Stenographisches Protokoll

647. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 17. Dezember 1998

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

647. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 17. Dezember 1998

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 17. Dezember 1998: 9.04 – 21.34 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Bundesgesetz über mineralische Rohstoffe, über die Änderung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes und des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 (Mineralrohstoffgesetz – MinroG)

2. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über besondere Förderungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU-Förderungsgesetz) geändert wird

3. Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

4. Bundesgesetz, mit dem das Studentenheimgesetz geändert wird

5. Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region

6. Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Slowenien über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit

7. Bundesgesetz über die Vertretung der Studierenden an den Universitäten (Hochschülerschaftsgesetz 1998 – HSG 1998)

8. Bundesgesetz betreffend den Amateurfunkdienst (Amateurfunkgesetz 1998 – AFG)

9. Bundesgesetz betreffend Funker-Zeugnisse (Funker-Zeugnisgesetz 1998 – FZG)

10. Zusatzprotokoll vom 26. März 1998 zum Übereinkommen über die Regelung der Schiffahrt auf der Donau vom 18. August 1948 samt Unterzeichnungsprotokoll

11. Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz geändert wird (2. TKG-Novelle)

12. Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensopfergesetz geändert wird

13. Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, Artikel VI des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 450/1994 und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 2

14. Bundesgesetz über die Koordination bei Bauarbeiten (Bauarbeitenkoordinationsgesetz – BauKG)

15. Übereinkommen (Nr. 176) über den Arbeitsschutz in Bergwerken

16. Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz und das Behindertenwerkstätten-Vorfinanzierungsgesetz geändert werden

17. Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert wird

18. Bundesgesetz, mit dem das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz geändert wird

19. Bundesgesetz über die Aufnahme in ein Dienstverhältnis bei den Europäischen Gemeinschaften und das Ausscheiden aus einem solchen Dienstverhältnis (EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz) und betreffend eine Änderung des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, des Land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1985 und des Pensionsgesetzes 1965

20. Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden

21. Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz und das Impfschadengesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 1998 – SRÄG 1998)

22. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997 – AsylG) geändert wird

23. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht geändert wird

24. Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird

25. Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bewertungsgesetz 1955, das Grundsteuergesetz, das Gebührengesetz 1957, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Kapitalverkehrsteuergesetz, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, das Ausfuhrerstattungsgesetz, das Bundesgesetz, mit dem Beihilfen im Gesundheits- und Sozialbereich geregelt werden, das Investmentfondsgesetz 1993, das Mietrechtsgesetz und das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 1998, AbgÄG 1998)

26. Bundesgesetz, mit dem das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz geändert wird (Finanzreformgesetz 1998)

27. Bundesgesetz, mit dem das Richterdienstgesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Nebengebührenzulagengesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Pensionsgesetz 1965 und das Bundesfinanzgesetz 1999 geändert werden

28. Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird

29. Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert wird


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 3

30. Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden betreffend die Koordination der Haushaltsführung von Bund, Ländern und Gemeinden (Österreichischer Stabilitätspakt)

31. Bundesgesetz, mit dem das Poststrukturgesetz sowie das Post-Betriebsverfassungsgesetz geändert werden (Poststrukturgesetz-Novelle 1998)

32. Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Poststrukturgesetz und das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle 1998)

33. Bundesgesetz über die Leistung österreichischer Beiträge zum von der Weltbank treuhändisch verwalteten HIPC-Treuhandfonds beziehungsweise zu international akkordierten Notstandshilfe- beziehungsweise Wiederaufbauaktivitäten zur Linderung der durch den Wirbelsturm Mitch verursachten Katastrophe in Mittelamerika

34. Bundesgesetz über die Erhöhung der Quote Österreichs beim Internationalen Währungsfonds

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Inhalt

Bundesrat

Schreiben der Ersten Präsidentin des Wiener Landtages betreffend Mandatsveränderung im Bundesrat 17

Angelobung des Bundesrates Dr. André d’Aron 17

Personalien

Krankmeldungen 17

Entschuldigung 17

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse 48

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 48

Ausschüsse

Zuweisungen 48

Fragestunde

Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten 17

Irene Crepaz (969/M-BR/98); DDr. Franz Werner Königshofer, Wolfram Vindl

Dr. Kurt Kaufmann (979/M-BR/98); Dr. Michael Ludwig, Ulrike Haunschmid

Dr. Reinhard Eugen Bösch (975/M-BR/98); Alfred Schöls


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 4

Erhard Meier (970/M-BR/98); Engelbert Weilharter, Dipl.-Ing. Hannes Missethon

Gottfried Jaud (980/M-BR/98); Johann Grillenberger, Mag. Walter Scherb

Dr. Peter Harring (976/M-BR/98); Gottfried Jaud, Hedda Kainz

Wolfgang Hager (971/M-BR/98); Engelbert Weilharter, Dipl.-Ing. Hannes Missethon

Ilse Giesinger (981/M-BR/98); Erhard Meier, Dr. Paul Tremmel

Mag. Walter Scherb (977/M-BR/98); Gottfried Jaud, Johann Grillenberger

Mag. Günther Leichtfried (972/M-BR/98); Monika Mühlwerth, Dr. Kurt Kaufmann

Dr. Vincenz Liechtenstein (982/M-BR/98); Johanna Schicker, Engelbert Weilharter

Ulrike Haunschmid (978/M-BR/98); Wolfram Vindl, Josef Pfeifer

Josef Pfeifer (973/M-BR/98); DDr. Franz Werner Königshofer, Franz Richau

Dr. Milan Linzer (983/M-BR/98); Josef Pfeifer, Dr. Peter Harring

Ferdinand Gstöttner (974/M-BR/98); Thomas Ram, Friedrich Hensler

Mag. Michael Strugl (984/M-BR/98); DDr. Franz Werner Königshofer

Ludwig Bieringer (985/M-BR/98); Stefan Prähauser, Ulrike Haunschmid

Verhandlungen

(1) Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz über mineralische Rohstoffe, über die Änderung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes und des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 (Mineralrohstoffgesetz – MinroG) (1428, Zu 1428 und 1527/NR sowie 5817 und 5818/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Peter Harring 49

[


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 5

Antrag, 1. gegen den Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz über mineralische Rohstoffe, über die Änderung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes und des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 (Mineralrohstoffgesetz – MinroG) keinen Einspruch zu erheben, 2. die beigedruckte Entschließung anzunehmen]

Redner:

Dr. Reinhard Eugen Bösch 50

Dr. Michael Ludwig 51

Dipl.-Ing. Hannes Missethon 53

Engelbert Weilharter 55

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 56, 61 und 65

Mag. Harald Repar 57

Jürgen Weiss 58

Herbert Thumpser 62

Ing. Walter Grasberger 63

Dr. Paul Tremmel 65

Ludwig Bieringer 66

und (tatsächliche Berichtigung) 67

Andreas Eisl 66

Antrag der Bundesräte Engelbert Weilharter, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Dr. Peter Harring, Dr. Paul Tremmel, Thomas Ram, Mag. Walter Scherb und Kollegen, gegen den Beschluß des Nationalrates Einspruch zu erheben 56

Ablehnung 68

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung 68

Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. gegen den Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz über mineralische Rohstoffe, über die Änderung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes und des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 (Mineralrohstoffgesetz – MinroG) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 69

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, 2. die beigedruckte Entschließung anzunehmen (E. 161) 69

(2) Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über besondere Förderungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU-Förderungsgesetz) geändert wird (1475 und 1528/NR sowie 5819/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Walter Scherb 69

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. Kurt Kaufmann 69

Hedda Kainz 72

Ulrike Haunschmid 73

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 78

Mag. John Gudenus 78

Dr. Peter Harring 81

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben 83

Entschließungsantrag der Bundesräte Ulrike Haunschmid und Kollegen betreffend Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Tourismus- und Fremdenverkehrswirtschaft 77

Ablehnung 83

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung 83

Gemeinsame Beratung über

(3) Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1442 und 1511/NR sowie 5814 und 5820/BR d. B.)

(4) Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studentenheimgesetz geändert wird (1441 und 1512/NR sowie 5821/BR d. B.)

(5) Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region (1159 und 1514/NR sowie 5822/BR d. B.)


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 6

(6) Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Slowenien über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit (1388 und 1515/NR sowie 5823/BR d. B.)

Berichterstatter: Josef Pfeifer 85

[Antrag, zu (3), (4) und (5) keinen Einspruch zu erheben und zu (6) dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen]

Redner:

Dr. Paul Tremmel 85

Ing. Walter Grasberger 87

Wolfgang Hager 89

Monika Mühlwerth 90

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (3), (4) und (5) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 91

Annahme des Antrages des Berichterstatters, dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 92

(7) Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz über die Vertretung der Studierenden an den Universitäten (Hochschülerschaftsgesetz 1998 – HSG 1998) (1470 und 1513/NR sowie 5824/BR d. B.)

Berichterstatter: Josef Pfeifer 92

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. Peter Böhm 92

Therese Lukasser 94

Anna Elisabeth Haselbach 95

Mag. John Gudenus 96

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 98

Gemeinsame Beratung über

(8) Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 über ein Bundesgesetz betreffend den Amateurfunkdienst (Amateurfunkgesetz 1998 – AFG) (1218 und 1497/NR sowie 5825/BR d. B.)

(9) Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 über ein Bundesgesetz betreffend Funker-Zeugnisse (Funker-Zeugnisgesetz 1998 – FZG) (1250 und 1498/NR sowie 5826/BR d. B.)

(10) Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Zusatzprotokoll vom 26. März 1998 zum Übereinkommen über die Regelung der Schiffahrt auf der Donau vom 18. August 1948 samt Unterzeichnungsprotokoll (1220 und 1499/NR sowie 5827/BR d. B.)


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 7

(11) Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz geändert wird (2. TKG-Novelle) (1468 und 1496/NR sowie 5828/BR d. B.)

Berichterstatter: Engelbert Weilharter 99

[Antrag, zu (8), (9), (10) und (11) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Ing. Peter Polleruhs 99

Josef Pfeifer 100

DDr. Franz Werner Königshofer 101

Engelbert Schaufler 103

Bundesminister Dr. Caspar Einem 104

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (8), (9), (10) und (11) keinen Einspruch zu erheben 106

Entschließungsantrag der Bundesräte DDr. Franz Werner Königshofer und Kollegen betreffend Kennzeichnungspflicht der Strahlenintensität von Mobiltelefonen sowie Information über geplante Netzausbaumaßnahmen 103

Ablehnung 107

Gemeinsame Beratung über

(12) Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensopfergesetz geändert wird (1472 und 1484/NR sowie 5829/BR d. B.)

(13) Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, Artikel VI des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 450/1994 und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (1449 und 1485/NR sowie 5830/BR d. B.)

(14) Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz über die Koordination bei Bauarbeiten (Bauarbeitenkoordinationsgesetz – BauKG) (1462 und 1487/NR sowie 5831/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Payer 107

[Antrag, zu (12), (13) und (14) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Engelbert Weilharter 108

Alfred Schöls 109

Irene Crepaz 110

Dr. Paul Tremmel 111

Karl Drochter 112

Herbert Thumpser 113

Bundesministerin Eleonora Hostasch 114

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (12) keinen Einspruch zu erheben 115

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (13) und (14) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 116


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 8

(15) Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Übereinkommen (Nr. 176) über den Arbeitsschutz in Bergwerken (1463 und 1488/NR sowie 5832/BR d. B.)

Berichterstatterin: Johanna Schicker 116

(Antrag, 1. dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dipl.-Ing. Hannes Missethon 116

Karl Drochter 117

Engelbert Weilharter 118

Bundesministerin Eleonora Hostasch 119

einstimmige Annahme des Antrages der Berichterstatterin, 1. dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegen-ständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben 120

(16) Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz und das Behindertenwerkstätten-Vorfinanzierungsgesetz geändert werden (1518 und 1543/NR sowie 5833/BR d. B.)

Berichterstatter: Wolfgang Hager 120

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Aloisia Fischer 121

Johanna Schicker 121

Dr. Paul Tremmel 122

Herbert Thumpser 123

Bundesministerin Eleonora Hostasch 124

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben 126

Gemeinsame Beratung über

(17) Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert wird (1508 und 1546/NR sowie 5834/BR d. B.)

(18) Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz geändert wird (1509 und 1548/NR sowie 5835/BR d. B.)

Berichterstatter: Wolfgang Hager 126

[Antrag, zu (17) und (18) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Mag. Michael Strugl 127

Johanna Schicker 129


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
647. Sitzung / Seite 9

Monika Mühlwerth 129

Bundesministerin Eleonora Hostasch 131

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (17) und (18) keinen Einspruch zu erheben 133

(19) Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz über die Aufnahme in ein Dienstverhältnis bei den Europäischen Gemeinschaften und das Ausscheiden aus einem solchen Dienstverhältnis (EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz) und betreffend eine Änderung des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, des Land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1985 und des Pensionsgesetzes 1965 (1519 und 1547/NR sowie 5836/BR d. B.)

Berichterstatterin: Johanna Schicker 133

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

einstimmige Annahme des Antrages der Berichterstatterin, keinen Einspruch zu erheben 134

(20) Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (845/A und 1549/NR sowie 5837/BR d. B.)

Berichterstatterin: Johanna Schicker 134

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 134

(21) Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz und das Impfschadengesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 1998 – SRÄG 1998) (943/A und 1551/NR sowie 5838/BR d. B.)

Berichterstatterin: Johanna Schicker 135

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
647. Sitzung / Seite 10

Redner:

Ulrike Haunschmid 135

Franz Wolfinger 135

Bundesministerin Eleonora Hostasch 137

einstimmige Annahme des Antrages der Berichterstatterin, keinen Einspruch zu erheben 138

(22) Beschluß des Nationalrates vom 27. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997 – AsylG) geändert wird (842/A und 1494/NR sowie 5839/BR d. B.)

Berichterstatter: Ing. Walter Grasberger 138

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. Reinhard Eugen Bösch 138

Mag. Günther Leichtfried 141

Friedrich Hensler 142

Mag. John Gudenus 143

und (tatsächliche Berichtigung) 147

Engelbert Schaufler 145

Dr. Günther Hummer 146

Bundesminister Mag. Karl Schlögl 148

Dr. Paul Tremmel 150

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 151

(23) Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Internationale Privat-recht geändert wird (924/A und 1483/NR sowie 5850/BR d. B.)

Berichterstatter: Ferdinand Gstöttner 151

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. Günther Hummer 152

Josef Rauchenberger 152

Dr. Peter Böhm 152

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben 154

(24) Beschluß des Nationalrates vom 5. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (958/A und 1529/NR sowie 5851/BR d. B.)

Berichterstatter: Ferdinand Gstöttner 154

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. Milan Linzer 154

Josef Rauchenberger 155

Dr. Peter Böhm 156

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 157

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben 158

Gemeinsame Beratung über

(25) Beschluß des Nationalrates vom 27. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bewertungsgesetz 1955, das Grundsteuergesetz, das Gebührengesetz 1957, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Kapitalverkehrsteuergesetz, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, das Ausfuhrerstattungsgesetz, das Bundesgesetz, mit dem Beihilfen im Gesundheits- und Sozialbereich geregelt werden, das Investmentfondsgesetz 1993, das Mietrechtsgesetz und das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
647. Sitzung / Seite 11

werden (Abgabenänderungsgesetz 1998, AbgÄG 1998) (1471 und 1505/NR sowie 5840/BR d. B.)

(26) Beschluß des Nationalrates vom 27. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz geändert wird (Finanzreformgesetz 1998) (1466 und 1507/NR sowie 5841/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Kraml 159

[Antrag, zu (25) und (26) keinen Einspruch zu erheben]


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
647. Sitzung / Seite 12

Redner:

Mag. Walter Scherb 159

Alfred Schöls 160

Johann Grillenberger 162

Ilse Giesinger 163

Bundesminister Rudolf Edlinger 164

Jürgen Weiss (zur Geschäftsbehandlung) 165

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (25) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 165

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (26) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der meisten Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen und einiger Stimmen der Bundesräte der ÖVP 166

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung 166

(27) Beschluß des Nationalrates vom 27. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Richterdienstgesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Nebengebührenzulagengesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Pensionsgesetz 1965 und das Bundesfinanzgesetz 1999 geändert werden (1467 und 1506/NR sowie 5842/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Grillenberger 167

(Antrag, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
647. Sitzung / Seite 13

Redner:

Alfred Schöls 167

Josef Pfeifer 168

Dr. Peter Böhm 168

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben 170

(28) Beschluß des Nationalrates vom 27. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (937/A und 1489/NR sowie 5843/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Grillenberger 170

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. Peter Harring 170

Bundesminister Rudolf Edlinger 172

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 173

Gemeinsame Beratung über

(29) Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert wird (1480 und 1536/NR sowie 5844/BR d. B.)

(30) Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 über eine Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden betreffend die Koordination der Haushaltsführung von Bund, Ländern und Gemeinden (Österreichischer Stabilitätspakt) (1517 und 1539/NR sowie 5845/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Grillenberger 173

[Antrag, zu (29) und (30) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Dr. Paul Tremmel 174

Mag. Karl Wilfing 175 und 179

Johann Payer 176

Bundesminister Rudolf Edlinger 177

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (29) und (30) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 179

(31) Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Poststrukturgesetz sowie das Post-Betriebsverfassungsgesetz geändert werden (Poststrukturgesetz-Novelle 1998) (1516 und 1537/NR sowie 5846/BR d. B.)

Berichterstatter: Josef Rauchenberger 180

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. André d’Aron 180

Johann Kraml 181

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 182

(32) Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Poststrukturgesetz und das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle 1998) (1476 und 1538/NR sowie 5847/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Kraml 182

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Ernest Windholz 183

Uta Barbara Pühringer 184

Erhard Meier 185

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 187

Gemeinsame Beratung über

(33) Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung österreichischer Beiträge zum von der Weltbank treuhändisch verwalteten HIPC-Treuhandfonds beziehungsweise zu international akkordierten Notstandshilfe- beziehungsweise Wiederaufbauaktivitäten zur Linderung der durch den Wirbelsturm Mitch verursachten Katastrophe in Mittelamerika (945/A und 1540/NR sowie 5848/BR d. B.)

(34) Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz über die Erhöhung der Quote Österreichs beim Internationalen Währungsfonds (1432 und 1534/NR sowie 5849/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Kraml 187

[Antrag, zu (33) und (34) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Thomas Ram 187

Josef Pfeifer 189

Mag. John Gudenus 189

Albrecht Konecny 191

Ludwig Bieringer 192

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (33) keinen Einspruch zu erheben 193

Entschließungsantrag der Bundesräte Thomas Ram und Kollegen betreffend die Überprüfung der zweckgemäßen Mittelverwendung von Förderungen und Unterstützungen des Bundes bei Hilfsprojekten im Ausland 188

Ablehnung 193

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (34) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 193

Eingebracht wurden

Anfragen


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 14

der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend eine neuerliche EURO-Werbekampagne (1540/J-BR/98)

der Bundesräte Mag. John Gudenus und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Schädigung der Republik Österreich durch den früheren Finanzminister F. L. (1541/J-BR/98)

der Bundesräte Dr. Peter Harring und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend IWF-Bericht über Österreichs Finanzsektor (1542/J-BR/98)

der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Verurteilung eines 29jährigen Hilfsarbeiters zu drei Monaten unbedingter Haft wegen Unzucht mit Unmündigen und gleichgeschlechtlicher Unzucht (1543/J-BR/98)

der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Entlassung eines mutmaßlichen Mörders aus der Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach fünf Monaten (1544/J-BR/98)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
647. Sitzung / Seite 15

der Bundesräte Ernest Windholz und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend schwere Vorwürfe gegen die Justiz (1545/J-BR/98)

der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Programme der informellen Ministertreffen in Österreich (1546/J-BR/98)

der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend divergierende Anfragebeantwortungen (1547/J-BR/98)

der Bundesräte Ernest Windholz und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Ausbau der Preßburgerbahn (1548/J-BR/98)

der Bundesräte Mag. John Gudenus und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend den Einsatz von Heereshubschraubern für Assistenzeinsätze (1549/J-BR/98)

der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Platznot an höheren Schulen (1550/J-BR/98)

der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Islamische Religionslehrer an den Schulen (1551/J-BR/98)

der Bundesräte Engelbert Weilharter und Kollegen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die Dringlichkeit des Ausbaues der B 96 beziehungsweise B 83 auf der Strecke von Judenburg bis Neumarkt (1552/J-BR/98)

der Bundesräte Mag. Karl Wilfing, Engelbert Schaufler, Alfred Schöls und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Verkehrsmasterplan – Region Weinviertel (1553/J-BR/98)

der Bundesräte Alfred Gerstl und Kollegen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Kündigung der Verträge von Tobaccoland über den Vertrieb von Mautvignetten (1554/J-BR/98)

der Bundesräte Franz Richau und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Aufgaben der Sicherheitsexekutive, insbesondere der Grenzgendarmerie (1555/J-BR/98)

der Bundesräte Johann Payer und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Streichung eines Dienstpostens im burgenländischen Landesschulrat (1556/J-BR/98)

der Bundesräte Ernest Windholz und Kollegen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die Errichtung einer untertägigen Sondermülldeponie in der Gemeinde Wolfsthal-Berg (1557/J-BR/98)

der Bundesräte Ernest Windholz und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Zuweisung von öffentlich Bediensteten zum Amtsarzt und versuchte Frühpensionierung (1558/J-BR/98)

der Bundesräte Dr. Peter Böhm, Monika Mühlwerth, Mag. John Gudenus an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Bleiqualität des Wiener Trinkwassers in Altbauten (1559/J-BR/98)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Frage der Bundesräte Ernest Windholz und Kollegen (1375/AB-BR/98 zu 1485/J-BR/98)

des Bundesministers für Finanzen auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss, Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen (1376/AB-BR/98 zu 1473/J-BR/98)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Frage der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen (1377/AB-BR/98 zu 1496/J-BR/98)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen (1378/AB-BR/98 zu 1500/J-BR/98)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen (1379/AB-BR/98 zu 1490/J-BR/98)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Peter Rodek und Kollegen (1380/AB-BR/98 zu 1475/J-BR/98)

des Bundeskanzlers auf die Frage der Bundesräte Ernest Windholz und Kollegen (1381/AB-BR/98 zu 1477/J-BR/98)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Frage der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen (1382/AB-BR/98 zu 1523/J-BR/98)

des Bundesministers für Justiz auf die Frage der Bundesräte Ernest Windholz und Kollegen (1383/AB-BR/98 zu 1483/J-BR/98)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Frage der Bundesräte Ernest Windholz und Kollegen (1384/AB-BR/98 zu 1484/J-BR/98)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Frage der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen (1385/AB-BR/98 zu 1493/J-BR/98)

des Bundesministers für Finanzen auf die Frage der Bundesräte Ernest Windholz und Kollegen (1386/AB-BR/98 zu 1481/J-BR/98)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Frage der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen (1387/AB-BR/98 zu 1492/J-BR/98)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Frage der Bundesräte DDr. Franz Werner Königshofer und Kollegen (1388/AB-BR/98 zu 1503/J-BR/98)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Alfred Schöls und Kollegen (1389/AB-BR/98 zu 1506/J-BR/98)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Frage der Bundesräte Mag. John Gudenus, Andreas Eisl und Kollegen (1390/AB-BR/98 zu 1504/J-BR/98)


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 16

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Frage der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen (1391/AB-BR/98 zu 1498/J-BR/98)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Frage der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen (1392/AB-BR/98 zu 1499/J-BR/98)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Frage der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen (1393/AB-BR/98 zu 1502/J-BR/98)

des Bundesministers für Justiz auf die Frage der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen (1394/AB-BR/98 zu 1501/J-BR/98)

des Bundeskanzlers auf die Frage der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen (1395/AB-BR/98 zu 1505/J-BR/98)

des Bundeskanzlers auf die Frage der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen (1396/AB-BR/98 zu 1491/J-BR/98)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Frage der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen (1397/AB-BR/98 zu 1521/J-BR/98)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Frage der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen (1398/AB-BR/98 zu 1497/J-BR/98)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Frage der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen (1399/AB-BR/98 zu 1520/J-BR/98)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Frage der Bundesräte Alfred Schöls und Kollegen (1400/AB-BR/98 zu 1509/J-BR/98)


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 17

Beginn der Sitzung: 9.04 Uhr

Präsident Alfred Gerstl: Ich eröffne die 647. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 646. Sitzung des Bundesrates vom 19. November 1998 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Krank gemeldet haben sich die Mitglieder des Bundesrates Erich Farthofer, Dr. Manfred Mautner Markhof und Mag. Harald Himmer.

Entschuldigt hat sich das Mitglied des Bundesrates Horst Freiberger.

Angelobung

Präsident Alfred Gerstl: Eingelangt ist ein Schreiben der Ersten Präsidentin des Wiener Landtages betreffend Mandatsveränderung im Bundesrat.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieses Schreibens.

Schriftführerin Ilse Giesinger: " Herrn Alfred Gerstl, Präsident des Bundesrates

Betrifft: Bundesrätin Dr. Susanne Riess-Passer, Verzicht auf das Bundesratsmandat

Sehr geehrter Herr Präsident!

Das an zweiter Stelle gereihte Mitglied des Bundesrates Dr. Susanne Riess-Passer hat mit Ablauf des 30. 11. 1998 sein Mandat zurückgelegt.

Auf dieses Amt rückt das an gleicher Stelle gereihte Ersatzmitglied Dr. André d‘Aron nach.

Die entsprechende Nachwahl wird voraussichtlich in der nächsten Sitzung des Wiener Landtages stattfinden."

Präsident Alfred Gerstl: Herr Bundesrat Dr. André d‘Aron ist im Hause anwesend. Ich werde daher sogleich seine Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten sein.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel.

Schriftführerin des Bundesrates Ilse Giesinger: " Sie werden geloben, unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche): Ich gelobe.

Präsident Alfred Gerstl: Ich begrüße Herrn Bundesrat Dr. André d’Aron recht herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Fragestunde

Präsident Alfred Gerstl: Wir gelangen nunmehr zur Fragestunde.

Um die Beantwortung aller zum Aufruf vorgesehenen Anfragen zu ermöglichen, erstrecke ich die Fragestunde, soferne mit 60 Minuten das Auslangen nicht gefunden wird, im Einvernehmen mit den beiden Vizepräsidenten erforderlichenfalls auf bis zu 120 Minuten.

Ich beginne jetzt – um 9.07 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 18

Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten

Präsident Alfred Gerstl: Wir kommen nunmehr zur 1. Anfrage, 969/M, an den Herrn Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten.

Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Irene Crepaz, um Verlesung Ihrer Anfrage.

Bundesrätin Irene Crepaz (SPÖ, Tirol): Danke. – Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

969/M-BR/98

Wie werden Sie sicherstellen, daß das "Maut-Stretching" im Unterinntal bis 1. Juli 1999 umgesetzt wird?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! In der letzten Sitzung des Ministerrates vor einigen Tagen habe ich berichtet, daß es vor Monaten einen einvernehmlichen Bericht der Bundesregierung gegeben hat, in welchem festgehalten wurde, daß der früheste Zeitpunkt der Umsetzung des Maut-Stretchings erst im Jahr 2001 möglich sein würde, und zwar auch wenn es vorgezogen wird. Ich werde bis zum 14. Jänner des nächsten Jahres dem Ministerrat einen neuerlichen Bericht vorlegen, in dem ich berichten werde, daß wir versuchen werden, das Tiroler Problem im Mautbereich so zu lösen, daß wir zunächst die Maut an der Brennerspitze um 80 S – das ist die Straba – reduzieren werden und daß wir uns zum frühestmöglichen Zeitpunkt – das wird nach diesem Modell der 1. 7. 2000 sein – darum bemühen werden. Die diesbezüglichen Vorarbeiten sind bereits angelaufen.

Präsident Alfred Gerstl: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr.

Bundesrätin Irene Crepaz (SPÖ, Tirol): Ich glaube aber, Herr Minister, daß dieser Zeitpunkt, wenn Sie das so einführen wollen, zu spät ist, denn es wird erwartet, daß uns die Brüsseler Klage bis spätestens Juni/Juli 1999 ins Haus flattern wird. Wie wollen Sie dem dann entgegnen? – Ich glaube, daß es einfach zu spät ist, wenn Sie das "Maut-Stretching" umsetzen wollen.

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Es macht für Tirol keinen Sinn, eine nicht vollziehbare Maßnahme anzukündigen, nur um Brüssel zu besänftigen. Wir werden den vom mir geplanten Weg im Einvernehmen mit der Tiroler Landesregierung, zumindest mit dem Landeshauptmann und der Mehrheit der Regierungsmitglieder, gehen.

Präsident Alfred Gerstl: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Ich bitte Herrn Bundesrat DDr. Franz Werner Königshofer um die Zusatzfrage.

Bundesrat DDr. Franz Werner Königshofer (Freiheitliche, Tirol): Herr Bundesminister! Tatsache ist, daß die Tiroler Wirtschaft, vor allem jene im Tiroler Unterinntal, durch das Maut-Stretching erhebliche Benachteiligungen erfahren wird. Man stelle sich doch nur vor, was die Wirtschaft dazu sagen würde, würde auf der Strecke Wien – St. Pölten eine Doppelmaut eingeführt werden.

Herr Minister! Sie haben zwar gesagt, daß es zu einer Mautsenkung kommen wird, trotzdem gibt es aber Belastungen. Was werden Sie in Zusammenarbeit mit der Tiroler Landesregierung unternehmen, um die Wirtschaft in dieser Situation zu entlasten?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Wie ich schon gesagt habe, ist auch mit der Tiroler Wirtschaft gesprochen worden. Die Frächter sind auch meine regelmäßigen Gäste. Es wird sicherzustellen sein, daß wir eine Lösung treffen, die im


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 19

Einvernehmen mit den Beteiligten erfolgt. Das heißt, daß wir beim Maut-Stretching keine Teilung 60 : 40 vornehmen. Zumindest beabsichtige ich das nicht. Erste Rechnungen zeigen, daß wir dort mit Mauten von bis zu 6 S zu rechnen haben. Dazu wird es noch die erforderlichen Rechnungen geben.

Mein Signal an die Tiroler Wirtschaft im Augenblick ist folgendes: Wir werden die Straba senken. Wir werden das Road-pricing in Österreich generell zum 1. 1. 2002 einführen. Tirol ist bereit, einer Vorziehung um eineinhalb Jahre zuzustimmen.

Präsident Alfred Gerstl: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Ich bitte Herrn Bundesrat Wolfram Vindl um seine Zusatzfrage.

Bundesrat Wolfram Vindl (ÖVP, Tirol): Herr Präsident! Herr Bundesminister! In welchem Zusammenhang steht dieses Maut-Stretching mit der österreichweiten LKW-Maut?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Die österreichischen Vorarbeiten zu einem Road-pricing für LKWs sind aufgrund eines Auftrages von mir schon seit Monaten in Gange. Es beginnen jetzt auch die ersten Einlösen und Rechtsverfahren zu laufen. Die Tiroler Sonderlösung ist nur im Zusammenhang mit der eingebrachten EU-Klage zu sehen, und zwar insofern, als wir um jeden Preis vermeiden wollen, daß wir auch noch in eine Verurteilung und in Schadenersatzprozesse verwickelt werden. Es ist aber völlig klar, daß die Einführung des generellen Road-pricings für LKWs nur in diesem Zusammenhang zu sehen ist.

Präsident Alfred Gerstl: Wir gelangen nunmehr zur 2. Anfrage, 979/M, an den Herrn Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann, um Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

979/M-BR/98

Welche Aktivitäten hat das Wirtschaftsministerium während des zweiten Halbjahres 1998 im Rahmen der EU gesetzt?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich möchte meine Antwort in mehrere Segmente gliedern, die in etwa den Zuständigkeitsbereichen meines Hauses entsprechen. Ich beginne mit den Außenwirtschaftsbeziehungen.

Im Bereich der Außenwirtschaftsbeziehungen sind uns im wesentlichen drei Dinge gelungen, von denen nicht viel in den Zeitungen zu lesen stand.

Erste Punkt: Wir konnten trotz entschiedener Widerstände einiger EU-Mitgliedsländer das Modell der transatlantischen ökonomischen Partnerschaft im Ministerrat durchbringen, was bedeutet, daß der Dialog zwischen den beiden größten Wirtschaftsräumen der Welt, nämlich der Europäischen Union und der NAFTA beziehungsweise im speziellen den Vereinigten Staaten, weitergeführt werden kann. Zur Sicherung der Stabilität der Arbeitsplätze wie der Wirtschaft auf beiden Märkten ist ein solches Projekt absolut notwendig.

Zweiter Punkt: Wir haben in diversen Kleinverfahren, vor allem auch im Bereich von Antidumping und bei anderen Maßnahmen, die Interessen Österreichs sichergestellt.


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647. Sitzung / Seite 20

Dritter Punkt: Beim Klagenfurter informellen Industrieministerrat wurde das Modell einer mediterranen Freihandelszone vorgestellt, das Zukunftsperspektiven liefert. Ich möchte den Bundesrat informieren, daß etwa EU-Osterweiterung und mediterrane Freihandelszone einen ungeheuren Wachstumsmarkt für die nächsten Dezennien darstellen, und diese Freihandelszone deshalb von Interesse ist, weil sie die größte Migrationsgefahr, nämlich jene über das Mittelmeer, eindämmen könnte.

Zweiter Bereich: Binnenmarkt.

Meine Damen und Herren! Gerade mit dem Euro wird es wichtiger denn je, daß der Binnenmarkt endlich vollendet wird und sich die Umsetzungsraten des Acquis Communautaire verbessern. Während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft hat es unter Dauerdruck signifikante Verbesserungen gegeben, wobei das am raschesten seine Defizite aufholende Land unter anderem Österreich war.

Wir hatten einen großen Rückstand. Ich darf daran erinnern, daß Österreich vor zwei Jahren eindeutig das am schlechtesten abschneidende Umsetzungsland war. Wir liegen jetzt im gehobenen Mittelfeld und dürften, was die Reste betrifft, und zwar vor allem jene im Veterinärbereich, noch weiter aufholen.

Dritter Bereich: Wir haben in diesen Ratsbereichen vor allem die Aktivitäten zu Slim verbessert, jener Maßnahme, im Rahmen welcher bestehende europäische Regulierungen – es gibt vier Programme – auf Bürokratie und Kosten für Unternehmen untersucht beziehungsweise Straffungen vorgenommen werden. Wir haben zwei Phasen abgeschlossen und gehen in die Phase vier neu hinein, bei der es zum Beispiel auch um statistische Vereinfachungen geht.

Nächster Punkt in diesem Zusammenhang: Es ist das Business-Test-Panel zur Binnenmarktumsetzung in Kraft gesetzt worden. Sechs der 15 Mitgliedsländer haben Unternehmen genannt, die jeweils online auf neue Pläne in der EU antworten, sodaß wir direkt und ohne Mediatoren wissen, was Unternehmen von bestimmten Maßnahmen halten und welche Kosten sie haben. Bei sechs von 15 Ländern ist das der Fall.

Wir haben in Wien eine Konferenz abgehalten, bei der die Behandlung eines Thema fortgesetzt wurde, das wir bereits mit den Briten während der britischen EU-Präsidentschaft und mit den Deutschen damals schon quasi in einer Troika vereinbart haben. Das ist das Thema "better regulation". Wir, die drei Präsidentschaften, haben uns entschlossen, das Wort "Deregulierung" – ein böse besetztes Wort, das man mit Arbeitslosigkeit und sozialer Kälte verbindet – nicht mehr zu verwenden, sondern wir bewegen uns jetzt auf der Schiene "better regulation", bessere, effektivere Regulierungen. In einem Seminar in Wien haben wir wesentliche Impulse für dieses Thema gesetzt. Wichtig dabei ist, daß auch darüber diskutiert wurde, daß das Thema "bessere Regulierungen" auch für die Selbstverwaltungen gelten muß, wie zum Beispiel für Berufsordnungen, Kollektivverträge und ähnliche Dinge mehr.

Wir haben eine eigene Binnenmarktratssitzung zum Thema geistiges Eigentum und Patente abgehalten, obwohl es damals keine wesentlichen Beschlüsse gab. Wir haben das gemacht, um Europa darauf aufmerksam zu machen, daß es im Wettbewerb der Wirtschaftsräume entscheidend auf die Innovationskraft ankommt. Da sind Maßnahmen im Bereich des Gemeinschaftspatents, des Gebrauchsmusters und der Umsetzung der rascheren gegenseitigen Anerkennung vom geistigen Eigentum absolut vorrangig.

Ein weiterer Punkt war, auch klar Position zu beziehen, daß bei den nächsten WTO-Verhandlungen dem Schutz des geistigen Eigentums weiter Vorrang einzuräumen ist.

Im Bereich Industrie und KMU haben wir vor allem durch eine Veranstaltung im Baden ein Neun-Punkte-Programm für die europäische Mittelstandspolitik entwickelt, das im gesamten Bereich unglaublich gut angekommen ist. Eines ist in Europa klar: Europa ist heute der wettbewerbsfähigste Wirtschaftsraum in der Welt. Ich wiederhole, was ich hier schon gesagt habe: Europa hat einen hohen Handelsbilanzüberschuß, einen hohen Zahlungsbilanzüberschuß, ist Nettokapitalgeber – im Unterschied zu den USA, die in allen drei Bereichen in hohem Maße ne


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647. Sitzung / Seite 21

gativ liegen –, sodaß wir aus einer Position der Stärke die notwendigen Restrukturierungen weiter in Angriff nehmen können.

Für den Bereich der KMU heißt dies folgendes: Wenn die Industrie grosso modo in der Wettbewerbsfähigkeit gesichert ist, dann wird man sich jetzt dem Sektor der Klein- und Mittelbetriebe, die der einzige Bereich sind, die tatsächlich Beschäftigung schaffen, zuwenden müssen. Ich erinnere an die Empfehlung, die wir in Richtung Entbürokratisierung, Verfahrensbeschleunigung, steuerliche Begünstigung oder steuerliche Freistellung bei Unternehmensübergang gegeben haben. Da waren wir themensetzend "unterwegs". Dieser Katalog hat große Anerkennung gefunden und ist momentan aus der EU nicht wegzudenken.

Ein weiterer Punkt: Wir haben die Richtlinien über Late payment, über Zahlungsverzug, entscheidend weitergebracht. Wir hätten sie kurz vor Weihnachten beinahe beschlossen, es hat aber dann kleine rechtstechnische Probleme mit einigen Ländern gegeben. Ich erwarte, daß das während der deutschen EU-Präsidentschaft beschlossen wird.

Meine Damen und Herren! Durch nicht rechtzeitige Bezahlung von Rechnungen an Klein- und Mittelbetriebe gehen in Europa jährlich nicht nur Zehntausende Betriebe in Konkurs, sondern es werden auch 400 000 Arbeitsplätze vernichtet. Wenn daher die Regelung beschlossen würde, daß europaweit angestrebt wird, daß derjenige, der nach 30 Tagen nicht bezahlt hat – das ist der erste Kompromiß, der erzielt wurde –, den Repro-Satz plus 6 Prozent zahlen muß – das ist der zweite Kompromiß, den es durchzusetzen galt –, dann könnten wir damit mehr Arbeitsplätze sichern, als wir über die Nationalen Aktions- und Beschäftigungsprogramme zum Teil über Jahre hinweg zustande bringen.

Nächster Bereich: Energie.

Es ist uns gelungen, das Fünf-Jahres-Energieprogramm durchzusetzen, in dem alle Energieprogramme zusammengefaßt werden, und zwar mit einem Finanzierungsrahmen in der Höhe von 170 Millionen Ecu.

Wir haben im Bereich des Tourismus Themensetzung betrieben, haben allerdings bei einer Sitzung des Binnenmarktrates, bei der es um ein Aktionsprogramm Tourismus ging, kein Einvernehmen erzielen können. Ich muß dem Bundesrat darüber berichten: Mein schwedischer Kollege ist, weil er in einer Vorsitzung zugestimmt hat, daß es ein europäisches Tourismus-Aktionsprogramm geben sollte, vom schwedischen Verfassungsgerichtshof verurteilt worden. Das muß man sich einmal vorstellen!

Das muß aber einstimmig beschlossen werden. Die schwedische Regierung vertritt jedoch die Auffassung, daß Tourismus eine typische Subsidiärmaterie ist, das heißt, daß in diesem Bereich keine EU-Aktivitäten gesetzt werden sollen. Wir sind nicht dieser Meinung. Was wir daher weiter tun werden, ist, durch Maßnahmen in anderen EU-Bereichen – siehe Steuerrecht; Dinge, die ich schon angesprochen habe – dem Tourismus zu helfen, und zwar vor allem auch im bi- und trilateralen Vertragsbereich. Das Thema bleibt vor allem durch die Nutzung der beiden Instrumente Best-practice und Bench-marking auf dem Programm.

Ich verweise noch auf einige andere Schwerpunkte, die wir gesetzt haben: ein europäisches Zuliefer-Forum in Graz, weiters hatten wir eine informelle Tagung der Wohnbauminister in Graz, wozu ich einen Satz sagen darf. In ganz Europa haben wir dasselbe Phänomen: Langsam geht uns der Wohnbau in den Ländern mit "reifer" Bevölkerung und Reichen aus. Daher die Frage: In welche Richtung entwickeln sich die Wohnbauleistungen? – Dabei geht es vor allem in Richtung einer anderen Art von Qualität, einer neuen Art von Infrastrukturen.

Wir hatten in Wien eine Konferenz über "Innovation and creation of new businesses and jobs", bei der es vor allem darum ging, über die Rahmenbedingungen der Jungunternehmerförderung zu reden. Wir hatten in Graz einen großen Workshop über die Sicherheit im Bergbau, der wesentliche Impulse für künftige Programme zum Schutz von Mitarbeitern in kleinen und mittleren Bergbaubetrieben geben wird.


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 22

Präsident Alfred Gerstl:
Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr.

Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Welche dieser Maßnahmen wirken sich konkret auf die österreichischen Unternehmen aus?


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 23

Präsident Alfred Gerstl:
Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Um es konkret zu sagen: Je perfekter der Binnenmarkt ist, umso einfacher ist es für österreichische Unternehmen, sich im Binnenmarkt zu bewähren. Der Binnenmarkt ist für die österreichische Wirtschaft, vor allem für die Klein- und Mittelbetriebe, im Export, also die Lieferungen im Binnenmarkt, der wichtigste Wachstumsfaktor. Ich darf nur daran erinnern, daß wir im letzten Jahr allein im europäischen Binnenmarkt eine Verbesserung der österreichischen "Zahlungsbilanz" – unter Anführungszeichen – um 16 Milliarden Schilling erreicht haben; in den ersten Monaten des heurigen Jahres eine von 7 bis 8 Milliarden. Das bedeutet, daß das der wichtigste Punkt ist.

Der zweite Punkt ist: Die Awareness, das Bewußtsein, daß die KMUs ein wesentlicher Gesichtspunkt sind, hat sich nunmehr auf alle Ebenen der EU tradiert. Das Bewußtsein, daß in allen Ländern auf diesem Sektor das hauptpolitische Interesse im Hinblick auf Arbeitsplatzsicherung und fairen Wettbewerb liegt, ist von Bedeutung. – Das würde ich als die beiden wichtigsten Dinge bezeichnen.

Noch etwas zum Tourismus: Die Formel, die wir in den europäischen Binnenmarkt eingebracht haben, war: Die beiden wichtigsten Voraussetzungen für Tourismus sind die Schaffung hinreichender Kaufkraft für die Konsumenten, Urlaubsfähigkeit, sowie ein verbessertes Bewußtsein der europäischen Bürger für Urlaubswilligkeit. Auch in Österreich nehmen nur 48 Prozent regelmäßig Urlaub.

Noch eine letzte Information: 90 Prozent der Europäer verbringen ihren Urlaub im Binnenmarkt, während in den Medien immer nur darüber geredet wird, wie viele nach Kuba und Thailand fliegen.

Präsident Alfred Gerstl: Danke schön.

Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Dr. Michael Ludwig.

Bundesrat Dr. Michael Ludwig (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Eines der bedeutendsten Ereignisse im zweiten Halbjahr 1998 war sicher der Gipfel der Europäischen Union in Wien. Wien ist in den letzten Jahren zu einer der bedeutendsten Konferenzstädte in Europa geworden. Wie schätzen Sie die Auswirkungen des Gipfels auf die Tourismuswirtschaft in Wien und in Österreich ein?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Einer der Nebeneffekte der österreichischen Präsidentschaft war – sehr gewollt –, daß wir durch eine breite Streuung der Veranstaltungen – es haben in allen Bundesländern Veranstaltungen stattgefunden – eine enorm starke europäische Medienpräsenz erreicht haben. Der Gipfel von Wien war – das erkennt man an den ersten Reaktionen und auch an den Begleitkommentaren vor allem der internationalen Medien – eine in dieser Weise sonst fast nicht organisierbare Werbung für den Tourismus in Österreich. Die diesbezüglichen Ergebnisse sind jedenfalls remarkabel!

Präsident Alfred Gerstl: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid.

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Minister! Warum kam der von Ihnen im EU-Ausschuß für Verkehr für den 15. 12. geplante Tourismus-Ministerrat – dieses für den Tourismus-Weltmeister, als den Sie selbst Österreich bezeichnen, so wichtigste Beschlußgremium – nicht zustande?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ich muß zunächst dazu sagen, Hoher Bundesrat, daß es von Beginn an meine Absicht war, aus den vielen Wirtschaftsministerräten – ich selbst bin in über einem halben Dutzend sozusagen Präsident gewesen – durch eine Konzentration eine bessere Struktur der Ministerräte in der EU herbeizuführen.

Ich darf in Erinnerung rufen, daß es im Bereich der Europäischen Union über 20 verschiedene Ministerräte gibt, wovon einer übermächtig geworden ist – das ist der ECOFIN-Rat –, während die anderen Ministerräte – ich denke im Bereich der Wirtschaft an den Binnenmarkt-Ministerrat, den Industrie-Ministerrat, den Klein- und Mittelbetriebs-, den Tourismus-Ministerrat et cetera – lauter Kleinveranstaltungen sind. Ich habe daher vorgeschlagen, daß wir Ministerräte zusammenfassen, um einen Makro-Ministerrat im ECOFIN zu haben und einen Mikroökonomie-Ministerrat rund um den Binnenmarkt- und Industrie-Ministerrat. Ich habe daher nicht auf einem eigenen Termin für einen Tourismus-Ministerrat bestanden, noch dazu, da wir wußten, daß zumindest vier Länder nicht bereit sind, EU-Tourismusprogrammen zuzustimmen – nämlich Schweden, die Niederlande, England und auch Deutschland. Wir haben dieses Thema daher in einem vereinten, stärkeren Ministerrat zur Sprache gebracht.

Aber das war keine Niederlage im technischen Sinne. Es wurde auch beim Gipfel darüber geredet: Es wird eine Umstrukturierung der Ministerräte geben. Es ist mir nicht wichtig, ob ich einen eigenen Tourismus-Ministerrat habe; wichtig ist, daß wir einen starken Wirtschafts-Ministerrat für die mikroökonomischen Strategien haben.

Zum Tourismus selbst: Wenn sich die Position einiger Länder nicht ändert, wird es auf der Ebene der Europäischen Union keine Tourismusprogramme geben.

Präsident Alfred Gerstl: Wir gelangen nun zur 3. Anfrage, 975/M. Ich bitte Herrn Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

975/M-BR/98

Wie beurteilen Sie die Qualität der inhaltlichen Koordination mit anderen Ressorts im Bereich gemeinsamer Zuständigkeiten?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Da wir uns in der Vorweihnachtszeit befinden, stehe ich nicht an, dem Bundesrat zu sagen: Bei manchen Angelegenheiten wäre es mir lieber, es würde die Ko-Kompetenzen nicht geben. Es wäre alles einfacher, vor allem im Verordnungswege.

Auf der anderen Seite entspricht es der österreichischen Realität, daß es ein Traum ist, davon auszugehen, daß einer machen kann, was er will, und sich die Praxis danach richtet.

Wir in der Regierung haben uns daher bemüht, durch intensive Koordination die Abstimmungsmechanismen zu verbessern. Konkret darf ich sagen: Das variiert von Ministerium zu Ministerium. – Grosso modo bin ich mit der Gerierung dieser Mitbestimmungskompetenzen durchaus zufrieden. Größere Probleme gibt es dort, wo dahinterstehende Organisationen manche Dinge erschweren, sei es bei neuen Lehrberufen oder anderen Dingen, bei denen starke gesellschaftliche Gruppen den Konsens auch auf Ministerebene erschweren.

Sonst würde ich für eine künftige Diskussion sagen: Wenn ein gemeinsames großes ökonomisches Ziel vorhanden ist, ist die Kooperation leichter, als wenn es um Kleinigkeiten geht, bei


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denen dann der ganze Frust von Jahrzehnten, den Kollegen und Beamtenschaften gegeneinan-der haben, herauskommt.

Präsident Alfred Gerstl: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Minister! Wie wird sich die Koordination vor allem in bezug auf das Ministerium für Wissenschaft und Verkehr bei den wichtigen Fragen Masterplan und Maut von Kufstein bis zum Brenner gestalten?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.


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Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner:
Ich habe, so glaube ich, auch hier im Bundesrat einmal gesagt: Ich bin kein Anhänger großer, konzentrierter Ministerien, etwa für Infrastruktur. Gerade das Beispiel Masterplan, den ich "Monsterplan" genannt habe, ohne jemanden kränken zu wollen, zeigt, daß manches nicht koordinierbar ist. Es gibt etablierte Interessen, die Bahn auszubauen, und etablierte Interessen, Straßen auszubauen. Das ist gemeinsam offenbar schwer managebar, denn wir haben unsere Vorstellungen zum Straßenausbau eingebracht, diese wurden jedoch vom zuständigen Ministerium nicht wahrgenommen.

Umgekehrt – um nicht nur ein negatives Beispiel zu bringen – ist positiv, wir haben uns in der Frage der Abstimmung der Kompetenzzentren sehr leicht einigen können, und beide machen ihre: das Wissenschaftsministerium die Kompetenzzentren im Wissenschaftsbereich, das Wirtschaftsministerium die wirtschaftsnahen Kompetenzzentren. – Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich und auch schwierig.

Präsident Alfred Gerstl: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Alfred Schöls, bitte.

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Welche Änderungen schlagen Sie vor? (Ruf bei den Freiheitlichen: Wo denn?)

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ich glaube, daß wir in der Vorbereitungsphase gesehen haben, daß für alles, was Zukunftsstrategien anlangt, in jeder Art von Koalitionsregierung ein ständiges intensives Koordinationsbemühen erforderlich ist. Meine Erfahrung aus meiner Regierungstätigkeit und meiner vorherigen Tätigkeit ist, es ist wahrscheinlich vernünftiger, schon auf Ministerienebene miteinander zu koordinieren, als jeden Koordinierungsfall in einen Koordinationsausschuß oder auf die Regierungsebene selbst zu verlagern.

Ich meine, daß bei den nächsten Kompetenzabgrenzungen zwei Dinge sicherzustellen sind, nämlich daß effiziente Strukturen geschaffen werden und daß Einvernehmenskompetenzen nicht dazu führen, daß nicht gehandelt wird.

Präsident Alfred Gerstl: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Karl Drochter, bitte. (Bundesrat Drochter: Danke!)

Wir gelangen nun zur 4. Anfrage, 970/M. Ich bitte Herrn Bundesrat Erhard Meier um die Verle-sung der Anfrage.

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Herr Minister! Meine Frage lautet:

970/M-BR/98

Wie sieht konkret die weitere Vorgangsweise Ihres Ressorts im Zusammenhang mit dem tragischen Bergwerksunglück in Lassing aus?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Von der Berghauptmannschaft Leoben wurden mit Bescheid vom 5. August 1998 verschiedene Sicherheitsmaßnahmen zur Hintanhaltung weiterer Gefährdungen beim Talkbergbau der Naintscher Mineralwerke GmbH sowie die Bergung der zehn Verschütteten angeordnet. Dieser Bescheid wurde vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenhei-ten im Berufungswege mit einem Bescheid vom 4. September 1998 im wesentlichen bestätigt.

Gemäß diesem Bescheid wurde von der Naintscher Mineralwerke GmbH fristgerecht, am 21. September 1998, eine bescheidmäßig angeordnete Vorstudie mit drei Bergevarianten vorgelegt.

Daraufhin hat die Berghauptmannschaft der Naintscher Mineralwerke GmbH mit Bescheid vom 14. Oktober aufgetragen, binnen sechs Wochen für die Variante "direkter Zugang durch die Binge zum Grubengebäude, Herstellen eines neuen Schachtes im Krater" ein Vorprojekt auszuarbeiten und vorzulegen.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der Naintscher Mineralwerke GmbH wurde von mir mit Bescheid vom 23. November 1998 vollinhaltlich Folge geleistet, sodaß die Naintscher Mineralwerke GmbH nunmehr alle drei Varianten der Vorstudie – für jede dieser Varianten ein Vorprojekt auszuarbeiten – der Berghauptmannschaft vorzulegen hat. Die Frist hiefür endet am 7. Jänner 1999.

Ich füge noch hinzu: Sie werden sich fragen, warum immer Berufung erhoben wird. Mir hat der zuständige Anwalt gesagt: aus Gründen der Anwaltsethik. Der Anwalt fürchtet für den Fall, daß er nicht jeden Rechtsweg bis zum Schluß auskostet, eine Amtshaftung seitens der ausländischen Versicherungen. Das ist daher kein Bestemm der Naintscher Werke, um das deutlich zu machen.

Wir haben in der Zwischenzeit – dem Wunsch der Hinterbliebenen der Verschütteten entspre-chend – wöchentlich ein Informationsmeeting, an dem die Frauen der Verunglückten plus Vertreter der Arbeitnehmerschaft teilnehmen. Diese regelmäßige Information hat sich sehr bewährt.

Präsident Alfred Gerstl: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Gott sei Dank geschehen solche Unglücksfälle sehr selten. Ich schicke diesen Satz voraus, weil daraus hervorgeht, daß man für solche Unglücksfälle keine konzentrierte Eingreiftruppe zur Verfügung haben kann. Gibt es Bestrebungen oder Bemühungen auf internationaler oder europäischer Ebene, für solch extreme, spezielle Fälle Gruppierungen, Know-how zu schaffen, um dann, wenn irgendwo etwas passiert, schnell, kompetent und koordiniert eingreifen zu können?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Im Bereich der Europäischen Kommission wurden das Unglück von Lassing und die in Österreich getroffenen Maßnahmen zum Anlaß genommen, seitens des Commissioners Pádraig Flynn und der zuständigen Direktion zu überlegen, was man für diese Fälle vorkehren könnte, da 50 Prozent der europäischen Bergbaubetriebe genauso klein sind. Die österreichischen Maßnahmen, von der Digitalisierung der Grubenpläne bis zur mobilen Einsatztruppe, wurden auf europäischer Ebene aufgegriffen. Es finden diesbezüglich im zuständigen Ausschuß weitere Diskussionen statt.

Ich habe einen Brief von Herrn Pádraig Flynn erhalten, in dem er sagt: Wir alle haben aus Lassing lernen müssen, daß wir in Europa uns darauf verlassen haben, daß so etwas nicht in der Art passiert. – Insofern wird es daher positive Folgerungen für die Sicherheit in ganz Europa geben.


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Der zuständige Ausschuß hat zuletzt ein weit größeres Bergwerksunglück, das in Spanien stattgefunden hat, diskutiert, weshalb die Detaildiskussion über Österreich nicht weitergeführt wurde. Wir werden den Bericht der internationalen Expertenkommission, die von einem Direktor der EU betreut wird, auch den einschlägigen EU-Gremien vorlegen.

Präsident Alfred Gerstl: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Ich bitte Herrn Bundesrat Engelbert Weilharter um die Fragestellung.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Haben Sie zu der von Ihnen genannten Vorgangsweise den Ihnen unterstellten Behörden auch Weisungen erteilt?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Darf der Befragte zurückfragen, ob diese Frage im Zusammenhang mit der Bergung oder im Zusammenhang mit der weiteren Vorgangsweise steht? – Für den Fall, daß es letzteres ist, kann ich sagen, die Berghauptmannschaft hat im Hinblick auf die Entscheidung über die Bergevarianten ihre eigene Entscheidung getroffen und eine Variante bevorzugt. Aufgrund der Berufung hat mein Haus entschieden – damit kein Fehler passiert –, daß alle drei Varianten zu verfolgen sind, um nicht am Schluß der Monokausalität beschuldigt zu werden. Aber Weisung ist in diesem Fall von mir keine ergangen.

Präsident Alfred Gerstl: Wird eine weitere Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Dipl.-Ing. Hannes Missethon.

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Was wird von der europäischen Seite diesbezüglich veranlaßt?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Nach den von mir bereits skizzierten Diskussionen ist zu erwarten, daß es in Zukunft ein europaweit koordiniertes System geben wird, das sich an den von uns im Zusammenhang mit dem Unglück in Lassing ergriffenen Maßnahmen orientieren wird. Das geht von der Einsatzorganisation bis hin zu den Gerätschaften, der Digitalisierung, der entsprechenden Schulung im Bereich der Mannschaften.

Präsident Alfred Gerstl: Wir gelangen nunmehr zur 5. Anfrage, 980/M. Ich bitte Herrn Bundesrat Gottfried Jaud um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Gottfried Jaud (ÖVP, Tirol): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Frage lautet:

980/M-BR/98

Welche Regelungen sind als Übergangslösungen für die sogenannten "Stranded Costs" geplant?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Wir haben in diesen Tagen unseren Vorschlag für die Abwicklung der "Stranded Costs" zur Begutachtung versandt. "Stranded Costs" – das ist eine Regelung, auf die kein Rechtsanspruch besteht, die aber sicherstellen soll, daß Unternehmen, die im Vertrauen auf die alte Regelung Investitionen vorgenommen haben, durch die nunmehr eingetretene Liberalisierung nicht in existentielle Schwierigkeiten geraten.

Es gilt daher aufzuklären, daß "Stranded Costs" nicht bedeutet, daß jede Investition abgegolten wird, sondern daß den Unternehmen nur insoweit geholfen wird, daß sie sich im Wettbewerb weiter bewähren können. Daher wurden auch die großen Summen von "Stranded Costs", die in


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der Öffentlichkeit diskutiert wurden, in meinem Haus auf 8,7 Milliarden Schilling begrenzt, und diesen Bereich hat die Europäische Union noch zu genehmigen.

Es ist vorgesehen, daß die Auszahlung nur in einer Weise erfolgt, die mit der Marktentwicklung auch tatsächlich im Einvernehmen steht. Um das deutlich zu machen, muß ich sagen, ich würde nicht einsehen, daß dann, wenn etwa die Exportpreise oder die Preise für Energie aufgrund irgendwelcher Knappheiten unerwartet steigen würden, noch weiter Zuschüsse gegeben würden. Daher wird in Etappen vorgegangen werden.

Präsident Alfred Gerstl: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Kollege Jaud.

Bundesrat Gottfried Jaud (ÖVP, Tirol): Welche Regelungen sind für den Systemnutzungstarif geplant?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Wir haben eine Verordnung in Begutachtung gegeben, die auf der Basis 60 : 40 von Brutto- und Nettome-thode operieren sollte. Es hat in diesen Tagen eine späte Einigung der im Verband der E-Werke organisierten Wirtschaftsbereiche gegeben, die mir gestern vorgestellt wurde. Wir werden rechtzeitig – im Jänner – unsere Verordnung fertigstellen und dann auch im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß verabschieden. Wir bleiben aber dabei: Es wird auf der Basis 60 brutto : 40 netto laufen. Nach dem Begutachtungsverfahren steht noch eine Reihe von Spezialdiskussionen an.

Präsident Alfred Gerstl: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Johann Grillenberger, bitte.

Bundesrat Johann Grillenberger (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Zwischen der Verbundgesellschaft und den Landesgesellschaften gibt es Koordinierungsverträge. Müssen diese aufgrund der Liberalisierung aufgelöst werden?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Mit den Regelungen des ElWOG müssen sie nicht aufgelöst werden. Das war ein Wunsch vieler Beteiligter. Momentan treffen aber zwei Bewegungen zusammen: Nach der Verarbeitung des Liberalisierungsschocks sind über die künftige Struktur der österreichischen Energiewirtschaft Entscheidungen bei den Eigentümern zu fällen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß man dann, wenn es einen im Kern österreichischen Konzern gibt – sollten wir ihn zusammenbringen –, noch diese Art von Verträgen braucht. Aber solange das nicht gegeben ist, werden wir das System beibehalten können.

Präsident Alfred Gerstl: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Mag. Walter Scherb, bitte.

Bundesrat Mag. Walter Scherb (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Aufgrund der enormen Stromüberschüsse in Europa gelten neu errichtete Wasserkraftwerke wegen der hohen Abschreibungskosten als nicht sehr rentabel. In welcher Höhe bewegen sich bei den Wasserkraftwerken Lambach und Freudenau die "Stranded Costs"?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Wir sind mit Freudenau in den "Stranded Costs", aber die Prämisse, die Sie zuerst erwähnt haben, Herr Bundesrat, gilt im Augenblick nicht mehr. Seit der Ausstiegsstrategie Deutschlands aus der Atomenergie verändern sich mittelfristig die Parameter für die Wasserkraft in einer Weise, daß ich davon ausgehe, daß wir bereits in wenigen Jahren wieder mir dem Bau von Wasserkraftwer


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ken beginnen werden. Der europäische Strommarkt verändert sich im Augenblick erstaunlich. Es gibt auch derzeit große Energieimporte durch Frankreich anläßlich der Wartungsarbeiten von Nuklearanlagen, sodaß ich die Dinge positiver sehe.

Wir haben es mit einem Übergangsphänomen zu tun, und aus dieser Einschätzung erklärt sich meine sehr zögerliche Akzeptanz, Wasserkraftwerke per se als "Stranded Costs" anzunehmen. Ich verweise darauf, daß wir in meinem Ressort davon ausgehen, daß man schon die jeweiligen Wasserkraftwerke einer Erzeugungsorganisation zusammenlegen muß. Wenn ich nochmals die Donau hernehme, wo man insgesamt von Jochenstein bis Freudenau Durchschnittserzeugungskosten in der Höhe von 35 Groschen hat, so bin ich der Überzeugung, daß man nicht jedes Werk als "Stranded Cost" nehmen muß. Darüber liegt man nur bei Freudenau, das wirklich atypisch ist. Dieses Werk ist eines der teuersten, das wir uns vorstellen können.


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Präsident Alfred Gerstl:
Wir gelangen nunmehr zur 6. Anfrage, 976/M. Ich bitte Herrn Bundesrat Dr. Peter Harring um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Dr. Peter Harring (Freiheitliche, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

976/M-BR/98

Ist das Überprüfungsergebnis im Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1997, wonach von den für KMUs im Rahmen der entsprechenden Gemeinschaftsinitiative der EU bewilligten öffentlichen Mittel bis zur Hälfte der Laufzeit nur 3,7 Prozent ausgeschöpft wurden, für Sie zufriedenstellend?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Hoher Bundesrat! Dieser Ausschöpfungsgrad ist insofern irreführend, als er im EU-Jahresprogramm besteht und die EU-Programme im Regelfall sehr langsam anlaufen, bis man die jeweiligen Infrastrukturen, Genehmigungen, regionalen Voraussetzungen geschaffen hat. Mein Haus geht davon aus, daß bis Ende 1999 auch der allergrößte Teil dieser Fördermittel in Anspruch genommen werden wird. Das ist eine Kurzzeitbewertung, die mit der Fülle der Projekte nicht im Einklang steht. Wir haben sehr viele Detailprojekte. Wenn Interesse besteht, kann ich gern darüber referieren.

Präsident Alfred Gerstl: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr.

Bundesrat Dr. Peter Harring (Freiheitliche, Kärnten): Werden Sie in Zukunft von Beginn an dafür sorgen, daß für diese Aktionen mehr Akzeptanz vorhanden ist?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Es geht, so glaube ich, weniger um die Akzeptanz als sehr oft um die Prozeduren der Bewertung von Projekten. Eine Überschrift ist leichter gefunden, in einem bestimmten Tal ein virtuelles Unternehmenscenter zu gründen, als das dann tatsächlich so auszuformulieren, damit man weiß, was man fördert, außer das Zusammentreffen von Konsulenten und Bürgermeistern. Ich meine das nicht böse. Das war eigentlich der Zeitverzögerungsfaktor. Wir mußten überall insistieren, daß de facto nicht nur eine Formel gefunden wird – Telegemeinde oder wie immer –, sondern das konkretisiert wird und dann auch bei den EU-Instanzen entsprechend vertreten werden kann.

Ich glaube nicht, daß es Probleme gibt. Die Probleme bestanden einfach darin, daß es ein mühsamer Findungsprozeß war. Ich bin als zu großer Optimist verschrien, aber ein für uns unvergeßliches Ergebnis dieser Programme wird sein, daß zum ersten Mal Gemeinden miteinander gesprochen haben, die sonst regelmäßig miteinander gestritten haben, ob das Gemeinden in Oberösterreich oder Kleinstgemeinden sind. Da gibt es sehr viele schöne Projekte. Ich hoffe, daß ich vielleicht am Ende der Periode einen Bericht geben kann, sodaß Sie sehen, daß es eigentlich einen schönen Integrationseffekt kleiner, regionaler Natur hatte.

Präsident Alfred Gerstl: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Gottfried Jaud.

Bundesrat Gottfried Jaud (ÖVP, Tirol): Herr Minister! Worin sehen Sie überhaupt die Schwerpunkte der zukünftigen Mittelstandspolitik?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: In unserer Präsidentschaft, Herr Bundesrat, haben wir vor allem bei dem Seminar in Baden – es war ein informeller Ministerrat der Mittelstandsminister der Europäischen Union – remarkable Signale gesendet. Das erste war ein sozialer Dialog. Ich halte es für einen großen Erfolg, daß es während der österreichischen Präsidentschaft gelungen ist, die europäische Organisation der Großindustrie UNICE zu zwingen, mit der UEAPME, der Vertretung der Klein- und Mittelbetriebe, einen Vertrag zu schließen, sodaß künftig in den europäischen sozialen Dialog über diesen Vertrag auch die Klein- und Mittelbetriebe eingeschlossen sind.

Wir haben auch zum ersten Mal bei allen informellen Ministerräten Sozialpartnervertreter zur Diskussion eingeladen, um sie in alle Diskussionsphasen einzuschalten.

Zweiter Punkt: Wenn wir in Europa das bürokratische Regelsystem so vereinfachen, daß es auch von Klein- und Mittelbetrieben beherrschbar ist, haben wir auch die wesentlichen Binnenmarktbarrieren beseitigt.

Der dritte Punkt ist die Erleichterung von Betriebsübertragungen. In ganz Europa wird in den nächsten fünf Jahren fast die Hälfte der Unternehmen an eine neue Generation weitergegeben, wobei in diesem Fall vor allem der Übergang zum Euro eine entscheidende Rolle spielt. Die Älteren unter Ihnen werden sich noch daran erinnern, daß ähnliches in Österreich 1973 beim Umstieg zur Mehrwertsteuer der Fall war. Damals haben Zehntausende Unternehmer gesagt: Das tue ich mir nicht mehr an, das soll jetzt mein Bub oder meine Tochter machen. – Das werden wir in Europa steuern müssen.

Wir haben versucht, Transparenz vor allem bei den Förderprogrammen herbeizuführen. Europa hat nicht zuwenig Eigenkapital, es hat zuwenig Transparenz über die Kapitalform, Venture-Kapital-Finanzierungen. Diesbezüglich haben wir mit den Ländern Koordinationen getroffen. Wir haben uns entschlossen, bei der nächsten Runde der WTO – Weltfreihandelskonferenz –, der sogenannten Millenniumsrunde, ein stärkeres Augenmerk auf jene Bedingungen zu richten, sodaß auch Klein- und Mittelbetriebe im internationalen Handel mitmachen können.

Ein Beispiel: Was hilft der Beitritt Chinas zur WTO, wenn sich Kleinbetriebe dort nicht bewegen können, weil sie das Recht nicht kennen, weil sie schikaniert werden, weil sie keinen Bezug zu Gerichten haben? – Große Unternehmen können das über politische Macht und über Top-Anwälte schaffen, kleine nicht. Das wird eine der Bedingungen für die nächste Zeit sein.

Wir haben versucht, die Idee, die wir in Österreich auch vertreten, einer Verbesserung des Unternehmergeistes und der Unternehmerkultur in Europa auf die Bühne zu bringen. Einer der wichtigsten Faktoren war das gerade auch für die Klein- und Mittelbetriebe, weil sie nicht so selektieren können und der Ausbildungsstand ihrer Mitarbeiter und deren Weiterbildung zu einer der größten Herausforderungen für die Wettbewerbsfähigkeit wird.

Am Schluß bringe ich noch folgenden Hinweis: Wir haben versucht, in allen Ländern das Gefühl dafür zu wecken, daß sich, egal, wie ein Staat organisiert ist, das One-Stop-Shop-Prinzip durchsetzen muß, nämlich daß nicht ein Unternehmer wissen muß, wie viele Behörden er fragen muß, um was zu dürfen, sondern daß er nur zu einer Stelle zu gehen braucht und dort alle erforderlichen Genehmigungen erhält. Wir werden in Österreich diesbezüglich bald einen Umsetzungsbedarf im Sinne des einheitlichen Anlagenrechts haben.

Präsident Alfred Gerstl: Eine weitere Wortmeldung: Frau


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Bundesrätin Hedda Kainz, bitte.

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Sie haben jetzt verschiedene Zugangshemmnisse angesprochen. Darf ich aus Ihren Antworten schließen, daß auch Sie Aktivitäten setzen werden, um Zugangshemmnisse für Klein- und Mittelbetriebe im Zusammenhang mit EU-Förderungen zu verringern?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: In mehreren Veranstaltungen an der Basis habe ich gesehen, daß Berater selbständiger Wirtschaftsgruppen am wenigsten über die diversen Kanäle informiert sind. Ich hoffe sehr, daß sich bald herumspricht, daß man jeweils nur zu einer Stelle gehen muß. Ich nenne im meinem Haus die BÜRGES, die alles macht, oder die Landesgesellschaften, die in jedem Land vorhanden sind und die die erforderlichen Konnektionen herstellen. Wir haben es tatsächlich mit einer Bringschuld der Politik, aber auch mit einer Holschuld der Unternehmen zu tun.

Viele Beschwerdefälle, die an mich herangetragen werden, zeigen, daß die Unternehmer manchmal geradezu "einen Riecher haben", die falsche Stelle zu fragen. Wahrscheinlich müßte man es plakatieren, aber sie haben es im Internet, sie brauchen es nur anzuklicken, und sie bekommen es. Viele haben kein Internet und gehen daher zu politischen Instanzen. Dann bekommt man die üblichen Briefe: Der Herr hat mich gefragt, weil er nicht weiß, wo er hingehen soll!, wenn derjenige, der angeschrieben wurde, etwa ein lokaler Funktionär, auch nicht weiß, wo er hingehen soll. – Unser Anliegen ist, das unter den Professionisten derart plakativ zu halten, damit alle Unternehmer wissen, daß es eine Adresse gibt, bei der sie alle Informationen bekommen.

Präsident Alfred Gerstl: Wir gelangen nun zur 7. Anfrage, 971/M-BR/98. Ich bitte Herrn Bundesrat Wolfgang Hager um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Wolfgang Hager (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

971/M-BR/98

Womit begründen Sie die Verzögerungen beim Vollausbau der Bundesstraßen 83 und 96 zwischen Judenburg und Friesach?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Für mein Haus hat es keine Verzögerungen gegeben, es hat nur eine außerordentlich langsame Entscheidungsstruktur bei allen beteiligten "Spielern" gegeben. Wir haben bei unserem gemeinsamen Gespräch deutlich gemacht, daß man in Wien Projekte urgiert, die weder in den Gemeinden noch im Land schon fertiggestellt sind. Aber ich glaube, daß wir jetzt einen Zustand erreicht haben – Sie wissen, an einigen Stellen wird intensiv gebaut –, daß wir eine Vision haben, bis wann wir auf dieser sensiblen und sensibler werdenden Strecke eine Lösung finden können.

Präsident Alfred Gerstl: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr.

Bundesrat Wolfgang Hager (SPÖ, Steiermark): Herr Bundesminister! Haben Sie aufgrund der 10 000 Unterschriften, die Ihnen eine Murauer Delegation überreicht hat, nochmals Kontakt mit dem Büro des zuständigen steirischen Landesrates aufgenommen, um die offenen Sachverhalte zu klären?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Wenn ich mich recht entsinne, habe ich bei der Vorsprache mit ihnen vereinbart, daß sie sich selbst im Land einmal umschauen werden. Alle Dinge, die zu uns kommen, werden raschest behandelt und umgesetzt. Aber es kann nicht so sein, daß ich jetzt noch im Land den Anwalt jedes einzel


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nen Funktionärs spiele. Ich treffe Herrn Ressel regelmäßig, und wir reden über die aktuellen steirischen Projekte – und dabei wird es auch bleiben. Meine Mitarbeiter haben aber aufgrund des Ergebnisses, das wir bei der Sitzung gehabt haben, selbstverständlich die notwendigen Kontakte gepflogen.

Präsident Alfred Gerstl: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Engelbert Weilharter.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Schließen Sie aus, daß vor Ihrem Amtsantritt als Bautenminister schon diesbezügliche Projekte im Ministerium von seiten der Steiermark eingebracht worden sind?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Da ich Ihnen nicht als Historiker zur Verfügung stehe, kann ich nur sagen, wie die Dinge im Augenblick stehen. Damit es alle hören, wiederhole ich nochmals, was es diesbezüglich an Projekten gibt.

Folgende Projekte sind noch in Diskussion: In der Umfahrung Perchau gibt es eine erste besse-re Rohskizze dessen, was passiert, mit einer 200 m langen Unterflurtrasse. Der Realisierungszeitraum ist noch offen, weil die Kriterien der Raumplanung und die Kosten-Nutzen-Rechnung noch zu prüfen sind.

Betreffend den Bereich der Umfahrung Neumarkt wird im Augenblick das Einreichprojekt in meinem Haus geprüft. Nach Abschluß der Umweltverträglichkeitsprüfung des Vorhabens und der erforderlichen Behördenverfahren wird 2001, so nehme ich an, begonnen werden können. – Das war die Kärntner Straße, B 83.

Für den Bereich der Murtal Straße, B 96, die Unterflurstrecke Sankt Georgen kann nach Abschluß der generellen Planungen nun mit der Detailprojektierung begonnen werden. Im Hinblick auf die hohen Kosten dieses Projekts und die Finanzierungsprobleme kann ich im Augenblick keinen Termin nennen.

Was Unzmarkt – Scheifling – Neuhofen anlangt, ist nach Fertigstellung des jetzt in Bau befindlichen Vorhabens Sankt Georgen – Unzmarkt vorgesehen, mit dem Bau dieses Abschnitts zu beginnen, also ich nehme an, ab 2001.

Die Umfahrung Scheifling gliedert sich, wie Sie wissen, in zwei Bundesstraßenäste, die B 96 und die B 83. Für beide werden derzeit im Land Variantenuntersuchungen angestellt, deren Ergebnis ich nicht vorwegnehmen kann.

Wir gehen bei all diesen Projekten davon aus, daß wir bei Einhaltung des von uns in Aussicht genommenen Finanzierungshorizontes auch die Planung einhalten können.

Präsident Alfred Gerstl: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon.

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Was haben Sie mit den Bürgermeistern dieser Region anläßlich deren Vorsprache bei Ihnen vereinbart?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Wir haben mit den Bürgermeistern und den mitgekommenen Damen und Herren Funktionären eine, wie ich glaube, sehr offene Diskussion über jede Phase des Projektes und der Projektwerdung geführt. Wir haben uns die Dinge so geteilt, daß auch die Interventionen vor Ort und im Land von den Intervenienten vertreten werden. Die Unterschriften haben mich überzeugt. Ich habe den Damen und Herren erklärt, ich bin Bautenminister, und ich freue mich über jedes Projekt, bei dem es vor Ort zu Einigungen kommt.


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Mein Problem ist eher, daß ich zu oft intervenieren muß, daß es vor Ort zu einem Einvernehmen kommt. Ich hoffe, daß das nicht der Fall sein wird, aber wir sind bereit. Wenn die Projekte fertig sind, werde ich in die Situation gebracht sein, für die Finanzierung vorzusorgen oder im Land mit den zuständigen Stellen über eine Umreihung der Prioritäten zu reden. Aber solange das nicht gegeben ist, bin ich in der bequemeren Position.

Präsident Alfred Gerstl: Danke schön. Wir kommen zur 8. Anfrage, 981/M. Ich bitte Frau Bundesrätin Ilse Giesinger um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Frage lautet:

981/M-BR/98

Welche Erlöse erwarten Sie aus dem Verkauf der Autobahnvignetten?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Im Jahr 1997 betrugen die Bruttoerlöse 3 174 Millionen Schilling. Nach Abzug von Mehrwertsteuer, Provisions- und Vertriebskosten verblieben Nettoeinnahmen in der Höhe von 2,254 Milliarden Schilling, die von der ASFINAG zweckgebunden für das Hochleistungsstraßennetz verwendet wurden. Für das Jahr 1998 zeichnet sich, meine Damen und Herren, eine 2prozentige Minderung der Einnahmen ab, die nicht durch eine höhere Vignettenvermeidung bedingt ist, sondern durch eine bewußtere Nutzung der Kurzzeitvignetten, weil die Bevölkerung gelernt hat, mit den verschiedenen Vignettentypen umzugehen. Der Nutzungsgrad ist bei den Inländern mit 98 Prozent de facto perfekt, bei den Ausländern mit 90 Prozent noch verbesserungsfähig.

Präsident Alfred Gerstl: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Herr Minister! Können Sie zusichern, daß sich bei Einführung des Road-pricings der Preis von 2 S per Kilometer nicht erhöhen wird?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Da mir derartige prophetische Gaben nicht gegeben sind, kann ich Ihnen nur sagen, wir gehen derzeit von 2 S aus. Aber wir werden im Einvernehmen mit allen Beteiligten in diesem Bereich sehen, ob das im Hinblick auf die von uns allen, einschließlich des Transportgewerbes, gewünschten Verbesserungen im hochrangigem Straßennetz hinreichen wird. Aber diese Entscheidung werden wir im nächsten oder übernächsten Jahr zu treffen haben.

Präsident Alfred Gerstl: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Erhard Meier.

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Minister! Was die Kaufmöglichkeit der Vignette betrifft, sollen ab dem Jahre 2000 entweder die Post oder die Trafikanten oder beide nicht mehr als Verkaufsstellen zur Verfügung stehen. Unabhängig von der dortigen Verkaufssituation, also daß auch den Vertreibern finanziell ein Teil bleibt, stelle ich die Frage, ob es nicht doch ein gutes Service für den Bürger ist, wenn er die Vignette nicht beim Eintritt auf die Autobahn bezahlen muß, sondern sie an möglichst vielen Orten, zu denen er sich nicht weit hinbewegen muß, erhalten kann.

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Bundesrat! Ich füge zunächst hinzu, daß die Gestion der Vignette von der ÖSAG, einer Aktiengesellschaft, vorgenommen wird, auf die ich außer über die Abberufung von Aufsichtsräten keinen direkten Einfluß habe. Das einmal vorweg zur Klarstellung.


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Aber zu meinem Informationsstand: Nachdem wir die Vignettenpreise nicht erhöhen – das habe ich für das Jahr 2000 festgestellt – und uns darüber hinaus vorgenommen haben, die Vertriebskosten zu senken, hat die ÖSAG den Vertrag mit Tobaccoland gekündigt. Ich verweise darauf, daß bei einer Jahresvignette heute ein Trafikant 20 S bekommt und die Tobaccoland 12 S; das ist ein 40prozentiger Overhead. Das ist uns schlicht und einfach zu teuer.

Ich erinnere daran – momentan werden alle Trafikanten ins Feld geschickt ... (Zwischenbemerkung des Präsidenten Gerstl. )  – Nein, ich bin als Wirtschaftsminister dafür, daß es in Zwischenbereichen auch keine Renten geben soll. Ich sage das jetzt als ökonomischer Experte. Sie werden sich erinnern, daß wir hier eine Diskussion hatten, daß sehr viele Trafikanten, die nicht Lotto spielen, von diesem Vertriebssystem ausgeschlossen sind, daß dieses Problem auch gegeben ist. Ich habe schlicht und einfach als Minister die Frage gestellt: Warum schließen wir diesen Vertriebsvertrag mit einer Firma und nicht mit dem Bundesgremium der Tabakverschleißer, und dann könnten alle mit?

Zu Ihrer konkreten Frage, Herr Bundesrat: Es hat sich gezeigt, daß von der Zahl der verkauften Vignetten her der Vertriebsast Tankstellen weitaus wichtiger ist als der Vertriebsast über die Trafikanten und daß daher dort auch eine Perfektion notwendig ist.

Je mehr kleine Vertriebstellen wir haben, die wenige Stück verkaufen, umso mehr Vignetten müssen wir drucken, dort aber auf Lager halten, umso größer wird auch der Schwund und quasi der am Schluß zu zerstörende Satz von Vignetten. Ich mische mich zum jetzigen Zeitpunkt nicht in die Firma ein, habe aber gesagt, wo ich meine Präferenz sehe. Es muß weiterhin ein Druck auf die Vertriebskosten herrschen, weil wir im nächsten Jahr etwa gleich viel erlösen wollen.

Präsident Alfred Gerstl: Eine weitere Zusatzfrage: Herr Bundesrat Dr. Paul Tremmel.

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Am Anfang Ihrer Beantwortung haben Sie ausgeführt, daß der Verkaufserlös der Vignette um 2 Prozent gesunken ist. Ist nicht eine Optimierung des Verkaufes auch damit verbunden, daß ich an möglichst vielen Stellen verkaufe? – Was derzeit betrieben wird, ist das Ausschließen von verschiedenen Verkaufsbereichen, etwa Tabak, und Sie haben die Tankstellen genannt. Ist es nicht optimierend, wenn an möglichst vielen Stellen verkauft wird und dadurch die Einnahmen steigen? – Außerdem ist das bürgerfreundlich und bürgernahe.

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Bundesrat! Ich habe in meiner Antwort auf die vorige Frage darauf schon grosso modo hingewiesen. Wir könnten jedem eine Vignette zuschicken, wenn er sie wollte, und auf diese Weise überhaupt noch mehr Geld erlösen. Daran denken wir nicht. Aber es muß sichergestellt sein, daß die Vertriebsspesen, hinsichtlich derer ich vom Rechnungshof geprüft werde, hinsichtlich derer ich natürlich im Firmeninteresse von den eigenen Buchprüfern geprüft werde, so optimal wie möglich erscheinen.

Zweck ist es nicht, daß die Vignette zu einem Zusatznutzen für möglichst viele Vertriebsstellen wird. Das Entscheidende muß sein: Es müssen sie möglichst viele Autofahrer so günstig wie möglich bei der nächsten Stelle kaufen können. Bei den Trafikanten war ich von Anfang an dafür, dies nicht nur auf Trafikanten zu reduzieren, die bei Lotto-Totto mit dabei sind. Die Entscheidung darüber fällt in der ÖSAG, aber ich werde das, was hier diskutiert wurde, meinen Herren in der ÖSAG selbstverständlich mitteilen.

Präsident Alfred Gerstl: Wir gelangen nun zur 9. Anfrage, 977/M.

Ich bitte Herrn Bundesrat Mag. Walter Scherb um Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Mag. Walter Scherb (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:


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977/M-BR/98

Welche konkreten Systemnutzungstarife für die Inanspruchnahme des österreichischen Elektrizitätsnetzes sind aufgrund der in Begutachtung befindlichen Verordnung zu erwarten?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.


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Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner:
Wir haben erst gestern bei einer Sitzung auch mit den Vertretern des E-Werke-Verbandes vereinbart, daß sich unsere Experten in den nächsten Tagen zusammensetzen werden, um einmal die Berechnung auf der Grundlage der verschiedenen Vorstellungen, die jetzt vorherrschen, durchzuführen. Wir brauchen das dann für die Diskussion im Hauptausschuß, aber wir müssen uns zuerst über die Prinzipien und Mechanismen einigen, bevor wir in dieses Werk hineingehen, sonst erreichen wir den falschen Effekt.

Wir drohen nicht mit Schätzungen, wie sie jetzt schon von vielen Spielern in den Raum gestellt worden sind, aber wir werden diese Rechnungen selbstverständlich, sobald sie da sind, auch zugänglich machen.


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Präsident Alfred Gerstl:
Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr.

Bundesrat Mag. Walter Scherb (Freiheitliche, Oberösterreich): Anläßlich der Diskussion um das ElWOG haben Sie uns zugesichert, daß wir – europaweit gesehen – auch in Österreich wettbewerbsfähige Systemnutzungstarife bekommen werden. Das Gesetz ist leider sehr kompliziert und allgemein gehalten, man kann sehr viel hineininterpretieren. Selbst Experten wissen nicht, welche Höhe diese kommenden Systemnutzungstarife haben werden, Beamte wissen nicht, wie sie das Gesetz vollziehen werden.

Es wäre sehr wichtig, daß sehr bald konkrete Durchführungsbestimmungen kommen, denn jetzt wird von Systemnutzungstarifen bei der 110-kV-Leitung in der Höhe von 17 bis 20 Groschen gesprochen, europaweit sind jedoch 6 bis maximal 10 Groschen üblich. Bei der 30-kV-Leitung liegt der Tarif bei 35 bis 40 Groschen, was für die Wirtschaft furchtbar wäre.

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ich möchte das Problem entdramatisieren. Die Unternehmen, die in der erste Phase liberalisiert werden, werden zum allergrößten Teil nicht handeln, da sie im Sinne von Kundensicherung von ihren bisherigen Lieferanten bis zu 50prozentige Preisnachlässe erhalten werden. Daher werden wir uns sehr intensiv über eine Péage-Höhe unterhalten, die wahrscheinlich fast nicht genützt wird. Insofern betreiben wir momentan eine fast intellektuelle Übung, zumindest für einige internationale holzverarbeitende Betriebe, die vom schwedischen Strom träumen. Aber der Punkt ist, daß Sie jeden Tag in den Medien lesen können, wer schon wieder mit seinem bisherigen Lieferanten einen Fünfjahresvertrag zu einem begünstigten Systemtarif abgeschlossen hat – auch ohne Péage.

Ich kann das also wirklich relativieren, nur möchte ich so lange keine Zahlen nennen, so lange wir uns nicht über die Prinzipien geeinigt haben, denn die Interessenvorstellungen liegen diesbezüglich noch weit auseinander.

Präsident Alfred Gerstl: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Gottfried Jaud.

Bundesrat Gottfried Jaud (ÖVP, Tirol): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wie stehen Sie zur in der Zwischenzeit erzielten Einigung innerhalb des Verbandes der Elektrizitätswerke Österreichs?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ich möchte zunächst boshaft sagen: Als wir unsere Verordnung zur Begutachtung ausschickten, werden Sie in manchen Zeitungskommentaren gelesen haben, daß führende Herren der Energiewirtschaft zitiert wurden, etwa im "Standard", in dem es hieß: "Spät, aber doch hat das Wirtschaftsministerium reagiert." – Wenn wir gewartet hätten, bis sich die E-Wirtschaft geeinigt hätte, könnten wir Ihnen vielleicht nächste Woche einen Entwurf zur Begutachtung schicken. Das daher nur einmal zur Klarstellung darüber, wer schneller arbeitet. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Zu dem Vorschlag, den wir bekommen haben – ohne ihn vorher gekannt zu haben; wir haben ihn jetzt einmal gelesen –, habe ich vorweg den bei mir vorsprechenden Spitzenfunktionären erklärt, daß ich mir die darin vorgesehene Regelung für die Eigenerzeugung, nämlich erstens die Einbeziehung in die Péage-Pflicht und zweitens die Beibehaltung der Baukostenzuschüsse, nicht vorstellen kann. Aber, wie gesagt, Details werden in diesen Tagen erst mit dem Rechenstift koordiniert und ausgehandelt.

Präsident Alfred Gerstl: Wird eine weitere Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Johann Grillenberger.

Bundesrat Johann Grillenberger (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Liberalisierung des Strommarktes bedeutet freie Wahl des Lieferanten. Gibt es vielleicht genaue Zahlen der in Frage kommenden Großkunden in Österreich?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Die hier in Frage kommenden Unternehmen sind uns selbstverständlich aus der Geschichte bekannt. Wir haben die Listen bei jeder Verhandlungsrunde zum ElWOG auf dem Tisch gehabt, wir wissen genau, um welche Unternehmen über 40 es geht. All jene haben, seit das Gesetz beschlossen ist, bereits ihre direkten Verhandlungen mit den jeweiligen Kunden durchgeführt und ihre Leistungen ausgeschrieben. Die Offerte liegen im Augenblick etwa am Standort Wien bei 30 Groschen je Kilowattstunde für Unternehmen, die bis jetzt 1,10 S gezahlt haben.

Präsident Alfred Gerstl: Wir gelangen nunmehr zur 10. Anfrage, 972/M.

Ich bitte Herrn Bundesrat Mag. Günther Leichtfried um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Mag. Günther Leichtfried (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

972/M-BR/98

Was werden Sie unternehmen, um die Honorare der Immobilienmakler auf europäisches Niveau zu reduzieren?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Bundesrat! Wenn ich wüßte, was Sie unter europäischem Niveau verstehen, wäre mir leichter, weil bei den Vergleichen – das betrifft auch die Studie der Arbeiterkammer – ein wesentlicher Punkt übersehen wurde: Die österreichischen Tarife sind von der Regelung her Höchsttarife, ausländische Tarife, die zum Vergleich herangezogen werden, sind keine Exklusivtarife, sondern enthalten eine Menge von Zusatztarifen im Einzelfall. Wir in Österreich haben das All-inklusive-Prinzip, also alles eingeschlossen, während andere Länder einen niedrigeren und günstigeren Basistarif haben, aber man für jede Eigenleistung etwas extra zahlt.

Wenn Sie mich fragen, was ich tun werde, kann ich Ihnen nur sagen: Ich habe meinen Freunden in der Arbeiterkammer gesagt, daß ich vorhabe, im Jänner eine Enquete zu machen und danach diese Verordnung aufzuheben. Ich möchte endlich den Markt spielen lassen. Unternehmer dieser Qualifikation wie Immobilienmakler brauchen keine Gängelung durch den Staat.

Präsident Alfred Gerstl: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Danke.

Wird eine weitere Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth.

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Minister! Werden Sie sich aber zum Beispiel auf EU-Ebene dafür einsetzen, daß da doch wenigstens ein Vergleich der Maklerprovisionen möglich ist?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ich werde alles dazu tun, zu verhindern, über Sinnlosstudien endloser Vergleiche im EU-Bereich einen neuen Konsulentenmarkt zu öffnen. Ich glaube, daß es den österreichischen Konsumenten relativ Wurscht ist, was in England dafür bezahlt wird, sondern daß es entscheidend darauf ankommt, ob sie in Österreich das Service rechtssicher, rasch und leistbar erhalten. Ich glaube, daß es nicht klug wäre, wenn wir in Österreich auf das System mancher anderer Länder umstiegen.

Ich kann mich aus meiner früheren beruflichen Tätigkeit noch daran erinnern, daß wir alle für dieses einheitliche Leistungspackage gestritten haben, weil wir uns gesagt haben: Wie soll ein einzelner Kunde, der jetzt einen Mietvertrag abschließt, herausfinden, was er dann zahlen soll? – Man wird ihm sagen: Okay, wir rechnen das halt so. Ich glaube, man sollte die EU nicht mit Aufgaben belasten, bei denen nur weitere Studien herauskommen, die die eigentlich notwendigen Entscheidungen im eigenen Land verzögern.

Präsident Alfred Gerstl: Wird eine weitere Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Dr. Kaufmann.

Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Was werden Sie konkret im Ministerium in dieser Frage machen?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ich wiederhole: Wir werden im Jänner zu einer Enquete laden. Das, was ich vorhabe, habe ich bereits, nicht als Drohgebärde, sondern als Vision in den Raum gestellt. Ich hoffe, daß alle so begeistert davon sind, daß man diese Schritte auch setzen kann.

Ich möchte vor allem keine festgeschriebenen Tarife, die den Markt von vornherein in die höhere Richtung beeinflussen. Denn eines wissen wir aus vielen öffentlich festgelegten Tarifen im Bereich der freien Berufe: Sie tendieren immer zur Erfüllung nach oben.

Präsident Alfred Gerstl: Wir gelangen nun zur 11. Anfrage, 982/M-BR/98.

Ich bitte Herrn Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein um Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

982/M-BR/98

Welche wirtschaftspolitischen Auswirkungen erwarten Sie durch die Neuregelung des Mineral-rohstoffgesetzes?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ich erwarte mir erstens keinerlei Versorgungsprobleme mit Rohmaterialien auf mittlere Sicht, zweitens eine


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andere Art von Verfahren beim Abbau, eine größere Bürgerakzeptanz, eine größere Akzeptanz bei den Gemeinden und vielleicht vernünftigere Verkehrsregelungen, als wir sie derzeit haben.

Ich könnte Ihnen aus dem Effeff sagen, wie schön es bisher war, eine Schottergrube in einer Gemeinde am Ortsrandgebiet zu machen, sodaß jeder LKW, der wegfährt, dann durch die Nachbargemeinde fährt und zeigt, wie gut es der Gemeinde A geht.


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Präsident Alfred Gerstl:
Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr.

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Wird in Zukunft sichergestellt, daß bei künftigen Abbauvorhaben den Gemeinden und Anrainern ein Mitspracherecht eingeräumt wird?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Wir sind stolz darauf, daß diese Regelung schon vor den Vorfällen in Lassing in unserem Entwurf enthalten war. Das, was dem österreichischen Berggesetz vielleicht als Defizit an Modernität angehangen ist und was dann auf die Behörden abgefärbt hat, die es durchführen mußten, war die mangelnde Kooperation mit den jeweils örtlich zuständigen Stellen. Aufgrund der Reaktion, die ich aus dem Kreis der Bürgermeister, der Gemeinden und der Anrainer bekomme, glaube ich jedoch, daß wir hier allein einen Quantensprung an Qualität der Verfahren erreicht haben. Da es sich beim Abbau jeweils um mittelfristige Projekte handelt, werden, wenn dieses Defizit weg ist, die Verfahren länger dauern, aber wir werden am Schluß weniger disputierte Projekte haben.

Präsident Alfred Gerstl: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Frau Bundesrätin Schicker.

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Auch die Stadt Leoben befürchtet negative wirtschaftspolitische Auswirkungen durch die Auflassung der bestehenden Berghauptmannschaft in einem anderen Zusammenhang, nämlich durch den Wegfall von Arbeitsplätzen. Ich sehe das in einem größeren Zusammenhang.

Wie stehen Sie zur Forderung der Stadt Leoben, nach Auflassung der bestehenden Bergbehörde ab dem Jahr 2000 unter anderem die Berufungsbehörde für das Land Steiermark beziehungsweise eine der beabsichtigten Außenstellen in Leoben anzusiedeln – vor allem wo dadurch, daß Leoben Standort der Montanuniversität ist, doch beste strukturelle Voraussetzungen gegeben sind?

Präsident Alfred Gerstl: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Wenn das in der späteren Sitzung zu beschließende Mineralrohstoffgesetz so in Kraft treten wird, wird sich zwei Jahre zunächst fast nichts ändern, weil die bestehenden Behörden die alten Verfahren aufzuarbeiten haben. In dieser Zeit findet eine graduelle Verlagerung der Kompetenzen an die Bezirkshauptmannschaften auf der einen Seite und an die neue Montanbehörde, die ich selbst bin oder die mein Haus ist, andererseits statt. Wir werden die Entscheidungen über das künftige Betreuungsritual dann zu fällen haben.

Ich darf Ihnen dazu zwei, drei Beispiele nennen. Für diese neue Organisation, die dann am Schluß für vielleicht drei Dutzend Bergwerke zuständig ist, vier, fünf Außenstellen mit voller Mannschaft zu haben, ist aus meiner Sicht nicht realistisch. Aber wir haben zwei Modelle zur Diskussion. Das Wirtschaftsministerium plant, selbst in allen Bundesländern längerfristig durch eine Außenstelle des Bundeswirtschaftsministeriums vertreten zu sein, über deren Lokationen wir noch nachdenken, und wir werden diese Entscheidungen zur entsprechenden Zeit treffen. Im Augenblick kann ich Ihnen nicht beantworten, ob es Leoben sein wird oder nicht. Daß es irgendein Standort in der Steiermark sein wird, liegt auf der Hand.

Präsident Alfred Gerstl: Wird eine weitere Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Engelbert Weilharter.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Es werden 95 Prozent der Verfahren nach dem Mineralrohstoffgesetz in die mittelbare Bundesverwaltung fallen. Das heißt, mit der Vollziehung werden die Länder betraut sein. Haben Sie auch dafür vorgesorgt, daß den Ländern die Kosten abgegolten werden?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Wir haben eine relativ lange Übergangsregelung. Es ist schon derzeit eine Reihe von Schotterabbauverfahren, um die es im wesentlichen geht, bereits in der Landeskompetenz abgewickelt worden. Ich habe einmal allen Landeshauptleuten geschrieben und gesagt, wenn sie sich der Mitarbeiter meines Hauses aus den Berghauptmannschaftsstrukturen bedienen wollen, können sie das tun. Im Augenblick sehe ich keinen Handlungsbedarf dafür.

Die Länder haben sich um diese Verfahren – ich darf das unter Anführungszeichen sagen – "gerissen". Ich nehme an, daß sie nach dieser zweijährigen Übergangszeit das hinreichende Know-how haben werden, um die Verfahren, die dann anfallen werden, abzuwickeln. Das wird nicht mehr in der Größenordnung sein, denn wir haben jetzt 900 Verfahren zu bearbeiten. Ich sehe also keinen Anlaß für Drohgebärden. Wozu brauchen diese mehr Geld, bitte? – Da bin ich als Budgetminister im Augenblick auf beiden Ohren taub.

Die alten Verfahren werden noch von uns durchgeführt, der schrittweise Übergang, den Sie später beschließen können, sichert, daß keine überfallsartige Überlastung der Bezirkshauptmannschaften entsteht. Da mit der neuen Strukturkompetenzverteilung ein Wunschtraum vieler Landesregierungen in Erfüllung geht, mögen sie bitte zuerst in der eigenen Struktur nachsehen, wie sie diese Freude auch bewältigen können.

Präsident Alfred Gerstl: Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 12. Anfrage, 978/M.

Ich bitte Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid um Verlesung der Anfrage.

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Meine Frage an Sie lautet:

978/M-BR/98

Bis zu welchem Zeitpunkt gedenken Sie, die im Rahmen der jüngst stattgefundenen Tourismusenquete der ÖVP-Parlamentsfraktion geforderten Maßnahmen, die großteils mit langjährigen freiheitlichen Forderungen ident sind, umzusetzen?

Präsident Alfred Gerstl: Ich bitte um Beantwortung, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Da ich in der Wirtschaft lebe, Frau Bundesrätin, kenne ich die Forderungen. Es ist nur ein Aufschreiben all jener Dinge, die auch in anderen Klubs in einer ähnlichen Form – mit Ausnahme der Regelung bezüglich 22 Uhr, 23 Uhr – diskutiert werden. Der Punkt ist, daß ein Teil dieser Forderungen eindeutig im Bereich der Steuerreform zu diskutieren sein wird, wobei ich das Vergnügen habe, an dieser Verhandlungstruppe direkt teilnehmen zu dürfen, andere Teile bleiben weiter auf Sozialpartnerebene.

Ich wiederhole, was ich hier schon mehrmals gesagt habe: Wenn sich die Sozialpartner nicht über Arbeitszeitregelungen einigen, zu erwarten, daß dann ein Minister in einer Koalition das durchsetzt, ist wirklich eine angenehme Illusion. Viele andere Dinge, die hier auch gefordert werden, sind in Bewegung. Wir werden in wenigen Tagen ein neues Refinanzierungsmodell


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 39

auch über die FGG und die Österreichische Hotel-Treuhand vorstellen. Ich glaube, daß die Perspektiven des Tourismus vor allem im steuerpolitischen Bereich diskutiert werden müssen.

Präsident Alfred Gerstl: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? (Bundesrätin Haunschmid: Das hat sich jetzt erübrigt! Das, was ich noch fragen wollte, hat der Herr Bundesminister schon vorweggenommen! – Danke schön!)

Wird eine weitere Zusatzfrage gewünscht. – Bitte, Herr Bundesrat Wolfram Vindl.

Bundesrat Wolfram Vindl (ÖVP, Tirol): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wie stellt sich derzeit die allgemeine Lage des Tourismus in bezug auf die Wintersaison dar?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 40

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner:
Hoher Bundesrat! Nach einer bereits sehr guten Sommersaison, was die Umsatzsteigerungen anlangt, stehen wir von den Bestellungen her vor einer außerordentlich guten Wintersaison. Wir alle gehen davon aus, daß mit dem heurigen Jahr, Sommer- wie Wintersaison, der langjährige Problembereich Tourismus wieder eine positive Entwicklung nehmen wird. Die jetzigen Buchungen lassen erwarten, daß wir auch bei Veränderung der Schneegünstigkeit jedenfalls besser aussteigen als im Vorjahr.

Präsident Alfred Gerstl: Wird eine weitere Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herrn Bundesrat Josef Pfeifer.

Bundesrat Josef Pfeifer (SPÖ, Kärnten): Herr Bundesminister! Wenn ich schon die Gelegenheit habe, frage ich Sie: Mit welchem Konzept versucht der Bund, bedeutende Tourismusregionen wie Kärnten international zu vermarkten?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 41

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner:
Ich kann mir die Antwort zunächst nicht verkneifen, daß Tourismus vor allem Landessache ist, und gerade Kärnten eine außerordentlich gute Organisation hat und auch mit einer Konzeption fährt, die ich selbst sehr anerkenne. Wir haben sie auch gemeinsam vorgestellt.

Es ist sicher wichtig – das gilt für alle Bundesländer –, daß wir aufhören müssen, im internationalen Destinationsmanagement mit Kleinstregionen zu werben. Ich sage das am Beispiel Salzburg. Es macht keinen Sinn, mit dem Tennengau oder sonstigem zu operieren, sondern mit möglichst vermarktbaren größeren Einheiten. Kärnten geht hier, so glaube ich, den richtigen Weg.

Über andere Fragen reden wir in anderem Zusammenhang, etwa über den Mangel an einem Veranstaltungszentrum in Klagenfurt, über den Mangel an entsprechenden größeren Hotels in diesem Bereich. Wir haben heuer einige Erfahrungen bei den EU-Veranstaltungen gemacht. Es gibt eine Fülle von Anregungen in diesem Bereich, aber diese werden wir uns bilateral ausmachen.

Präsident Alfred Gerstl: Wir gelangen nunmehr zur 13. Anfrage, 973/M.

Ich bitte Herrn Bundesrat Josef Pfeifer um Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Josef Pfeifer (SPÖ, Kärnten): Herr Bundesminister! Meine Frage an Sie lautet:

973/M-BR/98

Wie werden Sie gewährleisten, daß mit Wirkung 1. 1. 2001 Road-pricing für LKW flächendeckend eingeführt wird?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Bundesrat! Die ASFINAG wurde von mir im Jänner 1998 beauftragt, ein Modell, basierend auf den Trans-Route-Beschlüssen, über die in der Regierung schon seit langem Einvernehmen besteht, in Angriff zu nehmen. Die erforderlichen Verfahren laufen. Ich gehe davon aus, daß wir den Zeitpunkt halten können. Der Ehrgeiz ist jetzt da und auch die Akzeptanz.

Präsident Alfred Gerstl: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat DDr. Königshofer.

Bundesrat DDr. Franz Werner Königshofer (Freiheitliche, Tirol): Herr Bundesminister! Es wurde und wird immer wieder in Zweifel gezogen, daß das LKW-Road-pricing allein, also unter Ausschluß des PKW, auch nur andeutungsweise kostendeckend sein kann.

Meine Frage geht deshalb in diese Richtung: Gibt es Berechnungen darüber, wie hoch der Kostendeckungsgrad eines LKW-Road-princing sein wird beziehungsweise bis wann die entsprechenden Investitionen verdient sein werden, respektive ein Break-even erreicht sein wird?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Diesbezüglich wurde – auch von den einschlägigen Wirtschaftsbereichen – mit Horrorzahlen gerechnet. Natürlich sind die Einführungskosten relativ hoch, aber wir rechnen damit, daß wir das über lange Perioden hinweg abschreiben. Die paar Modelle, die wir haben, zeigen eindeutig, daß wir dann unsere großen Straßenbauvorhaben finanzieren können werden. Man muß halt auf längere Sicht hin abschreiben. Man muß nicht alles zu 100 Prozent im ersten Jahr abschreiben, sonst hätte man gar keine Einnahmen. Über konkrete Zahlen möchte ich Sie bei Gelegenheit gerne informieren, wenn wir die Schlußberechnungen haben. Aber ich betone noch einmal: Es rechnet sich, sonst würden wir uns das nicht antun – glauben Sie mir das!

Präsident Alfred Gerstl: Wird eine weitere Wortmeldung gewünscht? – Herr Bundesrat Richau, bitte.

Bundesrat Franz Richau (ÖVP, Kärnten): Herr Bundesminister! Gibt es zur Einführung des Road-pricing noch eine Alternative?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Wenn man sich den Zustand der wichtigen Verkehrsadern und ihre Belastung anschaut, dann würde ich sagen: nein! Sollte die Einführung nicht gelingen – aus welchen Gründen immer –, woran ich aber nicht glauben möchte, dann bliebe uns nur die Euro-Vignette weiter zur Verfügung, die aber nicht einmal ansatzweise das bringt, was wir vom Road-pricing erwarten und auch brauchen. Ich denke, daß sich bei der Verkehrswirtschaft in der Zwischenzeit die Erkenntnis durchgesetzt hat, daß ihre Zukunft davon abhängt, auf der West Autobahn nicht mehr im Schneckentempo fahren zu müssen und nicht total verstopfte Stadtzufahrtsstraßen zu haben.

Präsident Alfred Gerstl: Wir gelangen nun zur 14. Anfrage, 983/M.

Ich bitte Herrn Bundesrat Dr. Milan Linzer um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

983/M-BR/98

Welche Eckpunkte sind für die doppelte Preisauszeichnung vorgesehen?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Wir haben mehrere wesentliche Eckpunkte zum Zeitpunkt der Einführung der doppelten Preisauszeichnung vorgesehen. Die doppelte Preisauszeichnung ist vom 1. Oktober des Jahres vor der Einführung des Euro bis zum Auslaufen des Schillings voraussichtlich Ende Juni vorgesehen. – Erster Eckpunkt.

Zweiter Eckpunkt: Wir brauchen für eine Reihe von Bereichen Ausnahmeregelungen. Das fängt bei den Tankstellen an, geht über die Konzessionäre nach dem Glückspielgesetz bis zum Buchhandel und so weiter; alles Bereiche, in denen man Spezifikationen der Auszeichnung vorgesehen hat.

Dritter wichtiger Eckpunkt ist der von mir gewünschte Ausnahmebereich von Kleinunternehmen. Ich habe dafür alle Unternehmen bis neun Beschäftigte vorgeschlagen. Darüber laufen derzeit regelmäßige Verhandlungen zwischen den Beteiligten, vor allem zwischen den Sozialpartnern.

Aber ich füge noch hinzu, Hoher Bundesrat, daß das Hauptproblem dieses Gesetzes darin liegt, daß wir drei Jahre vor der Einführung dieser Währung stehen und im Augenblick eine Verunsicherungsdiskussion über die Kosten der Auszeichnung erleben, die zum Zeithorizont in keiner Relation steht. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Ab 1. Jänner werden alle großen Handelsorganisationen freiwillig die Euro-Preisauszeichnung einführen, sodaß meine persönliche Position in folgender Frage mündet. Diese fünf großen Organisationen haben 90 Prozent Marktanteil. Wäre es nicht klüger, die Erfahrungen mit der freiwilligen Preisauszeichnung abzuwarten und erst dann zu entscheiden?

Ein anderer Punkt: Auch im Handel, im Kleinhandel mehren sich die Stimmen, die sagen: Entscheidet! Das ist es, was wir wirklich wollen, um uns orientieren zu können. – Zwischen diesen beiden Polen haben wir in den nächsten Wochen und Monaten eine Entscheidung zu treffen. Derzeit wird eine eher rationale Diskussion geführt.

Das Wichtigste sind zwei Botschaften, die mit dem Gesetz nicht verbunden sind, weil das schon in anderen Gesetzen geregelt ist. Erstens: Auch der Bund muß seine Preise doppelt auszeichnen, etwa bei Verträgen und ähnlichen Dingen mehr, und zweitens: Es wird keine Aufrundungen über die Rundungsregeln hinaus, die bei der Einführung des Euro gelten werden, geben.

Präsident Alfred Gerstl: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Herr Bundesminister! Wann wird die gesetzliche Regelung voraussichtlich in Kraft treten? Ist das schon abzusehen?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ich werde das Gesetz erstens so lange nicht einbringen, solange nicht meinen Vorstellungen hinsichtlich der Ausnahmen für Kleinbetriebe Rechnung getragen wird. Zweitens: Ich versuche noch immer, einen Konsens darüber zu finden, daß wir die Erfahrungen mit der freiwilligen Mega-Preisauszeichnung in den großen Handelsorganisationen abwarten und erst dann darüber entscheiden, ob wir eine teure Überregulierung nicht überhaupt vermeiden können.

Präsident Alfred Gerstl: Wird eine weitere Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Dr. Peter Harring. – Entschuldigung, Pfeifer soll das heißen. Aber das ist kein Problem. (Die Bundesräte Pfeifer und Harring wollen jeweils dem anderen den Vortritt überlassen. – Heiterkeit.)

Bundesrat Josef Pfeifer ( SPÖ, Kärnten): Der Herr Präsident hat es geändert, und er hat wie immer recht. – Herr Bundesminister! Mir geht es nicht darum, daß wir das, was Sie erklärt haben, sollen, müssen oder können. Mir geht es vielmehr darum, daß die Konsumenten geschützt werden. Ich finde, das ist das Wesentliche dabei.


Bundesrat
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Meine Frage an Sie lautet: Haben Sie schon dafür vorgesorgt – oder werden Sie es noch tun –, daß für die Überwachung der Preisauszeichnung die entsprechenden personellen Maßnahmen gesetzt werden – so wie das bei den Bezirkshauptmannschaften schon geschieht –, die natürlich auch mit Kosten verbunden sind?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Man muß zwei Dinge unterscheiden, Herr Bundesrat! Erstens: In meinem Bereich wird sich die Amtliche Preiskommission als Euro-Preiskommission in dieser Übergangsphase der Dinge ganz besonders annehmen. Zweitens: Die Kontrolle der Auszeichnungen in den Unternehmen ist weiterhin Landessache, und es ist Sache der Länder, darüber zu entscheiden, wie sie das gerieren.

Ich gehe weiters davon aus, daß in dieser Zeit bei Konsumentenschutzorganisationen, wie der Arbeiterkammer und so weiter, eine Übersensibilität gegeben sein wird. Ich glaube, wir werden eher ein Zuviel an Kontrolloren als ein Zuwenig haben. Allein diese Ankündigung bewirkt wahrscheinlich bei den Unternehmern – ich zitiere einige, die mit der Eurokalkulation für diese Zeit befaßt sind – eher die Haltung, daß alle sagen werden: Na, nur abrunden werden wir!

Ich darf erinnern: Auch bei der EU-Preiseinführung nach dem Beitritt haben wir einige Monate vorher eine Vorwegnahme gehabt. Ich nehme an, daß mit denselben Preisargumenten auch bei der Euro-Umstellung gearbeitet werden wird. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Harring gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Dr. Peter Harring (Freiheitliche, Kärnten): Im Anschluß an die Ausführungen meines Kärntner Kollegen gestatte ich mir einmal den Hinweis, daß es nicht nur in Österreich Konsumenten gibt. In Italien ist nämlich wie in den meisten europäischen Ländern die doppelte Preisauszeichnung bei weitem nicht so lückenlos vorgesehen wie in Österreich. Meine Frage an Sie: Gibt es aus diesem Grund allenfalls Wettbewerbsnachteile für kleinere Unternehmen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Da ich die kleinen Unternehmen ausnehmen möchte, kann es keine Wettbewerbsverzerrungen geben. Ich verweise nur darauf, daß etwa die Bundessektion Handel deshalb eine raschere Einführung des Gesetzes gewünscht hat, weil sie gesehen hat, daß die freiwilligen Vereinbarungen zur Euro-Preisauszeichnung in einigen Ländern viel weitergehen als mein Gesetzentwurf, sodaß der Schutz des Gesetzes vor der freiwilligen, viel weitergehenderen Selbstkontrolle gesucht wird.

Ich glaube, daß mit dem Euro bereits im nächsten Jahr das Direktmarketing und der elektronische Handel explodieren werden, sodaß über die indirekte Preisvergleichbarkeit der freiwilligen Preisauszeichnung eine Transparenz und ein entsprechender Marktdruck entstehen werden. Mit Beginn des Jahres 2002 werden die Leute sagen: Hört mit dem Schmarren auf, wir sind ja keine Volltrotteln! – Entschuldigen Sie, daß ich dieses Wort in diesem Zusammenhang gebrauche.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen nun zur 15. Anfrage, 974/M, die von Herrn Bundesrat Gstöttner gestellt wird.

Ich bitte ihn um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Meine gegenüber der schriftlich formulierten Version etwas korrigierte Frage lautet:


Bundesrat
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974/M-BR/98

Rechtfertigt die kaufmännische Kostenrechnung eine Zusammenlegung – ab hier darf ich korrigieren – der Innkraftwerke ÖBK Schärding-Neuhaus und Passau-Ingling mit den Donaukraftwerken?


Bundesrat
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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Hoher Bundesrat! Was mir als Vertreter des Mehrheitsbesitzers Verbund und als Regulator im E-Bereich tatsächlich Sorge macht, ist die Tatsache, daß ich, wenn ich im Ausland unterwegs bin, sehe, wie viele Kraftwerke dort von zwei Leuten von einem PC aus geregelt werden, während wir in Österreich anscheinend am liebsten bei jedem Kraftwerk eine eigene Regelungs- und Steuerungseinheit etablieren würden.

Wie stellen wir uns einen Wettbewerb längerfristig vor? – Ich persönlich fand es großartig, daß wir – mit "wir" meine ich die Verbundgesellschaft – uns mit den Bayern zusammengesetzt und Optimierungsmodelle der Steuerung diskutiert haben. Es gibt da zwei verschiedene Versionen. Die Entscheidung ist noch nicht gefallen.

Es hat diesbezüglich große Aufregung bei einigen lokalen Einheiten gegeben. Das verstehe ich zwar, aber wir können im Hohen Haus keine wettbewerbsfeindlichen Dinge beschließen. In der Energiewirtschaft herrscht Wettbewerb, das heißt rationelle Organisation, aber manche tun so, als ob das dann vor Ort nicht gelten könnte.

Ich betone noch einmal: Es muß sichergestellt sein, daß es zu keinen sozialen Schwierigkeiten kommt, aber ich muß darauf bestehen, daß eine rationale Organisation der Steuerung der Energieanlagen, egal in welchen Bereichen – das gilt später auch für die Ennskraftwerke und für alle Donaukraftwerke –, herbeigeführt wird.


Bundesrat
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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Danke vielmals, Herr Bundesminister.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Das ist die eine Seite der Medaille. Eine andere Frage ergibt sich natürlich im Zusammenhang mit den Hochwässern, die es in diesem Bereich zweifellos gibt.

Es ist so, daß die Steuerung, die zurzeit von Braunau aus läuft, nach Jochenstein oder nach Aschach verlegt werden soll. Grundsätzlich ist dagegen nicht unbedingt etwas einzuwenden. Wir alle wissen aber aus der Praxis, daß die Situation bei Hochwässern am Inn anders ist als etwa bei Hochwässern an der Donau. Wir haben natürlich große Sorge, da wir in Schärding die letzten zwei Innkraftwerke haben und gerade diese zur Donau kommen sollen, also quasi von der Innkette losgelöst werden sollen. Oberhalb von uns, flußaufwärts liegen mindestens 18 Kraftwerke. Wir fürchten, daß uns irgendwann einmal das Wasser buchstäblich bis zum Hals steht. Wir beurteilen diese Situation sehr vorsichtig, weil wir um die Sicherheit der Bevölkerung besorgt sind. Wie sehen Sie diese Situation, Herr Minister?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ihre Sorge verstehe ich zur Gänze, Herr Bundesrat! Es ist bei allen Gesprächen auch immer die Rede davon gewesen, daß es kein Sicherheitsrisiko geben darf. Das ist völlig klar! Über die Hochwassersituation wurde in diesem Bereich immer geredet.

Auf der anderen Seite sehen wir, daß heutzutage etwa von Zentralen in Linz aus Stahlerzeugungsprozesse, gefährliche Prozesse in Südkorea gesteuert werden können, indem man am Computer alle möglichen Variationen bereits vorweg einspeist. Ich verstehe Ihr Anliegen, aber ich bitte, hier darauf zu vertrauen, daß die unterschiedlichen Riskenvarianten mit der angemessenen Sorgfalt auch beherrschbar vorverwaltet werden können.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Bundesrat Ram. – Bitte.

Bundesrat Thomas Ram (Freiheitliche, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wie sehen Sie generell die Wettbewerbsfähigkeit der Donaukraftwerke im internationalen Vergleich?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Seit den Wahlen in Deutschland, mit jeder Diskussion über die notwendigen Reparaturen der Atomkraftwerke in Frankreich und angesichts der Probleme der osteuropäischen Energiepolitik sehe ich es besser.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Hensler. – Bitte.

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Wie sehen Sie die Zukunft der österreichischen E-Wirtschaft?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ich muß mich selbst zitieren: Wenn wir nicht solch ein kompliziertes Land wären, wie wir es sind, dann hätten wir schon längst einen österreichischen Energiekonzern und würden nicht ein Meistbietungsmengenspiel mit dem Titel "Wer schafft künftig an – Paris oder Bayern?" führen.

Aber zurück zur Realität der österreichischen Verfassung: Wir sehen, daß bei manchen Bilanzpressekonferenzen, wie jüngst bei der EVN, mehr über Spekulationsverluste geredet wird als über die Zukunft der Energiewirtschaft. Ich kann dazu nur sagen: Diese Sorgen möchte ich auch haben! Daher meine Prognose: Da wir spätestens Mitte des nächsten Jahres sehen werden, wie die Sanierung einzelner Unternehmen über Stranded-costs, über die Péage-Regelung gelaufen ist, kann erst dann der nächste Schritt der österreichischen Strukturpolitik erfolgen.

Es wird in Österreich weiterhin jede Art von Energiewirtschaft geben. Die Entwicklung läuft offenbar auf zwei oder drei Schienen zu: eine Schiene, die sich stärker an Bayern bindet, wie das in Tirol traditionell der Fall ist; eine Schiene, die sich schon an Frankreich gebunden hat, wie das bei der ESTAG der Fall war; und im Rest Österreichs, der im Augenblick noch der größere Teil ist, träumen einige noch davon, daß man die Zentralen lieber in Österreich haben sollte, indem man zunächst kooperiert und dann fusioniert. Ich finde, es war ein großer Schritt vorwärts, daß jetzt Wien so weit ist, die Energie auszugliedern, sodaß wir kooperations- und fusionsfähige Einheiten bekommen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen nun zur 16. Anfrage, 984/M.

Der als krank gemeldete Bundesrat Mag. Himmer hat gemäß § 63 Abs. 3 der Geschäftsordnung sein Einverständnis bekanntgegeben, daß Herr Bundesrat Mag. Strugl in sein Fragerecht eintritt.

Ich bitte daher Herrn Mag. Strugl um Verlesung der 16. Anfrage.

Bundesrat Mag. Michael Strugl (ÖVP, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

984/M-BR/98

Welche Schwerpunkte werden Sie im Rahmen der Steuerreform setzen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Hoher Bundesrat! Ich habe auch in der Zeit, in der ich noch nicht wußte, daß ich Steuerverhandler sein würde, aus meinen Präferenzen keinen Hehl gemacht. Meine Prioritäten sind immer gesagt worden, so zum Beispiel auf der politischen Seite eine Entlastung der übermäßigen Progression bei kleinen und mittleren Einnahmen, die Steuerneutralität des Betriebsübergangs von einer Generation auf eine andere, die Einführung einer Eigenkapitalverzinsung – statt des Modells des nicht entnommenen Gewinns –, eine verwaltungstechnische Vereinfachung bei der Frage der Lohnsteuerabrechnung, ein Abschlagsmodell oder was immer. Ich habe in diesem Zusammenhang auch gesagt, so lange wir in Österreich so komplizierte Lohnfindungsverträge – das heißt Kollektivverträge – haben, daß die Finanzämter nie die Lohnfindung durchführen können, so lange werden wir wesentliche Entscheidungsbarrieren haben. – Das sind meine vier Prioritäten in diesem Bereich.

Eines muß ich noch hinzufügen, damit nachher niemand sagt, ich hätte etwas vergessen. Ich halte auch die Frage der Gruppensteuerregelung für zweckmäßig im Hinblick darauf, was sich auch zur Förderung österreichischer Konzernbildungen als notwendig erweist. Daß wir darüber hinaus noch eine Förderung des Humankapitals wollen – etwa durch eine Ausdehnung der Lehrlingsfreibeträge, des Forschungsfreibetrags und so weiter –, sei noch hinzugefügt.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Mag. Michael Strugl (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Was erwarten Sie sich von einer Steuerfreistellung des Betriebsübergangs im Erbweg?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Die Anfragen und Anrufe, die ich bekommen habe, seit das etwa vor einem Jahr propagandistisch zu laufen begonnen hat, zeigen, daß viele Jungunternehmer der Betriebsübernahme jetzt positiver entgegensehen als früher. Durch diese Regelung werden auch mehr Betriebseigentümer in der Lage sein, ihren Betrieb ohne Sorgen weiterzugeben.

Ich darf dazu ein Beispiel nennen. Für jeden Betrieb, der nicht ohne Probleme an die nächste Generation weitergegeben werden kann – etwa ein Durchschnittsbetrieb mit sechs, acht Mitarbeitern –, müßte man bis zu sieben neue Unternehmen gründen, um denselben Beschäftigungseffekt zu haben, weil die meisten Neuunternehmen nur Einmann-Unternehmen sind oder im besten Fall im zweiten Jahr Zweimann-Unternehmen. Daher ist diese Maßnahme, wie ich das im generellen Teil meiner EU-Ausführungen schon gesagt habe, zur Sicherung der Beschäftigungspolitik von volkswirtschaftlichem Interesse.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat DDr. Königshofer gewünscht. – Bitte.

Bundesrat DDr. Franz Werner Königshofer (Freiheitliche, Tirol): Herr Bundesminister! Werden Sie im Zuge der Beratungen über die Steuerreform auch das freiheitliche Modell einer Flat tax miteinbeziehen, oder ist dieses Modell, weil es eben von den Freiheitlichen kommt, von vornherein vom Tisch und für die Koalition nicht diskussionswürdig?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Da ich diesbezüglich bereits problembewußt war, bevor das die Freiheitliche Partei in Österreich zu einem Thema gemacht hat, da ich mit den einschlägigen Stellen der Literatur vertraut bin und mit den amerikanischen Hochschulen in ständigem Kontakt stehe – ich habe schon bei meinen Vorträ


Bundesrat
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gen in Amerika von einer Flat hat tax gesprochen –, brauche ich mich dazu nur selbst zu zitieren: Ich halte davon im österreichischen Kontext nichts, wenn ich mir die Konsequenzen anschaue. Die Regierung möchte ich sehen, die sich das traut! Sollten Sie von den Freiheitlichen einmal in die Lage versetzt werden, das umzusetzen, werden Sie es auch nicht wollen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen nun zur 17. Anfrage, die Herr Bundesrat Bieringer stellen wird.

Ich darf ihn um die Verlesung seiner Anfrage bitten.

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

985/M-BR/98

Wie sind Ihre Vorstellungen für ein neues "one stop shop" im Rahmen von Betriebsanlagengenehmigungen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Hoher Bundesrat! Bei dem zur Begutachtung gestandenen Entwurf eines Betriebsanlagenrechts haben wir vorgesehen, alle Bundes- und Landesverfahren in einem Verfahren zu konzentrieren. Diese Vorstellung ist auf verfassungsrechtliche Bedenken von seiten der Länder gestoßen. Es gibt auch einige Auseinandersetzungen mit dem Umweltminister und dem Landwirtschaftsminister über die Art dieses Verfahrens.

Ich gehe aber davon aus, daß es in den ersten Tagen des neuen Jahres gelingen wird, einen Entwurf fertigzustellen, der vorsieht, daß eine solche Regelung kommt, wobei ich vorschlagen werde, daß wir es den Ländern anheimstellen, ihre Verfahren zusammenzulegen. Dann müssen wir es aber auch tun! Ich hielte es nicht gerade für sachkonform, wenn wir die Bundesverfahren zusammenlegen würden, aber die Länder dann sagen: Wir behandeln weiter Bauverfahren und und und getrennt.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Herr Bundesminister! Sie haben bereits das Länderverfahren angesprochen. Können Sie mir sagen, ob Sie konkrete Vorstellungen haben, ob dieses Verfahren auch in Länderverfahren einbezogen wird, auch wenn es die Länder nicht immer haben wollen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ich nehme als Beispiel das Investitionsbeschleunigungsgesetz des Landes Salzburg, in dem die Wörter "können", "sollte" und "möchte" zu oft vorkommen. – Ich möchte mit den Landesregierungen eine Vereinbarung darüber zustande bringen, daß, wenn der Bund diesen revolutionären Ansatz zuwege bringt, ein Betriebsanlagenumweltrecht in einem Zug zu machen, sich auch die Länder de facto dazu verpflichten. Darauf muß man sich verlassen können, daß sie in einer positiven Antwort ihre Verfahren einbringen, sodaß wir künftig nur mehr einen Bescheid haben müssen.

Ich glaube, daß es sinnlos wäre, eine Bundes- und eine Landesbehörde zu haben. In diesem Zusammenhang möchte ich ohnehin um die Mitunterstützung aller Mitglieder des Bundesrates vor Ort bitten.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.


Bundesrat
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Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Prähauser gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Herr Bundesminister! Welchen zeitlichen Horizont halten Sie für realistisch, in dem diese Ihre Vorstellungen betreffend "one stop shop" Realität werden?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Wir sind jetzt bei der Ausarbeitung des letzten Schliffs der Dinge in meinem Ressort – im Einvernehmen mit dem Landwirtschaftsminister und dem hauptbetroffenen Umweltminister. Wir haben dann die Koordination mit dem Regierungspartner durchzuführen, bevor ich mit einem Entwurf in den Ministerrat gehe. Ich nehme an, daß wir das bis Jänner, Februar hinbekommen, sodaß es noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden kann.

Wir werden eine Übergangsregelung von einem halben bis einem Jahr brauchen, weil sich die Verwaltung darauf vorbereiten muß. Das ist in etwa der zeitliche Horizont.

Ich zitiere eine jüngste Studie der Amerikaner, die besagt, daß sich in Österreich im Anlagenrechtsverfahren dramatische Beschleunigungen abgespielt haben. – Ich glaube, daß wir diese Regelungen im Zuge des nächsten Jahres umsetzen müssen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wünscht Frau Bundesrätin Haunschmid. – Bitte.

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Minister! Sie haben die Anfrage sehr ausführlich beantwortet, aber ich habe noch eine Frage: Können Sie ungefähr abschätzen, wie hoch die damit verbundenen Einsparungen sind, weil mit einem "one stop shop" sehr viel Personal eingespart werden müßte, was angesichts der Sparpakets-Welle sehr sinnvoll wäre?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Wir haben im Begleittext zum Begutachtungsverfahren und auch im Text des Entwurfes klargestellt, daß mit den Mitteln der eingesparten "man power", wie das so schön heißt, endlich ein vernünftiges Controlling eingeführt wird. – Das, was wir am meisten bis jetzt kritisiert haben, ist, daß zu Beginn ein drei Jahre langes Prüfungsverfahren abgewickelt wird und sich dann niemand mehr um irgend etwas schert – bis etwas passiert oder eine neue Maschine gekauft wird.

Die "Gleichung", für die sich mein Haus entschlossen hat, war: Was immer wir auf der einen Seite einsparen, wird auf der anderen Seite durch die gesetzliche Verankerung eines Controlling dazu führen, daß dann auch regelmäßig begleitend Emissionen, begleitend Nachbarsituationen geprüft werden.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir sind damit am Ende der Fragestunde.

Einlauf und Zuweisungen

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eingelangt sind 26 Anfragebeantwortungen, die den Anfragestellern übermittelt wurden. Die Anfragebeantwortungen wurden vervielfältigt und auch an alle übrigen Mitglieder des Bundesrates verteilt.

Eingelangt sind weiters Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Ministervertretungen. Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieser Schreiben.


Bundesrat
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Schriftführerin des Bundesrates Ilse Giesinger:
"Der Herr Bundespräsident hat am 14. Dezember 1998, Zl. 300.100/71-BEV/98, folgende Entschließung gefaßt:

Auf Vorschlag des Bundeskanzlers betraue ich für die Dauer der Verhinderung des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel am 17. Dezember 1998 die Staatssekretärin Frau Dr. Benita Ferrero-Waldner mit der Vertretung.

Hievon beehre ich mich, mit dem Ersuchen um gefällige Kenntnisnahme Mitteilung zu machen."

Das zweite Schreiben lautet:

"Der Herr Bundespräsident hat am 14. Dezember 1998, Zl. 300.100/70-BEV/98, folgende Entschließung gefaßt:

Auf Vorschlag des Bundeskanzlers betraue ich für die Dauer der Verhinderung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Johann Farnleitner innerhalb des Zeitraumes vom 17. bis 19. Dezember 1998 die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer mit der Vertretung.

Hievon beehre ich mich, mit dem Ersuchen um gefällige Kenntnisnahme Mitteilung zu machen."

Das letzte Schreiben lautet:

"Der Herr Bundespräsident hat am 10. Dezember 1998, Zl. 300.100/68-BEV/98, folgende Entschließung gefaßt:

Auf Vorschlag der Bundesregierung betraue ich gemäß Artikel 69 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz für den Fall der gleichzeitigen Verhinderung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers innerhalb des Zeitraumes vom 17. bis 19. Dezember 1998 den Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek mit der Vertretung des Bundeskanzlers.

Hievon beehre ich mich, mit dem Ersuchen um gefällige Kenntnisnahme Mitteilung zu machen."

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke der Schriftführung.

Eingelangt sind ferner drei Beschlüsse des Nationalrates vom 27. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem weitere Überschreitungen von Ausgabenansätzen der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 1998 bewilligt werden (2. Budgetüberschreitungsgesetz 1998 – 2. BÜG 1998), ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1998 geändert wird (3. BFG-Novelle 1998), und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1999 geändert wird (3. BFG-Novelle 1999).

Diese Beschlüsse unterliegen im Sinne des Artikels 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates. Eine weitere geschäftsordnungsmäßige Behandlung der vorliegenden Beschlüsse durch den Bundesrat ist daher nicht vorgesehen.

Eingelangt sind weiters jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Der Herr Präsident hat diese Beschlüsse den in Betracht kommenden Ausschüssen zur Vorberatung zugewiesen. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber abgeschlossen und schriftliche Ausschußberichte erstattet.

Der Herr Präsident hat alle diese Vorlagen auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Änderung der Tagesordnung

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, daß mir der Vorschlag zugekommen ist, die Tagesordnung umzustellen, und zwar


Bundesrat
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sollen die in der Einberufung unter den Tagesordnungspunkten 33 und 34 angeführten Vorlagen vorgezogen und als Tagesordnungspunkte 23 und 24 in Verhandlung genommen werden. Die bisherigen Punkte 23 bis 32 werden daher die Tagesordnungspunkte 25 bis 34.

Erhebt sich gegen diese Umstellung der Tagesordnung ein Einwand? – Das ist nicht der Fall. Die Tagesordnung gilt daher als umgestellt.

Behandlung der Tagesordnung

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters ist mir der Vorschlag zugekommen, die Debatte über die Punkte 3 bis 6, 8 bis 11, 12 bis 14, 17 und 18, neu: die Punkte 25 und 26, 29 und 30 sowie 33 und 34 der Tagesordnung unter einem abzuführen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Auch das ist nicht der Fall.

Wird nunmehr zur umgestellten Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich möchte an die in der Präsidialkonferenz vom 2. Juni 1998 getroffene Vereinbarung der Fraktionen erinnern.

Die Fraktionen haben eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 10 Minuten für alle Debattenbeiträge, für welche die Geschäftsordnung keine bestimmten Redezeiten vorsieht, vereinbart. Es wird daher das rote Lichtsignal eine Minute vor Ablauf der vereinbarten Redezeit beim Rednerpult blinken und nach Ablauf der vereinbarten Redezeit dauernd leuchten.

Sind für eine Debatte mehrere Redner von einer Fraktion zu Wort gemeldet, sollen dem Erstredner bis zu 15 Minuten zur Verfügung stehen.

Da es sich um eine freiwillige Redezeitbeschränkung handelt, wird der vorsitzführende Präsident weder ein Glockenzeichen geben noch den Redner bei Ablauf der vereinbarten Redezeit darauf hinweisen.

Sollten Debattenredner im Hinblick auf das zu behandelnde Thema von vornherein die Vereinbarung nicht einhalten können, ersuche ich, bei Beginn der Rede darauf hinzuweisen.

1. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz über mineralische Rohstoffe, über die Änderung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes und des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 (Mineralrohstoffgesetz – MinroG) (1428, Zu 1428 und 1527/NR sowie 5817 und 5818/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt: Bundesgesetz über mineralische Rohstoffe, über die Änderung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes und des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993.

Die Berichterstattung erfolgt anstelle des erkrankten Bundesrates Mag. Himmer durch den Vorsitzenden des Ausschusses für wirtschaftliche Angelegenheiten, Herrn Bundesrat Dr. Harring. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Dr. Peter Harring: Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen! Sehr verehrte Kollegen! Ich darf Ihnen den Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Angelegenheiten über den Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz über mineralische Rohstoffe, über die Änderung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes und des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 zur Kenntnis bringen.


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Stenographisches Protokoll
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Der Bericht, liebe Kolleginnen und Kollegen, liegt Ihnen allen schriftlich vor. Ich gehe also davon aus, daß Ihnen der Inhalt bekannt ist, und verzichte daher auf die Verlesung dieses Berichtes.

Der Ausschuß für wirtschaftliche Angelegenheiten hat in seiner Sitzung am 15. Dezember 1998 mit Stimmenmehrheit den Antrag gestellt, gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters, meine sehr verehrten Damen und Herren, steht ein Entschließungsantrag aller drei Fraktionen in Verhandlung. In diesem Entschließungsantrag wird der Herr Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ersucht, den gemäß § 222 Abs. 3 des Mineralrohstoffgesetzes bisher nur dem Nationalrat zu erstattenden Bericht jeweils auch dem Bundesrat vorzulegen.

Der Ausschuß für wirtschaftliche Angelegenheiten stellt diesbezüglich den Antrag, dieser Entschließung die Zustimmung zu geben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Bösch. – Bitte.

10.51

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Mit diesem Mineralrohstoffgesetz wollen die Regierungsparteien heute ein Gesetz beschließen, das nach unserem Dafürhalten in keiner der beabsichtigten Richtungen auch nur ansatzweise die Erwartungen der Betroffenen erfüllen kann. Sie setzen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, damit die Kette Ihrer panischen Anlaßgesetzgebung nahtlos fort. Das tragische Grubenunglück in Lassing, Herr Minister, hat Sie dazu verführt, das Berggesetz, über dessen Erneuerung schon seit längerem diskutiert wird, nunmehr in aller Eile zu novellieren und in weiterer Folge alle Kinder mit dem Bade auszuschütten.

Entweder haben Sie mit Ihrem Koalitionspartner nicht ausreichend verhandelt, oder das Gesetz ist wirklich schlecht geworden. Ersteres, Herr Bundesminister, ist fast auszuschließen, weil die SPÖ-Nationalräte, zumindest diejenigen, die im Saal waren, diesem Gesetz zugestimmt haben. Zweiteres, nämlich daß das Gesetz schlecht ist, muß Realität sein, weil es sonst keine andere Begründung für die Tatsache, daß acht verdiente und profilierte Mitglieder Ihres Nationalratsklubs gegen dieses Gesetz gestimmt haben, geben kann.

Diese Abgeordneten, Herr Minister, haben erkannt, daß dieses Gesetz schlecht ist. Durch dieses Mineralrohstoffgesetz werden nicht nur bei klein- und mittelständischen Unternehmen Arbeitsplätze gefährdet sein, sondern auch die Anrainerinteressen nicht oder nur zum Teil wahrgenommen werden können. Die Übertragung der Verantwortung bei Schottergruben an die Bezirkshauptmannschaften beziehungsweise an die Arbeitsinspektorate bedeutet einen Millionenaufwand im Bereich der Verwaltung und in Zukunft auch weniger kompetente Beiträge bei den Verhandlungen.

Meine Damen und Herren des Bundesrates! Wir haben eine Stellungnahme der Kärntner Landesregierung bekommen, datiert vom 10. Dezember. Darin wird auf die Beschlüsse und die Verhandlungen in der Landeshauptleutekonferenz reflektiert und auch festgestellt, daß sich die Landeshauptleutekonferenz schon im November mit der Vorlage befaßt hat. "Dabei", so wird in dieser Stellungnahme geschrieben, "wurden zwar die Intentionen der Regierungsvorlage grundsätzlich begrüßt, es wurde jedoch gleichzeitig darauf hingewiesen, daß sie noch einer sorgfältigen Überarbeitung bedürfe. In der vorgeschlagenen Fassung würde ihr Inkraftsetzen mit 1. Jänner 1999 die Landesverwaltungen vor unlösbare Probleme stellen. Es wurde daher das Ersuchen ausgesprochen, bei der Behandlung der Regierungsvorlage im Nationalrat die in einer gemeinsamen Länderstellungnahme angeführten Bedenken zu berücksichtigen und insbesondere einen späteren Zeitpunkt für das Inkrafttreten festzusetzen."

Bedauerlicherweise mußten die betroffenen Ämter der Landesregierung aber feststellen, daß diese Beschlüsse und Anregungen weitestgehend – nicht zur Gänze, aber weitestgehend! – unberücksichtigt blieben.


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Ich zitiere weiter: "In der gemeinsamen Länderstellungnahme wurde darauf hingewiesen, daß durch die geplante Übertragung der grundeigenen mineralischen Rohstoffe in die mittelbare Bundesverwaltung bei den Bezirksverwaltungsbehörden und beim Landeshauptmann mit 1. Jänner 1999 eine beträchtliche Anzahl neuer Verfahren und Aufgaben anfallen würde. 950 der rund 1 000 österreichweiten Bergbaubetriebe würden in den Anwendungsbereich der mittelbaren Bundesverwaltung fallen. Nachdem die Landesverwaltung weder über entsprechend qualifiziertes Personal noch über einen einschlägigen Sachverständigenapparat verfügt, mußte in der Länderstellungnahme darauf hingewiesen werden, daß eine Vollziehung bereits am 1. Jänner 1999 nicht gewährleistet werden kann. ...

Abgesehen vom Fehlen des erforderlichen Fachpersonals wurde in der Länderstellungnahme eine entsprechende Legisvakanz auch deshalb für notwendig erachtet, weil in der Landesverwaltung bislang Informationen über die Versorgungssituation ... in aktueller Form nicht vorhanden sind und sie auch bis zum Jahresende nicht herstellbar sind.

Im Gesetzesbeschluß des Nationalrates wurde auch dem Ersuchen der Landeshauptleutekonferenz, die in dieser gemeinsamen Stellungnahme angeführten sonstigen Bedenken zu berücksichtigen, nicht entsprochen. Weder die zur Abkehr vom derzeitigen Prinzip eines zweigliedrigen Instanzenzuges aufgezeigten nachteiligen Konsequenzen noch die angesprochenen Probleme, die die fehlende Flexibilität bei der gesetzlichen Umschreibung der generellen Abbauverbotsbereiche auslösen, wurden berücksichtigt. ... In gleicher Weise negiert wurde die Forderung nach Einräumung einer umfassenden Parteistellung für Länder und Gemeinden, vor allem auch in bergrechtlichen Verfahren, die weiterhin von den Bundesbehörden vollzogen werden." – Soweit also die Stellungnahme des Amtes der Kärntner Landesregierung.

Meine Damen und Herren! Sie sehen also, daß all das nicht nur ein Oppositionsgerede ist, wenn wir gegen dieses Gesetz hier heute Stellung beziehen.

Meine Damen und Herren Bundesräte! Sie alle können diesem Gesetz dreimal nicht zustimmen: zum einen als Vertreter der Länderinteressen, zum anderen als Vertreter einer arbeitsplatz- und wirtschaftsfördernden Politik, zu der wir uns alle bekennen, und zuletzt auch als Vertreter der Anrainer- und Umweltinteressen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir Freiheitlichen, meine Damen und Herren, werden diesem Gesetz nicht zustimmen. Wir werden Einspruch erheben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.57

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ludwig. – Bitte.

10.57

Bundesrat Dr. Michael Ludwig (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir behandeln heute eine Gesetzesvorlage, die viele Monate hindurch sehr intensiv diskutiert und behandelt wurde. Es hat sich dabei gezeigt, daß das alte Berggesetz, die darin festgelegte Bergbehörde mit den sechs Berghauptmannschaften zweifellos nicht mehr zeitgemäß sind, und es deshalb besser ist, statt einer Novellierung des alten Berggesetzes ein modernes, ein neues Gesetz, nämlich das Mineralrohstoffgesetz, zu beschließen.

Durch diesen Beschluß wird der Schotter- und Kiesabbau grundlegend neu gestaltet. Das Mineralrohstoffgesetz enthält im wesentlichen zwei Regelungsbereiche, nämlich zum ersten die grundeigenen mineralischen Rohstoffe, das sind im wesentlichen Sand, Schotter und Kies, und zum zweiten die bergfreien und bundeseigenen Rohstoffe sowie alle untertägigen Bergbaue, auch wenn es sich dabei um grundeigene Rohstoffe handelt.

Im neu vorliegenden Gesetzentwurf sind allerdings auch die Zuständigkeiten effizienter geregelt, wie ich meine, auch besser geregelt. Für grundeigene Rohstoffe wird in Zukunft in erster Instanz die Bezirkshauptmannschaft und in zweiter Instanz der Landeshauptmann zuständig sein. Für


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bergfreie und bundeseigene Rohstoffe und alle untertägigen Bergbaue wird der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten die Verantwortung tragen.

Besonders wichtig erscheint mir in dieser neuen Gesetzesvorlage allerdings die Neuregelung der Parteistellung. Kollege Bösch, da kann ich Ihrer Argumentation überhaupt nicht folgen, denn das neue vorliegende Gesetz sieht eigentlich eine verbesserte Form der Parteistellung vor und nicht, wie Sie gesagt haben, eine Reduzierung der Möglichkeiten der Anrainer. Das Gegenteil ist der Fall: Im Mineralrohstoffgesetz wird erstmals im Unterschied zum Berggesetz festgelegt, daß Länder, Gemeinden, aber auch die Anrainer Parteistellung haben und – was für uns auch besonders wichtig ist; das hat sich auch in den Gesprächen mit den Bürgermeistern gezeigt – daß auch die Nachbargemeinden eine Parteistellung bekommen. Denn es geht uns nicht nur um die Umweltbedingungen und die Bedingungen für die Anrainer in der betroffenen Gemeinde, sondern auch um die Bewohner jener Gemeinden, die durch den ständigen LKW-Verkehr in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt werden. Ich denke daran, daß beispielsweise bei einer größeren Schottergrube Hunderte Tonnen von Schotter mit LKWs abtransportiert werden und es dadurch zu einer erhöhten Schadstoffemission kommt, aber natürlich auch zu einer erhöhten Verkehrsbelastung.

Daß diese Anrainergemeinden ebenfalls Parteistellung haben, ist für mich ein deutlicher Qualitätsvorteil gegenüber dem bestehenden Berggesetz, und ich sehe im Unterschied zu Ihnen eigentlich eine Verbesserung der Anrainermöglichkeiten aufgrund der bestehenden Gesetzeslage.

Ein Ziel dieses Gesetzes ist unbestritten, nämlich: einen besseren Schutz für die Menschen durch mehr Rechte für Anrainer und Gemeinden zu erreichen. Dies wird allerdings auch die Abbauverbotszonen erreicht. Es gibt Abbauverbotsgebiete. Das sind jene Gebiete, die nach den Flächenwidmungsplänen der Gemeinden als Wohngebiete, Bauhoffnungsgebiete und Gebiete für Kindereinrichtungen, Kindergärten, Spitäler, Schulen, Kirchen, Friedhöfe und andere schützenswerte Einrichtungen festgelegt sind. Um diese Gebiete wird es eine Schutzzone von 300 Metern geben. Diese Schutzzone darf nur unterschritten werden, wenn die Gemeinde dies im Flächenwidmungsplan vorsieht oder die Grundeigentümer und die Gemeinde zustimmen. In jedem Fall ist ein Mindestabstand von 100 Metern zu den Wohngebieten einzuhalten; diese 100 Meter-Schutzzone darf auch nicht unterschritten werden.

Es wurden aber auch Abbauverbotsgebiete ohne Schutzzonen eingezogen, nämlich überall dort, wo die Länder – und da hat Kollege Bösch uns als Ländervertreter ja besonders angesprochen, und auch ich meine, daß dieser Punkt besonders wichtig ist – Naturschutzgebiete eingerichtet haben, Nationalparks oder Ruhegebiete oder, wie bei uns in Wien, einen Wald- und Wiesengürtel. Diese besonders schützenswerten Gebiete sollen ebenfalls in diese Abbauverbotsgebiete miteinbezogen werden.

Ein weiteres Anliegen ist gerade uns Sozialdemokraten allerdings auch die Sicherung von Arbeitsplätzen, und dieses scheint mir durch dieses neue Gesetz ebenfalls sehr gut gelöst zu sein. Um Arbeitsplätze nicht zu gefährden, gibt es eine Sonderregelung für bestehende Schotter- und Kiesgruben. Diese bestehenden Abbauarbeiten können auch innerhalb der 300 Meter-Zone durchgeführt werden. Es ist also kein bestehender Betrieb in seiner Existenz bedroht, und ist der weitere Abbau in Richtung der Wohngebiete vorgesehen, so ist dafür eine Flächenwidmung durch die Gemeinde notwendig.

In Österreich gibt es derzeit, Herr Bundesminister, in etwa 900 offene Verfahren, die noch von der Bergbehörde abgewickelt werden, der Bergbehörde als der Einrichtung, die in dieser Übergangszeit noch für die Betreuung dieser Materie verantwortlich sein wird, weil die Bezirkshauptmannschaften erst für die neuen Verfahren die Verantwortung tragen werden. Aufgrund dieser Regelung werden die bisherigen Bergbehörden erst in zwei Jahren aufgelöst. Prinzipiell sind die Bezirkshauptmannschaften auch deshalb geeignete Einrichtungen zur Betreuung dieser Gesetzesmaterie, weil der Bezug zum Bürger, zu den Bürgerinnen ein intensiverer, weil unmittelbarerer ist. Das deckt sich, so meine ich, auch mit unseren föderalistischen Ansichten.


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Der Bergbaubetrieb, insbesondere der Steinbruch und die Schottergrube, benötigte im Unterschied zu anderen Gewerbe- oder Industriebetrieben keine Widmung als Abbaugebiet, aber er darf nicht durch andere Widmungen, wie zum Beispiel als Wohngebiet, Naturpark oder als eine von mir bereits erwähnte Schutzzone von 300 m, ausgeschlossen sein. Das ist noch immer ein deutlicher Vorteil gegenüber anderen Industrie- und Gewerbebetrieben. Deshalb ist ja eine Regelung über die Gewerbeordnung in diesem Fall auch nicht notwendig und finden gerade auch die Schotter- und Kiesunternehmer nach wie vor eine sehr viel günstigere Situation vor. Diese Situation wird mit diesem neuen Gesetz noch bestätigt.

Das vorliegende Gesetz ist ein Kompromiß. Man versucht, sehr unterschiedliche Interessen miteinander zu verknüpfen. Kollege Bösch hat ja bereits die Interessen der Anrainer und die Interessen der Wirtschaft angesprochen. Das ist richtig, denn auch das sind zwei sehr wichtige Interessenspunkte. Aber ich glaube, daß diese Interessen mit diesem Gesetz sehr gut verknüpft worden sind, daß die Sicherheit der Menschen, die Sicherheit der Anrainer gewährleistet ist, daß die urbane Entwicklung der Gemeinden sichergestellt ist und daß mit diesem Gesetz auch der Wirtschaftsstandort Österreich unterstützt wird.

In diesem Sinne werden wir gegen diesen Gesetzesvorschlag keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der SPÖ.)

11.05

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Missethon. – Bitte.

11.05

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das heute zu beschließende Mineralrohstoffgesetz sollten wir doch noch einmal zum Anlaß nehmen, um eine differenzierte Diskussion zu führen.

Herr Minister! Gestatten Sie mir noch kurz einen Rückblick auf Lassing, und zwar ganz bewußt aus einer Position, in der ich mir nicht anmaßen möchte, ein Urteil zu fällen, sondern aus der Position dessen, der das via Medienberichterstattung verfolgt hat. Jeder von uns hier im Hohen Haus hat die Fernsehbilder noch in Erinnerung: Fassungslosigkeit, Wut, Trauer, Hoffnung und Enttäuschung bei den Betroffenen war in Minuten- und Stundenabständen zu sehen. Ebenso zu sehen war höchste Anspannung, physische und körperliche Belastung bei den Verantwortlichen, die für die Bohr- und Bergemaßnahmen zuständig waren, und man wußte auch um die schwierige Situation der Politiker, das Unerklärbare in der Öffentlichkeit zu erklären.

Herr Minister! Ich möchte Ihnen meinen besonderen Respekt für Ihre Tätigkeiten vor Ort ausdrücken, und ich möchte auch meiner Landeshauptfrau Waltraud Klasnic danken, daß sie mit Gefühl für die Situation und für die Menschen vor Ort war und auch in dieser Situation Worte gefunden hat. (Bundesrat Dr. Tremmel: Die heilige Barbara!)

Die Tragödie von Lassing war aus meiner Sicht, sehr geehrte Damen und Herren, ein wesentlicher Anlaß für dieses Gesetz. Und ich gebe Ihnen recht, Herr Kollege Bösch, daß Lassing sehr wohl auch ein Anlaß dafür war, in diesem Hohen Haus darüber zu diskutieren, ob die gesetzlichen Rahmenbedingungen passen, ob die Behördenstrukturen passen. Wir sollten darüber diskutieren und das reflektieren.

In der Diskussion um diese Gesetzwerdung möchte ich aber doch auf eine Differenz hinweisen, und zwar auf die Differenz zwischen dem Abbau ober Tage und dem Abbau unter Tage. Eine einschneidende Novellierung des Gesetzes hat es 1990 mit der Hereinnahme der – salopp formuliert – Schotterbetriebe gegeben. Da wurde aus meiner Sicht eine Vermischung zugelassen, die mit fachlicher Kompetenz nicht zu erklären ist. Was suchen die Massenrohstoffe im Berggesetz? Die Massenrohstoffe gehören aus meiner Sicht in das Gewerberecht. Da geht es um Rechte der Wirtschaftstreibenden, da geht es um Rechte der Mitarbeiter, da geht es um Rechte der Anrainer, der Nachbarn, und da ist auch der Arbeitnehmerschutz sehr klar geregelt.


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Grundsätzlich halte ich die gesetzlichen Grundlagen für in Ordnung. Gravierende Auswirkungen hat aber diese Nicht-Differenzierung vor allem beim herkömmlichen, klassischen Bergbau. Das Berggesetz hat über Jahrhunderte als Richtlinie für den untertägigen Abbau von Rohstoffen in unserem Lande gedient. Die Behörden hatten und haben noch immer ein hohe Akzeptanz bei den Betrieben – nicht nur als Kontrollorgan, sondern auch in beratender Funktion mit hoher Sachkompetenz. Wir haben es auch im Spektrum der Ausbildung der Angehörigen dieser Behörden mit einer Verknüpfung von Geologietechnik und Sicherheit bei der Mineralrohstoffgewinnung zu tun, oder, wie es der renommierte Professor für Bergbau, Günter Fettweiß, gesagt hat, hier geht es um das System Mensch, Maschine, Natur.

Lassen Sie mich ganz kurz auf wesentliche Kritikpunkte, mit denen diese Behörden immer wieder konfrontiert waren, eingehen, nämlich auf das Recht auf Enteignung und auf die Nicht-Parteistellung. Es hat Hunderte Verfahren gegeben, die im Einvernehmen mit Gemeinden, Behörden und Betrieben abgewickelt wurden; das muß man auch ganz klar hier feststellen. Und ich möchte an dieser Stelle aus den Ausführungen des Abgeordneten Kummerer anläßlich der Nationalratsdebatte am 4. Dezember zum Mineralrohstoffgesetz zitieren: Ich habe im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit, so sagt er, pro Jahr etwa 250 bergbehördliche Verhandlungen abzuführen gehabt. Ich habe die Bergbehörde mindestens zwei- bis dreimal pro Woche im Betrieb. Ich habe mit der Bergbehörde den Arbeitnehmerschutz und den Schutz der Arbeitnehmer im betriebsärztlichen Dienst durchzuführen gehabt. Ich kann aus meiner Erfahrung sagen, daß bei über 1 000 bergbehördlichen Entscheidungen, die erlassen wurden, die Anzahl der Beeinspruchungen sehr gering war, und zwar nicht aus dem Grund, weil es keine Parteistellung gab, sondern weil die Bescheide gut vorbereitet waren.

Ähnliches kann ich auch aus der Berghauptmannschaft Leoben berichten. Die Berghauptmannschaften, die mit der Vollziehung der Bundeskompetenz Bergwesen betraute Behörde, sind mit umfassenden Kompetenzen auch auf dem Gebiet des Baurechtes, des Betriebsanlagenrechtes und des Arbeitnehmerschutzes ausgestattet. Der Gesetzgeber hat die Bergbehörden aus gutem Grund mit diesen Befugnissen ausgestattet und damit der schwierigen, gefahrvollen bergmännischen Tätigkeit in besonderer Weise Rechnung getragen. Die Bergbehörden reagieren sehr rasch und nehmen grundsätzlich bei Entscheidungen über Bau- und Errichtungsgenehmigungen sowie über Betriebsbewilligungen auch die Frage des Arbeitnehmerschutzes als wesentliche Kernfrage vorweg.

Es kann sein, Herr Bundesminister, daß Beamte der Berghauptmannschaft Leoben im Zusammenhang mit Lassing Verfehlungen begangen haben; das wird die Staatsanwaltschaft zu klären haben. Sie, Herr Bundesminister, haben zur Klärung der Ursachen des Bergwerksunglücks und der Verbesserung des Rettungswesens im Bergbau dankenswerterweise eine Expertenkommission eingesetzt. Diese Expertenkommission hat folgende Fragen zu beantworten:

Die Kommission wird ersucht, die Vorgänge im Zusammenhang mit der Rettung beziehungsweise Bergung für den Zeitraum 17. Juli 1998 bis 15. August 1998 zu untersuchen und dabei zu evaluieren, ob unter den gegebenen Umständen die gesetzten Maßnahmen zielführend und ausreichend waren. Es wird um Prüfung der Frage ersucht, in welcher Weise eine stärkere Koordination des Grubenwehrwesens auf europäischer Ebene bis hin zur Schaffung einer zentralen Grubenwehr mit den erforderlichen Gerätschaften und dem erforderlichen Einsatzpersonal erfolgen könnte.

Nach Vorliegen des Ergebnisses der von der Staatsanwaltschaft veranlaßten Untersuchung über die Ursachen des Grubenunglücks wird die Kommission ersucht, Feststellungen zur Kausalität des Unglücks aus ihrer Sicht zu treffen. Ich meine, daß die Antworten der Expertenkommission noch ein wesentlicher Input für das Gesetz sein können.

Im Zuge der Gestaltung des Mineralrohstoffgesetzes und der Nichtdifferenzierung zwischen obertägigem und untertägigem Abbau wurde der Arbeitnehmerschutz den Arbeitsinspektoraten zugeordnet. Ich halte das für die Bergwerke nicht für zielführend. Arbeitnehmerschutz ist vor allem durch bauliche Maßnahmen sicherzustellen. Es ist ein verstärktes Engagement der Be


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triebsräte und der Gewerkschaften auch hier erforderlich, eine Zusammenarbeit auch mit jenen Leute, die täglich ins Bergwerk fahren und die Gegebenheiten am besten kennen müßten.

Der Arbeitnehmerschutz in Bergwerken ist von der fachlichen Kompetenz her nicht vergleichbar mit den Verfahren in Gewerbebetrieben. Es steht heute noch ein Beschluß betreffend ein Übereinkommen über den Arbeitsschutz in Bergwerken auf der Tagesordnung, über den wir später gesondert diskutieren werden. Die Oberste Bergbehörde war der Auffassung, daß man diesen Beschluß ohne weiteres ratifizieren könnte, also die Inhalte des Arbeitnehmerschutzes sind meines Erachtens ausreichend. Die waren auch gut bei den Berghauptmannschaften aufgehoben.

Ich möchte noch einen weiteren Aspekt der Bergbaubetriebe mit einbringen. Für die Betriebe ist es notwendig, vor Ort Behördenansprechpartner zu haben. Das möchte ich vor allem als Steirer betonen, weil wir in der Steiermark noch sehr viele Bergwerke haben, und man dort große Sorge hat, daß diese Vor-Ort-Strukturen nicht vorhanden sind. Im Sinne der Sicherheit für die Betriebe fordere ich Sie, Herr Bundesminister auf, dezentrale Einheiten für ein rasches Agieren vor Ort einzurichten.

Lassen Sie mich zusammenfassen: Grundsätzlich bin ich mit den inhaltlichen Regelungen für den Bereich Schotter zufrieden, weil die Rechte der Anrainer, Gemeinden und so weiter wesentlich gestärkt werden. Ich bin auch mit der Gestaltung des Instanzenweges zufrieden, allerdings gehören diese Betriebe meines Erachtens in die Gewerbeordnung.

Beim klassischen Bergbau sehe ich doch wesentliche ungeklärte Punkte: keine definierten Strukturen vor Ort, Auslagerung des Arbeitnehmerschutzes, und der Zeitdruck hat meines Erachtens auch verhindert, daß wesentliche Erkenntnisse der Expertenkommission noch in dieses Gesetz miteinfließen können.

Unter dem Eindruck, daß doch noch einiges an Klarheit und Diskussion für die Freigabe des Gesetzes notwendig wäre, werde ich diesem Gesetz nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.15

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Weilharter.

11.16

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat es schon anklingen lassen: Der Änderung des Bergrechts geht ein sehr trauriges Ereignis in der Steiermark voraus, nämlich – es wurde schon gesagt – das Grubenunglück von Lassing. Ich meine, diese Katastrophe, dieses traurige Ereignis hat sicherlich viele wachgerüttelt.

Meine Damen und Herren! Das vorliegende Mineralrohstoffgesetz wird uns aber nicht weiterbringen, es wird den Betroffenen keine Hilfestellung, keinen Trost geben können, sondern, wie es in der Politik so oft der Fall ist, es ist eigentlich nur ein Pseudoschritt, ein Anlaßschritt, und vor allem ist es ein Schritt in die falsche Richtung. Es hat mein Fraktionskollege Dr. Bösch schon angekündigt, daß wir von der freiheitlichen Fraktion daher einen Einspruch erheben werden, den ich wie folgt begründe:

Die Landesverwaltungen werden vor unlösbare Probleme gestellt, da einerseits die personellen und andererseits die finanziellen Potentiale und Ressourcen auf Länderebene fehlen. Das heißt, die Länder haben weder die erforderlichen Fachkräfte noch das erforderliche Fachpersonal noch das notwendige Geld für die Umsetzung des Mineralrohstoffgesetzes.

Meine Damen und Herren! Allein das Faktum, und das wurde auch schon gesagt, daß 95 Prozent – und in der Fragestunde habe ich auch den Minister dazu befragt – der Verfahren in die mittelbare Bundesverwaltung fallen, spricht dafür, daß es den Regierungsparteien völlig egal ist,


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wie die Länder mit der Durchführung, mit der Vollziehung dieses Mineralrohstoffgesetzes zu Rande kommen.

Es gab auch im Ausschuß – zum Unterschied von Ihren Ausführungen, Herr Minister, Sie haben gemeint, bezüglich der Finanzierung werden Sie auf beiden Ohren taub sein – den Hinweis, daß die notwendigen Mittel für die Länder im Zuge des Finanzausgleiches lukriert werden sollen.

Meine Damen und Herren! Allein der Hinweis, daß die Mittel im Zuge des Finanzausgleiches verhandelt und abgegolten werden sollen, ist wohl der Gipfel einer Verhöhnung der Länder. Sie wissen genau, wie schwierig das ist, und Sie wissen genau, wie weit die Finanzausgleichsverhandlungen gediehen sind.

Meine Damen und Herren! Eine nicht unwesentliche Zeitung hat am 28. Oktober 1998 getitelt: Steirer drohen mit Klage wegen Finanzen. – Ich zitiere wörtlich: Der Steiermark steht ein Aderlaß bevor. Landeshauptfrau Klasnic fordert eine Reform des zutiefst ungerechten Aufteilungsschlüssels der Steuergelder. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Das ist der Versuch des permanenten Brechens der Bund – Land – Vereinbarung, das ist der Versuch des Ignorierens des Konsultationsmechanismus, und das ist eine unübliche Vorgangsweise im Zuge der Auf- und Vorbereitung dieses Gesetzes, da eben die Länderstellungnahmen, wie wir auch schon gehört haben, weder zur Gänze eingeflossen sind noch entsprechend berücksichtigt wurden.

Und es ist diese Vorgangsweise auch verfassungsmäßig bedenklich. Meine Damen und Herren! Es ist das schlicht und einfach der Versuch eines "Darüberfahren" über die Länderinteressen, über die Landeshauptleutekonferenz.

Aus diesen Gründen bringe ich folgenden Antrag ein:

Antrag

der Bundesräte Weilharter, Dr. Bösch, Dr. Harring, Dr. Tremmel, Ram, Mag. Scherb und Kollegen auf Einspruch des Bundesrates gegen einen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 42 B-VG, eingebracht im Zuge der Beratungen über das Mineralrohstoffgesetz

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Gegen den Beschluß des Nationalrates vom 4. 12. 1998 betreffend ein Bundesgesetz über mineralische Rohstoffe, über die Änderungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes und des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 (1428 und 1527 der Beilagen), wird gemäß Artikel 42 B-VG Einspruch erhoben."

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.21

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Der von den Bundesräten Weilharter, Dr. Bösch, Dr. Harring, Dr. Tremmel und Kollegen eingebrachte Antrag, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates Einspruch zu erheben, samt der gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates beigegebenen Begründung, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Weiters zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

11.21

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Hoher Bundesrat! Es sind hier Worte gefallen, die ich nicht unwidersprochen im Raum stehen lassen kann, wie zum Beispiel Verhöhnung der Länder. Erstens darf ich allen Mitgliedern des Bundesrates in


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Erinnerung rufen, daß es die Länder waren, die vom Bund verlangt haben, daß ihnen Verfahren übertragen werden. Wenn das eine Verhöhnung der Länder ist, bitte, dann spreche ich ein anderes Deutsch.

Zweitens: Aufgrund der Verlangen der hier zitierten Stellungnahmen von Ländern wurde die Übergangsregelung derart geändert, daß es eine zweijährige Übergangsfrist gibt. Ich habe in meiner Anfragebeantwortung schon gesagt, daß der Rückstau an Altverfahren von den Berghauptmannschaften abgearbeitet wird. Was dann an neuen Verfahren und in der Übergangsphase an Gewinn, Betriebsgenehmigungen und so weiter kommt, was phasenweise das Anlernen der BHs ausmacht, das alles mit einer Explosion der Verwaltungskosten zu bezeichnen, dazu würde ich wirklich sagen: Bitte, schauen Sie sich die Sache im Detail an! Das stimmt schlicht und einfach nicht. (Bundesrat Weilharter: Sagen die Landeshauptleute!)  – Bitte, Sie haben den Gesetzentwurf vorliegen, dort steht es so drinnen. Sie können sich da bei den BHs erkundigen.

Drittens: Was wirklich bleibt, ist, daß man sich am Schluß, nach der Abwicklung von 900 Altverfahren, anschaut, wie viele Neuverfahren es dann geben wird, wobei wir wissen, daß zum Teil über Aufforderung alle möglichen zukünftigen Bräuchte noch unter der Geltung des alten Gesetzes angemeldet worden sind. Daher bitte ich, zur Kenntnis zu nehmen, daß dem nicht so ist. Außerdem ist die Regierung davon ausgegangen, da wir keinen Konsultationsmechanismus in Gang gesetzt haben, daß, wenn Mehrkosten anfallen, der Finanzminister dafür zu prästieren hat; daher meine Erklärung zuerst im Detail.

Ich möchte auch nochmals – nicht, um Sie aufzuhalten – folgendes sagen: Der Großteil des Gesetzentwurfes stammt in seiner Grundkonzeption aus der Zeit vor Lassing. Der Lassing-Zuschlag in diesem Gesetz besagt meines Wissens die deutliche Trennung der Kompetenzen, also im Prinzip untertägiger und obertägiger Bergbau.

Der zweite Punkt betrifft die Neustrukturierung der Verwaltungsbehörden, nämlich der Bergbehörde in eine eininstanzliche Montanbehörde.

Der dritte Punkt ist die Übertragung der Verantwortung für die Arbeitnehmerschutzinteressen an das Arbeitsinspektorat. Das ist der Lassing-Zuschlag in diesem Gesetzentwurf.

Alle anderen Dinge, daß es einen anderen Schutz der Nachbarn, der Gemeinden, der Verkehrssituation geben muß, waren bereits Diskussionsgegenstand – und auch in meinem Entwurf enthalten –, bevor es zum Unglück in Lassing gekommen ist.

Daher bitte ich nochmals zu bedenken: Es geht hier um einen sehr sanften Übergangsprozeß, bei dem aber sichergestellt ist, daß alle alten Verfahren den neuen, strengeren Ansprüchen an den Umweltschutz im Sinne von Anrainern, Gemeinden und der Verkehrssituation gerecht werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.24

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Repar. – Bitte.

11.24

Bundesrat Mag. Harald Repar (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Grundsätzlich möchte ich einmal feststellen, daß der Weg vom bisherigen Berggesetz zum neuen Mineralrohstoffgesetz einen großen Fortschritt darstellt. Ich glaube, es ist mit der vorliegenden Novelle gelungen, einen Kompromiß zwischen der wirtschaftlich notwendigen Rohstoffgewinnung einerseits und den legitimen Umwelt- und Anrainerinteressen andererseits zu finden. Dieser Kompromiß ist wie bei allen Fragen, in denen es zur Konfrontation zwischen Umweltschutz und Wirtschaftsinteressen kommt, nicht immer sehr leicht gewesen. Mit dem neuen Gesetz ist es aber meiner Meinung nach gelungen, einen gangbaren Mittelweg zu finden.


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Als Sozialdemokrat ist es mir ganz besonders wichtig, daß das von seiten der Rohstoffgewinnungsunternehmungen vorgebrachte Argument – und auch heute hier angesprochene Argument der Opposition – der Arbeitsplatzvernichtung durch das neue Gesetz in der Realität nicht zutrifft. Wegen des neuen Gesetzes muß kein Betrieb zusperren, und es werden auch keine Arbeitsplätze verlorengehen. Das ist die Realität, wie sie sich uns darstellt. Anders lautende Argumente dienten wohl nur dazu, im Zuge der Diskussion um das Gesetz zugunsten der Unternehmensinteressen einseitig Druck auszuüben. Dabei ist die Drohung mit Arbeitsplatzverlust natürlich eine schwerwiegende.

Der gefundene Kompromiß ist jedoch bei näherer Betrachtung auch für die betroffenen Unternehmungen akzeptabel, wobei sie sich nunmehr auf konkret definiertem gesetzlichen Boden bewegen können. Doch auch die gegenteilige Extremsituation, wonach Umweltinteressen zu kurz gekommen seien, trifft nicht zu. Ganz im Gegenteil wurde sowohl Umwelt- als auch Bürgerinteressen ein höherer Stellenwert eingeräumt, als es bisher der Fall gewesen ist. So hatten bisher Gemeinden weder Parteistellung noch Mitspracherecht noch sonstige Rechte, wenn es um die Genehmigung von Schotterabbau in der Gemeinde ging.

Mit dem neuen Mineralrohstoffgesetz bekommen Gemeinden nunmehr Parteistellung in den wesentlichsten Verfahren; gleiches gilt für die Anrainer und das Land. Dabei wurde die Parteistellung sogar auf die Nachbargemeinden ausgedehnt, welche durch den Abtransport des gewonnenen Materials oft noch wesentlich stärker belastet sind als die Abbaugemeinden selbst. Auch die Nachbargemeinden haben nunmehr Parteistellung.

Aber ganz besonders positiv finde ich die neue Regelung, wonach die Betriebe für den Abtransport der Materialien aus der betroffenen Gemeinde ein Konzept vorzulegen haben. Dies ist deshalb von besonderer Bedeutung, da die schlimmste Belastung sehr oft durch den regen LKW-Verkehr von und zu den Abbaugebieten gegeben ist.

Nicht unerwähnt bleiben darf auch das Thema Arbeitnehmerschutz. Dieser ist sowohl im Ober- als auch im Untertagebau durch das neue Gesetz zur Gänze bei den Arbeitsinspektoraten angesiedelt. Das war eine zentrale Forderung der SPÖ im Sinne eines besseren Schutzes der betroffenen Arbeitnehmer. Ich bin sehr froh darüber, daß es uns gelungen ist, den verbesserten Arbeitnehmerschutz letztendlich auch im neuen Gesetz durchzusetzen.

Zusammenfassend bin ich der Meinung, daß das Mineralrohstoffgesetz eine mehr als schwierige Aufgabe meistert. Es ist gelungen, wirtschaftliche Interessen, Umweltschutzinteressen, Anrainerinteressen und Gemeindeentwicklungsinteressen unter einen Hut zu bekommen.

Als besonders fortschrittlich erachte ich den vorgegebenen Weg einer Kooperation zwischen Betrieben, Anrainern und Gemeinden. Dadurch schafft das neue Gesetz einen wichtigen Kompromiß zwischen zwei Interessenslagen, die sich ansonsten nur allzu oft unversöhnlich gegenüberstehen, nämlich Wirtschaft und Umweltschutz.

Aufgrund der angeführten Argumente wird meine Fraktion keinen Einspruch gegen den vorgelegten Gesetzentwurf erheben. (Beifall bei der SPÖ.)

11.28

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Weiss. – Bitte.

11.28

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzesbeschluß ist der an sich sehr notwendige Versuch, den bestehenden Problemüberdruck im Bereich des Bergwesens und des Schotterabbaues zu beseitigen. Das Unglück in Lassing war ja nur der berühmte Tropfen, der das ohnedies schon volle Faß zum Überlaufen gebracht hat. Es ist bedauerlich, daß es eines solch tragischen Auslösers für diese Diskussion bedurft hat. Der vor Lassing vorgelegte Regelungsentwurf ging ja noch in eine ganz andere Richtung, nämlich in eine ganz massive


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Stärkung der Bergbehörden, denen man auch die Zuständigkeit für die – ich sage das jetzt vereinfacht – Kiesgruben von den Bezirkshauptmannschaften weg hätte übertragen wollen.

Was wir heute beschließen, ist die Sanierung früherer Fehlentwicklungen gesetzgeberischer Art und ist auch die Reaktion auf Reformresistenz der Bergbehörden.

Zunächst zum ersten Bereich: die Bergbehörden. Es liegt ja schon längere Zeit zurück, daß von einzelnen Bundesländern, aber auch von anderer Seite die Auflösung dieser überkommenen, traditionellen Behördenstruktur gefordert wurde – aus verschiedenen Gründen, zu denen nicht zuletzt auch das Verhalten mancher Bergbehörden beigetragen haben mag. Es kommt nicht von ungefähr, daß man den Bergbehörden etwas salopp nachsagt, die "Herrenreiterei" der Verwaltung gewesen zu sein. In meinem Bundesland selbst gibt es keine Bergbehörde, und ich kann daher aus eigener Wahrnehmung nichts dazu sagen, aber das war ein Kritikpunkt, dem man sich jetzt gestellt hat. Ich halte es für sehr beachtlich, daß der Herr Bundesminister den Mut gefunden hat, in diesem Bereich einmal für frische Luft zu sorgen. Das ist ein ganz wesentlicher Reformschritt.

Zum zweiten Bereich: die Sanierung früherer gesetzgeberischer Fehlentwicklungen. Diese fingen damit an, daß man begonnen hat, das Bergrecht über das Raumordnungsrecht der Gemeinden zu stellen und Parteirechte zurückzudrängen. In der Berggesetz-Novelle 1990 wurde auch eine Verlagerung von Schotterabbaubetrieben aus der Gewerbeordnung weg hin zu den Bergbehörden beschlossen und damit sind eigentlich erst diese zahlreichen Probleme mit den Gemeinden, mit den Anrainern und so weiter entstanden.

Ich stimme Herrn Kollegen Missethon voll und ganz zu, daß diese Vermischung von klassischer Bergbautätigkeit und Schotterabbau, der eher raumordnungsrelevante Auswirkungen und Auswirkungen auf die Verkehrsgestaltung in der Umgebung hat, von vornherein eine komplizierte gesetzgeberische und verwaltungsorganisatorische Schwierigkeit mit sich bringt, die nicht sehr befriedigend sein kann – bei allem Bemühen der Betroffenen.

Durch den bestehenden und aktualisierten Handlungsdruck war es natürlich verständlich, daß das Ministerium rasch und ausnahmsweise ohne Begutachtungsverfahren einen Entwurf auf den Weg gebracht hat, wobei man natürlich davon ausgehen konnte, daß es im parlamentarischen Prozeß, so wie bei anderen Gesetzen auch, die erforderlichen Konsultationen gibt, daß das also nachgeholt wird. Das ist leider weitgehend unterlassen worden; das haben die Länder auch nachdrücklich kritisiert, weil sie von diesem Gesetz in ihren Raumordnungsinteressen, aber auch in ihrer Verwaltungsorganisation ganz maßgeblich betroffen sind. (Demonstrativer Beifall des Bundesrates Weilharter. )

Die Länder haben daher dann von sich aus Stellung genommen. Die Kärntner Landesregierung hat uns in einem Resümee über den Gesetzesbeschluß des Nationalrates mitgeteilt, daß nach ihrer Auffassung diese Länderstellungnahme weitestgehend unberücksichtigt geblieben ist. – Das Wort "weitestgehend" will ich so nicht unterstreichen, weil die Länder tatsächlich wesentliche Verbesserungen durchgesetzt haben. Ungeklärt sind die nach wie vor bestehenden Hinweise der Länder auf einige verfassungsrechtlich bedenkliche Regelungen. Es wäre gut gewesen, wenn man das im Nationalrat hätte ausräumen können.

Offengeblieben ist aus Ländersicht der Wunsch, daß die Parteistellung in den Verfahren über ihre Raumordnungszuständigkeit hinausreichen möge und umfassender ausgestaltet sein solle. Die Länder haben auch einige Detailfragen der Vollziehbarkeit des Gesetzes aufgeworfen, die teilweise eingebaut wurden, teilweise jedoch nicht.

Im ganz wichtigen Bereich der Übergangsregelungen haben die Länder durchaus Verbesserungen durchgesetzt, Kollege Weilharter, und die Kritik der Länder, die Sie zitiert haben, bezog sich nicht auf den Gesetzesbeschluß, sondern auf den ursprünglichen ersten Entwurf, in dem tatsächlich relativ ansatzlos die Bezirkshauptmannschaften zuständig geworden wären. Richtig ist allerdings – und das wird von den Ländern auch nach wie vor als Kritikpunkt aufrechterhalten –, daß jedenfalls für die neuen Verfahren mit 1. Jänner 1999 die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaften eintritt.


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Man kann aber nun in der Praxis davon ausgehen, daß es den Berghauptmannschaften bereits gelungen ist, genügend Antragsteller sozusagen auf Vorrat zur Einbringung von Anträgen noch im auslaufenden Kalenderjahr zu bewegen, sodaß ich annehme, daß eine Zeitlang hindurch keine neuen Anträge zu erwarten sein werden. Das ist aber eine Hoffnung, und es wäre wahrscheinlich aus der Sicht der Länder besser gewesen, das gleich so zu regeln.

Ein Kritikpunkt war auch die Flexibilität bei der Schutzzonenregelung betreffend diese 300 beziehungsweise 100 Meter. Auch hier hat es eine Änderung zwischen Entwurf und Gesetzesbeschluß gegeben. Ich muß dazusagen: Das ist natürlich ein Bereich, der in den Ländern unterschiedlich beurteilt wird. Das wird auch hier zum Ausdruck kommen, denn eine Schutzzone von 300 oder 100 Metern hat natürlich in einem nicht sehr dicht besiedelten Gebiet andere Auswirkungen – sowohl auf die Nachbarschaft als auch auf die Betriebe selbst – als in einem sehr dicht besiedelten Gebiet.

Es wäre daher nach Auffassung des Landes Vorarlberg sachgerecht gewesen, den Ländern hier im Rahmen ihrer Raumordnungszuständigkeit – und das sind in sehr starkem Maße Raumordnungsfragen – einen größeren Spielraum zu geben. Das ist auch ein Punkt, der dazu geführt hat, daß die meisten Vorarlberger Abgeordneten im Nationalrat dem Gesetzesbeschluß nicht zugestimmt haben.

Ein wesentlicher Bereich – dieser wurde bereits in der Fragestunde angesprochen – ist auch die Kostentragung. In der Regierungsvorlage selbst hat man sich zu den finanziellen Auswirkungen weitgehend ausgeschwiegen, obwohl das Haushaltsrecht hier eine etwas intensivere Darlegung vorgegeben hätte. Ich gestehe zu, daß das nicht so einfach möglich ist und auch Aufwand, der bei fremden Behörden möglicherweise entstehen wird, nicht so leicht abgeschätzt werden kann.

Es ist auch der Grundgedanke des Konsultationsmechanismus gegeben, daß diese Ungewißheit der Kostenbeurteilung dann zumindest von dem zu tragen sein wird, der sie zu verantworten hat – in diesem Fall der Bund. Das ist inzwischen soweit auch außer Streit gestellt.

Es gibt offenkundig die Bereitschaft des Finanzministeriums, die den Ländern erwachsenden Kosten zu tragen. Das ist allerdings eher eine Zusage vom Hörensagen, ich habe noch nichts Konkretes gesehen. Die Länder haben diese Zusage auch noch nicht erhalten. In der Fragestunde hat der Herr Wirtschaftsminister auch etwas mißverständlich – für mich jedenfalls – dargestellt, inwieweit der Kostenersatzanspruch der Länder berechtigt wäre. Es ist richtig, daß die Kosten nicht abrupt anfallen, sondern schrittweise im Verlauf mehrerer Jahre. Ich nehme an, in den nächsten Monaten wird nicht gleich eine große Kostenlawine über die Länder hereinbrechen. Das ändert aber nichts daran, daß das Problem auf mittlere Sicht eintreten wird und gelöst werden muß.

Es ist auch richtig, daß die Länder den Wunsch hatten, die Verwaltungsstruktur in diesem Bereich neu zu regeln. Das entläßt den Bund aber nicht aus der Verantwortung, dafür auch die finanziellen Spielregeln entsprechend auszugestalten, weil ich davon ausgehe, daß mit dieser neuen Verwaltungsorganisation unter stärkerer Einbindung der Bezirksverwaltungsbehörden ja letztlich auch Einsparungen beim Bund möglich sein müssen. Die Verpflichtung der Kosten-übernahme durch den Bund ist an sich ein pädagogisch ganz wertvoller Anlaß dafür, daß der Bund diese Einsparungsmöglichkeiten auch tatsächlich nützt und die Verwaltungsstrukturen, die bei ihm bestehen, zurückführt und die bestehenden Bergbehörden abspeckt.

Die Erläuterungen sind hier etwas mißverständlich, weil argumentiert wird – ich zitiere –: Durch die überwiegende Vollziehung des Gesetzes in mittelbarer Bundesverwaltung wird sich für den Bund der Aufwand durch Betrauung der Landesbehörden mit Aufgaben der Bergwesensverwaltung in nicht unbeträchtlicher Weise erhöhen. – Zitatende.

Das könnte nun so verstanden werden, daß auf Bundesebene der Aufwand steigt, aber davon, daß durch die Verlagerung von Zuständigkeiten natürlich auch die Kostenverursachung verlagert werden muß und Einsparungen notwendig sein werden, ist nicht die Rede. Ich wäre dankbar dafür, wenn man das ein bißchen präziser darstellen könnte, daß man eben davon ausgeht, daß einer stärkeren Belastung bei den Ländern, die abgegolten wird, auch Einsparungs


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möglichkeiten auf Bundesebene gegenüberstehen müssen, sonst gäbe es nämlich den Effekt, daß man die bisherige Struktur aufsplittet, und zwar ein Teil Bezirkshauptmannschaft – mehr als bisher –, ein Teil, der nach wie vor beim Ministerium – allenfalls bei Außenstellen – ist und ein Teil, der künftig zusätzlich bei der Arbeitsinspektion ist. Wenn man da nicht entsprechende Vorsorge trifft, haben wir im Endeffekt den Umstand, daß das letztlich wesentlich teurer käme. Hier ist der Druck der Länder auf Kostenwahrheit und Kostenübernahme durch den Bund auch aus verwaltungsökonomischer Sicht sehr zu unterstützen.

Abschließend wäre ich dem Herrn Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten dafür dankbar, wenn er klarstellen könnte, ob es eine Zusage des Finanzministers gibt und in welcher Weise den Ländern dieser Kostenersatz geleistet wird. Tatsächlich wäre es zu wenig, nur zu sagen, das werde man beim nächsten Finanzausgleich berücksichtigen, sondern es müssen den Ländern schon klare Spielregeln auf den Tisch gelegt werden, nämlich wie im einzelnen diese Kosten – unabhängig von künftigen Finanzausgleichsverhandlungen – abgegolten werden. Ich bin Ihnen dafür dankbar, wenn Sie hier diese Klarstellung herbeiführen können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.40

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte.

11.40

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Hoher Bundesrat! Ich möchte nicht mit Sodbrennen in wenigen Minuten nach Amerika abfliegen. Darf ich Ihnen sagen, daß alle derzeitigen Verfahren, alles, was bisher dem Bergrecht unterlag, von knapp 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gemacht wurde – knapp 100! – und daß ein Teil der Schotterverfahren schon bisher von den Bezirkshauptmannschaften durchgeführt wurde? Das ist die Projektion für die nächsten Jahre, darum verstehe ich die Dramatik nicht – und das darf ein Bundesvertreter sicherlich einmal sagen. 900 vorliegende Verfahren werden von uns für die Länder miterledigt, und das mit einer Struktur, mit Leuten, von denen ich, wie ich annehme, einen Teil an das Arbeitsinspektorat verlieren werde. Unser Personal wird das alles noch machen!

Nun werden bei einigen Bezirkshauptmannschaften zunächst einmal Gewinnungsverfahren anfallen. Es kann doch nicht das Motto lauten: Nur weil es Land wird, wird es teurer! – Wir haben überhaupt keine Kapazität, wir arbeiten mit weniger Leuten immer mehr, wir arbeiten alle Verfahren auf! Und dann wird auch noch wegen der Kosten Wind gemacht – das ist nicht persönlich gemeint, ich verstehe, daß man "in principiis" hart sein muß! Es wurde das auf uns verlagert – wir haben das auch gewollt, das sage ich noch dazu –, und die Mehrkosten zahlt ihr! Nur hat der Finanzminister ohnehin gesagt, daß diese, da keine andere Regelung getroffen wurde, von uns getragen werden.

Ich möchte aber schon betonen, daß wir vom Bund uns auch erwarten, daß, da wir uns selbst die Latte für die Verwaltungsrationalität so hoch legen, wenn wir unter diesen Bedingungen die Arbeit vorweg erledigen, nun nicht so getan wird, als ob wir riesige Beträge auf die Länder überwälzen würden. Es wäre meiner Ansicht nach unter Partnern fair, zuzugeben, daß wir den Großteil der Arbeit weitermachen. Es findet ein langsames Phase-in statt. Stellen Sie sich die Empörung einiger Leute, etwa des Herrn Heiligenbrunner und einiger anderer, die ohne Enuntiationen nicht leben können, vor, die, wenn das neue Gesetz in Kraft tritt, vielleicht zwei Jahre lang keine neuen Verfahren, aber einen großen Kostenanspruch hätten. Daher bitte ich Sie, daß wir es uns gegenseitig zumuten, uns anzuschauen, was genau auf uns zukommt, denn der Großteil der Arbeit wird mit weniger Leuten in meiner Behörde zu tun sein, und das über Jahre. Eigentlich hätte ich als erster schreien müssen, daß ich 10, 15 neue Stellen bräuchte, wenn es bei dem bekannten Willen, alles durchzujudizieren, auch wenn es eine eininstanzige Behörde ist, zwei Jahre für einen Berg dauert! Das wollte ich noch sagen!

Es muß den Ländervertretern also klar sein: Der Großteil der jetzigen Arbeit bleibt beim Bund, es findet ein langsames Verlagern statt, und es könnte auch passieren, daß wir so viele Verfah


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ren aufarbeiten, daß es über Jahre fast keine Neuverfahren bezüglich Schotter- und Kiesabbau geben wird.

11.43

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Thumpser. – Bitte.

11.43

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte meinen Debattenbeitrag auf zwei Punkte reduzieren, nämlich erstens: Wie wurde im Vorlauf dieses Gesetz diskutiert? und zweitens: Welche Auswirkungen hat dieses Gesetz auf die Gemeinden beziehungsweise auf die Anrainer?

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Sommer des Vorjahres erschütterte eine Umweltkatastrophe besonderen Ausmaßes weite Regionen Niederösterreichs. Durch diese Hochwasserschäden wurden Privatpersonen, Institutionen, Gewerbe, aber auch Industrien schwer in Mitleidenschaft gezogen, der Schaden lag in Milliardenhöhe! In der Folge wurde rasch und unbürokratisch Hilfestellung gegeben.

Warum erzähle ich das hier? – Ich erzähle das deshalb zu Beginn meines heutigen Redebeitrags, weil wir bei dieser Hochwasserkatastrophe im Vorjahr mit dem gleichen Phänomen zu kämpfen hatten wie bei der Beschlußfassung des Mineralrohstoffgesetzes im Nationalrat beziehungsweise in den Wochen, Monaten und Jahren vorher. Einige Personen – und das sind meist nur einige – aus der Wirtschaft drohten auch im Vorjahr unverblümt mit dem Verlust von Arbeitsplätzen, sollte nicht sofort geholfen werden. Einige andere – nicht alle, aber einige – versuchten, einen besseren Schutz für die Menschen in diesen Regionen mit dem Druckmittel des Abbaus von Arbeitsplätzen zu verhindern. Und mit diesem Phänomen waren wir auch jetzt wieder konfrontiert!

Zehntausende Arbeitsplätze gingen verloren, wenn dieses Gesetz beschlossen werden würde, wurde seitens der Wirtschaft argumentiert. Daß jedoch dieses vor uns liegende Gesetzeswerk wesentliche Schutzmaßnahmen für Anrainer und Gemeinde beinhaltet, wurde verschwiegen. Diesbezüglich einen Interessenausgleich zu finden, ist, so glaube ich, gelungen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sand, Schotter und Kies sind wichtig! Sand, Schotter und Kies müssen abgebaut werden! Sand, Schotter und Kies müssen jedoch in einer Art und Weise gefördert werden, die die urbane Entwicklung der Gemeinden und den Schutz des Menschen berücksichtigt, aber auch einen geordneten Ausbau des Wirtschaftsbereiches möglich macht.

Für dieses Gesetz waren jedoch viele Versuche notwendig! Ich weiß nicht, Herr Minister, wie viele Resolutionen in Ihrem Ressort eingelangt sind, Hunderte, wenn nicht sogar Tausende Resolutionen zu diesem Themenbereich wurden jedenfalls in den Gemeinderäten der österreichischen Gemeinden und Städte beschlossen, um auch den Gemeinden und Anrainern endlich zu einer Parteistellung zu verhelfen. Anfügen möchte ich noch, daß die meisten dieser Resolutionen aus der Zeit vor dem Grubenunglück in Lassing stammen, um das hier klarzustellen. Vor Lassing hätte man das Ganze sicherlich eine "never ending story" nennen können.

Nun ist es jedoch soweit: Die Gemeinden sind in die wesentlichen Verfahren eingebunden und haben ein Mitspracherecht! Sie können es mir als jemand, der aus einer zu einem Teil aus Fremdenverkehrsgemeinden bestehenden Region kommt, glauben, daß ein Aufatmen durch die Gemeinden und durch die Bevölkerung ging, denn es sind viele Verfahren anhängig, die nun nach dem neuen Gesetz beurteilt und verhandelt werden. Und endlich und Gott sei Dank kann man im Zusammenhang mit diesem Gesetz sagen, daß sich der Protest vieler Gemeinden ausgezahlt hat, daß jene Unterschriften, die in den Gemeinden gegen den Raubbau und gegen den Wildwuchs gesammelt wurden, ihren Sinn hatten.

Daß in diesen neuen Gesetzen auch die Nachbargemeinden ein Mitspracherecht bekommen, ist gut, denn oftmals – Sie haben das schon ausgeführt, Herr Bundesminister – waren, wenn eine


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Schottergrube irgendwo in der Landschaft angesiedelt war, gerade die Nachbargemeinden durch den Abtransport besonders beeinträchtigt. Dies ist nun mit diesem neuen Gesetz geregelt.

Und zum Schluß, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich in diesem Zusammenhang noch einen Umstand erwähnen, der mir von großer Bedeutung zu sein scheint, nämlich jenen, daß der gesamte Arbeitnehmerschutzbereich im Ober- und Untertagbau nunmehr bei den Arbeitsinspektoraten angesiedelt sein wird. Diese werden in Zukunft nicht nur die Arbeit bekommen, sondern auch mit den entsprechenden Fachleuten und auch Dienstposten ausgestattet sein.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Im großen und ganzen glaube ich, sagen zu können, daß es gelungen ist, die berechtigten Forderungen der Gemeinden und Anrainer umzusetzen! Ich bin mir sicher, daß der Schutz der Menschen, die urbane Entwicklung der Gemeinden, aber auch ein geordneter Ausbau des Wirtschaftsbereiches, sprich: der Interessenausgleich möglich ist, deshalb werden wir diesem Gesetz unsere Zustimmung geben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

11.48

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Grasberger. – Bitte.

11.48

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Selten hat ein Gesetz so viel an Emotionen geweckt, für so viel Zündstoff, für so viel Diskussionsstoff gesorgt wie jenes, das nun zur Behandlung ansteht – und das nicht erst seit den tragischen Ereignissen in Lassing.

Dieses Gesetz, das wir heute zu beschließen haben, ersetzt ein Bergrecht, das in der Vergangenheit viele in eine sehr unzufriedenstellende Situation gebracht hat. Ich möchte den Kernpunkt des bisher geltenden Berggesetzes so formulieren: Wenn der Berghauptmann spricht, dann fährt – etwas salopp gesagt – der Zug drüber! Das hat eben bei sehr vielen Betroffenen – meines Erachtens zu Recht – zu Kritik geführt. Herr Präsident Jürgen Weiss hat heute von Herrenreitern im Behördenbereich gesprochen. Ich habe diesen Ausdruck heute zum ersten Mal gehört, aber er bestätigt, so glaube ich, das, was ich eingangs ausgeführt habe.

Ich könnte Ihnen von Unterschriftenaktionen erzählen, ich könnte Ihnen von Vorsprachen von Bürgermeistern und Gemeindevertretern erzählen, ich könnte Ihnen von umfassenden Medienberichten im Sinne der Anrainer erzählen. All diese Aktionen hatten eines gemeinsam: Sie nützten nichts!

Die Berghauptmannschaft als ausführende Behörde hat vor dem Hintergrund des bis jetzt geltenden starken Berggesetzes praktisch kaum Bürgerrechte zugelassen. Sie legte die Abbauflächen fest. Das ist angesichts dessen, daß, wie heute schon angesprochen wurde, die Wurzeln dieses Gesetzes in der österreich-ungarischen Monarchie zu finden sind, auch erklärbar. Denn damals hieß es – und ich möchte es auf den Punkt bringen –: "Bergbau hat Vorrang vor Personenschutz!" Das war die klare Devise in der Monarchie.

In unserer heutigen Situation müssen wir das, glaube ich, klarerweise umdrehen. Ich denke, daß das mit diesem Gesetz im Kern auch gelungen ist. Diese umgekehrte Devise lautet: "Personenschutz hat Vorrang vor dem Bergbau!"

Das wirkt sich in verschiedenster Form aus. Erstens werden nun Anrainergemeinden und das Land eine umfassende Parteistellung erhalten. Und ich verstehe das Argument der Freiheitlichen nicht, das da lautete ... (Heiterkeit der Bundesrätin Mühlwerth. ) Sie lachen! (Bundesrätin Mühlwerth: Überraschung!) Sie nehmen es als sicher und selbstverständlich an, daß ich das nicht verstehe. Ich verstehe es aber aus innerstem Herzen nicht. Sie haben davon gesprochen, daß Anrainerrechte nicht oder zu wenig verankert worden seien. Aber gerade durch dieses Gesetz wird es erstmals möglich, daß Anrainerrechte wirklich zur Geltung kommen.


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Verehrte Damen und Herren der Freiheitlichen Partei! Sie sprechen so oft von Bürgernähe. Mit diesem Gesetz wird Bürgernähe praktiziert, nämlich im zweiten Punkt, in der Zuständigkeitsregelung. So braucht nunmehr ein betroffener Bürger von Gmünd – ich spreche als Niederösterreicher – nicht mehr nach Wien zu reisen und dort sein Anliegen vorzutragen, sondern wird dieses in Zukunft bei der ersten Instanz, nämlich seiner Bezirkshauptmannschaft, vorbringen können. Die zweite Instanz ist gemäß dieser Vorlage, die wir heute zu beschließen haben, bekanntlicherweise der Landeshauptmann.

Herr Bundesminister! Ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, daß Sie hier klar gesagt haben, daß der Wunsch danach von den Ländern gekommen ist. Den Freiheitlichen, die hier Kritik daran geübt haben – ja, auch Sie als Ländervertreter haben hier klar kritisiert, daß die Länder das unter Umständen nicht durchführen könnten –, möchte ich als Niederösterreicher mitteilen, daß mein Land bereits in der Vergangenheit den Beweis erbracht hat, daß das machbar ist, daß das lösbar ist und daß tatsächlich Möglichkeiten geschaffen werden können, durch die die Länder über ihre Bezirkshauptmannschaften entsprechend handeln können.

Wovon spreche ich? – Ich spreche von den "Kiesleitplänen", die im Land Niederösterreich schon vor Jahren durch Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll initiiert worden sind. Auch diese "Kiesleitpläne" wurden am Beginn einer sehr heftigen Diskussion unterzogen. Heute aber können wir feststellen, daß es richtig war, daß Niederösterreich diesen Weg gegangen ist und diese Möglichkeit einer praktischen Bürgernähe umgesetzt hat.

Ich möchte auch ganz deutlich feststellen, daß es, wenn das nicht zeitgerecht gemacht worden wäre, in Niederösterreich über weite Teile des Landes so etwas wie eine Kraterlandschaft gäbe, die sicherlich jede touristische Nutzung dieser Gebiete – und mein Vorredner von der sozialdemokratischen Fraktion, der aus demselben Bezirk kommt wie ich, hat das schon erwähnt – unmöglich gemacht hätte.

Dieser Bezirk Lilienfeld war und ist von den gesetzlichen Bestimmungen über den Abbau der mineralischen Rohstoffe besonders betroffen, und zwar deshalb, weil im Kalkvoralpengebiet in erster Linie natürlich Kalkstein abgebaut wird, der zu Kalkschotter vermahlen wird. Es ist dies ein Wirtschaftszweig, der seine Bedeutung und seine Geltung hatte und nach wie vor hat.

Nun könnte man fragen: Warum bedarf es, wenn es immer schon so war und praktisch auch umsetzbar war, daß in solchen Gebieten abgebaut wird, dann einer Änderung? – Dazu möchte ich betonen, daß sich besonders bei den technischen Möglichkeiten sehr viel verändert hat. Die Rasanz des technischen Fortschrittes bei den Abbaumöglichkeiten hat wesentlich dazu beigetragen, daß das Spannungsfeld zwischen Anrainern, Gemeinden und Betroffenen einerseits und den Betrieben andererseits immer stärker geworden ist.

Ein praktisches Beispiel: Sogar ein relativ kleiner Berg aus Kalkstein wurde früher über Generationen abgebaut, es wurde an so einem Berg faktisch nur "herumgeknabbert". Heute könnte derselbe Berg – und ich spreche wirklich vom selben Berg! – innerhalb von zehn Jahren abgebaut und wegtransportiert werden. – Das ist auch der springende Punkt: Würde das Berggesetz nicht zeitgerecht adaptiert werden, dann würden Bürgerrechte auf der Strecke bleiben. Daher trete ich vollinhaltlich für den uns vorliegenden Beschluß des Nationalrates ein.

Ich habe vor zwei Tagen im Ausschuß namens meiner Fraktion einen Zusatzantrag eingebracht und danke den anwesenden Ausschußmitgliedern der anderen Fraktionen, daß Sie dem Ihre Zustimmung erteilt haben. Ich möchte diesen Antrag hier zur Verlesung bringen.

Der Antrag lautet: Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird ersucht, den gemäß § 222 Abs. 3 des Mineralrohstoffgesetzes dem Nationalrat zu erstattenden Bericht jeweils auch dem Bundesrat vorzulegen.

Kurzum: Wir wollen das, was der Nationalrat für den Nationalrat beschlossen hat, auch als Recht für uns Ländervertreter einfordern. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.58


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Bitte, Herr Bundesminister.

11.58

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Da ich gefragt worden bin, möchte ich sagen, ich werde es tun, wenn der Bundesrat das wünscht. Ich habe überhaupt keinen Grund, irgend etwas vor dem Bundesrat zu verbergen, und ich sage hier immer dasselbe wie im Nationalrat. Da ich also gerade dabei bin, teile ich Ihnen auch mit, daß ich dieser Tage die Bergbausektion meines Hauses auflöse und als Gruppe in die Sektion III eingliedern werde, und daß alle behördlichen Vorkehrungen für die von mir erwartete Erledigung der Fälle auch getroffen werden. – Danke.

11.59

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Dr. Tremmel wünscht noch das Wort. – Bitte.

11.59

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Noch bei keiner Vorlage hat es so viele materielle Einwände gegeben wie bei dieser – zumindest ist mir keine in Erinnerung! Die Koalitionsredner haben mehr schlecht als recht die Kurve gekratzt und ihre Zustimmung formuliert. Ich erwähne nur demonstrativ: Parteiengehör, Verletzung der Länderinteressen, verfassungsrechtliche Bedenken, Ausgliederung des Arbeitsschutzes und vieles andere mehr.

Ich möchte noch einmal festhalten, daß dieser Entwurf gegenüber dem seinerzeitigen, also jenem vor dem Juli 1997, aufgrund der tragischen Vorgänge in Lassing völlig andere Punktationen hat, die in völlig andere Richtungen geführt haben. Es wurde heute immer von Resolutionen und von Einwänden, die die Bürger eingebracht haben, gesprochen. Diese neue Regierungsvorlage, die mit 1. Jänner 1999 in Kraft treten soll, ist in keiner Weise zur Begutachtung gekommen!

Wenn Herr Kollege Weiss, glaube ich, und auch der Herr Minister gesagt haben, wir werden schon vorarbeiten, also Bescheide auf Vorrat erlassen, dann ist das meiner Ansicht nach eine neue Art der Verwaltungsentwicklung. Das ist für mich als Juristen eine wirklich neue Entwicklung. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Nicht entkräftet wurde das Argument, daß die Ausstattung der Landesverwaltung mit entsprechend qualifizierten Beamten einfach nicht gegeben ist, es fehlt nämlich auch die Übergangsregelung. Das Gesetz wird in Kraft treten. Die traditionelle Struktur der bisherigen Bergbehörden wird aufgelöst – ich führe das jetzt etwas exakter aus, als es vorher gesagt wurde: nicht die Bergbehörden werden aufgelöst, sondern die alte Struktur der bisherigen Bergbehörden wird aufgelöst –, neue bleiben. Einen Großteil der Kompetenzen übernehmen mit 1.1.1999 die Bezirksverwaltungsbehörden und in zweiter Instanz der Landeshauptmann.

Jetzt müßte diese Ausstattung bereits vorhanden sein. Abgesehen von den verfassungsrechtlichen Bedenken wurden in diesem Fall auch die Legistikrichtlinien – ich zitiere sie immer wieder, Kollege Weiss hat sie mir einmal gegeben – gravierend verletzt. Bei jedem ordentlichen Gesetz, das man heute beschließt, gibt es entsprechende Übergangsfristen. Man hört auch auf die Partner durchaus im Sinne unserer föderalistischen Struktur, was in diesem Fall unzureichend geschehen ist.

Meine Damen und Herren! Ich verweise nochmals auf die verfassungsmäßigen und verfassungspolitischen Bedenken und auf die mögliche Verletzung des Legalitätsprinzips, siehe Artikel 18. Der Wirtschaftsminister soll im Einvernehmen mit dem Umweltminister durch Verordnungen festlegen können, welche Vorhaben, welche Kategorien von Verfahren vereinfacht, ordentlich oder besonders qualifiziert zuzuordnen und genehmigungsfrei sind. Das muß man natürlich mit den einzelnen Bereichen absprechen.

Herr Minister! Auch Artikel 18 unserer Bundesverfassung ist zu beachten. Dieser wird hier in Frage gestellt. So kann es ja nicht sein! Es sagt das Föderalismusinstitut: Aus den angeführten


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Gründen ist dieser Gesetzentwurf mit den Intentionen der Bundesstaatsreform – die ja auch auf die lange Bank geschoben wurde, irgendwo spielt da etwas zusammen, für uns im negativen Sinne – unvereinbar, da das bundesstaatliche Prinzip als Grundpfeiler der Bundesverfassung in Frage gestellt wird.

Die Kostenfrage wurde hier bereits erläutert. Wir werden heute noch extra über den Konsultationsmechanismus und über den sogenannten Stabilitätspakt mit den Bundesländern reden. Die Kosten sind noch nicht einmal bekannt. Sie konnten auch nicht bei den jetzt abgeschlossenen FAG-Verhandlungen hier deponiert werden. Da schulden und stunden wir Ländervertreter dem Bund Stunden wieder einmal auf unbestimmte Zeit. Wann bekommen wir das ersetzt? In welcher Form? In welcher Höhe? Es ist einfach nichts geklärt. Es ist ein Gesetz. Der Motor müßte verändert werden, wenn ich das mit einem Auto vergleichen darf. Der Motor ist überhaupt nicht verändert, man hat ein paar Scharniere verändert, sonst hat man gar nichts verändert. Die Malaise bleibt nach wie vor die gleiche!

Meine Damen und Herren! Um hier wirklich den Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates die Möglichkeit zu geben, aus ihrem Herzen keine Mördergrube zu machen, stelle ich namens meiner Fraktion das Verlangen auf namentliche Abstimmung , damit hier jeder wirklich entsprechend seinen Interessen entscheiden kann. Ich darf diesen Antrag, der, wie ich meine, ordnungsgemäß unterzeichnet ist, bei Ihnen, Herr Präsident, deponieren. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, hier durchaus auch im Interesse nicht nur des bundesstaatlichen Prinzips, sondern der Selbstachtung des Bundesrates gegen diesen Beschluß Einspruch zu erheben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.04

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ludwig Bieringer. – Bitte.

12.04

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich spreche jetzt nicht als Fraktionsobmann der ÖVP-Bundesräte, sondern als Bürgermeister, der aufgrund des Berggesetzes leidgeprüft war. Ich sage Ihnen eines, Herr Kollege Tremmel: Das Gesetz, das wir heute beschließen dürfen, hätte schon vor zehn Jahren in Kraft treten sollen. Denn Sie werden keinen Bürger finden, der Verständnis dafür hat, daß der Bürgermeister und die Gemeinde in einer Verhandlung über eine Schottergrube keine Parteienstellung haben. Mit diesem Gesetz wird endlich einmal das realisiert, was die Bürger in diesem Lande seit Jahren fordern und verlangen, und zu Recht verlangen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Lieber Paul Tremmel! Ich bin aus tiefster Überzeugung dem Bundesminister dankbar dafür, daß er dieses Gesetz nunmehr, nachdem es so lange gedauert hat, doch letztlich so rasch ins Hohe Haus gebracht hat, daß wir es noch so zeitgerecht beschließen können, daß es am 1. Jänner des kommenden Jahres in Kraft treten kann. Unsere Bürger haben nämlich ein Anrecht darauf, daß ihre Sorgen ernst genommen werden. Dafür werden wir von der Koalition kämpfen, ob es Ihnen paßt oder nicht! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

12.06

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Eisl. – Bitte.

12.06

Bundesrat Andreas Eisl (Freiheitliche, Salzburg): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich muß zu diesem Redebeitrag schon eine kleine Stellungnahme abgeben. Dieser Redebeitrag kam von einem Bürgermeister, der in seiner Gemeinde derzeit ein großes Problem hat, weil er selbst im Grünland den größten Baumarkt errichten ließ. (Bundesrat Bieringer: Das stimmt ja nicht!) Ein weiterer Bau ist dort nicht möglich, weil es sich noch immer um Grünland handelt. Sogar die eigene Fraktion in der Landesregierung spricht sich dagegen aus. Der Landeshauptmann hat dieses Thema wieder vertagt. (Bundesrat Konecny: Macht euch das daheim aus!)


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Herr Bürgermeister Bieringer! Die Situation wird also nicht besser werden, wenn die Gemeinden diese Probleme zu lösen haben. In diesem Fall würde es genauso wie in Wals bei Ihrem Bau oder bei vielen anderen Bauansuchen sein. Oder denken Sie an Fuschl, wo ein Unternehmen neun Jahre prozessiert hat, um die Genehmigung für die Eröffnung eines Steinbruches zu erhalten, wodurch 250 Arbeitsplätze gesichert werden könnten. Wenn Sie glauben, daß die Gemeinden durch ihr Einspruchsrecht die Situation verbessern, dann sind Sie genau dort, wo Sie zu Hause in Wals-Siezenheim heute noch sind! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.07


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Vizepräsident Jürgen Weiss:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung erteile ich Herrn Bundesrat Ludwig Bieringer das Wort. Ich weise ihn auf die Redezeitbeschränkung gemäß Geschäftsordnung hin.

12.08

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Eisl! Sie wissen anscheinend nicht, wovon Sie reden. Sie erwähnten den Baumax in Wals-Siezenheim. Ich darf Ihnen dazu folgendes mitteilen: Die Gemeindevertretung von Wals-Siezenheim hat mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und FPÖ (Rufe bei der ÖVP: Hört! Hört!) einen Raumordnungsvertrag beschlossen, demzufolge dieser Baumarkt dort errichtet werden soll. Die Gemeindevertretung von Wals-Siezenheim hat mit Beschluß von ÖVP, SPÖ, FPÖ und zwei Grünen bei einer Gegenstimme den Bebauungsplan beschlossen.

Die Gemeindevertretung von Wals-Siezenheim hat mit den Gegenstimmen der Grünen die raumordnungsmäßige Umwidmung von Bauland beschlossen. Es stellt sich also die Frage, wo ein Baumarkt im Grünland errichtet wurde. Es gab eine ordnungsgemäße Bauplatzerklärung, eine ordnungsgemäße Baubewilligung, alles ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung, nicht vom Bürgermeister der Gemeinde Wals-Siezenheim, wo dieser Bau errichtet wurde.

Wenn Sie, Herr Kollege Eisl, die Gesetze von Salzburg, an denen Sie ja mitgearbeitet haben, so wenig kennen, dann tut mir das aufrichtig leid. Dann ist das nicht mein Problem, sondern Ihres! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.09

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Es liegt zunächst ein Antrag der Bundesräte Weilharter, Dr. Bösch, Dr. Harring, Dr. Tremmel, Ram, Mag. Scherb und Kollegen vor, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates samt der angeschlossenen Begründung Einspruch zu erheben.

Es ist darüber namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 2 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor. Im Sinne des § 55 Abs. 5 erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführerinnen in alphabethischer Reihenfolge mündlich mit Ja oder Nein.

Ich bitte die Schriftführerinnen, mit dem Namensaufruf zu beginnen. (Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Crepaz und Giesinger geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten mit "Ja" oder "Nein" bekannt.)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Der Abstimmungsvorgang ist geschlossen. Wir zählen jetzt kurz die Stimmen aus.

Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt: Mit "Ja" stimmten 15 Mitglieder des Bundesrates, mit "Nein" 39. Der Antrag ist somit abgelehnt.

*****

Mit "Ja " stimmten die Bundesräte

Böhm, Bösch;

d’Aron;,

Eisl;

Gudenus;

Harring, Haunschmid;

Königshofer;

Mühlwerth;

Ram, Ramsbacher;

Scherb;

Tremmel;

Weilharter, Windholz;

Mit "Nein " stimmten die Bundesräte

Bieringer;

Crepaz;

Drochter;

Fischer;

Giesinger, Grasberger, Grillenberger, Gstöttner;

Hager, Haselbach, Hensler, Hummer;

Jaud;

Kainz, Kaufmann, Konecny, Kraml;

Leichtfried, Liechtenstein, Linzer, Lukasser;

Meier, Missethon;

Payer, Polleruhs, Pühringer;

Rauchenberger, Repar, Richau, Rodek;

Schaufler, Schöls, Steinbichler, Strugl;

Thumpser;


Bundesrat
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Vindl;

Wilfing, Winter, Wolfinger.

*****

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für wirtschaftliche Angelegenheiten, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

Weiters bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag des Ausschusses für wirtschaftliche Angelegenheiten auf Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht beigedruckten Entschließung ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag auf Fassung dieser Entschließung ist somit angenommen. (E 161.)

2. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über besondere Förderungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU-Förderungsgesetz) geändert wird (1475 und 1528/NR sowie 5819/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 2. Punkt der Tagesordnung: KMU-Förderungsgesetz.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Mag. Walter Scherb übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Mag. Walter Scherb: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen ist notwendig, um zu erreichen, daß das auf diesem Gebiet vorhandene Potential besser genutzt wird. Das Instrument der Haftungsübernahme soll im Bereich der Tourismus- und Freizeitwirtschaft verstärkt zum Einsatz kommen, um unter anderem die schlechte Finanzierungssituation durch Übernahme von Haftungen zum Beispiel für die Einbringung von Eigenkapital zu verbessern und die Realisierung von innovativen Projekten zu erleichtern.

Ziel des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates ist die Übernahme der Ausfälle aus einzulösenden Haftungszusagen durch den Bund.

Der Ausschuß für wirtschaftliche Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 1998 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann. Ich erteile es ihm.

12.18

Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Mit dem Bundesgesetz über besondere Förderungen von kleinen und mittleren Unternehmen, KMU-Förderungsgesetz genannt, wurde 1996 die Grundlage für die Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen durch verschiedene Förderungsmaßnahmen


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geschaffen. Eine der Förderungsmaßnahmen bestand in der Übernahme von Haftungen, Bürgschaften, Garantien durch die im Bundeseigentum befindliche BÜRGES.

Um nun vor allem im touristischen Bereich das Instrument der Haftung gezielt einsetzen zu können, soll mit der heute vorliegenden Novelle zum KMU-Gesetz sowohl der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank, kurz ÖHT genannt, ein Haftungsrahmen von 3,5 Milliarden Schilling eingeräumt werden – vor allem für Restrukturierungsmaßnahmen in Verbindung mit der TOP-Tourismus-Förderung – als auch der BÜRGES der bestehende Haftungsrahmen für Tourismus- und Freizeitwirtschaft von 7 Milliarden auf 10,5 Milliarden aufgestockt werden.

Mit der heutigen Novelle verpflichtet sich der Bund somit zu einem gesamten Haftungsobligo von 14 Milliarden Schilling. Es stehen also zusätzlich 7 Milliarden Schilling an Haftungsrahmen für die gewerbliche Wirtschaft, vor allem für den Fremdenverkehr, zur Verfügung. Die BÜRGES wird damit in die Lage versetzt, im Einzelfall Haftungen bis zur Höhe von 10 Millionen Schilling, die ÖHT bis 25 Millionen Schilling zu übernehmen.

Meine Damen und Herren! Mit der heutigen Novelle wird einerseits der Bedeutung der Fremdenverkehrswirtschaft für die österreichische Gesamtwirtschaft, andererseits auch der derzeitigen schwierigen finanziellen Situation der Fremdenverkehrsbetriebe Österreichs Rechnung getragen.

Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, in diesem Zusammenhang auf die Situation der Klein- und Mittelbetriebe einzugehen. Bereits nach dem letzten Mittelstandsbericht des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten – und heute hat es auch der Bundesminister in der Fragestunde erwähnt – kommt den Klein- und Mittelbetrieben in Österreich besondere wirtschaftliche Bedeutung zu. 98 Prozent unserer Betriebe sind klein- und mittelbetrieblich strukturiert, wenn man sie von einen bis 500 Beschäftigte rechnet.

Diese 98 Prozent der österreichischen Betriebe beschäftigen rund 78 Prozent der unselbständig Beschäftigten in der gewerblichen Wirtschaft; das sind rund 2 Millionen Beschäftigte. Wenn man die Betriebe bis 100 Beschäftigte rechnet, so sind es rund 1,3 Millionen. Das heißt, die Klein- und Mittelbetriebe in Österreich schaffen Arbeitsplätze, sichern diese Arbeitsplätze und sind für die Arbeitsplätze, für unsere Struktur der wichtigste Arbeitgeber.

Meine Damen und Herren! Schon frühzeitig hat Präsident Sallinger, der frühere Präsident der Bundeswirtschaftskammer, die Bedeutung der Klein- und Mittelbetriebe erkannt. So wurde über seine Initiative bereits 1982 das erste Bundesgesetz über Maßnahmen zur Leistungssteigerung von kleinen und mittleren Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft beschlossen. Wir haben nun die Möglichkeit, alle zwei Jahre sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat über die Situation der Klein- und Mittelbetriebe in Österreich zu diskutieren. 14 Jahre später, 1996, wurde dann mit dem Gesetz, das ich zuerst erwähnt habe, der rechtliche Rahmen für den Einsatz der bewährten Förderungsinstrumente gelegt.

Meine Damen und Herren! Die Bilanz der BÜRGES, die damals beauftragt wurde, kann sich sehen lassen. In den letzten zehn Jahren wurden 81 000 Förderungsfälle mit einem Finanzvolumen in der Höhe von 71 Milliarden Schilling abgewickelt, davon 13 000 Förderungsanträge für Jungunternehmer mit einem Finanzvolumen in der Höhe von 8 Milliarden Schilling. Man kann sagen, daß die BÜRGES derzeit das wichtigste Förderungsinstrumentarium der Klein- und Mittelbetriebe in Österreich ist.

Zur Situation der Fremdenverkehrswirtschaft. Meine Damen und Herren! Der österreichische Tourismus zählt mit rund 80 000 Betrieben und mehr als 161 000 direkt Beschäftigten zu den Säulen der österreichischen Wirtschaft. Nach dem letzten Fremdenverkehrsbericht des Bundesministeriums trägt er mit 1,6 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Wenn man die Zulieferfirmen dazurechnet, so kann man sagen, daß die Tourismuswirtschaft in Österreich 500 000 Menschen ein sicheres Einkommen bietet und mehr als 12 000 Lehrlinge eine qualifizierte Ausbildung finden.


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Der hohe Standard unserer Tourismusbetriebe erfordert jährlich ein Investitionsvolumen in der Höhe von rund 20 Milliarden Schilling, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Wir haben eine kleinstrukturierte Tourismuswirtschaft. Nach den Zahlen der Bundessektion Fremdenverkehr haben 94 Prozent unserer Betriebe weniger als zehn Beschäftigte. Das ist sicherlich einerseits ein Vorteil, wenn es um Flexibilität geht, jedoch andererseits auch ein Nachteil, wenn es um die Vermarktung und um die Finanzierung von Investitionsvorhaben geht.

1996 investierten die österreichischen Hotelierbetriebe rund 8,3 Prozent ihres Betriebserlöses. Die Schwerpunkte der Finanzierung zwischen 1990 und 1995 lagen vor allem in den Kapazitätserweiterungen und Qualitätsverbesserungen hinsichtlich der Ausstattung.

Die österreichischen Hoteliers finanzieren ihre Investitionsvorhaben fast ausschließlich über Fremdkapital, was dazu geführt hat, daß im durchschnittlichen Hotelierbetrieb das bilanzielle Eigenkapital längst aufgebraucht ist und viele Betriebe überschuldet sind. Für dieses geradezu erschreckende Ausmaß der Unterkapitalisierung gibt es mehrfache Ursachen. Es sind dies einerseits der Konkurrenzdruck, andererseits die Notwendigkeit des Eingehens auf den erforderlichen Markt und die ständige Anpassung des Produktes. Dazu kommt noch – das wird vielleicht ein Vorwurf sein –, daß bestimmte Qualität erst dann geboten werden kann, wenn bestimmte Betriebsgrößen erreicht werden, was daher im Einzelfall eine Ausweitung der Kapazitäten bedeuten kann.

Nach den Steuerbilanzen haben die Hoteliers noch im Jahr 1986 im Schnitt 5 Prozent Eigenkapital ausgewiesen. Dieser Eigenkapitalanteil sank nach den letzten mir vorliegenden Studien 1990 auf ein Minus von 1,2 Prozent und 1996 auf ein Minus von 8,9 Prozent. Dieses negative Eigenkapital konnte bisher nur durch die Berücksichtigung und durch die Auflösung von stillen Reserven finanziert werden. Auch da gibt es also nach den letzten Untersuchungen krasse Verschlechterungen.

Mit der heutigen Novellierung des vorliegenden KMU-Gesetzes wird daher einer dringenden Forderung der Fremdenverkehrswirtschaft nach der sogenannten Tourismusmilliarde Rechnung getragen. Wichtig erscheint mir, daß es mit dieser Novelle möglich sein wird, durch Haftungsübernahmen nicht nur die schlechte Finanzsituation unserer Tourismuswirtschaft zu verbessern, sondern daß auch die Möglichkeit gegeben sein wird, offensive Maßnahmen zu fördern, wie saisonverlängernde Infrastruktureinrichtungen, innovative Tourismusprojekte, Gründung und Kapitalstärkung von Kooperationen, Qualitätsverbesserungen und Angebotsdifferenzierung.

Meine Damen und Herren! Der österreichische Tourismus ist meines Erachtens nach eine Branche mit vielen Chancen und keine Krisenbranche. Wenn wir ein eindeutiges Bekenntnis zu unserem Tourismusstandort Österreich ablegen wollen, so meine ich, daß noch eine Reihe von Maßnahmen dazu notwendig sind. Ich denke da vor allem an zeitgemäße und wettbewerbsfördernde Rahmenbedingungen, und ich meine da vor allem notwendige steuerliche Entlastungen und den Abbau von wachstumshemmenden und wettbewerbsverzerrenden Regulierungen.

Meine Damen und Herren! Der Tourismusbranche kommt in unserer heutigen Gesellschaft eine tragende Rolle zu. Der Tourismus steht in Österreich für den Wandel von der Produktionsgesellschaft zu einer freizeitorientierten Dienstleistungsgesellschaft.

Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir auch ein paar persönliche Worte in eigener Sache zu sagen. Die Klein- und Mittelbetriebe waren in den vergangenen zehn Jahren mein Hauptthema und werden es auch bleiben. Sie sind das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft und auch die Basis, von der ich komme. Vielleicht werden es manche von Ihnen bereits wissen, ich werde Ende des Jahres mein Mandat zurücklegen. Nirgendwo wird die Arbeit weniger. Sie alle wissen davon ein Lied zu singen, meistens ist es das Gegenteil. Ich möchte mich daher verstärkt meinem Beruf als Direktor des Niederösterreichischen Wirtschaftsbundes widmen.

Erlauben Sie mir daher, daß ich mich bei den Präsidenten, den Fraktionsführern sehr herzlich für die Kollegialität der letzten zehn Jahre bedanke. Ich hatte die Chance, Bundesrat des Bundeslandes Niederösterreich zu sein.


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Meine Damen und Herren! Zehn Jahre Bundesrat bedeuten viele schöne Erinnerungen, bedeuten das Sammeln vieler Erfahrungen hier in diesem Haus. Wenn ich so zurückblicke, so war für mich eigentlich der bewegendste Augenblick, als sich die Österreicher mit deutlicher Mehrheit für den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union ausgesprochen haben, und wir hier im Haus stundenlang die Gelegenheit hatten, darüber zu diskutieren, und wir auch sehr ausführlich die Meinung der Länder darüber kundgegeben haben. Auch in der letzten Sitzung des EU-Ausschusses hat sich gezeigt, daß sich der Bundesrat mit der Europäischen Union sehr beschäftigt und auch weiter beschäftigen wird.

Meine Damen und Herren! Ich habe diese Funktion als Bundesrat des Bundeslandes Niederösterreich gerne ausgeübt, wofür ich sehr dankbar bin. Ich wünsche den Kollegen und den Kolleginnen hier im Bundesrat alles Gute. Ich hoffe, daß die vielen Kontakte, die wir über politisches Couleur hinweg, über Couleurgrenzen hinweg gepflegt haben, auch weiterhin aufrecht bleiben werden. In diesem Sinn vielen Dank für die Kollegialität.

Nun zurück zum Gesetz: Meine Fraktion wird gegen dieses Gesetz keinen Einspruch erheben. – Danke vielmals. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie Beifall einiger Bundesräte der Freiheitlichen.)

12.30

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich bedanke mich unsererseits bei dem ausscheidenden Herrn Bundesrat Dr. Kaufmann für die stets gute und sachorientierte Mitarbeit. Wir wünschen ihm für seinen weiteren politischen und persönlichen Lebensweg alles Gute.

Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Hedda Kainz das Wort. – Bitte.

12.31

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mich freut nicht das Ausscheiden des Herrn Kollegen Kaufmann, sondern die Tatsache, daß seine Ausführungen, die meinen jetzt vorangegangen sind, mir in bester Sozialpartnermanier Gelegenheit geben, vieles von dem, was er ausgeführt hat, zu bestätigen. Ich denke, es ist verständlich, wenn auch ich meinen Zugang zur Förderung der kleinen- und mittleren Unternehmen über die Situation der Beschäftigten finde.

Kollege Kaufmann hat schon bei der Zitierung des Mittelstandsberichtes darauf hingewiesen, daß nur 0,2 Prozent der österreichischen Unternehmen nicht den kleinen und mittleren Unternehmen zuzuordnen sind, und daher auch die überwiegende Anzahl der Beschäftigten in dieser Unternehmensstruktur zu finden ist.

Ich möchte also nicht speziell auf die Frage der Tourismus- und Freizeitförderung eingehen, sondern mich auf die Situation der Klein- und Mittelbetriebe beziehungsweise auf ihre Bedeutung im Zusammenhang mit der Beschäftigung beschränken, und zwar deshalb, weil gerade die Förderung der Klein- und Mittelbetriebe im Rahmen der europäischen Institutionen bei der Frage der Beschäftigung immer wieder große Beachtung gefunden und auch in den unterschiedlichsten Papieren der EU Bedeutung erlangt hat.

Ich möchte aber vor allem im Zusammenhang mit der Förderung der kleineren und mittleren Unternehmen weniger die Frage nach den Restrukturierungen, sondern eher die Frage der Neugründungen in den Vordergrund stellen, und dabei vor allem auf einen Umstand verweisen, der meines Erachtens nach große Bedeutung hat – vorausgesetzt wir wollen davon ausgehen, daß diese dafür aufgewendeten Förderungen und Geldmittel von Erfolg gekrönt werden sollen –, nämlich die institutionale Begleitung dieser Unternehmensgründer.

Ich möchte mich, um den sehr gründlichen Ausführungen des Herrn Kollegen Kaufmann nichts Unnötiges mehr hinzuzufügen, darauf beschränken, Ihnen einige Zahlen rund um die Situation der Neugründungen in Oberösterreich zu präsentieren, weil ich vielleicht nicht ganz zu Unrecht für Oberösterreich in Anspruch nehme, daß gerade dort die Gründerinitiativen mit großer Vehemenz vom Land, aber auch von den Einrichtungen der Arbeitnehmer und vor allem auch vom AMS unterstützt werden. Die Ausgangssituation ist aber leider unerfreulich.


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Wir haben aufgrund verschiedener ziemlich tiefschürfender Unternehmensstrukturveränderungen in Oberösterreich die Situation erleben müssen, daß wir darauf angewiesen waren, den Arbeitsmarkt und die Chancen der Beschäftigten über Stiftungseinrichtungen zu bedecken. Die dortige Gründerinitiative ist mit dem Erfolg gekrönt, daß wir in den letzten beiden Jahren, also 1997 und 1998, rund 430 Neugründungen verzeichnen konnten, die einen Beschäftigungsfaktor – abgesehen vom Gründer selbst – von rund zwei Arbeitsplätzen aufweisen, sodaß wir davon ausgehen können, daß eine Neugründung – abgesehen von den Familienangehörigen – drei Existenzen sichert. Es gibt den Hinweis darauf, daß im Rahmen der Stiftungen im ersten Jahr die notwendige institutionelle Begleitung, die vorhanden ist, tatsächlich den Erfolg garantiert.

Ich persönlich habe immer wieder die Gelegenheit, im Rahmen der Chemiestiftung, zu deren Trägereinheiten ich auch gehöre, nicht nur über die Finanzierung durch das betroffene Unternehmen, sondern auch über die Finanzierung über die Mitarbeiter zu sprechen. Dort sind die Zahlen natürlich klein, aber immerhin sind es 25 Kollegen aus einem Unternehmen, die eine Neugründung ins Leben gerufen haben. Und wir können vermelden, daß bisher alle Neugründungen auch mit dem notwendigen Erfolg versehen waren.

So gesehen glaube ich, daß alle Initiativen, die auf die Unterstützung, auf die Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen abzielen, dann Erfolg haben werden, wenn sie mit der nötigen Sorgfalt angewandt werden. Ich glaube, daß dieser Hinweis sehr wichtig ist, angesichts der vielen Pleiten – erlauben Sie mir diese lockere Ausdrucksweise –, die im Bereich des Tourismus, aber auch im Bereich des Gastgewerbes vorhanden sind und die ich nicht auf ihre Ursachen hin untersuchen möchte. Ich möchte damit ausdrücken, daß Vorsicht und Augenmaß bei der Bewertung notwendiger Unterstützungsleistungen in Form von Haftungen und Bürgschaften notwendig sind. Grundsätzlich sollte jedoch aufgrund der Beschäftigtensituation die Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen für die Zukunft Bedeutung bekommen, da aufgrund der Einbindung der notwendigen Restrukturierungen auch ein wirtschaftlicher Erfolg erwartet werden kann. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.38

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid das Wort. – Bitte.

12.38

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion begrüßt natürlich die Regierungsvorlage betreffend die Förderung von kleinen und mittelständischen Unternehmen, insbesondere die möglichen Haftungsübernahmen durch die BÜRGES beziehungsweise die Hotel- und Tourismustreuhand. Wir kritisieren jedoch die mangelhafte und schleppende Durchsetzung dieses Gesetzes, nämlich daß es am 1. 1. 1999 in Kraft treten soll, aber nicht voll in Anspruch genommen werden kann.

Meine Damen und Herren! Der Bund verlangt natürlich – das finde ich auch richtig – Voraussetzungen, die, wie alles in diesem Land, überprüft werden sollen, bevor die Förderung und das Recht in Anspruch genommen werden können. Es kommt aber dadurch nicht nur zu neuen Postenbeschaffungen, die angesichts des Sparpakets vielleicht nicht richtig sind. Es kommen zu den sogenannten Beauftragten von beiden Unternehmungen noch ein oder zwei Stellvertreter dazu. Im Verteilen der staatlichen Posten sind wir Weltmeister, und nicht nur im Tourismus. – Welche Kriterien und Voraussetzungen sind dafür notwendig? – Diese sind zwar schon "geboren", aber wir wissen noch nicht, was darin enthalten ist. Diese sollen uns nach Beschlußfassung dieses Gesetzes übermittelt werden.

Es ist wie sooft in diesem Land, daß wir etwas hier beschließen, das zwar gut ist, aber nicht wissen, welche Richtlinien wir erfüllen müssen, um in den Genuß dieses Gesetzes zu gelangen. Vielleicht gelingt es bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes am 01. 01, das zu erfahren. Ich glaube es zwar nicht ganz, weil der Weihnachtsurlaub dazwischen liegt, und hinzukommt noch, daß diese Richtlinie erst von der EU geprüft und genehmigt werden muß, wie wir im Ausschuß


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gehört haben. Daß das nicht am schnellsten geht, wissen wir auch. Gott sei Dank ist die Anforderung an die österreichische Hotel- und Tourismustreuhand GesmbH nicht so groß wie vor einigen Jahren. Dies ist darauf zurückzuführen, daß die Stimmungslage bei unseren Unternehmungen in der letzten Zeit nicht gerade rosig war, und niemand so recht weiß, wie es weitergeht. Auch wenn wir einen tollen August voll Sonnenschein hatten und auch der Winter bis jetzt gut ausschaut, hängt das Damoklesschwert, was passiert, wenn das Wetter nicht so wäre oder nicht anhält, über jeden einzelnen von uns.

Es kann doch nicht so sein, daß wir immer wieder nur von der Wetterlage abhängig sind, ob wir überleben können oder nicht. Es kann auch nicht so sein, Herr Minister, daß die Vertreter Ihrer Partei, Ihrer Fraktion bereits stutzig werden und sich nicht gefallen lassen, was heuer mit uns passiert ist.

Ich lese aus der aktuellsten Ausgabe von "Gast und Wirt" von Oberösterreich, die ich gestern bekommen habe, vor: Dieses Jahr haben wir fast überstanden. – Ein Kommerzialrat Oberndorfer schreibt darin: Immer wieder wurden Überprüfungen der Festveranstaltungen zum Beispiel gefordert – man hat es einfach dem Bürgermeister zugeschoben, zu entscheiden, obwohl wir genau wissen, daß sich dieser am härtesten tut, darüber zu entscheiden, ob diese Zeltfeste abgehalten werden dürfen oder nicht –, da man davon ausgehen kann, daß der Steuerentfall weit über die Milliardengrenze hinausgeht. Die Finanz hat dieses Ansinnen damals immer mit dem Argument der Personalknappheit abgewiesen. Aber es war keine Rede – so schreibt Herr Oberndorfer – von Personalknappheit, als am 20. September bewaffnete Finanzfahnder mit Polizeiunterstützung in den frühen Morgenstunden alle Auslieferungslager des größten österreichischen Bierkonzerns und zwei kleinerer Brauereien in Oberösterreich überfallsartig durchsuchten, X Betriebe zur gleichen Zeit als Betrüger hingestellt wurden, und es sich zum größten Teil herausgestellt hat, daß dem nicht so war.

Ich meine, es kann doch nicht so sein, daß ein Herr Oberndorfer behauptet: Am 24. 11. habe er persönlich im Parlament die Forderungen mit Nachdruck deponiert. Sollte dort keine Ge-sprächsbereitschaft herrschen, planten wir einen Wirtemarsch auf Wien. – Dieser war geplant für den 24. 11., Herr Minister, er wurde am Freitag vor dem 24. 11. kurzfristigst abgesagt. Sie wissen genau, es wäre für die Ratspräsidentschaft nicht sehr positiv gewesen, wenn vor dem Parlament eine große Demonstration der österreichischen Wirte stattgefunden hätte.

Die oberösterreichischen Wirte sind heuer, am 2. Juli, tatsächlich auf die Straße gegangen. Da das einheitlich geschehen ist, hatte es sicherlich einen Grund. Die Statistiken stellen alles leichter dar, die Tatsachen sind meist anders. Frau Staatssekretärin Ferrero-Waldner hat sich bei der letzten Sendung "Zur Sache" haarsträubend widersprochen. Ich zitiere sie aus Unterlagen der EU:

Die Europäische Union solle in den Entwicklungsländern ökologisch und sozialverträglich Tourismus fördern. Staatssekretärin Benita Ferrero-Waldner kündigte zu Beginn der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft eine Entschließung an, die sie im November dem EU-Ministerrat zur Abstimmung vorlegen wolle. Österreich habe bewiesen, daß sich die Ziele Erholung von Menschen und ein ökologischer, sozialverträglicher Tourismus nicht ausschließen. Es gelte zu verhindern, daß die Reisenden in die Entwicklungsländern wie am Fließband abgefertigt werden, sagte die Staatssekretärin. Österreich möchte in den nächsten sechs Monaten Tourismusfragen stärker in den Vordergrund rücken, nachdem sich die EU-Mitgliedstaaten bislang nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen konnten.

Nun meint sie, daß – obwohl nichts, aber schon gar nichts für den Tourismus passiert ist – sie beweisen kann, welch hohe Ertragsquote sie nach der Präsidentschaft für den Tourismus aufzeigen kann. Sie hat gesagt: Bis Februar werden diese Zahlen auf dem Tisch liegen. Es ist unglaublich, diese lächerliche Erfolgsquote den Ausgaben in einer Höhe von 150 Millionen Schilling gegenüberzustellen. Ich frage mich, Herr Minister, wie Frau Staatssekretärin Ferrero-Waldner das ausrechnen wird. Sich selbst auf die Schulter zu klopfen, das kann es doch bitte nicht sein!


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Herr Minister! Glauben Sie nicht auch, daß wir alle uns jetzt zu Recht langsam gefrotzelt vorkommen? Sind wir tatsächlich so wenig wert? Ist eine Sparte, die direkt und indirekt für 18 Millionen Arbeitsplätze in der Europäischen Union verantwortlich ist und laut "World travel" in den nächsten zehn Jahren in der EU um mindestens 10 Prozent zunehmen wird, nicht einmal wert, im Vertrag der EU verankert zu werden?

Herr Minister! Ich kann Ihnen den Vorwurf nicht ersparen, eine Chance, die Ihnen jetzt als Wirtschaftsratspräsident gegeben wurde, nicht genützt zu haben. (Bundesminister Dr. Farnleitner: Ich wollte es auch nicht!) – Dann tut es mir leid. Aber es wäre auch von Ihren eigenen Fraktionskollegen der Wunsch gewesen.

Es wären folgende wichtige Fragen auf die Agenda zu setzen gewesen: die Aufnahme des Tourismus in die EU-Vertretung – Sie haben jetzt selbst gesagt, das wollten Sie selbst nicht –, die Verabschiedung eines Aktionsprogrammes für den Tourismus, die Unterstützung der Werbebemühungen der ETC, der European Travel Commission, und die Schaffung einer Gesamtstrategie, Herr Minister, für die tourismusbetreffende Förderungspolitik der Europäischen Union. – Nichts, aber gar nichts ist geschehen.

Es gab ein großes Reden in Mayrhofen, ein Reden in Pörtschach darüber, was wir in Wien reden werden, einen Gipfel in Wien, bei dem wir davon redeten, was wir im März in Bonn reden werden. (Bundesrat Schöls: Durchs Reden kommen die Leut‘ zusammen!)

Herr Minister! Sie haben heute in der Fragestunde gesagt, daß Deutschland auch gegen diese Tourismuspolitik war. Dazu muß ich Ihnen folgendes mitteilen, vor zwei Stunden wurde ich davon informiert, Herr Minister: In diesem Bereich, der eine Domäne Österreichs sein müßte, spricht jetzt statt Ihnen der deutsche Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Schomerus. Er kündigt nämlich jetzt schon an, Bonn werde das Thema als amtierende EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr mit Vorrang behandeln. – Worte, die man von österreichischer Seite, Herr Minister, nie gehört hat.

Hintergrund ist laut Schomerus die hohe Bedeutung des Fremdenverkehrs in der Gemeinschaft. Dieser Wirtschaftszweig stelle 6 Prozent aller Beschäftigten. Das mehrjährige Gemeinschaftsprogramm zur Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen werde daher auch auf die Belange des Tourismus abzustellen sein. Wer dabei zu Schaden gekommen ist oder kommt, ist der Tourismus, denn er hat weiterhin keine Rechtsgrundlage in der EU, er wird budgetär boykottiert, und es gibt kein Programm zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit. Ein stark tourismusabhängiges Land wie Österreich zahlt damit weiter riesige Geldbeträge in die unkontrollierbare Finanzierung der Konkurrenz.

Meine Damen und Herren! Herr Minister! Es ist dem nicht genug. Wenn ich die Probleme dieser Regierungsvorlage aufzeige, dann muß ich sagen, ich stimme selbstverständlich damit überein, daß die Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen notwendig ist, um zu erreichen, daß das auf diesem Gebiet vorhandene Potential besser genutzt wird, daß Arbeitsplätze geschaffen werden. Das Instrument der Haftungsübernahme soll im Bereich der Tourismus- und Freizeitwirtschaft verstärkt zum Einsatz kommen, um die schlechte Finanzierungssituation durch Übernahme von Haftungen zu verbessern und die Realisierung von innovativen Projekten zu erleichtern. Ich stimme aber überhaupt nicht damit überein, daß das Instrument der Haftungsübernahme im Bereich der Tourismus- und Freizeitwirtschaft für die Einbringung von Eigenkapital verstärkt zum Einsatz kommen soll.

Herr Minister! Wir können kein Eigenkapital mehr einbringen, vor allem nicht die echten klein- und mittleren Betriebe. Unter "echt" verstehe ich nicht die vorgeschriebene EU-Größe – bis 250 Mitarbeiter. Für mich sind die "echten" kleinsten KMU-Tourismusbetriebe von null bis zwei oder drei Mitarbeiter, die kleinen bis zu 10 und 15 Mitarbeiter und die mittleren bis zu maximal 70 Mitarbeiter.

Herr Minister! Wir haben keine 250 Mitarbeiter, nur in diesen Multikonzernen gibt es so viele. Es kann nicht sein, daß Österreich jetzt auch zu Multikonzernen ja sagt. Seit Jahren fordern wir


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Freiheitlichen, die nicht entnommenen Gewinne steuerfrei im Betrieb zu lassen. Nicht einmal dieses Umdenken ist gelungen.

Vor sieben Jahren – ich zitiere jetzt Ihren geschätzten Kollegen, Herrn Landeshauptmann-Stellvertreter und Wirtschaftslandesrat Leitl in Oberösterreich – habe ich schriftlich – es ist schon länger her – auf die Bitte, das in der Regierung zu unterstützen, das seinen Kollegen in der Regierung zu unterbreiten, daß wir nur mehr Eigenkapital bilden und halten können, wenn die nicht entnommenen Gewinne, die wir damals noch verzeichnen konnten, steuerfrei bleiben sollen, folgende Antwort bekommen:

"Es ist mir eine zu kleine Gruppe, daß ich mich alleine dafür für sie verwenden könnte." – Das war die größte Ohrfeige meines Lebens von einem Wirtschaftslandesrat, Herr Minister! Gestern mittag im "Mittagsjournal" war folgendes der große Aufhänger dieses Herrn Leitl: Die nicht entnommenen Gewinne müssen steuerfrei bleiben. Heute ist die beste Zeit des Tourismus vorbei. Wir KMU-Betriebe können fast oder gar keine Gewinne mehr verzeichnen, und ich appelliere noch einmal an den Hausverstand der wirklich maßgebenden Persönlichkeiten dieses Hauses, Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Fortbestand des so wichtigen Wirtschaftszweiges, ja für Österreich überlebensnotwendigen Wirtschaftszweigs sichern. Die KMU-Betriebe sind österreichische Familienbetriebe. Das Rückgrat und das Herz des österreichischen Tourismus, Herr Minister, ist der kleine Familienbetrieb.

Die Tourismuspolitik des Wirtschaftsministers, die auch in der Marketingstrategie der Österreich Werbung zum Ausdruck kommt, ist völlig einseitig und auf eine sehr kleine Gruppe von Unternehmen ausgerichtet. Das österreichische Tourismusangebot ist aber in seiner Breite und Vielfalt zu verstehen. Sowohl die Österreich Werbung – in der die Wirtschaftskammer natürlich alle Entscheidungen mitträgt – als auch die österreichische Hoteliervereinigung sind fast ausschließlich für Vier- und Fünfsternbetriebe tätig. Die große Gruppe der kleinen Hotels und Wirte wird völlig vernachlässigt, Herr Minister!

Die besondere Bedeutung kommt eindeutig – ich bedanke mich bei Herrn Kollegen Kaufmann und bei Frau Kollegin Kainz – der Unterstützung der kleinen Familienbetriebe und der KMU-Betriebe zu. Gerade dieses wichtige Segment des Tourismus wird von Regierung, Kammer und der österreichischen Hoteliervereinigung völlig vernachlässigt. Wir finden daher in diesem Bereich nicht nur eine wichtige Aufgabe, sondern auch große politische Zustimmung.

Der für Tourismus zuständige Minister – das sind Sie, Herr Minister – ist auch Obmann der Österreich Werbung. Er trägt in dieser Funktion eine hohe Verantwortung und hat dafür zu sorgen, daß die Österreich Werbung als Institution gerade heute im globalisierten Welttourismusmarkt nicht in Frage gestellt wird. Die Mitgliedschaft von Ministerium, Wirtschaftskammer und Ländern entspricht den realen Strukturen. Die Außenstellen der Wirtschaftskammer und die Außenstellen der Österreich Werbung sind schrittweise zu verschmelzen. Der vor Jahren schon eingeschlagene Weg, Herr Minister, wie Prag – Warschau – Straßburg, der abgebrochen wurde, ist fortzusetzen. Wir sparen auch soundso viele Leute ein. Nach Vollendung dieses Konzepts kann ein gutes Drittel des Budgets in zusätzliche Marktbearbeitung fließen.

Es ist mir – Sie entschuldigen, daß es daher länger dauert – wirklich ein persönliches Anliegen: Da alle österreichischen Tourismusbetriebe, auch die kleinen, im Wege über die Kammerumlage zum Budget der Österreich Werbung beitragen, haben sie Anspruch auf die Dienstleistungen der Außenstellen und der Zentrale. Die Behandlung von den klein- und mittelständischen Unternehmungen, sie wie Bittsteller darzustellen, ist sofort einzustellen. Die Österreich Werbung darf nicht zu einem Selbstbedienungsladen der Funktionäre und Mächtigen werden. Die mangelnde Ausnützung der neuen Technologien im Bereich Kommunikation, wie zum Beispiel Internet, für die touristische Vermarktung österreichweit ist bedauerlich, das wissen Sie auch. Ich frage Sie heute: Wann kommt endgültig die Zentralisierung, womit wir über Österreich in die Bundesländer gelangen können? – Das wäre ein ganz wichtiger Schritt.

Die Jubelmeldungen der Medien dürfen über die reale Situation des österreichischen Tourismus, der unter größten Problemen, vor allem unter einer gigantischen Verschuldung, leidet,


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nicht hinwegtäuschen. Die Werbegelder der Österreich Werbung werden aus strategiepolitischen Gründen statt in den Auslandsmärkten, Herr Minister, in den österreichischen Medien eingesetzt, um eine positive Presse im Sinne der Regierung zu erzielen. Wenn ich daran denke – ich kann das belegen –, daß eine PR-Firma, die beauftragt wurde, eine positive PR für die Österreich Werbung zu machen, 600 000 S bekam, dann glaube ich, es wäre sinnvoller, die möglichen Synergien effizienter auszuschöpfen und das Budget im Sinne der Markterfordernisse und nicht unter dem Gesichtspunkt der Selbstprofilierung einzusetzen.

Bei der Enquete des ÖVP-Parlamentsklubs – in bezug auf Sie, Herr Kollege Payer – betreffend "aktuelle Fragen des Tourismus" stellte der Obmann der Bundessektion Tourismus und Freizeitwirtschaft der Wirtschaftskammer Österreich, Konsul Kommerzialrat Hansjörg Kröll, folgenden Satz an die Spitze seiner Ausführungen:

"Tourismus war in letzter Zeit das politische Stiefkind, die Tourismus-Enquete des ÖVP-Klubs wird hoffentlich einen neuen Stellenwert für touristische Anliegen bringen." Es wäre zu begrüßen. – Herr Kollege Payer sagt, der Herr Parlamentsdirektor müßte mir die Fragestellung, wie ich die Frage gestellt habe, verbieten, weil ich sie anscheinend an einen Obmann der ÖVP und nicht an den Wirtschaftsminister gestellt habe. Ich habe das sehr wohl an den Wirtschaftsminister gestellt. – Eine bemerkenswerte Aussage ist jene von Hansjörg Kröll, vom höchsten Tourismusfunktionär jener Partei, die in Österreich eigentlich die Regierungsverantwortung für den Tourismus trägt.

Ich stelle aufgrund dieser prekären Situation des Tourismus den Entschließungsantrag meiner Fraktion:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Haunschmid und Kollegen betreffend Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Tourismus- und Fremdenverkehrswirtschaft

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird aufgefordert, in Zusammenarbeit mit den jeweils zuständigen Bundesministern entsprechende Schritte zu setzen, die die Umsetzung nachstehend aufgelisteter Maßnahmen zur Unterstützung und Entlastung der österreichischen Tourismus- und Freizeitwirtschaft sicherstellen:

Umgehende Erlassung sowie Notifizierung der Richtlinien, mit denen die Haftungsübernahmen im Bereich der Tourismuswirtschaft gemäß KMU-Förderungsgesetz rasch sichergestellt werden können

Grundlegende Entbürokratisierung im Bereich des Tourismus

Entpolitisierung der Österreich Werbung

Entwicklung von Initiativen zur Saisonverlängerung

Senkung der Steuer- und Abgabenquote

Stärkung der Eigenkapitalquote

Senkung der Lohnnebenkosten

Abschaffung der Sondervorauszahlung der Umsatzsteuer (13. Umsatzsteuer)

Verlängerung der Betriebszeiten von Gastgärten, die sich weder auf öffentlichem Grund befinden noch an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen von derzeit 22 Uhr auf 23 Uhr


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Generelle Aliquotierung des Urlaubsanspruches entsprechend der Beschäftigungsdauer"

*****

Ich ersuche um namentliche Abstimmung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.59

Vizepräsident Jürgen Weiss: Der von den Bundesräten Haunschmid und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Tourismus- und Fremdenverkehrswirtschaft ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Weiters gebe ich bekannt, daß ein ausreichend unterstütztes Verlangen auf namentliche Abstimmung über diesen Entschließungsantrag vorliegt.

Als nächstem erteile ich Herrn Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner das Wort. – Bitte.

12.59

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Hoher Bundesrat! Ich möchte zur Klarstellung die Äußerungen des Herrn Staatssekretärs Schomerus wiederholen: Herr Staatssekretär Schomerus hat im Binnenmarkt-Ministerrat gegen ein EU-Programm Tourismus gestimmt und hat sich mit mir darauf verständigt, daß wir unter neuen Schwerpunkten versuchen, eine Rechtsgrundlage für die Aktivitäten der einschlägigen Generaldirektion zu schaffen, die nicht auf den bisherigen Aktionsprogrammen basiert, die wie bisher nur Studien, Studien, Studien und Reisen vorgesehen hatten, sondern wir wollen ein Programm, das auf Best-practice und Bench-marking besteht. Das ist die Basis dessen, was die deutsche Präsidentschaft in Aufgreifung der nicht sinnlosen Gespräche, wie Sie gesagt haben, von Mayrhofen verfolgen wird.

Zum anderen: Ich lehne ausdrücklich den Hinweis ab, daß die Österreich Werbung nur für Großunternehmen da ist. Die Österreich Werbung ist da, um Imagewerbung für Österreich zu machen. Davon profitieren vor allem die Kleinen, die sich keine Imagewerbung leisten können, die sich auch selbst kein Marketing leisten können. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Frau Bundesrätin! Es scheint Ihnen entgangen zu sein, daß wir im Wirtschaftsministerium eine Aktion "Förderung der Direktwerbung" vor allem von kleinen Unternehmen haben, eine Marktanbahnung und so weiter, aber Sie sagen, es geschehe nichts. Das kann ich nicht unwidersprochen im Raum stehen lassen. Wir haben in der letzten Generalversammlung der Österreich Werbung klargestellt, daß es in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe bis zum Sommer alle Synergien, die über Zusammenlegung/Zusammenarbeit der Außenstellenorganisationen erreicht werden können, auszuloten gilt. Ich versuche, das umzusetzen, was dem früheren Geschäftsführer nicht gelungen ist. Außerdem halte ich ausdrücklich fest, daß die Österreich Werbung und der Tourismus heuer kein Stiefkind der Politik sind.

Wer hat denn den Trend umgedreht? – Das war doch ein gemeinsames Bemühen von Tourismuswirtschaft, Werbung, Sanierungsfinanzierung und insgesamt der Wirtschaftspolitik. Vom Raunzen allein ist es nicht passiert und von Festartikeln in lokalen Zeitschriften auch nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

13.02

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat John Gudenus. Ich erteile ihm das Wort.

13.02

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kollegen und Kolleginnen! Wenn wir heute hier ein Gesetz über die besondere Förderung von Klein- und Mittelbetrieben beschließen, ist es doch angezeigt, einige Überlegungen zusätzlich zu den schon angestellten vorzubringen.

Die heimische Wirtschaft, liebe Freunde, wird in erster Linie von klein- und mittelständischen Unternehmen getragen, denen deshalb eine besondere Bedeutung insbesondere hinsichtlich der Sicherung von Arbeitsplätzen zukommt.


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Die betreffenden Zahlen wurden zwar vom Kollegen Kaufmann schon angeführt, aber ich erlaube mir, diese zu wiederholen.

Drei Viertel der Arbeitskräfte sind in Klein- und Mittelbetrieben tätig, also rund 1,5 Millionen Menschen sind in den rund 200 000 Klein- und Mittelbetrieben tätig, und zirka eine halbe Million Menschen sind in eineinhalb Promille der österreichischen Wirtschaft beziehungsweise in den rund 350 großen Betrieben – Sie hören richtig: 350! – tätig. Das sind jene Betriebe, die mehr als 500 Beschäftigte haben.

Doch seit Jahren lassen trotz der bekannten Schwierigkeiten, mit denen die klein- und mittelständischen Unternehmen zu kämpfen haben, langfristige und strukturverbessernde Maßnahmen der Bundesregierung auf sich warten. Vielfach wurde die Gründer-Offensive, welche die Zahl der Neugründungen von Unternehmen anheben sollte, verkündet. Trotzdem ist die Unternehmerzahl rückläufig.

In den ersten drei Quartalen dieses Jahres wurden 8 451 Firmen protokolliert. Das ist ein Minus von 10 Prozent gegenüber dem Wert im Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Sie können diese Zahlen in den "Salzburger Nachrichten" vom 6.10.1998 nachlesen.

Österreich liegt mit seiner Selbständigen-Quote von 6,8 Prozent deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 12,8 Prozent und innerhalb der Europäischen Union an vorletzter Stelle.

Dazu kann man noch etwas sagen: Es gibt in Österreich je 1000 Einwohner 2,9 Betriebe. Das heißt, wir haben in Österreich rund 240 000 Betriebe. In der EU sind es 3,4 Betriebe je 1000 Einwohner. Sie erkennen aus diesem Zahlenunterschied den ungeheuren Nachholbedarf, den die Republik Österreich auf diesem Gebiet hat.

Die schlechte und existenzbedrohende Eigenkapitalausstattung der heimischen Unternehmen ist seit Jahren bekannt, sie wurde auch von den Vorrednern erwähnt. Insbesondere die heimischen Tourismusbetriebe sind einer starken Verschuldung ausgesetzt, da nicht in ausreichendem Umfang Eigenkapital gebildet werden konnte. Das finanzielle Eigenkapital ist aufgezehrt – auch das erwähnte schon Bundesrat Kaufmann –, und die Unternehmen weisen nach wie vor Fehlkapital auf.

Der negative Trend ist besorgniserregend, da künftig einerseits der Konkurrenzdruck zunehmen wird und andererseits der notwendige Erneuerungsbedarf bei eingeschränktem Nachfragevolumen finanziert werden muß, schreibt der Tourismusbericht 1997.

Eine überbordende Bürokratie und einen enorm hohen Verwaltungsaufwand haben die heimischen Unternehmen zu bewältigen. Dieser stellt selbstverständlich eine zusätzliche finanzielle Belastung dar. So sind die kleinen Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten jährlich im Durchschnitt mit 40 000 S je Mitarbeiter an reinen administrativen Kosten gebunden, schreiben die "Salzburger Nachrichten" vom 31.3.1998.

Ein wesentliches Hindernis für den Wirtschaftsstandort Österreich wird vom ehemaligen Finanzminister Androsch aufgezeigt. Er spricht von einem heimischen Vorschriftendschungel und einer Regulierungswut, die Österreich für alle Bereiche hat. – Die Austria Presseagentur gibt das wieder am 30.10.1998. (Bundesminister Dr. Farnleitner verläßt die Sitzung.) Auf Wiedersehen, Herr Bundesminister! Er ist jetzt weg. (Bundesrat Dr. Tremmel: Das Wort "Regulierungswut" hat ihn vertrieben!) Als er das Wort "Regulierungswut" gehört hat, ist er gegangen. Ja, ja. Das ist traurig! (Bundesrat Bieringer: Er hat es angekündigt, daß er weg muß!) Das ist nett, daß er es angekündigt hat. (Bundesministerin Gehrer betritt soeben den Saal und begibt sich zur Regierungsbank, wo sie Platz nimmt.) Ich freue mich, die Bundesministerin für Unterricht hier zu wissen. – Wir reden noch immer über die Klein- und Mittelbetriebe, Frau Bundesministerin.

Der überwiegende Teil der Klein- und Mittelbetriebe ist insolvenzgefährdet. Das ist zum Glück bei den Schulen noch nicht der Fall, die sind noch nicht insolvenzgefährdet. (Bundesrat Bieringer: Sind Sie jetzt erst aufgestanden, weil Sie guten Morgen gesagt haben?) Wie meinen Sie


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das, Herr Kollege? Sie sehen mich doch schon geraume Zeit hier sitzen. Was soll ich denn sonst sagen? Mahlzeit? Es ist doch nichts zum Essen da, Herr Kollege. (Bundesrat Bieringer: Ist bei Ihnen noch guter Morgen um 1.00 Uhr?) Was stört Sie der gute Morgen, Herr Kollege? Denken Sie doch daran: Morgenstund hat Gold im Mund! Sie haben sich doch heute auch schon sehr gut dazu ausdrücken können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der überwiegende Teil der Klein- und Mittelbetriebe ist insolvenzgefährdet, hat der Chef des Alpenländischen Kreditorenverbandes Koren festgestellt. – "Salzburger Nachrichten" vom 2. 4. 1998.

Das ist aber wenig überraschend, meine Damen und Herren! Allein im ersten Quartal 1998 gab es 1 130 eröffnete Insolvenzverfahren. Das entspricht einer Steigerung von 23,6 Prozent gegenüber dem Wert im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die Passiva kletterten laut Alpenländischem Kreditorenverband in den ersten drei Quartalen dieses Jahres von 27,3 auf 28,5 Milliarden Schilling. – Das schreibt der "Standard" vom 1.10.1998.

Der jüngste Bericht über die wirtschaftlichen Freiheiten Österreichs, wonach Österreich inner-halb der EU nur auf Platz 11 – gefolgt von Italien, Spanien, Portugal und Griechenland – rangiert, ist auch nicht geeignet, Optimismus aufkeimen zu lassen. Darüber hinaus befindet sich Österreich seit einigen Monaten am Beginn einer konjunkturellen Talfahrt. Diese leichte Abschwächung wird zumindest bis Ende 1999, vielleicht sogar 2000 anhalten. – So wird der Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts Kramer in einer Aussendung vom 3.12.1998 zitiert.

Kollege Kaufmann erwähnte auch, daß er sich in den letzten zehn Jahren besonders der Klein- und Mittelbetriebe angenommen hat. Das kann ich bestätigen, denn wir kommen aus dem gleichen Bezirk im Waldviertel, Bezirk Krems. Kollege Kaufmann ist dort sehr rührig, nur muß ich ihm sagen: Wenn er geht, ist natürlich die Arbeit nicht erledigt. Sein Nachfolger wird noch sehr viel Arbeit zu erledigen haben, um die Schwierigkeiten, die die Klein- und Mittelbetriebe zu gewärtigen haben und deretwegen wir heute dieses Gesetz beschließen, zum Guten zu betreiben.

Wenn Sie durch Wien gehen – viele, die aus der Provinz kommen, werden es vielleicht mehr sehen als der Wiener selbst –, dann können Sie sehen, in wie vielen Straßenzügen in Wien die Geschäfte geschlossen sind. Plakate kleben auf den Fensterscheiben der Auslagen. Ganze Straßenzüge scheinen im Wiener Raum zu veröden.

Da ist die Aufgabe, die dieses Gesetz zu erfüllen hat. Da ist die Aufgabe, die Sie, Herr Kollege Kaufmann, und viele Leute, die sich das Gedeihen der österreichischen Wirtschaft auf ihre Fahnen geheftet haben, bewerkstelligen müssen. Da muß angefaßt werden – in den Orten, wo nur leere Fensterhöhlen von ehemaligen Geschäften übriggeblieben sind. Dieses Wien ist nicht mehr das Wien, welches es noch vor ein paar Jahren gab, wo in vielen kleinen Straßenzügen noch lebhaftes Geschäftsleben pulsierte.

Dieses Gesetz ist in erster Linie für die Tourismus- und Freizeitwirtschaft geschaffen worden. Ich hoffe, daß auch für die anderen Klein- und Mittelbetriebe entsprechende Mittel, aber auch Engagement seitens derer, die sich das Gedeihen der österreichischen Wirtschaft auf ihre Fahnen geschrieben haben, übrigbleiben, meine Damen und Herren.

Wir können nur eines sagen: Machen wir mehr aus diesem Gesetz, als drinnen steht! Machen wir mehr, als Ihre Talente erübrigen, Herr Bürgermeister! Machen wir mehr, als uns möglich ist! Diejenigen, die von den Klein- und Mittelbetrieben leben, sind die mehreren. Es sind diejenigen, die die Nahversorgung sicherstellen. Es sind diejenigen, die von der Nahversorgung ihre Familien versorgen. Es sind diejenigen, die im kleinen Umkreis unseres Gesichtsfelds, unserer engsten Heimat leben. Mit einem Wort: Es ist eine Aufgabe für die Österreicher und Österreicherinnen, welche in Österreich ihr Auslangen finden müssen. Machen wir mehr aus diesem Gesetz, als wir es aus den Zeilen herauslesen können! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.13


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647. Sitzung / Seite 81

Vizepräsident Jürgen Weiss:
Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Peter Harring das Wort.

13.13

Bundesrat Dr. Peter Harring (Freiheitliche, Kärnten): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine sehr verehrten Herren! Zunächst möchte ich mich für die vielen anregenden Diskussionsbeiträge bei unserem Kollegen Dr. Kaufmann bedanken. Wir beide waren fast immer im selben Ausschuß tätig. Es tut mir persönlich wirklich sehr leid, daß das heute für Sie die letzte Sitzung im Bundesrat ist. Wir waren zwar auf sachlicher Ebene nicht immer einer Meinung, was sicher gut für Ihre Karriere war, aber wir haben die Beziehungsebene Gott sei Dank nie verletzt. Ich habe Ihre Qualifikation immer sehr geschätzt. Ich darf Ihnen im Namen der freiheitlichen Fraktion sagen, daß wir Ihnen weiterhin viel Erfolg auf Ihrem weiteren beruflichen Weg wünschen. (Allgemeiner Beifall.)

Ich habe mich eigentlich deshalb zu Wort gemeldet, weil ich den Herrn Bundesminister einige ganz kurze Fragen stellen wollte. Herr Bundesminister hat sich jedoch entfernt, er wollte sich offensichtlich keinen Kärntner Bundesrat anhören, nachdem er ... (Bundesrat Bieringer: Ich bitte um Verständnis! Der Herr Bundesminister hat heute noch einen Termin in Washington wahrzunehmen! Das Flugzeug wartet schon!) Ja, ich habe auch Verständnis. Ich nehme das gern zur Kenntnis. Ich bin überhaupt nicht beleidigt, ich wollte nur, lieber Herr Präsident, ... (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Bieringer. ) Nein, Herr Präsident, wir sind nicht böse. Ich wollte nur Verständnis bekunden, daß er sich keinen Kärntner Bundesrat mehr anhören wollte, wo doch unser Landeshauptmann Christoph Zernatto so gerne Wirtschaftsminister werden wollte. Ich verstehe das ja. Vielleicht werden wir unseren Landeshauptmann wegen Erfolglosigkeit los, und dann wird er Wirtschaftsminister. Das mag schon ein Grund dafür sein. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich hätte den Herrn Bundesminister wirklich gerne gefragt, ob es wahr ist – und es ist sicher so –, daß zirka 130 bis 150 konkrete Ansuchen im Sinne dieser neuen, heute zu beschließenden Förderungsaktion schon vorhanden sind beziehungsweise vorliegen. Da stellt sich für mich die Frage, wer von jenen, die diese Ansuchen jetzt schon abgegeben haben, im Besitz der entsprechenden Richtlinien ist, um sein Ansuchen richtlinienkonform einreichen zu können, sodaß er mit seinem Ansuchen dann eine Chance hat, daß er zu Haftungen oder zu anderen Förderungen kommt.

Diese Frage hätte ich wirklich gerne vom Herrn Wirtschaftsminister beantwortet gehabt, weil die Richtlinien noch niemand kennt. Ich nehme an, daß niemand der Kolleginnen und Kollegen jemals die Richtlinien für diese Aktion in der Hand gehabt hat. Sie können natürlich erst nach unserer Beschlußfassung hier verlautbart werden, was ich verstehe. Aber offensichtlich gibt es wieder gleiche und gleichere, die irgendwie informell in den Besitz dieser Richtlinien kamen und entsprechende Ansuchen eingereicht haben. Das hat nämlich den Vorteil, daß die Ansuchen jener, die das schon getan haben, früher erledigt werden können, was völlig logisch ist. Es sind auch offensichtlich dann noch mehr Mittel vorhanden. Die Frage ist, wie lange das funktioniert. (Bundesrat Bieringer: Sie werden das in den nächsten Tagen schriftlich beantwortet bekommen!)

Das ist eine ganz einfache Sache: Es gibt schon solche Ansuchen! Wir haben persönlich beispielsweise in Kärnten bei der Kärntner Wirtschaftsförderung die Erfahrung gemacht, daß Mitglieder des Kuratoriums aufgrund von Vorinformation beziehungsweise Vorwissen entsprechende Ansuchen eingebracht haben, die positiv erledigt wurden, und daß dann, als die Aktion tatsächlich zu laufen begonnen hat, keine Mittel mehr vorhanden waren. Diese Kuratoren, die das in Kärnten ausgenützt haben, sind dann aber freiwillig selbst zurückgetreten. Das hat sich dann erledigt. Allerdings ist die Investition dann doch gefördert worden, was vielleicht nicht ganz gerecht gewesen ist.

Im Prinzip, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das, was wir heute beschließen, eine gute Sache. Haftungen für Eigenkapital sind sicher keine schlechte Maßnahme. Auch die Größenordnungen


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sind entsprechend groß, denn gerade auf dem Gebiet der Sanierungen sind doch erhebliche finanzielle Mittel notwendig. Die Basis dafür bildet das KMU-Gesetz 1996.

Man könnte hier noch sehr viel Positives tun, wie zum Beispiel innovative Tourismusprojekte fördern, saisonverlängernde infrastrukturelle Maßnahmen fördern, die Haftungen für Restrukturierungen von Unternehmen fördern, Eigenkapitel stärken. Es ist doch wirklich traurig, daß man, wenn man eine Bilanz eines Tourismusbetriebes in die Hand nimmt und das Eigenkapitalkonto sucht, das immer auf der falschen Seite findet, weil 80 bis 85 Prozent der Betriebe ein Minuskapital aufweisen. Wie gesagt: Das Kapitalkonto steht auf der falschen Seite. Daher ist es, glaube ich, nicht richtig, was Dr. Kaufmann zu Beginn seiner Rede gesagt hat, nämlich, daß es im Bereich des Tourismus keine Krise gebe. Wenn die Entschuldungsdauer aufgrund der Bilanzdaten zu Unendlich tendiert, dann kann man nicht davon reden, daß im Bereich des Tourismus alles in Ordnung ist.

Es hat der Herr Bundesminister heute in der Früh in der Beantwortung einer Frage über eine Förderungsaktion gemeint, daß die Gemeinschaftsaktion, bei welcher sogar der Rechnungshof die Umsetzung gerügt hat, weil nach der Hälfte der Dauer dieser Aktion erst 3,7 Prozent der möglichen Förderungen ausgenützt worden sind, bis zu ihrem Ende schon noch ein Erfolg werden wird. Diese Aktion läuft aber schon zwei Jahre. Sie läuft nur noch eineinhalb Jahre. Es haben bisher aber nur 3,7 Prozent der Unternehmer diese Aktion in Anspruch genommen, und zwar wahrscheinlich deshalb, weil Sie nicht entsprechend motiviert worden sind, weil es keine entsprechenden Projekte gibt. Angesichts dessen kann man doch nicht sagen, das werde eine gelungene Aktion. Das ist so wie bei einem Schirennen: Wenn man bei der Zwischenzeit schon 20 Sekunden im Rückstand ist, dann kann man bis zum Ziel doch nicht mehr aufholen. Das ist ganz und gar unmöglich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist der Kern der Kritik der Freiheitlichen, obwohl wir, weil es im Prinzip eine gute Sache ist, zustimmen werden. Aber denken wir doch mehr darüber nach, was man statt Förderungen zu gewähren wirklich tun könnte. Man könnte zum Beispiel bessere Rahmenbedingungen schaffen. Man könnte – meine Kollegin Haunschmid hat es schon gesagt – das Eigenkapital im Betrieb belassen, nicht entnommene Gewinne steuerlich begünstigen oder doch das, was in unserem Flat-Tax-System drinnen steht, verwirklichen, nämlich die Abschreibung schon im Jahr der Anschaffung ermöglichen. Das hat schon einen Sinn, und das ist auch keine Verpflichtung, wie wir es gesagt haben, sondern eine Optionsmöglichkeit, so daß der Unternehmer sagen kann: Okay, ich tue es, ich investiere! Das ist ein Investitionsanreiz, der eine große Rolle spielt.

Alles in allem, meine Damen und Herren, kann man sagen: Es wäre notwendig, ein richtiges KMU-Förderungsgesetz zu haben, die vielen diesbezüglichen Gesetzesmaterien zu kodifizieren und speziell für Jungunternehmer Förderungen einzuführen. Es gibt zwar diese schöne Broschüre "Österreichisches Gründungsgeschehen", eine tolle Broschüre, muß ich sagen, aber darin wird lediglich der Ist-Zustand aufgelistet, aber Lösungen werden keine aufgezeigt.

Es wäre auch eine Reform des Kapitalmarktes wichtig, insbesondere für den Bereich des Tourismus. Ich sage "auch", obwohl das vielleicht nicht für jeden etwas Angenehmes bedeutet, aber ich bin der Meinung, daß auch eine Reform des Konkursrechtes und außerdem eine Verknüpfung mit den in Österreich doch da und dort festzustellenden Technologieoffensiven notwendig wären.

Meine Damen und Herren! Das, was heute geschieht, ist nach unserem Gefühl ein Beweis für das schlechte Gewissen der Bundesregierung. Mit dieser Übernahme von Haftungen, mit dieser Gesetzesvorlage geben die Bundesregierung und die große Koalition den Bürgerinnen und Bürgern – gerade im Bereich des Tourismus – eigentlich nur das zurück, was sie ihnen vorher viele Jahre hindurch durch überhöhte Steuern und andere Schwierigkeiten weggenommen haben. Sie geben das zurück, was sie vorher weggenommen haben. Die Regierung hat offensichtlich ein schlechtes Gewissen, und daher wird das jetzt so beschlossen, damit man dann wieder sagen kann: Es ist alles in Ordnung! – Die Rahmenbedingungen werden nicht geändert.


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Der Trend und die Richtung sind jedoch positiv, und daher wird meine Fraktion heute dieser Vorlage die Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.22

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zur Kritik an der Abwesenheit des Herrn Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten möchte ich sagen, daß vor Eingang in die Tagesordnung eine Mitteilung des Ministerrats-Dienstes verlesen wurde, wonach der Herr Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 17. bis 19. Dezember, also ab heute, durch die Frau Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vertreten wird. Die Funktion des Wirtschaftsministers war also während der gesamten Debatte nahtlos vertreten.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist das nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Nicht anwesend, daher nehme ich an, daß das nicht der Fall ist.

Wir kommen somit zur Abstimmung.

Ich lasse zuerst über des Gesetzesbeschluß abstimmen und bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Es liegt weiters ein Antrag der Bundesräte Haunschmid und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Tourismus- und Fremdenverkehrswirtschaft vor.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit "Ja" oder "Nein".

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Namensaufruf.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Crepaz und Giesinger geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten mit "Ja" oder "Nein" bekannt.)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt:

Mit "Ja" stimmten 14 Mitglieder des Bundesrates, mit "Nein" 38.

Der Entschließungsantrag ist somit abgelehnt.

*****

Mit "Ja" stimmten die Bundesräte:

Dr. Böhm, Dr. Bösch;

Dr. d’Aron;

Eisl;


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Mag. Gudenus;

Dr. Harring, Haunschmid;

DDr. Königshofer;

Mühlwerth;

Ram, Ramsbacher;

Dr. Tremmel;

Weilharter, Windholz.

Mit "Nein" stimmten die Bundesräte:

Bieringer;

Crepaz;

Drochter;

Fischer;

Gerstl, Giesinger, Ing. Grasberger, Grillenberger, Gstöttner;

Hager, Haselbach;

Jaud;

Dr. Kaufmann, Konecny, Kraml;

Mag. Leichtfried, Dr. Liechtenstein, Lukasser;

Meier, Dipl.-Ing. Missethon;

Payer, Pfeifer, Ing. Polleruhs, Prähauser, Pühringer;

Rauchenberger, Mag. Repar, Rodek;

Schaufler, Schicker, Schöls, Steinbichler, Mag. Strugl;

Thumpser;

Vindl;

Mag. Wilfing, Winter, Wolfinger.

*****

3. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1442 und 1511/NR sowie 5814 und 5820/BR der Beilagen)


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4. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studentenheimgesetz geändert wird (1441 und 1512/NR sowie 5821/BR der Beilagen)

5. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region (1159 und 1514/NR sowie 5822/BR der Beilagen)

6. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Slowenien über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit (1388 und 1515/NR sowie 5823/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zu den Punkten 3 bis 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird,

Bundesgesetz, mit dem das Studentenheimgesetz geändert wird,

Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region sowie

Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Slowenien über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit.

Die Berichterstattung über die Punkte 3 bis 6 hat Herr Bundesrat Josef Pfeifer übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Josef Pfeifer: Herr Präsident! Hohes Haus! Zu jedem der vier Tagesordnungspunkte liegt ein schriftlicher Bericht auf. Ich möchte davon Abstand nehmen, alle vier Berichte zu verlesen, sondern stelle sogleich zu allen Punkten den Antrag – die Anträge sich gleichlautend.

Der Ausschuß für Wissenschaft und Verkehr stellt nach Beratung der Vorlagen am 15. Dezember 1998 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Da die schriftlichen Ausschußberichte vorliegen, bitte ich, davon Kenntnis zu nehmen.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich als erster Herr Bundesrat Dr. Paul Tremmel. Ich erteile es ihm.

13.29

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! – Der Herr Bundesminister war schon in Erwartung der Debatte, er ist überpünktlich, nämlich bereits früher gekommen, wofür ich ihm danke; ich nehme an, alle Mitglieder des Bundes-rates werden das tun.


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Ich möchte es kurz machen: Wir werden bei den Punkten 3: Studienförderungsgesetz und Familienlastenausgleichsgesetz, 4: Studentenheimgesetz, 5: Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich und 6: Abkommen mit Slowenien über wirtschaftlich-technische Zusammenarbeit dagegen stimmen beziehungsweise vorschlagen, einen Einspruch zu erheben.

Zu Punkt 3 der Tagesordnung: Grundsätzlich ist diese Vorlage – wenn man nach dem derzeitigen System vorgeht – eine gelungenere Novellierung als die vorhergegangenen, weil sie umfassender ist, eine breitere Palette erfaßt.

Unsere Generalkritik an dieser Vorlage ist allerdings, daß das Leistungsprinzip in diesem Zusammenhang nicht in dem Ausmaß beachtet wird, wie dies wünschenswert wäre.

Wir würden für ein anderes Modell eintreten, für ein Modell, bei dem autonom festgesetzte Leistungskriterien vorgesehen sind, wie sie teilweise auch von der Studentenschaft ausgearbeitet wurden. Es sollte drei Gruppen von Studenten geben:

Erste Gruppe: All jene Studenten, welche die von der Universität autonom für jede Studienrichtung festgelegten Leistungskriterien erfüllen, sollten Anspruch auf Unterstützung haben. Falls benötigt, sollte ihnen außerdem ein Heimplatz zur Verfügung gestellt werden. Die Höhe der staatlichen Zuwendungen an diese Studenten hätte sich an den relevanten Lebenshaltungskosten zu orientieren.

Für Studenten, die diese Kriterien nur knapp verfehlen – das ist die zweite Gruppe –, sollte ein kostenloses Studium gewährleistet sein.

Die Universitäten sollten die Ermächtigung erhalten, für die dritte Gruppe, nämlich jene Studenten, die überdurchschnittlich lange studieren – und das sollte man meiner Meinung nach beachten –, autonom Studiengebühren festzusetzen.

Mit diesem Vorschlag und diesem Modell würde nicht nur ein Leistungsanreiz, der sehr wichtig ist, für die Studenten geschaffen, sondern es bestünde auch die Möglichkeit, die derzeit langen Studienzeiten und die hohen Drop-out-Quoten – ein neudeutsches Wort –, also Ausfallsquoten, zu reduzieren. – Das ist grundsätzlich unser Vorschlag.

Ich betone noch einmal: Das konterkariert sehr stark das vorliegende Gesetz, das in diesen Bereichen, so wie es sich entwickelt hat, durchaus nicht schlecht ist. Aber wir sind der Meinung, daß man in diesem Zusammenhang andere Kriterien schaffen sollte. Deswegen zu diesem Bereich ein Nein von uns.

Nächster Punkt: Studentenheimgesetz. Ich habe selbst 14 Jahre lang ein solches Heim geleitet und glaube, hier ist die Regulierungswut, über die heute schon gesprochen wurde, fehl am Platz. Ich erinnere mich an eine Debatte, die wir geführt haben. Wir haben gesagt, daß das eigentlich Richtlinien für Studentenheime, die der Bund hat, wären. Meines Wissens hat der Bund kein einziges Studentenheim, sondern es sind diese von Gesinnungsgemeinschaften, von Gruppen und anderen errichtet worden, die einen Großteil der Mittel aufgebracht haben.

Was würden Sie dazu sagen, wenn Ihnen heute, wenn Sie eine Wohnung erwerben und einen Zuschuß aus der Wohnbauförderung bekommen, gleichzeitig mit den Auflagen auch die Form der Benützung dieser Wohnung vorgeschrieben würde? – So ähnlich kommt mir das Studentenheimgesetz vor.

Auch bei der Entstehung des alten Gesetzes, noch unter Minister Fischer damals, ist das bereits gekommen. Und man hat dann gewisse Gruppen ausgenommen – etwa die Priesterseminare –, weil dort andere Strukturen vorliegen, eine andere Form des politisch Tätigseins gegeben ist; eine hierarchische Struktur, da kann man keinen Heimsprecher bestimmen, und so weiter.

Ich finde es einfach nicht ganz fair, daß da vom Staat alles vorgegeben wird, obwohl der Staat nur einen Minderteil der Mittel beiträgt.

Ich kann hier nur für den Grazer Bereich sprechen: Das Land ist noch relativ großzügig, aber noch großzügiger ist die Stadt Graz, die überhaupt nicht daran denkt, aufgrund ihrer soge


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nannten Studentenheim-Million entsprechende Auflagen – außer jenen der fairen und der gerechten Unterbringung – vorzugeben. (Präsident Gerstl übernimmt den Vorsitz.)

In diesem Gesetz sind zu viele Auflagen vorgesehen. Das ist nicht nur kasuistisch, sondern da beansprucht der Bund eine Kompetenz, die er im Bereich der Finanzmittel nicht erfüllt. Meiner Meinung nach hat er daher auch moralisch nicht das Recht, solch ein Studentenheimgesetz zu erlassen. Deswegen werden wir bei diesem Punkt ebenfalls mit Nein stimmen.

Der dritte Bereich, den ich hier kurz anschneide, ist ein Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region. Sehr geehrter Herr Minister! Es wurde bereits in der Ausschußsitzung des Nationalrates unter anderem hinterfragt, ob Österreich mitgearbeitet hat und wie viele Bereiche beteiligt sind.

Es geht hier um Qualifikationen, und nehmen Sie etwa den medizinischen Bereich her: Gegenüber naheliegenden Gebieten, Ländern, die heute Beitrittswerber der EU sind, zum Beispiel Polen, gibt es noch immer sehr gravierende Unterschiede im Bereich der medizinischen Ausbildung, etwa im Bereich der chirurgischen Qualifikation. Und diese sollen gleichgestellt werden!

Selbstverständlich findet ein entsprechendes Verfahren statt. Auf Seite 29 der Regierungsvorlage finden Sie auch die Bewertung dieser Programme. Nur: Was ist, wenn man da zu keiner entsprechenden Bewertung kommt? Welche Sanktionen gibt es? Welche Maßnahmen gibt es? – All das ist nicht geklärt.

Ich vermisse in diesem Bereich eine entsprechende Gleichbehandlung und fürchte – ich kann es noch nicht beweisen –, daß die Qualifikationen der Österreicher teilweise unter ihrem Wert gehandelt werden.

Letzter Bereich: Übereinkommen mit Slowenien. An und für sich ist dagegen nichts zu sagen. Nur meine ich, die einzelnen Körperschaften und Institutionen haben das Recht, das durchaus aus eigenem zu machen. Dafür muß ich kein Gesetz machen.

Ich verhehle auch nicht meinen persönlichen Standpunkt zu diesen Bereichen. Derzeit findet in Slowenien die Durchleuchtung des Rechtsbestandes für die EU-Aufnahme, das sogenannte Screening-Verfahren, statt. Und wir schließen nun dieses Abkommen ab – auch wenn wir selbst sehr kritisch sind; ich merke an: Avnoj-Gesetze –, obwohl unserer Meinung nach dort ein sehr gravierender menschenrechtswidriger und völkerrechtswidriger Bereich vorhanden ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Bundesrates Mag. Gudenus. )

Wir gehen mit solch einem Abkommen den Weg einer schleichenden Anerkennung dieser Bereiche, die, wie in der Nationalratsdebatte von Schüssel versucht wurde auszuführen, totes Recht seien – da wurde der Völkerrechtler Zemanek zitiert. Es stimmt nicht! Es gibt zwei aktuelle Erkenntnisse. Und wenn wir diese Übereinkommen abschließen, werden wir das akzeptieren.

Ich möchte nicht haben, daß die Toten, diejenigen, die Vermögen verloren haben, durch eine schleichende Anerkennung um ihr Recht kommen. Deswegen werden wir auch dieser Vorlage hier nicht zustimmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.38

Präsident Alfred Gerstl: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Walter Grasberger. – Bitte.

13.38

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte eingangs festhalten, daß der im Auftrag der Bundesregierung erstellte Bericht über die soziale Lage der Studierenden in Österreich ein sehr wertvolles Stück ist, viel Wissen vermittelt. Wenn man diesen Bericht studiert, erhält man einen viel umfassenderen Einblick, wie es Studentinnen und Studenten in der Republik Österreich jetzt geht.

Eines, das einem ins Auge sticht – egal, von welcher Seite man diesen Bericht anschaut –, ist, daß ein heutiger Student absolut nicht mehr vergleichbar ist mit dem Studenten vor 20 oder 30 Jahren, nämlich hinsichtlich der Mobilität und der Flexibilität, die er zu zeigen hat. Und dies


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647. Sitzung / Seite 88

hat letztlich auch Auswirkungen auf das Studentenheimgesetz, da es zunehmend erforderlich wurde, der stärkeren Mobilität, dem häufigeren Wechsel des Wohnplatzes beziehungsweise auch des Studienplatzes Rechnung zu tragen.

Das süße Studentenleben gibt es für die überwiegende Mehrzahl von Studenten schon längere Zeit nicht mehr. Denn nicht selten gehen mit den uns allen bekannten Ausbildungsproblemen an den Universitäten letztlich auch wirtschaftliche Probleme Hand in Hand. Meiner Fraktion ist es daher ein Anliegen, finanzielle Besserstellungen für die jungen, in Ausbildung stehenden Menschen zu erreichen. Ich meine, daß das über alle Fraktionsgrenzen hinweg letztlich der Sinn sein muß.

Ich denke, daß auch die anderen Fraktionen – das Bekenntnis der Freiheitlichen haben wir schon gehört, und ich bin überzeugt, auf seiten der Sozialdemokraten wird es ähnlich sein – zustimmen werden, daß wir von seiten des Staates eine optimale Ausbildung ermöglichen sollen. Das heißt, daß auch die finanziellen Möglichkeiten für junge Menschen gegeben sein sollen, zunehmend Ausbildungsmöglichkeiten zu nutzen.

Die bislang geltenden Richtlinien zur Erreichung eines Stipendiums sind aus meiner Sicht einigermaßen restriktiv gehalten. 3 830 S im Monat, die zum Stipendium dazuverdient werden können – Stichwort Geringfügigkeitsgrenze –, plus 50 000 S in den Sommerferien sichern eher schlecht als recht einen entsprechenden Lebensstandard, den die jungen Menschen brauchen. Ich möchte hier auch festhalten, daß uns allen, so glaube ich, bewußt ist, daß es heute viel, viel schwieriger geworden ist, einen Ferialjob zu bekommen, weil das Angebot knapper geworden ist.

Einfluß auf diese Gesetzgebung hat sicherlich auch der Umstand gehabt, daß die Familienbeihilfenbestimmungen heute enger gefaßt sind, als sie es schon einmal waren.

Weiters möchte ich als Vertreter einer sehr ländlichen Region hier auch festhalten, daß es nach wie vor einen finanziellen Nachteil für Studenten gibt, die vom Land kommen und in der Stadt studieren. Im wesentlichen geht es um die Höhe der Fahrtkosten, die zu berappen sind. Ich meine, daß wir auch in der heutigen Diskussion darüber nachdenken sollten, wie wir diesbezüglich in Hinkunft Lösungen finden. Mir gegenüber klagen jedenfalls Studenten immer wieder über die hohen Kosten öffentlicher Verkehrsmittel zwischen Stadt und Land, die ein ordentliches Loch ins Geldbörsel des Studierenden reißen.

Konkret kommt es aber mit dem neuen Studienförderungsgesetz zu einer Erhöhung der Stipendien um durchschnittlich etwa 5 Prozent. Die Zahlen kennen Sie, glaube ich, aus der Vorlage: ab März 1999 knapp 70 000 S jährlich, ab dem Jahr 2000 nochmals 3 000 S pro Jahr mehr für Studierende, die bei ihren Eltern wohnen können, für Studierende, die eine Wohnung am Studienort benötigen, kommen nochmals 30 000 S hinzu.

Völlig neu – und das wurde bisher nicht angesprochen – ist ein sogenanntes Studienabschlußstipendium, mit dem in der Abschlußphase des Studiums 15 000 S monatlich an Unterstützung gegeben werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Im wesentlichen betrifft das Studierende, die jünger als 38 Jahre sind und sich länger als vier Jahre in Erwerbstätigkeit befanden.

Eine Kleinigkeit am Rande: Die Studienbeihilfenbehörde muß künftig auch eine Kostenrechnung führen, und die Studienbeihilfen werden nicht mehr nur zehnmal pro Jahr, sondern in Hinkunft zwölfmal pro Jahr angewiesen.

Die Volkspartei hätte – ähnlich, wie es von Dr. Tremmel seitens der Freiheitlichen hier angeklungen ist – eine noch weiterreichende Reform der Studienförderungen in die Verhandlungen eingebracht. Konkret wäre eine pauschale Zuverdienstgrenze von 150 000 S zum Vorschlag gestanden. Diese wurde letztlich – ich sage jetzt einmal: vorerst – nicht akzeptiert.

Schließlich möchte ich auch darauf hinweisen, daß die Forderung unseres Familienministers unter dem Titel "Karenzgeld für alle" auch dem einen oder anderen Studierenden in seiner wirt


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schaftlichen Lage helfen würde. Auch das möchte ich im Zusammenhang mit diesem Gesetzestext, der uns zur Beschlußfassung vorliegt, hier einbringen.

Alles in allem also eine zwar aus Sicht der Volkspartei noch nicht völlig zufriedenstellende Reform der Studienförderung, der wir aber unsere Zustimmung geben werden. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.45

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Wolfgang Hager. Ich erteile dieses.

13.45

Bundesrat Wolfgang Hager (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich werde in meinen Ausführungen auf das Studienförderungsgesetz und das Studentenheimgesetz eingehen. Ich werde die Zahlen, die Herr Kollege Grasberger schon genannt hat, nicht mehr wiederholen, ich möchte nur allgemein festhalten:

Ein wesentliches Ziel der Reform des Studienförderungsgesetzes wird klar erreicht, nämlich daß der Student in der Studienabschlußphase nicht mehr zwangsläufig einer Berufstätigkeit neben dem Studium nachgehen muß, um seinen Lebensunterhalt zu sichern. Mit dieser Regelung wird meiner Meinung nach eine wesentliche Verbesserung für die Studierenden erreicht, weil sie sich im letzten Studienjahr tatsächlich auf den Abschluß konzentrieren können. Damit können in Zukunft die Drop-out-Raten, die so gerne zitiert werden, sicherlich entscheidend reduziert werden.

Es ist nun einmal eine Tatsache, daß viele Studenten sehr lange studieren. Dies ist aber nicht unbedingt – zumindest nicht überwiegend – auf mangelnden Einsatz zurückzuführen, sondern durchaus auf wirtschaftliche Sachzwänge. Der Abschluß eines Studiums wird ständig hinausgezögert, weil das intensive Studium in der Zeit des Abschlusses neben einer beruflichen Tätigkeit nicht möglich ist.

Die überproportionale Anhebung der Studienbeihilfen für ältere Studierende und die Schaffung einer Studienabschlußförderung sind sehr zu begrüßen. Mit der Erhöhung der Studienbeihilfen auf eine den Lebenshaltungskosten realistisch angepaßte Summe ist ein sinnvoller Schritt gelungen, der tatsächliche und spürbare Verbesserungen für die Studierenden bringt.

Vor allem bringt diese Reform auch eine zielsichere Förderung. Die zusätzlichen Mittel erhalten erfolgreiche Studenten, die es sich sonst nicht leisten könnten, zu studieren, und vor allem – ich wiederhole es nochmals – erhalten diese Studenten nun Förderungen, die es ihnen ermöglichen, sich wirklich auf das Studium zu konzentrieren.

Der freie Zugang zu den Universitäten auch für Studenten aus niedrigen Einkommensschichten und der Fortschritt des Studiums in einem vernünftigen Zeitrahmen sind nur dann gewährleistet, wenn man die existentiellen Sorgen von den Studenten nimmt.

Um diesen Punkt abzuschließen, möchte ich auch noch auf die Fortschritte hinweisen, die hinsichtlich der Berücksichtigung von Zivil- und Präsenzdienstzeiten erreicht wurden und auch hinsichtlich der Förderung von behinderten Studenten.

Noch ein paar Worte zum Studentenheimgesetz. Das Gesetz trägt dem Umstand Rechnung, daß die Studenten zunehmend flexibler und mobiler werden, was ihren Studien- und Wohnort betrifft. Bisher haben die Träger der Studentenheime sehr lange Kündigungsfristen festgelegt – aus ihrer Sicht auch verständlich, da die wirtschaftliche Auslastung der Heime sicherzustellen ist. Nunmehr ist eine Lockerung dieser starren Fristen festgelegt und gleichzeitig auch die Möglichkeit von vorübergehenden Gastverträgen geschaffen worden. Diese Bestimmungen sind zu begrüßen, da damit der Flexibilität der Studierenden kein gesetzliches Hemmnis mehr entgegensteht.


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Eine klare Definition der Kriterien der sozialen Bedürftigkeit und des günstigen Studienfortschrittes als Voraussetzung für einen Heimplatz sind ebenfalls ein positiver Teil dieses Gesetzes.

Meine Fraktion wird den Vorlagen die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.48

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. Ich erteile dieses.

13.48

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Im wesentlichen ist die Novellierung des Studienförderungs- und des Familienlastenausgleichsgesetzes ja eine Maßnahme, die gesetzt worden ist, um die Schärfen der Strukturanpassungsgesetze von 1995 und 1996 auszugleichen beziehungsweise wieder rückgängig zu machen.

Es spricht überhaupt nichts dagegen, daß soziale Bedürftigkeit beim Studium berücksichtigt wird, und es ist sicherlich zu begrüßen – da sind wir einer Meinung –, daß alle studieren können sollen, also natürlich auch jene, wie es Kollege Hager vor mir schon gesagt hat, die sich das finanziell grundsätzlich nicht leisten können.

Jedoch hiezu muß ich schon sagen: So richtig das ist und so begrüßenswert das ist, aber dann muß ich auch verlangen können, daß jene Studenten, deren materieller Lebensunterhalt abgesichert wird, auch die entsprechenden Leistungen erbringen. Ich glaube nicht, daß man den Studenten dann unbedingt einen Polster von einem Semester hier und einen Polster von zwei Semestern dort geben muß – außer in wirklich ganz extremen Härtefällen. Aber das könnte man dann im Einzelfall regeln. Es gibt ja Ansätze, daß der Minister das durch Verordnung machen kann, etwa bei den Behinderten zum Beispiel.

Das Studium sollte – dessen müssen wir uns schon bewußt sein – ein Lebensabschnitt sein. Es ist aber oft so, daß es für die Studenten zu einer Lebensform zu werden beginnt – zum Teil auch mit einem Polster, auf dem man sich dann doch mehr oder weniger ausruhen kann.

Es ist ja auch oft die Frage, ob ein Student, der jetzt eine Studienrichtung wählt, mit dem Studium auch tatsächlich die richtige Wahl getroffen hat – nicht sosehr mit der Fachrichtung allein, sondern mit der grundsätzlichen Entscheidung, ein Studium zu beginnen oder nicht.

Dazu muß man – und ich tue das immer wieder gerne, weil es halt immer noch stimmt –, auch wenn es nicht unmittelbar zum Studienförderungsgesetz gehört, aber indirekt gehört es natürlich schon dazu, auf die Frage der Schulbildung zurückgehen. In Wien haben wir eine Quote von 80 Prozent, die in die AHS strömen. Und das schaut schließlich so aus, daß die Absolventen einer AHS dann keine Lehre mehr beginnen, sondern meistens an die Universitäten gehen. Aber es stellt sich immer wieder heraus, daß das doch nicht die richtige Entscheidung war, jedoch irgendwo bleibt man dann hängen. Also die soziale Bedürftigkeit ist nicht das allein ausschlaggebende Argument dafür, daß es hohe Drop-out-Raten gibt, sondern oft genug ist es so, daß die falsche Entscheidung getroffen worden ist.

Es ist ja leider dadurch, daß vor allem in Wien – im ländlichen Bereich ist es ja nicht so kraß, aber in Wien schon – die Hauptschule derart kaputtreformiert worden ist, daß sie zu einer Restschule verkommen ist, zu einer Verschiebung gekommen. Das, was früher ein gut ausgebildeter Lehrling, der dann Facharbeiter wurde, gemacht hat, macht heute ein HTL-Absolvent. Das, was früher ein Handelsschüler gemacht hat, macht heute schon ein HAK-Absolvent, und das, was ein HAK-Absolvent gemacht hat, macht heute ein Magister der Betriebswirtschaft. Ich glaube, daß das eine falsche Entwicklung ist, und daher muß man Studienförderungen und das Studium insgesamt auch immer unter diesem Blickwinkel sehen.

Auf der anderen Seite haben wir in dem Gesetz aber doch wieder – wie ich jedenfalls meine – einige Härten. Ich verstehe zum Beispiel nicht, warum jemand die Höchststudienbeihilfe von


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8 330 S erst dann erhalten kann, wenn er sich vier Jahre lang schon selbständig erhalten hat. Das heißt, er muß vier Jahre warten und das tun, was Sie eigentlich von Haus aus nicht wollen, nämlich neben seinem Studium auch noch schauen, daß er durch Arbeit seinen Lebensunterhalt bestreiten kann.

Gleichzeitig – und das zeigt auch, daß der Leistungsgedanke bei Ihnen offensichtlich nicht verankert ist – wurde bei den Leistungsstipendien der Budgetanteil ganz locker von 1,5 Prozent auf 1 Prozent gekürzt und vorgesehen, daß diese Fördermittel, die der besonders Leistungswillige und Begabte bekommt, erst nach Ende eines Studienabschnitts beziehungsweise nach Ende des Studiums ausbezahlt werden, obwohl in der Regierungsvorlage sehr wohl vorgesehen ist, daß ein Professor seine Meinung dazu abgeben kann, ob der Student in entsprechendem Maße aufgrund besonderer Leistung weiterstudieren wird können. Das, glaube ich, ist eher leistungsfeindlich. Aber das ist ja nichts Neues, das sind wir ja gewöhnt. Das ist aber leider kein Anreiz.

Schon gar nicht verstehe ich, warum ein ÖH-Vertreter, also jemand, der sich politisch an der Uni betätigt, bis zu vier Semester zusätzlich bekommen muß. Wenn ein Student während seiner Studienzeit für sich selbst entscheidet, daß er politisch tätig ist, dann ist das sein Privatvergnügen, dann muß man ihm nicht noch einen zusätzlichen Studienpolster geben – noch dazu, wenn man sich die ÖH-Wahlen anschaut und sieht, wie sie von den Studenten allgemein angenommen werden!

Das heißt, Herr Minister, das Gesetz bleibt auch diesbezüglich einmal mehr auf halbem Wege stehen, und daher würde ich meinen: Für uns ist dieses Gesetz bei der Prüfung durchgefallen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.55

Präsident Alfred Gerstl: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird.


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studentenheimgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Slowenien über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit.

Da der vorliegende Beschluß Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

7. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz über die Vertretung der Studierenden an den Universitäten (Hochschülerschaftsgesetz 1998 – HSG 1998) (1470 und 1513/NR sowie 5824/BR der Beilagen)

Präsident Alfred Gerstl: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung: Hochschülerschaftsgesetz 1998 – HSG 1998.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Josef Pfeifer übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Josef Pfeifer: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der gegenständliche Bericht liegt schriftlich auf. Ich möchte deshalb davon Abstand nehmen, ihn zu verlesen, sondern erkläre nur:

Der Ausschuß für Wissenschaft und Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 1998 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte um Durchführung der Debatte.

Präsident Alfred Gerstl: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm. Ich erteile dieses.

13.59

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Mit dem im Nationalrat beschlossenen Bundesgesetz über die Vertretung der Studierenden an den Universitäten wird das Hochschülerschaftsgesetz 1973 zur Gänze ersetzt. Zwar erklärt sich dies daraus, daß das bisher geltende Gesetz nicht mehr den rechtlichen Rahmenbedingungen entspricht, die durch das Universitäts-Studiengesetz 1997 einerseits und das Universitäts-Organisationsgesetz 1993 beziehungsweise das Kunsthochschul-Organisationsgesetz 1998 andererseits geschaffen worden sind. Das bedeutet aber noch nicht, daß diese vollständige Neufassung auch inhaltlich


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geglückt wäre. Ganz im Gegenteil! War schon das alte ÖH-Gesetz keineswegs ein legistisches Glanzstück, so stellt das vorliegende Gesetzesvorhaben demokratiepolitisch betrachtet geradezu einen Rückschritt dar. Das ist der maßgebliche Grund dafür, warum ihm meine Fraktion die Zustimmung versagen wird.

Lassen Sie mich nur zwei Beispiele für den kritikwürdigen Abbau von Hochschuldemokratie anführen. Zum einen die Zusammensetzung der Wahlkommissionen: In Zukunft soll ihnen von seiten der Studierenden nur noch je ein Vertreter oder eine Vertreterin der drei an Stimmen stärksten Gruppen der letzten Bundesvertretung angehören. Diese Ausschaltung aller übrigen wahlwerbenden Gruppen hielte ich, um Mißdeutungen zu vermeiden, selbstverständlich auch dann für undemokratisch, wenn eine freiheitliche Gruppierung zu den drei stärksten zählte. Das Recht, einen Beobachter in die Wahlkommission zu entsenden, gleicht den Ausschluß von der Mitwirkung an der Willensbildung dieses bedeutsamen Organs keineswegs aus.

Bei allem Verständnis für das Bemühen um die Funktionsfähigkeit der in der Praxis leider tatsächlich oft sich selbst paralysierenden oder gezielt lahmgelegten Organe der ÖH vermag ich insbesondere auch folgender Regelung nicht zuzustimmen: Gemäß § 39 Abs. 4 zweiter Satz entscheidet der Vorsitzende alleine, falls kein Beschluß der Wahlkommission zustande kommt. Fehlendes Verantwortungsgefühl und fehlendes Demokratiebewußtsein durch autoritäre Entscheidungsmechanismen auszugleichen, scheint mir auch vom Erzieherischen her nicht der richtige Weg zu sein.

Mein zweites Beispiel gilt dem Abbau direkter Demokratie. Ersatzlos wurde die bisherige Einrichtung der Hörerversammlungen abgeschafft. Wollten die etablierten ÖH-Funktionäre sich einer solchen Kontrolle durch die im Politjargon so genannte Basis entziehen? Und weshalb haben das Bundesministerium und die Regierungsparteien diesem undemokratischen Anliegen so willfährig Rechnung getragen?

Aus der Fülle weiterer Kritikpunkte greife ich noch folgenden auf: Gemäß § 24 genügt für die Wahl des Vorsitzenden und der zwei Stellvertreter die Anwesenheit von lediglich einem Drittel der Stimmberechtigten und im vierten und letzten Wahlgang die relative Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen. Dabei gelten Stimmenthaltungen als nicht abgegebene Stimmen. Es ließe sich anhand von Rechenbeispielen überaus deutlich machen, mit welch unzureichender demokratischer Legitimation somit künftig leitende Funktionen in den ÖH-Vertretungen erlangt werden können. Für die Abwahl gelten demgegenüber viel strengere Quoren.

Zuletzt nehme ich zum umstrittenen Thema des passiven Wahlrechtes ausländischer Studierender Stellung. Gewiß ist diese Erweiterung des Kreises der passiv Wahlberechtigten auf Studierende eingeschränkt, die Staatsangehörige der Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind. Bezeichnenderweise war dies dem Liberalen Forum und den Grün-Alternativen nicht weitreichend genug, wollten sie doch die Wählbarkeit in sämtliche Funktionen auf alle ausländischen Studierenden ausdehnen.

Welchen Fremdkörper in unserem Rechtssystem selbst die Einbeziehung der Hörer aus EWR-Staaten bedeutet, wird schon durch die Notwendigkeit hinlänglich klar, den einschlägigen § 35 Abs. 2 in den Verfassungsrang zu erheben. Daran stört mich jedoch nicht allein dieses von uns Freiheitlichen entschieden abgelehnte Vorgehen, grundsätzliche Regelungen unserer Verfassung durch zahllose spezielle Verfassungsbestimmungen zu durchbrechen und damit immer weiter auszuhöhlen, vielmehr ist auch in der Sache selbst festzuhalten, daß nicht nur das Recht der Europäischen Union beziehungsweise des EWR keine entsprechende Verpflichtung vorsieht, sondern meines Wissens kaum ein anderer Vertragsstaat die Gegenseitigkeit beobachtet, daß heißt, österreichischen Studierenden gleiche Rechte einräumt. Nicht zum erstenmal erbringen wir auch hier wieder eine einseitige Vorleistung.

Aber es ist eben auch gar kein Zufall, daß unsere Vertragspartner nicht so weit gehen, und ebensowenig bloße Formalität, daß wir hiezu einer eigenen Verfassungsbestimmung bedurften, denn kein anderes Land hat die Interessenvertretung der Studierenden als öffentlich-rechtlichen Selbstverwaltungskörper organisiert und mit derart weitreichenden öffentlichen, zum Teil sogar


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hoheitlichen Funktionen ausgestattet wie Österreich, also mit Funktionen, die nach unserer Verfassung an sich Inländern, wenn nicht sogar öffentlich Bediensteten vorbehalten sind. Nirgends geht auch die Mitbestimmung, selbst in reinen Wissenschaftsfragen, so weit wie bei uns.

Um auch dies nochmals zu verdeutlichen: In Zukunft wird es dann auch möglich sein, ausländische Studierende mit der Staatsbürgerschaft eines EWR-Mitglieds selbst in Habilitations- und in Berufungskommissionen zu entsenden. Eben diese Kommissionsmitglieder könnten bei knappen Abstimmungen sogar zum Zünglein auf der Waage werden. Sie würden in solch einem Fall den Ausschlag dafür geben, wer bei uns die Venia docendi, also die Lehrbefugnis, erhält oder nicht beziehungsweise wer bei uns als Professor vorgeschlagen wird und wer nicht.

Das erachten wir als sachlich nicht gerechtfertigt – übrigens in guter Gesellschaft der Regierungsparteien, die sich ja zu einem gleichartigen Verstoß, etwa bei den Wahlen zur Bundeswirtschaftskammer, bis heute nicht durchringen wollen.

Aus all diesen demokratiepolitischen Bedenken lehnt meine Fraktion das Hochschülerschaftsgesetz 1998 ab und wird ihm die Zustimmung versagen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.06

Präsident Alfred Gerstl: Als nächste hat sich Frau Bundesrätin Therese Lukasser zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

14.06

Bundesrätin Therese Lukasser (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Nach Herrn Professor Böhm ist es natürlich sehr schwierig, zu diesem Thema zu sprechen, aber bitte nehmen Sie meine Gedanken als die einer Betroffenen.

Der Hauptschwerpunkt der nunmehrigen Vorlage ist die Einführung des passiven Wahlrechtes – wie bereits Professor Böhm ausgeführt hat –, und zwar für Studierende mit EWR-Staatszugehörigkeit. Die Einführung dieses passiven Wahlrechtes stellt eine langjährige Forderung der Österreichischen Hochschülerschaft dar und wird grundsätzlich von sämtlichen in der Österreichischen Hochschülerschaft vertretenen Fraktionen seit Jahren massiv gefordert.

Die derzeitige Regelung, wonach ein Teil der EU-Bürgerinnen und -Bürger, nämlich die Südtiroler, passiv wahlberechtigt ist, während andere nichtösterreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger davon ausgeschlossen sind, widerspricht insbesondere den Bestimmungen des Artikels 6 des EG-Vertrages, wonach jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten ist.

Ich möchte noch einmal die Ziele der Vorlage aufzählen: zunächst die Anpassung des Hochschülerschaftsrechtes an die neue Rechtslage im Organisations- und Studienrecht für Universitäten, dann die Herstellung entsprechender Strukturen in den Hochschülerschaften und – wie schon mehrfach ausgeführt – eben die Ausdehnung des passiven Wahlrechtes auf Studierende mit EWR-Staatsangehörigkeit, dann eine legistische Neufassung des Hochschülerschaftsrechtes und schließlich die Formulierung der personenbezogenen Bezeichnungen in der weiblichen und männlichen Sprachform.

Und nun einige persönliche, subjektive Bemerkungen. Ich hätte Ihnen gerne erzählt, wie es mir 14 Tage nach Vorlesungsbeginn ergangen ist, als ich eine ÖH-Zentralstelle kontaktieren wollte und gerne einen Gegenwert für meine 3 360 S, die ich inzwischen eingezahlt habe – zweimal im Jahr 185 S –, gehabt hätte:

Auf der für mich zuständigen Tür ist gestanden: "Wir sind für sie unterwegs". Ich möchte es nicht weiter ausführen, jedenfalls bin ich von einem Institut in das andere verwiesen worden und schließlich hat man mir dann gesagt – es war ein Freitag vormittag um halb zehn –: Ja, Sprechstunden Dienstag und Donnerstag von 10 bis12 Uhr. Und ich habe gesagt: Ich komme 200 Kilometer aus Osttirol her. Die Antwort: Das tut mir leid für Sie.


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Also mein persönlicher Eindruck war, daß Informationen eher unwillig gegeben werden, und am Gesichtsausdruck war abzulesen: lästige Senioren. Ich meine und bin davon überzeugt, daß das natürlich eine Erfahrung war, die vielleicht eher zur Minderheit gehört. Ich möchte es so werten.

Ich habe auch eine andere Erfahrung. Die ÖH-Linz schickt mir jede Woche ihren "Wochenkurier". Darin sind sehr interessante Dinge zu lesen. Ich möchte das nicht näher aufzählen, aber das reicht vom Frauenreferat über BWL im Ausland bis hin zum Wichtigsten, zu den Speiseplänen der Woche, wo man um 49 S bis 58 S alles bis zum Cordon bleu und, was weiß ich noch, bekommt, einschließlich Getränk. – Also das Bemühen ist sicher vorhanden.

Für die meisten Studierenden, mit denen ich gesprochen habe – ich habe inzwischen ein halbes oder ein ganzes Dutzend Neffen und Nichten, die sich auch beteiligt haben, die auch in der ÖH tätig waren –, bedeutet ÖH, weil nicht einsichtig – für mich ist es jetzt, nachdem ich die Regierungsvorlage gelesen habe, einsichtig –, das Ärgernis, zweimal im Jahr den verpflichtenden Beitrag zahlen zu müssen. Für manche Studierende ist die ÖH ein Teil ihres Lebens. Wenn man sie fragt: Warum machst du denn das?, dann heißt es: Ich möchte mich für meine Mitstudierenden einsetzen. Oder manche haben sogar den idealistischen Glauben, die Gesellschaft verändern zu können, manche planen ihre Karriere, und manche – wie es im täglichen Leben auch ist – haben einfach Lust am "Gschaftln". Das sind in etwa die Gründe für die Mitarbeit bei der ÖH.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verzeihen Sie mir diese sehr persönlich gehaltenen Ausführungen.

Ich darf abschließend sagen: Mit der vorliegenden Novelle werden 56 Prozent der ausländischen Studierenden passiv wahlberechtigt sein. Meine Fraktion sieht darin ein wichtiges Zeichen, gerade in Zeiten des österreichischen EU-Vorsitzes, und erteilt gerne ihre Zustimmung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.13

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach.

14.13

Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das ÖH-Gesetz gehört zu dem Bereich der österreichischen Gesetzgebung, der Mitbestimmung fördert und auch fordert und damit zur Durchflutung verschiedenster gesellschaftlicher Bereiche mit Demokratie beiträgt. Das gefällt halt manchen nicht, aber, meine Damen und Herren, wir wissen, wie ungeheuer wichtig für die Demokratie insgesamt eine funktionierende, selbstbewußte zivile Gesellschaft ist.

Wir Sozialdemokraten bekennen uns ausdrücklich und mit allem Nachdruck zu den Körperschaften öffentlichen Rechts, die ihre Angelegenheiten in Selbstverwaltung regeln. (Beifall bei der SPÖ.) Daß Argumente wie schwache Wahlbeteiligung bei Gegnern der Selbstverwaltungskörper herhalten müssen, um deren Existenzberechtigung in Frage zu stellen, das kann nicht akzeptiert werden. Denn in Gesellschaften, deren Bekenntnis zur Demokratie wesentlich länger ungebrochen ist, als es bedauerlicherweise bei uns der Fall war, zweifelt niemand an der demokratischen Legitimität einer mit 30prozentigen Wahlbeteiligung zustande gekommenen Regierung oder Wahl eines Staatsoberhauptes.

Demokratie, demokratisches Verhalten, Dialogfähigkeit, Respekt vor der Meinung anderer und Kompromißfähigkeit müssen erlernt und ständig geübt werden. Auch daher begrüßen und verteidigen wir mit allen zu Gebote stehenden Mitteln die gesetzlichen Interessenvertretungen. – Soweit zum Grundsätzlichen.

Nun zum Gesetz selbst. Selten war für mich die Lektüre der Erläuterungen zur Regierungsvorlage so aufschlußreich wie diesmal. Denn da war herauszulesen, wie sehr der Ministerialentwurf geprägt war von einer deutlichen demokratischen Reife. Diese deutliche demokratische


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Reife hat sich eben in der Zusammenarbeit von Ministerium und Österreichischer Hochschülerschaft gezeigt.

Herr Bundesminister! Dafür ist Ihnen und den Beamten Ihres Hauses wirklich zu danken. Schade, daß einiges dann für die Regierungsvorlage abgeschwächt beziehungsweise nicht mehr aufgenommen wurde.

Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang eine ganz persönliche Meinung: In einigen Bereichen erscheint mir die Leine, an der die Österreichische Hochschülerschaft gehalten wird, doch recht kurz zu sein. Man darf doch nicht vergessen, daß die in Funktionen gewählten Studierenden keine Tschapperln mehr sind, sondern eigenverantwortliche Erwachsene.

Um das auch mit Beispielen zu erklären: Mir hätte die Medienteilrechtsfähigkeit, wie sie in den §§ 16 und 18 vorgesehen gewesen wäre, eigentlich ganz gut gefallen. Oder nehmen wir die Regelung in § 4 beziehungsweise § 14; das liest sich ja teilweise so, als müßte mit großem Bedacht der Rektor vor zu erwartendem jugendlichem Rabaukentum geschützt werden. Aber vielleicht bin ich da übersensibel, nur, es hilft halt nichts, mir gefällt die Sprache nicht.

Jetzt zum § 35, der ja auch schon angesprochen wurde. Auch hier wiederhole ich ein "schade". Das passive Wahlrecht für alle Studierenden wäre natürlich im Sinne einer Interessenvertretung für alle gewesen. Die Regelungen des § 21 Z 2 – dort geht es um die Vertreter in staatlichen Behörden und damit um den Anwendungsbereich des Staatsgrundgesetzes aus 1867 – heranzuziehen, um Nichtösterreichern das passive Wahlrecht zu verwehren, das tut mir wirklich leid. Man hätte fürwahr ein gutes Signal senden können, denn ich frage mich: Wovor fürchtet man sich? Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Es soll aber noch ganz kurz auch Positives hervorgehoben werden. Die Verlängerung der Zeit zur Erlangung von Studienförderung auf vier Semester wird sicher dazu beitragen, daß begabte junge Menschen sich eher bereit finden werden, Aufgaben im Bereich demokratischer Institutionen zu übernehmen. Ein anderes Beispiel, das ich für sehr positiv halte: Die Möglichkeit, anstelle von Einzelprüfungen eben kommissionelle Prüfungen ablegen zu können, ist ein ordentlicher Schutz von Studierenden, die aufgrund der Haltung und Meinung, die sie im Rahmen ihrer Funktionen in der ÖH einnehmen, unter Umständen das Mißfallen eines einzelnen akademischen Lehrers erregen könnten.

Vieles mehr wäre noch positiv zu erwähnen, aber weil wir heute eine sehr umfangreiche Tagesordnung mit einer sehr langen Rednerliste haben, werde ich mich kurz halten und abschließen. Daher, meine Damen und Herren: Alles in allem ist es ein gutes Gesetz, gegen dessen Beschluß im Nationalrat wir keinen Einspruch erheben werden. (Beifall bei der SPÖ.)

14.20

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile es ihm.

14.20

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wie schon mein Vorredner ausführte, werden wir Freiheitlichen diesen Vorlagen nicht unsere Zustimmung geben. Es ist insbesondere das passive Wahlrecht, welches unser Mißfallen erweckt.

In Österreich studieren derzeit rund 230 000 Studenten. Von diesen 230 000 Studenten sind 27 000 Ausländer, und von diesen 27 000 Ausländern sind etwa 15 000 EU-Ausländer, jene, die im Rahmen des § 35 Abs. 2 passiv wahlberechtigt sind.

Die Diskussion über die aktive und passive Wahlberechtigung ist schon sehr alt. Schon als ich im Zentralausschuß der Österreichischen Hochschülerschaft saß – ungefähr im Jahre 1970 –, war das ein Thema. Es ging dabei aber um die aktive Wahlberechtigung. Wir Freiheitlichen haben diesem Ansinnen mit einer Ausnahme immer eine Abfuhr erteilt. Diese Ausnahme war Südtirol.


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Südtirol wird durch die neue Gesetzgebung, die Sie heute hier beschließen wollen, schlechter gestellt. Es gilt von nun an wieder – so wie es in der großen Politik ist – als Italien. Die Vorteile, die wir unserem ehemaligen Kronland, unserem Gesamtkronland Tirol geben wollten – mit den Worten, die im Jahr 1919 auch den Ausspruch "Niemals vergessen!" von vielen Abgeordneten hier im Hohen Haus beinhalteten –, werden hiemit über Bord geworfen. Sie werden nun doch vergessen. Das heißt, sie werden natürlich von uns nicht vergessen werden. Das ist auch nicht Ihre Absicht – auch nicht die Absicht jener, die diesem Gesetz zustimmen, davon bin ich überzeugt. Oder, Herr Kollege?

Dieses Gesetz ist aber gegen unsere Historie, es ist gegen mein persönliches Fühlen und gegen das Fühlen des einen oder anderen – hoffentlich recht vieler – hier im Haus, auch in diesem Saal.

Südtirol ist uns bei vielen unserer politischen Reden immer ein besonderes Anliegen gewesen. Es gibt fast keine Thematik, bei der man nicht den Südtirolern – wie soll man sagen? – für ihre geschichtliche Bindung an diesen Staat das Wort gegeben hat, bei der man sie nicht beteiligt hat, bei der man sich ihrer nicht zumindest erinnert hat, sie erwähnt und ihnen versprochen hat, ihre Anliegen zu vertreten.

Diesem Anspruch wird dieses Gesetz nicht gerecht. Wenn Frau Kollegin Haselbach meint, daß das ÖH-Gesetz die Mitbestimmung und damit die Durchblutung der Österreichischen Hochschülerschaft beziehungsweise der Universitäten fördert, dann kann ich nur sagen, das ist eine nette Absicht von ihr. Man kann wenig dagegen sagen: Durchblutung ist immer gesund, dem kann man schwer widersprechen.

Aber sollte nicht die Durchblutung einer Universität vielmehr mit aktuellem Wissen, mit Wissensdrang, mit schnellen Studienerfolgen, mit Menschen, die endlich selbständig aus den Studien hervorgehen und in der Republik oder wo auch immer ihre Aufgabe finden, einhergehen? Sollte das nicht wichtiger sein als hier basisdemokratische räterepublikanische Attitüden hochzuhalten? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Natürlich: Auch wir sagen ein großes Ja zur Mitbestimmung, meine Damen und Herren, ein großes Ja zur Mitbestimmung auf Gebieten, in denen die Hochschülerschaft, die Studenten die Einsicht und das Fachwissen haben. Ich möchte aber jetzt nicht die Mitbestimmungsdebatte auf der Hochschule aufwärmen; das wurde immer wieder bei diesem Gesetz oder ähnlichen Gesetzen gemacht.

Grundsätzlich kann man bei einer Blinddarmoperation wirklich nur dann mitreden, wenn man entweder der ist, der den Blinddarm hat, oder der Arzt ist, der ihn herausnimmt. All die anderen, die nur zuschauen – Familienmitglieder und etwaige Neugierige –, haben wenig Einsicht in die Angelegenheit. Und so gibt es viele Fachgebiete auf hochschulpolitischem Gebiet, bei denen ich meine, jeder hat seinen Platz: Hier ist der Professor, da ist der Lehrkörper und dort sind die Studenten. Und Studenten sollen lernen, und die Professoren und der Lehrkörper sollen lehren. Und darüber kann man mit Mitbestimmung eigentlich kaum befinden. (Bundesrat Pfeifer: Und die Studenten dürfen nie demonstrieren!)

Zum passiven Wahlrecht meine ich folgendes: Hier ist die Republik Österreich, welche die Ausgaben für diese Universitäten trägt. Hier lebt der österreichische Steuerzahler, der diese Ausgaben zahlt. Wo ist die Verantwortung eines ausländischen Funktionärs, der unter Umständen oder mit großer Wahrscheinlichkeit bald nach dem Studium oder noch vor Studienende – wenn er es je zu Ende bringt – das Land verläßt? Welche Verantwortung übernimmt er?

Bei den Österreichern haben wir immerhin den Familienrückhalt. Wenn ein Student schlecht ist, dann sagen die Eltern zu ihm: "Paß auf, Bub, lern was, mach weniger Studentenpolitik! Und das, was du machst, ist Käse oder vielleicht ist es sogar gut. Aber lern was, schau, daß du durchkommst. Wir müssen das ja alles zahlen!" – Ich spreche dabei aus Erfahrung. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Pfeifer: Haben Sie das zu Dr. Haider gesagt?)


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Mancher von uns hat auch seine Kinder auf der Universität und würde sich wünschen, daß sie verantwortungsbewußt für diese Republik arbeiten. Wir können es niemals von einem Ausländer erwarten, verantwortungsbewußt für unsere Kosten zu sein, während er auf unsere Kosten für diese Republik arbeitet. Aus diesem Grund lehnen wir dieses Gesetz mit Nachdruck ab! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.26

Präsident Alfred Gerstl: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? (Bundesrat Pfeifer: Nein danke!)  – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

8. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 über ein Bundesgesetz betreffend den Amateurfunkdienst (Amateurfunkgesetz 1998 – AFG) (1218 und 1497/NR sowie 5825/BR der Beilagen)

9. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 über ein Bundesgesetz betreffend Funker-Zeugnisse (Funker-Zeugnisgesetz 1998 – FZG) (1250 und 1498/NR sowie 5826/BR der Beilagen)

10. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Zusatzprotokoll vom 26. März 1998 zum Übereinkommen über die Regelung der Schiffahrt auf der Donau vom 18. August 1948 samt Unterzeichnungsprotokoll (1220 und 1499/NR sowie 5827/BR der Beilagen)

11. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz geändert wird (2. TKG-Novelle) (1468 und 1496/NR sowie 5828/BR der Beilagen)

Präsident Alfred Gerstl: Wir gelangen nun zu den Punkten 8 bis 11 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

Amateurfunkgesetz 1998 – AFG,

Funker-Zeugnisgesetz 1998 – FZG,

ein Zusatzprotokoll vom 26. März 1998 zum Übereinkommen über die Regelung der Schiffahrt auf der Donau vom 18. August 1949 samt Unterzeichnungsprotokoll sowie


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ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 8 bis 11 hat Herr Bundesrat Engelbert Weilharter übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Engelbert Weilharter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Verkehr betreffend das Amateurfunkgesetz liegt in schriftlicher Form vor, sodaß ich mit Ihrem Einverständnis auf einen inhaltlichen Vortrag verzichte. Ebenso verhält es sich mit dem Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Verkehr betreffend das Funker-Zeugnisgesetz. Und der gleiche Umstand ist gegeben beim Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Verkehr betreffend das Übereinkommen über die Regelung der Schiffahrt auf der Donau vom 18. August 1948 samt Unterzeichnungsprotokoll. Meine Damen und Herren! Auch der Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Verkehr betreffend das Telekommunikationsgesetz liegt in schriftlicher Form vor, sodaß ich bei allen vier Materien auf einen inhaltlichen Vortrag verzichte und sich mein Bericht nur auf die Antragstellung beschränkt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Wissenschaft und Verkehr stellt nach Beratung der Vorlagen am 15. Dezember 1998 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben. Dieser Antrag erstreckt sich auf alle vier Vorlagen.

Präsident Alfred Gerstl: Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Peter Polleruhs. Ich erteile ihm dieses.

14.29

Bundesrat Ing. Peter Polleruhs (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wie wir vom Vorsitzenden gehört haben, werden in dieser Debatte vier Gesetzesänderungen unter einem abgeführt und es wird danach gesondert darüber abgestimmt. Erlauben Sie mir, in Kurzform auf alle vier Materien einzugehen.

Das erste Bundesgesetz betrifft den Amateurfunkdienst. Dazu ist zu bemerken, daß das derzeit geltende österreichische Amateurfunkrecht mehr oder weniger auf einem Bundesgesetz aus dem Jahre 1972 aufgebaut ist. Diese Rechtsnorm wurde vor mehr als 40 Jahren für einen kleinen Kreis von Funkamateuren geschaffen. Aber die Zeit bleibt nicht stehen, gerade im Zeitalter der Technik nicht. Daher war es erforderlich, dieses Gesetz anzupassen, da sich, bedingt durch die Erweiterung des betroffenen Personenkreises, auch die Motive für die Beschäftigung mit dem Amateurfunk geändert haben.

Waren es ursprünglich vor allem Privatpersonen, die damit einen bestimmten Teil ihrer Freizeit gestaltet haben, so hat der Funkverkehr in der Zwischenzeit zunehmendes Gewicht auch im Rahmen der Feuerwehren, der Rettungsdienste, der Katastrophenleitstellen, in den Ämtern der Landesregierungen, aber auch im Rahmen des Zivilschutzes und des Bundesheeres erhalten und dort immer mehr Fuß gefaßt.

Denn man ist draufgekommen, daß man sich damit eines flexiblen, rasch greifbaren und damit äußerst effizienten Instrumentariums bedienen kann. Dieser Entwicklung trägt nun das neue Amateurfunkgesetz Rechnung. In Ihren Unterlagen finden Sie nähere Details, daher erspare ich es mir, darauf näher einzugehen.

Das nächste Thema ist ein Bundesgesetz betreffend Funkerzeugnisse. Diese Materie ist ähnlich gelagert. Die Grundlage bildet ein Bundesgesetz aus dem Jahr 1967, und auch in diesem Fall hat man die Notwendigkeit erkannt, eine neue Grundlage für die Ausstellung von Funkerzeugnissen zu schaffen, vor allem auch aufgrund der enormen Fortschritte der Technik auf diesem Gebiet in den letzten Jahren.


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Darüber hinaus werden mit der zu erwartenden Einführung eines einheitlichen europäischen Pilotenscheines die relevanten Bestimmungen des Luftfahrtrechtes, insbesondere der Prüfungsordnungen, in diesem Zusammenhang voraussichtlich ebenfalls überarbeitet werden.

Dazwischen hat sich in die Reihung der Tagesordnungspunkte die Donauschiffahrt geschwindelt. Dazu wird sicher Kollege Schaufler als profunder Kenner der Donau einige Worte verlieren. Es wäre müßig, jetzt etwas darüber zu sagen. Ich möchte gar nicht nachrechnen, wieviel Wasser seit dem 18. August 1948 – so alt ist dieses Gesetz - die Donau hinuntergeflossen ist, aber in diesem Zusammenhang wäre zu erwähnen, daß Österreich in diesem Punkt die Rolle zu erfüllen hat, sich für den Beitritt Deutschlands zur Donau-Konvention stark zu machen.

Der letzte Punkt ist das Telekommunikationsgesetz. Es ist noch nicht sehr lange her, daß ich hier im Bundesrat zu Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, darüber gesprochen habe. Damals stand die Liberalisierung dieses Gesetzes auf der Tagesordnung, und wir haben schon damals dem Umstand Rechnung getragen, daß ein dritter Betreiber aller Wahrscheinlichkeit nach eine Konzession mit bundesweiter Geltung erhalten wird. – Er hat sie in der Zwischenzeit auch erhalten.

Wir sind zwar stolz darauf, daß wir das waldreichste Gebiet Europas sind, aber wir sollten doch auch dem Anliegen Rechnung tragen, daß wir unsere schönen Wälder nicht mit weiteren Masten spicken sollten! Die vorliegende Novelle regelt gewisse Voraussetzungen und hat – das ist der wahre Hintergrund – vor allem die Eindämmung des sogenannten Mastenwaldes zum Ziel.

Es hat in letzter Zeit in der Bevölkerung mangelnde Akzeptanz dafür gegeben, daß man bei der Anzahl der aufgestellten Masten die rechtliche Stellung der Anrainer nicht berücksichtigt hat, was oft zu großem Unmut in der Bevölkerung geführt hat.

Es fällt in diesem Bereich vieles in die Zuständigkeit der Landesgesetzgebung. Ich darf aber am Rande eines vermerken: Man kann nicht auf der einen Seite ständig schimpfen und kritisieren, daß der Empfang schlecht ist, wenn man sein Handy benützt, und auf der anderen Seite mit einer anderen Gruppe dagegen protestieren. Wenn es um die eigene Heimat und die schöne Landschaft geht, dann ist man gegen einen Mast, aber auf der anderen Seite ist man sehr wohl für einen Mast, wenn man den eigenen Kirchturm nicht mehr sieht, denn man will ja rund um die Uhr mit dem Handy im Auto unterwegs und überall erreichbar sein.

In diesem Sinne wird die ÖVP-Fraktion allen vier Gesetzesänderungen gerne ihre Zustimmung geben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Meier. )

14.35

Präsident Alfred Gerstl: Zum Wort gelangt nun Herr Bundesrat Josef Pfeifer. Ich erteile ihm dieses.

14.35

Bundesrat Josef Pfeifer (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Auch ich darf – ohne jetzt alles zu wiederholen – feststellen, daß das derzeitige Amateurfunkgesetz sehr alt ist – ich meine damit: sehr, sehr alt, über 40 Jahre – und keineswegs mehr den Gegebenheiten entspricht.

Das neue Bundesgesetz betreffend den Amateurfunkdienst ist der neuen Technik angepaßt und hat eine wichtige Zielvorgabe, nämlich eine zeitgemäße Liberalisierung. Es trägt aber auch einer gestiegenen Zahl der Nutzer öffentlicher Einrichtungen, wie Feuerwehr, Rettungsdienst und dergleichen, Rechnung, und es geht auch um eine Verwaltungsvereinfachung durch Entfall des Zulassungsverfahrens zur Amateurfunkprüfung. 1971 gab es 1 500 bewilligte Amateurfunkstellen, derzeit gibt es rund 6 500 – Tendenz steigend.

Zum Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über die Regelung der Donauschiffahrt ist zu sagen, daß wir uns darüber freuen, daß mit der Bundesrepublik Deutschland ein Vertrag zustande gekommen ist, aber auch darüber, daß mit den Nachfolgestaaten der UdSSR beziehungsweise


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Ex-Jugoslawiens Nachfolgerechtsverträge zustande gekommen sind und daß die Außerstreitstellung von Kroatien und Moldawien gegeben ist.

Auch die Verlagerung des Schwerverkehrs von der Straße weg zu ökologisch vertretbaren Verkehrssträngen ist besonders wichtig.

Zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes darf auch ich darauf hinweisen, daß ich bereits von diesem Rednerpult aus Herrn Verkehrsminister Einem ersucht habe, ein Gesetz zu erlassen beziehungsweise eine Gesetzesvorlage einzubringen, mit der verhindert werden soll, daß wir aufgrund der hohen Zuwachsraten bei den Teilnehmerzahlen am Telekommunikationsmarkt – auch ein dritter Betreiber erhielt inzwischen eine Konzession – mit einem zusätzlichen Mastenwald rechnen müssen.

Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister, für Ihr rasches Reagieren. Dies ist – obwohl ich sehr wohl weiß, daß Bauordnung, Landschafts- und Naturschutz Landessache sind – ein erster, aber doch bedeutender Schritt in Richtung der möglichen Eindämmung von Mastenwäldern. Zumindest ist nun eine Mitbenützung bereits vorhandener Masten durch mehrere Betreiber möglich. Dies sollte zumindest möglich sein, natürlich unter gewissen Voraussetzungen.

Was sich allerdings – und das ist auch interessant – derzeit zwischen den Betreibern einerseits und den Grundstücksbesitzern andererseits abspielt, ist mehr als bemerkenswert oder "bewundernswert" – denn auch so kann man es bezeichnen. Es werden Verträge abgeschlossen, die uns Bürgermeister oft in Bedrängnis bringen, weil dabei doch sehr hohe Summen im Spiel sind. Ich meine damit die Höhe der Abgeltung für die Inanspruchnahme von Grundstücken.

Ich denke, die Angst geht auch in andere Richtungen. Es geht ja nicht nur um die Masten – obwohl ich gerne bestätige, daß ich mich selbst oft ärgere, wenn ich keinen Empfang habe –, sondern die Angst spielt auch in Gesundheitsfragen hinein. Das betrifft zwar ein anderes Ministerium, aber ich finde, in diesem Bereich müßte etwas geschehen.

Ich unterstütze auch den Entschließungsantrag des Verkehrsausschusses im Nationalrat. Darin heißt es – ich zitiere –: Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird ersucht, an die Landeshauptleute mit dem Ersuchen heranzutreten, in landesgesetzlichen Regelungen insbesondere in den Landschaftsschutz- und Naturschutzgesetzen sowie den Bauvorschriften eine angemessene Parteistellung der Interessen der Nachbarn bei der Errichtung von Telekommunikationsanlagen vorzusehen. – Ende des Zitats.

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die SPÖ-Fraktion wird allen vier Punkten die Zustimmung erteilen und gegen die Gesetzesvorlagen keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der SPÖ.)

14.40

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat DDr. Franz Werner Königshofer. Ich erteile dieses.

14.40

Bundesrat DDr. Franz Werner Königshofer (Freiheitliche, Tirol): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die hier vorliegenden Gesetzesbeschlüsse basieren auf eher mäßig aufregenden Regierungsvorlagen, die schon seit einiger Zeit im Parlament liegen. Es sind dies das Amateurfunkgesetz und das nun im Nationalrat auch beschlossene Funker-Zeugnisgesetz.

Beim Amateurfunk scheint es tatsächlich notwendig zu sein, entsprechende Spielregeln aufstellen zu müssen, wobei zu sagen ist, daß es in diesem Bereich auch verschiedene Interessengruppen gibt, die da ein ganz massives Lobbying betreiben. Für Nichtinsider des Amateurfunks ist es nur schwer erkennbar, wieviel Regelung und damit wieviel Bürokratie in diesem Bereich wirklich gebraucht werden.


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Es handelt sich dabei um die Neufassung alter Verordnungen, die auf die neuen technischen Gegebenheiten Rücksicht nehmen sollen, wobei künftige Anpassungen wieder im Verordnungswege erfolgen sollen. Interessant bei diesen Gesetzesvorlagen sind jedenfalls die unberücksichtigt gebliebenen Kritikpunkte des Justizministeriums, das sich mit Nachdruck dagegen ausspricht, das – unter Anführungszeichen, das ist ein Zitat – von "Gleichheitswidrigkeit" spricht und der Ansicht ist, daß Regelungen um die Handlungsfähigkeit systemwidrig seien.

Außerdem, sagt das Justizministerium, sei es nicht nachvollziehbar, warum man bei einem negativen Prüfungsergebnis kein negatives Funker-Zeugnis ausstellen will, gilt doch bei einem Durchfallen der Antrag als zurückgezogen.

Wir Freiheitlichen werden diesen Vorlagen zwar unsere Zustimmung erteilen, ich wollte es aber nicht verabsäumen, den Bundesrat auch auf die sehr wesentlichen Kritikpunkte des Justizministeriums in dieser Sache hinzuweisen.

Als nächstes möchte ich noch das Telekommunikationsgesetz ansprechen. Hier, Herr Minister, muß man schon feststellen, daß dieses bestehende Telekommunikationsgesetz oft mehr Rechtsunsicherheit als Rechtssicherheit schafft. Es sind vor allem die Betreibergesellschaften, die das monieren, aber ich erinnere auch an Äußerungen des zuständigen EU-Kommissars Martin Bangemann, der Österreich diesbezüglich schon einige Male gerügt hat.

Herr Minister, es ist nicht verständlich, warum man einem Netzbetreiber wie der Connect Austria das 1 800-Meter-Band zugesteht, de facto allein zur Nutzung zugesteht, und man dann die Bestimmungen wieder abändert und auch andere Betreiber auf diese Bandfrequenz zugreifen läßt. Es besteht ja derzeit ohnehin ein Rechsstreit mit der Connect Austria, man wird sehen, wie sich das Ganze in Zukunft gestalten wird.

Ich ersuche, so wie es auch der EU-Kommissar verlangt hat, in diesem Zukunftsbereich, der so wichtig ist, entsprechende Rechtssicherheit zu schaffen.

Konkret geht es bei der Änderung des Telekommunikationsgesetzes darum, daß nunmehr eine Verpflichtung für Handy-Netzbetreiber bestehen soll, sich gegenseitig die Sendemasten gegen Kostenersatz zur Verfügung zu stellen. Gleiches gilt auch für Starkstrommasten. Das war auch bisher schon der Fall, daß Handy-Betreiber A an Handy-Betreiber B mit dem Ersuchen, ihm den Masten ebenfalls zur Verfügung zu stellen, herantreten konnte – nur war Handy-Betreiber A bisher nicht verpflichtet, das zu tun. Nunmehr eröffnet man für den Konkurrenten die Möglichkeit, daß er darauf bestehen kann, gegen einen entsprechenden Kostenersatz Masten mit zu nützen.

Ich halte das schon für sehr sinnvoll, weil sonst, wie schon angesprochen, im Lande ein Mastenwald entsteht, sodaß wir die natürlichen Wälder vielleicht nicht mehr sehen, sondern nur mehr die Handy-Mastenwälder. Allerdings bedeutet das auch eine entsprechende Belastung für die Grundstückseigentümer, die schon Masten auf ihrem Grundstück haben, wenn weitere Antennenanlagen geduldet werden müssen, weil dadurch auch höhere Beanspruchungen der Grundstücke zu erwarten sein werden. Zum Beispiel werden bei Wartungsarbeiten eben mehrere Handy-Betreiber-Gesellschaften ihre Wartungstrupps zu diesen Masten hinschicken, was sicherlich eine größere Belastung des Grundstückes zur Folge haben wird.

Einen weiteren Punkt möchte ich noch ansprechen, der uns aus gesundheitlichen Gründen nicht unwesentlich erscheint. Berücksichtigt man nämlich die Gefahr der Strahlung bei der Konzentration solcher Antennen, so muß man sich fragen, inwieweit die Bevölkerung darüber aufgeklärt beziehungsweise davor geschützt ist, einer zu großen Strahlungsintensität ausgesetzt zu sein. Die physische Auswirkung dieser hochfrequenten elektromagnetischen Strahlung gibt es, das ist unbestritten bewiesen, der Grad der Gesundheitsschädlichkeit allerdings ist noch nicht klar. Es gibt Betreibergesellschaften, die Gutachten haben, die davon sprechen, daß die Strahlung weitgehend unschädlich wäre, es gibt aber auch andere Gutachten, die sehr wohl auf eine gewisse gesundheitsgefährdende Wirkung dieser elektromagnetischen Strahlung hinweisen.


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An der Uni Wien hat diesbezüglich vor einiger Zeit ein Symposion stattgefunden, und dieses Symposion hat eine Resolution mit vier Punkten verabschiedet:

erstens: eine verbesserte Einbeziehung und Information der Bevölkerung, zweitens: die Deklarationspflicht der Strahlungsintensität der Handys, drittens: Senkung der WHO-Grenzwerte, und viertens: entsprechende Forschungen zum Thema gesundheitsschädliche Wirkungen dieser Mobiltelefonanlagen.

Aus diesem Grunde, meine Damen und Herren, bringe ich zusammen mit meinen Kollegen einen entsprechenden Entschließungsantrag ein, der folgendermaßen lautet:

Entschließungsantrag

der Bundesräte DDr. Königshofer und Kollegen, eingebracht im Zuge der Beratungen über das Telekommunikationsgesetz (1468 der Beilagen)

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird aufgefordert, in Zusammenarbeit mit der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz dafür zu sorgen, daß Mobiltelefone in Hinkunft hinsichtlich der Strahlungsintensität gekennzeichnet werden müssen.

Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird weiters aufgefordert, im Zuge der Weiterentwicklung des Telekommunikationsrechtes und der Konzessions- und Frequenzvergaben dafür zu sorgen, daß in Hinkunft die betroffene Bevölkerung über geplante Netzausbaumaßnahmen (Antennenaufstellungen) rechtzeitig vor Realisierung dieser Maßnahmen informiert wird."

*****

Meine Damen und Herren! Wir glauben, daß solche Maßnahmen auch auf gesetzlicher Basis notwendig sein werden, um der Bevölkerung die Angst vor diesem zunehmenden Antennenwald zu nehmen. Das kann geschehen, indem man eben aufklärt und Angaben darüber macht, wie gesundheitsschädigend die Strahlung sein kann. Ich meine, wir hätten als Gesetzgeber eine Verpflichtung, in diese Richtung tätig zu werden, und deshalb bitte ich Sie, diesem Entschließungsantrag, der heute eingebracht wurde, Ihre Zustimmung zu geben. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.48

Präsident Alfred Gerstl: Der von den Bundesräten DDr. Königshofer und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Kennzeichnungspflicht hinsichtlich der Strahlenintensität von Mobiltelefonen sowie Information über geplante Netzausbaumaßnahmen ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Engelbert Schaufler. – Ich erteile dieses.

14.49

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Es ist schon angekündigt worden, daß ich nicht zu diesen Telekom-Angelegenheiten sprechen werde, sondern zu der kleinen Gesetzesänderung zum Übereinkommen über die Regelung der Schiffahrt auf der Donau. Warum? – Es ist an und für sich gut, daß es gelungen ist, mit den Nachfolgestaaten der Sowjetunion nachfolgende Verträge abzuschließen, und es ist besonders gut, daß es gelungen ist, daß auch Deutschland diesem Übereinkommen beigetreten ist, was ja 40 Jahre lang offengeblieben ist. Ich werte es als Signal Deutschlands an die jungen Demokratien im Osten.

Wie gesagt, an und für sich ist diese Gesetzesänderung ein kleines Ereignis, aber was mich dennoch das Wort ergreifen läßt, ist nicht dieser Beitritt zum Übereinkommen, sondern die Schiffahrt auf der Donau im allgemeinen. Ich lebe an diesem größten Fluß Österreichs und auch


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Europas. Dieser Fluß trennt einerseits und verbindet andererseits. Dieser Fluß trennt das Weinviertel und das Waldviertel von den südlichen Vierteln, aber – und das ist das Schöne an ihm – er verbindet die Länder Europas: Deutschland, Österreich, Ungarn, Kroatien, Serbien und so weiter – bis hin zum Schwarzen Meer.

Aber was machen wir? Wie nutzen wir diesen gewaltigen Verbindungsweg mitten in Europa, diese Lebenslinie Europas zum östlichen Raum? Es ist eigentlich nur ein geringer Prozentsatz, der genutzt wird, wenn ich an Spaziergänge denke, bei denen ich sehe, daß vielleicht jede Stunde ein Schleppkahn vorbeituckert. Das ist eigentlich sehr, sehr wenig. Wir transportieren auf diesem großen Verkehrsweg kaum Personen. Durch die Öffnung des Ostens – und das ist jedem, der hier sitzt, klar – hat der Individualverkehr, der Personenverkehr, der Schwerverkehr in einem rasanten Ausmaß zugenommen, er hat eine Verkehrslawine für den östlichen Raum gebracht, die nur mit den Problemen im Bereich der Brenner Autobahn und ähnlichem vergleichbar ist. Ich glaube, daß die Verkehrslawine im Osten die durch die Brenner Autobahn verursachten Probleme bereits weit übertroffen hat.

Die Donau als Schnellverbindung nach Bratislava, nach Budapest und noch viel weiter im Personenverkehr, aber auch im Schwerverkehr zu nutzen, wäre eine Möglichkeit. Ich glaube, daß es notwendig wäre, den Schwerverkehr auf die Donau zu bringen, denn die Donau wäre ein geeigneter Verkehrsweg, den wir uns vom Osten her erschließen könnten. Und von dort kommen unendlich viele Lkws mit unendlichen Problemen, vom Technischen her gesehen, zu uns herein – viele werden zurückgewiesen.

Ich fordere Sie, Herr Minister, auf, auf diesem Weg eine Entlastung der Verkehrslinien der Straßen, der Bahn in den östlichen Raum vorzunehmen. Wenn ich das Wort "Bahn" in den Mund nehme, dann muß ich dazusagen, daß das Problem der S 7, der Preßburger Bahn, noch immer nicht gelöst ist. Es geht viel zu langsam vor sich. Der Verkehr wächst schneller als die Ausbauten auf diesem Bahnstück. Es geht vor allem auch darum zu langsam, weil das Bundesland Wien – und das muß ich wohl als Nachbar sagen – die Vernetzung der S 7 in ihrem Bereich verzögert, ja noch nicht einmal die Planung zur Gänze abgeschlossen hat. Es gibt einfach zuwenig Aktivitäten in diesem Bereich.

Es amüsiert mich, wenn ich eine Einladung von den ÖBB zur morgigen Eröffnung einer Unterführung – einer von vier Unterführungen – in Schwechat vorliegen habe. Ich darf zitieren: "Am Weg zu einer attraktiven Verbindung von der Bundeshauptstadt über die Stadtgemeinde Schwechat zum Flughafen Wien-Schwechat konnten im abgelaufenen Jahr einige wichtige Etappenziele erreicht werden." – Ich frage mich, was die "einigen wichtigen Etappenziele" wohl sind, denn das einzige, was eröffnet wird, ist diese Unterführung. Ich meine, das sollte viel schneller gehen, nämlich so schnell, wie es ursprünglich bei der Spatenstichfeier, bei der ich anwesend sein konnte, geplant war. Wir haben hier Jahre verloren, Jahre, in denen der Verkehr gewachsen ist. (Bundesrat Meier: Auch beim Semmering-Tunnel soll es schneller gehen!)  – Ich rede vom östlichen Raum, von dort, wo ich wohne, Herr Kollege!

Wenn Sie, Herr Bundesminister, es schaffen, daß noch in diesem Jahrtausend schnelle Personenverkehrsverbindungen auf der Donau, auf der S 7, zustande kommen, wenn Sie es schaffen, den Schwerverkehr, wenn auch nur teilweise, auf die Donau zu verlagern, dann sage möglicherweise auch ich: Super, Herr Verkehrsminister! (Beifall bei der ÖVP.)

14.54

Präsident Alfred Gerstl: Zum Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. Ich erteile dieses.

14.54

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich hatte ursprünglich vor, mich auf inhaltliche Dinge heute überhaupt nicht mehr einzulassen, um den Fortschritt Ihrer Beratungen nicht unnötig aufzuhalten, weil ich gesehen habe, welch große Anzahl von Tagesordnungspunkten heute zur Behandlung steht. Ich habe mir anläßlich der letzten Wortmeldungen allerdings doch vorgenommen, vier inhaltliche Dinge noch anzumerken.


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Punkt 1: zu Herrn Bundesrat Königshofer. Er hat zum Thema Telekommunikationsgesetz gemeint, es sei einem der österreichischen Betreiber, nämlich Connect, der jetzt unter dem Titel "One" seine Dienste anbietet, die ausschließliche Nutzung der 1 800er-Frequenz zugeordnet worden. Herr Bundesrat! Sie wissen vermutlich auch selbst, daß das falsch ist, was Sie gesagt haben. Es war die Nutzung nie einem Betreiber ausschließlich zugeordnet, sondern die Bestimmung des § 125 des Telekommunikationsgesetzes hat nur eine befristete ausschließliche Nutzung vorgesehen, nämlich bis zum Sommer 2000, und die ist nicht in Frage gestellt. Es war zum Zeitpunkt der Vergabe dieser Konzession nicht anders und ist auch heute nicht anders. Ich denke, man sollte ganz einfach in die Gesetze hineinschauen, damit man dann weiß, was drinsteht.

Sie haben weiters angemerkt, daß vom Justizministerium am Entwurf beziehungsweise an den bereits vom Nationalrat beschlossenen Funkgesetzen Kritik geübt worden ist. Ich darf Sie nur darauf aufmerksam machen, es ist zwar richtig, daß das Justizministerium im Begutachtungsverfahren Kritik geübt hat, aber es ist ebenso richtig, daß es sich um eine Regierungsvorlage gehandelt hat, die einstimmig, daher auch mit der Stimme des Justizministers, beschlossen worden ist. Ich denke, das wird Gründe haben.

Lassen Sie mich vielleicht noch ein paar Worte zu den Ausführungen des Herrn Bundesrates Schaufler sagen. Natürlich trete auch ich dafür ein, daß die Donau als Verkehrsweg ihrer möglichen Bedeutung gemäß genutzt werden sollte und genutzt werden kann. Ich muß allerdings darauf aufmerksam machen, daß einer der wesentlichen Gründe dafür, daß das derzeit nicht der Fall ist, ist, daß eine nicht ganzjährige Schiffbarkeit, und zwar nicht einmal eine annähernd ganzjährige Schiffbarkeit, der Donau mit Europakähnen mit einer Fahrwassertiefe von 2,70 Metern gegeben ist. Das liegt im wesentlichen im Bereich des Oberwassers daran, daß die Fließstrecke in Bayern die entsprechende Ausbautiefe nicht aufweist und daß Bayern und Deutschland sich darauf verständigt haben, bis zum Jahr 2000 diese Frage nicht voranzutreiben. Es ist sozusagen in unserem Nachbarland diesbezüglich beschlossen worden, keine Politik zu machen, und das behindert tatsächlich den Ausbau der Donau und auch die Möglichkeit zu wirtschaftlichen Investitionen der einschlägigen Wirtschaft in die entsprechende Infrastruktur.

Es nützt nichts, wenn wir staatlicherseits massiv Geld in die Hand nehmen, um die Infrastruktur an der Donau auszubauen, wobei man sagen muß, daß die Häfen mittlerweile erfreulich gute Investitionen darstellen. Das, was jetzt zunächst notwendig ist, ist, daß die Voraussetzungen für die Nutzbarkeit dieser Strecke über längere Distanzen geschaffen werden. Auch in Österreich sind noch weitere Ausbauten notwendig, die in Angriff genommen werden. Sobald positive Zeichen aus Deutschland für den Oberlauf gegeben sind, werden wir auch die erforderlichen 2 Milliarden Schilling in Österreich für den Bereich der Wachau aufwenden.

Letzter Punkt: Ausbau der S 7. Ich höre natürlich Ihren Wunsch gerne, und ich kann mir vorstellen, daß Sie zu jemandem, der innerhalb eines Jahres all das bewegt, was Sie sich gewünscht haben, nicht nur "Super, Herr Minister!" sagen, sondern daß Sie auch daran glauben werden, daß ich zu Wundern fähig bin. Es freut mich, daß Sie mir das zutrauen, und ich werde das mir Mögliche tun.

Ich darf Ihnen aber dazu noch die Information geben, die auch für diese Region nicht gänzlich ohne Bedeutung ist, daß wir per 7. 1., wenn auch nicht auf der S 7-Strecke, aber auf der Ostbahnstrecke, einen doch wesentlich leistungsfähigeren und auch schnelleren Personenverkehr abzuwickeln in der Lage sein werden, als dies derzeit auf der S 7 der Fall ist. Mir ist bewußt, daß die Verkehrsverbindung insbesondere von Wolfsthal, aber auch von den anderen Stationen auf der S 7 nach Wien alles andere als befriedigend ist. Wir haben aber jetzt mit der Eröffnung des Streckenstückes zwischen Parndorf und Kittsee die Gleisschleife bis Bratislava vollendet. Wir werden dort im nächsten Jahr nicht nur eine große Zahl von Regionalzügen, sondern auch täglich vier Schnellzüge führen, die dann die Strecke Kittsee – Wien in 45 Minuten zu meistern in der Lage sein werden.

Das löst nicht das Problem aller, die dort pendeln, aber es eröffnet zumindest die Möglichkeit, auch nach Kittsee auszufahren, sofern man ein Auto hat, und von dort diese wesentlich


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schnellere Verbindung in Anspruch zu nehmen, weil der Ausbau der S 7 bis zum Flughafen – und das löst, wie ich zugebe, nicht alle Probleme – erst 2001 abgeschlossen sein wird. Dann aber wird er abgeschlossen sein, und dann geht es um die Frage, wie man die übrige Strecke bis Wolfsthal weiter handhabt, wobei ich persönlich dafür eintrete, sie nahverkehrstauglich, das heißt aber zugleich auch für anderes rollendes Material auszustatten. Die Diskussionen sind im Gange. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Ich darf damit meine Ausführungen zu diesem Thema beenden. Da ich damit rechne, Ihnen insgesamt im heurigen Jahr nicht mehr zu begegnen, wünsche ich Ihnen jedenfalls schöne Feiertage und einen guten Rutsch ins nächste Jahr. Und ich wünsche mir, daß wir auch in diesem so gut wie etwa bei den heutigen Tagesordnungspunkten 8 bis 11 kooperieren können. – Schönen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

15.00

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 über ein Bundesgesetz betreffend den Amateurfunkdienst.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.


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Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 über ein Bundesgesetz betreffend Funker-Zeugnisse.

Ich darf jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen bitten. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Zusatzprotokoll vom 26. März 1998 zum Übereinkommen über die Regelung der Schiffahrt auf der Donau vom 18. August 1948 samt Unterzeichnungsprotokoll.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Dr. Königshofer und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Kennzeichnungspflicht der Strahlenintensität von Mobiltelefonen sowie Information über geplante Netzausbaumaßnahmen vor.

Ich lasse nun über diesen Entschließungsantrag abstimmen und bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Minderheit.

Der Antrag auf Fassung einer Entschließung betreffend Kennzeichnungspflicht der Strahlenintensität von Mobiltelefonen sowie Information über geplante Netzausbaumaßnahmen ist daher abgelehnt.

12. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensopfergesetz geändert wird (1472 und 1484/NR sowie 5829/BR der Beilagen)

13. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, Artikel VI des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 450/1994 und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (1449 und 1485/NR sowie 5830/BR der Beilagen)

14. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz über die Koordination bei Bauarbeiten (Bauarbeitenkoordinationsgesetz – BauKG) (1462 und 1487/NR sowie 5831/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 12 bis 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensopfergesetz geändert wird,

Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, Artikel VI des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 450/1994 und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden sowie

Bauarbeitenkoordinationsgesetz – BauKG.

Die Berichterstattung über die Punkte 12 bis 14 hat Herr Bundesrat Payer übernommen. Ich darf ihn um die Berichte bitten.

Berichterstatter Johann Payer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Der Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensopfergesetz geändert wird, liegt Ihnen schriftlich vor. Ich bringe daher nur den Beschlußantrag zur Verlesung:

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 1998 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 13: Der Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit


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dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, Artikel VI des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 450/1994 und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden, liegt ebenfalls schriftlich vor.

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 1998 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Zum Tagesordnungspunkt 14: Der Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz über die Koordination bei Bauarbeiten (Bauarbeitenkoordinationsgesetz) liegt ebenfalls schriftlich vor.

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 1998 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Weilharter. – Bitte.

15.07

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Vizepräsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen müßten eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, aber da solche Bestimmungen nicht in allen Betrieben selbstverständlich sind, bedarf es bestimmter gesetzlicher Regelungen.

Meine Damen und Herren! Wenn ich gesetzliche Regelungen im Hinblick auf ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen anspreche, dann meine ich auch, daß der Gesetzgeber sehr wohl gehalten ist, Gesetze zu machen, die für beide Teile akzeptabel und auch umsetzbar sind. Die vorliegende Novelle zum ArbeitnehmerInnenschutzgesetz ist – und ich erlaube mir diese Beurteilung – kein Ruhmesblatt der österreichischen Sozialpolitik. Allein die Tatsache, daß die Übertragung quasi als Zentralisierung den Unfallversicherungsträgern übergeben wird, erschwert für viele Arbeitnehmer, vor allem in kleineren Betrieben – und es ist ja unbestritten, daß das die Mehrheit der Betriebe ist –, den Zugang zu den sogenannten Präventionszentren.

Meine Damen und Herren! Mit dieser Novelle, mit diesem Vorschlag wurden zwei Klassen von Arbeitnehmern geschaffen, zwei Klassen deshalb, weil natürlich für viele der Zugang zu diesen Präventionszentren, die bei den Unfallversicherungsträgern verankert sind, erschwert wird. Die sogenannten Unfallversicherungsträger sind aber auch halbstaatliche Bereiche, und daher meine ich, daß diese Novelle zwar für diese Bereiche programmiert ist, aber nicht für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zielführend sein wird.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie von den Regierungsparteien das wollen – und Sie werden es dokumentieren mit Ihrer Zustimmung –, dann sagen Sie das auch, denn diese Tatsache werden Sie nicht von der Hand weisen können.

Meine Damen und Herren! Allein der Hinweis in diesem Gesetz, in dieser Novelle, daß in Hinkunft die Überprüfung der Präventionszentren durch das Arbeitsinspektorat erfolgen soll, wirft schon zwei Fragen auf, nämlich einerseits die Frage: Hat das Arbeitsinspektorat die personellen und finanziellen Ressourcen, um diese Aufgabe, wenn man sie ernst nimmt, noch erfüllen zu können?, und zweitens die Frage: Ist mit dieser Novelle auch die Unabhängigkeit gewahrt? Der Spruch "Eine Krähe hackt der anderen Krähe kein Auge aus" dürfte Ihnen als Koalitionäre nicht unbekannt sein. Und da hat man das Gefühl, daß man genau dieses Ziel erreichen will.

Meine Damen und Herren! Das wird auch der wahre Grund dafür sein, daß es bei der vorliegenden Novelle keine privatwirtschaftliche Vereinbarung gibt, bei welcher die Arbeitnehmer selbst entscheiden können. Mit dieser Novelle übertragen Sie das den sogenannten halbstaatlichen


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Bereichen beziehungsweise den Unfallversicherungsträgern, und die Arbeitnehmer haben es zu bezahlen, können aber nicht selbst entscheiden.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie schaffen damit wieder eine neue Form der Erpreßbarkeit, jedenfalls aber eine neue Form der Abhängigkeit. Das, meine Damen und Herren, wird natürlich zu Lasten der Arbeitnehmer gehen, und zwar in der Form, daß eben jene, die in den größeren Betrieben beschäftigt sind, für jene, die in den kleineren Betrieben beschäftigt sind, das ganze Paket mitfinanzieren, die ganze Betreuung und Prävention mitfinanzieren müssen. (Bundesrat Payer: Das glauben Sie ja selber nicht, was Sie da sagen!) Und, Herr Kollege Payer, vor allem die Arbeitnehmer in den kleineren Betrieben werden schon aufgrund der Stationierung, der Positionierung dieser Präventionszentren nicht die Gelegenheit haben, dort eine arbeitsmedizinische Betreuung zu erhalten. Wenn Sie die Struktur kennen, dann werden Sie mir – leider – recht geben müssen.

Meine Damen und Herren! Nach Ansicht der freiheitlichen Fraktion geht diese Gesetzesnovelle über die Betroffenen hinweg, ohne zu prüfen, ob es andere privatwirtschaftliche und dezentrale Lösungen gegeben hätte, weil Sie, meine Damen und Herren – und diesen Vorwurf müssen Sie sich bei dieser Beschlußfassung gefallen lassen –, weiterhin Macht, Einfluß und Abhängigkeit in diesem Bereich haben wollen. – Wir werden dieser Novelle daher unsere Zustimmung nicht geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.12


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schöls. – Bitte.

15.12

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Frau Vizepräsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich sage Ihnen: Nachdem ich heute noch die Absicht habe, zu einem anderen Tagesordnungspunkt länger zu reden und auch meine Stimme etwas angeschlagen ist, beschränke ich meine Ausführungen zum gegenständlichen Bereich auf drei Punkte.

Kollege Weilharter! Ich habe Verständnis dafür, daß man im Hinblick auf die Fülle der Dokumente, die uns heute vorliegen, hier am Rednerpult unter Umständen über ein anderes Thema spricht, als es von der Tagesordnung vorgegeben ist, aber wenn Sie sagen, daß es in diesem Bereich um Macht und um Einfluß geht, muß ich Ihnen antworten: Das ist falsch! Es geht um Sicherheit, es geht um Präventivmaßnahmen.

Wenn Sie sagen, daß den Klein- und Mittelbetrieben der Zugang erschwert wird, so ist das falsch, weil gerade die Klein- und Mittelbetriebe einen besseren Zugang zur AUVA haben.

Und wenn Sie sagen, daß die Arbeitnehmer keine Möglichkeit der Mitbestimmung haben, so ist das ein erneuter Beweis dafür, daß Sie die Strukturen in unserer Gesellschaft nicht kennen, denn die AUVA ist eine der Selbstverwaltungsinstitutionen, die wir haben, in der sowohl Dienstgeber als auch Dienstnehmer entsprechende Mitwirkungsmöglichkeiten haben. Und nur deswegen, weil Sie diese Selbstverwaltungskörper ablehnen, können Sie sie nicht "wegleugnen".

Das sind die drei Punkte, die ich ganz kurz anführen wollte.

Die Volkspartei wird den Novellen natürlich zustimmen, weil es da um präventive Maßnahmen geht, weil es darum geht, menschliches Leid zu verhindern.

Was ich bedauere – das möchte ich auch nicht verschweigen –, ist, daß diese Bestimmungen für den breiten Bereich des öffentlichen Dienstes keine Gültigkeit haben, und daß gerade jene Gruppe, die manchmal der öffentlichen Polemik ausgesetzt ist – weil wir angeblich Privilegien hätten –, hievon nicht betroffen ist. Ich bin aber zuversichtlich, daß in absehbarer Zeit eine solche Regelung auch für den öffentlichen Dienst geschaffen wird.

Alles in allem: Ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Die Österreichische Volkspartei stimmt dem zu. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

15.15

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Crepaz. – Bitte.

15.16

Bundesrätin Irene Crepaz (SPÖ, Tirol): Frau Bundesministerin! Frau Präsidentin! Mein Redebeitrag befaßt sich mit Punkt 12, mit dem Verbrechensopfergesetz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zahlreiche Studien und aktuelle Medienberichte dokumentieren erschütternde Fakten über Ausmaß und Formen der Gewalt. Berichte über Mißhandlungen von Frauen und Kindern, Vergewaltigungen, sexuellen Mißbrauch, Kinderpornographie im Internet bis hin zu Mord lösen Entsetzen und Verständnislosigkeit in uns aus.

Mit der Aufdeckung der Dutroux-Affäre in Belgien und dem Weltkongreß in Stockholm gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern fiel allmählich ein Tabu, das vor allem den Kindesmißbrauch und die Gewalt in der Familie umgab, und die Öffentlichkeit beginnt das Ausmaß eines Übels mit 1 000 Facetten zu erfassen.

Seit Jahren verabschiedet das Europäische Parlament Entschließungen zur Lage der Kinder innerhalb und außerhalb der Union und prangert unablässig den Mißbrauch von Minderjährigen an. Einen Bereich zu enttabuisieren ist der erste Schritt zur Hilfe für die Betroffenen und Vorbeugung für die Zukunft. Enttabuisierung geschieht aber nicht über Nacht und bedarf einer ständigen Thematisierung und Beachtung dieses allzu gerne verdrängten Bereichs. Daher bin ich auch sehr froh, daß wir heute diese Änderung des Verbrechensopfergesetzes beschließen werden.

Das Gesetz in seiner bisherigen Fassung war sicher eine Pionierleistung in Europa. Die Leistungen wie Verdienstentgang, Unterhaltsentgang, medizinische Vorsorge, Heilfürsorge, Rehabilitation und in Zukunft auch Anspruch auf Pflegegeld sind sicher wichtig und notwendig, und dennoch haben wir seit 1972 – seit der Verabschiedung dieses Gesetzes – einiges dazugelernt. Die starre schulmedizinische Ausrichtung, wonach nur der Körper zu heilen sei, ist einem umfassenderen Verständnis von Gesundheit gewichen. Allmählich werden auch psychische Erkrankungen ernster genommen und wird ein Therapiebedarf anerkannt.

Besonders nach Gewalt- und Sexualdelikten leiden die Betroffenen unter starken psychischen Beeinträchtigungen, und es ist dringend notwendig, daß mit Therapie und Hilfe sofort begonnen wird. Wir leisten heute mit diesen Gesetzesänderungen einen Beitrag dazu, daß Verbrechensopfern, die durch die Traumatisierung, die sie erlitten haben, oft stark beeinträchtigt sind, geholfen werden kann.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, daß Sicherheitsbehörden, Staatsanwälte und Richter ihrer Belehrungspflicht nachkommen, die im Verbrechensopfergesetz festgeschrieben ist.

Die relativ geringe Zahl jener, die ständig aus dem Verbrechensopfergesetz betreut werden, im Vergleich zur Kriminalstatistik ist unter anderem auf die sozialrechtliche Absicherung in Österreich zurückzuführen. Ein weiterer Grund mag darin zu sehen sein, daß sich nur ein geringer Teil der Bevölkerung, der als therapiebedürftig eingeschätzt wird, in psychotherapeutische Behandlung begibt. – Leider erfolgen manche Änderungen zu langsam, und bei psychotherapeutischem Behandlungsbedarf ist der Patient auf das Wohlwollen des Sozialversicherungsträgers angewiesen und hat einen nicht unerheblichen Selbstbehalt zu leisten, was für andere medizinische Behandlungen nicht zutrifft. Dieser Bereich ist sicher verbesserungswürdig.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Experten begrüßen die heutige Gesetzesvorlage. Der Vorsitzende des Weißen Ringes, Dr. Jesionek, sieht diese Änderung als sehr positiv an, da jene, die es sich bisher nicht leisten konnten, nun eine Therapie in Anspruch nehmen können. Er berichtet von vielen Fällen, die schon auf das Inkrafttreten des Gesetzes warten. Als verbesserungswürdig sieht er an, daß nur bei Verbrechen, die mit schwerer Körperverletzung oder Tod


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einhergehen, die teilweisen Kosten für psychotherapeutische Behandlung übernommen werden. So berichtet er etwa von Raubüberfällen, bei denen die Opfer gefesselt wurden und seit der Tat unter schweren Angstzuständen leiden.

Dr. Lorenz vom "Weißen Ring" in Innsbruck berichtet von Mißbrauchsopfern, bei denen keine schweren Körperverletzungen festgestellt wurden. Hämatome, Blutergüsse et cetera zählen nicht zu schweren Körperverletzungen. Diese Personen haben nach dem geltenden Recht keine Möglichkeit auf psychotherapeutische Behandlung. Dasselbe gilt für Nicht-EU-Bürger, die in Österreich Opfer eines Verbrechens werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sind mit einem gestiegenen Aggressionspotential in unserer Gesellschaft konfrontiert; so zählen Mißhandlungen im Familienkreis zu den häufigsten Verletzungsursachen bei Frauen. Laut Statistik des Tiroler Frauenhauses wurden von Mai 1997 bis April 1998 tirolweit 182 Täter durch die Polizei oder Gendarmerie aufgrund ihrer ausgeübten Gewalt aus ihrer Wohnung gewiesen. 135 Frauen und deren Kinder suchten im Jahre 1997 Schutz und Unterkunft im Tiroler Frauenhaus.

Gegen Gewalt im öffentlichen und auch im privaten Bereich aktiv zu werden, ist ein gesellschaftspolitisches Anliegen. Es ist notwendig, Stellung zu beziehen und zu handeln. Das Projekt gegen Gewalt an Frauen und Kindern, vom Bundeskanzler und von der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten initiiert, wie auch das Gesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie, das seit 1. Mai 1997 in Kraft ist, stellen notwendige Maßnahmen dar. Durch die Weiterentwicklung und Verbesserung des Verbrechensopfergesetzes können wir heute eine weitere gesetzliche Rahmenbedingung schaffen, um der Gewalt zu begegnen, indem wir den Anspruch der Opfer auf beste Behandlung anerkennen. Entgegnen wir der oft verhängnisvollen Sicht der Betroffenen, selbst schuld an den Mißhandlungen zu sein!

Der Schutz der schwächsten Mitglieder der Gesellschaft muß uns ein Anliegen sein. Nur durch eine Gewährleistung von Unversehrtheit, Freiheit, Sicherheit und Integrität des einzelnen wird es ermöglicht, Verantwortung in Familie und Gesellschaft wahrzunehmen. Meine Fraktion wird daher dieser Gesetzesvorlage zustimmen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.22

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Tremmel. – Bitte.

15.23

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Frau Bundesministerin! Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine kriminelle Gewalttat zu erleiden, gehört zu den wohl krisenhaftesten Erlebnissen eines Menschen. Von den Opfern werden Schäden im psychischen Bereich als besonders schwerwiegend empfunden. Warum? – Weil hier nach außen hin nicht erkennbar ist, wie ein Mensch in seiner gesamten Person in seiner Psyche geschädigt ist, und weil es bis jetzt einfach nicht aktuell war, zu sagen: Bitte, ich habe einen Knacks bekommen. – Denken Sie nur an Fälle von Vergewaltigungen oder sonstige Dinge!

Deswegen glaube ich, daß diese Vorlage zum Verbrechensopferschutz signalhaft ist; signalhaft auch deswegen, weil sich hier langsam die Rechtsmeinung durchsetzt, daß Opferschutz vor der Betreuung des Verbrechers kommen soll, was in Österreich wirklich von ganz besonderer Wichtigkeit ist. Gerade der psychotherapeutische Bereich, also der gesundheitliche Bereich, ist lange ein sehr umkämpfter – ich möchte nicht sagen: umstrittener – gewesen. Deswegen scheint mir das als Fortschritt zu den anderen Bereichen und auch zu den weiteren zivilrechtlichen Abhandlungen in Form eines Strafverfahrens besonders notwendig zu sein. Ich wollte das nur zu diesem Bereich sagen.

Meine Fraktion – das hat schon mein Kollege Weilharter ausgeführt – ist sehr froh darüber, daß es zu dieser Vorlage gekommen ist. Wir sehen sie als ersten Schritt auch zu anderen Behandlungen von Verbrechensopfern, nämlich nicht nur im psychischen und medizinischen Bereich, sondern auch im zivilrechtlichen Bereich. Deswegen werden wir hier gerne die Zustimmung geben.


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Zu den anderen Bereichen, wie ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, Bauarbeitenkoordinationsgesetz, hat sich Kollege Weilharter bereits geäußert und hat auch dargetan, warum wir diesbezüglich keine Zustimmung geben werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.25

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Drochter. – Bitte.

15.25

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Mir wurde am Weg zum Rednerpult zugerufen, ich solle mich kurz halten. Nachdem ich aber die Äußerungen des Kollegen Weilharter und jetzt noch als Spitze jene des Kollegen Tremmel gehört habe, daß er nämlich gar nichts dazu sagen möchte und sich voll der Meinung des Kollegen Weilharter anschließe, bleibt es mir wirklich nicht erspart, doch ein wenig ausführlicher, als es vielleicht notwendig wäre, vor allem zum ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und zum Bauarbeitenkoordinationsgesetz zu reden.

Ich darf hier wirklich sehr ernsthaft und eindringlich sagen: Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten und für die Gewerkschaften ist der Arbeitnehmerschutz viel zu wichtig – es geht hier um ein viel zu ernstes Thema –, um es so oberflächlich, so falsch und so unwissend abzuhandeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Es tut mir leid, auch Ihnen, Herr Kollege Tremmel, und im besonderen Herrn Kollegen Weilharter sagen zu müssen, daß Ihre Polemik – Sie haben sich da angeschlossen, jetzt können Sie sich nicht mehr von der Polemik des Kollegen Weilharter distanzieren (Bundesrat Dr. Tremmel: Das war keine Polemik, sondern eine Feststellung! Hören Sie genau zu!)  –, daß man nämlich damit keinem Arbeitnehmer, aber auch keinem Arbeitgeber und schon überhaupt nicht der gesamten österreichischen Gesellschaft einen wichtigen Beitrag geben könnte, nicht stimmt.

Man darf eines nicht vergessen: Das oberste Ziel der heutigen Novellierung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes ist es, Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Krankheiten vermeiden und vorbeugen zu helfen. Auch im Jahre 1997 mußten wir leider wieder zur Kenntnis nehmen, daß es österreichweit zirka 135 000 Arbeitsunfälle im engeren Sinne gegeben hat, und für 237 Kolleginnen und Kollegen endeten – ich stelle das mit großem Bedauern fest – diese Arbeitsunfälle tödlich. Ich habe gesagt: im engeren Sinne. Das sind ausschließlich jene Arbeitsunfälle, die am Arbeitsplatz passieren. Darin sind die Unfälle auf dem Weg zur Arbeit nicht beinhaltet und auch nicht die Unfälle von Schülern und Studenten.

Lieber Kollege Weilharter! Lieber Kollege Tremmel! 1 370 Kolleginnen und Kollegen sind im Jahre 1997 an Berufskrankheiten erkrankt, und über 10 starben aufgrund einer Berufskrankheit. Ich glaube, daß diese Novellierung wieder ein weiterer Schritt zur Verbesserung des Arbeit-nehmerInnenschutzgesetzes ist. Die hiermit geschaffenen Präventionszentren sind, so glaube ich, ein weiterer Schritt in die richtige Richtung, damit es dadurch zu einer gleichwertigen Qualität der sicherheitstechnischen und arbeitsmedizinischen Betreuung der Arbeitnehmer an allen Arbeitsstätten, Kollege Weilharter (Bundesrat Weilharter: Das müssen Sie mir vorzeigen!) , unabhängig von der Beschäftigtenzahl, kommt.

Die vorgesehene regelmäßige Begehung ... (Bundesrat Weilharter: Das glauben Sie selbst nicht!)  – Ich weiß es, ich brauche das nicht zu glauben. Das ist der Unterschied zwischen uns beiden; das ist so ähnlich wie Tag und Nacht oder heiß und kalt. Wenn ich Ihnen einen vorweihnachtlichen Rat geben darf, würde ich mir wünschen – knapp vor Weihnachten, erlaube ich es mir, noch etwas zu wünschen –, daß Sie, wenn Sie zur Sozialpolitik oder zum Arbeitnehmerschutz reden, vielleicht zumindest die Überschrift genau lesen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Wenn Sie das machen würden, wäre ich schon sehr zufrieden. Ich verlange gar nicht (Bundesrat Dr. Tremmel: Lesen Sie vielleicht die Überschrift ...! Das ist wirklich unglaublich! Geht hin und ...!), ich erwarte auch nicht, Herr Tremmel. Ich weiß schon, in Ihrer Parteitreue sind Sie (Zwischenruf des Bundesrates Rauchenberger )  – es bleibt mir nichts anderes übrig – in Verbin


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dung zu sehen mit Ihrem steirischen Kollegen Weilharter, und Sie sind auch auf dem gleichen Niveau mit ihm in Fragen der Sozialpolitik, im besonderen beim Arbeitnehmerschutz. (Bundesrat Dr. Tremmel: Sie trauen sich wirklich was, wenn 250 000 keine Arbeit haben! – Bundesrat Rauchenberger  – in Richtung der Freiheitlichen –: Er vertritt die Interessen der Arbeitnehmer im Gegensatz zu euch! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Die vorgesehenen regelmäßigen Begehungen der Betriebe durch Präventivfachkräfte anstelle einer Mindesteinsatzzeit in Arbeitsstätten mit bis zu 50 Arbeitnehmern in Form einer Basisbetreuung muß sich sicherlich noch in der Praxis bewähren. Ich glaube auch, daß wir da einige Erfahrungen in der Praxis zu sammeln haben werden.

Ich darf aber auch unterstreichen, daß wir seit Jahrzehnten als Gewerkschaften, als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten immer sehr starken Druck auf die Politik und auch auf die Unfallversicherungsanstalt ausgeübt haben, mehr für die Prävention zu tun. Ich rechne damit, daß es zu einer sehr raschen flächendeckenden Umsetzung der sicherheitstechnischen und arbeitsmedizinischen Betreuung von Klein- und Mittelbetrieben mit bis zu 50 Arbeitnehmern kommen wird und daß sich diese neuen Betreuungsmodelle vor allem auch unbürokratisch umsetzen lassen.

Auch die Arbeitgeber haben nun die Wahl, für die sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuung ihrer Arbeitnehmer entweder selbst Sicherheitskräfte und Arbeitsmediziner zu verpflichten oder – Kollege Weilharter, sie haben die Wahl! – das kostenlose Präventionszentrum der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, die mehr leistet, als nur für Arbeitsunfälle zuständig zu sein (Bundesrat Weilharter: Das zeigen Sie mir! Zwei Klassen!), in Anspruch zu nehmen. Ich darf in diesem Zusammenhang darauf verweisen, welche Leistungen erbracht werden und in welchen Bereichen, die über die Belange der Arbeitswelt hinausgehen, die Kolleginnen und Kollegen, die in den vielen Einrichtungen der Unfallversicherungsanstalt tätig sind, Spitzenleistungen in Europa und weltweit erbringen, vor allem in der Rehabilitation.

Die Kollegen des Sozialministeriums – und ganz besonders jene der Unfallversicherung – werden Sie gerne einmal begleiten, wenn Sie sich dazu entschließen, die Einrichtungen oder die Spitäler der Unfallversicherungsanstalt zu besuchen. Dann hätten Sie nachher sicherlich eine ganz andere Einstellung zu dieser wichtigen, unverzichtbaren sozialen Säule unseres Systems. Es besteht auch noch die Möglichkeit, bei der Einführung von neuen Arbeitsstoffen und neuen Fertigungsverfahren bereits die Unfallversicherung prophylaktisch mit einzubinden, um deren Rat auch in die Tat umzusetzen.

Schon alleine aus diesen Überlegungen heraus sind wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten des Bundesrates natürlich gerne dazu bereit, den vorliegenden drei Gesetzentwürfen, auch dem Bauarbeitenkoordinationsgesetz, die Zustimmung zu geben. Das Bauarbeitenkoordinationsgesetz setzt sich ausschließlich mit der Koordinierung und dem Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf Baustellen auseinander – auch hier im Einklang mit den Arbeitgebern. Dabei geht es vor allem darum, auf größeren Baustellen die Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Tremmel ) und durch die Baustellenkoordinierung auch wesentliche finanzielle Einsparungen für die Arbeitgeber und Auftraggeber sicherzustellen. Auch diesem Gesetzentwurf werden wir daher gerne die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

15.35

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Thumpser. – Bitte.

15.35

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich habe jetzt die angenehme Aufgabe, ein wenig weihnachtliche Stimmung zu verbreiten. Kollege Tremmel und Weilharter haben zum Verbrechensopfergesetz gesprochen. Da diesbezüglich in diesem Saal eine einheitliche Meinung herrscht, kann ich mich auf drei – meiner Meinung nach – wesentliche Punkte beschränken.


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Erster Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen: Das ist zwar schon betont worden, ich möchte es aber betreffend diese Novelle zum Verbrechensopfergesetz nochmals und verstärkt tun. Es war Österreich als erstes europäisches Land, das bereits im Jahre 1972 ein derartiges Gesetz beschlossen und damit Pionierarbeit in Europa geleistet hat. Ich denke, daß diese Novelle die logische Weiterentwicklung des bestehenden Verbrechensopfergesetzes ist.

Zweiter Punkt: Das Thema psychotherapeutische Hilfe wurde schon mehrmals angesprochen. Meiner Ansicht nach ist jedoch wichtig, daß diese psychotherapeutische Hilfe nicht nur den Opfern zugute kommt, sondern auch den Hinterbliebenen.

Dritter Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen: In diesem Zusammenhang möchte ich besonders hervorheben, daß nicht das strafrechtliche Delikt, sondern das Strafausmaß ausschlaggebend ist.

In diesem Sinne, so glaube ich, ist dieser Gesetzentwurf eine sinnvolle Weiterentwicklung, eine Verbesserung des der heutigen Zeit nicht mehr angepaßten Verbrechensopfergesetzes. Daher kurz und bündig: Wir werden diesem Gesetzentwurf zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.37

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesminister. – Bitte.

15.37

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir einige wenige Bemerkungen zu diesen Regierungsvorlagen und auch zu der Debatte. Da ich Ihren Redebeiträgen entnehmen konnte, daß das Verbrechensopfergesetz Ihre volle Zustimmung findet und mit dieser Zustimmung auch ein Spiegelbild jener Stellungnahmen gegeben ist, die wie wir bei der Begutachtung von allen Stellen bekommen haben, möchte ich gar nicht im Detail weiter darauf eingehen, Sie aber vielleicht doch über etwas informieren, von dem ich glaube – was auch in Ihren Debattenbeiträgen angesprochen wurde –, daß es wichtig ist, nämlich die Rolle der Psychiatrie in unserer gesamten Gesundheitsversorgung.

Sie konnten vielleicht den Medien entnehmen, daß wir in der Bundesstrukturkommission einen neuen Krankenanstaltenplan für das Jahr 1999 beschlossen haben und damit für die psychiatrische Versorgung in Österreich qualitativ deutliche Verbesserungen eingeleitet haben, weil die psychiatrische Behandlung in Zukunft in einer dezentraleren Form als bisher vorgenommen werden soll. In den einzelnen Kliniken, in den einzelnen Bereichen der Gesundheitsversorgung soll gleichwertig zu anderen Fachrichtungen nun auch die psychiatrische Betreuung für die Patienten weiterentwickelt und angeboten werden soll. Damit, so glaube ich, ist eine wesentliche qualitative Weiterentwicklung nach den neuesten medizinischen Erkenntnissen möglich. Das paßt zwar nicht ganz zu diesem Tagesordnungspunkt als solchem, aber ich glaube aufgrund der Aktualität doch zu diesem Thema, daher habe ich mir erlaubt, darauf Bezug zu nehmen.

Ich erlaube mir aber auch, mein Unverständnis darüber zum Ausdruck zu bringen, daß die beiden anderen Vorlagen nicht gleichermaßen Ihre Zustimmung finden konnten – auch wenn ich das natürlich zu respektieren habe. Es geht in beiden Fällen sowohl beim Bauarbeitenkoordinationsgesetz als auch beim ArbeitnehmerInnenschutzgesetz darum, die Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu verbessern. Insbesondere in den Klein- und Mittelbetrieben ist es erforderlich, dafür zu sorgen, daß es zu keiner Zweiklassengesellschaft auf der Arbeitnehmerseite kommt und daß die Situation, wie Sie sie bei Klein- und Mittelbetrieben eben finden, mehr berücksichtigt wird, weil bei Großbetrieben andere Rahmenbedingungen, andere organisatorische sowie technische und auch von den Kapazitäten her andere Voraussetzungen gegeben sind.

Ich bin daher sehr froh, daß uns das gelungen ist. Es gab sehr intensive Verhandlungen mit den Sozialpartnern in Fachgebieten der Experten, um zu diesem Ergebnis zu kommen. Aber ich meine, wir haben genau das erreicht, was der politische Wille ist, und zwar daß für die Klein- und Mittelbetriebe ein zusätzliches attraktives Angebot entwickelt wurde, damit sie dem gesetzlichen Auftrag nachkommen können, für den Arbeitnehmerschutz, für ihre Mitarbeiterinnen und


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Mitarbeiter auch verantwortlich zu sein und diesen Schutz auch anzuwenden. Arbeitnehmervorsorge, Prävention und Schutz sind prioritär schon eine Arbeitgeberaufgabe.

Ich habe es daher als Verpflichtung gesehen, dabei auch die Arbeitgeber durch die Schaffung zusätzlicher Angebote zu unterstützen und den Zugang zu kostenlosen Einrichtungen zu ermöglichen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Herr Bundesrat Weilharter hat gemeint, es sei eine Kurzbeurteilung. Ich möchte darauf verweisen, daß es vielleicht an dieser Kurzbeurteilung liegt, daß nicht ausreichend Zeit gewesen ist, sich mit den Details des Gesetzes zu befassen. Es steht den Arbeitgebern frei, ob sie sich mit arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Zentren in Verbindung setzen. Es steht ihnen frei, ob sie selbst externe Fachkräfte in Anspruch nehmen, damit diese Aufgabe wahrgenommen wird. Es steht ihnen frei, ob sie die kostenlosen Angebote der Allgemeinen Unfallversicherung in Anspruch nehmen, und es steht auch der Allgemeinen Unfallversicherung frei, in welchem Verhältnis sie für die Wahrnehmung dieser gesetzlichen Aufgabe eigene Einrichtungen, eigene Ressourcen beziehungsweise externe zusätzliche Ressourcen in Anspruch nimmt. Ich glaube, das ist genau das, was wir brauchen, nämlich ein bedarfsorientiertes Angebot, das auf regionale, betriebsspezifische und insbesondere auf Arbeitnehmerbedürfnisse Rücksicht nimmt.

Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang noch eine Bemerkung zum Bauarbeitenkoordinationsgesetz! Wir alle wissen – und es ist leider trotz vieler Verbesserungen nach wie vor ein Faktum –, daß die Arbeiten am Bau zu den unfallträchtigsten Arbeiten zählen. Sie erinnern sich vielleicht daran, daß vor wenigen Tagen ein junger Mann trotz wirklich sehr guter Vorsorgen und trotz Einhaltung der Vorschriften beim Bau des Milleniumstower in Wien tödlich verunglückt ist. Daher glaube ich, daß man wirklich alles tun muß, um gerade im Baubereich Vorsorge zu treffen, wo immer es nur möglich ist. Wir wissen, daß es auf einer Baustelle, wo viele Unternehmen Tätigkeiten verrichten, ganz wichtig ist, daß die Koordination stimmt, daß die Arbeitsgänge aufeinander abgestimmt sind, und damit das Unfallrisiko verringert wird.

Ich möchte dazu nur noch folgendes sagen: Alle Untersuchungen zeigen, daß eine ordentliche Baukoordination im großen Stil für alle Beteiligten auch ökonomisch sehr sinnvoll ist, da sich die Erfahrungen, die dabei gesammelt werden, dann auch in den Kalkulationen niederschlagen können, und daß Arbeitnehmerschutz insgesamt nicht nur etwas Wichtiges für die Arbeitnehmer ist, sondern auch ein ökonomischer Vorteil für die Unternehmungen sein kann, weil die Erkenntnisse aus dem Arbeitnehmerschutz immer wieder auch in die Produktivität einfließen.

Daß es insgesamt volkswirtschaftlich ein Vorteil ist, wirksame Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu haben, ist, glaube ich, unbestritten. Daher kann ich mich nur wundern, daß diese Weiterentwicklung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen nicht die Unterstützung des gesamten Hauses findet. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.43

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Frau Bundesministerin.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates, die getrennt erfolgt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensopfergesetz geändert wird.


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, Artikel VI des Bundesgesetzes BGBl.Nr. 450/1994 und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz über die Koordination bei Bauarbeiten.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

15. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Übereinkommen (Nr. 176) über den Arbeitsschutz in Bergwerken (1463 und 1488/NR sowie 5832/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zum 15. Punkt der Tagesordnung: Übereinkommen (Nr. 176) über den Arbeitsschutz in Bergwerken.

Ich darf um die Berichterstattung durch Frau Bundesrätin Schicker bitten.

Berichterstatterin Johanna Schicker: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales liegt Ihnen schriftlich vor. Ich kann mich daher auf die zwei Beschlußanträge beschränken, die da lauten:

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 1998 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

2. gegen den Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon. – Bitte.

15.46

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich möchte noch auf den Debattenbeitrag des Kollegen Drochter zum Arbeitneh


Bundesrat
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merInnenschutzgesetz eingehen, weil es, glaube ich, auch Auswirkungen auf dieses Übereinkommen, das wir jetzt diskutieren, hat.

Zum Thema Arbeitnehmerschutz: Ich glaube, wir müssen, trotz all der guten Bestimmungen, die ich wirklich außer Streit stellen möchte, sehr vorsichtig damit sein, ein Szenario zu skizzieren, in dem, wie wir glauben, Arbeitnehmer wirklich geschützt werden können. Ich sage das aus der Praxis, weil ich selbst mit meinen Kollegen Hunderte von Arbeitsplätzen evaluiert habe. In neun von zehn Fällen, in denen wirklich etwas passiert, ist der Auslöser der Arbeitnehmer selbst. Das heißt, Arbeitnehmerschutz hat in erster Linie durch den Arbeitnehmer selbst zu erfolgen. Das möchte ich schon erwähnt haben, weil ich glaube, daß sehr stark am Bewußtsein gerade auch der Arbeitnehmer gearbeitet werden muß. Es ist mir sehr wichtig, das hier festzustellen.

Zum Übereinkommen betreffend den Arbeitsschutz in Bergwerken gibt es, denke ich, nicht allzuviel zu sagen, weil jene Richtlinien, die darin übernommen wurden, im großen und ganzen bereits durch die bestehende Gesetzeslage sehr gut abgedeckt wurden. Ich bleibe bei meiner Bewertung bei jenem Unterschied, den ich schon am Vormittag angeführt habe, er spiegelt sich auch hier wider. Diese Richtlinien werden, wie ich glaube, durch das bestehende Berggesetz sehr gut abgedeckt, es gab nur die eine oder andere kleine Lücke beim Thema Arbeitnehmerschutz, wie zum Beispiel die Anzeigenpflicht bei gefährlichen Vorkommnissen, was zur Folge hatte, daß hieraus keine Statistiken erstellt werden können.

Gerade in der Bewertung der Richtlinien sehen wir meines Erachtens, wie stabil und stark unser bisheriges Berggesetz eigentlich war, da dort sehr, sehr vieles abgedeckt war, und ich möchte, weil in der Diskussion im Ausschuß auch der Fall Lassing angesprochen worden ist, in aller Deutlichkeit feststellen, daß auch mit diesen Richtlinien das Unglück in Lassing passieren hätte können. Das hätte uns nicht geholfen!

Für mich auffällig ist – und dazu erbitte ich mir die eine oder andere Erklärung –, daß wir für die Ratifizierung dieses Übereinkommens dreieinhalb Jahre gebraucht haben. Das erscheint mir doch ein wenig merkwürdig, weil ich glaube, daß der Großteil der Punkte schon erfüllt war. Vielleicht können Sie, Frau Ministerin, dazu kurz Stellung nehmen. (Bundesrat Prähauser: Länger noch als eineinhalb Jahre!) Dreieinhalb Jahre! Ich glaube, es wurde im Jahre 1995 übernommen.

Ich kann mit gutem Gewissen dieser Ratifizierung zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.50

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Drochter. – Bitte.

15.50

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Frau Vizepräsidentin! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und liebe Kollegen! Ich will mich dem, was Kollege Missethon gesagt hat, gar nicht verschließen. Aber ich glaube, wir sollten die Kirche im Dorf lassen. Die Fürsorgepflicht in den Betrieben obliegt den Arbeitgebern, und diese haben die Arbeitnehmer so zu informieren und die Arbeitsstätten so zu kennzeichnen, daß das Berufs- und Unfallrisiko auf das Geringste reduziert werden kann.

Und Ihre heutige Aussage, wonach auch dann, wenn die vorliegende Novellierung beziehungsweise Übereinkommen schon vor dem Unglück von Lassing beschlossen worden wäre, dieses trotzdem passiert wäre, ist eine meiner Ansicht nach akademische Meinung, denn wie der im heute erschienenen "NEWS" veröffentlichten ersten Stellungnahme der zur Klärung des Unglücks eingesetzten Gutachterkommission eindeutig zu entnehmen ist, hätten – und ich will das gar nicht zitieren, ich will es auf den Punkt bringen – die Verantwortungsträger im Bergwerk selbst und auch jene, die dann von der Bergbehörde rechtzeitig gekommen sind, die Gefahren eigentlich erkennen hätten müssen. Ich glaube also nicht, daß man es sich so einfach machen kann!


Bundesrat
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Man wird Katastrophen – und ich zähle Lassing zu den Katastrophen – durch vorherige Maßnahmen, seien sie auch rechtzeitig und vollständig, sicherlich nicht ganz verhindern können. Aber wenn die eine oder andere Maßnahme, wie etwa ein zweiter Schutzweg und anderes, vorher gesetzt worden wäre, wäre es vielleicht anders ausgegangen. Ich gehe davon aus, daß das heutige Übereinkommen – und das ist unsere Erwartungshaltung – mehr zur Sicherheit der Arbeitnehmer in Österreichs Bergwerken beitragen kann.

Das vorliegende Übereinkommen enthält die Verpflichtung des Unterzeichners beziehungsweise des Ratifikanten – wie es so schön heißt –, eine in sich geschlossene Politik auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes in Bergwerken festzulegen, diese auch durchzuführen und regelmäßig zu überprüfen. Ich halte es auch für ganz wichtig, daß in diesem Übereinkommen empfohlen wird, Beratungen und Gespräche mit den maßgebenden Verbänden der Arbeitnehmer, aber auch mit den Arbeitgebern über insbesondere die Auswirkungen der Dauer der Arbeitszeit sowie Auswirkungen der Schicht- und Nachtarbeit zu führen und sich dann auf Maßnahmen zu einigen, die vor allem für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer in Bergwerken einen Beitrag leisten können.

Weiters muß künftig qualifiziertes und ausgebildetes Personal zur Verfügung stehen, um die im Übereinkommen festgelegten Verpflichtungen – und das ist bisher nur mangelhaft geschehen – ständig zu prüfen und zu beurteilen, um sicherzustellen, daß die Gesetze und Verordnungen auch eingehalten werden. Zum Beispiel haben die Arbeitnehmer nun das Recht, im Rahmen der Arbeitnehmerschutzmaßnahmen über Gefahren und Risken, denen sie im Bergbau ausgesetzt sind, unterrichtet, ausgebildet, auch angehört und an den Änderungsvorschlägen beteiligt zu werden. Ich darf hier in Erinnerung rufen, daß es auch in Lassing eine heftige Diskussion zwischen den Bergleuten und den anwesenden, auch internationalen, Fachleuten gegeben hat.

Ich glaube, wir unterscheiden uns überhaupt nicht im Ziel. Unser gemeinsames Ziel ist es, Todesfälle, Verletzungen und gesundheitliche Schäden unter Arbeitnehmern und auch unter der Bevölkerung sowie Umweltschäden in Folge von Bergbautätigkeiten künftig zu verhindern. Es ist heute bereits erwähnt worden, daß wir in Österreich bereits seit langer Zeit über gute Arbeitnehmerschutzbestimmungen verfügen. Trotzdem ist es zu begrüßen, daß wir heute die Ratifizierung betreffend den Arbeitnehmerschutz in Bergwerken vornehmen, denn ich glaube – und habe das schon eingangs erwähnt –, daß es nach Lassing unbedingt notwendig ist, Verbesserungen bei den Maßnahmen der Sicherung anzustreben, vor allem für jene Arbeitnehmer, die unter Tag arbeiten. Heute weiß man, daß zwei Fluchtwege unverzichtbar sind, aber auch, daß konkrete Notfallpläne – und das ist ebenfalls entscheidend, vor allem für die Verantwortungsträger und für die Belegschaftsvertreter – für, wie sich gerade in Lassing zu unserem Bedauern gezeigt hat, niemals auszuschließende Katastrophen vorhanden sein müssen.

Für uns gilt es daher, so rasch wie möglich aus diesen Erfahrungen zu lernen und rechtzeitig die Konsequenzen zu ziehen, damit geeignete Maßnahmen getroffen werden, bevor es zu weiteren Unfällen beziehungsweise unvorhersehbaren Katastrophen kommt. Wichtig wäre es meiner Meinung nach auch, daß ab nun eine Behörde für die Kontrolle der Bergwerke vor Ort Verantwortung zu tragen hat. Ich persönlich glaube, daß die Arbeitsinspektion die dazu notwendigen Voraussetzungen mitbringt. Es ist sicherlich eine personelle Aufstockung notwendig, um die Arbeitsinspektionen jener Gebiete, in denen es Bergwerke oder Gruben gibt, mit Spezialisten im Arbeitsinspektorat für Bergwerke ergänzen zu können.

In diesem Sinne haben wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten kein Problem damit, auch diesem Gesetz die Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

15.58

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster ist Herr Bundesrat Weilharter zu Wort gemeldet. – Bitte.

15.58

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Vizepräsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Sie gestatten mir, daß ich aus Pietät gegenüber


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den Betroffenen des Unglücks von Lassing im Zusammenhang mit dem vorliegenden Übereinkommen Lassing nicht zitiere, sondern nur ein paar grundsätzliche Bemerkungen dazu mache.

Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird dem vorliegenden Übereinkommen die Zustimmung geben, da wir die Intention dieses Übereinkommens als grundsätzlich notwendig erachten, und weil wir darin einen Schritt in die richtige Richtung, nämlich eine präventive Maßnahme, sehen. Die zweite Überlegung meiner Fraktion war, daß mit diesem Übereinkommen den Mitarbeitern, den Betroffenen im Bergbau die Möglichkeit eingeräumt wird, vor einer zuständigen Stelle, bei der zuständigen Inspektion, ohne persönliche und ohne berufliche Nachteile vorsprechen, sich letztlich an diese Inspektion wenden zu können. Daher geht dieses Übereinkommen meiner Meinung nach inhaltlich in Ordnung, es ist eine Notwendigkeit, der wir zustimmen werden.

Meine Damen und Herren! Ich verabsäume es aber nicht, anzumerken, daß, wie in den Erläuterungen zu lesen ist, die Zustimmung des Bundesrates nicht erforderlich ist.

Ich teile diesen Standpunkt nicht, denn, meine Damen und Herren, ich meine viel eher, daß ge-rade diese Thematik selbstverständlich auch in den Wirkungsbereich des Bundesrates fällt. Es wird von diesem Übereinkommen auch eine im Rahmen von landwirtschaftlichen Nebenbetrie-ben oder im Rahmen von gewerblicher Tätigkeit ausgeübte Aufsuchung, Gewinnung oder Aufbereitung von mineralischen Rohstoffen erfaßt.

Meine Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Der Vorwurf, daß es von seiten der Bundesregierung ein erneuter Versuch ist, sich über die Länderinteressen, über die Interessen der Länderkammer, also des Bundesrates, hinwegzuturnen, gibt dem ganzen Übereinkommen einen bitteren Beigeschmack. Frau Bundesministerin! Sollte es nicht die Absicht gewesen sein, sich über die Länderkammer, also die Landesinteressen, hinwegzuturnen, dann erwarte ich mir bei solchen Übereinkommen und Vorlagen in Hinkunft mehr Sorgfalt und vor allem die Beachtung unserer Verfassung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.01

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin.

16.01

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich darf auf die Frage des Herrn Bundesrates Missethon antworten, der wissen wollte, warum es so lange gedauert hat und wie lange es gedauert hat, bis im Bundesrat die Ratifikation dieses Übereinkommens auf der Tagesordnung stand.

Ende Juni 1995 wurden auf der 82. Tagung der ILO-Konferenz das Übereinkommen Nr. 176 und die Empfehlung Nr. 183 angenommen. In weiterer Folge war es erforderlich, die innerstaatliche Rechtslage im Hinblick auf die Übernahme dieses Übereinkommens zu überprüfen, was einen doch erheblichen Zeitaufwand erforderte. Darüber hinaus mußte auch eine Abstimmung mit dem Außenministerium vorgenommen werden. Am 18. Juni 1997, also in angemessener Frist im Sinne internationaler Vorlagen, wurden diese Abkommen im Ministerrat mit der Bitte eingebracht, sie an das Hohe Haus zur Kenntnisnahme weiterzuleiten, und zwar deswegen zur Kenntnisnahme, weil es in diesen Abkommen einige wesentliche Punkte gibt beziehungsweise gegeben hat – Sie haben auf einen Bezug genommen –, die nicht 100prozentig mit unserer österreichischen Rechtslage identisch sind. Daher hat sich der Ministerrat damals im Juni entschieden, eine Kenntnisnahme vorzuschlagen, aber keine Ratifizierung des Abkommens.

Der Sozialausschuß, der dann im Oktober 1997 getagt hat, hat aber die Meinung vertreten, es möge eine Ratifikation vorbereitet werden, wofür die Bundesregierung Sorge tragen möge. Das hatte zur Folge, daß jene Punkte, bei denen es gewisse formale Unterschiede gegeben hat – ohne daß damit ein Qualitätsunterschied verbunden war – ausgeräumt und klargestellt wurden.


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Nicht zuletzt hat auch das Mineralrohstoffgesetz, das beschlossen wurde, die Ansicht noch verstärkt, daß eine absolute Identität dieser Empfehlung beziehungsweise des Übereinkommens mit unserer Rechtslage gegeben ist. Das hat dazu geführt, daß der Ministerrat neuerlich die Einbringung ins Parlament in Form einer Regierungsvorlage mit dem Ansuchen auf Ratifizierung beschlossen hat und der Sozialausschuß in seiner letzten Sitzung diesem Antrag auch zugestimmt hat, der dann unmittelbar an den Bundesrat weitergeleitet wurde.

Ich meine, Sie sehen, daß wir im Rahmen dessen, was möglich war, sehr schnell versucht ha-ben, die Voraussetzungen für die Ratifizierung zustande zu bringen. Ich wäre sehr froh, wenn der Bundesrat diese Meinung teilte. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.04

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Da der vorliegende Beschluß Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Weiters bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, gegen den Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

16. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz und das Behindertenwerkstätten-Vorfinanzierungsgesetz geändert werden (1518 und 1543/NR sowie 5833/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 16. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz und das Behinderten-werkstätten-Vorfinanzierungsgesetz geändert werden

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Hager genommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Wolfgang Hager: Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschuß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Behin


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derteneinstellungsgesetz und das Behindertenwerkstätten-Vorfinanzierungsgesetz geändert werden, liegt schriftlich vor.

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 1998 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht und die Antragstellung.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Fischer. – Bitte.

16.08

Bundesrätin Aloisia Fischer (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Für behinderte Menschen ist die Integration in den Arbeitsmarkt besonders wichtig. Etwas wert zu sein, etwas leisten zu können, sein eigenes Geld zu verdienen, ein Einkommen zu haben, stellen einen Lebensinhalt dar und steigern das Selbstwertgefühl. Dies gibt das Gefühl, anerkannt und gebraucht zu werden, nicht aus der Gesellschaft ausgeschlossen zu sein. Es ist wichtig, Chancengleichheit soweit wie möglich zu erreichen.

Nicht zuletzt aufgrund der angespannten Arbeitsplatzsituation waren Behinderte nicht selten die ersten, die vom Arbeitsmarkt verdrängt wurden. Positiv ist, daß für Betriebe nunmehr die Möglichkeit einer dreimonatigen Probezeit besteht. Behinderte haben so die Möglichkeit, zu erproben, ob der betreffende Arbeitsplatz entspricht und sie ihrer Neigung und Leistungsfähigkeit entsprechend auf dem Arbeitsplatz das erbringen können, was sich sowohl der Behinderte als auch der Arbeitgeber erwarten. Dem Arbeitgeber wird damit der erste Schritt erleichtert, Behinderte einzustellen und manchmal vorhandene Vorurteile abzubauen. Es ist positiv, daß Lehrlinge aus dieser Zahl ausgenommen sind und somit die Entscheidung: entweder Lehrlinge oder Integration wegfällt.

Weiters ist positiv, daß das bereits seit einiger Zeit bestehende Projekt der Arbeitsassistenz weiter bestehenbleibt. Es gibt hiemit neue Wege, die Förderung, Einstellung und Betreuung von begünstigten Behinderten auf eine neue Basis zu stellen. Es wäre wichtig, die Arbeitsassistenz bundesweit flächendeckend auszubauen. Weiters sind die Neuerungen wie Modifizierung des Kündigungsschutzes begünstigter Behinderter, Entfall der Prämien für Übererfüllung der Beschäftigungspflicht, Entfall der Ausnahmebestimmungen für einige Wirtschaftszweige und Gebietskörperschaften wichtige Punkte.

Ich glaube, daß mit dieser Gesetzesnovelle betroffene Menschen eine neue Chance bekommen. Meine Fraktion wird dieser Gesetzesänderung zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

16.11

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Schicker.

16.11

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Die vorliegende Novelle zum Behinderteneinstellungsgesetz bringt grundsätzlich Verbesserungen im Hinblick auf die Integration Behinderter auf dem Arbeitsmarkt. Meine Vorrednerin, Kollegin Fischer, ist schon ausführlich und auch einfühlsam auf diese Problematik eingegangen. Ich werde mich nur mit einem Aspekt befassen, und zwar halte ich es für richtig und gerecht, daß die Pflichtzahl für zu beschäftigende Behinderte auch für Bund, Länder und Gemeinden gilt.

Daß noch ein großer Aufholbedarf bei der Beschäftigung von Behinderten besteht  –  ich spreche in  erster Linie von kleineren Gemeinden und denke da in erster Linie an körperlich Behinderte –, liegt auch, so glaube ich, an den unzureichenden behindertengerechten Gebäudezu


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gängen. Ich denke im speziellen an Rathäuser oder Gemeindeämter in kleineren Gemeinden. Daß es Mittel vom Bundessozialamt gibt, um zum Beispiel einen Lift einbauen zu lassen, das hörte ich im Ausschuß am Dienstag. Das habe ich nicht gewußt. Ich glaube, Frau Ministerin, man sollte in den Gemeinden auch mehr publik machen, daß es Zuschüsse gibt. Denn ich meine, daß sich die Gemeinden dann eher dazu entschließen würden, Investitionen für behindertengerechte Einrichtungen durchzuführen, wodurch es erst ermöglicht wird, auch körperlich Behinderte in ihre Reihen aufzunehmen.

Meine Fraktion wird diesem Behinderteneinstellungsgesetz natürlich gerne die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

16.13

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Tremmel. – Bitte.

16.13

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ich spreche als einziger Mann im Damenreigen. Es spricht für die Damen, daß sie sich für die Verletzten in der Gesellschaft besonders einsetzen, und ist aus der Funktion Mutter, Frau heraus erklärbar und durchaus mit Respekt und Achtung auch von meiner Seite zu begrüßen.

Wie ein roter Faden ziehen sich heute durch die Tagesordnungspunkte der Schutz von Arbeitsplätzen, die Schaffung von Arbeitsplätzen und der Schutz von behinderten Menschen auf ihrem Arbeitsplatz.

Ich möchte noch auf die Ausführungen des Kollegen Drochter zurückkommen, da Sie sich, Frau Ministerin, darüber gewundert haben, daß wir dem Bauarbeitenkoordinationsgesetz nicht zugestimmt haben. Ich kenne eine Studie – Sie werden sie wahrscheinlich auch kennen – der Arbeiterkammer Graz bezüglich EU-Osterweiterung, Situation der Bezirke Hartberg, Oberwart, wo besonders diese Bereiche betroffen sind. Unternehmen, die dort arbeiten, wollen natürlich die besten Arbeitskräfte haben. Es könnte sein – und deswegen auch unsere Mentalreservation –, daß einheimische Arbeitsplätze unter den Tisch fallen, so wie es Kollege Missethon richtigerweise gesagt hat.

Man muß heute ein Gesetz genau dahin gehend hinterfragen und prüfen, ob nicht gutgemeinte Maßnahmen letztlich dazu führen, daß es wieder zur Gefährdung von Arbeitsplätzen kommt. Ich glaube, das ist bei dieser Vorlage nicht der Fall. Es ist abgewogen und auch mit Gefühl vorgegangen worden. Ich verweise auf die Neuformulierung des Kündigungsschutzes oder auf die Herausnahme der Lehrlinge, um den zweiten wichtigen Bereich zu nennen. Auch die Möglichkeit der Arbeitsassistenz ist zu begrüßen wie die verstärkten Förderungsmöglichkeiten aus dem Ausgleichstaxfonds, um hier die entsprechenden Schwerpunkte dieser Vorlage darzulegen.

Über eines bitte ich nachzudenken, und zwar über die Definition des Begriffes "Behinderte", obwohl mir momentan auch nichts Besseres einfällt. Das allein ist schon ein Ausdruck, der zur Behinderung führen könnte und diese Gleichbehandlung, die wir hier anstreben, in Frage stellt. Ich weiß momentan auch keinen Ausweg, aber ich deute das einmal an, damit man sich bei einer zukünftigen Novellierung auch mit dieser Frage beschäftigt.

Ich glaube, Kollegin Schicker hat gesagt, daß die Steirer – ich zitiere Ihre Worte im positiven Sinn, weil Sie so erschreckt dreingeschaut haben ... (Zwischenruf des Bundesrates Konecny. ) Lesen Sie weiter die Zeitung, Herr Kollege! (Bundesrat Konecny: Nicht die Zeitung, Ihre Anträge, Herr Kollege!) Das ist noch besser.

Ich möchte festhalten, daß der Bund als größter Dienstgeber Österreichs nur teilweise seiner Verpflichtung nachgekommen ist, entsprechend geschützte Arbeitsplätze – so könnte man das bezeichnen – nach dem Behinderteneinstellungsgesetz zu schaffen, und daß Abschlagszahlungen durchaus nicht immer die Ausnahme, sondern in einigen Bereichen die Regel waren. Auch das muß man einmal sagen.


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In Richtung Bund und Exekutive möchte ich sagen: Es ist nicht gut, Wasser zu predigen, aber selbst Wein zu trinken. Das muß man ein wenig überdenken. Wir Steirer dürfen sagen, daß das Land Steiermark mit der Stadt Graz an der Spitze diese Auflagen zu 100 Prozent erfüllt hat. Dieses Gesetz ist wirklich erst dann sinnvoll, wenn auch der Bund in seinem Bereich zu 100 Prozent diese Auflagen, die er in Form einer Richtlinienkompetenz den anderen vorschreibt, erfüllt. Das, Frau Ministerin, würde ich Sie auch bitten, an Ihre werten Regierungskolleginnen und -kollegen weiterzutragen.

Den Wegfall der Prämienzahlung bei Übererfüllung der Beschäftigungspflicht für begünstigte Arbeitsplätze halten wir nicht für gut. Ich weiß, das wurde kostenmäßig begründet. Aber gerade dadurch werden wieder Bereiche – es handelt sich um Klein- und Mittelbetriebe, die vorerst dieses Opfer auf sich nehmen – in die Bredouille, also in die Klemme, gebracht, wenn sie einen Behinderten oder jemanden, der einen geschützten Arbeitsplatz hat, entlassen. Vielleicht wäre ein Lösungsmodell, daß man den Arbeitsplatz selbst als schützenswert vorsieht – das wäre meiner Meinung nach eine Möglichkeit.

Frau Ministerin! Es wäre sehr interessant, zu erfahren, wie diese Materie gegriffen hat, wie die Erfahrungswerte mit dem Kündigungsschutz erst nach drei Monaten sind und wie sich das Ganze bei den Arbeitnehmern, bei den Arbeitgebern und auf den Arbeitsplatz selbst auswirkt.

Noch kurz zur Arbeitsassistenz: Dieses Instrumentarium zur besonders intensiven Betreuung von schwerstbehinderten Menschen mit dem Ziel der dauernden Eingliederung in den Erwerbsprozeß wird jetzt gesetzlich verankert. Ich persönlich begrüße das sehr. Ich habe in meinem Bereich auch vier geschützte Arbeitsplätze, und da ist man mit einer gewissen Mentalreservation behaftet. Eine taubstumme Kollegin, die wirklich eine erstklassige Kraft ist und durchaus in das normale Schema hineinkommt, braucht eben Schutz, sie braucht Unterstützung, sie braucht Förderung, sie braucht Kurse, und sie braucht eine entsprechende Einrichtung des Arbeitsplatzes. Auch das wäre zu bedenken, wenn es uns mit diesem Modell, wonach man solchen Menschen behilflich sein soll, um sie gleichberechtigt zu machen, wirklich ernst ist.

Ich glaube, daß es ernst ist. Diese Arbeitsassistenz wird nur so gut sein, wie sie vorbereitet wird, und zwar nicht nur von den Menschen, die helfen, sondern auch von der Arbeitsplatzgestaltung und von der Einführung dieser Menschen in den Arbeitsprozeß her.

Wir werden dieser Vorlage, die unserer Ansicht nach in eine gute und richtige Richtung geht, gerne die Zustimmung geben. (Allgemeiner Beifall.)

16.21

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Thumpser. – Bitte.

16.22

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Qualität einer Gesellschaft erkennt man daran, wie sie mit den Schwächsten dieser Gesellschaft umgeht. Behinderte Menschen gehören vielfach zu diesem schwächsten Glied dieser Gesellschaft, und deshalb erachte ich die volle Integration in die Gesellschaft, die Partizipation, die Angebote, die Möglichkeiten und Leistungen für diese Behinderten als besonders wichtig, um ihnen größtmögliche Unabhängigkeit zu ermöglichen. Oft sind es gerade behinderte Menschen, die Diskriminierungen ausgesetzt sind und die vor Barrieren stehen, die nichtbehinderte Menschen errichtet haben.

Unser Ziel muß es sein, diese Barrieren zu beseitigen. Das Recht auf Arbeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist für alle wichtig, für behinderte Menschen aber umso wichtiger. Gerade behinderte Menschen kompensieren oftmals ihre Behinderung durch besonderen Arbeitseinsatz, sodaß die von ihnen erbrachte Leistung dementsprechend anzurechnen ist. Ich kann das aus Erfahrung sagen, denn auch meine Heimatgemeinde beschäftigt seit mittlerweile eineinhalb Jahren einen Behinderten. Es war nicht einfach, vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die direkt mit ihm zusammenarbeiten, davon zu überzeugen, daß es gut, wichtig und auch politisch richtig ist, die Behinderten dementsprechend in den Arbeitsprozeß einzugliedern.


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Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über das Instrumentarium der Arbeitsassistenz wurde schon berichtet, und es wurde ebenfalls für gut befunden.

Ein Punkt, der mir jeweils in diesem Zusammenhang noch wichtig erscheint, ist der Bereich des besonderen Kündigungsschutzes, den ich im Grunde genommen auch für unverzichtbar halte, und ich möchte das anhand eines Beispieles aus Niederösterreich demonstrieren.

Lilienporzellan in Wilhelmsburg – eine Geschirrfabrik, die einmal 300, 400 oder 500 Beschäftigte gehabt hat – hat sukzessive Arbeitsplätze abgebaut und Teile der Produktion ins Ausland verlagert. Es gab zwei Bereiche, nämlich Geschirr und Sanitär, vom Geschirrbereich ist nur mehr der Verkauf in Wilhelmsburg, der Bereich Sanitär ist zurzeit – ich hoffe noch sehr lange – komplett dort. Ein Bekannter von mir war nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in diesem Betrieb beschäftigt, war 30 Jahre lang Meister im Bereich Geschirr, und ich glaube, ich brauche Ihnen nicht zu erzählen, welche Schwierigkeiten ein heute 50jähriger, der 30 Jahre lang in einer Branche beschäftigt war, trotz aller Unterstützungen, die es gibt, derzeit am Arbeitsmarkt hat. Bei einem behinderten 50jährigen ist die Chance, eine Beschäftigung zu finden, gleich Null.

Siehe da, es gab die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb, siehe da, das Management mußte andere Überlegungen anstellen, und siehe da, es gab auch für diesen 50jährigen eine adäquate Beschäftigung in diesem Unternehmen. – Gerade anhand dieses Beispieles wird es für mich sichtbar, liebe Kolleginnen und Kollegen, daß der Kündigungsschutz ein unverzichtbares Element einer guten Behindertenpolitik ist.

Zum Schluß noch eine kurze Bemerkung zu den Begriffen "Geschützte Werkstätten" beziehungsweise "Integrative Betriebe": Ich glaube, daß diese Umbenennung deshalb wichtig ist, weil mit dem Begriff "Geschützte Werkstätten" etwas Negatives in Verbindung gebracht wurde, denn wenn jemand in einer geschützten Werkstätte tätig ist, muß an ihm oder an ihr etwas nicht stimmen. Ich glaube, daß deshalb die Umbenennung ein sehr wesentliches Element, ein gesellschaftspolitisches Element ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Behindertenpolitik, die wir machen, ist jedoch nicht nur geprägt davon, welche Gesetze wir beschließen, unsere Behindertenpolitik ist vor allem dadurch geprägt, wie wir im alltäglichen Umgang mit unseren behinderten Mitbürgerinnen und Mitbürgern umgehen. Betrachten wir sie ganz einfach als Menschen wie du und ich, und geben wir ihnen die Chance auf ein eigenes, nach ihren Bedürfnissen ausgerichtetes Leben. – Wir als Sozialdemokraten werden deshalb dieser Gesetzesvorlage zustimmen und auch in Zukunft an der Seite der Behinderten mit ganzer Kraft für bessere Lebensumstände kämpfen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.27

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesministerin. – Bitte.

16.27

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Damen und Herren! Vorerst herzlichen Dank für Ihre unterstützenden Wortmeldungen zur Änderung des Behinderteneinstellungsgesetzes. Ich bin überzeugt davon, daß wir mit diesem Gesetz eine Chance haben, noch mehr für die Integration von Behinderten in unsere Gesellschaft, in unsere Arbeitswelt zu tun, und damit zu einem größeren Selbstverständnis des Zusammenlebens und Zusammenarbeitens kommen. Ich bedanke mich für jede Unterstützung von jeder Frau und von jedem Mann, die diesen Weg mit uns gehen.

Es wurde Verschiedenes von Ihnen angesprochen. Es ist zum Beispiel die Frage der Überfüllungsprämie erwähnt worden. Wir haben es uns nicht leicht gemacht, von der bisherigen Regelung abzugehen, aber es haben uns verschiedene Studien bewiesen und sehr viele Gespräche in der Praxis gezeigt, daß diese Regelung eigentlich nicht jene Treffsicherheit und Bedarfsorientiertheit gehabt hat, die wir eigentlich haben wollten. Das heißt, sie ist nicht punktgenau dort gelandet, wohin wir es wollten. Es ist eine Art Gießkannensystem entstanden, ohne daß man damit dem Arbeitgeber oder dem Arbeitnehmer punktuell richtig helfen konnte. Daher werden


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wir dafür Sorge tragen, daß jene Mittel, die dann frei werden, bedarfsorientierter, arbeitsassistenzorientierter eingesetzt werden und vermehrt auf Einzelpersonenförderung ausgerichtet sind, damit wir genaue jene Punktlandung haben, die wir brauchen. Es soll nicht so sein, daß die Mittel womöglich das nicht erfüllen, was wir ursprünglich damit beabsichtigt hatten.

Ich glaube, es ist auch ganz wichtig, zu betonen, daß wir mit diesem System die große Chance haben, alle Mittel aus dem europäischen Sozialfonds, die wir mit Co-Finanzierungen ansprechen können, geltend zu machen, wiewohl wir uns ohnehin sehr bemühen, alles, was wir an Co-Finanzierungen zustande bringen können, auch zu erreichen.

Es ist auch die Frage der Arbeitsassistenz angesprochen worden. Es gab dazu eine Probe, ob das der richtige Weg ist. Ich bin sehr froh darüber, daß uns meine Kolleginnen und Kollegen mit diesen Überlegungen eine Grundlage gegeben haben, zu erkennen, daß das eine ganz große Hilfe für die Behinderten ist und eine Weiterentwicklung der Situation mit sich bringen könnte. Wir hatten heuer im September in Salzburg eine sehr große Konferenz im Rahmen der EU-Präsidentschaft, bei der Vertreter und Vertreterinnen der politischen Seite, der Expertenseite aus allen Mitgliedstaaten, aber auch Betroffene und einzelne Behindertenorganisationen anwesend waren. Es gab ein einheitlich großes Interesse an unserem Modell Arbeitsassistenz, und wir haben die Bestätigung bekommen, daß auch andere darin eine große Chance sehen. Wir haben jetzt die Möglichkeit, die Arbeitsassistenz flächendeckend auszubauen und dementspre-chend noch mehr zu tun, als bisher der Fall gewesen ist.

Ich bin auch sehr froh darüber, daß wir die Ausnahmeregelungen nun beseitigen konnten. Bei der Wirtschaft ist es meiner Meinung nach absolut sinnvoll, mit Übergangsregelungen zu arbeiten, weil sich die einzelnen Wirtschaftsklassen darauf einzustellen haben. Daher bekenne ich mich zu der schrittweisen Rückführung auf ein gemeinsames Niveau.

Was den Bund betrifft, so gebe ich Ihrer Kritik recht, daß jene Bereiche des Bundes, die ihrer Einstellungsverpflichtung nicht nachkommen, gefordert sind, dies zu tun. Ich möchte kein Selbstlob bezüglich meines Ressorts verkünden, aber – ich nenne jetzt keine Zahl – wir erfüllen weit über Gebühr unsere Verpflichtung. Um das jetzt nicht nur auf unser Ressort zu reflektieren, möchte ich dazusagen, daß auch das Finanzministerium, das Bundeskanzleramt und auch das Wirtschaftsministerium zu jener Gruppe gehören, die ihrer gesetzlichen Verpflichtung entsprechen und den behinderten Kolleginnen und Kollegen eine Chance geben, einen Arbeitsplatz zu haben.

Kollege Thumpser! Ich gebe Ihnen recht, daß die Sprache wichtige Signale setzt, und es wichtig war, daß es uns jetzt gelungen ist, den Begriff "Geschützte Werkstätte" in "Integrative Betriebe" umzuwandeln, weil damit ein ganz anderes Signal ausgeht. Wenn dieses Signal mit Leben erfüllt wird, sind wir wieder einen Schritt weiter. Wir sollten aber auch eine Lösung dahin gehend finden, daß wir vom Begriff "Behinderter" wegkommen, und die Kolleginnen und Kollegen, die eben anders sind als jene, die volle Einsatzkraft haben, nicht als Behinderte gesehen werden, sondern als Menschen mit anderen besonderen Qualitäten oder anderen Voraussetzungen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Wir haben auch folgende Fragen zu beachten: Wie wirkt sich nunmehr die neue Rechtslage aus, also daß der besondere Kündigungsschutz etwa später einsetzt? Wie reagiert die Wirtschaft auf diese Möglichkeit? – Ich glaube, es ist ganz wichtig, daß sichergestellt ist, daß die Unterstützungsmaßnahmen für den Betroffenen und die Betroffene mit dem ersten Tag des Arbeitsantrittes zu wirken beginnen, damit auch die Chance gegeben ist, daß innerhalb dieser ersten Monate eines Arbeitsverhältnisses beide Seiten, nämlich sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer, eine Beziehung finden, aufgrund der die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ermöglicht wird. Ich glaube, das ist ein vernünftiger Ansatz, ohne dabei an dem ganz wichtigen Kündigungsschutz zu rütteln. Ich glaube, es ist ganz wichtig, zu betonen, daß diese Gruppe in unserer Gesellschaft einen besonderen Schutz braucht. Sie ist alleine nicht stark genug, sie braucht die Solidarität der anderen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Daher freue ich mich, wenn wir dieses Gesetz zustande bringen. Es ist auch ein wichtiger Teil im Rahmen unseres Nationalen Aktionsplanes für Be


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schäftigung. Wir haben uns auch in einem Kapitel dieser Gruppe besonders zugewendet. Es schließt somit den Kreis, daß wir besonders benachteiligten Gruppen gerne zur Seite stehen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie Beifall des Bundesrates Dr. Tremmel. )

16.34

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Frau Bundesministerin.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung .

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

17. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert wird (1508 und 1546/NR sowie 5834/BR der Beilagen)

18. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz geändert wird (1509 und 1548/NR sowie 5835/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 17 und 18 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert wird, und

ein Bundesgesetz, mit dem das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz geändert wird.

Ich bitte Herrn Bundesrat Hager um seine Berichte.

Berichterstatter Wolfgang Hager: Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ich komme zum Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert wird. Der Bericht liegt schriftlich vor. Ich verzichte auf die Verlesung.

Der genannte Ausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 1998 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ebenso liegt Ihnen der Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz geändert wird, schriftlich vor.

Der Ausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 1998 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Berichte.


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Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Als erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Strugl. – Bitte.

16.36

Bundesrat Mag. Michael Strugl (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Zur Änderung des Arbeitsmarktförderungsgesetzes möchte ich mich kurz fassen. Es geht darum, den Bestimmungen der Europäischen Union Rechnung zu tragen, indem die Künstlervermittlung liberalisiert wird. Es ist dies also ein an und für sich logischer Schritt. Nunmehr werden EU-Staatsbürger zugelassen, die Künstlervermittlung kann durch juristische Personen erfolgen, und weiters gibt es eine Klarstellung bezüglich der Bewilligungserfordernis, eine Einschränkung des Erfordernisses eigener Geschäftsräume im Sinne der Angemessenheit, also angemessene Geschäftsräume, die Schaffung von Obergrenzen bezüglich des Vermittlungsentgeltes, das Verbot von Vereinbarungen, was die Ausschließlichkeit betrifft, und die Verfahrenszuständigkeit. Wie ich schon gesagt habe, es ist ein an sich logischer Schritt. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte aber gerade aus Sicht der ÖVP folgendes dazu sagen: Wir sind nach wie vor dafür, daß es auch über diesen Bereich hinaus zu einer Liberalisierung der Arbeitsvermittlung kommt. Es hat 1995 sozusagen die Aufbrechung des Monopols gegeben, indem auch private Vermittler zugelassen wurden, allerdings erfolgte dies unter sehr restriktiven Auflagen, sodaß es eigentlich nach wie vor eine Art quasi Monopolstellung des Arbeitsmarktservice gibt. Wir stellen uns aber vor, daß man diesbezüglich noch weitergeht und diese Möglichkeit der privaten Arbeitsvermittlung ausdehnt, also auch über diesen Bereich hinaus, den wir heute beschließen.

Ich möchte mich jetzt aber auf die Änderung zum Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz kon-zentrieren, weil dies ein Thema ist, das uns auch in den Ländern sehr beschäftigt hat. Das ist uns ein großes Anliegen, und ich glaube, daß wir diesbezüglich gemeinsam als Bund und Länder auch sehr erfolgreich gewesen sind. Es ist dies auch ein Teil des Nationalen Beschäftigungsplanes. Sie kennen die Eckdaten: 100 000 neue Arbeitsplätze bis 2002, die Reduzierung der Arbeitslosenquote auf 3,5 Prozent und die Halbierung gerade der Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit. Das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz ist also ein wichtiger Teil dieses Vorhabens.

Obwohl wir im EU-Durchschnitt schon eine sehr niedrige Jugendarbeitslosigkeit haben, geht es doch darum, daß wir sagen, jeder Jugendliche, der keine Ausbildung findet, der auf der Straße steht, ist einer zuviel. Es muß eines der wichtigsten Anliegen sein in der Gesellschaft, gerade jungen Menschen diesbezüglich Hoffnung und eine Chance für die Zukunft zu geben. Das ist, so glaube ich, auch ein guter Grund, warum da einiges an Mitteln eingesetzt wird. Wir wissen, daß ein beträchtlicher Teil an Mitteln von den Ländern und dem Bund dafür eingesetzt wird. Wir glauben aber, daß das eine gute Investition in die Zukunft und Chancen für die jungen Leute sind.

Lehrlingsstiftungen und Lehrwerkstätten werden also Lehrgänge offerieren, um eine kurzfristige Maßnahme anzubieten, wobei ich als Randbemerkung dazusage, daß das sicherlich nicht der Intention entspricht, daß so wie bei den ÖBB-Lehrwerkstätten dann eine Ausgliederung stattfindet und auf diese Weise ein finanzieller Vorteil von einem öffentlichen Unternehmen lukriert wird. Insgesamt sprechen wir von 4 000 jungen Leuten, die aufgrund dieser Maßnahme Ausbildung und Beschäftigung bekommen sollen.

Jetzt geht es einfach darum, nachdem das in der ursprünglichen Form für die Jahrgänge 1998 und 1999 gelten sollte, daß das auch auf frühere Jahrgänge ausgedehnt wird, konkret auf 1997. Ich sage das deswegen, weil das auch eine Initiative des Landeshauptmannes von Oberösterreich, Dr. Pühringer, war, der gleich auf dieses Problem aufmerksam gemacht hat und wofür sich auch die Länder sehr eingesetzt haben. (Bundesrätin Schicker: Nicht nur! Nicht nur! Man ist auch in den anderen Bundesländern draufgekommen, daß das zuwenig war!)


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Sie haben völlig recht, Frau Kollegin! Ich erinnere an den Beschluß der Landeshauptleutekonferenz vom 26. November, bei dem es aber wieder der Landeshauptmann von Oberösterreich war, der ... (Bundesrätin Kainz: Es war auch in Oberösterreich nicht nur der Landeshauptmann! Um das ein bißchen in das richtige Licht zu rücken!) – Natürlich nicht, aber ich glaube, das kann man auch dazu sagen, wenn jemand eine Initiative setzt, sollte das auch Anerkennung finden. Aber wir wissen selbstverständlich, daß niemand das Evangelium in der Politik hat. Man soll auch niemanden eine Initiative absprechen, wenn er diese setzt.

Warum ist uns das wichtig? – Das Problem besteht oft gerade dann, wenn ein junger Mensch über einen längeren Zeitraum keinen Ausbildungsplatz findet und weil es aufgrund dieses längeren Zeitraumes immer schwieriger wird, einen Ausbildungsplatz zu finden. Darum glaube ich, das ist ein richtiger Schritt. Diese jungen Leute kommen auch in den Genuß der Lehrlingsfreifahrt, und auch das ist, so glaube ich, eine gerechte Sache.

Ich möchte allerdings nicht verhehlen, daß es schon noch Gruppen gibt, über die man nachdenken müßte und die in diesem System nach wie vor benachteiligt sind, etwa jene, die weniger als dreimal in der Woche zwischen Wohnort und Ausbildungsstätte pendeln. Diese kommen nach wie vor nicht in den Genuß dieser Lehrlingsfreifahrt, was aus meiner Sicht ungerecht ist, weil nicht einzusehen ist, daß diejenigen, die beispielsweise nur am Wochenende nach Hause fahren, weil sie in einem Internat sind oder aus anderen Gründen nicht öfter heimfahren können, nicht in den Genuß dieser Freifahrt kommen können. Das ist eine Gruppe.

Eine andere Gruppe – diese ist zwar nicht sehr groß, aber immerhin; in den Grenzregionen zu EU-Ländern betrifft das besonders Oberösterreich und Salzburg – sind jene junge Menschen, die etwa in Bayern eine Lehrstelle gefunden haben, dort eine Ausbildung absolvieren und auch nicht in den Vorzug dieser Freifahrt kommen. Ich glaube, auch darüber muß man noch einmal nachdenken, denn es ist nicht einzusehen, wenn jemand die Ausbildung im benachbarten EU-Ausland absolviert – das ist auch etwas, was uns weiterhilft –, daß man ihn von dieser Vergünstigung ausschließt. Auch dazu gibt es eine Resolution des Oberösterreichischen Landtages, und ich möchte auch hier, Frau Bundesministerin, deponieren, daß man da noch einmal hinschauen müßte.

Wir wissen natürlich schon, daß all diese Maßnahmen, die auch erfreuliche Effekte ausgelöst haben, nicht für alle Zeiten die Lösung des Problems sein werden – das ist uns schon klar –, und daß es auch in Zukunft Rahmenbedingungen für die Lehrlingsausbildung geben muß, die gewährleisten, daß Lehrlinge ein entsprechendes Lehrstellenangebot vorfinden. Dazu stehen wir auch.

Es gibt im NAB entsprechende erste Schritte, indem beispielsweise die Vorlehre als Ausbildungsform eingeführt wurde, daß dann von der Vorlehre in die Vollehre gewechselt werden kann. Es gibt neue Berufsbilder. Es sollen in Zukunft auch schneller neue Lehrberufe zugelassen werden. Diesbezüglich ist schon einiges in Planung und Entwicklung. Ich denke besonders an den Dienstleistungsbereich, an die Telekommunikation, an den Sozialbereich und an die Umwelttechnologie, also etwa an den Recyclings- und Entsorgungstechniker bis hin zum Kommunikationssystem-Kaufmann, und wie diese neuen Lehrberufe jetzt alle heißen können. Es gibt Anreize für die Unternehmer, und zwar den Steuerfreibetrag und die Freistellung von der Unfallversicherung im ersten Lehrjahr.

Wir wissen natürlich, daß gerade auf dem Bildungsbereich in weiterer Folge immer wieder etwas getan werden muß, um Beschäftigung und Ausbildung für junge Leute zu sichern, um Fortbildungsmöglichkeiten zu ermöglichen, etwa in bezug auf Fernunterricht, postgraduale Ausbildungsmöglichkeiten, Weiterbildung in der Karenzzeit oder auf den gesamten Fremdsprachenbereich. Diesbezüglich gibt es noch ein weites Gebiet, das zu beackern ist, und ich glaube, dessen sind uns wir auch bewußt.

Erfreulich ist, daß es im Rahmen dieser gemeinsamen Kraftanstrengung gelungen ist, dieses Problem einmal über weite Strecken in den Griff zu bekommen. Ich kann wieder Zahlen aus Oberösterreich nennen. Wir haben nur noch sehr wenige Lehrstellensuchende, die mit allen


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diesen Maßnahmen keine Lehrstelle gefunden haben. Es gibt auch eine Reihe offener Stellen, das weist jedenfalls die letzte Arbeitsmarktstatistik von Dezember 1998 aus. Insgesamt haben wir 9 500 Lehrverträge, und man kann sagen, aus der Sicht der Lehrstellensuchenden ist die Situation im Moment wieder gut, auf alle Fälle wesentlich besser als in den vergangenen Jahren. Auch auf der nationalen Ebene ist es so, daß es mit diesen Maßnahmen gelungen ist, einen sehr großen Teil dieses Problems zu entschärfen.

Ich glaube, das ist auch gutes Beispiel dafür, daß die Regierung gezeigt hat, daß sie handlungsfähig ist, daß sie auch in der Lage ist, kurzfristig ein sehr brennendes und dringendes Problem zu lösen und schnell in den Griff zu bekommen, wenngleich wir auch wissen, daß dies natürlich nicht das Ende der Fahnenstange ist. Aber ich glaube, das allein ist ein Grund, diesen Beschlüssen und diesen Vorlagen, über die wir hier beraten, zuzustimmen, und wir werden auch keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der ÖVP.)

16.47

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Johanna Schicker. – Bitte.

16.47

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Kollege Strugl hat eigentlich alle Punkte angesprochen, die dieses Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz beinhaltet. Nur dazu, daß Sie Herrn Landeshauptmann Pühringer derart hervorgehoben haben, möchte ich etwas sagen: Es ist Ihr gutes Recht als Oberösterreicher! Ich spreche es Ihnen nicht ab, aber wir wollen nicht Wahlkampf oder sonst irgend etwas betreiben. Wir haben in der Steiermark auch gute Initiativen gesetzt, etwa eine Offensive namens "Job 2000". Ich sage hier auch nicht, Herr Landeshauptmann-Stellvertreter Schachner war der Initiator, sondern das Land Steiermark hat eine Initiative für "Job 2000" gesetzt, um für Jugendliche zwischen 15 und 25 Jahren Ausbildungsplätze zu schaffen. (Bundesrätin Mühlwerth: Jetzt haben Sie es eh schon gesagt! – Bundesrat Eisl: Bitte nicht Wahlkampf!)

Ich meine, da sollten wir schon auf das Gesetz eingehen. Wir reden über das vorliegende Ju-gendausbildungs-Sicherungsgesetz, und dabei sollten wir auch bleiben. Aber sonst gebe ich Ihnen recht, Sie haben alle anderen Punkte so gut angeführt, daß es jetzt müßig wäre, diese jetzt noch einmal zu wiederholen.

Ich möchte nur eines sagen: Diese Novelle sieht vor, daß vor allem – das ist für mich so wich-tig! – neben den Schulabgängern von 1998 und 1999 auch solchen des Jahres 1997 und früher diese Chance geboten wird. Ich glaube, das sind jene, die unserer Hilfe bedürfen, daß sie sich gemäß der Maßnahmen im Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz qualifizieren können. Das ist wichtig!

Ich glaube, wir alle erleben immer wieder, daß gerade die Jugendlichen, die länger als ein Jahr vergeblich eine Lehrstelle gesucht haben – und vor allem auch deren Eltern –, verzweifelt sind und keine Perspektiven mehr sehen, wenn sie ein Jahr lang keine Chance gehabt haben. Darum finde ich das sehr gut, daß dieses Gesetz nachadjustiert worden ist, wenn ich das richtig verstehe, Frau Ministerin!

Wie gesagt, diese Gruppe von Jugendlichen miteinzubeziehen, sehe ich als wichtigste Maßnahme, und daher werden wir auch dieser Gesetzesnovelle sehr gerne unsere Zustimmung erteilen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.49

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. –Bitte.

16.49

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! In einem gebe ich meinen Vorrednern recht, nämlich daß es das Schlimmste ist, wenn ein Jugendlicher ohne Zukunftsperspektive, ohne Ausbildungsplatz auf der


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Straße steht. Wir sehen auch ein, daß diese Novellierung notwendig ist, und wir werden ihr daher auch unsere Zustimmung geben.

Trotzdem muß man sagen, ein halbes Jahr, nachdem das Jugendausbildungs-Sicherungs-gesetz in diesem Haus beschlossen worden ist, gibt es schon die erste Novelle. Es ist schön, daß jetzt auch die Jahrgänge 1997 und früher in den Genuß kommen, aber das haben wir schon im Juni gewußt, und ich habe es von diesem Rednerpult aus auch gesagt, daß die früheren Jahrgänge, vor allem 1997, miteinzubeziehen sind.

Über eines müssen wir uns aber schon klar sein: Das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, so gut es für die Jugendlichen sein mag, und auch diese Novellierung dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, daß dies Maßnahmen sind, die aufgrund der völlig verpfuschten Maßnahmen im Bereich der Lehrlingsausbildung der Regierungsparteien zu geschehen hatten! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Kainz: Für die Lehrlingsausbildung ist noch immer die Wirtschaft zuständig! Das ist eine Kompetenz, die sie nicht abgeben will!)

Ja, das ist richtig, aber es sitzen auch Vertreter der Wirtschaftsparteien in der Regierung, und da frage ich Sie schon: Wieso ist es Ihnen denn bis jetzt nicht gelungen, Maßnahmen zu setzen, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es auch für den Wirtschaftstreibenden attraktiv machen, einen Lehrling aufzunehmen? – Wir nehmen jetzt die Jahrgänge von 1997 mit hinein, weil Sie zu der Überzeugung gekommen sind, daß dies so sinnvoll und wichtig ist. Wenn dem so wäre, hätten Sie es schon im Juni getan. Nein, diese Lehrlingslehrgänge sind nicht in dem Maß angenommen worden, wie Sie das geglaubt haben: Es sind noch über 1 000 Plätze frei.

Nachdem der Herr Bundeskanzler noch ein Versprechen einzulösen hat, das er schon im Sommer 1997 gegeben hat, als er vollmundig erklärt hatte, im Herbst stünde kein Lehrling mehr auf der Straße, und ihm das überhaupt nicht gelungen ist, hat Brüssel einen Nationalen Aktionsplan zur Setzung von Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit, vor allem Jugendarbeitslosigkeit, erstellt. Jetzt hat man sich darauf geeinigt, damit nicht so viele Jugendliche auf der Straße stehen, diese Lehrlingsstiftungen und -Lehrgänge zu initiieren.

Trotzdem – noch einmal, nur damit kein Mißverständnis entsteht –: Ich freue mich über jeden Jugendlichen, der nicht auf der Straße steht, aber das kann nicht der Weisheit letzter Schluß sein!

Letzten Endes schaut es dann bei den Lehrstellen – Sie haben auch neue Berufsbilder geschaf-fen, etwa den Trafikanten-Lehrling, aber da schauen die Trafikanten ... (Bundesministerin Hostasch: Nein, den gibt es nicht! Den gibt es nicht! Den gibt es nicht! – Bundesrätin Kainz: Nein, den gibt es nicht! Gott sei Dank!)

Dann frage ich mich aber, wie Herr Trafikantensprecher Holub dazu kommt, zu sagen – das ist kein Freiheitlicher –, daß es mit Lehrstellen für 1999/2000 nicht so besonders gut ausschauen wird. (Bundesministerin Hostasch: Aber nicht bei Trafikanten!)

Oder: Betreffend Handwerk sagt man zu Recht, junge Mädchen sollen nicht immer nur die traditionellen Berufe wie Friseurin, Bürokauffrau, Verkäuferin et cetera anstreben. Da gibt es folgenden Fall: Eine 26jährige Studentin, die ihr Studium abgebrochen hatte und schon längere Zeit arbeitslos war, hat sich entschlossen, eine Doppellehre zu machen, und zwar als Hafnerin und Keramikverarbeiterin. Die Zukunftsperspektive schaut für sie sehr schlecht aus – sie bekommt keinen Arbeitsplatz.

Ein 20jähriger Tischlerlehrling – auch ein etwas spät Berufener, der sich erst spät entschlossen hat, eine Tischlerlehre zu machen – weiß nicht, wo er diese abschließen soll, denn zum Abschluß braucht er einen Betrieb. Er weiß aber leider nicht wohin.

Das heißt, es genügt nicht, daß Sie die Lehrlinge irgendwo für eine gewisse Zeit unterbringen, damit man voll Stolz sagen kann: Wir haben die niedrigste Arbeitslosenquote bei den Jugendlichen!, sondern Sie müssen auch noch weiter in die Zukunft schauen. Es reicht nicht, zu sagen: Jene bis 18 Jahre haben wir untergebracht, und was dann ist, wird man sehen. – Es ist auch


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wichtig, daß der Jugendliche, der – in welcher Form auch immer – eine Ausbildung macht, auch nachher wenigstens einigermaßen sicher sein kann, daß er dann eine Arbeitsstelle finden wird.

Daß die Jugendlichen dazu kein besonderes Vertrauen haben, zeigt auch, daß über 1 000 dieses System, das Sie jetzt angeboten haben, nicht angenommen haben. Wenn man Lehrlinge fragt, bekommt man zur Antwort, es ist ihnen immer noch lieber, in einem normalen Betrieb, also im Rahmen einer richtig dualen Ausbildung, einen Lehrplatz zu finden.

Die Fehler, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien, liegen im System, und dort müssen Sie ansetzen! Die Stiftungen sind immer nur die zweitbeste Lösung. Es ist besser als keine, aber es ist die zweitbeste Lösung. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Bundesrätin Kainz. )

16.56

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte sehr, Frau Bundesministerin.

16.56

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Fast hätte ich vergessen, doch ein paar Worte zu sagen. Erlauben Sie mir, kurz auf die letzte Wortmeldung zu replizieren.

Ich habe fast den Eindruck, daß dieser Wortmeldung ein gewisses Bedauern entspringt (Bundesrätin Mühlwerth: Da haben Sie etwas falsch verstanden!) , daß die Bundesregierung mit all ihren Maßnahmen recht bekommen hat und auch damit recht bekommen hat (Bundesrätin Mühlwerth: Das ist Ihre Interpretation!), daß es gelungen ist, die niedrigste Arbeitslosenquote bei Jungen zu erreichen, und daß das Angebot, das wir eröffnet haben, völlig genutzt wurde – sogar in einem Ausmaß, daß wir es jetzt auf andere Zielgruppen erweitern können! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Bundesrätin Mühlwerth: Über 1 000 haben sie nicht angenommen!)

Wenn Sie sagen, das ist die schlechteste Lösung, die wir jetzt haben (Bundesrätin Mühlwerth: Ich habe gesagt: die zweitbeste!), dann frage ich Sie: Wie kommt eine Europäische Gemeinschaft, die aus 15 Staaten besteht, dazu, daß 14 Staaten und die Europäische Kommission zu der Auffassung gelangen, daß unser duales Berufsausbildungssystem die beste Chance ist, Ju-gendarbeitslosigkeit zu verhindern? (Bundesrätin Mühlwerth: Ja, einverstanden, aber das findet ja nicht wirklich statt!) Sind die alle "daneben", wenn ich das einmal auf gut Wienerisch fragen darf?

Wenn Sie meinen, es müßten genügend Chancen geboten werden, dann muß ich Sie bitten: Richten Sie die Forderung auch an die Wirtschaft, nicht allein an die Regierung! (Bundesrätin Haunschmid: Richten Sie die Forderung an den Finanzminister! Richten Sie die Forderung an den Finanzminister! – Bundesrätin Mühlwerth: Wofür ist denn die Regierung da? – Sie müssen die Rahmenbedingungen schaffen!)

Richten Sie die Forderung an die Unternehmen! Wollen Sie, daß wir von der Wirtschaft die verpflichtende Einstellung für Jugendliche verlangen? Ist das Ihre bessere Alternative? – Ich kann mir das in einer freien Wirtschaft nicht vorstellen, ich habe aber von den Freiheitlichen noch keinen besseren Vorschlag bekommen als das, was wir jetzt im System haben und was wir auch weiterentwickeln werden.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten auf das, was wir anbieten können, stolz sein, auf das, was wir erreicht haben, stolz sein und auch darauf stolz sein, daß wir der Jugend Perspektiven liefern.

Sie sagten, es gibt jemanden, der ein bestimmtes Ziel vor sich hat und es nicht realisieren kann. Ich bin davon überzeugt, daß es das gibt. Nehmen wir als Beispiel jemanden, der im Außerfern ist und Goldschmied werden möchte. Ich bin davon überzeugt, im Außerfern wird es nicht leicht sein, einen Lehrplatz für einen Goldschmied zu finden. Diesen Wunsch wird man wahrscheinlich


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auch mit dem besten System nicht anbieten können! (Bundesrätin Mühlwerth: Aber Sie müssen nicht zu Ihrer eigenen Beruhigung ein Extrembeispiel bringen!)

Welche Beispiele sind denn das, die Sie bringen? – Ich darf schon darauf verweisen, daß auch Sie mit Beispielen kommen, die ganz einfach etwas miesmachen wollen, weil Sie nicht zugeben wollen, daß wir etwas Gutes leisten – etwas Gutes für die Jugend, etwas Gutes für die Bevölkerung, etwas Gutes für die Beschäftigung. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Hafner haben eine sehr gute Auftragslage!)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte aber trotzdem daran erinnern: Das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das im Frühjahr beschlossen wurde, hatte die Absicht, aufgrund der demographischen Situation sicherzustellen, daß auf jeden Fall Schulabgänger des Jahrganges 1998 ein zusätzliches Auffangnetz haben, wenn die Wirtschaft, wenn der Markt nicht die Kapazität hat, alle aufzunehmen. Da hat sich gezeigt, daß wir dieses Netz in einem Umfang geknüpft haben, daß sogar nicht nur für die Schulabgänger des Jahres 1998, sondern darüber hinaus Angebote in Anspruch genommen werden können.

Daher war es richtig, zuerst diesen Schwerpunkt zu setzen, und jetzt dafür Sorge zu tragen, daß der Zugang zu den ergänzenden Angeboten von den Stiftungen, von den Lehrgängen, von der Vorlehre, und was es alles gibt, auch für jene Jahrgänge der Schulentlassung vorher möglich ist, damit wir all das ausschöpfen können, was es an Kapazitäten gibt. – Ich glaube, das ist ein richtiger Weg!

Sie wissen, daß dieses Maßnahmenpaket von 1997, 1998 und 1999 aus dem Grund in einem entscheidenden Ausmaße bestimmt ist, weil wir eine demographische Entwicklung haben, daß besonders viele jugendliche Abgänge eine Integration in die ... (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth. )

Ich habe Ihnen doch gerade erklärt, sehr geschätzte Frau Bundesrätin, daß das eine ganz bestimmte gemeinsame politische Absicht gewesen ist, weil es die Erwartung gab, daß von dem Jahrgang 1998 etwa 4 000 Jugendliche nicht sofort auf einem Lehrplatz in der Wirtschaft, in einer Weiterbildung integriert werden können. Daher wurde das auch bewußt so gemacht, aber es wurde sehr schnell reagiert. Wenn Sie das nachlesen, dann werden Sie feststellen, daß wir gesagt haben: Mitte November werden wir schauen, wie es konkret ausschaut, und wenn wir darüber hinaus aktiv werden sollen, dann werden wir es. – Jetzt sind wir soweit.

Es ist also genau das eingehalten worden, was versprochen wurde, und ich glaube, das sollte man, wenn man objektiv und fair ist, zugestehen und akzeptieren.

Erlauben Sie mir, auch auf die Lehrlingsfreifahrt kurz Bezug zu nehmen. Es stand nie außer Streit, daß für Stiftlinge gleichermaßen die Lehrlingsfreifahrt gilt. Es hat sich aber in der Rechtsinterpretation der Bedarf gezeigt, daß dieser Anspruch auch noch rechtlich klar definiert und gesetzlich abgesichert werden soll, damit in der Umsetzung dieses Anspruches nicht nachträglich Probleme entstehen.

Sehr geschätzter Herr Bundesrat! Sie haben zu Recht das eine oder andere angesprochen und auch die Resolution, die in Oberösterreich beschlossen wurde, hier erwähnt. Ich bin gerne bereit, an meinen Kollegen Bartenstein auch diese Information weiterzugeben. Die Primärkompetenz für diese Fragen liegt in seinem Ressort, und selbstverständlich werde ich Intentionen meines Kollegen, die in diese Richtung gehen, wo immer ich kann, auch unterstützen.

Erlauben Sie mir abschließend noch die Bemerkung, daß ich tatsächlich sehr froh bin, daß in der Bekämpfung insbesondere der Jugendarbeitslosigkeit, aber auch im Kampf um mehr Beschäftigung eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern, den Gemeinden, dem Bund und den Sozialpartnern entwickelt werden konnte.

Wir konnten – erlauben Sie mir, dies zu erwähnen, aber ich will jetzt keine Konflikte in den Bundesrat hineintragen – in Wien den ersten territorialen Beschäftigungspakt abschließen, und ich habe gehört, daß auch in der Steiermark Einvernehmen für einen steirischen Beschäfti


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gungspakt erzielt wurde. Er soll in Kürze unterfertigt werden. Es sind auch in den anderen Bundesländern die Verhandlungen diesbezüglich weit gediehen beziehungsweise stehen kurz vor deren Abschluß.

Ich glaube, daß diese nationale Anstrengung wichtig ist, um der Jugend eine Chance und Perspektiven zu geben und darüber hinaus zu erreichen, daß es in Österreich mehr Beschäftigung und weniger Arbeitslose gibt. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

17.03

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

19. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz über die Aufnahme in ein Dienstverhältnis bei den Europäischen Gemeinschaften und das Ausscheiden aus einem solchen Dienstverhältnis (EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz) und betreffend eine Änderung des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, des Land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1985 und des Pensionsgesetzes 1965 (1519 und 1547/NR sowie 5836/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz über die Aufnahme in ein Dienstverhältnis bei den Europäischen Gemeinschaften und das Ausscheiden aus einem solchen Dienstverhältnis (EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz) und betreffend eine Änderung des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, des Land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1985 und des Pensionsgesetzes 1965.

Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Johanna Schicker übernommen. Ich bitte sie darum.

Berichterstatterin Johanna Schicker: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Ausschußbericht liegt Ihnen allen schriftlich vor. Ich werde daher nur den Beschlußantrag vorbringen. Er lautet:


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Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 1998 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.


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Vizepräsident Jürgen Weiss:
Danke.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Wir kommen somit zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

20. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (845/A und 1549/NR sowie 5837/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zum 20. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden.

Die Berichterstattung hat wiederum Frau Bundesrätin Johanna Schicker übernommen. Ich bitte sie um den Bericht.

Berichterstatterin Johanna Schicker: Auch dieser Ausschußbericht liegt allen Bundesräten schriftlich vor. Ich komme daher sogleich zur Verlesung des Beschlußantrages. Er lautet:

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 1998 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen somit zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

21. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz und das Impfschadengesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 1998 – SRÄG 1998) (943/A und 1551/NR sowie 5838/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 21. Punkt der Tagesordnung: Sozialrechts-Änderungsgesetz 1998.

Die Berichterstattung hat ebenfalls wieder Frau Bundesrätin Johanna Schicker übernommen. Ich bitte sie um den Bericht.

Berichterstatterin Johanna Schicker: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch dieser Ausschußbericht liegt allen Bundesräten schriftlich vor. Der Beschlußantrag, den ich daher sogleich zur Verlesung bringe, lautet:

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 1998 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid. Ich erteile es ihr.

17.07

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Der Beschluß des Nationalrates, die Sozialgesetze zu ändern, rief in unserer Fraktion nicht sofort Jubelstimmung hervor, und zwar nicht deswegen, weil wir nicht froh über positive Entscheidungen der Regierung sind – wir haben im Gegensatz zu den Koalitionspartnern oft genug bewiesen, daß wir auch unsere Zustimmung geben können (Zwischenruf bei der ÖVP), gerade vorhin; Sie bringen es sogar zustande, daß Sie einem Initiativantrag des eigenen Landes und der eigenen Partei nicht zustimmen, wenn wir ihn einbringen (Neuerlicher Zwischenruf bei der ÖVP); ja, es stimmt, ich werde Sie bei Gelegenheit daran erinnern –, sondern deswegen, weil wir uns, was unser gutes Recht ist, erstens einen höheren Prozentsatz vorgestellt haben, mehr Harmonisierung im Sinne der Gleichberechtigung von Pensionisten und Aktiven und weil wir zweitens auf eine Inflationsabgeltung gehofft haben. Die aliquoten Einmalzahlungen beziehen sich lediglich auf die Ausgleichszulagenbezüge. Der Rest der Pensionisten bekommt lediglich eine Pensionserhöhung von 1,5 Prozent. Wenn aber jemand mit nur 50 S über der Höhe für die Bewilligung der Ausgleichszulage liegt, so kommt er schon nicht mehr in den Genuß der Sonderregelung, und es ist manchmal so, daß man mit der Ausgleichszulage besser fährt als mit den 50 S mehr an Pension.

Wir sind auch der Meinung, daß die Bezugszeit anders geregelt gehört. Wenn nämlich jemand im September in Pension geht, so kommt er bis April nicht in den Genuß der Sonderzahlungen, die zweimal jährlich ausbezahlt werden, und zwar erst im April und dann wieder im August. Ich glaube, daß da eine aliquote Aufteilung sinnvoller wäre, weil bei niedrigen Pensionen 100 S schon eine Hilfe wären. Ich glaube, daß Sie mir da zustimmen werden. Es kommt in diesen Fällen schon auf wenig mehr an, um Hilfe zu haben. Daher wäre unserer Meinung nach eine aliquote, auf die zwölf Monate aufgeteilte Sonderzahlung sinnvoller.

Seit der Anpassung zeigt sich eine deutliche und immer größer werdende Abkoppelung der Aktiveinkommen von der Pension. Aber da es trotz allem bei den niedrigen Pensionen ein Fingerzeig ist und wir darüber froh sind, wenigstens eine geringe Aufstockung der niedrigen Pensionen zu erreichen, stimmt meine Fraktion gerne zu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.10

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Franz Wolfinger das Wort. – Bitte.

17.10

Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Sozialrechts-Änderungsgesetz 1998 wird der Pensionsanpassungsfaktor für 1999 festgelegt. Für die Pensionsanpassung 1999 wurde nach harten und zähen Verhandlungen zwischen den Vertretern des Senioren


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rates und der Bundesregierung Einvernehmen erzielt. Ausgangspunkt der Verhandlungen war, eine Verbesserung der Kaufkraft der Pensionen zu erzielen, was bei einer prognostizierten Inflationsrate für das Jahr 1999 von zirka 0,9 Prozent auch erreicht wurde.

Der Beirat für Renten- und Pensionsanpassung empfahl eine Erhöhung der Pensionen und Renten um 1,5 Prozent mit 1. 1. 1999. Darüber hinaus sollen im Jahre 1999 noch zirka 600 Millionen Schilling zur Verfügung gestellt werden, die in Form von Einmalzahlungen an die Bezieher von Pensionen nach den Sozialversicherungsgesetzen zur Auszahlung gelangen sollen.

Durch die Umsetzung dieser Maßnahmen, die eine wesentliche über der Inflationsrate liegende Erhöhung der Pensionen bewirkt, wird eine Stärkung der Kaufkraft der Pensionsbezieher erwirkt. Außerdem wird den sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnissen von Beziehern niedriger Pensionen Rechnung getragen.

Weiters wurde sichergestellt, daß zirka 251 000 Ausgleichszulagenbezieher in Österreich eine zusätzliche Leistung erhalten.

Frau Bundesministerin! In diesem Zusammenhang möchte ich auf ein Problem aufmerksam machen, das zwar nicht hierher gehört, aber für die Betroffenen ein Problem darstellt.

Wie Sie wissen, erhalten Bezieher von Ausgleichszulagen alle drei Jahre einen Erhebungsbogen von ihrer Pensionsversicherung beziehungsweise Sozialversicherung, auf welchem sie angeben müssen, welche Einkünfte sie erzielen. In diesem Erhebungsbogen wird auch gefragt, ob sie Einkünfte aus Zinsen von Sparguthaben erzielen.

Mir ist vor kurzem ein entsprechender Fall untergekommen, wo irrtümlich ein Pensionistenehepaar danach gefragt wurde. Der Mann hat eine kleine Gewerbepension in der Höhe von 6 000 S, und die Frau bezieht eine kleine Pension von der Pensionsversicherung der Angestellten plus Ausgleichszulage. Sie hat, wie es oft vorkommt, um eine einmalige Unterstützung für Brennmaterial angesucht und hat einen Kontoauszug der Bank eingeschickt, auf dem ein Guthaben in der Höhe von zirka 56 000 S aufgeschienen ist. Aufgrund dieses Kontoauszuges wurde sofort abgefragt, ob sie Einkünfte aus Sparguthaben erziele.

Ich glaube, daß das eine Maßnahme ist, die man nicht vertreten kann, und ich würde Sie bitten, Frau Bundesministerin, zu überlegen, ob man nicht doch einen Freibetrag für solche Mindesteinkünfte einführen könnte. Das wäre meiner Meinung richtig, denn die Leute haben Angst davor, daß Sie alles offenlegen müssen, was vielleicht gar nicht im Sinne des Gesetzgebers ist. Das aber nur am Rande. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube, daß es vorkommt, daß Mindestpensionisten, die eine Ausgleichszulage haben, auch ein Sparguthaben haben, und das wird dann irrtümlich offengelegt, was nicht Sinn der Sache sein kann. (Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Das war nur ein kleiner Einwurf. Vielleicht kann man einmal darüber nachdenken.

Meine Damen und Herren! Insgesamt wurde bei der diesjährigen Pensionsanpassung ein Betrag in der Höhe von über 4 Milliarden Schilling ausverhandelt, und damit werden alle Pensionen zum 1. Jänner 1999 um 1,5 Prozent erhöht. Darüber hinaus werden 600 Millionen Schilling in Form von Einmalzahlungen ausbezahlt. Ausgleichszulagenbezieher erhalten als Alleinstehende 600 S und Ehepaare 900 S. Weiters gibt es für alle Pensionisten eine besondere Pensionszulage in der Höhe von 3,5 Prozent, höchstens aber 300 S. Alle, die im Juni 1999 Anspruch auf eine Pension haben, bekommen durch die Pensionsanpassung demnach zirka 1,61 Prozent Pensionserhöhung bei höherer Pension und 3,5 Prozent bei niedriger Pension.

Eine Studie des Statistischen Zentralamtes weist aus, daß der Pensionistenindex seit 1988 um 25,1 Prozent gestiegen ist, während die Ausgleichszulagen um 68,8 Prozent angehoben wurden – Stand 1997. In Österreich gibt es zirka 1 120 000 Haushalte, die von Pensionisten geführt werden. Das ist mehr als jeder dritte Haushalt. Das bedeutet, daß gerade die ärmeren Bevölkerungsschichten heute um ein Viertel mehr ausgeben müssen als vor zehn Jahren. Dafür steht ihnen aber auch um zwei Drittel mehr Geld zur Verfügung. So erklärt sich, daß die Senioren


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heute ihr Geld nach ganz anderen Schwerpunkten ausgeben als in früheren Jahrzehnten. Die Seniorenhaushalte mit geringeren Einkommen mußten vor 30 Jahren beinahe sechs von zehn Haushaltsschillingen für das Essen auslegen, während heute dieser Anteil auf weniger als ein Drittel gesunken ist.

Der Pensionistenindex wird aus den Preisen von über 600 Gütern erhoben, die Senioren typischerweise benötigen. Das heißt, daß Senioren nicht viel schlechter leben als die übrigen Bevölkerungsgruppen. Gerade die ärmeren Bevölkerungsschichten können, so glaube ich, von unserem Sozialsystem profitieren.

Ein Wermutstropfen ist bei der jetzigen Pensionserhöhung aber dennoch festzustellen. Die alte Forderung nach Einführung von Sockelbeträgen wurde nicht erfüllt. Die Beamtenpensionisten erreichten die Einführung eines Sockelbetrages. Bei über zwei Millionen anderen Pensionsbeziehern konnte diese Forderung noch nicht verwirklicht werden. Ich glaube daher, daß nach Lösungen gesucht werden muß, mit welchen dieser gerechten Forderung in Zukunft entsprochen werden kann. Es ist nämlich ein wesentlicher Unterschied zwischen den jetzt vereinbarten Einmalzahlungen und den gewährten Sockelbeträgen. Ich als Seniorenvertreter werde jedenfalls bei der Durchsetzung dieser Forderung für die Zukunft nicht lockerlassen.

In den letzten Tagen wurde von der Bundesregierung festgestellt, daß mit 1. Jänner 2000 die Steuerreform verwirklicht werden soll. Im Zuge dieser Steuerreform darf ich aus Sicht aller Pensionsbezieher die Forderung einbringen, den Steuerfreibetrag für Pensionisten auf 15 000 S zu erhöhen. Derzeit ist es bereits so, daß Pensionsbezieher, die mit ihrer Pension knapp über den Ausgleichszulagenrichtsatz liegen, bei einem steuerpflichtigen Einkommen, und zwar eines Alleinstehenden, in Höhe von 9 564 S 3 S Lohnsteuer bezahlen müssen und bei einem steuerpflichtigen Einkommen, und zwar eines Ehepaares, in Höhe von 11 455 S plus Alleinverdienerfreibetrag auch bereits 2 S Lohnsteuer bezahlen müssen.

Die Richtsätze für die Ausgleichszulage im heurigen Jahr liegen für Alleinstehende bei 7 992 S und bei einem Ehepaar bei 11 403 S. Bei 11 455 S fällt man bereits in die Lohnsteuer hinein. Ich glaube, daß das nicht so sein kann. Es ist daher unerläßlich, daß im Rahmen der Steuerreform auf diese Umstände Rücksicht genommen wird.

Zum Schluß darf ich feststellen, daß die Forderung bei der Pensionserhöhung zum 1. Jänner 1999, statt einem Einser vor dem Komma einen Zweier stehen zu haben, eigentlich nicht erfüllt wurde. Aber trotzdem kann man mit dem erzielten Ergebnis zufrieden sein. Das wesentliche Ziel der Verhandlungen war es, eine Verbesserung der Kaufkraft der Pensionisten zu erreichen, und das ist zu einem gut Teil gelungen. Die ÖVP-Fraktion wird daher dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 1998 gerne die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

17.19

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesministerin Eleonora Hostasch das Wort. – Bitte schön.

17.19

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Der Beirat für Renten- und Pensionsanpassung hat vorgeschlagen, mit Wirkung vom 1. 1. 1999 eine Erhöhung der Pensionen um 1,5 Prozent vorzunehmen. Wir erwarten für das Jahr 1999 eine Inflationsrate von 1 Prozent. Wenn man diesen 1,5 Prozent plus die Wirkungen jener 600 Millionen Schilling, die in Form einer zusätzlichen Ausgleichszulage beziehungsweise besonderen Pensionszulage an die Pensionsbezieher ausbezahlt werden, hinzuzählt, dann kann man, so glaube ich, doch zu Recht davon sprechen, daß für das Jahr 1999 eine deutliche Kaufkraftverbesserung für die Pensionisten und Pensionistinnen eintreten wird. Das ist etwas, was wir uns alle gemeinsam sehr wünschen.

Sehr geschätzter Herr Bundesrat Wolfinger! Weil Sie die Frage der Einkommenssituation angesprochen haben, möchte ich Ihnen sagen, daß ich glaube, daß man grundsätzlich in der Frage der Verteilungsgerechtigkeit und bei der Berücksichtigung Einkommensschwächerer immer


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auch auf die Gesamteinkommenssituation Bedacht nehmen muß und nicht differenzieren darf, woraus Zusatzeinkommen resultieren, weil es sonst zu Ungleichgewichten in der Verteilungswirkung kommen würde. Ich glaube, daß wir uns dazu bekennen sollten, die Sozialpolitik bedarfsorientiert, treffsicher und verteilungsgerecht und nicht nach dem Gießkannenprinzip zu gestalten. Das ist zumindest mein Anliegen.

Ich glaube auch, daß man in der Frage eines Sockelbetrages sehr genau zu differenzieren und zu fragen hat, wie weit ein Sockelbetrag mit dem Sozialversicherungs system in Einklang zu bringen ist, da unsere Sozialversicherung auf Beitragsgrundlagen basiert. Es gibt entsprechende Beiträge und abgeleitete Ansprüche aus diesen Versicherungszeiten.

Sehr geschätzte Damen und Herren! In diesem Sinne meine ich, daß wir dem älteren Teil unserer Gesellschaft zu Recht die Chance geben, aufgrund einer gesünderen und besseren Einkommenslage die Bedürfnisse im kommenden Jahr abzudecken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.22

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

22. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 27. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997 – AsylG) geändert wird (842/A und 1494/NR sowie 5839/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 22. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997 – AsylG) geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ing. Walter Grasberger übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Ing. Walter Grasberger: Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, und ich verzichte auf eine Verlesung dieses Berichtes.

Das Ergebnis lautete: Der Ausschuß für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 1998 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch. Ich erteile es ihm.

17.23

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Vizepräsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die österreichische Bevölkerung erreicht mit heutigem Tage einen Stand von zirka 8 100 000 Personen, wovon etwa 730 000 ausländische Mit


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bürger sind – die Zahl dieser Ausländer ist ständig im Steigen begriffen –, dazu befinden sich laut Expertenschätzungen noch mehrere hunderttausend Ausländer illegal in unserer Republik, sodaß wir mit rund einer Million Fremden in Österreich zu rechnen haben.

Wir wissen schon, daß die Diskussion über dieses Thema sehr schwierig ist, und wir führen sie schon zu mehreren Gesetzen, die die Bundesregierung in den letzten Monaten vorgelegt hat. Wir sind aber der Ansicht, daß es nicht angehen kann – so schwierig dieses Thema auch ist –, daß die politische Führung in diesem Zusammenhang den Kopf in den Sand steckt.

Meine Damen und Herren! Österreichweit ist bereits jede achte Person Ausländer, in Wien ist es ein Fünftel der Bevölkerung. 1998 sind 19 600 ausländische Kinder in den österreichischen Schulen; jedes vierte in Wien geborene Kind ist eines von Ausländern.

All das, meine Damen und Herren, hat in vielen Bereichen in unserer Gesellschaft Folgen: Auf dem Arbeitsmarkt verdrängen diese neu zugewanderten, überwiegend Billig- und Billigstlohnarbeitskräfte die österreichischen Arbeitnehmer und langjährig in Österreich beschäftigte Gastarbeiter. Tausende Ausländer werden zu Arbeitslosen und Notstandsbeihilfebeziehern.

Auf dem Wohnungsmarkt erleben wir eine weitere Verknappung, vor allem im Bereich der sozialen Wohnungen.

Negative Auswirkungen im Bereich des Schulwesens sind festzustellen. Vor allem in den Ballungszentren sind in den Volks- und Hauptschulen österreichische Kinder bereits in der Minderheit. Eine Verminderung der Qualität des Unterrichts und negative Auswirkungen auf den Lernerfolg der Kinder sind festzustellen.

Die Zahl der Einbürgerungen ist ständig im Steigen begriffen. Ein explosionsartiges Ansteigen ist festzustellen. Während wir 1989 7 305 Einbürgerungen hatten, waren es 1997 bereits 15 792. – Doppelt so viele!

Mit dem neuen Staatsbürgerschaftsgesetz, das ab dem kommenden Jahr gelten wird, wird es weitere Erleichterungen geben. Die Verkürzung der Wartefrist für die Staatsbürgerschaftsverleihung wird kraft Rechtsanspruch von 30 auf 15 Jahre gesenkt werden. Es wird in Fällen mit besonders berücksichtigungswürdigen Gründen eine Herabsenkung der Wartefrist von 10 auf 4 Jahre geben – aber keine bundeseinheitliche Regelung für den Nachweis der Kenntnisse der deutschen Sprache und auch keine ausreichenden Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Scheinehen!

Wir konnten in der Debatte zu diesem Gesetz hier im Bundesrat schon ausreichend Stellung beziehen.

Meine Damen und Herren! Die Zahl der Beschäftigungsbewilligungen ist auch gestiegen, und sie wird von 4 500 im Jahr 1998 auf 5 500 im Jahr 1999 steigen.

Zur Fremdenkriminalität: Meine Damen und Herren! Der Prozentanteil der fremden Tatverdächtigen an allen Tatverdächtigen von Verbrechen beträgt 30,9 Prozent. Herr Minister! Wir können diese Zahl mit Ihnen auch jeweils in der Debatte über den von Ihnen vorgelegten Sicherheitsbericht diskutieren.

Auch wir Freiheitlichen wissen, daß all diese Prozentzahlen sehr differenziert zu betrachten sind, und wir kennen auch die Unterscheidung zwischen kriminellen ausländischen Touristen und länger Aufhältigen hier im Lande. Das sei alles zugegeben, wir wollen das auch gar nicht bestreiten. Was man aber ebenfalls nicht vom Tisch wischen kann, ist die eklatante Steigerung in diesen Bereichen – wie auch immer sie dargestellt wird.

Meine Damen und Herren! In den Gefängnissen haben wir derzeit einen Ausländeranteil von 27 Prozent, in manchen Haftanstalten einen bis zu 40 Prozent. Zu dieser Fremdenkriminalität kommt das Problem der illegalen Einwanderung und der Schlepperei hinzu. Wir haben ein


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explosionsartiges Ansteigen der illegalen Einwanderung festzustellen. Bereits ein Drittel der Migranten gibt Österreich als bevorzugtes Zielland an.

Die Schlepperei ist in den letzten Jahren zu einem der lukrativsten Geschäfte der organisierten Kriminalität geworden. 1994 wurden 6 332 illegal Einreisende aufgegriffen, dazu 854 Schlepper. In den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres wurden bereits 13 000 Illegale aufgegriffen, mit mehr als 2 000 Schleppern.

Natürlich ist das Steigen dieser Zahlen auch auf eine verstärkte Grenzsicherung zurückzuführen, aber dennoch: Allein damit ist diese eklatante Steigerung jedoch nicht zu erklären.

Auch im Asylbereich – das Asylgesetz, das wir heute hier novellieren, trifft dieses Thema besonders – ist eine Steigerung in der Höhe von 56 Prozent im ersten Halbjahr 1998 festzustellen. Nach Ihrer Statistik vom November, Herr Bundesminister, haben wir in diesem Jahr bereits 12 257 Asylanträge. Im Vergleich dazu: Im Jahre 1997 waren es nur 5 450.

Österreich gilt – ich habe es schon gesagt – als bevorzugtes Zielland für viele Flüchtlinge. Jeder dritte Kosovo-Albaner möchte in Österreich bleiben.

Wie alle diese Beispiele zeigen, meine Damen und Herren, ist die Situation unbefriedigend, und es besteht dringender Handlungsbedarf. Nach einer jahrelangen Fehlentwicklung, auf die wir Freiheitlichen immer wieder hingewiesen haben, müssen endlich Reaktionen folgen und effiziente Maßnahmen gesetzt werden. Die neue deutsche Regierung – Herr Minister, Sie haben das in der Debatte schon öfters hören müssen – hat mit ihrem neuen Innenminister diesbezüglich schon richtige Akzente gesetzt. Er hat gesagt, daß Deutschland in Hinkunft keinen weiteren Zuzug von Ausländern mehr verkraftet und daß die Grenze der Belastbarkeit für sein Land überschritten ist. In diesem Punkt sollten Sie ihn sich – nicht in allen anderen, aber in diesem Punkt – durchaus zum Vorbild nehmen.

Durch die kurzsichtige Fremdenpolitik der großen Koalition sind – ich habe es schon erläutert – insbesondere in den Ballungszentren unzumutbare Lebensverhältnisse entstanden, und die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher sind im Laufe der Zeit zu kurz gekommen.

Herr Innenminister! Wir wissen, daß Sie von Zeit zu Zeit die Verhältnisse und auch die Situation richtig beurteilen, auch die Beseitigung des Handlungsbedarfs in Aussicht stellen, aber die Durchführung ist für uns nicht sichtbar.

Sie wissen, daß von den 90 000 bosnischen Kriegsflüchtlingen – etwas, das in der jüngsten Zeit zu beobachten ist – zirka 70 000 in Österreich geblieben sind, also nach dem Krieg nicht in ihre Heimat zurückgekehrt sind, um dort am Wiederaufbau teilzunehmen. – Meine Damen und Herren! Diese Politik ist nicht im Sinne unserer Republik, aber auch nicht im Sinne der betroffenen Länder. Das berechtigte Asylrecht, zu dem wir alle uns bekennen, wird zum Einwandern mißbraucht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren der großen Koalition! Sie haben durch die Verwässerung der Fremdenrechte in den letzten Jahren diese Politik gegen den Widerstand der freiheitlichen Opposition erst in die Wege geleitet. Sie haben das vorläufige Aufenthaltsrecht bis zur Beendigung des Asylverfahrens eingeführt, was zu einem erheblichen Schwund an Antragstellern während laufender Frist geführt hat, Herr Minister – Sie haben das selbst auch so gesagt.

Sie haben den sogenannten Unabhängigen Asylsenat eingerichtet, dessen Hauptziel es zu sein scheint, den Vollzug der Asylgesetze zu verhindern. Herr Bundesminister! Wir Freiheitlichen wollen aber, daß Asylverfahren rasch durchgeführt werden. In offensichtlich aussichtslosen Fällen soll ein abgekürztes Verfahren mit der möglichst kürzesten Frist angewandt werden. Die zwei Tage, die bisher gegolten haben, sind durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes aufgehoben worden, weshalb die nächstmögliche kürzeste Frist hätte eingeführt werden sollen, also sieben Tage, und nicht so, wie es jetzt vorgesehen wird, zehn Tage.


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Meine Damen und Herren! Ähnlich ist es im Zusammenhang mit der Drittstaatenregelung. Daß dies nur auf dem Verordnungswege geschehen soll, läßt befürchten, daß auch dieser Bereich zu einer Umgehung des Asylgesetzes mißbraucht werden soll. Wir Freiheitlichen wollen hier – so wie Sie, Herr Bundesminister – auch eine gesetzliche Regelung, die festlegt, daß derzeit alle an Österreich grenzenden Länder sichere Drittstaaten sind, denn in all diesen Ländern ist ein ordentliches Asylverfahren zu erwarten.

Meine Damen und Herren! Mit dem heute zu beschließenden Gesetz wird diese Problematik, die ich geschildert habe, allerdings nur verschärft, nicht gelöst und auch nicht verbessert. Die Tatsache, daß das Asylrecht jahrelang mißbraucht wurde und noch immer mißbraucht wird, wird von Ihnen genauso ignoriert wie die Tatsache der zunehmenden Fremdenkriminalität. Die Politik der großen Koalition im Fremdenbereich ist nach wie vor von Kurzsichtigkeit und Ahnungslosigkeit geprägt.

Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen werden nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.34

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. Günther Leichtfried das Wort. – Bitte.

17.35

Bundesrat Mag. Günther Leichtfried (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Durch das 1997 beschlossene Gesetz, welches mit 1. 1. 1998 in Kraft getreten ist, sollte unter anderem auch das Asyl- und Fremdengesetz auf neue Beine gestellt werden, und Themen wie Zuwanderung und Integration ausländischer Mitbürger sollten entemotionalisiert werden. Schon damals – genauso wie heute – führte dieses Asylgesetz zu sehr kontroversiell geführten Diskussionen, die man nicht immer als fair und seriös bezeichnen kann. Die Worte meines Vorredners waren uns bekannte Worte aus den Reihen der FPÖ, waren zum Teil wieder polemische Worte. (Bundesrat Dr. Tremmel: Warum polemisch? Was war polemisch?)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten diese Diskussion nicht so sehr emotional führen. Wir stecken nicht – wie mein Vorredner gesagt hat – den Kopf in den Sand, sondern wir sehen der Entwicklung offenen Auges entgegen. Wir sollten zielorientiert und menschenorientiert eine humane Asylpolitik verfolgen, unter dem Gesichtspunkt der Menschlichkeit all jenen helfen, die unserer Hilfe tatsächlich bedürfen. (Bundesrat Dr. Tremmel: Also auch den Österreichern!) – Warten Sie ein bißchen, Herr Kollege, ich bin noch nicht fertig. Lassen Sie es mich zuerst einmal sagen.

Meine Damen und Herren! Österreich braucht sich seines bisher eingeschlagenen Weges nicht zu schämen. Wir haben eine Ausländerpolitik und eine Asylpolitik betrieben, die man als menschlich und vorbildlich bezeichnen kann. Wir sind sicher nicht das "schlimme" Land für Asylanten und Fremde, wie uns von mancher Seite immer wieder vorgeworfen wird. Wir sind aber auch nicht jenes Land, das ohne tatsächlich ersichtlichen Grund alle Menschenströme in sein Land läßt, wie von anderer Seite oft dargestellt wird.

Minister Schlögl ist für die Menschen in Österreich und für die Asylwerber ein Garant für eine humane Asyl- und Fremdenpolitik, welche sich ausschließlich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Er beurteilt nicht, wie mein Vorredner gesagt hat, die Lage von Zeit zu Zeit richtig, sondern er ist in der Lage, die Situation immer richtig zu beurteilen.

Aufgrund der Entscheidungen des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes muß eine Reparatur des bestehenden Gesetzes vorgenommen werden. Dabei sollen die Fristen im verkürzten Verfahren entsprechend geändert werden – diese bekannte Zehn-Tages-Frist –, eine Beschleunigung der Asylverfahren erreicht werden und eine wirksame Sicherung der Drittstaatenregelung erfolgen. Insbesondere über diese Drittstaatenregelung wurde wieder sehr heftig diskutiert. Sie ist im Gesetz klar geregelt, und es wird daher auch bei der Verordnung durch den Bundesminister für Inneres eine klare Regelung geben.


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Als wichtige Voraussetzungen für die Einstufung eines sicheren Drittlandes sind zum Beispiel die Gewährleistung eines fairen Asylverfahrens gemäß den Richtlinien der Genfer Flüchtlingskonvention und die Sicherheit vor einer Abschiebung in das eigene Land zu erwähnen. Ein sicherer Drittstaat muß daher die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention ratifiziert und ein Asylverfahren gesetzlich eingerichtet haben.

Meine Damen und Herren! Unsere Anerkennungsquote bei den Asylanträgen liegt derzeit bei zirka 12 Prozent, und wir liegen damit deutlich über dem EU-Schnitt. Unsere Aufgabe – diese werden wir auch in Zukunft sehr ernst nehmen – muß es sein, jenen Menschen zu helfen, die tatsächlich aus ethnischen, religiösen oder politischen Gründen verfolgt werden. Wir bekennen uns daher zu fairen Asylgesetzen, zu einem fairen Verfahren und zur Genfer Flüchtlingskonvention. Alle Asylsuchenden, die in diese hineinfallen, werden in bezug auf ihre Asylansuchen in unserem Land auch weiterhin keine Probleme haben.

Wir Sozialdemokraten werden daher gegen die vorliegende Gesetzesänderung keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

17.40

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Friedrich Hensler das Wort. – Bitte.

17.40

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Bundesräte! Wir haben heute die Änderung des Asylgesetzes auf der Tagesordnung des Bundesrates. Dieses Gesetz, das – wie mein Vorredner schon erwähnt hat – 1997 in Kraft getreten ist, wird in sehr vielen Bereichen diskutiert. Ich möchte hier klar und deutlich sagen: Alle Diskussionsbeiträge, die geleistet wurden, gehen in dieselbe Richtung: Man wollte den betroffenen Menschen und den Bürgern helfen. Dem einen war die Diskussion zu eng, dem anderen zu weitgehend, dem einen zu streng, dem anderen zu offen. Es wurden Argumente auf den Tisch gelegt, die in die Richtung gehen, daß dieses Gesetz zielführend und zweckmäßig organisiert und gestaltet wird.

Ich persönlich sehe dieses Gesetz, diese Novelle als positiven Faktor und bringe Ihnen eine Aussage des Herrn Dr. Platter von der UNO, der in einem Interview im "Standard" erklärt hat: Dieses Gesetz ist zweifelsohne besser, es ist eine Entschärfung, und es dient in erster Linie den betroffenen Menschen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Warum wurde dieses Gesetz auf die heutige Tagesordnung des Bundesrates gesetzt? – Der Verfassungsgerichtshof hat am 24. Juni 1998 eine Passage aufgehoben, und zwar betreffend die zweitägige Berufungsfrist. Von meiner Warte aus ist diese Frist zweifelsohne zu kurz. Es gibt Überlegungen hinsichtlich einer Verlängerung auf sieben Tage. Der Herr Bundesminister hat im Parlament erklärt, es werde eine Zehn-Tages-Frist geben. Das ist sicherlich eine Lösung, mit der man leben wird können.

Ein wichtiger Faktor – mein Vorredner hat es bereits erklärt – ist die Drittstaatenregelung. Ich glaube, es ist diesbezüglich mit der Ermächtigungsverordnung eine Lösung gefunden worden. Denn wer sonst als der Innenminister sollte entscheiden, welches Land ein Drittstaat ist? – Ich möchte eine Passage einer Rede von Ihnen, sehr geehrter Herr Bundesminister, zitieren, die mich – ich war selbst bei der Diskussion anwesend – sehr beeindruckt hat. Sie haben gesagt: "Noch etwas möchte ich klar und deutlich sagen: Diese Ermächtigungsverordnung an den Innenminister ist eine, die ich sehr ernst nehme. Ich werde es mir bei jeder einzelnen Entscheidung darüber, ob ein Staat drittstaatsicher ist oder nicht, nicht leicht machen, sondern werde sehr gewissenhaft und nach strengen rechtsstaatlichen Prinzipien vorgehen." – Weiters haben Sie noch erklärt, Sie werden eine Einbindung des Außenministeriums vornehmen.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich glaube, in diesem wichtigen Punkt wurde eine Lösung gefunden, die eine konstruktive Zusammenarbeit aller politischen Kräfte in unserem Land bedeutet. Ich bin sehr froh, daß ich das bei diesem wichtigen Punkt erwähnen kann.


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Aber ich möchte noch etwas sagen: Daß es gerade in diesem Punkt auch unterschiedliche Meinungen gegeben hat, hat mich ein bißchen befremdet. Ich bin erst seit einem halben Jahr in diesem Gremium. Gewisse Bundesräte von der Sozialistischen Partei – ich sage das aber auch mit Respekt und Hochachtung – waren nicht dieser Meinung. Ich möchte ihnen nicht den Konsens vorschreiben, jedenfalls sie waren nicht dieser Meinung. Sie haben sogar dagegen gestimmt. Aber nichtsdestotrotz möchte ich in die Kerbe schlagen, daß es die Österreichische Volkspartei war, die Sie, Herr Bundesminister, in dieser wichtigen Frage unterstützt hat. (Bundesrat
Konecny  – zu Bundesminister Mag. Schlögl –: Jetzt weißt du es! Bisher hast du es nicht gemerkt!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir von der Österreichischen Volkspartei werden dieser Änderung des Asylgesetzes sehr gerne unsere Zustimmung geben.

Abschließend ein offenes und ehrliches Wort: Ich glaube, es handelt sich um eine gute Lösung im Interesse der Bürger, im Interesse der Betroffenen und auch im Interesse jener, die das Gesetz zu vollziehen haben.

Ich möchte mit einem Satz schließen, den Bundesrat Bösch gesagt hat, aber ich möchte ihn ein bißchen verändern (Bundesrat Dr. Bösch: Dürfen Sie das?)  – ja, das darf ich –: Diese Bundesregierung steckt den Kopf nicht in den Sand. Sie setzt Taten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

17.45

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Mag. John Gudenus das Wort. – Bitte.

17.45

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Dieses Thema – Asyl, Immigration, Bevölkerungsbewegungen – ist eines, das nicht nur den Bundesrat, sondern viele internationale Organisationen beschäftigt und insbesondere die nationalen Parlamente fordert. Es ist dies ein Thema, welches uns zu Recht bewegt. Daher sprechen wir zu Recht kontroversiell über dieses Thema.

Es ist zu einfach, dem einen oder anderen Zynismus oder vorschnelles Urteil oder stereotypes Verhalten vorzuhalten. Ich meine, das Thema ist ein Schicksalsthema für die Bevölkerung eines Staates und für den Staat. Ich gestehe jedem eine andere Meinung zu, nehme aber für mich in Anspruch, daß meine als ebenso ehrlich angesehen wird, wie der andere meint, seine eigene ehrlich zu sehen.

Kollege Leichtfried erwähnte den Flüchtlingsbegriff aus 1951, der rassische, politische und religiöse Verfolgung beinhaltet. Das war im Jahr 1951 in Genf – zu einer Zeit, als auch die Menschenrechtskonvention in Genf formuliert und in den Parlamenten ratifiziert worden ist. Wir müssen wissen, daß dieser enge Flüchtlingsbegriff, Asylantenbegriff inzwischen nicht mehr hält. Wir müssen ihn größer fassen. Das erleben gerade wir Österreicher wenn schon nicht täglich am Leib, so doch täglich medial und in den Auseinandersetzungen.

Nicht erfaßt, aber heute durchaus wichtig – das auch im Sinne der Genfer Konvention, ohne daß man sie jetzt überinterpretiert – sind Bürgerkrieg, ethnische Konflikte und nichtstaatliche Verfolgung. Das sind – ich möchte es so sagen – neue klassische Flüchtlingsbegriffe. Mit ihnen müssen wir uns hier im Staat auseinandersetzen. Aber weil diese Gruppe größer geworden ist – es sind nicht mehr drei, sondern schon sechs Begriffe, und vielleicht kommen noch ein paar hinzu –, ist auch die Anzahl jener, die Asyl beanspruchen, größer geworden. Das bedeutet eine große Herausforderung für uns alle. Wir müssen erkennen, daß natürlich nicht jeder, der hierher kommt, unter diese sechs Gründe fällt, sondern daß sich auch manche, die meinen, das Klima sei hier angenehmer, die Wirtschaft und die Lebensumstände seien hier bequemer, unter einen der sechs von mir genannten Begriffe hereinzuschwindeln trachten.

Es ist natürlich nun unsere Aufgabe, diesen Personenkreis, der sich da hereinschwindeln möchte, so klein wie möglich zu halten. Wenn wir uns einmal darauf einigen, sind wir schon sehr weit. Andererseits ist die internationale Verflechtung Österreichs durch die Europäische Union und


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den Vertrag von Amsterdam auf diesem Gebiet so dicht geworden, daß auch der staatliche Spielraum diesbezüglich sehr eng geworden ist.

Wir haben hier vor kurzem die Visumpolitik verhandelt. Sie wurde Gemeinschaftsrecht, und die Schengener Vorschriften regeln die Zuständigkeitsverteilung von Asylwerbern zwischen allen EU-Staaten. Gemäß Amsterdamer Vertrag können supranationale Normen im Bereich des Ausländer- und Asylrechtes verabschiedet werden, die staatlich nicht mehr zur Disposition gestellt werden können.

Nicht, daß das meine Zustimmung findet, insbesondere meine Freunde von den Freiheitlichen! Ich will nur das Faktum darstellen, daß der Nationalstaat in eine Zwangsjacke supranationaler Formen und Normen gesteckt wird, die uns wenig Spielraum läßt. Aber umso wichtiger ist es, verehrte Freunde, diesen Spielraum nicht als Spielwiese, sondern als Arbeitsgebiet zur Wahrung der staatlichen Interessen und der Interessen der Bevölkerung genutzt zu wissen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im übrigen wird keine Definition einen Asylwilligen oder einen Wanderungswilligen hindern, in die EU zu gelangen, wenn ihn bessere Lebensumstände dort erwarten. Mengenbeschränkungen hinken auf jeden Fall immer nach. Zum Beispiel die Vereinigten Staaten hatten eine Zahl von 10 000 Asylwilligen bis 1998 vorgesehen. Diese Zahl ist schon längst überschritten, und trotzdem sind die Vereinigten Staaten völkerrechtlich verpflichtet, weitere Personen aufzunehmen.

Aber die österreichische Bevölkerung soll das Recht haben, mitzubestimmen, wie die Bevölkerungszusammensetzung dieses Landes in Zukunft aussieht, wieweit die Arbeitslosigkeit hier im Land rein intern verursacht wird – was sowieso nicht mehr möglich ist, weil die wirtschaftliche Interdependenz zu groß ist – und wieweit sie durch Flüchtlinge und Migranten erhöht wird.

Selbstverständlich muß es zu diesem Thema eine offene Diskussion geben – aber in dem Fall wird uns der Herr Minister nichts schuldig bleiben, das weiß ich – und muß die Kostenfrage immer klar dargestellt werden. Diese Kostenfrage trifft nur die österreichische Bevölkerung und kein anderes EU-Land. Ein Grund mehr, daß wir besonders darauf schauen! Wir müssen darauf schauen, wer in Österreich tatsächlich den Asylstatus bekommt.

Wir wissen, daß jeder Krieg Anlaß zur Flucht ist. Jeder Bombenüberfall schafft Leid und Flüchtlinge und somit Asylsuchende. Die Zahl der Staaten mit mehr oder minder geächteten Massenvernichtungswaffen steigt – siehe Pakistan, das in den Klub der Atomwaffenbesitzer eingetreten ist. Indien ist schon lange dabei. Israel ist wahrscheinlich mit allen möglichen und unmöglichen Waffen ausgestattet. Die Türkei verfechtet einen bitteren Bürgerkrieg, von dem sie behauptet, es gebe ihn nicht. Aber das unter dem Kuratel der Vereinigten Staaten stehende Irak – nicht des Sicherheitsrates, sondern der Vereinigten Staaten! – wird als Truppenübungsplatz der Vereinigten Staaten und Großbritannien eben jetzt mißbraucht. Besonders geschmacklos fand ich übrigens gestern abend das Interview mit dem britischen Premier, der, neben dem Christbaum stehend, den Angriff auf ein total niedergeschlagenes Land, den Irak, zu rechtfertigen trachtete. (Beifall und Bravoruf des Bundesrates DDr. Königshofer.  – Bundesrat Konecny: Na, Sie haben Freunde!)

Auch Clinton scheint mit einem Feuerwerk auf einen lebenden Truppenübungsplatz seinen Präsidentschaftssessel retten zu wollen. Da kann ich nur sagen: Bin ich froh, daß wir in Österreich sind! Hier haben wir nicht die Notwendigkeit, unsere innenpolitische Akzeptanz durch Bombenüberfälle unter Beweis stellen zu müssen. (Rufe bei der ÖVP: Asylrecht!)

Die Auswirkungen dieses Überfalls auf den Irak – deswegen erwähne ich ihn – sind Flüchtlingsströme, welche auch wieder Europa erreichen werden. Ich verurteile und verachte im Grunde genommen deshalb diese moderne Form der Kanonenbootpolitik, wie sie derzeit – heute und morgen – betrieben wird. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der ÖVP, darunter: Man kann nicht einen verurteilen und die anderen nicht!)  – Herr Kollege, lassen wir das. (Ruf bei der SPÖ: Wer ist denn schuld?)


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Diese Art der Politik trifft das wirtschaftlich schwächste Land in dieser Region, und wir haben die Folgen zu tragen, meine Damen und Herren! Wenn Richard Butler unbedingt in einem Parteilokal dort erlaubte oder weniger erlaubte, aber auf jeden Fall gesuchte Waffen zu finden trachtet, könnte er auch in die Löwelstraße oder zu euch ins Parlament gehen – man wir in Parteilokalen keine Waffen finden. Das ist eine pure Provokation, ein Anlaß zum Bombenschlag!

Wir Freiheitlichen treten für Menschenrechte und Flüchtlingskonventionen ein. (Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)  – Nehmen Sie mich nur so, wie ich es sage, ich nehme Sie ebenso ehrlich. Das meine ich mit aller Hochachtung vor Ihrer gegenteiligen Meinung. (Ruf bei der ÖVP: Geschäftsordnung!)

Wir fordern eine gerechte Beurteilung, wer Flüchtling ist – aber das sind sicherlich keine Wirtschaftsflüchtlinge. Wir fordern eine gerechte Verteilung der Flüchtlings- und Immigrationslasten auf Ebene der Europäischen Union, wenn wir schon die von uns als sehr zweifelhaft empfundene Ehre haben, dabeisein zu dürfen. Aber dann wollen wir auch den Nutzen solcher Konventionen und eines solchen Beitritts haben.

Wir fordern die volle Einhaltung einer Drittstaatenregelung. Es sind Drittstaaten, die von manchen schon jetzt als EU-reif empfunden und so bezeichnet werden. Wieviel mehr Recht haben wir, zu fordern, daß diese Drittstaatenregel mit voller Vehemenz und voller Kraft greift und nicht von eigenen Leuten hier im Staat in Frage gestellt wird! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Weil dies nicht gewährleistet ist, meine Damen und Herren, hochverehrter Herr Bundesminister, lehnen wir dieses Gesetz ab! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.57

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Engelbert Schaufler das Wort. – Bitte. (Bundesrat Dr. Tremmel: Der wird jetzt den Saddam verteidigen!)

17.57

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich bin schon etwas mehr als überrascht über die Rede meines Vorredners. Damit das Wörtchen "Kollege" auszusprechen, tue ich mir jetzt nach dieser Verteidigungsrede für einen Diktator schwer. Es ist wohl einzigartig, daß ein Bundesrat in diesem Plenum einen Diktator verteidigt! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Mag. Gudenus: Nicht den Diktator, die Bevölkerung! Sie mißverstehen alle! – Bundesrat DDr. Königshofer: Kollege, lernen Sie Geschichte! 1938 hat es ...! – Gegenrufe bei der ÖVP.)  – Wenn Sie fertig sind, dann rede ich wieder weiter. Das Wort habe ich, aber ich kann warten. (Bundesrat DDr. Königshofer: Pharisäerhafte Behauptung!)

Wenn hier von einem Ihrer Kollegen ein Diktator mit Blut an den Händen verteidigt wird, dann ist das wohl einzigartig und spricht für die Geisteshaltung dieser Gruppierung! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Mag. Gudenus: Ich verteidige ihn nicht!)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich war vor einigen Jahren im Irak. Ich habe gesehen, was dort vor sich geht. Ich habe gesehen, daß dieser Mann, den Sie verteidigen, alles daransetzt, um in den Besitz von ABC-Waffen, also Atom-, biologischen und chemischen Waffen, zu kommen. Ich war vor Ort. Ich darf Ihnen das sagen. (Bundesrat Mag. Gudenus: Israel hat sie schon, die Waffen! Die Türkei ist fast in Besitz!) Er setzt sogar alle vorhandenen monetären Mittel ein, um zu diesen Waffen zu gelangen, und läßt sein Volk bitterlich hungern.

Diese Geisteshaltung, die hier zum Ausdruck gekommen ist, spricht für sich.

Die Welt ist in Bewegung. Millionen Menschen sind auf der Flucht – auf der Flucht vor wirtschaftlicher Not einerseits, vor Verfolgung, vor Freiheitsentzug andererseits. Das Asylrecht ist an und für sich eines der ältesten Rechte, die zivilisierte Menschen kennen, und eigentlich in allen freien Staatsformen, nur nicht im Bereich von Diktatoren, verankert. Asyl zu geben, ist eine


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humanitäre Pflicht. Die Frage ist nur immer, nach welcher Art, nach welchen Kriterien und wem ist Asyl zu gewähren. (Präsident Gerstl übernimmt den Vorsitz.)

Österreich – darauf bin ich als Österreicher stolz, und wir alle können darauf stolz sein – hat in der Zweiten Republik bewiesen, und die Österreicher, die Bürger selbst haben immer wieder bewiesen, daß ihre Herzen, ihre Türen und ihre Geldbörsen offen sind für Menschen, die verfolgt werden, für Menschen, die in Not sind. 1958 Ungarn – das war keine Frage, obwohl es diesem Land Österreich 1958 noch nicht so gut ging wie heute.

Allein in den letzten Jahren, im Zuge des jugoslawischen Krieges, hat Österreich bewiesen, wie human seine Bürger eigentlich sind – viel humaner, als so manche Gruppierung das eigentlich glauben will. Zehntausende, ja fast Hunderttausende sind gekommen, haben sich zum Großteil integriert und leisten ihre Arbeit als Beitrag zum wirtschaftlichen Wohlstand unseres Landes. Andere sind in ihre Heimat zurückgekehrt; sie haben Hilfe von uns erhalten, für die sie dankbar sind. Sie sind draußen in der weiten Welt unsere Botschafter.

1997 – das macht die Entwicklung deutlich – gab es in Österreich 6 400 Asylanträge, bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt, gegen Ende des Jahres 1998, sind es bereits 13 000. Allein am Montag sind 139 Asylanträge eingelangt, am Dienstag waren es 66. Bis zum 30. November konnten 3 430 Anträge abgeschlossen werden. Positiv erledigt wurden – das wurde schon erwähnt – 12,8 Prozent. Das zeigt, daß nicht alle, die zu uns wollen, auch tatsächlich aufgrund ihrer Situation das Asylrecht in Anspruch nehmen können. Diese 12,8 oder beinahe 13 Prozent sind jedoch die höchste Anerkennungsquote, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union erreicht wird.

Ich erlaube mir dazu festzustellen, daß trotz des Einsatzes des Bundesheeres an unseren Grenzen und trotz der Drittstaatenregelung der Druck der Wirtschaftsflüchtlinge und auch der Druck der – wenn ich so sagen darf – echten Asylwerber größer werden wird. Da wartet auf die Europäische Union in der Zukunft eine große gemeinsame Aufgabe, um das weltweit größer werdende Problem von Menschen in Not, in verzweifelter Lage zu lösen.

Österreich wird dieser Aufgabe allein auf Dauer sicherlich nicht gewachsen sein. Es gilt daher, die illegale Zuwanderung, vor allem die Zuwanderung von Wirtschaftsflüchtlingen hintanzuhalten, und ich bin sicher, Herr Innenminister, daß dazu noch eine Reihe von Maßnahmen notwendig und zu setzen sein wird. Andererseits ist aber – wie bisher – Verfolgten Asyl zu gewähren.

Die heutige Gesetzesvorlage, die eine Verlängerung der Berufungsfrist bringt, ist zu begrüßen, denn die alte Berufungsfrist war eigentlich doch zu knapp bemessen. Ebenso ist die Regelung hinsichtlich der sogenannten Drittländer zu begrüßen. Es ist mit der Gesamtregelung, die heute vorliegt, eine ausgewogene humane Regelung für ein leider täglich größer werdendes Problem gelungen. Daher werden wir dieser Gesetzesvorlage natürlich zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.04

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Hummer. Ich erteile ihm dieses.

18.04

Bundesrat Dr. Günther Hummer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Meine Damen und Herren! In einer Debatte über das Asylrecht mag es auch angehen, einmal einen Blick über die Grenze zu werfen, um feststellen zu können, wie vergleichbare Regelungen etwa in der Bundesrepublik Deutschland ausschauen. Dort ist das Asylrecht grundgesetzlich verankert, und auch dort kann sich auf sein grundgesetzlich verankertes Asylrecht nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union kommt oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundrechte sichergestellt ist. Diese sogenannten sicheren Drittstaaten werden durch die Anlage zu § 26a des Asylverfahrensgesetzes vom 26. Juni 1992 bestimmt.


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Ferner können als "sichere Drittstaaten" jene Staaten bezeichnet werden, bei denen aufgrund der Rechtslage, der Rechtsanwendung oder der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet ist, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird für einen Nachbarstaat gesetzlich vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen der gesetzlichen Vermutung verfolgt wird. Auch diese sicheren Herkunftsstaaten werden in Deutschland in einer Anlage des Gesetzes, also gesetzlich, bezeichnet.

Es fällt auf, daß in beiden Fällen die Bezeichnung "sicherer Staat" nicht, wie bei uns geplant, durch Verordnung, sondern durch Gesetz erfolgt. Inhaltlich sind aber die deutschen Normen den österreichischen Normen ähnlich.

Zu den Rechtsmittelfristen sei vermerkt, daß in Deutschland Klagen gegen Entscheidungen nach dem Asylverfahrensgesetz innerhalb von zwei Wochen erhoben werden können. Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage als offensichtlich unzulässig oder unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar.

Die rechtliche Situation der Asylwerber ist also annähernd wie bei uns, wenn man von den verschiedenen Behördenstrukturen absieht.

Wir müssen alles daransetzen, wie heute oft gesagt wurde, Asylwerber, die keine echten Asylwerber sind, an ihrem Vorhaben zu hindern, aber auch alle unnötigen menschlichen Härtefälle zu vermeiden.

Die Asylpolitik ruht in hohem Maße in den Händen der damit befaßten Asylbehörden und der darin tätigen Bediensteten. Hier nur die Bestgeeigneten, die Bestqualifizierten einzusetzen, ist Aufgabe der Vollziehung. Dieser Wunsch sei wieder einmal geäußert und unterstrichen mit dem Antrag, gegen den vorliegenden Gesetzesbeschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.07


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Präsident Alfred Gerstl:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Mag. Gudenus zu Wort gemeldet.

Ich weise darauf hin, daß eine tatsächliche Berichtigung die Dauer von fünf Minuten nicht überschreiten darf. Sie hat sich überdies auf die Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung und die Darstellung des zu berichtigenden Sachverhaltes zu beschränken.

Ich erteile Herrn Bundesrat Mag. Gudenus das Wort. – Bitte.

18.08

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Verehrte Kollegen! Vielleicht hat sich beim einen oder anderen ein Hörfehler eingeschlichen.

Ich mache jetzt eine tatsächliche Berichtigung: Ich habe nie und nimmer, Herr Kollege, einen Diktator verteidigt. Sie werden aber von mir auch niemals ein Bombardement gerechtfertigt finden, auch auf nicht demokratische Staaten nicht. Zu viel menschliches Leid entsteht dadurch. Wenn man eines solchen Diktators nicht anders Herr wird, da wären viele Staaten zu bombardieren. Wo wollen Sie da aufhören? – Das ist ja ein Zynismus von Ihnen! Wo wollen Sie aufhören zu bombardieren? – Ich gebe mich dafür nicht her! (Bundesrat Rauchenberger: Tatsächliche Berichtigung! Das ist keine tatsächliche Berichtigung!)

Ich will nur abschließend noch sagen: Sogar die Vereinten Nationen, nicht nur der kleine John Gudenus, der hier lang vor Ihnen steht (Bundesrat Rauchenberger: Zu lang!), haben gegen dieses Bombardement auf den Irak protestiert. Auf den Irak – und Saddam lebt noch immer. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.09

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. Ich erteile ihm dieses.

18.09

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich für die Wortmeldungen. Vieles Richtige ist gesagt worden, und manche der heutigen Wortmeldungen haben mich überrascht, vor allem die Wortmeldung des Herrn Bundesrates Gudenus. Damit meine ich jetzt weniger jene wegen der Debatte um den Irak und das Bombardement, das derzeit gerade stattfindet beziehungsweise in der Nacht stattgefunden hat, sondern seine Aussagen zur Asylpolitik, weil er im wesentlichen hier Thesen vertreten hat, mit denen ich mich – und wahrscheinlich auch ein Großteil derjenigen, die hier im Bundesrat sitzen – identifizieren kann.

Er fordert nämlich drei Dinge: Erstens fordert er eine gerechte Beurteilung der Asylwerber. Das heißt, diejenigen, die tatsächlich verfolgt werden, diejenigen, die aus politischen oder religiösen Gründen Schutz und Hilfe brauchen, sollen sie bekommen, und es soll eine klare Abgrenzung geben von denen, die Wirtschafts- oder Armutsflüchtlinge sind. – Diese Ansicht teile ich auch.

Zweitens: Er ist für eine gerechte Lastenverteilung, für einen Solidarausgleich innerhalb der Europäischen Union eingetreten, das heißt, es soll dazu kommen, daß nicht einige wenige europäische Staaten die Vielzahl an Flüchtlingen aufnehmen müssen, sondern daß es eine gerechte Verteilung gibt.

Auch diese Auffassung, Herr Bundesrat Gudenus, teile ich und halte ich auch für sinnvoll. Ich habe das auch während der EU-Präsidentschaft Österreichs sehr stark vertreten, habe mich damit leider nicht durchgesetzt, kann aber wenigstens als Erfolg verbuchen, daß am Anfang dieses Jahres konkret nur drei Staaten für eine Lastenaufteilung innerhalb der Europäischen Union gewesen sind, nämlich Deutschland, Niederlande und Österreich, und jetzt, am Ende unserer Präsidentschaft, sind es immerhin bereits zwölf Staaten. Nur Großbritannien, Frankreich und Spanien sind noch gegen eine Lastenaufteilung und eine gerechte Aufteilung der Kosten, die in finanzieller, aber auch in personeller Hinsicht entstehen.

Drittens: Sie haben sich zur Drittstaatenregelung bekannt, und auch das halte ich für sehr wichtig. Denn eines muß uns klar sein: Wir müssen alles daransetzen, daß Menschen, die verfolgt werden, Schutz und Hilfe bekommen, wir müssen alles daransetzen, daß dieses Recht auf Asyl jedem einzelnen Menschen auf diesem Planeten Erde gewährt ist. Wir können aber nicht jemandem zusagen, daß er sich das Land, in dem er Asyl bekommt, aussuchen kann. Er hat ein Recht auf Asyl, aber nicht das Recht, sich das Land auszusuchen, in dem ihm Asyl gewährt wird.

Das sind im wesentlichen Ihre drei wichtigen Botschaften gewesen, Botschaften, mit denen ich mich vollinhaltlich identifizieren kann. Darum bin ich über Ihren Entschluß, daß Sie diesem Gesetz dann nicht zustimmen wollen, überrascht, weil das Asylgesetz, so wie es im Jahre 1997 beschlossen worden ist und so, wie wir es jetzt novellieren, im wesentlichen diesen drei Grundvoraussetzungen sehr stark Rechnung trägt.

Ich kann mich nicht mit dem Standpunkt des Kollegen Schaufler und des Kollegen Hensler anfreunden, die beide meinen, die Zwei-Tage-Frist für die Berufung sei zu kurz gewesen. Ich gehöre zu denjenigen – um das auch klar zu sagen –, die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes als das hinnehmen, was sie sind: die letzte Entscheidung in unserem Rechtsstaat. Wenn diese Entscheidung so gefallen ist, dann muß man auch die notwendigen Konsequenzen daraus ziehen. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die immer dann jubeln, wenn der Verfassungsgerichtshof eine Entscheidung trifft, die in ihrem Sinne ist, und dann pfeifen, wenn es nicht in ihrem Sinne ist. Darum nehme ich diesen Schiedsspruch des Verfassungsgerichtshofes zur Kenntnis, und wir haben ihn auch umgesetzt, indem wir nun die Berufungsfrist von zwei Tagen auf zehn Tage erhöht haben.

Ich möchte aber nochmals klar sagen: Diese kurze Berufungsfrist mit zwei Tagen war lediglich in drei Fällen vorgesehen: erstens in dem Fall, wenn der Asylantrag ganz offensichtlich unbe


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gründet war, zweitens wenn die Drittstaatsicherheit gegeben war – also das, was Gudenus und ich hier gerade miteinander besprochen haben – und drittens wenn ein klarer Fall nach dem Dublin-Abkommen vorlag, das heißt also, wenn jemand bereits in einem anderen europäischen Staat um Asyl angesucht hatte und dann gleichzeitig auch in Österreich.

Nur in diesen drei Fällen, meine Herren, ist diese verkürzte Berufungsfrist von zwei Tagen angewendet worden, und ich glaube, in diesen drei Fällen war es ohne Zweifel gerechtfertigt, weil das sowohl eine Rechtssicherheit für den Asylwerber als auch für die Behörden bedeutet hat. Ich kann Ihnen sagen, daß wir bei der Vielzahl von Asylwerbern, die wir haben, natürlich versuchen müssen, möglichst schnell Entscheidungen zu treffen, weil einerseits jeder Tag an Nichtentscheidung dem österreichischen Staat gewaltige finanzielle Kosten verursacht, aber andererseits jeder Tag der Nichtentscheidung auch menschlich für den Asylwerber nicht vertretbar ist.

Daher haben wir uns das sehr wohl überlegt, als wir diese Zwei-Tage-Frist eingeführt haben. Ich nehme zur Kenntnis, daß der Verfassungsgerichtshof eine andere Entscheidung getroffen hat, aber ich glaube, daß es richtig gewesen wäre, wenn man diese Zwei-Tage-Regelung beibehalten hätte.

Zu dem, was Herr Bundesrat Bösch gesagt hat: Es gibt mehr als eine Million Fremde in Österreich. Diese Ansicht kann ich nicht teilen. Sie haben gesagt, daß es Experten gibt, die das auch nachweisen. Faktum ist, daß wir an die 750 000 ausländische Mitbürger haben, davon ist ein nicht unbeträchtlicher Teil EU-Staatsbürger. Faktum ist, daß es ohne Zweifel eine gewisse Anzahl von Menschen gibt, die illegal in Österreich leben, weil sie keine gültige Aufenthaltsbewilligung haben. Ob das 5 000, 10 000, 100 000 sind, kann ich nicht sagen. Ich behaupte, daß das niemand feststellen kann, weil das Kaffeesudlesen ist.

Ich habe vorgestern ein Gespräch mit meinem deutschen Kollegen Schily geführt, der meint, daß es in Deutschland maximal 500 000 bis 600 000 Illegale sind. Wenn man bedenkt, daß Deutschland 80 Millionen Einwohner hat, und wenn man das auf Österreich umlegen würde, dann wäre Ihre Zahl von 300 000 ohne Zweifel weit überhöht. Ich gebe aber zu, daß wir einen gewissen Anteil an Illegalen haben, nicht sosehr Illegale, die unerkannt über die grüne Grenze gekommen sind, sondern das größte Problem, das ich sehe, besteht darin, daß sehr viele Menschen mit einem gültigen Touristenvisum nach Österreich kommen und nach drei oder vier Monaten – je nachdem, wie lange ihr Visum dauert und dann eben abgelaufen ist – nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren, sondern eine beschränkte Zeit oder auch für länger noch in Österreich bleiben. Das ist der häufigste Fall, wieso sich Menschen illegal in Österreich aufhalten.

Das heißt, ich möchte diese Zahl von über einer Million Fremden in Österreich deutlich zurückweisen, weil ich der Ansicht bin, daß sie nicht stimmt. Höchstens, man rechnet die Touristen dazu; aber das ist etwas, was wir, so glaube ich, sehr wohl unterstützen und wollen: daß möglichst viele ausländische Staatsbürger nach Österreich kommen, um hier ihren Urlaub oder ihre Ferien zu genießen.

Erwähnen möchte ich auch noch – das ist mir auch sehr wichtig –, daß wir natürlich in den letzten Jahren eine sehr deutliche und starke Zuwanderung gehabt haben. Seit 1988 ist der Anteil der ausländischen Mitbürger um genau 397 000 gestiegen, das heißt, innerhalb von zehn Jahren haben wir nahezu 400 000 ausländische Mitbürger mehr gehabt. In diesem Zeitraum hat es auch fast 100 000 Einbürgerungen gegeben. Diese Zahlen sind richtig, zu diesen Zahlen ist es aber im wesentlichen in den Jahren 1989 bis 1995/96 gekommen.

Seit 1996 wird in Österreich die Zuwanderungsquote nur mehr sehr gering genützt, und die Zuwanderungsquote für das nächste Jahr, für das Jahr 1999, ist mit 8 700 denkbar gering. Diese Quote dient im wesentlichen Familienzusammenführungen und somit dem Abbau der langen Warteliste, die wir in diesem Bereich haben.

Wenn man die Abwanderung mitrechnet, wenn man die Todesfälle mitrechnet und wenn man die Einbürgerungen mitrechnen würde, dann hätten wir nicht nur ein Nullwachstum an ausländischen Mitbürgern, sondern wir werden wahrscheinlich im Jahre 1999 sogar einen geringfügigen Rückgang der Anzahl der ausländischen Mitbürger haben.


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Darum glaube ich, daß – wie es bereits von einem Bundesrat gesagt worden ist – man nicht sagen kann, daß die österreichische Bundesregierung den Kopf in den Sand steckt. Nein, gerade im Gegenteil! Wir haben zeitgerecht darauf reagiert, haben ein neues, modernes Asylgesetz geschaffen, wir haben ein Fremdengesetz geschaffen, das die Garantie gibt, daß die Menschen, die in Österreich bereits legal Aufenthalt haben, auch bestmöglich integriert werden. Wir haben eine Gesetzgebung, die die Garantie gibt, daß das Asylrecht für die Menschen, die tatsächlich verfolgt werden, auch gewährleistet ist, und die die Garantie gibt, daß eine Neuzuwanderung in Österreich in den nächsten Jahren nur mehr in äußerst geringem Ausmaß möglich ist.

In diesem Sinne bitte ich Sie, die vorliegende Novelle nicht zu beeinspruchen, sondern ihr die Zustimmung zu geben. (Allgemeiner Beifall.)

18.19

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Paul Tremmel. Ich erteile ihm dieses.

18.19

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Es ist nicht meine Art, mich nach einem Regierungsmitglied zu Wort zu melden. Ich habe mich vorher gemeldet, aber ich habe das etwas zaghaft gemacht, und deswegen wurde diese Wortmeldung übersehen. Es paßt aber ganz gut, weil Sie sich innerlich wundern, warum die Freiheitlichen heute zu dieser Vorlage nein sagen werden.

Es tut einem gut zu hören, daß Sie in vielen Dingen in Ihrer Meinung deckungsgleich sind mit den Vorstellungen meiner Fraktion. Das bedeutet, daß die Argumentation der KollegInnen, vor allem aus Ihrer Gesinnungsgemeinschaft, etwas vordergründig und manchmal sehr vereinfachend war, wenn uns Fremdenfeindlichkeit, Ausländerhaß oder sonstiges unterstellt wurde.

Warum wir heute hier nicht zustimmen können, haben Sie selbst indirekt erwähnt. Es ist die Lastenverteilung. Sie haben allerdings von der innerösterreichischen Lastenverteilung gesprochen, wir meinen die europäische Lastenverteilung. Ich habe es in einem Zwischenruf dargetan und gesagt, eigentlich hat weder die Regierungskonferenz in Pörtschach – da haben wir nichts erfahren, das war nur eine informelle Konferenz – noch die letzte hier in Wien zu Regelungen geführt.

In der letzten Plenarsitzung haben wir sehr genau darüber gesprochen und haben uns angeschaut, wie die Länder der Europäischen Union Fremde aufnehmen, wie viele umgelegt auf 100 Einwohner, 500 Einwohner. Und siehe da, hier ist Österreich weit an der Spitze! Das war es, was Kollege Gudenus mit der Lastenverteilung im Bereich der EU meinte. – Das zum ersten.

Zum zweiten zeigt dieses Gesetz auf, wie hilflos wir eigentlich in gewissen Bereichen sind, wenn Verordnungsrichtlinien der EU vorgegeben werden – ich werde bei einer anderen Materie noch darauf zu sprechen kommen – und wir diese sehr brav, wie Vorzugsschüler, vollziehen, während die anderen sie nicht vollziehen. Das ist auch ein Grund.

Herr Bundesminister! Ein weiterer Grund, warum wir dazu nicht ja sagen können, sind jene Gesetze, die mit diesem Asylgesetz verflochten sind. Ich erinnere Sie daran, daß wir etwa über die Aufenthaltsverfestigung gesprochen und diesbezüglich Vergleiche mit Italien und Spanien angestellt haben, wo selbst EU-Bürger nach vier Jahren wieder um Aufenthaltsgenehmigung ansuchen müssen. Bei uns erhält man nach vier Jahren das Recht, in Österreich zu bleiben. Das spielt natürlich bei der Beurteilung auch mit eine Rolle.

Dies gilt auch für die Aushöhlung der Schubhaft. Dazu wurde uns erklärt, es müsse – weil wir in den Gefängnissen keinen Platz mehr haben – genügen, daß sich die Häftlinge einmal pro Woche in der Anstalt melden.


Bundesrat
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Herr Bundesminister! Wir meinen, dieses Gesetz ist auf halbem Weg stehengeblieben. Wir wollen Ihnen mit unserer Argumentation durchaus behilflich sein und Ihnen sagen, daß man diese Materie auch in den angrenzenden Bereichen regeln muß. Ich weiß, daß Sie diesbezüglich keinen einfachen Stand haben! Sehen Sie unser Nein zu dieser Vorlage bitte auch in diesem Lichte! – Das war der eine Grund für meine Wortmeldung.

Der andere Grund ist die Ansicht des Kollegen Schaufler, der gar so sehr von der "Pax Americana" schwärmt. – Niemand hier will einen Diktator verteidigen, aber ich möchte betonen, wir in Europa, in Mitteleuropa haben unsere eigenen Demokratien aufgebaut und brauchen keine fremde Demokratie und keine ordnungspolizeiliche Weltmacht. Das war es, was Kollege Gudenus heute meinte. Mit Bomben wird man – auch wenn sie gegen Saddam Hussein gerichtet sind – Menschlichkeit und Gerechtigkeit nicht herstellen können, nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die Asylrechte, die Menschenrechte sollen nicht nur hier in Österreich Gültigkeit haben, sondern sollen auch im Irak Gültigkeit haben. – So war das gemeint! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist eine durchaus vielschichtigere Beurteilung der Politik notwendig. Europa ist eine wirtschaftliche Weltmacht, aber in der politischen Durchsetzungsmöglichkeit sind wir noch sehr mittelmäßig und orientieren uns mit spätkolonialen Demutsgesten an diesen oder jenen Bereichen. Das sollten wir uns abgewöhnen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.24

Präsident Alfred Gerstl: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

23. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 26. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht geändert wird (924/A und 1483/NR sowie 5850/BR der Beilagen)

Präsident Alfred Gerstl: Wir gelangen nun zum 23. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Ferdinand Gstöttner: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Der schriftliche Bericht liegt Ihnen vor, sodaß ich mich auf den Antrag beschränken kann.

Der Justizausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 1998 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Alfred Gerstl: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
647. Sitzung / Seite 152

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Günther Hummer. – Bitte.

18.25

Bundesrat Dr. Günther Hummer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Beschluß des Nationalrates legt im wesentlichen fest, daß die Bestimmungen des am 19. Juni 1980 in Rom zur Unterzeichnung aufgelegten Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht samt erstem und zweitem Protokoll unmittelbar anzuwenden sind. Damit folgt der Nationalrat seinem aus Anlaß der Ratifizierung erfolgten Beschluß, wonach das Übereinkommen durch die Erlassung eines Gesetzes zu erfüllen ist, was hiemit geschieht.

Was Schuldverhältnisse anlangt, so sind diese im 7. Abschnitt des Internationalen Privatrechtsgesetzes geregelt. Das Internationale Privatrecht enthält außerdem verschiedene Kollisionsregeln. Es handelt sich dabei um allgemeine Bestimmungen, aber auch beispielsweise um Regeln über Bankgeschäfte und Versicherungsverträge, Verbraucherverträge, Verträge über Immaterialgüterrechte und Arbeitsverträge.

Der vorliegende Beschluß des Nationalrates dient der Harmonisierung des Internationalen Privatrechtes, soweit er Vertragsverhältnisse schuldrechtlicher Art beinhaltet, und es kann nur begrüßt werden, daß europaweit ein einheitliches Internationales Privatrecht auch in diesem Bereich zur Anwendung kommt. In diesem Sinne beantrage ich namens meiner Fraktion, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

18.28

Präsident Alfred Gerstl: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Josef Rauchenberger. – Bitte.

18.28

Bundesrat Josef Rauchenberger (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Novelle des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht beinhaltet keine materielle Änderung, sondern dient ausschließlich der Rechtssicherheit.

Der Nationalrat hat aus Anlaß der Genehmigung des Beitrittsübereinkommens beschlossen, daß das Übereinkommen durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist. Zwar ist das IPR-Gesetz im Hinblick auf den Beitritt zu dem Übereinkommen geändert worden – und zwar mit BGBl. I Nr. 119/98 –, doch sind diese Änderungen, nämlich die Aufhebung aller Bestimmungen, die vertragliche Schuldverhältnisse regeln, nicht die vom Nationalrat beschlossene Erfüllung des Übereinkommens durch die Erlassung von Gesetzen.

Damit ab 1. Dezember 1998 – das ist der Tag, an dem das Übereinkommen völkerrechtlich für Österreich in Kraft tritt – der vertragsmäßige Rechtszustand hergestellt ist und vertragliche Schuldverhältnisse im Anwendungsbereich des Übereinkommens kollisionsrechtlich übereinkommensgemäß beurteilt werden können, ist die vorgeschlagene Gesetzesänderung erforderlich.

Nach dieser Klarstellung stelle ich namens der SPÖ-Fraktion den Antrag, der gegenständlichen Vorlage zuzustimmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.29

Präsident Alfred Gerstl: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm. – Bitte.

18.29

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Gegen das vom Nationalrat beschlossene Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht geändert wird, besteht in der Sache kein Einwand. Wir werden daher dieser Vorlage unsere Zustimmung geben.


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 153

Allerdings überrascht der dabei eingeschlagene Weg, das einzigartige legislative Procedere. Den Anlaß für diese Novellierung des IPR-Gesetzes bildete die Ratifikation des Römer Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht von 1980. Seit 1. Dezember 1998 ist dieses Abkommen für Österreich völkerrechtlich verbindlich geworden und innerstaatlich in Kraft getreten. Aus Anlaß der Genehmigung des Beitrittsübereinkommens hatte der Nationalrat aus unerfindlichen Gründen beschlossen, daß dieser Vertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist.

Das Bundesministerium für Justiz hatte dem Beitritt nun insofern ohnehin Rechnung getragen, als es einen Entwurf zur Änderung des IPR-Gesetzes erstellte. Die entsprechende Regierungsvorlage wurde dann auch im Parlament beschlossen. Mit dieser Novelle wurden alle autonomen Bestimmungen, die die kollisionsrechtliche Beurteilung der vertraglichen Schuldverhältnisse bis dahin regelten, aufgehoben, was nicht geboten, aber sinnvoll war, um Abgrenzungsprobleme im Verhältnis zwischen dem Abkommen und dem IPR-Gesetz zu vermeiden.

Dennoch vermeinte der Justizausschuß des Nationalrates, daß das noch nicht als die vom Nationalrat beschlossene Erfüllung des Übereinkommens durch die Erlassung von Gesetzen betrachtet werden könne. Weshalb war ihm das nicht bereits anläßlich der Genehmigung des Beitrittsübereinkommens klar? Soll man darin die gebotene Sorgfalt des Gesetzgebers erkennen oder ist das nicht viel eher eine Überforderung des Justizausschusses mit einer hochkomplexen Rechtsmaterie? (Bundesrat Rauchenberger: Uns ist es auch nicht aufgefallen, Herr Kollege!)  – Diese Erklärung habe ich allerdings für undenkbar gehalten!

Worum geht es dabei eigentlich? – Wenn der Nationalrat beschließt, daß ein völkerrechtlicher Vertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, so spricht er ihm damit die unmittelbare Anwendbarkeit ab. Um den vertragsgemäßen Rechtszustand herzustellen, ist er dann allerdings zu entsprechenden Ausführungsgesetzen verhalten.

Bei näherer Betrachtung handelt es sich im vorliegenden Fall aber um eine selbst errichtete Barriere, denn kein anderer Vertragsstaat des Römer Schuldvertragsübereinkommens hatte bis dahin Zweifel an der unmittelbaren Anwendbarkeit, am Self-Executing-Charakter dieses Abkommens.

Worin besteht nun dessen nähere Ausführung durch das vom Nationalrat erlassene Gesetz? – In einem einzigen Satz in § 53 Abs. 2 – und dabei wird der Kampf gegen Windmühlen, also die Don Quijoterie unseres Justizausschusses vollends deutlich –, und zwar einem Satz ohne jeglichen objektiven Sachgehalt. Er lautet – ich zitiere –: "Die Bestimmungen des Übereinkommens ... sind unmittelbar anzuwenden." – Mit anderen Worten: Es wird hier im nachhinein etwas normativ dekretiert, was zuvor geleugnet worden ist: eben die unmittelbare Anwendbarkeit. Das ist so überflüssig wie skurril.

Im Grunde erschöpft sich die Klarstellung also darin, daß es in § 50 Abs. 2 heißt – ich zitiere –: "Die Neufassung des § 35, die Aufhebung der §§ 36 bis 45 sowie der § 53 Abs. 2 treten mit 1. 12. 1998 in Kraft und sind auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwenden, die nach dem 30. 11. 1998 geschlossen worden sind." – Zitatende.

Eben das hätte sich von selbst verstanden, wäre der Nationalrat nicht auf die unglückselige Idee verfallen, daß ein ohnehin unmittelbar anwendbares Abkommen erst durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen sei. Um den Nationalrat aus seiner Selbstfesselung zu befreien und uns eine internationale Blamage zu ersparen, werden wir dieser Vorlage dennoch unsere Zustimmung nicht versagen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Bundesrates Dr. Liechtenstein. )

18.33

Präsident Alfred Gerstl: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 154

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

24. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 5. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (958/A und 1529/NR sowie 5851/BR der Beilagen)


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 155

Präsident Alfred Gerstl:
Wir gelangen nun zum 24. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Ferdinand Gstöttner: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Justizausschusses liegt Ihnen vor, wurde Ihnen zur Kenntnis gebracht, sodaß ich sogleich zum Antrag kommen darf.

Der Justizausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 1998 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Alfred Gerstl: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Milan Linzer. Ich erteile ihm dieses.

18.34

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Die Schlichtungsstellen sind eine bewährte Einrichtung beim Vollzug des Mietrechtes. Vor allem im städtischen Bereich sind sie eine spürbare Entlastung der Bezirksgerichte und der Gerichte schlechthin.

Die Verfahren sind nach den Vorschriften des AVG abzuwickeln, wobei auch eine Verweisung auf das Mietrecht beziehungsweise auf zivilprozessuale Regelungen statuiert und festgelegt ist.

Nun gibt es eine Novelle zum AVG. Nach § 82 AVG in der geltenden Fassung würde eine Derogationsregelung die Anwendbarkeit dieser zivilprozessualen Regelungen im Schlichtungsstellenverfahren gefährden. Um dies abzufangen, wurde nunmehr diese neue Novelle zum Mietengesetz geschaffen.

Als einer, der vor allem mit diversen Abrechnungen – zum Beispiel mit Abrechnungen der Betriebsausgaben bei Mietwohnungen und Mietwohnungshäusern – beschäftigt ist, wäre ich dankbar, wenn weitestgehende Regelungen im Mietengesetz getroffen worden wären. Ich muß aber feststellen, daß es diesbezüglich eine gewisse Rechtsunsicherheit in der Bevölkerung gibt.

Ich weiß, daß über diese Materie eine Arbeitsgruppe im Ministerium unter der Führung des Herrn Bundesministers getagt hat, und möchte Sie, Herr Bundesminister, daher bitten, uns vielleicht mit einigen kurzen Sätzen über die Ergebnisse dieser Gespräche zu berichten.

Meine Fraktion wird jedenfalls dieser Novelle gerne ihre Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)

18.37

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Josef Rauchenberger. Ich erteile ihm dieses.

18.37

Bundesrat Josef Rauchenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Novelle zum Mietrechtsgesetz fand bereits im Nationalrat die Zustimmung aller Fraktionen, weshalb ich davon ausgehe, daß dies auch hier im Bundesrat der Fall sein wird.

Eigentlich geht es auch bei dieser Novelle nur um eine Klarstellung hinsichtlich der Bestimmungen in Schlichtungsstellenverhandlungen. Ohne entsprechende Interpretation durch diese Novelle würde die Anwendbarkeit zivilprozessualer Regelungen mit Ablauf des Jahres 1998 ein jähes Ende finden. Als weitere Folge würden Aufträge der Wohnhaussanierung in Frage gestellt werden. Dies hätte gravierende Auswirkungen auf die österreichische Wirtschaft, im besonderen auf kleine und mittlere Unternehmungen, da die Summe derartiger Investitionen mit rund 3,2 Milliarden Schilling zu veranschlagen ist.

Bemerkenswert im Zusammenhang mit der Novelle zum Mietrechtsgesetz ist allerdings auch die Tatsache, daß es aufgrund von Einwänden der ÖVP nicht möglich war, Herr Kollege Dr. Linzer, das Mietrecht im Interesse der Mieter positiv weiter zu verändern. Es hat nämlich nicht nur eine Arbeitsgruppe im Ministerium gegeben, sondern es hat auch einen gemeinsamen Antrag von ÖVP und SPÖ gegeben. (Bundesminister Dr. Michalek: Nein, hat es nicht gegeben!)

Schließlich gab es für diese Zielsetzung eben nicht nur konkrete Verhandlungen, sondern diesen zitierten Antrag, mit dem das Mietrechtsgesetz, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz und das Heizkosten-Abrechnungsgesetz geändert werden hätten sollen, um die von Ihnen zitierten Forderungen zu erfüllen. (Bundesrat Dr. Linzer: Die SPÖ hat einzelnen Bestimmungen nicht zugestimmt!)

Die ÖVP hat letztlich aber – so stellt sich ihr Verhalten für mich jedenfalls dar – der Mut wieder verlassen, weshalb von den Koalitionsparteien ... (Bundesrat Dr. Linzer: Die SPÖ hat einzelnen Bestimmungen nicht zugestimmt!)  – Ja, wir stehen dazu! Wir stehen dazu, und offensichtlich Sie auch. Aber in den letzten Tagen scheint man in der ÖVP nicht zu wissen, was die rechte Hand will oder was der eine oder andere Bund oder Partner will, was die eine oder andere ÖVP-Organisation will. Ich würde vorschlagen: Setzen Sie sich einmal intern zusammen! Vielleicht ist Ihr Parteiobmann einmal in Österreich, dann könnten Sie Entscheidungen treffen, die auch von Ihnen mitgetragen werden.

Ideologische Bedenken gab es offensichtlich nicht. Das heute leider nicht zur Debatte stehende Gesetzesvorhaben hat keine großen Reformfortschritte im Wohnrecht beinhaltet, sondern nur einige punktuelle, zum Teil durchaus nicht unbedeutende Neuerungen und Adaptierungen – "Fallen" haben Sie dazu gesagt – im Bewirtschaftungsbereich und in der Aufteilung der Bewirtschaftungskosten. Ich möchte diese Punkte trotzdem konkret hervorheben, weil ich glaube, daß es wichtig ist, diese rechtlichen, technischen, ökonomischen oder ökologischen Regelungen zu kennen, die herbeigeführt werden hätten sollen und die sich unserer Auffassung nach zwingend aus der praktischen Anwendung der bereits erfolgten Änderungen im Wohnrecht ableiten lassen.

Im besonderen ist es ein sozialdemokratisches Anliegen im Wohnbereich, eine verbrauchsabhängige Aufteilung der Bewirtschaftungskosten auf Basis von Verbrauchsmessungen unter der Voraussetzung einer zwischen dem Vermieter und einer qualifizierten Mehrheit der Mieter schriftlich geschlossenen Vereinbarung herbeizuführen.

Erleichterungen sollte es auch geben für die auf der Nutzfläche beruhende Abrechnung und Kostenverteilung durch wahlweise Berechnung nach Natur- oder Planmaß sowie durch den Ausschluß von Fehlerquellen bei Veränderungen der Nutzfläche infolge baulicher Maßnahmen im Inneren des Mietgegenstandes. Auch die Bestimmungen hinsichtlich der Abrechnungen


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 156

sollten für den Fall adaptiert werden, daß Belege nur auf Datenträgern vorhanden sind. – All das sind keine ideologischen Fragen, Herr Kollege!

Derzeit ist es aufgrund einer entsprechenden Betriebskostenposition auch nicht möglich, für die Abfertigung eines Haubesorgers Rückstellungen vorzunehmen oder dafür anzusparen. – Auch das ist eine Forderung, die vorgesehen war.

Schließlich besteht noch die Absicht, die Einhebung von Energiekosten bei der Benützung von Gemeinschaftsanlagen zu ermöglichen.

Aus dem ursprünglich paktierten Antrag wurde lediglich die Verlängerung der Einspruchsfrist auf vier Wochen hinsichtlich der Verfahren bei Schlichtungsstellen in der gegenständlichen Novelle vorgesehen, die ja, wie berichtet, nur der Klarstellung dient.

Somit bleibt es mir vorbehalten, festzustellen, daß meine Fraktion den in der Vorlage vorgenommenen Klarstellungen zustimmen und keinen Einspruch geltend machen wird, obwohl weiterer Regelungsbedarf bestünde.

18.40

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm. Ich erteile ihm dieses.

18.40

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Was nun die Vorlage betreffend das Mietrechtsgesetz anlangt, wird meine Fraktion auch ihr zustimmen. Ähnlich wie beim vorangegangenen Tagesordnungspunkt muß freilich auch zu diesem Gesetzesvorhaben angemerkt werden, daß ein umsichtiges und sorgfältiges Vorgehen diese Novelle erübrigt hätte. Allerdings muß hier nicht nur dem Nationalrat ein Vorwurf gemacht werden, sondern ebensosehr dem für die letzte Novellierung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes zuständigen Ressort, dem Bundeskanzleramt.

Der neugefaßte § 82 Abs. 7 AVG in der Fassung der Novelle 1998 ließe nämlich ab dem 1. 1. 1999 zahlreiche mit seinem Inhalt unvereinbare Verweisungen des § 39 Abs. 3 MRG, der für das Verfahren vor den Schlichtungsstellen maßgeblich ist, außer Kraft treten. Den Verfassern der AVG-Novelle 1998 ist, so meine Kritik, ganz offensichtlich die Auswirkung auf andere Verfahrensregelungen, insbesondere auf jene für die Schlichtungsstellen, völlig entgangen. Denn gemäß § 39 Abs. 3 richtet sich das Verfahren zwar nach den Vorschriften des AVG, nach Satz 4 des Abs. 2 sind aber § 37 Abs. 2, Abs. 3 Ziffern 1 bis 14 und 19 sowie Abs. 4 MRG und damit zivilprozessuale Vorschriften sinngemäß anzuwenden.

In dieses Normengefüge und das dahinterstehende rechtspolitische Konzept wäre durch § 82 Abs. 7 AVG in seiner neuen Fassung erheblich eingegriffen. Das entsprach aber keineswegs der Regelungsintention des Gesetzgebers. Er hat diese unbeabsichtigten Konsequenzen schlicht und einfach übersehen.

Demnach geht es mit der gegenständlichen Vorlage um eine Nachbesserung beziehungsweise Reparatur. Sie gibt Anlaß, über die mangelnde Qualität unserer Gesetzesproduktion nachzudenken, die nicht zuletzt auf das Überhandnehmen von Anlaß- und Gelegenheitsgesetzgebung sowie auf tagespolitische Hüftschüsse zurückzuführen ist. Vielfach und so wohl auch im vorliegenden Fall beruhen die Mängel auch auf fehlender oder wenigstens unzureichender Koordination zwischen den sachlich betroffenen Ministerien. Meines Erachtens ist es nicht zuletzt im Hinblick auf verfahrensrechtliche Überschneidungen, insbesondere im Rahmen der sogenannten sukzessiven Zuständigkeit, ganz unerläßlich, die fachliche Abstimmung mit dem für das Zivilverfahren verantwortlichen Bundesministerium für Justiz zu suchen.

Die heute zu beschließende Korrektur macht sich die Übergangsvorschrift des § 82 Abs. 7 Satz 2 AVG zu eigen, wonach die Derogation aller abweichenden Bestimmungen dann nicht gilt, wenn die betreffende Norm nach dem 30. Juni 1998 kundgemacht worden ist. Mit anderen


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Worten wird der erneut eher peinliche Ausweg gewählt, etliche bereits dem geltenden Rechtsbestand angehörige Regelungen inhaltsgleich nochmals zu erlassen, um sie solcherart gegen ihre Derogation kraft § 82 Abs. 7 AVG zu immunisieren.

Es wäre allerdings unfair, diese Novellierung des MRG auf eine bloße Aktion zur Rettung des Verfahrens vor den Schlichtungsstellen in seiner herkömmlichen Gestalt zu reduzieren. Das Bundesministerium für Justiz war nämlich elegant und hat die Novelle zugleich dazu genutzt, einige Klarstellungen und Änderungen des geltenden Rechtes vorzunehmen.

Aber auch in bezug auf sie bin ich nicht frei von Kritik, kommt doch in ihnen ein kasuistischer Regelungsperfektionismus zum Ausdruck, der sich erübrigen würde, hätte man nur ausreichendes Vertrauen in eine vernünftige Auslegung und Handhabung der Gesetze durch die Organe der Rechtsanwendung.

Als echte Verbesserung sehe ich es lediglich an, daß die Frist zur Anrufung des Gerichtes auf vier Wochen verlängert wird und künftig stets erst ab Zustellung der Entscheidung der Schlichtungsstelle an die Partei zu laufen beginnt. Das ist zweifellos eine Verbesserung des Rechtsschutzes.

Abschließend frage ich mich daher, ob der Gesetzgeber sogar schon an allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen zweifelt, wenn er meint, diese in konkreten Bestimmungen klarstellen zu müssen, oder ob ihm jedes Vertrauen in eine vernünftige Interpretation und Rechtsanwendung durch die zuständigen Entscheidungsorgane abhanden gekommen ist. Die Gefahr solcher Gesetzeskasuistik erblicke ich nämlich darin, daß sie den Rechtsanwender allzusehr einer eigenverantwortlichen Reflexion entwöhnt und ihm den zumeist in der Sache nicht begründeten Umkehrschluß aus einer für den vom Gesetzgeber nicht bedachten Einzelfall dann immer noch fehlenden Detailregelung nahelegt.

Ungeachtet dieser legislativpolitischen und methodischen Einwände gegen eine überhandnehmende kasuistische Regelungstechnik werden wir auch dieser Gesetzesvorlage zustimmen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.46

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Bundesminister.

18.46

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum vorliegenden Gesetzesbeschluß des Nationalrates gibt es kaum etwas über das schon Gesagte hinaus zu erwähnen. Es handelt sich um ein zeitliches Vorziehen eines größeren Vorhabens, das, um Derogationswirkungen zu vermeiden, nun vor dem 1. Jänner beschlossen werden muß. Daß wir das zum Anlaß genommen haben, gewisse rechtstechnische Klarstellungen und, wie wir es meinen, Verbesserungen vorzunehmen, möge nicht allzusehr kritisiert werden. Gerade dieser Bereich wird auch von Nichtfachleuten angewendet. Daß wir es auch dazu benutzt haben, eine gewisse Harmonisierung mit den Fristen der Zivilprozeßordnung herbeizuführen, stellt meines Erachtens einen Fortschritt dar.

Weil mich aber Herr Bundesrat Linzer herausgefordert hat, möchte ich doch ein paar Worte zu dem weitergehenden Vorhaben sagen. Inhaltlich wurde schon vieles erwähnt. Wir haben diesen weitergehenden Gesetzentwurf Anfang Dezember zur Begutachtung versendet. Gegenstand dieses Entwurfes, wie Sie daraus entnehmen können, sind einige punktuelle, aber keineswegs unbedeutende Neuerungen und Adaptierungen im Themenkreis der Bewirtschaftungskosten. Es geht dabei um die Abrechnung und die Aufteilung dieser Bewirtschaftungskosten, insbesondere um ineinandergreifende Ergänzungsregelungen im Miet- und im Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht. Das im einzelnen nun auszuführen, ginge zu weit. Ich meine aber doch, daß es sinnvoll ist, bei dieser in jeder Hinsicht sensiblen Materie ein Begutachtungsverfahren durchzuführen. Wir werden nach Ablauf der Begutachtungsfrist Ende Jänner eine Überarbeitung vornehmen und dann eine Regierungsvorlage einbringen.


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Ich darf aber vielleicht noch einen Schritt weitergehen und bei dieser Gelegenheit sagen, daß das Bundesministerium für Justiz über diese beiden Gesetzesvorhaben, die vorliegende Mininovelle und die in Begutachtung versandte kleinere Novelle, hinaus plant, im Laufe des kommenden Jahres einen grundlegenden Reflexionsprozeß auf breiter Basis über eine durchgreifende Erneuerung des Wohnrechtes einzuleiten. Am Ende dieses Diskussionsgeschehens sollen eine Vereinfachung und Konsolidierung dieses wichtigen Rechtsbereiches, vor allem auch in Richtung einer vertikalen Harmonisierung und unter grundsätzlicher Erhaltung der elementaren mietenschutzrechtlichen Instrumentarien im gebotenen Ausmaß, stehen.

Nach den derzeitigen Überlegungen im Ressort soll dieses Vorhaben von einem breit angelegten und inhaltlich weit gefächerten rechtswissenschaftlichen Symposion seinen Ausgang nehmen und allenfalls durch die Einsetzung einer Reformkommission vorangetrieben werden.

Meine Damen und Herren! Sie sehen also aus diesen Äußerungen, daß es auch im Bereich des Mietenrechtes keinen Stillstand in der Justizpolitik gibt und wir in dieser sensiblen, heiklen und unübersichtlich gewordenen Materie versuchen wollen, eine gewisse Neuordnung hineinzubringen. – Danke sehr. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie Beifall des Bundesrates Dr. Böhm. )

18.50

Präsident Alfred Gerstl: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

25. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 27. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bewertungsgesetz 1955, das Grundsteuergesetz, das Gebührengesetz 1957, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Kapitalverkehrsteuergesetz, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, das Ausfuhrerstattungsgesetz, das Bundesgesetz, mit dem Beihilfen im Gesundheits- und Sozialbereich geregelt werden, das Investmentfondsgesetz 1993, das Mietrechtsgesetz und das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 1998, AbgÄG 1998) (1471 und 1505/NR sowie 5840/BR der Beilagen)

26. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 27. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz geändert wird (Finanzreformgesetz 1998) (1466 und 1507/NR sowie 5841/BR der Beilagen)

Präsident Alfred Gerstl: Wir gelangen nun zu den Punkten 25 und 26 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

das Abgabenänderungsgesetz 1998, AbgÄG 1998 und

das Finanzreformgesetz 1998.


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647. Sitzung / Seite 159

Die Berichterstattung über die Punkte 25 und 26 hat Herr Bundesrat Johann Kraml übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Johann Kraml: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Beide Berichte liegen Ihnen schriftlich vor.

Der Finanzausschuß hat zu beiden Vorlagen mit Stimmenmehrheit den Antrag gestellt, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Alfred Gerstl: Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Walter Scherb. Ich erteile ihm dieses.

18.52

Bundesrat Mag. Walter Scherb (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zunächst möchte ich auf das Abgabenänderungsgesetz 1998 eingehen.

Der erste Kritikpunkt ist ein allgemeiner, der von uns schon bei vielen Gesetzesvorlagen vorgebracht wurde und leider immer wieder vorgebracht werden muß: Dieses Gesetz, mit dem 13 Bundesgesetze in einem novelliert werden, ist kompliziert, schwer lesbar, unüberschaubar und trägt dadurch zur Rechtsunsicherheit bei.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Dieses Gesetz zeigt leider wieder, wie bürgerfern Sie in vielen Bereichen agieren, weil dadurch die gesamte Steuergesetzgebung noch weiter unnötig verkompliziert wird.

Diese Kritik wird aber nicht nur von uns geäußert. Ich darf dazu eine Stellungnahme des unabhängigen Institutes für Zivilrecht an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck zitieren: Wie alle Abgabenänderungsgesetze der letzten Jahre sieht der vorliegende Entwurf Novellen zu nicht weniger als 13 Bundesgesetzen vor, was keinesfalls zur Übersichtlichkeit beiträgt und somit gewiß nicht dem Erfordernis einfacherer Gesetze und damit dem leichteren Zugang zum Recht dient. – Zitatende.

Soweit zum allgemeinen.

Nun zu den inhaltlichen Kritikpunkten, zum Gebührengesetz. Der bürokratische Aufwand, den die Vergebührung verursacht, ist durch die relativ geringen Gebühreneinnahmen nicht zu rechtfertigen. Gebühreneinnahmen dienen vorwiegend dazu, den bürokratischen Aufwand des Einhebens zu finanzieren. Außerdem wirken viele Gebühren äußerst wirtschaftshemmend, die Kreditgebühr von 0,8 Prozent zum Beispiel wirkt wirklich wirtschaftshemmend. Bei Kontokorrentkrediten, die länger als fünf Jahre laufen, sind nach fünf Jahren noch einmal 0,8 Prozent zu bezahlen.

Im Gebührengesetz wird auch die Mietvertragsgebühr neu geregelt. Mieter von Geschäftslokalen und Personen, die befristete Mietverträge abgeschlossen haben, werden hier kraß benachteiligt. Für Wohnungen gibt es richtigerweise maximal den dreifachen Jahresmietwert als Bemessungsgrundlage. Für Geschäftsmieten ist das jedoch nicht der Fall. Bei Geschäftsmieten kann eine Gebühr bis zur Höhe des 18fachen Jahresmietwertes vorgeschrieben werden. Es ist wirklich nicht einzusehen, warum Geschäftsmieten so sehr anders zu behandeln sind als Wohnungsmieten.

Weiters ist nicht einzusehen, daß Menschen, die nur befristete Mietverträge haben, hinsichtlich der Mietvertragsgebühr diskriminiert werden. Wenn ein Mieter einen befristeten Mietvertrag auf drei Jahre abschließt, dann ist die Bemessungsgrundlage die Mietvertragsgebühr. Wird dem Mieter dann der Mietvertrag durch den Vermieter nochmals um drei Jahre verlängert, muß er nochmals für drei Jahre Bemessungsgrundlage Mietvertragsgebühr bezahlen. Wenn ein Mieter die Möglichkeit hat, von vornherein einen unbefristeten Mietvertrag abzuschließen, sind nur


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insgesamt für drei Jahre Bemessungsgrundlage die Mietvertragsgebühren zu entrichten. Durch diese Bestimmung werden Menschen, die nicht die Möglichkeit haben, einen unbefristeten Mietvertrag zu erhalten, vom Gesetz her nochmals benachteiligt.

Der nächste Kritikpunkt richtet sich gegen die Änderung des Bausparkassengesetzes. Hier kritisieren wir vor allem diese Ho-ruck-Politik, die von der Regierung im Bereich des Bausparens vollzogen wird: Zunächst wird das Bausparen unattraktiver gemacht, indem die Prämie reduziert wird, wodurch sich der Herr Finanzminister 400 Millionen Schilling erspart hat, und jetzt, da man sieht, daß das Bausparen doch nicht zum Sterben verurteilt werden soll, erhöht man die Bemessungsgrundlage, um Akzente in die Gegenrichtung zu setzen, was den Finanzminister wieder 300 Millionen Schilling kostet.

Durch die Erhöhung der Bemessungsgrundlage werden jedoch die kleineren Sparer, die sich die erhöhten Beiträge nicht leisten können, benachteiligt, da sie nicht in den Genuß der vollen Prämie kommen. Dieses Bausparkassengesetz ist daher aus unserer Sicht gegen den kleinen Sparer gerichtet, für den das Bausparen ursprünglich eigentlich bestimmt war.

Es wäre viel besser gewesen, wenn die Prämie von Haus aus nicht reduziert worden und die Bemessungsgrundlage auf dem ursprünglichen Stand geblieben wäre, weil dann eine für breite Bevölkerungsschichten äußerst attraktive Sparform nachhaltig und konstant attraktiv gewesen wäre.

Mein nächster Kritikpunkt richtet sich gegen die Verschärfung der Finanzstrafbestimmungen. Da wird das Pferd von der falschen Seite aufgezäumt. Wie schon zu Beginn meiner Rede von mir kritisiert, werden vor allem die Finanzgesetze immer komplizierter, undurchsichtiger und bürgerferner. Durch diese stetige Verkomplizierung der österreichischen Gesetzgebung und die hohe Steuer- und Abgabenlast kommt es natürlich bewußt oder unbewußt zu Steuervergehen. Die Bundesregierung versucht nun, durch stärkere Strafen die Auswirkungen einer fehlgeschlagenen, falschen Steuerpolitik in den Griff zu bekommen, anstatt die Ursachen zu bekämpfen. Die Ursachen könnten mit einem überschaubaren, neuen, fairen und klaren Steuermodell bekämpft werden. In diesem Bereich gehen wir in Österreich leider den falschen Weg.

Aufgrund der von mir angeführten Kritikpunkte stimmen wir dem Abgabenänderungsgesetz nicht zu.

Dem Finanzreformgesetz stimmen wir ebenfalls nicht zu, weil wir von der Regierung zuerst ein Gesamtkonzept für eine Reform verlangen, bevor wiederum völlig unkoordinierte Einzelreformschritte gesetzt werden, die zu keiner nachhaltig optimalen Lösung führen. Im Ausschuß wurde uns vom zuständigen Beamten der Eindruck vermittelt, daß in diesem Bereich kein klares Konzept vorliegt. Und ich glaube, die Damen und Herren von der ÖVP, die auch den Ausschuß besucht haben, können mir da zustimmen. Wir sind dann für ein Reformgesetz, wenn Sie uns zuerst ein schlüssiges Reformkonzept vorstellen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.00

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Alfred Schöls. Ich erteile ihm dieses.

19.01

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich in meinen Ausführungen auf die vorliegende AVOG-Novelle beziehen und vorweg sagen, daß es mir leid tut, dieser vorliegenden Novelle nicht zustimmen zu können.

Bedauerlicherweise hat man nämlich zum einen versucht, Dinge miteinander zu vermischen, die nichts miteinander zu tun haben, und zum anderen – da bin ich bei Kollegen Scherb – war für mich die Auskunft im Ausschuß nicht nur unbefriedigend, sondern auch provokant. Wenn ein hochqualifizierter Beamter des Finanzministeriums dann, wenn ein frei gewählter Abgeordneter Zahlen im Zusammenhang mit der Personaleinsparung verlangt, zur Antwort gibt: Dann werde ich euch halt irgendwelche Zahlen liefern!, dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, fühle ich mich als frei gewählter Abgeordneter gefoppt.


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647. Sitzung / Seite 161

Mir tut es leid, daß ich das als Interessenvertreter der öffentlich Bediensteten sagen muß. Ich sage aber gleich dazu, es handelt sich da sicherlich um Einzelfälle. Ich weiß ansonsten die Qualität der öffentlich Bediensteten zu schätzen, und ich würde bitten, daß alles unternommen wird, daß frei gewählten Abgeordneten, aber nicht nur diesen, sondern auch der Öffentlichkeit, den Bürgern nicht mehr solche Auskünfte gegeben werden, denn dadurch, daß man mit einer derartigen Arroganz über etwas hinwegfährt und erklärt: Sie bekommen halt irgend etwas, so nach dem Motto "Friß oder stirb!" – das sage ich jetzt als Beamter –, leisten wir dem Berufs-stand des öffentlichen Dienstes keinen guten Dienst. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ und der Freiheitlichen.)

In dieser Novelle ist die Umstellung bei den Gebühren und bei den Verkehrssteuern geregelt. Das ist durchaus positiv und auch dringend notwendig. Es ist auch die Verlagerung der steu-erlichen Zuständigkeiten für juristische Personen im Bereich des Bundeslandes Wien weg vom Finanzamt für Körperschaften hin zu den Wienern Finanzämtern mit allgemeinem Wirkungs-bereich, die da vorgesehen ist, eine durchaus positive Regelung.

Was für mich und für die Kollegen der Österreichischen Volkspartei aus Niederösterreich der Grund ist, daß wir dieser vorliegenden AVOG-Novelle nicht zustimmen können, ist der Umstand, daß auf die besondere niederösterreichische Situation nicht Rücksicht genommen wird. Ich hoffe, daß den Mitgliedern dieses Hauses hier bekannt ist, daß das größte österreichische Bundesland keine eigene Finanzlandesdirektion hat, und daher treffen jene Regelungen, die im Oberbau der Finanzlandesdirektion landen, das Bundesland Niederösterreich besonders schwer. Daher trifft uns auch die Strukturreform, daß ein Finanzamt, das zwar keine homogene, aber eine gewachsene Bezirksstruktur, nämlich den Bezirk Wien-Umgebung, hat, aufgelöst werden soll und in einem Organisationsbereich eines anderen Bundeslandes aufgehen soll, schwer.

Aus diesem Grund haben auch die ÖVP-Bundesräte aus Niederösterreich heute einen Selbständigen Antrag eingebracht, der zum Ziel hat, Niederösterreich eine eigene Finanzlandes-direktion zu geben – im Sinne echter Bürgernähe. Die APA-Aussendung vom 29. Oktober 1998, wonach angeblich die Zerschlagung des Finanzamtes Wien-Umgebung und die Eingliederung in drei Wiener Bereiche mehr Bürgernähe brächte, empfinde ich wirklich als Hohn, vor allem wenn wir vorschlagen, die Strukturen, die es im Bundesland Niederösterreich auch für den Bezirk Wien-Umgebung gibt, zu nutzen und den Gerasdorfern, den Schwechatern, den Purkersdorfern und den Klosterneuburgern im Sinne echter Bürgernähe eine entsprechende Möglichkeit zu geben. (Beifall bei der ÖVP.)

Das war auch Inhalt des Antrages, den unser Kollege Dr. Höchtl im Nationalrat eingebracht hat und der auch dort zur Behandlung steht. – Das also verstehen wir unter Bürgernähe.

Hohes Haus! Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Das Argument, daß es durch die Auflösung des Finanzamtes Wien-Umgebung und die Eingliederung in drei Wiener Ämter tatsächlich zu Personaleinsparungen kommt, entbehrt jeder Grundlage. Denn die derzeitigen Personalkürzungen, die es aufgrund des Ministerratsbeschlusses in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes gibt und die im Bereich des Bundesministeriums für Finanzen dazu geführt haben, daß vom Jahr 1994 bis zum Jahr 1998 der Dienstpostenplan von 14 089 auf 12 448 Be-dienstete gekürzt wurde, hat nichts damit zu tun, daß das Finanzamt Wien-Umgebung auf drei Wiener Finanzämter aufgeteilt wird oder daß die Betreuung der Bürger in anderen Bereichen vorgenommen wird. Es hat lediglich dazu geführt, daß es auf Bundesebene zu einer Perso-nalkürzung gekommen ist, während es in der Zentralstelle – ich verwende jetzt einmal diesen plakativen Ausdruck und bezeichne das als "Wasserkopf" – zu einer Aufstockung von 933 auf 1 026 Bedienstete gekommen ist. Das heißt also, auch da ist das Argument, daß es, um Personal einzusparen, notwendig ist, das Finanzamt Wien-Umgebung auf drei Wiener Finanz-ämter aufzuteilen, falsch, genauso wie der ins Treffen geführte Hausverkauf nach Absiedlung der Dienststelle des Finanzamtes für den 1. Bezirk überhaupt nichts mit der Auflösung des Fi-nanzamtes Wien-Umgebung zu tun hat und nach Umstellung im KöSt-Bereich jederzeit statt-finden kann.


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 162

Hohes Haus! Meine sehr geschätzten Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich habe versucht, einige Punkte anzusprechen, die vielleicht den Eindruck erwecken, daß nur Niederösterreich davon betroffen ist. Es ist aber eine Tatsache, daß von den in der Novelle, im § 8, vorgesehenen Änderungen, wonach Betriebe von juristischen Personen, sofern sie gewisse Größenmerkmale erfüllen, von den Ämtern mit allgemeinem Aufgabenbereich abgezogen werden und für sie ein Finanzamt am Sitz der Finanzlandesdirektion zuständig ist, auch andere Bundesländer betroffen sein könnten.

Jetzt bin ich wieder bei der niederösterreichischen Situation. In Niederösterreich bedeutet diese Änderung, daß es im Waldviertel, in allen Waldviertler Ämtern – ich bedauere zutiefst, daß Kollege Winter jetzt nicht anwesend ist –, zu einer Ausdünnung kommt und daß in der Zentralstelle in Wien die Agenden Niederösterreichs in diesem Bereich landen. Das, was heute für Baden, was heute für Wien-Umgebung, für Mödling gilt, kann morgen durchaus auch für Finanzämter in anderen Bundesländern Gültigkeit haben, und dadurch wird es dort zu einer Aus-dünnung kommen. – Auf diesen Punkt haben auch die Kollegen des gewerkschaftlichen Be-triebsausschusses des Finanzamtes Wien-Umgebung hingewiesen.

Ich sage noch einmal, es handelt sich da um keine parteipolitische Aktion, weil sich die Vertreter aller drei in der Personalvertretung vertretenen Fraktionen, also sowohl die christliche Fraktion als auch die sozialdemokratische Fraktion und der Vertreter der A&F-Bewegung, dem Bestreben angeschlossen haben, einer Zerschlagung der Finanzstruktur Einhalt zu gebieten.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Es tut mir aufrichtig leid, daß ich die-ser vorliegenden Novelle zum AVOG nicht die Zustimmung erteilen kann. Ich stelle den Antrag, eine namentliche Abstimmung über dieses Geschäftsstück durchzuführen, und würde bitten, daß sich im Sinne des Föderalismus viele diesem Antrag anschließen und der vorgesehenen Novelle aufgrund der vorgesehenen Strukturmaßnahmen die Zustimmung verweigern. (Beifall bei der ÖVP.)

19.12

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Johann Grillenberger. Ich erteile es ihm.

19.12

Bundesrat Johann Grillenberger (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mit diesem Abgabenänderungsgesetz wird meiner Meinung nach eine Reihe von Steuergesetzen vereinfacht, und es wird mit der notwendigen Anpassung doch auch etwas verbessert.

Ich weiß schon, wenn man in der heutigen Zeit von Steuern hört, denkt jeder an die Steuer-reform. Viele werden zu Steuerexperten, und ich glaube, so manche wissen es besser als die Fachleute. – Das ist nur meine subjektive Betrachtung der zurzeit aktuellen Steuerdiskussion.

Ich werde versuchen, nur am Rande auf einige Punkte des vorliegenden Abgabenänderungs-gesetzes einzugehen.

Der Verfassungsgerichtshof hat das steuerliche Abzugsverbot für die Jubiläumsgeldrückstellung aufgehoben. Es soll daher eine positiv-rechtliche Verankerung der Rückstellungsbildung erfolgen. Weiters sollen die Rahmenbedingungen festgelegt werden, unter denen die Rückstellung gebildet werden kann. Des weiteren soll die Frist zur Verwendung in der Vergangenheit steuerfrei gebildeter Mietzinsreserven um ein Jahr verlängert werden. Das bietet die Möglichkeit, diese Mietzinsreserven bis Ende des Jahres steuerfrei aufzulösen. Mit der Verlängerung um ein Jahr sollte auch ein wesentlicher Impuls für die Bauwirtschaft im Hinblick auf Investitionen gegeben werden.

Mit den weiteren Änderungen des Körperschaftsteuergesetzes und des Umgründungssteuergesetzes sowie des Gebührengesetzes wurden weitere wesentliche Vereinfachungen angestrebt.


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 163

Meine Damen und Herren! Mit der Änderung des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes sollen organisatorische Maßnahmen im Interesse einer schlanken und bürgernahen Finanzver-waltung ermöglicht werden. Es ist schon klar, daß man nach einer effizienten Verwaltung trach-ten soll und trachten muß, aber man sollte nicht schon vorher mit Gegenwehr drohen. Herr Kollege Schöls! Ich weiß, daß in einer Brust zwei Seelen wohnen, daß man sich da etwas schwertut. Ich glaube, wir alle in diesem Haus haben diesen Brief – ich nehme an, Sie haben diesen Brief angesprochen – erhalten, in dem auf die Problematiken in den einzelnen Finanzämtern hingewiesen wird. Ich habe auch Verständnis für die Sorgen und Ängste der Bediensteten, aber meines Wissens hat der Herr Finanzminister erklärt, daß keine Finanzämter geschlossen oder aufgelöst werden. (Zwischenruf.) Ich glaube doch, daß es so ist. So habe ich es gehört und auch gelesen. Es werden nur einige in ihrer Funktion verändert. Ich glaube, in der heutigen Zeit, im Zeitalter der EDV und so mancher Umstrukturierungen – auch in der Privatwirtschaft – muß es möglich und zumutbar sein, durch Absprachen mit der Personalvertretung einen gangbaren Weg zu finden.

Wenn ich mir die Aufteilung der einzelnen Ämter ansehe, so glaube ich sagen zu können, daß in manchen Bereichen aufgrund der Verkehrsstruktur und Raumaufteilung eine effizientere und auch für den Kundenkontakt zumutbare Aufteilung gegeben ist. Ich glaube, ich brauche nicht näher darauf einzugehen, welches Finanzamt wofür zuständig ist, aber angesichts der heutigen Verkehrs- und Infrastruktur glaube ich doch, daß diese Aufteilung zumutbar ist.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß man dieser Vorlage die Zustimmung erteilen kann. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.16

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Giesinger. Ich erteile es ihr.

19.16

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Auch ich möchte heute kurz etwas dazu sagen, was sich im Rahmen der Beratungen des Finanzreformgesetzes im Ausschuß des Bundesrates abgespielt hat.

In der Regierungsvorlage steht unter Kosten – ich zitiere wörtlich –: Mit der Novelle erfolgt eine Umverteilung der Aufgaben im Bereich der Wiener Finanzämter, die zugleich mit Personal-einsparungen verbunden ist (zirka 12 Planstellen im Bereich des bisherigen Finanzamtes Wien-Umgebung). Weiters wird ein Gebäude in Innenstadtlage, Riemergasse, freigemacht. Diesen Einsparungen stehen lediglich einmalige Übersiedlungs- und Investitionskosten gegenüber.

Ich habe im Ausschuß gefragt, wieviel das konkret in österreichischen Schilling ausmacht. Daraufhin hat der zuständige Beamte ein bißchen herumgeredet, sich ausgeredet, und auf meine mehrmaligen konkreten Fragen sagte Sektionschef Kallina: Wir haben das gar nicht ausgerechnet.

Ich bin sehr schockiert darüber, daß ein Finanzministerium, das Budgets und Voranschläge er-stellt, Regierungsvorlagen ausarbeitet und nach Effizienz trachtet, sich nicht ausrechnet, was das konkret an Einsparungen bringt und an Umsiedlungs- und Investitionskosten bedeutet.

Herr Finanzminister! Ich frage mich, wie dann überhaupt Budgets und Voranschläge erstellt werden. Wenn wir in den Betrieben so arbeiten würden, wären wir schon längst im Bankrott. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Mag. Gudenus: Sie sagen es!)

Ich bedauere zutiefst, daß uns im Bundesratsausschuß solche Auskünfte gegeben werden, und ich ersuche, daß in Zukunft im Finanzministerium solche Dinge nicht mehr passieren, und daß bei Regierungsvorlagen – das ist auch schon Gesetz – auch die Kosten berechnet werden. Sonst muß ich annehmen, daß dieses Gesetz eigentlich nur ein politisches Gesetz ist und nicht wirklich das Gesetz, das als Begründung geschrieben steht. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 164

Herr Finanzminister! Ich denke, daß Sie meine Ausführungen verstehen werden. Ich glaube, Sie würden das auch so sehen, wenn Sie das miterlebt hätten. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

19.19

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Bundesminister.

19.19

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst einmal entschuldigen, daß ich erst jetzt gekommen bin, aber ich hatte eine Verpflichtung wahrzunehmen, die ich vor drei Monaten eingegangen bin. Es war vom Zeitablauf her nicht abzuschätzen, daß diese Tagesordnungspunkte schon jetzt behandelt werden. Sie sind nach meiner Einschätzung heute extrem schnell "unterwegs" (Heiterkeit) , und daher bin ich zu spät gekommen. Ich bitte vielmals um Entschuldigung.

Ich möchte aber gerne einige Bemerkungen zum Finanzreformgesetz machen und vorerst einmal die Veränderung im Finanzamt Wien-Umgebung ansprechen. Es geht nicht darum, irgend jemanden in seiner Befindlichkeit zu stören. Es geht auch überhaupt nicht darum, aufgrund von Prestigeüberlegungen etwa zu versuchen, Finanzämter, die Zuständigkeiten in irgendeinem Bundesland haben, in andere Bundesländer zu verlegen, sondern ich habe als Mitglied der österreichischen Bundesregierung den Auftrag, so wie in allen Bereichen, unter sorgfältigster Beachtung der Kostenminimierung bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Service für die Bürger unseres Landes auch an den Vollzug der Finanzangelegenheiten heranzugehen.

Nun ist es so, daß wir in der Tat im Bereich dieser Überlegungen sehr lange und intensive Diskussionen geführt haben. Ich stehe auch gar nicht an, hier deutlich zu sagen, daß etwa vor einem Jahr die Überlegungen bestanden haben, besonders kleine Finanzämter durch Zusammenlegung einzusparen. Das war eine reine von der Kostenseite her andiskutierte Variante, die wir aber relativ rasch, vor allem weil sie dem zweiten Aspekt, nämlich der Bürgernähe, nicht entsprochen hätte, ad acta gelegt haben.

Ich habe es wirklich sehr bedauert, daß ich trotz mehrfacher sehr deutlicher Klarstellung meinerseits, daß an keine Veränderungen im Hinblick auf die Auflösung irgendwelcher Standorte von Finanzämtern in Österreich gedacht ist, noch in den letzten Tagen von Bürgermeistern betroffener Gemeinden Briefe bekommen habe mit dem Inhalt, als ob das in dieser Vorlage noch immer enthalten wäre. Ich möchte in aller Deutlichkeit sagen, daß wir nicht die Absicht haben, irgendwelche Standorte von Finanzämtern aufzulösen.

Was nun den konkreten Fall betrifft, so ist er natürlich ein Ergebnis von Umstrukturierungsmaßnahmen. Es hat keinen Sinn, Betriebsprüfer etwa dort zu haben, wo keine Betriebe sind, aber dort, wo Betriebe sind, zu wenige Betriebsprüfer zu haben. Wir haben schrittweise auch im Bereich der GesmbHs, im Bereich der AGs und im Bereich der Gebührenämter fachliche Konzentrationen durchzuführen, wenn wir das wollen, was in der Öffentlichkeit eigentlich immer gefordert wird. Ich möchte dabei die Urheberschaft gar nicht für mich in Anspruch nehmen. Die Kosteneinsparung in der Verwaltung wird mir in durchaus sympathischer Weise immer wieder von meinem Koalitionspartner aufgetragen; das ist eine Angelegenheit vieler kleiner Schritte.

Das Finanzamt Wien-Umgebung befindet sich, wie Sie wissen, in Wien und nicht im Bezirk Wien-Umgebung. Dieses Finanzamt hat natürlich eine sehr wichtige und zentrale Aufgabe – das ist gar keine Frage. Aber wenn ich mir gerade den Aspekt der Bürgernähe vor Augen halte, dann kann mir als jemandem, der einmal für einen nicht unwichtigen Teil der Wiener Kommunalpolitik zuständig war, kein Nicht-Wiener – auch kein Wiener! – erklären, daß die Südosttangente eine besonders flotte Verkehrsverbindung ist. (Heiterkeit des Bundesrates Konecny. ) Das wird aber immer wieder in der Argumentation, warum dieses Finanzamt am jetzigen Standort bleiben muß, vorgebracht.

Es war daher die Überlegung, bei der Umstrukturierung der Finanzämter durch die Auflassung des Finanzamtes Wien-Umgebung und die Zuordnung zu anderen Finanzämtern einige Dienst


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posten einzusparen – konkret zwölf. Ich habe durchaus volles Verständnis dafür, daß die Be-diensteten des Finanzamtes Wien-Umgebung diese Entscheidung nicht schätzen; das verstehe ich. Wäre ich dort angestellt, würde ich das auch nicht schätzen. Wenn ich die Situation aber wieder unter dem Aspekt der Bürgernähe sehe, dann werden die Schwechater und die Schwadorfer weiterhin dort hinfahren müssen, wo sie jetzt hinfahren. Es kann mir niemand erklären, daß die Nußdorfer Straße in Wien weiter von Klosterneuburg und den erwähnten Orten entfernt ist als der dritte Bezirk. Es wird mir kein Mensch erklären können, wieso die Ullmannstraße nicht näher an Purkersdorf und diesen Orten liegt als der dritte Bezirk.

Das heißt, der Aspekt, sich relativ rasch zu seinem Finanzamt begeben zu können, ist gegeben. Als wir erstmals diese Entscheidung getroffen haben, hat es politische Irritationen gegeben. Ich war eigentlich der Meinung, daß das Problem im Dezember 1997 politisch außer Frage gestellt wurde, denn es haben nicht nur Bürgermeister aus dieser Gegend, die meiner politischen Partei angehören, diese Entscheidung begrüßt, sondern nicht zuletzt kann man auch vom Bürgermeister der Stadtgemeinde Klosterneuburg wörtlich in der Ausgabe des "Kurier" vom 12. Dezember 1997 – ich möchte Ihnen das nicht vorenthalten – folgendes nachlesen:

Auch Klosterneuburgs Stadtchef Gottfried Schuh ist erfreut: "Ein Lob an den Finanzminister für diese ausgezeichnete Lösung. Das Finanzamt rückt näher nach Klosterneuburg. Das ist gut für die Bürger." – Ich möchte auch gute Entscheidungen für die Bürger treffen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.27

Präsident Alfred Gerstl: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 27. November 1998 betreffend das Abgabenänderungsgesetz 1998.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorlie-genden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 27. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz geändert wird (Finanzreformgesetz 1998).

Es ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 2 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstim-mung durchzuführen.

Ich gehe daher so vor: Im Sinne des § 55 Abs. 5 erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführerinnen in alphabetischer Reihenfolge mit Ja oder Nein. Wer dafür ist, keinen Einspruch zu erheben, stimmt mit Ja, wer dafür ist, Einspruch zu erheben, stimmt mit Nein.

Ich ersuche nunmehr die Schriftführerinnen um Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.

19.29

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Voralberg) (zur Geschäftsbehandlung): Ich glaube, daß aus der Formulierung der Frage, wer mit Ja stimmt, stimmt für den Antrag des Ausschusses, keinen


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 166

Einspruch zu erheben, nicht im Umkehrschluß gefolgert werden kann, daß eine Nein-Stimme eine Stimme für einen Einspruch wäre, weil ein solcher Einspruch gar nicht als Antrag vorliegt.

19.29

Präsident Alfred Gerstl: Das ist nicht beantragt. (Unruhe im Saal.)

Das ist nicht beantragt. Es ist lediglich eine namentliche Abstimmung über das Finanzreformgesetz beantragt.

Mit einem Wort: Es wird so gemacht, wie ich es gesagt habe. (Allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei ÖVP und SPÖ.)  – Bitte sehr. (Über Namensaufruf der Schriftführerinnen Crepaz und Giesinger geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten mit "Ja" oder "Nein" bekannt.)

Präsident Alfred Gerstl: Ich gebe nunmehr das Abstimmungsergebnis bekannt. Es wurden 49 Stimmen abgegeben. Es entfallen auf den Antrag, keinen Einspruch zu erheben, 30 "Ja"-Stimmen und 19 "Nein"-Stimmen.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

*****

Mit "Ja" stimmten die Bundesräte:

Bieringer;

Crepaz;

Drochter;

Fischer;

Giesinger, Grillenberger;

Hager, Haselbach;

Jaud;

Kainz, Konecny, Kraml;

Dr. Liechtenstein, Dr. Linzer, Dr. Ludwig, Lukasser:

Meier, Dipl.-Ing. Missethon;

Payer, Pfeifer, Ing. Polleruhs, Prähauser, Pühringer;

Rauchenberger;

Schicker, Steinbichler, Mag. Strugl;

Vindl;

Weiss, Wolfinger.

Mit "Nein " stimmten die Bundesräte:

Dr. Böhm, Dr. Bösch;

Dr. d‘Aron;

Eisl;


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647. Sitzung / Seite 167

Ing. Grasberger, Mag. Gudenus;

Dr. Harring, Haunschmid, Hensler;

Mühlwerth;

Ram, Ramsbacher;

Schaufler, Mag. Scherb, Schöls;

Dr. Tremmel;

Weilharter, Wilfing, Windholz.

*****

27. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 27. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Richterdienstgesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Nebengebührenzulagengesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Pensionsgesetz 1965 und das Bundesfinanzgesetz 1999 geändert werden (1467 und 1506/NR sowie 5842/BR der Beilagen)

Präsident Alfred Gerstl: Wir gelangen nun zum 27. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Richterdienstgesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Nebengebührenzulagengesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Pensionsgesetz 1965 und das Bundesfinanzgesetz 1999 geändert werden

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Johann Grillenberger übernommen. Ich bitte um den Bericht. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Berichterstatter Johann Grillenberger: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Finanzausschusses liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 1998 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schöls. – Bitte.

19.36

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Dienst- und Besoldungsrecht der Richter und Staatsanwälte ist zuletzt im Jahre 1979 grundlegend reformiert worden. Im Laufe der Zeit hat sich einiges ereignet, und daher ist es notwendig geworden, einerseits entsprechende Anpassungen vorzunehmen und andererseits, dem Trend der Zeit entsprechend, für die Richter und Staatsanwälte ein neues Schema einzuführen, das davon ausgeht, daß zu Beginn der Berufslaufbahn die Einkommensverläufe etwas höher angesetzt sind, während sich gegen Ende das Schema ändert und nicht mehr eine Bewertung nach dem im alten System vorgesehenen Dienstaltersprinzip vorgesehen ist.


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Die abgeflachten Einkommensverläufe bedingen, daß keine gesetzliche Überleitung des Dienst-standes der Richter und Staatsanwälte in das neue System vorgesehen ist, jedoch eine Optionsmöglichkeit gegeben ist.

Darüber hinaus – das darf ich zum Schluß meines Redebeitrages noch anführen – möchte ich darauf hinweisen, daß man, weil gelegentlich der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und den öffentlich Bediensteten vorgeworfen wird, sie seien zu wenig flexibel und erkennen den Zeitgeist nicht richtig, jetzt zum ersten Mal im Gehaltssystem für den Bundesdienst beim neuen Richtersystem von den traditionellen Biennalsprüngen abgegangen ist und hin zu den Quadriennien geht, daß also alle vier Jahre die Gehälter erhöht werden. Das ist neben dem bereits eingangs erwähnten Punkt, daß sich die Einkommensverläufe verändern und die Einstiegsbezüge angehoben werden, ein Ansatz, der die Volkspartei und mich persönlich dazu veranlaßt, dieser vorliegenden Novelle die Zustimmung zu erteilen.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit doch darauf hinweisen, daß wir alle gefordert sind, in den Gerichten speziell auch für das nichtrichterliche Personal entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Denn wir nehmen für uns zu Recht in Anspruch, daß wir ein funktionierender Rechtsstaat sind, und daher ist es auch notwendig, daß die personellen Rahmenbedingungen dementsprechend geschaffen werden. Es ist nicht damit getan – was ganz wichtig ist –, daß wir nur für die Richter entsprechende monetäre Voraussetzungen schaffen, sondern wir müssen auch versuchen, beim nichtrichterlichen Personal da und dort Nachbesserungen vorzunehmen.

Nichtsdestotrotz werden die Volkspartei und auch ich aus frohem Herzen und mit guter Über-zeugung dieser Vorlage die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.39

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Pfeifer. – Bitte.

19.40

Bundesrat Josef Pfeifer (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich schließe mich den Ausführungen meines Vorredners vollinhaltlich an und bin überzeugt davon, daß dieses Gesetz beziehungsweise diese Novelle oder Neuregelung auch richtig ist.

Wir sagen vor allem deshalb zu allem, was gesagt wurde und wird, ja, weil das Richterdienst-gesetz unter Einbeziehung der betroffenen Berufsgruppe zustande gekommen ist und unter anderem gerade jungen Richtern sehr stark entgegenkommt, denn auch jüngere Richter haben eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe und arbeiten sehr verantwortungsbewußt. Auch gesellschaftspolitisch ist es ein Schritt in die richtige Richtung.

Es sollten noch weitere ähnliche Gehaltsgrundlagen so gestaltet werden. Die SPÖ wird dem Antrag, keinen Einspruch zu erheben, die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

19.41

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes-rat Dr. Böhm. – Bitte.

19.41

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Den Anliegen dieser nicht uner-heblichen Neuordnung des Dienst- und Besoldungsrechtes für Richter und Staatsanwälte ist weitgehend zu folgen. Insbesondere geht es mit diesem Gesetzesvorhaben, wie wir schon gehört haben, darum, die Anfangsbezüge anzuheben und die Endbezüge abzusenken sowie das Biennal- durch ein Quadriennalsystem zu ersetzen.

Dieser insgesamt flachere Einkommensverlauf bei höherem Einstiegsgehalt und verringerten Endbezügen erscheint deshalb gerechter und motivierender, weil er sich weniger als bisher am


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647. Sitzung / Seite 169

Prinzip des reinen Dienstalters und mehr als derzeit an den Leistungsanforderungen orientiert, die vermehrt an die jüngeren Richter und Staatsanwälte gestellt werden.

Richtig ist auch das Bestreben, jene Bezugsbestandteile, die die richterliche oder staatsanwaltschaftliche Kernfunktion abgelten, in das Gehalt einzubeziehen und nur noch jene Zulagen aufrechtzuerhalten, die Aufgaben in der Justizverwaltung honorieren.

Richtern und Staatsanwälten des Dienststandes wird – das wurde auch schon gesagt –, die Option eingeräumt, in das neue Entlohnungssystem überzuwechseln. Andernfalls bleibt ihnen der alte Rechtsbestand gewahrt; in ihre Ansprüche, Laufbahnerwartungen und Lebensverdienstsumme wird somit nicht eingegriffen – eine ebenso gerechte wie verfassungsrechtlich einwandfreie Lösung, zu der der Gesetzgeber in der Vergangenheit nicht immer gefunden hat.

Gegenüber der Regierungsvorlage war es zweifellos auch eine sachlich gebotene Verbesserung, den Spitzenbezug für die Richter der Gehaltsgruppe R 3, Gehaltsstufe 8 auf den in der Bundesverwaltung erzielbaren Spitzenbezug eines Beamten der Funktionsgruppe IX anzuheben. Betrifft das doch Mitglieder des Obersten Gerichtshofes, also des Höchstgerichtes für Zivil- und Strafsachen, das auch über die Amtshaftung bei Rechtsverletzungen in der Vollziehung der Gesetze abspricht, und Richter des Verwaltungsgerichtshofes, also jenes Höchstgerichtes, das die Verwaltung kontrolliert.

Die prognostizierten Gesamtkosten – Mehrkosten von 60 bis 80 Millionen Schilling pro Jahr –, die diese Besoldungsreform nach sich ziehen wird, erscheinen mir im Hinblick auf die größere Entlohnungsgerechtigkeit, die Schaffung von Leistungsanreizen, nicht zuletzt aber auch auf den Stellenwert des Richteramtes für Staat und Gesellschaft sachlich vertretbar.

Ein Anliegen ist freilich offen geblieben, nämlich jenes, auf das der Vizepräsident des Verwaltungsgerichtshofes, Professor Dr. Pesendorfer, hingewiesen hat. In Ergänzung der besoldungsrechtlichen Vorschriften sollte in die Reisegebührenvorschrift 1955 ein Kostenersatz für Mitglieder der beiden genannten Höchstgerichte mit Hauptwohnsitz außerhalb der Bundeshauptstadt Wien aufgenommen werden. Denn es ist zwar in § 61 Abs. 1 Richterdienstgesetz die Verpflichtung jedes Richters vorgesehen, den Wohnsitz so zu wählen, daß er seinen Dienstpflichten ohne ungewöhnlichen Aufwand an Zeit und Mühe nachkommen kann; mit Recht hebt jedoch Pesendorfer hervor, daß gemäß § 33 Abs. 3 Richterdienstgesetz bei der Besetzung von Planstellen des Obersten Gerichtshofes auf Bewerber aus unterrepräsentierten Oberlandesgerichtssprengeln Bedacht zu nehmen ist und daß gemäß Artikel 134 Abs. 3 B-VG bei der Zusammensetzung des Verwaltungsgerichtshofes wenigstens der dritte Teil der Mitglieder die Befähigung zum Richteramt haben muß und wenigstens der vierte Teil aus Berufstellungen in den Ländern, womöglich aus dem Verwaltungsdienst der Länder, kommen soll.

Ohne eine entsprechende Entlastung von ihren Mehrkosten wird wohl eine ausgewogene Anzahl von geeigneten Bewerbern aus sämtlichen Bundesländern nicht zu erreichen sein. Dieses Ziel müßte uns aber gerade in diesem Hause als dem föderalistischen Prinzip verpflichtete Länderkammer ein echtes Anliegen sein, liegt doch derzeit – nicht zuletzt aus den angedeuteten Gründen – bei beiden Höchstgerichten der Anteil von Mitgliedern aus anderen Bundesländern als Wien und Niederösterreich unter 15 Prozent!

Alles in allem aber werden wir dieser Gesetzesvorlage gerne unsere Zustimmung geben. – Ich danke Ihnen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.45

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 170

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates – soweit er dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates – soweit er dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

28. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 27. November 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (937/A und 1489/NR sowie 5843/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 28. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Grillenberger übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Johann Grillenberger: Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Der Bericht liegt Ihnen, meine Damen und Herren, schriftlich vor.

Ich stelle daher folgenden Antrag: Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 1998 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Bundesrat Dr. Harring.

19.46

Bundesrat Dr. Peter Harring (Freiheitliche, Kärnten): Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Grundsätzlich halte ich die vorliegende Novelle zum Bundeshaushaltsgesetz für eine wichtige Materie. Bei erster Durchsicht dieser Vorlage ist man versucht, in vielen Bereichen zuzustimmen. So wird etwa schon im Allgemeinen Teil der Erläuterungen das Ziel definiert, das Budget- und Personalcontrolling zu verbessern. Das ist durchaus eine gute Sache, es war bisher durch Ministerratsbeschluß geregelt und wird nun im Bundeshaushaltsgesetz verankert.

Ebenso positiv, meine Damen und Herren, ist die Bestimmung im § 62, wonach die Finanzbehörde jetzt auf uneinbringliche Forderungen verzichten kann. Das ist im Wirtschaftsleben durchaus üblich, und man erspart sich in sinnlosen Fällen ein Verfahren und Kosten. Die einzigen, die dagegen sein könnten, wären die Anwälte.

§ 65c Z 1 können wir aber nicht zustimmen. Darin wird festgelegt, daß Kreditoperationen für sonstige Rechtsträger nicht als Finanzschulden des Bundes zu behandeln sind. Das heißt nichts anderes, liebe Kolleginnen und Kollegen, als daß die sogenannten "grauen" Schulden legitimiert werden. Das ist eine offene Verschleierung von Verbindlichkeiten, und dagegen kämpfen wir in den einzelnen Bundesländern schon seit vielen Jahren an. Wir meinen, daß beispielsweise eine Umschichtung von Bankschulden auf Leasingschulden, bei denen nur noch Leasingraten fällig sind, die aber im Saldo nicht aufscheinen, nicht in Ordnung ist.

Meine Damen und Herren! Wenn der Bund die Haftung für Verbindlichkeiten übernimmt, sind diese nach dieser Bestimmung keine Schulden mehr. In Bankbilanzen und anderen Bilanzen wird das als Eventualverbindlichkeit ausgewiesen. Das bedeutet letztlich, daß die Verbindlichkeiten und Schulden nicht mehr transparent sind, was auch der Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen kritisiert hat.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
647. Sitzung / Seite 171

Ich nenne Ihnen ein kleines Beispiel dazu: In unserem Bundesland Kärnten war viele Jahre hindurch die Wirtschaftsförderung selbstverständlich eine budgetwirksame Ausgabe. Das Land Kärnten hat jährlich Mittel aus dem Budgettopf in einer Größenordnung rund 300 Millionen Schilling zur Förderung der Wirtschaft eingesetzt. Vor vier bis fünf Jahren wurde nun ein privater Fonds gegründet, eine von der Politik etwas losgelöste Organisation, bei der die Politik jedoch natürlich immer noch mitredet. Diese "Kärntner Wirtschaftsförderung" vergibt jetzt natürlich gleich hohe Summen an Wirtschaftsförderung. Diese jährlich ausbezahlten 300 bis 350 Millionen Schilling sind – Herr Kollege Pfeifer wird mir darin sicherlich recht geben – jetzt nicht mehr budgetwirksam, weil die "Kärntner Wirtschaftsförderung" diese Summe jährlich aufnimmt und das Land Kärnten hiefür die Haftung übernimmt.

Da es in diesem Fall keine Rückzahlungen gibt, steigen die Verbindlichkeiten dieses KWF jährlich um 350 Millionen Schilling an. Sie liegen zurzeit bei 1,5 Milliarden Schilling, scheinen aber als Verbindlichkeiten des Landes Kärnten nirgends auf. Auf zehn Jahre extrapoliert sind das riesige Summen, die nicht im Budget aufscheinen, aber trotzdem Schulden sind, darin werden Sie mir recht geben. Die besagte Bestimmung in § 65 Z 1 ermöglicht diese Vorgangsweise auch auf Bundesebene. Das mag gut sein für die Einhaltung der Maastricht-Kriterien, das werden sicher auch andere Länder in Europa machen, und vielleicht wollte man sich nicht schlechter stellen.

Eine kurze Bemerkung noch zu § 17 Z 8, dem Controllingbeirat, der jetzt eingerichtet werden soll. Es hat mich die Bestimmung stutzig gemacht, daß dieser Controllingbeirat einstimmig zu entscheiden hat. Ich würde vom Finanzministerium gerne wissen, wie es funktioniert, wenn es keine Einstimmigkeit gibt. Man muß diesbezüglich schon eine Reihe von Erfahrungen haben, da es in anderen Fällen, etwa dem KRAZAF, ganz ähnlich funktioniert.

In diesem Zusammenhang gestatten Sie mir noch eine Bemerkung zur Kosten-Nutzen-Untersuchung, die im Prinzip gut, aber nicht ganz neu ist. Es steht in diesem Gesetz, daß es nun eine Kosten-Nutzen-Untersuchung geben wird, die allerdings schon jetzt gesetzlich vorgesehen ist, da schon bisher die Verpflichtung bestand, daß die bei der Vornahme von Kosten-Nutzen-Untersuchungen zu beachtenden Grundsätze, also quasi die Richtlinien, von der Bundesregierung auf Antrag des Bundesministers für Finanzen festzulegen sind.

Meine Damen und Herren! In einer Fußnote finden Sie, daß es das Bundesministerium für Finanzen bisher verabsäumt hat, diese Richtlinien festzulegen. In dieser Fußnote steht: "... weil die in Aussicht gestellten Richtlinien der Bundesregierung über die Erstellung der Kosten-Nutzen-Untersuchung noch nicht erlassen wurden." Das heißt, man hätte immer schon Kosten-Nutzen-Rechnungen anstellen können – was auch vernünftig gewesen wäre –, aber die dazu notwendigen Richtlinien wurden nicht festgelegt! Nun wird, quasi zur Beruhigung des schlechten Gewissens, neu ins Gesetz hineingeschrieben, daß es zu Kosten-Nutzen-Untersuchungen kommen werde. Bei ehrlichem Willen hätte man keine Worthülsen verwenden müssen, sondern ernsthaft etwas tun können. Wir hätten diese Bemühungen selbstverständlich als positiv anerkannt.

Als letztes darf ich noch eine kurze Bemerkung zur Flexibilisierung machen – auch das ist in dieser Novelle an sich sehr gut ausgeführt. Man muß nicht alles im gleichen Jahr ausgeben, das ist nicht notwendig, denn es kann auf das nächste Jahr übertragen werden. Das ist deshalb besonders gut, weil den Organen damit eine Ergebnisverantwortung aufgetragen wird, was für den Bundeshaushalt sicher eine ausgesprochen positive Sache ist. Diese Bestimmung wider-spricht aber den Budgetgrundsätzen, die im Bundes-Verfassungsgesetz festgelegt sind. Man hat also die Verbindung nicht geschafft, sodaß ich glaube, daß die Klausel über die Flexibilisierung zumindest in Teilen die Bundesverfassung konterkariert, wenn nicht sogar aufhebt!

Wir Freiheitlichen stellen schon seit einigen Jahren fest, daß es einen relativ lockeren Umgang mit Verfassungsbestimmungen gibt. Das ist auch der Grund, warum wir dem nicht zustimmen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.53


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
647. Sitzung / Seite 172

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Wünscht der Herr Minister das Wort oder nicht? – Ja!

Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. – Bitte.

19.53

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich möchte zunächst einmal zu Ihrem letzten Punkt, sehr geehrter Herr Bundesrat, eine Bemerkung machen, nämlich im Hinblick auf die Flexibilisierungsklausel und auf die Tatsache, daß Sie diese für verfassungsproblematisch halten. Sie haben damit natürlich völlig recht, sonst müßte man das nicht mit einer Verfassungsbestimmung beschließen.

Ich sage Ihnen ehrlich und offen, daß es mir ein großes Anliegen ist, im Budgetvollzug alle Mög-lichkeiten auszuschöpfen, die möglicherweise geeignet erscheinen, mit dem Steuergeld extrem sparsam umzugehen. So muß man diese Dinge auch sehen. Die Flexibilisierungsklausel ist ein Ver-such, und zwar ein befristeter Versuch. Wir haben sie absichtlich Experimentierklausel ge-nannt – ein Experiment kann natürlich auch mißlingen!

Die Überlegung, die dahintersteht, bezieht sich auf diese Maßnahmen, aber auch auf jene, die in einem anderen Gesetz im Hinblick auf die Bekämpfung des sogenannten Dezemberfiebers – das heißt: jeder versucht, noch schnell sein Geld auszugeben, sonst hat er im übernächsten Jahr geringere Ansätze – geregelt wurden. Das ist nichts Neues, das kennen Sie ja.

Als Finanzminister hat man es natürlich nicht leicht, solchen Beträgen hinterherzulaufen, denn meistens kommt man erst darauf, wenn sie schon weg sind. Daher halte ich es für wichtig, be-stimmte Felder des Budgetvollzugs, und zwar im Einvernehmen mit dem Fachminister, herauszufiltern, dieses Experimentierfeld klar zu umreißen und den Mitarbeitern zur Kenntnis zu bringen. Ich muß Ihnen ehrlich sagen, daß ich, wenn ich in einem solchen Bereich des Bundesdienstes tätig wäre, es eigentlich schon gerne hätte, daß es sichtbar ist, wenn ich tüchtig bin. Das spornt, so glaube ich, auch an.

Das heißt, mein – jetzt hätte ich fast hinterfotzig gesagt, aber dieses Wort liegt mir nicht – mein Gedanke im Hintergrund ist, daß ich Partner für die Sparsamkeit bekomme. Den Erfolg möchte ich teilen. Der Mitarbeiter soll davon etwas für seinen künftigen Bereich haben. Ich möchte aber für das Bundesbudget auch etwas haben. Entschuldigen Sie, Herr Bundesrat, aber wenn mir bei solch einem Experiment – vielleicht funktioniert es ohnehin nicht – die Verfassung im Weg steht, dann ist es meiner Ansicht nach wirklich kein Verfassungsbruch, wenn wir uns die Möglichkeit dazu verschaffen. Wenn wir nach drei Jahren draufkommen, daß das nichts war, dann war es halt nichts, und man wird es im vierten Jahr nicht mehr tun. Es ist aber zumindest ein Versuch.

Ich bin durchaus optimistisch. Aus der Art, wie die Gespräche anlaufen – denn es geht erst ab dem Budget 2000 –, habe ich den Eindruck, daß eine Reihe von Ressortkollegen extremes Interesse daran hat, solche Bereiche in ihrem Vollzug, innerhalb ihrer politischen Verantwortung festzusetzen. Auf Ihre Frage, was passiert, wenn der Beirat, der eine sehr kleine Gruppe ist, nicht einstimmig entscheidet, möchte ich Ihnen antworten: Das kann durchaus sein, dann passiert gar nichts, und es gibt eben keine Empfehlung des Beirates. Das ist ganz einfach! Ent-weder beide Ministerien und der Unabhängige sind der Meinung, dafür eine Empfehlung zu geben, oder sie sind es nicht, dann gibt es eben keine Empfehlung. Das spielt auch keine Rolle, denn man wird hinterher feststellen, ob das Experiment funktioniert hat. Der Beirat ist eigentlich so etwas wie – das ist vielleicht nicht ganz exakt, aber von der Philosophie her – eine begleitende Kontrolle, etwas, das gerade in Experimentierbereichen sehr wichtig ist.

Ich bedaure daher zutiefst, daß Sie diesem Versuch nicht zustimmen, weil eigentlich nichts passieren kann. Was kann passieren? – Es kann passieren, daß das Budget bis zum letzten Groschen ausgegeben wird oder aber in einzelnen Bereichen Budgetsummen übrigbleiben. Und das wäre etwas Gescheites! Es wäre durchaus überlegenswert, ob nicht auch Ihre Fraktion einer solchen gescheiten Überlegung zustimmt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Bundesrat Dr. Tremmel: Dann muß jede Seite etwas von der Einsparung haben!)

19.58


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
647. Sitzung / Seite 173

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

29. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert wird (1480 und 1536/NR sowie 5844/BR der Beilagen)

30. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 über eine Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden betreffend die Koordination der Haushaltsführung von Bund, Ländern und Gemeinden (Österreichischer Stabilitätspakt) (1517 und 1539/NR sowie 5845/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 29 und 30 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert wird, und

eine Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden betreffend die Koordination der Haushaltsführung von Bund, Ländern und Gemeinden.

Die Berichterstattung über die Punkte 29 und 30 hat Herr Bundesrat Grillenberger übernommen. Ich bitte um die Berichte.

Berichterstatter Johann Grillenberger: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Finanzausschusses liegt Ihnen schriftlich vor. Ich bringe den Antrag:

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 1998 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Tremmel.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
647. Sitzung / Seite 174

20.01

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister für Finanzen, der auf Partnersuche für seine Sparsamkeit ist! Wir werden sehen, ob er Partner findet oder ob er überhaupt Partner finden will.

Wenn ich mir diesen Stabilitätspakt anschaue, dann scheint die gemeinsame Haushaltskoordinierung vordergründig durchaus vernünftig zu sein. "Die Finanzausgleichspartner akkordieren ihre Haushalte mit dem Ziel der Einhaltung der Verpflichtungen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 17. Juni 1997." Bitte merken Sie: Europäische Union! Es geht um die "mittelfristige Orientierung der Haushalte" und um die "Erstellung des Stabilitätsprogramms". – Ich zitiere: "Bei der Erstellung des Stabilitätsprogramms wird der Bundesminister für Finanzen auf die Ergebnisse der Haushaltskoordinierung Bedacht nehmen." Unter dem Punkt "Aufteilung der Sanktionslasten" scheint es vordergründig auch vernünftig zu sein, daß 2,7 Prozent des BIP auf den Bund und die verbleibenden 0,3 Prozent auf Länder und Gemeinden entfallen, wobei die Länder 0,11 Prozent, Wien 0,09 Prozent und den Rest die Gemeinden übernehmen. Das wird als Reserve dargetan. Allfällige Defizitquoten sind von den jeweiligen Ländern und Gemeinden zu tragen. – All das scheint sehr vernünftig zu sein!

Etwas leidet da aber ganz besonders: Bei den ganzen Verhandlungen über Konsultationsmechanismus und Stabilitätspakt sind eigentlich die Parlamente, der Nationalrat und die Landtage, am Rande gestanden beziehungsweise wurden überhaupt erst im nachhinein informiert.

Ich habe mir ein Protokoll aus der Steiermark kommen lassen und kann darin feststellen, daß seitens der Klubobmänner bei der diesbezüglichen Beratung abermals betont wurde, daß ein Abschluß der Vereinbarungen bis Ende dieses Jahres erfolgen müsse, widrigenfalls werde der Konsultationsmechanismus vom Bund gekündigt. – Da hat der Herr Bundesminister für Finanzen die Länder ein bisserl in die Pflicht und in die Ziehung genommen, indem er sagt: Wenn ihr Länder nicht zustimmt – Länder ist vielleicht der falsche Ausdruck, exakt geht es um die Exekutivorgane der Länder –, dann wird der Bund das Ganze fallenlassen! Die Parlamente sind da überhaupt noch nicht einbezogen, obwohl die Partner dafür in der Verfassung vorgesehen sind. Ich muß sagen, daß dieser Stabilitätspakt letztlich dazu angetan ist – ich werde das später auch noch begründen –, daß Verfassungsbestimmungen derogiert werden.

Dann kommt man zum Verteilungsschlüssel.

Ich habe seinerzeit schon gesagt – nicht nur ich, sondern noch wesentlich Maßgeblichere und bessere Informierte, die das ganze Geschehen wirklich durchschauen –, daß in diesem Zusammenhang die Parlamente an den Rand gestellt werden. Ich zitiere jetzt Präsidenten Dr. Fischer, der gesagt hat: Nach meinem Verfassungsverständnis können die Landeshauptleute mit der Bundesregierung alles ausschnapsen und ausmachen, was im Kompetenzbereich der Bundesregierung oder der Landesregierungen liegt. Wenn es aber um Themen geht, für die der Gesetzgeber die Letztverantwortung trägt, muß ich als Demokrat und Parlamentarier darauf beharren, daß das nicht über den Kopf der gesetzgebenden Körperschaften hinweg geschieht. – Das hat Fischer seinerzeit zum Konsultationsmechanismus gesagt.

Dieser Konsultationsmechanismus hat letztlich den Stabilitätspakt ausgelöst. Aber was hat den Konsultationsmechanismus ausgelöst? – Nicht nur das Wollen, die Stabilität – so wie der Herr Finanzminister da sitzt: wie ein Felsen – unserer Währung und auch "Schulden" – unter Anführungszeichen – zu gewährleisten, nein, wir müssen natürlich auch Auflagen – Konvergenzkriterien! – der EU vollziehen. Wir haben unsere Vorzugsschülerposition zu verteidigen, denn wir zahlen brav an die EU. Margaret Thatcher hat seinerzeit gesagt: "I want my money back!" (Bundesrat Mag. Gudenus: Bravo!)

Gerade jetzt hat Kollege Schröder etwa Tony Blair ein bisserl Hilfestellung gegeben, indem gesagt wurde: Wir müssen den europäischen Finanzausgleich neu ordnen. – Wir haben das immer schon gesagt. Herr Bundesminister für Finanzen! Vielleicht haben Sie das Ihren Kollegen auch gesagt. Wir müssen jetzt aber bereits zahlen! Der Bund übernimmt die Verpflichtungen und gibt sie an die Länder weiter. Die Gemeinden bekommen ein Verfassungsgesetz, und der Gemeindebund und der Städtebund dürfen dann auch beim Schuldenzahlen mitwirken.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
647. Sitzung / Seite 175

Herr Bundesminister für Finanzen! Ich stelle fest, daß die Budgethoheit der Länder, letztlich aber auch des Nationalrates verletzt wird. Von den Gemeinden rede ich gar nicht. Die Legitimation des Gemeindebundes und des Städtebundes wurde jetzt in einem Gesetz festgeschrieben, noch dazu in einem Verfassungsgesetz, daher wird das schon seine Ordnung haben. Wozu beschließt der Gemeinderat dann überhaupt noch ein Budget?

Wir haben gehört: 2,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. – Wenn wir uns das ausrechnen, sind das dann, so glaube ich ....; ich bin ein bißchen schlecht im Rechnen. Mir geht es fast so wie dem Herrn Finanzminister! 2,7 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt machen über den Daumen ... (Bundesminister Edlinger: Ein bisserl weniger als 70 Milliarden sind es ungefähr!) – Das ist sehr nett! Danke sehr für die Hilfestellung! Jetzt kann ich mich auf das Weitere konzentrieren!

Das ist also der Level nach oben hin. Der Plafond ist noch lange nicht erreicht. Da können die Landtage und die Gemeinden beschließen, was sie wollen. Das, was festgeschrieben ist – letztlich fundiert durch verfassungsgesetzliche Bestimmungen –, ist zu vollziehen. – Das ist die eine Seite.

Die andere Seite ist, daß ich gesagt habe, daß Verfassungsbestimmungen derogiert werden. Lesen Sie sich § 9 Finanz-Verfassungsgesetz und die Geschäftsordnung durch! Der Sechsundzwanziger-Ausschuß wäre das tatsächlich zuständige Gremium! Darauf hätte man diesen Konsultationsmechanismus aufbauen können, und darunter hätte die Exekutive wirksam werden sollen, und nicht umgekehrt, daß die Exekutive heute über der Legislative steht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da wäre es festgeschrieben. Man hat sich jedoch nicht daran gehalten. Die Körperschaften wurden an den Rand gestellt. Eines der maßgeblichen Rechte des Bundesrates, nämlich die Länderrechte hier zu vertreten, wurde ebenso auf die Seite geschoben! Meine Damen und Herren! Bitte überlegen Sie sich jetzt ganz genau, ob Sie auch unter diesem Blickwinkel die Zustimmung geben.

Ich weiß nicht, ob Sie heute Radio gehört haben. Von der Mehrheit des Europäischen Parlaments ist unter anderem der Vorschlag der Kommission beeinsprucht worden, und zwar, weil die Mittelverwendung nicht gerecht ist. Das muß uns doch zu denken geben! Wir zahlen brav ein, und die Finanzprüfer im Bereich der EU stellen fest, daß beinahe 50 Prozent des Budgets in nicht ganz nachvollziehbare Kanäle gehen! (Bundesrätin Schicker: Die Entlastung der Kommission wurde nicht gewährt, und das wollen Sie jetzt auf Österreich übertragen! Das sind doch zwei Paar Schuhe!)

Frau Kollegin Schicker! Konvergenzkriterien wirken sich direkt aus, sie werden sogar hier genannt! Wir vollziehen all das brav nach und können nicht einmal hinterfragen, weil wir bei den Verhandlungen als Körperschaft niemals eingebunden waren! Nicht nur Ihre Selbstachtung, meine Damen und Herren, gebietet es, sondern auch die Achtung und Bewahrung der Verfassung! Die Einhaltung des § 9 Finanz-Verfassungsgesetz und die Budgethoheit, die nach wie vor bei den Landesparlamenten, beim Nationalrat und bei den Gemeinderäten gegeben ist, gebieten es, daß wir gegen diese ausgesprochen exekutivlastige Vorlage Einspruch erheben, um damit aufzuzeigen, daß zumindest hier unsere Verfassung noch beachtet wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.09

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Wilfing. –Bitte.

20.09

Bundesrat Mag. Karl Wilfing (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Ich habe mich bei diesen beiden Tagesordnungspunkten zu Wort gemeldet, weil ich die Gelegenheit nützen möchte, um nach dem Motto "ceterum censeo" einen Hinweis auf das Finanzausgleichsgesetz zu machen.


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 176

Die Europäische Charta der lokalen Selbstverwaltung verpflichtete auch Österreich, dafür zu sorgen, daß die lokalen Gebietskörperschaften ausreichend Finanzmittel haben, um ihren Aufgaben gerecht zu werden, und vor allem dafür Sorge zu tragen, daß finanzschwache, kleine Gebietskörperschaften Möglichkeiten zur Sicherung ihrer Aufgabenerfüllung haben.

Ziel muß es sein, daß alle Bürger unseres Heimatlandes im wesentlichen gleiche Lebensbedingungen vorfinden, ob sie nun in der Stadt oder auf dem Land wohnen. Im Finanzausgleichsgesetz zeigt sich zumindest eine Spur Ungerechtigkeit, wenn nämlich die Ertragsanteile von ihrer Höhe her nach der Bevölkerungszahl ausbezahlt werden. Wenn ich mir die einzelnen Finanz-Kopfquoten der Gemeinden ansehe, dann kann ich feststellen, daß diese Quote in meinem Bereich Poysdorf, nordöstliches Weinviertel, zirka zwischen 6 700 S und 9 300 S, je nach Gemeinde und nach Einwohnergröße, liegt. Es gibt allerdings auch Gemeinden, die eine Kopfquote von mehr als 60 000 S haben. – Daran merkt man, daß nicht ganz gerecht vorgegangen wird.

Ich glaube, daß wir darüber nachdenken sollten, ob wir in Hinkunft, um die Aufgaben in den Regionen gemeinsam partnerschaftlicher lösen zu können, die einzelnen Ertragsanteile nicht mehr gemeindeweise, sondern eher bezirksweise oder regionsweise weitergeben sollten.

Wir alle wissen, daß es heutzutage sehr oft einen fairen und gesunden Wettbewerb darum gibt, wo sich Betriebe ansiedeln, welche Infrastrukturmaßnahmen wie angeboten werden und wie Grundstücke verkauft werden können. Wir wissen aber, daß alles nur gemeinsam im Sinne der Flächenwidmung und der Raumplanung gelöst werden kann, daß ganz Österreich an Infrastrukturmaßnahmen – ob Schiene oder Straße – mitbezahlt, einzelne Gemeinden dann jedoch besondere Vorteile daraus ziehen können und zum Teil auch ziehen. Ich glaube daher, daß wir sehr fair nachdenken und sehr offen darüber reden sollten, ob wir nicht in Hinkunft andere Modelle im Sinne einer gerechteren Verteilung dieser Ertragsanteile im Finanzausgleichsgesetz finden sollten. Ich möchte daher noch einmal dafür plädieren, daß in Zukunft eher an Bezirke oder an Regionen verteilt wird, um die Unterschiede nicht so stark ausufern zu lassen!

Zum Stabilitätspakt muß ich sagen, daß ich in diesem Punkt ganz anderer Auffassung bin als mein Vorredner: Jeder, der Rechte hat – der Konsultationsmechanismus beinhaltet richtigeweise Rechte –, hat auch Pflichten. Wenn wir einen Konsultationsmechanismus haben wollen – wir stehen dazu –, dann bedingt das eindeutig auch, daß wir unsere Haushalte koordinieren und gemeinsam darüber nachdenken, welche Defizite – in der schlimmsten Form – von Bund, Ländern, Gemeinden oder Städten angehäuft werden können. Ich brauche jetzt auf die einzelnen Zahlen nicht einzugehen, weil mein Vorredner diese schon genannt hat.

Wir stehen zu diesem Stabilitätspakt, und ich bin verwundert, daß ein Mitglied einer Führerpartei Probleme damit hat, daß die Exekutive diesbezüglich anscheinend etwas lastiger ist als die Legislative. – Das müßten Sie in Ihrer Partei doch gewohnt sein! Abgesehen davon bin ich der Auffassung, daß das in diesem Zusammenhang gar nicht zutrifft, weil das Budget vom Nationalrat beschlossen wird und die Legislative also sehr wohl darauf eingehen wird, wie es hier aussieht. Das gleiche gilt für die Gemeinden: Das Budget beschließt nicht der Bürgermeister, sondern der Gemeinderat! – Bei Ihnen schaut es freilich oft anders aus, weil der Führer darüber bestimmt, was welche Parteileitung tun oder nicht tun darf! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich verstehe vom Standpunkt Ihrer Partei, daß Sie Ängste haben. Wir haben ein anderes Demokratieverständnis, und daher ist der Stabilitätspakt gerechtfertigt! (Beifall bei der ÖVP.)

20.14

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Payer. – Bitte.

20.14

Bundesrat Johann Payer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kollege Tremmel hat seine Rede damit begonnen, daß er gesagt hat: Das Finanzausgleichsgesetz und der Stabilitätspakt scheinen vordergründig vernünftig zu sein. – Ich glaube, auch wenn man sich den Hintergrund anschaut, kann


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 177

man feststellen, daß beide Gesetzesvorlagen sehr vernünftig für diejenigen sind, die einen stabilen Staatshaushalt beziehungsweise stabile Budgets wollen.

Beide Gesetze betreffen eine sehr umfassende Materie, nämlich alle öffentlichen Haushalte der Republik Österreich, also die Haushalte des Bundes, der Länder und der Gemeinden. Beim Finanzausgleichsgesetz, das geändert wird, geht es um die Einführung eines einheitlichen Schlüssels für die veranlagte Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer und Körperschaftssteuer. Welche Gebietskörperschaften von der Einführung dieses einheitlichen Schlüssels profitieren, hängt von der unterschiedlichen Dynamik der betroffenen Abgaben ab. Durch die dynamische Entwicklung der Körperschaftssteuer werden die Länder und die Gemeinden sicherlich bevorzugt werden, und kurzfristig werden die Länder und die Gemeinden einen Gewinn zu Lasten des Bundes erzielen. Umgekehrt jedoch wird der Bund bei einer besseren Entwicklung der drei anderen betroffenen Abgaben profitieren. – Daher glaube ich, daß dieses System sehr ausgewogen ist.

Im Rahmen der Beschlußfassung über den Konsultationsmechanismus habe ich bereits darauf hingewiesen, daß der vorliegende Stabilitätspakt eine logische Konsequenz daraus sein wird. Der bereits beschlossene Konsultationsmechanismus bekommt nun ein tragfähiges Fundament. Dieser Stabilitätspakt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden regelt die Haushaltsziele und wird eine sehr hohe Haushaltsdisziplin bewirken.

Es gibt weiters Bestimmungen über die gemeinsame Haushaltskoordinierung, über die mittelfristige Ausrichtung der Haushaltsführung, über die Erstellung der Stabilitätsprogramme und insbesondere auch über die Aufteilung der Defizitquoten und allfälliger Sanktionslasten. – Ich bin überzeugt davon, daß der Österreichische Stabilitätspakt zur dauerhaften Erreichung gesunder und stabiler öffentlicher Finanzen beitragen wird.

Gleichzeitig – das wurde schon gesagt – erfüllen wir natürlich auch gegenüber der EU unsere eingegangenen Verpflichtungen zur Haushaltsdisziplin und zur Wahrnehmung der Aufgaben der Haushaltskoordinierung. Im Sinne der Haushaltsdisziplin werden laut Gesetz politische Koordinationskomitees eingerichtet. Diese Komitees sind meines Erachtens demokratisch zusammengesetzt: Es gibt ein gesamtösterreichisches Koordinationskomitee, und es gibt Länderkoordinationskomitees.

Hinweisen möchte ich auch auf die zusätzlichen Aufgaben, die für die Koordinationskomitees auf Landesebene gelten. Diese Landeskomitees haben die Aufgabe, die Defizitquote der Gesamtheit aller Gemeinden des Landes festzustellen. Außerdem fällt diesen Landeskomitees die Aufgabe zu, allfällige zusätzliche Quoten aus der Defizitquote des Landes an die Gemeinden beziehungsweise umgekehrt zuzuteilen. Das bedeutet, daß es in diesen Bereichen einen gewissen Spielraum gibt, der auch zu begrüßen ist.

Meine Damen und Herren! Der vorliegende Stabilitätspakt ist gemeinsam mit dem Konsultationsmechanismus eine gute Grundlage für die öffentlichen Haushalte der Gemeinden, der Länder und des Bundes im Hinblick auf die Gewährleistung von finanzieller Stabilität in der Zukunft. Daher wird meine Fraktion keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der SPÖ.)

20.19

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

20.19

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nur zwei Anmerkungen machen.

Erstens: Sehr geehrter Herr Bundesrat Tremmel! Ich glaube, daß Sie von der umgekehrten Richtung her argumentiert haben: Nicht der Bund hat die Länder vergewaltigt, den Stabilitätspakt abzuschließen, sondern – ich weiß tatsächlich, wovon ich rede, denn ich habe den Konsultationsmechanismus als Ländervertreter mit dem Bund ausgehandelt – die Länder haben an sich den Bund angehalten, einen Konsultationsmechanismus abzuschließen. Ich sage Ihnen


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
647. Sitzung / Seite 178

ganz offen: Mir hat der Konsultationsmechanismus im Konnex mit einem Stabilitätspakt bis zum 27. Jänner 1997 auch viel besser gefallen als am 28. Jänner. Denn wissen Sie, was da war? – Da bin ich Finanzminister geworden!

Das Konstrukt zwischen Konsultationsmechanismus und Stabilitätspakt ist ein akkordierter Schutzmechanismus der zweiten und dritten Gebietskörperschaft – jetzt rede ich in der Philosophie eines Ländervertreters –, um den Vergewaltigungen des Bundes durch Gesetze, die die Länder und Gemeinden Geld kosten, entrinnen zu können. – Das ist die Philosophie, und daher ist Ihre Argumentation ganz einfach falsch!

Der Konsultationsmechanismus setzt klarerweise voraus – das haben Sie beschlossen –, daß bis 31. Dezember der Stabilitätspakt abgeschlossen wird. Sonst hätte sich der Konsultationsmechanismus wieder aufgelöst. Das war natürlich klar, denn der Bund – damals hat das jemand anderer verhandelt – hat als Gegenleistung zum Konsultationsmechanismus den Stabilitätspakt gebraucht. Ich sage Ihnen jetzt auch, warum.

Es ist nämlich nicht der Bund der Europäischen Union beigetreten, sondern die Republik Österreich ist der Europäischen Union beigetreten. Damit sind Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam der Europäischen Union beigetreten. Vertragspartner, der auch Sanktionen zu erleiden hat, ist gegenüber Brüssel aber ausschließlich der Bund. Da kann sich folgendes ereignen: Gesetzt den Fall, der Bund hat 2,6 Prozent Defizit, und die Länder und Gemeinden machen gemeinsam 0,5 Prozent Defizit. Dann wird der Sanktionsmechanismus in Brüssel gegen die Republik Österreich eingeleitet, und zwar in der Form, daß es eine Verwarnung gibt. Jetzt kann es vorkommen – und daher ist das Konstrukt etwas kompliziert –, daß das Bundesland, das so schlimm war und so viel Geld ausgegeben hat, daß man gesamtösterreichisch über die 3 Prozent gekommen ist, im nächsten Jahr ganz brav ist, ein anderes Bundesland aber schlimm ist. Das ist denen in Brüssel allerdings Wurscht. Faktum ist, daß Österreich auch im zweiten Jahr die Defizitgrenze durchstoßen hat. Daher wird die Sanktion wirksam, und dann geht es darum, wer das zahlt. Daher ist das so kompliziert! Wenn man also weiß, wie dieser Mechanismus entstanden ist, dann ist das logisch und sehr sinnvoll; wenn man es nicht weiß, dann wirkt das Ganze aber etwas kompliziert und komplex.

Selbstverständlich wünschen wir alle uns nicht, daß wir irgendwann einmal in diese Situation kommen. Aber es muß ein klares Rechtswerk in der Beziehung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, aber auch in der Beziehung der Länder untereinander, in der Beziehung der Gemeinden untereinander und in der Beziehung der Länder zu den Gemeinden ihres eigenen Bundeslandes und eines anderen geben. Da gibt es sehr viele Varianten, wer schuld sein kann, jedenfalls muß aber letztendlich die Sanktionslast ermittelbar sein. – Das ist der erste Punkt.

Ich möchte noch einmal feststellen: Die Schaffung des Konstrukts des Konsultationsmechanismus war ein Wunsch der Länder und Gemeinden gegenüber dem Bund anläßlich unseres Beitrittes zur Europäischen Union, und die logische Konsequenz ist der Abschluß des Stabilitätspakts. Denn sonst trägt der Bund allein die Verantwortung, hat jedoch keinen Einfluß, weil der Bund bekanntlicherweise keinem Land vorschreiben kann, daß es aus irgendwelchen Gründen plötzlich nicht 0,5 Prozent des nationalen BIP investieren darf. Dafür gibt es überhaupt keinen Rechtstitel.

Zweiter Bereich: Ich möchte zu einem Vorschlag des Herrn Bundesrates Wilfing Stellung nehmen. Herr Bundesrat! Ich bin von meiner ganzen Anlage und auch von meiner Geschichte her ein Kommunalpolitiker, was klar ist, wenn man 28 Jahre in diesem Bereich verbringt, wenngleich nicht in einer Gemeinde mit einer Struktur wie die Ihrer Gemeinde. Ich war eigentlich immer sehr stolz darauf, daß sich die Gemeinden 1984 durchgesetzt haben und in den Verfassungsrang gehoben worden sind. Denn ich betrachte die Gemeinden als elementaren Pfeiler des demokratisch-föderalen Aufbaus unserer Republik. Ich möchte nicht werten, welche die wichtigste und welche die unwichtigste Gebietskörperschaft ist, denn es sind wahrscheinlich alle wichtig. Meines Erachtens sind jedoch die Gemeinden das Fundament, auf dem unser Staat steht.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
647. Sitzung / Seite 179

Herr Bundesrat Wilfing! Es mag sein, daß Sie den abgestuften Bevölkerungsschlüssel, also die sogenannten Quoten, als ungerecht empfinden. Wahrscheinlich gibt es die absolute Gerechtigkeit nicht. Denn jeder Gemeinde das gleiche zu geben, wäre auch etwas ungerecht, weil zum Beispiel Bezirksstädte im Gegensatz zu anderen Gemeinden auch noch weitere Funktionen zu erfüllen haben. Sie haben in diesem Zusammenhang allerdings einen Vorschlag gemacht, den ich noch nie gehört habe, und es wundert mich, daß dieser aus dem Mund eines Kommunalpolitikers kommt: Ich glaube, Sie sind Kommunalpolitiker, und Sie haben gesagt: Gebt nicht den Gemeinden das Geld, sondern den Bezirken und Regionen! Damit ist die Gemeindeautonomie ... (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Wilfing
. ) Entschuldigen Sie! Jetzt müssen die Gemeinden mit den Ländern und dem Bund über Finanzaufteilungen streiten, und da wollen Sie zusätzlich noch Regionen oder Bezirksverwaltungen einschieben, die gar keinen politischen Strukturen haben! Das Gedränge vor der Tür des Bezirkshauptmanns möchte ich gerne sehen, wenn dieser tatsächlich entscheidet, wieviel Geld die Gemeinden bekommen! Überlegen Sie das von diesem Aspekt her! – Ich war lange Gemeindepolitiker und identifiziere mich noch immer sehr stark mit dieser Rolle, und ich glaube, daß die Gemeinden durchaus selbstbewußt genug sein können, um diesen horizontalen Ausgleich selbst zu bewältigen, ohne dazu einen Dritten zu brauchen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

20.26

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Es liegt eine weitere Wortmeldung des Herrn Kollegen Wilfing vor. – Bitte.

20.26

Bundesrat Mag. Karl Wilfing (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Ich muß das klarstellen: Mir ist es nicht darum gegangen, eine weitere Gebietskörperschaft einzuziehen. Mir ist es eher darum gegangen, daß wir darüber diskutieren sollten, ob man nicht zum Beispiel bei uns in Niederösterreich im Bereich der Raumordnung und der Flächenwidmung gerade für Bezirke vorsehen sollte, daß die Ertragsanteile pro Kopf in der gleichen Summe ausbezahlt werden. Denn ich gehe davon aus, daß oft bei nebeneinander liegenden Gemeinden die eine Gemeinde eine Kopfquote von – Hausnummer – 9 050 S und die Nachbargemeinde eine Kopfquote von 6 700 S hat. Daher ist es mir darum gegangen, daß man das bezirksweise berechnen sollte, weil es nur Sinn macht, gemeinsam Betriebsansiedlung zu betreiben oder verschiedene große Vorhaben wie den Bau von Kläranlagen und so weiter durchzuführen, wenn gleiche Bedingungen herrschen. – Diesen Diskussionspunkt wollte ich einbringen, damit man darüber einmal nachdenkt. Darum ist es mir gegangen, nicht um eine weitere Gebietskörperschaft! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Tremmel. )

20.27

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen jetzt keine mehr vor.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert wird.


Bundesrat
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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 über eine Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden betreffend die Koordination der Haushaltsführung von Bund, Ländern und Gemeinden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

31. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Poststrukturgesetz sowie das Post-Betriebsverfassungsgesetz geändert werden (Poststrukturgesetz-Novelle 1998) (1516 und 1537/NR sowie 5846/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 31. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Poststrukturgesetz sowie das Post-Betriebsverfassungsgesetz geändert werden.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Rauchenberger übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Josef Rauchenberger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Der gegenständliche Beschluß des Nationalrates sieht eine Privatisierung der Unternehmensbereiche der Post und Telekom Austria AG (PTA) anstelle des im Poststrukturgesetz vorgesehenen Börsegangs des Gesamtunternehmens PTA vor.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 1998 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. d’Aron. – Bitte.

20.29

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist dies – wie man so sagt – meine Jungfernrede.

Die Regierungsvorlage betreffend die Novelle des Poststrukturgesetzes sowie des Post-Betriebsverfassungsgesetzes verändert nach unserer Ansicht deutlich die Zielrichtung der noch 1996 vorgesehenen Politik, die uns damals präsentiert wurde. War 1996 noch vorgesehen, das Gesamtunternehmen Post bis 31. 12. 1999 an die Börse zu bringen und die von der Post eingegangenen Schulden abzubauen und zu verwalten, so sollen nunmehr gemäß der Regierungsvorlage die Kernbereiche der Post – der Postdienst, der Postautodienst und der Telekommunikationsdienst – einzeln nach Maßgabe von Privatisierungskonzepten privatisiert werden.

Es ist kein Geheimnis, daß der Telekommunikationsdienst der Post in einem der größten Wachstumsmärkte der Welt positioniert ist und wirtschaftlich eindeutig eine hohe Wachstumschance hat. Dieser Bereich kann somit für einen Erwerber von Anteilen hohe Renditen ermöglichen; darüber liegen uns auch Berechnungen vor. Hingegen sind der Postdienst und der Postautodienst wie auch in anderen Ländern nur nach Durchführung massiver Schnitte im Kostenbereich und einer Erhöhung der Erlöse durch Preiserhöhungen langfristig wirtschaftlich überlebensfähig. – Das war dem Finanzministerium und auch dem Verkehrsministerium allerdings schon 1996 bekannt, und die vorliegende Novelle zeigt eine deutliche Veränderung der Postpolitik in diesem Jahr.

1996 hatte unsere Parlamentsfraktion noch den Eindruck, daß bei der Post eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation nur und vor allem unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der Brief- und Paketbeförderung sowie auch des öffentlichen Interesses an der Führung


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 181

von Kraftfahrlinien etwa auch in bevölkerungsschwachen Regionen vorgenommen werden soll. Nunmehr können wir jedoch davon ausgehen, daß die einzelnen Bereiche wirtschaftlich jeweils gesondert betrachtet werden und das öffentliche Interesse zunehmend eine untergeordnete Rolle erhält. Die Situation konnte auch mit dem eingefügten § 11a der Novelle nicht gerettet werden. Denn die einzelnen Bereiche sind gesondert zu betrachten, und das öffentliche Interesse, das in § 11a verankert ist, wird natürlich deswegen eine untergeordnete Bedeutung haben, weil auch das Ziel in den Teilbereichen das Wohl des Unternehmens und die Interessen des Eigentümers, nämlich möglichst hohe Renditen zu erzielen, sein wird. Somit ist in der Folge mit gravierenden Einschnitten sowohl in der Brief- und Paketbeförderung durch weiteren Personalabbau, der schon derzeit durchgeführt wird, beziehungsweise durch eine weitere Erhöhung der Gebühren zu rechnen.

Im Busbereich stellt sich die Situation für die österreichische Bevölkerung noch unerfreulicher dar. In diesem Zusammenhang ist die Privatisierung eines nicht kostendeckenden Bereiches geplant, ohne daß gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen vorliegen. So fehlt bis heute ein entsprechendes wettbewerbsfähiges Nahverkehrsfinanzierungsgesetz, das uns schon durch viele Jahre hin angekündigt wurde und zur Aufgabe haben sollte, daß der öffentliche Verkehr in bevölkerungsschwachen Regionen unter Berücksichtigung der Kostengünstigkeit bestmöglich und gefördert abzuwickeln ist. Da wird es Ausschreibungen geben. Und der Verkehr wird auch in bevölkerungsschwachen Region weiterhin eine Chance haben, weil zum Beispiel sozusagen eine Versteigerung erfolgen könnte, bei welchem dem kostengünstigsten Anbieter der Zuschlag erteilt wird. Auf diese Weise kann das öffentliche Verkehrsinteresse in solchen Regionen abgedeckt werden.

Bei uns besteht der Eindruck, daß bei dieser Novelle die erforderliche Abstimmung zwischen dem Finanzministerium – das bei der Privatisierungsidee natürlich eher in Richtung "Shareholders value" abzielt – und dem Verkehrsressort nicht optimal erfolgt ist. Das betrifft auch die Zubringerleistung zur Schiene, die durch den Busbereich erfüllt wird. Denn es gibt im Bereich der Beförderung eine Beförderungskette, innerhalb welcher die einzelnen öffentlichen Verkehrsunternehmen aneinander anschließen müssen. Wenn aber Buslinien ausfallen und sozusagen die Zubringerleistung zur Schiene nicht mehr erbracht werden kann, dann leidet auch die Schiene darunter. Das ist natürlich kontraproduktiv zu der derzeitigen Kampagne des Verkehrsministers, der mit dieser zu einem Umsteigen auf die Schiene animieren will.

Darüber hinaus ist von einer Bestellung weiterer Vorstände in drei Bereichen auszugehen. Und das wird sich meine Fraktion in weiterer Folge sehr genau anschauen, denn dann kommt es voraussichtlich zu einer Vergrößerung der Anzahl der Vorstandsdirektoren, obwohl die Kosten der Post doch reduziert werden müssen. Das heißt, es wird auch das erfolgen, was wir bei der Privatisierung einer Vielzahl von staatsnahen Unternehmen beobachten können, nämlich eine Reduzierung der Posten der mittleren und kleineren Einkommensbezieher.

Noch eine Bemerkung am Rande: Wie wir den Medien entnehmen können, sind die Verhandlungen bezüglich Posttelefontochter Telekom Austria bereits sehr weit gediehen. Es wurde bereits überlegt, wohin entsprechende Anteilserlöse fließen können und was dadurch abgedeckt werden kann. Offensichtlich ging man also bei allen Verhandlungen der Telekom davon aus, daß das Parlament der Regierungsvorlage, in der erst später vorgesehen wird, daß das Unternehmen geteilt wird, ohnehin zustimmen wird. Das heißt, es entsteht der Eindruck, daß das Parlament in diesem Zusammenhang lediglich als formale Behörde ohne sachliche Kompetenz gesehen wurde, was ich als Bundesrat namens meiner Fraktion eindeutig zurückweisen muß. Aus all diesen Gründen wird meine Fraktion der vorliegenden Regierungsvorlage selbstverständlich nicht zustimmen können. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.35

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kraml. – Bitte.

20.35

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der uns heute vorliegen


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 182

den Novelle zum Poststrukturgesetz geht es darum, den gemeinsamen Börsetermin zu streichen und es den einzelnen Bereichen zu ermöglichen, selbständig dann an die Börse zu gehen, wenn es für sie finanziell am günstigsten ist.

Die Novellierung ist notwendig, weil sich das Umfeld seit der Beschlußfassung des Poststrukturgesetzes stark verändert hat. Die Probleme liegen nicht im Telekombereich, sondern beim Postdienst und beim Postautodienst. Die Marktöffnung, neue Konkurrenzen und die Verpflichtung, Linien, die sich nicht rechnen, aufrechtzuerhalten, haben sich auf die Erträge in diesen Sparten nicht gerade positiv ausgewirkt. Wir sehen es aber bei uns draußen auf dem Land, daß die Busse die einzigen Verkehrsmittel sind, die den Leuten zur Verfügung stehen.

Ich habe das bereits einmal erwähnt: Mit der Privatisierung und dem Öffnen des Marktes sind die Rosinen im Kuchen zwar nicht weniger geworden, es bedienen sich aber auch andere davon. Im Telekombereich führt die Hereinnahme der Italiener neben dem Privatisierungserlös auch zu mehr Schlagkraft, und daher hoffe ich, daß es in dem einen oder anderen Bereich auch zu Verbilligungen kommt. Im Telekombereich ist man schon weiter als in den anderen Bereichen. Daher ist es sinnvoll, daß die Verpflichtung zum gemeinsamen Börsegang aufgehoben wird und für den Zeitpunkt der jeweiligen Privatisierung keine Festlegungen getroffen werden. – Meine Fraktion wird daher dieser Novelle die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

20.37


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 183

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich darf vor der Abstimmung noch darauf hinweisen, daß vom dem Platz aus, der dem jeweiligen Bundesrat zugewiesen ist, abgestimmt wird, und ich möchte das jetzt auch der F-Fraktion ans Herz legen!

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

32. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Poststrukturgesetz und das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle 1998) (1476 und 1538/NR sowie 5847/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 32. Punkt der Tagesordnung: 2. Dienstrechts-Novelle 1998.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Kraml übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Johann Kraml: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Bericht liegt schriftlich vor.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 1998 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Windholz. – Bitte.

20.39

Bundesrat Ernest Windholz (Freiheitliche, Niederösterreich): Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die 2. Dienstrechts-Novelle zeigt einmal mehr, daß das Beamten-Dienstrechtsgesetz in vielen Teilen äußerst ungenau, unklar und äußerst schwach ist.

§ 60 regelt die Bestimmungen über Dienstausweise. Diesbezüglich bildet eine Ministerratsentscheidung vom 19. Juni 1975 in Wahrheit die Rechtsgrundlage. Mit dieser Beschlußfassung war ich auch in meiner Funktion als Personalvertreter im Zentralausschuß im Bereich des Bundesministeriums für Finanzen vor geraumer Zeit befaßt. Ich nahm unter anderem an einer Besprechung mit der Datenschutzkommission teil, bei der es um die Anlegung einer Datenbank von Fotos von Bediensteten ging. Grundsätzlich handelt es sich bei dieser Neufassung des § 60 um eine längst überfällige rechtliche Regelung. Allerdings verstehe ich überhaupt nicht, daß in diesem Zusammenhang jetzt der Begriff "Dienstkarte" eingeführt wird. Mit diesem Ausweis legiti-miert man sich gegenüber Dritten, gegenüber Bürgerinnen und Bürgern, und es ist klar, daß mit dieser Legitimation auch Rechte verbunden sind, zum Beispiel ein Beschlagnahmerecht, ein Weisungsrecht, ein Festnahmerecht, ein Anzeigerecht. Wenn man sich damit legitimiert, dann handelt es sich hiebei klarerweise um einen "Dienstausweis"! Der Gesetzgeber sieht das aber anders und nennt dieses Dokument – fast abwertend – "Dienstkarte". Herr Bundesminister! Soweit mir bekannt ist, hat sich insbesondere Ihr Staatssekretär, Herr Ruttensdorfer, darauf ver-steift, daß es zu dieser Bezeichnung kommt beziehungsweise bei dieser bleibt.

Das Nachtdienstgeld bei der Exekutive wird jetzt neu geregelt. Dabei ist begrüßenswert, daß festgestellt wird, daß der Exekutivdienst ein ganz besonderer Dienst ist. Das Nachtdienstgeld als solches gab es schon, und es wird jetzt umgewandelt in eine Vergütung für Erschwernisse und Aufwendungen des Exekutivdienstes im Nachtdienst. Dabei sticht mir ins Auge, daß Nachtdienst in diesem Zusammenhang im Zeitraum zwischen 22 Uhr und 6 Uhr anfällt. Im Steuerrecht ist das jedoch anders: Dort ist der Zeitraum von 19 Uhr bis 7 Uhr die Grundlage. – Das ist eine Divergenz, die für mich nicht erklärbar ist!

Zusätzlich zu dieser Vergütung kommt es zu Ausgleichsmaßnahmen für besondere Erschwernisse des Exekutivdienstes im Nachtdienst. Es besteht die Wahlmöglichkeit zwischen einer Stunde Zeitguthaben oder aber 120 S pro Nachtdienst, und zwar vor dem Hintergrund, daß gegenüber der früheren Nachtdienstgeldentschädigung von 25 S pro Stunde diese jetzt pauschal vorgegeben ist und aufgrund des Nebengebührenzulagengesetzes auch für die Pension wirksam wird. Es gibt in der Regierungsvorlage diesbezügliche Berechnungen, und ich wage zu behaupten, daß diese Berechnungen großteils falsch sind, weil die Bestimmung des Nebengebührenzulagengesetzes betreffend die Erhöhung der Bemessungsgrundlage von 80 auf 100 Prozent durch die zwangsweise Anordnung von Überstunden vom Großteil der Exekutivbeamten in der Regel ohnedies bereits erfüllt wird. Diese Bestimmung ist somit tatsächlich nicht relevant. Relevant ist allerdings, daß somit rund 28 Millionen jährlich in den Pensionstopf einbezahlt werden.

Sehr störend wirkt auch, daß es in Wahrheit für die Exekutivbeamten nicht die Wahlmöglichkeit gibt, sich entweder für die Entschädigung oder die Zeitgutschrift zu entscheiden. Die Wahlmöglichkeit besteht nämlich laut Abs. 3 in den Erläuterungen "allerdings mit der Einschränkung, soweit es die dienstlichen Anforderungen zulassen". Jeder Exekutivbeamte weiß, was dies bedeutet: Da chronischer Personalmangel herrscht, heißt das im Klartext, daß die eine Stunde Zeitgutschrift kaum gewährt werden kann.

Es gibt noch weitere Regelungen im Beamten-Dienstrechtsgesetz, die für die Exekutive unverständlich sind. Ich greife nur zwei, drei heraus. – Zu § 82 Gehaltsgesetz, Gefahrenzulage: Es gibt eine Gefahrenzulage. Herr Minister! Diese wird für Basisbeamte und Außendienstbeamte


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647. Sitzung / Seite 184

aber nur zu 66 Prozent tatsächlich ausbezahlt, und das ist und bleibt für uns Freiheitliche unverständlich.

Zur Funktionszulage, die im Gehaltsgesetz gemäß § 74 geregelt ist: Nach dieser Regelung besteht das Gehalt aus zwei Bestandteilen, zum einen aus dem Grundgehalt, zum anderen aus einem auf den Arbeitsplatz und die entsprechende Verwendung abgestimmten Betrag. Der E1-Bereich wird in die Funktionsgruppen eins bis elf unterteilt, der E2A-Bereich in die Funktionsgruppen eins bis sieben. Es ist und bleibt unverständlich, warum dann besoldungsrechtlich noch einmal vier Unterteilungen nach dem Dienstalter vorgenommen werden. Denn es muß unerheblich bleiben, ob jemand mit 30, mit 40 oder mit 55 Jahren eine Spitzenposition innehat. Die Funktionszulage soll für alle gleich bleiben!

Zu § 48 Abs. 5 Beamten-Dienstrechtsgesetz: Hier geht es um die sogenannten Pflichtwochenenden im Schicht- und Wechseldienst. Auch in diesem Zusammenhang ist das Beamten-Dienstrechtsgesetz kaum aussagekräftig, denn es wird nur festgehalten, daß an Sonntagen und Wochenenden Dienst zu verrichten ist. Zum Beispiel im Exekutivdienst werden bei 160 Pflichtstunden 240 Stunden angeordnet. Wo diese Überstunden genau fixiert werden sollen, wird de facto jedoch nicht geregelt, sondern jedes Ministerium trifft im Erlaßweg die Entscheidung. Bei der Gendarmerie genügt ein Pflichtwochenende. In Ihrem Haus, Herr Minister, bei der Zollwache gibt es in einzelnen Fällen drei Pflichtwochenenden. Die Umstellung in Ihrem Haus auf Computerdienstplan macht deutlich, wo überall eingespart wird. An Sonn- und Feiertagen gibt es womöglich Pflichtdienst, und dort, wo es die billigen 50prozentigen Überstunden gibt, werden diese angeordnet. – Das ist einfach unfair! Diesbezüglich muß es bereits im Beamten-Dienstrechtsgesetz anständige Regelungen geben!

Alles in allem zeigt sich, daß der Dienst der Exekutive in das Schema des Beamten-Dienstrechtsgesetzes kaum hineinpaßt und dort nicht gut aufgehoben ist. Daher ist es die klare Forderung der Freiheitlichen: Für die Exekutive wollen wir ein eigenes Exekutivdienstrecht!

Vor rund vier Jahren wurde das E-Schema geschaffen, und ich glaube, daß es nur recht und billig ist, wenn man die Konsequenz daraus zieht. Herr Minister! Wir werden dieser Vorlage daher unsere Zustimmung verweigern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.47

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Pühringer. – Bitte.

20.48

Bundesrätin Uta Barbara Pühringer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe ursprünglich gedacht, daß meine Wortmeldung zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt aufgerufen wird, und habe mir vorgenommen, mich sehr kurz zu fassen. Es ist jetzt noch nicht so spät, ich bleibe aber dabei. (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte nicht auf den Inhalt dieses Gesetzes eingehen, sondern nur einige Anmerkungen machen, die mir am Herzen liegen. Ich habe dem Protokoll des Nationalrates entnommen, daß einige Abgeordnete im Nationalrat der vorliegenden Novelle vor allem im Hinblick auf die Bestimmungen des Dienst- und Besoldungsrechtes der Lehrer ihre Zustimmung mit der Begründung verweigert haben, daß bereits die Forderung nach einem neuen, modernen, leistungsgerechten Dienst- und Besoldungsrecht im Lehrerbereich gestellt wurde.

Ich glaube, daß diese Einstellung wenig leistungsgerecht ist. Denn Forderungen nach einem neuen Dienstrecht entbinden uns bis zum Zeitpunkt des Vorliegens eines solchen nicht von der Verpflichtung, trotzdem jeweils aktuelle und notwendige Anpassungen vorzunehmen. Ich möchte diese Haltung mit der eines Autofahrers vergleichen, der sagt: Ich werde mir in ungefähr eineinhalb oder zwei Jahren – ich weiß nicht, welchen Zeitpunkt ich jetzt nennen soll, damit das vergleichbar ist – ohnedies ein neues Auto kaufen. Jetzt wäre zwar eine dringende Reparatur, ein Service oder ein Reifenwechsel fällig, ich erspare mir das aber, weil ich mir in eineinhalb bis


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647. Sitzung / Seite 185

zwei Jahren sowieso ein neues Auto kaufen werde. – Ich glaube, jeder Autofahrer weiß, daß er bis zum Neukauf eines Wagens sein Auto in einem fahrtüchtigen Zustand erhalten muß!

Es besteht meiner Meinung nach kein Widerspruch darin, wenn man zwar über ein neues Dienst- und Besoldungsrecht nachdenkt, aus aktuellem Anlaß aber trotzdem jeweils Anpassungen der bestehenden Fassung vornimmt. Ich nehme an beziehungsweise weiß, daß wir uns im Frühjahr im Nationalrat und im Bundesrat wieder mit einer Novelle zum Dienstrecht der Lehrer beschäftigen werden müssen, denn wir haben vor etwa einem halben Jahr eine Novelle zum Schulunterrichtsgesetz und zum Schulorganisationsgesetz beschlossen, die zum Beispiel Änderungen im Polytechnischen Lehrgang oder im Schuleingangsbereich beinhalten, was eine Neuerung im Schulbereich im Sinne einer positiven Weiterentwicklung darstellt, und das wird natürlich wiederum – so meine ich als Lehrerin – einige dienst- und besoldungsrechtliche Anpassungen nach sich ziehen.

Ein völlig neues System – dafür gibt es schon einige sehr konkrete und deutliche Signale sowohl von der Unterrichtsministerin als auch von der Standesvertretung – soll aber von den Verantwortlichen – wie ich meine – doch sehr gut durchdacht werden, damit es auch tatsächlich modern und leistungsgerecht, aber auch leicht administrierbar wird. Ein Gesetz soll nicht unter Zeitdruck entstehen, bei dem man – wie man in solchen Fällen immer wieder hört – im nachhinein der Meinung ist, daß es unbefriedigend und reformbedürftig ist, daß es Lücken gibt und sehr bald wieder Adaptierungen vorgenommen werden müssen.

In Anbetracht dessen bitte ich Sie, dieser Novelle jetzt doch Ihre Zustimmung zu geben; für meine Fraktion kann ich dies zusichern. (Beifall bei der ÖVP.)

20.52

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Meier. – Bitte.

20.52

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Diese Dienstrechts-Novelle ist ein Konglomerat von Veränderungen in verschiedensten Bereichen, die miteinander natürlich in überhaupt keinem Zusammenhang stehen. Daher kann man diese – wie ich meine – nicht über einen Kamm scheren.

Das Thema "Dienstkarte" ist schon angeschnitten worden. – Ehrlich gesagt: Mir ist es gleich, ob mir jemand seinen Ausweis zeigt oder eine Karte; denn es werden heute überall Karten im Scheckkartenformat verwendet.

Weiters kommt es in diesem Zusammenhang zu mehreren Gesetzesänderungen etwa aufgrund der Rundungsbestimmungen, wenn es zum Euro und zu den Cents kommt, und es ist ganz klar, daß es so etwas geben muß.

Ferner wird eine Änderung des Poststrukturgesetzes vorgenommen, die wegen der gesellschaftsrechtlichen Aufspaltung der Post und Telekom Austria notwendig ist. – All das könnte ich jetzt im einzelnen aufzählen, aber Sie wissen ohnehin, worum es bei dieser Novelle geht.

Zu Kollegen Windholz möchte ich sagen: Ich kenne die Exekutive und deren Richtlinien nicht so genau, und man sollte von außen nicht dreinreden. Ich kann mir aber nicht vorstellen, daß alle Bestimmungen so auszulegen sind, daß sie letzten Endes immer zum Nachteil des Beamten führen, indem man ihm so wenig wie möglich zahlt und ihm nur dann Freistunden gibt, wenn es sowieso für ihn billig wäre. Ich glaube, es betrifft auch den Aufgabenbereich der unteren Einheiten der Exekutive, daß das so gerecht wie möglich gestaltet wird. – Wenn wir uns allerdings grundsätzlich dazu bekennen, daß irgendwo gespart werden muß, dann muß das dort vorgenommen werden, wo es möglich ist, womit ich nicht sagen möchte, daß Leistungen, die erbracht werden – selbstverständlich auch bei der Exekutive – nicht abgegolten werden sollen.


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Ich möchte mich Frau Pühringer anschließen, indem ich mich erstens auch einmal kurz halten möchte und indem ich zweitens auch der Meinung bin, daß es insgesamt ein neues Besoldungsrecht für die Lehrer geben sollte. Ich glaube, es herrscht schon Übereinkunft darüber, daß es dazu kommen wird. Dennoch gibt es auch in dieser Novelle einige Änderungen, zum Beispiel betreffend die Abgeltung für mehrtägige Schulveranstaltungen. Sie wissen, daß es diesbezüglich zu verschiedenen Streikaktionen nicht nur der Lehrer, sondern auch der Schüler gekommen ist, und ich glaube, daß diese Regelung deswegen jetzt notwendig war, damit die Schikurse stattfinden können. Wir haben die Millionenbeträge gehört, um die die Wirtschaft kommen würde, wenn die Schikurse nicht stattfinden könnten.

Außerdem wurde auch das Problem betreffend die Zeit der Vorbereitung der Reifeprüfung beziehungsweise jene Zeit, in der die Professoren dann weniger zu tun haben, weil die Matura schon vorbei ist, geregelt.

Ich möchte noch zu einem Punkt kritisch Stellung nehmen, der die Berufsgruppe betrifft, aus der auch ich komme, nämlich die Pflichtschullehrer. In dieser Novelle ist auch vorgesehen, Arbeitszeiten zu vergüten, die für Informationstechnologie aufgewendet werden. Der Computer hält auch in der Schule Einzug, und es wird nicht nur ein Gerät aufgestellt, sondern es gibt jeweils mehrere, die vernetzt oder nicht vernetzt sind. Nun gibt es eine Staffelung für fünf Computer, zehn Computer oder mehr, und ein Lehrer hat bestimmte Zeit dafür aufzuwenden, um diese Computer sowohl hinsichtlich der Software als auch der Hardware zu betreuen.

Dann habe ich dort weitergelesen, wo es darum geht, was das kostet, und habe festgestellt, daß das dem Staat nichts kostet, weil die Stunden, die dafür erbracht werden müssen, im jetzt bestehenden Normstundenmodell enthalten sind. Das heißt, es gibt für die gesamte Lehrerschaft nicht mehr Stunden, aber ein gewisser Teil – es sind 2 477 Stunden angeführt – muß aus dem jetzt bestehenden Kontingent herausgenommen werden. Das heißt, daß die Stunden, die jetzt für irgendeinen anderen Gegenstand – sei es Französisch, Informatik oder Musik – aufgewendet werden, um diese Zahl reduziert werden müssen.

Das gleiche hat es auch schon bei der Einführung des Gegenstandes "Berufsorientierung" gegeben. Auch diesbezüglich hat es geheißen, daß das nichts kostet, weil die dafür aufzuwendende Zeit aus den jetzt bestehenden Stunden herausgelöst werden muß. In diesem Zusammenhang galt sogar die Regelung, daß die Schulforen das zu beschließen haben. Diese sind aber gewählte Organe, denen man natürlich nicht anschaffen kann, das zu beschließen.

Ich habe mir das ausgerechnet: Mit den 2 477 Stunden kommt man – über den Daumen gerechnet – auf 1,5 Millionen Schilling, die wir uns offenbar nicht leisten können, um die zusätzlich anfallenden Kosten für die notwendige Einführung der EDV abzudecken, und daher müssen wir die Stunden wieder irgendwo "abzwacken". Das wird jede Schule, auch wenn es nur eine, zwei oder drei Stunden sind, betreffen. Daher möchte ich die Frau Unterrichtsministerin bitten, darauf zu achten, daß, wenn es um diese etwa 1,5 Millionen Schilling geht, nicht am falschen Platze gespart wird.

Da dieses Gesetz aber natürlich ein Konglomerat aus vielen positiven Dingen ist, werde ich diesem zustimmen, und auch die sozialdemokratische Fraktion wird dies tun. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

20.56

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 187

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

33. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung österreichischer Beiträge zum von der Weltbank treuhändisch verwalteten HIPC-Treuhandfonds beziehungsweise zu international akkordierten Notstandshilfe- beziehungsweise Wiederaufbauaktivitäten zur Linderung der durch den Wirbelsturm Mitch verursachten Katastrophe in Mittelamerika (945/A und 1540/NR sowie 5848/BR der Beilagen)

34. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz über die Erhöhung der Quote Österreichs beim Internationalen Währungsfonds (1432 und 1534/NR sowie 5849/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 33 und 34 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz über die Leistung österreichischer Beiträge zum von der Weltbank treuhändisch verwalteten HIPC-Treuhandfonds beziehungsweise zu international akkordierten Notstandshilfe- beziehungsweise Wiederaufbauaktivitäten zur Linderung der durch den Wirbelsturm Mitch verursachten Katastrophe in Mittelamerika sowie

ein Bundesgesetz über die Erhöhung der Quote Österreichs beim Internationalen Währungsfonds.

Die Berichterstattung über die Punkte 33 und 34 hat Herr Bundesrat Kraml übernommen. Ich darf ihn um die Berichte bitten.

Berichterstatter Johann Kraml: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bericht zum Tagesordnungspunkt 33 liegt schriftlich vor.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 1998 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Auch der Bericht zum Tagesordnungspunkt 34 liegt schriftlich vor.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ram. – Bitte.

21.00

Bundesrat Thomas Ram (Freiheitliche, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte ganz kurz auf Punkt 33 der Tagesordnung betreffend die Hilfeleistungen für die Opfer des Wirbelsturmes


Bundesrat
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647. Sitzung / Seite 188

Mitch eingehen und darf Ihnen dann noch – weil wir in der Vorweihnachtszeit sind – ein kleines Präsent unserer Fraktion an Sie präsentieren.

Grundsätzlich ist zu sagen, das wir Freiheitlichen uns zu einer Entwicklungszusammenarbeit, zur internationalen Katastrophenhilfe und zur Hilfe infolge kriegerischer Auseinandersetzungen bekennen. Gerade Österreich ist seit Jahren gerne bereit, bei internationalen Katastrophen und Krisen sowohl finanziell als auch konkret vor Ort – zum Beispiel durch den Einsatz des Bundesheeres – Hilfe zu leisten. Es erscheint wichtig, auch zu erwähnen, daß internationale Hilfsleistungen oft dazu beitragen, Menschen soziale und ökonomische Sicherheit zu geben, sodaß sie auch in Krisenzeiten nicht gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen, sondern weiter in ihrer Heimat leben können.

Wir Freiheitlichen stimmen dem vorliegenden Antrag selbstverständlich gerne zu, obwohl man doch erwähnen sollte, daß kleine lokale Hilfsorganisationen in der Regel effizienter und sparsamer arbeiten als große internationale Organisationen mit großen Verwaltungsapparaten.

Meine Damen und Herren! Viele ehrenwerte Menschen stellen sich unentgeltlich in den Dienst der guten Sache der Entwicklungszusammenarbeit. Gerade für diese Menschen, aber auch für die vielen kleinen und großen Spender sind die jüngsten Entwicklungen im Zusammenhang mit der Affäre um die "World Vision" ein Schlag ins Gesicht. Viele potentielle Spender sind extrem verunsichert – und das in der Vorweihnachtszeit, wenn viele Menschen spendefreudig sind. Diese Verunsicherung, meine Damen und Herren, ist überaus verständlich, denn wem kann man es verübeln, daß er skeptisch wird, wenn für arme Kinder bestimmte Gelder zur Finanzierung des aufwendigen Lebensstils eines fidelen Ehepaares oder zur Finanzierung des EU-Wahlkampfes des bekannten Gatten einer Millionärin verwendet werden.

Meine Damen und Herren! Dieser Spendenskandal zieht immer weitere Kreise. Mittlerweile spricht man von 15 bis 20 veruntreuten oder zweckwidrig verwendeten Millionen. Interessant in diesem Zusammenhang ist, daß "World Vision" Österreich von der öffentlichen Hand mit zirka 40 Millionen Schilling subventioniert wurde – und das, obwohl der Rechnungshof schon 1993 auf dubiose Verwicklungen von "World Vision" im Zusammenhang mit der Rußland-Hilfe aufmerksam gemacht hat.

Man muß sich im Zusammenhang mit dieser Affäre fragen, was mit den öffentlichen Mitteln zur Unterstützung diverser Organisationen und Projekte geschieht. Herr Minister! Die Bundesregierung hat auch die Angewohnheit, großzügig Spenden aus Steuermitteln zu verdoppeln und viele Projekte zu unterstützen. Die Steuerzahler und die vielen kleinen und großen Spender haben aber das Recht, daß Spenden und öffentliche Gelder ordnungsgemäß verwendet werden. Es liegt an uns, meine Damen und Herren, das Vertrauen der Österreicherinnen und Österreicher in anständige und korrekte Organisationen wiederherzustellen und die widmungsgemäße Verwendung von Steuergeldern zu garantieren und zu dokumentieren. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Deswegen bringt meine Fraktion jetzt einen Entschließungsantrag ein, den ich Ihnen gerne verlesen möchte:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Thomas Ram und Kollegen betreffend die Überprüfung der zweckgemäßen Mittelverwendung von Förderungen und Unterstützungen des Bundes bei Hilfsprojekten im Ausland

Der Bundesrat möge beschließen:

"Die Bundesregierung wird ersucht, die finanzielle Gebarung aller Projekte der letzten fünf Jahre in den Bereichen der Entwicklungszusammenarbeit, der Ärmsten- und Flüchtlingshilfe sowie der Unterstützung nach Katastrophen und gewaltsamen Auseinandersetzungen im Ausland, die von ihr beziehungsweise den einzelnen Bundesministerien unterstützt und zum Teil von privaten


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Organisationen durchgeführt werden, zu überprüfen und dem Bundesrat einen detaillierten Bericht bis zum 30. Juni 1999 vorzulegen."

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf Sie abschließend um Ihre Zustimmung bitten, weil ich glaube, daß wir im Interesse der notleidenden und hilfsbedürftigen Menschen in der ganzen Welt darauf achten sollten, daß es zu einer ordnungsgemäßen Verwendung der dafür bestimmten Gelder kommt, und wir im Bundesrat somit auch ein Garant dafür sind, daß die Gelder ordnungsgemäß verwendet werden, damit die Leute wieder spendefreudiger werden und ihre Initiativen weiter fortsetzen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.06

Vizepräsident Jürgen Weiss: Der von den Bundesräten Ram und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend die Überprüfung der zweckgemäßen Mittelverwendung von Förderungen und Unterstützungen des Bundes bei Hilfsprojekten im Ausland ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Josef Pfeifer das Wort. – Bitte.

21.06

Bundesrat Josef Pfeifer (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Wirbelsturm Mitch und die nachfolgenden schweren Regenfälle verwüsteten Ende Oktober/Anfang November weite Teile Mittelamerikas. Besonders betroffen sind die Länder Honduras, Nicaragua, Guatemala und El Salvador. Es laufen bereits international akkordierte Hilfsprogramme an, an denen sich auch Österreich beteiligen wird.

Es ist dies eine Katastrophe, welche die betroffenen Länder in ihrer Entwicklung um 20 Jahre zurückwirft. Ich halte es für wichtig, berechtigt und notwendig, daß die internationale Staatengemeinschaft Hilfestellungen leistet. Für uns ist es meiner Ansicht nach wichtig, daß wir uns nicht nur darauf verlassen, daß die multilateralen Organisationen mit unserem Beitrag dort Hilfe leisten, sondern daß wir auch die vorhandenen Strukturen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, über die wir verfügen, da all diese Länder entweder Kooperations- oder Schwerpunktländer der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit sind, dazu nützen, um Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die auch tatsächlich helfen.

Meine Damen und Herren! Die Hilfslieferungen sollen nicht nur über multilaterale Organisationen kanalisiert werden, sondern jene 100 Millionen Schilling, die wir zur Verfügung stellen, sollen über die direkten Kanäle der österreichischen Zusammenarbeit abgewickelt werden. Ich glaube, daß das der sicherste Weg ist, daß das Geld dort ankommt, wo es auch tatsächlich ankommen soll, nämlich bei den Ärmsten. – Wir werden hiezu die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

21.08

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. John Gudenus das Wort. – Bitte.

21.08

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema ist die Erhöhung der Quote beim Internationalen Währungsfonds. – Wir Freiheitlichen lehnen diese Erhöhung für den Internationalen Währungsfonds ab. Das möchte ich wie folgt begründen:

Die ursprüngliche Aufgabe des Internationalen Währungsfonds war es, das System von Bretton Woods zu erhalten. Seit 1971, als das System von Bretton Woods aufgegeben wurde, suchte man für den Internationalen Währungsfonds einen neuen Zweck. Der Internationale Währungsfonds glaubte, diesen in einer Auslösung von Schuldenstaaten gefunden zu haben. Jedoch kann diese Aufgabe vom Internationalen Währungsfonds deshalb nicht wahrgenommen werden, weil er erstens kein "lender of last resort" ist; ihm zweitens die Mittel fehlen und weil weiters keine


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schnellen Entschlüsse vom Internationalen Währungsfonds gefaßt werden können, da Politik im Spiel ist und Politik bekanntlich – weil viele Personen und Parteien zusammenspielen müssen – in solchen Fällen nicht so schnell zu verwirklichen ist.

Weiters spricht gegen die Tätigkeit des Internationalen Währungsfonds das moralische Hasard. Das moralische Hasard ist folgendes, meint Gary Becker: Wenn Sie wissen, daß Ihnen jemand helfen wird, so sind Sie gleich bereit, größere Risken einzugehen. Das gibt es auch in Familien zwischen Eltern und Kindern. Der Internationale Währungsfonds hat diese Elternrolle gegenüber den Ländern, aber auch gegenüber den westlichen Investoren. Das heißt, das Risiko für die Geldnehmer ist ungeheuerlich gering, wenn sie wissen, daß immer wiederum der Internationale Währungsfonds einspringt, um Fehlinvestitionen und Fehlentscheidungen gutzumachen. – Der Internationale Währungsfonds soll jedoch beraten. Er soll technische Hilfe leisten. Darauf soll er sich beschränken, er soll jedoch nicht ständig Schuldnerländer auslösen. Die Schulden dieser Länder beruhen nicht in erster Linie auf Fehlern des Marktes, sondern sie sind vielfach die Folge der Fehler von Regierungen, einer schlechten Wechselkurspolitik und – beklagenswerterweise – die Folge eines Mißmanagements des Internationalen Währungsfonds, welches ursächlich von politischer Seite bewirkt wird.

Wenn es stimmt, daß erfolgreiche Wirtschaftspolitik zum Großteil aus Psychologie besteht, dann haben die politisch Verantwortlichen beim Jahrestreffen des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank im Herbst dieses Jahres versagt. Finanzministern und Notenbankgouverneuren aus 182 Ländern – ich glaube, der Herr Bundesminister war mit dabei – gelang es nicht, eine Weltuntergangsstimmung zu bannen. Es gab zu viele große Worte von einem neuen Bretton-Woods-System, von einer fundamentalen Reform der Weltbank und von einer fundamentalen Reform des Internationalen Währungsfonds – und dies, obwohl seit drei Jahren, spätestens seit der Peso-Krise in Mexiko, eine Verbesserung der Finanzarchitektur zu erfolgen scheint.

Natürlich darf es auch kein fluchtartiges Verlassen dieses Systems und auch kein fluchtartiges Im-Stich-Lassen eines kranken Landes geben. Die Hilfe darf nicht ad hoc aufhören. Es müssen aber schwierige rechtliche Fragen vor der Hilfeleistung oder vor Beendigung der Hilfe geklärt werden. Brasilien soll gemeinsam vom Internationalen Währungsfonds, von der Weltbank und von weiteren multilateralen und bilateralen Kapitalgebern saniert werden. Brasilien muß aber entscheidend selbst mitwirken. Die Vereinigten Staaten sollen solche Selbstmitwirkungshilfen eines Landes nicht länger blockieren.

Bundesbankpräsident Tietmeyer fordert keine neue Architektur, sondern eine Verbesserung der bestehenden Architektur. Der Internationale Währungsfonds muß seine Ressourcen besser nutzen und seine Hilfsprogramme transparent machen. Der Finanzwissenschafter aus den Vereinigten Staaten, Charles W. Calomiris, beriet 1995 die mexikanische Regierung im Zusammenhang mit den Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds und der Weltbank. Jetzt ist er stärkster Kritiker der Clinton-Doktrin des "global financial buy-out".

Engpässe zu beheben ist die Aufgabe des Internationalen Währungsfonds nicht. Es ist nicht Aufgabe des Internationalen Währungsfonds, Insolvenzen der Banken plus Kreditunternehmungen abzudecken; das soll er nicht tun. Denn so erfolgt eine unerwünschte Umverteilung von Steuerzahlern zur Oligarchie, eine Förderung exzessiv riskanten Verhaltens und ineffizienter Investitionen, eine Behinderung der Deregulierung sowie ökonomischer und politischer Reformen. Die Politik des Internationalen Währungsfonds stützt einerseits die korrupten Oligarchen in den Entwicklungsländern, andererseits schützt sie die ausländischen Kreditgeber, vor allem die großen Banken, vor Verlusten. Sie fordert nichts, sie verhindert Reformen, meint Calomiris aus den Vereinigten Staaten.

Zu den Außenständen des Internationale Währungsfonds: In Thailand sind es 18 Milliarden Schilling, in Indonesien 43 Milliarden Schilling, in Südkorea 57 Milliarden Schilling, in Rußland 23 Milliarden Schilling, und für Brasilien sind weitere 30 Milliarden Dollar gefordert. Für seine Auslösungsaktivitäten aus der Schuld hat der Internationale Währungsfonds in den letzten 15 Monaten 171 Milliarden Dollar oder 2 000 Milliarden Schilling aufgewendet.


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Der Internationale Währungsfonds muß sich in Zukunft darauf beschränken, seine Finanzhilfe als Katalysator zur Bekämpfung von Krisen einzusetzen. Kein Land darf sich auf die Rettungsaktionen der internationalen Organisationen verlassen. Denn keine dieser internationalen Organisationen und insbesondere nicht der Internationale Währungsfonds sind Rettungsauto und Intensivstation zugleich. Sie dürfen es gar nicht sein. Solange dies nicht sichergestellt ist, meine Damen und Herren, werden wir einem Gesetz zur Stärkung des Währungsfonds nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.16

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte sehr, Herr Bundesrat Albrecht Konecny ist am Wort.

21.16

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Uns wurde im Zusammenhang mit diesem Punkt der Tagesordnung ein Entschließungsantrag der freiheitlichen Fraktion vorgelegt. Ich will mich jetzt gar nicht mit der Frage beschäftigen, wie stark das Naheverhältnis zwischen einem Punkt der Tagesordnung und einem Entschließungsantrag sein muß, daß man noch von einem unselbständigen Antrag sprechen kann. Darauf einzugehen ist nicht meine Aufgabe, sondern das ist letztlich Aufgabe des Präsidenten. Aber ich glaube, daß wir nichtsdestoweniger – auch wenn mir die Popularität einer Wortmeldung um 21.20 Uhr durchaus vertraut ist – ein paar Worte dazu sprechen sollten.

Einerseits über das Inhaltliche: Tatsächlich – insofern mache ich mich jetzt, wie ich glaube, derselben Themenverfehlung schuldig wie dieser Antrag – ist es im Interesse aller, die im Bereich humanitärer Hilfe tätig sind, ob sie jetzt auf österreichische Staatsbürger im Inland oder auf Themen der Entwicklungshilfe ausgerichtet ist, im höchsten Maße notwendig, daß dafür gesorgt wird, daß der durchschnittliche Österreicher beziehungsweise die durchschnittliche Österreicherin, die zum Erlagschein greifen, welcher das übliche Medium ist, sicher sein können, daß Spenden, die sie einzahlen, dem in Aussicht genommenen Verwendungszweck zugute kommen.

Ich will gar nicht darüber hinwegreden – ich erspare mir damit den einen oder anderen Zwischenruf –, daß es Hilfsorganisationen in vielen Bereichen, auch im politischen Bereich meiner eigenen Partei – ich will das ausdrücklich ansprechen – gegeben hat, denen man zu Recht Vorwürfe gemacht hat. (Beifall des Bundesrates Windholz. ) Ich weiß nicht, wozu Sie applaudieren! (Bundesrat Windholz: Zu Ihrer Ehrlichkeit!) Wenn es meine Ehrlichkeit war, dann nehme ich den Applaus an!

Ich glaube, daß wir gemeinsam die Aufgabe haben, weit über das hinaus, was in diesem Antrag behandelt wird, unsere Stimme in der Richtung zu erheben, daß Spender aufgrund eines Gütesiegels beziehungsweise einer Kontrolle – ich will mich jetzt nicht als Experte profilieren – sicher sein können. Ich halte das für einen notwendigen gesellschaftspolitischen Schritt, wenn wir nicht jenes Gefühl der Solidarität, das viele Menschen empfinden, zum Erliegen bringen wollen.

Zweitens möchte ich folgendes anmerken: Da ich selbst in einigen Bereichen der Entwicklungshilfe tätig bin und auch ein bißchen eigene Erfahrungen mit dem Außenministerium habe, muß ich sagen, daß die hier involvierten Beträge und die offensichtliche Eilfertigkeit, Projekte zu unterstützen, auch mich eigenartig berühren. Ich weiß um die Leiden von Projektträgern, Sympathie in der zuständigen Abteilung des Außenministeriums zu finden, ich kenne die Zahlungsverzögerungen dieser Abteilungen, und ich kenne die Schwierigkeiten bei der Abrechnung. Ich gebe zu, daß es mich – ich habe dazu Informationen, die über den von Ihnen relevierten Text hinausgehen – vom Standpunkt der Fairneß regelrecht bestürzt, wie eilfertig, mit welchem Eifer und mit welcher offensichtlich vorbehaltlosen Unterstützung auch in ihrer inhaltlichen Konzeption problematische Vorhaben gefördert wurden. (Der Redner stößt das Wasserglas auf dem Rednerpult um. – Bundesrat Mag. Gudenus: Scherben bringen Glück, Herr Kollege!) Ich setze dieses Haus unter Wasser! Aber nachdem wir gewisse Chancen haben, daß der Fußboden gerichtet wird, halte ich das für eine läßliche Sünde!


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Wir kennen die Informationen, die in der Öffentlichkeit verlautbart wurden, und ich glaube, daß das tatsächlich ein Thema ist, über das wir uns unterhalten müssen. Daher bin ich dafür, daß wir dieses nicht von unserer politischen Tagesordnung streichen sollten, obwohl wir diesem Entschließungsantrag nicht beitreten, und ich werde auch begründen, warum. – Ich habe drei Argumente, warum ich diesem Entschließungsantrag die Unterstützung meiner Fraktion nicht ankündigen kann.

Erster Grund: Ich weiß, daß es sich um einen inhaltsgleichen Antrag handelt, der bereits im Nationalrat eingebracht wurde, und daß ganz konkret heute in der Früh dort die Tätigkeit eines Unterausschusses des Rechnungshofausschusses eingeleitet wurde. Da dieses Haus keine Möglichkeit hat, Untersuchungsausschüsse einzurichten, wird dieser Unterausschuß des Rechnungshofausschusses des Nationalrates Informationen sehr viel früher bekommen, als sie terminlich angefordert werden. Daher kann ich mich persönlich nur dazu bekennen, daß wir die Arbeit dieses Unterausschusses politisch sehr aufmerksam verfolgen werden. Es können selbstverständlich auch föderale Aspekte auftauchen. Keiner weiß das heute, ob nicht auch das eine oder andere Bundesland öffentliche Mittel beigestellt hat. Deshalb sollten wir diese Arbeit sehr aufmerksam beobachten. Die Ausarbeitung des hier geforderten Berichtes ist sozusagen kein qualitativer Schritt, denn dort ist sehr viel früher ein Bericht zu erstellen, und dieser wird uns direkt oder über unsere Klubs zukommen. Ich halte es daher für Kraftmeierei, für ein bißchen eine prope Aktion, wenn wir einen Bericht hier bis zum 30. Juni einfordern.

Zweiter Grund: Ich meine, daß wir über derartige – wie ich hoffe und annehme, nicht vom Wunsch geprägt, einander gegenseitig ein bisserl etwas politisch "abzupatzeln" – Anträge nicht schnell so quasi "über die Budel des Plenums" verhandeln sollten. Es ist darüber zu diskutieren, ob, wenn das ein Untersuchungsthema wird, der Bundesrat in diesem Zusammenhang eine spezifische Rolle einnehmen kann. Ich würde das aus heutiger Sicht nicht bejahen und nicht verneinen und möchte mir das daher ausdrücklich vorbehalten.

Das letzte Argument – ich habe es schon verwendet –: Ich glaube, wir sollten die Möglichkeiten unserer Geschäftsordnung nicht überstrapazieren. Das Unselbständige, was ich an den Verhandlungsgegenstand anschließen muß, ist in diesem Fall tatsächlich – in Österreich sagt man das nicht, sondern zeigt es eher (der Redner legt seinen Arm über den Kopf)  – quasi weit hergeholt. Und dem möchte ich ungern Vorschub leisten!

Aber ich sage noch einmal: Das Thema, das hier behandelt wird, wird mit der daher zu erwartenden Ablehnung dieses Entschließungsantrages nicht von der politischen Agenda gestrichen – völlig unabhängig davon, wer Mißbrauchshandlungen setzt, und es ist besonders unangenehm, wenn es sich um einen Parlamentarier oder zugunsten eines Parlamentariers um solche Mißbrauchshandlungen handelt. Aber völlig unabhängig davon, wer solche Mißbrauchshandlungen setzt, sind die politische Vertretung der Öffentlichkeit und damit auch der Bundesrat gefordert, und wir sollten und werden auf dieses Thema zurückkommen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.26

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Ludwig Bieringer das Wort. – Bitte.

21.26

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion der Freiheitlichen Partei hat einen Entschließungsantrag eingebracht, der mit dem Verlangen gemäß § 32e Abs. 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates wortident ist. Dieser Antrag hat, wie Kollege Konecny ausgeführt hat, zur Einsetzung eines Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses des Nationalrates geführt. Im Rahmen dieses Ständigen Unterausschusses ist ein Prüfungsverfahren im Gange, und heute fand dessen erste Sitzung statt. Ich halte es daher für meine Fraktion nicht für zielführend, diesem heutigen Entschließungsantrag zuzustimmen.

Lassen Sie mich ein paar persönliche Bemerkungen dazu machen. – Ich verurteile mit aller Entschiedenheit, wenn Spendengelder rechtswidrig oder nicht sinnentsprechend verwendet werden. Ich verurteile das in allen Fällen, in denen das geschieht, und ich verurteile das im


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konkreten Fall noch viel mehr, weil ich einer derjenigen war, der darauf Bedacht genommen hat, daß dieser jetzige Abgeordnete zum Europaparlament tatsächlich Abgeordneter wurde. Das hefte ich auf meine Fahnen. Sie werden von mir daher nicht erwarten können, daß ich einen Freund – solcherart sehe und schätze ich mein Verhältnis zu ihm – im Regen stehen lasse.

Dennoch glaube ich, daß alles aufgeklärt werden muß, was aufzuklären ist. Der vorliegende Entschließungsantrag, den Sie, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, vom Verlangen gemäß § 32e Abs. 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates abgeschrieben haben, trägt meines Erachtens allerdings nicht dazu bei, eine Aufdeckung zu erleichtern!

Ich halte ausdrücklich noch einmal fest: Ich selbst bin über diese Vorgänge zutiefst erschüttert. Dennoch glaube ich, daß Ihr Entschließungsantrag in dieser Causa ins Leere geht, und darf für meine Fraktion mitteilen, daß wir uns diesem Entschließungsantrag nicht anschließen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

21.29

Vizepräsident Jürgen Weiss: Gibt es noch weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung österreichischer Beiträge zum von der Weltbank treuhändisch verwalteten HIPC-Treuhandfonds beziehungsweise zur international akkordierten Notstandshilfe beziehungsweise Wiederaufbauaktivitäten zur Linderung der durch den Wirbelsturm Mitch verursachten Katastrophe in Mittelamerika.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir stimmen jetzt über den Entschließungsantrag ab.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Ram und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend die Überprüfung der zweckgemäßen Mittelverwendung von Förderungen und Unterstützungen des Bundes bei Hilfsprojekten im Ausland vor.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit.

Der Antrag ist nicht angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 4. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz über die Erhöhung der Quote Österreichs beim Internationalen Währungsfonds.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


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Ich gebe bekannt, daß zwei Entschließungsanträge, nämlich der Bundesräte Alfred Schöls und Kollegen betreffend Schaffung eines Finanzamtes Wien/Umgebung und Finanzlandesdirektion Niederösterreich sowie der Bundesräte Gerstl und Kollegen zur Überprüfung von angeblichen Mißständen bei der Umwechslung von Hart- in Papiergeld eingelangt sind und der Herr Präsident diese dem Finanzausschuß zugewiesen hat.

Weiters gebe ich bekannt, daß in der heutigen Sitzung insgesamt 19 Anfragen, 1540/J bis 1559/J, eingebracht wurden.

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Weg erfolgen. Als Sitzungstermin ist Dienstag, der 22. Dezember, 12 Uhr in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Vorlagen in Betracht, die der Nationalrat am 16. Dezember 1998 verabschiedet hat, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Ferner ist die Wahl der beiden Vizepräsidenten des Bundesrates sowie von zwei Schriftführern und drei Ordnern für das erste Halbjahr 1999 durchzuführen. Ein entsprechendes Aviso wurde bereits verteilt.

Die Ausschußvorberatungen sind für denselben Tag ab 10 Uhr vorgesehen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 21.33 Uhr