschluß enthält zur finanziellen Absicherung der Krankenversicherung folgende Maßnahmen:

Erhöhung der Rezeptgebühren um 7 S;

Umwandlung der satzungsmäßigen Pflichtleistung der Reise- und Fahrtkostenzuschüsse in eine freiwillige Leistung;

Ausschluß der Notare, Notariatsanwärter und Bezieher einer Pension nach dem NVG 1972 von der Angehörigeneigenschaft;

Valorisierung der Beitragsgrundlage im Zusammenhang mit Karenzurlauben;

Beitragsgrundlage bei Verminderung der Bezüge beziehungsweise Tragung der Beitragslast in diesen Fällen.

Der vorliegende Beschluß enthält auch zahlreiche Änderungen, welche der Rechtsbereinigung, der Verbesserung der Praxis beziehungsweise der Anpassung an die Rechtsentwicklungen außerhalb des Sozialversicherungsrechtes dienen sollen. Die diesbezüglichen in der 53. ASVG-Novelle enthaltenen Änderungen sind auch im Sinne einer Übereinstimmung der jeweiligen Vorschriften des ASVG und des B-KUVG in dem gegenständlichen Beschluß vorgesehen.

Der Sozialausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Ich berichte weiters über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger geändert wird (9. Novelle zum Freiberuflichen Sozialversicherungsgesetz – FSVG.)

Der vorliegende Beschluß sieht die Angleichung einer Bestimmung über die Krankenversicherung der Pensionisten an das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz vor. Weiters ist eine Neuregelung bezüglich der Ausnahmen von der Pflichtversicherung vorgesehen.

Der Sozialausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Abschließend berichte ich über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (8. Novelle zum NVG 1972).

Im vorliegenden Beschluß beruhen die vorgesehenen Änderungen im wesentlichen auf Vorschlägen der Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates.

Ziel dieses Beschlusses sind die Rechtsbereinigung und Anpassungen im Leistungsbereich.

Der Sozialausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Dieter Langer. Ich erteile es ihm.


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13.55

Bundesrat Mag. Dieter Langer (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Wir haben eine Reihe von Novellen und Gesetzesänderungen vor uns, und unter der ersten von diesen Novellen steht der Kurztitel "Sozialrechts-Änderungsgesetz". Meine Damen und Herren! Die vorliegenden Gesetzesänderungen verdienen diesen Untertitel im wahrsten Sinne des Wortes: Es wird das Sozialrecht dadurch in ein Belastungsrecht geändert.

Was soll an einer Erhöhung der Rezeptgebühr um 20 Prozent, an der Einführung einer Krankenscheingebühr und an der Erhöhung der Beiträge zur Krankenversicherung für die Pensionisten sozial sein? – Es ist nicht sozial! Aber wenn Sie es sich unbedingt auf Ihre Fahnen heften wollen, dann gebe ich gerne zu: Das ist sozialdemokratisch und christlich-sozial. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist das eine weitere Fortsetzung in der bisher schon endlosen Geschichte der großen Koalition, die man mit der großen Überschrift "Marx und Murks" bezeichnen muß. Die große Koalition ist angetreten, die großen Probleme Österreichs zu lösen, tatsächlich hat sie aber nichts gelöst, sondern treibt Österreich in das Guinness-Buch der negativen Rekorde: in die höchste Arbeitslosigkeit, in die größte Staatsverschuldung, in einen Pleitenrekord und zu den höchsten Lohnnebenkosten Europas nach 1945. – So weit ist es also nach zehnjähriger Regierungstätigkeit der großen Koalition gekommen. Die Loch-auf-Loch-zu-Politik hat Methode bekommen, und sagen Sie nicht, Sie hätten die Entwicklung nicht vorher absehen können.

Das ist der größte Vorwurf, der Ihnen zu machen ist: Die Entwicklungen waren absehbar, sie waren zu erkennen – Sie haben es aber verabsäumt, rechtzeitig tätig zu werden, und zum Teil sind Sie untätig geblieben! Das nenne ich einen fahrlässigen Umgang mit dem Vertrauen, mit dem Sie die österreichische Bevölkerung ausgestattet hat.

Doch wie haben Sie dieses Vertrauen erlangt? – Sie haben der österreichischen Bevölkerung vor Wahlen Dinge versprochen, die nachher nicht eingehalten wurden. Diesbezüglich gibt es eine lange Liste, und diese beginnt mit der 1 000-S-Haushaltsersparnis nach dem EU-Beitritt, abgegeben durch Brigitte Ederer, geht weiter mit dem Versprechen, keine Steuer zu erhöhen, abgegeben vor den Nationalratswahlen 1994, bis zur schriftlichen Zusage des Herrn Bundeskanzlers, die Leistungen an die Pensionisten nicht zu schmälern – ein persönlicher Brief, ein persönliches Versprechen! Was ist also das Versprechen des österreichischen Bundeskanzlers Dr. Vranitzky wert? – Nach den Maßnahmen des Belastungspakets, wonach jetzt schon die Sistierung der Freibetragsbescheide für manche Pensionisten erhebliche Auszahlungsminderungen hervorrufen, kommt nun eine weitere Verringerung der Leistungen durch Erhöhung der Beiträge, sprich: Abzug von der Auszahlungssumme. Es nützt nichts, wenn Sie sagen: Das sind ja nur 0,25 Prozent!, denn es bedeutet eben eine Leistungsminderung.

Versprochen ist versprochen! Und nichts schmerzt mehr als das gebrochene Versprechen. – Die Abrechnung dafür werden Sie, die große Koalition, bei den nächsten Wahlen erhalten!

Es knistert schon im Gebälk, wenn Sie die neuesten Umfrageergebnisse ansehen, und das hat offenbar auch Bürgermeister Häupl schon erkannt, nur der Wiener VP-Chef Görg nicht, denn er findet nichts dabei. Bürgermeister Häupl hat sich mit seinen Kollegen im Parteivorstand der Sozialdemokratischen Partei gegen diese Regelung ausgesprochen. Vranitzky hat ihn halt ausrutschen lassen – und das schon das zweite Mal innerhalb von ein paar Monaten, das erste Mal mit dem Autobahn-Pickerl.

Häupl bezeichnet das Paket als unausgewogen und ungeeignet. Der Protest Häupls ist vordergründig, weil die Wiener Wahlen bevorstehen, doch er hat recht: Unausgewogen und unsozial ist es in der Tat, und es ist auch ungeeignet, die wahren und wirklichen Probleme der Sozialversicherung zu lösen. Es ist nur wieder ein Beweis – und das ist besonders ärgerlich – für die Unfähigkeit der Regierung, strukturelle Lösungen für die gravierenden Probleme in Österreich anzubieten.


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Das vorliegende Paket und die Maßnahmen, die darin enthalten sind, sind phantasie- und gedankenlos, eine Fortsetzung der großkoalitionären Einbahnstraße, die statt echten Reformen nur Abkassieren durch Steuern und Beitragserhöhungen kennt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist dies umso ärgerlicher, weil – wie ich es schon gesagt habe – die Situation, in der wir uns befinden, absehbar und vorhersehbar war. Die Situation der Entwicklung der Krankenkassen war bekannt. Im Sozialbericht 1994 steht es auch ganz klar geschrieben: Die Gebietskrankenkasse hatte 1993 einen Abgang von einer halben Milliarde, 1994 von über 1 Milliarde Schilling, ein Betrag, den für das Jahr 1995 die Wiener Gebietskrankenkasse fast schon allein für sich verbuchen kann.

Eine noch schlechtere Entwicklung – nicht der Höhe nach, sondern prozentmäßig – hat die Versicherungsanstalt der öffentlich Bediensteten genommen. In diesem Zusammenhang ist interessant zu erwähnen, daß zumindest für den Zeitraum 1993/94 die Versicherungsanstalten der gewerblichen Wirtschaft eine positive Entwicklung genommen haben.

Wenn Sie diese Zahlen betrachten, können Sie nicht sagen, Sie hätten es nicht gewußt. Sie müssen sich aber den Vorwurf gefallen lassen, nichts getan zu haben, obwohl Sie davon wußten. Sie haben nichts getan, schon gar nicht rechtzeitig, aber Sie tun auch jetzt nichts, denn Gebühren einzuführen, Beiträge zu erhöhen und sozial Schwache zu belasten, sind keine Lösungen und können keine Lösungen sein. Und wir Freiheitlichen können schon aus diesen generellen Gründen diesem Anti-Sozialpaket nicht zustimmen.

Einige Details in diesem Paket bieten zusätzliche Kritikpunkte, sie sind zum Teil versteckt. Den Erläuternden Bemerkungen ist zu entnehmen, daß der Staat damit zusätzlich belastet wird, da er 854 Millionen Schilling jährlich ab dem nächsten Jahr aus dem Familienlastenausgleichsfonds an die Krankenkassen zu zahlen hat, und dieser Familienlastenausgleichsfonds ist schon jetzt notleidend und schwer defizitär. Dafür erspart sich dieser Familienlastenausgleichsfonds 350 Millionen Schilling, die er nun nicht mehr an die ÖBB zahlen muß. Die ÖBB bekommen somit um 350 Millionen Schilling weniger, was wahrscheinlich in einer Verschlechterung der Leistungen oder möglicherweise in einer Erhöhung der Fahrpreise zu Buche schlägt. Doch auch dem Familienlastenausgleichsfonds fehlt jetzt zusätzlich eine halbe Milliarde Schilling, ein Betrag, der hereingebracht werden muß. Und auch da könnte es auch durchaus sein, daß diese halbe Milliarde durch Beitragserhöhungen hereingebracht werden muß, was letztlich zu einer Belastung der österreichischen Wirtschaft und der Unternehmen führt.

Auch in dieser Frage hat sich der Jetzt-Familienminister Bartenstein wieder einmal als Umfaller erwiesen, doch ebenso als Umfaller sind die Wirtschaftsvertreter der ÖVP in Erscheinung getreten, nämlich beim Inkasso der Krankenscheingebühr. Warum ist eigentlich diesbezüglich die Weigerung der Ärzteschaft so erfolgreich gewesen? – Die Ärzteschaft hat ja eigentlich mit der Verrechnung der Krankenscheine, mit den Kassen an sich zu tun. Die Ärzte haben sich jedoch geweigert, und das hat man offenbar kommentarlos und ohne Widerstand zur Kenntnis genommen. Warum es gerade die Wirtschaft und die Unternehmen sind, die nun diese zusätzliche bürokratische Abrechnungsarbeit vornehmen müssen, hat man uns im Ausschuß bekanntgegeben: Es war ein Kompromiß der Sozialpartner, es gab ein sozialpartnerschaftliches Verhandeln, und schon war es geschehen. Die Unternehmer haben das Bummerl!

Was nützen die großartigen Resolutionen am Kammertag der österreichischen Wirtschaftskammer? – Das sind nur Alibihandlungen, wenn die Wirtschaftsvertreter vorher in den sozialpartnerschaftlichen Verhandlungen dem Bummerl für die österreichischen Unternehmer schon zugestimmt haben.

Was liegt – das pickt!, ist eine gängige Volksweisheit, und im Ausschuß haben wir gehört, daß die Einführung des Chips für die Kassen zu teuer ist. Und aus diesem Grund wird dieses Bummerl den österreichischen Unternehmen wohl auf ewig bleiben – ein weiterer unbezahlter Frondienst für den Staat, unbezahlt, doch mit der vollen Verantwortung für die Abrechnung, für das damit verbundene Inkasso, für die Stornoprobleme, die möglicherweise auftauchen, für die Abfuhr des Geldes und für den Verwaltungsaufwand. Die Details stehen noch nicht fest, aber ich


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sehe als gelernter österreichischer Unternehmer am Horizont schon eines heraufschimmern: daß die Unternehmer das Bündel Krankenscheine, das sie zu 50 Stück von der Krankenkasse bekommen, bereits im vorhinein werden bezahlen müssen und vielleicht im nachhinein von den Dienstnehmern kassieren können.

Weiters hat sich in dieses Paket systematisch eine Änderung des Einkommensteuergesetzes verirrt. Es steht im Bericht des Ausschusses, daß das eine leichtere Vollziehbarkeit der Bestimmungen über die Werkverträge mit sich bringen sollte. Doch diesbezüglich konnte im Ausschuß keine klare Auskunft erteilt werden, und das Thema Werkverträge wird die Österreicher und die österreichische Wirtschaft noch lange beschäftigen – mit all der notwendigen Beschäftigung der zuständigen Behörden bis zum Verwaltungsgerichtshof.

Betreffend die unnötigen Unterscheidungen zwischen freien Dienstvertragsnehmern und dienstnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnissen gibt es noch viele offene Fragen: Unsicherheit bei der Einstufung – fällt das jetzt darunter oder nicht –, die einzige Klarheit ist die Grenze von 3 600 S. Aber wenn es sich nun um eine fortgesetzte Tätigkeit handelt, muß man dann tatsächlich die sechs Monate zusammenrechnen, oder sind das jetzt vier Monate in sechs Monaten, ist das immer aufgeteilt, und wenn es unterschiedliche Höhen sind, muß man dann im Durchschnitt rechnen oder nicht – das sind Fragen, die uns noch länger beschäftigen werden, für die es aber keine klaren Anweisungen gibt, denn darüber wird in den zuständigen Stellen und Gremien noch beraten.

Im Ausschuß wurden wir darüber aufgeklärt, man hätte ja darauf Rücksicht genommen, indem man eine Übergangsregelung bei der Meldepflicht eingeführt hat. Die Meldepflicht besagt, daß man bis 1. Oktober Zeit hat, zu melden, ob man einen Werkvertrag vorliegen hat, der abfuhrpflichtig ist für 20 Prozent vorgezogene Einkommensteuer und für an die 17 Prozent Sozialversicherung.

Es gibt keine Übergangsregelung bezüglich des Einbehaltens und des Abführens dieser Beträge. Das trifft nun schon wieder hauptsächlich die Wirtschaft. Man hat zwar eine Frist, um sich eventuell darüber klarzuwerden, ob eine Meldepflicht besteht, aber für die Einhebung und die Abfuhr ist man schon ab 1. Juli verantwortlich, und zwar unter Strafsanktion. Und da ist es wenig beruhigend, zu hören, daß die Sozialversicherungsträger schon dabei sind, entsprechende Richtlinien auszuarbeiten, zu veröffentlichen und zu versenden. Sie sind nur noch nicht da! Aber mit 1. Juli trat es in Kraft, ab 1. Juli ist man dafür verantwortlich, aber die Verantwortlichen für diesen Beschluß wissen selbst noch nicht, wie er zu handhaben ist. Das Chaos, das hier die Verantwortlichen verbreiten, haben die Staatsbürger auszubaden, und wenn das die gängige Regierungspolitik ist, dann fürchte ich um das zukünftige wirtschaftliche Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es beruhigt mich auch überhaupt nicht, wenn sich Vizekanzler Schüssel medienwirksam gegen diese derzeitige Werkvertragsregelung ausspricht. Es beruhigt mich nämlich deshalb nicht, weil der jetzige Wirtschaftsminister Farnleitner seinerzeit als Experte für die Wirtschaftskammer bei den Verhandlungen über das Sparpaket für diese chaotische Regelung bezüglich der Werkverträge mitverantwortlich war. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das läßt leider über die zukünftige Tätigkeit des Herrn Wirtschaftsministers nur böse Ahnungen in mir aufkommen.

Noch ein Detail wurde fast übersehen. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kaufmann. ) Aufgezeichnet wie die Werkverträge, Herr Dr. Kaufmann!

Noch ein Detail wurde fast übersehen. Es handelt sich dabei aber nur um ein Wort. (Zwischenruf des Bundesrates Rodek. ) Hätten Sie eine andere Regelung gefunden, Sie müssen ja nicht so einen Käse – Entschuldigung –, so ein Chaos damit hervorrufen. Es ging also nur um ein Wort, und ich spreche hier von den Bestimmungen und den Änderungen der Bestimmungen des § 135 Abs. 4 beziehungsweise § 135 Abs. 5: die Umwandlung der bisherigen Pflichtleistung der Reise- und Fahrtkosten in eine freiwillige – das ist § 135 Abs. 4 – und – mit einem Wort in § 135 Abs. 5 – die Umwandlung der bisherigen Pflichtleistung der Transportkosten in eine frei


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willige Leistung. Diese Umwandlungen sollen gemäß den Erläuterungen Einsparungen in der Höhe von 200 Millionen Schilling bringen. (Bundesrat Rodek: Nicht bei den Transporten!) Auf das werde ich noch zu sprechen kommen. Ich höre es wohl, ich glaube es nur nicht ganz.

Ich möchte jetzt ein Schreiben zur Kenntnis bringen, das Sie möglicherweise auch erhalten haben. Es stammt vom Präsidenten des Niederösterreichischen Landesverbandes des Österreichischen Roten Kreuzes. Und er führt darin aus – ich zitiere –: Dies bedeutet jedoch, daß nach dieser vom Nationalrat beschlossenen Novelle künftig sämtliche Kostenersatzleistungen für Rettungs- und Krankentransporte gemäß ASVG für die Sozialversicherungsträger freiwillig sind. Die Folge einer solchen Änderung ist, daß die Sozialversicherungsträger in Hinkunft nicht bloß einen schon bislang möglichen Selbstbehalt einführen, sondern jederzeit beschließen können, überhaupt keinen Kostenersatz mehr für Rettungs- und Krankentransporte zu leisten. Das derzeit laufende System der Direktverrechnung zwischen den Rettungsorganisationen und den Sozialversicherungen wäre damit hinfällig, und jeder Transport müßte dem Patienten verrechnet werden. (Bundesrätin Kainz: Aber die Aufklärung nehmen Sie nicht zur Kenntnis!) – Ich werde darauf noch zurückkommen, Frau Kollegin! Nachher sagen Sie mir noch, daß das genügt. – Uns genügt es jedenfalls nicht.

Diese Maßnahme, so führt Herr Präsident Ing. Kellner weiter aus, würde auch zu einer weiteren Belastung der für den Rettungsdienst verantwortlichen Länder und Gemeinden führen.

Die Feststellung, die wir heute im Zuge der Berichterstattung des Ausschusses vernommen haben, hat in diesem Zusammenhang keine konstitutive Wirkung. Das mußten wir uns im Ausschuß selbst eingestehen. Sie hat keine konstitutive Wirkung, und die Erklärung zur Pflichtleistung ist letztlich eine freiwillige Erklärung der Sozialversicherungsträger. Auch die Zusicherung aus dem Kreis der Sozialversicherungsträger bringt für die Zukunft keine Rechtssicherheit. Auch das muß man eindeutig und klar feststellen, da diese freiwillige Satzungserklärung auch jederzeit geändert werden kann.

Wenn sich der Gesetzgeber etwas dabei gedacht hat, daß er die Transportkosten dort mit hineinnimmt – auch im Hinblick auf die 200 Millionen Schilling, die er sich erspart –, dann wird es wohl schon so sein, daß damit der Spielraum für die Kassen geöffnet werden soll. Denn mit dieser Bestimmung im Hintergrund kann man jederzeit Druck ausüben – Druck ausüben in Hinsicht auf Selbstbehalte oder Kürzung von Vergütungen; das ist jedenfalls immer eine Rute im Fenster und führt leider dann zu Belastungen entweder der Versicherten oder der Länder oder der Gemeinden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Alle Schalmeientöne in diese Richtung können nicht darüber hinwegtäuschen, daß das, was als gesetzliche Änderung vorhanden ist, auch als gesetzliche Änderung bestehen bleibt. Ändern Sie das Gesetz! Sie hätten die Möglichkeiten dazu gehabt. Ändern Sie es, dann glauben wir es Ihnen!

Ich stelle daher mit meinen Fraktionskollegen folgenden Antrag:

Antrag,

gegen den Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli betreffend Sozialrechtsänderungsgesetz 1996 (214 und 286 der Beilagen zum Nationalrat) gemäß Artikel 42 B-VG Einspruch zu erheben.

Die Ablehnung sämtlicher hier vorliegenden unsozialen Gesetze ist für uns Freiheitliche weiters eine Selbstverständlichkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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616. Sitzung / Seite 82

14.19

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Der Antrag der Bundesräte Dr. Tremmel, Mag. Langer und Kollegen ist ausreichend unterstützt.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Aloisia Fischer. Ich erteile es ihr.

14.19

Bundesrätin Aloisia Fischer (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Die Novelle des Sozialversicherungsrechtes steht im heurigen Jahr im Zeichen der Sanierung der Krankenversicherungen und der Bemühung der Bundesregierung, das Budget zu sanieren. Einige grundsätzliche Gedanken über Österreichs Sozialversicherung möchte ich zu diesem Thema voranstellen.

Unsere Einrichtungen der sozialen Sicherheit verfügen international gesehen über beträchtliches Ansehen. Das kommt nicht nur von mir. Das wird Ihnen auf Anfrage umgehend von ausländischen Experten bestätigt werden. Freilich, selbstlobende Nabelschau bringt uns nicht weiter. Nur ständiges Weiterentwickeln, Verbessern und auch das Beheben von Schwächen und Mängeln kann unseren guten internationalen Standard sichern. Diese Anmerkung sei auch an die Adresse aller Kritiker, wo immer sie auftreten mögen, gerichtet. Wenn Probleme auftreten – das gilt freilich nicht nur für Soziales –, sind sie bestimmt nicht durch Krankjammern zu lösen. (Bundesrat Mag. Langer: Aber auch nicht durch Gesund ... – Entschuldigung!)

Ich bin durch meine Arbeit im Bereich der bäuerlichen Sozialversicherung täglich unmittelbar mit den Folgen unseres Sanierungspaketes konfrontiert.

Ich kann Ihnen sagen: Es ist tatsächlich oft nicht leicht, die notwendigen Maßnahmen verständlich zu machen. Aber nicht nur das: Es gibt natürlich durch manche der rigorosen Schritte echte Härtefälle, auf die ich teilweise später noch eingehen möchte.

Eines darf ich Ihnen, geehrte Kolleginnen und Kollegen, sagen: Daß etwas geschehen muß, wissen auch die von mir vertretenen Bäuerinnen und Bauern. Unmut herrscht nur dort, wo sie das Gefühl haben müssen, ungerecht zum Handkuß zu kommen oder von etwas, wovon sie ohnedies schon wenig haben, noch Zusätzliches hergeben zu müssen.

Als besonders deutliches Beispiel für eine solche nicht erklärbare Ungerechtigkeit muß ich die seit 14 Jahren, also seit ihrer Einführung, noch kein einziges Mal erhöhte Mutterschaftsbetriebshilfe, das Wochengeld der Selbständigen, hervorheben. Es wurde erreicht, daß nun 70 Prozent des Aufwandes dafür aus dem Familienlastenausgleichsfonds mitgetragen werden. Das ist aus Sicht der Krankenkassensanierung positiv. Für die Betroffenen selbst ändert sich dadurch aber rein gar nichts.

Merken wir uns bitte diese Maßnahme an. Hier ist trotz Sparmaßnahmen Handlungsbedarf gegeben. Die Zukunft unseres Landes sind nun einmal gesunde Familien in jeder Hinsicht, wobei Mütter und Kinder – das ist ein anerkanntes gesellschaftspolitisches Prinzip – den größten Anspruch auf Schutz besitzen. Handeln wir auch danach!

Als Beispiel für "zusätzlich hergeben" muß ich allen angestrebten Beitragserhöhungen für Landwirte eine Absage erteilen. In vielen bäuerlichen Betrieben ist Bargeld stets nur in bescheidenem Umfang vorhanden – gerade in Zeiten der momentanen Einkommenssituation. Jede Beitragserhöhung trifft daher die ohnehin schon Schwächeren unverhältnismäßig. Seien wir uns diesbezüglich unserer Verantwortung bewußt!

Nun zu den anderen Bereichen der notwendigen Sanierungsschritte.

Mir und – ich nehme es an – auch Ihnen, geschätzte Anwesende, ist bewußt, daß die jetzigen Maßnahmen nur eine Reihe absolut von der Not diktierter unmittelbarer Rettungsmaßnahmen sind. Langfristige Reformen müssen systematisch geplant, abgesichert und behutsam in das bestehende System eingebaut werden.

Ich fordere daher, daß wir dranbleiben und auch nach dem sicher zu erwartenden Erfolg der jetzigen Reparaturen echte, reformierende Eingriffe vornehmen. Dazu müssen wir aber bereit sein, wesentliche Dinge nicht nur in Frage zu stellen, sondern auch mit den Betroffenen tiefgreifend zu diskutieren.


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Erste, mir verständliche Richtungsänderungen zeichnen sich schon jetzt ab, so die Erhöhung der Rezeptgebühr – sicher schmerzlich, weist sie doch deutlich auf einen bestehenden Schwachpunkt, der mehrere Ursachen hat, hin. Mindestens 40 Prozent der verordneten Medikamente werden nachweislich nicht verbraucht. Hier ist ein Sparpotential. Alle sind wir aufgerufen, diesbezüglich mehr Sensibilität zu entwickeln: die Ärzte, die Pharmaindustrie, die hinsichtlich der Packungsgröße vieles zum Besseren wenden könnten, aber auch der Endverbraucher, der durch sein bewußteres Konsumverhalten ein bestimmender Faktor ist – für uns doch wohl eine Selbstverständlichkeit, da wir uns alle zur freien, sozialen Marktwirtschaft bekennen.

Einigermaßen schwer tue ich mir bei der Krankenscheingebühr. Besonders verwundert mich dabei der scheinbar unausweichliche bürokratische Aufwand. Eine schlichte, weniger aufwendige Lösung wäre fein.

Das auch unangenehme Kapitel der Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge für Pensionisten kommt mir sachlich dennoch vertretbar vor. Die Aufwendungen für diese soziale Gruppe sind tatsächlich außerordentlich hoch geworden. Daß hier ein Belastungs- und Riskenausgleich notwendig wurde, ist einleuchtend.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie sieht die Rechnung aus? – Bei einer Pension von etwa 12 000 S haben die Beiträge bisher 420 S betragen. Die Erhöhung um 0,25 Prozent ergibt einen Nettomehrbetrag in absoluten Zahlen von 15 S. Dafür wie bisher uneingeschränkt die umfassende soziale Krankenversicherung in Anspruch nehmen zu können, ist – so glaube ich – kein schlechtes Risiko für den Versicherten.

Einige Sorge bereiten mir die Frauen, welche sich aufgrund der Anrechnung der Kindererziehungszeiten und der geltenden Anwartschaftsbestimmungen freiwillig in die Pensionsversicherung einbeziehen ließen, um dadurch nach dem Schlagwort "vorzeitige Alterspension" auch eine Leistung zu erreichen. Durch die neue Regelung, durch die im Strukturanpassungsgesetz verankerten verschärften Anwartschaftsbestimmungen bedeutet dies für viele Frauen, um fünf Jahre längere Versicherungszeiten erwerben zu müssen. Ich bin zwar froh über die Ausnahmeregelung, die für manche Frauen zutreffen, nur der größere Teil ist verunsichert und muß längere Zeit Beiträge bezahlen.

Offen bleibt weiterhin im bäuerlichen Bereich die Frage des Unfallversicherungsschutzes bei Tätigkeiten des Zuerwerbs am Bauernhof, zum Beispiel bei der Aktion "Urlaub am Bauernhof". Die gesetzliche Klarstellung hinsichtlich des Unfallversicherungsschutzes bei land- und forstwirtschaftlichen Nebengewerben wäre wünschenswert.

Ein weiterer Punkt: die Spitalsreform. Vor dem Inkrafttreten der österreichweiten Spitalsreform – Länderhoheit, diagnosebezogene Abrechnung, Krankenanstaltenplan – stehen noch heiße Verhandlungen bevor. 18 Jahre lang sind über den KRAZAF die Belegstage abgegolten worden. Nach dem neuen Modell soll aus dem Ländertopf nicht mehr der Spitalstag, sondern der medizinische Eingriff bezahlt werden.

Auf Landesebene sind sicher Verhandlungen mit den Privatspitälern notwendig, um auch deren finanziellen Anteil sicherzustellen.

Ein sehr positiver Effekt der 53. ASVG-Novelle ist für mich unter anderem, daß endlich auch Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr, der freiwilligen Hilfsorganisationen Versicherungsschutz genießen.

Über das Kapitel Werksverträge – es ist schon angeschnitten worden –, das noch nicht befriedigend und noch nicht zu Ende diskutiert ist, möchte ich mich bewußt sparsam äußern. Hier ist der Wille des Gesetzgebers hinsichtlich der Betroffenen noch unklar zum Ausdruck gekommen und – wie wir alle wissen – auch heftig diskutiert worden. Auch in der praktischen Abwicklung mag sich noch manche Hürde aufbauen. Wir sollten die ganze Angelegenheit noch sehr aufmerksam analysieren, praktische Erfahrungen sammeln und sodann auch berücksichtigen.


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Laßt uns die sozialen Anliegen außer Streit stellen, und gehen wir einvernehmlich an die zeitgemäße Gestaltung der sozialen Sicherheit im Lande heran! Dies bedeutet aber nicht zuletzt, die Schwerpunkte neu zu definieren, Notwendigkeiten – zum Beispiel der Gesundheitsvorsorge – zu hinterfragen und so die Grundfesten des Sozialstaates zu bewahren.

Als drittes und abschließend kann ich Ihnen jenen Teil der Sozialversicherung, aus dem ich selbst komme, die Sozialversicherungsanstalt der Bauern, als positives Beispiel für künftiges Controlling und Rationalisieren andienen. Ich kenne keinen Bereich, in dem Sparsamkeit und Leistung so wörtlich genommen werden. Es sollte weiterhin solche positiven Beispiele geben.

Controlling, Überprüfung der Ein- und Ausgaben innerhalb der Trägerorganisationen ist positiv. Es darf aber keine Bevormundung von außen geben.

Das Sozialrechts-Änderungsgesetz 1996 ist ein notwendiger erster Schritt. Wir werden freilich um weitere nicht herumkommen. Sozialpolitik ist nicht nur Sozialversicherung. Diese bleibt aber ein starkes Regulativ.

Das Problem der Beschäftigungssituation im Lande bestimmt einerseits die Beitragssituation wesentlich mit. Gleichzeitig wird die Konjunktur, nicht zuletzt durch die Leistungen der Sozialversicherung, ihre Steigerung, aber auch ihre Begrenzung, bedeutend berührt.

Auch deshalb, im Interesse der gesamtwirtschaftlichen, ja der gesamtstaatlichen Entwicklung ist es so außerordentlich wichtig, daß die Sozialgesetzgebung kontinuierlich kalkulierbar und überhaupt berechenbar bleibt. Das bloße Schlechtmachen unseres Systems ist nicht nur wenig hilfreich, es schwächt unsere Fähigkeit, Probleme zu lösen.

Auch sollte noch etwas erwähnt werden: Planung und sorgsames Überblicken der Gesamtsituation ist für das Vertrauen unserer Versicherten von staatstragender Bedeutung.

Die Sicherung des hohen Qualitätsstandards der Krankenversicherung und die Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts und der Gesundheitsvorsorge ist unsere Aufgabe, ebenso daß jeder österreichische Staatsbürger, egal wie seine finanzielle Ausstattung ist, diese Leistungen auch in Anspruch nehmen kann. – Ich bedanke mich. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.31

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Bundesrat Karl Drochter. Ich erteile es ihm.

14.31

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und liebe Kollegen des Bundesrates! Die uns heute vorliegende 53. ASVG-Novelle fällt zufällig – oder weniger zufällig – in ein Jubiläumsjahr, 40 Jahre ASVG, und wird sicherlich als die am heftigsten und meistdiskutierte Novelle in die Geschichte des ASVG eingehen.

Daß wir heute überhaupt über die Erhaltung und die weitere Finanzierung unseres hervorragenden, über Österreichs Grenzen hinaus bekannten Gesundheitsmodells diskutieren können, ist fast ausschließlich auf die Kompromißbereitschaft der Arbeitnehmer, ihrer Interessenvertretungen und der Pensionisten, aber ebenso auf das Verhandlungsgeschick unseres Herrn Bundesministers Hums und seiner Beamten zurückzuführen.

Herr Bundesminister Hums konnte von Haus aus von niemandem Lob erwarten, denn die Maßnahmen waren dem einen zuwenig, für den anderen war es der falsche Ansatz, für die meisten waren die Belastungen zu viel und zu einseitig. Aus Sicht der Arbeitnehmer und aus Sicht der Pensionisten kann man diesen Eindruck bei manchen Maßnahmen sicherlich auch unterstreichen.

Die vorliegende Novelle ist – das müssen wir zur Kenntnis nehmen – ein politischer Kompromiß, den – wie schon erwähnt – keiner so richtig will, der aber doch von der Mehrheit mitgetragen wird – mitgetragen deswegen, weil er die Finanzierungsmaßnahmen und die vorgegebenen


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Sanierungsschritte bei den Krankenkassen und somit die hohe Qualität des österreichischen Gesundheitswesens und die Teilnahme an dieser Qualität für alle Versicherten und für die Mitversicherten weiter sichert, sichert auch für jene, die über ein sehr geringes oder fast kein Einkommen verfügen.

Die finanzielle Situation der Gebietskrankenkassen war bis vor wenigen Jahren relativ gut. Kollegin Fischer, meine Vorrednerin, hat schon darauf hingewiesen, daß durch die stagnierende wirtschaftliche Entwicklung, durch die geringer werdende Beschäftigung bei gleichbleibendem Anstieg der Ausgaben der Gebietskrankenkassen für Ärztehonorare, Medikamente, durch die viel zu hohen Handelsspannen der Pharmaindustrie, der Apotheken, aber auch durch die überproportional gestiegenen Spitalskosten fast alle Gebietskrankenkassen in eine schwierige finanzielle Situation schlitterten.

Diese schon schwierige finanzielle Situation der Kassen wurde durch die Zahlungsrückstände von vielen Unternehmen – insgesamt sollen diese Zahlungsrückstände nach Pressemeldungen eine Höhe von zirka 2,6 Milliarden Schilling ausmachen – noch verschärft.

Bei dieser Gelegenheit sei auch erwähnt, daß nicht nur die Gebietskrankenkassen, sondern unser gesamter Sozialversicherungsbereich auch von den Beitragshinterziehungen in Milliardenhöhe, die durch illegale Beschäftigung, durch Schwarzarbeit entstehen, schwerstens betroffen sind.

Aber auch dem immer stärker werdenden Ausweichen der Arbeitgeber von ordentlichen Dienstverhältnissen in Werkverträge war mit der 53. Novelle und dem Strukturanpassungsgesetz raschest Einhalt zu gebieten.

Wie schon eingangs erwähnt, war die Finanzierungsaufgabe eine sehr schwierige, denn es galt, insgesamt 7 Milliarden Schilling als Fehlbetrag abzudecken.

Eine gleichmäßige und moderate Arbeitgeber-, Arbeitnehmer- und Pensionistenbeitragserhöhung im geringeren Ausmaß wäre unser Vorschlag gewesen. Dieser Vorschlag konnte aber aufgrund des Neins der Volkspartei, der Arbeitgeber, nicht verwirklicht werden.

Auf die Vorstellungen und Vorschläge der Freiheitlichen Partei brauche ich hier nicht näher einzugehen. Wir alle wissen, was dadurch gekommen wäre. Es hätte noch höhere Belastungen gegeben. Der Weg wäre in eine "Zweiklassenmedizin" gegangen: für die einen, die es sich leisten können, und für die größere Gruppe, die es sich nicht leisten kann.

Bedauerlicherweise ist bei diesem vorliegenden politischen Kompromiß auch anzumerken, daß sich die Arbeitgeber noch mehr als bisher aus der bisher bewährten gemeinsamen Finanzierung unserer Sozialversicherung verabschiedet haben.

In Richtung der Selbstbehaltsanhänger möchte ich sagen, daß kein Selbstbehalt einen kranken Menschen davon abhalten wird, einen Arzt oder ein Spital aufzusuchen, wenn er sich davon eine Linderung oder eine Heilung seiner Schmerzen und seiner Krankheit erwartet. Im Gegenteil, die erst vor kurzem in den Medien aufgezeigten Hinweise auf die sogenannte "Kuvertmedizin" in manchen österreichischen Ordinationen und Spitälern zeigen, daß kranke Menschen ohnehin oft bereit sind, viel mehr zu zahlen, als ihnen der Gesetzgeber eigentlich abverlangt.

Selbstbehalte auf alle Leistungen aus der Krankenversicherung würden Direktzahlungen durch den Patienten, angefangen vom Arztbesuch, vom Schnupfen der Kinder bis zur Herzklappen- und Bypassoperation, bedeuten.

Meine Damen und Herren! Das wären unzumutbare Belastungen!

Erst im Jahre 1994 wurde – sicherlich mit Recht – der Selbstbehalt bei den Bauern auf Wunsch der Österreichischen Volkspartei von 20 auf 10 Prozent reduziert.


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Trotz all dieser Probleme ist es doch gelungen, in einem Kompromiß, den keiner mag, die 7 Milliarden Schilling aufzubringen: zwei Drittel durch Einsparungen – wie schon erwähnt – bei Ärztehonoraren, bei Medikamentenkosten und bei den Spitalskosten. Es sind starke Einsparungen bei den Verwaltungskosten vorgesehen, es werden auch die geplanten Strukturmaßnahmen zu Einsparungen führen, und es wird vor allem laufend strengere Kontrollen geben.

Ich möchte auch hier nicht anstehen, zu unterstreichen, daß die Umschichtung des Finanzierungsbeitrages aus dem Familienlastenausgleichsfonds beim Wochengeld der Mütter von der Parität 50 Prozent FLAF und 50 Prozent Gebietskrankenkassen zu 70 Prozent FLAF und 30 Prozent Gebietskrankenkassen zu einer wesentlichen Entlastung der Krankenkassen geführt hat.

Das verbliebene offene Finanzierungsdrittel wird – wie schon erwähnt – durch die Beitragserhöhungen bei den Pensionisten, durch die Krankenscheingebühr, durch die Rezeptgebührenerhöhung, durch den beschränkten Kostenersatz bei den Wahlärzten und durch Einschränkungen bei den Reisekosten aufgebracht.

Für uns war aber insgesamt wichtig, daß die sozial Schwachen in unserer Gesellschaft von diesen Belastungen ausgenommen sind und der Krankengeldbezug für Langzeitkranke gesetzlich von 26 Wochen auf 52 Wochen erhöht wurde. Wäre das nicht geschehen, hätten diese Schwerstkranken nach einem halben Jahr auch keine finanzielle Grundabsicherung mehr in ihrer schwierigen Lebenssituation gehabt.

Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte aber auch einige Anmerkungen zu den Änderungen bei Werkverträgen machen, die durch das Strukturanpassungsgesetz, aber auch durch die 53. ASVG-Novelle bei den freien Dienstverträgen und bei den dienstnehmerähnlichen Werkverträgen rückwirkend mit 1. Juli 1996 wirksam werden. Andere Werkverträge sind von diesen Maßnahmen nicht betroffen.

Auch hier sei ungeschminkt gesagt, daß diese Maßnahmen notwendig wurden, da immer mehr unselbständig erwerbstätige Arbeitnehmer aus einem normalen oder ordentlichen Dienstverhältnis ausgeschlossen und in eine Quasi- oder Scheinselbständigkeit gedrängt wurden, die sie persönlich gar nicht angestrebt haben. Ein Beispiel dazu sind die selbständigen Regalbetreuerinnen, die es bereits im Handel österreichweit gibt.

Zu oft standen dann die Quasiunternehmer ohne Krankenversicherung, ohne Pensionsversicherung und ohne Unfallversicherung da. Privatversicherungen konnten sich diese Kolleginnen und Kollegen, diese Arbeitnehmer, meist nicht leisten. Das führte dann dazu, wenn sie von Krankheit erfaßt worden sind oder einen Unfall gehabt haben, daß sie diese Belastungen wirtschaftlich nicht verkraften konnten. (Bundesrat Dr. Rockenschaub: Die Zeitungsverkäufer weiterhin!)

Aus all diesen leidvollen Erfahrungen der letzten Monate und Jahre ist die Versicherungspflicht der dienstnehmerähnlichen Werkverträge aus sozialpolitischer Überlegung von uns zu begrüßen.

Ich möchte hier nicht anstehen, festzustellen, daß es doch noch gewisse Unklarheiten sowohl bei den Werkvertragsnehmern wie auch bei den Werkvertragsgebern gibt. Es fehlt vor allem noch eine klärende Verordnung des Finanzministers. Herr Bundesminister Hums! Ich möchte Sie bitten, daß Sie vielleicht dazu beitragen, daß diese fehlende Verordnung bald zur Verfügung steht.

Mir ist zweifelsohne klar, daß auch zwei Ziele bei der Sozialversicherungspflicht dieser Werkverträge erreicht werden sollten beziehungsweise verfolgt wurden. Erstens sollte der Flucht aus dem Sozialrecht und der Umgehung sozialversicherungspflichtiger Dienstverhältnisse ein Riegel vorgeschoben werden und damit die betroffenen Personen, die wirtschaftlich und arbeitsrechtlich gesehen normale Arbeitnehmer sind und mit solchen vergleichbar sind, unter den Schutz der Sozialversicherung gestellt werden.


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Zweitens – das sei auch hier klar und deutlich gesagt – sollten im Zuge der Budgetsanierung erwerbstätige Personen und deren Beschäftiger auch dazu angehalten werden, ihren Beitrag zur Finanzierung unseres allgemein und über unsere Grenzen hinaus bekannten und auch anerkannten sozialen Netzes zu leisten und damit auch einen Beitrag zur Stabilisierung des Budgets.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ausgenommen von der Pflichtversicherung sind Beschäftigte, die allgemeine Presseprodukte vertreiben oder zustellen. (Bundesrat Dr. Rockenschaub: Warum?) Ich weiß, daß sehr viele meinen, daß das ein Kniefall vor der Mediaprint gewesen sein könnte. Ausgenommen – das ist das Entscheidende – sind von dieser Sozialversicherungspflicht nebenerwerblich tätige Amateursportler, Trainer, Kunstschaffende und, wie schon bisher, nebenerwerblich tätige Lehrende in den Einrichtungen der Erwachsenenbildung, was von unserer und von meiner Seite her zu begrüßen ist (Bundesrat Dr. Rockenschaub: Warum?) , da die Ansätze in den Budgets des Bundes, aber auch der Länder, leider noch immer sehr gering ausfallen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion des Bundesrates wird dieser Novelle sicherlich die Zustimmung geben, weil sie garantiert, daß auch für die sozial Schwachen weiterhin eine vorbildliche Gesundheitsversorgung garantiert ist. (Beifall bei der SPÖ.)

14.45

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Helga Moser. Ich erteile es ihr.

14.45

Bundesrätin Helga Moser (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auch einige Bemerkungen zur 53. Novelle des ASVG machen.

Persönlich hat mich sehr irritiert, daß ich beim Durchlesen dieser Novelle primär Maßnahmen gefunden habe, die der finanziellen Absicherung der Krankenkasse dienen und die nur von den Bürgern erbracht werden sollen. Änderungen, die Sozialversicherungsanstalten zwingen würden, sparsamer zu sein, durch Einsparungen in der Verwaltung zum Beispiel, sind nicht erkennbar.

Betroffen gemacht hat mich, daß wir 50 Jahre ein ASVG haben und heute bereits die 53. Novellierung diskutieren. (Bundesrat Ing. Grasberger: 40 Jahre!) Noch schlechter, wenn das in 40 Jahren passiert. In 50 wäre es besser gewesen.

Anpassungen an neue gesellschaftliche Gegebenheiten, Novellierung von Gesetzen sind natürlich generell nicht als negativ zu sehen. Sie beinhalten auch die Chance, echte Verbesserungen, aber für alle Betroffenen, zu sein.

Bei der heute zu beschließenden Novellierung scheint mir dies aber nicht der Fall zu sein. Als Beispiel dafür möchte auch ich die Umwandlung der satzungsmäßigen Pflichtleistungen der Fahrt- und Reisekostenzuschüsse in eine freiwillige Leistung erwähnen. Daß das nicht ein Punkt ist, den nur die Freiheitlichen diskutieren, die eine andere Meinung dazu haben als die, die in der Regierungsvorlage aufscheint, das möchte ich durch einen Brief, den der Vizepräsident des Roten Kreuzes Oberösterreich, Landtagsabgeordneter Leo Pallwein-Prettner ausgesendet hat, unterstreichen.

Auch er, der ja ÖVP-Mandatar ist, hat seine Ängste dahin gehend formuliert, daß der Ersatz von Transportkosten für medizinisch notwendige Rettungs- und Krankentransporte weiterhin eine Pflichtleistung bleiben muß, auf die der Anspruch des Versicherten besteht. Also so, daß die Formulierung eindeutig ist, ist es wirklich nicht. Auch der oberösterreichische Landesrat Josef Ackerl, der der SPÖ zuzuordnen ist, ist in dieser Causa an die Öffentlichkeit gegangen und hat eine Ablehnung durch den Bundesrat gefordert. (Bundesrätin Schicker: Entschuldigen Sie, Frau Kollegin, wenn ich Sie unterbreche, auch wenn Sie Ihre Jungfernrede halten: Dazu hat es eine


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Ausschußfeststellung gegeben!) Dazu möchte ich gerade kommen, das habe ich mir als nächste Überlegung aufgeschrieben.

Frau Kollegin! Sie haben ganz recht, ich bin noch ganz neu, mir fehlt in sehr vielen Dingen der Überblick. Ich war aber sehr erstaunt – ich kenne das aus meiner Gemeinderatstätigkeit in Linz nicht –, daß im Sozialausschuß am Dienstag eine sogenannte Ausschußfeststellung zu diesem Gesetz abgegeben wurde.

Ich frage mich als Neuling: Kann man Gesetze denn nicht so formulieren, daß sie jeder versteht? Ist es nicht möglich, daß auch ich als Bürgerin, ohne daß ich ein politisches Mandat habe, ein Gesetz lesen kann und weiß, was man damit meint? – Das wollte ich dazu sagen. Sie haben sicher mehr Erfahrung als ich. Ich habe am Dienstag mit der Ausschußfeststellung nichts anfangen können.

Ich habe mir dann den Gesetzestext geholt – ich brauche jetzt solche Hilfen – und habe verglichen, was zuerst dringestanden ist und wie jetzt die Veränderung aussieht. Da frage ich mich schon, warum man textlich etwas verändert hat. Man hätte diese Bestimmung genau gleich lassen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daß dann vielleicht ein gewisses Mißtrauen da ist, daß man fragt, was denn wirklich dahintersteckt, müssen Sie uns zugestehen.

Zu diesem Punkt möchte ich weiters anregen, bei der Formulierung von Richtlinien und Gesetzen die Objektivität und die Transparenz der Mitteilungen zu beachten. Meiner Beobachtung nach – ich bin selbst im öffentlichen Dienst tätig – kommen sehr viele Novellierungen immer dann, wenn zuerst ein Gesetzestext nicht eindeutig formuliert worden ist. Ich glaube, es gehört zu den Aufgaben, manchen Problemen vielleicht etwas mehr Zeit und Muße und auch Diskussion einzuräumen, um dann Formulierungen zu haben, die von allen getragen werden können.

Ähnlich stellt sich für mich das Problem auch im Bereich der Werkverträge. So wie sie jetzt beschlossen werden sollen, sind sie unklar und auch nicht eindeutig formuliert. Ich fürchte, auch hier werden wir nachfolgend Interpretationsrichtlinien beziehungsweise Korrekturen bekommen. In diesem Zusammenhang möchte ich mich den Wünschen von Frau Kollegin Giesinger nach Durchführbarkeit und verständlicher Formulierung von Regierungsvorlagen anschließen.

Als Bundesrätin fühle ich mich – das sage ich ganz bewußt heute bei meiner ersten Wortmeldung – sicher primär der Bevölkerung von Oberösterreich verpflichtet. Ich sehe es als meine Aufgabe an, Richtlinien, die erstellt werden, danach zu hinterfragen, wie sie sich im Land, aber auch in den Kommunen auswirken. Als Gemeinderätin von Linz habe ich schon des öftern die Erfahrung gemacht, daß Bundesgesetze Auswirkungen speziell finanzieller Natur haben, die dann gerade die Kommunen sehr stark belasten. Ich glaube, es ist auch hier unsere Aufgabe, im Bundesrat diesen Aspekt nicht aus den Augen zu verlieren. Ich werde jedenfalls, so wie auch meine Fraktion, gegen diesen Antrag stimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.52

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zum Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Hums. Ich erteile es ihm.

14.52

Bundesminister für Arbeit und Soziales Franz Hums: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muß zunächst eines klarstellen, was immer wieder aus meiner Sicht völlig falsch zitiert wird: Der Schwerpunkt dieser Novelle liegt in der Sicherung der Finanzierung der hohen Qualität unserer Gesundheitsvorsorge und Krankenbehandlung und nicht in der Sanierung der Krankenkassen. Das wird immer wieder falsch zitiert.

Wir haben in Österreich eine vorbildliche Gesundheitsvorsorge, und diese wollen wir auch in Zukunft mit all den Fortschritten der Medizin allen erhalten, unabhängig von ihrem persönlichen Einkommen. Ich glaube, das ist mit dieser Novelle für die nächste Zeit sichergestellt. Denn wir


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müssen eines berücksichtigen: Die Kosten im Bereich des Gesundheitswesens sind auch in den letzten Jahren gestiegen.

Es gibt dafür unterschiedliche Gründe, zunächst einmal positive Gründe. Positive Gründe sind, daß die Lebenserwartung erfreulicherweise ständig steigt. Das ist erfreulich. Erfreulich ist, daß die Möglichkeiten der Medizin im Bereich der Diagnose, im Bereich der Therapie, durch den Fortschritt der Forschung im medizinischen Bereich von Jahr zu Jahr, ja von Monat zu Monat ständig steigen. Wenn jetzt jemand behaupten möchte, man könnte alle diese Fortschritte und die Gesundheitsvorsorge auch bei dem erfreulicherweise steigenden Lebensalter mit all den neuen Elementen der Medizin, die es gibt, zum Nulltarif weiterliefern, dann muß man ihm sagen, das ist nicht möglich. Es gibt daher Kostenanstiegskomponenten, die wir akzeptieren müssen, die es auch in Zukunft geben wird. Umso notwendiger ist es, daß wir dort Kosten einsparen, wo das möglich ist. Das ist auch in den letzten Monaten und auch im vorigen Jahr geschehen.

Natürlich steht das nicht alles im Gesetz. Rationalisierungen im Bereich der Verwaltung können nicht im Gesetz festgelegt werden. Sie erfolgen in Verhandlungen mit der Belegschaftsvertretung, in Organisationsänderungen. Es hat im Bereich der Sozialversicherungen vor einigen Jahren die Häusermann-Studie gegeben, eine Studie eines international anerkannten Rationalisierungsunternehmens. Diese Studie wird und wurde umgesetzt. Wir haben damals festgelegt, daß 1995/96 neuerlich geprüft wird, wieweit diese Studie umgesetzt wird, wieweit sie umgesetzt wurde, wie effizient die Schritte sind. Wir sind jetzt dabei, neuerlich auch für die künftige Zeit, voraussichtlich wieder mit einem externen Unternehmen, weitere Möglichkeiten der Rationalisierung im Bereich der Verwaltung zu suchen – ohne Qualitätsverlust für die Versicherten, ohne Kundennähe zu verlieren.

Wir haben im Bereich der Verwaltungskosten auch jetzt wieder festgelegt und bereits in den Verhandlungen zwischen Hauptverband und den Gewerkschaften umgesetzt, daß es rund 300 bis 400 Millionen Schilling Einsparungen im Bereich der Verwaltung gibt – in einem Jahr! Diese Einsparungen werden auch fortgesetzt. Sie können natürlich in der Form nicht im Gesetz stehen. Sie müssen praktiziert werden, und das geschieht.

Wir haben mit der Spitalsreform erhebliche Kostendämpfungen gemeinsam mit den Ländern vereinbart. In vielen Gesprächen von mir mit dem Hauptverband, mit der Pharmaindustrie, mit den Apothekern, mit den Vertretern der Ärzte wurden Einsparungsmaßnahmen festgelegt. So haben wir von dem Fehlbetrag, der ohne Maßnahmen im nächsten Jahr entstanden wäre, rund zwei Drittel durch vertretbare Kosteneinsparungen hereingebracht, Kosteneinsparungen, die auch im Hinblick auf die Qualität der Gesundheitsvorsorge vertretbar sind.

Nach all diesen Einsparungen bleibt aber aufgrund der vorher zitierten Situation, daß wir erfreulicherweise länger leben, daß wir den medizinischen Fortschritt allen zugute kommen lassen müssen und wollen, ein Betrag, der für die Finanzierung noch offen ist und der auf der Einnahmeseite hereinzubringen ist.

Sie kennen die Diskussion. Und wenn immer von den Wahlen geredet wird: Wir haben mit den Bestimmungen des Strukturanpassungsgesetzes, mit den Bestimmungen dieser Novelle kein einziges Mal Versprechen gebrochen, aber überhaupt keines. Wir haben im Bereich der Gesundheitsvorsorge auf sozialdemokratischer Seite erklärt: Wir werden nicht zulassen, daß es Selbstbehalte in Formen gibt, die sozial Schwächeren medizinische Leistungen verwehren oder Barrieren aufbauen würden, daß jemand zum Arzt geht. Mit keiner einzigen Bestimmung dieser Novelle wird dagegen verstoßen. Ganz im Gegenteil, sie sichert ab, daß auch in Zukunft allen der medizinische Fortschritt zur Verfügung steht.

Nach den Kosteneinsparungen gab es eben die Überlegung: Wie ist diese Differenz, dieses fehlende Drittel hereinzubringen? – Die Entscheidung war rasch zu treffen, und zwar auch deshalb, weil aufgrund der heutigen Situation in einzelnen Bereichen der Krankenversicherungen schon die Diskussion zu führen war und auch entsprechende Beschlüsse von den Selbstverwaltungen bereits gefaßt werden mußten, das Krankengeld zu reduzieren. Beispielsweise mußte die Wiener Gebietskrankenkasse aufgrund der Finanzsituation und der bestehenden


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gesetzlichen Situation den Anspruch auf Krankengeld auf das gesetzliche Maß zurückführen. Die jetzige gesetzliche Regelung ist so, wie Sie wissen, daß im Gesetz 26 Wochen vorgesehen sind, und die einzelnen Sozialversicherungen dann bis zu 78 Wochen erhöhen können. Die Wiener Gebietskrankenkasse mußte eben ihre satzungsmäßigen Mehrleistungen zurücknehmen. Das ist noch nicht in Kraft, weil dieses Geschäftsstück noch im Sozialministerium liegt, und diese Bestimmungen werden jetzt auch nicht in der Form in Kraft treten, weil wir mit dieser Novelle zwei Dinge machen: erstens die Finanzierbarkeit verbessern, und zum zweiten beschließen Sie mit dieser Novelle, daß der gesetzliche Anspruch auf Krankengeld von 26 Wochen auf 52 Wochen angehoben wird – eine entscheidende Verbesserung im Gesetz. Gleichzeitig bleibt natürlich offen, daß die satzungsmäßige Möglichkeit besteht, bis auf 78 Wochen mit dem Krankengeld zu gehen. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Ich glaube, das ist eine ganz wesentliche und notwendige Maßnahme. Denn es wäre aus meiner Sicht nicht vertretbar, Menschen, die schwer krank sind, nur ein halbes Jahr lang – wie es heute im Gesetz vorgesehen ist – den Anspruch zu gewähren. Das heißt, diese Maßnahme wird auch heute hier von Ihnen als wesentliche Verbesserung beschlossen werden.

Nun zu einer anderen Diskussion. Herr Bundesrat Drochter hat es bereits erklärt, und Sie alle wissen das auch von mir: Ich habe vor den Wahlen seit meiner Amtsübernahme immer wieder erklärt, daß aufgrund der Situation, daß es bessere Leistungen gibt, Beitragserhöhungen nicht auszuschließen sind. Das habe ich immer erklärt. Ich bin für maßvolle Beitragserhöhungen eingetreten, die gleichzeitig auch nicht mehr erklärbare Differenzierungen zwischen einzelnen Gruppen schrittweise beseitigt oder gemindert hätten. Dafür bin ich eingetreten.

Es war nicht möglich. In einer Koalition muß man beide Seiten berücksichtigen. Es ist zu einem Kompromiß gekommen, zu dem ich auch stehe. Und in diesem Kompromiß ist vorgesehen, daß im Bereich der Aktiven, die bei den Gebietskrankenkassen versichert sind, also dort, wo es noch keinen Selbstbehalt gibt – in anderen Bereichen, in denen es einen Selbstbehalt heute schon gibt, beispielsweise im Bundesdienst, bei den Eisenbahnern, bei den Bauern und Gewerbetreibenden, wird diese Neuregelung nicht wirksam –, eine Krankenscheingebühr eingeführt wird. Von dieser Krankenscheingebühr sind aber ausgenommen: Kinder, sozial Schwächere, die auch von der Rezeptgebühr befreit sind, und Pensionisten. Daher stehe ich zu diesem Kompromiß insofern, als andererseits auch gleichzeitig in diesen Verhandlungen festgelegt wurde, daß ein erheblicher Teil der Kosten, die heute bei den Gebietskrankenkassen im Bereich des Wochengeldes anfallen, künftig durch eine analoge Regelung – wie beim Karenzgeld – im Verhältnis 70 : 30 zwischen Familienlastenausgleichsfonds und Krankenversicherung getragen wird.

Warum hängt das damit zusammen? – Der Familienlastenausgleichsfonds wird aus Dienstgeberbeiträgen finanziert, wobei ich zu den Dienstgeberbeiträgen insgesamt sagen möchte, daß natürlich auch die Dienstgeberbeiträge in Wirklichkeit – wie beim Familienlastenausgleichsfonds, bei dem das einmal durch einen Verzicht der Arbeitnehmer auf Lohnmaßnahmen getragen wurde – von den Dienstnehmern erst einmal zu verdienen sind. Das ist keine Frage. Aber jetzt gibt es diese Ausgewogenheit, daß natürlich auch die Dienstgeber auf dieser Seite über diesen Familienlastenausgleichsfonds – allerdings ohne jetzige neuerliche Belastung – dazu beitragen.

Die Krankenscheingebühr ist aus meiner Sicht eine Kompromißvariante, die ich nicht für die beste halte. Ich habe das immer offen erklärt, und ich sage es auch hier. Es ist eine Kompromißvariante, zu der ich stehe, weil sie notwendig war, um die jetzigen Finanzierungsmaßnahmen abzusichern. Ich hoffe, daß das irgendwann einmal im Zusammenhang mit Neuregelungen im Beitragswesen, mit Neuregelungen im Lohnnebenkostenbereich, mit Neuregelungen von alternativen Finanzierungen, beispielsweise im Bereich der Tabaksteuer und und und neu diskutiert und geregelt wird.

Das Problem dieser Krankenscheingebühr liegt nicht im sozialen Bereich. Aufgrund der vielen Ausnahmen, die ich vorher angeführt habe – ausgenommen sind auch Überweisungen zum Facharzt durch den praktischen Arzt –, ist es aus meiner Sicht nicht ein soziales Problem, son


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dern ein Problem der Verwaltungskosten. Und daher glaube ich, man sollte das künftig wieder diskutieren, aber im Zusammenhang mit einer gesamten Neuregelung der Finanzierung.

Warum wird diese Gebühr von den Dienstgebern einzuheben sein? – Hier möchte ich bei Herrn Bundesrat Mag. Langer anschließen. Er hat angeregt, die Ärzte sollten das kassieren. Die Krankenscheine werden derzeit aus berechtigten Gründen von den Dienstgebern ausgegeben. Die Dienstgeber hätten bei meiner Variante mit zur Beitragserhöhung beitragen müssen. Die Letztvariante von mir sah übrigens fünf Hundertstel Prozentpunkte Beitragserhöhungen bei den Arbeitern und fünfzehn Hundertstel bei den Angestellten vor. Das ist längerfristig gesehen sicherlich auch ein späteres Diskussionselement. Die Dienstgeber brauchen diese Beitragsleistung nach diesem Kompromiß nicht zu zahlen. Sie haben daher aber die Aufgabe, diese Krankenscheingebühr einzuheben, denn es wäre den Versicherten nicht zumutbar, daß sie Krankenscheine außerhalb des Betriebes irgendwo besorgen müssen. Und die Ärzte sind für diese Gebühr nicht eingetreten, daher wäre es sehr schwer gewesen, ihnen diese Gebühr zur Einhebung dann vorzuschreiben.

Das ist der Grund für die Einhebung der Gebühr durch die Dienstgeber, und das ist diese Kompromißvariante, zu der die Sozialpartner auch gestanden sind. Ich sage Ihnen ganz offen, es gibt bei mir keine doppelten Erklärungen. Ich habe immer erklärt, es wäre aus meiner Sicht eine maßvolle Beitragsanhebung vernünftiger gewesen, die Dienstgeber und Dienstnehmer getragen hätten und die den geringsten Verwaltungsaufwand verursacht hätte. Ich stehe aber zu diesem Kompromiß, weil er die jetzige Regelung ermöglicht, weil er die finanzielle Sicherheit des Gesundheitswesens jetzt und hier ermöglicht. Ich stehe aber nicht an zu sagen, daß auch das wieder einmal diskutiert werden soll.

Zur Kritik, die ich bei dieser Gelegenheit immer wieder höre, daß es im ASVG schon so viele Novellen gibt: Das Schrecklichste wäre, wenn es im ASVG nicht immer wieder zeitgerecht Novellen geben würde. In diesem Gesetzesbereich, der am meisten mit unserem Leben verbunden ist, ist es immer wieder notwendig, daß wir korrigieren und anpassen. Und das geschieht auch hier mit diesen Maßnahmen, wobei ich gleich eines vorweg zu den immer wieder diskutierten Werkverträgen sagen möchte.

Das Problem der Werkverträge, der unechten Werkverträge ist zu lösen, so unpopulär das sein mag. Als Sozialminister hätte ich es mir leichter machen und das Ganze so belassen können, wie es heute ist. Nur ist in den letzten Jahren immer mehr und mehr die Tendenz verstärkt worden, daß Dienstverhältnisse umgangen wurden durch unechte Werkverträge, unechte Werkverträge, die dazu führen, daß der Betroffene in Wirklichkeit die gleichen Tätigkeiten verrichtet, aber keinen sozialen Schutz hat. Und das kann man als verantwortungsbewußter Politiker nicht mehr akzeptieren, weil hier viele Menschen keinen sozialen Schutz haben und weil immer mehr und mehr diese Möglichkeiten genützt werden, um die Sozialversicherungspflicht bei diesen Tätigkeiten zu umgehen.

Die Zukunft wird immer mehr Probleme bereiten, was die Einteilung betrifft. Früher einmal war es völlig klar, wer in der Früh in ein Unternehmen gegangen ist und am Abend wieder heimgegangen ist, war ein Dienstnehmer. Aber immer mehr gibt es jetzt die Möglichkeit – Telearbeit und so weiter –, daß man von vornherein ausweicht, zum Schaden der Betroffenen, die dann keinen Sozialversicherungsschutz haben.

Ich verstehe, daß viele junge Menschen vielleicht nicht daran denken, daß sie diesen Schutz brauchen, und auch gegen diese Bestimmungen eintreten, weil sie ohne diese Beiträge netto mehr verdienen. Das ist aber kurzsichtig! Denn beim ersten Unfall, bei der ersten größeren Krankheit und später natürlich beim Pensionsanspruch fehlen der Versicherungsschutz, diese Versicherungsjahre und -zeiten. Daher bitte ich um Verständnis, daß es notwendig war – es ist eine schwierige Materie, eines der schwierigsten Kapitel im Bereich der Sozialversicherung, man denke an die Abgrenzungen und und und –, hier eine Regelung zu treffen.

Ich stehe nicht an, hier zu sagen: Auch in diesem Bereich wird es noch eine Reihe von Novellierungen geben, bis wir das gesamte neue System auch praxisgerecht gestaltet haben.


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Und wenn es heute einzelne Ausnahmen gibt: Niemand braucht bei diesem Problem, bei dem es so viele Gegeninteressenten gegeben hat, zu glauben, was manchesmal publiziert wird, nämlich daß wegen irgendeiner Gruppe im Bereich der Kolporteure unter Druck eine Ausnahme gemacht wurde. Wer dieses Thema angreift, der hat – wie sich bisher bewiesen hat – so viele einflußreiche und potente Gegner, daß es auf den einen oder anderen mehr oder weniger nicht mehr angekommen wäre. Aber diese Ausnahmeregelung wurde im Zusammenhang mit bereits bestehenden getroffen.

Mein Fernziel ist es – das wird nicht rasch umsetzbar sein, muß aber das Ziel sein –, daß es ein dem Namen nach gerechtes allgemeines Sozialversicherungssystem gibt, bei dem dann jedes Erwerbseinkommen – ohne genauere Definition – von einer bestimmten Einkommensgrenze bis zu einer bestimmten Einkommensgrenze sozialversicherungsfähig und sozialversicherungspflichtig ist.

Das ist nicht von heute auf morgen umsetzbar, das muß aber das Ziel sein. Das Schlechteste wäre, dieses Problem nicht anzugreifen und vielen Menschen wie bisher keinen Sozialversicherungsschutz zu geben.

Daher ersuche ich Sie auch um die Zustimmung zu dieser Maßnahme – im vollen Bewußtsein, daß sie nicht perfekt ist.

Frau Bundesrätin Moser hat vorher gesagt, sie kommt aus dem öffentlichen Dienst, und sie hätte gerne – wer denn nicht? – mehr Zeit und Muße, um derartige Regelungen zu treffen. Ja ich hätte sie auch gerne, nur die Zeit ist so schnellebig, daß es immer neue Möglichkeiten gibt, auf die wir reagieren müssen. Daher müssen wir auch den Mut zur Unvollkommenheit haben – zum Schutz der Menschen, zum Sozialversicherungsschutz.

Es kam auch die Argumentation, man könnte sich das nicht leisten, man könnte Geld sparen. – Ja wenn dieses Argument stimmen würde, dann wäre ja die fortschrittlichste Lösung, daß wir die ganze Sozialversicherung abschaffen. Wenn das für einzelne richtig wäre, wäre es für alle anderen auch richtig. Daher meine Bitte, das zu verstehen und diesem System Ihre Zustimmung zu geben.

Zur Diskussion über die Anhebung der Krankenversicherungsbeiträge für die Pensionisten: Wer das als Pensionskürzung bezeichnet, hat von der Systematik der Sozialversicherung keine Ahnung. Das ist ein Beitrag, für den die Pensionisten Verständnis haben. Ich habe in vielen Versammlung, bevor in der Öffentlichkeit so verzerrende Darstellungen gebracht wurden, sehr oft mit den Pensionisten darüber diskutiert und immer Verständnis dafür gefunden, weil gerade die Pensionisten wissen, was Gesundheitsvorsorge und Krankenbehandlung bedeuten. Sie haben Verständnis für diese Anhebung um 0,25 Prozentpunkte, weil wir erfreulicherweise länger leben, weil die Qualität der Medizin steigt und sie alle damit eingeschlossen sein wollen, weil wir kein System wollen, in dem man dem ab einem bestimmten Alter beispielsweise keine Hüftgelenksoperation bekommt und ähnliches. – So sparen andere, um ihre Systeme zu sanieren.

Diese Anhebung um 0,25 Prozentpunkte sind bei 10 000 S 25 S brutto. Wenn es mehr wird, gibt es auf der Steuerseite wieder eine Entlastung für diese Beiträge. Ich glaube, das ist verständlich und erklärbar, wenn man davon ausgeht, daß die Qualität der medizinischen Leistungen steigt.

Problematisch ist sicher auch die Diskussion um die Anhebung der Rezeptgebühr. Auch hier war die Notwendigkeit der Finanzierung ausschlaggebend. Das war aber gleichzeitig mit einer verstärkten Diskussion mit den Ärzten, mit den Apothekern und mit der Pharmaindustrie. Wir haben mit der Pharmaindustrie, mit den Apothekern festgelegt, daß wir im Bereich der Kosten für die Medikamente Senkungen durchführen werden. Und gleichzeitig soll das hier auch der Anlaß sein – mein Appell richtet sich an alle Ärzte –, bewußter umzugehen mit dem Verschreiben von Medikamenten, bewußter umzugehen mit der Anzahl der Medikamente überhaupt, die verschrieben werden, nicht zum Nachteil, sondern zum Vorteil der Versicherten, und bewußter umzugehen mit den Packungsgrößen, die verschrieben werden.


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Wenn jemand chronisch krank ist und bestimmte Medikamente für sehr lange Zeit braucht, dann ist mein Appell an die Krankenversicherungen, an die Ärzte – und nicht nur der Appell, sondern auch die direkte Aufforderung an sie –, Packungsgrößen vorzusehen, die dazu führen, daß man sich bei neuen Packungsgrößen sogar noch Geld ersparen kann bei der Rezeptgebühr. Es soll ein Anreiz sein, daß wir alle miteinander nachdenken.

Wir geben rund 15 Milliarden für Medikamente aus. Von diesen 15 Milliarden, ohne daß ich es hier quantifizieren möchte, landet doch ein Teil, der nicht zu rechtfertigen ist, im Sondermüll. Denn es werden viele Medikamente verschrieben, der Patient besorgt sie, geht nach Hause, liest den Beipackzettel und beschließt, überleben zu wollen, und legt die Medikamente weg (Heiterkeit), weil auf dem Beipackzettel so viel draufsteht, was in Wirklichkeit gar nicht so dramatisch ist, aber er bekommt keine Information.

Daher haben wir jetzt eine eigene Gruppe, die sich mit dem vernünftigeren Umgang mit Medikamenten beschäftigt. Wir wollen dadurch kostendämpfend wirken und die Kosten nicht so sehr steigen lassen, weil wir ebenfalls die vernünftige Verschreibweise suchen.

Ich möchte hier nicht noch auf alle anderen Details eingehen, nur eines möchte ich schon noch erklären im Zusammenhang mit der Diskussion um die Transportkosten: Auch wenn hier eine andere legistische Formulierung als früher steht, die bei manchen irgendwelche Diskussionen ausgelöst hat: Transportkosten sind und bleiben auch in Zukunft eine Pflichtaufgabe der Sozialversicherungsträger. Das möchte ich hier nochmals eindeutig erklären. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Bei den Fahrtkosten – hier gibt es wirklich eine Bandbreite, die oft auch zur Diskussion bei vielen Versicherten geführt hat – liegt es im Bereich der Selbstverwaltung zu entscheiden. Und bitte trauen Sie doch der Selbstverwaltung! Das sind die Vertreter der Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die dort sind. Aber nochmals: Transportkosten bleiben auch in Zukunft eine Pflichtaufgabe. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.16

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schaufler. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.

15.16

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister für Arbeit und Soziales! Verehrte Damen! Geschätzte Herren! Hohes Haus! Grundsätzliche Vorbemerkung: Diese 53. Novelle zum ASVG ist ganz einfach eine Notwendigkeit, weil sie der Erhaltung des hohen Standards an medizinischer Versorgung in Österreich dient. Und die zentrale Rolle der gesetzlichen Krankenversicherung wird doch hoffentlich von allen unbestritten sein, weil doch 99 Prozent der Bevölkerung von dieser Krankenversicherung erfaßt sind, sei es als Versicherte direkt oder als Angehörige.

Warum gibt es diese Novelle? – Wir wissen, daß der Abgang 1996 insgesamt bei etwa 5,8 Milliarden liegen würde und auch 1995 Abgänge vorhanden gewesen sind. Bei der Gebietskrankenkasse Niederösterreich, von der ich die Details sehr gut kenne, betrug er 1 Prozent. Das ist nicht so sehr bedenklich, aber man muß rechtzeitig gegensteuern. Wien – das war 1995 schon ein Brocken – hatte einen Abgang in der Höhe von 1,4 Milliarden Schilling, wobei ich, wenn ich schon den Spitzenreiter beim Abgang erwähne, doch auch die Gebietskrankenkasse erwähnen muß, die im Plus geblieben ist, nämlich die Gebietskrankenkasse Vorarlberg.

Nun zu den Details der Novelle. Die Einführung des sogenannten Controllings ist aus der Sicht meiner Vorbemerkungen eigentlich gut. Der Hauptverband soll die Entwicklung der Ein- und Ausgabenseite beobachten. Doch muß ich hier ein bißchen Kritik anbringen. Auf meine Fragen im Sozialausschuß des Bundesrates habe ich die Antwort des zuständigen Ministerialrates bekommen, die so gelautet hat, daß im geltenden Recht bereits Bestimmungen enthalten sind, die den Hauptverband zur Beobachtung der Entwicklung, aber auch zum Setzen von Maßnahmen zum Erhalt der Leistungsfähigkeit verpflichten.


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Im schon erwähnten Fall der Gebietskrankenkasse Wien mit einem Abgang von 1,4 Milliarden Schilling im Jahr 1995 hat der Hauptverband anscheinend von dieser Bestimmung keinen Gebrauch gemacht. Da darf ich doch die Frage stellen: Warum eigentlich nicht? – Ich hoffe aber, daß mit dem neuen Controlling effizienter umgegangen wird, um negativen Entwicklungen gegenzusteuern.

Jedenfalls entbehrt jene Befürchtung, die auch immer geäußert wurde, daß dieses Kontrollsystem zu einem zusätzlichen Geldtransfer von positiv gebarenden Gebietskrankenkassen zum Hauptverband oder anderen Gebietskrankenkassen führen könnte, jeder Grundlage. Dazu gibt es die vorhandenen Ausgleichstöpfe, und es wird kein neuer geschaffen.

Insgesamt sind die Maßnahmen also notwendig, um den schon erwähnten hohen Standard zu halten. Ich begrüße die Verhandlungen mit der Pharmaindustrie, die zu Einsparungen bei Medikamenten führen werden. Ich hoffe, daß auch die Preise insgesamt sinken. Ich habe dazu schon einmal hier im Bundesrat Stellung genommen, und da hat mich dann eine Stellungnahme der Apothekerkammer erreicht, in der es hieß, die Spannen seien in Österreich nicht höher als in Deutschland. Das habe ich seinerzeit nicht gemeint, sondern nur die Endpreise, die verrechnet werden, und diese sind in Österreich im Vergleich zu anderen EU-Staaten relativ hoch.

Wir konnten ja auch bemerken, wenn man sich die Jahresberichte der Gebietskrankenkassen anschaut, daß die Einkommenszuwächse der Dienstnehmer, die ja auch zu Einkommenszuwächsen bei den Krankenkassen führen, immer nur etwas mehr als die Hälfte der Ausgaben bei Krankenkassen, Ärzten und dergleichen ausgemacht haben. Das ist ein Auseinanderklaffen, dem natürlich entgegengewirkt werden muß, und daher ist auch bei den Vertragsärzten einzusparen.

Ebenso wird in der Verwaltung eingespart werden – an die 300 Millionen. Das hat ein Kollege von den F anders gesehen, aber auch da wird es zu Einsparungen kommen. Und auch die Neuregelungen beim Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds werden Einsparungen bringen.

Was mir aber Sorge bereitet, ist die Erhöhung der von mir so genannten Selbstbehalte: die Rezeptgebühr um 7 S. Das ist ein relativ hoher Prozentsatz, wobei die Diskussion vorher in die Richtung gegangen ist, daß es Vorschläge gegeben hat, die Rezeptgebühr um beinahe 100 Prozent anzuheben. Ich meine, daß es wohl eine notwendige Maßnahme ist, aber man soll hier sehr vorsichtig an der Schraube drehen.

Ein besonderes Hobby von mir ist die sogenannte – vom Herrn Minister schon angezogene – Krankenscheingebühr. Ich sage es ganz klar und deutlich: Ich halte diesen zweiten Selbstbehalt im Bereich der Krankenkassen für entbehrlich. Sie, Herr Sozialminister, scheinen nunmehr auch umzudenken, wie wir hören konnten, und auch der heutige "Kurier" hat eine Meldung zu dem Thema gebracht, die wir gelesen haben. Es wird dies also nicht unbedingt eine Dauerlösung sein können.

Ich meine, wenn es schon zu einer Krankenscheingebühr kommt, dann bin ich gemeinsam mit einigen Vorrednern der Auffassung, daß die Einhebung über den Dienstgeber eine sehr schlechte Lösung ist. Ich würde überhaupt meinen, daß ein völlig anderes System, nämlich das System einer Chipcard, alles lösen würde. Und ich bin auch der Auffassung, daß sie finanzierbar wäre – aber ich weiß, daß mein Kollege Kaufmann zu diesem Thema noch umfangreicher reden wird, daher möchte ich dazu nicht mehr sagen. Aber wenn schon eine Krankenscheingebühr, dann sollte doch die Einhebung beim behandelnden Arzt vorgenommen werden. Ich darf das kurz begründen:

Erst beim Arzt wird der gelöste Krankenschein eigentlich tatsächlich kostenschlagend, denn es könnte ja auch sein, daß sich ein Arbeitnehmer einen Krankenschein von seinem Dienstgeber löst, 50 S bezahlt und ihn dann nicht braucht. Wie bekommt er dann seine 50 S retour? – Grundsätzlich gar nicht! Und auch das Argument der Ärzteschaft, daß sie eigentlich nichts mit Geld zu tun haben wollen, ist grundsätzlich unrichtig, denn in der Praxis ist es doch so, daß, wenn jemand erkrankt ist, ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen möchte und noch keinen Kran


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kenschein hinterlegt hat, er zum Arzt geht und ihm einige 100 S als Sicherstellung abverlangt werden. Da hat also der Arzt schon mit Geld zu tun.

Wenn also Krankenscheingebühr, dann Einhebung durch die Ärzte, weil ich auch glaube, daß es die einfachste und die billigste Art im Sinne der Verwaltung wäre. Denn es ist doch ganz einfach: Ein Arzt rechnet im Monat – ich sage jetzt einmal – 200 Krankenscheine ab; dann bekommt er eben um 10 000 S weniger von der Krankenkasse überwiesen, und damit wäre seine Leistung in einfacher Gegenverrechnung abgedeckt. Aber ich sage nochmals: Besser wäre es, über die Chipcard nachzudenken und diese einzuführen.

Was ich an dieser Novelle begrüße, ist, daß der Bezug von Krankengeld auf 52 Wochen gesetzlich festgelegt wurde und daß daneben auch weiter die Möglichkeit besteht, die freiwillige satzungsmäßige Mehrleistung bis zu 78 Wochen aufrechtzuerhalten. Die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse hat bereits erklärt, daß sie jedenfalls bei 78 Wochen bleiben wird, das ist sicher, und darüber bin ich als Niederösterreicher sehr froh.

Ich begrüße auch, daß es zu einer Erweiterung der Liste der Berufskrankheiten gekommen ist – da hat es ein Problem gegeben –, daß also Krankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden, de facto aufgenommen wurden. Damit wird einer Forderung von Dienstnehmern in der Land- und Forstwirtschaft Rechnung getragen.

Ich darf aber zu einem weiteren Punkt kommen, den ich etwas kritisch gesehen habe, muß ich sagen. Einer der Vorredner von den F hat offenbar noch immer nicht kapiert, daß die Situation nunmehr klargestellt ist. Ich gebe schon zu: Ich bin kein Jurist, auch für mich als Nichtjurist war die Bestimmung hinsichtlich Krankentransportkosten schwer lesbar, aber Frau Bundesrätin Kainz und ich haben eine Klarstellung im Ausschuß eingebracht, und nunmehr ist alles klar. Daß aber selbst die Vertreter der F, die im Ausschuß waren, noch immer nicht glauben, daß das klargestellt ist (Bundesrat Dr. Tremmel: Warum war dann eine Ausschußklarstellung notwendig?), daß sie dem zuständigen Ministerialrat noch immer nicht zugehört haben, daß eine verbindliche Mustersatzung in diesem Bereich vorbereitet wird (Bundesrat Dr. Kapral: Das haben wir schon gemerkt, daß etwas vorbereitet wird!), sodaß Krankentransportkosten auch künftig – Herr Minister Hums hat das jetzt vor drei Minuten auch ganz klar gesagt ... (Bundesrat Dr. Kapral: Nichts anderes, Kollege Schaufler, als die Klarstellung des Herrn Bundesministers war unser Anliegen!) Meine Herren von den F! Sie könnten eigentlich aus diesem Grund der 53. ASVG-Novelle zustimmen! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie, meine Herren, haben meinen Parteifreund Ing. Hans Kellner als Präsident des Niederösterreichischen Roten Kreuzes zitiert. Ich habe ihm bereits gestern – oder eigentlich vorgestern, nach der Klarstellung im Ausschuß (Bundesrat Dr. Kapral: Was, gestern oder vorgestern?) – einen Brief geschrieben, in dem ich ihm diese Ausschußfeststellung übermittelt habe, sodaß er die Sorge los hat, die nicht nur das Rote Kreuz, sondern auch andere Sanitätsdienste hatten. (Bundesrat Dr. Kapral: Sie geben zu, daß er Sorge gehabt hat!) – Weil es schwer lesbar war, das war der einzige Kritikpunkt. Aber es war immer klar, daß es eine Pflichtleistung bleibt. – Die Sanitätsdienste haben also diese Sorge nicht mehr. (Bundesrat Dr. Tremmel: Wenn man sich selbst bei etwas nicht auskennt, sagt man vorerst, der andere kennt sich nicht aus!)

Was mir als Arbeitnehmervertreter aber Sorge bereitet, ist das fallweise laute Nachdenken des Herrn Finanzministers Mag. Klima. War es im Frühjahr die Idee, die Sonderzahlungen stärker zu besteuern – wobei er natürlich wußte, daß sich da eine Welle des Protestes von den Arbeitnehmern erheben wird; es ist ja auch still geworden darum, ich erwähne es nur –, so ist es jetzt die Idee, die Sozialversicherungsbeiträge einer Besteuerung zu unterziehen. Dazu ganz klar aus der Sicht, aus der Position eines Arbeitnehmervertreters an die Adresse des Herrn Finanzministers: Wir haben das Sparpaket, das Strukturanpassungsgesetz noch lange nicht verkraftet; eine zweite belastende Maßnahme für Arbeitnehmer kann und darf es nicht geben.

Nun wieder zu etwas Positivem: Aus der vorliegenden Novelle ist auch ersichtlich – das wurde heute noch gar nicht angesprochen –, daß die Mitglieder von Freiwilligen Feuerwehren und ähnlichen Organisationen in die Unfallversicherungspflicht miteinbezogen werden. Ich glaube, daß


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das für diese freiwilligen Helfer – egal ob bei Feuerwehren oder anderen Einrichtungen – eine Notwendigkeit ist, der diese Novelle nunmehr Gott sei Dank Rechnung trägt. (Beifall des Bundesrates Hüttmayr.)

Ebenso begrüße ich die Regelung, fachkundige Laienrichter, Schöffen und Geschworene in die Unfallversicherung einzubeziehen. Ich weiß als Funktionär einer Interessenvertretung, wie schwierig es war, diese fachkundigen Laienrichter zu nominieren und schlußendlich im Falle einer Berufung bei Gericht und im Falle eines Unfalles die notwendigen Maßnahmen der Rehabilitation abgedeckt zu bekommen. Das ist eine ganz notwendige Maßnahme, die ich sehr begrüße.

Nun abschließend noch eine Anregung. Es ist in diesem Sozialrechts-Änderungsgesetz auch der Titel des Arbeitslosenversicherungsgesetzes angezogen. Die derzeitige Regelung, daß bei einem Einkommen in Höhe von 3 600 S oder knapp darüber das Arbeitslosengeld entfällt, ist grundsätzlich zu überdenken. Ich darf zum besseren Verständnis ein kurzes Beispiel bringen:

Falls ein Arbeitnehmer am 8. oder 10. eines Monats seinen Arbeitsplatz verliert, wenn er also arbeitslos wird, und er in diesem Teil des Monats schon 3 601 S verdient hat, bekommt er für die restlichen 20 oder 22 Tage – wenn es der 9. war und ein Monat mit 31 Tagen; nur der Vollständigkeit halber – keinen Schilling Arbeitslosengeld. Und das, so meine ich, ist für viele eine Härte, eine Situation, die unhaltbar ist. Da muß es doch zu einer Lösung kommen, die erträglich ist.

Ich darf schlußendlich trotz meiner mehrfach kritischen Anmerkungen sagen, daß ich gerne der 53. Novelle zum ASVG, dem Sozialrechts-Änderungsgesetz, zustimme, weil diese Maßnahmen insgesamt notwendig sind, um die Krankenversorgung auf unserem gewohnt hohen Standard zu halten und künftig weiterentwickeln zu können. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

15.31

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Perl. – Bitte.

15.31

Bundesrätin Gertrude Perl (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Vieles, sehr vieles ist zu den heute vorliegenden Novellen schon gesagt worden; vieles wird noch gesagt werden. Ein Faktum ist jedoch bei allen Debattenbeiträgen, bei allen Überlegungen, bei allen Stellungnahmen anzumerken: Niemand ist glücklich, wenn es Erhöhungen und Belastungen finanzieller Art geben muß. Keiner will aus seinem Portemonnaie etwas hergeben, etwas zahlen müssen. Alles soll möglichst so bleiben, wie es war – und das auch noch bei gleichbleibend guter Qualität. – Ein solcher Zustand, sehr geehrte Damen und Herren, kann aber nicht immer aufrechterhalten werden. Herr Bundesminister Hums hat das in anschaulicher Weise bereits ausgeführt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Uns Sozialdemokraten – das kann ich ruhigen Gewissens sagen – wäre es auch lieber gewesen, wenn diese heute hier zu beschließenden Maßnahmen nicht notwendig gewesen wären, aber es geht um die Erhaltung unseres weltweit mehr als anerkannt guten Sozialsystems. Wir wissen, daß 99 Prozent der österreichischen Wohnbevölkerung der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegen. Die Lebenserwartung der Menschen ist erfreulicherweise durch unsere gute Gesundheitsvorsorge höher geworden. Die steigenden Ausgaben sind auch damit zu rechtfertigen, daß der medizinische Fortschritt nicht haltgemacht hat und medizinische Einrichtungen teurer geworden sind.

Es geht darum, in der Gesundheitsversorgung keinen Qualitätsverlust aufkommen zu lassen. Auch Bundesminister Hums hat das bereits festgestellt: Es geht nicht um die Sicherung der Finanzierung der Krankenkassen, wie es verzerrt dargestellt wird, sondern es geht uns darum, unsere gute Gesundheitsversorgung mit dem Ziel zu erhalten, daß durch die Reformen eine Kostendämpfung ohne Qualitätsverlust gewährleistet wird. Und es muß allen Menschen der Zugang zu den guten medizinischen Einrichtungen auch weiterhin offen stehen.


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Zu betonen und ebenfalls zu wiederholen ist, daß bereits 1995/96 Einsparungen im Medikamenten- und Heilbehelfebereich durch Verhandlungen mit den Vertragspartnern erzielt wurden. Auch wurden gesetzliche Maßnahmen eingezogen, wie zum Beispiel hinsichtlich KRAZAF-Zahlungen, Kostenbeteiligung bei Kuraufenthalten, Beitragspflicht für dienstnehmerähnliche Werkverträge und freie Dienstverträge, um nur einiges zu nennen. Ohne diese Maßnahmen würden die Defizite bei Krankenversicherung und Gebietskrankenkasse 1996/97 wesentlich höher ausfallen. Durch diese einnahmenorientierte Ausgabenpolitik ist der Spielraum für ausgabenseitige Einsparungen des Hauptverbandes der Krankenversicherungsträger großteils ausgeschöpft, wenn man nicht eine Leistungseinschränkung und damit eine Minderung der Qualität der Gesundheitsvorsorge in Kauf nehmen will.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es liegt auf der Hand, daß eine Verringerung des Defizits nur mehr durch gesetzliche Maßnahmen auf der Einnahmenseite erfolgen kann. Das vorliegende Novellenpaket sieht daher Maßnahmen zur Deckung des Defizits vor. Zugegebenermaßen wäre uns Sozialdemokraten eine verträgliche Beitragssatzerhöhung mit einer Harmonisierung zwischen Angestellten und Arbeitern beziehungsweise eine Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage in der Krankenversicherung lieber gewesen.

Der Kompromiß – wir haben es heute bereits mehrere Male gehört, und ich betone es noch einmal – ist die Krankenscheingebühr in Höhe von 50 S pro Quartal und Krankenschein für einen praktischen Arzt, unabhängig von der Zahl der Arztbesuche. Ausgenommen davon sind, wie bereits bekannt, Pensionisten, Kinder sowie von der Rezeptgebühr befreite Personen. Auch für Überweisungen und Urlaubskrankenscheine ist keine Gebühr zu bezahlen.

Für Pensionisten – wir haben auch dies bereits gehört – gibt es keine Krankenscheingebühr. Ihr Beitrag zur Sicherung der Qualität der Gesundheitsvorsorge ist die Anhebung des Beitragssatzes zur Krankenversicherung um 0,25 Prozentpunkte. Insgesamt beträgt der Beitragssatz für Pensionisten nunmehr 3,75 Prozent. Sehr wichtig ist, sehr geehrte Damen und Herren, dabei anzuführen, daß bei Pensionisten die Krankenversicherungsbeiträge die Steuerbemessungsgrundlage reduzieren. Dies ist auch eine kleine Milderung und wird oft übersehen. Man muß auch die Anhebung der Krankenversicherungsbeitragssätze der Pensionisten als einen Kostenbeitrag zur Sicherung der steigenden medizinischen Möglichkeiten durch neue Diagnose- und Therapieeinrichtungen, die steigende Lebenserwartungen bringen, sehen.

Ein weiterer Punkt zur Finanzierung der sozialen Krankenversicherung ist die Anhebung der Rezeptgebühr von derzeit 35 S auf 42 S, also eine Erhöhung um 7 S. Die Befreiungen von der Rezeptgebühr bleiben auch weiterhin aufrecht. Bei der Inanspruchnahme von Nichtvertragsärzten jedoch werden in Hinkunft nur mehr 80 Prozent als Kostenersatz gewährt.

Hinsichtlich des Bezuges von Krankengeld von derzeit 26 Wochen sind im Gesetz hinkünftig 52 Wochen festgelegt. 26 Wochen waren von der Wiener Gebietskrankenkasse aus Finanzierungsgründen bereits beschlossen. Eine generelle Reduzierung auf 26 Wochen wird damit gesetzlich abgewendet. Die Krankenkassen haben darüber hinaus weiterhin die Möglichkeit, über den gesetzlichen Mindestzeitraum von 52 Wochen hinaus den Anspruch auf Krankengeld in den Satzungen vorzusehen. Die Verankerung von 52 Wochen im Gesetz ist deshalb so enorm wichtig, da es damit einen Rechtsanspruch gibt.

Ein Wort noch zu dem neu im Gesetz vorgesehenen und sehr kritisierten Controlling-System. In Hinkunft sind die Krankenkassen weiterhin dazu aufgerufen, Einsparungen zu tätigen und so zu wirtschaften, daß weitere Belastungen der Bevölkerung unterbleiben. Dafür soll auch die gesetzliche Einrichtung einer Controllingstelle sorgen, die die wirtschaftlichen Aspekte überprüfen wird und dem Hauptverband und die Versicherung bei kostendämpfenden Maßnahmen beraten soll. Diese Maßnahmen sind heute in der Wirtschaft üblich, fast nicht mehr wegzudenken, und sie sind vernünftig. Je mehr Kontrolle und Beratung, desto besser. Kontrolle wird immer gefordert, und wenn sie dann einsetzt, gibt es plötzlich Bedenken. Das ist aus meiner Sicht nicht ganz zu verstehen, aber man bekommt anscheinend oft Angst vor der eigenen Courage.


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Unbedingt möchte ich darauf hinweisen – ich begrüße da die Maßnahmen von Bundesminister Hums –, daß es in Hinkunft vielleicht doch möglich sein sollte, Medikamente auch in Kleinpackungen abzugeben. Damit wären durchaus Kostensenkungen zu erzielen, denn oft wird von einer Packung oder einem Fläschchen nur sehr wenig verbraucht, der Rest endet, wie Bundesminister Hums richtigerweise gesagt hat, im Müll – ich hoffe, wenigstens im Sondermüll.

Auch möchte ich mich dafür aussprechen, daß man bei der Bevölkerung das Kostenbewußtsein in der Richtung weckt, daß Medikamente nicht gehortet werden, ohne daß ein gravierender medizinischer Grund, eine Krankheit dafür vorliegt. Auch das wäre sehr wichtig. Ärzte verschreiben auf bloßes Verlangen hin oft wahllos Medikamente. Es wären große Einsparungen zu tätigen, wenn dies abgestellt werden könnte.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme nochmals darauf zurück, daß aus sozialdemokratischer Sicht die heute vorliegenden Gesetzesbeschlüsse einen Kompromiß darstellen. Aus unserer Sicht hätte in einigen Bereichen das Ergebnis anders aussehen können. Dennoch möchten wir Sozialdemokraten von einem brauchbaren, gangbaren, zumutbaren und damit tragfähigen Kompromiß sprechen. Daher signalisiere ich nochmals die Zustimmung seitens meiner Fraktion zu den vorliegenden Novellen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.40

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Weilharter. – Bitte.

15.40

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesinister! Meine Damen und Herren! Der mehrheitliche Beschluß des Nationalrates vom 11. 7. 1996 über eine Sozialrechtsreform beziehungsweise die 53. ASVG-Novelle stellt für mich in der Tat eine Krankenkassensanierungsnovelle dar. Hinzu kommt noch, daß diese sogenannte Krankenkassensanierungsnovelle nicht nur die Krankenkassen trifft, sondern letztlich auf Kosten der Länder und der Bürger finanziert wird.

Meine Damen und Herren! Unabhängig von inhaltlichen Mängeln dieser Novelle wurde wiederum einmal der Aufschrei der Länder gegen diese Novelle ignoriert, bewußt überhört und übergangen. Nicht zu Unrecht hat die steirische Landeshauptfrau dieser Woche, nämlich am 23. Juli, in einer Zeitung davon gesprochen, daß es aufgrund dieser Novelle in der medizinischen Versorgung zu einer Zweiklassenmedizin kommen wird.

Eine steirische Zeitung hat noch dramatischer tituliert:" Die Gebietskrankenkasse gefährdet die Versorgung."

Meine Damen und Herren! Dieser Aufschrei ist sicherlich, wenn wir dieser Novelle unsere Zustimmung geben, ignoriert und überhört. Man muß wissen, daß von dieser Novelle – und da geht es um die Behandlungskosten der Wahlärzte – ein Viertel der Bevölkerung der Steiermark betroffen ist, wo die Gebietskrankenkasse erklärt hat, sie werde in Hinkunft nur mehr 20 Prozent der Ärztehonorare, der Honorarleistungen refundieren.

Meine Damen und Herren! Genau zu einem Zeitpunkt, zu dem diese Diskussion, ausgelöst von der Landeshauptfrau Klasnic und über die Medien verstärkt, in der Bevölkerung geführt wird, geht die Länderkammer her und stimmt vermutlich einer weiteren Belastung der Bürger zu. Das kann nicht unser Auftrag sein!

Meine Damen und Herren! Genau in dieser Situation, in der in allen Sozialbereichen Verunsicherung herrscht, wird von seiten der Bundesregierung eine Krankenscheingebühr eingeführt. Das bedeutet für die betroffene Bevölkerung wiederum, daß die Sozialleistungen eingeschränkt werden und sich die Kosten für den einzelnen erhöhen werden. Das ist ein Weg, den niemand verstehen kann!


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Zweites Beispiel, meine Damen und Herren: Ebenso diese Woche war in einer Zeitung unter dem Titel "Medikamente kommen teuer" zu lesen: "Die Ab-50jährigen verursachen 70 Prozent aller Kosten für Heilmittel." – Genau zu einer Zeit, zu der diese Feststellungen getroffen werden, geht das Parlament her und beschließt mit Mehrheit eine Rezeptgebühr – wiederum zu Lasten der Bürger!

Drittes Beispiel, meine Damen und Herren: Es ist heute in der Wortmeldung des Ministers angeklungen, daß durch ein Modell der Selbstbeteiligung der Bürger die Medikamenteflut eingedämmt werden soll. Meine Damen und Herren! Wir kennen dieses Modell schon. Im Bereich der gewerblichen Sozialversicherung ist dieses Modell nahezu identisch in Kraft. Sie hat trotzdem einen Finanzmittelbedarf, sie ist auch nicht mit finanziellen Mitteln überbegütert. Daher versteht wohl niemand, daß diese Novelle genau in diese Richtung abzielt, zumal durch dieses Modell weder die Finanzierung noch die soziale Sicherheit eine Besserung erfahren haben. Trotzdem werden Sie, meine Damen und Herren – ich gehe davon aus –, dieser Novelle mehrheitlich zustimmen. – Trotz der Beunruhigung und der Ängste in der Bevölkerung! (Ruf bei der SPÖ: Sicher! Es kann uns niemand hindern, klüger zu werden!)

Meine Damen und Herren! Ein viertes Beispiel: Gerade die Pensionisten und die älteren Menschen unter uns sind aufgrund der in der Praxis vorgefundenen Tatsachen – der Gebührenerhöhung bei den Rezepten und der 0,25prozentigen Anhebung der Beitragsgrundlagen – natürlich sehr verunsichert. Niemand von den Pensionisten versteht, daß sie, ohne eine Besserstellung, ohne nur im Ansatz zu erkennen, daß sich die Leistung verbessert und transparenter wird, wiederum zur Kassa gebeten werden. Ich sage bewußt "wiederum", denn gerade diese Generation hat längst ihren Beitrag geleistet.

Diese Liste ließe sich stundenlang fortsetzen; ich will es mir jedoch ersparen. Aber, meine Damen und Herren: Wenn wir im Interesse der Länder handeln, wenn wir im Interesse unserer Landesbürger handeln, dann können wir dieser Novelle unsere Zustimmung nicht geben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.46

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Weiss. – Bitte, Herr Bundesrat.

15.46

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Angesichts der bevorstehenden Behandlung der dringlichen Anfrage möchte ich mich kurz fassen und mich lediglich auf ein paar wichtige Anliegen meines Landes konzentrieren.

Zur Frage der Krankentransporte hat Herr Kollege Schaufler schon Stellung genommen. Ich möchte nur anfügen: Diese ganze Aufregung hätte man sich wahrscheinlich ersparen können, wenn man mit dem Roten Kreuz und den anderen betroffenen Organisationen etwas intensivere Gespräche gesucht und geführt hätte, als das der Fall war. Für mich stellt sich die Frage: Wenn an die Abschaffung der Pflichtleistung ohnedies nicht gedacht war, was ich in dieser Form selbstverständlich begrüße, warum hat man dann überhaupt das Wörtchen "können" eingefügt? – Angesichts der ohnedies nicht vorhandenen Absicht, das in eine freiwillige Leistung umzuwandeln, ist es dort eigentlich sinnwidrig am Platze.

Womit ich mich aber im Detail beschäftigen möchte, ist das sogenannte Controlling, das dem Hauptverband ermöglicht werden soll. Durch einen Zusatz im § 31 Abs. 3 Z 2 ASVG wird dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger aufgetragen, ein versicherungsträgerübergreifendes Controlling einzurichten. Von der Vorarlberger Gebietskrankenkasse wird darin im Einklang mit der Landesregierung und allen Sozialpartnern des Landes ein Eingriff in die Eigenständigkeit gesehen, mit dem ihre Selbstverwaltung weiter ausgehöhlt werde. Daß die noch bestehenden Reste – viel ist es ja nicht mehr da – in unserem Land verantwortungsbewußt wahrgenommen wurden, zeigt sich nicht zuletzt darin, daß – Herr Kollege Schaufler hat darauf schon hingewiesen – die Vorarlberger Gebietskrankenkasse keinen Abgang aufweist und auf finanziell gesunden Beinen steht. Diese Spargesinnung bedürfe, so der Landesvorsitzende des Gewerkschaftsbundes, den ich hier zitiere, keiner Oberaufsicht aus Wien.


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Aus dieser Perspektive der Betroffenen gilt der Hauptverband auch nicht gerade als leuchtendes Beispiel für ausgeprägtes Kostenbewußtsein, zumal er an den Ursachen für die Abgänge der meisten Kassen insoweit beteiligt ist, als diese ja schon bisher kaum einen Schritt ohne Zustimmung des Hauptverbandes setzen konnten.

Umgekehrt ist uns nicht verständlich, warum die Tiroler und die Vorarlberger Gebietskrankenkassen vom Hauptverband so massiv bedrängt werden, dem bekannten Orthopädievertrag beizutreten, obwohl ihn die beiden betroffenen Kassen für finanziell nachteilig und zu großzügig halten. Daher besteht die Sorge, daß mit zusätzlichen Eingriffsmöglichkeiten für den Hauptverband – ich formuliere das jetzt ein bißchen pointiert – der Bock zum Gärtner gemacht wird. Das stellt – unter Anführungszeichen – "einen brutalen Würgegriff" dar. Unter Anführungszeichen setze ich das deshalb, weil das nicht meine Formulierung ist, sondern jene des Vorarlberger Gewerkschaftsvorsitzenden, eines führenden Funktionärs der SPÖ. Aber ich gebe das nur deshalb wieder, damit Sie ein bißchen einschätzen können, wie sehr auch bei den Sozialpartnern diese neue Regelung Betroffenheit ausgelöst hat.

Dazu kommt, daß die heute schon bestehende Zentralisierung des Dienstleistungssystems der Sozialversicherung die einzelnen Sozialversicherungsträger mehr oder weniger zu bloßen Anlauf- und Vollzugsstellen des Hauptverbandes reduziert. Ich will jetzt nicht näher darauf eingehen, wie sehr Sozial- und Gesundheitswesen in den Ländern, auf regionaler Ebene mit den Zielen und Grundsätzen der Sozialversicherung übereinstimmen müssen, daß es gilt, das wesentlich stärker als früher zu vernetzen und aufeinander abzustimmen. Das ist zwangsläufig ein bißchen schwierig, wenn man das nicht im eigenen Land regeln kann, sondern auf Zustimmung aus Wien warten muß.

Wir glauben daher, daß unter dem harmlos klingenden Titel "Controlling" angesichts der Beibehaltung der bestehenden Strukturen – das möchte ich dick unterstreichen – ein Schritt in die falsche Richtung gesetzt wird. Die Harmlosigkeit dieses sehr positiv zu sehenden Controllings wird nun damit begründet, daß es im Rahmen der bestehenden Zuständigkeiten des Hauptverbandes einer ganz bestimmten Zielsetzung untergeordnet ist – es ist sozusagen final bestimmt –, nämlich den Aufgaben nach § 31 Abs. 1 Z. 2. Insoweit habe es lediglich eine dienende Funktion zur besseren Wahrnehmung bereits bestehender Aufgaben, die allerdings sehr weit gestreckt sind und von der ständigen Beobachtung der Entwicklung über die Ausarbeitung von Vorschlägen bis zur Durchführung von Maßnahmen, also einem sehr operativen Teil zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Sozialversicherung, reichen.

Das Hauptproblem liegt nun allerdings darin, daß dieses Controlling inhaltlich völlig unbestimmt ist und es somit dem Hauptverband überlassen bleibt, welche Mittel er unter Berufung auf ein genau umschriebenes Ziel einsetzt. Weder das ASVG selbst noch irgendeine andere Rechtsvorschrift in Österreich erläutern, was Controlling ist. Es handelt sich dabei ganz zweifelsfrei um keinen Rechtsbegriff. Aber auch ein Rückgriff auf die Betriebswirtschaftslehre, der das Controlling entstammt, hilft in Wahrheit nicht weiter.

Ich kann dafür einen für den Bund wohl unverdächtigen Zeugen anführen. Das erst kürzlich im Verlag der Staatsdruckerei unter der Patronanz des Bundes herausgegebene Buch "Controlling für Politik und öffentliche Verwaltung" hält dazu fest – ich darf wörtlich zitieren –: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt existiert noch keine allgemein akzeptierte Definition des Begriffes "Controlling". Daher nimmt die Begriffsbildung noch einen relativ großen Raum in den wissenschaftlichen Publikationen ein. Die meisten Controlling-Definitionen sind auf die Rahmenbedingungen von Unternehmen abgestimmt und können nicht uneingeschränkt übernommen werden. – Soweit das Zitat aus dem erwähnten Buch.

Die meisten dieser Definitionen stimmen aber jedenfalls darin überein, daß es sich bei Controlling nicht nur um ein Informationsbeschaffungsinstrument handelt – das steht ohne Frage im Vordergrund –, sondern auch um Führungsunterstützung zur Steuerung von Prozessen, unter anderem auch zur Steuerung des Finanzmittelbedarfs. Damit schließt sich nun der Kreis zur ausdrücklichen Befugnis des Hauptverbandes, Maßnahmen durchzuführen, und zur Schlußfolgerung, daß dieses Controlling ganz offensichtlich nicht bloß strategisch, was begrüßenswert


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wäre und was auch ohne Frage notwendig ist, sondern auch durchaus operativ angelegt sein kann. Diesen Spielraum läßt das Gesetz.

Es liegt für mich somit auf der Hand, daß der Begriffsinhalt des in § 31 ASVG eingeführten Controllings in einer Weise unbestimmt ist, die diese Bestimmung in Widerspruch zu Artikel 18 der Bundesverfassung setzt, die somit verfassungswidrig sein dürfte. Die endgültige Wertung wird dann dem Verfassungsgerichtshof zukommen, der damit sicherlich, so nehme ich an, befaßt werden wird.

Unabhängig von allen sonstigen Einwendungen, über die ich mich hier nicht weiter verbreiten will, bin ich allein schon aus diesem Grund, aber auch mit Rücksicht auf die Stellungnahme meines eigenen Landes, nicht dafür zu haben, einer solchen Bestimmung zuzustimmen.

Zum Abschluß möchte ich noch ein anderes Thema anschneiden, ein Thema, das nur mittelbar damit zusammenhängt – damit ich mich nicht ein zweites Mal zu Wort melden muß –, nämlich die Nachtarbeit für Frauen. In Vorarlberg haben bereits zahlreiche Frauen ihren Arbeitsplatz verloren, weil sie auf der Grundlage der Freiwilligkeit – das muß stets vorausgesetzt bleiben – Nachtarbeit leisten wollen, von Gesetzes wegen aber nicht dürfen.

Nun wissen wir aus vielen Gesprächen mit Frauen, daß manche das aus guten Gründen nicht wollen, und ich würde das an ihrer Stelle auch so halten. Aber manche wollen es eben doch, aber auch denen ist es verwehrt. Sie werden in der Praxis durch Männer ersetzt. Das ist die Alternative, die das Unternehmen hat. Es ist nun davon auszugehen, daß dieser Ersatz weiblicher Arbeitskräfte durch Männer zwar eine kurzfristige Übergangslösung ist, aber mittel- und langfristig eine Gefährdung des Unternehmensstandortes bewirken wird.

Aus dem Sozialministerium war mehrmals die Zusage zu hören, daß man noch vor dem Sommer eine Lösung finden werde. Jetzt hat man die Lösung für den 1. Jänner des kommenden Jahres angekündigt. Ich will nicht weiter darauf eingehen, wie es dazu gekommen ist und welche Probleme noch damit zusammenhängen. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß vom Vorarlberger Gewerkschaftsbund, von der Vorarlberger Arbeiterkammer, aber auch von den Betroffenen selbst sehr massiv darauf gedrängt wird, daß man zumindest für diesen sensiblen Bereich – Sie kennen das alles, Herr Bundesminister – eine Übergangslösung auf Basis eines Kollektivvertrages oder einer neuen Betriebsvereinbarung finden möge, weil die Zeit bis zum 1. Jänner noch sehr lange ist. In einer Zeit, in der wir um jeden Arbeitsplatz, auch um jeden Frauenarbeitsplatz, kämpfen müssen, ist diese Ungeduld der Betroffenen durchaus verständlich, und ich richte daher an Sie die Bitte, mittels einer Übergangslösung den bereits heute und auch den allenfalls künftig betroffenen Frauen ihre Arbeitsplätze zu sichern. Dieses Anliegen möchte ich Ihnen, Herr Minister, für die Sommerzeit mit auf den Weg geben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.56

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Darf ich Frau Bundesrätin Kainz, bevor ich ihr das Wort erteile, fragen, wie lange sie ungefähr vorgesehen hat, zu sprechen. (Bundesrätin Kainz: Jedenfalls länger als 5 Minuten, zirka 10 Minuten.)

Dann schlage ich vor, daß wir jetzt bis 16 Uhr die Verhandlungen unterbrechen, um 16 Uhr die dringliche Anfrage aufrufen und Kollegin Kainz dann nach Beendigung der dringlichen Anfrage zu den Tagesordnungspunkten das Wort erhält.

Ich unterbreche die Sitzung. (Die Sitzung wird um 15.57 Uhr unterbrochen und um 16.02 Uhr wiederaufgenommen. )

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen, damit wir fortsetzen können.


Bundesrat
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616. Sitzung / Seite 102

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Dr. Tremmel, Dr. Kapral an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Aufkündigung der Krankenkassenverträge mit privaten Krankenanstalten (1203/J-BR/96)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die dringliche Anfrage 1203/J-BR/96 der Bundesräte Dr. Tremmel, Dr. Kapral und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Aufkündigung der Krankenkassenverträge mit privaten Krankenanstalten.

Da diese inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Die dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Trotz unzureichender Versorgung der Patienten in öffentlichen Spitälern (jüngstes Beispiel: tödliche Schimmelpilze in der Uniklinik Innsbruck) planen Österreichs Sozialversicherungsträger, ihre Verträge mit privaten Krankenanstalten vor dem 1. 1. 1997 zu kündigen und ihre Finanzkraft auf die Spitäler in öffentlicher Hand zu konzentrieren.

Die Finanzierung von privaten Krankenanstalten für stationäre Heilbehandler erfolgt bisher durch die gesetzliche Krankenversicherung in derselben Höhe pro Aufenthaltstag wie die öffentlichen Krankenanstalten im entsprechenden Bundesland.

Die Pflegegebührenersätze, die von den Krankenversicherungsträgern für private Krankenanstalten zu leisten sind, werden durch privatrechtliche Verträge vereinbart. Eine Obergrenze für PGE an privaten Krankenanstalten ist für gemeinnützige Krankenanstalten durch jene Bestimmung des KAG gegeben, die besagt, daß der Betrieb einer gemeinnützigen KA nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet sein darf.

Die durchschnittlichen PGE betrugen zum Beispiel in der Steiermark 35,2 Prozent, in Wien 23,0 Prozent und in Vorarlberg 40,3 Prozent der durchschnittlichen amtlichen Pflegegebühr (1995), die in Wien 6 335 S, in der Steiermark 3 698 S, und in Vorarlberg 3 618 S betrug.

Laut Angaben von privaten Krankenanstalten ist bei identer Diagnose und Behandlung die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in einer privaten KA nachweislich um bis zu 30 Prozent kürzer als in einer KA in öffentlicher Hand. Der PGE deckt in der Steiermark etwas mehr als 50 Prozent der von den privaten KA in Rechnung gestellten täglichen Pflegegebühren. Der Rest wird vom Patienten selbst beziehungsweise von seiner privaten Krankenzusatzversicherung geleistet.

Mit diesen beiden Finanzierungswegen ist es den Trägern der privaten KA bisher möglich gewesen, die erforderlichen Mittel zum Betrieb der Anstalt, für die Erhaltung bzw. für die technische Ausrüstung und deren Erneuerung zu erwirtschaften.

Durch die geplante Neuregelung der Krankenanstaltenfinanzierung einerseits und die Bestrebungen zur Vertragsaufkündigung seitens der gesetzlichen Krankenversicherung andererseits laufen die Privatspitäler Gefahr, ihre Ausgaben voll auf die Patienten umlegen zu müssen oder ihren Betrieb einzustellen. Dies hätte schwerwiegende Auswirkungen auf die freie Arztwahl und die Versorgungssicherheit der Bevölkerung.

Daher richten die unterzeichneten Bundesräte an den Herrn Bundesminister für Arbeit und Soziales die nachstehende

dringliche Anfrage:

1. Wann wurden Sie vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger darüber informiert, daß die privatrechtlichen Verträge zwischen den gesetzlichen Krankenversicherungen und den privaten Krankenanstalten gekündigt werden?


Bundesrat
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616. Sitzung / Seite 103

2. Welche gesetzliche Krankenversicherungen haben bereits die bestehenden Verträge mit welchen privaten Krankenanstalten gekündigt?

3. Welche Auswirkungen auf den Weiterbetrieb und die Patientenbetreuung hat diese Vertragskündigung für private, gemeinnützige Krankenanstalten?

4. Welche Auswirkungen auf den Weiterbetrieb und die Patientenbetreuung hat diese Vertragskündigung für echte private Krankenanstalten?

5. Welche verbindlichen Regelungen zur Finanzierung des Weiterbetriebs und der Patientenbetreuung werden zwischen privaten, gemeinnützigen Krankenanstalten einerseits und den gesetzlichen Krankenversicherungen und/oder den einzelnen Bundesländern auf der anderen Seite vereinbart?

6. Welche verbindlichen Regelungen zur Finanzierung des Weiterbetriebs und der Patientenbetreuung werden zwischen echten Privatkrankenanstalten einerseits und den gesetzlichen Krankenversicherungen und/oder den einzelnen Bundesländern und/oder den einzelnen Privatversicherungsträgern andererseits vereinbart?

7. Müssen privat versicherte Patienten mit einer weiteren Erhöhung ihrer Prämienzahlungen/höheren Selbstbehalten/schlechterer Versorgung rechnen, wenn die Privatkrankenanstalten keine Pflegegebührenersätze von den gesetzlichen Krankenversicherungsträgern mehr bekommen?

8. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um den Weiterbestand der Privatkrankenanstalten (echte und gemeinnützige) zu sichern, da die Versorgungssicherheit der Patienten in öffentlichen Krankenanstalten nicht durchwegs gegeben ist, wie das jüngste Beispiel der tödlichen Schimmelpilzerkrankungen in der Universitätsklinik Innsbruck beweist?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne der Bestimmungen des § 61 GO-BR dringlich vor Eingang in die Tagesordnung zu behandeln.

*****

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich erteile Herrn Bundesrat Dr. Tremmel als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort.

16.03

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitlliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister für Arbeit und Soziales! Schon 18 Patienten tot, das ist der Killerpilz von Innsbruck. – Das finden Sie heute als Schlagzeile in einer Zeitung. Das läßt ahnen, was passieren könnte, wenn allein der öffentliche Bereich für die Errichtung von Krankenanstalten zuständig wäre, und was das für den Patienten bedeuten würde, wenn es nicht private Bereiche gebe, wohin der einzelne ausweichen könnte.

Diese Feststellung, meine Damen und Herren, bezieht sich natürlich nicht auf die Struktur der öffentlichen Krankenanstalten allgemein. Ich bin überzeugt davon, daß die Innsbrucker bemüht sein werden, dieses tödliche Übel so schnell wie möglich zu beseitigen. Entsprechende Interventionen sind höheren Orts schon vor langer Zeit erfolgt.

Aufgrund der geplanten Neuregelung der Krankenanstaltenfinanzierung einerseits und der Bestrebungen zur Vertragsaufkündigung seitens der gesetzlichen Krankenversicherungen anderseits laufen die Privatspitäler Gefahr, die Finanzierung ihrer Aufgaben voll auf die Patienten umlegen zu müssen oder ihren Betrieb einzustellen. Dies hätte schwerwiegende Auswirkungen auf die freie Arztwahl und die Versorgungssicherheit der Bevölkerung.


Bundesrat
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616. Sitzung / Seite 104

Der Herr Bundesminister erklärt in einer Aussendung, die Freiheitlichen springen mit ihrer Dringlichen wieder einmal auf einen fahrenden Zug auf – für uns ist es eben eine dringliche Angelegenheit, wenn private Spitäler gefährdet werden –, und hat uns somit Populismus unterstellt.

Wenn Sie die "Kronen-Zeitung" vom 23. dieses Monats anschauen, Herr Bundesminister, dann werden Sie feststellen, wie recht wir hatten. Es laufen zwar bereits die Verhandlungen, aber hinter den zugezogenen Vorhängen fliegen die Fetzen, das sagt wörtlich der steirische Spitalsreferent Dörflinger, weil wieder einmal die eine Seite der anderen vorwirft, daß Gelder fehlen. Also soweit glaube ich Ihnen, daß die Verhandlungen laufen.

Ich glaube Ihnen selbstverständlich nicht, daß Sie es wirklich ernst meinen, wenn Sie uns Populismus unterstellen. Aber wir beide glauben sicher, Herr Minister, daß Verhandlungen sehr wichtig sind, wenn es um die privaten Krankenanstalten geht. So weit werden wir einen gemeinsamen Nenner in dieser Angelegenheit finden. Ich glaube Ihnen das allerdings erst dann, Herr Minister, wenn Sie hier in diesem Hohen Haus dezidiert – das ist auch mit ein Grund für diese Dringliche – diese Erklärung abgeben.

An und für sich wäre die Regelung sehr einfach – ich darf vielleicht ein bisserl erläutern, meine Damen und Herren! Der Pflegegebührenersatz ist in diesem Falle des Pudels Kern, der ungefähr 1 140 S oder 1 384 S pro Tag je nach Bundesland ausmacht. Diesen Betrag erhielten bis jetzt auch die privaten Krankenanstalten und haben damit ihre Kosten gedeckt. Diesen Satz haben natürlich auch die öffentlichen Krankenanstalten erhalten. Zusätzlich haben sie, um ihre Ausgaben, die um zirka 30 Prozent höher sind, abzudecken, auch noch Mittel vom KRAZAF, von den zuständigen Gebietskörperschaften oder anderen Spitalsträgern, Orden et cetera, erhalten.

Welche Motive veranlassen einen Patienten, eine private Krankenanstalt aufzusuchen? – Etwas, was bei uns selbstverständlich, ja beinahe ein Grundrecht ist, nämlich die freie Arztwahl. Das ist sehr wichtig, meine Damen und Herren! Was mit einem Gesundheitssystem passiert, das voll verstaatlicht ist, das haben wir in den ehemaligen Ostblockländern gesehen. Es war zwar alles gesichert, aber in der Individualversorgung hat es größte Mängel gegeben. Die Akzeptanz der freien Arztwahl ist eine ganz wichtige Voraussetzung auch für die privaten Krankenanstalten.

Weiters hat Österreich – dafür sei den privaten Krankenanstalten gedankt – auf dem Gebiet des Gesundheitswesens Weltstandard. Es gibt förmlich einen Krankentourismus, weil der Ausstattungsgrad der privaten Krankenanstalten ein ganz besonders hoher und zumindest jenem der öffentlichen Krankenanstalten gleichwertig ist.

Weiters ist wichtig, daß die persönlichen Wünsche von Patienten, vor allem auch hinsichtlich von Terminen, Berücksichtigung finden. Es will niemand krank sein. Wenn jemand krank ist, dann möchte er möglichst schnell wieder gesund werden. Es gibt in manchen Bereichen in den öffentlichen Spitälern – sicherlich nicht aufgrund des dort tätigen Personals – lange Wartezeiten. In diesem Falle kann man auf den privaten Bereich ausweichen.

Was ändert sich, meine Damen und Herren, mit dem neuen Gesetz betreffend Krankenanstaltenfinanzierung? – Es werden in Zukunft nur mehr jene Krankenanstalten – das ist der eigentliche Kern – aus den Länderfonds Geld erhalten, die bisher vom KRAZAF Gelder bezogen haben. Vorhin habe ich ausgeführt, daß die privaten Krankenanstalten leider davon ausgenommen waren. Ob das jetzt eine irrtümliche Regelung ist, kann ich nicht sagen. Ich glaube eher an ein bisserl Absicht oder an grobe Fahrlässigkeit, sagen wir so, daß es dazu gekommen ist.

Bisher erhielten rund 155 Krankenhäuser in Österreich Zuschüsse aus dem KRAZAF, dem gegenüber stehen knapp 170 Krankenanstalten, die keine KRAZAF-Gelder bezogen haben, in Betten ausgedrückt bedeutet das 59 000 Betten zu 21 000 Betten.

Meine Damen und Herren! Die Finanzierung erfolgte natürlich auch durch private Krankenversicherungen, die je nach Bundesland einen verschieden hohen Grad erreicht hat. So wie die freie Arztwahl besteht auch die Möglichkeit, zu wählen, in welchem Bereich er tätig werden will.


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Meine Damen und Herren! Einer anderen Schlagzeile ist zu entnehmen, daß es bei privaten Krankenversicherungen aufgrund verschiedener Dinge zu Prämienreduktionen kommen könnte. Umso unverständlicher ist es, daß es zu diesem quasi Kündigungsschreiben gekommen ist.

Andererseits, muß ich sagen, rechnet die öffentliche Hand selbstverständlich die private Bettenkapazität zur allgemeinen Bettenkapazität. Im Österreichischen Krankenanstaltenplan ist die private Bettenkapazität im Spitalsbereich miteingerechnet, und es wird von einer Reduzierung der Bettenanzahl im privaten Spitalsbereich gesprochen. Ich frage mich, mit welchem Recht die öffentliche Hand diese Reduzierung vorschreibt. Einerseits gibt sie kein Geld, andererseits möchte sie aber reduzieren. Nach wie vor wohnen wir in einem Bereich, der die private Initiative, das private Vermögen hoch einschätzt. Daher ist mir diese Vorgangsweise nur sehr schwer erklärlich.

Welche Maßnahmen können die Zukunft der privaten Krankenanstalten sicherstellen? Die privaten Krankenanstalten sind aufgrund ihres hohen medizinischen, technischen und personellen Ausstattungsgrades in der Lage, den größten Teil der in den öffentlichen Krankenanstalten angebotenen Leistungen zumindest qualitativ gleichwertig zu erfüllen. Nur wenige Teilbereiche, etwa die Versorgung Schwerstverletzter, die Transplantationsmedizin – auch nur mehr teilweise – oder die Herzchirurgie, waren bisher einzelnen Spitzeninstitutionen vorbehalten.

Einzelne bringen gerne das Argument, daß die privaten Krankenanstalten nur die vom medizinischen Standpunkt aus gesehen leichten und damit billigen Fälle behandeln würden. Das, meine Damen und Herren, ist aufgrund der Leistungsstatistik leicht zu widerlegen und leicht zu entkräften.

Wenn nun eine bestimmte Leistung, zum Beispiel eine Operation, in einer privaten Krankenanstalt erbracht wird, so ist es wohl nur recht und billig, daß die Privatanstalt den gleichen Betrag dafür erhält, den ein öffentliches Krankenhaus erhalten würde, wäre die Leistung von ihm erbracht worden.

Meine Damen und Herren! Die privaten Krankenanstalten können daher aufgrund des Gleichbehandlungsprinzips zu Recht fordern, daß sie für die Erbringung bestimmter gleicher Leistungen dieselbe Abgeltung erhalten wie das nächstgelegene Krankenhaus, wenn es diese Leistung erbringen würde.

Das Prinzip der freien Arztwahl und der freien Anstaltswahl muß – das ist auch mit ein Zweck dieser Initiative – gestärkt und darf nicht einer politisch motivierten Erfolgsmeldung, die lautet Abschaffung oder Umstrukturierung des KRAZAF, geopfert werden.

Meine Damen und Herren! Noch etwas: Wir in Österreich sind ganz besonders stolz darauf, daß wir viele private und auch ideelle Bereiche haben, die sehr gut funktionieren und die sehr erheblich zur Sicherung der Gesundheit und des Wohlbefindens der Bevölkerung beitragen. Das geht über die ideellen Vereinigungen wie Rettung, Bergrettung bis hin zu den privaten Bereichen der Krankenanstalten.

Meine Damen und Herren! Wir sollten uns hüten, gerade in der Gesundheitsvorsorge und in der Gesundheitsobsorge einen Monopolcharakter entstehen zu lassen.

Herr Bundesminister! Ich darf meine Ausführungen zur Begründung der dringlichen Anfrage mit der für uns wichtigsten Frage schließen: Wann wurden Sie informiert, daß der Hauptverband der Sozialversicherungsträger die privatrechtlichen Verträge zwischen den gesetzlichen Krankenversicherungen und den privaten Anstalten aufgekündigt hat? Sind Sie in der Lage, uns hier zu sagen, daß das Fortbestehen der privaten Krankenanstalten gesichert ist? (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)


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616. Sitzung / Seite 106

16.16

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zur Beantwortung der dringlichen Anfrage hat sich der Herr Bundesminister für Arbeit und Soziales zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

16.16

Bundesminister für Arbeit und Soziales Franz Hums: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Einleitend möchte ich zunächst klarstellen, daß ich wirklich entschieden zurückweisen müßte, wenn es so gemeint war, daß private Spitäler eine bessere Versorgung gewährleisten können als öffentliche. (Bundesrat Dr. Tremmel: Das habe ich nicht gesagt!) Ich hoffe, das war nicht so gemeint, obwohl Sie es einleitend hier festgestellt haben. Das ist entschieden zurückzuweisen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bekenne mich aber voll dazu, daß die privaten Spitäler auch entscheidend zur Gesundheitsvorsorge und zur Krankenbehandlung in Österreich beitragen. Daher liegt es völlig in meiner Absicht, auch hier entsprechende Regelungen zeitgerecht vorzusehen. Diese Regelungen werden von den zuständigen Vertragspartnern derzeit verhandelt und, ich bin sicher, auch zeitgerecht festgelegt werden.

Die Neuregelungen im Zusammenhang mit dem Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds, dem sogenannten KRAZAF, die heuer im Frühjahr auf politischer Ebene getroffen wurden, haben zunächst einmal nur die KRAZAF-Spitäler betroffen, wobei diese sogenannten KRAZAF-Spitäler im Grunde nicht nur öffentliche, sondern teilweise auch private Spitäler sind. Die Verhandlungen haben sich nur mit diesem Gegenstand befaßt. Es war nicht möglich, daß wir mit den Ländern gleichzeitig auch das Problem der übrigen privaten Spitäler hätten regeln können.

Die Vertragssituation ist so, daß mit diesen Spitälern Verträge bestehen – zwischen den einzelnen Sozialversicherungsträgern und diesen Krankenanstalten. Diese Verträge werden, wie gesagt, derzeit neu verhandelt, und mein Bestreben ist es, daß diese Vertragsverhandlungen so zeitgerecht und so effizient abgeschlossen werden, daß auch in Zukunft die Existenz der notwendigen Privatspitäler gesichert und auch in Zukunft die gute Gesundheitsvorsorge und Krankenbehandlung über ein ausreichendes Spitalssystem gewährleistet ist, wobei Sie alle wissen, daß wir in Österreich international gesehen einen sehr hohen Versorgungsgrad gerade im Spitalsbereich haben und daß es in Zukunft natürlich auch ein Diskussionspunkt sein wird, daß wir diese Versorgungssysteme so aufeinander abstimmen, daß sie bedarfsgerecht sind, daß deren Kosten aber auch weiter bewältigbar sind. Das war mit eines der Themen.

Bei der Verhandlung über die sogenannten KRAZAF-Spitäler wurde damals vereinbart, daß die Sozialversicherungen in den nächsten Jahren für diese Spitäler eine Kostenübersicht dadurch bekommen, daß die Kosten für die Sozialversicherungen in dem Maße steigen, wie sich die Einnahmen im Beitragsbereich entwickeln. Dieser Grundsatz wird natürlich auch bei den Verhandlungen zwischen den Sozialversicherungen und den Privatspitälern zu berücksichtigen sein. Diese Verhandlungen laufen derzeit, wie gesagt, im Bereich der zuständigen Institutionen.

Zu Ihrer Frage 1, wann ich davon verständigt wurde: Ich wurde formell und offiziell im Juni vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger informiert, daß die Krankenkassen die Verträge mit einer Reihe von privaten Krankenanstalten vorsorglich per 31. Dezember 1996 aufgekündigt haben.

Die Kündigung war schon deshalb notwendig, weil angesichts der grundlegenden Neuregelung der Finanzierung für öffentlich finanzierte Spitäler unter anderem auch neue Systeme mit leistungsorientierter Bezahlung, unter anderem der Umstieg auf neun Ländertöpfe und die Gesamtausgabenbegrenzung, auch eine Adaptierung der Vertragsbeziehungen mit den privaten Krankenanstalten notwendig macht. Das heißt, die Vertragskündigung war aus der Sicht der Sozialversicherungen schon deshalb notwendig, weil es zu neuen Verträgen kommen soll.

Frage 2: Welche gesetzlichen Krankenversicherungen haben bereits die bestehenden Verträge mit welchen privaten Krankenanstalten gekündigt? – Ich kann Ihnen dazu jene Krankenversicherungen aufzählen, deren Meldungen ich bisher habe. Gekündigt wurden von der Wiener Gebietskrankenkasse die Verträge mit dem Goldenen Kreuz, mit der Privatklinik Josefstadt, mit der Neuen Wiener Privatklinik 1090 Wien, mit der Privatklinik Döbling, mit der Paracelsusklinik, mit dem Rudolfinerhaus und mit dem Sanatorium Hera. Das sind die Kündigungen im Bereich der Wiener Gebietskrankenkasse.


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Die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse hat die Verträge mit dem Goldenen Kreuz, mit der Privatklinik Josefstadt, mit der Neuen Wiener Privatklinik 1090 Wien und mit der Privatklinik Döbling gekündigt.

Die Burgenländische Gebietskrankenkasse hat die Verträge mit dem Goldenen Kreuz und mit dem Rudolfinerhaus gekündigt.

Die Stellungnahme der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse ist noch ausständig.

Die Steiermärkische Gebietskrankenkasse hat die Verträge mit dem Militärspital Graz, mit dem Gekasan-Sanatorium Graz, mit dem Sanatorium Dr. Hoff in Graz, mit dem Sanatorium der Kreuzschwestern Graz, mit dem Sanatorium St. Leonhard, mit dem Sanatorium Eggenberg, mit dem Sanatorium St. Radegund, mit dem Sanatorium Hansa GesmbH, mit dem Sanatorium Dr. Schmidt in Hartberg, mit der Heilpädagogischen Station Wetzelsdorf sowie mit dem Orthopädischen Krankenhaus Theresienhof in Frohnleiten gekündigt.

Von der Kärntner Gebietskrankenkasse, der Salzburger Gebietskrankenkasse, der Tiroler Gebietskrankenkasse, der Vorarlberger Gebietskrankenkasse, der Versicherungsanstalt des Österreichischen Bergbaus sowie der Versicherungsanstalt der Österreichischen Eisenbahnen, der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft und der Sozialversicherungsanstalt der Bauern wurden mir keine Kündigungen gemeldet.

Die Betriebskrankenkasse Verkehrsbetriebe hat die Verträge mit der Neuen Wiener Privatklinik, mit der Privatklinik Döbling und mit dem Hartmann-Spital in Wien gekündigt. Die Betriebskrankenkasse Staatsdruckerei, die Betriebskrankenkasse Austria Tabak, die Betriebskrankenkasse Semperit haben mir keine Kündigungen gemeldet. Die Betriebskrankenkasse Kapfenberg hat den Vertrag mit dem Krankenhaus Kapfenberg gekündigt.

Das sind die mir bisher vorliegenden Kündigungen.

Zur Frage 3, welche Auswirkungen auf den Weiterbetrieb und die Patientenbetreuung diese Vertragskündigungen haben werden, lautet meine Antwort: Die Verträge mit den privaten gemeinnützigen Krankenanstalten, die schon bisher in die KRAZAF-Finanzierung mit eingebunden waren, sind von der Einigung, die es auf politischer Ebene im März 1996 über die Spitalsfinanzierung für die Jahre 1997 bis 2000 gegeben hat, mit umfaßt. Daher tritt dort keine Änderung ein. Bezüglich der übrigen privaten, gemeinnützigen Krankenanstalten gilt das gleiche wie für die übrigen Privaten.

Zu Ihrer Frage 4, welche Auswirkungen auf den Weiterbetrieb und die Patientenbetreuung diese Kündigungen haben werden: Ich gehe davon aus, daß es sich um vorsorgliche Aufkündigungen auch mit dem Zweck der Neuregelung der Verträge handelt, und ich gehe davon aus, daß zeitgerecht neue Verträge in dem Umfang geschlossen werden, der für die Patienten auch erforderlich ist, und gehe daher davon aus, daß diese Kündigungen per se keinerlei Auswirkungen haben werden, weil es zu Neuregelungen kommen wird – allerdings unter den neuen Prämissen und auch unter der Berücksichtigung des neuen Grundsatzes, daß es zu einer Kostenlimitierung kommen wird, so wie im Bereich der KRAZAF-Spitäler. Das ist mit einer der Verhandlungspunkte. Aber, wie gesagt, die Verhandlungen werden zuständigkeitshalber von den jeweiligen Sozialversicherungen geführt, wobei der Hauptverband natürlich diese Verhandlungen koordinierend mitbetreuen wird.

Zur Frage 5: Welche verbindlichen Regelungen zur Finanzierung des Weiterbetriebes und der Patientenbetreuung werden zwischen privaten, gemeinnützigen Krankenanstalten einerseits und den gesetzlichen Krankenversicherungen und den Bundesländern auf der anderen Seite vereinbart?

Ich habe bereits erklärt: Derzeit finden Gespräche zur Umsetzung der politischen Vereinbarung, die im März getroffen wurde, statt. Bei der letzten Besprechung am 23. Juli, die es auf Expertenebene im Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz gegeben hat – das ist die


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federführende Stelle dafür –, wurden bereits weitgehend Vereinbarungen getroffen, die zu einer neuen 15a-Vereinbarung führen werden. Auf der Basis dieser Vereinbarungen, die in den nächsten Tagen abgeschlossen werden, wird es dann für diesen Bereich der Spitäler von der Frau Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz einen Entwurf zu einer Krankenanstaltengesetz-Novelle, vom Herrn Bundesminister für Finanzen einen Entwurf für eine Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und von mir einen Entwurf einer flankierenden Änderung im ASVG geben.

Zur Frage 6: Welche verbindlichen Regelungen zur Finanzierung des Weiterbetriebes und der Patientenbetreuung werden zwischen echten Privatkrankenanstalten einerseits und den gesetzlichen Krankenversicherungen und den einzelnen Bundesländern und den einzelnen Privatversicherungsträgern andererseits vereinbart?

Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß diese Verhandlungen in die Kompetenz der einzelnen Versicherungsträger fallen. Ich habe aber auch darauf hingewiesen, daß ich mich in diese Verhandlungen von Beginn an so weit eingeschaltet habe, als es meine Möglichkeiten überhaupt erlauben, und daß ich darauf einwirken werde, daß alles getan wird, daß die Verträge zeitgerecht abgeschlossen werden und damit auch eine entsprechende Patientenbetreuung und die Finanzierung des Weiterbetriebes dieser Spitäler aufgrund dieser Verträge im bisherigen Maße unter Berücksichtigung der neuen Grundsätze einer Kostendeckelung auch künftig gesichert werden.

Frage 7: Müssen privat versicherte Patienten mit einer weiteren Erhöhung ihrer Prämienzahlung beziehungsweise mit höheren Selbstbehalten rechnen, wenn die Privatkrankenanstalten keine Pflegegebührenersätze von den gesetzlichen Krankenversicherungsträgern mehr bekommen?

Dazu kann ich nur wiederholen, was ich bisher zu diesen Fragen erklärt habe. Ich gehe davon aus, daß es entsprechende neue Vertragsregelungen mit den Sozialversicherungsträgern geben wird. Im übrigen sind die Beziehungen zwischen den Versicherten und den Privatversicherungen privatrechtlich gestaltet. Auf diesen Vertrags- und Preisumfang habe ich daher keinen Einfluß.

Frage 8: Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um den Weiterbestand der Privatkrankenanstalten zu sichern, da die Versorgungssicherheit der Patienten in öffentlichen Krankenanstalten nicht durchwegs gegeben ist, wie das jüngste Beispiel der tödlichen Schimmelpilzerkrankungen in der Universitätsklinik Innsbruck beweist?

Ich möchte bei dieser letzten Frage nochmals entschieden darauf hinweisen, daß es dabei nicht um die Frage privates oder öffentliches Spital geht. Ich bedauere es zutiefst – ohne nähere Kenntnis dieses speziellen Falles –, daß es immer wieder zu Fehlern in bestimmten Bereichen kommen kann. Dazu stehe ich. Aber diese Vorfälle für eine Diskussion über privat und öffentlich heranzuziehen, sehr geehrte Damen und Herren von den Freiheitlichen, das sollten Sie unterlassen. Ich würde wirklich dringend ersuchen, das aus einer sachlichen Diskussion künftig herauszuhalten! (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Neugestaltung der Verträge kann ich Ihnen nur noch einmal zusichern, daß ich alles in meinen Möglichkeiten Liegende tun werde, damit es zu diesen neuen Vertragsregelungen kommen wird. Es gibt in diesem Zusammenhang auch von mir Gespräche mit den Ländern. Hiezu ein Appell speziell an die Bundesräte: Eine sehr vernünftige Regelung – eine der möglichen Regelungen, aber eine sehr vernünftige – wäre es, wenn es im Einvernehmen mit den Ländern gelänge, Regelungen zu finden, wonach die Mittel für die Privatspitäler im bisherigen Ausmaß von den Sozialversicherungen zusätzlich an die Ländertöpfe geleistet werden, und dann, wo es möglich ist, von den Ländern auch die Möglichkeit gefunden wird, diese Regelung im Zusammenhang mit den Ländertöpfen zu treffen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.29

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.


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Wir gehen nunmehr in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam, daß gemäß § 61 Abs. 7 GOG die Redezeit jedes Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Kapral. – Bitte.

16.30

Bundesrat Dr. Peter Kapral (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Sie haben in Ihrer Beantwortung unserer dringlichen Anfrage den Eindruck zu erwecken versucht, als sei alles auf dem besten Wege, und das bewährte Nebeneinander in der medizinischen Versorgung der österreichischen Bevölkerung von öffentlichen – von der öffentlichen Hand betriebenen – Krankenanstalten und privaten – wobei "privat" hier in einem übergeordneten Sinn zu verstehen ist – sei nicht gefährdet.

Ich darf noch einmal auf Ihre Aussendung von heute mittag zurückkommen, in der Sie kritisieren, und zwar noch bevor hier im Hohen Haus die Behandlung der dringlichen Anfrage der Freiheitlichen begonnen hat, daß die Freiheitlichen wie so oft auf einen bereits fahrenden Zug aufspringen wollen. Sie betonen, daß bereits längst Gespräche mit den Sozialversicherungsträgern und den Ländern aufgenommen wurden. (Präsident Pfeifer übernimmt den Vorsitz.)

Herr Bundesminister! Diese Tatsache ist uns zweifelsohne bekannt. Aber auf der anderen Seite wissen wir alle, daß die Tatsache, daß Verhandlungen laufen, noch keineswegs Gewähr dafür bietet, daß auch ein positiver Erfolg – im konkreten Fall also die Aufrechterhaltung des bisherigen Zustandes, eines bewährten Zustandes, nämlich die vertragliche Vereinbarung über die Kostentragung seitens der Krankenversicherungsträger – herauskommen wird. Und es ist Ziel und Zweck unserer dringlichen Anfrage, hier von Ihnen, Herr Bundesminister, eine diesbezügliche Klarstellung zu bekommen. Und wir werden uns auch durch Polemiken, welcher Art auch immer, nicht davon abhalten lassen, solche dringlichen Anfragen auch in Zukunft zu stellen, um von den Damen und Herren Ministern eine entsprechende Klarstellung zu bekommen und sie dann auch, wenn allfällige Ergebnisse vorliegen, mit ihren ursprünglichen Aussagen und den Ergebnissen, die vorliegen, zu konfrontieren und daran zu messen, wie weit sie den Zusagen, die sie hier – sei es im Nationalrat, sei es im Bundesrat – im Hohen Haus gemacht haben, tatsächlich in der Praxis auch entsprochen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir wollen von Ihnen, Herr Bundesminister, daß Sie hier im Hohen Haus ausdrücklich feststellen, daß die von den privaten Krankenanstalten befürchteten negativen Auswirkungen der Vertragskündigungen nicht eintreten werden. Ich habe zwar gerne zur Kenntnis genommen, daß Sie sich mit allen Ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten dafür einsetzen werden, aber wir werden den Verlauf dieser Verhandlungen genau verfolgen und nicht zögern, öffentlich, in der Diskussion hier im Hohen Haus oder in der Diskussion in anderen Gremien, immer wieder das einzufordern, was wir für richtig halten.

Herr Bundesminister! Auch wenn Ihre Ausführungen zutreffen sollten, daß alles zum Besten bestellt ist, so ruft es doch Zweifel bei uns hervor, wenn auch heute wieder von seiten der konfessionellen Spitäler eine Aussendung erfolgt ist, wonach in diesem Bereich nach wie vor Sorge herrscht. Vor wenigen Tagen hat die Bischofskonferenz in einem Schreiben an Ihre Ministerkollegin, Gesundheitsministerin Krammer, gegen das Aussperren der Ordensspitäler aus den Verhandlungen über die Umstellung der Spitalsfinanzierung nach Auslaufen des KRAZAF Protest eingelegt. Es haben einige Krankenkassen damit begonnen, sogenannten rein privaten Spitälern die Verträge aufzukündigen.

Sie haben hier eine Reihe von Krankenkassen, Krankenversicherungsträgern beziehungsweise deren Aufkündigungen von Verträgen aufgezählt. Wenn Sie dann gegen Schluß dieser Aufzählung darauf hingewiesen haben, daß in manchen Bundesländern solche Aufkündigungen nicht erfolgt sind, so handelt es sich dabei zweifellos gar nicht um eine positiv zu wertende Tatsache. Es liegt in diesen Ländern nämlich eine andere Vertragssituation vor, nämlich die, daß die Kündigungsfrist zum Unterschied von den von Ihnen genannten Ländern nur drei Mona


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te beträgt, sodaß eine solche Aufkündigung durchaus noch bis September möglich ist. Das ist also leider eine Tatsache, die man nicht allzu positiv werten kann.

Wenn ich auf die erwähnte Aussendung der konfessionellen Krankenanstalten zurückkommen darf, so heißt es dort weiters: Der Schnellschuß der Krankenkassen gegen die rein privaten Spitäler – sie haben keinen Gemeinnützigkeits- beziehungsweise öffentlich-rechtlichen Status – trifft diese Anstalten hart. Sollte es zu keiner Regelung mit den Kassen und Privatversicherungen kommen, seien diese Spitäler alle tot, befürchtet laut Kathpress vom Donnerstag der Finanzreferent der Wiener Ärztekammer Dr. Ebm. Denn einen solchen Gewinn, wie manche glauben, machen die privaten Krankenhäuser nicht. Und die kaufmännische Leiterin des Sanatoriums der Kreuzschwestern in Klagenfurt sieht auf die Patienten bürokratische Hürden zukommen, die viele generell von einer Behandlung in den Ordensspitälern abschrecken könnten.

Herr Minister! Sie haben ja sehr gut dargestellt, daß das ganze System der Krankenbetreuung, der medizinischen Versorgung der österreichischen Bevölkerung auch darauf aufgebaut ist, daß diese privaten Spitäler und Ordensspitäler nach wie vor ihre Funktion wahrnehmen können. Es wird also an Ihnen liegen, gemeinsam mit den Vertragspartnern oder unter Einflußnahme auf diese Vertragspartner dafür zu sorgen, daß dieser Zustand auch in Zukunft so bestehen bleibt.

Wenn alles zum Besten bestellt ist, warum wurde dann die von den Krankenanstalten gewünschte Neuformulierung der §§ 149 und 150 des ASVG nicht eben jetzt, wo wir bei der Behandlung der 53. ASVG-Novelle sind, vorgenommen, wie dies auch rechtzeitig vom Verband der privaten Krankenanstaltenerhalter verlangt wurde? Es wäre durchaus möglich gewesen, in den Beratungen des Nationalrates die entsprechenden Änderungen in den beiden §§ 149 und 150 vorzunehmen und damit die Situation zu beruhigen und eine wirklich zukunftsweisende Lösung zu finden. Aber möglicherweise ist das alles ganz harmlos, und Sie sind dabei, Stoff zu sammeln, um eine 54. ASVG-Novelle auf die Bevölkerung loszulassen.

Für die privaten Krankenanstalten und auch für die von den Orden betriebenen Anstalten kommt nur eine Lösung in Frage, nämlich die volle Einbindung in das Modell der leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung und damit auch die Verrechnung nach dem Diagnosekatalog so wie bei den ehemaligen KRAZAF-Spitälern. Herr Minister! Wir werden Sie an Ihren Antworten und an Ihren Aussagen, die Sie heute im Zusammenhang mit unserer dringlichen Anfrage gemacht haben, messen und uns unsere eigene Meinung darüber bilden, wie weit Sie diese Zusagen auch wirklich eingehalten und durchgesetzt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.40

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Engelbert Schaufler. – Bitte.

16.40

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Damen! Geschätzte Herren! Nach dem Österreichischen Krankenanstaltenplan verfügen die privaten Krankenanstalten nach dem Stand 1993 über insgesamt 4 302 Betten und erbringen in einem Jahr 1 Million Pflegetage. Das sind doch beachtliche Zahlen, und ich glaube, daß insgesamt schon ein Interesse da ist und da sein muß, die privaten Krankenanstalten als einen Teil unserer gesamtmedizinischen Versorgung zu sehen und demnach auch dementsprechende Maßnahmen zu treffen.

An und für sich, nach den Antworten des Herrn Ministers, ist die Sache ja nicht so schlimm, als sie in kleinformatigen Tageszeitungen dargestellt wird, denn wenn Verträge vorsorglich gekündigt werden, sagt das ja nicht, daß man eine Situation, wie sie seit langer Zeit bestanden hat – mir fehlt hier der genaue Zeitrahmen, aber dennoch seit langer Zeit bestanden hat –, völlig in Frage stellt, daß man das gänzlich umkehrt.

Falls diese Zeitungsberichte recht hätten, würde das natürlich dazu führen, daß die Privatspitäler weniger oder gar kein Geld mehr aus der Sozialversicherung erhalten könnten. Dann müßten sie entweder zusperren oder eine neue Form der Finanzierung suchen. Daher ist natürlich auch


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der Verdacht entstanden, daß sich verschiedene Krankenanstaltenträger der privaten Konkurrenz entledigen wollen, indem sie eben diese Zustände nutzen. Nun, dem ist – das haben wir schon gehört – nicht so.

Aber vielleicht doch noch einige Fakten dazu: Der Pflegegebührensatz, der eine Basis darstellt, ist für alle Krankenanstalten eines Bundeslandes gleich hoch. Und hier habe ich Zahlen von 1994: Sie betrugen zwischen 1 140 S und 1 384 S pro Tag, eben nach Bundesländern unterschiedlich. (Bundesrat Dr. Harring: Sehr unterschiedlich, Herr Kollege!) Ich habe Zahlen aus 1994 gesagt. 1995 ist das sicher wieder gestiegen. Das ist ganz natürlich.

Damit können jedoch nur – ebenfalls wieder nach Bundesland unterschiedlich – zwischen 21,5 Prozent und 52,1 Prozent der jeweiligen amtlichen Pflegegebühren in der allgemeinen Gebührenklasse eines öffentlichen Krankenhauses abgedeckt werden.

Daß die privaten, nicht gemeinnützigen Krankenanstalten keinerlei Zuschüsse von Bund, Land, Gemeinden oder KRAZAF erhalten, ist bekannt. Sie erhalten ihre Kostenerstattung einerseits durch die gesetzlichen Krankenversicherungsträger in der Form des genannten Pflegegebührenersatzes, andererseits durch direkte Zahlung des Patienten oder einer Versicherung, wenn ein Patient eine private Krankenzusatzversicherung abgeschlossen hat.

Da muß man schon fragen: Was motiviert denn eigentlich einen Österreicher, eine Zusatzversicherung abzuschließen? – Ich glaube, daß es erstens sicherlich die freie Arztwahl ist. Das heißt, der Patient begibt sich zu dem Arzt seiner Wahl und seines Vertrauens in Behandlung. Darüber hinaus kann er natürlich auch bestimmen, wenn es eine Krankheit ist, die einen Zeitrahmen vorgibt, wann er diese Behandlung vornehmen läßt, wann er das Spital aufsucht. Das sind sicher Vorteile.

Ich meine also, daß die Meldung der "Kronen-Zeitung" vom 24. Juni sicherlich etwas überzogen war; aber kleinformatige Blätter titeln halt immer gern etwa größer als andere.

Ich glaube daher, daß es aufgrund der Antworten des Herrn Ministers tatsächlich so sein wird müssen, daß neue Verträge auf allen Ebenen anzustreben sind. Ich stimme auch mit der Aussage des Herrn Ministers Hums überein, daß die Verhandlungen rasch zu führen sein werden, damit Verunsicherungen in diesem Bereich hintangehalten werden können und daß damit auch die privaten Krankenanstalten als ein unverzichtbarer Teil der medizinischen Gesamtversorgung ihre notwendigen Aufgaben weiterhin wahrnehmen können.

Verträge sind also anzustreben, denn wir können und dürfen nicht zulassen, daß Patienten doppelt belastet werden dadurch, daß sie ihre Kassenbeiträge als Pflichtbeiträge bezahlen und auch noch eine Zusatzversicherung haben, aber im Krankheitsfall Leistungen nur in öffentlichen Spitälern beziehen könnten oder dürften.

Ich meine auch, daß die freie Arztwahl, die ich schon angesprochen habe, die freie Terminwahl die Motivation für die Zusatzversicherung ist, daß das die Motivation zum Abschluß dieser Versicherungen und ein Teil einer von vielen Menschen gewünschten Lebensqualität ist. Etwa ein Fünftel der Österreicher macht von diesen Zusatzversicherungen Gebrauch. Ich glaube, daß der Gesetzgeber diese Möglichkeiten nicht einschränken darf, damit eben diese gewünschte Lebensqualität weiter bestehen kann.

Ich habe auch Aussendungen zu diesem Thema nachgelesen, und ich hoffe, daß das Wort des SPÖ-Gesundheitssprechers Erfolg hat, der in seiner Erklärung gemeint hat: Wir werden sicherstellen, daß die privaten Krankenanstalten auch in Zukunft Verträge mit den Krankenkassen erhalten. – Das ist es, worum es geht, und das ist mit allem Nachdruck anzustreben. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)


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16.47

Präsident Josef Pfeifer: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Hedda Kainz. – Bitte.

16.47

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe große Schwierigkeiten, mit der Tatsache umzugehen, ruhig bleiben zu müssen, wenn ich Ihre Einleitung zu dieser Dringlichen ernst nehmen soll, nämlich in der Form, daß Sie auf der einen Seite ein – ich behaupte jetzt, unter Anführungszeichen – "Sommerloch", auf der anderen Seite eine tragische Tatsache dazu benützen, die Finanzierung von Privatkrankenhäusern, von gewinnorientierten Krankenhäusern – was an und für sich im Lichte dessen, was hier bereits gesagt wurde, durchaus nicht negativ zu sehen ist –, im Zusammenhang mit der Schimmelpilz-Situation in Innsbruck zu sehen.

Diese Situation und die damit verbundenen Todesfälle sind zugegeben tragisch. Sie sind hoffentlich für die Zukunft mit den zur Verfügung stehenden Mitteln, die beträchtlichen finanziellen Einsatz erfordern, vermeidbar. Nachdem Sie heute hier wieder sehr stark betont haben, daß Sie sich dieses Mittel der dringlichen Anfragen zur Gestaltung Ihrer Arbeit nicht nehmen lassen – es will es Ihnen auch niemand nehmen –, müssen Sie aber zur Kenntnis nehmen, daß eben Ihre Gesprächspartner oder jene, die Sie mit diesen dringlichen Anfragen konfrontieren, auch eine Meinung zur Dringlichkeit haben.

Wenn Sie also diese Situation und die Tatsache, daß wir durch die Möglichkeiten der High-Tech-Medizin geschwächten Menschen in einem tragischen Zustand, der vor wenigen Jahren noch gar nicht bereinigbar gewesen wäre, Chancen geben können, die allerdings – zugegeben –tragische Nebenwirkungen haben, daß das mit Risken verbunden ist, damit in Zusammenhang bringen, daß gekündigte Verträge für Privatspitäler eine Berechtigung haben, dann muß ich sagen: Mir fehlt sehr oft das Verständnis für Ihre Haltung, aber das halte ich für so ablehnenswert, daß ich wirklich die größten Probleme habe, überhaupt nur damit umzugehen.

Ich möchte niemanden fragen. Sie haben heute hier die Antwort des Ministers darauf bekommen, wie es und warum es zur Kündigung der Verträge der Privatspitäler gekommen ist. Es sind jene Spitäler, die bis jetzt nicht von der KRAZAF-Finanzierung erfaßt waren: Und wenn Sie auch da ... (Zwischenruf des Bundesrates Gerstl .) Herr Kollege! Sie haben Ihre Wortmeldung in diesem Zusammenhang das letzte Mal bereits abgegeben. Ich habe sie aufmerksam verfolgt. Sie müssen mich jetzt schon auch meine Ausführungen hier machen lassen.

Ich möchte die Berechtigung von Privatspitälern absolut nicht leugnen. Ich möchte auch nicht die freie Arztwahl beschneiden. Auch ich nehme diese freie Arztwahl und die freie Wahl einer Krankenanstalt gelegentlich für mich in Anspruch. Ich muß jedoch dazusagen, daß ich bereit und Gott sei Dank auch in der Lage bin, diese notwendige Finanzierung in meinem eigenen Rahmen vorzunehmen.

Wenn Herr Kollege Schaufler jetzt darauf hingewiesen hat, daß nur ein Fünftel der österreichischen Bevölkerung die Zusatzversicherungen in Anspruch nimmt, dann geht daraus aber auch hervor, welcher Bedarf für die Finanzierung durch Zusatzversicherungen bei der Bevölkerung daraus entstehen kann.

Wenn Sie, meine Damen und Herren der Freiheitlichen, hier außerdem noch den Eindruck erwecken, daß auch die Ordenskrankenhäuser davon betroffen wären, dann wissen Sie ganz genau, daß es nur jene Ordenskrankenhäuser sind, die, genauso wie die vorhin angeführten, reine Privatspitäler sind, und nicht jene vielen Anstalten des öffentlichen Rechts im Bereich des klerikalen Eigentums.

Die freie Arztwahl in Ehren, die freie Wahl der Anstalt ebenfalls in Ehren, wenn Sie jedoch in Ihrer Begründung auch darauf hinweisen, daß bei gleicher Diagnose unterschiedliche Belagsdauer in diesen Anstalten gegenüber den öffentlichen vorhanden ist, dann kann ich nur behaupten, daß Argumente, je nachdem, in welcher Position einer Bandbreite sie angesiedelt sind, eine Berechtigung haben oder auch nicht.

Ich behaupte trotzdem, daß Privatspitäler eine andere Struktur ihrer Aufgaben haben und diese auch nach Bedarf wählen. Öffentliche Krankenhäuser hingegen haben in vermehrtem und in hauptsächlichem Umfang das Risiko der Notfallmedizin zu tragen.


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Es ist hier auch die Terminwahl angesprochen worden. Es stimmt, ein Privatpatient in einer Privatanstalt kann sich vieles nach seinen Notwendigkeiten, nach den Notwendigkeiten des ihn behandelnden Arztes und der Anstalt gestalten. Diese Gestaltungsmöglichkeiten bestehen in einem öffentlich-rechtlichen Krankenhaus nicht, keinesfalls in dem notwendigen Ausmaß.

Ich gehe also davon aus, daß Sie kaum bestreiten können, daß Privatspitäler ihre Möglichkeiten anders gestalten und damit aber auch andere, geringere Risken und geringere Kosten zu tragen haben und daß das auch in der Form der Finanzierung seinen Ausdruck finden muß. Sie können die Gestaltungsmöglichkeiten und damit auch die unterschiedliche Belagsdauer nicht einfach wegdiskutieren, wenn Sie davon ausgehen, daß es eben Wahlmöglichkeiten für den Patienten geben soll.

Der Herr Minister hat darauf hingewiesen, daß bereits im Frühjahr die ersten Gespräche eingeleitet wurden, die darauf abzielen, die politische Entscheidung für zukünftige Finanzierungsmodelle herbeizuführen, daß aber jetzt erst die Verträge ausgehandelt werden müssen. Diese dienen dem Ziel, den Notwendigkeiten Rechnung zu tragen, nämlich dem Bedarf im Gesamtkonzert der medizinischen Notwendigkeiten im Zusammenleben – wenn Sie so wollen – von öffentlich-rechtlichen Anstalten, die all das zu tragen haben, was in der österreichischen Bevölkerung an Bedürfnissen vorhanden ist. Es geht dabei um jene Menschen, für die es keinen finanziellen Spielraum gibt, nämlich um jene vier Fünftel – das ist die Zahl, die Herr Kollege Schaufler verwendet hat – der österreichischen Bevölkerung, die es sich nicht leisten können, vielleicht auch nicht wollen, eine Zusatzversicherung abzuschließen.

Aber hier so zu tun, als wären die Risken absolut gleich verteilt, und deshalb könne man daraus auch das gleiche Recht auf die gleiche Finanzierung ableiten, ohne die Unterschiede zu berücksichtigen, das halte ich für falsch. Und ich glaube, daß Sie bei den Recherchen zu Ihrer Anfrage, der ich die Dringlichkeit auf keinen Fall zugestehen kann ... (Bundesrat Dr. Harring: Das ist nichts Neues!) Das ist Ihnen nichts Neues, das stimmt. (Beifall bei der SPÖ.) Ihre dringlichen Anfragen sind für uns sehr oft unverständlich.

Aber wenn ich noch einmal die Brücke zu der Tatsache schlagen darf, daß Sie die Schimmelpilzinfektionen in der Innsbrucker Klinik ... (Bundesrat Dr. Tremmel: Frau Kollegin! Sie waren doch herinnen! Da haben Sie mich bewußt mißverstanden!) Ich habe Sie nicht bewußt mißverstanden! (Bundesrat Dr. Tremmel: Ich habe auf diesen Zustand hingewiesen und habe gesagt: Zwei Jahre ist nichts passiert, und höherenorts hat man es übersehen! Wenn das ein Privater gewesen wäre, dann hätte man die Anstalt zugesperrt! Das war der Hintergrund!)

Sie behaupten also, der Schimmelpilz hat einen Zusammenhang mit der Finanzierung von Privatspitälern. – Ich halte die Tatsache, daß Sie das überhaupt in einem Atemzug nennen, für unmenschlich, so tragisch die Situation ist. Ich möchte nicht haben, daß Sie das jetzt zum Anlaß nehmen, eine Studie erarbeiten zu lassen, wo die Schimmelpilzinfektionen sonst noch zu finden sind. Ich denke, daß es in Ihren Reihen auch Mediziner gibt, die genau wissen, welche Problematik damit verbunden ist. Das will auch niemand wegleugnen, aber diese und noch dazu die Todesfälle, die damit verbunden sind, im Zusammenhang zu sehen mit der Finanzierung und der jetzt erfolgten Kündigung von Verträgen mit Privatspitälern, ist ungeheuerlich.

Hier sei noch einmal darauf hingewiesen – Sie wollen ja solche Dinge nicht zur Kenntnis nehmen –, die gesetzten Maßnahmen erfolgten mit dem Ziel, in neuen Verträgen den Privatspitälern den ihnen zukommenden Standort in der Gesamtheit der Abdeckung der Gesundheitsvorsorge und der Gesundheitseinrichtung für die österreichische Bevölkerung zuzuweisen. Aber eine ungleiche Riskenverteilung zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Anstalten und eine ohne Unterschied gleiche Finanzierung – ich denke, das kann nicht das Ziel der kommenden Vertragsinhalte und der notwendigen Maßnahmen zur Finanzierung im Rahmen der Gesundheitsmaßnahmen für die österreichischen Bevölkerung sein. (Beifall bei der SPÖ.)


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16.57

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Engelbert Weilharter. Herr Bundesrat, ich erteile Ihnen dieses.

16.57

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich möchte in meinen Ausführungen auf die Wortmeldung des Kollegen Schaufler replizieren. Er hat gemeint, daß sich ein Fünftel der Bevölkerung eine private Krankenversicherung leisten könne, und die Kollegin Kainz hat es verstärkt. Es gibt dazu eine Studie innerhalb der privaten Versicherungswirtschaft. Die Ursache hierfür ist nicht, daß es sich nur ein Fünftel der Bevölkerung leisten kann, sondern daß von diesem Fünftel der privat Versicherten 67 Prozent kein Vertrauen in die gesetzliche Vorsorge haben. Das, meine Damen und Herren, ist die Ursache. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Der Rechnungshof hat bei einer Prüfung der Finanzgebarung des Landes Steiermark festgestellt, daß der wirtschaftliche und somit finanzielle Dispositionsspielraum des Landes mehr als eingeengt ist. Und das, meine Damen und Herren, war für den steirischen Spitalsreferenten sicherlich Grund genug, der Frau Gesundheitsministerin einen Brief zu schreiben, in dem er in sieben Punkten seine Bedenken äußert und in dem er zum Ausdruck bringt, daß mit 1. Jänner 1997 das Chaos innerhalb der Finanzierung der Krankenhäuser programmiert ist.

Es mag schon sein, daß dieser Brief durch eine Indiskretion, durch einen Fehler in der sozialistischen Logistik in die Öffentlichkeit gelangt ist, Faktum ist: Diesen Brief gibt es, diese Sorge ist berechtigt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wenn sich ein seiner Verantwortung bewußter Spitalsreferent dazu äußert, dann heißt das nicht, daß das Land als Träger von Krankenhäusern eine Rivalität zwischen den privaten und den öffentlichen Krankenhäusern sieht, sondern ich meine, das Land weiß um die wirtschaftliche und finanzielle Situation und ist daher – zumindest für das Land Steiermark kann ich das hier sagen – sicherlich froh darüber, daß wir private Träger, daß wir private Krankenhäuser haben, die nämlich die medizinische Versorgung innerhalb des Landes sichern und der öffentlichen Hand einen gut Teil der Leistungen abnehmen.

Die Konkurrenzierung in der Steiermark, meine Damen und Herren, ist nicht hausgemacht, die Konkurrenzierung der öffentlichen und der privaten Krankenhäuser beginnt damit, daß eine Ungleichstellung von seiten des Gesetzgebers, von seiten der Regierung insofern erfolgt, als private Träger anders behandelt werden als öffentliche, und das ist die Ursache der Sorge der Spitalsreferenten.

Meine Damen und Herren! Wenn im Spitalswesen etwas auf wackeligen Beinen steht, dann sind es nicht die Bediensteten in den Krankenhäusern, dann sind es nicht die Krankenhäuser selbst, sondern dann ist es sicherlich die Spitalspolitik, die von seiten der Regierenden gemacht wird, denn niemand versteht, daß sehr wohl Tarifverhandlungen für die Leistungsgebühren der öffentlichen Krankenhäuser geführt werden, daß jedoch private Träger, private Krankenhäuser davon ausgeschlossen sind, daß Private also nicht in den KRAZAF eingebunden werden, obwohl es doch innerhalb der Länder das Bekenntnis gibt, daß diese Privaten sehr wohl zur medizinischen Versorgung beitragen.

Meine Damen und Herren! Wenn Kollegin Kainz die Notwendigkeit dieser dringlichen Anfrage nicht verstanden hat, dann tut es mir leid für sie. Ich sage Ihnen eines, Frau Kollegin Kainz: Jede Verunsicherung im medizinischen Bereich müßte Anlaß dafür sein, daß sich die gesetzgebenden und begutachtenden Körperschaften damit befassen. Die Betroffenen sind nämlich jene Menschen in der Gesellschaft, die sich aus eigener Kraft meistens nicht helfen können. Diese haben es verdient, daß man sich mit ihren Sorgen auseinandersetzt, und ich habe kein Verständnis dafür, daß die Verunsicherung in diesem Bereich weiter Platz greift. (Bundesrätin Kainz: Dann unterlassen Sie das!)

Ich weiß schon, Ihnen ist eine Diskussion über die Spitalsfinanzierung sehr unangenehm – das haben wir ja auch bei der Gebietskrankenkasse erlebt (Bundesrätin Kainz: Mir ist sie nicht unangenehm, nur die Art Ihrer Argumentation ist mir unangenehm!) –, weil Ihre Fraktion nicht nur im Bund, sondern auch in den Ländern, zum Beispiel in der Steiermark, seit 40 Jahren die


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Verantwortung in diesem Bereich trägt und letztlich mit ihrer Weisheit am Ende ist. Das ist die Ursache dafür, daß Sie darüber nicht reden wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Deshalb wollen wir als freiheitliche Fraktion eine klare Aussage von seiten der Regierung, inwieweit die medizinische Versorgung in Hinkunft gesichert ist, warum private Krankenhäuser im Vergleich zu öffentlichen schlechtergestellt werden sollen, und das in einer Zeit, in der ohnedies eine Belastungslawine über die Bevölkerung hinwegrollt. Ich nenne nur Schlagworte: Rezeptgebührenerhöhung, Krankenscheingebühr und vieles mehr. Niemand hat in dieser Situation Verständnis für eine solche Verunsicherung, und wir erwarten uns aufgrund unserer dringlichen Anfrage klare Aussagen dazu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.04

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Hums. Ich bitte ihn, zu sprechen.

17.04

Bundesminister für Arbeit und Soziales Franz Hums: Sehr geehrte Damen! Sehr geehrte Herren! Ich würde die Damen und Herren Bundesräte der Freiheitlichen wirklich ersuchen: Wenn sie sich nicht ununterbrochen Populismus vorwerfen lassen möchten, dann sollte eine derartige Diskussion sachlich geführt werden, und zur sachlichen Diskussion gehört – ich habe vorhin schon einmal darum ersucht –, daß man ... (Bundesrat Dr. Prasch: Sie sollen das Parlament informieren und nicht belehren!) Ich informiere Sie ja jetzt über eine korrekte Vorgangsweise. (Bundesrat Dr. Prasch: Sie haben uns zu informieren und keine Wertungen über unsere Diskussion abzugeben!) Ich höre mir hier von Ihnen die ganze Zeit Dinge an, daher werde ich jetzt auch darauf antworten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich werde hier antworten, und zwar nicht in meinem Interesse, sondern – nochmals – im Interesse der vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den öffentlichen Krankenhäusern, denn hier schwirrt permanent der Vorwurf herum, daß die Versorgung in öffentlichen Krankeneinrichtungen nicht entsprechend ist. Und das möchte ich noch einmal entschiedenst zurückweisen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Vielleicht ist Ihnen bei der Formulierung der letzten Frage ein Fehler unterlaufen. Ich habe Sie vorhin ersucht, diese vielleicht noch einmal zu überdenken und den Text zu korrigieren, denn in dieser Frage – die Frau Bundesrätin hat nochmals darauf hingewiesen – verlangen Sie, daß etwas für den Weiterbestand der privaten Krankenanstalten getan wird – ich bekenne mich dazu, die Begründung weise ich allerdings zurück –, da, wie Sie ausdrücklich schreiben, "die Versorgungssicherheit der Patienten in öffentlichen Krankenanstalten nicht durchwegs gegeben ist, wie das jüngste Beispiel der tödlichen Schimmelpilzerkrankungen in der Universitätsklinik Innsbruck beweist." Ich würde Sie wirklich dringend ersuchen, das im Interesse der vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die eine korrekte Versorgung in den öffentlichen Spitälern gewährleisten, zu korrigieren. Das ist mein Appell an Sie. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

In gleicher Weise ersuche ich Sie, korrekt vorzugehen, wenn es darum geht, Privatversicherungen mit der öffentlichen Sozialversicherung zu vergleichen. Ich bekenne mich jederzeit dazu, daß es im freien Ermessen jedes einzelnen stehen muß und soll, ob er sich zusätzlich im Bereich einer privaten Versicherung gegen Risken in seiner Weise versichern will. Aber wenn man Leistungspflicht und Kosten der privaten Versicherung und der gesetzlichen Sozialversicherung vergleicht, dann muß man sagen, es liegen Welten dazwischen, und ich möchte Sie nochmals ersuchen, draußen nicht zu verunsichern.

Wenn Ihnen wirklich an der Qualität unserer Gesundheitsvorsorge gelegen ist, an der Qualität der Krankenbehandlung, dann verstehe ich nicht, warum Sie heute gleichzeitig den Maßnahmen in der 53. Novelle nicht zustimmen wollen, die in Zukunft diese Qualität der Gesundheitsvorsorge, der Krankenbehandlung bei Einbeziehung des medizinischen Fortschritts für alle absichern soll.


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Daher meine Bitte: Es liegt an Ihnen, ob und wann Sie dringliche Anfragen stellen, aber bleiben Sie sachlich! Und wenn Ihnen tatsächlich etwas an der Absicherung der Gesundheitsvorsorge liegt, dann sollten Sie auch der heutigen Novelle zustimmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.08

Präsident Josef Pfeifer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? (Bundesrat Dr. Schambeck: Ja, Kommerzialrat Gerstl!) – Herr Dr. Rockenschaub.

17.08

Bundesrat Dr. Michael Rockenschaub (Freiheitliche, Oberösterreich): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wir sind es schon gewohnt, daß unsere Anfragen grundsätzlich als nicht dringlich bezeichnet werden. Es ist ziemlich egal, zu welchem Thema wir sie einbringen, an welchen Minister wir sie richten, sie sind eben nie dringlich. Dringlich ist es dagegen, im Juli ein Bezügereformgesetz durchzudrücken, das per sechs Monate – Jänner nächsten Jahres – mit ungeklärten Details hier verabschiedet werden soll, wofür angeblich der Bedarf so groß ist. Die Dringlichkeit hiefür ist durch Medien ausgelöst worden. Das war also fürchterlich dringend, wie wir heute gehört haben, eine Systemumwälzung im Gesundheitsbereich – und diese Vertragskündigungen sind nicht so ohne – hingegen nicht.

Herr Bundesminister! Es wäre unter Vertragspartnern doch auch möglich gewesen, sich zusammenzusetzen und die Vertragsinhalte zu ändern. Das ist eine mögliche Vorgangsweise unter Vertragspartnern, wie sie im Geschäftsleben durchaus üblich ist. Diese Vorgangsweise wurde nicht gewählt, sondern es wurde von einer Seite die Kündigung ausgesprochen. Dadurch entsteht natürlich eine ganz andere Drucksituation, und diese Drucksituation ist offensichtlich gewollt, denn ich kann nicht annehmen, daß hier kaufmännische Dilettanten am Werk gewesen wären. Damit will man psychologisch etwas erreichen, und das ist auch durchaus legitim.

Noch einmal zu der Sache mit Innsbruck: Können wir uns vielleicht auf die Sprachregelung eines Mißverständnisses einigen? – Das will ich sicher nicht, daß ich einen tragischen Fall sozusagen hinaufskandalisiere. Nennen wir es Mißverständnis, aber Kollege Tremmel hat in einem Zwischenruf schon erläutert, wie er es jedenfalls gemeint hat.

Mir sind Vorgangsweisen in Privatspitälern bekannt, bei denen die Aufsichtsbehörden sehr streng vorgehen. Ich kann es natürlich nicht beweisen, aber die These möchte ich schon formulieren: Wären diese Vorfälle – mit der Vorgeschichte, die noch dazukommt – in einem echten Privatklinikum passiert, wäre sehr schnell vom Zusperren die Rede gewesen. (Bundesrat Meier: Das sind alles nur Thesen!)

Aus dieser Überlegung heraus fragen wir uns, ob man bei dieser Marktbereinigung jetzt nicht möglicherweise die Falschen trifft, denn um Marktbereinigung geht es ja. (Bundesrat Meier: Nein, es geht nicht um Marktbereinigung!)

Ich höre immer wieder von Gesundheitsexperten, daß wir in Österreich schlicht und einfach zu viele Betten hätten. Man kann das als gesicherte These ansehen – zumindest wurde diese Meinung von vielen Experten vertreten –, und die Frage ist nun, wie wir das Ziel, die Anzahl der Betten zu reduzieren, erreichen.

Wir haben in Oberösterreich eines festgestellt: Wo immer auch nur das Gerücht auftaucht, hier könnte eine Abteilung geschlossen werden, hier könnte ein kleines Krankenhaus geschlossen oder auf eine Pflegeanstalt umgerüstet werden, steht das praktisch kein Lokalpolitiker durch. Auch die Landesregierungsmitglieder, die das ursprünglich vielleicht versuchen wollten, stehen das nicht durch, wenn die Kritik auf regionaler Basis auftaucht. Öffentliche Monopole wie die Sozialversicherungen hingegen, meine Damen und Herren, haben es so an sich, daß sie alles versuchen, nur nicht sich selbst radikal umzustrukturieren. Das liegt in der Natur der Sache, weil sie eben dem Druck nicht ausgesetzt sind.


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Daher glaube ich schon, daß hier eine Strategie verfolgt wird, die Marktbereinigung in erster Linie dort durchzudrücken, wo man ein Preisdiktat fahren kann, weil man diese laut Expertenmeinung notwendige Marktbereinigung bei den öffentlichen Spitälern nicht durchsetzen will oder kann.

Zum Schluß noch: Es war heute schon einmal die Rede von eingehaltenen Wahlversprechen. Das trifft jetzt zwar nicht Ihre Partei, nämlich die SPÖ, aber es gibt noch eine zweite Regierungspartei, und von dieser hat es ein großartiges Inserat mit dem Bundesobmann der Volkspartei gegeben. (Bundesrat Ing. Penz: Bundesparteiobmann!) Jawohl, mit Wolferl. Darf man jetzt Wolferl sagen, nachdem er so gerne von der Liesl spricht? (Bundesrat Ing. Penz: Das ist nur in einem anderen Bereich!) In diesem Inserat sind ein Dutzend Punkte angeführt – da steht sogar: Heben Sie sich dieses Inserat gut auf! Sie können uns beim Wort nehmen! –, und es wird dick aufgetragen.

Der sechste Punkt lautet: "Reform der Sozialversicherungen", und da steht: "Mehr Leistung für die Versicherten". – Wenn ich mir das alles anschaue – Sie haben an uns appelliert, wir mögen dem insgesamt zustimmen –, so muß ich sagen, es sind schon Teile dabei, mit denen mehr Leistung für die Versicherten beschlossen wird, aber alles in allem gesehen kann ich zu diesem Urteil nicht kommen. Man müßte eher sagen: mehr Leistung durch die Versicherten. Die Versicherten haben mehr zu leisten, es geht also nicht um mehr Leistung für die Versicherten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dann steht weiters noch: "durch Zusammenlegung der Sozialversicherungen". – Das Thema ist ja völlig gestorben. Das hat zwar Vranitzky vor einigen Jahren als durchaus sinnvoll andiskutiert, und die ÖVP hat einen fortschrittlichen Landespolitiker, Dr. Leitl, der immer wieder verlangt, daß man darüber endlich einmal nachdenkt. (Bundesrat Eisl: Das brauchst du nicht zu glauben!) Ich habe mir dieses Inserat aufgehoben, denn es steht ja hier: Heben Sie sich das gut auf! Sie können uns beim Wort nehmen!

Weiters: "Verwaltungsvereinfachung". – Ich hoffe, das ist passiert. Das kann ich nicht beurteilen. Sie haben das berichtet.

Das nächste ist der "Abbau von Direktorenposten". Da wird die Möglichkeit bestehen, zunächst einmal eine Zählkommission einzusetzen. Zumindest die ÖVP hat das versprochen, daß Direktorenposten abgebaut werden.

Alles in allem kann es sich hier aber mit Sicherheit nicht um das Einhalten eines Wahlversprechens handeln. Und hinsichtlich schöner Worte in dieser Richtung sind wir, glaube ich, jetzt doch mit Berechtigung sehr kritisch geworden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.15

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Kommerzialrat Gerstl. Ich bitte ihn, zu sprechen.

17.15

Bundesrat Alfred Gerstl (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Ich wollte mich nicht zu Wort melden, denn zu diesem Thema habe ich ja bei der letzten Sitzung des Bundesrates ausführlich gesprochen. Ich möchte aber vorerst einmal etwas in den Raum stellen, was mich immer ärgert hier in diesem Haus:

Es geht nicht um Partei, sondern um die Gesundheitspolitik, und kaum meldet sich ein Freiheitlicher zu Wort, was immer er auch sagt – es wird von vornherein negativ beurteilt! Das erinnert mich an meine eigene Jugend, und daher danke ich der Freiheitlichen Partei, daß sie vor allem die freie Arztwahl und die freie Krankenhauswahl in den Vordergrund gestellt hat, denn das ist eine demokratische Zielsetzung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun zu den einzelnen Problemen. Sie sagen zum Beispiel, daß die schwersten Operationen nur in öffentlichen Krankenhäusern ausführbar sind, daß die schwersten Krankheiten nur in öffentlichen Krankenhäusern behandelt werden. Dazu möchte ich sagen: Das mag überwiegend in


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Österreich noch so sein, wo wir ein Gesundheitswesen aus einer Zeit mitschleppen, das uns manchmal an eine überwunden geglaubte erinnert, und uns erst jetzt im Übergang zu einem nach Leistung zu honorierenden Gesundheitswesen befinden, zu einem Gesundheitswesen, das auch den Wünschen des einzelnen Menschen noch mehr Rechnung trägt. (Vizepräsident Dr. Schambeck übernimmt den Vorsitz.)

Ich zeige noch etwas auf. Jetzt gibt es immer Fehlerquellen. Wenn zum Beispiel ein öffentliches Krankenhaus eine Anamnese erstellt und das der Versicherung meldet, erfährt es sofort die hiefür bewilligte Zeit, ein privates Krankenhaus bekommt das manchmal erst 14 Tage später, nachdem der Patient bereits entlassen ist, und dann sind drei bis vier Tage von der Bezahlung abgeschnitten. Es wird also um Geld gebracht, weil ihm die Anamnese nicht sofort beantwortet wurde! (Bundesrat Dr. Harring: So ist es!)

Oder: Wenn ein privates Krankenhaus an der Internen in der zweiten Klasse bei bester Behandlung – das kann ich Ihnen garantieren, da haben wir sehr viele private Spitäler, für die das zutrifft – 3 500 S pro Tag bekommt, das gleiche Bett in einem öffentlichen Krankenhaus in der dritten Klasse für eine interne Krankheit jedoch 5 500 S kostet, dann sehe ich schon eine Diskrepanz, wenn der Steuerzahler 3 000 S dazuzahlen muß. Oder nicht? Sehen Sie das nicht? – Hier muß Gerechtigkeit bei Leistung und Bezahlung einziehen!

Wenn es schwere Unfälle gibt, die tatsächlich derzeit noch nur in einem öffentlichen Spital behandelt werden können – vorerst noch, denn in Amerika werden in den privaten Spitälern die kompliziertesten Operationen durchgeführt, die bei uns gar nicht durchgeführt werden können ... (Bundesrat Meier: Aber schauen Sie doch, welche Leute in diesen Krankenhäusern sind!) Lassen Sie mich ausreden! Ich weiß das alles. (Bundesrat Meier: Der Schwarzenegger und diese Clique sind da drinnen, aber nicht der normale amerikanische Bürger!)

Der Bürger in der Schweiz bezahlt bei einer Versicherung, zum Beispiel bei der Suisse Air, für zwei Personen 340 Franken plus 10 Prozent Eigenbehalt; die kann er aber zusätzlich versichern lassen. Fragen Sie die Schweizer! Ich komme zufällig ein bisserl in der Welt herum und sehe das.

Meine Aufgabe ist es, hier zu sprechen und nicht Gesundheitspolitik in Parteipolitik einzuordnen (Bundesrat Meier: Ja, schauen Sie nach Amerika!) , sondern in den Weg, der ökonomisch vorgegeben das Beste erreicht. Und da ist jede Wortmeldung zu bedanken, egal, ob man jetzt dafür oder dagegen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn man die privaten Spitäler in Österreich umbringen will (Bundesrat Meier: Davon redet ja niemand! Das ist eine Unterstellung!) , dann soll man sagen: Wir gehen den Weg, den Rußland verlassen hat! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.18

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Hoher Bundesrat! Wir setzen nun die Verhandlung über die Tagesordnungspunkte 3 bis 8 fort.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Hedda Kainz. Ich erteile es ihr.

17.19

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte meinen Ausführungen im Rahmen der Tagesordnung zur 53. Novelle vorausschicken, daß ich durchaus honoriere, daß in dieser 53. Novelle sehr positive


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Ansätze enthalten sind und der erfolgreiche Versuch unternommen wird, das eine oder andere Problem im Lichte der eingeschränkten Finanzierungsmöglichkeiten zu bewältigen.

Es hat aber im Zusammenhang mit dieser 53. ASVG-Novelle neben grundsätzlichen Fragen der Finanzierung vor allem bei zwei Punkten Kritik aus Bundesländersicht gegeben, wobei ich gleich zu Beginn jene Frage aufwerfe, die bereits aufgeklärt wurde und die zu massiven Befürchtungen in den Ländern geführt hat, nämlich die Frage der Krankentransportkosten.

Ich zitiere noch einmal die Ausschußfeststellung des Sozialausschusses. Es wird festgehalten, daß durch die Änderung der 53. ASVG-Novelle nur die satzungsmäßige Pflichtleistung des Ersatzes der Reise- und Fahrtkosten in eine freiwillige Leistung umgewandelt werden soll. Die im § 153 Abs. 5 ASVG geregelten Krankentransportkosten bleiben als Pflichtaufgabe der sozialen Krankenversicherung weiterhin bestehen. Das heißt, daß auch künftig die Satzungen der Krankenversicherungsträger Regelungen über die Gewährung von Krankentransportkosten vorzusehen haben.

Wenn Sie schon der Ausschußfeststellung keine Verbindlichkeit zuordnen, dann gehe ich davon aus, daß Sie wenigstens so viel Vertrauen in das Wort eines Ministers und seiner Mitarbeiter haben, daß Sie nun zur Kenntnis nehmen, daß diese Frage im Sinne all jener, die Kritik geübt und Befürchtungen gehabt haben, gelöst worden ist und daß Sie das auch – es geht uns ja so oft darum, das Selbstwertgefühl und die Notwendigkeit des Bundesrates zu unterstreichen – als Erfolg des Bundesrates sehen.

Wir oberösterreichischen SPÖ-Abgeordneten hatten ursprünglich ebenfalls massive Befürchtungen und wollten gegen die 53. Novelle stimmen, werden nun aber aufgrund der Tatsache, daß uns verbindlich versichert wurde, daß dieses Problem aus der Welt geschafft ist und offensichtlich auf einem Mißverständnis beruht hat, daß diese Frage geregelt ist, zustimmen. Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Ich hätte mir eigentlich auch von Ihnen diese Haltung erwartet und halte daher den Antrag, den Sie auch schon im Sozialausschuß eingebracht haben, für unnotwendig. Aber Sie haben heute schon einige Male festgehalten, daß zwar Sie eine Meinung haben können, anderen dies aber nicht zugestanden wird.

Der zweite Kritikpunkt, der heute vor allem sehr massiv von Kollegen Weiss angesprochen wurde, betrifft die grundsätzliche Frage – sie ist sicherlich sehr grundsätzlich, weil sie föderalistische Vorgangsweisen anspricht –, des übergreifenden Controllings im Hauptverband. Herr Kollege Weiss hat uns heute hier das Problem sehr plakativ wissenschaftlich aufbereitet und erklärt, daß es für die Bezeichnung "Controlling" offensichtlich selbst in Fachkreisen keine ausreichende Definition gibt. Umso verständlicher ist es vielleicht, Herr Bundesminister, daß in den Ländern Befürchtungen dahin gehend geäußert wurden, daß es zu einem Kompetenzverlust kommen könnte. Diese Befürchtungen sind also nicht ganz gegenstandslos, vor allem als mir versichert wurde, daß dieses übergreifende Controlling in der ursprünglichen Formulierung – nicht in der alten bestehenden, die schon Rechte beinhaltet hat –, im ursprünglichen Entwurf nicht enthalten war und sozusagen in letzter Minute hineingekommen ist. Wie gesagt, die Frage der Zentralisierung und die Befürchtungen der Länder sind zur Kenntnis zu nehmen, sind ernst zu nehmen.

Dem Argument, daß Synergien optimal zu nutzen sind und daß auch der Hauptverband aus Vertretern der Länder besteht und in Form der Selbstverwaltung seine eigenen Beschlüsse fassen kann, kann ich etwas abgewinnen. Nichtsdestotrotz möchte ich aus dieser Diskussion die Forderung ableiten, daß mehr als bisher mit den einzelnen Kostenträgern in den Ländern, auch mit den Finanzreferenten in den Ländern mehr Gespräche und Verhandlungen geführt sollten als bisher, um solche Mißverständnisse und unliebsame Diskussionen, die sicher in der Sache schädlich sind, zu vermeiden.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf jeden Fall feststellen, daß über diese Frage, über die Diskussionen hinaus die Versichertennähe, also die dezentrale Vorgangsweise, im höchstmöglichen Ausmaß unter Beibehaltung der Autonomie der Träger sowie auch der Form der Selbstverwaltung gewährleistet werden muß. Das bezieht sich auch auf die immer wieder geforderte, heute auch schon angesprochene Zusammenlegung von Gebietskrankenkassen – mit dem


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Argument der Kosteneinsparung. Die Argumente der Kosteneinsparung sind durch Zahlen ausreichend widerlegt und immer wieder widerlegbar. Ich habe die Zahlen der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse mit, wenn jemand das Bedürfnis hat und vielleicht auch glaubt, daß das, was da drinnen steht, nicht richtig ist, dann kann er bei mir Einsicht begehren.

Auch die von Ihnen, Herr Minister, zitierte Häusermann-Studie widerlegt das Argument einer unter allen Umständen sinnvollen Zusammenlegung. Damit ist natürlich nicht gemeint, daß es nicht zu kostensparender Zusammenarbeit und zu Einsparungsmaßnahmen auch im Bereich der Verwaltung kommen kann. Auch das ist sinnvoll, notwendig und möglich. Dazu bedarf es aber nicht solch grundsätzlicher Einschnitte. Die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse hat seit 1994 ihren Personalstand um 9,7 Prozent gesenkt. Das ist ein Umstand, der mich als Gewerkschafterin nicht gerade begeistert, aber angesichts der nicht wegzuleugnenden Finanzierungsschwierigkeiten ist auch eine Personalreduzierung – wenn sie nicht auf Kosten der Substanz geht – zu akzeptieren.

Meine Damen und Herren! Mir ist durchaus bewußt, daß es vor dem Hintergrund einer schlechten Wirtschaftsentwicklung, einer geringeren Beschäftigtenzahl und damit geringerer Beitragsleistungen, eines rasanten medizinischen Fortschritts und damit einer enormen Kostenbelastung, die auch mit Strukturschwierigkeiten behaftet ist, fast unmöglich erscheint oder zumindest sehr schwierig ist, eine von allen Gruppierungen akzeptierte Finanzierung der sozialen Krankenversicherung und des gesamten Gesundheitswesens zu erreichen.

Als Gewerkschafterin, also als Vertreterin der unselbständig Erwerbstätigen – ohne alle anderen Gruppierungen der österreichischen Bevölkerung völlig aus den Augen verlieren zu wollen –, muß ich aber darauf hinweisen, daß die Finanzierungsmaßnahmen, die jetzt ein Teil der 53. Novelle sind, die Vertragspartner – Versicherte – stärker belasten als andere Gruppierungen, zum Beispiel durch die Einführung der Krankenscheingebühr. Es geht mir aber nicht vordergründig um die finanzielle Belastung – ich kann mich dem Argument durchaus anschließen, daß diese den betroffenen Bevölkerungsgruppen aufgrund der Entschärfungen, die vorgenommen worden sind, zumutbar sind –, sondern mir geht es um die Tatsache, daß damit das Prinzip der gemeinsamen Finanzierung der sozialen Krankenversicherung verlassen wurde, nämlich das gemeinsame Finanzieren durch die Vertragspartner, Versicherte, also Erwerbstätige, unselbständig Erwerbstätige und Arbeitgeber. Diese Relation wird durch solche Maßnahmen verschlechtert.

Selbstbehalte der Versicherten – im übrigen sind das im Rahmen der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse bereits jetzt jährlich 1,3 Milliarden Schilling, die von den Versicherten in Form von Selbstbehalten aufgebracht werden – sind meines Erachtens keine geeigneten Mittel, um die notwendigen Strukturänderungen herbeizuführen. Und darum geht es ja letztlich, daß Strukturänderungen und ausgabenreduzierende Maßnahmen – ich setze diese zumindest teilweise mit Strukturänderungen gleich – herbeigeführt werden müssen.

Diese Strukturänderungen müssen aber eine Kostendämpfung ohne Qualitätsverlust zum Ziel haben. Ein Qualitätsverlust bedeutet nämlich, daß die notwendige Versorgung und Erhaltung der Gesundheit der österreichischen Bevölkerung nicht mehr gewährleistet wären. Ich glaube aber, daß eine völlige Neuordnung unseres Gesundheitswesens zu ehrgeizig wäre. Wir haben bereits hier im Haus gravierende Auffassungsunterschiede in der einen oder anderen Form, und ich gehe davon aus, daß hier nicht alle Gruppierungen so vertreten sind wie in den Gesprächen, die dann auch zu echten Vertragsunterzeichnungen zwischen den Kostenträgern führen würden.

Ich gehe davon aus, daß Maßnahmen zu ergreifen sind, die mit möglichst hoher Akzeptanz aller Beteiligten Fehlentwicklungen, die auch durch Veränderungen, demographische Veränderungen, aber auch Veränderungen in den Bedürfnissen entstehen, entgegensteuern, wobei aber einige Grundsätze aufrecht bleiben müssen, und zwar nicht nur aufrecht bleiben, müssen, sondern auch noch verstärkt werden müssen.

Ich möchte Ihnen hier einige Beispiele anführen, die bereits mit dem Vertragspartner Ärzte in einer Fachleutegruppe beraten wurden. Ich gehe davon aus, daß diese Forderungen keinen


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politischen Konsens bedeuten können, aber immerhin wurden sie in einer Arbeitsgruppe von Fachleuten bereits auf Papier festgehalten. Das ist einmal – ich denke, das ist auch etwas, was im Bereich der Sozialversicherung als Einheit akzeptiert und verankert ist – das Sachleistungsprinzip mit dem gesetzlichen Verbot des kassenfreien Raumes. Die Diskussion hätte, glaube ich, gar nicht solch große Bedeutung erlangt, wenn sie sich nicht im Zusammenhang mit der Neueinführung der Krankenscheingebühr entwickelt hätte. Hier zu sagen, daß die Ärzte derzeit kein Geld in die Hand nehmen, ist dem diametral entgegengesetzt. Ärzte nehmen bereits jetzt Geld in die Hand, sei es dadurch, daß sie Kautionen für nicht abgelieferte Krankenscheine begehren, aber auch dadurch, daß sie Barleistungen einfordern für jene Angebote, die im Rahmen der Kassenverträge nicht erfaßt sind. Das Sachleistungsprinzip mit dem gesetzlichen Verbot des kassenfreien Raumes bedeutet, daß zwischen dem Versicherten und dem Arzt ein Verhältnis vorhanden ist, das sich ausschließlich auf die medizinischen Belange – ohne Abgeltungen, Barabgeltungen – bezieht. Das herzustellen, ist sicher ein ehrgeiziges Ziel. Aber ich gehe davon aus, daß wir hier nicht nur Tatsachen und die Fehler der Vergangenheit zu besprechen haben, sondern daß es auch darum gehen muß, Schritte in die Zukunft zu setzen.

Zur Erhaltung des gemischten Honorierungssystems mit Ausbau von Pauschalabgeltungen. Es ist für die soziale Krankenversicherung und ihre Finanzierung absolut notwendig, Einzelleistungen und Einzelhonorierungen einen Riegel vorzuschieben, um zur pauschalen Abgeltung gewisser Tatbestände zu kommen.

Zur Begrenzung der Ausgabensteigerungen für ärztliche Hilfe auf das Ausmaß der Steigerung der Beitragseinnahmen: In der letzten Zeit hat sich für diesen Umstand die Bezeichnung Deckelung eingebürgert, vielleicht ist diese etwas klarer. Das ist damit gemeint.

Die Einführung eines Medikamentenbudgets ist heute auch einige Male hier angesprochen worden. Das ist darüber hinaus eine Forderung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, sie ist nicht nur aktuell, sondern permanent. Sie ist derzeit aktuell, weil die Kostensteigerungen in Oberösterreich zum Vorjahr bereits 8 Prozent betragen, und wenn sich dieser Trend fortsetzt, dann wird eine solche Maßnahme ernsthaft in Erwägung gezogen werden müssen.

Es muß außerdem einen Anreiz zur verstärkten Nutzung extramuraler Leistungen geben. Auch hier gibt es sowohl Risken als auch Notwendigkeit im Lichte der Tatsache, daß die Krankenhausfinanzierung ein großes Problem bedeutet, andererseits aber Leistungen in der Praxis zur Verfügung stehen, die nicht nur manchmal die Ärzte, weil sie vor ihrer Verantwortung einer Nichteinweisung in das Krankenhaus etwas zurückschrecken, sondern auch die Patienten vorziehen. Vor dem Hintergrund, daß die Finanzierung gewährleistet sein und bleiben muß, haben auch solche Überlegungen angestellt zu werden.

Zum verstärkten Angebot von Gesundheitsleistungen in kasseneigenen Einrichtungen: Im Zusammenhang mit dem festsitzenden Zahnersatz wird die Forderung erhoben, dies in Kassenambulatorien durchführen zu lassen, wobei es hier sehr schlagende Argumente im Bereich der Kosten gibt. Ich denke, daß nicht jede kaufmännische Kalkulation angezweifelt werden kann, auch wenn das hier im Haus sehr oft passiert. Ich halte es nur auf die Dauer für nicht verantwortbar, jede Unterlage, jede Berechnung einmal vom Grundsatz her als nicht richtig anzusehen.

Meine Damen und Herren! Ich habe nur beispielhaft aus der Liste dieser Forderungen zitiert, die, wie gesagt, aus dem Kreise von Fachleuten, also Versicherungsfachleuten, Sozialversicherungsfachleuten und Ärzten, kommt. Das sind nur ganz wenige Beispiele. Es gibt eine Reihe von Vorschlägen, die, wenn man bereit ist, sich darauf zu einigen, ohne große politische Diskussionen und ohne Qualitätsverlust für die Versicherten eingeführt werden könnte.

Über diese beispielhaft angeführten Detailforderungen hinaus glaube ich aber, daß wir einige Vorschläge, die vielleicht etwas visionär klingen, obwohl sie mir jetzt gar nicht mehr so visionär vorkommen, nachdem Herr Bundesminister heute schon einmal auf die Möglichkeiten der Tabaksteuer hingewiesen hat, realisieren könnten. Ich denke also daran, daß das Umschichten von Teilen der Tabaksteuer oder das Heranziehen der sogenannten Win-full-profits in die Über


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legungen hinsichtlich der Finanzierung unseres Krankenversicherungssystems, unseres Gesundheitssystems einzubeziehen sind. Für unerläßlich halte ich jedoch die Beschäftigungsoffensiven. Denn bei unserem derzeitigen Finanzierungssystem sind die Beitragseinnahmen ein wesentlicher Punkt der Finanzierung. Das heißt, mit der angepeilten Vollbeschäftigung, mit dem Umstand, daß möglichst viele Österreicher im Arbeitsprozeß eingegliedert sind, und mit ihren Beitragszahlungen muß die soziale Krankenversicherung finanziert werden. Ich denke, daß das eine auch aus dieser Sicht ganz wesentliche Maßnahme ist, um den zweifellos hohen Standard unseres Gesundheitssystems zu erhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

17.37

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann. Ich erteile es ihm.

17.37

Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Bundesrat! Ich wollte mich nur zu einem Punkt der 53. ASVG-Novelle zu Wort melden, nämlich zur Frage der Chipkarte, die gestern im Ausschuß schon mehrfach andiskutiert wurde.

Bevor ich auf dieses Thema eingehe, möchte ich dem Bundesminister dafür danken, daß er sich heute vormittag gemeinsam mit der Bundesregierung und mit Vertretern des Landes Niederösterreich sehr engagiert in Klagenfurt für die niederösterreichische Wirtschaft, für einen wichtigen niederösterreichischen Leitbetrieb, den Semperit-Werken, eingesetzt hat. Vielen Dank, daß Sie am Vormittag in Klagenfurt waren und jetzt hier bei uns sind. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich glaube, man sollte das erwähnen, weil dieser Leitbetrieb Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft der Südregion, auf die vielen kleinen Zulieferbetriebe hat.

Nun zum Thema Sozialrechts-Änderungsgesetz. Meine Damen und Herren! Seitens der Wirtschaft sehen wir in dem heutigen Paket viele positive Ansätze: die Einführung der Selbstbehalte, die Einsparungsmaßnahmen der Krankenkasse und den Verzicht von Beitragserhöhungen. Ich weiß, das ist ein sehr umstrittenes Thema. Sie, Herr Bundesminister, vertreten ja andere Ansichten. Aus Sicht der Wirtschaft, aus Sicht der Volkspartei ist man immer davon ausgegangen, die Lohnnebenkosten für die Wirtschaft nicht zu erhöhen, um damit den Wirtschaftsstandort Österreich und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft zu erhalten.

Ich glaube, daß der momentan eingeschlagene Weg durchaus moderat, durchaus akzeptabel und mit moderat und sozial ausgewogenen Selbstbehalten verbunden ist, die erstmals Lenkungsmöglichkeiten im Krankenversicherungsbereich ermöglichen.

Meine Damen und Herren! Es gibt in diesem Zusammenhang natürlich einen Wermutstropfen für die Wirtschaft: die Einhebung der Krankenscheingebühr. Bei allem Respekt für den Regierungspartner – da es nicht einmal leicht war, in den eigenen Reihen 50 S durchzubringen; das muß man ja berücksichtigen – ergibt sich jetzt dadurch, daß 50 S durch die Wirtschaft eingehoben werden sollen, eine meines Erachtens unnötige bürokratische Belastung. Man könnte fast sagen, das ist die Retourkutsche dafür, daß seitens der Wirtschaft, seitens der Volkspartei dieser Selbstbehalt, der meines Erachtens sehr hohen erzieherischen Effekt haben soll, gefordert wurde. Für die Wirtschaft bedeutet das aber im Zusammenhang mit dem Strukturanpassungsgesetz, mit dem Arbeitnehmerschutzgesetz, mit der Euro-Statistik und mit den heute schon vielfach diskutierten Werkverträgen – in welcher Form auch immer – neue bürokratische Belastungen. Daher sieht die Wirtschaft die Einhebung der Gebühr durch die Unternehmer nur als kurzfristige Übergangslösung. Nicht umsonst hat der Kammertag der Bundeswirtschaftskammer vor einigen Tagen eine Resolution beschlossen, durch die Sie, Herr Bundesminister, und auch der Hauptverband aufgefordert wurden, diesbezüglich raschest Lösungsvorschläge zu erarbeiten.

Meine Damen und Herren! Im heutigen Computerzeitalter ist es meines Erachtens anachronistisch, daß 10 Millionen Krankenscheine ausgestellt werden müssen, wenn neue Systeme andere Möglichkeiten bieten. Warum sage ich als niederösterreichischer Wirtschaftsvertreter


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das? – Ich bin stolz auf unsere Frau in der Wirtschaft, unsere Vizepräsidentin der Kammer Niederösterreich Frau Kommerzialrat Zwazl, die vor zwei, drei Jahren über die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse bereits den ersten Pilotversuch für die Chipkarte entriert hat. Es gibt in Niederösterreich und auch im Burgenland durchaus positive Stimmen zu diesem Projekt, eine hohe Akzeptanz seitens der Patienten und der Ärzte.

Nicht nur, daß dadurch die Möglichkeit bestehen würde, eine EDV-Vernetzung zwischen Dienstgeber und Versicherungen herzustellen, Melde- und Beitragskartendaten elektronisch zu erfassen, würde auch die Möglichkeit für die Präventivmedizin bestehen, auf dieser Chipkarte wichtige Daten wie Mutter-Kind-Paß, Blutgruppenausweis, Impfkarte auf diesem Medium zu speichern.

Warum setze ich mich hier besonders für die Chipkarte ein? – Weil, Herr Bundesminister, als Argument gegen die Einführung der Chipkarte immer die Kosten in der Größenordnung von 2 Milliarden Schilling zitiert werden, weil gesagt wird, daß diese Kosten zu hoch sind.

Es gibt hier eine Chipkarte – ich habe sie mit (der Redner zeigt sie), und ich habe auch die Unterlagen dazu – von einer Wiener Firma, die diese Karte in Amerika sehr erfolgreich vertreibt, bei Versicherungen, beim amerikanischen Militär. Diese Karte kostet 15 Dollar, ungefähr 150 S. Auf dieser Karte kann man 30 Seiten speichern – aber das brauchen wir ja gar nicht, es genügt eine Seite, um die wichtigsten Daten auf dieser Karte zu speichern. Das heißt, es müßte möglich sein, die Karte billiger zu bekommen.

Zweitens wird immer erwähnt, daß die zusätzliche Ausstattung mit den Computern so teuer kommt. Dazu muß ich sagen: Es gibt heute Lesegeräte dazu – ich halte hier einen diesbezüglichen Prospekt –, die 2 000 S kosten. Das bedeutet, die Umstellung würde durchaus möglich sein.

Ich habe zur Berechnung nur die Dienstnehmer im Bereich der gewerblichen Wirtschaft genommen – das sind derzeit 2,4 Millionen. Wenn man 15 Dollar pro Karte rechnet, so kommt das auf ungefähr 370 Millionen Schilling. Wir haben 9 700 praktische Ärzte und 14 000 Fachärzte, die auch mit diesem Gerät auszustatten wären, so käme das noch auf zirka 47 Millionen. Das heißt, es müßte eine halbe Milliarde investiert werden, um dieses Gerät einzuführen. Wenn man noch die Dienstgeber berücksichtigt, kämen noch einige hundert Millionen dazu. Aber es ist die Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist, daß der Dienstgeber auf diese Karte einen Einfluß hat.

Ich möchte Sie beziehungsweise das Ministerium bitten, Herr Bundesminister, diese Überlegungen nicht aus dem Titel, daß zu viele Kosten entstehen, zu boykottieren. Verfolgen Sie diese Überlegungen weiter. Ich glaube, daß durch entsprechende bürokratische Einsparungsmaßnahmen – da ja auch die Möglichkeit besteht, bessere Kontrollen durchzuführen, durch die Wirtschaft und die Gebietskrankenkasse – die Möglichkeit gegeben sein müßte, diese Chipkarte einzuführen. Man könnte auf diese Weise eine starke bürokratische Entlastung für die Wirtschaft erreichen.

Herr Bundesminister! Der zweite Punkt, der im Hinblick auf die Ärzte angeführt wurde: Ich glaube, es wäre sicherlich ein brauchbarer Ansatz gewesen, die Gebühr bei den Ärzten einzuheben. Wenn Sie heute zu einem praktischen Arzt kommen, dieser Sie nicht kennt und Sie keinen Krankenschein mithaben, müssen Sie dort schon einige hundert Schilling als Gebühr zahlen, ebenso bei den Fachärzten. Das heißt, das Argument, daß die Ärzte kein Verrechnungssystem haben, ist nicht stichhaltig. Ich glaube, dafür, daß man das Inkasso nicht bei den Ärzten einführen wollte, spielen eher ideologische Gründe ein Rolle.

Ich ersuche Sie noch einmal, das Modell dieser Chipkarte weiter zu verfolgen. Es soll diese Chipkarte nicht an den Kosten scheitern, da sie eine bedeutende bürokratische Erleichterung für die Wirtschaft darstellen würde. (Beifall bei der ÖVP.)


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17.47

Vizepräsident Dr. DDr. h.c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Ilse Giesinger. Ich erteile es ihr.

17.47

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Minister! Da ich nicht wiederholen möchte, was meine Vorredner schon gesagt haben, möchte ich nur einige für mich wichtige Punkte der ASVG-Novelle anführen und auch sagen, warum ich dieses Gesetz ablehne.

Positiv daran ist, daß durch diese Novelle keine unmittelbare Erhöhung der Lohnnebenkosten erfolgt. Dies wurde ja auch im Regierungsübereinkommen festgeschrieben. Durch dieses Gesetz werden auch strukturelle Maßnahmen gesetzt, um die Krankenkassen zu sanieren.

Allerdings muß ich feststellen, daß im Artikel I Z 41, § 31 Abs. 3 Z 2, die ständige Beobachtung der Entwicklung der Sozialversicherung in ihren Beziehungen zur Volkswirtschaft und die Ausarbeitung konkreter Vorschläge beziehungsweise die Durchführung von Maßnahmen zur Erhaltung der dauernden Leistungsfähigkeit der Sozialversicherung ohne Überlastung der Volkswirtschaft durch ein versicherungsträgerübergreifendes Controlling eingeführt werden soll. Die ständige Beobachtung und die Ausarbeitung konkreter Vorschläge beziehungsweise Durchführung von Maßnahmen war schon im alten Gesetz Pflicht. Neu ist das versicherungsträgerübergreifende Controlling, und diesbezüglich hat, wie mein Kollege Bundesrat Weiss bereits ausgeführt hat, die Vorarlberger Gebietskrankenkasse, die positiv bilanziert, sehr große Bedenken. Es bedeutet dies nämlich einen Eingriff in die Autonomie und in die Selbstverwaltung dieser Versicherungsträger.

Für mich persönlich ist es unverständlich, daß bei den Versicherungsträgern solch hohe Defizite entstehen können, obwohl im alten Gesetz bereits diese Beobachtung durch den Hauptverband angeführt ist. Die Ergänzung durch das versicherungsträgerübergreifende Controlling läßt vermuten, daß bei konkreten Maßnahmen auch Transferleistungen sparsam verwalteter Gebietskörperschaften an defizitäre Gebietskörperschaften – unter Anführungszeichen - "verschrieben werden". Ich frage mich, warum durch ein Gesetz die Krankenkassen zum Sparen gezwungen werden müssen, warum nicht schon viel früher die Ausgaben im Vergleich zu den Einnahmen kontrolliert wurden. Wo ist hier die Sorgfalt des ordentlichen Kaufmanns, die im Wirtschaftsleben gefordert wird?

Ein Mangel an diesem Gesetz ist aber auch, daß die Betriebe 50 S an Krankenscheingebühr einheben müssen. Dies bedeutet einen erhöhten Verwaltungsaufwand für die Betriebe und die Krankenkassen. Meiner Meinung nach wäre es einfacher gewesen, wenn die Krankenkasse bei der Überweisung an die Ärzte einfach 50 S pro Krankenschein abgezogen hätte, wie dies mein Bundesratskollege Schaufler auch schon gefordert hat.

Schon vor einigen Jahren habe ich die Chipkarte gefordert. Durch die Initiative der Landesvorsitzenden und Wirtschaftskammer-Vizepräsidentin Sonja Zwazl in Niederösterreich gab es in Niederösterreich einen Modellversuch. Später wurde dieser auch im Burgenland durchgeführt. Meines Wissens wurden in beiden Ländern sehr gute Erfahrungen damit gemacht.

Es geht nicht an, den Betrieben immer mehr Verwaltungsaufwand aufzubürden, weil dies ja indirekte Kosten für die Betriebe sind. Ich schlage daher vor, daß die Sozialversicherungsbeiträge sowie die Lohnsteuer direkt vom Arbeitnehmer zu bezahlen sind und die Betriebe die Bruttolöhne auszahlen. Dies würde gleichzeitig eine Entlastung der Betriebe bringen und ebenso ein Kostenbewußtsein in der Bevölkerung, das für die gesamte Volkswirtschaft sicher von Vorteil wäre. (Beifall bei der ÖVP.)

17.52

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ludwig Bieringer. Ich erteile es ihm.

17.52

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich aufgrund der Werkverträge zu Wort gemeldet.


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Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ich sehe absolut nicht ein, da Werkverträge in Hinkunft sozialversicherungspflichtig sind, daß man hiebei eine Gruppe ausnimmt, aber daß für Kulturvereinigungen, soziale Dienste und dergleichen diese Regelung nicht gelten soll. Wenn ich das allein für das Land Salzburg umrechne, stelle ich fest, es bedeutet dies eine Subventionserhöhung für die Kulturvereine, aber auch für die sozialen Dienste in Höhe von etwa 30 Prozent. Dies ist eine Belastung, die die Länder für mein Dafürhalten nicht tragen können, da auch in den Ländern das Geld fehlt.

Werkverträge gibt es überall. Werkverträge sozialversicherungsmäßig zu behandeln, finde ich nicht richtig. Wenn ich die Werkverträge sozialrechtlich behandle, dabei aber einen Teil dieser Werkverträge besteuere und den anderen nicht, dann finde ich das nicht richtig. Aus diesem Grund werde ich mich nicht dem Antrag des Berichterstatters anschließen, und ich werde Einspruch erheben. (Beifall bei der ÖVP und bei den


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Freiheitlichen.)

17.54

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet hat sich weiters Herr Bundesrat Gottfried Jaud. Ich erteile es ihm.

17.54

Bundesrat Gottfried Jaud (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hoher Bundesrat! Ich melde mich nur kurz zu Wort, da ich eine Begründung dafür abgeben möchte, warum ich gegen diese Gesetzesvorlage stimme.

Erstens glaube ich, daß es unverantwortlich ist, einem Gesetz, das heute bereits sehr unverständlich und auch für Fachleute nicht mehr durchschaubar ist, eine 53. Gesetzesnovelle aufzubürden und damit das Gesetz noch unverständlicher zu machen. Das bedeutet, das Gesetz müßte schon lange neu verlautbart werden.

Der zweite Grund: Ich halte die Krankenscheingebühr von 50 S für volkswirtschaftlich unverantwortlich, weil die Einhebung der 50 S mehr Kosten verursacht, als die Effizienz für die Sozialversicherung darstellt.

Dies sind meine Gründe. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

17.55

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist schließlich auch Herr Bundesrat Dr. Michael Rockenschaub. Ich erteile es ihm.

17.55

Bundesrat Dr. Michael Rockenschaub (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wie man die Werkvertragsregelung aus Gewerkschaftersicht auch sehen kann, hat vor zwei bis drei Stunden Kollege Drochter hier dargetan, als er uns erklärte, warum Institutionen aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich ausgenommen sind, wie etwa das BFI. Er hat gemeint: Diese muß man ausnehmen, weil sie – sinngemäß – zu wenig Geld haben, also die Budgets, die von oben kommen – der Herr Minister hat bei dieser Passage auch gelächelt –, zu nieder sind. – Das ist die Perspektive eines Gewerkschaftssekretärs!

Private Firmen, private Auftraggeber, private Vereine können dieses Argument zwar anführen, aber leider nützt es ihnen nichts. Da fragt nämlich kein Mensch, ob sie das bezahlen können. Im Ernstfall können sie ja die Leistungen einstellen oder in die Insolvenz marschieren, wie das viele tun.

Noch einmal zur Transportkostenvergütung. Frau Kollegin Kainz, das wird jetzt zwar ein Oberösterreich-Thema, aber es handelt sich nur um einen Satz. Ihr Parteifreund Landesrat Ackerl hat aufgefordert, der Bundesrat möge dieses Gesetz verhindern. Die freiheitlichen Bundesräte kommen – das passiert ohnehin nicht allzu oft bei Herrn Ackerl – seiner Aufforderung heute nach (Ruf bei der ÖVP: Aber nicht deswegen!), indem wir dies ablehnen werden, und seine Parteifreunde kommen der Aufforderung nicht nach! Das ist ohnehin in Ordnung. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Aber daß wir dafür von Ihnen auch noch eine Schelte bekommen, ist nicht fair, Frau Kollegin Kainz, da wir der Forderung des sozialdemokratischen Landesrates von Oberösterreich Folge leisten. (Zwischenruf der Bundesrätin Kainz .)

Ich weiß schon, Sie werden jetzt die großartige Ausschußfeststellung des Bundesrates herumposaunen, aber ich sage Ihnen, diese wird ein Rechtsforscher, der nach Rechtsquellen forscht, in einigen Jahren überhaupt nicht finden. Sie hat auch keine Rechtskraft. Es kann der Bundesratsausschuß noch so viele Feststellungen treffen: Der Gesetzestext ist eindeutig. – Es ist angenehm und positiv, daß der Herr Bundesminister dazu eine Aussage gemacht hat, aber das ändert nichts am Gesetzestext, da der Herr Bundesminister nicht eigenmächtig – er hat zwar viel Macht, aber so weit geht sie nicht – sagen kann: Obwohl der Nationalrat das beschlossen hat, sage ich hier etwas anderes zu. – Denn angeblich sind ja die Institutionen, um die es hier geht, Selbstverwaltungskörper, und ich glaube, so weit geht das Weisungsrecht eines Bundesministers nicht, daß er bestimmte Preise am Verordnungsweg einfach festlegen kann und die Selbstverwaltungsinstitutionen diese schlicht und einfach übernehmen müssen. Also mir scheint von der Gewaltentrennung und der Machteinteilung her diese Sache etwas schwammig zu sein. Man will sich da durchschummeln! Wir sind eben brav und befolgen brav den Wunsch des Soziallandesrates von Oberösterreich.

Landesrat Ackerl ist ja im Landtag einmal bei seiner eigenen Fraktion durchgerasselt – das wird noch bekannt sein. Vielleicht sind darin die Hintergründe zu suchen. (Bundesrätin Kainz: Herr Dr. Rockenschaub! Solche Bemerkungen können Sie sich sparen! – Bundesrätin Riess-Passer: Tatsachen!) Das muß man sich nicht sparen, das ist eine Tatsachenmeldung. (Bundesrätin Kainz: Was in unserer Fraktion passiert, das überlassen Sie uns!)

Falsche, überkommene Strukturen zeichnen sich immer wieder durch bestimmte Symptome aus. Ein Symptom für die Strukturen bei den öffentlich-rechtlichen Sozialversicherungen ist folgender Sachverhalt, der mir bis heute nicht erklärt werden konnte – ich habe das schon einmal Herrn Sozialminister Hesoun gefragt, und er ist mir auch ausgewichen –: Es gibt in Oberösterreich bei der Gebietskrankenkasse einen Obmann namens Oberchristl. Und dieser Herr Gebietskrankenkassenobmann hat öffentlich dargetan und auch mehrfach bestätigt, daß er von seinem Bezug als Gebietskrankenkassenobmann eine Parteisteuer an die Sozialdemokratische Partei entrichtet. Herr Minister Hesoun hat gesagt, das ist eine private Angelegenheit von ihm. – Klar. Ich nehme auch nicht an, daß das erzwungen ist.

Nur eines: Eine Parteisteuer lasse ich mir für eine Funktion einreden, die in einem unmittelbaren Zusammenhang im Einfluß- und Machtbereich einer Partei vergeben wird. Das ist doch klar. Ich zahle doch nicht eine Abgabe, eine Steuer an jemanden, dem ich nichts schulde, nichts zu verdanken habe, der mich nicht unterstützt. (Bundesrat Meier: Keine Parteisteuer!) Aber es ist eine Abgabe. (Bundesrat Meier: Die muß ja wo beschlossen worden sein!) Ich weiß nicht, ob das beschlossen worden ist, aber er zahlt es, und er hat es bestätigt.

Jetzt stellt sich die Frage, was der Grund dafür ist, daß vom Bezug als Obmann einer Gebietskrankenkasse eine Abgabe in der Höhe eines bestimmten Prozentsatzes an eine politische Partei zu leisten ist. Das heißt nichts anderes, als daß das schlicht und einfach ein Pflichtposten einer bestimmten politischen Partei ist. Das ist für mich ein Symptom einer verfehlten, veralteten Struktur. Deshalb dürfen Sie sich nicht wundern, wenn Mandatare und Funktionäre einer anderen Gesinnungsgemeinschaft sehr kritisch werden, wenn Sie uns einreden wollen, daß das öffentliche Institutionen sind, die der Allgemeinheit verpflichtet sind, die für alle da sind, die bestens ihre Arbeit machen, daß dort hocheffektiv gearbeitet wird.

Dafür, daß wir in Kenntnis eines solchen Symptoms mißtrauisch sind und mißtrauisch bleiben werden, bitte ich um Verständnis. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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616. Sitzung / Seite 127

18.02

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Hums. Ich erteile es ihm.

18.02

Bundesminister für Arbeit und Soziales Franz Hums: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich gleich auf die letzte Wortmeldung beziehen. Herr Bundesrat Rockenschaub! Sie haben diese Frage, die Sie seinerzeit an Herrn Bundesminister Hesoun gerichtet haben, jetzt offensichtlich auch an mich gerichtet.

Nochmals: Als Minister steht es mir nicht zu, in den jeweiligen Parteien und Landesorganisationen der jeweiligen Parteien zu bestimmen, wer was wohin freiwillig bezahlt. Es sind mir die unterschiedlichsten Regelungen bekannt, wieviel von den einzelnen politischen Parteien von ihren Funktionären verlangt wird, "abzuliefern". Da gibt es diverse Interpretationen, das liegt nicht in meinem Bereich. Obmann Oberchristl bezahlt sicher freiwillig, das ist sein Problem und hängt mit den anderen Dingen, die in meinen Bereich fallen, nicht zusammen.

Mein persönlicher Eindruck zum Schluß Ihrer Ausführungen war, daß Sie vielleicht die Partei wechseln wollen, da Sie sich für das Steuersystem in dem einen Bereich so interessieren und gleichzeitig dem Rechnung tragen wollen, was Herr Landesrat Ackerl angeblich gesagt hat. Sie nähern sich diesbezüglich sehr weitgehend an, aber das ist auch Ihr persönliches Problem.

Nun möchte ich Ihnen ... (Bundesrat Dr. Tremmel: Dieser Raum ist bei uns sehr groß!) Der Raum ist offensichtlich sehr groß.

Aber jetzt zur Information: Nicht ich interpretiere eigenwillig, sondern in der Gesetzesformulierung, die Ihnen vorliegt, liegt zwischen den beiden Zahlen, in denen es um eine freiwillige Leistung bei den Fahrtkosten und weiterhin um die Pflichtaufgabe der Transportkosten geht, der Unterschied jetzt auch legistisch in der Formulierung, der mich nicht zu einer willkürlichen Interpretation berechtigt, sondern zu der in dieser Gesetzesvorlage enthaltenen rechtlichen Festlegung. Transportkosten sind auch weiterhin eine Pflichtaufgabe der einzelnen Sozialversicherungsträger – und das nicht aufgrund meiner willkürlichen Interpretation, sondern aufgrund des vorliegenden Gesetzesbeschlusses.

Es hat vor wenigen Tagen auch diesbezüglich ein klärendes Gespräch mit Herrn Landesrat Ackerl gegeben. Ich habe ihm diese Situation erklärt. Er hat dann gemeint, daß der Vorbehalt, den er gehabt hat, nicht mehr gilt. Wenn das also für Sie die Begründung war, nicht zuzustimmen, kann ich Sie beruhigen: Dieser Grund ist weggefallen, er ist nicht mehr existent. Sie haben ja soeben erklärt, nur deshalb, weil es Herr Landesrat Ackerl möchte, wollen Sie dem nicht zustimmen. (Bundesrat Dr. Rockenschaub: Nur deshalb!) Ich kann Ihnen sagen, das gilt nicht mehr. Herr Landesrat Ackerl ist mit dieser Zustimmung einverstanden. Daher nehme ich an, daß Sie nun, da die Begründung weggefallen ist und ich meiner Informationspflicht nachgekommen bin, zustimmen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Das verpflichtet Sie jedoch nicht, auch noch zu einer Parteisteuerregelung zuzustimmen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Es waren einige Punkte, aber nun nochmals zu den Werkverträgen: Ich möchte ergänzend dazu noch einmal feststellen: Diese Regelung, daß dienstnehmerähnliche Werkverträge und freie Dienstverträge der Sozialversicherung unterliegen sollen, ist eine ganz wichtige Regelung, weil es die Tendenz gibt, daß mehr und mehr nicht mehr der Sozialversicherungspflicht unterworfen waren, und zwar zu ihrem eigenen Nachteil, da es ja nicht nur eine Pflicht ist, sondern auch ein besonderes Recht. Daher: Wer dieser Regelung nicht zustimmt, stimmt eigentlich dagegen, daß sozialer Schutz für alle gegeben sein soll.

Es gibt diesbezüglich Ausnahmeregelungen. Wenn Sie den Punkt Erwachsenenbildung als Ausnahmeregelung zitieren, dann muß ich Ihnen sagen, daß das nicht mit den Werkverträgen zusammenhängt, sondern er war schon lange im ASVG enthalten, auch vor der Werkvertragsregelung. Das war übrigens einer der Gründe, warum es einige weitere Ausnahmeregelungen gibt.

Ich habe aber bereits erklärt, daß längerfristig das Ziel nur eine allgemeine Sozialversicherung sein kann, und zwar damit Einkommen aus Erwerbstätigkeit innerhalb bestimmter Grenzen sozialversicherungspflichtig sein sollen und damit entsprechenden Schutz bieten. Das ist einer der Schritte in diese Richtung, ein wichtiger Schritt.


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Die Diskussion darüber, ob soziale Dienste ausgenommen werden sollen, ist auch kritisch zu betrachten, denn auch die Mitarbeiter in diesen Bereichen brauchen den sozialen Schutz. Wir haben mit dieser Werkvertragsregelung für viele Menschen, insbesondere für Frauen, erstmals in ihrem Leben Versicherungsschutz geschaffen. Das gilt beispielsweise auch für Vertreter und andere, die nun auch einbezogen werden, sie haben erstmals Unfallversicherungsschutz, den sie bisher nicht hatten. Diese Regelung enthält also eine ganze Reihe von Vorteilen für die Menschen! Ich habe zuerst schon gesagt: Wenn man der Argumentation folgen würde, man entlaste die Wirtschaft und helfe den Menschen, wenn sie keine Sozialversicherung zahlen müßten, dann müßte der logische Schluß sein: Schaffen wir zum Wohle aller die Sozialversicherung ab! – Wie absurd das ist, brauche ich hier nicht weiter auszuführen.

Daher richte ich nochmals die Bitte an Sie, dieser Werkvertragsregelung zuzustimmen, wobei es sicher auch in Zukunft noch praxisgerechte Korrekturen geben wird, das bestreite ich nicht. Aber es ist wichtig, daß wir heute diesen Schritt setzen.

Ein Thema, das auch mehrfach angesprochen wurde, ist die Einführung dieser Zusatzbestimmung, des Controllings. Da gibt es einige Probleme, die offensichtlich in der Kürze der Zeit von mir nicht genügend erklärt werden konnten.

Zunächst einmal: Es wurde zum Beispiel gefragt, wer denn überhaupt dieser Hauptverband im Verhältnis zu den anderen Sozialversicherungsträgern ist? – Der Hauptverband ist gemäß § 31 die Summe der Sozialversicherungsträger. In dem Hauptverband sind die Sozialversicherungsträger zusammengefaßt, um bestimmte Probleme auf gesamter Ebene zu regeln, die für alle gelten. Zum Beispiel werden da die Gesamtverträge mit den Ärzten beschlossen. Daher steht heute schon im § 31 Abs. 3 Z 2 – der Hauptverband ist nichts anderes als der Zusammenschluß der einzelnen Versicherungsträger, als die Selbstverwaltung –:

Zu den Aufgaben gehört die ständige Beobachtung der Entwicklung der Sozialversicherung in ihren Beziehungen zur Volkswirtschaft und die Ausarbeitung konkreter Vorschläge beziehungsweise die Durchführung von Maßnahmen zur Erhaltung der dauernden Leistungsfähigkeit der Sozialversicherung ohne Überlastung der Volkswirtschaft. – Das Ziel, das darin enthalten ist, wird auch wahrgenommen.

Jetzt soll dazu – und zu nichts anderem – dieses modernere Instrument des Controllings eingeführt werden. Es bringt keine einzige neue Kompetenz, es geht nur darum, daß bestehende Kompetenzen den modernen Managementsystemen entsprechend ausgeübt werden sollen, und zwar nicht von irgendeinem unbekannten Wesen, sondern von den einzelnen Sozialversicherungsträgern, zusammengefaßt im Hauptverband.

Daher glaube ich, daß es keinerlei Eingriffe in regionale Kompetenzen oder in andere Kompetenzen und keinerlei Beschränkung der Selbstverwaltung geben kann. Daher glaube ich auch, daß ich die Bedenken mit dieser Begründung zerstreuen kann. Es ist keine neue Kompetenz, es ist nur die Anleitung zur Durchführung, und das nur zu einer einzigen Zahl.

Ich hoffe, daß eines nicht eintritt: nämlich daß Bundesräte sagen, sie hätten ihre Aufträge von zu Hause mit und können daher aufgrund von bestehenden Argumenten, die ich anerkenne, ihre Meinung nicht ändern. Dann wäre die Diskussion und auch die Informationspflicht des Ministers sinnlos. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

18.11

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Bundesrat Dr. Tremmel.

18.11

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Ich ersuche, Herr Präsident, um eine Abstimmung gemäß § 54 Abs. 2 gemäß Geschäftsordnung des Bundesrates. Das ist die


Bundesrat
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genaue Auszählung der Pro- und Kontrastimmen, bei der die Zahl der Für- und Gegenstimmen bekanntgegeben werden.

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Die Debatte ist jetzt also geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung .

Ich werde bei der Abstimmung nach § 54 die Zahl der Für- und Gegenstimmen genau bekanntgeben.

Hoher Bundesrat! Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (53. Novelle zum ASVG), das Bundesgesetz BGBl. Nr. 110/1993, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Sonderunterstützungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeiterkammergesetz 1992, das Einkommensteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Heeresversorgungsgesetz und das Bundeshaushaltsgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 1996 – SRÄG 1996).

Es liegt zunächst der Antrag der Bundesräte Dr. Tremmel und Kollegen vor, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates samt der angeschlossenen Begründung Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das sind 18 Bundesräte. Das ist die Minderheit .

Der Antrag, Einspruch zu erheben, ist somit abgelehnt . (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Die Gegenstimmen müssen Sie auch zählen!)

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die gegen diesen Antrag sind, um ein Zeichen mit der Hand. – Das sind 34.

Ich bitte nun jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist mit 35 Pro-Stimmen angenommen .

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (21. Novelle zum GSVG).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz (20. Novelle zum BSVG) und das Betriebshilfegesetz (9. Novelle zum BHG) geändert werden.


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Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird (24. Novelle zum B-KUVG).

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger geändert wird (9. Novelle zum Freiberuflichen Sozialversicherungsgesetz – FSVG).

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (8. Novelle zum NVG 1972).

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

9. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz über die Regelung der Arbeit in Backwaren-Erzeugungsbetrieben (Bäckereiarbeiter/innengesetz 1996 – BäckAG 1996) und über Änderungen des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 und des Arbeitsruhegesetzes (177 und 300/NR sowie 5232/BR der Beilagen)

10. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Arbeitszeitgesetz geändert werden (242/A und 301/NR sowie 5233/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wir gelangen nun zu den Punkten 9 und 10 der Tagesordnung, über welche die Debatte ebenfalls unter einem abgeführt wird.

Es sind dies

ein Bundesgesetz über die Regelung der Arbeit in Backwaren-Erzeugungsbetrieben (Bäckereiarbeiter/innengesetz 1996 – BäckAG 1996) und über Änderungen des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 und des Arbeitsruhegesetzes und

ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Arbeitszeitgesetz geändert werden.

Die Berichterstattung über die Punkte 9 und 10 hat Herr Bundesrat Ernst Schmid übernommen. Ich ersuche ihn höflich um die Berichterstattung.


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Berichterstatter Ernst Schmid:
Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Sozialausschusses zum Punkt 9.

Das aus dem Jahre 1955 stammende und im Jahre 1975 im wesentlichen nur durch die Übernahme der 40-Stunden-Woche abgeänderte Bäckereiarbeitergesetz soll durch den gegenständlichen Beschluß neu gefaßt werden.

Dazu sind im vorliegenden Beschluß folgende Maßnahmen vorgesehen:

die Schaffung eines modernen Bäckereiarbeiter/innengesetzes;

der Geltungsbereich soll neu gestaltet werden;

die Schaffung einer Durchrechnungsmöglichkeit der Wochenarbeitszeit sowie die Zulassung von Überstunden im Fall eines erhöhten Arbeitsbedarfes;

die Gleichstellung von gelernten Bäckerinnen mit ihren männlichen Berufskollegen in bezug auf die Nachtarbeit;

die Übernahme der anwendbaren Bestimmungen des Arbeitsruhegesetzes.

Der Sozialausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Sozialausschusses zu Punkt 10.

Der gegenständliche Gesetzesbeschluß wurde als Initiativantrag der Abgeordneten Friedrich Verzetnitsch, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen am 27. Juni 1996 im Nationalrat eingebracht.

Ziel dieses Antrages ist es, die notwendigen gesetzlichen Begleitmaßnahmen zur Einigung der Sozialpartner in der Bauwirtschaft über Maßnahmen zur Verbesserung der Bauwirtschaft zu treffen.

Die notwendigen Änderungen des Arbeitszeitrechtes werden gemeinsam mit der Novellierung des AZG erfolgen; eine vorweggenommene Sonderregelung für die Bauwirtschaft ist nicht erforderlich.

Die Änderungen betreffen

im Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (Artikel I):

Schaffung eines eigenen Geltungsbereichs für die Winterfeiertagsregelung (Bauindustrie und -gewerbe);

Berücksichtigung der Zeitausgleichswochen bei der Definition der Anwartschaftswoche;

Festlegung einer Kalenderwoche für Bauindustrie und -gewerbe als neutrale Woche im Bereich der Urlaubsregelung, das heißt, es fallen keine Zuschläge an; der Arbeitnehmer erwirbt aus dieser Woche keine Anwartschaften;

Verpflichtende Urlaubsvereinbarung von zwei Wochen in den Monaten Dezember und Jänner (im Bereich Bauindustrie und -gewerbe); Verlängerung des Arbeitsverhältnisses um einen entsprechenden Urlaubszeitraum, wenn es in den Monaten Dezember und Jänner aufgelöst wird;

Winterfeiertagsvergütung für die gesetzlichen Feiertage und die kollektivvertraglich geregelten arbeitsfreien Tage zwischen 24. Dezember und 6. Jänner durch Refundierung an den Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer in dieser Zeit beschäftigt ist, Auszahlung an den Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis vor oder während der Feiertage beendet wird;

im Arbeitsverfassungsgesetz (Artikel II):


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Verkürzung der Entscheidungsfrist für die Schlichtungsstelle bei Betriebsvereinbarungen über die Arbeitszeit;

im Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (Artikel III):

Klarstellung, daß die Winterfeiertagsvergütung den Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht beeinträchtigt (dafür wird ja Abschlag abgezogen);

im ASVG (Artikel IV):

Regelung der Sozialversicherungspflicht der Winterfeiertagsvergütung; sie unterliegt der Vollversicherung; die Beiträge hat bei Auszahlung mit dem Urlaubsentgelt der Arbeitgeber, ansonsten die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen für die Urlaubsabfindung abzuführen;

im Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz (Artikel V):

Regelung des von der BUAK an das AMS abzuführenden Beitrages;

im Einkommensteuergesetz (Artikel VI):

Regelung der Einkommensteuer für die Winterfeiertagsvergütung, wenn sie nicht mit dem Urlaubsentgelt (und damit über die normale Lohnverrechnung beim Arbeitgeber), sondern direkt von der BUAK ausbezahlt wird.

Der Sozialausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Kapral. Ich erteile es ihm.

18.26

Bundesrat Dr. Peter Kapral (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Der Gesetzesbeschluß des Nationalrates betreffend das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, der uns vorliegt, enthält ohne Zweifel eine an sich sinnvolle und zu begrüßende Bestimmung, nämlich die Ermöglichung einer Flexibilisierung der Arbeitszeitgestaltung. Das ist ein wichtiges Vorhaben, denn wenn der Wirtschaft die Anpassung an die geänderten Verhältnisse jetzt im großen Rahmen ermöglicht werden soll, muß der starre Rahmen, in dem sich bisher die Arbeitszeitgestaltung bewegen durfte, geändert werden.

Aber das ist nicht der tatsächliche Beweggrund, der zu diesem Initiativantrag im Nationalrat geführt hat. Vielmehr geht es darum, daß noch ein weiterer Schritt, der zu dem Belastungspaket gehört, gesetzt wird. Es sollen nämlich weitere Einsparungen im Bereich der Arbeitslosenversicherung gefunden werden, etwas, was letztlich zu Lasten der Arbeitnehmer geht, die auf einen Teil ihrer Einkünfte verzichten müssen. Daher lehnen wir Freiheitlichen den Antrag, keinen Anspruch zu erheben, ab.

Ähnliches gilt für das Bäckereiarbeiter/innengesetz. Erfreulich ist, daß quasi ein bestehendes Berufsverbot, nämlich für gelernte Bäckerinnen, aufgehoben wird, weil sie gegenüber ihren männlichen Kollegen, die ebenfalls eine Bäckerarbeitslehre absolviert haben, benachteiligt, diskriminiert waren.

Ich darf daran erinnern, daß die Freiheitlichen die erste Partei waren, die für eine generelle Aufhebung des Nachtarbeitsverbots für Frauen eingetreten ist und auch hier eine völlige Gleichstellung zwischen Mann und Frau herbeigeführt sehen will. Das ist auch im Hinblick auf die geltenden EU-Bestimmungen und die Mitgliedschaft Österreichs zur Europäischen Union ein Schritt, der auf jeden Fall getan werden muß.


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Wir geben diesem Gesetzesbeschluß beziehungsweise dem Antrag, keinen Einspruch zu erheben, trotzdem nicht unsere Zustimmung, da eine neue Ungleichbehandlung festgelegt wird. Gelernte Bäckerinnen, also angelernte Arbeitskräfte, werden diskriminiert, da ausdrücklich Arbeitnehmerinnen, die keine Lehre im Lehrberuf Bäcker haben, schlechtergestellt werden als diejenigen, die eine Lehre absolviert haben. Die diesbezüglichen Regelungen hinsichtlich der täglichen Ruhezeit finden sich im § 7 Abs. 2 beziehungsweise 3.

Für Arbeiterinnen kann zwar durch Kollektivvertrag abweichend vom Abs. 2 eine zeitweise Nachtarbeit, nämlich ab 3 Uhr morgens, zugelassen werden, wenn dies durch Betriebsvereinbarung beziehungsweise in Betrieben, in denen kein Betriebsrat eingerichtet ist, durch schriftliche Vereinbarung geregelt wird, in der Person der Arbeitnehmerin gelegene oder wichtige betriebliche Gründe eine Verlegung der Ruhezeit rechtfertigen und den Arbeitnehmerinnen das sichere Erreichen des Betriebes beziehungsweise der Wohnung in einem zumutbaren Zeitraum möglich ist. Ich möchte das niemandem unterstellen, aber auf der anderen Seite ist es durchaus vorstellbar, daß im Zuge der Kollektivvertragsverhandlungen, aber auch beim Abschluß einer diesbezüglichen Betriebsvereinbarung Forderungen gestellt werden, die nicht gerechtfertigt sind und die mangels einer entsprechenden gesetzlichen Regelung den Unternehmer zu Zugeständnissen veranlassen könnten, die nicht wirklich berechtigt sind.

Die Bestimmungen, so wie ich sie zitiert habe, in den einzelnen Unterpunkten sind nicht klar und eindeutig, sie sind auslegungsbedürftig, räumen für unseren Geschmack einen zu großen Spielraum ein.

Ich möchte aber noch auf einen Punkt hinweisen, der mich und meine Fraktion stört, nämlich daß im Ausschußbericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales im Nationalrat ein Satz aufscheint, der mit dem Gesetzestext nicht in Einklang zu bringen ist, nämlich: Für Arbeitnehmerinnen ohne abgeschlossene Lehre soll das Nachtarbeitsverbot weiter aufrecht bleiben. – Ich weiß nicht, was damit beabsichtigt ist. Sollen damit die Möglichkeiten, wie sie § 7 hinsichtlich der Ruhezeit einräumt, eingeschränkt oder sogar wieder beseitigt werden?

Das Ganze ist eben unausgegoren und nicht wirklich liberal konzipiert, sodaß sich meine Fraktion nicht in der Lage sieht, dem Antrag, keinen Einspruch zu erheben, beizutreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.33

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Karl Wilfing. Ich erteile es ihm.

18.33

Bundesrat Mag. Karl Wilfing (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Wenn ich als Mitarbeiter der Jungen ÖVP-Niederösterreich schon 1984 den Vollbeitritt zur Europäischen Union im Rahmen einer Landeskonferenz mitgetragen und mitbeschlossen habe, dann hatte das damals für mich drei Ursachen: zum einen die Dimension des Friedens für unser Europa, zum zweiten, weil ich davon überzeugt war, daß durch die Integration die soziale Sicherheit eher gewahrt bleiben kann als durch ein geteiltes Europa, und drittens, weil ich damals davon überzeugt war, daß im internationalen Gleichklang viele Überreglementierungen und Zwangsbeglückungen, die wir bei uns kennen, beseitigt werden können. Eine Regelung, die ich damit meine, ist im Bäckereiarbeiter/innengesetz enthalten – das hat Bundesrat Kapral vor mir schon angesprochen –, weil ein Nachtarbeitsverbot für Bäckerinnen bestanden hat, was quasi einem Berufsverbot gleichkam, weil diese zwischen 20 Uhr und 5 Uhr nicht arbeiten durften.

Ich weiß, daß es gesundheitliche Aspekte gibt, die wir zu berücksichtigen haben, weiß aber gleichzeitig, daß das viele Frauen als eine Diskriminierung verstanden haben, weil das allgemein in der Privatwirtschaft gilt. Interessanterweise gibt es nur im öffentlichen Dienst, in den Krankenhäusern, bei der Polizei und so weiter diesbezüglich Ausnahmen, weil nur so Gesundheit und Sicherheit in Österreich garantiert bleiben. Viele Frauen haben das als Diskriminierung verstanden, die mit größter Wahrscheinlichkeit auch viele Arbeitsplätze gekostet hat.


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Ich hoffe, daß wir nicht nur im Bereich des Bäckereiarbeiter/innengesetzes endlich das Nachtarbeitsverbot beseitigen, sondern ich fordere Sie dazu auf, Herr Bundesminister, daß wir auch sehr rasch – nicht bis 2001, wie uns Europa vorgibt – dieses Nachtarbeitsverbot für die Frauen in Österreich endlich aufheben und Frauen in Zukunft freiwillig Nachtarbeit verrichten können. Meine eigene Gattin arbeitet sehr oft in der Nacht, weil sie in einem Krankenhaus tätig ist. Interessanterweise hat sie sich sogar freiwillig dazu entschieden, weil es so mehr gemeinsame freie Tage gibt und sie dadurch auch mehr Lohn bekommt. Sie verrichtet daher gerne diese Nachtarbeit.

Darüber hinaus halte ich beide Gesetze für einen Meilenstein, zumindest für österreichische Begriffe, in bezug auf die Flexibilisierung der Arbeitszeit. Es ist interessant, daß nach zwölf Jahren Verhandlung im Bereich der Bauwirtschaft endlich ein flexibles Arbeitszeitmodell zustande gebracht wurde. Ich bin davon überzeugt, daß dieses Modell ein ganz wichtiger Schritt zur Verbesserung der Jahresarbeitszeitbeschäftigung ist, und zwar aufgrund der im Gesetz enthaltenen Eckpunkte und Bandbreiten, insbesondere der Regelung der Einarbeitung in Verbindung mit den Weihnachts- und Neujahrsfeiertagen und der neuen Formen der Urlaubskonsumation.

Ich hoffe, daß diesbezüglich noch viele weitere Schritte der Sozialpartner folgen, weil wir eben mehr Flexibilisierung brauchen, um in Europa konkurrenzfähig zu bleiben. Aus diesem Grund ersuche ich Sie, bei beiden Gesetzen keinen Einspruch zu erheben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

18.36

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl Hager. Ich erteile es ihm.

18.36

Bundesrat Karl Hager (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hier zwei Gesetzesvorlagen zu beraten, die – mein Vorredner hat es auch angezogen –, so möchte ich beinahe sagen, "Epochegesetze" sind. Ich möchte gleich zum Bäckereiarbeiter/innengesetz kommen. Wenn ich mich richtig erinnere, so sind vier Jahre Verhandlungen vorausgegangen, das ist eine lange Zeit. Ich glaube, seit 1992 wurde verhandelt, und das, was dabei herausgekommen ist, kann sich sehen lassen.

Es ist schon einiges gesagt worden, und ich darf mich im Hinblick auf die Zeit sehr kurz fassen, wobei ich vielleicht alle nachfolgenden Kolleginnen und Kollegen um dasselbe ersuchen darf. Vielleicht können wir die Debatte ein bißchen abkürzen. (Beifall bei Bundesräten von SPÖ, ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich werde aber trotzdem einige Punkte der beiden Gesetze hervorheben, weil sie mir wichtig erscheinen. Dieses Bäckereiarbeiter/innengesetz ist im Prinzip eine Anpassung an das Allgemeine Arbeitszeitgesetz und das Allgemeine Arbeitsruhegesetz; und letzten Endes wurde auch die Kinder- und Jugendbeschäftigung entsprechend geregelt. Unklarheiten, die bisher im Gesetz bestanden haben, wurden eigentlich ausgeräumt, denn es ist jetzt ganz klar, welche Bestimmungen gelten und welche nicht. Das betrifft die Arbeitszeit, den Arbeitsbeginn, die Ruhepause, die Wochenendzeit und auch die Durchrechnung der Normalarbeitszeit, wobei sicherlich, Herr Minister, so glaube ich, eine Neuregelung der Durchrechnung im Arbeitszeitgesetz vorgesehen ist; vielleicht hat auch diesbezüglich wieder eine Novellierung zu geschehen.

Ich glaube, ein mitentscheidender Punkt bei diesem Gesetz ist – es ist auch schon angeklungen – die Gleichstellung, die geschlechtsneutrale Behandlung der Dienstnehmer, nämlich daß die gelernten Bäckerinnen den Bäckern gleichgestellt sind, auch die weiblichen Lehrlinge, soweit ein sicheres Erreichen des Arbeitsplatzes gewährleistet ist.

Ich will mich nicht damit befassen, was andere über das Gesetz denken, aber Herrn Dr. Kapral möchte ich schon sagen: Er selbst hat erwähnt, er hat Freude mit diesem Gesetz, aber er stimmt dann dagegen.


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Wenn es zwischen dem Gelernten und dem Nichtgelernten noch einen Unterschied gibt, dann wollen wir es vielleicht so sagen: Das ist der erste Schritt in die richtige Richtung. Daher, so glaube ich, kann man diesem Gesetz nur zustimmen.

Das zweite Gesetz, das wir zu behandeln haben, ist jenes, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz geändert wird. Meine Damen und Herren! Das soll man auch einmal sagen: Es ist während den Kollektivvertragsverhandlungen zwischen den Sozialpartnern vereinbart worden; das war auch schon jahrelang geklärt.

Man muß dazu sagen, daß trotz schwieriger Wirtschaftskonjunktur eben durch die intakte Sozialpartnerschaft im Interesse der Arbeitnehmer, der Unternehmen in der Bauwirtschaft und letztlich der gesamten österreichischen Wirtschaft eine für beide Seiten annehmbare und für die Zukunft richtungsweisende Lösung gefunden wurde.

Um das Ziel einer möglichst weitgehenden Durchbeschäftigung der Arbeitnehmer in der Bauwirtschaft zu erreichen, wurde ein Modell erarbeitet, welches eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit erlaubt und folgende vier Kernelemente, wenn ich so sagen darf, enthält. Ich möchte diese anführen:

Das erste ist die Ausweitung der Normalarbeitszeit in der Sommerperiode, also von April bis November, auf bis zu 45 Wochen-Arbeitsstunden in Verbindung mit dem System kurze-lange beziehungsweise kurze-lange-lange Woche. Um dem Arbeitnehmer eine Erholungsphase zu ermöglichen, ist jede zweite oder dritte Arbeitswoche in der Sommersaison eine kurze Woche, in der nur bis zu 36 Stunden gearbeitet werden darf. Diese Ausweitung bewirkt eine Verlängerung des Dienstverhältnisses um rund zwei Wochen – durch die im Sommer über die durchschnittliche Arbeitszeit von 39 Stunden hinausgehenden angesparten Gutstunden in der Höhe von zirka 90 Stunden.

Zum zweiten: Darüber hinaus können die Fenstertage sowie die zwischen den Weihnachtsfeiertagen gelegenen Tage während des gesamten Jahres eingearbeitet werden, und das sind immerhin ein bis zwei Wochen.

Zum dritten gibt es eine Urlaubskonsumation im Ausmaß von zwei Wochen in den Monaten Dezember und Jänner.

Zum vierten gibt es die Sicherung der Beschäftigung über die Weihnachtsfeiertage. Diese Maßnahmen, meine Damen und Herren, bewirken, daß die Dienstverhältnisse von bisher nicht durchbeschäftigten Arbeitnehmern – rund ein Drittel der Beschäftigten – bis zu sechs Wochen verlängert werden und daher in aller Regel eine Beschäftigung bis über den 6. Jänner hinaus gewährleistet ist.

Unabhängig von der Verlängerung des Dienstverhältnisses erfolgt auch eine Sicherung der Bezahlung der Weihnachtsfeiertage für alle Bauarbeiter durch die Schaffung eines Weihnachtsfeiertagsfonds im Rahmen der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse, der durch Arbeitgeberbeiträge gespeist werden soll. Die bessere Gestaltung der Arbeitszeit wird nicht nur die Winterarbeitslosigkeit verringern, sondern auch im Interesse der Volkswirtschaft die Arbeitslosenversicherung entlasten. Um dieser Regelung zum Durchbruch zu verhelfen, bedarf es einer sofortigen Durchführung in den Betrieben, aber auch legistischer Rahmenbedingungen, die mit dieser Novelle geschaffen werden sollen, um in der kommenden Periode diese Regelung zum Wirken zu bringen.

Es sind vier Punkte, die dieses Gesetz besonders auszeichnen. Zum ersten enthält diese Novelle eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes, wonach im Bereich der Bauwirtschaft durch Kollektivvertrag der Durchrechnungszeitraum auf ein Jahr ausgedehnt werden kann. Damit wird das kollektivvertragliche Arbeitsmodell auch rechtlich abgesichert.

Zum zweiten: Auch diese Regelung wird durch eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes ergänzt. Nach dem Arbeitszeitgesetz wäre grundsätzlich ein Einarbeiten von Fenstertagen, verbunden


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mit einer Ausdehnung der täglichen Arbeitszeit auf zehn Stunden, in einem kollektivvertraglichen Durchrechnungszeitraum von einem Jahr nicht möglich gewesen.

Zum dritten wird auch das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz geändert. Es wird die Verpflichtung konstituiert, daß in den Monaten November bis Dezember ein Urlaub von zwei Wochen vereinbart werden muß – wobei anzumerken ist, daß der Urlaub grundsätzlich nach wie vor der Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterliegt. Diese können daher auch einen Urlaub im Sommer vereinbaren, was zum Beispiel in Fremdenverkehrsgebieten, in denen in der Hochsaison bestimmte Bauten nicht durchgeführt werden dürfen, auch im Interesse des Arbeitgebers gelegen ist. Lediglich ein im November noch nicht verbrauchter Resturlaub unterliegt dieser Bestimmung.

Zum vierten und letzten: Die Sicherung der Beschäftigung über die Winterfeiertage – das sind die gesetzlichen Feiertage 25., 26. Dezember, 1. und 6. Jänner – sowie über die durch den Kollektivvertrag arbeitsfreien Tage 24. und 31. Dezember ist deswegen notwendig, weil sich bisher gezeigt hat, daß ein Großteil der Arbeitnehmer unmittelbar vor den Feiertagen gekündigt wurde.

Die nunmehrige Änderung des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes sieht vor, daß während der Hochsaison, also von April bis November, die Winterfeiertage vorfinanziert werden. Das heißt, der Arbeitgeber hat in diesem Zeitraum analog zur Urlaubsfinanzierung Zuschläge an die Bauarbeiter-Urlaubskasse zu entrichten, und der Arbeitgeber, der die Arbeitnehmer über die Feiertage hinweg beschäftigt, bekommt dann das Entgelt, das für die Feiertage zu zahlen wäre, von der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse refundiert.

Der Arbeitnehmer, der trotzdem vor oder während der Feiertage gekündigt wird, bekommt das Feiertagsentgelt von der Bauarbeiter-Urlaubskasse ausbezahlt. Dabei wird berücksichtigt, daß dieser Arbeitnehmer in der Regel Arbeitslosenunterstützung bezieht. Das Feiertagsentgelt wird daher um einen pauschalen Satz von 30 Prozent vermindert ausbezahlt. Es besteht also kein finanzielles Interesse mehr für den Arbeitgeber, sich durch die Kündigung der Arbeitnehmer zum 20. Dezember, wie es üblich war, die Feiertagsentgelte zu sparen.

Ich glaube, damit ist ein zukunftsweisendes Gesetz beschlossen worden. Es zeigt vor allem eines – diese Feststellung möchte ich noch treffen –, nämlich daß immerhin eine korrespondierende, eine miteinander redende Sozialpartnergemeinschaft, eine funktionierende Sozialpartnerschaft dieses Gesetz auf dem Weg zur Geburt begleitet hat. Daher wird meine Fraktion sehr gerne die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

18.47

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht gegeben.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Ich gelange zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz über die Regelung der Arbeit im Backwaren-Erzeugungsbetrieben (Bäckereiarbeiter/innengesetz 1996) und über Änderungen des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 und des Arbeitsruhegesetzes.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.


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Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Arbeitszeitgesetz geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

11. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (188, 220 und 220/A und 232/NR sowie 5234/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung, nämlich ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird.

Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Michaela Rösler übernommen. Ich ersuche sie höflich um die Berichterstattung.

Berichterstatterin Michaela Rösler: Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Der gegenständliche Gesetzesbeschluß trägt dem Umstand Rechnung, daß dem Wunsch der Lehrer nach mehr Freiheiten bei der Auswahl der notwendigen Unterrichtsmittel und die Ermächtigung der Schulen zu autonomen Lehrplanbestimmungen durch die neue Definition der für den Unterricht notwendigen Schulbücher in § 31a Abs. 1 entsprochen wurde. In diesem Zusammenhang werden auch therapeutische Unterrichtsmittel für Schüler ohne sonderpädagogischen Bedarf zur Verfügung gestellt.

Weiters enthält der vorliegende Beschluß Neuregelungen zur finanziellen Konsolidierung der gesetzlichen Krankenversicherung.

Der Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen trägt ab 1. Juli 1996 70 Prozent der Aufwendungen für das Wochengeld (anstelle von 50 Prozent).

Es sollen diejenigen Fremdleistungen aus dem Familienlastenausgleich abgebaut werden, die eine Aufstockung und Refundierung von Fahrpreisen vorsehen. Die Neuregelung – die ab 1. Jänner 1998 in Kraft treten soll – hat auch zur Folge, daß schwierige und aufwendige Refundierungsvorgänge mehrerer Bundesministerien in Hinkunft entfallen. Für Ansprüche, die bis zum Außerkrafttreten entstehen, sind Übergangsregelungen vorzusehen.

Um die Schülerfreifahrten und Lehrlingsfreifahrten im Rahmen von Verkehrs- und Tarifverbünden generell auf eine vertragliche Grundlage zu stellen, ist eine entsprechende Ermächtigung zum Abschluß von Grund- und Finanzierungsverträgen für den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst vorzusehen.

Der Ausschuß für Familie und Umwelt stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Helga Moser. Ich erteile es ihr.


Bundesrat
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616. Sitzung / Seite 138

18.51

Bundesrätin Helga Moser (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! In den letzten Stunden wurden immer wieder auch die jetzt zu behandelnden Änderungen des Familienlastenausgleichsgesetzes angesprochen. Ich werde mich deshalb mit meinen Ausführungen sehr kurz halten – aber auch, um dem Appell des Kollegen Bundesrat Hager zu entsprechen.

Unsere Kritikpunkte an – wie wir meinen – nicht gerechtfertigten Zahlungen aus dem Familienlastenausgleichsfonds habe ich schon angesprochen.

Herr Minister! Zu Ihrer Ankündigung – ich hoffe, ich habe es in der Kürze richtig verstanden –, daß auch die anteiligen Zahlungen beim Karenzgeld von 50 auf 70 Prozent erhöht werden sollen, kann ich nur eines sagen: Auch damit haben wir keine Freude. (Bundesminister Hums: Das sind sie schon!) Das sind sie schon – dann habe ich es falsch verstanden, Entschuldigung! (Bundesminister Hums: Sie haben trotzdem keine Freude damit! – Bundesrat Dr. Tremmel: Vorauseilend!)

Die Frage, die sich mir in diesem Zusammenhang aufdrängt, ist: Gibt es für den Familienlastenausgleichsfonds auch neue Einnahmemöglichkeiten? – Der Regierungsvorlage entnehme ich, daß zum Beispiel die Mehrausgaben des Familienlastenausgleichsfonds im Hinblick auf die Finanzierung des Wochengeldes 1996 zirka 420 Millionen Schilling ausmachen werden und ab 1997 zirka 840 Millionen Schilling. Es stellt sich für mich im Hinblick auf Einsparungsmöglichkeiten daher die Frage: Wo kann man jetzt tatsächlich ansetzen?

Die in der Regierungsvorlage angegebene Möglichkeit der Einsparung bezüglich Abbau von Fremdleistungen aus dem Familienlastenausgleichsgesetz durch die Ausgliederung von Schüler- und Lehrlingsfreifahrten ist sehr vage beschrieben. Es wird hier formuliert: Laut Erhebung des Bundesministeriums für Wissenschaft, Verkehr und Kunst kann mit einem Einsparungspotential von bis zu 1 Milliarde Schilling gerechnet werden. – Es ist aber in keiner Weise konkretisiert – ich habe das auch im Sozialausschuß so verstanden –, inwieweit diese Summe tatsächlich erreicht werden kann. Die geplanten Verhandlungen über diese Einsparungsmöglichkeiten sind erst für Herbst geplant. Wäre es nicht besser, so meine ich, zuerst die Einsparungsmöglichkeiten auszuverhandeln, die sich ergeben, und erst dann weitere freiwillige Zahlungen zu übernehmen?

Erlauben Sie mir auch eine Bemerkung zur Änderung der Schulbuchaktion. Wie Sie sicher verstehen werden, freut es mich, daß in diesem Bereich den Wünschen der Lehrer nach Individualität bei der Unterrichtsmittelauswahl entsprochen wird. Daß mich die Möglichkeit, daß wir Lehrer 1997/98 nur 5 Prozent und im Schuljahr 1998/99 10 Prozent des Limits zur Verfügung haben, nicht unbedingt befriedigt, werden Sie mir zugestehen. Würde man sich, so wie wir Freiheitlichen es schon lange gefordert haben, zu einer Kernlernstoffregelung in den Lehrplänen durchringen und sich dazu bekennen, könnte man auch im Bereich der Schulen zu einem weit höheren Anteil an schulautonomer Schulbuchauswahl kommen. Auch die Kosten der Schulbuchaktion würden durch diese autonomen Buchbestellungen gesenkt werden können.

Da in dem vorliegenden Antrag zwei unterschiedliche Themen, und zwar einerseits die Öffnung der Schulbuchaktion und andererseits die Finanzierung des Wochengeldes, miteinander gekoppelt wurden, können wir Freiheitlichen dieser Gesetzesänderung nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.55

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Anton Hüttmayr. Ich erteile es ihm.

18.55

Bundesrat Anton Hüttmayr (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Geschätzte Damen und Herren! Für die Familie gibt es keinen Ersatz – so wird oft und gern gesprochen. Kinder sind eine Bereicherung für die Eltern, für die Gesellschaft und sichern letztendlich die Zukunft unserer Gesellschaft. – Nur wie sieht die Wirklichkeit aus?


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Die Fakten sind eigentlich ernüchternd. Es gibt einen Geburtenrückgang, und die Zahl der Single-Haushalte nimmt zu. – Diese Dinge gilt es zu sehen. Oft müssen wir auch zur Kenntnis nehmen, daß gerade bei Mehrkinderfamilien die Armutsgrenze schnell erreicht ist. Diesbezüglich ist auch unser Steuersystem teilweise ein Spiegelbild, wie wir den Wert der Familie gesellschaftspolitisch einschätzen.

Wie ist es zum Beispiel zu verstehen, daß der Alleinverdiener enorm schlechtergestellt ist? Wie ist es zu verstehen, daß zum Beispiel eine Ehegattin, ein Ehegatte, der nicht berufstätig war, 5 000 S Alleinverdienerabsetzbetrag absetzen kann, während der allgemeine Absetzbetrag 8 400 S beträgt? Und wie ist es zu verstehen, daß sich, wenn diese Ehegattin, dieser Ehegatte in den Beruf einsteigt, die Zahlen umdrehen?

Ich möchte noch die Steuerbelastung und die Entwicklung dieser Steuerbelastung erwähnen. Die Steuerprogression hat sich in den letzten Jahren, in den letzten Jahrzehnten gravierend geändert. Zum Beispiel hatte 1950 ein Lediger mit einem Einkommen in der Höhe von 1 205 S – heute wären es umgerechnet 21 000 S – eine Besteuerung von 23,9 Prozent, ein Verheirateter, aber Kinderloser hat 16 Prozent bezahlt, ein Verheirateter mit zwei Kindern 13 Prozent. Im Jahr 1992 – das ist zu beachten – hatte ein Lediger eine Steuerprogression von rund 29 Prozent zu tragen, ein Verheirateter ohne Kinder rund 28 Prozent und ein Verheirateter mit zwei Kindern ebenfalls 28 Prozent. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Familienförderung ist Ausdruck einer wertbewußten, langfristig orientierten Gemeinwohlpolitik, und ich denke – die Aussagen der maßgeblichen Familienpolitiker gehen in diese Richtungen –, wir werden bei der nächsten Steuerreform die Familien, sehr geehrter Herr Bundesminister, verstärkt zu berücksichtigen haben. Wir werden nicht müde werden, die Fakten auf den Tisch zu legen, und – das möchte ich auch erwähnen – wir sollten das positiv sehen, was uns in den letzten Jahren gelungen ist.

Diese Regierungskonstellation, dieses Regierungsbündnis hat wichtige, richtungsweisende Maßnahmen gesetzt, zum Beispiel die Anrechnung der Kindererziehungszeiten ins Pensionssystem – nicht pensionsbegründend, aber trotzdem pensionserhöhend.

Familienpolitik ist für mich – und nicht nur für mich, ich denke, für die meisten hier im Hause – Zukunftspolitik. Wir diskutieren heute den Familienlastenausgleichsfonds, der das alleinige Ziel hat, einen Ausgleich herbeizuführen. Dieser wird von sogenannten familienfremden Leistungen befreit, und das ist zweifelsohne ein Verdienst von Ihnen, Herr Bundesminister! Dafür möchte ich mich herzlich bedanken und vor allem zum Erfolg gratulieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist diese heute zu beschließende Grundlage eine richtige – ich habe es schon erwähnt –, weil damit familienfremde Leistungen weggenommen und Quersubventionen, die zweifelsfrei vorhanden waren, beseitigt werden.

Unter Punkt 3 heißt es, daß die Schüler- und Lehrlingsfreifahrten anders geregelt werden, daß die Verkehrsverbünde verstärkt eingebunden werden sollen.

Das ist soweit recht und gut. Nur, Herr Bundesminister: Die Verkehrsverbünde sind auch jetzt schon tätig, und die Verkehrsverbünde gewähren den Pendlern – und dazu bekennen wir uns – Preisermäßigungen. Würde man dieses System 1:1 fortsetzen, würde das bedeuten, daß die Länder, die ja einen großen Anteil, nämlich zwei Drittel, dieser Ermäßigungen zu tragen haben, enorm stark belastet würden, und das könnten wir – das ist aus dem Gesetz auch nicht herauszulesen, daß das beabsichtigt ist, Herr Minister –, nämlich wir als Ländervertreter – gerade das Bundesland Oberösterreich könnte das nicht tun, und unser Herr Landeshauptmann Dr. Pühringer und Herr Landeshauptmann-Stellvertreter und Finanzreferent Dr. Leitl haben ja schon darauf hingewiesen –, sicher nicht zur Kenntnis nehmen.

Das heißt: Ja zu all diesen Regelungen, aber gleichzeitig ein deutliches Achtgeben, wenn man glaubt, durch Verkehrsverbundregelungen die Länder zusätzlich belasten zu können. Wir von der ÖVP werden dem Gesetz gerne zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und Beifall des Bundesrates Meier. )

19.01


Bundesrat
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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Prähauser. – Bitte, Herr Bundesrat.

19.01

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Das heute hier zu beschließende Gesetz ist ein Anliegen unserer unterrichtenden Pädagogen. Grund für diese Gesetzesinitiative ist der Wunsch der Lehrer nach mehr Freiheiten bei der Auswahl der notwendigen Unterrichtsmittel und die Ermächtigung der Schulen zu autonomer Lehrplanbestimmung, die eine Öffnung der Schulbuchaktion für Unterrichtsmittel nach eigener Wahl der Schule notwendig macht. Dem wird durch die Neudefinition der für den Unterricht notwendigen Schulbücher in § 31a Abs. 1 entsprochen.

In diesem Zusammenhang wird auch dem Wunsch entsprochen, therapeutische Unterrichtsmittel für Schüler ohne sonderpädagogischen Bedarf zur Verfügung zu stellen. Die Einschränkung auf behinderte Schüler wird daher herausgenommen. Außerdem erfolgt eine Klarstellung, welche Schulbücher bei Deutsch als Zweitsprache und bei zweisprachigem Unterricht vom Selbstbehalt befreit sind.

Die Anschaffung der Unterrichtsmittel nach eigener Wahl der Schule kann nur durch Verzicht auf andere Unterrichtsmittel im Ausmaß eines Höchstbetrages im Rahmen der vorgesehenen Limits pro Schüler möglich sein.

Mitbehandelt wird auch ein weiterer Schwerpunkt des Familienlastenausgleichs. Die Mittel der gesetzlichen Krankenversicherung, aus der bisher die Hälfte der Wochengeldaufwendungen getragen wurden, zeigen seit 1994 eine starke Tendenz zur negativen Gebarung.

Im Zuge der Verhandlungen zur finanziellen Konsolidierung der gesetzlichen Krankenversicherung wurde daher folgendes vereinbart: Der Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen trägt ab 1. Juli 70 Prozent der Aufwendungen für das Wochengeld anstelle von 50 Prozent.

Die Zweckbindung der Gelder des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und die auch für diesen selbst seit Jahren angespannte Finanzsituation erfordern ausgabenseitige Einsparungen, wobei auch strukturelle Anpassungen erfolgen müssen. In konsequenter Verfolgung dieser Ziele sollen daher diejenigen Fremdleistungen aus dem Familienlastenausgleichsfonds abgebaut werden, die eine Aufstockung und Refundierung von Fahrpreisen vorsehen.

Die Neuregelung, die ab 1. Jänner 1998 in Kraft treten soll, hat auch zur Folge, daß schwierige und aufwendige Refundierungsvorgänge mehrerer Ministerien in Hinkunft entfallen. Für Ansprüche, die bis zum Außerkrafttreten entstehen, sind Übergangsregelungen vorzusehen.

Um die Schüler- und Lehrlingsfreifahrten im Rahmen von Verkehrs- und Tarifverbünden generell auf eine vertragliche Grundlage zu stellen, ist eine entsprechende Ermächtigung zum Abschluß von Grund- und Finanzierungsverträgen für den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst vorzusehen.

Meine Fraktion hält die soeben von mir geschilderten Initiativen für notwendig und wird daher beide Regierungsvorlagen unterstützen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.05

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Schicker. – Bitte.

19.05

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mit der heutigen Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 soll sichergestellt werden, daß einerseits durch eine Erhöhung der Aufwendungen für das Wochengeld von 50 Prozent auf 70 Prozent aus dem Ausgleichsfonds eine Entlastung der gesetzlichen Krankenversicherung eintritt, die bisher die Hälfte der Wochengeldaufwendungen zu tragen hatte, und daß andererseits, da ja auch der FLAF über Gebühr


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belastet beziehungsweise ausgeleert ist, eine Umschichtung der Fremdleistungen, wie die Refundierung von Fahrtkosten für Schüler und Lehrlinge, wie bereits vom Kollegen Hüttmayr ausgeführt, erfolgt.

Die erwähnte Umschichtung kann aber nicht nur – auch das ist schon ausgeführt worden – zu Lasten der Länder und Gemeinden erfolgen, ohne im Finanzausgleich einen entsprechenden Ausgleich herzustellen. Es sollte daher raschest auch auf Bundesebene ein Konsultationsmechanismus ausverhandelt werden, der sicherstellen soll, daß in Zukunft kein Gesetz zu Lasten der Länder beschlossen werden kann, ohne zuvor mit den Ländern hierüber verhandelt zu haben; ein Konsultationsmechanismus, wie er in der Steiermark vor kurzem zwischen Land und Gemeinden bereits vereinbart wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dieser Gesetzesänderung wird des weiteren – das haben wir von den Vorrednern auch schon gehört – auf Wunsch der Lehrer eine Öffnung der Schulbuchaktion für Unterrichtsmittel nach eigener Wahl der Schulen erfolgen. Meine Fraktion wird diesen Novellierungen natürlich gerne ihre Zustimmung geben.

Ich möchte diese heutige Gesetzesänderung aber auch zum Anlaß nehmen, um über grundsätzliche Fragen der Familienförderungen zu sprechen. Es war für mich erfreulich zu hören, sehr geehrter Herr Bundesminister, daß Sie sich aufgrund einer gestrigen oder vorgestrigen Pressemeldung für eine Anhebung des Pflegegeldes für Pflegekinder sowie für eine sozialversicherungsrechtliche Absicherung von Pflegeeltern einsetzen. (Beifall bei der ÖVP und Beifall des Bundesrates Prähauser. )

Die Aufnahme in einem Familienverband ist immer noch einem Heimplatz vorzuziehen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Neben dem vor allem pädagogischen Argument, in einer Familie besser aufwachsen zu können, kommt aber auch ein finanzielles hinzu: Pflegeeltern bekommen monatlich nicht einmal 5 000 S für ein in Pflege genommenes Kind, während ein Heimplatz – zum Beispiel in der Steiermark – bis zu 60 000 S kostet. – Es ist daher aus meiner Sicht wirklich gerechtfertigt, das Pflegegeld für Pflegekinder anzuheben und eine sozialversicherungsmäßige Absicherung von Pflegeeltern anzustreben.

Das gleiche gilt aber auch – und das ist für mich von ebenso großer Bedeutung – für die Tagesmütter. Überall dort, wo es keine ganztägigen Kinderbetreuungseinrichtungen mit flexiblen Öffnungszeiten gibt, sind es die Tagesmütter, die es anderen Müttern beziehungsweise auch Vätern ermöglichen, einem Beruf nachzugehen beziehungsweise nach der Karenzzeit wieder in den Beruf zurückkehren zu können. Diese wichtige Arbeit der Kinderbetreuung als Nachbarschaftshilfe zu qualifizieren beziehungsweise den Tagesmüttern "nur" ein Taschengeld zuzumuten, finde ich mehr als erniedrigend. Ich ersuche Sie daher, Herr Bundesminister, in dieser Angelegenheit – analog zu Ihren Bemühungen für ein erhöhtes Pflegegeld – die sozialversicherungsrechtliche Absicherung einzuführen, mitzutragen beziehungsweise uns bei diesen Bemühungen zu unterstützen.

Aus meiner Praxis weiß ich, wie schwer es ist – gerade für Frauen auf dem Lande –, infolge nicht vorhandener Kinderbetreuungseinrichtungen wieder in den Arbeitsprozeß einsteigen zu können. Da übernehmen die Tagesmütter eine wichtige Rolle. Warum ist man eigentlich nicht bereit, Tagesmutter als Berufsbild anzuerkennen und auch die Entlohnung hiefür auf einer kollektivvertraglichen Basis abzusichern?

In diesem Zusammenhang ist es für mich aber unverständlich, daß bei der Vergabe der 600 Millionen Schilling an Bundesmitteln für Kinderbetreuungseinrichtungen Tagesmütter-Projekte vorläufig ausgeklammert werden, weil angeblich – so sagt man mir – von ÖVP-Seite kein Verständnis für die Forderung unsererseits aufgebracht wird (Widerspruch bei der ÖVP), daß nur Vereine mit fix angestellten, arbeits- und sozialrechtlich abgesicherten Tagesmüttern in den Genuß von Förderungen kommen sollen. Da ist der Herr Minister nicht eingestiegen. Ich frage mich, warum. Wir sind dafür, daß Frauen wirklich eine soziale Absicherung haben.

Für Tagesmütter auf Werkvertragsbasis können wir uns hingegen in keiner Weise begeistern, denn dies bedeutet – das wissen wir auch, bitte, aus unserer Nachbarschaft –, daß Tagesmütter


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keinen Anspruch auf Krankengeld haben, kein Recht auf Urlaubsgeld haben, keinen Anspruch auf Karenz- und Wochengeld haben und daß sich Eltern, deren Kinder bei einer nicht entsprechend ausgebildeten und nicht angestellten Tagesmutter betreut werden, nicht auf Qualität und Kontinuität verlassen können. Kinder haben ein Recht auf qualitativ hochwertige Betreuung und Stabilität der Betreuungspersonen.

Dies kann wohl auch nicht im Sinne einer gesicherten Altersversorgung für Frauen sein, wenn wir diese Frauen für ihre qualifizierte Kinderbetreuung mittels Werkvertrag beschäftigen. Ich bin in meiner politischen Tätigkeit fast täglich mit Frauenschicksalen konfrontiert. Ich kenne Frauen, die zwar ihr ganzes Leben lang gearbeitet haben, zum Teil auf mehreren Bedienerinnenposten – das soll jetzt bitte nicht abfällig klingen –, jetzt im pensionsfähigen Alter sind, jedoch keine Pension bekommen können, weil sie eben nie oder fast nie angemeldet waren. Deshalb werde ich mich auch in Zukunft einsetzen und jenen Frauen Beistand leisten oder beratend zur Seite stehen, die, aus welchen Gründen auch immer, es bisher nicht für notwendig hielten, ihre diversen Arbeitsleistungen in ordentliche Dienstverhältnisse umzuwandeln, weil ich leider auch viele Negativbeispiele von im Alter unversorgten Frauen kenne. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

19.11

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Wilfing. – Bitte.

19.11

Bundesrat Mag. Karl Wilfing (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Da sich mittlerweile das Tempo der Reden beschleunigt und der Zeitaufwand verringert, möchte ich diesem positiven Beispiel folgen und erspare es mir, auf Aspekte einzugehen, die von meinen Vorrednern schon angesprochen wurden. Ich möchte nur auf einen Punkt besonders eingehen, und zwar auf die Abdeckung der Einzeltarife bei den Verkehrsunternehmen. Auch dieser Punkt wurde von meinen Vorrednern als positiv erwähnt, doch soll für die Zukunft erbeten werden, hier eine gerechte Lösung zu finden.

Ich bin auch der Auffassung des Kollegen Hüttmayr, der meinte, es dürfe nicht so sein, daß die Kosten dafür in Zukunft einseitig auf die Länder abgewälzt werden. Aber es darf in Zukunft auch nicht so sein, daß Familiengelder dazu verwendet werden, um durch überhöhte Schülerfreifahrtstarife Defizite zu verringern. Ich glaube, daß die Verkehrsverbünde, die in den Ballungszentren seit 1984 gegründet wurden, ohne Zweifel zur Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs beigetragen haben, was richtig war und ist. Sie haben aber auch dazu geführt, daß die Einnahmenverluste eben von den Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden abgegolten wurden.

Interessanterweise ist bei der Schaffung des ersten Verbundes, bestehend aus den Wiener Stadtwerken, den Wiener Lokalbahnen und den ÖBB, die größte Fahrgastgruppe, nämlich die Schüler, noch miteinbezogen worden, sodaß der Familienlastenausgleich damals und auch heute noch für diesen Bereich die günstigen Verbundpreise in Anspruch nehmen konnte beziehungsweise kann. Seltsamerweise hat man bei allen weiteren Verbünden den Familienlastenausgleich nicht mehr zum Vertragspartner gemacht, ihn von diesen Verbundverträgen ausgeschlossen.

Der Familienlastenausgleich ist daher genötigt, höhere Fahrpreise zu bezahlen als die Allgemeinheit. Diese Vorgangsweise ist sachlich betrachtet als skandalös zu bezeichnen und führt dazu – das hat auch der Rechnungshof schon festgestellt –, daß Familiengelder zweckwidrig für verkehrspolitische Anliegen verwendet werden.

Der Familienlastenausgleichsfonds ist dazu gegründet worden – das wissen wir alle –, um eben die Mehrbelastung der Familien von staatlicher Seite anzuerkennen und abzugelten, und nicht dazu, um damit Defizite bei Verkehrsunternehmen mitzufinanzieren.

Ich glaube, dort liegt auch die besondere Qualität des neuen Familienlastenausgleichsgesetzes: daß es eben zu einer Ermächtigungsregelung für den Familienminister kommt, daß er im Rah


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men der Verkehrsverbünde in Zukunft Grund- und Finanzierungsverträge abschließen kann und damit endlich einen günstigeren Preis für Schüler und Studenten erreicht. Es ist nämlich nicht einsichtig, daß in vielen Bereichen Schüler oder Studenten das Doppelte dessen zahlen, was Pendlern angeboten wird. Ich brauche da gar keinen Sondertarif für Pensionisten, sondern nur den Normaltarif für die Erwachsenen.

Eine weitere Qualität der Novelle des FLAF ist, daß es zu einer Streichung des § 39c mit 31. 12. 1997 kommt, der es bisher ermöglicht hat, daß alljährlich Milliardenbeiträge als stille Subventionen an die ÖBB geflossen sind.

Wenn nun – das hat Kollegin Moser von der Freiheitlichen Partei kritisiert – statt dessen nach § 39a das Wochengeld und die Betriebshilfe zu 70 Prozent aus dem FLAF zu bezahlen sind, so halte ich das – ich glaube, da stimmen Sie mir auch zu – für eine wesentlich nähere familienpolitische Leistung als die Sozialtarifabgeltung bei den ÖBB. Das ist ein Fortschritt, der über Jahre nicht erreicht werden konnte und zu dem man Bundesminister Bartenstein nur gratulieren kann. Wenn das ein niederösterreichischer Schwarzer an einen steirischen Schwarzen richtet, dann hat das sicher eine besondere Qualität. (Beifall bei der ÖVP. – Unruhe bei der SPÖ.) Dies ist vor allem auch deshalb der Fall, weil es rechnerisch insofern noch einen Positivsaldo ergibt, als diese Erhöhung von 50 Prozent auf 70 Prozent nur 840 Millionen Schilling Mehrbelastung ausmachen wird, während durch die Überbezahlung der Schülerfreifahrt mit 1,1 bis 1,3 Milliarden Schilling und den § 39c mit 350 Millionen Schilling allein aus dem Titel der Schülerfreifahrt der FLAF enorm belastet wurde.

Ich möchte jetzt auf die anderen Bereiche, die meine Vorredner hier auch lobend erwähnt haben, gar nicht mehr eingehen. Ich glaube, daß wir dieser Novelle zustimmen sollten, weil sie Transparenz und Kostenwahrheit bei der Schüler- und Lehrlingsfreifahrt bringt, weil sie eine Bereinigung der Sozialtarifabgeltung bei den ÖBB bringt, weil sie eine finanzielle Konsolidierung der Krankenversicherung durch Familienlastenausgleichsmittel bringt und weil sie eine Schulbuchaktion für neue Medien- und Unterrichtsmittel öffnet. Ich ersuche Sie daher, dagegen keinen Einspruch zu erheben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

19.16

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Pischl. – Bitte.

19.16

Bundesrat Karl Pischl (ÖVP, Tirol): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Moser hat ihren Debattenbeitrag eigentlich sehr stark auf die Unterrichtspolitik beziehungsweise Sozialpolitik gelenkt und weniger auf die familienpolitischen Leistungen und Verbesserungen, die es durch diese Novelle geben wird.

Soweit ich mich erinnere – vielleicht können Sie das auch bestätigen –, ist in den letzten Monaten und Jahren gerade von der Freiheitlichen Partei immer wieder die Forderung gekommen, Fremdleistungen abzubauen. Doch jetzt, wo dieser Weg eingeschlagen wird, kann man trotzdem die Zustimmung der Freiheitlichen Partei dazu nicht erhalten. Wahrscheinlich gibt es prinzipielle oder grundsätzliche Gründe dafür.

Meine Damen und Herren! Aufgrund dieser heute zu beschließenden FLAF-Novelle werden unter anderem 70 Prozent der Aufwendungen für das Wochengeld – bisher waren es 50 Prozent – übernommen, wird die Familienbeihilfe volljähriger Kinder nach zweimaligem Repetieren bezahlt – Gott sei Dank, denn sonst hätten wir einen Verwaltungsaufwand gehabt, der kaum zu bezahlen gewesen wäre – und werden in den nächsten zwei Jahren bis zu 10 Prozent der jeweiligen Mittel, die für das freie Schulbuch vorgesehen sind, für pädagogisch notwendige Lehr- und Lernmittel, welche die Schule bestimmen kann, zur Verfügung stehen. Meines Erachtens ein Schritt in die richtige Richtung!

Es hat Kollege Prähauser in seiner Wortmeldung gemeint, daß dies ein Gesetz für die Pädagogen sei. Das hoffe ich nicht. Ich hoffe, daß diese Verbesserung und Weiterentwicklung viel


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mehr ein Gesetz für die Schüler sein wird, um den Lehrstoff in Zukunft besser vermitteln zu können.

Meine Damen und Herren! Ich glaube auch, daß diese Novelle deshalb richtig ist, weil wir dadurch bereit sind, in nächster Zukunft einiges an Fehlentwicklungen beim FLAF zu ändern. Richtig kann der Weg aber nur dann sein, wenn wir die nächsten Jahre dazu nützen, den längst fälligen Abbau von Fremdleistungen nicht nur verbal kundzutun, sondern in die Tat umzusetzen. Es darf nicht nur bei Worten und Absichtserklärungen bleiben. Wir haben in den letzten Jahrzehnten viel zu viele politisch relevante – ich weiß nicht, ob immer notwendige – Maßnahmen dem FLAF aufgebürdet, die dann aber dazu führten, daß die Gelder für die Familien immer knapper wurden.

Eine Gesamtreform des FLAF steht also ins Haus, sie ist meines Erachtens notwendig, und zwar in einer Form, die den gesellschaftlichen Wandel mit all seinen Konsequenzen berücksichtigt.

Es ist notwendig, in nächster Zukunft einen neuen Grundansatz für einen zeitgemäßen Familienlasten- oder sagen wir vielleicht besser Familienleistungsausgleich, in dem die erbrachten Leistungen der Familien mit Kindern wirkliche Anerkennung finden, zu schaffen. In einer solchen Überlegungsphase darf es keine Tabus geben. Es muß über alles diskutiert werden, über neue Finanzierungsmodelle genauso wie über neue Strukturen oder politische Maßnahmen und Zielsetzungen.

Hohes Haus! In Anerkennung der Leistungen, welche in der und für die Familie erbracht werden, gilt es, den bisherigen Lastenausgleich zu einem Leistungsausgleich weiterzuentwickeln, denn Familien tragen nicht nur Lasten, sondern erbringen wertvollste Leistungen für unsere Gesellschaft. Deshalb brauchen wir, so glaube ich zumindest, ein Maßnahmenbündel, um diesen Leistungsausgleich in Zukunft sicherzustellen.

Punkte eines solchen Paketes könnten oder sollten sein: das steuerfreie Existenzminimum für jedes Kind. Darüber werden wir konkreter diskutieren können, wenn wir einmal wissen, wie die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ausschaut. Weiters glaube ich, daß der Betreuungsscheck als Entgelt für die Kinderbetreuung im eigenen Haushalt oder als Möglichkeit einer außerhäuslichen Betreuung für eine zukünftige Familienpolitik äußerst wichtig wäre.

Weiters soll eine Familienbeihilfe gestaffelt nach Kinderzahl überlegt werden, ferner den Alleinverdienerabsetzbetrag zu verbessern, einen Familienzuschuß zu geben, wenn andere Maßnahmen nicht ausreichen, und die sozial- und pensionsrechtliche Anerkennung für erbrachte Betreuungs- und Erziehungsleistungen.

Bei einer solchen Grundsatzdiskussion muß es auch den Familien beziehungsweise den Erziehungsverantwortlichen möglich sein, das Prinzip der Wahlfreiheit wahrzunehmen, ob man zu Hause bleiben oder weiterhin berufstätig sein will. Es soll hier keine Verordnung von oben möglich sein oder dadurch ermöglicht werden, daß man in eine finanzielle Abhängigkeit kommt. Eine neue Zielsetzung eines Familienleistungsfonds muß auch den Generationenvertrag für eine längerfristige Absicherung unserer sozialen Leistungen berücksichtigen.

Hohes Haus! Ich bin froh darüber, daß es in den letzten Tagen möglich war, zwischen dem Frauen- und dem Familienministerium Einigung zu erzielen, was die Richtlinien für die Vergabe der 600 Millionen Schilling für Kinderbetreuung betrifft. Jetzt sind die Länder und Gemeinden sowie auch die Betreuungseinrichtungen, die Trägerorganisationen, aufgerufen, bis zum Herbst entscheidungsreife Projekte vorzulegen.

Frau Kollegin Schicker! Ich hoffe auch, daß entsprechende Tagesmütterprojekte kommen werden. Nur glaube ich nicht – ich kann mich hier Ihrer Meinung nicht anschließen –, daß wir hier sagen sollten: Nur solche Projekte werden gefördert, in deren Rahmen die Frauen, die Tagesmütter angestellt werden. – Lassen wir doch auch hier die Wahlfreiheit. Es gibt soundso


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viele Tagesmütter, wahrscheinlich bundesländerweise verschieden, die sagen, ich möchte angestellt sein, und andere sagen, ich möchte eine freie Tagesmutter sein, ich möchte nicht angestellt werden. (Bundesrätin Schicker: Dem kann ich als Frau nicht zustimmen!) Ob Sie zustimmen können oder nicht, das ist jetzt Ihr Problem, aber von mir aus ... (Bundesrat Prähauser: Frauen müssen auch für Sie ein Problem sein! – Bundesrätin Schicker: Sie werden ausgenützt!) Es gibt kein Ausnützen für mich, sondern es gibt eine freie Entscheidung der Betroffenen.

In Tirol gibt es in unseren beiden Trägerorganisationen, sei es Frauen im Brennpunkt oder der Katholische Familienverband, die Wahlfreiheit. Der größte Teil ist angestellt, aber ein anderer, kleinerer Teil will es eben frei machen. Diesen sollten wir auch in Zukunft eine Chance geben. (Bundesrat Prähauser: Das Hilfswerk hat fast 80 oder 90 Prozent Werkverträge! Das wird ein riesiges Dilemma werden!) Ich kenne die Strukturen des Hilfswerkes nicht. Ich kann nur aus der Sicht des Landes Tirol reden, und da haben wir dieses Problem nicht. Für uns ist es eine sehr positive Möglichkeit, Investitionen zu tätigen.

Meine Damen und Herren! Es haben schon einige Vorredner auf einen Punkt hingewiesen, und ich möchte dies auch tun. Diese Novelle beinhaltet auch, daß ab 1. Jänner 1998 § 39c des FLAF außer Kraft treten wird. Das heißt, daß Hunderte Millionen Schilling, welche bisher zusätzlich neben der Abgeltung der Schülerfahrten den Verkehrsträgern bezahlt wurden, nicht mehr geleistet werden. Auch das ist meines Erachtens ein entscheidender Schritt in die richtige Richtung. Das Problem ist jetzt, daß die Länder befürchten, daß die entfallenen Mittel nun automatisch von ihnen aufgebracht werden müssen.

Meine Damen und Herren! So einfach kann und darf es doch nicht sein und wird es auch nicht sein. Es ist in den letzten Wochen eigentlich sehr oft vom Herrn Bundesminister gesagt worden, daß man während des Sommers und im Herbst in Verhandlungen mit den Ländern und Gemeinden darüber eintreten wird, wie diese Entscheidung dann weitergeführt werden wird, wie die Mittel dann aufgebracht werden sollten.

Wahrscheinlich ist da nicht so sehr das Familienministerium gefordert, sondern vielmehr das Finanzministerium. Denn diese Finanzlücke, welche durch den Entfall der Leistungen aus dem FLAF nun klafft, muß dringend zu Gesprächen zwischen den Gebietskörperschaften führen, um Vorsorge und – ich würde es so sagen – um geeignete Schritte für eine gemeinsame Lösung einzuleiten.

Die heutige Entscheidung – und ich betone: die heutige positive Entscheidung – darf unter keinen Umständen dazu führen, daß der bisherige Weg verlassen wird und der öffentliche Verkehr nicht mehr attraktiver angeboten wird, sich keine entsprechenden Verkehrsverbünde entwickeln können. Der öffentliche Verkehr muß weiterhin interessant angeboten werden, und das muß einfach für die Zukunft eine gewisse Priorität haben.

Hohes Haus! Zusammenfassend möchte ich feststellen, daß für mich Kinder nach wie vor das Humanvermögen einer Gesellschaft darstellen. Da ich aber bei einer meiner letzten Wortmeldungen von der heutigen Berichterstatterin, Frau Bundesrat Rösler, wegen dieses Ausdrucks gerügt wurde, möchte ich heute feststellen, daß Kinder einen Goldschatz für jede Gesellschaft und deren Entwicklung darstellen.

Die Verantwortung und Betreuung der Kinder ist aber das Recht und die Pflicht der Eltern. Diese haben aber auch einen Anspruch auf Unterstützung durch Staat und Gesellschaft, und aus diesem Blickwinkel soll eine zukünftige Diskussion über die Reform des Familienlastenausgleichsfonds geführt werden.

In diesem Sinne werde ich und, wie ich hoffe, auch meine Fraktion dieser Novelle gerne die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)


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616. Sitzung / Seite 146

19.29

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

19.29

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! Ich darf mich für die Debattenbeiträge zur Novelle des Familienlastenausgleichsgesetzes herzlich bedanken, vor allem auch für die Sachlichkeit, in der diese abgeführt wurden.

Es ist zum sachlichen Inhalt dieser Novelle sehr viel gesagt worden, sodaß ich mich kurz fassen darf.

Ich möchte nur kurz an die Ausführungen des Herrn Bundesrates Wilfing anschließen, wenn ich meine: Selbstverständlich ist es ein Wermutstropfen, wenn die Finanzierung des Wochengeldes von bisher 50:50 zu Lasten des Familienlastenausgleichsfonds auf 70:30 verschoben wird. Allerdings ist es tatsächlich nachvollziehbar und aus meiner Sicht auch zu rechtfertigen, da es sich beim Wochengeld um eine sehr familiennahe Leistung handelt. Im Gegenzug kommt es zu einer Entlastung des FLAF bei bisherigen verkehrspolitischen Leistungen, was aus familienpolitischer Sicht zu begrüßen ist.

Auch betragsmäßig ist die Rechnung in einer Art und Weise darstellbar, daß man von einem Gewinn für die Familien und den Familienlastenausgleichsfonds sprechen kann. Wenn ich daran erinnern darf, daß § 39c nach Entfall der Studentenfreifahrt, die hier bereits wegzurechnen ist, noch immer mit etwa 350 Millionen Schilling pro Jahr zu Buche schlägt, wenn ich daran erinnern darf, daß die zu hohen Refinanzierungen für die Schülerfreifahrt aus dem FLAF im Vergleich zu den regulären Erwachsenen-Pendlertarifen mit 1,2 bis 1,3 Milliarden Schilling zu Buche schlagen, dann muß ich sagen, es sind allein schon diese beiden Positionen ein ausreichender Grund, die 840 Millionen Schilling Mehrkosten aus der Verschiebung beim Wochengeld zu rechtfertigen.

Wenn nicht ganz unverständlich seitens der Opposition moniert wurde, daß die Einigung über den § 39c erst mit 1.1.1998 zum Tragen kommt, so hat das seine Ursache darin, daß diese Bundesregierung und das Hohe Haus mit seinen beiden Kammern zwei Budgets, nämlich den Budgets 1996 und 1997, seine Zustimmung gegeben haben, andererseits eine Veränderung in diesem Bereich vor Ende 1997 ein Budgetüberschreitungsgesetz erforderlich gemacht hätte. Das ist sicher nicht sinnvoll, das wollten wir vermeiden.

Ein Aspekt ist in der Debatte aus meiner Sicht nicht ausreichend erwähnt worden, das ist die Regelung bezüglich der Doppelrepetenten. Hier hat es im Zuge des Sparpakets unter der Annahme, daß etwa 10 000 Schüler in Österreich Doppelrepetenten, die in der Oberstufe zweimal repetiert haben und über 19 Jahre alt sind, sind, die Regelung oder zumindest die Planung, denn das ist nie in Kraft getreten, gegeben, solche Doppelrepetenten von der Familienbeihilfe auszuschließen.

Nachdem Recherchen meines Hauses, die schon von meiner Vorgängerin Sonja Moser eingeleitet worden sind, ergeben haben, daß es sich um wahrscheinlich weniger als 2 000 Doppelrepetenten handelt, daß also der Einsparbetrag, der da zu erzielen wäre, unter 40 Millionen Schilling liegt und daß ein ganz erheblicher Verwaltungsaufwand damit verbunden gewesen wäre – es hätten 40 000 Schüler in Österreich angeschrieben werden müssen, es hätte ihnen die Frage gestellt werden müssen, ob sie Doppelrepetenten sind, und es wäre auch Klassen vorstellbar gewesen, in denen Doppelrepetenten zweierlei Art gesessen wären, nämlich einer, der in der Oberstufe einmal und einmal in der Unterstufe repetiert hat und die Familienbeihilfe weiter bekommen hätte, und einer, der zweimal in der Oberstufe repetiert hat und sie nicht mehr bekommen hätte –, hat das mich und letztlich auch den Herrn Finanzminister dazu bewogen, diese Regelung wiederum zurückzunehmen. Wir sehen dies als ein Wegschleifen der Ecken und Kanten, das ist bei diesem Sparpaket Numero zwei natürlich nicht auszuschließen, und da haben wir reagiert.

Herr Bundesrat Hüttmayr und einige Kollegen haben zu Recht darauf hingewiesen, daß es prinzipiell sehr zu begrüßen ist, wenn es im Rahmen der Schülerfreifahrt nunmehr nach der Einigung zwischen dem Finanzminister, dem Verkehrsminister und mir zu einer Neuregelung dergestalt kommen wird, daß spätestens zum 1.1.1998, wahrscheinlich aber bereits mit dem


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Schuljahr 1997/98 eine Einbindung der Schüler und Lehrlinge dieses Landes in die Verbünde, zu Verbundtarifen, erfolgen wird.

Auf der anderen Seite wurde völlig zu Recht darauf hingewiesen, daß dies nicht so geschehen kann, daß das durch eine einseitige, mit den Ländern nicht akkordierte Belastung der Länder finanziert wird.

Ich darf Ihnen daher auch wortwörtlich zu Gehör bringen, was der Herr Verkehrsminister und ich in einer Vereinbarung vom 8. Juli 1996 formuliert haben, nämlich unter anderem die Gewährung aller Verbundvorteile für Schüler und Lehrlinge, wobei die Finanzierung unter zusätzlicher Einbeziehung der Länder und Gemeinden noch gesondert zu erörtern ist. Das heißt, selbstverständlich gehen wir davon aus, daß das mit den Finanzausgleichspartnern zu erörtern ist. Selbstverständlich wird es hier zu keinem einseitigen Verschieben der Finanzausgleichsvereinbarungen kommen, zu einem grauen Finanzausgleich, wie er gemeinhin auch genannt wird. Selbstverständlich sind die Finanzausgleichspartner, sind die Länder und die Gemeinden in die Verhandlungen einzubinden.

Meine Damen und Herren des Bundesrates! Ich darf Ihnen auch sagen, welche Zielvorstellungen wir im Hinblick auf die Aufbringung von Mitteln und einer Lukrierung von Einsparungspotential haben. Wir sehen insgesamt mögliche Rationalisierungspotentiale, wir sehen Möglichkeiten der Verwaltungsvereinfachung, und ich sage Ihnen, es wird sicherlich nicht einfach und vielleicht auch nicht zur Gänze möglich sein, alle 1,2 oder 1,3 Milliarden Schilling aus diesen Titeln zu lukrieren, aber das wird eben der Verhandlungsweg sein, und da gibt es sicher auch noch andere Varianten, jedenfalls nicht die, daß der Bund etwa einseitig die Länder belastet. Das ist nicht unsere Vorstellung.

Ein kurzer Satz noch zu den Ausführungen von Frau Bundesrätin Schicker, weil mir sehr wesentlich erschienen ist, was Sie zur Rolle der Pflegeeltern gesagt haben. Es war zwar eine Falschmeldung einer Agentur, die dann auch einige Minuten später korrigiert worden ist, daß ich eine Anhebung des Pflegegeldes gefordert hätte. Das deswegen nicht, weil das Pflegegeld von den Ländern bezahlt wird. Ich habe gefordert und in Aussicht gestellt, daß ich selbst mit dem Herrn Sozialminister so bald wie möglich – ich habe das schon gestern nachmittag tun können – in Kontakt treten werde – mit der Zielvorstellung, gerade auch für Pflegeeltern eine sozialversicherungsrechtliche Absicherung zu erreichen, weil das, was Pflegeeltern bekommen, auch nicht unter einen Werkvertrag, auch nicht unter einen freien Dienstvertrag fällt. Das ist eine Remuneration sui generis, eine Art Sonderfamilienbeihilfe, und wir müssen und sollten uns da etwas einfallen lassen, weil die finanziellen Dimensionen, die die Frau Bundesrätin genannt hat, auch mir in etwa bekannt sind, abgesehen von der menschlichen Frage. Es ist hundertmal gescheiter und sinnvoller, Kinder zu Pflegeeltern zu bringen, als sie in Heimen unterzubringen, nicht nur vom Finanziellen, sondern auch vom Humanitären her.

Wenn die Länder bereit sind, beim Pflegegeld etwas zu tun, haben sie meine volle, jedenfalls einmal geistige Unterstützung bei diesem Vorhaben.

Ich möchte aber auch ein Wort der Kritik sagen, Frau Bundesrätin, zum Thema Tagesmütter: Abgesehen von der prinzipiellen Zustimmung, daß für die Betreuung von Kindern im Alter von zwei bis vier Jahren Tagesmütter sicherlich das Mittel der Wahl sind und wir das nur verstärken können, geht mir die Festlegung, nur dann Tagesmütter zu fördern, wenn sie voll angestellt sind, zu weit. Frauenministerin Konrad und ich haben sehr wohl als Grundvoraussetzung formuliert und fixiert, daß eine sozialversicherungsrechtliche Absicherung gegeben sein muß. Wir haben auch formuliert, daß in dieser Struktur, im Trägerverein zumindest eine Tagesmutter fest angestellt sein muß, aber wir wollen sonst Flexibilität.

Ich gebe schon zu, daß es das Interesse von Frau Dr. Konrad gewesen wäre, eine Anstellung als Voraussetzung zu sehen. Ich selbst habe für mehr Flexibilität plädiert. Warum? – Weil es auch in Zukunft Tagesmütter geben wird, die ein, zwei Kinder bei sich haben, die das nur über einen bestimmten Zeitraum machen wollen, wo unter Umständen eine Anstellungsvereinbarung zu weit geht. Ein Positives der Werk- und Dienstvertragsregelung ist eben doch, daß sie die


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Sozialversicherungspflicht enthält und daß das damit den Tagesmüttern indirekt zugute kommt, weil eben diese sozialversicherungsrechtliche Absicherung damit gegeben ist.

Noch ein letztes Wort zu den Ausführungen von Herrn Bundesrat Pischl. Wir warten, was uns der Verfassungsgerichtshof allenfalls mitteilen wird. Dieser Unterbrechungsbeschluß ist von großem Gewicht. Das wird nicht nur so gemacht. Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ist daher mit einem Erkenntnis zu rechnen, das mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit wiederum im Bereich der Familienbesteuerung Handlungsbedarf ergeben wird. Ich hoffe, daß der VfGH uns auch einen Wegweiser geben wird, neben einer Frist, die er zweifellos setzen wird, einen Wegweiser in die Richtung, wie es gehen soll. Das wird durchaus auch Überlegungen in Richtung eines steuerfreien Existenzminimums beinhalten, und das wird natürlich die Bundesregierung dann auch zur Handlung bringen, wenn ich auch sage, in diesem Umfeld des konsequenten, des eisernen Sparens bis zum Ende der Legislaturperiode wird dies alles nicht einfach zu bewältigen sein. Aber wir werden, wenn dieses Erkenntnis da ist, selbstverständlich sehr rasch handeln und das Notwendige tun. Mehr kann man heute nicht sagen, es wäre unseriös, weil eben die Überlegungen des VfGH noch nicht abschätzbar sind.

Frau Präsidentin! Ich danke für die Worterteilung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.40

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

12. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend Montrealer Protokoll über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen; Anlage D und Änderung (5 und 303/NR sowie 5235/BR der Beilagen)

13. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz geändert wird (EU-Novelle 1996 zum AWG) (149 und 308/NR sowie 5222 und 5236/BR der Beilagen)

14. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 über den Briefwechsel betreffend die Auflösung der Vereinbarung zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 11 des Basler Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung (99 und 304/NR sowie 5237/BR der Beilagen)


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15. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend Übereinkommen über die Zusammenarbeit zum Schutz und zur verträglichen Nutzung der Donau (Donauschutzübereinkommen) samt Anlagen und Erklärung (4 und 305/NR sowie 5238/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 12 bis 15 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies

ein Montrealer Protokoll über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen; Anlage D und Änderung,

ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz geändert wird,

der Briefwechsel betreffend die Auflösung der Vereinbarung zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 11 des Basler Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbrennung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung und

ein Übereinkommen über die Zusammenarbeit zum Schutz und zur verträglichen Nutzung der Donau samt Anlagen und Erklärung.

Die Berichterstattung über die Punkte 12 bis 15 hat Frau Bundesrätin Rösler übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatterin Michaela Rösler: Frau Präsidentin! Herr Minister! Zu Punkt 12: Österreich ist Vertragspartei des Wiener Übereinkommens zum Schutz der Ozonschicht ebenso wie des diesbezüglichen Montrealer Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen.

Vom 19. bis 21. Juni 1991 fand in Nairobi die dritte Tagung der Vertragsparteien des Montrealer Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen, statt. Auf dieser Tagung wurde die Anlage D zum Montrealer Protokoll nach dessen Artikel 4 Abs. 3 angenommen.

Vom 23. bis 25. November 1992 fand in Kopenhagen die vierte Tagung der Vertragsstaaten des gegenständlichen Protokolls statt. Anläßlich dieser Konferenz wurde die Änderung (inklusive Anlage C und E) mit Konsens angenommen. Es handelt sich dabei um Verpflichtungen zur Verminderung der Produktion und des Verbrauchs vor allem von bestimmten, die stratosphärische Ozonschicht zerstörenden voll- und teilhalogenierten Fluorchlorkohlenwasserstoffen.

Der Nationalrat hat anläßlich der Beschlußfassung im Gegenstand im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG beschlossen, daß dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist.

Der Ausschuß für Familie und Umwelt stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

Nun mein Bericht über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz geändert wird:

Durch den österreichischen Beitritt zur EU besteht ein Anpassungsbedarf an das Abfallrecht der Europäischen Gemeinschaften, insbesondere betreffend Gefährlichkeitskriterien, die Anpassung von bestehenden Abfallbehandlungsanlagen und die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr und das Zollrecht der Europäischen Gemeinschaften.


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Der gegenständliche Gesetzesbeschluß des Nationalrates beinhaltet die Sicherstellung der EU-Konformität, insbesondere Schaffung der gesetzlichen Grundlagen für notwendige EU-Umsetzungsmaßnahmen und die Überarbeitung bestehender Regelungen im Hinblick auf bessere Kontrollmöglichkeiten sowie eines vereinfachten Vollzugs unter Sicherstellung des Schutzes öffentlicher Interessen.


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Der Ausschuß für Familie und Umwelt stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Nun der Bericht über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 über einen Briefwechsel betreffend die Auflösung der Vereinbarung zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 11 des Basler Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung.

Da die Bundesrepublik Deutschland seit dem 20. Juni 1995 Vertragspartei des Basler Übereinkommens ist, hat sich die Abfallverbringungsvereinbarung aus dem Jahr 1993 zwischen Österreich und Deutschland inhaltlich erschöpft.

Der gegenständliche Beschluß des Nationalrates hat daher die Auflösung der Abfallverbringungsvereinbarung aus dem Jahr 1993 zwischen Österreich und Deutschland zum Ziel.

Dem Nationalrat erschien bei der Genehmigung des Abschlusses des vorliegenden Abkommens die Erlassung von besonderen Bundesgesetzen im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG zur Überführung des Vertragsinhaltes in die innerstaatliche Rechtsordnung nicht erforderlich.

Der Ausschuß für Familie und Umwelt stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Nun der Bericht betreffend das Donauschutzübereinkommen samt Anlagen und Erklärung:

Der vorliegende Beschluß des Nationalrates trägt dem Umstand Rechnung, daß dem Zweck des Übereinkommens, zu einem effektiven modernen Gewässerschutz im Donauraum beizutragen, entsprochen wird. Die gegenständliche Konvention zielt auf verstärkte Zusammenarbeit mit einer wirksamen Emissionsbeschränkung sowie auf Zusammenarbeit zur Erhebung des Ist-Zustandes der Donau innerhalb der sowie zwischen den Vertragsstaaten ab, wodurch primär die grenzüberschreitenden Auswirkungen von Gewässerverschmutzungen im Donauraum verringert werden sollen.

Die wesentlichen Regelungspunkte sind:

Verhütung, Vermeidung, Bekämpfung und Verringerung grenzüberschreitender Beeinträchtigungen, zum Beispiel Festsetzung von Emissionsbegrenzungen,

Einführung von Überwachungsprogrammen hinsichtlich des Zustandes der Fließgewässer im Donaueinzugsgebiet,

Erfassung von Verschmutzungsquellen und schrittweise Entwicklung von Maßnahmenprogrammen,

Errichtung einer "Internationalen Kommission zum Schutz der Donau",

Verpflichtung zur Information der Öffentlichkeit über den Zustand und die Qualität der Fließgewässerumwelt im Donaubecken.

Der Nationalrat hat anläßlich der Beschlußfassung im Gegenstand im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG beschlossen, daß dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist.

Da auch Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, ist eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG erforderlich.

Der Ausschuß für Familie und Umwelt stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag,

1. dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen sowie

2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben. – Danke.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort hat sich Herr Bundesrat Weilharter gemeldet. – Bitte.

19.48

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Abfallwirtschaftsgesetz-Novelle wird von meiner Fraktion keine Zustimmung erhalten, sosehr wir auch die Diskussion über die Abfallbewirtschaftung begrüßen. Aus verschiedenen Gründen können wir unsere Zustimmung nicht geben, und zwar einerseits aus inhaltlichen Gründen, denn in dieser Novelle wird die Parteienstellung der betroffenen Bürger negiert, nicht berücksichtigt. Ein zweiter Grund, warum wir zu dieser Abfallwirtschaftsgesetz-Novelle keine Zustimmung erteilen können, ist, weil die Kosten für die Länder nicht quantifiziert sind. Und drittens gibt diese vorliegende Gesetzesnovelle auch eine gewisse Rechtsunsicherheit.

Meine Damen und Herren! Diese drei Punkte allein sind für uns Anlaß genug, dieser Vorlage nicht zuzustimmen. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Penz. )

Und daß dies, lieber Kollege Penz, keine freiheitliche Finte ist, bestätigt mir einerseits eine Stellungnahme der Österreichischen Plattform für Abfallwirtschaft. Diese ist allen Fraktionen zugegangen. In dieser Stellungnahme wird erstens genau auf die erwähnten drei Punkte hingewiesen, und darüber hinaus gibt es auch von seiten der Länder, der Landesregierungen die größten Bedenken.

So hat etwa die Kärntner Landesregierung auf zirka zweieinhalb Seiten gegen den Inhalt und gegen die Rechtsunsicherheit ihre Bedenken angemeldet und zusammenfassend festgestellt, daß die im Landesbereich zu erwartenden vermehrten Aufwendungen nicht näher quantifiziert werden, wie überhaupt auch in der Zusammenfassung eine Differenzierung der zu erwartenden Mehrkosten bei den Haushalten der betroffenen Gebietskörperschaften nicht vorgenommen wird. Eine derartige Differenzierung in der Kostenschätzung ist aber aufgrund der Bestimmungen des § 14 Abs. 3 Bundeshaushaltsgesetz zwingend vorgeschrieben.

Meine Damen und Herren! Das allein bestätigt, daß wir mit unserer Verweigerung der Zustimmung in dieser Frage sicherlich richtig liegen, und ich würde jene Damen und Herren Ländervertreter, die ihren Auftrag ernst nehmen, ersuchen, unserem Beispiel zu folgen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.50

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Grasberger. – Bitte.

19.50

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die EU-Novelle 1996 zum Abfallwirtschaftsgesetz ist vor allem deswegen Gegenstand der öffentlichen Diskussion geworden, weil in sie hineininterpretiert wird, daß mit ihr der Kunststoffmüllverbrennung Tür und Tor geöffnet werden würde. Und tatsächlich findet man in § 1 Abs. 2 Z. 2 den Satz, der zu diesen Diskussionen


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geführt hat. Er lautet: Abfälle sind stofflich oder thermisch zu verwerten, soweit dies ökologisch vorteilhaft und technisch möglich ist, die dabei entstehenden Mehrkosten im Vergleich zu anderen Verfahren der Abfallbehandlung nicht unverhältnismäßig sind und – was ganz wichtig ist – ein Markt für die gewonnenen Stoffe oder die gewonnenen Energie vorhanden ist oder geschaffen werden kann.

Schon allein die damit postulierte Forderung nach einem Markt für die gewonnene Energie schließt meiner Meinung nach Mißbrauch im großen und ganzen aus. Daß eine thermische Wiederverwertung von Abfällen mit dieser Novelle erstmals in unseren Bundesländern ermöglicht wird, halte ich grundsätzlich für zielführend. Vorangestellt bleibt freilich weiterhin die Umweltpolitik der letzten Jahre – und man kann durchaus schon sagen: des letzten Jahrzehntes – in unserer Republik, daß nämlich Müllvermeidung die beste Müllpolitik ist und bleiben muß.

Faktum aber ist, daß trotz großartiger Anstrengungen unserer Bevölkerung bei der Müllvermeidung – ich denke hier beispielsweise an die zunehmende Bereitschaft der Konsumenten, beim Einkauf von Waren das Verpackungsmaterial in den Geschäften zu belassen – nach wie vor Müll anfällt und dieser entsorgt und am besten wiederverwertet werden muß.

Grundbedingung dafür ist nach wie vor eine geordnete Mülltrennung. Ich glaube, daß die Österreicherinnen und Österreicher diese Mülltrennung bereits in einem exorbitant hohen Ausmaß durchführen, daß sie für sie in Fleisch und Blut übergegangen ist. In diesem Zusammenhang möchte ich besonders die hervorragende Tätigkeit der Lehrer, des Lehrpersonals in den verschiedensten Schulen herausstreichen, weil es gar nicht selten vorkommt, daß Kinder heutzutage die Eltern darauf aufmerksam machen, wenn sie sich einen Fehler bei der Mülltrennung erlauben.

Mülltrennung ist heute eine Selbstverständlichkeit, und die Zahlen des dramatischen, und zwar sehr positiv dramatischen Rückgangs beim Hausmüllanfall sprechen schon eine ganz deutliche Sprache. Altglas, Altpapier, Kunststoff – alles wird separat gesammelt; die Biotonne, der Komposthaufen ergänzen das Ganze noch. Wenn das geschieht – es geschieht in unseren Haushalten –, dann bleibt an sich nur mehr wenig Restmüll übrig. Ich bin davon überzeugt, daß Sie alle in diesem Haus diese Erfahrung selbst schon gemacht haben.

Für uns, die wir ein entsprechendes Abfallwirtschaftsgesetz als Grundlage haben, das die Bevölkerung gerne angenommen hat – es gibt beispielsweise schon Mülltrennfreaks, die ihre gesamte Begeisterung darein legen, den Müll entsprechend zu trennen –, ist das eine Selbstverständlichkeit. In den USA ist die Gesetzgebung davon noch Lichtjahre entfernt. Ich konnte selbst kürzlich erst erleben, daß es dort so gut wie überhaupt keine Mülltrennung gibt. New York, die größte Stadt der Welt, die, wie man kolportiert, zirka 11 Millionen Einwohner hat, entsorgt den gesamten, nicht getrennten Müll auf einer nahegelegenen Insel durch Vergraben.

Man sieht in diesen Städten, wie Müllberge in Form eines kunterbunten Durcheinanders vorhanden sind. Ich bin überzeugt, daß jeder von uns und jede Dame in diesem Raum größte Hemmungen hätte, das amerikanische System auch nur im entferntesten ins Auge zu fassen. Ich meine, daß damit die Aussage verbunden werden kann: Die Umweltpolitik in unserem Lande ist eine ganz andere als die in den USA! Wir haben eine Umweltpolitik "Marke Bartenstein".

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zurückkommen auf die thermische Wiederverwertbarkeit von Abfällen, die unter bestimmten Voraussetzungen nunmehr in Aussicht genommen wird. Diese Abfallverwertung hat sicherlich eine ganze Reihe von Vorzügen. Ich werde mir jetzt ersparen, im Detail darauf einzugehen, aber es ist in dieser Novelle eben entsprechend berücksichtigt, und ich finde das sehr positiv, und das soll auch deutlich gemacht werden.

Thermische Wiederverwertung hat den wesentlichen Vorteil, daß das Abfallvolumen wesentlich verringert wird, und zwar auf zirka 10 Prozent des ursprünglichen Volumens. Wir in Niederösterreich würden damit eine Verlängerung der Laufzeiten unserer Deponieräume auf 30 bis 40 Jahre erreichen können. Nach gegenwärtigem Stand der Dinge sind es nur 14 Jahre.


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Das zweite: Wir würden jedenfalls Energie zurückgewinnen können, denn Kunststoff, der derzeit in der Produktion reichlich Energie verbraucht hat, ist zum großen Teil ein Erdölprodukt. Diese teure Energie wird derzeit in teuren Deponien gelagert. Ich denke, daß das alles andere als zukunftsträchtig ist.

Das Land Niederösterreich hat eine Machbarkeitsstudie zur thermischen Abfallverwertung erstellen lassen, und diese kommt zum Schluß, daß diese Form der Verwertung des Restmülls in Zukunft die ökologisch und auch ökonomisch sinnvollste ist. Ich könnte mich jetzt noch verbreiten über die Leistung, die diese Möglichkeit brächte, auch zur CO2-Reduktion. Ich möchte Ihnen diese Ausführungen in Anbetracht der relativ langen Dauer jetzt nicht näher bringen. Ich denke, daß wir insgesamt, wenn wir Rücksicht darauf nehmen, daß modernste Rauchgasreinigungstechnik angewendet wird, im Gespräch mit der Bevölkerung die Bedenken, die bei der thermischen Wiederverwertung immer wieder zum Tragen kommen, ausräumen können.

Im Gespräch mit den Menschen wird es möglich sein, daß wir diesen Schritt für unser Land in Hinkunft gut gehen können und daß wir eine zukunftsträchtige Abfallentsorgung zugrunde legen können. Die ÖVP-Fraktion wird daher dem vorliegenden Gesetzentwurf die Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

19.57

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Markowitsch. – Bitte.

19.58

Bundesrätin Helga Markowitsch (SPÖ, Niederösterreich) : Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Bei den vier zu behandelnden Umwelttagesordnungspunkten möchte ich mich besonders mit dem Abfallwirtschaftsgesetz auseinandersetzen. Eine Novellierung des Abfallwirtschaftsgesetzes ist sinnvoll und auch notwendig. Es besteht Anpassungsbedarf an das Abfallrecht der Europäischen Gemeinschaft vor allem auch dadurch, daß beim Vollzug des bestehenden Gesetzes Probleme aufgetreten sind und durch die Rechtsprechung der Gerichtshöfe Lücken im Gesetz beziehungsweise unerwünschte und unpraktikable Ergebnisse im Vollzug aufgezeigt wurden. – So der Einleitungssatz der Stellungnahme der Niederösterreichischen Landesregierung.

Die Verpackungsverordnung wurde auf der Grundlage des Abfallwirtschaftsgesetzes geschaffen und ist seit 1. Oktober 1993 in Kraft. Sie setzt der österreichischen Wirtschaft zum Ziel, Umwelt und Deponien von Verpackungsabfällen zu entlasten, diese in eine Kreislaufwirtschaft zu integrieren und wirksame Maßnahmen zur Abfallvermeidung umzusetzen. Seit dieser Zeit sind Hersteller, Importeure und Verwender von Verpackungen unter anderem verpflichtet, die von ihnen in Verkehr gesetzten Verpackungen unentgeltlich zurückzunehmen.

Dabei müssen von jedem Packstoff zurzeit mindestens 60 Prozent der abgegebenen Transport- und Verkaufspackungen nachweislich gesammelt werden. Die gesammelten Verpackungen müssen wiederverwendet oder nach dem Stand der Technik verwertet werden, wobei für jeden Packstoff Mindestquoten für die stoffliche Verwertung vorgegeben sind. Das hat auch schon Herr Bundesrat Ing. Grasberger ausgeführt.

Drei Jahre Erfahrung mit einem österreichisch spezifischen System haben Probleme zum Vorschein gebracht. Daher war das Ziel dieser Novelle:

Erstens: Das System muß kontrollierbarer und durchschaubarer sein. Dies wurde erreicht durch eine wettbewerbsbehördliche Aufsicht, inklusive Preiskontrolle und durch die bescheidmäßige Zulassung – Konzession – von Sammel- und Verwertungssystemen und entsprechenden Auflagen in den Bescheiden, wie zum Beispiel die Vorgabe von operativen Zielen oder die Vorgabe von Kosten-Nutzen-Kriterien.

Zweitens: Eine Kostenreduktion – und damit geringere Tarife für den Konsumenten – muß angestrebt werden. Dies ist möglich durch die erwähnte Preisaufsicht und durch eine Reduktion im Bereich der Kunststoffe – insbesondere durch Auflagen hinsichtlich der Sortierung, der Entsor


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gungskosten und der verbesserten und kostengünstigeren Sammellogistik. Dazu wird auch eine Anpassung der Restmengenziele in der Verordnung hinsichtlich Kunststoffe und Verbundstoffe vorgenommen.

Drittens: die Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen zwischen inländischen Abfüllern, Verpackern und Importeuren. Dies wurde erreicht durch eine Subsidiarhaftung des Handels für Importe und die Einführung des Anfallstellenprinzips. Jeder Betrieb, der größere Mengen an Packstoffabfällen hat, kann sich als Anfallstelle deklarieren, und Lieferungen an diese Anfallstellen müssen lizenziert werden.

Viertens: die Anerkennung der thermischen Verwertung. Damit wird die thermische Verwertung von Abfällen, wenn die Energie sinnvoll genutzt wird, als Verwertung der stofflichen Verwertung gleichgestellt. Da die "klassische" Deponierung des Restmülls mit einer ganzen Reihe von negativen Auswirkungen für unsere Umwelt verbunden ist, zum Beispiel unkontrollierbare chemische Reaktionen über einen langen Zeitraum, die umfangreichen Methanemissionen – bis zu 63mal treibhauswirksamer als das CO2 und das Entstehen von Sickerwasser – mit den entsprechenden Auswirkungen auf das Grundwasser –, bin ich persönlich sehr froh über die Aufnahme einer entsprechenden Formulierung in den Text des Abfallwirtschaftsgesetzes.

Zum Schluß kommend möchte ich noch eine Bitte an die Technik und Hersteller von Biobehältern aussprechen. Obwohl diese ordnungsgemäß gewartet werden – waschen, einstecken von Müllsäcken, einstreuen von Rindenmull, Häckselgut, Sand, Papier und so weiter –, ist eine Geruchsbelästigung und Ungezieferansammlung nicht vermeidbar, überhaupt dann, wenn es sommerliche Temperaturen gibt, und sei dies heuer auch erst an zwei Tagen gewesen.

Es kann doch nicht der letzte Stand der Entwicklung – sprich: auch Weisheit – sein, daß diese Behälter nicht auch benützerfreundlicher und umweltfreundlicher – denn die Ärmsten sind die in unmittelbarer Nähe Wohnenden – konzipiert werden. Ein Luftkammersystem, Schleusensystem oder was auch immer müßte konstruiert, erzeugt und auch auf dem Markt angeboten werden.

Meine Fraktion, die Sozialdemokratische Partei, gibt den Tagesordnungspunkten 12 bis 15 gerne die Zustimmung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.03

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.

20.03

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Herr Bundesminister! Zu den vorliegenden Tagesordnungspunkten aus dem Bereich der Abfallwirtschaft hat die Debatte vor allem auf das Abfallwirtschaftsgesetz und dessen Novelle Bezug genommen. Wenn Herr Bundesrat Weilharter gemeint hat, es würde durch dieses Gesetz die Parteienstellung negiert, so kann ich dem nur vehement und deutlich widersprechen.

Wir haben in Österreich mittlerweile auch das Phänomen von Massenverfahren erfahren müssen, und es war mein Ressort, das Umweltressort, das mit dem Genehmigungsverfahren für die Anlage der Sommer-Metall Amstetten mit 20 000 Parteien konfrontiert ist, war und sein wird. Alleine bisher angelaufene Kosten in der Höhe von 7 Millionen Schilling für Papiermaterial und Porti und wahrscheinlich noch einmal Kosten in derselben Höhe, weil die Arbeitszeit derjenigen Menschen, die all das abgefertigt haben, noch gar nicht miteingerechnet ist, lassen es zwingend erscheinen, zu einem vereinfachten Verfahren im Bereich der Massenverfahren zu kommen.

Das einzige, was verändert ist, Herr Bundesrat Weilharter, ist, daß mit Ausnahme der direkten Nachbarn in Zukunft Ladungen, Bescheide und ähnliches nicht mehr den Parteien per Post zugestellt werden, sondern auf den jeweiligen Gemeindeämtern aufliegen und darüber hinaus in den jeweiligen regionalen Printmedien veröffentlicht werden. Ich meine, das ist ein zulässiger Verwaltungsvereinfachungsschritt und – darüber waren wir uns in der Bundesregierung einig –


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ein Pilotprojekt, das, wenn es sich im Bereich des Abfallwirtschaftsgesetzes als praxisnahe und praktikabel erweisen sollte, insgesamt in das AVG Eingang finden sollte.

Das Verfahren zur Müllverbrennungsanlage in Ranshofen wird vermutlich etwa 60 000 Parteien erbringen und andere große Projekte ähnliche Anzahlen von Parteien. Hier muß es zu einem praktikablen Massenverfahren kommen. Aber ich bekenne mich gleichzeitig dazu, daß das mit keiner qualitativen Verschlechterung von Bürgerrechten einhergehen soll und darf. Aber darin, ob jetzt eine Massenpartei einen Bescheid auf dem Gemeindeamt einsehen kann oder diesen per Post zugestellt bekommt, sehe ich keine qualitative Einschränkung von Bürgerrechten.

Ich kann mir insbesondere nach den Ausführungen der Frau Bundesrätin Markowitsch weitere Details dieses AWG-Novellenentwurfs ersparen. Ich darf nur einige Sätze zum Thema thermische Verwertung von Kunststoff sagen.

Wir haben diese Formulierung sehr bewußt in die AWG-Novelle aufgenommen, weil wir letztlich in der thermischen Verwertung von Müll respektive auch von anderen Stoffen insgesamt eine der Technologien sehen, mit denen man des Restmülls Herr werden kann und womit man Kunststoff einer Verwertung und nicht nur bloß einer Entledigung unterziehen kann und soll.

Frau Bundesrätin! Wir haben in unserem Land auch durch die Verpackungsverordnung erhebliche Erfolge erzielt, sosehr sie auch von Schwächen gekennzeichnet gewesen sein mag. Aber schließlich war das wohl auch ein Pilotprojekt, wenn es auch erst in den letzten drei Jahren wirksam geworden ist. Wir haben insgesamt die Müllmenge, die in Österreichs Deponien gelandet ist, von 2,06 Millionen Tonnen im Jahr 1991 auf 1,3 Millionen Tonnen im Jahre 1994, also bereits um rund 40 Prozent, reduzieren können. Diejenige Menge an Verpackungsmüll aus dieser Gesamtmenge aus Haus- und Systemmüll, die in Deponien gelandet ist, ist von 800 000 Tonnen um mehr als 50 Prozent auf 390 000 Tonnen reduziert worden.

Das sind recht beachtliche Erfolge. Aber wir bekennen uns natürlich dazu, daß man auch die Kosten im Auge behalten muß. Wir werden deswegen in Zukunft insbesondere dort, wo Müllverbrennungsanlagen modernster Technologie zur Verfügung stehen, mit der sogenannten thermischen Kunststoffreaktion etwas anders verfahren als in der Vergangenheit, weil hier das Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht mehr gestimmt hat.

Die Verpackungsverordnungs-Novelle geht in den nächsten Tagen – man könnte fast sagen Stunden – in Begutachtung, und ich hoffe und gehe davon aus, daß sie mit Oktober in Kraft treten kann. Es soll nicht verschwiegen werden, daß ein guter Grund für diese AWG-Novelle auch ein entsprechendes Erkenntnis des VfGHs war, der eine nicht ausreichende Determinierung der Verordnungsermächtigung, insbesondere für das Nebeneinander-Bestehen von Maßnahmen und Zielverordnung, geortet hat. Das war durch diese Novelle ebenfalls zu korrigieren.

Wir werden durch diese Novelle der Verpackungsverordnung einerseits mehr Wettbewerb und andererseits aber auch mehr Kontrolle in das System hineinbringen, etwa in einer Dreistufigkeit, die da lautet:

Im haushaltsnahen Bereich wird es auch in Zukunft zu einer monopolartigen Struktur kommen, Stichwort ARA. Dort werden wir aber eine Aufsicht etablieren, die nach den Modellen des Preisgesetzes eine Mißbrauchsaufsicht darstellt und mehr Kontrolle als bisher bieten soll.

Wir werden im gewerblichen Bereich nicht mehr nur flächendeckende Systeme haben, sondern insgesamt auch nicht flächendeckende Systeme zulassen und diese genehmigen. Auch die Genehmigung von Systemen ist ein neuer Tatbestand, ein Rechtszug in diesem Sinne für die Sammlung und Verwertung von Abfällen. Hier wird und soll es zu Wettbewerb kommen.

Wir werden darüber hinaus sogenannte "Großanfallstellen", wie sie gewünscht worden sind, etablieren lassen, und zwar auf freiwilliger Basis. Ein Unternehmen, eine Anfallstelle, die beispielsweise mehr als 30 000 Tonnen Kunststoff pro Jahr übernimmt, wird sich in ein Anfallstellenregister eintragen lassen können und wird Sonderregelungen unterworfen sein.


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Das erscheint mir als Ergänzung zu dieser AWG-Novelle noch wesentlich zu sein. Frau Bundesrätin! Zu Ihrer Anmerkung zum Thema Biotonne: Es ist festzustellen, daß das, je ländlicher die Region ist, umso besser funktioniert. Aber ich konzediere, daß etwas Geschick und vor allem auch zur Verfügung stehendes Füllmaterial notwendig ist, um Geruchsbelästigungen – insbesondere im Hochsommer – zu vermeiden. Wenn es Weiterentwicklungen gibt, die Geruchsbelästigungen zu vermeiden helfen, bin ich gerne bereit, darüber zu diskutieren. – In diesem Sinne, Frau Präsidentin, danke ich nochmals für die Worterteilung! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

20.10

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates. Diese Abstimmungen erfolgen getrennt.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend Montrealer Protokoll über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen; Anlage D und Änderung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Ich bitte ferner jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz, den gegenständlichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag, gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz den gegenständlichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrats vom 12. Juli 1996 über den Briefwechsel betreffend die Auflösung der Vereinbarung zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 11 des Basler Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .


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Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrats vom 12. Juli 1996 betreffend Übereinkommen über die Zusammenarbeit zum Schutz und zur verträglichen Nutzung der Donau samt Anlagen und Erklärung. Da der vorliegende Beschluß Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrats gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit .

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrats gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen .

Ich bitte ferner jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz den gegenständlichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag, gegen den Beschluß des Nationalrats, gemäß Artikel 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz den gegenständlichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

16. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz geändert wird (FrG-Novelle 1996) (224/A und 204/NR sowie 5239/BR der Beilagen)

17. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz über die Durchführung von Personenkontrollen aus Anlaß des Grenzüberschritts (Grenzkontrollgesetz – GrekoG) (114 und 205/NR sowie 5217 und 5240/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 16 und 17 der Tagesordnung, über welche die Debatte ebenfalls unter einem abgeführt wird.

Es sind dies

ein Bundesgesetz, mit dem das Femdengesetz geändert wird, und

ein Bundesgesetz über die Durchführung von Personenkontrollen aus Anlaß des Grenzüberschritts.

Die Berichterstattung über die Punkte 16 und 17 hat Frau Bundesrätin Perl übernommen. Ich darf sie um die Berichte bitten.

Berichterstatterin Gertrude Perl: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Ich bringe zuerst den Bericht über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz geändert wird.

Ziel des vorliegenden Gesetzesbeschlusses ist eine Änderung dahin gehend, daß nur in solchen Fällen eine Ausweisung zuzulassen ist, in denen die sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung auch tatsächlich erforderlich ist. In anderen Fällen soll dieses Instrument gar nicht zur Anwendung kommen. Die für diese Entscheidung maßgebliche Überlegung besteht


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darin, daß solche Ausweisungen ihrem Wesen nach überhaupt nur dann in Betracht kommen, wenn sie in knappen zeitlichem Abstand vor der Einreise verwirklicht werden.

Fremde, die kurz nach der Einreise strafrechtlich auffällig werden oder bei "Schwarzarbeit" im Bundesgebiet betreten werden oder mittellos sind, sollen deshalb, weil daraus eine unmittelbare Bedrohung der öffentlichen Ordnung abzuleiten ist, gehalten sein, das Bundesgebiet auch wieder schnell zu verlassen. Hiebei können Bagatellverstöße außer Betracht bleiben. Sofern keinerlei Anhaltspunkt dafür besteht, daß das maßgebliche Ereignis auf eine Gefährlichkeit des betreffenden Fremden in der Zukunft hinweist, bedarf es einer Ausweisung überhaupt nicht, zumal eine Berufung in solchen Fällen durch die damit einhergehende Verlängerung der Schubhaft zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in die persönliche Freiheit führen würde.

Zusätzlich soll eine fremdenrechtliche Maßnahme gesetzt werden, die sowohl der Bekämpfung der Ausbeutung von Frauen zu Zwecken der Prostitution als auch der organisierten Kriminalität dient.

Der Rechtsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Des weiteren bringe ich den Bericht des Rechtsausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz über die Durchführung von Personenkontrollen aus Anlaß des Grenzüberschritts (Grenzkontrollgesetz).

Durch die Teilnahme Österreichs am Europäischen Binnenmarkt im Rahmen des EWR und den mit 1. Jänner 1995 vollzogenen Beitritt zur Europäischen Union sind an den Binnengrenzen vorerst die Kontrollen im Warenverkehr zu einem Großteil weggefallen. Durch den Beitritt Österreichs zum Schengener Vertragswerk ist die Verpflichtung entstanden, die darin festgelegten Grundsätze – Binnenraum ohne Grenzkontrolle, rigorose Außengrenzkontrolle – innerstaatlich umzusetzen. Das Grenzkontrollgesetz 1969 entspricht diesen Anforderungen in vielen Bereichen nicht.

Ziel des vorliegenden Gesetzesbeschlusses ist die Schaffung eines Grenzkontrollgesetzes, das den Anforderungen des Schengener Vertragswerkes entspricht.

Mit dem gegenständlichen Beschluß sollen die erforderlichen Begriffsbestimmungen geschaffen, die Behördenzuständigkeit sowie die Einsetzbarkeit der für die Grenzkontrolle zur Verfügung stehenden Wachkörper und die Befugnisse der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes geregelt werden. Weiters soll der Rahmen für die aus Anlaß des Grenzübertrittes vorzunehmende Grenzkontrolle einer routinemäßigen Überprüfung der Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften der Sicherheitsverwaltung vorgegeben werden.

Der Rechtsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Bösch. Ich darf ihn bitten, das Wort zu ergreifen.

20.19

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Frau Vizepräsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Beim vorliegenden Fremdengesetz und seiner Novelle befürchten wir Freiheitlichen, daß die Ausweisungsmöglichkeiten gegen Fremde, die sich gegen die österreichische Rechtsordnung vergehen, stark eingeschränkt werden. In der taxativen Aufzählung der Möglichkeiten, unter denen eine bescheidmäßige Ausweisung erfolgen kann, fehlen nach unserem Dafürhalten wichtige Bereiche, zum Beispiel das Eingehen einer Scheinehe, um die österreichische Staatsbürgerschaft zu erschleichen.


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Daß der Berufung gegen eine Ausweisung nach diesen Punkten keine aufschiebende Wirkung zukommen soll, ist auch nach unserer Auffassung zu begrüßen. Wir wollen aber, daß sich der Nationalrat über die Punkte, die eine Ausweisung ermöglichen, noch einmal Gedanken macht, und wir werden deshalb gegen dieses Gesetz Einspruch erheben.

Mit dem Beitritt zum Schengener Abkommen ist die Grenzkontrolle – die Frau Berichterstatterin hat es gesagt – neu zu regeln, was im großen und ganzen auch durch das vorliegende Gesetz geschieht. Lücken sind nach unserem Dafürhalten im Bereich der Kompetenzaufteilung zwischen Innen- und Finanzminister festzustellen. Wir wollen, daß beide Ministerien gezwungen sein sollten, klare Regelungen zu treffen, wie die Zusammenarbeit ihrer Exekutivorgane zu erfolgen hat. Vor allem sollte deshalb § 9 Abs. 3 von einer Kann- in eine Mußbestimmung neu formuliert werden. Wir werden deshalb auch gegen diese Novellierung Einspruch erheben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.21

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Richau. – Bitte.

20.21

Bundesrat Franz Richau (ÖVP, Kärnten): Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Brigadier Strohmayr! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Grundsätzlich ist dem Grenzkontrollgesetz 1996 zuzustimmen, weil dieses nach dem EU-Beitritt notwendig geworden ist, um eine genaue und rasche Erledigung der Grenzkontrollagenden durchführen zu können. Die im Gesetz enthaltenen Bestimmungen, die nach und nach hineingekommen sind, sind das Handwerkszeug der Exekutive an der Grenze. Ich möchte aufgrund von Zahlen die Wichtigkeit des neugeschaffenen Grenzdienstes innerhalb der Bundesgendarmerie festhalten.

Seit dem 1. Oktober 1995 – Einführung des Grenzdienstes – hat es bis zum 14. April in Österreich weit über 200 000 Anfragen gegeben, die mit einer Trefferquote, sprich Erfolgsquote von 20 000 behaftet waren. Am Beispiel Kärntens mit über 1 000 Rückweisungen, 900 strafrechtlichen, verwaltungsrechtlichen Rückweisungen sei dies belegt. Die Zahlen sind bis zum heutigen Zeitpunkt verdoppelt und rechtfertigen auch die entsprechenden Kosten in der Höhe von 1 Milliarde Schilling für diesen Grenzdienst.

Ich möchte aber auch mein Bedenken mitteilen. Im dritten Abschnitt unter § 9 Abs. 3 gibt es die Möglichkeit, im Einvernehmen mit Finanz- und Innenministerium die Bestimmungen des vierten Abschnittes zu übertragen. In Verbindung mit § 9 Abs. 6 ist die Übertragung indirekt und mit dem beim nächsten Tagesordnungspunkt zu beschließenden Zollrechts-Durchführungsgesetz auch wieder für den Gendarmeriegrenzdienst durch die Festlegung möglich, daß an gewissen Grenzübertrittsstellen speziell aus Einsparungsgründen die Grenzkontrolle nur mehr von der Grenzgendarmerie oder von der Zollwache durchgeführt wird. Ich glaube jedoch, daß sich diese Einsparungsgründe durch die Mehrbelastung bei der Grenzgendarmerie, sei es in Form der Ausbildung, in Form der Mehrleistung oder in Form der auch danach dauernd notwendigen Nachschulung, kompensieren werden. Ich meine vielmehr, daß eine strikte Trennung zwischen der Grenzkontrolle und der Kontrolle nach dem Zollrecht durchzuführen ist.

Abschließend darf ich allen Beamten des Grenzdienstes, die sich bis jetzt unter sehr vagen gesetzlichen Bestimmungen ausgezeichnet verhalten und gearbeitet haben, dafür Dank aussprechen. Durch diese Organisation ist es gelungen, erstens dem Bereich des Schengener Abkommens zu entsprechen und zweitens einen weiteren Punkt für die Sicherheit Österreichs zu gewährleisten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.25

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Rösler. – Bitte.

20.25

Bundesrätin Michaela Rösler (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Gleich vorweg: Meine Fraktion wird den beiden Vorlagen die Zustim


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mung nicht verwehren. Wir werden ihnen zustimmen, sowohl der Änderung des Grenzkontrollrechtes als auch der Änderung des Fremdenrechtes. Ich möchte jedoch ganz kurz ein paar Bemerkungen machen.

Mir persönlich tut es leid, daß nur mehr ein kleiner Teil des angekündigten Paketes der Änderungen im Hinblick auf das Fremdenrecht übriggeblieben ist. Ich hoffe, daß es noch dazu kommen wird, daß auch die anderen Änderungen diskutiert und auch beschlossen werden können. Die gegenständliche Änderung des Fremdengesetzes ist durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes notwendig geworden. Ich bin froh darüber, daß man endlich dazu übergeht, nicht in jedem Fall sofort die Ausweisung zu veranlassen, daß also kleine Tatbestände im Grunde genommen nicht so sehr ins Gewicht fallen, aber auf der anderen Seite sehr wohl Straftatbestände zu einer Ausweisung führen.

Für mich ganz besonders wesentlich ist es auch, daß man Maßnahmen setzen wird, die sowohl der Bekämpfung der Ausbeutung von Frauen und in diesem Zusammenhang natürlich auch der Bekämpfung des Menschenhandels, der Schlepperei und der Prostitution dienen als auch das organisierte Verbrechen und die organisierte Kriminalität bekämpfen. Wenn man bedenkt, wie viele Frauen in den letzten Jahren und in den letzten Monaten zunehmend immer wieder nach Österreich kommen beziehungsweise nach Österreich geschleppt werden und hier gezwungen werden, der Prostitution nachzugehen, dann muß man sagen, es ist höchste Zeit, daß man diesen Frauen einen bestimmten Schutz gewährt, damit sie nicht sofort ausgewiesen werden, wenn sie ertappt werden, sodaß sie andererseits gegen jene aussagen können, die sie dazu bewogen haben, nach Österreich zu kommen und der Prostitution nachzugehen. Denn diese Frauen stehen unter einem ganz besonderen Druck. Sie halten sich illegal in Österreich auf, stehen unter dem Druck der Zuhälter, werden ausgenützt und ausgebeutet, und damit wird auch das organisierte Verbrechen entsprechend unterstützt.

Wie gesagt, ich bemerke, daß jetzt wohl nur ein kleiner Teil des ursprünglichen Gedankens und des ursprünglichen Wunsches der Änderungen hier zur Diskussion steht, und hoffe doch, daß in nächster Zeit das gesamte Paket verhandelt werden kann. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.27

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Giesinger. – Bitte.

20.27

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Durch die Teilnahme Österreichs an der EU sowie am Schengener Abkommen sind die Kontrollen im Warenverkehr ebenso wie die Personenkontrollen zu einem Großteil weggefallen. Da jedoch Österreich nach wie vor verschiedene Außengrenzen hat, ist dieses Grenzkontrollgesetz notwendig. Es regelt unter anderem die Behördenzuständigkeit, die Einsetzbarkeit der für die Grenzkontrollen zur Verfügung stehenden Wachkörper sowie die Befugnisse der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

Unter § 3 Abs. 1 sind vom Bundesministerium für Inneres der Benützungsumfang sowie die Verkehrszeiten durch Verordnung festzulegen. Herr Minister! Hier möchte ich an Sie die Bitte richten, bei den Verkehrszeiten auch auf die Verkehrszeiten der Nachbarzollämter, zum Beispiel Vorarlberg und Schweiz, besonders im Warenverkehr Bedacht zu nehmen. Derzeit sieht die Praxis nämlich so aus, daß zum Beispiel bei verschiedenen Grenzen in Vorarlberg durchgehend bis 16 Uhr abgefertigt werden kann, während in der Schweiz mittags zirka eine Stunde bis eineinhalb Stunden nicht abgefertigt werden kann, dafür aber bis zirka 17 Uhr abends. Hier wäre es meines Erachtens unbedingt erforderlich, im gemeinsamen Gespräch mit der Schweiz gemeinsame Warenverkehrszeiten zu vereinbaren.

Weiters hat sich in der Praxis in Vorarlberg überaus bewährt, daß die Zollwache durch das Übertragungsgesetz die Warenkontrolle und die grenzpolizeilichen Agenden durchführt. Es ist daher eigentlich nicht einzusehen, warum nun für die Warenkontrolle beziehungsweise die Zollkontrolle die Zollwache zuständig ist, für die Personen beziehungsweise Grenzkontrolle jedoch


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die Grenzgendarmerie. Dies bedeutet in der Praxis einen höheren Verwaltungsaufwand sowie höhere Personalkosten. – § 8 Abs. 1 und § 9 Abs. 3.

Leider muß ich auch feststellen, daß in diesem Gesetz keine Kosten angeführt sind, obwohl dies gemäß § 14 Abs. 1 Bundeshaushaltsgesetz gefordert wird. (Präsident Pfeifer übernimmt den Vorsitz.)

Hier möchte ich erwähnen, daß der ehemalige Föderalismusminister und jetzige Bundesrat Jürgen Weiss ein außerordentlich gutes Handbuch zur Kostenberechnung für Gesetzesvorlagen erstellt hat. Ich fordere Sie, Herr Minister, auf, in Zukunft der Verpflichtung nach § 14 Abs. 1 Bundeshaushaltsgesetz nachzukommen.

Wir müssen leider auch feststellen, daß in diesem Grenzkontrollgesetz festgehalten ist, daß der Bundesminister vor der Erlassung einer Verordnung über die Schaffung oder Auflassung von Grenzübergangsstellen der Landesregierung des betroffenen Bundeslandes keine Gelegenheit mehr zur Stellungnahme geben muß, obwohl dies im Grenzkontrollgesetz 1969 festgeschrieben war. Die Vorarlberger Landesregierung hat in ihrer Gesetzesbegutachtung diesen Umstand ausdrücklich bemängelt. Hier wird meiner Meinung nach von seiten des Bundes scheibchenweise die Mitsprache der Länder reduziert, was für mich unverständlich ist.

Daher bringe ich nun folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Ilse Giesinger, Albrecht Konečny, Franz Richau und Herbert Platzer betreffend Einbindung der Länder bei der Schaffung oder Auflassung von Grenzübergangsstellen (Grenzkontrollgesetz)

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Inneres wird ersucht, vor der Schaffung oder Auflassung von Grenzübergangsstellen auch weiterhin der betroffenen Landesregierung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben."

*****

Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.32

Präsident Josef Pfeifer: Meine Damen und Herren! Der von den Bundesräten Giesinger, Konečny und Genossen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Einbindung der Länder bei der Schaffung oder Auflassung von Grenzübergangsstellen ist genügend unterstützt und steht demnach zur Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Einem. Ich erteile es ihm.

20.32

Bundesminister für Inneres Dr. Caspar Einem: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich möchte nur kurz zu den zuletzt erfolgten Ausführungen der Frau Bundesrätin Giesinger zwei Anmerkungen machen.

Erstens: Ich glaube nicht, daß Sie die gesetzliche Bestimmung im Rahmen des Grenzkontrollgesetzes richtig interpretieren, wenn Sie daraus schlußfolgern, daß damit vorgesehen wäre, daß wir in Vorarlberg zu einer anderen Praxis an der Grenze übergehen. Es wird dort bei derselben Praxis bleiben, wie sie jetzt schon gehandhabt wird und die von Ihnen als erfolgreich bezeichnet worden ist. Es besteht keine Absicht, in unmittelbarer Zukunft die Grenzkontrolle im Raum Vorarlberg gegenüber den benachbarten Staaten in andere Hände zu legen. – Dies aus Kostengründen.


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Was die zweite Frage anlangt, die Sie mit Recht kritisieren: Es ist nicht unsere Absicht, im Grenzkontrollgesetz die Kosten der Umsetzung des Schengener Vertragswerkes gänzlich zu verschweigen. Es wäre aber auch verfehlt, dort die Gesamtkosten anzugeben. Wir haben vor, dem Parlament im Laufe des Herbstes die noch ausstehenden Regelungen im Zusammenhang mit der Umsetzung des Schengener Durchführungsübereinkommens zuzuleiten und dabei eine Gesamtkostenaufstellung für die Umsetzung des Schengener Vertragswerkes zu geben, weil eine differenzierte Darstellung, welche Kostenelemente durch welches der dieses Übereinkommen umsetzenden Gesetze veranlaßt und verursacht werden, nicht sinnvoll erscheint.

Es wird also dem Hohen Haus eine umfassende Darstellung über alle mit der Umsetzung des Schengener Durchführungsübereinkommens verbundenen Kosten im Zusammenhang mit der Ratifizierung des Übereinkommens, der noch ausstehenden Bestimmungen im Fremdenrecht und in einigen anderen Gesetzesbestimmungen im Herbst zukommen.

20.34

Präsident Josef Pfeifer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmungen über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgen getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz geändert wird (Fremdengesetz-Novelle 1996).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz über die Durchführung von Personenkontrollen aus Anlaß des Grenzüberschritts (Grenzkontrollgesetz).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Giesinger, Konečny und Genossen auf Fassung einer Entschließung betreffend Einbindung der Länder bei der Schaffung oder Auflassung von Grenzübergangsstellen vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag auf Fassung einer Entschließung betreffend Einbindung der Länder bei der Schaffung oder Auflassung von Grenzübergangsstellen ist daher angenommen . (E.146)

18. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit das Bankwesengesetz geändert wird (94 und 256/NR sowie 5241/BR der Beilagen)


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19. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit das Bankwesengesetz geändert wird (128 und 257/NR sowie 5242/BR der Beilagen)

20. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mineralölsteuergesetz 1995, das Biersteuergesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Alkohol-Steuer- und Monopolgesetz 1995 und das Tabaksteuergesetz 1995 geändert werden (Verbrauchsteueränderungsgesetz 1996) (132 und 258/NR sowie 5243/BR der Beilagen)

21. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzstrafgesetz geändert wird (130 und 259/NR sowie 5244/BR der Beilagen)

22. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Versicherungsvertragsgesetz geändert werden (VAG-Novelle 1996) (109 und 260/NR sowie 5245/BR der Beilagen)

23. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert wird (2. ZollR-DG-Novelle) (131 und 261/NR sowie 5246/BR der Beilagen)

24. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Sozialistischen Republik Vietnam über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll (11 und 266/NR sowie 5247/BR der Beilagen)

25. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tunesischen Republik über die Förderung und den Schutz der Investitionen (12 und 267/NR sowie 5248/BR der Beilagen)

26. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Devisengesetz geändert wird (254/A und 281/NR sowie 5249/BR der Beilagen)

27. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Garantiegesetz 1977 geändert wird (255/A und 283/NR sowie 5250/BR der Beilagen)


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28. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Scheidemünzengesetz geändert wird (257/A und 280/NR sowie 5251/BR der Beilagen)

29. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz über die Übertragung von Kapitalbeteiligungen des Bundes an die ÖIAG und Novelle zum ÖIAG-Gesetz (ÖIAG-Gesetz und ÖIAG-Finanzierungsgesetz-Novelle 1996) (258/A und 278/NR sowie 5252/BR der Beilagen)

Präsident Josef Pfeifer: Wir gelangen zu den Punkten 18 bis 29 der Tagesordnung, über die die Debatte gleichfalls unter einem abgeführt wird.

Es sind dies

ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird,

ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird,

ein Bundesgesetz, mit dem das Mineralölsteuergesetz 1995, das Biersteuergesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Alkohol-Steuer- und Monopolgesetz 1995 und das Tabaksteuergesetz 1995 geändert werden (Verbrauchsteueränderungsgesetz 1996),

ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzstrafgesetz geändert wird,

ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Versicherungsvertragsgesetz geändert werden (VAG-Novelle 1996),

ein Bundesgesetz, mit dem das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert wird (2. ZollR-DG-Novelle),

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Sozialistischen Republik Vietnam über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll,

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tunesischen Republik über die Förderung und den Schutz der Investitionen,

ein Bundesgesetz, mit dem das Devisengesetz geändert wird,

ein Bundesgesetz, mit dem das Garantiegesetz 1977 geändert wird,

ein Bundesgesetz, mit dem das Scheidemünzengesetz geändert wird, und

ein Bundesgesetz über die Übertragung von Kapitalbeteiligungen des Bundes an die ÖIAG und Novelle zum ÖIAG-Gesetz (ÖIAG-Gesetz und ÖIAG-Finanzierungsgesetz-Novelle 1996).

Die Berichterstattung über die Punkte 18 bis 29 hat Herr Bundesrat Karl Wöllert übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Karl Wöllert: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich bringe den Bericht zu Punkt 18.

Mit dem vorliegenden Beschluß des Nationalrates sollen vor allem jene EU-Rechtsakte im Bankenbereich, die seit Abschluß des EWR-Abkommens beschlossen wurden, in die österreichische Rechtsordnung übernommen werden. Weiters wird die Gelegenheit genützt, sonstige sich aus der Praxis ergebende Novellierungserfordernisse zu berücksichtigen. Folgende Richtlinien werden mit der Novelle umgesetzt:


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Richtlinie 92/30/EWG des Rates vom 6. April 1992 über die Beaufsichtigung von Kreditinstituten auf konsolidierter Basis;

Richtlinie 92/121/EWG des Rates vom 21. Dezember 1992 über die Überwachung und Kontrolle der Großkredite von Kreditinstituten;

Richtlinie 89/117/EWG des Rates vom 13. Februar 1989 über die Pflichten der in einem Mitgliedstaat eingerichteten Zweigniederlassungen von Kreditinstituten und Finanzinstituten mit Sitz außerhalb dieses Mitgliedstaates zur Offenlegung von Jahresabschlußunterlagen;

Richtlinie 94/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 1994 über Einlagensicherungssysteme.

Abgesehen von der Anpassung des Umfanges der österreichischen Einlagensicherung an die EU-Richtlinie 94/19/EG hat sich durch aktuelle Ereignisse auch eine Umgestaltung des Systems in Richtung einer gerechteren Verteilung bei der Mittelaufbringung für neukonzessionierte Kreditinstitute beziehungsweise Zweigstellen aus Mitgliedstaaten als zweckmäßig erwiesen. Das Frühwarnsystem wird ausgebaut und auf alle Sektoren erweitert. Weiters werden Erfahrungen in der Vollziehung des Bankwesengesetzes legistisch verwertet beziehungsweise klargestellt.

Die EU-Konformität ergibt sich aus der Tatsache, daß die vorgenannten Richtlinien mit diesem Gesetz umgesetzt werden sollen.

Die §§ 75 Abs. 6 und 107 Abs. 3 enthalten Verfassungsbestimmungen, die die Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung und Vollziehung nicht einschränken und daher nicht der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG bedürfen.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Herr Präsident! Wenn Sie einverstanden sind, bringe ich auch die restlichen Berichte wie folgt:

Bericht des Finanzausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit das Bankwesengesetz geändert wird.

Der vorliegende Beschluß des Nationalrates bezweckt die Beendigung von nationaler und internationaler Kritik an Österreich wegen der bisherigen faktischen Behinderung von Verfolgungshandlungen durch die Behörden wegen Insiderstraftaten und Geldwäscherei infolge der Möglichkeit von Bankkunden, anonyme Wertpapierdepots zu unterhalten. Diese Kritik hat auch dazu geführt, daß der Finanzplatz Wien, respektive die Wiener Börse, insbesondere für ausländische Anleger an Attraktivität verloren hat. Durch den vorliegenden Beschluß soll auch dieser Nachteil der bestehenden Rechtslage beseitigt werden.

Der Finanzausschuß stellt auch hier den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mineralölsteuergesetz 1995, das Biersteuergesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Alkohol-Steuer- und Monopolgesetz 1995 und das Tabaksteuergesetz 1995 geändert werden (Verbrauchsteueränderungsgesetz 1996).

Am 22. Dezember 1994 wurde vom Rat der Europäischen Union die Richtlinie 94/74/EG zur Änderung der Richtlinie 92/12/EWG über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (Systemrichtlinie), der Richtlinie 92/81/EWG zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle und der Richtlinie 92/82/EWG zur Annäherung der Verbrauchsteuersätze für Mineralöle beschlossen. Die Veröffentlichung dieser sogenannten zweiten Vereinfachungsrichtlinie erfolgte im ABl. EG Nr. L365/46 vom 31. Dezember 1994.


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Die Umsetzung der mineralölsteuerspezifischen Bestimmungen der Richtlinie 94/74/EG erfolgte im wesentlichen bereits durch eine Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1995 im Rahmen des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 297/1995.

Da durch die zweite Vereinfachungsrichtlinie auch die Systemrichtlinie geändert wurde, die grundsätzliche und für alle Verbrauchsteuern gültige Bestimmungen beinhaltet, sind zur Umsetzung dieser Änderungen die Verbrauchsteuergesetze zu novellieren.

Durch den Beschluß des Nationalrates sollen insbesondere die Voraussetzungen für den Bezug verbrauchsteuerpflichtiger Waren unter Steueraussetzung durch diplomatische und berufskonsularische Vertretungen beziehungsweise Vertreter und internationale Organisationen gemäß Artikel 23 Abs. 1 und 1a der Systemrichtlinie in der Fassung der zweiten Vereinfachungsrichtlinie geschaffen werden. Es soll klargestellt werden, welche Verfahrensbestimmungen in sogenannten Kabotagefällen anzuwenden sind und die Gewährung von Verfahrenserleichterungen ermöglicht werden. Dem Beförderer oder Eigentümer verbrauchsteuerpflichtiger Waren soll die Möglichkeit eingeräumt werden, anstelle des Versenders Sicherheit zu leisten. Weitere Fälle, in denen Zollbegleitdokumente anstelle von Verbrauchsteuerbegleitdokumenten verwendet werden können, sollen vorgesehen werden. Das Vorgehen im Falle der Feststellung von Verlusten und Fehlmengen im innergemeinschaftlichen Steuerversandverfahren soll im Sinne des Artikels 14 Abs. 4 näher geregelt werden.

Zur Umsetzung der Richtlinie 95/60/EG des Rates vom 27. November 1995 über die steuerliche Kennzeichnung von Gasöl und Kerosin sollen die Bestimmungen über gekennzeichnetes Gasöl geändert beziehungsweise ergänzt werden.

Bei der Richtlinie 95/59/EG des Rates vom 27. November 1995 über die anderen Verbrauchsteuern auf Tabakwaren als die Umsatzsteuer handelt es sich um eine "Kodifikation" zweier mehrfach geänderter Richtlinien, die bereits durch das Tabaksteuergesetz 1995 umgesetzt wurden. Da die Richtlinie 95/59/EG keine materiellen Änderungen beinhaltet, erübrigt sich an sich eine besondere Umsetzung. Aus technischen Gründen soll die Richtlinie aber dennoch besonders angeführt werden.

Erste Erfahrungen mit dem seit 1. Jänner 1995 geltenden neuen Verbrauchsteuerrecht zeigten Probleme von Verwaltung und Wirtschaft bei der Umsetzung einiger Bestimmungen in die Praxis sowie verschiedene Zweifelsfragen und Auslegungsschwierigkeiten auf.

Aus diesem Grund sollen Verfahrensvereinfachungen und -erleichterungen vorgesehen sowie Unklarheiten beseitigt werden. Außerdem soll auf eine sprachliche Angleichung der einzelnen Verbrauchsteuergesetze untereinander geachtet und damit eine einheitliche Terminologie des österreichischen Verbrauchsteuerrechtes gewährleistet werden.

Durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 wurde eine Elektrizitätsabgabe eingeführt. Diese Elektrizitätsabgabe unterliegt auch mittels Mineralölen erzeugte elektrische Energie. Zur Minderung der Doppelbelastungseffekte wurden im Rahmen des Strukturanpassungsgesetzes 1996 durch eine Novelle des Mineralölsteuergesetzes 1995 Begünstigungen für Heizöle geschaffen. Diese Begünstigungen sollen nunmehr auch auf Flüssiggase ausgedehnt werden. Weiters soll die Erzeugung elektrischer Energie mittels Gasöls (Dieselöls) begünstigt werden.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Der nächste Bericht des Finanzausschusses befaßt sich mit dem Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzstrafgesetz geändert wird.

Mit Inkrafttreten des Finanzstrafgesetzes am 1. Jänner 1959 wurde beim Finanzamt für den 1. Bezirk in Wien eine Evidenz aller im Bundesgebiet geführten Finanzstrafverfahren in Form der sogenannten Zentralen Finanzstrafkartei eingerichtet. Vorläufer dieser Kartei bestanden bereits dezentral in allen Finanzlandesdirektionen. Diese karteimäßige Erfassung entbehrte zwar einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, fußte aber in einer Reihe von Bestimmungen


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des Finanzstrafgesetzes. Auch andere gesetzliche Bestimmungen erforderten eine solche Evidenz, wie die Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung, die Gewerbeordnung, das Fremdenpolizeigesetz und das Tabakmonopolgesetz.

Nunmehr soll diese Kartei automationsgestützt geführt werden und zu diesem Zweck eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, insbesondere auch aus datenschutzrechtlicher Sicht, geschaffen werden. Die Novelle soll weiters zum Anlaß genommen werden, eine durch das neue Tabakmonopolgesetz 1996 erforderliche Änderung eines bezüglichen Straftatbestandes vorzunehmen sowie Änderungen, die sich im Nachhang zu den aus Anlaß des Beitritts zur Europäischen Union beschlossenen Gesetzesänderungen als notwendig erweisen.


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Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe nun den Bericht des Finanzausschusses, der sich mit dem Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Versicherungsvertragsgesetz geändert werden (VAG-Novelle 1996), befaßt.

Seit der letzten VAG-Novelle wurde die Richtlinie 95/26/EG kundgemacht, mit der mehrere Richtlinien, darunter auch die Versicherungsrichtlinien, zwecks verstärkter Beaufsichtigung von Finanzunternehmen geändert werden. Sie ist in österreichisches Recht umzusetzen. Darüber hinaus ist in verschiedenen weiteren Punkten ein bisher nicht berücksichtigter Bedarf an Änderungen und Ergänzungen des VAG entstanden oder erkennbar geworden.

Die angeführte Richtlinie betrifft Regelungen über die Konzession und die Abschlußprüfung. Der inhaltliche Schwerpunkt der übrigen Änderungen liegt bei den Informationspflichten des Versicherungsunternehmens gegenüber den Versicherungsnehmern, der Untersagung und Einschränkung der freien Verfügung über Vermögenswerte und Anordnungen über den Betrieb inländischer Versicherungsunternehmen in Drittstaaten.

Die Durchführung der Novelle bringt für sich allein keine im vorhinein quantifizierbare zusätzliche Kostenbelastung für den Bund mit sich. Soweit dem durch die Umsetzung der EG-Versicherungsrichtlinien entstandenen Bedarf an zusätzlichen Dienstposten noch nicht Rechnung getragen wurde, besteht er nach wie vor.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Der nächste Bericht des Finanzausschusses befaßt sich mit dem Bundesgesetz, mit dem das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert wird.

Es ist das Ziel der Bundesregierung, die Überwachung der Außengrenzen der Gemeinschaft durch die Errichtung eines Grenzdienstes in der Bundesgendarmerie zu verbessern. Dies bedingt, daß an die Stelle der Besetzung der Grenzdienststellen ausschließlich mit Zollorganen eine Doppelbesetzung durch Zoll- und Gendarmerieorgane treten müßte. Dies ist an wichtigen Grenzübergängen mit entsprechend starkem Personen- und Warenverkehr zu rechtfertigen, an kleineren Grenzübergängen soll aber zur Vermeidung eines übermäßigen Personalbedarfs die Besetzung bloß mit Zoll- oder Gendarmerieorganen oder der gegenseitig unterstützende Einsatz der beiden Gruppen von Organen ermöglicht werden. Ebenso soll die routinemäßige Überwachung der Zollgrenze außerhalb von Grenzübergängen allein vom Grenzdienst wahrgenommen werden, während die Zollverwaltung sich auf mobile Schwerpunktkontrollen beschränken würde. Daher sieht das im Beschluß des Nationalrates vorliegende neue Grenzkontrollgesetz die Möglichkeit vor, Zollorgane zur Grenzkontrolle heranzuziehen. Aufgabe des vorliegenden Beschlusses ist es, Regelungen zu treffen, damit Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes Geschäfte der Zollverwaltung erledigen dürfen.

Die vorliegende Änderung des Zollrechts-Durchführungsgesetzes verursacht, da sie zu einer Vermeidung einer Doppelbesetzung im Grenzbereich führt, keine zusätzliche Kosten.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Ein weiterer Bericht des Finanzausschusses befaßt sich mit einem Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Sozialistischen Republik Vietnam über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll.

Die Förderung und der Schutz von Investitionen im Ausland werden von innerstaatlichen Rechtsnormen des ausländischen Staates geregelt, ohne daß der Heimat- oder Sitzstaat des Investors ein Recht hat, effiziente Schutzfunktionen auszuüben. Dies kann sich hemmend auf die im beiderseitigen Interesse liegende Investitionsbereitschaft auswirken.

Das vorliegende Abkommen hat die Förderung und den Schutz von Investitionen zum Gegenstand und regelt auf der Grundlage der Gegenseitigkeit unter anderem die Entschädigungspflicht bei Enteignungen, die Frage von Überweisungen und Formen der Streitbeilegung. Das Abkommen beruht auf dem Prinzip der Meistbegünstigung – ausgenommen Vorteile, die sich aus Integrationsmaßnahmen und ähnlichem ergeben. Aufgrund dieses Vertragsinstrumentes ist jede Vertragspartei in der Lage, die Rechte ihres Investors im Investitionsland sicherzustellen und zu vertreten.

Dem Nationalrat erschien bei der Genehmigung des Abschlusses des vorliegenden Staatsvertrages die Erlassung von besonderen Bundesgesetzen im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG zur Überführung des Vertragsinhaltes in die innerstaatliche Rechtsordnung nicht erforderlich.

Der gegenständliche Staatsvertrag ist gesetzändernd beziehungsweise gesetzesergänzend. Er hat nicht politischen Charakter und enthält keine verfassungsändernden Bestimmungen. Da auch Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, ist eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG erforderlich.

Der Finanzausschuß stellt auch hier den Antrag , dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsgemäße Zustimmung zu erteilen.

Der nächste Bericht des Finanzausschusses ist inhaltlich identisch mit dem eben verlesenen – mit der Ausnahme, daß es sich hier um die Tunesische Republik handelt.

Ich darf mir daher die Verlesung ersparen, jedoch namens des Finanzausschusses ebenfalls den Antrag stellen, dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsgemäße Zustimmung zu erteilen.

Der nächste Bericht des Finanzausschusses hat den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Devisengesetz geändert wird, zum Inhalt.

Die Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen brachten im Nationalrat einen Initiativantrag ein, der wie folgt begründet wurde:

Die im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik vom Rat beschlossenen gemeinsamen Standpunkte und gemeinsamen Aktionen sind als Rechtsakte der II. Säule der EU für die EU-Mitgliedstaaten völkerrechtlich verbindlich, für ihre Wirkung in den Mitgliedstaaten jedoch auf die Transformation in innerstaatliches Recht durch die Mitgliedstaaten angewiesen. Die Umsetzung solcher GASP-Beschlüsse erfordert eine Änderung des § 33a.

Aufgrund dieser Beschlüsse des Rates können von der EU gemäß Artikel 228a EG-Vertrag in Verbindung mit dessen Artikel 73g gegen Drittstaaten Sanktionsverordnungen auf dem Gebiet des Kapital- und Zahlungsverkehrs erlassen werden. Diese Verordnungen sind gemäß Artikel 189 EG-Vertrag in allen ihren Teilen verbindlich, gelten unmittelbar in jedem Mitgliedstaat und sind von den Mitgliedstaaten zu vollziehen. Für den Bereich des Devisenrechtes besteht derzeit keine innerstaatliche Rechtsgrundlage für die Vollziehung dieser unmittelbar anwendbaren Rechtsvorschriften der EU. Derzeit sind nur Verstöße gegen Bestimmungen des Devisen


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gesetzes selbst oder aufgrund dieses Gesetzes erlassene Vorschriften strafbar. Eine Anpassung der Bestimmungen des Devisengesetzes durch Aufnahme eines Verweises auf unmittelbar anwendbare EU-Rechtsvorschriften ist daher erforderlich. Erforderlich für den Zweck ist auch, die Geltung des Devisengesetzes auf die Zollausschlußgebiete (Jungholz und Mittelberg) auszudehnen.

Der Finanzausschuß stellt auch hier den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Ein weiterer Bericht des Finanzausschusses befaßt sich mit dem Bundesgesetz, mit dem das Garantiegesetz 1977 geändert wird.

Das Garantieinstrumentarium der Finanzierungsgarantie-Gesellschaft mit beschränkter Haftung wurde noch vor Inkrafttreten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in Form von neuen Richtlinien an das Europäische Beihilfenkontrollrecht angepaßt. Mit Entscheidung vom 28. Dezember 1994 hat die EFTA-Überwachungsbehörde eine Reihe zweckdienlicher Maßnahmen zur Anpassung des Garantiegesetzes empfohlen, die bis 31. Dezember 1995 durchzuführen waren. Die Republik Österreich hat diesen Maßnahmen grundsätzlich zugestimmt, die vorgenannte Frist konnte jedoch aufgrund der Neuwahl 1995 nicht eingehalten werden.

Gemäß Artikel 171 des Beitrittsvertrages gilt die von der EFTA-Überwachungsbehörde erlassene Entscheidung im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft unverändert weiter.

Die bereits notifizierten Richtlinien der Gesellschaft für die Geschäftstätigkeiten gemäß den §§ 1, 1b Abs. 2 und 12 wurden nicht beeinsprucht und sollen ohne inhaltliche Änderungen, lediglich mit den durch die vorliegende Novelle notwendigen formellen Anpassungen, unverändert weitergelten.

Auch hier stelle ich namens des Finanzausschusses den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Der vorletzte Bericht des Finanzausschusses befaßt sich mit dem Scheidemünzengesetz.

Artikel 104 EU-Vertrag verbietet Zentralbanken die Gewährung von Kreditfazilitäten an Gebietskörperschaften. Zu dieser Bestimmung wurde die Verordnung (EG) Nr. 3603/1993 des Rates vom 13. Dezember 1993 zur Festlegung der Begriffsbestimmungen für die Anwendung der in Artikel 104 und Artikel 104b Abs. 1 des Vertrages vorgesehenen Verbote erlassen. Gemäß Artikel 1 Abs. 1 lit. b sub. lit. i dieser Verordnung sind vom Verbot von Kreditfazilitäten an den öffentlichen Sektor solche mit fester Laufzeit ausgenommen.

Die derzeit im § 21 des Scheidemünzengesetzes auf den Silbermünzenrückfluß bezogene Regelung stellt nach Ansicht der Europäischen Kommission einen Verstoß gegen Artikel 104 EU-Vertrag dar. Die nunmehrige Fixierung einer festen Laufzeit ist hingegen auch nach Ansicht der Kommission EU-konform.

Hinsichtlich der durch die gegenständliche Gesetzesänderung dem Bund erwachsenden Mehrkosten ist festzustellen, daß sich während der nächsten 45 Jahre für den Bund eine finanzielle Mehrbelastung verglichen mit der ursprünglichen Rechtslage nicht ergibt. In den darauffolgenden fünf Jahren können Mehrkosten erwachsen, die jedoch im Hinblick auf mehrere ungewisse Parameter (Silbermünzenrückfluß, Geldentwertung et cetera) derzeit nicht bezifferbar sind. Alle anderen überlegten Varianten betreffend die EU-konforme Umgestaltung der derzeitigen Rechtslage wären jedoch mit einer erheblichen finanziellen Mehrbelastung für den Bund verbunden.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Der letzte Bericht des Finanzausschusses befaßt sich mit dem Bundesgesetz über die Übertragung von Kapitalbeteiligungen des Bundes an die ÖIAG und Novelle zum ÖIAG-Gesetz.


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Das Koalitionsübereinkommen sieht Umstrukturierungs- und Privatisierungsschritte bei der Austria Tabakwerke AG und der Österreichischen Salinen AG vor. Zur Umsetzung dieses Zieles ist nunmehr die Übertragung der Anteile beider Gesellschaften an die ÖIAG vorgesehen.

Die ÖIAG ist derzeit gemäß ÖIAG-Gesetz in der Fassung der Novelle 1993 beauftragt, die in ihrem Eigentum stehenden Beteiligungen an industriellen Unternehmungen in angemessener Frist mehrheitlich abzugeben und hat diesen Auftrag bereits größtenteils erfüllt.

Die ÖIAG verfügt durch die bisher durchgeführten Privatisierungsmaßnahmen über ein gebündeltes und umfangreiches Privatisierungs-Know-how; es bietet sich daher an, die ÖIAG auch mit der Privatisierung weiterer Anteilsrechte an Kapitalgesellschaften, die derzeit im Eigentum des Bundes stehen, zu beauftragen, wobei der ÖIAG zunächst die Anteilsrechte an der Austria Tabakwerke AG und an der Österreichischen Salinen AG übertragen werden sollen.

Artikel I des gegenständlichen Beschlusses unterliegt gemäß Artikel 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Einspruchsrecht des Bundesrates.

Der Finanzausschuß stellt daher nach Beratung den Antrag , gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben. (Beifall der Bundesräte Meier und Mag. Langer. )

Präsident Josef Pfeifer: Ich danke dem Berichterstatter für die wirklich umfangreiche Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Michael Rockenschaub. – Bitte.

20.59

Bundesrat Dr. Michael Rockenschaub (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich gratuliere zuerst dem Berichterstatter zu seiner phantastischen Kondition. Das war sicher eine außergewöhnliche Leistung. (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ich möchte im Hinblick auf die unterschiedlichen Materien besonders flexibel sein. Wir von der freiheitlichen Fraktion haben uns seit den Ausschußberatungen auch den einen oder anderen Punkt noch einmal angesehen und werden daher einigen Punkten, bei denen wir im Ausschuß negativ gestimmt haben, zustimmen können.

Ich möchte mich auf einen einzigen Gedanken konzentrieren, da die wesentlichen Inhalte dieser Beratungspunkte ohnedies schon ziemlich umfassend durch die Öffentlichkeit gegangen sind und in der Berichterstattung alles Wesentliche angeführt wurde, nämlich die Schwarzgeldproblematik in Österreich, die seit Jahren im Blickfeld der internationalen Schwarzgeldjäger steht.

Ich glaube, daß diese Problematik bei den Beitrittsverhandlungen zur EU seitens unserer Verhandler entweder übersehen oder unter Umständen auch bewußt "vergessen" wurde, weil man wußte, daß das ein Punkt ist, bei dem man mit der EU nicht auf einen Nenner kommen kann. So scheint sich die Frage der Sparbuchanonymität zu einem von mehreren "Euroschmähs" zu entpuppen: Man hat der Bevölkerung vor der Abstimmung 1994 Zusagen gemacht, die ganz offensichtlich nicht zu halten sind.

Der Weg ist meines Erachtens klar: Bei den Beitrittsverhandlungen wurde die Frage der Sparbuchanonymität – ob bewußt oder unbewußt, sei dahingestellt – ausgelassen. Man befindet sich seit dem Vorjahr und im heurigen Jahr in einer Scheindiskussion mit Brüssel, die nicht zu gewinnen ist. Es fällt jetzt die Anonymität der Wertpapierkonten weg, was sicherlich nicht 1 : 1 vergleichbar mit der Anonymität der Sparbücher ist. Und ich schätze, daß man Anfang 1997, nach den Oktoberwahlen, damit beginnen wird, die Bevölkerung auf das Ende der Sparbuchanonymität einzurichten und einzustellen.


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Die Rechtslage der EU ist so glasklar, daß sie klarer nicht sein könnte. An den Worten des EU-Rechtes ist nicht im geringsten herumzuinterpretieren, ob es auch andere Möglichkeiten geben könnte.

Wir von den Freiheitlichen werden sicherlich immer wieder auf die Versprechungen, die vor der EU-Abstimmung gegeben wurden, zurückkommen und die einzelnen Punkte einmahnen. Ich persönlich bin schon sehr gespannt, mit welchen Ausflüchten die Regierungsseite im nächsten Jahr auf uns zukommen wird, um zu erklären, warum die Sparbuchanonymität leider doch nicht zu halten ist! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.03

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann. Ich ersuche ihn, zu sprechen.

21.03

Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Angesichts der fortgeschrittenen Stunde möchte ich nur zwei Punkte sehr kurz erwähnen.

Zuerst möchte ich Kollegen Rockenschaub antworten: Ich glaube, die zwei Novellen zum Bankwesengesetz sind im Hinblick auf die EU-Konformität ungemein wichtig. Es werden die Richtlinien der EU über die Großveranlagung und die Einlagensicherung und die Konsolidierungsrichtlinie übernommen. Das sind wichtige Schritte, um unser Bankwesen EU-reif zu machen.

Zur zweiten Novelle kann man sagen: Die Abschaffung der Anonymität der Wertpapierdepots ist, glaube ich, ein wichtiger Schritt, um den Ruf des Börsenplatzes Wien international zu verbessern. Es geht auch darum, die Geldwäscherichtlinie der EU ... (Bundesrat Dr. Kapral: Was ist der "Börsenplatz Wien"? Können Sie mir das erklären? Was bedeutet dieser im Vergleich zu anderen "Börsenplätzen"?) Herr Kollege! Ich glaube, ich brauche Ihnen als altem Wirtschaftspolitiker kaum etwas über den Börsenplatz Wien zu sagen. Es geht hier praktisch um die Frage des Insider-Handels und dergleichen. Ich glaube, der Kollege hat es zuerst gesagt: Er ist auch dankbar und froh, daß die Geldwäscherichtlinie übernommen wird, damit der Bankplatz Wien beziehungsweise Österreich verbessert wird.

Ich glaube – auch in diesem Punkt möchte ich Kollegen Rockenschaub antworten –, es ist jetzt sehr leicht, wenn man versucht, politisches Kleingeld um die Frage der Anonymität der Sparbücher zu lukrieren. Sie wissen, daß es diesbezüglich eindeutige politische Aussagen seitens der Bundesregierung gibt.

Aber ich glaube, die Frage der Anonymität der Sparbücher ist nicht das Problem. Man versucht vielmehr, damit das Vertrauen in den Schilling und das Vertrauen der Österreicher in die Sparkultur überhaupt zu untergraben.

Es geht, wie ich meine, um etwas ganz anderes: Es geht darum, daß man das österreichische Bankgeheimnis ausbaut. Ich glaube, wenn wir es in absehbarer Zeit erreichen – das ist gestern im Ausschuß nämlich nicht sehr klar herausgekommen –, das Bankgeheimnis in Richtung jenes der Schweiz oder Luxemburgs zu verbessern, dann erübrigt sich die Diskussion über die Anonymität der Sparbücher. Ich glaube, das ist der richtige Schritt.

Der gesamte Themenkreis wird immer nur an der Frage der Anonymität aufgehängt, mit der wenige wirklich etwas anfangen können. Es geht halt darum, daß die Großmutter immer noch Angst hat, daß ihr das Geld weggenommen wird und deshalb unbedingt ein anonymes Sparbuch haben will. In der heutigen Situation ist aber die Frage des Bankgeheimnisses viel wichtiger. Denn es ist für Österreich als Rechtsstaat bedenklich, daß heute durch Verwaltungsverfahren jederzeit Bankdepots geöffnet werden können. In diesem Punkt müßte man der Forderung der Bankwirtschaft Rechnung tragen, daß für solche Fälle unbedingt richterliche Entscheidungen erforderlich sein sollen.


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Ich möchte noch einen zweiten Punkt aus diesem ganzen Konvolut von Gesetzen anführen, nämlich das ÖIAG-Gesetz. – Ich glaube, man kann in drei Sätzen Bilanz ziehen. Seit dem Jahr 1993 ist einiges gelungen. Es wurde vor wenigen Wochen mit Stolz die Bilanz vorgelegt: 23 Milliarden Schilling an Privatisierungserlösen wurden eingebracht. Ich glaube, daß der gesetzliche Auftrag an die ÖIAG aus dem Jahr 1993, die entsprechenden Privatisierungsschritte durchzuführen, wirklich erfolgreich umgesetzt wurde. Man kann in diesem Zusammenhang der ÖIAG, vor allem Generaldirektor Hollweger, Dank dafür aussprechen, was hier geleistet wurde.

In der vorliegenden Novelle geht es darum, zwei Firmen, die Austria Tabak AG und die Österreichische Salinen AG, in die ÖIAG überzuführen, um auch diese Betriebe entsprechend zu privatisieren oder zumindest für die Privatisierung in den nächsten Jahren vorzubereiten. Damit in Zusammenhang steht auch die Frage: Inwieweit soll sich der Staat bei den privatisierten Firmen zurückziehen?

Ich glaube, das ist ein Punkt, der in den nächsten Monaten oder Jahren zu diskutieren sein wird. Wir liegen heute zwischen 40 Prozent und darunter. Ich glaube, der Staat soll sich auf eine Sperrminorität von notwendigen 25 Prozent zurückziehen. Hier gäbe es sicherlich noch ein zusätzliches Privatisierungspotential. Es bestünde damit die Möglichkeit, die 7,5 Milliarden Darlehen, die von seiten der österreichischen Republik an die ÖIAG gegeben wurden, zurückzuzahlen.

Ich glaube, insgesamt kann man die Lösung betreffend die ÖIAG als Erfolg ansehen. Es ist wirklich gelungen, aus der ÖIAG eine Art Privatisierungsagentur zu machen. – Meine Fraktion wird sämtlichen Punkten ihre Zustimmung erteilen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

21.10

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Helga Markowitsch. – Bitte.

21.10

Bundesrätin Helga Markowitsch (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mit dieser nun vorliegenden ersten größeren Gesetzesnovelle zum Bankwesengesetz 1993 wurde dem Umstand Rechnung getragen, daß einige Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft zur Harmonisierung des Bankenrechts umzusetzen waren.

Aktuelle Erfahrungen mit diesem Gesetz in der Vollziehung zeigten legistischen Anpassungsbedarf beziehungsweise erfolgten klarere Formulierungen. Auch die sich aus der Praxis ergebenden, seit längerem festgestellten Novellierungserfordernisse wurden berücksichtigt.

Es wurden – und das ist unbedingt zu begrüßen – vor allem jene EU-Rechtsakte im Bankenbereich, die seit dem Abschluß des EWR-Abkommens beschlossen wurden, in die österreichische Rechtsordnung übernommen.

Folgende Punkte wurden mit dieser Novelle umgesetzt:

Erstens: die Richtlinie über die Beaufsichtigung von Kreditinstituten auf konsolidierter Basis,

zweitens: die Richtlinie über die Überwachung und Kontrolle von Großkrediten von Kreditinstituten,

drittens: die Richtlinie über die Pflichten der in einem Mitgliedsstaat eingerichteten Zweigniederlassungen von Kreditinstituten und Finanzinstituten, mit dem Sitz außerhalb dieses Mitgliedsstaates zur Offenlegung von Jahresabschlußunterlagen;

viertens: die Richtlinie über Einlagensicherungsysteme im Interesse der Einleger zwecks gleichmäßigerer Verteilung der Kosten der Sicherung und

fünftens: § 40 des derzeit gültigen Bankwesengesetzes 1993 wurde abgeändert.


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Damit wird der nationalen und internationalen Kritik an Österreich in diesem Zusammenhang ein Ende gesetzt. War bisher eine behördliche Verfolgung von Insider-Straftaten und Geldwäscherei durch die Möglichkeit von vorhandenen anonymen Wertpapierdepots bei Kreditunternehmen –Effektenkassageschäft – unmöglich, so wurden durch die Novellierung des § 40 diese Nachteile der bestehenden Rechtslage beseitigt. Alte, anonyme Wertpapierdepots dürfen nur mehr abgeschöpft werden. Das Inkasso von Kupons und Tilgungserlösen erfordert noch keine Identifizierungspflicht, es darf jedoch kein Neugeschäft darüber geführt werden. Bei neuen Kaufaufträgen oder bei Hereinnahme von Wertpapieren muß sich der Kunde ausweisen und seine Identität kundtun.

Durch diese gesetzliche, allerdings unbefristete Übergangsregelung hat man anonymen Anlegern Gelegenheit gegeben, jederzeit auszusteigen. Man hat dadurch vermieden, daß es zu Angstverkäufen an den Börsen kommt. Die Eröffnung von anonymen Sparbüchern wurde bei dieser Novellierung bewußt explizit ausgenommen.

Der Finanzplatz Wien soll durch diese Rechtssicherheit an Attraktivität gewinnen. – Meine Fraktion wird diesem Bankwesengesetz gerne die Zustimmung geben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.12

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Harring. Ich erteile dieses.

21.12

Bundesrat Dr. Peter Harring (Freiheitliche, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie werden verstehen, daß ich aus dieser Reihe von Finanzgesetzen auch das Bankwesengesetz herausgreife, vor allem deshalb, weil Kollege Kaufmann den Freiheitlichen unterstellt hat, daß wir versuchen, damit politisches Kleingeld zu machen, indem wir das Vertrauen der Sparer in die Debatte bringen. Das ist eine Unterstellung, die wir sicherlich nicht auf uns sitzen lassen werden! Denn uns geht es wirklich um die Sparer in Österreich, und wir wollen kein politisches Kleingeld machen, sondern wir wollen die Spareinlagen, die es in Österreich gibt, tatsächlich sichern, meine Damen und Herren!

Der Themenkreis Bankwesengesetz ist auch deshalb interessant, weil erstens grundsätzlich die Frage der Anpassung an das EU-Recht – der Einbau einer Reihe von Richtlinien, welche Frau Kollegin Markowitsch genannt hat – insgesamt zu beleuchten ist und es zweitens um die Abschaffung der Anonymität des Wertpapiersparens, die Abschaffung von Nummernkonten und die Abschaffung des § 12 Depotgesetz und so weiter geht.

Bei der Harmonisierung fällt mir immer wieder auf, daß wir ständig Dinge anpassen, ohne überhaupt zu prüfen, ob das überhaupt in die EU-Kompetenz fällt. Im Sinne der Subsidiarität nach Maastricht ist die EU nur für diejenigen Angelegenheiten kompetent, bei denen es notwendigerweise nicht besser und gescheiter ist, wenn sie die einzelnen Länder selbst erledigen und die Länderkompetenzen erhalten bleiben. Ich höre immer: Das ist unbedingt notwendig, wir müssen das so durchführen. – Ich persönlich bin davon überzeugt, daß es wichtig wäre, einmal zu prüfen und uns von der EU beweisen zu lassen, ob überhaupt diese Kompetenz bei den Ländern liegt oder ob nicht doch vieles im Sinne von "zentralistischer Überreaktion" – wie das Kollege Bundesrat Weiss heute in einem anderen Zusammenhang genannt hat – einfach zentralistisch erledigt wird. Während die Franzosen und die Italiener die EU-Richtlinien erst einmal lesen, passen wir jedesmal gleich an. – Das ist ein Grund für mich, dem Bankwesengesetz keine Zustimmung zu geben, und ich bitte den Herrn Präsidenten, bei der Abstimmung meine Gegenstimme auch festzuhalten.

Ich gebe insbesondere auch deshalb keine Zustimmung, weil die Aspekte des Konsumentenschutzes in keiner Weise berücksichtigt worden sind. Es wurde eine gute Gelegenheit versäumt, dem Konsumentenschutz eine besondere Wertigkeit zu geben. Ich frage mich wirklich, wo die Konsumentenschützer im Bereich der Sozialdemokratischen Partei bei der Berechnung der Zinstage bei den Spareinlagen gewesen sind. Wenn Sie das Protokoll der Ausführungen von Frau Kollegin Anna Huber im Nationalrat gelesen haben, ist Ihnen wahrscheinlich aufgefallen,


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daß sich Frau Huber im Nationalrat mehr Sorgen darüber gemacht hat, daß der Finanzminister bei der Kapitalertragssteuer weniger Einnahmen hat, als daß die Sparer zuwenig Geld wegen der fehlenden Zinstage bekommen. Das war für mich sehr bemerkenswert. Ich frage Sie, meine Damen und Herren von sozialdemokratischen Fraktion: Wer schützt bei Ihnen eigentlich noch die kleinen Sparer? – Sie haben es, was den Konsumentenschutz betrifft, wirklich weit gebracht!

Es ist keine Regelung über die automatische Verlängerung der Bindungsfristen bei den Spareinlagen vorhanden. Es ist keine Regelung zu den Vorschußzinsen vorhanden. Wenn die Banken auf stur schalten, kann jede Bank ... (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kaufmann. ) Selbstverständlich! Wir tun das nicht! Ich würde mir wünschen, daß sich die Konsumentenschützer einmal durchsetzen! Denn wenn heute ein Sparer zur Bank kommt und eine größere Spareinlage, die gebunden ist, abheben will, dann stellt er fest, daß er 1 Promille pro Monat für die nicht eingehaltene Bindungsdauer bezahlt. Das hätte man regeln können, aber darum hat sich offensichtlich niemand gekümmert!

Wir Freiheitlichen vermissen auch nach wie vor Konzepte zur Abschaffung der Zweigstellen der Notenbanken in den einzelnen Bundesländern. Dort gibt es keine Verantwortung mehr. Aber kein einziger Mitarbeiter wurde aus rationellen Gründen an irgendeine andere Stelle versetzt. Man hat nicht versucht, Lösungen zu finden.

Zum zweiten Teil, zur Abschaffung der Anonymität der Wertpapierkonten mit 1. 8. 1996 gibt es, wie Sie alle wissen, sehr unterschiedliche Beurteilungen. Ich teile die Meinung der Frau Kollegin Markowitsch, daß im Hinblick auf die internationale Kritik die Regelung positiv ist. Es ist sehr positiv, daß die da und dort durchgeführten Insidergeschäfte an der Wiener Börse jetzt sehr erschwert worden sind, daß es zu einer Verbesserung der "Börsenhygiene", wie es unlängst ein Journalist geschrieben hat, gekommen ist. Wir glauben, daß es eher spät war, diese Lösung in diesem Sinne durchzuführen.

Wir haben auch Bedenken, daß man daraus eine Art Schuldeingeständnis ableiten könnte, da das quasi auf dem Rücken der überwiegend ehrlichen Wertpapiersparer geschieht, die noch vor einigen Jahren, wenn sie Wertpapiere gekauft haben, vom Staat ordentlich gefördert worden sind.

Diese Bedenken reichen für mich jedenfalls aus, daß ich auch dazu keine Zustimmung geben kann, weil ich davon überzeugt bin, daß die Abschaffung der Anonymität des Wertpapiersparens ein weiterer Schritt zur Abschaffung der Anonymität bei den Spareinlagen ist. Das geschieht zu Lasten Hunderttausender ehrlicher Sparer, die brav ihre Steuer bezahlen. Sie zahlen jetzt 25 Prozent Kapitalertragssteuer! – Und das alles nur wegen ganz weniger schwarzer Schafe.

Ich weise in diesem Zusammenhang auch auf die Verordnung zur Bekämpfung der Geldwäscherei mit strengen Bestimmungen für den Bankenapparat überhaupt hin. Auf die Sparer wird dabei vergessen, und ich bin überzeugt davon, daß sich das rächen wird, denn die Sparer haben mit die Basis für den Wohlstand in unserem Österreich gelegt. Auf diese Sparer kommt wirklich viel zu: Es kommt zu sinkenden Zinsen. Für täglich fällige Spareinlagen werden unter 2 Prozent bezahlt. Die Kapitalertragssteuer, die jetzt ein Viertel des Zinsbetrages ausmacht, wird sicher weiter steigen. Denn das ist eine einfache Steuer für den Herrn Finanzminister! Er kann einfach von den Zinsen 25 Prozent abziehen, und es gibt überhaupt keinen Schilling, der nicht von der Steuer erfaßt wird. Noch dazu ziehen die Banken diese Steuern ab, und der Sparer kommt zur Bank und ärgert sich darüber, daß er nicht mehr Zinsen bekommt. (Zwischenruf des Bundesrates Meier. ) Da ist sogar der Finanzminister ohne Schwarzen Peter davongekommen, Herr Kollege! (Bundesrat Meier: Aber auch die, die viel eingelegt haben, zahlen diese Steuer! Jeder bezahlt sie!)

Herr Kollege! Wenn jemand sein ganzes Leben gearbeitet hat, in Pension ist und nun kein kleiner Sparer mehr ist, weil er sich eine halbe Million oder 1 Million Schilling erspart hat, so ist auch dieser zu schützen! Davon werden wir nicht abweichen! Es geht da nicht um die Höhe des Betrages, sondern es geht darum, daß das Geld schon x-mal versteuert wurde, bevor er es endlich auf sein Sparbuch gelegt hat! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Meier: Das ist


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ein Kapitaleinkommen!) Deshalb gehen wir davon aus, daß es eine Lösung geben hätte müssen.

Der österreichische Sparer hat natürlich weiter Angst vor dem Euro. Wenn allgemein behauptet wird, daß der Euro genauso stabil sein wird wie der Schilling, kann ich das nicht glauben. Denn es konnte mir bis heute niemand erklären, wie die Umrechnung der einzelnen Währungen in diesen Euro stattfinden wird. Ich nehme an, daß es so ähnlich sein wird wie bei kommunizierenden Gefäßen: Der Durchschnitt wird ein neuer Wert sein. Und wenn Sie sich dieses Beispiel vorstellen, dann wird klar, daß die sichereren Währungen in den stärkeren Volkswirtschaften zweifellos an Wert verlieren werden.

Die Sparer haben selbstverständlich, meine Damen und Herren, auch Angst vor der Abschaffung der Anonymität, wie Kollege Kaufmann gesagt hat, wenn gleichzeitig das Bankgeheimnis nicht verbessert wird. Bezeichnend ist auch die Auskunft, die wir vorgestern im Finanzausschuß erhalten haben. Wir haben gefragt: Was geschieht in Österreich im Finanzministerium zur Verbesserung des Bankgeheimnisses? Gibt es Aktivitäten? Denkt man darüber nach? (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kaufmann. ) – Herr Kollege! Wir haben dort gemeinsam erfahren, daß man nicht darüber nachdenkt und es keine Aktivitäten gibt. Und auf die Frage, warum sich das so verhalte, kam die Antwort: Weil die Bundesregierung ein klares Bekenntnis dazu abgelegt hat, daß die Anonymität der Spareinlagen einfach erhalten werden muß. – Das ist genug, und weitere Überlegungen werden überhaupt nicht angestellt! Daß man die Anträge des Liberalen Forums und der Grünen im Nationalrat nicht ernstgenommen hat, die das überhaupt abschaffen wollen, verstehe ich noch. Aber daß die Mitglieder der österreichischen Bundesregierung mit jedem Kilometer, den sie sich von Österreich in Richtung Brüssel entfernen, eine unterschiedliche Meinung veröffentlichen, kann ich nicht verstehen. Das österreichische Bankgeheimnis ist nämlich leider keineswegs so perfekt, wie es sein sollte.

Es ist wirklich, wie die "Wirtschaftswoche" schreibt, "löchrig wie der Schweizer Käse": Nach dem österreichischen Bankgeheimnis sind die Banken verpflichtet, Informationen über Kunden grundsätzlich für sich zu behalten, aber eben nur grundsätzlich, meine Damen und Herren! Diese Verpflichtung erlischt sofort, wenn gegen den Kunden ein gerichtliches Strafverfahren oder auch nur ein Finanzstrafverfahren eingeleitet wurde, oder beispielsweise auch, wenn der Kunde stirbt. Herr Kollege! Sie haben nicht recht gehabt, daß es nur um die Sorge von alten Leuten geht, wie sie das Sparbuch vererben sollen. In jedem Fall, in dem ein Verlassenschaftsverfahren eingeleitet wird, ist die Frage der Anonymität von größter Bedeutung.

Daß sich die Finanzbehörden, die Finanzämter, in der Praxis selbst die Kontoeröffnung bewilligen können, ist etwas, was es wirklich, meine Damen und Herren, nur in Österreich gibt. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es beispielsweise kein gesetzlich verankertes Bankgeheimnis, aber dort läuft ohne richterliche Verfügung gar nichts. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kaufmann. )

Herr Kollege Kaufmann! Seien Sie mir nicht böse, wenn ich das sage, aber ich habe bei Ihrer Wortmeldung tatsächlich das Gefühl gehabt – das habe ich aber auch bei Erklärungen von vielen anderen Spitzenpolitikern in Österreich –, daß man Bankgeheimnis und Anonymität verwechselt und daß man die Definitionen immer vertauscht. (Bundesrat Dr. Kaufmann: Das habe ich nicht verwechselt!)

Ich hoffe, daß Sie es nicht verwechselt haben! Das Bankgeheimnis ist die Verpflichtung aller in österreichischen Kreditinstituten Tätigen, der Organe und der Mitarbeiter, über Tatsachen, die man aufgrund der Geschäftsverbindung, aber auch aus den Daten der Bank erkennt, gegenüber Dritten Stillschweigen zu bewahren, und zwar über die Zeit der Beschäftigung im betreffenden Institut hinaus.

Die Anonymität, die Sie so gerne abschaffen wollen ... (Bundesrat Dr. Kaufmann: Ich habe nicht gesagt, daß ich die Anonymität abschaffen will!) Wir werden das im Protokoll nachlesen können! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kaufmann. ) Was haben Sie gesagt, Herr Kollege? Was


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haben Sie dann gesagt? (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kaufmann. ) – "Heilige Kuh" haben Sie gesagt! Nur wegen der Verlassenschaften würde man es nicht mehr brauchen.

Es besteht eben ein großer Unterschied. Die Anonymität besteht, Herr Kollege Kaufmann, völlig unabhängig vom Bankgeheimnis. Nach § 31 Bankwesengesetz können Sparbücher auch auf "Überbringer" oder auf eine bestimmte Bezeichnung lauten. Die Identität des Bankkunden wird nicht festgehalten. Und das soll in Zukunft nicht mehr möglich sein. Das ist der Grund, warum ich nicht zustimmen kann.

Positiv – das hat Kollegin Markowitsch auch so gesehen, sie hat völlig recht – ist die Einlagensicherung. Auch hier findet sich Konsumentenschutz. Ich bin überzeugt, daß, wenn die Kreditinstitute nach § 93 Einrichtungen zu schaffen haben, die dazu dienen, daß es keine Verluste im Spargeschäft gibt – über die einzelnen Sektoren hinaus jede Gruppierung für sich –, solche Fälle, wie Sie leider im letzten Jahr passiert sind, nicht mehr eintreten werden. Das trägt sicher zu einer deutlichen Verbesserung der Stellung der Sparer bei.

Genauso wichtig sind die neuen Großkreditbestimmungen: Man hat hier eine stärkere Bindung an die Eigenkapitalausstattung beschlossen und hat auch die Möglichkeit der kleinen Kreditinstitute, zu große Kredite zu vergeben, stark eingeschränkt. Bisher hat sich wirklich jeder Geschäftsleiter einer Bank mit 500 Millionen Bilanzsumme schon wie ein kleiner Rothschild fühlen können. Er konnte hohe Kredite vergeben, was nicht immer unbedingt vernünftig war. Das war kein Vorteil für die österreichische Volkswirtschaft. Es wird in Zukunft weniger Managementfehler geben (Bundesrat Meier: Diese Fehler machen aber die Bankdirektoren!), es wird weniger Verluste geben, es wird kostengünstigere Kredite geben und damit Wettbewerbsvorteile für die österreichische Wirtschaft. Diese Regelungen sind sicherlich zu unterstützen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.26

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Franz Richau. Ich bitte ihn, zu sprechen.

21.26

Bundesrat Franz Richau (ÖVP, Kärnten): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit sei mir erlaubt, zum Zollrechts-Durchführungsgesetz nur drei Sätze zu sagen:

Ich gebe diesem Gesetz keine Zustimmung, weil es sich hiebei für mich um eine Vermischung von Agenden der Zollwache und der Gendarmerie handelt. Artfremde Tätigkeiten hemmen den jeweiligen Exekutivkörper in seiner Arbeit. Ich glaube, daß die Sicherheit durch die vermehrte Tätigkeit des Grenzdienstes aufgrund der Übernahme von Agenden aus dem öffentlichen Bereich in Anbetracht des derzeitigen Personalstandes leiden würde. Aus diesem Grunde gebe ich diesem Gesetz keine Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

21.27

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Erhard Meier. – Bitte.

21.27

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Im Zusammenhang mit den Novellen zum Bankwesengesetz möchte ich an die Ausführungen meiner Kollegin Markowitsch anschließen.

Natürlich gäbe es auch Gründe, auf Dr. Harring einzugehen. Ich verstehe nicht, warum Sie gesetzliche Regelungen dort verlangen, wo man den Markt frei agieren lassen kann. Das, was Sie behauptet haben, daß man Prozente bezahlen muß, wenn man früher abhebt beziehungsweise einen Kredit wieder zurückzahlt, wird in der Praxis nicht gehandhabt. Eine Bank, die das verlangt, hat den Kunden verloren, denn dieser ist morgen bei der nächsten Bank. Das wissen wir.


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Natürlich können wir zwischen Anonymität und Bankgeheimnis unterscheiden. (Bundesrat Dr. Harring: Es gibt in Ihrer Partei niemanden, der sich um Konsumentenschutz kümmert!) Ich bin kein Konsumentenschützer vom Verein her! Das, was die Konsumentenschützer vom Bankwesen verlangen, nämlich die Vergleichbarkeit der Bedingungen, war nie gegeben! Das richten sich die Banken selbst. Und wenn ein Direktor einer Bank mit einer Jahresbilanzsumme von 500 Millionen meint, ein Rothschild zu sein, so liegt das auch nicht am Gesetz, sondern an diesem Bankdirektor, der zu hohe Kredite vergibt.

Ich will jetzt aber nicht weiter auf dieses Bankwesengesetz eingehen, weil wir dazu einfach keine Zeit haben. Und zu den anderen Punkten bringe ich nur stichwortartig einige Anmerkungen:

Zum Verbrauchsteueränderungsgesetz: Es gibt in der Europäischen Union von Staat zu Staat unterschiedliche gesetzliche Regelungen. Im Sinne einer notwendigen Harmonisierung wurden von der EU mehrere Richtlinien beschlossen, die auch Österreich bereits beschlossen hat oder die noch beschlossen werden müssen. Es kommt mit dieser Novelle aber auch zu einer Vereinfachung bei der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren, zum Beispiel zum Wegfall der Verbrauchsteuerbegleitdokumente aufgrund der Möglichkeit der Benützung der ohnehin notwendigen Zollbegleitdokumente.

Ein weiterer Punkt scheint mir noch wichtig zu sein: Durch die Einführung einer Elektrizitätsabgabe im Strukturanpassungsgesetz 1996 wäre es zu einer Doppelbelastung gekommen, wenn man sowohl für den Energieträger, also für den Heizstoff, als auch für die daraus erzeugte elektrische Energie eine Abgabe eingehoben hätte. Bei Heizöle wurde darauf schon im Mineralölsteuergesetz 1995 Rücksicht genommen, jetzt sollen auch Diesel und Flüssiggas einbezogen werden. – Wir werden dieser Novelle die Zustimmung erteilen. (Vizepräsident Dr. Schambeck übernimmt den Vorsitz.)

Weiters gibt es eine Novelle zur Änderung des Finanzstrafgesetzes. Es geht um eine zentrale Evidenz, die praktisch schon vorhanden ist. Sie wird automatisationsunterstützt geführt. Dies scheint mir zeitgemäß und notwendig zu sein, wobei der Datenschutz laut Gesetz gewährleistet ist. Es wurde uns im Ausschuß versichert, daß die erfolgte Tilgung vorangegangener Finanzstrafen bei neuerlichen Vergehen unberücksichtigt bleibt. – Wir werden dieser Novelle zustimmen.

Ein paar Worte zum Versicherungsaufsichtsgesetz und dessen Änderung:

Auch diese Änderung entspricht der Notwendigkeit der Anpassung an EU-Recht, und zwar des EU-Versicherungsrechtes und des EU-Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetzes und der betroffenen Richtlinien. Es geht dabei um die verstärkte Beaufsichtigung von Finanzunternehmen auf dem Wertpapiersektor, um die verbesserte Informationspflicht zugunsten des Versicherungsnehmers – auch des Konsumenten –, um die Gewinnbeteiligung bei Lebensversicherungen und um die Verwendung derivativer Finanzinstrumente, um nur einige Stichworte zu nennen. – Wir werden dieser Novelle zustimmen.

Nächster Punkt ist die Änderung des Zollrechts-Durchführungsgesetzes. Dazu hat Kollege Richau das Wort ergriffen. Es geht eben darum, daß auch Gendarmeriebeamte Geschäfte der Zollverwaltung miterledigen dürfen. Es wird dies wahrscheinlich ohnehin nur an den kleineren Grenzübergängen der Fall sein, bei denen man bisher, wenn man eine derartige Grenze passiert hat, Zöllner und Gendarmeriebeamte vorgefunden hat.

Auch die Gendarmerie soll nun Agenden des Zolls übernehmen dürfen. Natürlich bedarf es dazu einer entsprechenden Ausbildung der Beamten, damit sie mit den einschlägigen Gesetzen und deren Handhabung vertraut sind, aber wenn es dadurch zu einer Vereinfachung in der Durchführung und zu Sparmaßnahmen bei der Umsetzung kommt, glaube ich, daß das möglich ist. Für Zollorgane hingegen wird die Möglichkeit geschaffen, auch Grenzkontrollen im Landesinneren vornehmen zu können. – Wir werden auch dieser Änderung zustimmen.


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Es gibt dann zwei Abkommen zur Förderung und zum Schutz von Investitionen mit Vietnam und Tunesien. Dazu braucht man nichts zu sagen, denn da gibt es einen Mustervertrag, den wir schon mit vielen Staaten abgeschlossen haben.

Zur Änderung des Devisengesetzes möchte ich sagen, daß es noch keine innerstaatliche Rechtsgrundlage für die Vollziehung von Rechtsvorschriften der EU, die vom Rat nach Artikel J.2 und 3 im Rahmen der GASP, der Zweiten Säule der EU, beschlossen wurden, gibt. Dies betrifft Sanktionen auf dem Gebiet des Kapital- und Zahlungsverkehrs gegen Drittstaaten, wozu die Bestimmungen des Devisengesetzes angepaßt werden müssen.

Wir werden zustimmen, und ich schlage vor, auch den vorliegenden Novellen zum Garantiegesetz, zum ASFINAG-, zum ÖIAG-Anleihegesetz, zum Erdöl-Bevorratungs- und -Förderungsgesetz und zum Scheidemünzengesetz zuzustimmen und keinen Einspruch zu erheben.

Nun komme ich zur letzten Gesetzesvorlage aus dem Bereich des Finanzausschusses, nämlich zur Novelle zum ÖIAG-Gesetz. Im Rahmen der Privatisierungen soll neben der Austria Tabakwerke AG auch die Österreichische Salinen AG an die ÖIAG übertragen werden, das heißt mit anderen Worten: Die Österreichischen Salinen werden verkauft.

Als Bundesrat aus dem Salzkammergut – ich glaube, daß die oberösterreichischen Vertreter der gleichen Meinung sind – bedaure ich diese Entwicklung und bin eigentlich gegen den Verkauf, wenn nicht gesichert erscheint, daß die Salzerzeugung erhalten und fortgesetzt wird. Bei Verkäufen besteht immer wieder die Gefahr, daß ein Käufer ein Unternehmen aus Konkurrenzgründen erwirbt, um es dann zugunsten des bereits bestehenden Mutterunternehmens auszuhungern, durch fehlende Investitionen unrentabler werden zu lassen, um es letztendlich zum Vorteil der Mutterfirma und des dort erhöhten Umsatzes zu schließen. – Der Fall des Semperit-Werkes ist – wenn auch nicht ganz vergleichbar, das möchte ich schon sagen – ein Beispiel für die Strategie von Mutterunternehmen zur Schließung sogar ertragbringender Betriebe.

Bei den Österreichischen Salinen handelt es sich bis heute um ein Unternehmen, das Gewinne – ursprünglich zwar wegen des Monopols, aber auch nach dem Fall des Monopols – in sehr beträchtlichem Ausmaß gebracht hat. Diese Gewinne in Milliardenhöhe flossen in den Staatshaushalt, weil sich das Management außer einigen Beteiligungen und einigen Tourismusaktivitäten nicht für Investitionen entschließen konnte.

Nun ist zwar die Salzgewinnung aus im Berg lagerndem Steinsalz teurer als aus Tiefenlagern anderer Länder, wobei Salz dort in viel konzentrierterer Form abgebaut wird, aber auch im österreichischen Salzbergbau haben in den letzten Jahrzehnten umfassende technische Verbesserungen und Erneuerungen stattgefunden, so zum Beispiel Tiefenwerke im Bergbau und Bohrlochsondenverfahren im Talboden in der Nähe von Bad Ischl.

Ich will damit klar ausdrücken, daß trotz des Wegfalls des Monopols Salz in Österreich weiterhin gewinnbringend, wenn auch mit niedrigeren Gewinnen als vormals, erzeugt werden kann. Und ich denke dabei an diese immer wieder zitierte Sage vom Wassermann, der auch beim Salz eine Rolle spielt: Was wollt ihr liebe Bürger? Ein Stück Gold – was natürlich verlockend war –, ein größeres Stück Silber oder Salz auf längere Zeit? – Ich meine, daß die damalige Entscheidung richtig war, vom Wassermann das Salz zu wählen, weil es à la longue sehr viel Reichtum gebracht hat.

Wenn die Österreichischen Salinen schon privatisiert werden, kann dies nur dann erfolgversprechend sein, wenn der neue Besitzer gut wirtschaftet, vom Technischen und vom Kaufmännischen her alle Anstrengungen zum erfolgreichen Weiterbestand unternimmt und zu einer Fortführung dieses Unternehmens mit Überzeugung und Engagement bereit ist. Nur unter diesen Prämissen kann ich mir eine erfolgreiche Fortführung der Saline vorstellen, und das würden wir natürlich sehr begrüßen. Ich bin davon überzeugt, daß die Salinen bestehen können, wenn sie der richtige Eigentümer erwirbt.

Ich ersuche daher den Bund als Eigentümer, den Verkauf durch die ÖIAG unter diesem Gesichtspunkt zu betreiben und nicht nur unter dem Slogan: Wer bietet mehr? Das bedeutet kein


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Verschleudern oder Verschenken, aber dennoch eine Bedachtnahme auf den weiteren Bestand dieses wichtigen Betriebes.

Was wäre nämlich die Alternative? – Ich weiß schon, daß man von Tradition und davon, "weil es immer schon so war", allein nicht leben kann, es ist aber zu befürchten, daß bei einem Niedergang der Salinen Arbeitslose entstünden, daß viele junge Menschen in Zukunft keine Arbeitsplätze vorfänden und damit die Wirtschaft in diesem Salzkammergut insgesamt – nämlich die betroffenen Gemeinden und die öffentlichen Haushalte wegen fehlender Steuereinnahmen, aber auch das Handwerk und die Handelsbetriebe wegen niedriger Umsätze – geschädigt würde.

So meine ich, daß beim Verkauf der Österreichischen Salinen zu einem angemessenen Verkaufspreis – noch einmal: nicht verschenken – ein privates Unternehmen in der Lage sein müßte, die Salinen erfolgreich und langfristig weiterzuführen. Die beste Gewähr dafür scheint mir doch ein inländischer Eigentümer oder eine inländische Bank- oder Finanzierungsgruppe zu sein, denen die österreichischen Interessen und die Interessen des gesamten Salzkammergutes und seiner Wirtschaft und Arbeitnehmer näherliegen, als dies von einer nichtösterreichischen Gruppe angenommen werden könnte (Beifall bei Bundesräten der SPÖ) , wobei nicht ausgeschlossen ist, daß die ÖIAG weiterhin noch Anteile behält und nicht alle verkauft, um Einfluß ausüben zu können. – Ich danke für den vorzeitigen Applaus. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.37

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht gegeben.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mineralölsteuergesetz 1995, das Biersteuergesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Alkohol-Steuer- und Monopolgesetz 1995 und das Tabaksteuergesetz 1995 geändert werden, nämlich Verbrauchsteueränderungsgesetz 1996.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .


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Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzstrafgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Versicherungsvertragsgesetz geändert werden (VAG-Novelle 1996).

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert wird (2. ZollR-DG-Novelle).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Sozialistischen Republik Vietnam über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll.

Da der vorliegende Beschluß Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen .

Hoher Bundesrat! Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tunesischen Republik über die Förderung und den Schutz der Investitionen.

Da der vorliegende Beschluß Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen .


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Hoher Bundesrat! Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Devisengesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Garantiegesetz 1977 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Scheidemünzengesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz über die Übertragung von Kapitalbeteiligungen des Bundes an die ÖIAG und Novelle zum ÖIAG-Gesetz (ÖIAG-Gesetz und ÖIAG-Finanzierungsgesetz-Novelle 1996).

Da Artikel I des vorliegenden Beschlusses nicht dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt, bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates, soweit er dem Einspruchsrecht des Bundesrates gemäß Artikel 42 Abs. 5 B-VG unterliegt, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates, soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

30. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Halbleiterschutzgesetz geändert wird und die Kundmachung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 11. September 1989 betreffend Gegenseitigkeit nach dem Halbleiterschutzgesetz gegenüber Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Japan, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Schweden, Spanien und den Vereinigten Staaten von Amerika aufgenommen wird (Halbleiterschutzgesetz-Novelle 1996) (51 und 237/NR sowie 5253/BR der Beilagen)

31. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend einen Vertrag über die Energiecharta samt Anlagen und Beschlüssen (56 und 238/NR sowie 5254/BR der Beilagen)


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32. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Energiechartaprotokoll über Energieeffizienz und damit verbundene Umweltaspekte samt Anlage (57 und 239/NR sowie 5255/BR der Beilagen)

33. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Außenhandelsgesetz 1995 geändert wird (90 und 240/NR sowie 5256/BR der Beilagen)

34. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Internationales Kaffee-Übereinkommen 1994 (100 und 241/NR sowie 5257/BR der Beilagen)

35. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Nahrungsmittelhilfe-Übereinkommen von 1995 (106 und 242/NR sowie 5258/BR der Beilagen)

36. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend die Kündigung von Handelsabkommen mit Ecuador, El Salvador und Guatemala sowie eines Abkommens über die Gewährung begünstigter Zollsätze mit Ungarn (107 und 243/NR sowie 5259/BR der Beilagen)

37. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Akkreditierungsgesetz (AkkG) geändert wird (185/A und 244/NR sowie 5219 und 5260/BR der Beilagen)

38. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung, die Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnungs-Novelle 1982 und das Wirtschaftstreuhänder-Kammergesetz geändert werden (251/A und 247/NR sowie 5220 und 5261/BR der Beilagen)

39. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz über besondere Förderungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU-Förderungsgesetz) (184/A und 248/NR sowie 5221 und 5262/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wir gelangen zu den Punkten 30 bis 39 der Tagesordnung, über welche die Debatte ebenfalls unter einem abgeführt wird.

Es sind dies

eine Halbleiterschutzgesetz-Novelle 1996,

ein Vertrag über die Energiecharta samt Anlagen und Beschlüssen,


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ein Energiechartaprotokoll über Energieeffizienz und damit verbundene Umweltaspekte samt Anlage,

ein Bundesgesetz, mit dem das Außenhandelsgesetz 1995 geändert wird,

ein Internationales Kaffee-Übereinkommen 1994,

ein Nahrungsmittelhilfe-Übereinkommen von 1995,

die Kündigung von Handelsabkommen mit Ecuador, El Salvador und Guatemala sowie eines Abkommens über die Gewährung begünstigter Zollsätze mit Ungarn,

ein Bundesgesetz, mit dem das Akkreditierungsgesetz geändert wird,

ein Bundesgesetz, mit dem die Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung, die Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnungs-Novelle 1982 und das Wirtschaftstreuhänder-Kammergesetz geändert werden, und

ein Bundesgesetz über besondere Förderungen von kleinen und mittleren Unternehmen.

Die Berichterstattung über die Punkte 30 bis 38 hat Herr Bundesrat Dr. Michael Rockenschaub übernommen. Ich ersuche ihn höflich um die Berichterstattung.

Berichterstatter Dr. Michael Rockenschaub: Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Wirtschaftsausschusses zur Halbleiterschutzgesetz-Novelle 1996.

Der vorliegende Beschluß des Nationalrates sieht vor, das Halbleiterschutzgesetz EWR- und EU-konform zu gestalten und mit dem Abkommen über die handelsbezogenen Aspekte des geistigen Eigentums (TRIPS-Abkommen) in Übereinstimmung zu bringen.

Die Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 16. Dezember 1986 über den Rechtsschutz der Topographien von Halbleitererzeugnissen wurde im wesentlichen bereits durch das Halbleiterschutzgesetz vorweggenommen. Einzelne Bestimmungen dieses Gesetzes, die noch nicht harmonisiert sind, werden im Wege einer Novelle adaptiert. Mit dieser Novelle wird auch § 7 des Halbleiterschutzgesetzes (Vergütungsanspruch des Schutzrechtsinhabers) mit dem TRIPS-Abkommen in Einklang gebracht.

Der Wirtschaftsausschuß stellt mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Bericht zum Tagesordnungspunkt 31: Vertrag über die Energiecharta.

Der auf der Europäischen Energiecharta vom 17. Dezember 1991 aufbauende Vertrag über die Energiecharta (ECV) ist ein Staatsvertrag, der am 17. Dezember 1994 in Lissabon von Österreich unter dem Vorbehalt der Ratifikation unterzeichnet wurde. Er bedarf nunmehr der Ratifikation. Der zwischen den OECD-Staaten und den Reformstaaten Zentral- und Osteuropas und den GUS-Staaten abgeschlossene Vertrag entspricht den Zielen der österreichischen Regierungspolitik, die Reformstaaten Mittel- und Osteuropas sowie die GUS-Staaten in die Strukturen der Weltwirtschaft einzubinden, und er reflektiert weitgehend die Grundsätze der österreichischen Energiepolitik. Der Vertrag wird von der überwiegenden Mehrzahl der anderen Signatarstaaten sowie von den Europäischen Gemeinschaften bereits vorläufig angewendet.

Gemäß Artikel 49 Abs. 2 B-VG ist der gegenständliche Staatsvertrag in französischer, italienischer, russischer und spanischer Fassung samt Anlagen und den Beschlüssen zum Energiecharta-Vertrag dadurch kundzumachen, daß diese zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Dem Nationalrat erschien bei der Genehmigung des Abschlusses des vorliegenden Staatsvertrages die Erlassung von besonderen Bundesgesetzen im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG zur Überführung des Vertragsinhaltes in die innerstaatliche Rechtsordnung nicht erforderlich.


Bundesrat
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616. Sitzung / Seite 184

Der Energiecharta-Vertrag ist ein gesetzändernder beziehungsweise gesetzesergänzender Staatsvertrag. Er hat nicht politischen Charakter.

Da der vorliegende Staatsvertrag auch Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG. Die im Artikel 30 sowie im Artikel 36 Abs. 1 Z. d und e und Abs. 4 enthaltenen Bestimmungen des gegenständlichen Staatsvertrages sind zudem verfassungsändernd und bedürfen daher gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG ebenfalls der Zustimmung des Bundesrates.

Der Wirtschaftsausschuß stellt nach Beratung mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag ,

1. den im Artikel 30 sowie im Artikel 36 Abs. 1 Z. d und e und Abs. 4 des gegenständlichen Staatsvertrages enthaltenen Verfassungsbestimmungen gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

2. dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Bericht zu Tagesordnungspunkt 32: Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Energiechartaprotokoll über Energieeffizienz und damit verbundene Umweltaspekte samt Anlage.

Das auf der Europäischen Energiecharta vom 17. Dezember 1991 aufbauende und von dem am selben Tag unterzeichneten Vertrag über die Energiecharta abhängige Energiechartaprotokoll über Energieeffizienz und damit verbundene Umweltaspekte (EEP) ist ein Staatsvertrag, der am 17. Dezember 1994 in Lissabon von Österreich unter dem Vorbehalt der Ratifikation unterzeichnet wurde. Er bedarf nunmehr der Ratifikation. Der zwischen den OECD-Staaten, den Reformstaaten Zentral- und Osteuropas und den GUS-Staaten abgeschlossene Vertrag entspricht den Zielen der österreichischen Außenpolitik, die Reformstaaten Mittel- und Osteuropas sowie die GUS-Staaten auch hinsichtlich Energieeffizienz und damit verbundene Umweltaspekte in die multilaterale Kooperation einzubinden, und er reflektiert weitgehend die Grundsätze der österreichischen Energiepolitik.

Gemäß Artikel 49 Abs. 2 B-VG ist der gegenständliche Staatsvertrag in französischer, italienischer, russischer und spanischer Fassung dadurch kundzumachen, daß diese im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Dem Nationalrat erschien bei der Genehmigung des Abschlusses des vorliegenden Staatsvertrages die Erlassung von besonderen Bundesgesetzen im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG zur Überführung des Vertragsinhaltes in die innerstaatliche Rechtsordnung nicht erforderlich.

Der gegenständliche Staatsvertrag ist gesetzändernd beziehungsweise gesetzesergänzend. Er hat nicht politischen Charakter und enthält keine verfassungsändernden Bestimmungen. Da auch Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, ist eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG erforderlich.

Der Wirtschaftsausschuß stellt mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Bericht zum Tagesordnungspunkt 33: Außenhandelsgesetz.

Mit 1. Juli 1995 ist die Verordnung (EG) 3381/94 des Rates vom 19. Dezember 1994 über eine gemeinsame Ausfuhrkontrolle von Waren mit doppeltem Verwendungszweck, Abl. L 367 vom 31. Dezember 1994, in Kraft getreten. Dabei wird eine Kontrolle von Waren mit doppeltem Verwendungszweck sowohl im Außenhandel als auch im innergemeinschaftlichen Handel normiert. Das Außenhandelsgesetz 1995 regelt nur den Außenhandel. Das geltende Außenhandelsgesetz


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616. Sitzung / Seite 185

berücksichtigt die Erfordernisse der EG-Verordnung nicht ausreichend. Im Zuge der Durchführung des unmittelbar anwendbaren Rechts der EU haben sich Anpassungserfordernisse ergeben.

Der Wirtschaftsausschuß stellt mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Bericht zum Tagesordnungspunkt 34: Internationales Kaffee-Übereinkommen.

Österreich ist ungleich den anderen Mitgliedstaaten der EU noch nicht Mitglied des Internationalen Kaffee-Übereinkommens 1994. Der Beitritt zum neuen Übereinkommen ist aufgrund der verpflichtenden Übernahme des "acquis communautaire" für Österreich erforderlich.

Ziel dieses Übereinkommens ist die Stärkung der Handlungsführung der Europäischen Kommission auf dem Internationalen Kaffeemarkt und in ihren Beziehungen zu den Hauptproduktionsländern.

Gemäß Artikel 49 Abs. 2 B-VG sind die authentischen Texte samt der im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft kundgemachten vorliegenden deutschen Übersetzung des gegenständlichen Staatsvertrages dadurch kundzumachen, daß diese im Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten aufliegen.

Dem Nationalrat erschien bei der Genehmigung des Abschlusses des vorliegenden Staatsvertrages die Erlassung von besonderen Bundesgesetzen im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG zur Überführung des Vertragsinhaltes in die innerstaatliche Rechtsordnung nicht erforderlich.

Der gegenständliche Staatsvertrag ist gesetzändernd beziehungsweise gesetzesergänzend. Das Übereinkommen hat nicht politischen Charakter und enthält keine verfassungsändernden Bestimmungen. Es regelt keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder, sodaß eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG nicht erforderlich ist.

Der Wirtschaftsausschuß stellt mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Bericht zum Tagesordnungspunkt 35: Nahrungsmittelhilfe-Übereinkommen.

Das Nahrungsmittelhilfe-Übereinkommen 1986 ist am 30. Juni 1995 abgelaufen. Im Hinblick auf Nahrungsmitteldefizite sowie auf humanitäre Notsituationen infolge von Dürre- und Hungerkatastrophen sind weiterhin massive Nahrungsmittelhilfespenden seitens der Industriestaaten notwendig. In diesem Zusammenhang muß beachtet werden, daß es neben einem konjunkturellen, etwa durch Dürrekatastrophen oder durch von Menschen herbeigeführte humanitäre Krisen hervorgerufenen Nahrungsmitteldefizit, auch ein strukturelles gibt, was insbesondere für viele der am wenigsten entwickelten Länder – die sich zum überwiegenden Teil in Afrika befinden – gilt. Letztere sind aufgrund physischer Gegebenheiten (Landschaft, Klima) oft nicht in der Lage, genügend Lebensmittel zur Selbstversorgung zu produzieren. Diese Nahrungsmitteldefizite sollen auch in Hinkunft durch Spenden seitens der Geberstaaten nach Möglichkeit ausgeglichen werden.

Gemäß Artikel 49 Abs. 2 B-VG ist der gegenständliche Staatsvertrag in englischer, französischer, russischer und spanischer Fassung sowie die Übersetzung ins Deutsche dadurch kundzumachen, daß diese im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zur öffentlichen Einsichtnahme aufliegen.

Dem Nationalrat erschien bei der Genehmigung des Abschlusses des vorliegenden Staatsvertrages die Erlassung von besonderen Bundesgesetzen im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG zur Überführung des Vertragsinhaltes in die innerstaatliche Rechtsordnung nicht erforderlich.


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616. Sitzung / Seite 186

Der gegenständliche Staatsvertrag ist gesetzändernd beziehungsweise gesetzesergänzend. Das Übereinkommen hat nicht politischen Charakter und enthält keine verfassungsändernden Bestimmungen. Da keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, ist eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG nicht erforderlich.

Der Wirtschaftsausschuß stellt mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Bericht zum Tagesordnungspunkt 36: Handelsabkommen mit Ecuador, El Salvador und Guatemala.

Wegen der sich aus der EU-Mitgliedschaft ergebenden Verpflichtung zur Aufkündigung älterer völkerrechtlicher Verträge, die mit dem EU-Rechtsbestand nicht übereinstimmen, sind die Handelsabkommen mit Ecuador, El Salvador und Guatemala und das Abkommen über die Gewährung begünstigter Zollsätze mit Ungarn aufzukündigen. Die genannten Abkommen wurden seinerzeit mit parlamentarischer Genehmigung abgeschlossen.

Dem Nationalrat erschien bei der Genehmigung des Abschlusses des vorliegenden Staatsvertrages die Erlassung von besonderen Bundesgesetzen im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG zur Überführung des Vertragsinhaltes in die innerstaatliche Rechtsordnung nicht erforderlich.

Der gegenständliche Staatsvertrag ist gesetzändernd beziehungsweise gesetzesergänzend. Er hat nicht politischen Charakter und enthält keine verfassungsändernden Bestimmungen. Da keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, ist eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG nicht erforderlich.

Der Wirtschaftsausschuß stellt mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Bericht zum Tagesordnungspunkt 37: Akkreditierungsgesetz.

Die Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Puttinger, Dr. Kurt Heindl und Genossen haben am 7. Mai 1996 einen Initiativantrag im Nationalrat eingebracht und unter anderem wie folgt begründet:

Im Rahmen der Evaluierung der Akkreditierungsstelle des Bundes im Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten durch die Europäische Vereinigung für die Akkreditierung von Prüfstellen (EAL) wurde die Forderung erhoben, daß die akkreditierten Stellen zum Zeichen ihrer Akkreditierung ein bestimmtes Logo führen sollten, um sich von den nichtakkreditierten Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen besser abgrenzen zu können.

Aufgrund der derzeitigen Regelung des Akkreditierungsgesetzes besteht nach Ablauf der Autorisation einer Prüfanstalt (Versuchsanstalt) keine Möglichkeit der Verlängerung. Die Abläufe bei den aktuellen Akkreditierungsverfahren lassen aber den Fall eintreten, daß gegenwärtig eine nicht unbedeutende Anzahl von Prüfstellen nun nicht mehr autorisiert sind (zirka 20) und auch das Akkreditierungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist beziehungsweise absehbar ist, daß das Akkreditierungsverfahren vor Ablauf ihrer Autorisation nicht abgeschlossen werden kann (ebenfalls zirka 20), sie sohin über keine aufrechte Befugnis in ihrem Tätigkeitsbereich verfügen. Um ihre Stellung auf dem Markt im Sinne eines gerechten Wettbewerbs nicht zu gefährden, sollen sie bis zum Abschluß ihres jeweiligen Akkreditierungsverfahrens weiterhin als autorisierte Prüfstelle beziehungsweise Versuchsanstalt auftreten können. Da die letzten aufrechten Autorisationen erst mit Ende 1996 ablaufen werden, soll diese Möglichkeit auch den jetzt noch autorisierten Stellen eingeräumt werden, jedoch unter der Voraussetzung, daß bis 31. Oktober 1996 der Antrag auf Akkreditierung eingebracht wird.

Der Wirtschaftsausschuß stellt ebenfalls mit Stimmeinhelligkeit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.


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Bericht zum Tagesordnungspunkt 38: Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnungs-Novelle und Wirtschaftstreuhänder-Kammergesetz.

Die Abgeordneten Mag. Cordula Frieser, Dr. Kurt Heindl und Genossen haben am 28. Juni 1996 einen Initiativantrag im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

Anlaß für die im Entwurf vorliegenden Regelungen für einen zeitlich begrenzten neuerlichen Zugang zur Berufsgruppe der Buchprüfer und Steuerberater ist die Umsetzung der Vierten Richtlinie des Rates vom 25. Juli 1978 aufgrund von Artikel 54 Abs. 3 Buchstabe g des Vertrages über den Jahresabschluß von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen in österreichisches Recht.

Das EU-Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz trägt der Verpflichtung der Umsetzung der Vierten EG-Richtlinie in nationales Recht Rechnung. Mit der Festlegung der Größenmerkmale gemäß Artikel 53 Abs. 2 Bilanz-RL sind in der Neufassung des § 221 HGB drei Größenklassen von Kapitalgesellschaften vorgesehen. Dadurch bedingt ist eine vermehrte Prüfungstätigkeit durch die erforderlich werdende Abschlußprüfung mittelgroßer Kapitalgesellschaften in der Rechtsform einer GesmbH gemäß § 221 Artikel 2 HGB zu erwarten. Diese Abschlußprüfung kann auch durch Angehörige der Berufsgruppe der Buchprüfer und Steuerberater beziehungsweise durch Buchprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften vorgenommen werden.

Der Wirtschaftsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage, die wie alle anderen auch am 23. Juli 1996 stattgefunden hat, mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Die Berichterstattung über Punkt 39 hat Frau Bundesrätin Hedda Kainz übernommen. Ich ersuche sie höflich um die Berichterstattung.

Berichterstatterin Hedda Kainz: Hoher Bundesrat! Ich erstatte den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz über besondere Förderungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU-Förderungsgesetz).

Die Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder, Dr. Kurt Heindl und Genossen haben am 7. Mai 1996 den Initiativantrag 184/A im Nationalrat eingebracht und unter anderem wie folgt begründet:

Kleine und mittlere Unternehmen haben große Bedeutung für das Beschäftigungsvolumen, die Innovationskraft und die Dynamik einer Wirtschaft.

Belastungen durch das komplizierte verwaltungsmäßige und gesetzgeberische Umfeld, Strukturschwächen im Management und Schwierigkeiten bei der Selbstfinanzierung verhindern jedoch, daß dieses Potential der – überwiegend mittelständischen – österreichischen Wirtschaft voll ausgeschöpft wird.

In diesem Sinne soll durch das KMU-Förderungsgesetz eine EU-orientierte, klare gesetzliche Grundlage für die bislang im wesentlichen lediglich auf den "Allgemeinen Rahmenrichtlinien für die Gewährung von Förderungen aus Bundesmitteln" basierende Förderung zugunsten dieses wichtigen Faktors der österreichischen Wirtschaft geschaffen werden.

Zu der im Gesetz vorgesehenen Übernahme von Haftungen durch die BÜRGES und deren Schadloshaltung durch den Bund ist anzumerken, daß angesichts der großen Anzahl an Förderungsfällen und im Interesse einer möglichst raschen und unbürokratischen Förderungsabwicklung dem Beauftragten des Bundesministers für Finanzen lediglich Listen mit einer vertraglich näher zu regelnden Basisinformation über die Förderungsfälle vorgelegt werden sollen und mit stichprobenartigen Prüfungen das Auslangen gefunden werden muß.

§ 7 Abs. 1 bis 3 des gegenständlichen Beschlusses unterliegt gemäß Artikel 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Einspruchsrecht des Bundesrates.


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616. Sitzung / Seite 188

Der Wirtschaftsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Dieter Langer. Ich erteile es ihm.

22.02

Bundesrat Mag. Dieter Langer (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wurden einige Tagesordnungspunkte zusammengefaßt, und wir werden zu fast allen in diesen Tagesordnungspunkten behandelten Materien unsere Zustimmung geben.

Ich werde mich in meinen Ausführungen mit jenem Tagesordnungspunkt befassen, dem wir unsere Zustimmung nicht erteilen können: Es handelt sich hiebei um das KMU-Förderungsgesetz, welches wir ablehnen. Worum handelt es sich dabei? – Im Ausschuß haben wir gehört, daß es praktisch das Gewerbestrukturverbesserungsgesetz ablösen soll. Davon lese ich jedoch im vorliegenden KMU-Förderungsgesetz nichts. Es hat auch keinen Bezug darauf. Offenbar wird jetzt doch beides nebeneinander weiter existieren.

Es wurde diesbezüglich ein Initiativantrag eingebracht, und dessen Begründung müssen wir uns einmal näher ansehen – ich zitiere –: "Kleine und mittlere Unternehmen haben große Bedeutung für das Beschäftigungsvolumen, die Innovationskraft und die Dynamik einer Wirtschaft." – No na! Das wissen wir alle, das behaupten auch alle! Das ist also eine ständige Redewendung, die in aller Politiker Munde ist.

Weiter heißt es: "Belastungen durch das komplizierte verwaltungsmäßige und gesetzgeberische Umfeld, Strukturschwächen im Management und Schwierigkeiten bei der Selbstfinanzierung verhindern jedoch, daß dieses Potential der – überwiegend mittelständischen – österreichischen Wirtschaft voll ausgeschöpft wird." – Ich finde das einfach wunderbar! Das ist – reduziert auf das Wesentliche – genau das, woran es bei der österreichischen Wirtschaft krankt, etwas, wobei man schon seit zehn Jahren, seit Bestehen der großen Koalition, Abhilfe schaffen hätte können. Geschehen ist jedoch nichts. Aber es ist ganz wunderbar, daß Frau Dr. Tichy und Kollegen jetzt endlich erkannt haben, woran es eigentlich liegt.

Dann liest man weiter in dem Initiativantrag und wartet gespannt, was jetzt vorgeschlagen wird, um die eben angeführten Probleme der österreichischen Wirtschaft zu beseitigen und bei den kleinen und mittleren Unternehmungen etwas Besseres, etwas Neues, etwas wesentlich anderes anzugehen. Denn es handelt sich ja um ein "Gesetz über besondere Förderung kleiner und mittlerer Unternehmungen".

Man erwartet, etwas darüber zu finden – darauf wurde ja in der Einleitung so schön hingewiesen –, woran es krankt und wie man da Abhilfe schaffen könnte. Man erwartet, zum Beispiel Vorschläge zum Abbau der Bürokratie, zur Verhinderung von die Wirtschaft belastenden Gesetzen, betreffend den Abbau der Lohnnebenkosten und mehr Möglichkeiten zur Eigenkapitalbildung und zur Erleichterung bei der Lohnverrechnung zu finden. Man erwartet sich die Abschaffung der Getränkesteuer – horribile dictu! –, leichtere Kapitalbeschaffung und Erleichterungen beim Arbeitnehmerschutzgesetz.

Jetzt liest man das Gesetz – es ist Gott sei Dank relativ kurz – und stellt fest: Von nichts von alledem ist die Rede. Das, was darin enthalten ist, ist die Fortschreibung bestehender Möglichkeiten der Förderung mit kleinen Erweiterungen und Ergänzungen. Und nicht einmal auf die einfachste und schnellste aller Möglichkeiten ist man gekommen, hier vielleicht ein bißchen Abhilfe zu schaffen, nämlich auf die Abschaffung der Kreditgebühr für die Förderungskredite: Nicht einmal diese ist darin enthalten! Es gibt auch keine Erleichterung für die Erlangung von BÜRGES-Krediten, die in den letzten Jahren stark rückläufig waren. – Ich kann Ihnen auch erklären, warum das so ist: Es bedarf nämlich, wenn man einen BÜRGES-Kredit haben will, bei


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den Banken sehr vieler Sicherheiten. Übertrieben gesprochen kann man sagen, daß derjenige, der ohnedies bereits so viel an Sicherheiten hat, eigentlich gar keinen Kredit mehr bräuchte.

Dieses KMU-Förderungsgesetz wird den österreichischen Klein- und Mittelbetrieben also sicher nicht das bringen, was so hochtrabend in der Präambel versprochen wurde. Es ist meines Erachtens das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt ist. Und das geben die Einbringer dieses Initiativantrages eigentlich auch selbst zu, wenn etwa zum Begriff "Kosten" zu lesen ist – ich zitiere –: "Eine Erhöhung der Kosten für die Durchführung von Förderungen des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen" – dann steht in Klammer, daß die Aufwendungen der ausgelagerten Förderungsstellen rund 48 Millionen Schilling ausmachen – "durch das gegenständliche Gesetz ist im Ergebnis nicht zu erwarten." Es kommt dann auch die Begründung, warum das so ist: "Infolge der Reduzierung der Förderungsmittel ist vielmehr mit einem Sinken des Verwaltungsaufwandes zu rechnen."

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird nicht erweitert, es wird reduziert! Kein Wunder, wenn nichts über den Förderungsumfang und die Finanzierung der Förderungen in diesem Initiativantrag enthalten ist! Was ist denn das für ein Förderungsgesetz? – Was hier vorliegt, ist ein Potemkinsches Dorf, ein Schmäh-Packerl, offenbar nur geschaffen, um den Unternehmern Sand in die Augen zu streuen, ihnen weiszumachen, daß vielleicht etwas für sie geschehen könnte, um Hoffnung zu erwecken, damit man sich vielleicht ein Federl an den Hut stecken kann. Aber ändern tut sich nichts am bisherigen Zustand, nein, es handelt sich sogar um eine Reduktion! – Meine Damen und Herren! Für eine derartige Augenauswischerei sind wir Freiheitlichen nicht zu haben! Wir lehnen dieses Gesetz ab! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.09

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann. Ich erteile es ihm.

22.09

Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Da ich ziemlich sicher war, daß sich Kollege Langer auf das KMU-Gesetz stürzen wird, möchte ich mich in meinen Ausführungen auch besonders auf dieses Gesetz konzentrieren.

Ich freue mich – ich glaube, das sollte man zuerst sagen –, den neuen Wirtschaftsminister hier im Bundesrat begrüßen zu können. Soviel ich weiß, ist er heute zum ersten Mal hier. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Kollege Langer! Sie müßten diesen Initiativantrag ein bisserl genauer lesen und dieses Gesetz genauer hinterfragen. Dann würden Sie, glaube ich, nicht zu diesen Schlußfolgerungen kommen und dieses Gesetz auch nicht ablehnen. Wir werden sicherlich bei allen Klein- und Mittelbetrieben, wo es nur geht, entsprechend deponieren, daß die Freiheitlichen gegen dieses Gesetz sind. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kapral. )

Worum geht es? Was ist der Hintergrund dieses Gesetzes? (Bundesrat Mag. Langer: Daß wir gegen dieses Gesetz sind, können Sie ruhig deponieren!) Kollege, das werden wir deponieren, damit die Leute draußen sehen, wie doppelzüngig Sie hier vorgehen! (Bundesrat Mag. Langer: Bei den Kleinen werden Sie keinen Stich machen!) Ich glaube, ich muß Sie über dieses Gesetz aufklären! (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Mag. Langer. ) Ich habe Sie nicht verstanden, aber das macht nichts! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Tremmel. )

Meine Damen und Herren! Dieser Initiativantrag war notwendig, um eine klare gesetzliche Grundlage für die Förderung der Klein- und Mittelbetriebe in Österreich zu schaffen. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Meine Damen und Herren! Es geht darum, für die BÜRGES eine entsprechende gesetzliche Basis zu schaffen. Die BÜRGES ist eine Förderungsbank und braucht ein entsprechendes Haftungsvolumen. Weil der Bund für dieses Haftungsvolumen entsprechendes Eigenkapital nicht zur Verfügung stellen kann, ist der Weg der Bundeshaftung gegangen worden – sonst müßten 350 Millionen Schilling an Eigenkapital zur Verfügung gestellt werden.


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Weiters geht es darum, eines der wichtigsten Förderungsinstrumentarien der BÜRGES, nämlich die Haftungsübernahme, auf eine gesetzliche Basis zu stellen. Darum ist dieses Gesetz geschaffen worden.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Langer! Sie sollten sich die Berichte der BÜRGES, die jährlich herausgegeben werden, ein bissel durchlesen, dann werden Sie sehen, was die BÜRGES für die österreichischen Klein- und Mittelbetriebe alles durchgeführt und erreicht hat. Noch dazu gibt es dort seit Steger einen Freiheitlichen, der Geschäftsführer ist. Es wurde damals eigens aufgestockt. Steger stellte damals die Grundbedingungen, daß drei Geschäftsführer zur Verwaltungsvereinfachung zur Verfügung stehen.

Die BÜRGES-Gesellschaft gibt es seit dem Jahr 1954. Allein in den letzten zehn Jahren wurden 94 000 Förderungsfälle mit einem Finanzierungsvolumen von 75 Milliarden Schilling von der Bürgschafts-Gesellschaft erledigt. Herr Kollege! Sie wollten das gestern im Ausschuß wissen, darum möchte ich es Ihnen heute sagen. Daran sieht man ... (Bundesrat Dr. Kapral: Wenn die BÜRGES so gut ist, dann brauchen wir kein KMU-Gesetz! Dann lassen wir doch die BÜRGES arbeiten!)

Sie haben zuerst über den letzten Tagesordnungspunkt, über das Bankwesengesetz eine Frage gestellt! Ich glaube, Sie kennen sich damit wirklich nicht aus! (Bundesrat Dr. Kapral: Zuerst habe ich Sie gefragt, was Sie unter dem "Börseplatz Wien" verstehen!) Ich habe es Ihnen gerade erklärt! Man will eine entsprechende gesetzliche Basis für die BÜRGES schaffen. Und Sie fragen, wofür wir es brauchen! Seien wir doch froh, daß wir diese Unterlagen haben! (Bundesrat Ing. Penz: Erklär’ ihm das!) Ich werde ihm ein Privatissimum geben. Aber ich glaube, Kollege Kapral will es heute nicht verstehen! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kapral. ) Ich bin ja froh, daß ich jünger bin, ich habe nichts dagegen! (Rufe und Gegenrufe bei den Freiheitlichen und bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist besonders wichtig, für dieses Finanzierungsinstrumentarium die entsprechende Basis zu schaffen. Wir haben auf Bundesebene den ERP-Fonds, die BÜRGES-Einrichtungen, und auf Landesebene, in den einzelnen Landesregierungen entsprechende Förderungsinstitutionen.

Warum ist diese Einrichtung so wichtig? – Sie ist das Instrumentarium für die Klein- und Mittelbetriebe und nicht für den Industriebereich. Ich glaube, das sollte man erwähnen, und insbesondere deshalb habe ich mich zu Wort gemeldet. 98,5 Prozent der Betriebe der gewerblichen Wirtschaft sind Klein- und Mittelbetriebe bis 100 Beschäftigte. Sie beschäftigen fast 50 Prozent der Dienstnehmer in der gewerblichen Wirtschaft, das sind derzeit rund 1,4 Millionen Personen. – Man sieht also, wie wichtig die Klein- und Mittelbetriebe für den Arbeitsmarkt in Österreich sind!

Man muß aber auch zur Kenntnis nehmen, daß der Zuwachs an solchen Unternehmen in den letzten fünf Jahren mit 6,8 Prozent der aktiven Betriebe, sprich: 16 000 Betriebe, relativ bescheiden war. Daher ist es unbedingt wichtig, die Rahmenbedingungen einerseits für Jungunternehmer, aber auch für die Klein- und Mittelbetriebe zu verbessern. Und ich bin mit Ihnen einer Meinung, Kollege Langer, daß der Bereich der Finanzierung und Förderung nur ein Teilbereich ist. In einem weiteren Bereich, der genauso wichtig ist, geht es darum, die Rahmenbedingungen für die Klein- und Mittelbetriebe zu verbessern. Es gibt nämlich beispielsweise eine ganze Fülle von bürokratischen Fußangeln wie Betriebsanlagengenehmigungsverfahren, Bauordnung, Arbeitsinspektorat, Arbeitnehmerschutzbestimmungen, die jungen Unternehmern und auch bestehenden Betrieben das Vertrauen und die Hoffnung nehmen. Das heißt, es muß wirklich das Vertrauen gestärkt werden, damit eine entsprechende Basis für neue Betriebe geschaffen wird.

Gerade die BÜRGES hat sich in den letzten Monaten gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium bemüht, eine neue Aktion ins Leben zu rufen, nämlich das Unternehmergründungssparen: Es besteht die Möglichkeit, bis 750 000 S eine 14prozentige Prämie zu bekommen. So wird ein gewisser Anreiz gegeben, wenn man sich selbständig macht, für Eigenkapital vorzusorgen.


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Es ist auch interessant, daß in einer Studie von Professor Mugler, die vor wenigen Wochen erschienen ist, festgestellt wird, daß die Überlebensquote unserer Jungunternehmer mit rund 72 Prozent gegenüber der Bundesrepublik Deutschland mit 63 Prozent und der Schweiz und Dänemark mit 59 Prozent außerordentlich gut ist. Das bestätigt den Weg, den wir in Österreich gehen: Im Vordergrund stehen einerseits eine qualifizierte Ausbildung, andererseits ein entsprechendes Förderungsinstrumentarium. Es ist aber, wie gesagt, wichtig, daß neben der Bedachtnahme auf diese beiden Voraussetzungen auch die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden, vor allem im bürokratischen Bereich.

Ich möchte als Beispiel die Probleme anführen, die ein junger Unternehmer derzeit hat, wenn er den elterlichen Betrieb übernimmt. Mir selbst sagte vorige Woche im Zillertal der Sohn eines Hoteliers: Ich will den Betrieb gar nicht übernehmen, weil ich solche Probleme mit neuen Auflagen bekomme. In Niederösterreich haben wir eine sogenannte "Gulasch-Kobra" einführen müssen, eine Spezialtruppe von Beamten, die Inhaber gastgewerblicher Klein- und Mittelbetriebe bei der Betriebsübernahme quasi gegenüber Sachverständigen und gegenüber den normalen Gewerbebehörden unterstützt.

Das heißt, hier müssen wir eingreifen, hier müssen wir den Jungen helfen und ihnen den Mut geben, Betriebe leichter zu übernehmen. Besonders im Gastgewerbe sind in letzter Zeit diese Probleme aufgetreten. Auch in Niederösterreich bemühen wir uns, neben diesen Aktionen auf Bundesebene vor allem durch Kapitalbeteiligung entsprechende Möglichkeiten für Eigenkapitalbildung zu schaffen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist besonders wichtig, daß wir durch dieses KMU-Gesetz die entsprechende Basis für unsere Förderungseinrichtung, für die BÜRGES, schaffen. Es ist aber genauso wichtig, zu bedenken, daß das nur ein Bereich ist. Ich glaube aber, der Wirtschaftsminister ist ohnedies drauf und dran, die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, daß vor allem das Betriebsanlagengenehmigungsverfahren und die Verfahren zur Betriebsübernahme überhaupt beschleunigt werden. Damit können wir die Rahmenbedingungen für die Klein- und Mittelbetriebe in Österreich verbessern.

Meine Fraktion wird all diesen Tagesordnungspunkten die Zustimmung erteilen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

22.20

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Erhard Meier. Ich erteile es ihm.

22.20

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Wenn wir für die jetzt noch zu beschließenden Novellen weniger Zeit haben, soll das nicht bedeuten, daß sie nicht auch sehr wichtig sind, vor allem die vorliegende Energiecharta, aber natürlich auch das Halbleiterschutzgesetz. Auf diesem Gebiet findet eine ganz enorme Entwicklung hin zum amerikanischen Raum, aber auch nach Japan statt.

Daß Österreich dem Internationalen Kaffee-Übereinkommen beitritt, entspricht einer europäischen Regelung des Erfüllens des Acquis Communautaire, weil die EU sicherlich besser in der Lage ist, mit den Produzenten zu verhandeln, als Österreich allein.

Das Nahrungsmittelhilfe-Übereinkommen aus dem Jahre 1986 ist abgelaufen und muß leider fortgesetzt werden. Ich sage "leider", weil es noch Länder gibt, die nicht in der Lage sind, genug Lebensmittel zur Eigenvorsorge zu erzeugen, und weil es natürlich immer wieder Naturkatastrophen wie etwa Dürrekatastrophen gibt, die Nahrungsmittellieferungen aus humanitären Gründen notwendig machen.

Nun ein paar Worte – ich werde mich wirklich kurz halten – zum KMU-Förderungsgesetz, das die Förderungsmöglichkeiten für kleinere und mittlere Unternehmen beinhaltet, die für die gesamte Wirtschaft besonders wichtig sind, weil die kleineren und mittleren Unternehmen über das ganze Bundesgebiet verstreut sind, in ihrer Summe nicht so anfällig für Konjunkturschwan


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kungen sind, für die lokale Wirtschaft ganz große Bedeutung haben und auch eine Reihe von Arbeitsplätzen schaffen.

Ich kann nicht sagen, daß dieses Gesetz das Papier nicht wert ist, auf das es geschrieben ist, weil die Förderungen so niedrig sind. Herr Dr. Kaufmann hat Beträge und die Anzahl von Förderungen genannt. Warum das das Papier nicht wert sein soll, auf dem dieses KMU-Förderungsgesetz geschrieben ist, verstehe ich nicht.

Herr Kollege Langer! Ich weiß aus meiner Tätigkeit in einer lokalen Sparkasse, wie viele kleinere und mittlere Unternehmen Mittel aus der BÜRGES in Anspruch genommen haben. Natürlich muß überprüft werden, denn es gibt bestimmte Richtlinien. Er kann nicht 100prozentig gefördert werden, sondern es gibt bestimmte Voraussetzungen dafür. Und es gibt natürlich auch Betriebe, bei denen man schon vorher weiß, daß sie nicht in der Lage sein werden, die entsprechenden Beträge wiederum zurückzuzahlen. Die Haftungsübernahme mit der Rückhaftung durch den Bund muß im Rahmen bleiben, die Höhe dieser Mittel, die für den Notfall einer Haftungsübernahme vorhanden sein müssen, wird im Budget festgelegt.

Neben Geldzuwendungen oder Zinsenzuschüssen gibt es auch Beratung und Serviceleistungen. Da wir nun aber in einer Zeit des Sparens leben, können leider, obwohl wir alle sehr dafür wären, daß mehr Mittel zur Verfügung stünden, nicht mehr Mittel zur Verfügung stehen.

Ich glaube, daß dieses Gesetz wichtig ist, insbesondere die Änderung, die in diesem Gesetz enthalten ist, daß nicht nur Zugehörigkeit zur Wirtschaftskammer die Förderung möglich macht, sondern auch Freischaffenden diese Möglichkeit gegeben wird. Ich glaube, daß dadurch wiederum viele kleine und mittlere Unternehmen in Österreich Hilfe und Unterstützung erhalten, die für ihren Bestand sehr wesentlich sind. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

22.25

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht gegeben.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Halbleiterschutzgesetz geändert wird und die Kundmachung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 11. September 1989 betreffend Gegenseitigkeit nach dem Halbleiterschutzgesetz gegenüber Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Japan, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Schweden, Spanien und den Vereinigten Staaten von Amerika aufgenommen wird (Halbleiterschutzgesetz-Novelle 1996).

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend einen Vertrag über die Energiecharta samt Anlagen und Beschlüssen.

Der gegenständliche Beschluß regelt Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Länder, weshalb dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz bedarf.


Bundesrat
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616. Sitzung / Seite 193

Überdies enthält er in dessen Artikel 30 sowie in dessen Artikel 36 Abs. 1 Z. d und e und Abs. 4 Verfassungsbestimmungen, welche die Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung und Vollziehung einschränken, weshalb diese genannten Bestimmungen überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedürfen.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte nun jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den im Artikel 30 sowie im Artikel 36 Abs. 1 Z. d und e und Abs. 4 des vorliegenden Beschlusses enthaltenen Verfassungsbestimmungen gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsgemäße Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, den im Artikel 30 sowie im Artikel 36 Abs. 1 Z. d und e und Abs. 4 des vorliegenden Beschlusses enthaltenen Verfassungsbestimmungen gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter der Berücksichtigung der besonderen Beschlußerfordernisse angenommen. Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Ich bitte ferner jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem vorliegenden Beschluß des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem vorliegenden Beschluß im Sinne des Artikels 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Hoher Bundesrat! Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Energiechartaprotokoll über Energieeffizienz und damit verbundene Umweltaspekte samt Anlage.

Da der vorliegende Beschluß Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Außenhandelsgesetz 1995 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.


Bundesrat
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Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Internationales Kaffee-Übereinkommen 1994.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Nahrungsmittelhilfe-Übereinkommen von 1995.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend die Kündigung von Handelsabkommen mit Ecuador, El Salvador und Guatemala sowie eines Abkommens über die Gewährung begünstigter Zollsätze mit Ungarn.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Akkreditierungsgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung, die Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnungs-Novelle 1982 und das Wirtschaftstreuhänder-Kammergesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz über besondere Förderungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU-Förderungsgesetz).

Da § 7 Abs. 1 bis 3 des gegenständlichen Beschlusses gemäß Artikel 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz nicht dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt, bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates, soweit er dem Einspruchsrecht des Bundesrates im Sinne des Artikels 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz unterliegt, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit .


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Der Antrag, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates, soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

40. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 und das Landwirtschaftsgesetz 1992 geändert werden (198 und 221/NR sowie 5218 und 5263/BR der Beilagen)

41. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz über den Verkehr mit Reben (Rebenverkehrsgesetz 1996) (199 und 222/NR sowie 5264/BR der Beilagen)

42. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz über forstliches Vermehrungsgut (Forstliches Vermehrungsgutgesetz), Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975 geändert wird, und Bundesgesetz, mit dem das Düngemittelgesetz 1994 geändert wird (200 und 223/NR sowie 5265/BR der Beilagen)

43. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Änderungsprotokoll zu dem Europäischen Übereinkommen zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen (156 und 224/NR sowie 5223 und 5266/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wir gelangen nun zu den Punkten 40 bis 43 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 und das Landwirtschaftsgesetz 1992 geändert werden,

ein Bundesgesetz über den Verkehr mit Reben (Rebenverkehrsgesetz 1996),

ein Bundesgesetz über forstliches Vermehrungsgut (Forstliches Vermehrungsgutgesetz), Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975 geändert wird, und Bundesgesetz, mit dem das Düngemittelgesetz 1994 geändert wird, und

ein Änderungsprotokoll zu dem Europäischen Übereinkommen zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen.

Die Berichterstattung über die Punkte 40 bis 43 hat Herr Bundesrat Engelbert Schaufler übernommen. Ich ersuche ihn höflich um die Berichterstattung.

Berichterstatter Engelbert Schaufler: Tagesordnungspunkt 40, das AMA-Gesetz 1992 und das Landwirtschaftsgesetz 1992 betreffend:

Der II. Abschnitt des AMA-Gesetzes (Agrarmarkt Austria-Gesetz) enthält Regelungen zur Aufbringung von Beiträgen zur Förderung des Agrarmarketings.

Der gegenständliche Beschluß trägt folgendem Inhalt Rechnung:

Einführung eines flächenbezogenen Systems bei der Einhebung des Agrarmarketingbeitrages bei Obst und Gemüse sowie Adaption der damit zusammenhängenden Bestimmungen,


Bundesrat
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Möglichkeit der Aufrechnung von Marketingbeiträgen und Förderungen,

Einführung ergänzender Bestimmungen hinsichtlich der EDV-mäßigen Handhabung der Marktordnungsprämien-Erledigungen.

Die im Abschnitt I Z 1 und Z 17 sowie im Abschnitt II Z 1 und Z 3 des vorliegenden Gesetzesbeschlusses enthaltenen Verfassungsbestimmungen bedürfen der Zustimmung des Bundesrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG.

Der Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag ,

1. den im Abschnitt I Z 1 und Z 17 sowie im Abschnitt II Z 1 und Z 3 des gegenständlichen Gesetzesbeschlusses enthaltenen Verfassungsbestimmungen im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

2. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Tagesordnungspunkt 41 betreffend ein Bundesgesetz über den Verkehr mit Reben:

Mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union ist es erforderlich, die derzeit in der Gemeinschaft geltenden Rechtsvorschriften über Vermehrungsgut von Reben im Detail zu übernehmen.

Durch den gegenständlichen Gesetzesbeschluß werden insbesondere die Richtlinien des Rates über den Verkehr mit vegetativem Vermehrungsgut von Reben und die Richtlinien der Kommission zur Festlegung von Merkmalen und Mindestanforderungen für die Prüfung von Rebsorten umgesetzt.

Es erfolgt eine Einteilung nach Kategorien des Vermehrungsgutes, und zwar je nachdem, ob eine phytopathologische Prüfung erforderlich ist oder nicht, in Vorstufenvermehrungsgut, Basisvermehrungsgut und zertifiziertes Vermehrungsgut beziehungsweise Standardvermehrungsgut. Weiters wird eine klare Trennung zwischen der Zulassung von Ausgangsmaterial für Vermehrungsgut und der Anerkennung beziehungsweise der Kontrolle von Vermehrungsgut vorgenommen.

Der Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Tagesordnungspunkt 42 betreffend ein Bundesgesetz über forstliches Vermehrungsgut (Forstliches Vermehrungsgutgesetz), Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975 geändert wird, und Bundesgesetz, mit dem das Düngemittelgesetz 1994 geändert wird.

Mit dem vorliegenden Gesetzesbeschluß des Nationalrates soll ein neues Gesetz geschaffen werden, welches sowohl die neuesten genetischen Erkenntnisse berücksichtigt, die vielfachen Funktionen der österreichischen Wälder zu sichern hilft und eine Identitätssicherung gewährleistet, als auch die Richtlinien der EG über den Verkehr mit forstlichem Vermehrungsgut und über die Normen für die äußere Beschaffenheit von forstlichem Vermehrungsgut in nationales Recht überführt.

Weiters ist Österreich auch Mitglied der OECD, deren Regelungen über die Kontrolle des forstlichen Vermehrungsguts im internationalen Handel ebenfalls zu berücksichtigen sind. Aus diesen Gründen ist der XI. Abschnitt des Forstgesetzes in seiner derzeitigen Fassung aufzuheben und durch ein neues Gesetz über forstliches Vermehrungsgut zu ersetzen.

Der gegenständliche Beschluß trägt dem Umstand Rechnung, daß die Kategorien "Ausgewähltes Vermehrungsgut" und "Geprüftes Vermehrungsgut" sowie Normen für die Saatgut- und Pflanzenqualität eingeführt werden. Weiters wird eine klare Trennung zwischen der Zulassung von Ausgangsmaterial für Vermehrungsgut und der Anerkennung von Vermehrungsgut vorgenommen.


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Der Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Tagesordnungspunkt 43 betreffend ein Änderungsprotokoll zu dem Europäischen Übereinkommen zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen:

Der vorliegende Gesetzesbeschluß trägt dem Umstand Rechnung, daß Artikel 13 des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen vorsieht, daß der gemäß seinem Artikel 8 eingesetzte Ständige Ausschuß der Vertragsparteien im Dreijahresabstand unter anderem über die Auswirkungen des Übereinkommens in der Praxis berichtet und erforderlichenfalls Vorschläge für Vertragsänderungen unterbreitet. In diesem Sinne hat der Ständige Ausschuß das vorliegende Änderungsprotokoll ausverhandelt, mit dem das Übereinkommen an die Weiterentwicklung in der Tierhaltung angepaßt werden soll, indem sein Anwendungsbereich auf bestimmte Aspekte der Entwicklungen in den Tierhaltungsmethoden, insbesondere im Bereich der Biotechnologie sowie auch das Töten von Tieren im landwirtschaftlichen Betrieb erweitert werden soll.

Der Anwendungsbereich des gegenständlichen Übereinkommens wird auf den Bereich der Zucht erweitert. Weiters ist unter anderem ein neuer Artikel 3 vorgesehen, der das Verbot der natürlichen oder künstlichen Zucht oder von Zuchtmethoden enthält, die zu vorhersehbaren Leiden oder Schäden bei den beteiligten Tieren führen oder führen können.

Der Nationalrat hat anläßlich der Beschlußfassung im Gegenstand im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG beschlossen, daß dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist.

Der gegenständliche Staatsvertrag ist gesetzändernd beziehungsweise gesetzesergänzend. Da auch Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, ist eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG erforderlich.

Der Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag ,

dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

und mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag ,

gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Waldhäusl. Ich erteile es ihm.

22.40

Bundesrat Gottfried Waldhäusl (Freiheitliche, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Ich möchte eingangs der Debatte feststellen, daß wir dem Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz und das Düngemittelgesetz geändert werden, und dem Änderungsprotokoll zum Europäischen Übereinkommen zum Schutz von Tieren in der landwirtschaftlichen Tierhaltung sehr wohl die Zustimmung erteilen werden.

Dem Bundesgesetz, mit dem das Rebenverkehrsgesetz jetzt neu beschlossen wird, wird aus Gründen der Wettbewerbsverzerrung gegenüber heimischen Veredlern die Zustimmung hier verwehrt, und auf das AMA-Gesetz – sprich: Änderung des Landwirtschaftsgesetzes –, dem Hauptteil meiner Ausführungen, möchte ich jetzt näher eingehen. (Bundesrat Ing. Penz: Wo


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haben Sie das gehört, daß das Gesetz wettbewerbsverzerrend ist?) Herr Direktor, das müßten Sie am besten wissen (Bundesrat Ing. Penz: Sagen Sie es!) , nachdem Sie sich ja selbst Bauernvertreter schimpfen; leider nur mehr schimpfen, weil Sie es schon lange nicht mehr sind, Sie schreiben es nur mehr so. Sie müßten es wissen, daß die heimischen Bauern jetzt teilweise gezwungen sind, deutsches Reisig zu importieren und nicht mehr im Ausmaß wie bisher österreichisches verwenden können. Doch das ist jetzt Ihr Problem, Herr Direktor! Sie haben dann die Möglichkeit, hier über das Rebenverkehrsgesetz zu sprechen, das aus Ihrer Sicht zu beurteilen. Faktum ist jedenfalls, daß wir dieses Gesetz ablehnen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Ing. Penz: Sie haben es ja gar nicht verstanden!) Ihr Bezug, Herr Direktor Penz, zu Wein besteht wahrscheinlich ausschließlich darin, daß Sie ihn gerne trinken, aber sonst nichts. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das steigert aber die heimische Weinwirtschaft, und darum sind wir mit Ihnen sehr zufrieden. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zum AMA-Gesetz – Landwirtschaftsgesetz – ... (Bundesrat Ing. Penz: Sie haben heute schon zu viel Nachtmahl gegessen!) Im Gegensatz zu Ihnen bin ich hier herüben gesessen und habe der Debatte gelauscht; Sie sind bei der Kärntner Jause gesessen und haben dort Wein getrunken. So ist die verschiedene Auffassung über den Parlamentarismus. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Bieringer: Aber die Kärntner Jause war gut!)

Aber ich hoffe, Herr Direktor Penz, Sie werden heute als Bauernvertreter noch zu den einschneidenden Maßnahmen, die die Bundesregierung jetzt vornimmt, sprechen und Stellung nehmen – es sei denn, Sie behandeln es so wie Ihr Kollege Willibald Sauer, ein Waldviertler Bauernvertreter: Der spricht im Nationalrat – hört genau zu! – nicht zu den Bauernproblemen, der verteidigt im Nationalrat seine schwarzen Bonzen beim Bezügegesetz! Im "Zeit im Bild 2" haben es auch die Bauern gesehen! Zu den Bauern spricht Willibald Sauer schon lange nicht mehr, aber seine schwarzen Bonzen verteidigt er! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zur Situation in der Landwirtschaft: Im Rinderbereich ist momentan schlechthin eine Katastrophe ausgebrochen. Die Zahlungen, die versprochen wurden, sind längst überfällig aufgrund des BSE-Skandales. (Der Redner unterbricht seine Ausführungen aufgrund der Unruhe im Saal.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Sie sind am Wort!

Bundesrat Gottfried Waldhäusl (fortsetzend) : Ja, ich bin am Wort, aber die Vorsitzführende sollte dafür sorgen, daß auch immer etwas Ruhe herrscht, so wie es bei anderen üblich ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Ing. Penz: Was Sie zusammenreden, da kann Ihnen niemand zuhören!) Sie haben die Möglichkeit, daß Sie den Saal verlassen! Gehen Sie wieder Wein trinken zur Kärntner Jause, dann brauchen Sie da nicht zuzuhören! (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Wenn Sie behaupten, daß ich Blödsinn rede, dann zeigt das Ihr Niveau, Herr Direktor Penz! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber wir können auch fortsetzen, sonst sitzen wir um 1 Uhr früh auch noch hier. (Bundesrätin Schicker: Sprechen Sie zum Thema!) Zum Thema – das ist ja überhaupt schön, wenn sich auch die Sozialdemokraten zu den Landwirten melden, weil die sind hier überhaupt nicht kompetent. Die einzigen, meine Damen und Herren, die die SPÖ wirklich noch vertritt, das sind die Arbeitslosen, die Ausländer und die Schmarotzer, und darauf seid ihr stolz! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zur Situation: Im Rinderbereich ist eine Katastrophe ausgebrochen. Aufgrund des BSE-Skandales müssen die Bauern ihre Rinder ... (Bundesrat Ing. Penz: Das muß ich Ihnen sagen: Sie sind auch eine Katastrophe!) Herr Direktor Penz! (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ.) Ich hoffe stark, daß diese wörtliche Entgleisung einer Katastrophe nicht auf Ihrem Weinkonsum beruht (neuerliche Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ) , sondern daß es wirklich nur ein momentaner Ausrutscher war. (Anhaltende Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ.)

Zur Situation – ich fange jetzt zum dritten Mal an, und wenn mich Herr Kollege Penz wieder unterbricht, dann werden wir wirklich um 1 Uhr früh dieses AMA-Gesetz noch immer diskutieren.


Bundesrat
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(Nein-Rufe bei der SPÖ.) Aber es liegt an der Vorsitzführung, hier für Ruhe und Ordnung zu sorgen.

Zur Situation im Rinderbereich: eine Katastrophe! (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Bieringer: Er redet nicht weiter! Er kommt nicht weiter! Mit der Situation kommen Sie nicht weiter!)

Aufgrund des BSE-Skandales müssen die Bauern ihre Rinder teilweise verschenken, wirklich verschenken. Bei den Preisen, die die Bauern momentan für Stiere und Kalbinnen erzielen, kann man nicht von einem Gewinn, kann man nicht von einem Deckungsbeitrag sprechen, hier muß jeder Landwirt bis zu 20 Prozent der Gestehungskosten noch mitgeben.

Es ist begrüßenswert, daß die Zahlungen dafür angeblich in den nächsten Wochen oder Monaten – sie sind ja schon lange versprochen – eintreffen werden. Es handelt sich hier um Zahlungen der EU, die aufgrund der Schädigung durch den BSE-Skandal von Europa bezahlt werden. Traurig dabei ist zu erwähnen, daß die Engländer, die diese Misere verursacht haben, diese Zahlungen längst bekommen haben. Wir Österreicher, aus einem Land, das überhaupt nichts dafür kann, wo die Landwirte sehr wohl ordentlich wirtschaften, sind wieder einmal die letzten. (Bundesrat Konečny: Wo haben Sie das her?)

Im Schweinebereich gibt es erstmalig eine leichte Verbesserung des Produktpreises. (Bundesrat Dr. Tremmel: Herr Kollege, stimmt es nicht? Natürlich stimmt es! – Bundesrat Konečny: Nein! Sie haben keine Ahnung! Es sind zwei verschiedene Bereiche! – Bundesrat Dr. Tremmel: Die Engländer bekommen den Löwenanteil! Und unseren Bauern sagt man: Bitte, nehmt das zur Kenntnis! – Bundesrat Konečny: Das ist gar nicht wahr! Sie haben ja keine Ahnung, wovon Sie sprechen!) Kollege Konečny! Sie sollten über das sprechen, wovon Sie wirklich etwas verstehen: Wieviel Geld Sie den vielen Schmarotzern und Arbeitslosen immer wieder geben! Ihren Wählern, auf die Sie so stolz sind! (Bundesrat Konečny: Was? Arbeitslose sind Schmarotzer? Was hat das mit dem zu tun?) Ruhig bleiben, Herr Kollege! Schauen Sie auf die Uhr! Es zahlt sich überhaupt nicht mehr aus, daß Sie sich heute so aufregen! (Bundesrat Konečny: Herr Kollege, auch um dreiviertel elf beleidigen Sie keine Arbeitslosen in diesem Haus!) Schmarotzer schon! Arbeitslose Schmarotzer, die Sie in Ihren Reihen horten! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Kollege Waldhäusl! Ich bitte Sie, zum Thema zu sprechen!

Bundesrat Gottfried Waldhäusl (fortsetzend): Im Milchbereich, meine Damen und Herren, müssen die Bauern noch immer unter den Gestehungskosten produzieren. Hier ist sicherlich die Mißwirtschaft im Raiffeisenbereich, in den Molkereibetrieben ein Grund dafür.

Bei Getreide: Obwohl es heuer zu einer schlechten Ernte kommen wird beziehungsweise sie schon eingetreten ist, ist der Preis im Erholen. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Wöllert: Um Gottes willen!)

Und nun zum eigentlichen: Das ÖPUL-Programm 1995 wurde mit Bauchweh abgegolten. Ich möchte deswegen "Bauchweh" sagen, weil jeder, der von dieser Materie ein bißchen etwas versteht – ich blicke hier wirklich nicht auf diese Seite (zur SPÖ gewendet) , weil ich gesagt habe, der etwas versteht (Rufe bei der SPÖ) –, weiß genau, daß die Fruchtfolgestabilisierung – sprich: Begrünung – nicht in der Art und Weise eingehalten werden konnte, wie sie versprochen wurde.

Im heurigen Jahr, 1996, stehen wir vor folgendem Problem: Um 1 Milliarde Schilling sind wir über dem Budget. Mit 8,4 Milliarden Schilling im ÖPUL-Programm sind wir nicht in der Lage, 1996 die versprochenen Gelder, die zugesagten Gelder fließen zu lassen.

Jetzt stehen wir also vor einem großen Problem: Was macht die Regierung, was machen die Bauernvertreter? (Bundesrat Dr. Tremmel: Beide nichts!) Beide nichts! – O doch: Wenn sie nichts machen würden, wäre es ja noch gut. Sie machen etwas Schlechtes!


Bundesrat
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616. Sitzung / Seite 200

Im Mastschweinebereich, da sich der Preis ein wenig erholt hat, wird ab 1. August die degressive Zahlung eingestellt. Bei den Zuchtsauen erfolgt eine Halbierung rückwirkend für das ganze Jahr 1996. Rückwirkend! Das, meine Damen und Herren, ist die Qualität der Politik, die hier die Regierung eingeschlagen hat: Es wird rückwirkend den Bauern Geld weggenommen!

Von diesen beiden Raubrittermaßnahmen verspricht sich die Regierung 250 Millionen Schilling.

Bei Getreide, bei dem sich – wie ich bereits erwähnt habe – der Preis auch erholt hat, nimmt die Regierung eine Kürzung von 65 Prozent auf 50 Prozent vor – auch bei der degressiven Ausgleichszahlung. Das ergibt insgesamt wieder eine Einsparung in der Höhe von 350 Millionen Schilling.

Insgesamt ist somit die Regierung für das heurige Jahr in der Lage, zirka 600 Millionen Schilling von der einen Milliarde, die noch fehlt, aufzubringen.

Und jetzt fehlen noch immer 400 Millionen Schilling für 1996. (Bundesrat Ing. Penz: Wie kommen Sie zu dem Betrag?) Das ist deswegen, weil ich rechnen kann, wissen Sie, das lernt man in der Schule, und ich nehme an, daß Sie es auch können, passen Sie gut auf, Sie werden das noch brauchen. (Heiterkeit.)

Jetzt zur eigentlichen Rechnung: 400 Millionen Schilling, Herr Minister, fehlen jetzt der Regierung. Und diese 400 Millionen Schilling sollen nach dem Schlüssel 60 zu 40 – die 600 Millionen Schilling Bundesanteil, 40 Prozent ist ja der Länderanteil, der im Europa-Vertrag vereinbart wurde – von den Ländern aufgebracht werden.

Im Ausschuß wurde diese Frage bereits diskutiert, und es gibt eine Zusage aller Landesagrarräte von Österreich, daß sie versuchen werden, diese 400 Millionen Schilling aus den Länderbudgets aufzubringen. Das Problem dabei ist – und hier hat mich im Ausschuß Direktor Penz mit einer Frage unterstützt –, ob auch die Finanzlandesräte eine Zusage gegeben haben. Und hier muß eindeutig festgestellt werden, daß die Finanzlandesräte keine Zusage für diese 400 Millionen Schilling getätigt haben. (Bundesrat Ing. Penz: Wir haben das damals schon versprochen gehabt!)

Das heißt im Klartext: Wenn die 400 Millionen Schilling der Länder nicht gesichert sind, wird auch der Bund seine 60 Prozent nicht bezahlen, da es ein Abkommen 60 zu 40 ist.

In Niederösterreich ist man bereits dabei, um diese 400 Millionen Schilling aufzutreiben, Umschichtungen im Agrarbudget vorzunehmen. Das kann man auch so interpretieren, daß man behauptet: Die Landwirte bekommen, um die 400 Millionen Schilling von den Ländern für ÖPUL zu kriegen, keine andere Subvention oder Förderung und keine anderen Geldbeträge.

Im Klartext: In Niederösterreich wird zum Beispiel bereits jetzt – ist beschlossen – die Kreditrückzahlung für den Güterwegebau auf mindestens ein Jahr hinausgeschoben, um Umschichtungen vorzunehmen und eventuell Geld für andere Sachen zu verwenden.

Ich glaube, daß diese einschneidenden Maßnahmen erstens nicht gerechtfertigt sind, daß zweitens der Bauer hier wieder Schaden erleidet und daß drittens das Hinausschieben einer Kreditrückzahlung nichts anderes ist als eine Bankrotterklärung dieses Staates. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Für 1997 wurde, damit dieses Problem nicht wieder eintreten kann, bereits ein anderer Weg eingeschlagen: Es wird generell bei der Fruchtfolgestabilisierung eingespart. Es soll 1997 die Förderung für die Begrünung zu 100 Prozent nur mehr für die tatsächlich begrünte Fläche erfolgen und für die restliche Ackerfläche nur mehr zu 50 Prozent. Für Stillegungsflächen gibt es keine Förderung mehr. Die Elementarförderung wird von 650 S – degressiv je nach Betriebsgröße, von 100 Hektar beginnend – auf 500 S bis 400 S gekürzt. Das ist diese degressive Staffelung, die die SPÖ vor den Wahlen gefordert hat, bei der die ÖVP ihre Bauern zur Demonstration aufgerufen hat und jetzt den Sozialisten klein beigibt – ein Kniefall der ÖVP, wie wir ihn gewohnt sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


Bundesrat
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616. Sitzung / Seite 201

Für Stillegungsflächen fällt die Elementarförderung für 1977 generell weg. (Bundesrat Ing. Penz: 1997!) 1997! Herr Direktor Penz hört aufmerksam zu. (Bundesrat Dr. Tremmel, zu Bundesrat Ing. Penz: Aber die sonstigen Schäden haben Sie nicht repariert!)

Wie sind die Reaktionen und Stellungnahmen der sogenannten noch übriggebliebenen Bauernvertreter in den Reihen der ÖVP? "Schmerzlich zur Kenntnis genommen" – Präsident Schwarzböck. "Verantwortungsvolle Politik, wenn man sich getraut, auch diese Maßnahmen durchzusetzen."

Direktor Penz, weil er heute so aktiv mitarbeitet, zitiere ich auch (Bundesrat Payer: Ich bewundere Herrn Direktor Penz, daß er hier so zuhört!) : "Niederösterreichs Bauerndirektor Johann Penz betonte die Stärke seiner Organisation in der politischen Interessenvertretung." – Die Stärke von Johann Penz ist es, den Bauern Geld wegzunehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Schaut! Schaut! (Bundesrat Bieringer: Sie sind kabarettreif, wo man sonst etwas zahlen muß! – Bundesrat Konečny: Das nennt man ein Benefiz, daß wir hier sitzen dürfen! – Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es war nie umsonst! Bei der nächsten Wahl wird die ÖVP wieder zahlen! Wahltag ist Zahltag! Bei den Bauern laufen Ihnen bereits die Wähler davon! (Bundesrat Payer, zu Bundesrat Ing. Penz: Wie hältst du das aus? – Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Dr. Tremmel: Wie Sie über die Bauern denken und darüber lachen! Hier wird etwas erzählt, wo die Bauern um Millionen Schilling geschädigt werden!)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach (das Glockenzeichen gebend): Meine Herren! Etwas weniger Empfindlichkeit, solange vom Rednerpult durchaus Dinge kommen, die auch verletzend sind!

Kollege Waldhäusl, wenn Sie bitte fortsetzen. (Bundesrat Ing. Penz: Das ist nicht verletzend, sondern falsch!)

Bundesrat Gottfried Waldhäusl (fortsetzend): Das behaupten Sie, weil Sie sich nicht auskennen! (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Ich möchte den Zwischenruf von Dr. Tremmel aufgreifen. Ich glaube, daß die Lage der Landwirte wirklich zu ernst ist. Daß sich die SPÖ über die Landwirte nur lustig macht, das wissen die Bauern, das brauche ich ihnen nicht mehr zu erzählen. (Bundesrat Wöllert: Nein, wir lachen nicht über die Bauern, sondern über Sie!) Aber daß die ÖVP auch nur mehr lacht über die Bauernprobleme, das ist wirklich traurig! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist traurig, Herr Direktor Penz! Sie werden dafür noch Ihre Strafe bekommen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Wöllert: Sie lachen nicht über die Bauern, sondern über Sie!)

"Kein Eingriff in die Förderungszusagen 1996", waren die Worte im "Bauernbündler", in Ihrem Blatt. Und was haben wir heute zu beschließen? – Einschneidende Kürzungen im Budget der Bauern! Das ist das Wort der ÖVP!

Der Beitrag zur Konsolidierung des Staates: Mit diesen Worten begründet die ÖVP, Präsident Schwarzböck, diese einschneidenden Kürzungen. – Ich glaube, daß die Bauern zu diesem EU-Beitritt und zu dieser Staatskonsolidierung bereits ihren Beitrag geleistet haben.

Der Getreidepreis ist eh sehr hoch, da kann man schon kürzen.

Bei den Obst- und Gemüsebauern heißt es: Der Handel ist schuld. Weil der Handel nicht mehr will, müssen die Bauern bezahlen. Bedanken Sie sich beim Handel! Gehen Sie zu den Bauern und sagen Sie: Jetzt müßt ihr bezahlen! – Gehen Sie nach Vorarlberg, Herr Kollege Penz, und sagen Sie den Obst- und Gemüsebauern wirklich ehrlich, warum sie zahlen müssen! (Bundesrat Payer: Das gibt es gar nicht, was Sie schildern!)

Sie kennen sich mit der Materie so gut aus, daß Sie einen Zwischenruf starten. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Das ist wirklich unglaublich. (Zwischenruf des Bundesrates Payer. ) Lesen Sie die


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Stellungnahme der Vorarlberger Landesregierung! (Bundesrat Payer: Ich werde Ihnen Bauern bringen, die sich auskennen!) Ich zitiere: Der im Betreff angeführten Regierungsvorlage ist kein Begutachtungsverfahren, in dem die Vorarlberger Landesregierung gehört worden ist, vorangegangen. Und jetzt kommt es: Die geplante Neuregelung würde eine Kompetenzverschiebung zu Lasten der Länder bedeuten. (Bundesrat Prähauser: Langsamer! Wir kommen nicht mit!) Diese wird mit Hinweis auf den Beschluß der Landeshauptmännerkonferenz vom 10. 5. 1996 abgelehnt. Nach den bisherigen Erfahrungen haben die beabsichtigten Maßnahmen keine positive Wirkung auf die Absatzverhältnisse der Vorarlberger Obst- und Gemüsebauern nach sich gezogen. (Bundesrat Weilharter: Da haben wir es!) Aufgrund der bisherigen Praxis kann nicht erwartet werden, daß Agrarmarketingbeiträge auch zur Förderung lokaler Markeninitiativen, Gütesiegel oder ähnlichem bereitgestellt werden. Lachen Sie bitte nicht zu diesen Worten! Das ist die Stellungnahme der Vorarlberger Landesregierung!

Weiters: ...flächenbezogene Einhebung des Agrarmarketingbeitrages, welcher zudem unangemessen hoch wäre, zu finanziellen Beiträgen verpflichtet werden würden, ohne eine entsprechende Gegenleistung erwarten zu können. Die Regierungsvorlage zum Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 geändert wird, wird daher seitens der Vorarlberger Landesregierung abgelehnt.

Genau das, Herr Ex-Präsident, ist es, worüber Sie lachen! (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ und bei den Freiheitlichen.) Sie lachen über Probleme der Vorarlberger Bauern! (Bundesrat Payer: Ich nehme diese Probleme sehr, sehr ernst!) Dann lachen Sie nicht, sondern beseitigen Sie diese Probleme im Interesse der Vorarlberger und der österreichischen Bauern! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Wöllert: Wir lachen nicht über die Probleme, sondern wir lachen über Sie! Seien Sie uns nicht böse!) Ich bin überhaupt nicht böse! Ich kann über Sie nicht einmal mehr lachen, und das ist das Schlimme. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Wöllert: Sie sind eine Kabarettnummer!) Nach dem ersten Tag in diesem Haus habe ich über Sie auch noch gelacht, jetzt lache ich nicht einmal mehr über Sie! (Rufe und Gegenrufe bei der SPÖ und bei den Freiheitlichen.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesrat Waldhäusl! Sie sind am Wort!

Bundesrat Gottfried Waldhäusl (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Ich zitiere weiters eine Resolution der Vollversammlung der Niederösterreichischen Landes-Landwirtschaftskammer. Darin steht: "Die Agrarpolitik hat zu gewährleisten, daß die Bauern ein angemessenes Einkommen aus der Landwirtschaft erzielen und damit an der allgemeinen Wohlstandsentwicklung teilnehmen können." – Das Schreiben wurde verfaßt, und drei Tage später wurde im Nationalrat die Kürzung der Gelder beschlossen. Der Präsident, der diese Resolution in der Vollversammlung beschlossen hat, hat im Parlament auch die Kürzung beschlossen. Das ist eine schlimme Sache. Einerseits ist er Bauernvertreter, andererseits ist er Bauernvernichter. Was will er jetzt? Will er vertreten oder vernichten? Er kann allerdings bald keinen Bauern mehr vernichten, weil er es schon bald geschafft hat, daß alle tot sind! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich zitiere weiter: "Die Vollversammlung fordert daher stabile und verläßliche Rahmenbedingungen." – Diese sind offensichtlich so stabil und verläßlich, daß drei Tage später rückwirkend für das Jahr 1996 Geld gestrichen wird. Das ist stabil und verläßlich im Sinne der österreichischen Regierung: Danke schön!

Es wird auch eine Schutzklausel formuliert: "Das Weiterbestehen eines entsprechenden Außenschutzes ist erforderlich, um den Auswirkungen von Niedrigpreisen auf den Weltmärkten begegnen zu können." – Es gab dazu ein Beispiel im Kartoffelbereich, meine Damen und Herren: Als die Frühkartoffelernte einsetzte, wurden vom Handel Kartoffeln zum größten Teil von Italien importiert. Und die österreichischen Bauern, speziell die niederösterreichischen Bauern, hatten wirklich Probleme, ihre Kartoffeln abzusetzen.

Präsident Schwarzböck hat sofort gefordert, daß die Schutzklausel eingelöst wird. – Ich erinnere: Als wir der EU beigetreten sind, wurde im EU-Wahlkampf immer wieder betont: Um verschiedene Marktbereiche vor solchen Situationen schützen zu können, gibt es die Schutz


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klausel. Wenn nötig, wird diese Schutzklausel angewendet, und der Bereich, der betroffen ist, kann vor Schaden bewahrt werden.

Was ist aus dieser Schutzklausel geworden? – Nichts, außer daß Schwarzböck die Einlösung der Schutzklausel gefordert hat. Das Ganze kam nicht zum Minister, denn diese Schutzklausel mußte – das hat man im EU-Wahlkampf nicht gesagt – erst die vielgepriesene moderne Sozialpartnerschaft passieren. Meine Damen und Herren! In der Sozialpartnerschaft hat sich die Landwirtschaft jedoch nicht durchgesetzt. (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) Das heißt im Klartext: Diese Schutzklausel wird nicht eingefordert, sie kann nicht mehr eingefordert werden, sie ist nichts außer einer weiteren EU-Lüge!

Ich lese weiter in diesem schönen Papier (Bundesrat Wöllert: Das ist eine Leseübung!): "Eine Renationalisierung der Gemeinsamen Agrarpolitik, die eine Übertragung der finanziellen Verantwortung für Marktordnungsmaßnahmen an die Mitgliedstaaten zum Inhalt hat, wird mit Nachdruck abgelehnt." – Jetzt stehen wir vor dem Problem, daß sowohl die EU als auch Österreich ihre Förderungen für die Landwirtschaft kürzen wollen. In einem Gespräch mit Kammerdirektor Universitätsprofessor Holzer mußte ich erfahren, warum die Regierung gegen eine Renationalisierung eintritt. Das Vertrauen in die österreichische Regierung, daß die Zahlungen weiterhin im entsprechenden Ausmaß fließen könnten, ist nicht so groß wie das Vertrauen in Europa. So wurde argumentiert. – Obwohl es ganz einfach wäre: Bei einer Renationalisierung der kompletten Agrarförderung und einer Kürzung des Mitgliedsbeitrages um diese Summe hätte Österreich sehr wohl die Möglichkeit, seine Landwirtschaft wieder flächenbezogen individuell zu fördern.

In dieser Resolution wird weiters über "eine offensive Politik im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe und der Energie gesprochen." – Wir denken zurück: Was hat die Regierung gemacht? – Die Einführung der Energiesteuer betrifft die Landwirte sehr wohl. Und man spricht von einer offensiven Politik in der Energie!

Ein weiterer Absatz betrifft die Rinderproduzenten – und Sie haben vorhin alle gelacht –, nämlich deren Einkommensausfälle durch die Rinderseuche BSE, die in Großbritannien aufgetreten ist. In diesem Zusammenhang fordert die ÖVP, daß "die entsprechenden Hilfs- und Ausgleichsmaßnahmen nun raschest umzusetzen und die für die Finanzierung des unverzichtbaren nationalen Anteils notwendigen Bundes- und Landesmittel bereitzustellen" sind. – Als die Freiheitlichen im Hauptausschuß, im Ausschuß und im Plenum des Nationalrates diese Forderungen eingebracht haben, wurden sie von ÖVP und SPÖ und von den zwei Anhängseln dieser Parteien abgelehnt. Das ist die verlogene Politik unserer Regierung! (Bundesrat Dr. Kaufmann: Wer sind die "zwei Anhängsel"?)

Ein weiterer Beitrag in diesem Schreiben bezieht sich auf die Gentechnik. (Bundesrat Prähauser: Wie viele Seiten hat dieses Schreiben noch?) Jetzt ringt sich die Bauernvertretung durch, endlich eine generelle Kennzeichnungspflicht für genmanipulierte Lebensmittel einzuführen. Meine Damen und Herren! Dieses Problem ist wirklich ernst. In einer Umfrage gaben 82 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher an, keine genmanipulierten Nahrungsmittel kaufen zu wollen. Und 92 Prozent sagten, daß sie in Zukunft nur dann solche Produkte kaufen werden, wenn eine Kennzeichnung vorliegt. Sie wollen eine Trennung.

Die Vollversammlung hat sich jetzt zur Entscheidung durchgerungen, daß eine generelle Kennzeichnungspflicht eingeführt werden soll. – Wir wissen aber auch, daß die Abgeordnete der ÖVP im Europaparlament, Agnes Schierhuber, mit ihren Kollegen im Europaparlament gegen einen diesbezüglichen Antrag gestimmt hat, weil sie dem Klub ihrer europäischen Kollegen unterlegen ist. Das, meine Damen und Herren, ist wieder ein Zeichen der Glaubwürdigkeit der ÖVP: Hier fordern sie die Kennzeichnungspflicht, im Europaparlament sagen sie jedoch, daß das nicht notwendig ist. Das ist diese scheinheilige Politik auf Kosten der Bauern und der Konsumenten, meine Damen und Herren!

Ich habe in der Vollversammlung aufgrund dieser gravierenden und einschneidenden Maßnahmen von Hochverrat an der österreichischen Landwirtschaft gesprochen. Und ich frage auch


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hier: Wo ist Ihre Glaubwürdigkeit? Wo ist die Glaubwürdigkeit der ehemaligen Bauernvertretung der ÖVP geblieben, auf die sich jahrelang unsere heimischen Bauern verlassen haben? – Es gibt sie nicht mehr! Das habe ich jetzt Punkt für Punkt bewiesen.

Wir könnten bis vier Uhr in der Früh weiter darüber diskutieren, in welchen Punkten die ÖVP die Bauern belogen, im Stich gelassen und betrogen hat. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer .) Ich habe in der Vollversammlung behauptet – das gilt für Sie, Kollege Himmer, jetzt allerdings nicht, weil Sie gerade stehen –, daß die ÖVP die Gelder der Bauern versitzt. Sie können das jetzt natürlich nicht, denn Sie stehen gerade. (Bundesrat Mag. Himmer: Ihr Parteiobmann hat 50 Prozent der Bauerngelder gestrichen! – Bundesrat Dr. Tremmel: Das ist graue Theorie!) Das ist nachlesbar im "Bauernbündler", in jener Zeitung, die genauso ernst zu nehmen ist wie die Leute, die sie verfassen, also wie Kollege Penz und seine Kumpanen, die immer wieder Bauernpolitik auf Kosten der Bauern machen!

Ich möchte Sie abschließend heute auffordern, dieses AMA-Gesetz und dieses Landwirtschaftsgesetz zu verhindern. Sollten Sie heute, liebe Kollegen, diesem Gesetz wieder zum Durchbruch verhelfen, dann, meine Damen und Herren, entwickeln Sie sich wirklich zu Hampelmännern der Regierung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.14

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Prähauser. – Bitte.

23.14

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Der Teil "Polemik" wurde heute schon von meinem Kollegen Vorredner Waldhäusl erledigt. Ich werde mich bemühen, zur Sache zu kommen.

Ich möchte aber trotzdem, damit er sich nicht mißverstanden fühlt, dem Kollegen in einer Sache recht geben: Er hat uns vorgeworfen, daß wir vom Bauernstand nicht allzuviel wissen. – Ich gebe zu: Ich habe nicht gewußt, daß "Zuchtsäue halbiert werden sollen". – Das war Ihre Diktion. Ich nehme an, Sie haben sich versprochen! (Bundesrat Waldhäusl: Sie wissen nicht, was "degressiv" ist!) Herr Kollege Waldhäusl! Hören Sie einmal ganz kurz zu, so wie Sie es uns vorgeschlagen haben. Je lauter Sie schreien, desto weniger werden Sie mit der Wahrheit durchkommen. Wer schreit, hat automatisch unrecht. – Sie wissen das! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Herr Kollege Waldhäusl! Ich möchte Sie bitten, Ihre einmalige Entgleisung, indem Sie nämlich Arbeitslose mit Schmarotzern in einen Topf geworfen haben, mit einer tatsächlichen Berichtigung zu korrigieren. Denn ansonsten müßte ich mich fragen, in welcher Funktion Sie hier in diesem Raume tätig sind und wen Sie eigentlich zu vertreten gedenken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Im Rahmen des nun in Behandlung befindlichen Landwirtschaftsblockes werden wir unter anderem eine AMA-Gesetznovelle, ein Rebenverkehrsgesetz, ein forstliches Saatgutgesetz und das Europäische Übereinkommen zum Schutz von Tieren in der landwirtschaftlichen Tierhaltung beraten, also wie ich meine, sehr wichtige Bereiche, die es sich verdienen, daß man darüber sachlich redet anstatt zu polemisieren.

Die AMA-Gesetznovelle enthält eine Änderung der Aufbringung der Mittel für das Agrarmarketing. Bisher wurden die Marketingbeiträge beim Händler umsatzbezogen einkassiert. Das hat schlecht bis überhaupt nicht funktioniert, und aus diesem Grunde wurde ein anderes System gesucht.

Ich glaube, daß wir die Verantwortung haben, Marketingüberlegungen auch zum Durchbruch zu verhelfen. Und wenn sich ein Weg als nicht zielführend erwiesen hat, muß man einen neuen gehen. Dieses System sieht nun vor, daß Flächenbeiträge für den Intensivobstbau und für den Gemüsebereich eingehoben werden, um so auch wieder ein Mittel für das Marketing für diese Produktionssparten zur Verfügung stellen zu können. Es ist nämlich in der jetzigen Zeit, da wir uns im Binnenmarkt erst positionieren müssen, sowohl für die Verteidigung des Inlandmarktes


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als auch für neue Märkte in den anderen europäischen Ländern notwendig, daß wir dafür Marketingmittel und eine entsprechende Finanzausstattung zur Verfügung haben.

Ein zweiter Abschnitt der AMA-Gesetznovelle betrifft das Landwirtschaftsgesetz. Im Europavertrag sind wir davon ausgegangen, daß das Umweltprogramm für Österreich insgesamt Mittel in Höhe von 5,5 Milliarden Schilling erfordert. Erfreulicherweise haben sich die Bauern, die die FPÖ nicht aufwiegeln konnte, dieses nicht ernst zu nehmen, stärker, als erwartet, daran beteiligt. Deshalb wurde im vergangenen Jahr auch hier im Plenum die Aufstockung dieser 5,5 Milliarden auf 7,4 Milliarden beschlossen. Für die nächsten Budgetjahre ging man von diesen 7,4 Milliarden aus, und es sind im heurigen Jahr sowie für das Budget 1997 bereits diese Mittel reserviert und vorgesehen.

Die Anmeldungen im vergangenen Herbst und im heurigen Frühjahr haben aber ergeben, daß das heurige Umweltprogramm bereits 8,4 Milliarden Schilling erfordert. Diese 8,4 Milliarden für das heurige Jahr können noch durch Umschichtungen bedeckt werden, weil auch eine Umschichtungsermächtigung in Höhe von 600 Millionen Schilling verankert war. Die Regelungen, die wir jetzt treffen, sind für das Jahr 1997, damit die Bauern beim Herbstanbau bereits für das Jahr 1997 planen und kalkulieren können, welche Förderungen sie aus dem Umweltprogramm erhalten werden. (Zwischenruf des Bundesrates Waldhäusl .)

Herr Kollege Waldhäusl! Bauern aufzuwiegeln ist eine Sache, ihnen wirklich helfen zu wollen eine andere. Ich nehme aufgrund Ihrer Ausführungen allerdings an, daß Sie mehr Unfrieden stiften, als den Bauern in der Sache wirklich helfen wollen. – Es gibt keine Kürzung für die tatsächlich begrünten Flächen, sondern hauptsächlich betrifft die Regelung die Fruchtfolgestabilisierung. Diese wird derzeit folgendermaßen finanziert beziehungsweise gefördert: Wer auf 15 Prozent seiner Ackerfläche im Herbst eine Zwischenfruchtbegrünung durchführt – sie muß mindestens drei Monate lang grün sein –, der erhält für diese Fläche einen Betrag von 900 S und auch für die gesamte weitere Ackerfläche, wer auf 35 Prozent begrünt, erhält 1 400 S, und wer 25 Prozent begrünt, erhält 1 900 S. Nach der neuen Regelung für das Jahr 1997 – nochmals klargestellt: nicht für das heurige Jahr! – wird der volle Beitrag für die tatsächlich begrünte Fläche bezahlt, aber für die gesamte restliche Ackerfläche wird auf die Hälfte reduziert. Es ist nämlich von der EU immer sehr skeptisch gesehen worden, daß wir die gesamte Ackerfläche herangezogen haben – das entspricht ebenfalls der Wahrheit, auch das müßten wir den Bauern sagen –, auch die Teile, auf denen keine Begrünungsmaßnahmen durchgeführt werden. (Zwischenruf des Bundesrates Waldhäusl. )

Hoher Bundesrat! Ich darf zum nächsten Punkt kommen, zum Rebenverkehrsgesetz. Das derzeit geltende Rebenverkehrsgesetz stammt aus dem Jahr 1948 und entspricht in weiten Bereichen nicht den Anforderungen der Europäischen Gemeinschaft. – Indem wir den Bauern einreden, daß sie gegen die EU sein sollen, blockieren wir ihre Absatzmärkte und führen dadurch eine Verschlechterung ihrer Einkommen herbei. (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Waldhäusl. ) Herr Kollege Waldhäusl! Ich weiß, daß Sie in Wirklichkeit nur für Polemik zu haben sind und nicht für die Belange der Bauern! Aber vielleicht hören Sie doch einmal jenen zu, von denen Sie vorgeben, daß sie keine Ahnung haben, wovon sie reden! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Ich glaube, noch niemals wurde durch Zwietracht-Säen gemeinsames Vermögen geschaffen, und das ist nicht erst seit heute so, das hat uns auch die Geschichte gelehrt.

Wenn Sie Ihre eigenen Anliegen – Sie sind ja aus der Landwirtschaft – wirklich so ernst nehmen, dann ziehen Sie doch mit uns an einem Strang! Gemeinsam können wir den Bauern sicherlich mehr helfen! – Ich verweise nur auf Ihr damaliges Verhalten, als die Pension für die Bauern eingeführt wurde. (Zwischenruf des Bundesrates Waldhäusl. ) Die Freiheitlichen waren damals den Bauern gegenüber gar nicht so positiv eingestellt. Heute ist all das selbstverständlich vergessen. Es ist ja nicht opportun, darauf hinzuweisen, daß das die Sozialdemokraten gemacht haben, die ja für die Bauern eigentlich nichts übrig haben. – Ich glaube, darauf kann man stolz sein, darauf kann man auch in Zukunft mehr aufbauen als auf Polemik, wie Sie sie an den Tag legen!


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Da eine Anpassung der derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen an die Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft auf Basis des oben angeführten Rebenverkehrsgesetzes nicht möglich ist, ist es notwendig, ein neues Rebenverkehrsgesetz zu erlassen. Durch das vorliegende Gesetz werden insbesondere die Richtlinie des Rates über den Verkehr mit vegetativem Vermehrungsgut von Reben und die Richtlinie der Kommission zur Festlegung von Merkmalen und Mindestanforderungen für die Prüfung von Rebsorten umgesetzt. Es erfolgt eine Einteilung nach Kategorien des Vermehrungsgutes – und zwar je nachdem, ob eine phytopathologische Prüfung erforderlich ist oder nicht – in Vorstufenvermehrungsgut, Basisvermehrungsgut und zertifiziertes Vermehrungsgut beziehungsweise Standardvermehrungsgut. Weiters wird eine klare Trennung zwischen der Zulassung von Ausgangsmaterial für Vermehrungsgut und der Anerkennung beziehungsweise der Kontrolle von Vermehrungsgut vorgenommen. Dafür gibt es, wie wir alle wissen, keine Alternativen.

Hoher Bundesrat! Bevor ich zum Schutz von Tieren in der Landwirtschaft komme, möchte ich ein paar Anmerkungen zum forstlichen Vermehrungsgutgesetz machen. Nahezu die Hälfte des Staatsgebietes von Österreich ist mit Wäldern bedeckt, welche wichtige Funktionen wie Schutzfunktion, Nutzfunktion, Wasserrückhaltefunktion, Wohlfahrtsfunktion und vieles andere mehr erfüllen müssen. Die Waldbestände sind entsprechend dem vielfach gebirgigen Charakter des Landes an die vielfältigen orographischen und klimatischen Gegebenheiten angepaßt.

Diese Wälder stellen in ihrer biologischen und genetischen Vielfalt ein unersetzliches Erbe dar. Zur Erhaltung dieser Vielfalt ist auch die Erhaltung der genetischen Ressourcen unverzichtbar. Es muß daher zur Sicherung der genetischen Anpassungsfähigkeit von Waldbeständen vermieden werden, daß Vermehrungsgut zur Verwendung kommt, das aufgrund seiner genetischen Eigenschaften einen ungünstigen Einfluß ausüben kann.

Neben der Sicherung der genetischen Vielfalt besteht aber auch die Notwendigkeit, genetisch hochwertiges Vermehrungsgut zu verwenden. Dadurch sollen die forstliche Produktion gesteigert und die Voraussetzungen für die Ertragsfähigkeit der Standorte verbessert werden.

All das sind notwendige Maßnahmen, um den Fortbestand der Landwirtschaft im Forstbereich für die Zukunft sichern zu können. Die angeführten Ziele können aber nur erreicht werden, wenn neben der Sicherung der genetischen Eigenschaften auch eine Identitätssicherung des forstlichen Vermehrungsgutes, das gewerbsmäßig in den Handel kommt, gegeben ist.

Die von der EG erlassenen Richtlinien über den Verkehr mit forstlichem Vermehrungsgut und die äußere Beschaffenheit von forstlichem Vermehrungsgut sind bindend zu übernehmen und in die österreichische Rechtsordnung überzuführen. Es soll ein neues Gesetz geschaffen werden, welches sowohl die neuesten genetischen Erkenntnisse berücksichtigt, die vielfachen Funktionen der österreichischen Wälder zu sichern hilft und eine Identitätssicherung gewährleistet, als auch die Richtlinien der EG über den Verkehr mit forstlichem Vermehrungsgut und über die Normen über die äußere Beschaffenheit von forstlichem Vermehrungsgut in nationales Recht überführt.

Ferner ist Österreich auch Mitglied der OECD, deren Regelungen über die Kontrolle des forstlichen Vermehrungsgutes im internationalen Handel ebenfalls zu berücksichtigen sind.

Aus diesen Gründen ist der XI. Abschnitt des Forstgesetzes in seiner derzeitigen Fassung aufzuheben und durch ein neues, eben das zur Diskussion stehende Gesetz über forstliches Vermehrungsgut, zu ersetzen: Durch den vorliegenden Entwurf werden die Kategorien "Ausgewähltes Vermehrungsgut" und "Geprüftes Vermehrungsgut" sowie Normen für die Saatgut- und Pflanzenqualität eingeführt. Weiters wird eine klare Trennung zwischen der Zulassung von Ausgangsmaterial für Vermehrungsgut und der Anerkennung von Vermehrungsgut vorgenommen.

Artikel 13 des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen sieht vor, daß der eingesetzte Ständige Ausschuß der Vertragsparteien im Dreijahresabstand unter anderem über die Auswirkungen des Übereinkommens in der Praxis berichtet und erforderlichenfalls Vorschläge für Vertragsänderungen unterbreitet. In diesem


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Sinne hat der Ständige Ausschuß das vorliegende Änderungsprotokoll ausverhandelt, mit dem das Übereinkommen an die Weiterentwicklung in der Tierhaltung angepaßt werden soll, indem sein Anwendungsbereich auf bestimmte Aspekte der Entwicklungen in den Tierhaltungsmethoden, insbesondere im Bereich der Biotechnologie sowie auch auf das Töten von Tieren in landwirtschaftlichen Betrieben erweitert werden soll.

Das Änderungsprotokoll bedarf für sein Inkrafttreten der völkerrechtlichen Bindung aller Vertragsparteien des Übereinkommens. Dieses gilt bereits für über 20 Staaten sowie für die EG, sodaß mit Inkrafttreten des Zusatzprotokolls erst in einiger Zeit zu rechnen sein wird.

Der Anwendungsbereich des gegenständlichen Übereinkommens wird auf den Bereich der Zucht erweitert, sowohl auf konventionelle Zuchtverfahren, als auch auf Eingriffe und Manipulationen am genetischen Material. Weiters ist unter anderem ein neuer Artikel 3 vorgesehen, der das Verbot der natürlichen oder künstlichen Zucht oder von Zuchtmethoden enthält, die zu vorhersehbaren Leiden oder Schäden bei den betroffenen Tieren führen oder führen können. Dies alles zeigt, wie wichtig die Zustimmung zu dieser Gesetzesmaterie ist.

Ich verweise zum Abschluß auf Äußerungen der FPÖ, die auf ihre Liebe zu den Bauern ein bezeichnendes Licht werfen: Als Finanzbeitrag zur Gesundung des Budgets hat Herr Haider eine Ausgabenkürzung bei den Subventionen um 50 Prozent vorgeschlagen. Da bekannt ist, daß das Landwirtschaftsbudget zu 50 Prozent für Förderungen aufgeht, frage ich mich, wie er sich das vorgestellt hat. – Ich glaube, das ist unmöglich! – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

23.27

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesrat Penz! Ich muß Sie um Entschuldigung bitten! Ich war der Meinung, daß Sie sich zu Wort melden wollen. Ich habe nicht realisiert, daß Sie sich zu einer tatsächlichen Berichtigung melden wollten.

Ich darf Sie bitten, diese tatsächliche Berichtigung jetzt zu bringen, muß Sie aber darauf hinweisen, daß unsere Geschäftsordnung besagt, daß die Wortmeldung nicht länger als fünf Minuten dauern darf.

23.27

Bundesrat Ing. Johann Penz (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich aus drei Gründen zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet.

Erstens: Herr Bundesminister! Sie sind das erste Mal hier im Bundesrat, und daher muß ich tatsächlich berichtigen: Wir führen die Agrardebatte üblicherweise nicht auf einem solchen Niveau! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Das ist ausschließlich ein Verdienst des Kollegen Waldhäusl und nicht des Bundesrates! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Tremmel .)

Zweitens darf ich tatsächlich berichtigen, daß ich stolz bin, ein Bauernvertreter zu sein, dem es mit vielen anderen gelungen ist, daß im Jahre 1995 in der Landwirtschaft eine durchschnittliche Einkommenssteigerung von 22 Prozent möglich gewesen ist. (Bundesrat Dr. Tremmel: Wo ist die tatsächliche Berichtigung?) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dies ist ein Verdienst des Bauernbundes und von niemandem sonst.

Ich bin außerdem Kollegen Prähauser dankbar, daß er gesagt hat, der Parteiobmann der Freiheitlichen Partei habe nicht nur beim EU-Beitritt 1994 eine Kürzung der Förderungen für die Bauern gefordert, sondern er habe auch jetzt als Beitrag zur Budgetsanierung eine Reduktion der Förderungen der Bauern um die Hälfte verlangt. – Mit den Freiheitlichen wäre also die genannte Einkommensverbesserung der Bauern in Österreich nicht möglich gewesen. Schreiben Sie sich das hinter die Ohren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Waldhäusl: Das ist keine tatsächliche Berichtigung, sondern ein Mißbrauch der Geschäftsordnung!)

Drittens: Herr Kollege Waldhäusl! Sie haben in vielen Dingen die Unwahrheit gesagt. Ich möchte nun aufgrund der mir vorgegebenen Zeit zu fünf Punkten kurz Stellung nehmen, in welchen Sie bewußt einen Blödsinn gesagt haben.


Bundesrat
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Erstens: Sie haben festgestellt, daß die Fruchtfolgeförderung 1995 nicht eingehalten wurde. – Es ist auf allen Formularen gestanden, daß die Förderung für die Fruchtfolgestabilisierung nur dann ausbezahlt wird, wenn eine Genehmigung der Europäischen Union erfolgt. Diese Genehmigung ist jedoch nicht erfolgt. Wir sind aber trotzdem froh, diese Förderung des ÖPUL mit der Fruchtfolgestabilisierung angeboten zu haben, denn hätten wir vorher die Genehmigung in der Europäischen Union eingeholt, dann hätten die Bauern in etwa mehrere Milliarden Schilling an Einkommenseinbußen erlitten.

Zweitens: Sie sagen, daß im ÖPUL 1996 die 8,4 Milliarden, die versprochen wurden, nicht ausbezahlt werden. – Das ist eine glatte Lüge! Das wurde nämlich den Bauern zugesagt, und das wird auch ausbezahlt.

Drittens: Sie sagen, daß in Niederösterreich 400 Millionen umgeschichtet werden. – Wenn Sie schon so gescheit sind und rechnen können und sagen: 600 Millionen zum Bund, 400 Millionen zu den Ländern, dann nehmen Sie zur Kenntnis, daß in Niederösterreich nur ein Teil dieser 400 Millionen Schilling zugeordnet werden kann ... (Bundesrat Waldhäusl: Das habe ich nie gesagt!) Natürlich haben Sie das gesagt! Das können Sie im Protokoll nachlesen!

Herr Kollege! Sie werfen mir vor, ich sei bei den Kärntnern gesessen. Es ist richtig, ich war mit Kollegen Eisl bei den Kärntnern, aber Sie dürften in der Zwischenzeit heimlich gesoffen haben, daher wissen Sie nicht mehr, was Sie gesagt haben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Mag. Langer: Das ist unerhört!)

Vierter Punkt: Sie sagen, 1997 wird eingespart; bei den Stillegungsflächen gibt es keine Förderung mehr. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, daß es 1997 aufgrund dieser Änderung auch die ÖPUL-Förderung und ebenso den Kulturpflanzenausgleich der Europäischen Union geben wird. Also das, was Sie behaupten, ist einfach nicht richtig.

Fünfter und letzter Punkt: Sie sagen, im Mastschweinebereich gab es eine Preisverbesserung. Das ist richtig: Wir haben eine Deckungsbeitragsverbesserung von etwa 200 S. Wenn jetzt allerdings der degressive Ausgleich gekürzt wird – 52 S pro Stück hat er ausgemacht, ab 1. August wird er reduziert, das heißt, ich kann umgelegt auf Stück und Jahr mit etwa 20 S rechnen –, bedeutet das, daß sich auch die Deckungsbeitragsverbesserung um etwa 10 Prozent reduziert. Das ist ein Faktum.

Wir wissen, daß die Bauern zwar andere Erwartungen gehabt haben, aber wir meinen, das ist zumutbar, denn die degressiven Ausgleichszahlungen waren immer ein Beitrag, mit dem ein Preisausgleich auf der Basis 1992 bis 1994 geschaffen werden sollte. Und derzeit haben wir Gott sei Dank eine Preisverbesserung.

Abschließend würde ich nur bitten und auch an den Fraktionsobmann der Freiheitlichen Partei einen Appell richten und ihm sagen: Unterhaltung ist gut – Unterhaltung aber bitte nicht zu Lasten der Bauern! Daher würde ich darum bitten, daß wir in Hinkunft auch qualifizierte Wortmeldungen der Freiheitlichen Partei zu diesem für die Bauern sehr ernsten Thema erhalten. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Dr. Tremmel: Das war ein sehr ernstes Wort!)

23.32

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Meine Damen und Herren! Ich möchte es nicht verabsäumen, Sie zu bitten, auch nach vierzehneinhalb Stunden Debatte nicht auf die Würde des Hauses zu vergessen.

Wir mußten hier ein eher unangenehmes Schauspiel erleben, das nicht zuletzt dazu geführt hat, daß in der Debatte Worte gebraucht wurden, die eigentlich einen Ordnungsruf nach sich ziehen hätten müssen. Ich tue das ganz bewußt nicht, denn die Stimmung ist vom Erstredner in dieser Debatte in einer Weise aufgeheizt worden, daß auch da schon einige Ermahnungen fällig gewesen wären.

Ich habe gesehen, daß sich Dr. Kapral zu Wort gemeldet hat. Melden Sie sich zur Geschäftsordnung? (Bundesrat Dr. Kapral: Zur Geschäftsordnung!)


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Bitte, Herr Doktor, Sie kennen die Regelungen für die Wortmeldungen zur Geschäftsordnung, und ich bitte Sie, sich daran zu halten.

Darüber hinaus bitte ich wirklich alle Damen und Herren dieses Hauses, die Würde des Hauses nicht mehr zu verletzen.

23.33

Bundesrat Dr. Peter Kapral (Freiheitliche, Wien) (zur Geschäftsordnung): Ich kann Sie versichern, ich werde die Würde des Hauses nicht verletzen.

Ich beantrage eine Unterbrechung der Sitzung und eine Einberufung der Präsidiale. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.33

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Sie haben diesen Antrag gehört. Hierüber ist nicht abzustimmen.

Ich unterbreche kurz die Sitzung zur Abhaltung der gewünschten Besprechung.

(Die Sitzung wird um 23.34 Uhr unterbrochen und um 23.44 Uhr wiederaufgenommen. )

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Pirchegger. Ich erteile es ihr.

23.44

Bundesrätin Grete Pirchegger (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich in die Debatte eingehe, möchte ich nur sagen: Wir sind sehr froh, daß nicht ein F-Obmann das Sagen in der Regierung hat, denn eine 50prozentige Streichung der Förderung könnten wir in dieser Situation wirklich nicht brauchen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich möchte vielmehr hier unserem Bundesminister Willi Molterer namens aller Bauern ein herzliches Danke sagen für seinen unermüdlichen Einsatz zum Wohle für uns Bauern. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun zum AMA-Gesetz. – Der vorliegende Gesetzentwurf enthält Änderungen im Bereich des Agrarmarketings. Die seit 1994 bestehenden Marketingaktivitäten haben im Bereich der Landwirtschaft große Akzeptanz gefunden. Wenn auch im Bereich Obst und Gemüse die Einhebungen des Beitrages durch den Handel nicht die allgemeine Zustimmung gefunden hat, da Verwaltungsaufwand damit verbunden ist, so war das Interesse an Marketingmaßnahmen so groß, daß geeignete gesetzliche Grundlagen zur Einhebung des Beitrages beim Erzeuger auf Flächenbasis gewünscht wurden. Bauern müssen nun an die AMA nach Anbauflächen und nicht wie bisher auf Basis des Umsatzes Beiträge zahlen.

Mit der vorliegenden Änderung ist dem Wunsch der Obst- und Gemüseerzeuger Rechnung getragen worden, die noch heuer Werbemaßnahmen durchführen lassen wollen, weil durch die Aktion die Absatzmöglichkeiten besser gewährleistet werden können.

Zu den im AMA-Gesetz enthaltenen Marketingbeitragssätzen ist darauf hinzuweisen, daß es Höchstsätze sind; die korrekte Höhe wird durch den Verwaltungsrat der AMA festgelegt.

Daneben müssen noch kleine Änderungen vorgenommen werden, vor allem verwaltungstechnische Erleichterungen für die AMA bei der Abwicklung der EU-Maßnahmen. So wird die AMA zum Beispiel die Bescheidoriginale nicht mehr in Papierform aufbewahren müssen, sondern sie kann sie auf Disketten speichern. Bei mehr als 100 000 Erledigungen pro Jahr ist das eine spürbare Entlastung, ohne daß die Rechtssicherheit darunter leidet.

Zweitens möchte ich zur Änderung des Landwirtschaftsgesetzes Stellung nehmen.


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Die Bauern haben sich an dem Umweltprogramm in einem größeren Ausmaß als erwartet beteiligt. Mit den jetzigen Maßnahmen sollen die notwendigen Mittel zur Sicherung der Finanzierung des Umweltprogrammes für 1997 und die kommenden Jahre zur Verfügung gestellt werden. Für die betroffenen Bauern sind die Eingriffe schmerzlich, sie geben den Bauern aber bereits vor dem Anbau darüber Klarheit, mit welchen Förderungen sie kalkulieren können.

Es wird durch diese Maßnahme keine Umschichtung von Investitionsförderungsmitteln in das Umweltprogramm geben. Von allen zur Diskussion stehenden Lösungen hat man sich nach reiflicher Überlegung für eine entschieden, die für die betroffenen Bauern ein schmerzhafter Eingriff ist, aber immerhin die rechtzeitige Auszahlung der Beträge für das Umweltprogramm nicht in Frage stellt.

Solche Änderungen sind absolut keine Frohbotschaften, sondern harte Wahrheiten, denen wir nicht ausweichen können. Da trotz intensivster Bemühungen vom Finanzminister kein Geld mehr zu haben ist und auch in Brüssel nichts dazugelegt wurde, waren Umschichtungen beziehungsweise Kürzungen unausweichlich. Darüber ist niemand begeistert, schon gar nicht die betroffenen Bauern. Man soll aber die Fakten offen und ehrlich auf den Tisch legen. Um den Brei herumzureden hat wenig Sinn und macht die Situation nur noch schlimmer.

Daher: Die Probleme offensiv angehen! Anders wird es nicht möglich sein! Wir werden diesen Gesetzen die Zustimmung erteilen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

23.50

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte.

23.50

Bundesrat Andreas Eisl (Freiheitliche, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Ich wollte nur kurz zur AMA Stellung nehmen. Die AMA ist jene Einrichtung, die einen Werbeauftrag für die Produkte in der Landwirtschaft übernommen hat. Sie ist eine Staatseinrichtung im eigentlichen Sinne, weil sie auch mit verpflichtenden gesetzlichen Abgaben finanziert wird.

Die von der EU vor kurzem genehmigten 2 200 Tonnen Einlagerungsrindfleisch wurden von der AMA auf die Fleischverarbeitungsbetriebe aufgeteilt. Es ist mir nicht verständlich, daß von 2 200 Tonnen Rindfleisch 1 600 Tonnen an die Genossenschaften und nur 600 Tonnen an die Privatwirtschaft vergeben wurden.

Das wäre aber noch nicht das Schlimmste! Da sich herausgestellt hat, daß nach einer Biennalzahlung in der Höhe von 5 S pro Kilogramm bei 200 Tonnen bereits 1 Million zu erlösen wäre, und die Genossenschaften nicht in der Lage waren, die Menge zu bewältigen, haben sie die gesamte Menge um 16 Prozent gekürzt. Das heißt, daß um 16 Prozent weniger aus dem Markt genommen wurde, das bedeutet aber auch, daß um 16 Prozent weniger zur Verarbeitung gelangt und damit auch auf dem Gebiet des Arbeitsmarktes verlorengegangen ist. Finanziert wurde diese ganze Aktion von der EU.

Das ist mir einfach zuwenig Dynamik, und da darf es auch keine Eingleisigkeit geben! Ich glaube, wenn solche Aktionen laufen, sollten alle gerecht und ordentlich beteilt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Dr. Tremmel: Sehr gut!)

23.53

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünscht noch jemand das Wort? – Herr Kollege Waldhäusl. Ich bitte Sie nur, sich kurz zu fassen. (Bundesrat Waldhäusl: Warum?) Ich bitte Sie, sich kurz zu fassen. Ich bin Ihnen darüber nicht Rechenschaft schuldig, warum ich Sie darum bitte.

23.53

Bundesrat Gottfried Waldhäusl (Freiheitliche, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Ich möchte, bevor ich noch einen Detailbereich


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616. Sitzung / Seite 211

des AMA-Gesetzes und des Landwirtschaftsgesetzes streife, noch einmal auf das eingehen, was vorhin hier – sicherlich nicht unbedingt der Würde dieses Hauses entsprechend – passiert ist.

Ich stehe nicht an, zuzugeben, daß es aufgrund der Zwischenrufe, die gekommen sind, teilweise auch von mir provoziert war, möchte jedoch in der Sache selbst betonen, daß es verständlich ist, daß man, wenn man ständig mit Landwirten, mit Bauern im ländlichen Bereich zu tun hat, die Bauern aufsucht, von den Problemen dieser Landwirte hört, sie von ihnen unterbreitet bekommt und dann, wenn man ein solches Gesetz zur Begutachtung bekommt, dann, wenn es zur Beschlußfassung kommt, wenn man mitbestimmen soll, sicherlich mit einem gewissen Unbehagen an die Sache herangeht. Man versucht zu verhindern, daß die Bauernvertretung diesen Maßnahmen zum Durchbruch verhilft.

Wenn dann durch Zwischenrufe immer wieder der Eindruck erweckt wird, man wolle nur Polemik machen, man würde nicht wirklich die Probleme der Bauern meinen und ihnen auch nicht helfen wollen, so kann es schon passieren, daß man den Leuten, die den Zwischenruf von sich geben, bewußt eine Antwort in der Art erteilt, in der der Zwischenruf kommt, und zwar in einer Art und Weise, die vielleicht dieses Hauses nicht würdig ist. Ich stehe auch nicht an, zu sagen, daß heute manches Wort nicht fallen hätte sollen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Ing. Penz: Dann hätten Sie es auch nicht verwendet!)

Ich möchte Ihnen, Kollege Penz, sicherlich nicht die Kompetenz im Agrarbereich absprechen. Sie haben in Zeiten Agrarpolitik gemacht, in denen ich aufgrund meiner Jugend noch nicht die Möglichkeit hatte, hier aktiv mitzuwirken. Darum fällt es mir auch nicht schwer, hier noch einmal zu sagen, daß es sicherlich nicht so gemeint war, daß Sie bei der Kärntner Jause sehr viel Wein zu sich genommen hätten, so wie ich für mich jetzt in Anspruch nehmen möchte, daß ich nicht besoffen bin. (Bundesrat Ing. Penz: Ist erledigt!) Ist erledigt! – Ich möchte es trotzdem mit allem Nachdruck noch einmal erwähnen.

Eine kleine Anmerkung – Berichtigung kann ich nicht dazu sagen, da ich mich nicht zu einer tatsächlichen Berichtigung gemeldet habe – muß ich jedoch unbedingt noch einfügen.

Als von der Fruchtfolgestabilisierung gesprochen wurde, sind die 100 Prozent für die begrünte Fläche und die 50 Prozent für die restliche Ackerfläche erwähnt worden. Das bezieht sich eindeutig auf 1997, wenn eben einschneidende Maßnahmen zum Tragen kommen sollen. Es wurde aber nicht – leider nicht! – erwähnt, oder es wurde in meiner Rede überhört, daß 1997 für eine Stillegungsfläche überhaupt keine Förderung ausbezahlt würde. Es ist aber in der neuen Verordnung, im neuen Gesetz möglich, daß diese Stillegungsfläche in der Fruchtfolgestabilisierung sehr wohl angerechnet werden kann. Das ist sehr wohl möglich, jedoch wird für diese Fläche kein Betrag ausbezahlt.

Bezüglich der Frage der 400 Millionen Schilling, die bei dieser Maßnahme den Ländern zufallen, war es sicherlich ein Irrtum, meine Rede so zu interpretieren, daß diese 400 Millionen Schilling Niederösterreich allein zu tragen hätte. Wahr ist, daß diese 400 Millionen Schilling natürlich von allen Bundesländern miteinander aufgebracht werden müssen, wobei es die Länder sicherlich nicht leicht haben werden, da, wie ich bereits erwähnt habe, der Bund aufgrund dieses Europavertrages mit einer 60 : 40-Vereinbarung seine Förderungsmittel jederzeit zurückziehen kann. Trotzdem sind wir natürlich alle im Interesse der Bauern, der betroffenen Landwirte bemüht und hoffen, daß die Länder ihre Zusage einhalten werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu den Beiträgen, die durch die Änderung des AMA-Gesetzes im Obst- und Gemüsebau bis zu einer Höhe von 10 000 S pro Hektar eingehoben werden können – sukzessive geringer werdend bis auf im Folienhaus gezogenes Gemüse, was das Land Vorarlberg sehr betrifft –, möchte ich noch kurz erwähnen, daß der Gedanke der Vermarktung über die AMA doch einer kleinen Erläuterung bedarf, und zwar deswegen, weil man über die im vorliegenden Gesetz enthaltenen Marketingmaßnahmen der AMA im allgemeinen sehr wohl eingehend nachdenken und auch eingehend sprechen kann.


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Es gibt führende Agrarvertreter in Niederösterreich – ich verweise etwa auf den sogenannten Schafpapst Krenthaller –, die schon einige kleine Kriege mit der AMA durchgeführt und teilweise auch ausgestanden haben. Krenthaller war immer der Meinung, daß die AMA ihren Marketingbeiträgen in Detailbereichen wie bei Schafprodukten, Ziegenprodukten, Käse- und Milchprodukten aus diesen Bereichen sicherlich nicht gerecht wird. Er interpretierte diese Aussage immer so, daß er sagte, für die Maßnahmen zum Verkauf der agrarischen Produkte in diesen Bereichen nimmt die AMA sicherlich sehr wenig aus ihrem Budget.

Das heißt im Klartext, daß ein Marketingbeitrag für Schafe, Lämmer und Ziegen sicherlich nicht oder nicht in dieser Höhe gerechtfertigt ist. Es hat dann verschiedene Diskussionen über die Höhe und über die Art der Einhebung gegeben. Letztendlich ist es wieder zu einer Schlichtung gekommen. Jedoch muß man sagen, daß Krenthaller damit ein Thema angeschnitten hat, mit dem er sehr wohl den Kern des Problems getroffen hat. Das Problem ist: Was macht die AMA mit den Marketingbeiträgen? Verwendet sie diese Marketingbeiträge wirklich in einer Art und Weise, wie es sich der Landwirt wünscht, daß seine Produkte dementsprechend vermarktet werden und der Bauer dadurch auch einen höheren Preiserlös erzielen kann? – Das ist nicht immer der Fall, meine Damen und Herren. Ich sage bewußt "nicht immer", denn die AMA setzt in puncto Marketing natürlich auch gute Aktionen.

Ich verweise in diesem Zusammenhang auf das AMA-Gütesiegel. Das AMA-Gütesiegel – wir wissen es alle – ist deswegen besonders wichtig für unsere Konsumenten, weil damit die Herkunft des betroffenen Fleischstückes beziehungsweise Lebensmittels schlechthin für den Konsumenten sichergestellt ist. Der Konsument ist für diese Maßnahme dankbar. Man kann selbstverständlich über eine Kennzeichnung, sei es das AMA-Gütesiegel oder das Zeichen A, sehr lange diskutieren. Ich möchte Sie aber, da es jetzt bereits eine Minute nach zwölf ist und wir heute schon sehr lange diskutiert haben, mit dieser Materie nicht länger beschäftigen.

Ich glaube, abschließend sagen zu können, daß eine Debatte über Agrarprobleme und über Probleme der Vermarktung auf einem gewissen Niveau notwendig ist. Dabei ist es wichtig, daß manche Aspekte in einer kritischen Art und in einem Tonfall zum besten gebracht werden, die dem Bauern wirklich von Herzen kommen, was den Bauern auch dazu verhelfen soll, daß entsprechende Gesetzmaterien in Zukunft im Interesse der arbeitenden und fleißigen Landwirte beschlossen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.04

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Kollege.

0.04

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Ich bin der Überzeugung, daß es nie zu spät und nie zu früh sein kann, sich ernstlich mit der Situation unserer Landwirtschaft auseinanderzusetzen. Die wirtschaftliche Situation der Landwirtschaft und unserer Bauern ist viel zu ernst. Man kann als gesetzgebende Körperschaft, in diesem Fall als begutachtende Körperschaft, nicht der Tatsache der fortgeschrittenen Stunde Rechnung tragen und die Probleme der Bauern beiseite schieben. Ich meine, es kann nie zu spät sein, und es kann auch nicht oft genug darüber gesprochen werden, vorausgesetzt, daß man ein Wollen der Hilfestellung gibt.

Ich bin nicht der Meinung der Frau Kollegin Pirchegger. Sie ist nicht im Raum, aber vielleicht kann man es ihr übermitteln. Sie hat nämlich gesagt – und Kollege Prähauser hat das auch gesagt –, daß mein Bundesparteiobmann gesagt hat, die Agrarmittel wären um 50 Prozent zu kürzen. Gemeint hat er jedoch, daß bei einer effizienten Landwirtschaftspolitik und bei einer effizienten Verwaltung der Agrarmittel aus dem Budget ungefähr 50 Prozent einzusparen wären. Dadurch hätte kein einziger Bauer einen Nachteil, sondern wir könnten Verwaltungskosten sparen. Das heißt: Eine Systemänderung im agrarischen Förderungsbereich ist notwendig.

Meine Damen und Herren! Die Situation ist ernst genug für unsere Landwirtschaft. Das zeigt auch die Statistik. Pro Tag hören fünf landwirtschaftliche Betriebe in Österreich auf zu existieren,


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und wenn sich diese negative Entwicklung fortsetzt, dann können wir uns heute schon ausrechnen, wann der letzte Bauer seinen Hof verläßt.

Meine Damen und Herren! Diese Debatte kann nicht ernst genug genommen werden, und zwar aus einem weiteren Grund: Es gibt aufgrund der vielen Versprechungen, die im Hinblick auf Wahlen von den Regierungsparteien getätigt worden sind, sehr viele Unsicherheiten im Förderungssystem und Doppelgleisigkeiten, die die Bauern verunsichern. Einerseits wird die Kompetenz der Förderung ausgelagert der AMA übertragen und ein Gesetz dazu geschaffen, dazu im Widerspruch fordern die ÖVP-Bauernvertreter in den Ländern die Kompetenz der Förderung für die Landeskammer. – Das ist eine Zweigleisigkeit, die auf beiden Ebenen Verwaltungskosten verursacht und die Bauern verunsichert.

Meine Damen und Herren! Der Bereich der flächenbezogenen Förderung durch die AMA ist durchaus problematisch, und zwar deshalb, weil nicht immer die produktive Fläche als Maß für die Einnahmen genommen werden kann. So mindern etwa Ernteausfälle die Ertragssituation und die Einnahmensituation. Wenn man also starr und fest an der Produktionsfläche festhält, dann schlägt sich dieser Beitrag an die AMA für die Landwirte sehr negativ zu Buche.

Meine Damen und Herren! Viel wichtiger wäre es, wenn der Gesetzgeber nicht diese Gesetzesnovelle, sondern endlich eine entsprechende Rechtsgrundlage schaffte, daß die Bauern ein gesichertes Einkommen haben. Man könnte sich sogar überlegen, einen Rechtsanspruch zu schaffen. Zumindest müßte das Bauerneinkommen einmal Verfassungsrang in dieser Republik erhalten. (Bundesrat Meier: Und andere Gruppen nicht?) Man kann über alle Gruppen sprechen, Herr Kollege Meier! Wir lehnen es jedoch ab, wenn man, so wie Ihre steirischen Parteifreunde bei den Sozialdemokraten, bei den Förderungen für die "Stahlpensionisten" ein Junktim zur Bauernförderung herstellt. Diesen Weg wollen wir nicht gehen, sondern wir wollen klare Rechtsgrundlagen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Zur Verunsicherung in der Landwirtschaft trägt auch bei, daß das Agrarbudget im Bund und in den Ländern nicht mehr transparent ist. Es werden viele Positionen zum Agrarbudget hinzugezählt, wie etwa die Landesforste, im Bereich des Bundes die Bundesforste, der Lawinenverbau, der Uferverbau, der Flußverbau. Das sind allgemeine umweltpolitische Maßnahmen, und diese sollten nach unserer Auffassung nicht zum Agrarbudget gezählt werden. Gerade aus diesem Grund, Herr Kollege Meier, wird von Ihrer Partei sehr oft das Junktim hergestellt. Ich höre die Stimmen aus Ihren Reihen: Sie sagen, daß eine immer geringer werdende Anzahl von Bauern immer mehr Förderungsmittel erhält. – Das sagen Sie, weil die Budgetentflechtung und die Budgetwahrheit und -transparenz nicht gegeben sind. Meine Damen und Herren! Daher wäre es notwendig, daß die Schaffung einer Rechtsgrundlage einer AMA-Novelle vorausgeht. Wenn der Rechtsanspruch gegeben und der Fluß der Geldmittel transparent ist, dann gibt es sicherlich auch Verständnis von den Bauern, und dann hat meine Fraktion auch Verständnis für sinnvolle und notwendige Maßnahmen. Aber es hat auch in der Landwirtschaft noch niemandem gedient, wenn man den zweiten Schritt vor dem ersten setzt. Aufgrund dieser Überlegung bitte ich, dieser Novelle die Zustimmung der Länderkammer zu verweigern. Denn mit diesem Schritt wird kein positives Signal für ein gesichertes Bauerneinkommen gesetzt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.10

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Rieser. Ich darf ihn bitten, das Wort zu nehmen.

0.10

Bundesrat Peter Rieser (ÖVP, Steiermark): Sehr verehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Bevor ich auf die Problematik der Landwirtschaft eingehe, möchte ich unserem Kollegen Hans Penz, der ein anerkannter Agrarpolitiker in Österreich ist, sehr herzlich für seine Arbeit danken. (Beifall bei der ÖVP.)

Verehrte Kollegen! Man kann in dieser schwierigen Phase, in der wir uns befinden, die Bauernprobleme nicht mit Polemik lösen. Wir können diese Probleme nur lösen, wenn wir uns gemein


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sam anstrengen und versuchen, für die Bauern der Republik Österreich das Beste herauszuholen.

Wir haben gegenwärtig in Österreich noch zirka 250 000 landwirtschaftliche Betriebe: 38 Prozent davon sind bergbäuerliche Betriebe, nur mehr zirka 29 Prozent werden von Vollerwerbsbauern und 11 Prozent im Zuerwerb betrieben, und bei bereits 60 Prozent handelt es sich um Nebenerwerbsbetriebe. Im Bereich der landwirtschaftlichen Produktion sind 169 300 Arbeitskräfte eingesetzt, davon sind allein 139 200 Beschäftigte Familienangehörige und 30 100 unselbständig Erwerbstätige.

Die Land- und Forstwirtschaft ist nach unserer Ansicht ein Grundpfeiler des ländlichen Raumes und ein tragender Baustein unserer Gesellschaft. Deren Bedeutung im Bereich der sozialen, kulturellen, ökologischen und wirtschaftlichen Wertschöpfung ist ein wesentlicher Teil der Identität unserer Heimat Österreich.

Wer am 23. Juli dieses Jahres, also vor wenigen Tagen, in der "ZiB 2" den Bericht über die gegenwärtige Preissituation in der Landwirtschaft gesehen hat, wird mir sicherlich beipflichten, daß sich der Himmel über unseren Bauernbetrieben verdüstert hat. Wir können diese Probleme jedoch nur mit Optimismus und nicht mit Miesmache anpacken. Viele unserer Landwirte haben trotzdem das Gebot der Stunde erkannt. Sie wollen nicht auf milde Gaben der Öffentlichkeit angewiesen sein. Sie wollen faire Preise für ihre Produkte und eine angemessene Entschädigung für ihre Leistung im Bereich der Landschaftspflege und der Umwelt.

Hohes Haus! Es sei besser, eine Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen, meinte einst ein weiser chinesischer Philosoph. – Die Kerze ist längst entflammt. Das Umdenken in vielen Bauernköpfen hat längst begonnen. Die Bauern wollen es schaffen, aber sie schaffen es nicht alleine. Sie brauchen, wenn sie die ihnen zugedachte Rolle als Unternehmer, Nahrungsmittelproduzent und Landschaftspfleger erfüllen sollen, die Unterstützung der Öffentlichkeit, insbesondere aber die Unterstützung der Konsumentinnen und Konsumenten. Es gibt noch viel zu tun. Wir müssen – darum möchte hier bitten – die Probleme im Interesse der Bauern gemeinsam anpacken.

Unzählige Arbeitsplätze in den vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen sind in Gefahr. Über 90 Prozent der aus der Landwirtschaft verkauften Produkte werden in Österreich weiter be- und verarbeitet. Die vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereiche, insbesondere die Zulieferindustrie, der Agrarhandel und die Ernährungsindustrie, der Lebensmittelhandel sowie auch der Verpflegungsbereich im Gastgewerbe, erwirtschaften gemeinsam mit der Landwirtschaft einen bedeutenden volkswirtschaftlichen Vorteil.

Der Rinderwahn hat eine verstärkte Diskussion über die Zukunft und Leitlinien der europäischen Landwirtschaft ausgelöst. Meiner Ansicht nach muß die Entscheidung für eine bäuerliche und gegen eine industrielle Landwirtschaft fallen. Der gegenwärtige Skandal ist die Folge von Produktionsmethoden, die ethische und ökologische Defizite aufweisen. Ein Ausweg aus der Krise kann nur die Trendwende hin zu einer bäuerlichen, ökologischen und sozial verträglichen Landwirtschaft sein.

Die Änderungen bei der degressiven Ausgleichszahlung 1996 im Umweltprogramm 1997 sind notwendig geworden. Es erfolgt eine interne Umschichtung, um im Budgetrahmen 1996 und 1997 bei jeweils 7,4 Milliarden Schilling zu bleiben. Der Mehrbedarf ergibt sich trotz des verhängten Einstiegsstopps vor allem durch die erhebliche Ausweitung bei den Winterbegrünungsmaßnahmen. Wir haben es vorhin gehört. Es handelt sich um ein Plus von 985 Millionen Schilling. Die entsprechenden Leistungen und die damit verbundenen Kosten wurden vergangenen Herbst beziehungsweise im Winter 1995/96 von den Bauern erbracht beziehungsweise getragen, und eine nachträgliche Kürzung wäre nicht vertretbar. Das Umweltprogramm ist notwendig, damit unsere ländliche Struktur erhalten bleibt.

Die rasche Änderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen beinhaltet die große Gefahr einer Abwanderung aus dem ländlichen Raum, wenn es uns mit einer vernünftigen Agrarpolitik nicht gelingt, entgegenzusteuern. Wir brauchen daher wirkungsvolle Maßnahmen, damit be


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stimmte Regionen nicht zu Freilichtmuseen werden. Es hat in diesem Zusammenhang keinen Sinn, wenn wir über die Bergbauern, die Rinderbauern, die Talbauern, Vollerwerbs- und Nebenerwerbsbetriebe diskutieren. Wir müssen vielmehr das Gesamte sehen.

Unser Herr Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft hat die Situation richtig erkannt und verhandelt pausenlos im Interesse der österreichischen Bauern und er hat unser vollstes Vertrauen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Dr. Tremmel: Der schwache Beifall zeugt dem nicht vom vollen Vertrauen!) Das macht nichts! Die Kollegen wissen, worum es geht! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe jedoch kein Verständnis dafür, und es ist gegenüber der Landwirtschaft nicht zu verantworten, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wenn sich die Landesfinanzreferenten nicht bereit erklären, den Anteil der Länder von 40 Prozent für den Hartwährungsausgleich zu bezahlen. Wir haben im Ausschuß des Bundesrates darüber diskutiert. Der Rindfleischabsatz ist laut den letzten aktuellen Meldungen um 30 Prozent zurückgegangen. Gerade aus diesem Anlaß ist es daher für das Überleben der Grünlandbauern von unbedingter Notwendigkeit, alle Möglichkeiten einer Ausgleichszahlung trotz bekannter budgetärer Schwierigkeiten auszuschöpfen. Man sollte in dieser dramatischen Situation nicht vergessen: Wenn der Grünlandbauer aufgibt, dann wächst der Wald nach, und es fällt somit ein wesentlicher Anreiz für den Tourismus aus. Da aber der Tourismus den größten Devisenbringer für den österreichischen Staat darstellt, wird die Landesfinanzreferentenkonferenz aufgefordert, ihren letzten Beschluß auf Nichtübernahme des 40prozentigen Anteils im Zusammenhang mit dem Währungsausgleich nochmals zu überdenken.

Hohes Haus! Ich habe versucht, kurz – der Zeit entsprechend – die gegenwärtige Problematik aufzuzeigen. Wir von der Österreichischen Volkspartei werden dieser Vorlage die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)

0.20

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt natürlich getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 und das Landwirtschaftsgesetz 1992 geändert werden.

Der vorliegende Beschluß enthält im Abschnitt I Z. 1 und Z. 17 sowie im Abschnitt II Z. 1 und Z. 3 Verfassungsbestimmungen, die nach Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitlieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedürfen.

Ich stelle die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den im Abschnitt I Z. 1 und Z. 17 sowie im Abschnitt II Z. 1 und Z. 3 enthaltenen Verfassungsbestimmungen im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, den zitierten Verfassungsbestimmungen des vorliegenden Beschlusses im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlußerfordernisse angenommen.


Bundesrat
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616. Sitzung / Seite 216

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Ich bitte ferner jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Auch dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz über den Verkehr mit Reben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Herr Kollege Eisl! Darf ich Sie noch einmal fragen, wie Ihr Abstimmungsverhalten jetzt war? (Bundesrat Eisl: Ich habe aufgezeigt!) Sie haben aufgezeigt? (Bundesrat Schaufler: Bravo Eisl!) Ich muß Ihnen aber mitteilen, daß Ihre Stimme ungültig ist, weil Sie sich nicht an Ihrem Platz befinden. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Tremmel. ) Herr Kollege Eisl! Ich mache Sie noch einmal darauf aufmerksam – bei allem Spaß, den Sie offensichtlich hier haben –: Sie können an den Abstimmungen nur teilnehmen, wenn Sie auf Ihrem Platz sitzen.

Wir gehen im Abstimmungsverfahren weiter:

Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Bundesgesetz über forstliches Vermehrungsgut, Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975 geändert wird, und Bundesgesetz, mit dem das Düngemittelgesetz 1994 geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Juli 1996 betreffend ein Änderungsprotokoll zu dem Europäischen Übereinkommen zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen.

Da der vorliegende Beschluß Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz der Bundes-Verfassung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Weiters bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz, den gegenständlichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Auch dies ist Stimmeneinhelligkeit.


Bundesrat
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616. Sitzung / Seite 217

Der Antrag, gegen den Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz den gegenständlichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

44. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend ein Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Belarus andererseits samt Anhängen und Protokoll (115/NR sowie 5267/BR der Beilagen)

45. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend ein Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Kirgisischen Republik andererseits samt Anhängen und Protokoll (116/NR sowie 5268/BR der Beilagen)

46. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend ein Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kasachstan andererseits samt Anhängen und Protokoll (117/NR sowie 5269/BR der Beilagen)

47. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend ein Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Staat Israel andererseits samt Anhängen und Protokollen sowie Schlußakte und Erklärungen (126/NR sowie 5270/BR der Beilagen)

48. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend einen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über den Verlauf der Staatsgrenze in den Grenzabschnitten II, IV bis VII und in Teilen der Grenzabschnitte IX und X (regulierter Glanzbach) sowie XIX (regulierter Rischbergbach) samt Anlagen (86 und 230/NR sowie 5271/BR der Beilagen)

49. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien in den Grenzabschnitten II, IV bis VII und in Teilen der Grenzabschnitte IX und X (regulierter Glanzbach) sowie XIX (regulierter Rischbergbach) (153 und 231/NR sowie 5272/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 44 bis 49 der Tagesordnung, über die die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies ein Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Belarus andererseits samt Anhängen und Protokoll,


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
616. Sitzung / Seite 218

ein Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Kirgisischen Republik andererseits samt Anhängen und Protokoll,

ein Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kasachstan andererseits samt Anhängen und Protokoll,

ein Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Staat Israel andererseits samt Anhängen und Protokollen sowie Schlußakte und Erklärungen,

einen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über den Verlauf der Staatsgrenze in den Grenzabschnitten II, IV bis VII und in Teilen der Grenzabschnitte IX und X (regulierter Glanzbach) sowie XIX (regulierter Rischbergbach) samt Anlagen und

ein Bundesverfassungsgesetz über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien in den Grenzabschnitten II, IV bis VII und in Teilen der Grenzabschnitte IX und X (regulierter Glanzbach) sowie XIX (regulierter Rischbergbach).

Die Berichterstattung über die Punkte 44 bis 49 hat Herr Bundesrat Mag. Wilfing übernommen. Ich darf ihn bitten, die Berichterstattung zu bringen.

Berichterstatter Mag. Karl Wilfing: Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Hoher Bundesrat! Ich bringe den Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend ein Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Belarus andererseits samt Anhängen und Protokoll.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, und ich komme daher nur mehr zu der Verlesung des Antrages.

Der Außenpolitische Ausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend ein Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Kirgisischen Republik andererseits samt Anhängen und Protokoll.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor, und ich komme daher nur mehr zu der Verlesung des Antrages.

Der Außenpolitische Ausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Weiters: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend ein Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kasachstan andererseits samt Anhängen und Protokoll.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, und ich komme daher zur Verlesung des Antrages.

Der Außenpolitische Ausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Weiters: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend ein Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Staat Israel andererseits samt Anhängen und Protokollen sowie Schlußakte und Erklärungen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
616. Sitzung / Seite 219

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme daher zur Verlesung des Antrages.

Der Außenpolitische Ausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Weiters: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend einen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über den Verlauf der Staatsgrenze in den Grenzabschnitten II, IV bis VII und in Teilen der Grenzabschnitte IX und X (regulierter Glanzbach) sowie XIX (regulierter Rischbergbach) samt Anlagen.

Ich komme zur Verlesung des Antrages:

Der Außenpolitische Ausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Der letzte Bericht des Außenpolitischen Ausschusses befaßt sich mit dem Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien in den Grenzabschnitten II, IV bis VII und in Teilen der Grenzabschnitte IX und X (regulierter Glanzbach) sowie XIX (regulierter Rischbergbach).

Der Bericht liegt ebenfalls schriftlich vor. Ich komme daher zur Verlesung des Antrages.

Der Außenpolitische Antrag stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Juli 1996 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie Beifall des Bundesrates Meier .)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte über die vom Ausschuß gestellten Anträge.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend ein Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Belarus andererseits samt Anhängen und Protokoll.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend ein Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Kirgisischen Republik andererseits samt Anhängen und Protokoll.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
616. Sitzung / Seite 220

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend ein Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kasachstan andererseits samt Anhängen und Protokoll.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend ein Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Staat Israel andererseits samt Anhängen und Protokollen sowie Schlußakte und Erklärungen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend einen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über den Verlauf der Staatsgrenze in den Grenzabschnitten II, IV bis VII und in Teilen der Grenzabschnitte IX und X sowie XIX samt Anlagen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1996 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien in den Grenzabschnitten II, IV bis VII und in Teilen der Grenzabschnitte IX und X sowie XIX.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Ich gebe noch bekannt, daß seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt 24 Anfragen, und zwar 1202/J bis 1225/J, eingebracht wurden.

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin ist Donnerstag, der 17. Oktober 1996, 9 Uhr in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Vorlagen in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschußvorberatungen sind für Dienstag, den 15. Oktober 1996, ab 14 Uhr vorgesehen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Frau Staatssekretärin! Ich darf Sie in die Urlaubswünsche ganz herzlich mit einschließen. Ich wünsche Ihnen einen erholsamen Urlaub, ich


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
616. Sitzung / Seite 221

wünsche den Bundesrätinnen und Bundesräten, die einen Landtagswahlkampf zu führen haben, einen Wahlkampf, der unserer politischen Kultur gerecht wird, auf den wir und mit uns alle Österreicher stolz sein können.

Ich glaube, daß es gut wäre, wenn die Dinge so verliefen, daß die Politiker nicht diejenigen sind, die zum Teil scheel angesehen werden, sondern Politiker müssen Menschen sein, die Vorbild sind, die respektiert werden und die auch Anlaß zu Respekt geben.

In diesem Sinn, verehrte Kolleginnen und Kollegen, möchte ich Ihnen noch einmal einen erholsamen und schönen Urlaub wünschen. Den österreichischen Bauern wünsche ich eine gute und ertragreiche Ernte, und ich hoffe, daß wir uns alle erholt und gesund im Herbst wiedersehen. (Allgemeiner Beifall.)

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 0.37 Uhr