Stenographisches Protokoll

670. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 14. Dezember 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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670. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 14. Dezember 2000

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 14. Dezember 2000: 9.03 – 20.12 Uhr

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Tagesordnung

1. Wahl eines Ordners für den Rest des 2. Halbjahres 2000

2. Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 1998)

3. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivildienst (Zivildienstgesetz 1986) geändert wird (ZDG-Novelle 2001)

4. Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz und das Bundesbetreuungsgesetz geändert werden

5. Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (9. Novelle zum Notarversicherungsgesetz 1972)

6. Bundesgesetz über die Förderung der außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit (Bundes-Jugendförderungsgesetz)

7. Bundesgesetz über die Vertretung der Anliegen der Jugend (Bundes-Jugendvertretungsgesetz)

8. Bundesgesetz, mit dem die Bau- und Liegenschaftsverwaltung des Bundes neu organisiert sowie über Bundesvermögen verfügt wird (Bundesimmobiliengesetz) und mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 sowie das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert werden

9. Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs samt Erklärung der Republik Österreich

10. Annahme der Verlängerung der Erklärung europäischer Regierungen über die Produktionsphase der ARIANE-Träger

11. Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz, das Handelsgesetzbuch, das Firmenbuchgesetz, das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das Gerichtsgebührengesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bewertungsgesetz 1955, das Grundsteuergesetz 1955, das Bodenwertabgabegesetz, das Gebührengesetz 1957, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, das Normverbrauchsabgabegesetz


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670. Sitzung / Seite 2

1991, das Werbeabgabegesetz 2000, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Biersteuergesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Alkohol – Steuer und Monopolgesetz 1995, das Tabaksteuergesetz 1995, das Tabakmonopolgesetz 1996, die Bundesabgabenordnung, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Pensionskassengesetz, das Finanzausgleichsgesetz 1997, das Bundeshaushaltsgesetz, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Waffengesetz, das Preisgesetz 1992, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte, das Teilpensionsgesetz, das Richterdienstgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Auslandszulagengesetz, das EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Karenzgeldgesetz, das Sonderunterstützungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Universitäts-Studiengesetz, das Studienförderungsgesetz 1992, das Hochschul-Taxengesetz 1972, das Bundesgesetz über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten an Hochschulen, das Bundesmuseen-Gesetz, das Forschungsorganisationsgesetz, das Bundesforstegesetz 1996, das Wasserrechtsgesetz 1959, das Altlastensanierungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz, das ASFINAG-Gesetz, das Bundesstraßengesetz 1971, das Bundesstraßen-Finanzierungsgesetz 1996, die Straßenverkehrsordnung 1960 und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert sowie steuerliche Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der Gebietskörperschaften, ein Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz, ein Bundesgesetz zur Übertragung der Donau Transport Entwicklungsgesellschaft m.b.H. an den Bund und ein Fernsprechentgeltzuschussgesetz erlassen werden (Budgetbegleitgesetz 2001)

12. Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbstständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung (Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG)

13. Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 und das Kunstförderungsgesetz geändert werden

14. Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, geändert wird

15. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung politischer Bildungsarbeit und Publizistik 1984 geändert wird

16. Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz geändert wird

17. Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 1997 geändert wird

18. Bundesgesetz, mit das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Unterhaltsvorschussgesetz, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Rechtspflegergesetz, die Exekutionsordnung, das Personenstandsgesetz, das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht, das


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Gerichtsgebührengesetz, die Vierte Durchführungsverordnung zum Ehegesetz, das Jugendwohlfahrtsgesetz 1989, das Bankwesengesetz und das Krankenanstaltengesetz geändert werden (Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 – KindRÄG 2001)

19. Bundesgesetz, mit dem im Genossenschaftsrecht begleitende Maßnahmen für die Einführung des Euro getroffen sowie das Gesetz über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und das Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997 geändert werden (Euro-Genossenschaftsbegleitgesetz – Euro-GenBeG)

20. Bundesgesetz, mit dem das Signaturgesetz geändert wird

21. Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozeßordnung 1975, das Finanzstrafgesetz und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert werden

22. Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union samt Anhang, Vorbehalten, Erklärungen und Mitteilung der Republik Österreich

23. Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 1990 geändert wird

24. Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 1. Halbjahr 2001

25. Wahl eines Vertreters Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates

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Inhalt

Bundesrat

Angelobung der Bundesrätin Margarete Aburumieh 13

Trauerkundgebung anlässlich des Todes von Bundesrat Engelbert Schaufler 13

Wahl eines Ordners für den Rest des 2. Halbjahres 2000 30

Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 1. Halbjahr 2001 158

Unterbrechung 105

Besprechung einer Anfragebeantwortung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 1607/AB-BR/00 gemäß § 60 (2) GO-BR 30

Durchführung einer kurzen Debatte

Redner:

Albrecht Konecny (zur Geschäftsbehandlung)105

und 113

Brunhilde Fuchs 105

Bundesminister Mag. Herbert Haupt 108, 111 und 114

Dr. Peter Böhm 110

und (tatsächliche Berichtigung) 113

Mag. Melitta Trunk 112


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670. Sitzung / Seite 4

Dr. André d′Aron 114

Mag. John Gudenus 115

Ludwig Bieringer 115

Personalien

Krankmeldungen 13

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Amtsenthebung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Michael Schmid und Ernennung der neuen Bundesministerin Frau Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger 29

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse 29

Wahlen in Institutionen

Wahl eines Vertreters Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates 160

Ausschüsse

Zuweisungen 29

Fragestunde

Bundesministerium für Inneres 14

Ing. Franz Gruber (1126/M-BR/00); Mag. Melitta Trunk, Mag. John Gudenus

Herbert Thumpser (1130/M-BR/00); Engelbert Weilharter, Alfred Schöls

Friedrich Hensler (1127/M-BR/00); Brunhilde Fuchs, Ludwig Buchinger

Dr. Robert Aspöck (1133/M-BR/00); Stefan Prähauser

Mag. Melitta Trunk (1131/M-BR/00); Mag. John Gudenus, Alfred Schöls

Johann Ledolter (1128/M-BR/00); Peter Marizzi, Ulrike Haunschmid

Karl Boden (1132/M-BR/00); Christoph Hagen, Ing. Walter Grasberger


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670. Sitzung / Seite 5

Mag. Michael Strugl (1129/M-BR/00); Ferdinand Gstöttner, Dr. Peter Böhm

Christoph Hagen (1134/M-BR/00); Günther Köberl, Herbert Thumpser

Verhandlungen

(2) Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 1998) (III-202/BR sowie 6259/BR d. B.)

Berichterstatter: Ing. Walter Grasberger 30

(Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen)

Redner:

Alfred Schöls 31

Brunhilde Fuchs 32

Dr. Robert Aspöck 34

und (tatsächliche Berichtigung) 46

Mag. Michael Strugl 37

Stefan Prähauser 39

Christoph Hagen 41

Bundesminister Dr. Ernst Strasser 43

Herbert Thumpser 46


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670. Sitzung / Seite 6

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen (mit Stimmeneinhelligkeit) 47

(3) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivildienst (Zivildienstgesetz 1986) geändert wird (ZDG-Novelle 2001) (338 und 377 und Zu 377/NR sowie 6260/BR d. B.)

Berichterstatter: Ing. Franz Gruber 47

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Ernst Winter 47

Germana Fösleitner 48

Mag. John Gudenus 49

Herbert Würschl 50

Alfred Schöls 51

Bundesminister Dr. Ernst Strasser 53

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 53

(4) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz und das Bundesbetreuungsgesetz geändert werden (302/A und 378 und Zu 378/NR sowie 6249 und 6261/BR d. B.)

Berichterstatter: Ing. Walter Grasberger 54

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Karl Boden 54

Hans Ager 54

Ludwig Buchinger 56

Mag. Melitta Trunk 57

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 59

(5) Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (9. Novelle zum Notarversicherungsgesetz 1972) (307/A und 344/NR sowie 6262/BR d. B.)

Berichterstatter: Horst Freiberger 60

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. Milan Linzer 60

Stefan Prähauser 61

Dr. Robert Aspöck 62

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 62

Gemeinsame Beratung über

(6) Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Förderung der außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit (Bundes-Jugendförderungsgesetz) (269/A und 350/NR sowie 6252 und 6263/BR d. B.)

(7) Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Vertretung der Anliegen der Jugend (Bundes-Jugendvertretungsgesetz) (270/A und 351/NR sowie 6253, 6254 und 6264/BR d. B.)

Berichterstatter: Horst Freiberger 63

[Antrag, zu (6) und (7) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Hans Ager 63

Herbert Thumpser 64

Thomas Ram 66

Bundesminister Mag. Herbert Haupt 68

Mag. Harald Himmer 69

Mag. John Gudenus 70

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (6) und (7) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 71

(8) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Bau- und Liegenschaftsverwaltung des Bundes neu organisiert sowie über Bundesvermögen verfügt wird (Bundesimmobiliengesetz) und mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 sowie das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert werden (298 und 347/NR sowie 6247, 6248 und 6265/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Christof Neuner 72

(Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – zu erheben)

Redner:

Mag. Dietmar Hoscher 72

Ing. Walter Grasberger 74

Dr. André d′Aron 76

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 78

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 79

Gemeinsame Beratung über

(9) Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs samt Erklärung der Republik Österreich (196 und 384/NR sowie 6266/BR d. B.)


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670. Sitzung / Seite 7

(10) Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend Annahme der Verlängerung der Erklärung europäischer Regierungen über die Produktionsphase der ARIANE-Träger (295 und 385/NR sowie 6267/BR d. B.)

Berichterstatter: Hans Ager 80

[Antrag, zu (9) 1. den in Artikel 27 und Artikel 89 Abs. 1 und 3 des gegenständlichen Staatsvertrages enthaltenen verfassungsändernden Bestimmungen gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, zu (10) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Mag. John Gudenus 80

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (9) 1. den in Artikel 27 und Artikel 89 Abs. 1 und 3 des gegenständlichen Staatsvertrages enthaltenen verfassungsändernden Bestimmungen gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen (mit Stimmeneinhelligkeit) 82

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (10) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 83

(11) Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz, das Handelsgesetzbuch, das Firmenbuchgesetz, das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das Gerichtsgebührengesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bewertungsgesetz 1955, das Grundsteuergesetz 1955, das Bodenwertabgabegesetz, das Gebührengesetz 1957, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, das Normverbrauchsabgabegesetz 1991, das Werbeabgabegesetz 2000, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Biersteuergesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Alkohol – Steuer und Monopolgesetz 1995, das Tabaksteuergesetz 1995, das Tabakmonopolgesetz 1996, die Bundesabgabenordnung, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Pensionskassengesetz, das Finanzausgleichsgesetz 1997, das Bundeshaushaltsgesetz, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Waffengesetz, das Preisgesetz 1992, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte, das Teilpensionsgesetz, das Richterdienstgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Auslandszulagengesetz, das EU-Beamten-Sozialversicherungs


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670. Sitzung / Seite 8

gesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Karenzgeldgesetz, das Sonderunterstützungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Universitäts-Studiengesetz, das Studienförderungsgesetz 1992, das Hochschul-Taxengesetz 1972, das Bundesgesetz über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten an Hochschulen, das Bundesmuseen-Gesetz, das Forschungsorganisationsgesetz, das Bundesforstegesetz 1996, das Wasserrechtsgesetz 1959, das Altlastensanierungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz, das ASFINAG-Gesetz, das Bundesstraßengesetz 1971, das Bundesstraßen-Finanzierungsgesetz 1996, die Straßenverkehrsordnung 1960 und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert sowie steuerliche Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der Gebietskörperschaften, ein Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz, ein Bundesgesetz zur Übertragung der Donau Transport Entwicklungsgesellschaft m.b.H. an den Bund und ein Fernsprechentgeltzuschussgesetz erlassen werden (Budgetbegleitgesetz 2001) (311 und 369/NR sowie 6250, 6251 und 6268/BR d. B.)

Berichterstatterin: Monika Mühlwerth 84

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Mag. Dietmar Hoscher 84

Herwig Hösele 87

Engelbert Weilharter 89

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 91 und 119

Hedda Kainz 93

Johann Ledolter 97

Mag. Christof Neuner 99

Peter Marizzi 100

Josef Saller 103

Christoph Hagen 103

Ing. Franz Gruber 116

Ilse Giesinger 117

Ferdinand Gstöttner 118

Alfred Schöls 120

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 121

Gemeinsame Beratung über

(12) Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbstständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung (Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG) (312, 214/A und 356/NR sowie 6269/BR d. B.)

(13) Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 und das Kunstförderungsgesetz geändert werden (313 und 356/NR sowie 6270/BR d. B.)


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670. Sitzung / Seite 9

Berichterstatter: Georg Keuschnigg 121

[Antrag, zu (12) und (13) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Herwig Hösele 122

Mag. Dietmar Hoscher 123

Staatssekretär Franz Morak 124

Monika Mühlwerth 125

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (12) und (13) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 126


Bundesrat
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670. Sitzung / Seite 10

Gemeinsame Beratung über

(14) Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, geändert wird (304/A und 380/NR sowie 6255 und 6271/BR d. B.)

(15) Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung politischer Bildungsarbeit und Publizistik 1984 geändert wird (303/A und 381/NR sowie 6272/BR d. B.)

(16) Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz geändert wird (382/NR sowie 6273/BR d. B.)

Berichterstatterin: Monika Mühlwerth 127

[Antrag, zu (14), (15) und (16) keinen Einspruch zu erheben]


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670. Sitzung / Seite 11

Redner:

Horst Freiberger 127

Dr. Ferdinand Maier 129

Ing. Gerd Klamt 130

Herbert Würschl 131

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (14) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 132

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (15) und (16) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 132

(17) Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 1997 geändert wird (360/NR sowie 6274/BR d. B.)

Berichterstatter: Ing. Franz Gruber 133

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dipl.-Ing. Hannes Missethon 133

Peter Marizzi 134

Wilhelm Grissemann 135

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 135

Gemeinsame Beratung über

(18) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Unterhaltsvorschussgesetz, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Rechtspflegergesetz, die Exekutionsordnung, das Personenstandsgesetz, das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht, das Gerichtsgebührengesetz, die Vierte Durchführungsverordnung zum Ehegesetz, das Jugendwohlfahrtsgesetz 1989, das Bankwesengesetz und das Krankenanstaltengesetz geändert werden (Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 – KindRÄG 2001) (296 und 366/NR sowie 6275/BR d. B.)

(19) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem im Genossenschaftsrecht begleitende Maßnahmen für die Einführung des Euro getroffen sowie das Gesetz über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und das Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997 geändert werden (Euro-Genossenschaftsbegleitgesetz – Euro-GenBeG) (312/A und 371/NR sowie 6276/BR d. B.)

(20) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Signaturgesetz geändert wird (313/A und 372/NR sowie 6277/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Robert Aspöck 136

[Antrag, zu (18), (19) und (20) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Mag. Dietmar Hoscher 137

Ing. Franz Gruber 138

Dr. Peter Böhm 138

Hedda Kainz 140

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer 142

Anna Höllerer 143

Ulrike Haunschmid 144

Dipl.-Ing. Hannes Missethon 145

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (18) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 146

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (19) und (20) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 146

Gemeinsame Beratung über

(21) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozeßordnung 1975, das Finanzstrafgesetz und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert werden (297 und 373/NR sowie 6278/BR d. B.)

(22) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend ein Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union samt Anhang, Vorbehalten, Erklärungen und Mitteilung der Republik Österreich (273 und Zu 273 und 374/NR sowie 6279/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Robert Aspöck 147

[Antrag, zu (21) und (22) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Brunhilde Fuchs 147

Dr. Milan Linzer 147

Ing. Gerd Klamt 149

Ludwig Bieringer 150

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (21) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 151

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (22) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 151

(23) Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 1990 geändert wird (300 und 361/NR sowie 6256 und 6280/BR d. B.)

Berichterstatter: Thomas Ram 152

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Stefan Prähauser 152

Dr. Vincenz Liechtenstein 153

Mag. John Gudenus 154

Bundesminister Herbert Scheibner 155

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 158

Eingebracht wurden

Anfragen

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Ilse Giesinger, Jürgen Weiss, Christoph Hagen betreffend Umsetzung der fahrleistungsabhängigen LKW-Maut an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie (1753/J-BR/00)

der Bundesräte Dr. Robert Aspöck und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Informationsvorsprung" der Medien (1754/J-BR/00)

der Bundesräte Klaus Gasteiger und GenossInnen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend den Ausbau der B 161 Zillertal Bundesstraße (1755/J-BR/00)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und GenossInnen (1601/AB-BR/00 zu 1733/J-BR/00)

des Bundesministers für Finanzen auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und GenossInnen (1602/AB-BR/00 zu 1734/J-BR/00)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger (1603/AB-BR/00 zu 1732/J-BR/00)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Christoph Hagen, Ilse Giesinger und Jügen Weiss (1604/AB-BR/00 zu 1745/J-BR/00)


Bundesrat
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670. Sitzung / Seite 12

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und GenossInnen (1605/AB-BR/00 zu 1736/J-BR/00)

des Bundesministers für Finanzen auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger (1606/AB-BR/00 zu 1741/J-BR/00)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Frage der Bundesräte Brunhilde Fuchs und GenossInnen (1607/AB-BR/00 zu 1744/J-BR/00)

des Bundeskanzlers auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger (1608/AB-BR/00 zu 1743/J-BR/00)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und GenossInnen (1609/AB-BR/00 zu 1746/J-BR/00)


Bundesrat
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670. Sitzung / Seite 13

Beginn der Sitzung: 09.03 Uhr

Präsident Johann Payer: Ich eröffne die 670. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 669. Sitzung des Bundesrates vom 9. November 2000 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Krank gemeldet haben sich die Mitglieder des Bundesrates Johann Kraml und Uta Barbara Pühringer.

Angelobung

Präsident Johann Payer: Dem verstorbenen Bundesrat Engelbert Schaufler ist sein vom Niederösterreichischen Landtag gewähltes Ersatzmitglied, Frau Margarete Aburumieh, nachgefolgt.

Die Frau Bundesrätin ist im Haus anwesend. Ich werde daher sogleich ihre Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten sein.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel.

Schriftführerin Monika Mühlwerth: "Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Bundesrätin Margarete Aburumieh (ÖVP): Ich gelobe.

Präsident Johann Payer: Ich begrüße Frau Bundesrätin Margarete Aburumieh recht herzlich in unserer Mitte! (Allgemeiner Beifall.)

Trauerkundgebung

Präsident Johann Payer: Hoher Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie, sich zum Gedenken an Bundesrat Engelbert Schaufler von den Sitzen zu erheben.

Bundesrat Engelbert Schaufler ist am 20. November völlig unerwartet von uns gegangen.

Engelbert Schaufler wurde am 11. November 1941 in Steinakirchen am Forst geboren. Nach Mitarbeit in der elterlichen Landwirtschaft wurde er Betriebsratsvorsitzender der Arbeiter im Raiffeisen-Lagerhaus Gramatneusiedl. Seit 1981 war er als Sekretär in der Gewerkschaft Agrar, Nahrung und Genuss tätig, in dessen Präsidium er im Jahr 1991 berufen wurde.

Sein besonderes Engagement und seine Einsatzfreude widmete er seiner Tätigkeit als Präsident des Niederösterreichischen Landarbeiterkammertages und auch des Österreichischen Landarbeiterkammertages, dessen Vorsitz er seit 1987 innehatte.

1991 wurde er zum Bundesvorsitzenden-Stellvertreter der Fraktion Christlicher Gewerkschafter im ÖGB gewählt.

Am 9. Juli 1993 erfolgte schließlich die Wahl von Engelbert Schaufler durch den Niederösterreichischen Landtag in den Bundesrat, wo er seit mehr als drei Jahren als Obmann-Stellvertreter der ÖVP-Bundesratsfraktion und als Ordner tätig war. Mit 1. Juli 2001 wäre er als Erstgereihter des zum Vorsitz berufenen Bundeslandes Niederösterreich dessen Präsident geworden.


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670. Sitzung / Seite 14

Als Vorsitzender beziehungsweise Mitglied des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus, für soziale Sicherheit und Generationen, für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft hat er sich stets für die sozialen Anliegen der Arbeitnehmer eingesetzt und bleibende Verdienste erworben.

Die Länderkammer und das Land Niederösterreich sind um einen verdienstvollen Politiker und Menschen ärmer geworden, der stets das Gemeinsame suchte und sich weit über die Grenzen seiner engeren Heimat und seiner Partei hinaus großer Anerkennung erfreute.

Ich darf im Namen aller Fraktionen des Bundesrates sagen: Wir haben einen lieben Kollegen und überaus liebenswerten Menschen und viele von uns haben auch einen guten Freund verloren. Ich selbst durfte mit ihm Wahlbeobachter in zwei Nachbarländern sein.

Der Verstorbene wird allen Mitgliedern des Bundesrates, unbeschadet ihrer Weltanschauung und unbeschadet ihrer Parteizugehörigkeit, als vorbildlicher Parlamentarier in Erinnerung bleiben! Wir werden ihm stets ein ehrendes Gedenken bewahren! 

Ich danke Ihnen für das Zeichen Ihrer Trauer.

Fragestunde


Bundesrat
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670. Sitzung / Seite 15

Präsident Johann Payer:
Wir gelangen nunmehr zur Fragestunde.

Bundesministerium für Inneres

Präsident Johann Payer: Ich beginne jetzt – um 9.08 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Wir kommen nunmehr zur 1. Anfrage, 1126/M, an den Herrn Bundesminister für Inneres. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Ing. Franz Gruber, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Herr Minister! Meine Frage lautet:

1126/M-BR/00

Welche Maßnahmen haben Sie auf Grund der Erkenntnisse über ungerechtfertigte EKIS-Abfragen zur Verbesserung des Datenschutzes gesetzt?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrtes Mitglied des Bundesrates! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe eine ganze Reihe von Maßnahmen gesetzt, nachdem diese Vorwürfe bekannt geworden sind. Es hat eine ganze Reihe von Sofortmaßnahmen gegeben, etwa dass über Funk das Vier-Augen-Prinzip gelten und eine verstärkte direkte Fach- und Kontrollaufsicht durchgeführt werden müssen.

Zweitens habe ich eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die eine Reihe von Experten innerhalb und außerhalb des Hauses beauftragt hat, Vorschläge für eine wesentliche Verbesserung dieses Systems zu erarbeiten, und ich danke der Nationalbank und den Banken herzlich, dass sie Experten aus ihrem Bereich zur Verfügung gestellt haben.

Drittens werden wir an der Unternehmenskultur in unserem Haus zu arbeiten haben, damit Dinge, die nicht rechtens sind, auch in unserem Bereich nicht umgesetzt werden können, sondern dass sowohl disziplinäre als auch, wenn notwendig, strafrechtlichte Verfolgung geboten erscheint.

Präsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Wie soll die Datensicherheit in diesem System gewährleistet sein?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diesbezüglich sind drei Punkte anzuführen.

Erstens geht es darum, dass wir die Erhöhung der Datensicherung und der Sicherheit der Daten an sich anstreben müssen. Zweitens brauchen wir eine Durchleuchtung des Controllings der Zugangsberechtigten. Auch diesbezüglich sehe ich einen gewissen Handlungsbedarf. Drittens habe ich dieser Arbeitsgruppe den Auftrag erteilt, dass sie das Verhältnis des Staatsbürgers zu den über ihn gespeicherten Daten durchleuchten und in diesem Zusammenhang nach Verbesserungsmöglichkeiten suchen soll. Ich hoffe, dass ich in etwa vier bis sechs Wochen entsprechende Vorschläge machen kann.

Präsident Johann Payer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Minister! Kann es der Praxis und täglichen Arbeit der Exekutivbeamten an der Grenze entsprechen, wenn mir Zöllner und Grenzgendarmen aus Kärnten sagen, dass aufgrund und während der Spitzelaffäre notwendige EKIS-Abfragen wegen allfälliger Verunsicherung nicht oft genug und nicht schnell genug getätigt wurden?

Verfügen Sie über Vergleichszahlen der Frequenz der Abfragen etwa von November/Dezember 1999 im Vergleich zu 2000?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Die Dienstanweisungen, wann und unter welchen Voraussetzungen Informationen aus dem EKIS abgefragt werden sollen und müssen, sind völlig klar, transparent und offen. Die Beamtinnen und Beamten wissen darüber Bescheid, und der Rückgang der Abfragen, den wir in den vergangenen sechs bis acht Wochen feststellen konnten, zeigt, dass in unserem Haus, dem Bundesministerium für Inneres, das ein rotweißrotes Haus werden soll, bereits eine entsprechende Unternehmenskultur zu greifen beginnt.

Präsident Johann Payer: Herr Bundesrat Mag. John Gudenus wünscht eine Zusatzfrage. – Bitte.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Pro Jahr werden rund 55 Millionen EKIS-Eingaben gemacht. Wie lange dauert es, um diese 55 Millionen EKIS-Eingaben auf ihre berechtigte Abfrage zu überprüfen?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Wir alle sind sehr froh, dass wir nicht alle 55 Millionen Abfragen überprüfen müssen. Das wäre eine Herkulesarbeit, die wahrscheinlich sehr lange dauern würde. Wir haben aber ein System entwickelt, bei dem alle Abfragen, die überprüfungswürdig erscheinen, überprüft werden, und wir sind derzeit dabei, das abzuarbeiten. Wenn aufklärungswürdige Tatsachen aufscheinen, dann werden die Disziplinarbehörden verständigt, beziehungsweise wenn das wiederholt vorkommt, dann auch der zuständige Staatsanwalt. Letzterer beziehungsweise die Disziplinarbehörden haben dann die weiteren Veranlassungen zu treffen.

Präsident Johann Payer: Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 2. Anfrage, 1130/M, an den Herrn Bundesminister für Inneres. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn


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670. Sitzung / Seite 16

Bundesrat Herbert Thumpser, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1130/M-BR/00

Welche Reduzierungen beziehungsweise Zusammenlegungen sind bundesweit bei den Gendarmerieposten und Polizeiwachzimmern geplant?

Präsident Johann Payer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Derzeit sind keine Zusammenlegungen geplant, aber es ist notwendig, sinnvoll und wünschenswert, dass jede Organisation selbst überlegt und plant, wie sie ihre Organisationsstruktur etwaigen neuen gesellschaftlichen Verhältnissen anzupassen hat.

Präsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Können Sie für diese Legislaturperiode Zusammenlegungen von Gendarmerieposten, zum Beispiel für das Bundesland Niederösterreich, ausschließen?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Würde ich diese Frage jetzt mit Ja oder Nein beantworten, dann wäre ich ein ganz schlechter Ressortchef, weil für die nächsten drei Jahren nicht von vornherein festzustellen ist, was sich verändern wird. So kommt zum Beispiel in Ihrem Bereich, im Bezirk Lilienfeld, ein großes Einkaufszentrum in Traisen dazu. Das verändert die Sicherheitssituation dort entsprechend, und aufgrund einer Veränderung der Sicherheitssituation ergibt sich auch eine Diskussion über Veränderungen unserer Gendarmeriestruktur. Wir passen uns also aktuellen Sicherheitserfordernissen an, und daher werden wir aufgrund neuer Anforderungen auch neue Strukturen zu schaffen haben.

Präsident Johann Payer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Engelbert Weilharter.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Schließen Sie eine Zusammenlegung der beiden Wachkörper Polizei und Gendarmerie aus?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich vergleiche das immer mit der katholischen und evangelischen Kirche: Wenn jemand diese beiden Kirchen zusammenführen möchte, und das unter Umständen innerhalb einer Legislaturperiode, wird er bei der 1 000-jährigen Tradition, zumindest der katholischen Kirche, auf große Schwierigkeiten stoßen. Nicht unähnlich ist die Situation zwischen Polizei und Gendarmerie, auch wenn diese beiden Organisationen noch nicht auf eine 1 000-jährige Geschichte zurückblicken können.

Ich meine, man soll zusammenführen, was zusammengehört, und daher haben wir gerade in der Zentralleitung sehr wichtige Organisationsformen zusammengeführt wie etwa das Beschaffungswesen und die Personalplanung beziehungsweise Budgetplanung. Für die Wachzimmer oder Gendarmerieposten sind derartige Vorgangsweisen jedoch nicht geplant. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Johann Payer: Herr Bundesrat Alfred Schöls, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Können Sie, sollte es in dieser Legislaturperiode wider Erwarten doch zu Postenzu


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670. Sitzung / Seite 17

sammenlegungen kommen, garantieren, dass es im Bereich der öffentlichen Sicherheit zu keinem Qualitätsverlust für die Bürger kommt?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Ja. Aus menschlichem Ermessen wird es zu keiner Beeinträchtigung des subjektiven Sicherheitsgefühls für die Bevölkerung kommen.

Präsident Johann Payer: Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 3. Anfrage, 1127/M, an den Herrn Bundesminister für Inneres. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Friedrich Hensler, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1127/M-BR/00

Wie werden Sie sicherstellen, dass auch in der neuen Personalsituation die Sicherheit der Österreicher gewährleistet wird?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Das ist eine Herkulesaufgabe, der wir uns mit großem Engagement – ich danke den Beamtinnen und Beamten, insbesondere auch meinen Mitarbeitern im Ressort – stellen.

Wir haben einen Grundsatz, nämlich dass – wie ich schon bei den vorigen Anfragen gesagt habe – klar ist, dass die zentrale Position in unserem Sicherheitsapparat die Wachzimmer und die Gendarmerieposten einnehmen. Daher haben wir alles getan, um das Personal für diese Einheiten sicherzustellen. Ich bin froh und glücklich und danke den Verantwortlichen bei Polizei und Gendarmerie, dass im Jahr 2000 kein einziger Planposten in einem Wachzimmer oder auf einem Gendarmerieposten in ganz Österreich einspart werden musste. Alle nötigen Einsparungen wurden lediglich im Bereich der Verwaltung durchgeführt, und wir wollen prioritär auch weiterhin an diesem Grundsatz festhalten.

Präsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Wie viele Planstellen können Sie durch diese geplante Änderung im Bereich des Zivildienstes einsparen?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich spreche jetzt von etwas, wofür ich noch um die Zustimmung des Bundesrates ersuche, denn der entsprechende Gesetzesvorschlag hat den Nationalrat zwar bereits passiert, ich kann aber nicht vorwegnehmen, wie der Hohe Bundesrat entscheiden wird. Daher werde ich sehr um eine Zustimmung des Hohen Bundesrates für die geplante Zivildienstgesetz-Novelle werben, welche nicht nur eine wesentliche Erleichterung für die Zivildiener und die Zivildienstorganisationen bringt, sondern uns durch eine entsprechende Neuorganisation auch ermöglicht, 20 Planstellen im Bereich des Zivildienstes "abzusystemisieren" und diese im Sicherheitsbereich, in der Nähe von Gendarmerie und Polizei, einzusetzen.

Präsident Johann Payer: Frau Bundesrätin Brunhilde Fuchs wünscht eine weitere Zusatzfrage. – Bitte.

Bundesrätin Brunhilde Fuchs (SPÖ, Wien): Werter Herr Bundesminister! Wir wissen, dass wir zirka 1 000 Verkehrstote pro Jahr zu beklagen haben. Ist bei einer Neustrukturierung vor


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670. Sitzung / Seite 18

gesehen, dass Sie eine Umschichtung des Einsatzes der Exekutivbeamten mit Schwerpunkt Überwachung des Straßenverkehrs und dessen Vorschriften vornehmen?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Werte Frau Bundesrätin! Unsere Gendarmerie- und Polizeibeamten sind keine Überwacher und auch keine Mautkassierer, sondern sie sorgen für Sicherheit und leisten Hilfe dort, wo sie gebraucht wird. Daher haben wir eine Optimierung unseres Einsatzes im Straßendienst vorgesehen, und zwar dass unsere Gendarmerie- und Polizeibeamten insbesondere an so genannten Unfallhäufigkeitspunkten auf den Straßen anzutreffen sind.

Wir haben im Frühjahr eine entsprechende Untersuchung gemeinsam mit dem Kuratorium für Verkehrssicherheit durchgeführt; ab Herbst haben Gendarmerie und Polizei dieses Konzept umgesetzt. Ich bin sehr froh, dass sich dieser punktuell genaue Einsatz unserer Gendarmerie- und Polizeibeamten in den letzten Wochen und Monaten auf die Zahl der Unfälle, auf die Zahl der Verletzten und vor allem auf die Zahl der Todesfälle positiv auswirkt. Ich glaube, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind.

Präsident Johann Payer: Herr Bundesrat Ludwig Buchinger wünscht eine Zusatzfrage. – Bitte.

Bundesrat Ludwig Buchinger (Freiheitliche, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wie viele Funktionsernennungen beziehungsweise Dienstpostenernennungen wurden im Bereich der Bundesgendarmerie im Bundesland Niederösterreich seit Ihrem Amtsantritt mittels Ministerweisung vorgenommen?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Das kann ich Ihnen im Moment nicht beantworten, weil ich mir keinen Überblick darüber geben lasse. Ich möchte nicht ausschließen, dass es die eine oder andere solche Ernennung gegeben hat. Ich bin gerne bereit, Ihnen diese Information schriftlich nachzuliefern. Ich bin mir aber sehr sicher, dass es in Ihrem regionalen Bereich, im Bezirk Tulln, keine derartige Weisung gegeben hat.

Präsident Johann Payer: Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 4. Anfrage, 1133/M, an den Herrn Bundesminister. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Dr. Robert Aspöck, um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1133/M-BR/00

Was gedenken Sie dagegen zu tun, dass immer wieder vertrauliche Unterlagen (wie Teile von Vernehmungsprotokollen) – welche an sich der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind – in die Medien gelangen?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Ich danke herzlich für diese Frage, denn es bedeutet tatsächlich ein großes Ärgernis, wenn Aktenteile an die Öffentlichkeit kommen, und zwar nicht für die Verwaltung, sondern insbesondere für die Betroffenen, aber auch für die jeweiligen Institutionen sowie die gesamte Gesellschaft.

Ich habe daher innerhalb unseres Hauses eine entsprechende Vorgangsweise im Kanzlei- und Protokollierungswesen vorgesehen, nach der alles in der Weise festgehalten wird, dass eine vollständige Nachvollziehbarkeit der Aktengänge möglich ist.


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670. Sitzung / Seite 19

Wir haben weiters unsere Dienstaufsicht sensibilisiert, solchen Vorfällen verstärkt und im Detail nachzugehen. Ich bin sehr dankbar, dass die Bundesregierung in ihrer letzten Regierungsklausur auf Vorschlag des Herrn Bundeskanzlers Schüssel und der Frau Vizekanzlerin Riess-Passer eine Arbeitsgruppe eingesetzt hat, die ressortübergreifend die Aktenverfolgung, aber auch die Aktensicherung, also die Kopiersicherung von Akten, sicherstellen soll. – Ich erwarte mir von den Ergebnissen dieser Arbeitsgruppe entscheidende Impulse für unsere Arbeit im Innenministerium.

Präsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Herr Bundesminister! Ich glaube, wir sind einer Meinung, wenn ich sage, dass eine bereits erfolgte Weitergabe von Geheiminformationen oder geheimen Aktenunterlagen an irgendein Medienorgan ein strafbares Delikt in dieser Republik darstellen würde, wenn dies durch einen Beamten geschehen wäre. Da nun solche Vermutungen aufgetaucht sind, frage ich noch, ob Sie diesbezüglich im Bereich Ihres Ministeriums und Ihrer Beamten bereits Untersuchungen einleiten ließen.

Präsident Johann Payer: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesrat
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670. Sitzung / Seite 20

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser:
Ja, das kann sowohl disziplinäre als auch strafrechtliche Folgen haben. Wir haben beide Aspekte dieses Problems detailliert beleuchtet, und die entsprechenden Informationen wurden sowohl an die Disziplinarbehörden als auch an den zuständigen Staatsanwalt weitergegeben, damit allen Punkten in allen Bereichen voll auf den Grund gegangen werden kann. Wir haben das größte Interesse, derartigen Vorwürfen vollständig auf den Grund zu gehen und Licht in etwaige derartige Vorgänge zu bringen.


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670. Sitzung / Seite 21

Präsident Johann Payer:
Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Josef Saller zieht seine Zusatzfrage zurück. – Herr Bundesrat Stefan Prähauser, bitte.

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Herr Bundesminister! Kann man jetzt, nachdem man den Medien entnehmen konnte, dass Beamte der AUF an der Weitergabe von geheimen Dokumenten und Akten nicht ganz unbeteiligt waren, feststellen, dass diese Übergriffe seltener geworden sind, oder hat sich ihre Zahl erhöht?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Ich muss sehr klar festhalten, was ich bei jeder Gelegenheit klar festhalte: Es gilt für alle in der Öffentlichkeit genannten etwaigen Vorwürfe an Personen, egal in welche Richtung, die Unschuldsvermutung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist klar festzuhalten, dass etwaige Verdächtigungen nicht von unserem Ressort ausgehen und dass nicht wir etwaige Unterstellungen zu bewerten haben. Vielmehr ist es unsere Aufgabe, im Auftrag der Staatsanwaltschaft zu ermitteln und unsere Ermittlungsergebnisse dem zuständigen Staatsanwalt oder Untersuchungsrichter zur Würdigung zu übergeben. Wir spekulieren nicht, wir richten nicht, sondern wir ermitteln. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nunmehr zur 5. Anfrage, 1131/M, an den Herrn Bundesminister. Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk, um die Verlesung ihrer Anfrage.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Minister! Meine Frage lautet:

1131/M-BR/00

Durch welche Maßnahmen werden die negativen Auswirkungen der neuen Geschäftseinteilung des Bundesministeriums für Inneres, die die Reduzierung von Besetzungen von Führungspositionen mit Beamtinnen vorsieht, ausgeglichen?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Aufgrund Ihrer Wortwahl ist das nur ein Teil einer Frage, die ich wie folgt beantworte: Jawohl, es gibt eine Reduzierung von Führungspositionen betreffend Beamtinnen und Beamte.

Ich darf das kurz erläutern: Wir haben die Gruppen in unserem Haus reduziert und die Zahl der Gruppenleiter von 12 auf 6 halbiert. Wir haben die Zahl der Abteilungsleiter von 49 auf 48 reduziert. Wir haben in unserem Haus also eine entsprechende Verschlankung des Führungsbereichs vorgenommen, und das bedeutet, dass wir die Hierarchien verflacht und damit die Durchlässigkeit der Informationen von unten nach oben und von oben nach unten erhöht haben.

Es ist richtig, dass auch Kolleginnen davon betroffen waren, und zwar insgesamt vier, wobei ich sehr froh bin, dass es möglich war, zwei dieser Kolleginnen bereits wieder in neue Führungspositionen der ähnlichen oder gleichen Art zu bestellen.

Präsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Minister! Planen Sie, im Bereich Ihres sehr umfassenden Kompetenzbereiches Frauenfördermaßnahmen, wie sie Ihre Vorgänger eingeleitet haben, konkret umzusetzen?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Diese Frage beinhaltet, dass dies bisher nicht der Fall gewesen wäre. – Sie haben selbst mit mir darüber gesprochen, und ich bin sehr gerne Ihrem Vorschlag und Ihrer Information nachgekommen: Die Interventionsstelle für Frauen ist ein wichtiges Bindeglied zwischen Polizei und Gendarmerie auf der einen Seite und den Gerichten und allen Einrichtungen im Sozialbereich auf der anderen Seite, also insgesamt ein ganz wichtiges Instrument. Ich habe dieses gemeinsam mit Herrn Bundesminister Haupt weiter ausgebaut und besser dotiert, und ich lege größten Wert darauf, dass diese Hilfe für Frauen, die sich in persönlich schwierigen Situationen befinden, auch weiterhin gut gedeiht und sich gut entwickelt.

Präsident Johann Payer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Mag. John Gudenus.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Halten Sie es mit den Gesetzen der Sparsamkeit für vereinbar, dass nach der neuen Geschäftseinteilung in Ihrem Haus das so genannte Kabinett des Generaldirektors für öffentliche Sicherheit derzeit etwa 15 Mitarbeiter aufweist, während es dort in der Zeit seiner Vorgänger nur zwei Mitarbeiter gab?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Nein, ich halte das weder für wünschenswert noch für gegeben, und ich halte das auch mit den Gesetzen der Republik nicht vollständig und 100-prozentig vereinbar. Daher habe ich mit der neuen Geschäftseinteilung ab 1. Dezember dieses Generalsekretariat des Generaldirektors abgeschafft. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Präsident Johann Payer: Herr Bundesrat Alfred Schöls! Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Haben Sie mit der Änderung der Geschäftseinteilung frauendiskriminierende Zielsetzungen verfolgt?

Präsident Johann Payer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Nein. Das Gegenteil ist der Fall.

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nunmehr zur 6. Anfrage an den Herrn Bundesminister für Inneres, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Johann Ledolter, um Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Bundesminister! Ich hätte von Ihnen, um wieder ein wenig auf den Boden der Fakten und weg von Hypothesen und Unterstellungen zu kommen, gern Folgendes gewusst:

1128/M-BR/00

Wie weit ist die Reform des Kriminaldienstes gediehen?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Hoch verehrter Herr Bundesrat! Es ist für mich eine große Freude, dass eine der größten Reformen, die im Bereich unseres Hauses, wie ich meine, seit vielen Jahren ansteht, jetzt in den elf Monaten meiner Amtszeit von der Pike auf neu formuliert und mit großer Energie vom Generaldirektor für öffentliche Sicherheit als Projektleiter und von Herrn Ministerialrat Dr. Beuchert als Projektmanager durchgeführt wurde und jetzt unmittelbar vor dem Abschluss steht.

Ich werde morgen Gelegenheit haben, der Öffentlichkeit gemeinsam mit dem Generaldirektor für öffentliche Sicherheit den Kriminaldienst neu zu präsentieren. Der Bundeskriminaldienst wird als neue Dienstleistungsorganisation unseres Hauses aus der Kameralistik ausgegliedert und wird nun sehr erfolgreichen Organisationen wie dem Deutschen Bundeskriminaldienst in Wiesbaden, dem Schweizer Vorbild beziehungsweise dem FBI ähnlich sein. Der Bundeskriminaldienst wird nun auch in Österreich als professioneller Dienstleister sowohl für die öffentliche Sicherheit als auch für Einheiten im Landes- und Bezirksbereich zur Verfügung stehen.

Ich weiß, dass diese Organisation in der Gemeinde Reichenau nicht unbedingt notwendig ist, aber für Österreich und darüber hinaus halte ich das für sehr notwendig.

Präsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Ich hätte weiters gerne gewusst, ob Sie nach Abschluss der Arbeiten zur Schaffung des Bundeskriminalamtes mit derselben Effizienz und derselben Zielstrebigkeit auch die Neuordnung der Staatspolizei in Angriff nehmen werden.

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Wir gehen so vor, dass wir eines nach dem anderen abarbeiten, was im Regierungsprogramm der beiden Regierungsparteien FPÖ und ÖVP vorgesehen ist.

Daher haben wir jetzt das Bundeskriminalamt von der Konzeption her auf die Beine gestellt und können dies morgen der Öffentlichkeit vorstellen. Wir haben bereits auch mit den Vorarbeiten für die Staatspolizeireform, die im Regierungsprogramm vorgesehen ist, begonnen, und ich gehe davon aus, dass wir uns etwa Mitte nächsten Jahres, wenn die Umsetzung des Bundeskriminalamts sozusagen auf der Schiene ist, diesem Bereich zuwenden werden. Es ist mein Plan, dass wir die Reform der Staatspolizei mit einer ähnlichen Konzeption und Aufgabenstellung umsetzen, wie wir das beim Bundeskriminalamt gezeigt haben.

Präsident Johann Payer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Ich bitte Herrn Bundesrat Peter Marizzi um seine Zusatzfrage.

Bundesrat Peter Marizzi (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Sie haben gesagt, dass Sie Herkulesarbeit zu leisten hätten, um die Katholische Kirche und die Evangelische Kirche zusammenzulegen, also quasi von der griechischen Mythologie bis zur Kirche zu gehen


Bundesrat
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670. Sitzung / Seite 22

haben. Sie bewältigen Ihre Aufgabe großartig! Sie agieren sehr geschickt! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Bieringer: Das ist wirklich großartig!) Stimmt! Der Herr Bundesminister weicht den Stangen sehr geschickt aus, die ihm in den Weg gestellt werden. Er fährt gut Slalom. Das stimmt!

Herr Minister! Daher stelle ich Ihnen jetzt eine Frage: Sie kennen das leidige Thema Traiskirchen. Traiskirchen wurde gebaut, um den kriminalpolizeilichen Erfolg wesentlich zu steigern. Wie geht es jetzt mit Traiskirchen weiter? Wird das weiter gebaut? Wird das geändert?

Präsident Johann Payer: Das war eine Menge von Fragen. Herr Minister! Laut Geschäftsordnung müssen Sie nur eine beantworten.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat Marizzi! Ich danke Ihnen herzlich, dass Sie eine ähnliche Sicht der Dinge haben, nämlich dass ich eine ganze Menge von Trümmern zum Aufarbeiten von meinem Vorgänger übernommen habe! (Beifall bei der ÖVP und Bundesräten der Freiheitlichen.)

Vielleicht hängt das auch mit dem Innenverhältnis der Parteiorganisation in Neunkirchen zur Gesamtpartei in Niederösterreich zusammen. Aber das entzieht sich meiner detaillierten Kenntnis!

Zur Beantwortung der Frage: Was das Gebäude der Sicherheitsakademie in Traiskirchen betrifft, so mussten wir leider feststellen, dass der geplante Übergabetermin am 17. November 2000 nicht einzuhalten war, weil das Gebäude von den Projektanten, Erbauern und Erstellern nicht in dem Zustand zur Übergabe zur Verfügung gestellt wurde, wie es die Verträge vorsahen. Daher haben wir uns zur Übernahme nicht in der Lage gesehen, und ich möchte nicht nur die Verantwortung nicht übernehmen, sondern ich gehe auch davon aus, dass unsere Beamtinnen und Beamten, wenn sie ein neues Haus beziehen, tatsächlich ein neues Haus vorfinden und nicht Teile einer Baustelle und einer unfertigen Struktur oder Arbeitsverhältnisse, die nicht arbeitwürdig sind. Daher war dieses Gebäude nicht zu übernehmen. Wir müssen darauf dringen, dass die vertraglichen Vereinbarungen, die für den Übergabetermin festgelegt wurden, auch voll und ganz eingehalten werden.

Zweitens: Dieses Gebäude erfüllt nach unseren Überprüfungen nicht die Funktionen, die ich an eine moderne Sicherheitsakademie stelle. Das gilt sowohl für den Platz als auch für die Organisation und die Raumaufteilung. Ich habe daher eine interne Überprüfung beauftragt, mit der die Annahmen, die im Raum stehen, verifiziert oder falsifiziert werden sollen. Ich gehe selbstverständlich davon aus, dass unseren Beamtinnen und Beamten nur die besten organisatorischen, baulichen und auch personellen Voraussetzungen zuzumuten sind, um eine gediegene, professionelle Ausbildung in unserem Führungsbereich auch in Zukunft zu gewährleisten. Diesen Weg werde ich beschreiten. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Präsident Johann Payer: Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid wünscht eine Zusatzfrage. – Bitte.

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Welches Jahr wird als Grundlage für die Errechnung der prozentuellen Überstundenreduzierung genommen, und gibt die geplante Reduzierung Anlass, die Kriminaltätigkeit der Polizei und der Gendarmerie in einem Bundeskriminalamt zu vereinen?

Präsident Johann Payer: Auch Sie haben nun zwei Fragen gestellt, aber der Herr Bundesminister wird sie beantworten.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Grundlage ist das Jahr 2000. Ausgehend von der derzeitigen Planung sehen wir eine Überstundenreduktion im Ausmaß von 15 bis 20 Prozent vor. Ich glaube, das war die eine Frage. Von der Organisation her wird das alle Bereiche betreffen, und alle werden anteilig dazu beitragen. Es kann sich allerdings ergeben, dass dies in den einzelnen Bereichen in unterschiedlichem Ausmaß der Fall sein wird. Das wird noch inner


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halb der Generaldirektion, der Gruppe II, im Detail abzusprechen sein, und zwar gemeinsam mit unserer Sektion I.

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nunmehr zur 7. Anfrage, 1132/M, an den Herrn Bundesminister für Inneres. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Karl Boden, um Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1132/M-BR/00

Ist es richtig, dass von Seiten des Bundesministeriums für Inneres bis 2003 eine Einsparung von 700 bis 800 Planstellen im Bereich der Bundesgendarmerie geplant ist?

Präsident Johann Payer: Herr Minister, bitte.


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Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser:
Sehr geehrter Herr Bundesrat! Diese Feststellung ist derzeit so nicht zu treffen. Es ist klar und ausgewiesen, dass für die Jahre 2001 und 2002 gemäß Regierungsprogramm insgesamt 612 Planstellen einzusparen sind. Für das Jahr 2003 bestehen diesbezüglich noch keine konkreten Zahlen.

Präsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Wie ist es dann zu verstehen, wenn der Sicherheitssprecher der ÖVP Paul Kiss in der Debatte des Nationalrates am 29. 11. 2000 verspricht, dass keine Gendarmerieposten geschlossen und mehr Exekutivbeamte auf der Straße zu sehen sein werden?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Zunächst möchte ich sagen, dass die Organisationsstruktur im regionalen Bereich, wo welche Sicherheitskräfte sind, gleichgültig ob in Gendarmerieposten oder Wachzimmern, mit dem Personaleinsatz und der Personalaufteilung nicht direkt in Zusammenhang steht.

Betreffend die Situation im Außendienst bin ich den Führungskräften bei Gendarmerie und Polizei sehr dankbar, dass es im Jahr 2000 gelungen ist, dass noch nie so viele Gendarmen und Polizisten im Außendienst für die Sicherheit der Bevölkerung zur Verfügung gestanden sind. Im Jahr 2000 waren mehr Gendarmen und Polizisten im Außendienst als in den Jahren 1999, 1998, 1997, 1996 und 1995.

Das zeigt sehr klar meine Strategie und Stoßrichtung, dass wir nämlich hinsichtlich Sicherheit und insbesondere hinsichtlich des subjektiven Sicherheitsgefühls der Bevölkerung die Auffassung vertreten, dass die Anwesenheit von Gendarmerie- und Polizeibeamten vor Ort ganz wesentlich ist. Daher beabsichtigen wir, in der Verwaltung durch Straffung der Abläufe und Erhöhung der Durchlaufzeiten zu reduzieren, um jene Beamtinnen und Beamten, die uns zur Verfügung stehen, prioritär dort einsetzen zu können, wo sie dringend gebraucht werden, nämlich in den Gendarmerie- und Polizeiwachzimmern beziehungsweise bei Sonderheiten, die für Spezialaufgaben zur Verfügung stehen.

Präsident Johann Payer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Christoph Hagen.

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Bundesminister! Nach welchen Kriterien wird bei den geplanten Einsparungen Rücksicht auf den jeweiligen dienstbaren Personalstand der jeweiligen Bundesländer genommen?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Herr Bundesrat! Ich danke Ihnen herzlich für diese Frage, weil damit ein Gedanke zum Ausdruck kommt, der meinem Amtsverständnis entspricht, nämlich dass die betroffenen Einheiten in verstärktem Ausmaß in Neuorganisationen und Neustrukturierungen mit einbezogen werden! Eine entsprechende Umstrukturierung ist daher etwa auch in Ihrem Bundesland Vorarlberg notwendig, weil dort zum Teil ganz andere Gefahrensituationen und Sicherheitsprobleme vorherrschen als in den östlichen Regionen – ich denke jetzt zum Beispiel an das sozusagen grenzüberschreitende Drogenproblem zwischen der Schweiz, Deutschland und Österreich. Aber auch die Schlepperproblematik an der Schengen- und Nicht-Schengen-Grenze ist eine ganz große zusätzliche Sicherheitsaufgabe für unsere Gendarmerie in Vorarlberg.

Daher werden die Landesgendarmeriekommandanten und Polizeidirektoren in Zukunft sehr großen Einfluss auf unsere Personalpolitik haben, und sie werden massiv dazu eingeladen, diese Gebiete für ihren Bereich selbstverantwortlich mitzugestalten.

Präsident Johann Payer: Herr Bundesrat Ing. Walter Grasberger möchte eine Zusatzfrage stellen. – Bitte.

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Ein Teil meiner Zusatzfrage ist von Ihnen bereits insofern beantwortet worden, als Sie gesagt haben, dass in Hinkunft ein beträchtlich vermehrter Anteil an Außendiensttätigkeit erfolgen wird.

Dennoch möchte ich eine umfassende Zusatzfrage in folgender Form stellen: Wie wird sich die vorgestellte Planstellenreduzierung auf die einzelnen Bedienstetengruppen aufteilen?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass die Vorgangsweise im Jahr 2000 hinsichtlich einzelner Bedienstetengruppen symptomatisch für meine Amtsführung ist: Kein einziger Dienstposten wurde bei den Wachzimmern und Gendarmerieposten eingespart; gewaltig reduziert wurde hingegen bei den Führungspositionen im Ministerium von zwölf auf sechs Gruppen und von 49 auf 48 Abteilungen. Für den Zivildienst wurden 20 Beamte "absystemisiert", und es erfolgt ein schrittweises Übergehen in Richtung Sicherheitsarbeit.

Ebenso werden wir im Bereich des Meldewesens, in dem derzeit Doppelgleisigkeiten bestehen, im kommenden Jahr Kolleginnen und Kollegen schrittweise aus der Verwaltung herausnehmen und Leistungen in Richtung mehr Sicherheit und Wahrnehmung der Sicherheitsaufgaben für die Bevölkerung weiterentwickeln können.

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nunmehr zur 8. Anfrage, 1129/M, an den Herrn Bundesminister für Inneres. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Mag. Michael Strugl, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Mag. Michael Strugl (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1129/M-BR/00

Wie haben sich die fremdenpolizeilichen Maßnahmen im Jahr 1999 im Vergleich zu 1998 entwickelt?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Jahr 1999 hat sich im Bereich der Zuweisungen, der Aufenthaltsverbote, der Schubhaftverhängungen sowie der Abschiebungen gegenüber 1998 nur eine geringfügige Veränderung ergeben.


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Allerdings gibt es eine gewaltige Steigerung bei den Zurückschiebungen, nämlich um mehr als 52 Prozent, und bei den Ausweisungen um mehr als 69 Prozent, also um fast 70 Prozent. Ich führe diese Steigerung der Effizienz der Grenzüberwachung auf die polizeilichen Ausgleichsmaßnahmen hinsichtlich der bedingten Erhöhung der Aufgriffszahlen sowie die konsequente Umsetzung der Rückübernahmeabkommen zurück. Es ist dies ein Erfolg der Bemühungen unserer Sicherheitsverantwortlichen bei Gendarmerie und Polizei.

Präsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Mag. Michael Strugl (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Welche Reformen gibt es im Bereich der Schubhaft?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sie kennen die tragische Geschichte im Zusammenhang mit der Problemschubhaft, die am 1. Mai vorigen Jahres zu einem Todesfall geführt hat. Auch in Anbetracht dessen haben wir uns innerhalb unserer polizeilichen Organisationen intensiv mit dem System der Schubhaft beschäftigt. Wir haben den Menschenrechtsbeirat beauftragt, der mehr als dreißig Vorschläge gemacht hat, von denen wir inzwischen mehr als zwei Drittel vollständig umgesetzt haben. Mit knapp einem Drittel befinden wir uns in der Umsetzung, und zu zwei Fragen im Zusammenhang mit der Schubhaft wollen wir noch einmal eine Diskussion mit dem Menschenrechtsbeirat führen.

Ich lege Wert darauf, dass wir gemeinsam mit den Führungskräften bei Gendarmerie und Polizei eine menschenwürdige, aber konsequente Art und Weise des Vollzugs der Schubhaft auch bei Problemschubhäftlingen vornehmen. Ich darf auf das besondere Vorbild der Schubhaft verweisen, wie es im Linzer Polizeigefangenenhaus vor nicht ganz drei Wochen als Regelfall eingeführt wurde, nämlich eine offene Schubhaftverwaltung unter großer Unterstützung durch Menschenrechtsorganisationen wie SOS-Mitmensch. Bei dieser Gelegenheit danke ich den beiden Initiatoren Mag. Gruber und Ecker. Dieses Linzer Pilotprojekt könnte unseres Erachtens, wenn es sich bewährt und die Evaluierung besteht, für ganz Österreich ein Vorzeigeprojekt und ein Projekt zur Nachahmung werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Johann Payer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner.

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Es ist kein Geheimnis, dass es in diesem Zusammenhang auch das Problem gegeben hat, dass Schubhäftlinge aus ganz Österreich zum Beispiel von Schärding aus verbracht werden mussten. Das hat sich zum Glück geändert, das heißt, diese können auch in den Polizeigefängnissen Ried, Wels und Linz untergebracht werden, was eine Vereinfachung bedeutet. So tragisch es natürlich für die Schubhäftlinge selbst ist, wenn sie zurückgewiesen werden, so muss man doch auch an unsere Beamten denken, die in ganz Österreich herumgefahren sind und dadurch eine schwere Belastung auf sich nehmen mussten.

Es ist sicherlich positiv zu vermerken, dass es eine verstärkte Grenzkontrolle gibt, und es ist sicherlich auch das sehr gute und positive Verhältnis zu den bayrischen Nachbarn zu betonen. Daher meine Frage: Welche Maßnahmen planen Sie für die Zukunft – denn verbessern kann man immer –, um diese Situation noch weiter zu verbessern?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Schubhafttourismus – wie er in unserem Amtsjargon heißt – war auch eines jener Trümmer, die ich übernommen habe, als mir dieses Ressort übertragen wurde. Wir haben jetzt einen Schubhaftjournaldienst eingerichtet, der effizient arbeitet. Ich möchte insbesondere den Verantwortlichen in der Generaldirektion, aber auch bei Polizei und Gendarmerie herzlich danken, dass es seit 1. April – zu Recht – wesentliche Vereinfachungen und Verbesserungen für unsere Beamtinnen und Beamten, aber auch eine wesentliche Verbes


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serung der Situation der Schubhäftlinge gegeben hat. Ein ganz wichtiger Nebenaspekt in Zeiten wie diesen ist, dass damit auch eine Reduzierung der von den Betroffenen ungewollten Überstunden und damit eine Ersparnis von Budgetmitteln einhergegangen ist.

Das ist ein Erfolg, der nicht dem Minister anzurechnen ist, sondern den die Beamten auf ihr Konto buchen dürfen, und dafür möchte ich ihnen herzlich danken! (Beifall bei der ÖVP und der Bundesrätin Haselbach. )

Sie sagen zu Recht, dass das nicht das Ende der Fahnenstange sein kann. – Tatsächlich diskutieren wir derzeit eine ganze Reihe von Maßnahmen, um bei unseren Schubhaftaufgaben einerseits den Menschenrechten noch besser gerecht zu werden, um andererseits auch die höchstmögliche Effizienz zu erreichen und um drittens die Sparsamkeit dieser Organisationsform weiter zu verbessern. Wir werden daher unter anderem mit dem Menschenrechtsbeirat Haftstandards zu erarbeiten haben.

Intensiv haben wir uns auch mit der Schubhaft betreffend Minderjährige befasst, und es ist unser Wunsch, dass im Einvernehmen mit den Bundesländern nach und nach Clearingstellen, also besondere Beratungsstellen für minderjährige Schubhäftlinge, eingerichtet werden. Ich möchte mich insbesondere bei den Ländern Wien, Oberösterreich und Tirol für das gute Eingehen auf diesen Vorschlag bedanken, und ich hoffe, dass wir diesbezüglich insbesondere in diesen drei Ländern rasch zu ersten Ergebnissen kommen werden!

Weiters hoffe ich, dass wir durch eine sehr klare, beschleunigte und konsequente Anwendung unserer Abschiebungsvorschriften die Schubhaft – zumindest mittelfristig –minimieren können.

Ich darf noch etwas erwähnen, was mir sehr wichtig ist: Im Zusammenhang mit den Diskussionen um die Harmonisierung der Asyl- und Flüchtlingsbestrebungen im gesamten EU-Bereich wurden Vorschläge von der Kommission gemacht, die zu Recht nicht nur aus österreichischer Sicht kritisiert wurden. Ich werde mich dafür einsetzen, dass verhindert wird, dass der eine oder andere – erlauben Sie mir diesen Ausdruck! – Schreibtischtäter aus Brüssel den Praktikern in Österreich, aber auch in anderen Ländern dreinredet. Wir brauchen anwendbare, konsequent durchgesetzte Vorschriften, und wir werden uns auch im EU-Bereich dafür einsetzen, dass es zu einer praxisnahen Regelung kommt.

Präsident Johann Payer: Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm wünscht eine Zusatzfrage. – Bitte.

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Haben sich die Qualität und die Effektivität der Asylverfahren in den wesentlichen Problempunkten, beispielsweise im Bezug auf ihre Dauer, inhaltlich verbessert? Wie steht es mit der Lösung des Problems des Hungerstreiks von Schubhäftlingen beziehungsweise des Untertauchens vieler von ihnen nach Überschreitung der höchstzulässigen Schubhaftdauer?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Werter Herr Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber und möchte auch den Verantwortlichen im Asylbereich erster Instanz danken, dass es gelungen ist, durch eine massive Weiterentwicklung unserer Organisation in den letzten zehn Monaten die Verfahren erster Instanz auf in der Regel drei Monate zu reduzieren.

Nach wie vor stellen, was wir sehr bedauern, die Verfahren zweiter Instanz ein Problem dar. Diese dauern leider bis zu mehreren Jahren, und das bringt Probleme für die Verwaltung sowie auch für diejenigen, die Asyl beantragen, und das bringt selbstverständlich auch international kein Renommee. Ich kann das nicht nachvollziehen – ich muss das auch vor diesem hohen Gremium des Bundesrats zurückweisen –, was der Präsident der Caritas in der "Pressestunde", wie ich selbst gehört habe, gesagt hat, nämlich dass 50 Prozent der Urteile aus Asylverfahren erster Instanz von der zweiten Instanz aufgehoben werden. – Das entspricht nicht den Tatsachen! Um der Wahrheit den Weg zu geben, muss ich diese Angabe zurückweisen. Nach


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den mir zugänglichen Informationen handelt es sich lediglich um 10 bis 20 Prozent, und das ist im internationalen Schnitt sehr gut.

Im Hinblick auf Ihren Hinweis, dass wir im Bereich der Kooperation mit Asylsuchenden nach Methoden suchen, wie wir die Effizienz erhöhen können, möchte ich Folgendes sagen: Derzeit ist es nicht gestattet, dass wir Hungerstreikende zwangsernähren. Diese Vorgangsweise ist nach den internationalen Rechtsvorschriften und Gewohnheiten nicht gestattet. Das bringt erhebliche Probleme, und zwar auch für unsere Beamtinnen und Beamten bei der Betreuung dieser Asylsuchenden.

Ein zweites großes Problem ist die Altersfeststellung: Bekanntlich haben sehr viele Asylsuchende – aus welchen Gründen auch immer – entweder kein Dokument oder keines mehr. Behauptungen betreffend das Alter sind für unsere Beamtinnen und Beamten nicht oder außerordentlich schwer nachvollziehbar, und leider gibt es derzeit keine anerkannte Methode, um diese Altersfeststellung ordentlich und systematisch vorzunehmen. In diesem Bereich suchen wir nach weiteren Möglichkeiten, und auch diesbezüglich sind wir noch nicht am Ende der Fahnenstange, sondern das ist ein weiteres Suchfeld.

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nunmehr zur 9. Anfrage, 1134/M, an den Herrn Bundesminister für Inneres. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Christoph Hagen, um die Verlesung der Anfrage.


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Bundesrat Christoph Hagen
(Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1134/M-BR/00

Welche konkreten Umstrukturierungen innerhalb des Innenministeriums sind in nächster Zeit geplant?


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Präsident Johann Payer:
Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben unser Haus nach einer neuen Unternehmenskultur auszurichten, die einer Dienstleistungsgesinnung entspricht. Unter Dienstleistung verstehe ich, dass es sich zuallererst um eine Dienstleistung unserer führenden Beamten und ganz zuerst des Ministers an den eigenen Dienststellen und der Beamten handelt. Daher haben wir mit der Reform unseres Hauses bei uns selbst begonnen. Die neue Geschäftseinteilung, die seit 1. Dezember gilt, bringt eine Verflachung der Hierarchien, eine Klärung der Strukturen und eine Verbesserung des Datendurchflusses.

Zweitens haben wir einen ganz wichtigen Bereich neu geordnet, nämlich – wie vorher schon ausgeführt – den gesamten Kriminaldienst, den ich der Öffentlichkeit gemeinsam mit dem Herrn Generaldirektor vorstellen werde. Hierbei geht es nicht nur darum, dass wir für die Öffentlichkeit die wichtige Dienstleistung der Bekämpfung der organisierten Kriminalität erbringen, sondern auch darum, dass wir für unsere Dienststellen auf Länder- und auf Bezirksebene professionelle Dienstleistungseinrichtungen schaffen.

Drittens werden wir den gesamten Bereich des Polizeiwesens zu durchforsten haben. Dabei wird es darum gehen, dass wir unsere polizeilichen Sicherheitsaufgaben durchleuchten und unsere Kernaufgaben im Hinblick auf höhere Effizienz klären. Das bedeutet, dass wir beispielsweise Vorsorge dafür treffen müssen, dass das Meldewesen übergeben wird. Wir haben eine Gendarmerieinnovation in Gang gesetzt, durch die bewirkt werden soll, dass sich die Gendarmerie zu einem modernen Dienstleister für die Bevölkerung weiterentwickeln kann.

Präsident Johann Payer: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Ist es richtig, dass in der Zeit seit Ihrer Amtsübernahme, also seit Februar 2000, 200 neue Planstellen im Innenministerium geschaffen wurden?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Diese Frage kann ich jetzt nicht im Detail beantworten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Frage in dieser Form zu bejahen ist, ich werde aber gerne eine Antwort nachreichen.

Präsident Johann Payer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Günther Köberl.

Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Welche Zielsetzung haben Sie mit der Änderung der Geschäftseinteilung konkret verfolgt?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Unsere sehr klare Zielsetzung ist die Straffung der Strukturen, das Tragen einer klaren Verantwortlichkeit für die Öffentlichkeit und für die untergeordneten Dienststellen und eine Verflachung der Hierarchie, was, wie ich hoffe, auch zu personellen und finanziellen Einsparungen führt.

Präsident Johann Payer: Die nächste Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Herbert Thumpser. – Bitte.

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Zum Stichwort Dienstleistungen: Welche Einnahmensteigerungen für das Ministerium erwarten Sie sich von der Verrechnung von konkreten Dienstleistungen wie zum Beispiel für den Großeinsatz am A1-Ring in Zeltweg?

Präsident Johann Payer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Ich kann jetzt leider die Zahl nicht bewerten. Ich musste allerdings mit großem Interesse und – sehr offen gesagt – Unverständnis feststellen, dass die zuständige Verwaltungsbehörde für die Sicherung eines Groß-Events wie Zeltweg, wenn ich mich richtig erinnere, ganze 18 zusätzliche Beamte beantragt hat, die für einen Zuschauerstrom von über 100 000 bis 150 000 Menschen zuständig waren.

Ich habe dann festgestellt, dass die Aussage dieser Verwaltungseinheit über die Zahl der zusätzlichen Beamten die notwendige Grundlage für die Gelderstattung ist, die der Veranstalter dem Bundesministerium erbringen muss. Ich habe den betreffenden Verwaltungsbeamten dann anrufen lassen und gesagt, dass er genau diese Zahl von Beamten und keinen einzigen mehr bekommt, weil er nicht davon ausgehen kann, dass der Minister – so wie unter meinen Vorgängern offenbar vorgegangen wurde – dann zusätzliche Beamte zu diesem Veranstalter schickt, ohne dass diese bezahlt werden. Sie wissen: Der Veranstalter ist Bernie Ecclestone, welcher, wie wir alle den Zeitungen entnehmen können, etwas vermögender ist als viele in diesem Raum, jedenfalls vermögender als ich. Und es ist mir lieber, wenn Herr Ecclestone seine Beiträge für die Republik leistet, als wenn der Bundesminister seine Beamten gratis zur Verfügung stellt.

So werden wir bei allen Veranstaltungen vorgehen. Die nächste Großveranstaltung ist die Schi-WM in Sankt Anton, und wir haben bereits dafür gesorgt, dass ein nicht gerade von der So-zialhilfe Abhängiger wie der Veranstalter Schröcksnadel den entsprechenden Beitrag dazu leistet, dass die Sicherheit gewährleistet ist und dass die Einnahmen für das Ministerium stimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Präsident! Übrigens wurde mir gerade die Information gegeben, dass keine einzige neue Planstelle im Bundesministerium für Inneres neu geschaffen worden ist. Wenn Sie gestatten, darf ich diese Information noch nachreichen.

Präsident Johann Payer: Die Fragestunde ist damit beendet.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Johann Payer: Eingelangt ist ein Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Amtsenthebung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Michael Schmid und Ernennung der neuen Bundesministerin Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieses Schreibens.

Schriftführerin Monika Mühlwerth: Sehr geehrter Herr Präsident! Ich beehre mich mitzuteilen, dass der Herr Bundespräsident mit Entschließung vom 14. November 2000, Zl. 300.000/7-BEV/2000, über meinen Vorschlag gemäß Artikel 70 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Michael Schmid vom Amt enthoben hat.

Gleichzeitig hat der Herr Bundespräsident auf meinen Vorschlag gemäß Artikel 70 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz Frau Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger zur Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie ernannt.

Präsident Johann Payer: Dient zur Kenntnis.

Eingelangt sind weiters acht Anfragebeantwortungen, 1601/AB bis 1609/AB, die den Anfragestellern übermittelt wurden.

Die Anfragebeantwortungen wurden vervielfältigt und sind bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen.

In diesem Zusammenhang verweise ich auf die im Saal verteilte Liste der eingelangten Anfragebeantwortungen.

Eingelangt sind auch drei Beschlüsse des Nationalrates vom 24. November und vom 6. Dezember 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Überschreitungen von Ausgabenansätzen der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 2000 bewilligt werden (Budgetüberschreitungsgesetz 2000), ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2000 geändert wird (2. BFG-Novelle 2000) und ein Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2001 samt Anlagen.

Gemäß Artikel 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz unterliegen diese Beschlüsse nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates.

Eine weitere geschäftsordnungsmäßige Behandlung der vorliegenden Beschlüsse durch den Bundesrat ist daher nicht vorgesehen.

Eingelangt sind ferner jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Ich habe diese Beschlüsse den in Betracht kommenden Ausschüssen zur Vorberatung zugewiesen. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber sowie über den bereits früher eingelangten und zugewiesenen Bericht der Bundesregierung, (Sicherheitsbericht 1998) abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte hierüber erstattet.

Ich habe all diese Vorlagen, die Wahl eines Ordners für den Rest des 2. Halbjahres 2000, die Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 1. Halbjahr 2001 und die Wahl eines Vertreters Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.


Bundesrat
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Behandlung der Tagesordnung

Präsident Johann Payer: Ich beabsichtige, die Debatte über die Punkte 6 und 7, 9 und 10, 12 und 13, 14 bis 16, 18 bis 20 sowie 21 und 22 der Tagesordnung jeweils unter einem abzuführen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Dies ist nicht der Fall.

Wir werden daher in diesem Sinne vorgehen.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Dies ist ebenfalls nicht der Fall.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 1607/AB-BR/00

Präsident Johann Payer: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, dass das gemäß § 60 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates gestellte Verlangen der Bundesräte Brunhilde Fuchs und Genossen vorliegt, eine Besprechung der schriftlichen Anfragebeantwortung 1607/AB-BR/00 der Anfrage 1744/J-BR/00 an den Herrn Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen durchzuführen.

Im Sinne § 60 Abs. 3 der Geschäftsordnung verlege ich die Besprechung der Anfragebeantwortung an den Schluss der Sitzung, nicht jedoch über 16 Uhr hinaus.

1. Punkt

Wahl eines Ordners für den Rest des 2. Halbjahres 2000

Präsident Johann Payer: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung: Wahl eines Ordners für den Rest des 2. Halbjahres 2000.

Ich werde diese Wahl, sofern sich kein Einwand erhebt, durch Handzeichen vornehmen lassen.

Es liegt mir der Vorschlag vor, Herrn Bundesrat Ing. Walter Grasberger für den Rest des 2. Halbjahres 2000 zum Ordner zu wählen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Herr Bundesrat Ing. Walter Grasberger ist somit für den Rest des 2. Halbjahres 2000 zum Ordner gewählt.

2. Punkt

Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 1998) (III-202/BR sowie 6259/BR der Beilagen)

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung: Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 1998).

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ing. Walter Grasberger übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Ing. Walter Grasberger: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! Der Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.


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Ich darf mich daher darauf beschränken, festzustellen, dass der Ausschuss für innere Angelegenheiten nach der Beratung der Vorlage am 12. Dezember 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag stellt, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen. – Ich danke.

Präsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Alfred Schöls. Ich erteile ihm dieses.

10.10

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Beginn meiner Ausführungen zur Diskussion um den Sicherheitsbericht 1998 ist es mir ein Bedürfnis, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die dazu beigetragen haben, dass wir als für die Politik Verantwortliche einen positiven Sicherheitsbericht abgeben können, ein aufrichtiges Danke zu sagen. Dies gilt sowohl für die Verwaltungsbeamten im Bereich des Bundesministeriums für Inneres und im Bereich des Bundesministeriums für Justiz als auch für die Bediensteten der Exekutive in den verschiedensten Wachekörpern, für die Verwaltungsbeamten und für die uniformierten Bediensteten.

Mein Dank gilt aber, da dieser Sicherheitsbericht auch die Tätigkeit der Freiwilligen erfasst, auch jenen Damen und Herren, die Stunden, Tage, ja Wochen und Monate unentgeltlich für diese Republik aufbringen. Es ist mir ein Anliegen, dass all jenen auch von dieser Stelle einmal ein aufrichtiges Danke gesagt wird, denn manchmal haben auch wir selbst den Eindruck, dass wir in einer sehr egoistischen Gesellschaft leben, in der sich viele selbst am nächsten sind, und daher ist es ganz wichtig, jenen zu danken, die auch den anderen als wichtig sehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Für mich und meine Fraktion bietet der Sicherheitsbericht Grund, froh darüber zu sein, dass wir in einem sicheren Land leben, denn dieser Sicherheitsbericht des Jahres 1998 weist einen Rückgang der Kriminalität aus. Dieser Sicherheitsbericht zeigt, dass die Aufklärungsquote in den meisten Bereichen gegenüber den Vorjahren zumindest gleich geblieben, wenn nicht – wie dankenswerterweise in vielen Fällen – sogar gestiegen ist. Das ist ein Beweis dafür, dass die Darstellung durch manche in der Politik, dass wir Grund hätten, uns zu fürchten, nicht zutreffend ist: Wir leben, Gott sei Dank und dank der Exekutive, in einem sicheren Land.

Es ist für mich erfreulich, dass dieser Sicherheitsbericht auch zeigt, dass jene Diskussion, die vor etwa einem Jahr sehr einseitig emotionalisiert über die Verschärfung des Waffengesetzes geführt wurde, nicht nötig war: Der Sicherheitsbericht und die Kriminalitätsstatistik weisen eindeutig aus, dass ausschließlich der illegale Waffengebrauch gestiegen ist und nur von diesem Bereich Bedrohung von Leib und Leben ausgegangen ist, und man kann jemandem, der ohnedies nicht zur Führung einer Waffe berechtigt ist, nicht die Legitimation zur Führung der Waffe entziehen, weil er eine solche sowieso nicht hat. Daher bitte ich alle, die sich diesbezüglich stark engagiert und gemeint haben, in diesem Sinn Stimmung machen zu müssen, sich dessen zu besinnen.

In diesem Sicherheitsbericht gibt es aber bedauerlicherweise auch Hinweise darauf, dass sich im Bereich der organisierten Kriminalität die Internationalisierung verstärkt bemerkbar macht. Das bestätigt, dass die verschiedensten Novellen zum Sicherheitspolizeigesetz, die erweiterte Gefahrenforschung und Ähnliches zum Inhalt haben, zu Recht geschaffen wurden, weil wir damit den Exekutivbeamten die Instrumentarien in die Hand geben, mit welchen sie im Interesse der Sicherheit unserer Gesellschaft wirken können.

Dieser Sicherheitsbericht zeigt auch, dass die Forderung, welche die Volkspartei Niederösterreich, allen voran unser Landeshauptmann Dr. Pröll, in den letzten Jahren der Ministerschaft Schlögl immer wieder mit Vehemenz gestellt hat, dass die Außengrenze entsprechend abzusichern ist und deren Sicherung verstärkt durch Bundesheereinsatz zu erfolgen hat, berechtigt war, denn die Zahl der Aufgriffe im Schlepperbereich ist erfreulicherweise gestiegen.


Bundesrat
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Ich hoffe, dass auch der jetzt ressortzuständige Minister die entsprechenden Vorkehrungen treffen wird, dass das Bundesheer im Assistenzeinsatz weiterhin an der EU-Außengrenze tätig sein kann.

Dieser Sicherheitsbericht gibt mir als niederösterreichischem Politiker aber auch Grund dazu, denjenigen in Niederösterreich, die den Suchtmittelgebrauch sehr gerne bagatellisieren, zu sagen, dass wir sehr wohl gut beraten sind, wenn wir in diesem Bereich keine Liberalisierung einführen und null Toleranz bezüglich Drogengebrauch an den Tag legen, denn die Umsetzung der entsprechenden Maßnahmen dient vor allem dem Schutz unserer Jugend. (Bundesrat Mag. Gudenus: So ist es! Ganz richtig!) Hohes Haus! Für mich und meine Fraktion ist das ein positiver Ansatz im Bereich des Bundesministeriums für Inneres. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ich möchte ganz kurz auch den Bereich der Justiz ansprechen. Ich verhehle nicht, dass diese Bemerkung natürlich auch im Zusammenhang mit meiner gewerkschaftlichen Position steht, obwohl ich auch klar und deutlich gesagt habe, dass ich mit den Krampusläufern des 5. Dezember nicht sehr viel am Hut habe. Betreffend die personelle Situation im Bereich des Bundesministeriums für Justiz, vor allem im Bereich der Gerichte, muss sich der ressortzuständige Minister den Vorwurf gefallen lassen, dass zu wenig geschieht. Unser Personal ist total überfordert, und die jahrelangen Hilferufe der in diesem Bereich Beschäftigten blieben ungehört.

Außerdem erwarte ich mir von den zuständigen Beamten des Hauses, dass es auch für die im Bereich des Strafvollzugs tätigen Kolleginnen und Kollegen, welche ihre Arbeit unter sehr schweren Bedingungen leisten, sehr bald personelle Unterstützungen gibt. Auch diesbezüglich gilt für mich der Grundsatz, dass primär das Opfer zu schützen ist und nicht für den Täter mit irgendwelche Argumenten der humane Strafvollzug über Gebühr beansprucht wird.

In diesem Sinn wird meine Fraktion diesem Sicherheitsbericht die Zustimmung geben, und dies vor allem deswegen, weil wir die Gewähr haben – das hat auch die Diskussion der letzten Tage und Wochen gezeigt –, dass im Bereich des Bundesministeriums für Inneres als politisch Verantwortlicher ein Mann an der Spitze steht, der die Situation im Griff hat.

Herr Bundesminister! Ich möchte an dieser Stelle zum Ausdruck bringen, dass die Beschäftigten in diesem Bereich es sehr wohl zu schätzen wissen, dass der Ressortverantwortliche seiner Schutzfunktion für die Bediensteten entsprechend nachkommt. Ich glaube, ich kann es mir – zumindest vorerst noch – ersparen, im Detail anzuführen, was ich meine, und möchte nur festhalten, dass es manchmal wirklich unerträglich ist, zu beobachten, welche Mittel gewählt werden, um öffentlich Bedienstete, die dem Legalitätsgrundsatz bei der Verrichtung ihrer Arbeit nachkommen, zu verunsichern. Daher ist es ganz einfach notwendig, dass die Beamten wissen, dass an der Spitze ein Politiker steht, der sich nicht nach den Schlagzeilen in den Tageszeitungen richtet, sondern der sagt, was Sache ist, und dazu auch die entsprechende Unterstützung gibt. – In diesem Sinne werden wir den Sicherheitsbericht 1998 zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

10.19

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Brunhilde Fuchs. Ich erteile ihr dieses.

10.19

Bundesrätin Brunhilde Fuchs (SPÖ, Wien): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Wir können – wie auch schon mein Vorredner gesagt hat – heute einen überaus positiven Sicherheitsbericht 1998 diskutieren. Dieser Sicherheitsbericht legt Bilanz über die erfolgreiche Tätigkeit der österreichischen Exekutive unter der Verantwortung des sozialdemokratischen Ministers Karl Schlögl. Dafür sage ich allen, die dazu beigetragen haben, ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin allerdings etwas verwundert, dass der Herr Bundesminister in der vorangegangenen Fragestunde einige Male davon gesprochen hat, dass er einen "Trümmerhaufen" übernommen


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habe. – Ich denke, dass sich jetzt in der Diskussion herausstellen wird, wie positiv dieser Bericht ist und wie stolz wir und all jene, die dazu beigetragen haben, darauf sein können.

Die vorliegenden Fakten und Zahlen bestätigen ein kontinuierliches Steigen der Aufklärungsquoten bei gleichzeitigem Sinken der Kriminalität. Als Wiener Mandatarin freut es mich natürlich ganz besonders, dass in Wien ein ganz besonderer Rückgang der Zahl der Vergehen und Verbrechen zu verzeichnen ist, den es sonst im gesamten Bundesgebiet nicht gibt. Wir wissen – das beweisen auch internationale Studien –, dass Wien eine der sichersten Großstädte dieser Welt ist, und diese Sicherheitsstandards müssen erhalten bleiben.

Zur umfassenden Sicherheit gehört aber mehr als Verbrechensbekämpfung: Daher müssen wir alles daransetzen, dass die hohe soziale Sicherheit, ein gutes und funktionelles soziales Netz und ein funktionierendes Gesundheitssystem erhalten bleiben – kurz gesagt bedeutet das: Sicherheit in allen gesellschaftlichen Bereichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das scheint für die Zukunft aber nicht gesichert zu sein. Ich meine, dass die demokratiepolitische Sicherheit durch Vorkommnisse der letzten Zeit massiv gefährdet ist. Durch die Aufdeckung des Spitzelnetzes im Zusammenhang mit der so genannten Spitzelaffäre wird eine Vorgangsweise enthüllt, die in der Zweiten Republik einmalig ist. Ein solcher systematischer Missbrauch des Sicherheitsapparates ist nicht nur demokratiegefährdend, sondern unbestritten kriminell, denn wir alle wissen, dass auf Amtsmissbrauch und Beamtenbestechung bis zu fünf Jahre Kerker stehen.

Noch gilt die Unschuldsvermutung. Die Verdachtsspirale um führende FPÖ-Politiker und -Funktionäre wird aber immer enger. (Bundesrat Dr. Nittmann: Das träumen Sie aber nur!) Das verhält sich so, wenn man den Zeitungsberichten glauben kann! (Bundesrat Dr. Nittmann: Das sind rote Wunschträume!) Ich sage: Noch gilt die Unschuldsvermutung, und ich erwähne nur das, was ich den Zeitungen entnehme. (Zwischenruf des Bundesrates Buchinger. )

Jetzt kommt allerdings eine kleine Einschränkung: Ich kann mir nicht vorstellen, dass all das – Zitat – nur "kranken Journalistengehirnen" entsprungen ist, und ich glaube auch nicht, dass jemand – wieder ein Zitat – "über jeden Verdacht erhaben" ist. Auch die Bemerkung – auch das ist ein Zitat –, dass der Begriff "Gestapo-Methoden" der Sicherheitsbeamten, bei denen wir alle uns heute für diesen erfolgreichen Sicherheitsbericht bedanken, durch den Begriff "KGB-Methoden" zu ersetzen ist, ist mehr als pietätlos und geschmacklos und zeugt von eklatantem Geschichtsunwissen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Nittmann: Schwarze Schafe gibt es immer!)

Wenn man als Bundeskanzler zu all dem schweigt, dann ist das auch demokratiegefährdend! (Zwischenruf des Bundesrats Schöls. )

Meine Damen und Herren! Das war jetzt hoffentlich kein Vorgriff auf die Inhalte des Sicherheitsberichts 2000. Ich hoffe mit Herrn Klubobmann Westenthaler, dass sich alle Vorwürfe in Luft auflösen werden und diese Regierung beweisen kann, dass die Sanktionen und Vorwürfe gegen sie unhaltbar und nicht berechtigt waren. – Ich hoffe das mit Herr Westenthaler, da bin ich mir ausnahmsweise einmal mit ihm einig.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Nun komme ich wieder zum Sicherheitsbericht aus Frauensicht zurück. (Zwischenruf des Bundesrats Schöls. )  – Genau dagegen verwahre ich mich auf das Allerheftigste!

Ich möchte zum Sicherheitsbericht ein bisschen auch die Frauensichtweise einbringen: 52 Prozent der Österreicher sind Frauen, aber nur 21 Prozent der strafbaren Handlungen wurden von Frauen, 79 Prozent hingegen von Männern verübt. Bei Verbrechen zeigt sich das noch viel deutlicher: 13 Prozent der tatverdächtigen Verbrecher sind Frauen, 87 Prozent sind Männer. Daher liegt der Schluss nahe, dass Gewalt vorwiegend männlich ist. (Bundesrat Dr. Böhm: Natürlich! Männer sind geborene Verbrecher!) – Ich sage nur, was durch Statistiken und Zahlen belegt wird.


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Ich meine, dass noch sehr viel Aufklärungsarbeit notwendig ist. Etwa das Wegweiserecht ist eine sehr gute Maßnahme, welche international vorbildhaft und anerkannt ist. Durch dieses Gewaltschutzgesetz konnte die österreichische Exekutive in einem Jahr bei mehr als 20 000 Einsätzen Gewalt an Frauen und Kindern verhindern beziehungsweise wirksam abstellen.

In diesem Zusammenhang richte ich eine Bitte an Herrn Minister Strasser: Ich ersuche ihn sehr herzlich, den Ausbau der Interventionsstellen nicht einzubremsen, sondern das fortzusetzen, was Herr Bundesminister Schlögl und Frau Ministerin Prammer gemeinsam begonnen haben.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Auch im Bericht über die Verkehrssicherheit zeigt sich eine extrem negative Dominanz der Männer. In den Bereichen der Gefährdung der körperlichen Sicherheit und der fahrlässigen Körperverletzung liegt der Männeranteil bei 73 beziehungsweise 90 Prozent. Die Tatsache, dass es pro Jahr fast 1 000 Verkehrstote gibt, muss uns sehr nachdenklich stimmen. Die Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzungen, der Gurtenpflicht und des Handyverbots sollte für alle selbstverständlich sein, und vor allem Minister müssten diesbezüglich vorbildlich agieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Es muss ganz klar sein, dass Verkehrsdelikte keine Kavaliersdelikte sind. Damit unseren Exekutivbeamten die Möglichkeit gegeben wird, weiterhin so effizient, motivierend und kontrollierend zu agieren, dürfen der Mitarbeiterstand und der Sachaufwand nicht reduziert werden. Im Gegenteil: Wir brauchen noch mehr Mitarbeiter und entsprechende Mittel zu deren Unterstützung. Ich hoffe, sowohl die ÖVP als auch die Freiheitlichen bleiben bei ihrer langjährigen Forderung nach mehr Exekutivbeamten. Ich nenne jetzt den Sicherheitssprecher der ÖVP, Kiss, der einmal gesagt hat, dass 1 000 zusätzliche Posten mehr eine Bedingung für die Regierungsbeteiligung seien. – Ich hoffe, diese Forderungen sind erfüllt worden.

Meine Damen und Herren! Österreich ist ein sehr sicheres Land. Hoffentlich können wir das auch noch im Zusammenhang mit dem Sicherheitsbericht 2000 sagen, damit nicht wirklich jemals ein künftiger Innenminister einen Trümmerhaufen vorfinden muss. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.28

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Robert Aspöck. Ich erteile ihm dieses.

10.28

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der alte Sicherheitsbericht des seinerzeitigen Innenministers Schlögl mit seinen Statistiken und Zahlen ist eigentlich nur mehr Geschichte. (Bundesrätin Fuchs: Fakten sind es trotzdem!) Es kann aber ein ganz aktueller Bezug dahin gehend hergestellt werden, nämlich wie denn dieser Apparat oder Teile dieses Apparates, die hinter diesem Bericht stehen, funktionieren.

Gestatten Sie mir, zunächst einen kurzen und zugegebenermaßen auch sehr groben Rückblick in der Geschichte der Exekutive und Justiz – eine Trennung kannte man nicht und gab es früher nicht – vorzunehmen. Zuerst gab es die Wasserprobe. Dem Verdächtigten wurden Hände und Beine gefesselt, er wurde in das Wasser geschmissen, und wenn er trotzdem schwimmen konnte, dann war er natürlich unschuldig. Bei der Inquisition ging es dann schon diffiziler zu, obwohl es auch damals eindeutige Schuldmerkmale wie etwa rotes Haar gab. In der Folge wurde die Art der Pflege der "peinlichen Befragung" – im normalen Sprachgebrauch des Volkes "Folter" genannt – immer mehr verfeinert und nach genauen Regeln weiterentwickelt.

Über diese Weiterentwicklung gibt es in Österreich ein geradezu klassisches Dokument, nämlich die "Constitutio Criminalis Theresiana", in welcher anhand von Abbildungen in Form von wunderschönen Stichen millimetergenau vorgeschrieben wird, wie etwa der Strick um die Arme zu binden ist, damit die Hand mangels Blutzufuhr möglichst bald abfällt, wie die Spanischen Stiefel konstruiert sein müssen, um möglichst rasch eine Zertrümmerung des Schienbeins herbeizuführen, wie die Daumenschraube möglichst rasch eine Hand unbrauchbar macht, wie auf der Streckbank zu verfahren ist, damit die Arme ausgekegelt werden, und wie – als Draufgabe,


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liebe Kolleginnen, ich gestatte mir einen kurzen historischen Einschub – mit einem Fackelbündel aus fünf Fackeln zwischen linker Brust und Achselhöhle zu brennen ist. (Bundesrat Grissemann: Mir ist jetzt schon schlecht! – Bundesrat Gasteiger: Das ist nur eine Aufzählung von Grauslichkeiten! – Bundesrätin Fuchs: Beweisen Sie jetzt Ihre Geschichtskenntnisse?)

Unabhängig davon, ob und wie lange diese "Constitutio Criminalis Theresiana" tatsächlich gültig war, gibt sie ein klassisches Zeugnis davon – jetzt komme ich zum Thema –, wie damals die Politiker und der dahinter stehende Sicherheits- und auch Justizapparat gedacht haben. Von der Unschuldsvermutung, welche Kollegin Fuchs kurz erwähnt, aber meines Erachtens zu wenig betont hat, in dem Sinne, dass der Verdächtigte eine faire Chance zur Verteidigung hat und – viel mehr noch – nicht der Verdächtigte seine Unschuld zu beweisen hat, sondern die Anklage die Schuld, und zwar ohne Folter, war damals noch nicht die Rede. Erst viel später entdeckten Philosophen und Juristen – ich bin bescheiden und nenne die Philosophen zuerst – den bereits erwähnten Begriff der Unschuldsvermutung, und dieser Begriff ist zum höchsten Wert auf dem Gebiet des Strafrechtes in der modernen rechtsstaatlichen Zivilisation geworden.

Meine Damen und Herren! Kein zivilisierter Staat kann es sich heute leisten, auf diesen Begriff und dessen Einhaltung in seiner Strafrechtspflege zu verzichten. Oder doch? – Die Unschuldsvermutung kann allerdings natürlich nicht dazu führen, dass nicht ermittelt werden darf, und der Gesetzgeber hat sich etwas dabei gedacht, als er diese Ermittlungen in zwei Abschnitte unterteilte, nämlich in einen ersten nicht öffentlichen Abschnitt und in einen zweiten öffentlichen Abschnitt mit Hauptverhandlung und dergleichen mehr.

Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen jetzt nur kurz eine wahre Geschichte erzählen, wie der Sicherheitsapparat oder Teile dieses Apparates die Arbeit, die zweifellos dem nicht öffentlichen Teil zuzuordnen ist, durchführen.

Helmut Naderer, Freiheitlicher Abgeordneter im Salzburger Landtag, Vizebürgermeister und stellvertretender Kommandant eines Gendarmeriepostenkommandos ... (Bundesrat Prähauser: Inzwischen ausgeliefert! – Rufe und Gegenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.) – Lassen Sie mich das fertig erzählen! Helmut Naderer – jetzt kommen die ungeheuerlichen Dinge – wird eines Tages von Journalisten angerufen und gefragt, was er denn zu seiner vorläufigen Suspendierung sage. – Helmut Naderer kann nichts sagen. (Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk. ) Er hat nämlich keine vorläufige Suspendierung in der Hand. Später dann, am 30. Oktober um 20.45 Uhr erhält Helmut Naderer seine Suspendierung.

Vorweg muss ich jetzt noch etwas anderes erzählen: Lustigerweise ist diese vorläufige Suspendierung, die sich auf drei Anklagepunkte bezieht, von einem Gendarmerieoffizier unterschrieben, der bereits vor Jahren damit beauftragt war, gegen Naderer zu ermitteln, und zur Erkenntnis gelangte, dass diese Ermittlungen einzustellen waren.

Am Tag darauf begibt sich Helmut Naderer zu seinem Verteidiger. Sein Verteidiger ruft beim Landesgendarmeriekommandanten an und teilt mit, dass er mit der Verteidigung beauftragt und bevollmächtigt sei, und ersucht um Akteneinsicht. Die Antwort des Herrn Landesgendarmeriekommandanten lautet: Entschuldigen Sie, Herr Doktor, ich kann Ihnen keine Akteneinsicht gewähren! – Und das sagt er nicht, weil er bösartig ist – nein! –, sondern weil er keinen Akt und nur eine telefonische mündliche Weisung aus Wien erhalten hat.

Er bestätigt das dann am 2. 11. in einem Brief an den Verteidiger, in welchem er schreibt: Zu Ihrer Anfrage um Akteneinsicht im dienstrechtlichen Verfahren von Bezirksinspektor Helmut Naderer teile ich Ihnen mit, dass alle dem Landesgendarmeriekommando bekannten Umstände im Bescheid vom 30. Oktober 2000, Geschäftszahl ..., über die vorläufige Suspendierung enthalten sind. Mehr, als im oben angeführten Bescheid enthalten ist, ist dem Landesgendarmeriekommando nicht bekannt. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an das Bundesministerium für Inneres, Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, Postfach 100, 1014 Wien. Mit freundlichen Grüßen, Der Landesgendarmeriekommandant, Kröll, Brigadier.

Durch eine Indiskretion, die jedenfalls ein strafrechtlich relevantes Verhalten darstellt, wurden die Medien über die vorläufige Suspendierung und darüber hinaus über die darin enthaltenen


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Vorwürfe, allerdings – wie ich noch ausführen kann – falsch, informiert. Ich habe den Herrn Minister heute schon gefragt, ob in einem Fall wie diesen wegen Amtsmissbrauchs bereits zumindest gegen unbekannt ermittelt wird.

Kurzer Szenenwechsel: Die – wie sich herausstellen wird: haltlosen – Vorwürfe werden in allen Medien verbreitet. Naderer hat zwei Kinder, einen zehnjährigen Sohn und eine vierzehnjährige Tochter. Diese kommen mit Fragen von der Schule nach Hause, die aus der Sicht der Kinder durchaus berechtigt sind: Papa, ist es wahr, dass du ins Gefängnis musst? (Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk. )

Meine Damen und Herren! Beckmesser im alten Nürnberg ist es noch prächtig gegangen im Vergleich zu dem, was Naderer immerhin einen Monat lang – so lange hat das nämlich gedauert, bis die vorläufige Suspendierung wieder aufgehoben wurde – aushalten musste. Naderer musste einen ständigen Spießrutenlauf erleben.

Jetzt, Herr Bundesminister, komme ich zum wesentlichsten Teil, und das halte ich doch für sehr bemerkenswert.

Nach einem Monat langte eine Entscheidung der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, Senat 46, 4010 Linz, Gruberstraße 35, ein. Mit diesem Bescheid wird die vorläufige Suspendierung gegen Helmut Naderer aufgehoben. – Ich zitiere aus diesem Bescheid: Als Grundlage für die vorläufige Suspendierung wurde ein Auszug eines Berichtes der Sonderkommission der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit in der Sache Kleindienst Josef – Spitzelaffäre (ohne Zahl und Datum) in Form einer Kopie – herangezogen.

Es wird dann der Sachverhalt mit den Delikten geschildert, dass angeblich auf Grund eines EKIS-Ausdruckes ein Angestellter aus der FPÖ hinausgeflogen ist. Ich habe es schwarz auf weiß: Die einvernehmliche Auflösung dieses Dienstverhältnisses findet sich in den Akten. – Das sei aber nur so nur so nebenbei gesagt.

Ich zitiere: "Der erkennende Disziplinarsenat setzte sich ausführlich mit der vorliegenden Thematik, insbesondere mit dem Bericht der Sonderkommission (SOKO), auseinander und legte der Entscheidung nachstehende Erwägungen zugrunde: ... Die Anschuldigung der SOKO lautet, zwei Gendarmen hätten Akte über eine Geheimprostituierte an Schnell übergeben, nicht Naderer. In der Begründung der vorläufigen Suspendierung jedoch steht, Naderer hätte diese Akte an Schnell übergeben. Woraus die bescheiderlassende, nachgeordnete Dienstbehörde dieses Begründungselement ableitet, ist dem erkennenden Senat nicht bekannt beziehungsweise ist nicht nachvollziehbar. Auch geht in keiner Weise hervor, um welche Akte es sich exakt gehandelt hat."

Ich zitiere weiter: "Nach Aussagen eines Funktionärs der EKIS-Abteilung des LGK für Oberösterreich ist es auf Gendarmerieposten nicht möglich, Daten dieser Art" – und zwar sozialrechtliche, auch dies war ein Inhalt – "abzufragen".

In der rechtlichen Beurteilung findet sich – so möchte ich landläufig sagen – eigentlich der größte Hammer: "Sowohl im Bericht der SOKO als auch im Bescheid über die vorläufige Suspendierung geht es letztendlich um vage Vermutungen, die in keiner Weise auch nur annähernd durch die oberste als auch die nachgeordnete Dienstbehörde verifiziert worden sind. Die Anschuldigungspunkte im Bescheid des LGK für Salzburg über die vorläufige Suspendierung decken sich außerdem nicht mit dem Bericht der SOKO. Die Angaben der SOKO als Basis für diesen Rechtsakt reichen nach Ansicht des erkennenden Senates nicht aus, eine Suspendierung nach § 112 Abs. 2 BDG 1979 auszusprechen."

Und dann geht es weiter: "Zunächst müssen einem Beamten Dienstpflichtverletzungen zur Last gelegt werden; ein eindeutiger Beweis beziehungsweise Nachweis ist noch nicht erforderlich, das heißt, es genügt ein ‚konkreter’ begründeter Verdacht. In der Beweisführung der vorläufigen Suspendierung sind zwar Verdächtigungen en gros ausgesprochen, konkretisiert beziehungsweise personifiziert oder begründet sind diese Anschuldigungen in keiner Weise. Bloße Gerüchte und vage Vermutungen ohne konkrete Namensbezüge reichen nach Ansicht des erken


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nenden Senates nicht aus; es müssen hinreichende und tatsächliche Anhaltspunkte gegeben sein."

Meine Damen und Herren! So verfährt man gegen jemanden, dem man unbedingt den Makel der Suspendierung umhängen will, indem man zeitgerecht die Presse informiert, dann aber natürlich auch von Presseseite über das nachträgliche Einstürzen all dieser Vorwürfe nicht mehr so groß berichtet. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Wenn der Herr Kollege die Auslieferung im Salzburger Landtag ansprach, dann weiß er natürlich ganz genau, dass einem solchen Auslieferungsantrag zunächst einmal stattgegeben werden muss, denn ansonsten darf der Staatsanwalt nicht ermitteln, und dann könnte er niemals feststellen, dass der Betroffene unschuldig ist. (Zwischenruf des Bundesrates Prähauser. ) – Das war eine falsche Fährtenlegung. Deswegen steht eine Auslieferung auch bei den hirnrissigsten Anschuldigungen sehr wohl zunächst im Interesse der Betroffenen.

Ich überlasse es Ihnen, meine Damen und Herren, wie sehr Sie sich, abgesehen von dem körperlichen Bedrängnis der Folter, bei dieser Geschichte an meinen kleinen historischen Ausflug erinnert haben.

Herr Bundesminister! Ich ersuche Sie, alles zu unternehmen, damit sich alle Menschen dieses Landes als freie und bis zum Beweis des Gegenteils auch unbescholtene Bürger fühlen können. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.45

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. Michael Strugl das Wort. – Bitte.

10.45

Bundesrat Mag. Michael Strugl (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu Beginn möchte ich kurz auf das eingehen, was mein Vorredner hier sehr ausführlich geschildert hat, und möchte ausdrücklich betonen, dass es immer ein Grundsatz sowohl für den Innenminister als auch, wie ich annehme, für den Justizminister war, dass es die Unschuldsvermutung gibt und diese auch respektiert wird.

Zweite Anmerkung: Sie haben den Innenminister konkret angesprochen und gefragt, was er angesichts dieser Vorfälle getan hat, die übrigens nicht während seiner Amtszeit stattgefunden haben. – Er hat eine Kommission eingesetzt und diese weisungsfrei gestellt, was meiner Meinung nach völlig korrekt und völlig richtig ist, und diese ermittelt ohne Rücksicht auf Rang, Namen und Partei. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

Ich glaube, das sollte man fairerweise auch dem Minister gegenüber hier festhalten. Ich gehe davon aus, dass es sich so verhält.

Aber ich füge noch etwas hinzu, weil Sie sehr beklagen, dass es hier eine Vorverurteilung gibt und mit den Medien eine Hetze betrieben wird: Ich kann mich sehr gut an einen Fall aus Oberösterreich erinnern. Es geht jetzt um eine ganz andere Geschichte, nämlich um einen Volksschuldirektor aus einer oberösterreichischen Gemeinde, der von Ihrem ehemaligen Bundesparteiobmann über die Medien übel zugerichtet wurde, und zwar mit Anschuldigungen, die sich als völlig haltlos herausgestellt haben. Diesem Volksschuldirektor ist genau das widerfahren, was Sie jetzt beklagen und was auch nicht in Ordnung ist. (Zwischenruf des Bundesrates Konecny. ) – Nein! (Beifall bei Bundesräten der SPÖ. – Zwischenrufe.)

Damit möchte ich nur sagen, dass jeder durchaus vor seiner eigenen Tür kehren soll, was nicht heißt, dass man irgendwelche Vorfälle gutheißt. – Das möchte ich nur dazu festhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Sicherheitsbericht selbst wurde schon ausgeführt, dass er bereits Geschichte ist. Das trifft allerdings auf jede Statistik zu, denn sonst würde es sich um eine Prognose handeln. Ich


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möchte mich daher vor allem auf die Zeit konzentrieren, die mit dem neuen Innenminister in Verbindung gebracht werden wird, und welche Schlüsse aus dem Sicherheitsbericht gezogen werden können.

Wir wissen, dass der Innenminister in einer nicht ganz einfachen Zeit sein Amt übernommen und schon zu Beginn seiner Amtszeit bewiesen hat, dass er sehr verantwortungsvoll und sehr sensibel vorgeht. Er hat gleich zu Beginn drei meines Erachtens wichtige Aspekte herausgearbeitet, an welchen er auch selbst gemessen werden will. Erstens hat er festgestellt, dass er sich und sein Ministerium als Dienstleister versteht, zweitens hat er gesagt, dass er Österreich zum sichersten Land Europas machen möchte, und drittens geben uns die Art und Weise, wie mit schwierigen Situationen – etwa bei Demonstrationen – umgegangen wurde, im Grunde Zuversicht, dass dieses Ziel, Österreich zum sichersten Land zu machen, tatsächlich erreicht werden kann.

Warum behaupte ich das? – Es wurde während der Amtszeit von Innenminister Strasser mit echten Strukturreformen begonnen, was ich für sehr wichtig halte, weil man sich so auf die eigentlichen Aufgaben und Kernkompetenzen dieses Ressorts konzentriert. Ich nenne als Beispiele nur die Reformen im Bereich des Kriminaldienstes, bei welchem es Verbesserungen gibt, etwa im Bereich der Informationsgewinnung. Aber auch im Bereich des Zivildienstes, in dem bekanntlich Zuweisungsrückstände abgebaut werden müssen, kam es zu Reformmaßnahmen und einer besseren Koordination der Behörden.

Zu Frau Kollegin Fuchs darf ich sagen: Die Interventionsstellen wurden während Strassers Amtszeit nicht abgebaut. Im Gegenteil: Es sind welche hinzugekommen. Das ist ein berechtigtes Anliegen, daher möchte ich es erwähnen.

Ein Beispiel, wie die Reduktion auf Kernkompetenzen verstanden wird, ist etwa die Ausgliederung der Flugrettung. Ein weiteres positives Beispiel – das sage ich als einer, der aus diesem Ort kommt – ist die Neuorganisation im Bereich der Gedenkstätte Mauthausen. – Es gibt also ganz unterschiedliche Beispiele für entsprechende Maßnahmen, die das Amtsverständnis des Innenminister zeigen. Ich glaube daher, dass man auch hier einmal erwähnen soll, dass der Minister gemeinsam mit seinen Mitarbeitern und mit den Beamten der Exekutive in den vergangenen elf Monaten wirklich gezeigt hat, dass er nicht nur mit Engagement und Verantwortung an diese Aufgabe herangeht, sondern dass in diesem Bereich auch tatsächlich etwas weitergeht. (Beifall bei der ÖVP.)

Zwei Ziele, die genannt wurden, sind mir besonders wichtig, nämlich der Kampf gegen das Schlepperwesen und gegen die organisierte Kriminalität. Der Sicherheitsbericht 1998 zeigt, dass es in diesen Bereichen signifikante Steigerungen gibt. – Der Großteil der Vermögensdelikte und der Kfz-Verschiebungen ist mittlerweile der organisierten Kriminalität zuzurechen. Wir stellen diesbezüglich eine deutliche Internationalisierung fest. Die organisierte Kriminalität hat mittlerweile einen Anteil von 30 bis 35 Prozent an der Gesamtkriminalität, und das zeigt, dass da dringender Handlungsbedarf besteht. Auch bei der Schlepperei gibt es einen signifikanten Anstieg der Aufgriffe von über 30 Prozent, und es ist auch eine Steigerung der Zahl der Personen, die pro Aufgriff illegal über die Grenze geführt wurden, festzustellen.

Aus Ländersicht halte ich zwei weitere Punkte für besonders wichtig: Die Außenpräsenz – das wurde schon gesagt – wurde verstärkt und erhöht, und zwar nach der Devise, dass die eigentliche Sicherheitsaufgabe der Beamten vor allem im Außendienst wahrzunehmen ist. Der zweite Punkt betrifft die Gendarmerieposten. Die Länder haben immer darunter gelitten und immer wieder gesagt, dass sie gegen die Reduzierungen und Schließungen der Gendarmerieposten sind, wie sie unter den Vorgängern von Innenminister Strasser vorgenommen wurden. Diesbezüglich gibt es nun ein klares Bekenntnis und eine Umorientierung, auch in der Aufgabenverteilung in Richtung dezentraler Sicherheitsdienststellen. Das halte ich für besonders wichtig. Das ist, wie ich meine, auch aus der Sicht des Bundesrates und der Bundesländer ein bemerkenswerter Ansatz, wofür wir dem Innenminister dankbar sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.54


Bundesrat
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Vizepräsident Jürgen Weiss:
Nächster Redner ist Herr Bundesrat Stefan Prähauser. Ich erteile ihm das Wort.

10.54

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Es ist immer angenehm, wenn man keine Zwischenrufe machen muss, weil man weiß, dass man ohnehin Gelegenheit haben wird, sich dann in seiner Wortmeldung entsprechend zu artikulieren und möglicherweise Gesprächslinien, die einem nicht gefallen, ins rechte Licht zu rücken.

Meine Damen und Herren! Im Sicherheitsbericht 1998 ist zum siebenten Male in ununterbrochener Reihenfolge dokumentiert, dass es mehr Aufklärung und weniger Verbrechen in diesem Land gab. Das ist ein Grund mehr, auf die Arbeit unserer Beamtinnen und Beamten, aber auch der Minister stolz zu sein. Daher möchte ich jetzt Herrn Bundesminister Strasser stellvertretend für seinen Vorgänger Bundesminister Schlögl für die gute Arbeit danken, die er diesem Land zuteil werden ließ! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte Herrn Innenminister Strasser für seinen ersten Sicherheitsbericht, der das Jahr 2000 betreffen wird, auch danken können. Bis das aber möglich sein wird, ist noch viel Arbeit notwendig. Ich glaube, ein Ansatz, diese Arbeit zu bewältigen, ist erkennbar. Die Einrichtung einer Kommission, die jetzt damit beschäftigt ist, den so genannten Spitzelskandal aufzuarbeiten, und die Art und Weise, wie hinter den Beamten, die aufklären müssen, gestanden wird, geben Anlass zu Optimismus. Dennoch glaube ich, dass wir in nächster Zeit noch die eine oder andere Überraschung erleben werden.

Ich glaube, dass es echte Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit gibt, wenn Mandatare dieses Staates die ausdrückliche Bitte an das Ministerium richten, dass sie erfahren möchten, ob gegen ihre Personen gespitzelt oder möglicherweise untersucht wurde, und zwar mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass auf Datenschutz und die persönliche Intimsphäre keine Rücksicht zu nehmen ist, und die Antwort des Ministers dann lautet, dass das nicht möglich sei.

Meine Damen und Herren! Da frage ich mich: Was wird hier geschützt? – Mögliche Bespitzler, möglicherweise ein Koalitionspartner oder irgendwelche Minister, mit Sicherheit aber nicht die möglicherweise Bespitzelten. Daher meine ich, dass man darüber nachdenken sollte, wie man diese Unwägbarkeit für die Zukunft ausmerzen kann, und allen Bürgern, nicht nur Abgeordneten, die Chance einräumen sollte, betreffend ihre Person entsprechend nachzufragen. Ich gehe davon aus – da bin ich mit dem Herrn Minister einer Meinung –, dass man das nicht in der Öffentlichkeit tun muss, meine aber, dass letztendlich jeder Mensch das Recht auf Information hat und reinen Tisch machen können soll, noch dazu, wenn es begründete Verdachtsmomente gibt, was in der Vergangenheit oft genug der Fall war.

Meine Damen und Herren! Wir haben heute die hervorragende Rede beziehungsweise ein hervorragendes Plädoyer eines Strafverteidigers gehört. Herr Kollege Aspöck! Eigentlich wäre es besser gewesen, Sie hätten dieses Plädoyer heute im Ausschuss des Landtages in Salzburg gehalten. Möglicherweise hätte sich ... (Bundesrat Dr. Aspöck: Dort habe ich leider kein Rederecht!) – Als Experte haben Sie im Ausschuss jederzeit Rederecht. Das wissen Sie! Die Freiheitliche Partei hat jedoch auf einen Experten keinen Wert gelegt. Möglicherweise wäre noch mehr Licht in das Dunkel gekommen.

Zur Stunde finden – viele werden es noch nicht wissen – die Beratungen über die Aufhebung der Immunität im Land Salzburg statt. (Bundesrat Dr. Böhm: Das sagt gar nichts!) – Herr Kollege Böhm! Ich habe dazu auch noch nicht sehr viel ausgeführt. Ich sage es präziser: Wir wissen inzwischen, dass die Ausschussberatungen eben stattgefunden haben. Über das Telefon können solche wertvollen Informationen übermittelt werden, und so wurde mir mitgeteilt, dass Freiheitliche im Ausschuss und auch im Plenum der Auslieferung die Zustimmung verweigern werden. Sie werden sich der Stimme enthalten. – Da frage ich mich: Gibt es etwas zu verstecken? Hat man Angst, dass etwas auftaucht? (Bundesrat Dr. Aspöck: Eine Enthaltung ist


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keine Verweigerung!) – Es wäre wichtig, dass man der Auslieferung zustimmt , um die Chance zu haben, den Unschuldsbeweise antreten zu können. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Aspöck. ) – Herr Kollege Aspöck! SPÖ, ÖVP und Grüne helfen jedoch den Freiheitlichen, dass die Wahrheit an das Licht kommt: Sie werden ausliefern! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Aspöck! Es werden drei Abgeordnete der FPÖ ausgeliefert werden, nämlich Herr Klubobmann Karl Schnell, der vorhin zitierte Abgeordnete Naderer und auch der Vizechef der Kripo Salzburg, Herr Abgeordneter Wiedermann.

Meine Damen und Herren! In Anbetracht dessen überlege ich schon, was in diesem Staat los ist, wenn solche Netzwerke augenscheinlich möglich sind. (Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid. ) Natürlich gilt auch da die Unschuldsvermutung!

Meine Damen und Herren! Ich glaube ... (Bundesrat Dr. Aspöck: Das ist wie bei der Postenschacherliste: Alles endete mit Freisprüchen, nur der Postschacher blieb übrig!)  – Herr Kollege Aspöck! In der Sportlersprache würde man sagen: Das ist ein aufgelegter Elfmeter. Ich nehme diesen an! Als ehemaliger Mittelstürmer bin ich in der Lage, den Ball im Netz zu versenken! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen: Sie wissen genau, dass es in der Postenschacheraffäre, die Sie jetzt angesprochen haben, einen Verurteilten gegeben hat, einen, der für die anderen den Kopf hinhalten durfte, nämlich ein gewisser Wolf.

Das ist auch ein Funktionär Ihrer Partei, der damals auf Wunsch von Kollegen Haider – Ihrem Kollegen Haider – in die Landesregierung zu Schnell transferiert wurde, der allerdings in der Zwischenzeit mit der Polizei gemeinsame Sache macht. Er hat zum Beispiel zu Protokoll gegeben hat, dass es in Salzburg einen Klubobmann der Freiheitlichen Partei geben soll, Karl Schnell, der – das ist der zweite Punkt der Vorwürfe, die der Staat ihm macht – in die Parteikasse gegriffen hat, um sich Fischereisonargeräte zu kaufen. Für einen Fischer ist ein Sonargerät etwas ganz wichtiges. Er weiß damit, wo die Fische sind und braucht daher nicht im Trüben zu fischen. Er kann sich ein Spitzelnetz ersparen, wie es im Staat aufgebaut wurde. (Rufe und Gegenrufe bei den Freiheitlichen und der SPÖ. – Bundesrat Dr. Aspöck: Unschuldsvermutung! – Bundesrat Dr. Nittmann: Das ist sein Rechtsverständnis!)

Herr Dr. Aspöck! Sie haben Kollegen Wolf in den Mund genommen. Ich habe nur die Glaubwürdigkeit des Herrn Wolf unterstützt und zu Tage gebracht, was er noch vor der Polizei auszusagen bereit war. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir wissen, dass die Sozialdemokraten in der BH Flachgau zumindest nicht in der Dichte tätig sind, um in den Verruf zu kommen, die Mehrheit zu haben. Es gibt dort einen Mitarbeiter der ÖVP, der zu Protokoll gibt, er sei von Naderer bei Androhung von Amtshaftung genötigt worden, ihm Auskunft zu erteilen. (Oh-Rufe bei der SPÖ. – Bundesrätin Fuchs: Das ist aber kein schlechter Vorwurf!)

Meine Damen und Herren! Ein schwarzer Beamter in der BH Flachgau, der sich in Salzburg auskennt, weiß, was das heißt, das hat auch mit Qualität zu tun, das gebe ich zu. Jemand, der den Mut hat, das öffentlich weiterzugeben, verdient meinen Respekt. An Ihnen wird es liegen, aufzuklären, wer da die Wahrheit spricht: Naderer oder dieser Beamte. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte gerne etwas zitieren, das auch heute wieder in der Zeitung steht. Herr Kollege Aspöck! Was Sie zuerst zitiert haben, steht auch in dieser Zeitung. Was ich zitieren möchte, wozu ich auch die Unterlagen des Staatsanwaltes habe, steht auch in dieser Zeitung. Daher gehe ich davon aus, dass diese Information genau denselben Wahrheitsgehalt mitbringt, damit man so etwas schreiben kann. Ich bemühe mich jetzt, Ihnen das vorzulesen.

Sie wissen, dass es in Wien die Kollegen Kreißl und Kabas gibt, die augenscheinlich bis zum Hals in Problemen stecken. Sie wissen auch, dass bei der Hausdurchsuchung nach der Aufhebung der Immunität ein Computer sichergestellt wurde, an den man sehr viel Hoffnung geknüpft hat. Zur Bestürzung aller waren jedoch die Festplatten gelöscht. Aber – und jetzt kommt es –:


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Dem Datenvernichter, der offenbar dümmer ist, als die Polizei erlaubt, war nicht bekannt, was jeder Computerneuling weiß, dass es für EDV-Experten nicht das geringste Problem ist, gelöschte Daten wieder sichtbar zu machen. Einziges Mittel dagegen ist: die brachiale mechanische Vernichtung der Festplatte. – Das hätte allerdings budgetäre Auswirkungen für eine kleine Aufgabe, die man sich wahrscheinlich ersparen wollte.

Szenenwechsel: Man hat die Daten wieder sichtbar machen können, und die Vorwürfe wurden in einer Art und Weise bestätigt, die für diese beiden Herren angsterregend sein müssen. Man geht bereits davon aus, dass die Freiheitliche Partei aufgerufen sein wird, sich für Wien neue Kandidaten aussuchen zu dürfen.

Meine Damen und Herren! Ich will Sie jetzt mit solchen Geschichten nicht mehr länger langweilen. Ich möchte noch einmal auf den Sicherheitsbericht 1998 zurückkommen. Ich freue mich auf den Bericht 1999, weil ich weiß, dass Österreich, was die Sicherheit betrifft, auf einem guten Weg ist, und, wenn wir die Spitzelaffäre auch noch bewerkstelligen, auf einem noch besseren Weg sein wird.

Meine Damen und Herren! An 2000 knüpfe ich meine Hoffnung. Aber die Tatsache, dass wir Vertrauen in die Sicherheit unseres Landes und auch der Bundeshauptstadt Wien haben – wir haben die Daten heute gehört –, müssen wir schon offen zeigen. Die Angelobung einer Regierung, die im Untergrund stattfindet, dient nicht dazu. – Wir nehmen diesen Bericht zur Kenntnis. (Beifall bei der SPÖ.)

11.05

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Christoph Hagen das Wort. – Bitte.

11.05

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wir beraten heute den Sicherheitsbericht 1998, und ich möchte schon dazu sagen, dass er ein bisschen eine alte Geschichte ist. Er ist immerhin schon zwei Jahre alt. Die Zahlen und Fakten treffen heute nicht mehr zu und sind ein bisschen verstaubt.

Wenn man diesen Sicherheitsbericht durchschaut und sich mit den Statistiken befasst, dann findet man ein Thema, das wahrscheinlich jedem entgangen ist: das Thema Ausländerkriminalität.

Die Ausländerkriminalität wird nämlich in jedem Sicherheitsbericht ein bisschen falsch dargestellt. Dazu sollte man folgendes Hintergrundwissen haben: Die Statistik teilt sich bei der Ausländerkriminalität in Gastarbeiter – das sind legal hier lebende Ausländer, die ein Arbeitsverhältnis haben und als Arbeiter gelten – und in Ausländer, die nicht in Österreich beschäftigt sind, die selbständigen beziehungsweise die durchreisenden Täter. Da gibt es also eine Verfälschung der Statistik, die ein bisschen aufbessert, damit die Ausländerkriminalität nicht so wild ausschaut. Ich glaube, dass man in zukünftigen Sicherheitsberichten ... (Bundesrat Konecny: Nur eine Verständnisfrage: Worin läge die Verfälschung?)

Die Verfälschung besteht darin, dass da zwei Statistiken geführt werden. Alle Straftaten, die von unbekannten Tätern begangen werden, zählen auch zur Inländerkriminalität. Wir wissen aber, dass die durchreisenden Täter, die hier eine Straftat begehen, großteils Ausländer sind, das weiß man aus der Erfahrung. (Bundesrätin Fuchs: Das wissen die Tiroler, oder wissen das die anderen auch?) Sie verlassen dann das Bundesgebiet wieder, und all das zählt zur Inländerkriminalität. Man sollte daher in Zukunft schon etwas objektiver darauf schauen, dass die Ausländerkriminalität besser sichtbar dargestellt wird. Man hört immer, die Gastarbeiterkriminalität sei nicht höher als die Inländerkriminalität. (Bundesrätin Fuchs: Wesentlich geringer!) Das stimmt natürlich, weil die Gastarbeiter, die hier leben und arbeiten, nicht krimineller sind als die Inländer. Das gebe ich zu. Aber die anderen Ausländer sind da nicht erfasst, und darauf sollten wir in Zukunft achten.


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Ich möchte nun auf den Sicherheitsbericht 1998 zurückkommen. Der zuständige Minister war damals der von mir sehr geschätzte SPÖ-Minister Schlögl (Bundesrätin Fuchs: Na geh!), der aber leider mit seiner eigenen Partei ein Problem gehabt hat, weil er mit seiner Personalpolitik nicht durchgekommen ist. Das gleiche Problem hat der heutige Minister. (Bundesrätin Haunschmid: Der ist von seiner eigenen Partei abgeschossen worden!) Man hat die Zahl der Planstellen im Bereich der Sicherheit gewaltig gestrichen, man hat Posten nicht nachbesetzt, und das geht natürlich zulasten der Sicherheit.

Herr Minister! Mein Appell an Sie: Sorgen Sie dafür, dass die Personalsituation für die Zukunft gesichert ist! Dass dem leider nicht so ist, dass man sich da nicht sehr bemüht, das habe ich bei meiner letzten Anfrage vom 12. Oktober betreffend drei Gemeindesicherheitswache-Bediensteten, die ich gemeinsam mit meinen Bundesratskollegen aus Vorarlberg gestellt habe, gesehen. Man muss sich vorstellen, wie die Mühlen im Ministerium mahlen:

Es handelt sich dabei um zwei Sicherheitswache-Beamte, die die Gendarmerieschule besucht haben. Der eine hat noch den fortbildenden Kurs für dienstführende Wachebeamten gemacht, der andere hat bei der Bundespolizei die Schulbank gedrückt.

Einer dieser Gendarmeriebeamten ist vor kurzem als Jahrgangsbester mit Auszeichnungen in jedem Fach ausgeschult worden. Das heißt, er hat alle Fächer mit Auszeichnung abgeschlossen, ist also ein hervorragender Beamter. Er hat dann angesucht, zur Gendarmerie wechseln zu können, und hat die Mitteilung vom Innenministerium bekommen, dass das leider abgelehnt wurde. Er muss zuerst noch einmal eine Aufnahmeprüfung machen, ob er auch würdig ist, Gendarmeriebeamter zu sein.

Das finde ich schon ein bisschen arg, wenn ich bedenke, dass wir in Vorarlberg bei den Exekutivbeamten einen dienstbaren Stand – dieser systemische Stand beläuft sich noch auf das Jahr 1995, weil die Belastungsstudie nachher nicht mehr geändert wurde – von 84 Prozent haben, was einem Manko von 16 Prozent entspricht. (Bundesrätin Fuchs: Setzen Sie sich in der Regierung durch!) Das ist gewaltig und ist nirgendwo in Österreich so.

Das sind Verfehlungen, die von noch früher her rühren, die sich jetzt natürlich auswirken. Zum Beispiel im Burgenland (Bundesrätin Fuchs: Das ist ein Vorbild!), das natürlich rot dominiert ist, herrscht ein Überstand von über 100 Prozent – 103 Prozent – dienstbarer Stand. Daran sieht man schon ein bisschen, wie früher im roten Ministerium die Mühlen gemahlen haben. Das Ländle, Vorarlberg, ist weit weg, dort hat man die Leute ein bisschen aushungern lassen. Dort war die Sicherheit nicht so wichtig, das geht uns im roten Wien und im roten Burgenland weniger an. – Herr Minister! Ich glaube, da besteht Handlungsbedarf.

Ich habe dann noch ein bisschen nachgefragt, was die Einsparungen im Bereich der Exekutive betrifft. Sie haben mir geantwortet, dass für Vorarlberg ein Kurs vorgesehen ist, der mit 1. Dezember hätte anfangen sollen. Ich muss Ihnen aber schon sagen, dass das eigentlich nur zum Abdecken der Pensionierungen und Austritte dient, deren Zahl sich jetzt leider auf Grund der Sparmaßnahmen vermehrt hat, die es aber schon 1996 und 1997 gegeben hat, als der "liebe" Herr Minister Einem, der der Exekutive meiner Ansicht nach nicht gerade sehr gut gesinnt war, im Personalkarussell sehr stark herumgerührt und die Exekutive ausgehungert hat.

Der Frust hat sich dann verstärkt. Der von mir geschätzte Minister Schlögl hat dann versucht, dem entgegenzuwirken, ist aber bei seinen eigenen Parteigenossen nicht durchgekommen.

Herr Innenminister! Was für mich ein bisschen problematisch ist, ist, dass das bei Ihnen, so wie es ausschaut, auch nicht besser wird. Obwohl man viel zu wenig Leute, eben einen dienstbaren Stand von 84 Prozent hat, spart man noch zusätzlich bei den Überstunden dieser Beamten, die aber geleistet werden müssen, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Weiters sind sonstige Einsparungen vorgesehen, zum Beispiel bei den Nebengebührenwerten, die das kärgliche Gehalt eines Exekutivbeamten ein bisschen aufgebessert haben, sodass er halbwegs leben konnte. Auf Grund dieser Streichungen sehe ich nicht sehr rosigen Zeiten entgegen.


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Nun aber zur viel zitierten Datenaffäre, die wir heute schon ausgiebig behandelt haben. Ich darf aus Vorarlberger Sicht Folgendes sagen: Obwohl das drei wochenlang in den Medien durchgekaut wurde, wie schlimm da bespitzelt wurde, weil neun Beamte in diesem EKIS ein bisschen herumgespielt und zu Übungszwecken unter anderem gewisse Politiker angefragt haben ... (Bundesrätin Fuchs: Denen war ja nur fad!)

Es wird Sie wundern, wenn ich Ihnen sage, dass Herr Haider sicher kein Interesse daran hat, wie sein Autokennzeichen lautet, denn in Vorarlberg wurde – man höre und staune – Herr Landeshauptmann Haider abgefragt. Ich glaube nicht, dass ein Blauer daran Interesse hat, welches Kennzeichen Herr Haider hat oder welches Auto er fährt, weil ohnehin jeder weiß, dass er einen Porsche hat. (Bundesrätin Fuchs: Im roten oder im schwarzen Vorarlberg?) – Soviel dazu.

Mittlerweile wurden die gesamten gerichtlichen Vorerhebungen eingestellt, es hat sich herausgestellt, dass nirgends etwas dran war. Sämtliche Verfahren sind eingestellt worden. Es sind nur disziplinarrechtliche Schritte übrig geblieben, weil die Leute diese Anfragen natürlich widerrechtlich gemacht haben, und deshalb werden sie auch zum Handkuss kommen.

Meiner Ansicht nach ist die ganze Aktion, die da durchgeführt wird, eine klare Vernichtungskampagne des Dr. Jörg Haider. (Bundesrat Konecny: Das glauben wir auch! Eine Vernichtungsaktion des Dr. Jörg Haider! Das glauben wir auch, dass das nicht gelingen wird! – Beifall bei der SPÖ.) Es ist eine Vernichtungsaktion des Dr. Haider, bei der man in weiterer Folge versucht, die Vorfeldorganisation der FPÖ in der Exekutive, die AUF, zunichte zu machen und die Freiheitliche Partei zu zerquetschen. Das ist alles, was man versucht.

Die gesamten Aussagen, alle Strafverfahren – nein, Strafverfahren wurden keine eingeleitet, aber Vorerhebungen – berufen sich auf die Aussagen eines Herrn Kleindienst, der ein Buch verkauft, von dem er recht gut leben kann. Er hat eine Medienkampagne inszeniert, um dieses Buch gut verkaufen zu können und dadurch ein reicher Mann zu werden – gestützt von roten Medien, die diese Schundblätter mit demselben Hintergrund an den Mann zu bringen versuchen. (Bundesrat Prähauser: Warum haben Sie diesen Mann gehen lassen? – Der Redner hustet. – Bundesrat Konecny: Verkutzen Sie sich nicht!)  – Sehr gebildet, danke.

Dass das gesamte EKIS-Datenmissbrauchsgeschehen ein Kartenhaus ist, das jetzt langsam in sich zusammenfällt, zeigt sich bei dem angeblichen Brief von Binder. Es wurde vorwurfsvoll gegen den Kärntner Landeshauptmann ermittelt, weil sein Leibwächter angeblich einen Brief geschrieben hätte, der in seinem Keller gefunden wurde. Es hat sich aber hinterher herausgestellt, dass dieser gefälscht ist. Wenn man bedenkt, wie dieser Brief durch die Medien gegangen ist – man kann diese jetzt auch lesen, man hat ihn x-mal abgedruckt –, und wenn man schaut, was dabei wirklich heraus gekommen ist, dann kann man sagen, dass dieses Kartenhaus jetzt komplett in sich zusammenstürzt und nichts mehr übrig bleiben wird. Das können Sie mir glauben. All das sind vage Behauptungen, die aufgestellt wurden, die aber nicht haltbar sind. Es wird sich aufklären.

In diesem Sinne möchte ich mit einem Zitat enden, das ich aus dem "Dom zu Gurk" habe: Die Wahrheit siegt über Lüge und den Irrtum. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.18

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Dr. Strasser das Wort. – Bitte.

11.18

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir einige Anmerkungen zu dem einen oder anderen Beitrag.

Hohe Mitglieder des Bundesrates! Zuerst zum Beitrag der Frau Bundesrätin Fuchs betreffend mehr Geld und mehr Personal: Nein, Frau Bundesrätin! Sie kennen das Papier und die Vorgabe dieser Bundesregierung. Wir haben eben nicht mehr Geld zur Verfügung, weil wir Letzter in der


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670. Sitzung / Seite 44

Europäischen Union sind. Ich bekenne mich dazu, dass auch unser Ministerium einen Beitrag zur Gesamtkonsolidierung zu leisten hat, damit wir aus EU-Sicht vom letzten Platz zumindest in das Mittelfeld kommen. Das wird auch einen Beitrag unseres Ministeriums beim Personal und beim finanziellen Einsatz erfordern. (Bundesrätin Fuchs: Das sollte auch Ihr Parteisprecher wissen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines ist entscheidend: Es geht nicht darum, ob man mehr Geld hat, sondern es geht darum, wie man Kosten so einspart, dass die Sicherheit der Bevölkerung effizient und gut gewährleistet ist. Ich möchte Ihnen gerne zwei Beispiele dazu bringen:

Erstes Beispiel betrifft die Ausgliederung der Flugrettung. Mit der Ausgliederung der Flugrettung ist Folgendes gelungen: Bis jetzt hat die Flugrettung 100 Millionen Schilling Defizit gebracht und damit dem Bundesministerium für Inneres 100 Millionen Schilling gekostet. Ab dem 1. Jänner 2001 werden dadurch, dass die Flugrettung ausgegliedert worden ist, zusätzlich 100 Millionen Schilling der Gendarmerie- und Polizeiarbeit des Bundesministeriums für Inneres zur Verfügung stehen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Fuchs: Das wird aber nicht mehr leistbar sein!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine kleine Nachbemerkung dazu: Mit Interesse habe ich festgestellt, dass die zehn Hubschrauber, die notwendig gewesen wären, um diese flächendeckende Abdeckung durch das Innenministerium sicherzustellen, dem Innenministerium über 800 Millionen Schilling gekostet hätten. Der Betreiber, der das ab 1. Jänner 2001 übernehmen wird, schafft dieselben Hubschrauber an – vielleicht nicht dieselben, aber die gleichen in der Qualität, ich habe keine Ahnung von Type und Firma –, und sie kosten 450 Millionen Schilling. (Bundesrätin Fuchs: Wer wird das bezahlen?)

Sie sehen also, der Unterschied ist ganz klar. Das kann nicht nur an der Mehrwertsteuer liegen, die das Ministerium zu bezahlen hätte und ein Unternehmer nicht. Wir haben richtig gespart. Wir haben so gespart, dass für Gendarmerie und Polizei 100 Millionen Schilling mehr im Jahr 2001 zur Verfügung stehen werden.

Ich darf Ihnen ein zweites Beispiel nennen: Als ich das Ministerium übernommen habe, habe ich das ADONIS-Projekt übernommen, das vorsieht, dass 8 Milliarden Schilling für ein neues digitales Funksystem ausgegeben werden sollten. Ich habe gesagt, das Geld werden wir nicht haben. Daher haben wir eine Neuaufsetzung dieses Projektes vorgenommen, und die Kolleginnen und Kollegen der zuständigen Abteilung sind zu mir gekommen und haben gesagt, wir brauchen für das Pilotprojekt 10 Millionen Schilling Aufwendungen. Ich habe dann gesagt, dieselbe Qualität muss es auch um die Hälfte geben. Interessanterweise sind dann die Herrschaften nach drei Wochen gekommen und haben gesagt: Herr Minister! Es geht um 5 Millionen Schilling auch. Daraufhin habe ich gesagt: Das ist noch immer zu viel. Ich würde bitten, dass man das noch einmal mit derselben Qualität überprüft. Drei Wochen später kommen sie und sagen: Herr Minister! Um 2,5 Millionen geht es nicht, dafür aber um 3,2 Millionen. (Beifall des Bundesrates Hensler. )

Die Geschichte ist aber noch nicht zu Ende. Daraufhin bin ich ins Burgenland gefahren, wo sich die Firma befindet, die dieses Pilotprojekt macht, habe mir das präsentieren lassen und dann den Firmenchefs gesagt: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie dieses Pilotprojekt machen wollen, dann werden Sie – wenn Sie erfolgreich sind – ein Milliardengeschäft machen. Ich verlange von Ihnen innerhalb von 14 Tagen die Zusage, dass Sie das Pilotprojekt kostenlos machen und dass für das Ministerium keine Verpflichtung entsteht, nach dem Pilotprojekt Ihre Firma zu beauftragen. – Da haben die Herrschaften etwas betrübt geschaut. Der Rotwein, der vorbereitet worden ist, ist stehen geblieben. Aber 14 Tage später habe ich die Zusicherung gehabt, dass diese Firma das kostenlos macht und dass für uns keine Verpflichtung entsteht.

Sehen Sie: So spart man Geld bei den Kosten, damit unsere Gendarmen und Polizisten das Budget haben können. Deshalb konnten wir auch im Jahr 2001 das Sachbudget für Polizei und Gendarmerie erhöhen, obwohl wir insgesamt eine leichte Reduktion unseres Budgets hinnehmen müssten. An der Sicherheit wird nicht gespart. (Beifall bei der ÖVP.)


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670. Sitzung / Seite 45

Zum Personal: Ich sage Ihnen sehr offen: Wer mehr Personal verspricht, kennt entweder die Situation nicht oder sagt nicht die Wahrheit. (Ruf: Wir sicher nicht!) Im Bundesministerium für Inneres wird es in den nächsten Jahren weniger Personal geben. Aber auch da kommt es darauf an, wo dieses Personal für welche Aufgaben eingesetzt wird. Auch dazu sei mein klarer Standpunkt, den ich in der Fragestunde schon ausführen konnte, gesagt:

Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass die Meldewesen in den Städten, wo es Polizeidirektionen gibt, doppelt geführt werden: einmal bei der Polizeidirektion und einmal bei den Magistraten der jeweiligen Städte. Noch dazu hat der Österreichische Städtebund jahrzehntelang verlangt, dass das Meldewesen endlich übergeben wird. Ich habe das möglich gemacht, und mit dieser Veränderung werden wir allein in der Stadt Wien 240 Beamtinnen und Beamte aus dem Verwaltungsapparat in Richtung Sicherheitsaufgaben und mehr Dienstleistung für die Sicherheit der Bevölkerung überführen können. Das ist eine Möglichkeit, wie man sinnvoll Personal spart und dort einsetzt, wo man es braucht: nämlich für die Sicherheit der Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP und der Bundesrätin Fuchs. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein weiteres Beispiel: Wir werden alles dazu tun – im Jahr 2000 haben wir das vorgezeigt –, damit kein einziger Planposten in den Wachzimmern und Gendarmerien eingespart wird. Aber wir haben in der Verwaltung gespart. Ich habe schon gesagt, dass wir in der Zentrale begonnen haben. Die Zahl der Gruppenleiter wurde halbiert, und die Abteilungen wurden abgespeckt. Das werden wir fortsetzen. Wir werden in der Verwaltung sparen, damit die Sicherheit auf der Straße weiterhin gewährleistet bleibt. Ich bin stolz darauf, dass es gemeinsam mit den Verantwortlichen bei der Gendarmerie und Polizei gelungen ist, dass im Jahr 2000 so viele Beamtinnen und Beamte wie noch nie in den letzten fünf Jahren auf der Straße waren. Diesen Weg wollen wir für die Sicherheit der ÖsterreicherInnen fortsetzen. (Beifall bei der ÖVP und der Bundesrätin Haunschmid. )

Sehr geehrter Herr Bundesrat Hagen! Ich darf Ihnen Folgendes sagen: Nicht nur in Wien, nicht nur im Burgenland, nicht nur in Ostösterreich, sondern auch in Vorarlberg kann man sparen. Jawohl! Ich werde Ihnen das zeigen, wie man im Landesgendarmeriekommando Vorarlberg sparen kann. Auch dort gibt es Einsparungsmöglichkeiten. Ich sage Ihnen eines sehr deutlich: Das Florianiprinzip – bei den anderen sparen, während man selbst mehr Personal fordert – wird es unter einem Minister Strasser nicht spielen. Das muss ich Ihnen auch sehr deutlich sagen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Boden und Fuchs. )

Sie haben etwas vergessen, was Vorarlberg betrifft, und ich möchte das auch in aller Klarheit sagen: Zum Ersten gibt es einen zusätzlichen Gendarmeriekurs in Vorarlberg, und zum Zweiten habe ich verfügt, dass angesichts der schwierigen Situation in den Vorarlberger Wintergebieten zwölf zusätzliche Beamte – zum Teil aus anderen Bundesländern – Vorarlberg zur Verfügung gestellt werden. Ich darf Sie als Vorarlberger Mandatar einladen, dass Sie gerade hier in diesem Haus, in dem alle Bundesländer vertreten sind, die Solidarität der anderen Bundesländer für Kollegen, die in der schwierigen Winterzeit in Vorarlberg in Not sind, auch würdigen. Ich tue das jedenfalls vor diesem Bundesrat. (Beifall bei der ÖVP und des Bundesrates Kaltenbacher. )

Verehrter Herr Bundesrat Hagen! Zum Dritten und Letzten: Wenn Sie Sorgen wegen der Nebengebühren haben, dann darf ich Sie einladen, dieses Gespräch mit der zuständigen Frau Vizekanzlerin zu führen. Wir sollten gemeinsam für ehrliche, offene und klare Gegebenheiten sorgen und uns dort, wo es Probleme gibt beziehungsweise wo keine gerechte Situation herrscht, miteinander dazu bekennen, dass Dinge, die zu ändern sind, auch geändert werden sollen. Ich sage Ihnen: Ich stehe zu den Vorgaben, die die Frau Vizekanzlerin gibt, weil sie für eine weitere Verbesserung unserer gesamten Arbeit in der Bundesregierung wichtig und gut sind.

Sehr geehrter Herr Bundesrat Prähauser! Ich bin gerne bereit, jede gewünschte Information aus unserem Haus zu geben. Ich lade Sie ein – die hohen Gremien des Nationalrates und des Bundesrates –, die entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen dafür zu erbringen, damit ich das auch darf. Aber Sie dürfen von mir nicht verlangen, dass ich gegen die österreichischen


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670. Sitzung / Seite 46

Gesetze Informationen aus der Hand gebe. Das habe ich nicht getan, das tue ich nicht, und das werde ich auch weiter nicht tun.

Sehr geehrter Herr Bundesrat Aspöck! Ich darf Sie beruhigen – ich wiederhole das bei jeder sich bietenden Gelegenheit –: Die Unschuldsvermutung gilt, und zwar für alle und für jeden. Wir ermitteln – wir spekulieren nicht; wir ermitteln –, aber wir richten nicht. Herr Bundesrat! Ich darf auch mit aller Klarheit sagen: Eine vorläufige Suspendierung ist keine Verurteilung, und eine Aufhebung einer vorläufigen Suspendierung ist kein Freispruch. (Beifall des Bundesrates Prähauser. )

Die Aufgabe einer Suspendierung ist, alles zu sichern, was dazu beiträgt, dass im Dienstbetrieb alles in Ordnung ist. Über alle anderen Fragen hat der Staatsanwalt, der Untersuchungsrichter oder gegebenenfalls auch der Richter zu entscheiden. Ich jedenfalls werde alles dazu beitragen, dass die Ermittler ermitteln können, dass der Staatsanwalt die Ermittlungsaufträge, die er uns gibt, auch entsprechend erhoben bekommt und dass der Untersuchungsrichter seine Arbeit machen kann. Ich werde alles tun, was möglich ist, damit ohne Rücksicht auf Rang, Namen und Partei Licht in diese Sache gebracht wird. Ich darf auch alle ersuchen, ihre Beträge zu leisten, dass das passiert, was in einem Rechtsstaat notwendig und sinnvoll ist. (Beifall bei der ÖVP und der Bundesrätin Fuchs. )

11.29

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Dr. Aspöck gemeldet. Ich erteile ihm das Wort und weise auf die Redezeitbeschränkung und die Bestimmungen der Geschäftsordnung hin. – Bitte.

11.29

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Herr Bundesminister! Es geht mir nur um einen einzigen Satz. Das Wesentliche an dieser Sache ist: Das Verfahren ist völlig in Ordnung. Aber warum wird die Presse informiert? – Wenn es ein internes Verfahren mit einer Suspendierung gibt – jeder von uns weiß, das ist keine Verurteilung und so weiter ... (Bundesrätin Haselbach: Das ist keine tatsächliche Berichtigung, das ist eine Frage! – Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen.) Ich habe nicht behauptet, dass ein Freispruch erfolgt ist, sondern ich habe behauptet, dass Informationen, die geheim zu halten sind, die in der Exekutive zu bleiben haben, irgendwie an die Presse gelangt sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.30

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Thumpser. – Bitte.

11.30

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Sicherheitsbericht, der heute hier diskutiert wurde, zeigt auch eindrucksvoll, welche Arbeit im Bereich der Exekutive geleistet wurde. Ich möchte es nicht so im Raum stehen lassen, dass die Beamtinnen und Beamten nur so "herumspielen", sondern die Beamtinnen und Beamten – das zeigt dieser Sicherheitsbericht – arbeiten.

Herr Minister! Es tut mir Leid, dass Sie darauf nicht geantwortet haben. Ich wollte das hier nur feststellen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.31

Vizepräsident Jürgen Weiss: Werden noch weitere Wortmeldungen gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.


Bundesrat
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670. Sitzung / Seite 47

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivildienst (Zivildienstgesetz 1986) geändert wird (ZDG-Novelle 2001) (338 und 377 und Zu 377/NR sowie 6260/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 3. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivildienst (Zivildienstgesetz 1986) geändert wird.

Die Berichterstattung hat Bundesrat Ing. Franz Gruber übernommen. – Bitte.

Berichterstatter Ing. Franz Gruber: Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Herr Obmann des Innenausschusses! Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Ernst Winter das Wort. – Bitte.

11.33

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit den Stimmen der Koalitionsparteien wurde eine weitere Änderung des Zivildienstgesetzes beschlossen, und damit wird, so glaube ich, der Zivildienst noch mehr erschwert und um vieles unattraktiver gemacht.

Lassen Sie mich auf einige Punkte eingehen. Die Verantwortung für den Zivildienst wurde aus der Bundeshoheit ausgelagert, und finanziell schwächere und soziale Organisationen werden daher benachteiligt. Die wichtigsten Leistungsverpflichtungen und somit die Kosten wurden vom Bund auf die karitativen und sozialen Organisationen sowie auf die Zivildiener selbst abgewälzt. Das betrifft insbesondere die Verpflegung und die Pauschalvergütung. Die Ansprüche der Zivildienstleistenden sind künftig nicht mehr öffentlich-rechtlicher, sondern privatrechtlicher Natur und richten sich gegen die Rechtsträger der Einrichtungen. Der Zivildienstleistende hat sie im Streitfall im Zivilrechtsweg geltend zu machen und trägt daher natürlich auch grundsätzlich das Prozess- sowie auch das Insolvenzrisiko seines Rechtsträgers.

Mit der Gesetzesänderung wurde auch die berechtigte Forderung der Zivildiener nach einer effizienten anerkannten Vertretung nicht erfüllt und auch keine gesetzliche Vertretungsmöglichkeit auf Bundesebene geschaffen.

Mit der vorliegenden Novelle zum Zivildienstgesetz kommt es im Hinblick auf die Dauer der Dienstzeit zu keiner auch nur annähernden Gleichstellung mit der zeitlichen Belastung der Präsenzdiener. Es ist keine Lösung, den Zivildienst aus der Verantwortung der Bundeshoheit auszulagern, sondern es muss vielmehr ein klares und sicheres Finanzierungsmodell für den Zivildienst geschaffen werden.

Jede Benachteiligung finanziell und sozial schwächerer Organisationen muss auch vermieden werden – so auch der Auslandsdienst. Dieser wird nicht mehr vom Bundesministerium für Inneres subventioniert werden, sondern von einem zu gründenden Verein. Die vorgeschlagene Regelung wird nicht einmal der Forderung nach Weiterbestand gerecht und wird daher auch abgelehnt. Es ist auch zu befürchten, dass dadurch weniger Geld je Auslandsdiener zur Verfügung steht.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
670. Sitzung / Seite 48

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum § 25a: Bei der Pauschalvergütung kommt es zu keinerlei Angleichung an den Zoll der Wehrdiener. Derzeit erhält ein Rekrut als Summe von Monatsgeld und Prämie monatlich 3 189 S. Nach der vorliegenden Gesetzesbestimmung soll ein Zivildiener wieder nur eine Pauschalvergütung in der Höhe von 2 358 S bekommen. Auch da beträgt die Differenz 35 Prozent.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dabei darf aber auch nicht vergessen werden, dass der Grundwehrdiener in der Regel nach sechs Monaten die Möglichkeit hat, in den Genuss einer Beförderung zum Gefreiten zu kommen und somit eine Dienstzulage in der Höhe von 565 S monatlich anfällt. Auch diese analoge Möglichkeit fehlt im Zivildienstrecht völlig.

Herr Bundesminister! Dieses Gesetz ist meiner Meinung nach nichts anderes als eine Verschlechterung der sozialen Absicherung der Zivildienstleistenden und eine Benachteiligung gegenüber den Wehrdienern. Sie ist sachlich, so glaube ich, nicht gerechtfertigt und wird daher von uns abgelehnt.

Herr Bundesminister! Von Ihnen als ehemaliger Zivildiener hätte ich mir wirklich mehr soziale Gerechtigkeit erwartet. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.39

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Bundesrätin Germana Fösleitner das Wort. – Bitte.

11.40

Bundesrätin Germana Fösleitner (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit etwa 25 Jahren gibt es die Möglichkeit, anstelle des Wehrdienstes den Zivildienst abzuleisten. Nachdem anfänglich die Zivildiener zu einem erheblichen Teil im Bereich der Post und der Bahn eingesetzt wurden, verlagerte sich der Einsatz immer mehr auf den Sozial- und Rettungsbereich. Dort leisten unsere Zivildiener hervorragende, ja oft schwere Arbeit, und sie verdienen Anerkennung und große Wertschätzung.

Die Zivildiener entwickeln während ihres Dienstes ein ausgeprägtes soziales Bewusstsein, das sie ihr gesamtes Leben lang prägt. Es ist beeindruckend, wie diese jungen Menschen in oft ausweglosen Situationen ihre Aufgaben meistern und Verantwortung übernehmen. Ich denke, um nur ein Beispiel herauszugreifen, an die Einsätze in bäuerlichen Betrieben, wenn der Betriebsführer tödlich verunglückt oder sonst auf tragische Weise verstorben ist und die Bäuerin mit den Kindern allein mit den gegebenen Verhältnissen nicht zu Rande kommt, weil neben den wirtschaftlichen schwierigen Verhältnissen die Familie großes Leid zu bewältigen hat. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da sind die Betriebshelfer – die Zivildiener – neben der Arbeit auf dem Bauernhof stark psychisch gefordert.

Gut geschult und vorbereitet auf solche Einsätze meistern aber unsere Zivildiener diesen Dienst an den Menschen hervorragend.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese positiven Beispiele könnte man in vielen Sparten des Sozialbereiches und Rettungsbereiches anführen. Es ist daher verständlich, dass der Wunsch nach Zivildienern und der Bedarf an Zivildienern groß ist.

Wir alle erinnern uns an die außerordentlich prekäre budgetäre Situation des Zivildienstes zu Jahresbeginn. Als Bundesminister Dr. Ernst Strasser dieses Ressort übernommen hat, war der Zivildienst organisatorisch am Boden und finanziell ausgeblutet. 17 000 Männer warteten zum Teil Jahre auf ihren Einsatz. Nur ein rasch erstelltes Rettungsprogramm konnte die für das Jahr 2000 nötigen Zuweisungen sicherstellen. Um den Zivildienst aber auch für die Zukunft zu sichern, war es notwendig, die gesetzlichen Rahmenbedingungen einfacher, transparenter und vor allem effizienter zu gestalten.

Die Novelle, die uns vorliegt, ist die 19. Novellierung des Zivildienstgesetzes. Es ist aus meiner Sicht aber die erste, die tatsächlich Reformen bringt.


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Ich bin überzeugt davon, dass mit dieser Novelle die Zuweisungsrückstände abgebaut werden können und die jungen Menschen dadurch wieder eine bessere Lebensplanung vornehmen können, vor allem in ihrem Arbeitsbereich, denn erstmals gibt es die Möglichkeit, gegen Vergütung über die zugewiesenen Zivildiener hinaus weitere anzufordern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was zeichnet diese Novelle noch aus? – Es ist dies das Erschließen neuer Tätigkeitsfelder im Bereich des Umweltschutzes und der Jugendarbeit, und es sind dies eine bessere Planbarkeit für Trägerorganisationen, eine wesentliche Verwaltungsvereinfachung und das Eingehen auf Wünsche Zivildienstpflichtiger, eben einer bestimmten Einrichtung zugewiesen werden zu können, und auch das Eingehen auf Wünsche von Trägerorganisationen, einen bestimmten Zivildiener zugewiesen zu bekommen. Weiters ist es die Neuregelung der Finanzierung des Auslandsdienstes durch Gründung eines Vereines mit diesem Ziel. Schlussendlich gibt es ein völlig neues Finanzierungsmodell, das die Finanzierung des Zivildienstes sicherstellt.

Ich möchte an dieser Stelle allen, die an dieser Novelle mitgewirkt haben, herzlich danken, im Besonderen aber Herrn Bundesminister Dr. Ernst Strasser für seine hervorragende Fachkompetenz, für seine geradlinige Vorgangsweise und vor allem für seine menschliche Größe, denn bei Bundesminister Dr. Ernst Strasser steht der Mensch im Mittelpunkt. – Meine Fraktion wird daher dieser Novelle zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und der Bundesrätin Haunschmid. )

11.45

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. John Gudenus das Wort. – Bitte.

11.45

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Wir haben die 19. Novelle zum Zivildienstgesetz vorliegen, und auch ich bin der Meinung meiner Vorrednerin, dass mit dieser heute, wenn schon nicht ersten entscheidenden Novelle, so doch zumindest eine wesentliche Novelle beschlossen werden soll.

Es geht um die langfristige Absicherung des Zivildienstes und um die Einbringung und Gestaltung eines neuen Finanzierungsmodells im Zusammenhang mit der Neuverteilung der Aufgaben zwischen Bund und den Rechtsträgern. Einerseits sollen Leistungen, auf die der Zivildienstleistende Anspruch hat – das sind also die Pauschalvergütung, die Verpflegung, die Kranken- und Unfallversicherung, die Bekleidung und auch die Reinigung der Bekleidung –, vermehrt von den Trägerorganisationen erbracht werden, und andererseits haben die Rechtsträger der Einrichtung dem Bund eine monatliche Vergütung je Zivildienstleistenden zu zahlen. Davon sind allerdings nichtstaatliche Rechtsträger, die Dienstleistung im Rettungswesen, in der Katastrophenhilfe, in der Sozial- und Behindertenhilfe, der Krankenbetreuung und der Altenbetreuung sowie in der Betreuung von Vertriebenen und Asylanten, Asylwerbern und Flüchtlingen sowie von Menschen in Schubhaft erbringen, ausgenommen. Diese erhalten vom Bund ein Zivilgeld.

Damit im Zusammenhang steht die Abschaffung der bisher von den Trägerorganisationen an den Bund zu leistenden 55 unterschiedlichen Vergütungsstufen. Man muss sich vorstellen, wie schwierig diese 55 unterschiedlichen Vergütungsstufen aus geschäftlicher Sicht zu handhaben waren. Frau Kollegin Fösleitner! Sie haben vorhin darauf hingewiesen und auch ich glaube, es ist wirklich gut gewesen, im Sinne einer transparenteren, den budgetären Gegebenheiten Rechnung tragenden Zivildienstverwaltung eine einheitliche Vergütung festzusetzen.

Es wurde ein Unternehmen damit beauftragt, im Rahmen des § 54a diese Zivildienstverwaltung zu übernehmen, und das halte ich für einen wesentlichen Fortschritt. Das weist darauf hin, dass auch in diesem Bereich eine Art Privatisierung stattfindet, und wir können nur hoffen – da es gut vorbereitet worden ist –, dass es gut geht.

Es wurden auch die Zuweisungsrückstände besprochen – das ist ein unschöner Ausdruck für jene, die ihren Zivildienst noch nicht abgeleistet haben. Es handelt sich dabei um junge Männer, die ihn leisten sollen, damit sie ihre Lebensplanung aufbauen können. Diese Zuweisungs


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rückstände können nun durch Aufnahme neuer Tätigkeitsfelder verringert werden, auch das ist löblich. Ich höre immer wieder auch aus dem Bekanntenkreis, dass es leider Gottes bislang nicht möglich war, den Zivildienst zu leisten, obwohl man ihn eigentlich aus verschiedenen und ehrenwerten Gründen gerne leisten wollte.

Auch in diesem Zusammenhang stimme ich mit den Vorrednern überein. Ich bin überzeugt davon, dass ein Großteil der Zivildienstleistenden den Zivildienst nicht als – wie soll man sagen? – "Obizarahackn" betrachtet, sondern dass sie vielfach oft unter schwierigeren und persönlich härteren Bedingungen als sie ein Wehrdienstleistender hat, arbeiten müssen. Denn die Betreuung, die gesamte körperliche Betreuung von Kranken, Alten, Schwerkranken muss ein Soldat nicht machen. Und ich spreche all denen, die diese Härte des Zivildienstes auf sich nehmen, Hochachtung aus.

Ein Punkt, der auch bei uns Freiheitlichen nicht nur ungeteilte Zustimmung fand und daher auch dazu führte, dass wir eine Überlegungsfrist, eine vierjährige Überprüfung haben wollen, ist der Bereich der Auslandsdienste für Zivildiener. Es ist natürlich nicht von der Hand zu weisen – speziell aus medialer Sicht –, dass dem eine Relevanz zukommt. Ob dem jedoch wirklich eine außenpolitische Relevanz zukommt, wie es manchmal behauptet wird, da steht Behauptung gegen mediale Wirklichkeit. Wir werden sehen. Ich glaube natürlich, dass dieser Bereich nicht so brillant ist. Aber lassen wir es darauf ankommen.

Auch der von mir erwähnte § 54a betreffend die Überlassung der Aufgaben an ein privates Unternehmen soll auch erst im Jahr 2004 fixiert werden, wenn sich herausgestellt hat, ob sich das bewährt hat.

Grundsätzlich war ich vor vielen Jahren sehr für die Privatisierung staatlicher Aufgaben. In der letzten Zeit sehe ich diese Situation etwas kritischer, weil sich in manchen Fällen herausgestellt hat, dass Privatisierung eigentlich nur ein Auslagern von Ausgaben ohne wesentlicher – wenn überhaupt – finanzieller Einsparung war.

Wir wollen es darauf ankommen lassen. Wir stimmen dem Gesetz zu und wünschen den guten Intentionen dieses Gesetzes vorerst viel Glück. Im Jahr 2004 könnten wir dann wieder zu einer Novelle kommen, das wäre dann die 20. Novelle. Wir werden dann sehen, wie es weitergeht. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.51

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Herbert Würschl. – Bitte.

11.51

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten lehnen diese Gesetzesnovelle ab, weil sie keine oder kaum Verbesserungen für die Betroffenen, sprich für die Zivildiener, bringen wird.

Der Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten, dem wir zustimmen können, formuliert durchaus passabel – ich zitiere –: Ziel des vorliegenden Gesetzesbeschlusses ist daher, durch eine Neuregelung des Zivildienstes diesen unbürokratisch und effizienter zu gestalten. – Dem ist 100-prozentig zuzustimmen. Nur Anspruch und Wirklichkeit sind dabei nicht eins.

Es ist auch der Formulierung zuzustimmen, dass der Zuweisungsrückstand abgebaut werden soll beziehungsweise abgebaut wird. Aber auch da liegen meiner Meinung nach Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander.

Betreffend die Sicherstellung von mehr Autonomie für die Trägerorganisationen muss ich schon kritisch anmerken, dass da durchaus auch der Fall eintreten kann, dass Nachteile für Zivildiener beziehungsweise eine ungleiche Behandlung von Zivildienern eintreten können – und das ist sehr bedenklich.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es wird in dieser Novelle formuliert, dass eine Erleichterung im Vertrauensmännerwahlrecht gegeben sei. Wir Sozialdemokraten treten vehement dafür ein,


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dass ein wirksames Zivildienstvertreterrecht beziehungsweise eine Vertretung gesichert werden muss, und zwar auf Landesebene und auf Bundesebene. Das ist in dieser Novelle jedoch auch in keiner Weise ersichtlich. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

Kollege Gudenus hat die Neuregelung der Finanzierung des Auslandsdienstes angesprochen. Herr Minister! In diesem Bereich wird Verantwortung abgeschoben, und es kann auch durchaus der Fall eintreten, dass es Verschlechterungen für diese jungen Menschen gibt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin auch mit der Formulierung betreffend bessere Planbarkeit im Hinblick auf den Personaleinsatz nicht einverstanden, die der Ausschuss für die Wirtschaft gewählt hat. Ich glaube nicht, dass die Wirtschaft im Mittelpunkt zu stehen hat, sondern die jungen Menschen. Da verrät man mit der Sprache, wem man Hilfestellung angedeihen lassen will.

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Gesetzesnovelle verabsäumt auch eine Gleichstellung – diese wollen Sie höchstwahrscheinlich ohnehin nicht – zwischen dem Zivildienst einerseits und dem Präsenzdienst auf der anderen Seite. Es darf nicht sein, dass Zivildiener Jugendliche oder junge Menschen zweiter Kategorie beziehungsweise zweiter Klasse sind. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Einer meiner Vorredner hat auch das Entgelt angesprochen. Ich finde es eine Schande, wenn man junge Leute mit 18, 19 oder 20 Jahren mit einem Betrag in der Höhe von 43 S pro Tag abserviert. Das ist in einem reichen Land wie Österreich ein Schande. Deshalb bin ich auch der Meinung, dass sowohl das Entgelt für die Präsenzdiener als auch das der Zivildiener entsprechend zu erhöhen wäre. Ich bedaure es sehr, dass da einige lächeln. Da beschließt ein Gremium – der Nationalrat oder der Bundesrat, also eine Institution, in der Leute mit einem entsprechenden Einkommen, vielleicht sogar mit einem Doppelverdienst sitzen – ein Entgelt von 43 S pro Tag für junge Menschen, die ebenfalls entsprechend leben sollen, aber mit diesem Geld können sie das nicht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch bei der zeitlichen Verpflichtung wäre eine Gleichstellung herbeizuführen. Ich meine – das ist die Forderung vieler Jugendorganisationen, vor allem der Zivildiener, aber auch von Sozialdemokraten –, dass acht Monate für den Zivildienst genug sein müssen. Ich darf Sie von den Regierungsparteien ÖVP und FPÖ sehr dringend darum bitten, sich nicht nur verbal zum Zivildienst zu bekennen, sondern auch wirklich "Ja" zum Zivildienst zu sagen, denn diese jungen Leute leisten großartige engagierte Arbeit im Sozialbereich. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich fasse also zusammen: Wir sind der Meinung, dass acht Monate für den Zivildienst genug sind. Es muss das Recht bestehen, einen Aufschub herbeizuführen, wenn der junge Mensch es braucht oder es will, und es muss möglich sein, eine Zuweisung innerhalb eines Jahres sicherzustellen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ebenso ist eindeutig zu fordern, dass der Zivildienst und der Präsenzdienst besser abgegolten werden, dass die Präsenzdiener und die Zivildiener entsprechendes Entgelt erhalten. Abschließend stelle ich nochmals die Forderung, dass sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene eine entsprechende Personalvertretung für die Zivildiener geschaffen wird. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.56

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Alfred Schöls das Wort. – Bitte.

11.57

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Fuchs hat in ihrem Debattenbeitrag zum Sicherheitsbericht gesagt: Bundesminister Dr. Strasser hat gesagt, er hätte einen Trümmerhaufen übernommen, sie sehe aber keinen.


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Frau Kollegin Fuchs! Ich komme aus dem Waldviertel und aus Rücksicht auf die Stenographen des Hauses zitiere ich nicht den Originalspruch, sondern sage es in Schriftdeutsch: Wärst du nicht auf den Baum geklettert, dann könntest du nicht herunterfallen. – Ich kann mir daher nicht ersparen, zur Frage, welche Probleme es gegeben hat, Stellung zu nehmen.

Bei der Frage der Grenzsicherung – sie wurde heute schon angesprochen – hat der ressortzuständige Innenminister geschlafen. Ebenso die Frage der Schubhaftplätze, worüber wir auch in diesem Haus stundenlang diskutiert haben, hat der ressortzuständige Innenminister Karl Schlögl verschlafen. Die Frage der Funksituation ist für mich als Mandatar des Wiener Umlandes eine sehr bedrückende Situation, die der jetzt wieder neu gewählte Bürgermeister von Purkersdorf, Karl Schlögl, auch kennen müsste, jedoch nichts veranlasst hat, damit etwas passiert.

Oder die Sicherheitsakademie Traiskirchen: Es wurden Spatenstiche von verschiedenen sozialistischen Innenministern getätigt, und jetzt haben wir eine nicht benutzbare Ruine im Maßstab von 1 : 1.

Zum Thema Zivildienst: Lieber Kollege Würschl! Du erklärst von diesem Rednerpult aus, was diese Novelle alles bewirken kann. Ich sage dir: Auf Grund der derzeit herrschenden Wetterlage kann es auch sein, dass am 24. Dezember kein Schneefall ist, sondern die Sonne scheint – und wir werden trotzdem Weihnachten nicht absagen. (Bundesrätin Schicker: Schlechter Vergleich!)

Ich meine, man kann nicht irgendwelche Prognosen in den Raum stellen, die nicht erwiesen sind. Erwiesen ist, dass Bundesminister Dr. Strasser in der Frage des Zivildienstes ein Chaos übernommen hat, einen "Rucksack" von 17 000 Zivildienstwerbern. Das ist aber nicht überraschend gekommen. Das war keine neue Situation. Bereits in einer Studie des Jahres 1993 wurde darauf hingewiesen, dass in diesem Bereich Veränderungen notwendig sind.

Der Rechnungshof hat in seinem Bericht des Jahres 1997 massive Kritik geübt und darauf hingewiesen, dass es durch die Vorgangsweise nach den Vorgaben des Ministers Schlögl und seiner sozialistischen Amtsvorgänger zu Finanzierungsproblemen kommen wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der sozialistischen Fraktion! Daher war es notwendig, dass hier massiv eingegriffen wurde, ein gangbarer Weg gefunden wurde und es zu einer sinnvollen Änderung des Zivildienstes, der nach wie vor ein Wehrersatzdienst ist und auch bleiben soll, gekommen ist! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister! Ich danke dir und den Mitarbeitern deines Hauses, die die Dinge entsprechend aufbereitet, mit den betroffenen Organisationen und auch mit den Ländern Rücksprache gehalten und klare Prioritäten gesetzt haben.

Es wurde heute auch schon angesprochen, dass es sicherlich in vielen Einsatzbereichen eine große soziale Kompetenz der im Zivildienst Tätigen gibt. Ich bezweifle aber, dass diese soziale Kompetenz bei den Diensten bei der Bundespost und anderen Organisationen vonnöten war, und daher war es notwendig, den Blaulicht-Organisationen und den karitativen Organisationen entsprechende Unterstützung zu geben, diese in anderen Bereichen jedoch zurückzunehmen.

Wir haben Verwaltungsvereinfachungen vorgenommen. Im Zusammenhang mit dem Einsatz im Ausland hat Kollege Würschl gesagt, dass er Angst davor hat, dass eine neue Organisation gegründet wird. – Es geht nicht überall so zu, dass der Sohn des ehemaligen Bundeskanzlers irgendeiner Organisation Pate steht, deren Proponent ist und dann vielleicht gewisse Probleme entstehen! Man soll die Kirche im Dorf lassen und die Dinge so positionieren, wie sie sind! (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Ich glaube, dass durch diese 19. Novelle die entsprechenden Vorkehrungen getroffen werden, dass jene junge Männer, die den Zivildienst als Wehrersatzdienst betrachten und Gewissensgründe und nicht gewisse Gründe haben, sich dem Dienst mit der Waffe zu entziehen, entsprechende Möglichkeiten haben und dass auch die Trägerorganisationen entsprechende Verwaltungsvereinfachungen vorfinden. Daher haben wir keine Angst und werden dieser 19. Novelle die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)

12.03


Bundesrat
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670. Sitzung / Seite 53

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte.

12.03

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erstens bauen wir Zuweisungsrückstände ab; zweitens vereinfachen wir die Verwaltung massiv; drittens geben wir den zukünftigen Zivildienern mehr Sicherheit und mehr Autonomie; viertens bekommen alle Trägerorganisationen mehr Autonomie und werden zum ersten Mal in der Geschichte des Zivildienstes im Jahr 2001 alle personellen Wünsche der Organisationen erfüllbar sein; und fünftens regeln wir die Finanzierung des Auslandsdienstes durch die Schaffung eines Vereines neu.

Um mit einem Missverständnis aufzuräumen: Noch nie hat der Auslandszivildienst so viel Geld zur Verfügung gehabt wie im Jahr 2000, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Bundesrat Bieringer: Hört! Hört!) Es ist nur eigenartig und seltsam – das müssen wir uns im Detail anschauen –, dass zwar das Ministerium und der Bund noch nie so viel Geld zur Verfügung gestellt haben, dass aber die Zivildiener im Ausland klagen, dass sie das Geld nicht rechtzeitig oder zum Teil nicht im entsprechenden Ausmaß bekommen. Wie Sie wissen, gibt es dazwischen selbständige Vereine, wie es durch die vorigen zivildienstgesetzlichen Bestimmungen vorgesehen ist, und irgendwo zwischen der Auszahlungsstelle des Ministeriums und dem Konto des Auslandszivildieners muss irgendetwas stecken, dass es zu Verzögerungen kommt, und dem wollen wir nachgehen.

Insgesamt erleichtern wir die Durchführung des Zivildienstes wesentlich, und wir sparen zusätzlich Geld und Personal. Ich glaube, diese Novelle entspricht den Anforderungen dieses Regierungsprogramms voll und zeigt, dass Effizienz, Kostenbewusstsein, sparsamer Personaleinsatz und höchste Qualität für die Kunden, die Zivildiener und die Zivildienstorganisationen auf ein Blatt Papier zu bringen sind.

In diesem Sinne danke ich den Beamtinnen und Beamten unter Führung von Sektionschef Prugger, die sehr viel Arbeit hatten, diese Novelle gemeinsam mit den Ländern, den Organisationen und auch den Zivildienervertretungen zu erarbeiten, herzlich! Ich möchte auch Mathias Vogl in meinem Kabinett herzlich für die Arbeit danken. Schließlich möchte ich ganz besonders den Abgeordneten und den Vertretern des Bundesrates herzlich danken, die dieser Novelle ihre Zustimmung geben! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

12.05


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670. Sitzung / Seite 54

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz und das Bundesbetreuungsgesetz geändert werden (302/A und 378 und Zu 378/NR sowie 6249 und 6261/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen zum 4. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz und das Bundesbetreuungsgesetz geändert werden.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ing. Grasberger übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Ing. Walter Grasberger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Auch der Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz und das Bundesbetreuungsgesetz geändert werden, liegt allen Damen und Herren des Hohen Hauses in schriftlicher Form vor.

Ich beschränke mich daher auf die Antragstellung:

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Dezember 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für diesen Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Boden. – Bitte.

12.07

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Schöls! Obwohl ich auch aus dem Waldviertel komme, möchte ich trotzdem nicht im gleichen Fahrwasser fahren und über all die abgehandelten Gesetze nochmals eine Debatte abführen. (Zwischenruf des Bundesrates Schöls. )

Ich möchte mich auf das Fremdengesetz beschränken. Wie wir aus dem Bericht wissen, ist diese Gesetzesänderung aufgrund eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes notwendig, weil die Festlegung der Altersgrenze bei 14 Jahren als sachfremd bezeichnet wurde.

Für mich ist es unverständlich, warum man die Altersgrenze für den Nachzug von minderjährigen Kindern von 14 nunmehr auf 15 Jahre erhöht. Der Verfassungsgerichtshof hat keine Altersgrenze vorgesehen. Die Argumente der Regierungsparteien, dass die Gründung eines eigenen Hausstandes und die Erwerbstätigkeit im Vordergrund stünden, kann aber auch nicht ausschlaggebend sein. Wenn man eine Studie des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur etwas näher betrachtet, dann kann man aus der schriftlichen Befragung von zirka 300 eingebürgerten Jugendlichen folgende zwei Aspekte herauslesen:

Erstens: 14 Prozent der Jugendlichen, die eingebürgert sind, sind unter 16 Jahren, 67 Prozent sind zwischen 16 und 19 Jahren, und 19 Prozent sind über 19 Jahre. Zweitens: 92 Prozent leben bei ihren Eltern, 7 Prozent sind verheiratet und leben bei ihren Partnern, und weniger als 5 Prozent leben in einem eigenen Haushalt.

Diese Studie beweist, dass die Altersgrenze durch das Wort "Jugendliche" zu ersetzen wäre, um auf jeden Fall Härtefälle zu vermeiden. Wir Sozialdemokraten werden dieser Gesetzesänderung aus diesem Grund keine Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

12.10

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ager. – Bitte.

12.10

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Geschätzte Frau Präsidentin! Lieber Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Die Änderung des Fremdengesetzes und des Bun


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670. Sitzung / Seite 55

desbetreuungsgesetzes bringt einige gravierende Veränderungen mit sich. – Lassen Sie mich diese Veränderungen als Wirtschaftstreibender und als einer, der aus dem Fremdenverkehr kommt, ein wenig beleuchten.

Ich darf vorausschicken: Es waren nicht zuletzt innovative Unternehmer auch aus der Tourismuswirtschaft mit ihren fleißigen Mitarbeitern, die in den letzten 30 bis 50 Jahren einen gewissen Wohlstand in unser schönes Österreich gebracht haben. Dieser Wohlstand brachte es andererseits aber auch mit sich, dass es immer weniger unserer Landsleute in die Branche der Dienstleistung zieht. Das zusammengesetzte Wort "Dienstleistung" bedeutet, dass man etwas leistet und dient, und das ist nicht so beliebt bei vielen unserer Landsleute!

Ich behaupte, dass das vielleicht dort und da auch ein bisschen an fehlgeleiteter Schulpolitik liegt: Man vertrat die Auffassung, dass alle studieren beziehungsweise höhere Schulen besuchen müssen. – Ich gebe schon zu, dass ein hoher Ausbildungsstandard für das Land wichtig ist. Ich möchte aber auch zu bedenken geben, dass das Ganze auch ausgewogen sein muss. Wir brauchen auch Leute, die ihre Ausbildung vielleicht ... (Bundesrat Thumpser: Wir haben viel zu wenig Akademiker!) Das kann schon sein, Herr Kollege! (Bundesrätin Fuchs: Es ist so!) Wir haben aber auch viel weniger Leute, die eine Lehre machen! Ich meine, darin liegt auch die Zukunft! (Bundesrätin Schicker: Wir haben zu wenig Lehrlinge, weil zu wenig Lehrstellen von der Wirtschaft angeboten werden! Man hat die Lehrwerkstätten geschlossen, und die Wirtschaft bietet zu wenig Lehrstellen an!)

Liebe Freunde! Wir können gerne über das Lehrlingswesen und diese Dinge diskutieren! Ich möchte jedoch zuerst meine Punkte betreffend das Fremdengesetz vortragen! Dann können wir mit einem neuen Thema anfangen! (Zwischenruf des Bundesrates Thumpser. ) Es stimmt auch so!

Ich wiederhole es noch einmal, Sie haben mich vielleicht nicht richtig verstanden: Es gehen zu wenige Personen in die Lehrberufe! Wenn Sie der Meinung sind, dass alle Österreicher studieren sollen, dann müssen Sie das einmal sagen! (Bundesrat Thumpser: Das habe ich nicht gesagt!) Wir sind der Meinung, dass man in der Wirtschaft auch Leute braucht, die nicht studiert und keine höhere Schule besucht haben, sondern die ganz einfach eine Lehre gemacht haben, wie das früher der Fall war! (Beifall bei Bundesräten der ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Schicker. ) Danke schön, Frau Kollegin!

Ich darf nun fortsetzen: Der nunmehrige Beirat für Asyl- und Migrationsfragen, wie er jetzt heißt, dient der Verwaltungsvereinfachung. Das begrüße ich. Er soll dazu beitragen, Synergien zu nutzen, damit in Zukunft schneller, unbürokratischer und selbständiger agiert werden kann.

Herr Bundesminister! Die Anhebung der Altersgrenze vom vollendeten 14. Jahr, die der Verfassungsgerichtshof aufgehoben hat, auf 15 Jahre ist für mich nicht ganz das Gelbe vom Ei. Es ist aber sicherlich ein erster Schritt dazu, dass die Dinge in Fluss kommen.

Ich möchte dazu sagen: Wenn ich einer wäre, der in einem fremden Land arbeiten und leben müsste, würde ich meine zwei Kinder, die mittlerweile 21 und 28 Jahre alt sind, selbstverständlich auch gerne zu mir holen, damit die Familie wieder komplett ist. – Dieses Thema soll aber auch in dem neuen Beirat von Fall zu Fall erörtert werden, und ich halte es für sehr positiv, dass das nicht starr über Punkt und Beistrich eines Gesetzes abzulaufen hat.

Ich möchte nun noch den Begriff der so genannten "niedrigeren Arbeitsplätze" ansprechen: "Niedrigere Arbeitsplätze" ist ein furchtbarer Ausdruck! Aber solche Arbeitsplätze gibt es im Gastgewerbe und Tourismus eben, auch wenn man in der letzten Zeit sehr bestrebt ist, alles imagemäßig aufzuwerten. Dennoch erwartet sich jeder, der in ein Restaurant oder Hotel geht, dass er einen sauberen Teller auf dem Tisch hat, und daher braucht man halt auch Abwäscher, Reinigungskräfte, Zimmermädchen und so weiter. Diese werden, wie ich behaupte, weiterhin aus den dafür klassischen Ländern wie Ex-Jugoslawien oder der Türkei kommen werden. Liebe Freunde! Es nützt alles nichts! Unsere anderen EU-Partnerländer treiben die gleichen Wohlstandsblüten, von dort bekommen wir keine Leute! Das möchte ich einmal so behaupten.


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670. Sitzung / Seite 56

Im Regierungsprogramm findet sich das Primat: Integration von Neuzuzug. – Das ist meiner Meinung nach in Ordnung. In diesem Zusammenhang möchte ich auf ein Beispiel hinweisen: Es gibt bei uns zahlreiche Familienmitglieder von Leuten, die schon seit Jahren in Österreich mit einem ordentlichen Arbeitszeugnis arbeiten, die aber nur eine Aufenthaltsbewilligung haben. Ich glaube, dafür wäre im Tourismus ein großes Potenzial vorhanden, was aber auch von Fall zu Fall verschieden ist.

Man muss sagen, dass für Saisonspitzen und außergewöhnliche Aktivitäten das Modell des Saisoniers sehr geeignet ist. Allerdings handelt es sich hierbei um eine Feuerwehraktion. Herr Bundesminister! Sie wissen ganz genau, im Tourismus gibt es Spitzenzeiten. Momentan haben wir keinen Schnee, dann haben wir aber wieder einmal sehr viel Schnee, und dann braucht man schnell und unbürokratisch Mitarbeiter. Da nützt es nichts, wenn man einem Wirt oder einer Wirtin sagt, dass man das Gesetz vielleicht im Februar ändern und im März dann etwas Neues kommen wird. Das muss man sofort machen!

Ich meine, diesbezüglich gibt es noch Möglichkeiten. Da und dort muss es etwas schneller gehen. Ansonsten bin ich mit der Zusammenarbeit zwischen Ihnen und Minister Bartenstein sehr zufrieden. Es ist sehr gut, dass das Saisonier-Modell in verschiedenen Tranchen abgewickelt wird, denn es ist vorteilhaft, dass nicht alle im November vergeben werden und wir im Dezember dann nichts mehr haben.

Zum Schluss möchte ich sagen, dass ich diesem neuen Beirat wünsche, dass er einen gewissen humanitären Entscheidungsspielraum hat, denn es geht in diesem Zusammenhang immer um Schicksale von Familien und Menschen, und ich glaube, dass wir das in den Vordergrund stellen sollten. Vergessen sollten wir dabei aber auch nicht, dass Menschen aus einigen dieser Länder, die ich genannt habe, aus denen die Leute kommen, um für uns niedrigere Dienste zu verrichten, in Zeiten der EU-Osterweiterung vielleicht auch einmal unsere Gäste sein werden. Dann werden sie uns sehr willkommen sein, und das sollte man auch jetzt schon bedenken!

Wir sollten diesem Gesetz zustimmen! – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

12.18

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Buchinger. – Bitte.

12.18

Bundesrat Ludwig Buchinger (Freiheitliche, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die vorliegende Novelle zum Fremdengesetz umfasst zwei Änderungen.

Eine Änderung ist durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes notwendig geworden, der die Bestimmung aufhob, die den Familiennachzug von vor dem 1. Jänner 1998 niedergelassenen Drittstaatenangehörigen auf Kinder bis 14 Jahre beschränkte. – In der Novelle wird das jetzt folgendermaßen geregelt: § 21 Abs. 3 lautet neu: "Der Familiennachzug Drittstaatsangehöriger, die sich vor dem 1. Jänner 1998 auf Dauer niedergelassen haben, ist auf die Ehegatten und die Kinder vor Vollendung des 15. Lebensjahres beschränkt."

Die zweite Änderung betrifft die Zusammenlegung von Asyl- und Integrationsbeirat. Beide Beiräte bestanden bisher aus 14 Mitgliedern, wobei sechs von so genannten NGOs entsandt wurden. Diese Beiräte sind beratende Gremien, beide sprechen Empfehlungen aus, haben aber keine exekutive Funktion. – In der Novelle ist jetzt vorgesehen, dass die bisherigen zwei Beiräte durch den Beirat für Asyl- und Migrationsfragen ersetzt werden. Dieser besteht aus 22 Mitgliedern, die ihre Funktion ehrenamtlich ausüben. Die Funktionsdauer beträgt fünf Jahre. Diese Gesetzesänderung hat das Ziel, die Verwaltung zu vereinfachen, Überschneidungen zu verhindern und damit Kosten zu sparen.

Ich glaube, dass die Zusammenlegung ein Schritt in die richtige Richtung ist, weil Asyl und Integration verwandte Materien sind und man jetzt in der Lage ist, dieses Problem ganzheitlich zu sehen, und damit leichter zur Lösung vieler Probleme beitragen kann. Meine Fraktion wird


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670. Sitzung / Seite 57

diese Novelle selbstverständlich mittragen, insbesondere deshalb, weil eigentlich keine gravierenden Änderungen sichtbar sind.

Ich verstehe allerdings jene nicht, die jetzt trommeln, dass die Familienzusammenführung erheblich erschwert wurde. Meine Damen und Herren! Dieses Fremdengesetz wurde in der Amtszeit einer SPÖ-Regierung und eines SPÖ-Innenministers beschlossen! Ich stehe nicht an zu sagen, dass dieses Gesetz eine gute Tat der damaligen Regierung war. Umso unverständlicher ist mir allerdings jetzt die Haltung der SPÖ: Jetzt, da ein paar unwesentliche Änderungen erfolgen, stellen Sie sich auf einmal dagegen! Das ist für mich logisch nicht nachvollziehbar!

Österreich ist ein humanitäres Land. Dazu bekenne ich mich, und dazu bekennt sich meine Fraktion. Ich würde mir wünschen, dass man auch in anderen Länder so hilfsbereit und humanitär wäre wie wir in Österreich! Ich würde mir auch wünschen, dass wir Österreicher uns im Ausland nicht immer schlechter machen, als wir sind! (Bundesrätin Schicker: Das tun andere! Das tun nicht wir!) Das tun Sie sehr wohl! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das hat Ihr ehemaliger Bundeskanzler Mag. Klima so gemacht. Wenn manche von Ihnen unser Land im Ausland anpatzen, dann entspricht das erstens nicht der Realität, Frau Kollegin Schicker, und zweitens ist es untragbar! (Bundesrätin Schicker: Ich wäre an Ihrer Stelle nicht so großspurig! – Bundesrat Thumpser: Endlich hat er den Faden gefunden! Jetzt rennt das Radl!) Klar!

Jedem muss klar sein – auch Ihnen, Herr Kollege Thumpser –, dass wir als gewählte Volksvertreter in erster Linie unseren Bürgern verantwortlich sind. Wir sind dafür verantwortlich, die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Arbeit, soziale Sicherheit und Wohlstand für unsere Bevölkerung vorhanden sind. Diesbezüglich ist viel geschehen. Dazu haben auch Sie beigetragen, das sage ich auch. Nicht alles, was Sie gemacht haben, ist schlecht! Das gestehe ich Ihnen durchaus zu! Wir sind auf dem richtigen Weg, wir sind aber noch lange nicht am Ziel angelangt. Darüber sollten wir alle gemeinsam nachdenken, über jeden ideologischen und parteilichen Standpunkt hinweg, dann werden wir gemeinsam viel erreichen! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.22

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Trunk. – Bitte.

12.22

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Geschätzte Frau Präsidentin! Werter Herr Minister! Ich beginne mit zwei knappen Vorbemerkungen.

Ich denke, es sollte ein Mindestmaß der politischen Kultur der Auseinandersetzung sein, dass sich Parteienvertreter – wie in diesem Falle FPÖ-Bundesrat Buchinger – dessen bewusst sind: Die österreichische Bevölkerung ist eigen- und selbständig und gehört keiner Partei und auch keiner Regierung. Aufgabe der Regierung muss es sein, für die Bevölkerung zu arbeiten! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Bundesrätin Mühlwerth und des Bundesrates Dr. Nittmann. )

Gleichermaßen sind bei der politischen Arbeit ein scharfer Blick – ob mit Brille oder ohne Brille – und ein klarer, kühler Verstand vonnöten. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich setze auch die zweite Vorbemerkung an den Anfang meiner kurzen Stellungnahme zum vorliegenden Gesetzentwurf beziehungsweise zur Gesetzesänderung: Politik bedeutet auch, sachpolitische Auseinandersetzungen nicht im Slalomkurs, sondern sehr differenziert anzugehen. Es ist mir ein persönliches Anliegen, beziehungsweise nicht nur ein ganz persönliches Anliegen, sondern das Anliegen eines nicht österreichischen Arbeitnehmers, der in Kärnten lebt, Dank für eine sehr humanitäre, rasche und ganz logische politische Handlung – ich möchte diese nicht als "Intervention" bezeichnen – der Abteilung des Innenministers und des Innenministers selbst für die Ermöglichung einer Familienzusammenführung auszusprechen. Andernfalls wäre eine Frau mit ihrem vier Monate alten Baby abgeschoben worden. Herr Minister! Ich spreche Ihnen meinen Respekt dafür aus und danke Ihnen! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen.)


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670. Sitzung / Seite 58

Lassen Sie mich zwei Aspekte zu diesem Gesetz formulieren, die in einem sehr unmittelbaren Zusammenhang stehen. Herr Kollege Ager, der in anderer Form, nämlich als Gastronom, betroffen ist, hat das auch angesprochen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Im Zusammenhang mit Familienzusammenführung handelt es sich immer um Familien, die in jedem Fall nicht freiwillig oder selbst verschuldet getrennt voneinander leben, sondern unter Druck ihre Heimat verlassen mussten und in Österreich eine zweite Heimat gefunden haben. Das ist für uns Menschen, die wir mitten im satten ökonomischen, humanitären und sicheren Staat Österreich leben, in Wirklichkeit nicht vorstellbar. Vollziehen Sie mit mir diese Vorstellung nur einige Sekunden nach, jeder und jede für sich selbst!

Stellen Sie sich vor, wir wären jetzt veranlasst beziehungsweise durch Krieg, Verfolgung oder andere Menschenrechtsverletzungen genötigt, unsere Familien zu verlassen, unser kleines oder großes Hab und Gut zurückzulassen und in ein anderes Land zu ziehen, um uns dort eine Existenz zu sichern. – Ich kann mir das nicht vorstellen, und ich bin auch nicht in der Lage, das völlig nachzuempfinden und mitzufühlen! Aber ich denke, wenn wir über diese Menschen aus anderen Ländern in Österreich sprechen, dann sollten wir auch in der heftigsten politischen Auseinandersetzung und ganz besonders in Wahlkampfauseinandersetzungen diese Menschen immer in unsere politische Verantwortung mit einbeziehen und unsere eigene Betroffenheit im Hinblick auf den Fall bedenken, dass es uns selbst treffen könnte und wir mit dem Koffer per Flugzeug aus Österreich ausreisen müssten!

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mir nähere Ausführungen sparen, weil Herr Kollege Ager es bereits formuliert hat: Wir würden uns zu Recht gegen ein Gesetz wehren – ich meine jetzt nicht die Novellierung, sondern ein grundsätzliches Gesetz –, das es einer Familie unmöglich macht, mit der 16-jährigen Tochter oder dem 17-jährigen Sohn zusammenzuleben, obwohl alle Beteiligten das wollen! Ich meine, dass der Schritt in Richtung entsprechender Ausweitung aus familienpolitischer Sicht vonnöten ist.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich ersuche Sie und denke, dass es auch mein Recht ist, an alle zu appellieren, dass wir bei der Behandlung von Gesetzesmaterien, die insbesondere den Bereich benachteiligter Menschen – das meine ich durchaus differenziert und vielfältig – und der Schwächeren in unserer Gesellschaft betreffen, einem Prinzip folgen, nämlich dem Prinzip der Humanität, und dass wir dieses Prinzip der Humanität konsequent umsetzen und diesem Priorität geben, nicht jedoch der Tendenz in Richtung geschürter Fremdenfeindlichkeit, die Österreich in Misskredit bringt! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Der zweite Aspekt betrifft eine Studie beziehungsweise Erhebung des Innenministeriums, die ich nicht dem vollen Inhalt nach, sondern nur aus den Medien kenne: Man ließ erheben, wie die Einstellung der österreichischen Beamtinnen und Beamten gegenüber Menschen aus anderen Ländern ist, und es wurde auch erhoben, wie die Einstellung der Österreicherinnen und Österreicher gegenüber Menschen in anderen Ländern ist. – Ich habe das Ergebnis dieser Studie nur in den Medien nachgelesen, das gestehe ich ein, dennoch möchte ich sagen, dass das, was diese Studie hervorgebracht hat, bedenklich ist. Ich bin jetzt 45 Jahre alt und kenne ein Österreich, das weltoffen ist, ich kenne ÖsterreicherInnen, die international sind, und mit diese Image von Österreich bin ich aufgewachsen.

In den vergangenen Jahren ist aber etwas geschehen in diesem Land Österreich, denn Fremdenfeindlichkeit und derartige Tendenzen gehen nicht wie genmanipulierte Saat – ich kenne mich in der Landwirtschaft nicht gut aus – von einer Sekunde zur anderen auf, sondern da muss sehr viel Boden bestellt und sehr viel nicht naturschonender Dünger ausgebracht worden sein. – Dieser Realität und dieser Tatsache müssen wir ins Auge schauen und die Verantwortung gemeinsam übernehmen! Diese geschürte Angst muss beseitigt werden! Es ist unsere Aufgabe, die in Österreich tatsächlich vorhandene Fremdenfeindlichkeit – wie sie aus dieser Studie hervorgeht und wie sie sich auch im ganz normalen Leben zeigt, wenn man durch Straßen Wiens geht, und wie man sie auch etwa in Kärnten oder Niederösterreich bemerken kann, wenn man


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entsprechende Argumente hört – zum Verschwinden zu bringen und wieder ein tolerantes und internationales Klima zu schaffen!

Ich meine, dass verantwortungsvolle Arbeit in diesem Bereich geleistet werden muss, und diese ist mühsam, langwierig und nicht populär und bringt mittel- und längerfristig absolut keine Wählerstimmen; die künftigen Generationen werden jedoch davon profitieren. Es ist meiner Meinung nach an der Zeit, dass blindem Nationalismus und gefährlicher und menschentrennender Feindbildpolitik – wo immer sie sich zeigen – Einhalt geboten wird und die entsprechenden Erscheinungen in Schranken gewiesen werden! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Auch der Sicherheitsbericht – und wahrscheinlich auch der logischerweise noch nicht geschriebene Sicherheitsbericht aus dem Jahr 2000 – dokumentiert, dass es sich in Wirklichkeit um einen schlimmen politischen Kunstgriff handelt: In einem sicheren Österreich gelingt es verschiedenen politisch Verantwortlichen, Angst und Hass zu schüren. – Ich meine, das steht Österreich nicht zu!

Nicht nur, weil wir uns in der Adventzeit befinden, will ich uns und auch mich daran erinnern, dass wir in zehn Tagen einen Geburtstag und ein Fest feiern: die Geburt eines Flüchtlingskindes! Ob gläubig oder auch nicht, ob christlich oder auch nicht: Ich denke, wenn wir weltweit den Geburtstag eines Flüchtlingskindes mit seinen herbergssuchenden Eltern feiern, dann sollten wir uns selbst auch Weihnacht bescheren, aber nicht nur an diesem Tag, sondern dann sollten wir überhaupt vor Herbergssuchenden, vor Menschen aus anderen Ländern und Menschen aus Österreich, die Tür nicht zumachen, sondern diese für sie öffnen! In diesem Sinne wünsche ich Weihnacht im Jahr 2001! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.32

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen. (Bundesrat Bieringer: Wenn Sie jetzt aufgezeigt hätten, Frau Mag. Trunk, dann hätten Sie Weihnachten gehabt! – Bundesrätin Fuchs: Sie haben die Rede nicht verstanden! – Bundesrätin Mag. Trunk: Ich habe Ihnen gesagt, was politische Kultur ist!)

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (9. Novelle zum Notarversicherungsgesetz 1972) (307/A und 344/NR sowie 6262/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen zum 5. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Freiberger übernommen. Ich darf ihn um den Bericht bitten.


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Berichterstatter Horst Freiberger:
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (9. Novelle zum Notarversicherungsgesetz 1972), ist allen Kolleginnen und Kollegen schriftlich zugegangen. Ich erspare deshalb Ihnen und mir die Verlesung des Berichtes und beschränke mich auf den Antrag.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Dezember 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Linzer. – Bitte.

12.35

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist vielleicht ein kleiner Zufall, dass ich heute am letzten Tag meines Daseins im Bundesrat zur Novelle zum Notarversicherungsgesetz und damit auch – ich betone: auch – in eigener Sache sprechen darf.

Ich habe die Ehre, noch einige Ehrenjahre anhängen zu dürfen. Obwohl diese Novelle nicht unbedingt gleich finanzielle Vorteile für mich bringt, möchte ich doch feststellen, dass wir Notare – wir betonen das in aller Bescheidenheit – eine Solidaritätsgemeinschaft und als solche auch eine Selbstverwaltungsgemeinschaft sind. Das heißt, wir haben eine Notarpensionsversicherung, die die Pensionsabsicherung und Altersvorsorge völlig autonom für uns regelt.

In ganz Österreich gibt es – unter Anführungszeichen – "nur" 800 Notare, die, wie gesagt, in einer vor vielen Jahrzehnten eigens geschaffenen Versicherungsanstalt ihre Pensionsansprüche und -versorgung regeln.

In den vergangenen Jahren kam es zu Veränderungen, natürlich auf Grund der höheren Lebensdauer, vor allem aber wegen diverser Strukturmaßnahmen innerhalb des Notarstandes in die Richtung, dass man immer mehr Aufgaben als Serviceleistung übernommen hat, vielleicht aber auch wegen des Umstandes, dass wir freiwillig zusätzliche Notarstellen geschaffen haben, um der Intention, dass es mehr Arbeitsplätze für Schreibkräfte und Angestellte beziehungsweise für Notaranwärter gibt, gerecht zu werden. Aus diesem Grund hat sich auch bei uns betreffend das Budget und die Gebarung der Notarversicherung – wie bei anderen großen Vorbildern auch – ein gewisser Handlungsbedarf ergeben, wobei man uns in der Diskussion im Nationalrat, aber auch in den Diskussionen zur Vorbereitung dieses Antrags, der ein Vier-Parteien-Antrag ist, bescheinigt hat, dass die Notarversicherung zumindest in Teilbereichen durchaus auch für die großen Pensionsanstalten vorbildhaft wäre.

Worum geht es? – Ich habe es schon erwähnt: Die Gebarung droht auszuufern. Die Notarversicherung im Rahmen der Notariatskammer hat rechtzeitig geschaltet. Man hat zwei Gutachten von Versicherungsmathematikern eingeholt und die zukünftige Entwicklung sozusagen vorausschauend feststellen lassen. Dabei hat sich ergeben, dass absolut Maßnahmen gesetzt werden müssen, und zwar in mehrfacher Hinsicht.

Zunächst gibt es eine Einschleifregelung dahin gehend, dass sich diejenigen Notare, die vor dem 70. Lebensjahr in Pension gehen – das ist das so genannte Muss-Pensionsalter, mit 65 Jahren kann man gehen, mit 70 Jahren muss man gehen –, eine Kürzung gefallen lassen müssen. Auch bei der Pensionsberechnung – die Pension besteht aus drei Grundbestandteilen – wurden gewisse Regelungen getroffen, die die Pensionsbemessung etwas dämpfen, vor allem dahin gehend, dass der Bemessungszeitraum auf insgesamt 30 Jahre erhöht wird.


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Für diejenigen, die sich auf diese Materie verstehen, ist es sicherlich interessant, Details nachzulesen. Ich bitte, mir deren Nennung ersparen zu dürfen!

Last but not least sind auch die Pensionsempfänger – also diejenigen Notare, die schon im Ruhestand sind – aufgerufen, einen Solidaritätsbeitrag von etwa 2 Prozent zu leisten.

Wie gesagt: Wir verstehen uns als eine Solidaritätsgemeinschaft, und all das soll im Konsens und in der guten Absicht erfolgen, Pensionen für die zu Recht in Ruhestand Getretenen auch in Zukunft sicherzustellen.

Meine Damen und Herren! Der Notarstand ist dankbar, dass das Parlament beziehungsweise im Vorfeld die Nationalräte diesen Vier-Parteien-Antrag übernommen haben. Er wurde geringfügig ergänzt, aber es gab im Nationalrat absoluten Konsens, und ich würde mich freuen, wenn auch der Bundesrat diesem Gesetzesbeschluss die Zustimmung erteilt. Meine Fraktion wird das – ich glaube, das kann ich vorwegnehmen – gerne tun. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen sowie des Bundesrates Prähauser. )

12.41

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Prähauser. – Bitte.

12.41

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Ich habe es heute leicht, wenn ich nach dem auf Grund seines bereits angekündigten Abschieds aus dem Bundesrat ein bisschen mit Wehmut behafteten scheidenden Notar, der unser Kollege ist, reden darf beziehungsweise muss.

Ich habe inhaltlich ganz wenig hinzuzufügen. Er hat das besser gemacht und treffender formuliert und hat das wie ein Betroffener, der in der entsprechenden Lage ist, weitergegeben.

Herr Kollege Dr. Linzer! Ich möchte mich, damit ich es nicht vergesse, bei Ihnen für die Zeit bedanken, die Sie hier verbracht haben. Eine ganz lange Zeit davon war ich auch mit dabei, und ich habe Sie sehr zu schätzen gelernt. Ich will jetzt nicht "lieben" sagen, denn wir haben auch unsere Sträuße ausgefochten. Sie haben auch immer die Größe gehabt, im Nachhinein zu sagen, wenn Ihnen einmal etwas nicht so angebracht schien. Ich habe Sie wirklich auch immer als Vorbild bei der ÖVP für meine Linie gesehen. Ich glaube, wenn es immer wieder solche Menschen im Bundesrat gibt, dann werden wir sicherlich nicht vergessen, dass der Umgang miteinander auf einem Niveau bleiben muss, das es uns ermöglicht, einander gegenseitig in die Augen zu schauen. – Ich möchte mich dafür bedanken! (Allgemeiner Beifall.)

Ich habe mir die Protokolle des Nationalrats angesehen, was dort zu diesem Gesetz gesagt wurde. Unter anderem ist mir negativ aufgefallen, dass man – was in der letzten Zeit schon öfters der Fall war – immer wieder versucht, Bevölkerungsgruppen, vielleicht gar nicht bewusst, gegeneinander auszuspielen. Ich denke jetzt etwa an die Lehrer oder an die Eisenbahner. Jetzt wurden die Notare unberechtigterweise als Vorbild dargestellt, weil diese die einzige Berufsgruppe sind, die keine staatlichen Zuschüsse für Pensionen bekommen sollen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir dürfen darüber froh sein, dass es den Notaren möglich ist, dies selbst zu finanzieren. Gleichzeitig möchte ich aber sagen, dass man andere wie ASVG-Pensionisten, Bauern oder Selbständige nicht negativ darstellen darf, weil diese auf Grund der gesetzlichen Gegebenheiten gar nicht so vorgehen könnten.

An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass in den nächsten Tagen auch Gesetze zu beschließen sein werden, mit denen geregelt wird – das ist nur ein kleiner Aspekt am Rande –, dass, wenn jemand ein Sparbuch erbt, in Zukunft dreimal so hohe Notariatsgebühren dafür bezahlen müssen wird. Der Nachteil in diesem Zusammenhang ist, dass jemand, der 100 000 S verdient, proportional wesentlich mehr zu bezahlen hat als jemand, der eine Million verdient. – Das ist nicht nur netto ein Überbleibsel für die Notare, sondern es dient auch anderen Zahlungen, die in diesem Bereich für Unterstützungen notwendig sind. Arbeitnehmer oder Bauer


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670. Sitzung / Seite 62

sind jedoch nicht in der Lage, ihre Bezüge selbst so zu gestalten, dass sie von sich aus auf öffentliche Unterstützung für ihren Pensionsfonds verzichten können.

Seien wir froh, dass es eine Berufsgruppe gibt, die dazu willens und auch in der Lage ist! Nehmen wir sie aber nicht als Beispiel, um andere daran zu erinnern, dass sie dazu nicht in der Lage sind! Dafür müssten wir als gesetzgebende Verantwortliche die Voraussetzungen schaffen. Die Beschreitung eines solchen Weges wäre natürlich sehr anstrebenswert, derzeit besteht jedoch keine Chance, das umfassend umzusetzen. Daher meine Aufforderung: Vergleichen wir nicht Gruppen miteinander, sondern nutzen wir die Gelegenheit, dort stark zu sein, wo es möglich ist und wir den anderen helfen können! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.45

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich möchte Herrn Kollegen Prähauser dafür danken, dass er schon einige Worte des Dankes an Herrn Kollegen Dr. Linzer gerichtet hat. Ich möchte hinzufügen: Es war keine Nachlässigkeit von Seiten des Präsidiums, dass wir nicht auch schon Worte des Dankes gesagt haben. Sie stehen noch einmal auf der Rednerliste, und wir werden die Gelegenheit dann nützen, um in geeigneter Form ein herzliches Danke zu sagen!

Nächster – er ist schon am Rednerpult – ist Herr Dr. Aspöck. Ich erteile ihm das Wort.

12.4


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6

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der Wortmeldung des Kollegen Dr. Linzer wusste ich fast nicht mehr, was ich sagen sollte. Nach der Wortmeldung von Kollegen Prähauser ist jetzt eigentlich alles gesagt.

Ich möchte daher nur mehr zwei ganz kurze Punkte erwähnen.

Herr Kollege Dr. Linzer! Ich durfte Sie fast nur mehr in der Zeit erleben, in der Sie ein sehr geschätzter Koalitionspartner waren. Ich darf Ihnen aber von meiner Fraktion ausrichten, dass Sie von uns auch in unserer Oppositionszeit stets als harter, aber sehr korrekter politischer Mitbewerber angesehen wurde. Auch ich möchte mich den Wünschen meines Vorredners anschließen und Ihnen für die Zukunft alles Gute wünschen! (Allgemeiner Beifall.)

Im Übrigen habe ich nur mehr zu sagen: Die vorliegende Novelle zum Notarversicherungsgesetz wurde im Ausschuss und Plenum des Nationalrates einhellig beschlossen und im Ausschuss des Bundesrates einhellig beschlossen. Daher wird meine Fraktion logischerweise dem Antrag des Berichterstatters folgen und keinen Einspruch erheben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.48

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zu Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Förderung der außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit (Bundes-Jugendförderungsgesetz) (269/A und 350/NR sowie 6252 und 6263/BR der Beilagen)

7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Vertretung der Anliegen der Jugend (Bundes-Jugendvertretungsgesetz) (270/A und 351/NR sowie 6253, 6254 und 6264/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 6 und 7 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz über die Förderung der außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit (Bundes-Jugendförderungsgesetz) und

ein Bundesgesetz über die Vertretung der Anliegen der Jugend (Bundes-Jugendvertretungsgesetz).

Die Berichterstattung über die Punkte 6 und 7 hat Herr Bundesrat Freiberger übernommen. – Ich bitte ihn um die Berichte.

Berichterstatter Horst Freiberger: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Gesetz über die Förderung der außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit (Bundes-Jugendförderungsgesetz) ist allen Kolleginnen und Kollegen zugegangen. Ich erspare mir deshalb die Verlesung und verlese nur den Antrag.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Dezember 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ebenso ist allen der Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Vertretung der Anliegen der Jugend (Bundes-Jugendvertretungsgesetz) in schriftlicher Form zugegangen.

Der Antrag lautet: Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Dezember 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ager. – Bitte.

12.49

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Geschätzte Frau Präsidentin! Hohes Präsidium! Geschätzte Damen und Herren! Die Punkt 6 und 7 beschäftigen sich mit Bundesgesetzen über die Förderung der außerschulischen Jugenderziehung, Bundes-Jugendförderungsgesetz sowie über die Vertretung der Anliegen der Jugend generell, Bundes-Jugendvertretungsgesetz.

Diese außerschulische Jugenderziehung ermöglicht jegliche Form von Jugendarbeit, die die Anliegen und Interessen junger Menschen fördert und zur Mündigkeit, Eigenständigkeit, Toleranz und Demokratie führt.


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Ich möchte sozusagen die zehn Gebote dieser Förderung der Jugend in Kurzform aufzählen: Wahrnehmung von Anliegen und Interessen der Jugend, Mitbestimmung in allen Lebensbereichen, Mündigkeit, Eigenständigkeit, Förderung von innovativen Prozessen und Projekten, Persönlichkeitsentfaltung und Artikulationsfähigkeit, Förderung von Toleranz und friedlichem Zusammenleben, Förderung des Gemeinsinnes, politische, staatsbürgerliche, religions- und ethikbezogene Bildung, Entwicklung des sozialen Engagements und nicht zuletzt Förderung der Kreativität und des Sinns für die Kultur. – Ich meine, all das sind wichtige Dinge, und zwar auch für uns, die im Generationsprozess vor den jungen Leuten sind.

Weiters bringen die beiden vorliegenden Gesetze generell mehr Rechtssicherheit für Jugendorganisationen und Jugendarbeit. In Zukunft wird es auch nicht mehr Voraussetzung sein, dass man Mitglied in einem Verein ist, sondern es wird auch die Förderung privater Initiativen möglich sein. Hervorzuheben ist die gesetzliche Gleichstellung der Interessenvertretung der Jugendlichen bei Jugendfragen mit anderen Interessenvertretungen. Eine Limitierung nach oben für Jugendvertreter wurde mit dem 30. Lebensjahr festgesetzt, was – wie ich glaube – auch sehr vernünftig ist.

Das, was ich jetzt gesagt habe, betraf sozusagen die Hardware, und nun komme ich noch mit ein paar Worten zur Software: Die Jugend von heute ist meiner Meinung nach um nichts schlechter als die Generation vor ihr. Im Gegenteil: Sie ist heute oft besser ausgebildet, durch Internet und E-Commerce weltoffener und mit einem unheimlichen Potenzial an Gefühl ausgestattet, welches oft nur ein wenig begraben ist.

Die Jugend von heute ist nicht nur unser wichtigstes Kapital für die Zukunft, ich behaupte vielmehr, sie ist unsere Zukunft, und daher ist es wert, dass wir uns alle, die wir da sind, für die Jugend einsetzen. Es muss uns politisch denkenden Menschen bewusst sein, dass wir mit unseren gegenwärtigen Entscheidungen junge Menschen in ihrer zukünftigen Lebensgestaltung immer wieder tangieren.

Ich glaube, die Jugend von heute sucht Geborgenheit, Solidarität und Vorbilder, und sie findet dies am ehesten bei der Jugend selbst, also bei ihresgleichen, jedoch oft nicht mehr in der Politik, also bei uns, aber auch nicht mehr in der Kirche oder sonst wo. Daher haben wir für die Zukunft auch den großen Auftrag, wieder das zu werden, was man ein Vorbild nennt, und in Anbetracht dessen meine ich, dass wir alle gefordert sind, diese Vorbildwirkung zu leben. Ich meine aber, dass der erhobene Zeigefinger und notorische Besserwisserei unbrauchbare Instrumente sind, um uns wieder in die Herzen der jungen Menschen zu bringen. Ich meine beziehungsweise weiß, dass wir keinerlei Grund haben, unsere Routine und unsere Lebenserfahrung mit moralischer Überlegenheit zu verwechseln. Setzen wir unsere Taten so, dass wir uns den Respekt der Jugend wieder verdienen!

Ein Schlusswort möchte ich noch sagen: Frau Kollegin Trunk ist momentan leider nicht hier. Ich möchte sie von dieser Stelle aus loben. Betreffend den Umgang miteinander hoffe ich, dass wir alle uns nicht nur jetzt, weil das Weihnachtsfest bevorsteht, ein bisschen zurücknehmen und die Wahl unserer Worte vielleicht noch besser überlegen, sondern dass das der Stil des Umgangs miteinander für die Zukunft wird! Das wünsche ich mir für Weihnachten! Alles Gute! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

12.55

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Thumpser. – Bitte

12.55

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Gleich vorweg: Wir werden diesen beiden Vorlagen, die nun zu beschließen sind, unsere Zustimmung geben.

Es grenzt allerdings, wenn ich das so sagen darf, an ein Wunder, wenn wir hier und heute Maßnahmen – ich möchte betonen: positive Maßnahmen – beschließen, mit denen die Jugendarbeit geregelt wird und durch die die Jugendlichen vor allem in ihrer Entwicklung unterstützt werden


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sollen, und dafür auch mehr Geld zur Verfügung steht. Das grenzt für mich deshalb an ein Wunder, weil in den letzten Wochen und Monaten ausschließlich Maßnahmen diskutiert und beschlossen wurden, die meiner Meinung nach das Gegenteil bewirken, welche nämlich die Weiterentwicklung von Kindern oder Jugendlichen eher hemmen als fördern.

Ein Kollege von der ÖVP hat in der Nationalratsdebatte einen Satz gesagt, der dreimal zu unterstreichen ist, nämlich: Die Jugend ist unser Kapital für die Zukunft, und die Jugend ist es wert, dass wir uns voll und ganz für sie einsetzen und dass wir in sie investieren. – Ich möchte nur kurz fragen, wenn man sich diesen Satz auf der Zunge zergehen lässt, was dieser Satz im Bildungsbereich wert ist, wenn man zum Beispiel bedenkt, was die Einführung von Studiengebühren bewirkt. Oder: Was bewirkt der Wegfall von Fördermaßnahmen an den Pflichtschulen beziehungsweise die Schlechterstellung der Lehrlinge im Bereich der Probelehre? – Ich meine, all das bewirkt genau das Gegenteil! So wird nicht sinnvoll in die Jugend investiert!

Gäbe es die Bundes-Jugendvertretung schon jetzt – Kollege Ager hat das auch ausgeführt – und hätte die Bundes-Jugendvertretung zu diesen Maßnahmen im Bildungsbereich Stellung genommen, dann würde es mich interessieren, wie die Bundesregierung darauf reagiert hätte, dass die eine oder andere Maßnahme nicht den Vorstellungen der Bundes-Jugendvertretung entsprochen hätte.

Es freut mich aber umso mehr, dass zumindest in diesen beiden Vorlagen Weiterentwicklungen aufgezeigt werden. Ich erachte es für richtig, dass es eine Bundes-Jugendvertretung gibt. Zweitens muss aber die Frage gestellt werden, wie mit dieser Bundes-Jugendvertretung umgegangen wird. Im Hinblick darauf ist es zu begrüßen, dass durch diese Maßnahme die Vertretung der Anliegen der Jugend gegenüber den politischen Entscheidungsträgern auf Bundesebene sichergestellt wird. Weiters ist zu begrüßen, dass die Bundes-Jugendvertretung den Stellenwert einer Interessenvertretung erhält und mit den anderen gesetzlichen Interessenvertretungen gleichgestellt wird. Es ist zu hoffen, dass mit dieser Bundes-Jugendvertretung nicht so umgegangen wird wie zum Teil mit Interessenvertretungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Ich sehe in dieser Beschlussfassung eine Chance, dass die Jugend ihre Zukunft selbst mitgestalten und Lobbying für ihre Anliegen betreiben kann. Wir schaffen die entsprechende gesetzliche Grundlage, damit die Jugendlichen mitreden und mitbestimmen können.

Dieses Gesetz allein wird jedoch nicht ausreichen. Kollege Ager hat das schon skizziert. Was sich zum Teil auch ändern muss, ist die Einstellung der Erwachsenen zu den Jugendlichen. Ich kann in diesem Zusammenhang aufgrund langjähriger Tätigkeit in Kinder- und Jugendorganisationen, aber auch auf Grund meiner jetzigen Funktion als Bürgermeister sprechen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Viele Projekte wurden gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen verwirklicht. Sie wurden deshalb verwirklicht, weil die Jugendlichen und die Kinder in diesem Prozess der Verwirklichung das Gefühl eines gleichberechtigten Partners haben. Wenn wir ihnen nicht das Gefühl und die Realität des gleichberechtigten Partners vermitteln, dann werden wir scheitern. Wenn wir auf ihre Anregungen, Vorstellungen und Wünsche eingehen, dann wird dieses Projekt auch dementsprechend umgesetzt werden.

Es ist vielfach den Erwachsenen zuzuschreiben, wenn Projekte, die Kinder und Jugendliche mitgestalten wollen, nicht zu Stande kommen – auch aus dem Umstand heraus, weil Jugendliche heutzutage um keinen Deut schlechter sind als wir. Jugendliche sind heutzutage wesentlich aufgeschlossener, sie sind selbstbewusster, und sie haben uns Erwachsenen gegenüber einen wesentlichen Vorteil: Sie sind undiplomatischer, man kann sie auch als ehrlicher bezeichnen. Diesen Umgang mit den Kindern und Jugendlichen müssen wir Erwachsenen erst lernen. (Beifall bei der SPÖ.) Deshalb ist für mich die gesetzliche Grundlage das eine, die tatsächliche Arbeit mit den Jugendlichen das andere.

Noch einige Schlussbemerkungen zu dieser Thematik. Die gesetzliche Grundlage der Mitbestimmung auf Bundesebene wird, so hoffe ich, doch einstimmig geschaffen. Mich würde aber in diesem Zusammenhang auch freuen, wenn wir darüber diskutieren beziehungsweise die Ent


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wicklung so fortsetzen können, dass Gleiches auch auf Landes- und Gemeindeebene umgesetzt werden kann. Dann ist "Mitbestimmen und Mitreden" keine "hohle Phrase" sondern gelebte Demokratie.

Vielleicht kann man in diesem Zusammenhang – wenn wir schon auf Mitgestalten und Mitbestimmung der Jugendlichen solch großen Wert legen, wenn wir ihnen schon in vielen Bereichen die Möglichkeit der Mitgestaltung geben – auch die Herabsetzung des Wahlalters diskutieren.

Zur zweiten Materie, zum Bundes-Jugendförderungsgesetz. Es ist zu begrüßen, dass nun neben den verbandlichen Jugendorganisationen auch Jugendgruppen, Jugendinitiativen, aber auch Einzelpersonen und Einrichtungen der offenen Jugendarbeit Zugang zu den Förderungen bekommen. Dies ist umso wichtiger, als wir auch vielfach aus der Praxis wissen, dass sich viele Jugendliche gerne mit viel Leidenschaft, mit viel Engagement und Enthusiasmus an Projekten beteiligen, dies aber nur bei einem Projekt, das sowohl zeitlich als auch räumlich abgesteckt ist, tun können. Deshalb finde ich die Möglichkeit, auch derartige Projekte entsprechend zu unterstützen, sehr gut. Wir als sozialdemokratische Fraktion werden deshalb diesen Beilagen unsere Zustimmung geben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.04

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ram. – Bitte.

13.04

Bundesrat Thomas Ram (Freiheitliche, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geschätzter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz zu den Ausführungen des Kollegen Thumpser Stellung nehmen.

Lieber Kollege Thumpser! Du bist einer von wenigen bei der SPÖ, der es geschafft hat, sich vom Regierungspolitiker zum Oppositionspolitiker zu wandeln. Ich finde es sensationell, dass du hergehst, dich herausstellst, zu einem Tagesordnungspunkt sprichst und sagst, du bist dafür, deine Fraktion spricht dafür, während du gleichzeitig bemängelst, dass die Bundes-Jugendvertretung jetzt nicht existiert und die ach so bösen Maßnahmen der Bundesregierung nicht besprechen kann. – Ich muss dich ganz ehrlich fragen, ob dir bewusst ist, wer in den letzten Jahren in der Regierung gesessen ist und wer in den letzten Jahren die Verantwortung für die Jugendpolitik gehabt hat. – Wir waren es nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Äußerst positiv finde ich aber, dass du dich für eine weiter Mitbestimmung der Jugend aussprichst und auch für das Wählen mit 16 Jahren, also für eine Herabsetzung des Wahlalters. Ich kann dir sagen, dass unsere Fraktion in dieser Richtung tätig ist und noch weiter tätig werden wird.

Du hast außerdem angemerkt, dass es jetzt mehr Geld für die Jugend gibt. Ich finde – das kann auch dir als Bürgermeister nur recht sein –, dass es absolut positiv ist, wenn die Jugendorganisationen mehr Geld zur Verfügung haben, weil es gesellschaftspolitisch ganz einfach wünschenswert ist, dass die Jugend ihre Zeit in Vereinen, in Organisationen verbringt; das ist bei weitem positiver. (Bundesrat Thumpser: Kollege Ram! Wir stimmen zu, nur damit das klar ist!)  – Ja, ich weiß. Ich wollte nur ein wenig auf deine Ausführungen eingehen, weil du das eher dazu benützt hast, wieder einmal mit der Regierungspolitik abzurechnen. (Bundesrat Thumpser: Du kannst es gerne durchlesen!) Ich lese es mir dann gerne durch.

Ich will erläutern, dass ich dir sehr wohl auch Recht gebe, und zwar vor allem als du gesagt hast, dass es positiv ist, dass es mehr Geld gibt. Ich glaube, das ist ein großartiger Verdienst der Regierung und vor allem von jenen Herrschaften, die dieses Gesetz ausgearbeitet haben. Ich finde das absolut gut.

Es ist gesellschaftspolitisch deswegen so wichtig – da gibst du mir als Bürgermeister sicherlich Recht –, weil es vernünftiger ist, den Jugendorganisationen Geld zu geben, damit die Jugend


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lichen nicht auf der Straße herumlungern, Drogen nehmen oder andere Kriminalitätsdelikte vollbringen, sondern ganz einfach ihre Zeit sinnvoll in Vereinen und Jugendorganisationen verbringen können. (Bundesrat Thumpser: Das habe ich eh gesagt!)  – Eben darum freut es mich auch. Ich möchte es sagen, damit du nicht glaubst, dass ich nur gegen dich reden will. (Bundesrat Thumpser: Das erste, das du gegen mich gesagt hast, habe ich eh nicht verstanden! Vielleicht kannst du es wiederholen! – Bundesrat
Konecny: Nein, nicht wiederholen lassen!)

Abgesehen von Kollegen Thumpser möchte ich nun grundsätzlich zu diesen vorliegenden Gesetzentwürfen Stellung nehmen. (Bundesrat Konecny: Das wichtigste zuerst!)  – Eben. Herr Professor! Das habe ich deswegen gemacht, damit auch Sie, die Sie bei den Ausführungen Ihres Kollegen nicht ganz zugehört haben, noch einmal mitbekommen, was er gesagt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Doch jetzt zum Grundsätzlichen. Das Bundes-Jugendförderungsgesetz ist eine faire, nachvollziehbare und gerechte Lösung. Dank gebührt vor allem Kollegen Amon von der ÖVP und Kollegen Schender von meiner Fraktion, die diese Gesetzesvorlage mit Zustimmung und unter Einbeziehung der sozialdemokratischen Jugendorganisation und der Gewerkschaftsjugend ausgearbeitet haben.

Dieses Bundes-Jugendförderungsgesetz ist deswegen so wichtig, weil es früher beim Bundesjugendring eklatante Missstände gegeben hat. Es war so, dass nur Mitgliedsvereine Anspruch auf Förderungsmittel hatten und diese wahllos, ohne irgendwelche Kriterien, vergeben wurden. So kam es zum Beispiel dazu, dass die freiheitliche Jugend nichts bekommen hat, weil sie nicht Mitglied des Bundesjugendringes war. (Bundesrat Thumpser: Ist nicht wahr! Das ist etwas ganz anderes!)

Zufälligerweise wurden Organisationen, die dem Bundesjugendring und auch der früheren Regierung nicht recht waren, nicht aufgenommen und hatten daher keinen Anspruch auf Förderungsmittel. Das war aber wahrscheinlich nur ein Zufall. Da sieht man den grundlegenden Unterschied. Diese Gesetzesvorlage wurde unter Mitarbeit, unter Einbeziehung aller politischen Jugendorganisationen ausgearbeitet, weil eindeutig ein Unterschied zu sehen ist, wie man miteinander umgeht. Ich glaube, in der Jugendvertretung sollte nicht die Parteipolitik die erste Rolle spielen, sondern es sollte das Wohl der Jugendlichen an erster Stelle stehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kurz zum Bundes-Jugendvertretungsgesetz. Damit schafft man endlich eine gesetzliche Basis für eine Jugendvertretung; die Jugend hat endlich die Gelegenheit, gehört zu werden. Die Jugend ist den Gesetzes-, den Interessenvertretungen der Arbeitnehmer, der Wirtschaft, der Bauern und der Senioren gleichgestellt. Die Bundes-Jugendvertretung kann die Regierung beraten und zu Gesetzes- und Verordnungsentwürfen Stellungnahmen abgeben. Da sehen wir eine große Mitbestimmungschance für die Jugend. Ich glaube nämlich, dass die Jugend, der immer vorgeworfen wird, politikverdrossen zu sein, gar nicht politikverdrossen ist. Die Jugend ist, so glaube ich, eher enttäuscht darüber, dass sie keine Möglichkeit zur Mitbestimmung hat. Damit geben wir ihr die Möglichkeit zur Mitbestimmung, und die Jugend wird diese Chance sicher wahren und positiv aufnehmen.

Noch einmal zu Kollegen Thumpser – heute stehst du im Mittelpunkt meiner Ausführungen. (Bundesrat Konecny: In der Psychotherapie nennt man das Fixierung!)

Es ist vermutlich deshalb, weil ich so fasziniert bin, dass die SPÖ einen solch aktiven Jugendsprecher hat, dass ich seinen Ausführungen intensiv gelauscht habe und meine Rede jetzt umgeschrieben habe, um auf ihn einzugehen. (Bundesrat Dr. Nittmann: So jung ist er gar nicht mehr! – Bundesrat Thumpser: Beitrittsformulare gibt es aber keine!)

Zum Grundsätzlichen: Du hast von einer Senkung des Wahlalters gesprochen. Das unterstützen wir Freiheitlichen selbstverständlich. Du weißt, in Kärnten sind schon entsprechende Schritte vorgenommen worden. Ich weiß, unter den Kolleginnen und Kollegen, sogar in meiner eigenen Jugendorganisation gibt es Stimmen, die sich dagegen aussprechen. Da bin ich auf deiner


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Seite, da sind wir einer Meinung. Ich bin eindeutig dafür, dass die Stimme der Jugend gehört werden sollte.

Zum Abschluss meiner Ausführungen darf ich noch eines sagen: Wir sollten der Jugend die Chance zur Mitbestimmung, die Chance zur Weiterentwicklung geben. Ich darf als jüngster Bundesrat um Ihre Zustimmung bitten. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.12

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte.

13.12

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es freut mich als zuständiger Bundesminister, dass das Bundes-Jugendförderungsgesetz und das Bundes-Jugendvertretungsgesetz auch im Bundesrat auf breite Zustimmung stoßen wird. Ich glaube, dass mit beiden Gesetzen ein wichtiges Anliegen der jungen Menschen in Österreich erfüllt wird.

Ich glaube auch, dass ich von Seiten des Ministeriums durchaus Flexibilität bewiesen habe, da es mir auch gelungen ist, im Rahmen eines Abänderungsantrags zum Bundesfinanzgesetz eine deutliche Erhöhung der Mittel für die freie Jugendförderung für das Jahr 2001 und das nachfolgende Jahr 2002, die im Budget verabschiedet worden sind, sicherzustellen.

Es ist mit Sicherheit so, dass jene Jugendlichen, die innerhalb der organisierten Jugendverbände tätig sind – da hat Herr Kollege Thumpser sicherlich Recht gehabt –, die verschwindende Minderheit ausmachen, während etwa 80 bis 85 Prozent der Jugendlichen interessiert sind, an einzelnen Projekten mitzuarbeiten. Daher war es mir von Seiten des Ministeriums und auch aufgrund meiner Erfahrung als Kommunalpolitiker wichtig, dass in Zukunft die jungen Menschen in Österreich auch im freien Jugendbereich über jene Förderungsmittel verfügen können, die für die gedeihliche Weiterentwicklung der freien Jugendförderung in Österreich notwendig sind.

Es ist auch über das Thema der Mitbestimmung der jungen Menschen über die beiden Gesetze hinaus in der Diskussion einiges gesagt worden. Ich bin als ehemaliger Abgeordneter des Bundeslandes Kärnten und mich noch immer meinem eigenen Bundesland verpflichtender Bundesminister stolz darauf, sagen zu können, dass mein Bundesland, das Bundesland Kärnten, bereits die Mitbestimmung der jungen Menschen bei den Gemeinderatswahlen verabschiedet hat.

Ich glaube daher, dass dieses Beispiel in Österreich nicht mehr aufzuhalten ist, auch wenn der eine oder andere heute nicht sehr begeistert davon ist. Ich glaube, dass es so ist, wie es seinerzeit mit der Direktwahl der Bürgermeister war: Es war ein Beispiel, das sich bewährt hat, das auch Nachahmung bekommen hat.

Ich glaube, dass die jungen Menschen gerade in den Gemeinden am besten wissen, was sie wollen, wie sie eingebunden werden wollen und welche Modelle und welche Vorstellungen sie für sich in ihrem engsten Umkreis, der Heimatgemeinde, verwirklicht haben wollen. Ich glaube daher, dass wir auf gutem Wege sind, die jungen Menschen in Österreich einzubinden.

Ohne auf den Redebeitrag des Kollegen Thumpser fixiert zu sein, erscheint es mir wichtig, zu Folgendem Stellung zu nehmen: Es ist vielleicht bedenklich, wenn wir gerade im Kreise von politisch tätigen Menschen anmerken, dass wir erst wieder lernen müssen, mit den jungen Menschen umzugehen, und dann noch mit erwähnen, dass die jungen Menschen gewohnt sind, die Wahrheit direkt zu sagen.

Vielleicht sollten wir es auch als Kulturgut in der Politik betrachten, dass die Wahrheit und nicht der politische Winkelzug, jedem gefällig zu sein – volkstümlich ausgedrückt: jedem Honig um den Mund zu schmieren –, wieder das Grundprinzip unserer Aussagen ist, denn wir sollten dort bleiben, wo die Wahrheit ist. Dann, so glaube ich, wird auch das Ansehen von uns Politikern bei


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der Jugend wieder einen besseren Stellenwert haben. Vielleicht könnten wir das aus der Diskussion mitnehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.16

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Himmer. – Bitte.

13.16

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich darf mich sozusagen auch in den Reigen der ehemaligen Jugendfunktionäre und amtierenden Jugendfunktionäre eingliedern. Ich habe auch einige Jahre meines Lebens in der parteilichen Jugendarbeit verbracht. Ich glaube daher, ein bisschen Einblick darüber zu haben, mit welchen Herausforderungen das verbunden ist, insbesondere, was das Ernstnehmen von Anliegen der Jugend betrifft.

Es war in der Zeit, in der ich Jugendobmann war, für mich immer recht interessant, bei den Gesprächen mit den Kollegen von den anderen Fraktionen einen Gedankenaustausch zu pflegen, wie es ihnen innerhalb der Partei geht. Das waren mitunter die interessantesten und auch die amüsantesten Gespräche.

Wir haben gerade davon gesprochen, dass die jüngeren Leute – da haben wir die Kinder zitiert, nicht die Jugendorganisationen – auch ehrlicher sind. Ich muss sagen, es ist auch soweit bei dem Ehrenkodex geblieben, dass es auch nie falsch zitiert worden ist, wie es dem einen oder anderen in der Partei geht.

Das heißt aber nicht, dass ich "wehleidig" auf diese Zeit zurückblicke – ganz im Gegenteil. Ich glaube, dass viele sehr viel von der Jugendarbeit für ihr Leben mitnehmen, das sie dann – so wie ich – nicht mehr vermissen möchten.

Ich möchte nicht so oft wie Kollege Ram auf Kollegen Thumpser zurückkommen, aber zu einem Punkt möchte ich auch Stellung nehmen, und zwar was die Studiengebühren anlangt. Ich meine, dass es, wenn man sozusagen darüber spricht, was man für die Jugend tut und was zukunftsorientiert ist, eben auch ein Thema ist, wie man mit den Staatsfinanzen umgeht. Es sind letztendlich die nächsten Generationen, die die Zinsbelastung tragen.

Wenn ich zum Beispiel an meine Kinder denke – sie sind jetzt zweieinhalb Jahre und elf Monate alt –, so bin ich mir sicher, dass sie, wenn sie einmal im Berufsleben stehen, auch noch Zinsen für die Staatsschulden, die wir in den letzten Jahrzehnten angehäuft haben, zahlen werden. Das soll man bei dieser Betrachtung schon mit berücksichtigen.

Daher freut es mich heute ganz ehrlich, dass wir eine gesetzliche Interessenvertretung für die Jugendlichen geschaffen haben, die anderen Interessenvertretungen gleichgestellt ist beziehungsweise wird. Auch was den finanziellen Förderungsbereich betrifft, muss ich sagen – wiederum von meiner Jugendobmannzeit her –, dass sich mein Schmerz in Grenzen hält, dass die Allokation der Mittel nicht mehr über den Bundesjugendring abgewickelt wird.

Ich kann mich erinnern, dass ich damals als JVP-Obmann all diese Versuche des RFJ, Mitglied des Bundesjugendringes zu werden, miterlebt habe. Damals ist Herbert Scheibner als RFJ-Obmann ausgerückt und vom Bundesjugendring ins Kreuzverhör genommen worden, gewichtet, für zu leicht befunden und wieder nach Hause geschickt worden. Er ist an sich auch nicht mehr ... (Bundesrat Mag. Gudenus: Das war ein sehr unschöner Akt von Ihnen! – Bundesrat Konecny: Sie waren doch gar nicht dabei!) – Das war offensichtlich nicht die Grundlage dafür, dass er dann in der Bedeutungslosigkeit verschwunden ist. Insofern ist es vielleicht auch in diese Richtung eine späte Gerechtigkeit.

Was ich zur Abrundung noch anmerken möchte, ist, der Herr Bundesminister hat – ich glaube, im Nationalrat – eine Studie zitiert, die als Thema die Politikverdrossenheit hatte. Daraus ergibt sich, dass nicht so sehr die Jugendlichen über die Politik verdrossen sind, sondern eigentlich


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viel mehr die Politiker über die Jugendlichen verdrossen sind. Das ist auch eine interessante Betrachtung zum Thema Politikverdrossenheit.

Eine weitere Wahrnehmung für mich als Jugendvertreter war, dass die Jugendlichen für die Parteien zu Wahlkampfzeiten immer besonders wichtig sind. Außerdem schaut man bei Parteiveranstaltungen immer darauf, dass die Jugendlichen in den ersten Reihen sitzen, damit das Durchschnittsalter ein bisschen gesenkt wirkt.

Gerade in diesem Zusammenhang halte ich diesen seriösen Schritt vorwärts, den wir mit diesem Gesetzesbeschluss des Nationalrates und hoffentlich heute des Bundesrates gemacht haben, für einen qualitativen Meilenstein in der Jugendpolitik, und ich freue mich sehr, sagen zu können, dass natürlich auch meine Fraktion dieser Gesetzesmaterie die Zustimmung erteilen wird. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ und der Freiheitlichen.)

13.22

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Gudenus. – Bitte. (Rufe bei der SPÖ: Berufsjugendsprecher! – Allgemeine Heiterkeit.)

13.22

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Da ich genauso wie Herr Bundesminister Haupt nie Berufsjugendlicher war, wir beide aber in einer studentischen Jugendorganisation tätig waren, nämlich dem Ring Freiheitlicher Studenten – so wie Kollege Aspöck –, habe ich auch eine gewisse Erfahrung mit der Jugend. Schade, dass Kollege Konecny nicht bei uns war; das wäre damals sicherlich eine Bereicherung gewesen. (Allgemeine Heiterkeit. – Bundesrat Konecny: Ich weiß meine Grenzen! Wir haben uns damals eher feindselig unterhalten! Den VSStÖ gibt es noch, den Ring Freiheitlicher Studenten eher nicht mehr so wirklich! Das ist der Unterschied unserer Erbschaft!)

Ich will damit nur ausdrücken, dass einige von uns natürlich schon zur vorgestrigen Jugend gehören. Aber wie man merkt, haben wir noch immer die jugendliche Freude an einem gewissen Wortaustausch mit Herrn Professor Konecny. Daran solle es nicht liegen.

Also ich bezweifle ein bisschen – das gehört zwar nicht zu dem Gesetz, aber es ist schon mehrfach gefallen –, dass die Jugend so wahlbegierig ist, wie manch einer meint. Aber ich freue mich, dass endlich ein Gesetz geschaffen wird, welches der Jugend eine Interessenvertretung schafft, wie sie die Senioren haben. Ich darf auch schon dabei sein, wahrscheinlich der eine oder andere hier im Raum auch, und die Senioren sind eigentlich nur der verlängerte Arm der Jugend.

Was wäre die Jugend, wenn sie nicht die Hoffnung hätte, auch noch als Senioren dastehen zu können? – Insofern muss ich sagen: Wir haben ein bisschen wenig, aber die Jugend hat Hoffnung, Senioren zu werden, wir können nicht mehr Jugendliche werden.

Also diese Interessenvertretung war vonnöten, ist vonnöten und wird auch heute hier beschlossen werden. Sie ist damit als Interessenvertretung gleichberechtigt wie die der Arbeitnehmer, der Wirtschaft oder der Landwirte. Ich glaube, das gibt durchaus ein gutes Bouquet, dass die Jugendförderung erstmals auf gesetzliche Basis gestellt wird. Es ist ein großer Meilenstein der Mitsprachemöglichkeit für die Jugend, wobei ich sagen muss, die Jugend hat es sich niemals nehmen lassen mitzusprechen, wenn sie gemeint hat, mitsprechen zu wollen. Das ist immer sehr gut, und sie haben sich das ehrlich erstritten, jetzt im Rahmen einer gesetzlichen Mitsprachemöglichkeit dabei sein zu können.

Was soll denn gefördert werden? – Sehr viel: erstens die geistigen, zweitens die psychischen, drittens die körperlichen, viertens die sozialen, fünftens die politischen, sechstens die religiösen und die ethischen Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen. Diese Aufgaben haben sich die Organisationen zu Herzen genommen, und sie werden sie mit den zur Verfügung stehenden Geldmitteln sicherlich in vorzüglicher Weise erfüllen.


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Man kann natürlich fragen – der Einwurf ist gekommen –: Wo ist die klare Altersabgrenzung bei den Jugendlichen? – Ich glaube, das wird sich einpendeln. Ab einem gewissen Alter fühlt man sich nicht mehr so jugendlich wie ehedem. Herr Bundesminister Haupt! Du bist noch sehr jugendlich, jawohl. Das war nicht auf dich gemünzt. Aber ich gebe dem Recht: Es ist ein Schwachpunkt im Gesetz, dass keine Altersgrenze für die Jugendlichen vorgesehen ist. Diesen Vorwurf muss man durchaus annehmen, aber man kann ihn demnächst einmal im Rahmen einer der im Parlament üblichen Novellen beheben.

Was die Anzahl der Mitglieder betrifft, so glaube ich, ist der Vorwurf nicht zu erheben. Das heißt, erheben kann man ihn schon, aber die Anzahl der Mitglieder lässt sich feststellen, ohne in den Datenschutz einzudringen, weil die Betroffenen interessiert sind, eine gewisse Anzahl von Mitgliedern zu haben, damit das überhaupt funktioniert.

Ich glaube auch, dass dieses Gesetz weitestgehend – ich betone "weitestgehend", weil ich wohl einen Mangel sehe – den Bedürfnissen gerecht wird. Das sind all jene Gruppierungen, die anzahlmäßig nicht erfasst sind, die aus ethnischen und auch vielleicht religiösen Gruppierungen nicht die entsprechende Anzahl haben, um in dieses Gesetz zu fallen. Es gibt im Gesetz eine Ausnahme: die jüdischen Jugendorganisationen, und ich könnte mir vorstellen, dass in einer zukünftigen Novelle andere Jugendorganisationen, vielleicht auch solcher Gruppierungen, die nicht namentlich aufgezeigt werden, auch in den Genuss von Förderungen gelangen.

Es gibt in Österreich sehr viele Gruppierungen, gerade hier im Wiener Raum: es gibt die Ungarn, die Tschechen und viele andere Gruppierungen, die ich namentlich nicht alle kenne und auch gar nicht kennen kann. Diese sollten meines Erachtens gerechterweise, genauso wie jene Gruppe, die im Artikel 6 Abs. 4 genannt ist, nämlich die jüdische Jugendorganisation, die keinen Mitgliedernachweis erbringen muss, auch zu einer Förderung gelangen. Das wäre in Zukunft – wie ich hoffe – Gerechtigkeit allen Minoritätsgruppen gegenüber. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.2


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8

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung, die über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates getrennt erfolgt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Förderung der außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit, nämlich dem Bundes-Jugendförderungsgesetz.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Vertretung der Anliegen der Jugend, es ist dies das Bundes-Jugendvertretungsgesetz.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

8. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Bau- und Liegenschaftsverwaltung des Bundes neu organisiert sowie über Bundesvermögen verfügt wird (Bundesimmobiliengesetz) und mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 sowie das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert werden (298 und 347/NR sowie 6247, 6248 und 6265/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem die Bau- und Liegenschaftsverwaltung des Bundes neu organisiert sowie über Bundesvermögen verfügt wird (Bundesimmobiliengesetz) und mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 sowie das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert werden.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Mag. Neuner übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Mag. Christof Neuner: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Bau- und Liegenschaftsverwaltung des Bundes neu organisiert sowie über Bundesvermögen verfügt wird und mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 sowie das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. (Präsident Payer übernimmt den Vorsitz.)

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – zu erheben.

Präsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher. – Bitte.

13.31

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zum Ersten glaube ich, dass mit der vorliegenden BIG-Novelle beziehungsweise auch mit der Vorgehensweise rund um diese Novelle wieder die Chance vergeben wurde, einen etwas breiteren Konsens zu erzielen.

Ich glaube, dass das Beispiel des ElWOG gezeigt hat, dass wir durchaus bereit sind, gut fundierten Analysen und Gesprächen zu folgen und letztlich auch unsere Zustimmung zu geben. Ich persönlich verhehle nicht, dass ich einer für meine Begriffe befriedigenden BIG-Gesetz-Novelle gerne die Zustimmung gegeben hätte, zumal wir mit dem BIG-Gesetz 1992 eine recht gute Ausgangslage geschaffen haben und damals auch recht lange um diese Lösung gerungen haben.

Das Beispiel der Neuordnung der ASFINAG hat gezeigt, welche Möglichkeiten bestehen, auch im Infrastrukturbereich eingefahrene Gleise zu verlassen und zu effizienten Bewirtschaftungsmaßnahmen zu kommen. Probleme, die die ASFINAG zurzeit vielleicht hat oder in absehbarer Zeit haben wird, liegen nicht in ihrer mangelnden Problemlösungsfähigkeit und in der schlechten Konzeption, sondern in der finanziellen Lücke, die entsteht, wenn die LKW-Maut wieder verschoben wird.

Die ASFINAG hat mit ihrer Fruchtgenussregelung – wie auch bisher die BIG oder Schönbrunn – gezeigt, wie tragfähig dieses Konzept ist, wenn man langfristig sinnvolle Bewirtschaftung im Sinn hat. Dieses Konzept hätte auch bei der nunmehr erfolgenden Ausweitung der BIG-Aufgaben


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sicherlich Anwendung finden können. Aber statt der Bewirtschaftung des Immobilienbesitzes der Republik das Hauptaugenmerk zu geben und diese in den Vordergrund zu stellen, ist die Motivation hinter dieser Novelle, wie wir glauben, eher fiskalpolitischer Natur. Denn wenn man von einem Immobilienbesitz der Republik Österreich von rund 500 Milliarden Schilling ausgeht – das ist eine Zahl, die auch in Zeiten der rot-schwarzen Koalition in Gesprächen immer wieder vom Wirtschaftsministerium in den Raum gestellt wurde –, so könnte eine vorsichtig angesetzte Rendite von – sagen wir es einmal – 5 Prozent auf zumindest 60 Prozent dieses Vermögens einen Ertrag für die Republik in der Höhe von 15 Milliarden Schilling bringen, und zwar jährlich.

Statt dessen bringt man einen raschen Verkauf in Ansatz und lässt sich 30 Milliarden ins Budget überweisen, allerdings einmalig, wobei die kolportierten Zahlen des betroffenen Immobilienvermögens – nämlich 100 Milliarden Vermögenswert, 70 Milliarden Verkehrswert, und schließlich 33 Milliarden Verkaufspreis – in ihrer Relation zueinander schon etwas eigenartig anmuten.

Seit Jahren hat die SPÖ eine bundesweite Erhebung und Bewertung des Immobilienbesitzes der Republik Österreich gefordert. Ebenso lange ist sie an den ÖVP-Wirtschaftsministern gescheitert, und so weiß man heute nicht einmal, welche der übertragenen Liegenschaftsteile etwa nach § 4 Bundesstraßengesetz schon als Straßentrasse verordnet sind.

Da hilft letztlich unserer Meinung nach auch die in § 14 ins Auge gefasste Nachbesserung nicht viel, zumal man dem Gesetz auch nicht entnehmen kann, wie diese dann aufgeteilt werden soll. Zumindest hätte man festhalten können, welcher Prozentsatz dieser Nachbesserung der BIG zufließt, welcher Prozentsatz ins Budget gehen soll und so weiter.

Gleichwohl ist positiv anzumerken, dass die Novelle selbst einiges an Plandatenmaterial enthält, etwa im Unterschied zur Organisationsprivatisierung der Spanischen Hofreitschule, über die wir jüngst diskutiert haben. In diesem Zusammenhang möchte ich mich auch ausdrücklich bei den Beamten des Wirtschafts- und Finanzministeriums bedanken, die, so glaube ich, innerhalb der – offensichtlich – engen Grenzen, die ihnen gesetzt wurden, meiner Ansicht nach sehr gute Arbeit geleistet haben.

Das gilt freilich leider nicht für den politisch zu verantwortenden Bereich und dessen Träger. Denn der fiskalischen Komponente, die im Ausschussbericht mehrere Male als zentral dargestellt wird, wird, wie erwähnt, die strukturpolitisch wichtigere Bewirtschaftungskomponente und damit die Nachhaltigkeit der Maßnahmen etwas geopfert, und dies wird beispielsweise auch dezidiert im genannten Ausschussbericht bestätigt – ich zitiere wörtlich –:

Zu berücksichtigen ist allerdings, dass bei der Variante "keine Ausgliederung" davon auszugehen ist, dass Neubauvorhaben in größerem Umfang möglich wären und dadurch mehr Wert und Substanz geschaffen würden. – Das ist etwas, das wir beispielsweise in Wien auch schon spüren, nämlich wenn es um die Finanzierung wichtiger Schulbauten geht.

Die Fragen vermehrter Neubau und höhere Substanz wären im Falle einer Fruchtgenussregelung ohne Zweifel nachhaltiger beantwortbar gewesen – umso mehr, als in der Nationalratsdebatte von den Regierungsparteien ein Abänderungsantrag eingebracht wurde, der die lapidare Bemerkung enthält: Da die nunmehr für die Budgetjahre 2000 bis 2003 vorgesehenen Teilbeträge der Höhe nach nicht jenen entsprechen, die seinerzeit aus Ratenzahlungen der Modellrechnung zu Grunde gelegt wurden, ist die Modellrechnung in der vorliegenden Form überholt.

Es stellt sich für mich auch insbesondere die Frage, wie viel Prozent der nunmehr ins Auge gefassten Liegenschaften tatsächlich marktmäßig verwertbar sein werden. Wo ist der Markt für Schulen? Wo ist der Markt für Gerichtsgebäude? Wo ist der Markt für Universitäten? Wo ist der Markt für die der BIG übertragenen Stollen? Was soll mit diesen Stollen passieren? Sollen diese auf Funktionstüchtigkeit, Einsturzgefahr oder was immer untersucht werden? Was soll die BIG damit anfangen?

Ich glaube, dass die nunmehrige Staffelung der Verkaufstranchen bereits zeigt, dass sich die Bundesregierung auch selbst nicht mehr so sicher ist, ob die 33 Milliarden Schilling tatsächlich


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lukrierbar sein werden. Zahlen muss die BIG diese 33 beziehungsweise 30 Milliarden, die ins Budget fließen, aber auf jeden Fall, denn offensichtlich geht das Budget vor.

Ich glaube, dass diese 33 Milliarden durchaus erzielbar gewesen wären, möglicherweise sogar rascher als jetzt in Ansatz gebracht wurde, wenn man das Augenmerk auf die tatsächlich gut verwertbaren Liegenschaften des Bundes legen würde, und das sind – das ist von allen Experten unwidersprochen geblieben – die zahllosen, im Sinne einer effizienten Immobilienbewirtschaftung nicht benötigten Liegenschaften des Bundesheeres. Da ist allerdings die ÖVP, wie bereits 1992 – damals übrigens vor sich selbst –, in die Knie gegangen, und diese Liegenschaften wurden nicht übertragen. Im Gegenteil: Die Rossauer Kaserne, die sich derzeit bereits im Fruchtgenuss der BIG befindet, wird künftig sogar vom Verteidigungsministerium übernommen.

Das heißt, dass das Abstellen von Doppelgleisigkeiten, das im Vordergrund hätte stehen sollen, nicht konsequent durchgeführt wird. Es gibt auch künftig ein Nebeneinander – unter anderem von BIG, Wirtschaftsministerium, Außenministerium, Verteidigungsministerium, Burghauptmannschaft und so weiter. Damit kommt für uns der Bewirtschaftungsgedanke eindeutig zu kurz, während die kurzfristige Fiskalpolitik im Vordergrund steht. Daher kann meine Fraktion dieser Novelle nicht zustimmen – ich möchte hinzufügen: leider. (Beifall bei der SPÖ.)

13.38

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Walter Grasberger. – Bitte.

13.38

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Kollege Hoscher hat zu Beginn seiner Ausführungen erwähnt, dass 1992 – vor nunmehr acht Jahren – hier in diesem Haus ein – so nenne ich das – erster wesentlicher Schritt gesetzt worden ist, als der damalige Wirtschaftsminister ermächtigt worden ist, eine Bundesimmobiliengesellschaft errichten zu können. Das war damals sicherlich ein sehr zukunftsweisender Schritt und ein wesentliches Ziel, dass sich im Bundeseigentum befindliche Wohnungen beispielsweise auch an Mieter zum Verkauf gelangen konnten. Es war auch damals klar, dass der Verkehrswert eine wesentliche Grundlage für den Verkauf von Liegenschaften darstellen wird. Heute können wir sagen, aus Mietern sind Eigentümer geworden. Eine beträchtliche Anzahl von früheren Mietern ist heute Eigentümer von Liegenschaften. Das ist, so glaube ich, durchaus ein guter Weg, der gegangen worden ist.

Eine Novelle dieses damals geschaffenen Gesetzes war deswegen nicht möglich, weil die Änderungen so gravierend sind, dass jetzt dieses BIG-Gesetz aufgehoben und durch eines ersetzt werden muss, das heute, wie ich hoffe, die Mehrheit hier in diesem Hause beschließen können wird.

Es werden über 1 400 Liegenschaften übertragen, und in diesen entsprechenden Objekten befinden sich wiederum 3 500 Einheiten, die auf Grundlage dieses neuen Gesetzes zu Miet- oder Pachtgegenständen werden. Herr Kollege Hoscher! Vielleicht habe ich Sie nicht richtig verstanden, aber Sie haben auch Kritik daran geübt, dass nicht klar sei, welche Liegenschaften im Gesetz beinhaltet sind. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Hoscher. )

Ich möchte klarstellen: In diesem Gesetz sind sämtliche Liegenschaften der Republik, die von diesem neuen Gesetz erfasst werden sollen, penibelst aufgelistet worden. Desgleichen ist auch klargestellt, dass historisch wertvolle Substanz, zirka 60 Stück an der Zahl, im Sinne der Aufrechterhaltung des kulturellen Erbes unserer Republik nicht übertragen wird. Auch das ist ein wichtiger Punkt, der klargestellt werden muss und bei dem die Volkspartei als christdemokratische Partei entsprechend agiert hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Kurz möchte ich die sehr positiven Aspekte dieses zweiten Schrittes – ich muss es noch einmal erwähnen: des zweiten Schrittes! – des Gesetzes anführen. Erstens: Es wird mit Sicherheit insofern ein Kostenbewusstsein geschaffen werden, dass beispielsweise Bundesstellen, die diese


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Gebäude nutzen, auch berechnen werden, wie hoch die Gesamtkosten sind, die beispielsweise durch Zurückmietung, durch eine Anmietung dieser Flächen entstehen.

Kollege Hoscher hat auch die Frage der Bewertung angesprochen: Es wird eine Bewertung beziehungsweise eine gesamte Erfassung der Liegenschaften durchgeführt. Es werden erstmals ein Vermögenskataster und die Einrichtung einer Immobiliendatenbank, auf die Zugriff genommen werden kann, eine wesentliche Erneuerung mit sich bringen.

Last but not least: Es wird sich mit Sicherheit herausstellen – wie schon in den vergangenen acht Jahren –, dass das eine oder andere Bundesvermögen, das eine oder andere Bundesgebäude, die eine oder andere Bundesimmobilie in Wirklichkeit nicht mehr gebraucht werden und dann letztlich auch zum Abverkauf zum entsprechenden Verkehrswert zur Verfügung gestellt wird.

Ein Nebenaspekt – aber ich glaube, es ist kein unwesentlicher – ist, dass bei sämtlichen Bundesdienststellen auch der Raumbedarf bedacht werden wird. Es ist mit Sicherheit so, dass die Raumbedarfszahlen, egal welchen Bereich das trifft, heute, im Jahr 2000, nicht mehr jene sein werden, die sie beispielsweise 1945 oder 1960 waren. Im einen oder anderen Fall wird es einen größeren Raumbedarf geben, in vielen Fällen aber auch einen kleineren. Auch diesem Aspekt, so glaube ich, sollten wir entsprechend entgegentreten und das als positiv sehen.

Dazu kommt noch etwas: Es wird mit dieser neuen Regelung so sein, dass nicht mehr zwei verschiedene Gruppen zu eruieren haben, welche Kosten und Nutzen anfallen werden, sondern es wird praktisch eine Hand sagen können: Wir haben diesen Raumbedarf, diesen Flächenbedarf. Sie wird auch festzuhalten haben, welche Kosten es für diesen Flächenbedarf geben wird.

Es werden insgesamt zirka 30 Milliarden Schilling Sanierungshilfe in Form von gestaffelten Beiträgen für das Gesamtbudget zur Verfügung gestellt werden. Ich glaube, dass auch ganz wesentlich dabei war, den Bundesimmobilienbesitz nicht schlagartig in Richtung Abverkauf anzubieten, sondern dass das sukzessive vonstatten geht. Ein schlagartiger Abverkauf hätte mit Sicherheit nur Nachteile gebracht, auch für die Republik Österreich, weil damit der Immobilienmarkt nicht nur ins Wanken geraten, sondern wahrscheinlich überhaupt zusammengebrochen wäre.

Nicht erwähnt wurde, dass ein Finanzplan und eine Kapitalflussrechnung als wesentlicher Bestandteil, als Planungsinstrument dieses Gesetzes vorgesehen sind. Ich glaube, dass es in jedem geschäftlichen Bereich notwendig ist, auch eine vorausschauende Planung mit vorausschauenden Erträgnissen bis zum Jahr 2010 darstellen zu können.

Abschließend noch eine persönliche Bemerkung, die mir aber sehr wesentlich und zukunftsträchtig erscheint. Es werden im Rahmen dieses Gesetzes bei den Nutzerressorts Energiesparmaßnahmen bei Gebäuden verlangt, damit das uns allen bekannte Kyoto-Ziel auch erreicht werden kann. Das betrifft nicht nur Neubauten, sondern das wird auch bei Altbeständen, bei Altgebäuden verlangt.

Warum mich das auch persönlich berührt, hat folgenden Hintergrund: Ich war von unserer Fraktion dazu eingeteilt – ich habe das gerne wahrgenommen –, bei der Weltklimaschutzkonferenz in Den Haag teilzunehmen. Wir wissen zwar alle, dass es vorläufig zu keinem Ergebnis gekommen ist, dass vorläufig die so genannten Umbrella-Staaten, an der Spitze die USA, massivst verhindern, dass es zu entsprechenden Verminderungen des CO2-Ausstosses kommt.

Wir wissen, dass das Kyoto-Ziel eine Reduktion von 5 Prozent des Ausstoßes des Jahres 1990 verlangt. Diese Staaten rund um die USA haben das verhindert, und ich sage auch hier mit vollem Bewusstsein: Gäbe es die Europäische Union nicht, dann würde dieses Pendel einseitig und in Richtung der USA schlagen. So habe ich doch nach wie vor Zuversicht, und es gibt mir Hoffnung, dass dieses Kyoto-Ziel in einem nächsten Anlauf auch erreicht werden kann.


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670. Sitzung / Seite 76

Die Ziele wurden 1992 schon geklärt, aber der Weg zum Ziel, bei dem jeder Staat letztlich selbst etwas tun muss, um dieses Ziel zu erreichen können, ist – leider Gottes, muss ich sagen – nach wie vor umstritten.

Letztlich ist doch Optimismus angebracht, nicht nur, weil wir – so hoffe ich – heute dieses Gesetz auch mit diesem Begleitumstand beschließen können, sondern weil innerhalb der Europäischen Union klar bemerkbar war, die Europäische Union wird nicht nachgeben und diese Treibhausgasemission durch gesetzliche Änderungen tatsächlich in den einzelnen Staaten zu vermindern versuchen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.47

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. André d'Aron. – Bitte.

13.47

Bundesrat Dr. André d′Aron (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Experten, die Sie auch anwesend sind, die dieses Gesetz nach unserem Erachten sehr gut aufbereitet haben!

Worum geht es? – Auf der einen Seite steht die grundsätzliche Idee, dass wir im Rahmen der Globalbudgets, welche den Ministerien jetzt überantwortet wurden, eine Flexibilisierung in den Verwaltungen der Ministerien wollen. Wir wollen, dass die Ministerien selbst für ihren Raum verantwortlich sind und die Kosten übernehmen. Wir führen Aufgaben, Kompetenz und Verantwortung innerhalb der Ministerien zusammen, zuerst einmal gesamthaft über die Ministerien. Es wird dann noch notwendig sein, innerhalb der Ministerien das entsprechend zu sequentieren und zu NPOs, zu Zielvereinbarungen zu finden.

Auf der anderen Seite haben wir den Leistungsgeber, der eine Leistung hingibt – im konkreten Fall Liegenschaften, Räumlichkeiten –, die von den Ministerien wieder genutzt wird. Die Ministerien werden sich genau überlegen, welche Preise sie bereit sind zu zahlen, und wie viel Raum sie bereit sind, in Anspruch zu nehmen. Das ist die grundsätzliche Idee, die hinter dieser Sache steht.

Die ganze Sache soll natürlich – da gebe ich Kollegen Hoscher schon Recht – außer der betriebswirtschaftlichen, der volkswirtschaftlichen, die ich gerade ausgeführt habe, auch eine finanzpolitische Auswirkung haben. Die finanzpolitische Auswirkung ist klar: 3 Milliarden ist das Grundkapital. Dann haben wir den Betrag in der Höhe von 30 Milliarden, der sich etwa in 30 Jahren refinanzieren wird. Die Überschüsse, die auf Grund der zu erstellenden Businesspläne abgeschätzt werden müssen, sind dann wieder in das Reinvest zu geben, sozusagen in den Neubau, in die Verbesserung der bestehenden Objekte.

Nun leben wir in einer Zeit, in der es um die Verflachung von Verwaltungsstrukturen in Österreich gehen wird, ja zwingend gehen muss – nicht nur, um im Rahmen der Budgets Kosten zu sparen, sondern auch, um zu schnellen Entscheidungen zu finden. Im Wirtschaftsministerium stellt sich zum Beispiel die Frage des One-Stop-Shop-Prinzipes, das letztlich auch zu einer Verflachung der Strukturen führen müssen wird. In anderen Ministerien werden ähnliche Entwicklungen notwendig sein.

Das bedeutet, dass die Ministerien, da sie auf Sicht gesehen immer weniger Mitarbeiter haben werden, für ihre Mitarbeiter immer weniger Raum in Anspruch nehmen werden, zwingend nehmen müssen. Morgen diskutieren wir das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das auch in diese Gesetzesmaterie von heute mit hineinspielt.

Es scheint mir doch notwendig, noch über einige Punkte zu reden, die im Rahmen der politischen Diskussion zu wenig andiskutiert worden sind.

In diesem halb öffentlichen Betrieb, in dem ich tätig bin, sind wir vielleicht schon einen Schritt weiter. Ich sehe das schon ein bisschen anders, was sich dann entwickeln wird, welche Dynamik sich im Bestellerprinzip, im Erstellerprinzip hinsichtlich der Raumflächen ergeben wird.


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670. Sitzung / Seite 77

Aber zunächst einmal das Grundsätzliche: Warum soll die zu schaffende Gesellschaft eine GmbH und nicht eine AG sein? – Das GmbH-Gesetz sieht vor, dass das Durchgriffsrecht des Eigentümers stärker ist als bei einer Aktiengesellschaft. Trotz des Kapitalvolumens des Anlagevermögens, das diese Gesellschaft haben wird, ist es eine GmbH, um eben dieses Durchgriffsrecht zu haben und um auch letztlich den Ergebnisabführungsvertrag, der zwischen Mutter- und Tochterfirma überlegt wurde, sicherzustellen.

Der zweite Punkt, der andiskutiert wurde, war: Warum gerade diese Liegenschaften, warum zum Beispiel Stollen, wie Sie, Herr Kollege Hoscher, dies ausgeführt haben? Da tritt eine Flexibilisierung in der Verwaltung ein. Bei den Stollen wird man überlegen: Bleiben diese Stollen weiter in der Verwaltung des Bundes, oder was wird daraus gemacht? Werden sie geschlossen? Werden sie verbessert werden? Werden sie einer anderen Nutzung zugeführt? – Ich sehe das durchaus als positiv, wenn Stollen – zu dem vorliegenden Gesetzentwurf gibt es eine Vielzahl von Anlagen – in diesem Gesetzentwurf auch genannt sind.

Warum soll das die historischen Objekte nicht betreffen? Warum soll die Burghauptmannschaft österreichweit ausgedehnt werden und die historischen Objekte österreichweit übernehmen? – Bei den historischen Objekten steht die Frage des ROCEs – Return on Capital Employed – sicher nicht so im Vordergrund, sondern auch die Frage der historischen Werte. Das heißt, da gibt es andere Ziele, die zu berücksichtigen sind. Eine Gesellschaft, wie sie jetzt gegründet wird, wird natürlich in erster Linie in Richtung Erwirtschaftung eines positiven Betriebsergebnisses gehen.

Was mir noch anmerkungswürdig erscheint, ist die Diskussion über die hinkünftigen Businesspläne der zu errichtenden Gesellschaft. Ich halte zum Beispiel die Idee der Hochraumdatenbank, die bereits geäußert wurde – nicht hier im Parlament, aber im Rahmen der Besprechungen im Vorfeld –, für sehr gut. Das ist eine Idee, die die Immobilienbranche durch die verschiedenen Homepages, die es auf dem Markt gibt, verwirklichen kann. Ich hoffe sehr, und ich bin auch davon überzeugt, dass sich die neu geschaffene Gesellschaft im Rahmen der Distribution und Kommunikation auf dem Markt der bestehenden privatwirtschaftlichen Strukturen in Österreich auch bedienen wird.

Ich möchte das auch ins Parlament einbringen, da es mir doch so scheint, dass das Gewerbe der Immobilienmakler in Österreich sehr gut funktionierend und auch honorig ist.

Hinsichtlich der Preise, die letztlich den Bundesdienststellen und auch anderen auf dem Markt angeboten werden, sehe ich eine positive Entwicklung. Wir werden zu marktgerechten Preisen finden, und die Ministerien werden noch mehr in Richtung Kostenwahrheit und Effizienz gehen.

Die Personalfrage, welche auch durch das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz abgesichert ist, was die öffentlich-rechtlich Bediensteten anlangt, scheint mir sehr gut gelöst. Für die Vertragsbediensteten gibt es noch Sonderlösungen, und selbstverständlich wird es bei einer neu zu gründenden Gesellschaft so sein, dass sie weiteres Personal vom Markt aufnimmt. Ich freue mich, dass die zuständige Sektion letztlich die Funktion der Physical Facilities übernehmen wird.

Hinsichtlich der Prozesse wird sich sicherlich ein Ablauf ergeben. Im Rahmen des Businessplanes sind vermutlich auch entsprechende Prozessablaufpläne zu erstellen.

Ich wünsche dieser Gesellschaft, die wir schaffen werden, viel Erfolg. Ich freue mich, dass diese Gesellschaft nunmehr geschaffen wird – in einer Zeit, in der wir keinen jahrzehntelang amtierenden Finanzminister der SPÖ haben, unter dem solch eine Novelle nicht möglich war, sondern in einer Zeit, in der wir sagen: Wir müssen Mut zu Reformen haben und diese auch durchführen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Schicker: Ich erspare mir meinen Zwischenruf!)


Bundesrat
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670. Sitzung / Seite 78

13.56

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Martin Bartenstein. – Bitte.

13.56

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! Herr Bundesrat Hoscher! Ich habe ähnliches schon von Ihren Kollegen im Nationalrat, auch in den dortigen Ausschüssen, vernommen, nämlich dass man seitens der Sozialdemokraten dem BIG-Gesetz gerne seine Zustimmung gegeben hätte. – Es liegt nicht an mir. Tun Sie es! Ich glaube nämlich, dass diese Materie – ähnlich wie das ElWOG bezüglich Energieliberalisierung – eine ist, zu der man als konstruktive Opposition schon Ja sagen kann. Es wäre schade, wenn diese Gelegenheit vorbei ginge.

In der Tat ist das Prinzip des BIG-Gesetzes – es ist genau genommen keine Novelle – und der damit verbundenen Immobilienausgliederung des Bundes unumstritten. Es geht um einzelne Fragen, die ich gerne versuchen werde zu erläutern.

Zum Beispiel zu diesen ominösen 500 Milliarden Schilling: Das, was ausgegliedert wird, ist nach einem Gutachten des Instituts für Stadt- und Regionalforschung der Technischen Universität Wien auf Basis einer Ertragswertrechnung rund 100 Milliarden Schilling, genau genommen 97 Milliarden Schilling wert. Wenn man davon die verschiedenen Abschläge abzieht und auf der sicheren Seite sein will, kommt man auf die ursprünglich ins Auge gefassten 30 Milliarden Schilling. Die 33 Milliarden Schilling ergeben sich durch die Notwendigkeit, die durch die Streichung des IFB notwendige Kapitalausstattung der BIG in der Höhe von 3 Milliarden Schilling vorzunehmen.

Es ist auch nicht so, dass – wie Sie gesagt haben, sehr geehrter Herr Bundesrat – 30 Milliarden Schilling ins Budget gehen, sondern ein verhältnismäßig kleiner Anteil von 4,4 Milliarden kommt heuer direkt dem Budget zugute. Die restlichen Beträge sollen in den Folgejahren zum Abbau der Staatsverschuldung dienen – ein ganz wesentliches Vorhaben der Bundesregierung, weil unsere Staatsverschuldung erstens relativ hoch ist und wir dafür viel zu viel an Zinsen bezahlen. Ein Rückgang der Staatsverschuldung wird daher einen Rückgang des Zinsaufwandes bringen.

Ich sehe das auch nicht so, dass das BIG-Gesetz primär fiskalische Aspekte hat. – Ich würde sagen: sowohl als auch. Es geht um eine Ausgliederung und um eine optimierte Bewirtschaftung der Bundesimmobilien als auch natürlich um fiskalische Aspekte. Sie sind ein Element, aber sie stellen nicht das primäre Element dar.

Sie haben gefragt: Wo ist denn der Markt für Schulen und Unis? – Erstens einmal bin ich persönlich der Hoffnung und der Erwartung, dass auch in unsere Schulen und vor allem in unsere Unis mehr Markt kommt. Das würde diesen Institutionen überhaupt nicht schaden – ohne dass der Bildungswert geschmälert wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Aber Sie haben natürlich gemeint: Was kann ich denn jetzt mit einem Schulgebäude tun, außer es an die Schule zu vermieten? – Da ist etwas Wahres dran. Aber auf der anderen Seite ist es so, dass natürlich dann, wenn Nutzerressorts mieten müssen, diese auch Mieten bezahlen müssen und sich überlegen werden, ob sie die gesamte Fläche oder nur Teile davon brauchen. Das wird nicht von heute auf morgen gehen. Aber ich erwarte mir davon mittelfristig – das wurde auch von Debattenrednern gesagt – einen gewissen Ökonomisierungseffekt.

Was die Stollen betrifft, so ist es relativ einfach: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Sie sind wirtschaftlich im Regelfall eine wertlose Belastung, da haben Sie schon Recht. Aber sie jetzt beim Bund zu belassen, wäre unsinnig gewesen, weil es keine Bundesgebäudeverwaltung mehr gibt. Es gibt in Zukunft die Eigentümergesellschaft BIG; und da das eine kleine Gesellschaft bleiben soll – nämlich personell schlank ausgestattet –, halte ich eine GesmbH für sinnvoller als eine Aktiengesellschaft, darunter die Immobilien Managementgesellschaft des Bundes; dort wird das Facility Management gemacht. Die Stollen beim Bund zu belassen, ist daher keine Lösung. Wo es möglich ist, wird man sie – das wird die Ausnahme von der Regel sein – verkaufen. Wo keinerlei Verwertung möglich ist, wird man sie zum Beispiel an die Eigentümer der oberirdischen Grundstücke verschenken. Damit wäre der BIG zumindest die Haftung erspart.


Bundesrat
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670. Sitzung / Seite 79

In Sachen Bundesheer verstehe ich meinen Kollegen Scheibner, dass er bei der Bildung der neuen Regierung Wert darauf gelegt hat, die Liegenschaften in das Eigentum des Bundesheeres zu übernehmen – wohl auch deshalb, weil er der Hoffnung ist, dass aus der Verwertung mancher Liegenschaft finanzieller Spielraum für das Bundesheer entsteht.

Ich darf dem Hohen Bundesrat noch mitteilen, dass mit diesem BIG-Gesetz eine beachtliche Entleibungsinitiative des Wirtschafts- und Arbeitsministeriums verbunden ist. Wir geben nämlich – das habe ich von anderen Ressorts bisher noch nicht erlebt – unser gesamtes Bundeshochbaubudget in anderer Leute Hände, nämlich 4 Milliarden Schilling an andere Ressorts für Mieten, 1,1 Milliarden Schilling an andere Ressorts für Instandhaltungen und 1,2 Milliarden Schilling an die Burghauptmannschaft.

Auf der anderen Seite ist die BIG-Neu eine durchaus imposante Gesellschaft. Sie wird über ein Einnahmenvolumen in der Höhe von 8,1 Milliarden Schilling verfügen. Das sind 3,5 Milliarden Schilling derzeitige Fruchtgenussvolumina, das sind rund 4 Milliarden Schilling an neuen Mieten und 600 Millionen Schilling an sonstigem. Ich glaube, in Wirklichkeit sind wir uns relativ einig darüber, dass es nie in Frage gekommen wäre, Österreichs wertvolle Kulturbauten in eine doch auch privatwirtschaftlich orientierte BIG zu stellen. Da halte ich die Burghauptmannschaft für eine ganz ausgezeichnete Lösung, und diese 60 Objekte werden dort eine gute Heimat finden.

Wenn der Hohe Bundesrat morgen das Bundessozialplangesetz beschließt, dann muss ich sagen, ist auch das eine wichtige Ergänzung, weil das Ausgliederungsprojekt des Bundeshochbaus einen derartigen Sozialplan im hohen Maße in Anspruch nehmen wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit bedanke ich mich im Vorhinein für die Zustimmung des Bundesrates. Es ist ein politisch wenig auffälliges Gesetz, aber es ist ein strukturell enorm wichtiges Gesetz, das Österreichs Bundesimmobilien einer privatwirtschaftlich orientierten effizienten Bewirtschaftung zuführen wird. – Herr Präsident! Ich danke für die Erteilung des Wortes. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.02

Präsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Es ist dies nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs samt Erklärung der Republik Österreich (196 und 384/NR sowie 6266/BR der Beilagen)


Bundesrat
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670. Sitzung / Seite 80

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend Annahme der Verlängerung der Erklärung europäischer Regierungen über die Produktionsphase der ARIANE-Träger (295 und 385/NR sowie 6267/BR der Beilagen)

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nun zu den Punkten 9 und 10 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs samt Erklärung der Republik Österreich und

die Annahme der Verlängerung der Erklärung europäischer Regierungen über die Produktionsphase der ARIANE-Träger.

Die Berichterstattung über die Punkte 9 und 10 hat Herr Bundesrat Hans Ager übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Hans Ager: Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs samt Erklärung der Republik Österreich.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor. Ich darf mich daher auf den Antrag beschränken.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Dezember 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, 1. den in Artikel 27 und Artikel 89 Abs. 1 und 3 des gegenständlichen Staatsvertrages enthaltenen Verfassungsbestimmungen gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend Annahme der Verlängerung der Erklärung europäischer Regierungen über die Produktionsphase der ARIANE-Träger. Auch dieser Bericht liegt in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Dezember 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile ihm dieses.

14.06

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Ich begrüße die beiden Frauen Bundesministerinnen! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Wir stimmen heute einem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs zu.

Ich halte das Abkommen, welches wir hier treffen, für sehr wichtig. Es soll an der Schwelle des neuen Jahrtausends ein weltweit gültiges interkulturelles Völkerstrafrecht geschaffen werden. Es soll ein wachsendes Problembewusstsein über die international viel zu oft vorkommenden Verbrechen geschaffen werden. Vielleicht wird es ein juristisches Jahrhundert, vielleicht wird es ein Jahrhundert der Richter. Wir werden das zum Teil noch erleben.


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670. Sitzung / Seite 81

Vor kurzem sagte ein russischer Diplomat bei den Vereinten Nationen, der Weg zum Internationalen Strafgerichtshof sei irreversibel. Ich betone bewusst, dass es ein russischer Diplomat war, weil sich nicht jede Großmacht ähnlich äußert. Erste Überlegungen zu einem Internationalen Strafgerichtshof waren schon im 19. Jahrhundert erkennbar. Aber besonders die Zeit nach 1945, in der rund 160 Millionen Opfer von Kriegsverbrechen zu beklagen sind, hat dazu geführt, dass sich in Folge der Tokio- und Nürnberger Prozesse die Überlegungen eines Internationalen Strafgerichtshof mehr und mehr durchgesetzt haben. 120 Ja-Stimmen, 21 Enthaltungen und 7 Nein-Stimmen waren um den 28. Oktober dieses Jahrhunderts für dieses Gesetzesvorhaben, internationale Vorhaben.

Aber wir hatten schon Vorläufer. Wurde nicht ein früherer Regierungschef von einem unabhängigen internationalen Gerichtshof wegen Völkermordes rechtskräftig verurteilt? – Es war Jean Kambanda aus Ruanda, der verurteilt worden ist. Man nimmt also nicht nur immer die Kleinen. Die Kleinen hängt man. – Nein. In diesem Fall hat man den Regierungschef verurteilt. Auch beim Jugoslawien-Tribunal werden Staatsoberhäupter, Regierungschefs und andere hohe Staatsfunktionäre von der Verfolgung nicht ausgeschlossen. Ich glaube, es ist bedeutend zu wissen, dass sich sowohl der kleine Verbrecher als auch der Verbrecher in höchsten Staatsfunktionen vor einer Verfolgung nicht mehr sicher fühlen sollen.

Es sind diese beiden vorher genannten Gerichtshöfe, nämlich das Ruanda-Tribunal und das Jugoslawien-Tribunal, auch Teil des Statuts von Rom über einen ständigen Internationalen Strafgerichtshof. Anfänglich zeigte sich eine zögerliche Annahme, und es wurde auf die Grenzen eines Internationalen Strafgerichtshofs hingewiesen. Aber die Beispiele haben gezeigt, dass – Sie sehen das anhand der Zahl der Staaten, die es schon unterzeichnet haben – die Notwendigkeit eines solchen von der Staatengemeinschaft anerkannt und positiv bewertet wird und dass eine nationale Strafverfolgung nicht derogiert wird. Wenn die nationale Strafverfolgung, auf die man immer hofft, stattfindet, dann gibt es diesen Internationalen Strafgerichtshof nicht.

Der Sitz soll in Den Haag sein, sobald 60 Staaten ihre Ratifikationsurkunde beim UNO-Generalsekretariat hinterlegt haben. Der Gerichtshof kann sich immer dann einer Sache zuwenden, wenn der Staat, auf dessen Territorium sich das Verbrechen ereignet hat, oder wenn das Land, dessen Staatsangehörigkeit der mutmaßliche Täter besitzt, die Jurisdiktion des Gerichtes anerkennt. Die Jurisdiktion beschränkt sich auf vier besonders schwere Verbrechen: erstens den Völkermord, zweitens die Kriegsverbrechen, drittens die Verbrechen gegen die Menschlichkeit und viertens die Aggression, wobei interessant ist, dass Aggression erst definiert werden muss. Es steht, dass dies noch nicht definiert ist.

Lenin meinte einmal: Die Aggressoren sind friedliebend, erst der Verteidiger schafft den Krieg. – Ich glaube, das ist das Problem, denn in den letzten Jahren hat es selten Kriege gegeben, von denen man behaupten kann, eindeutig zwischen Aggressor und Verteidiger unterscheiden zu können. Wir alle erkennen auch bei unserer Aufnahme der internationalen Medien, wie schwierig es oft ist, den Aggressor vom Verteidiger zu unterscheiden. Und diese Schwierigkeit haben insbesondere drei Staaten, nämlich die Vereinigten Staaten, Israel und ein eigenartiger Verbündeter, Libyen. Diese Drei wollen sich nicht vom Internationalen Strafgerichtshof abgehandelt wissen.

Es ist sicherlich problematisch, wenn sich Personen auf ihren Befehlsnotstand berufen. Aber das nützte auch schon beim Nürnberger und beim Tokioter Gerichtshof und Prozess nichts. Die Vereinigten Staaten wollen halt für ihre Soldaten und andere hohe und befehlshabende Personen diese Ausnahmeregelung haben.

Nun meine ich – das ist in Österreich in der allgemeinen Dienstvorschrift schon verankert –, dass man Befehle, die gesetzwidrig sind, nicht zu befolgen hat. Das ist schlicht und einfach, aber in einigen Staaten scheinen diese Schlichtheit und Einfachheit, diese Wahrheit dem Gesetz gegenüber nicht vorhanden zu sein. Wir werden auf Grund der großen Zahl derer, die diese internationale Abmachung unterzeichnet haben, durchaus Druck ausüben können, denn es ist eigentlich kaum machbar, dass der Weltpolizist Nummer eins, wie er sich selbst gerne darstellt, nicht dieser internationalen Konvention unterliegt.


Bundesrat
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670. Sitzung / Seite 82

Es kann nicht wahr sein, dass bei internationalen kriegerischen Auseinandersetzungen – wir haben von 160 Millionen Toten gehört; Tote klagen an –, bei denen leider Gottes Tote auf beiden Seiten zu beklagen sind, immer nur der Verlierer der Pfui-Teufel ist und der Gewinner eigentlich den Heiligenschein hat. Wir wissen nur zu genau, dass auch der Gewinner vielfach schwere Verbrechen auf sich geladen hat. Ein Internationaler Strafgerichtshof wird erst dann seine Respektabilität wirklich beweisen und unter Beweis stellen, wenn die Verbrechen von Siegern und Verlierern gemeinsam und gleich abgehandelt werden. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.14

Präsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs samt Erklärung der Republik Österreich.

Der gegenständliche Beschluss regelt Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder, weshalb dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs.1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz bedarf.

Überdies enthält er in dessen Artikel 27 und dessen Artikel 89 Abs. 1 und 3 verfassungsändernde Bestimmungen, die gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedürfen.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte nun jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den in Artikel 27 und in Artikel 89 Abs. 1 und 3 des vorliegenden Beschlusses enthaltenen verfassungsändernden Bestimmungen gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, den zitierten verfassungsändernden Bestimmungen die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.


Bundesrat
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670. Sitzung / Seite 83

Dem Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend Annahme der Verlängerung der Erklärung europäischer Regierungen über die Produktionsphase der ARIANE-Träger.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz, das Handelsgesetzbuch, das Firmenbuchgesetz, das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das Gerichtsgebührengesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bewertungsgesetz 1955, das Grundsteuergesetz 1955, das Bodenwertabgabegesetz, das Gebührengesetz 1957, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, das Normverbrauchsabgabegesetz 1991, das Werbeabgabegesetz 2000, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Biersteuergesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Alkohol – Steuer und Monopolgesetz 1995, das Tabaksteuergesetz 1995, das Tabakmonopolgesetz 1996, die Bundesabgabenordnung, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Pensionskassengesetz, das Finanzausgleichsgesetz 1997, das Bundeshaushaltsgesetz, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Waffengesetz, das Preisgesetz 1992, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte, das Teilpensionsgesetz, das Richterdienstgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Auslandszulagengesetz, das EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Karenzgeldgesetz, das Sonderunterstützungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Universitäts-Studiengesetz, das Studienförderungsgesetz 1992, das Hochschul-Taxengesetz 1972, das Bundesgesetz über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten an Hochschulen, das Bundesmuseen-Gesetz, das Forschungsorganisationsgesetz, das Bundesforstegesetz 1996, das Wasserrechtsgesetz 1959, das Altlastensanierungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz, das ASFINAG-Gesetz, das Bundesstraßengesetz 1971, das Bundesstraßen-Finanzierungsgesetz 1996, die Straßenverkehrsordnung 1960 und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert sowie steuerliche Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der Gebietskörperschaften, ein Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz, ein Bundesgesetz zur Übertragung der Donau Transport Entwicklungsgesellschaft m.b.H. an den Bund und ein Fernsprechentgeltzuschuss


Bundesrat
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670. Sitzung / Seite 84

gesetz erlassen werden (Budgetbegleitgesetz 2001) (311 und 369/NR sowie 6250, 6251, und 6268/BR der Beilagen)

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung: Budgetbegleitgesetz 2001.

Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatterin Monika Mühlwerth: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Der Bericht über das Budgetbegleitgesetz 2001 liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Dezember 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher. – Bitte.

14.19

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Österreich steht ökonomisch nicht am Abgrund – Copyright Bundeskanzler Schüssel. Österreich hat eine hervorragende ökonomische Situation – Copyright Finanzminister Grasser. Die Bundesregierung hat also ein Land mit exzellenter internationaler Performance übernommen, was vom zitierten Finanzminister auch gar nicht bestritten wird, der unter anderem auch festhält, dass er natürlich eine Steuerreform mitrechne, die Anfang dieses Jahres in Kraft getreten ist, die also sicher nicht die seine ist. – Das ist die eine Seite.

Die andere Seite ist, dass die von der Regierung selbst durchgeführten Berechnungen für 2001 eine Steigerung der Belastungen, etwa durch Steuererhöhungen, um 30 Milliarden Schilling ergeben, der Ausgabensenkungen von lediglich 3 Milliarden Schilling gegenüberstehen. Die Steuer- und Abgabenquote wird um 1,2 Prozentpunkte steigen und ein historisches Höchstmaß erreichen, obwohl noch eine der Regierungsparteien vor nicht allzu langer Zeit sogar eine Steuerquote von 40 Prozent in den Verfassungsrang heben wollte – was im Übrigen ökonomisch ein sehr "interessanter" Vorschlag ist. Davon sind wir allerdings weit entfernt. (Bundesrat Weilharter: Ihre Fraktion war dagegen!) – Selbstverständlich sind wir dagegen, das ist keine Frage. (Bundesrätin Fuchs: Damit keine Missverständnisse entstehen! – Bundesrat Weilharter: Nur zur Klarstellung!)

Ich meine, ein bisschen ökonomischen Sachverstand darf man auch in Regierungen einbringen. Eine Steuerquote verfassungsrechtlich festzuschreiben ist wohl einer der unsinnigsten ökonomischen Vorschläge, den es in diesem Bereich überhaupt nur geben kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch wenn wir von der endgültigen EU-Prognose ausgehen – nicht von der vorläufigen, die so gerne zitiert wird –, liegt die Abgabenquote Österreichs 2001 über jener des Jahres 1999.

Während also die Steuerquote um 1,2 Prozentpunkte steigt, verringert sich das Defizit des Bundeshaushaltes um nur 0,8 Prozentpunkte.

Wenn wir uns die Jahre 1995 bis 1999 ansehen, dann erkennen wir, dass das Nettodefizit als Anteil am BIP – das ist die makroökonomisch wichtige Größe – um rund 3 Prozentpunkte abnahm; das sind im Jahr ungefähr 0,75 Prozentpunkte. Bereits im Budget-Hearing wurde von den Experten betont, dass dieses Tempo bestenfalls gleich bleiben wird.

Statt der angekündigten nachhaltigen Strukturreformen überwiegen – nach unserer Meinung zumindest – Einmal-Maßnahmen, die noch dazu bezüglich ihrer Maastricht-Konformität ziemlich in der Luft hängen, wie die Bundesregierung etwa im Fall der BIG auch selbst betont hat, dass


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man sich noch nicht sicher sei, wie das angerechnet wird. Wir finden Fonds-Abschöpfungen, die skurrilerweise als ausgabenseitige Maßnahme verkauft werden, was also marketing-technisch sicherlich nicht unintelligent ist, das ist zuzugeben, ökonomisch aber doch ziemlich auf der Verliererseite steht. Wir haben die Bundesforste, wir haben die BIG, die wir gerade vorher diskutiert haben, mit ihren 30 Milliarden für das Budget. Es steht eine OeNB-Sonderdividende im Raum, und dazu kommt noch die Nacht-und-Nebel-Aktion im Bereich der Wohnungsgemeinnützigkeit, bei der man sich auch Dutzende Milliarden verspricht. – All das spricht eine deutliche Sprache. Bereinigt man um diese Einmal-Effekte, so stellt sich plötzlich das Verhältnis von ausgaben- zu einnahmenseitigen Maßnahmen als 30 : 70 dar.

Die Ausgaben des Bundes steigen 2001 mit 4,1 Prozent, die Einnahmen hingegen mit 7,4 Prozent. Dass das untere Einkommensdrittel von diesen Maßnahmen nicht belastet wird, ist ohnehin längst im finanzpolitischen Märchenbuch verewigt. (Bundesrat Weilharter: Es sind mehr als drei Viertel!)

Die Wirtschaftsexperten sind sich einig – ich verweise wieder auf das Budget-Hearing –, dass dieser Kurs zu einem Sinken der Realeinkommen, zu einer Dämpfung des Wirtschaftswachstums und zu einer Erhöhung der Inflation führen wird beziehungsweise bereits geführt hat. – Das ist also die andere Seite, jene Seite, die plötzlich aus ... (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Das ist doch noch gar nicht in Kraft getreten! Das ist doch unfassbar!) – Da könnten Sie durchaus schon früher Maßnahmen, Begleitmaßnahmen, beschließen, als diese aufzuschieben. (Bundesrat Bieringer: Wer hat das verursacht?) Das ist also die andere Seite. Da gebe ich Ihnen völlig Recht: Unglaublich ist das wirklich!

Die andere Seite ist jene Seite, die plötzlich und relativ ungeniert aus einem Sparprogramm ein Umverteilungsprogramm macht. Finanzpolitik als Etikette für Gesellschaftspolitik – das steht in Wirklichkeit dahinter.

Richten wir in diesem Zusammenhang kurz das Augenmerk auf den Chef dieser Bundesregierung – auf den gelassenen Chef dieser Bundesregierung, pardon –: Es verstärkt sich mit jedem Tag der Verdacht, dass die "Coolness" des Kanzlers in Wirklichkeit Desinteresse ist. Zu schwach sind die Impulse, die er der Politik seiner Regierung gibt, zu groß sind die Pannen und Fehler, die er geschehen lässt, und zu zahlreich die Politikfelder, um die er sich fast demonstrativ nicht kümmert.

Mit permissiver Nonchalance hat er den Etikettenschwindel zugelassen, dass das Haushaltsdefizit vor allem durch Steuererhöhungen und fast gar nicht durch Ausgabensenkungen ausgeglichen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Resultat ist: Die mit 47 Prozent höchste Abgabenquote (Zwischenruf bei der ÖVP) –gemach, gemach! –, die diese Republik je gesehen hat, scheint ihn nicht zu kümmern. – Das ist eine, wie ich meine, zutreffende Charakterisierung, die allerdings zugegebenermaßen nicht von mir stammt, sondern von einer österreichischen Wochenzeitung, die im Übrigen nicht irgendeine österreichische Wochenzeitung ist, sondern eine Zeitung, die Kollegen Gudenus, der im Moment nicht im Saal ist, nicht ganz unbekannt sein dürfte. Es handelt sich nämlich um einen Kommentar aus der "Zur Zeit" – sicherlich ein linksextremes Kampfblatt. (Heiterkeit des Bundesrates Konecny. )

Das denkt und schreibt also die FPÖ über ihren eigenen Koalitionspartner im Zusammenhang mit dem Budget. Ich gehe daher davon aus, dass die FPÖ ... (Bundesrat Dr. Nittmann: Das ist keine Parteizeitung!) – Schauen Sie sich den Herausgeber an! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wozu die Hektik? – Ich wollte nur sagen: Ich gehe daher davon aus, dass Kollege Gudenus diesem Gesetz jetzt nicht seine Zustimmung geben wird.

Schauen wir uns einige Details des Budgetbegleitgesetzes an – da gäbe es Dutzende herauszugreifen, es ist lange genug –: Da wird beispielsweise in diesem Gesetzeswerk so nebenbei das Road-Pricing für den LKW wieder auf die lange Bank geschoben – ein Road-Pricing, das für die


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Infrastruktur-Finanzierung in Österreich lebensnotwendig ist, weil es eine der letzten Einnahmequellen darstellt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist aber schon eine Angelegenheit des Wirtschaftsministers! Einem war Verkehrsminister, wenn ich mich nicht ganz täusche. – Aber mit dem Erinnern hat die ÖVP in letzter Zeit so ihre Probleme gehabt. (Beifall bei der SPÖ.)

Man gibt also vor, statt des beschlossenen halb-offenen dualen Systems ein vollelektronisches einführen zu wollen, obgleich es zu Ersterem zahlreiche Vorarbeiten gibt, zu Letzterem hingegen keine Erfahrungswerte. Gegen die LKW-Maut ist von Beginn an die Frächter-Lobby Sturm gelaufen – mit dem Argument, man solle auf den europäischen Gleichklang warten, insbesondere auf Deutschland. Jetzt, da sich Deutschland für das duale System entschlossen hat, führen wir das vollelektronische ein. – Da stellt sich schon die Frage, wo der Gleichklang bleibt. Jede Verzögerung, jedes Monat Verzögerung bei der Einführung der LKW-Maut kostet dieses Land rund 300 Millionen Schilling.

Dieselbe Zurückhaltung wie gegenüber dem LKW legt die Bundesregierung hinsichtlich des PKWs selbstverständlich nicht an den Tag: Da wird kräftig zur Kasse gebeten, denn die Erhöhung der Kfz-Steuer für LKW ist wirklich nur ein sehr kleiner Tropfen auf einem sehr großen und sehr heißen Stein.

Ähnliches passiert im Bereich der Wohnungsgemeinnützigkeit: Da wird in einer Nacht-und-Nebel-Aktion – anders kann man es nicht bezeichnen – ein Abänderungsantrag zur Geisterstunde eingebracht – das ist wiederum konsequent für diesen Abänderungsantrag –, der in Wahrheit an den Grundfesten der sozialen Wohnpolitik rüttelt. Da werden Zehntausende – insgesamt 106 000 – Mieter in Besitz von Gebietskörperschaften gehörenden gemeinnützigen Bauvereinigungen plötzlich über Nacht neue private Eigentümer bekommen. Da wird suggeriert – etwa im Zusammenhang mit § 20 WGG –, dass das zu keinen Erhöhungen der Wohnkosten führen wird, weil nach wie vor das Kostendeckungsprinzip im WGG Anwendung finden soll. Es fragt sich dann nur, warum ein Privater Häuser kaufen soll, wenn er dies zur Kostendeckung tut und nicht deswegen, um sein Investment refinanzieren zu können.

Selbstverständlich werden die neuen Eigentümer die Möglichkeiten ausschöpfen, die ihnen das Gesetz jetzt gibt – und da gibt es doch einige. Ich brauche mir beispielsweise nur den Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag anzuschauen, der bis dato von den GBVs mit rund 10 S pro Quadratmeter eingehoben wird, wobei 17,20 S gesetzlich möglich sind. Ich bin gespannt, was die privaten Eigentümer da machen werden.

Die Eigenkapitalverzinsung in diesem Bereich ist mit 3,5 Prozent begrenzt. Im Zuge des Verkaufes wird es unvermeidlich zu Umschuldungen, zu Fremdkapital kommen – es muss finanziert werden –, das naturgemäß zu höheren Belastungen führt, die wieder zwischen 5 und 10 S pro Quadratmeter ausmachen können. Hinzu kommen dann in Hinkunft noch Maklerkosten, die in diesem Segment bis jetzt ausgeschlossen waren. – Und das passiert wieder einmal ohne Begutachtung und in dem Wissen, dass dieser Vorschlag mit ziemlicher Sicherheit verfassungswidrig ist.

Darin liegt eine besondere Chuzpe, denn ich unterstelle, dass die Bundesregierung ganz genau weiß, dass es verfassungswidrig ist, der Effekt ist dann nur: Wenn von privaten GBVs diese Bestimmung dann angefochten wird, bleibt dem Verfassungsgerichtshof nichts anderes übrig, als das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz überhaupt aufzuheben. – Dann war es aber nicht die Bundesregierung, die die Wohnungsgemeinnützigkeit in Österreich abgeschafft hat, sondern der Verfassungsgerichtshof. Ich glaube, dass das ein Spiel auf dem Rücken der Mieter ist, das an Zynismus kaum überbietbar ist.

Dabei ginge es auch anders, etwa wenn man wieder auf den Gleichklang mit Deutschland und auf den dortigen Konsolidierungspfad schaut. Dieser Gleichklang mit Deutschland wird von der Wirtschaft immer wieder gefordert. Das gäbe budgetären Spielraum, um etwa die Erhöhung der Energiesteuer, der motorbezogenen Versicherungssteuer, die Halbierung des Arbeitnehmerabsetzbetrages, die Besteuerung der Unfallrenten und so weiter zurückzunehmen. Stattdessen


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könnte man – wie es auch einfache Kärntner Parteimitglieder schon vorgeschlagen haben – die Erträge und Veräußerungen von Privatstiftungen mit 25 Prozent besteuern, die Börsen-Umsatzsteuer nicht abschaffen, endlich die lange diskutierten Maßnahmen gegen Schwarzunternehmer umsetzen, auf Ausgaben im Heeresbereich verzichten und vieles mehr. – All das wären letztlich auch nachhaltige Maßnahmen, denn nachhaltig an diesem Budgetbegleitgesetz ist nur eines: der schlechte Eindruck. (Beifall bei der SPÖ.)

14.30

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Herwig Hösele. Ich erteile ihm dieses.

14.30

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie, dass ich den Beistand aus der steirischen Heimat, meinen langjährigen Freund, Landesrat Hermann Schützenhöfer (Beifall bei der ÖVP) und zwei Freunde aus dem Nationalratsklub begrüße. Ich hoffe, ich mache mit meiner ersten Wortmeldung den Steirern keine allzu große Schande. Ich möchte mich ganz herzlich bei Ihnen allen bedanken, insbesondere beim Fraktionsobmann der ÖVP-Bundesräte Herrn Ludwig Bieringer und bei der gesamten Fraktion für die Kollegialität und die freundliche Aufnahme, aber vor allem auch für die Möglichkeit, schon in der ersten Sitzung nach der Angelobung eine Wortmeldung abgeben zu können. Gleichzeitig habe ich noch zwei Bitten, wobei die zweite kürzer werden soll.

Die erste große Bitte ist: Ich bitte Sie um Ihr Einverständnis und Ihre Erlaubnis, dass ich, bevor ich zum Thema des Budgetbegleitgesetzes spreche, noch eine persönliche Bemerkung voranstellen darf. Ich hoffe, sie wird nicht zu lang werden und bitte um Nachsicht. Ich werde dafür das nächste Mal nicht mehr allzu lang reden.

Seit ich mich mit politischen Fragen auseinander setze, also seit der Oberstufengymnasialzeit, das war das Jahr 1968, haben mich die Fragen der Demokratiereform immer sehr beschäftigt. Ich bekenne, dass seit ungefähr 30 Jahren der Bundesrat immer wieder Ort meiner gedanklichen Begierde war. Wenn ich sage, dass er Objekt und Ort der gedanklichen Begierde war, so meine ich damit, dass ich im weiteren Sinne auch immer den Föderalismus gesehen habe, der aus meiner Sicht und, so glaube ich, aus unser aller Sicht in Österreich leider etwas schwach ausgeprägt ist und im Bundesrat eine ganz besonders schwache Ausformung hat. – Leider!

In zahlreichen Konzepten und Programmen der steirischen Volkspartei und ihrer diversen Teilgliederungen habe ich oft auch unter Anleitung des hier anwesenden Herrn Landesrates, der lange Jahre Klubobmann der steirischen Volkspartei war, Positionen zum Bundesrat mitformuliert. Im jüngsten 1999 publizierten Programm haben wir nicht den Generallandtag verlangt, aber wir haben eine Kapitelüberschrift gehabt: Funktion des Bundesrates, Abschaffung oder Aufwertung. Sie können davon ausgehen, da ich die Ehre habe, hierher berufen worden zu sein, dass ich meinen sicher bescheidenen Beitrag dazu leisten möchte, dass der Bundesrat natürlich nicht abgeschafft, sondern sinnvoll aufgewertet wird. Es gibt dafür Vorschläge sonder Zahl, und ich habe sehr viele Publikationen des Vizepräsidenten Weiss gelesen, auch als der Herr Fraktionsvorsitzende als turnusmäßiger Präsident hier den Vorsitz geführt hat. Ausdrücklich möchte ich unterstreichen, dass ein Generallandtag für mich eine interessante, die Diskussion belebende, aber nicht meine favorisierte Reformvariante ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bevorzuge auch nicht die Abschaffung des Bundesrates, wie es Professor Schachner-Blazizek am Montag in der Steiermark verlangt hat (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Dr. Nittmann: Gott sei Dank! – Oh-Rufe bei der ÖVP) oder der Herr Landeshauptmann-Stellvertreter Gorbach in Vorarlberg. (Oh-Rufe bei der SPÖ.)

Auch wenn nach den schneckenhaften Fortschritten der letzten Jahrzehnte es wie eine Sisyphusarbeit erscheinen möge, dass wir hier Fortschritte erzielen, gilt für mich nach wie vor das positive Bild des Sisyphus und die bekannte Politikdefinition, die ohnehin jeder Redner strapaziert, vom berühmten langsamen Bohren von harten Brettern. Die Bundesstaats- und Bundesratsreform ist nichts für Dünnbrettbohrer. Aber ich glaube, dass unter dem Aspekt des Diktats der leeren Kassen – da nähere ich mich jetzt doch dem Thema des Budgetbegleitgesetzes


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(Bundesrätin Schicker: Das wäre schön!) die unsägliche Geschichte der Bundesstaatsreform und der Bundesratsreform nach der politischen Wende in Österreich jetzt ein Ende gefunden hat und es tatsächlich zu einer wirksamen Aufgabenreform kommen sollte. Dann hätte Österreichs Politik aus meiner Sicht den Intelligenztest, den Cordula Frieser in anderen Zusammenhängen verlangt hat, sicher bestanden.

Meine Überzeugung ist – das ist nicht nur meine Überzeugung, sondern unser aller Überzeugung –: Föderalismus, Regionalismus sind bürgernäher, menschlicher, kostengünstiger als zentralistische Systeme. Österreich ist zu zentralistisch und zu teuer organisiert. Das ist eine Position, die übrigens de facto auch alle bedeutenden Wirtschaftsforscher unserer Republik außer Herrn Professor Frisch vertreten. Ich habe hier die Studie des Professor Kramer betreffend einen Vergleich zwischen Deutschland, Schweiz und Österreich, aus der eindeutig hervorgeht, dass wir zu zentralistisch und zu teuer organisiert sind.

Nun zum eigentlichen Thema Budgetbegleitgesetz eine grundsätzliche Anmerkung: Mein Vorredner hat völlig recht, Österreichs Wirtschaft hat eine hervorragende Performance. Der österreichische Steuerstaat und Budgetstaat hat in den letzten Jahren leider keine gute Performance gehabt. Der Budgetkonsolidierungskurs ist bekanntermaßen absolut notwendig, da wir wissen, dass von den 15 EU-Staaten Österreich in Bezug auf das öffentliche Defizit im Jahr 2000 auf dem letzten Platz liegt – also hinter den von uns so oft und viel belächelten Klub Mediterrane-Staaten Portugal, Italien, Frankreich, Griechenland und Spanien. Ich möchte, dass Österreich nicht nur beim Wirtschaftswachstum und bei der Performance seiner Wirtschaft, sondern auch bei der Performance des Budgets in einer anderen Liga spielt.

Dazu habe ich ein sehr schönes Zitat des deutschen Finanzministers Hans Eichel gefunden, der kürzlich in Berlin gesagt hat: "Schulden machen heißt, die Zukunft verspielen. Die Zukunft gewinnen können wir nur, wenn wir die Schulden abtragen." – So ist es.

Damit komme ich zum Thema Studiengebühren, das ich als wichtiges Thema im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes sehe. Am 19. September 2000 ist unangenehmerweise für uns von der steirischen Volkspartei mitten im steirischen Landtagswahlkampf überraschend und ohne Bekanntgabe von Begleitmaßnahmen die Ankündigung gekommen, dass Studiengebühren eingehoben werden sollen. Es hat einen Aufschrei gegeben in der Steiermark, nicht nur in der Steiermark, sondern rund herum. Es hat einen heftigen Protest auch unserer Frau Landeshauptmann gegeben. (Bundesrätin Schicker: Aber sie ist einverstanden gewesen) – Jawohl. Ich komme zu diesem Thema noch. Sie werden heute noch ein schönes Zitat hören. (Bundesrätin Schicker: Sagen Sie es auch dazu! Sie haben jetzt alle Namen untergebracht! Jetzt gehen Sie einmal von der ÖVP weg! Wir sind auf keiner ÖVP-Veranstaltung!) – Ich komme noch zu Ihrem Thema, liebe Frau Kollegin!

Unsere Position, die Position der Frau Landeshauptmann ist nämlich nicht, dass man sagt, das Studium soll für alle gratis sein, sondern unsere Position ist, alle, die wirklich studieren und die Leistung erbringen wollen, sollen auch studieren können. Genau um diese Sicherstellung geht es. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist ein Expertenteam eingesetzt worden, und es ist eine Reihe von Begleitmaßnahmen von Frau Ministerin Gehrer vorgesehen worden. Heute können wir feststellen, dass niemand in Österreich, der studieren will, auf Grund finanzieller Umstände am Studium gehindert sein wird. (Bundesrat Dr. Böhm: So ist es!)

Jeder, der bisher eine Studienbeihilfe erhalten hat, wird die volle Höhe der Studiengebühr von 10 000 S pro Jahr zusätzlich bekommen. Darüber hinaus werden 10 000 bis 15 000 Studierende zusätzlich in das Beihilfensystem einbezogen. Es wird eine Zuverdienstgrenze für Studierende von 100 000 S auf Basis einer Jahresdurchrechnung eingeführt. Darüber hinaus gibt es ein zinsenloses Darlehen, einen Studentenanwalt und eine Kooperation mit der Wirtschaft, um weitere Diplomandenmodelle zu haben.

Ich glaube, im Jahr 1970 war die Abschaffung der Studiengebühren eine Großtat des Bruno Kreisky. Aber wenn ich von sozialer Treffsicherheit spreche, muss ich feststellen, dass alle


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Untersuchungen ergeben haben, dass es zwar eine höchst notwendige stille Bildungsrevolution an den Universitäten zugunsten der Frauen gegeben hat, was außerordentlich erfreulich ist, dass aber ansonsten die soziale Schichtung der Studenten ziemlich ident mit jener von damals ist. Wir haben die höchsten Dropout-Raten von Europa und die niedrigsten Akademikerquoten laut OECD. Das sind die Fakten. Da müssen die Strukturreformen ansetzen.

Genauso ist es ein Faktum, dass es Sozialdemokraten gegeben hat und gibt, die Studiengebühren für sozial verträglich halten. Sogar der Landesvorsitzende der steirischen SPÖ hat in seinem Programm auf Seite 208 mitgeteilt: Da aber die Qualität der hohen Schulen nur durch wachsende Mittel aufrechterhalten werden kann, ist eine nachträgliche Studiengebühr etwa als Zuschlag zur Einkommensteuer, sobald eine überdurchschnittliche Einkommenshöhe erreicht ist, durchaus in Erwägung zu ziehen. (Bundesrätin Kainz: Das ist aber etwas anderes! – Bundesrätin Schicker: Das ist ganz etwas anderes! Das versteht er nicht!) Auch das hat er dann im Wahlkampf abgelehnt.

Insofern würde ich Sie sehr bitten (Bundesrat Dr. Böhm: Sinnvoll!), Seriosität und intellektuelle Redlichkeit im politischen Diskurs in Erwägung zu ziehen. Ich sage daher Ja zu den im Interesse der Zukunftssicherung teilweise sicher schmerzlichen, aber notwendigen Maßnahmen des Budgetbegleitgesetzes. – Ich danke vor allem auch auf dieser Seite für Ihre Geduld. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

14.42

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. Ich erteile ihm dieses.

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Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es gehört sicherlich zu den demokratischen Gepflogenheiten und es eine Usance hier im Haus, dass bei Erstreden, bei so genannten Jungfernreden mit Zwischenrufen gespart wird. (Bundesrätin Schicker: Jetzt musst schon selber lachen, Bertl!) Meine Damen und Herren! Ich habe versucht, mich an diese Usance zu halten. (Beifall des Bundesrates Dr. Nittmann. ) Ich darf aber nur eines ergänzen: Mein Vorredner, Kollege Hösele, hat in seiner Erstrede namentlich genannt Landeshauptmann-Stellvertreter Peter Schachner aus der Steiermark und den Landeshauptmann-Stellvertreter aus Vorarlberg, Hubert Gorbach und sie als die so genannten Landtags- beziehungsweise Bundesratsabschaffer bezeichnet. Ich darf ergänzen, mir fällt sofort ein Dritter im Bunde ein, nämlich Landesrat Hirschmann, und damit ist das Triumvirat wieder komplett. (Bundesrat Dr. Nittmann: Das war der Name. – Allgemeine Heiterkeit.)

Meine Damen und Herren! Kollege Hoscher hat in seiner Ausführung, wie ich meine, sehr krampfhaft versucht, die Spuren der vergangenen Sozialpolitik, der sozialistischen Finanzpolitik zu vertuschen. Ich sage Ihnen, Herr Kollege Hoscher, es ist Ihnen nicht gelungen, diese Spuren zu verwischen, denn sozialistische Finanzpolitik ist eine teure Politik. Der Schuldenberg, das Erbe, das Ihre Regierungsbeteiligung, Ihr Finanzminister uns hinterlassen hat, ist so groß, dass es selbst Ihnen nicht gelingt, diesen Schuldenberg zu verniedlichen und zu vertuschen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Budgetbegleitgesetze haben die Aufgabe, für eine korrekte Budgetdarstellung zu sorgen. Von den bisherigen Regierungen wurden diese Rahmenbedingungen, diese Budgetbegleitgesetze, wie ich meine, ignoriert beziehungsweise nicht eingehalten. Finanzschulden in der Größenordnung von 1 700 Milliarden Schilling per 31. 12., 300 Milliarden Verwaltungsschulden per Jahresende 1999 und 254 Milliarden außerbudgetäre Schulden im selben Zeitraum sprechen eine sehr deutliche, aber eine andere Sprache und bestätigen, dass von Seiten der bisherigen Regierung auf diese Rahmenbedingungen nicht geachtet wurde oder dass diese gröblichst vernachlässigt wurden. Dazu kommt noch die so genannte Edlinger-Steuerreform 2000, welche wiederum weitere 30 Milliarden Schilling kostete, da sie nicht durch die Gegenfinanzierung im Budget gedeckt war.

Meine Damen und Herren! Das heißt, der neuen Regierung wurde als Erbe ein ungedeckter 30 Milliarden Scheck vom Altfinanzminister übergeben. Es ist wahrlich eine große Hypothek, die


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diese neue Regierung übernommen hat. 30 Jahre Sozialismus sind eine teure Zeit für den Staat, 30 Jahre Sozialismus machen den Staat leider zum budgetären und finanziellen Sanierungsfall, und 30 Jahre Sozialismus spürt der Steuerzahler leider sehr nachhaltig und sehr lange. (Zwischenruf des Bundesrates Winter. )

Deshalb, meine Damen und Herren, ist es erklärtes Ziel der neuen Bundesregierung, diesen Staat, dieses Budget zu sanieren. Sanieren heißt, faire und gerechte Maßnahmen zu treffen, und da unterscheidet sich die neue Bundesregierung deutlich von den bisherigen Regierungen. (Bundesrätin Kainz: Das ist richtig!)

Frau Kollegin! Es werden erstmalig Steuerschlupflöcher geschlossen. Pensionen in der Größenordnung von 20 000 S brutto werden nicht belastet. Erwerbseinkommen in der Größenordnung von monatlich 30 000 S brutto werden auch nicht einkommensteuerlich belastet. (Bundesrätin Kainz: Glauben Sie das wirklich?) Das heißt, meine Damen und Herren, dass es nicht so ist, wie Herr Kollege Hoscher gesagt hat, ein Drittel oder ein Viertel sei davon betroffen, sondern 75 Prozent der Pensionisten und ebenso viele Erwerbstätige werden steuerlich nicht mehr belastet. (Bundesrat Boden: Das glauben Sie wirklich?)

Das ist eine klare Ansage an die ältere Generation, an die Arbeitnehmerinnen und an die Arbeitnehmer. Das ist nicht nur eine Ansage, wie ich meine, sondern das ist eine spürbare Entlastung.

Meine Damen und Herren! Die Alternative wäre gewesen, Altfinanzminister Edlinger hat zum Beispiel laut über eine Anhebung der Mineralölsteuer nachgedacht. Dies hätte wiederum bedeutet, dass es bei einer Fahrleistung von rund 20 000 Kilometer bei einem Kleinwagen eine Mehrbelastung in der Höhe von 1 920 S für den Einzelnen oder für den Fahrzeughalter gegeben hätte. Meine Damen und Herren! Darüber können Sie diskutieren. Schauen Sie sich die Zahlen an! (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Hoscher. )

Herr Kollege! Demgegenüber nimmt sich die motorbezogene Versicherungssteuer bei vergleichbar großen Autos wirklich wie eine laues Mailüfterl aus. (Bundesrat Mag. Hoscher: Um Gottes willen! – Bundesrätin Bachner: Was ist mit der Autobahnvignette?) Die Anhebung der Autobahnvignette – gerechnet auf zehn Jahre – beträgt pro Jahr 50 S, das ist gegenüber den 1 920 S des Altfinanzministers ein laues Mailüfterl.

Meine Damen und Herren! Die Anhebung der Pendlerpauschale auf 6 000 S ist erklärtes Ziel dieser neuen Bundesregierung. Auch der Heizkostenzuschuss hilft, soziale Härten auszugleichen und abzufedern. (Bundesrat Freiberger: Der gilt nur 1 Jahr!) Meine Damen und Herren! Gerade diese Maßnahmen, die soziale Härten ausgleichen oder abfedern, sind mir in der Vergangenheit von der vorhergehenden Regierung, von der SPÖ in den letzten 30 Jahren nicht bekannt.

Meine Damen und Herren! Vielleicht hat die SPÖ ein anderes Ziel. Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie haben viel mehr in den letzten 30 Jahren Schulden gemacht, und damit gefährdeten Sie die Pensionen. Sie alle wissen, diese Republik, dieser Staat und vor allem das Pensionssystem standen vor einem Kollaps. Ihre Belastungspakete, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, haben Arbeitsplätze vernichtet und gefährdet. Ich sage ein paar Stichwörter dazu: Niedergang der Verstaatlichten oder in Ihren eigenen Reihen der "Konsum". (Bundesrat Mag. Hoscher: Was ist mit der niederösterreichischen Wohnbaugenossenschaft?) Meine Damen und Herren! Ihre Verschwendungspolitik, die Sie, Herr Kollege Hoscher, im budgetären Bereich, im finanziellen Bereich angewendet haben, war ein ungerechtfertigter Vorgriff in die Zukunft und geht zu Lasten der jüngeren Generationen.

Meine Damen und Herren! Ich frage mich: Wo waren da die Vertreter der Jugend der Sozialdemokratischen Partei? Wo war Herr Verzetnitsch? Wo waren die Gewerkschafter Nürnberger oder auch Neugebauer? Sie alle haben ... (Bundesrat Schöls: Das ist aber kein Sozialdemokrat! – Allgemeine Heiterkeit.) – Umso bedenklicher, Herr Kollege Schöls! Meine Damen und Herren! Wo waren die großen Arbeitnehmervertreter? – Sie waren im Parlament und haben alle Belastungspakete der alten Regierung mit beschlossen, meine Damen und Herren!


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Heute, meine Damen und Herren, wo die Bundesregierung, die neue Regierung aufruft, diese Fehler der Verfangenheit zu sanieren, rufen genau diese Herren von der Gewerkschaft zum Widerstand auf der Straße auf. Das, meine Damen und Herren, ist Doppelbödigkeit im höchsten Ausmaß und sollte alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen dazu veranlassen, aus dieser Gewerkschaft auszutreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Wenn Sie mehr soziale Treffsicherheit wollen (Bundesrat Schöls: Kleindienst ist ...!), wenn Sie für faire und gerechte Lastenverteilung sind, wenn Sie einen sanierten Staatshaushalt wollen und wenn Ihnen das Budget wichtig ist, dann rufen Sie nicht zum Widerstand auf der Straße auf, sondern tragen Sie dazu bei, dass gute Rahmenbedingungen, sprich eine gute Gebarung, und gute Budgetbegleitgesetze beschlossen werden. Stimmen Sie dieser Regierungsvorlage zu, denn das ist der richtige Weg in die Zukunft! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.52

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Alfred Finz. Ich erteile ihm dieses.

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Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Ich möchte vorausschicken, dass ich den Bundesrat nicht abschaffen möchte, im Gegenteil, ich habe hier schon sehr wertvolle Anregungen bekommen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich würde mir ein vermehrtes Eingehen auf föderalistische Punkte wünschen. Morgen wird der Finanzausgleich hier behandelt, und dabei wird es sicherlich die Gelegenheit geben, sich mit dem Föderalismus und regionalen Problemen mehr auseinander zu setzen.

Aber jetzt zum Budgetbegleitgesetz: Es ist völlig richtig, dass dieses Budgetbegleitgesetz gravierende steuerliche Änderungen beinhaltet. Das ist unbestritten. Aber diese sind notwendig, um die erforderliche Konsolidierung des Staatshaushaltes zu erreichen. – Ich werde noch auf Ihre Ausführungen zurückkommen, Herr Bundesrat Hoscher!

Die geschätzten Mehreinnahmen – Sie haben gesagt 30 Milliarden – machen im nächsten Jahr ungefähr 28,6 Milliarden aus. Es wurden aber bei der Konzipierung dieser Steuersätze nicht einfach linear Steuersätze erhöht, sondern es gingen Untersuchungen voran, und zwar Untersuchungen dahin gehend, wie unser österreichisches Steuersystem im Vergleich zum EU-Durchschnitt aussieht, weil wenn wir insbesondere mit der Einführung des Euro eine gemeinsame Währungszone und damit Wirtschaftszone werden, muss ungefähr ein ähnliches Steuersystem bestehen. Daher wären auch unabhängig von einem Konsolidierungsbedarf im Steuersystem Veränderungen notwendig gewesen.

Der Vergleich der Steuerstrukturen hat insbesondere gezeigt, dass wir beim Aufkommen der Körperschaftssteuer und Steuer auf Vermögen gemessen am Bruttoinlandsprodukt unter dem EU-Schnitt liegen. Dabei war Folgendes interessant: Es sind dies nicht so sehr die Steuersätze, sondern die Bemessungsgrundlage ist bei uns enger als in anderen EU-Staaten.

Was heißt das? – Die Ausnahmeregelungen oder Absetzmöglichkeiten sind bei uns stärker ausgeprägt als im EU-Schnitt. Und da wird auch jede weitere Steuerreform ansetzen müssen. Wenn wir unsere Spitzensteuersätze – dazu bekenne ich mich auch – nachhaltig senken wollen, dann müssen wir die Bemessensgrundlage, die Ausnahmeregelungen reduzieren. Damit wird auch das Steuersystem wesentlich einfacher und verständlicher, vor allem für eine automatisierte Verwaltung, die wir wollen. Um nachhaltig Verwaltungsreformmaßnahmen setzen zu können, müssen wir in dieser Richtung ansetzen. Daher haben wir einen Investitionsfreibetrag gestrichen, weil er praktisch ein Unikum in der österreichischen Steuergesetzgebung war. Auch bei der steuerlichen Anerkennung von Rückstellungen sind die meisten EU-Staaten wesentlich strenger als Österreich.


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Auch bei den Rückstellungen gibt es Unterschiede. In der EU gibt es verlängerte Zeiträume für Gebäudeabschreibungen, daher haben wir eine Anhebung auf 33 Jahre und 4 Monate vorgenommen. Die Kürzung des Verlustabzuges auf 75 Prozent der Jahreseinkünfte soll ebenfalls an die realen Liquiditätsverhältnisse der Unternehmen angepasst werden.

Wir haben daher im Sinne dieser EU-Besteuerungsregeln eine stärkere Besteuerung des Vermögens, insbesondere durch die Besteuerung der Vermögenserträge von Privatstiftungen – es geht dabei um die 12,5 Prozent Zwischensteuer für Zinserträge, für Überschüsse aus Beteiligungsveräußerungen; allerdings gibt es bei letzteren eine Ausnahmemöglichkeit –, und der Eingangssteuer vorgenommen. Weiters haben wir bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer und bei Grundstücksanfällen eine Anhebung vorgenommen, allerdings unter Beibehaltung des bestehenden Einheitswertes. Dann wird natürlich auf die soziale Treffsicherheit und Symmetrie des Steuersystems hingewiesen, und da fällt auf, dass es im Vergleich zwischen Unfallrenten und privaten Unfallrenten eine Ungleichbehandlung gab, beziehungsweise dass es bei anderen ähnlichen Besteuerungsfällen ebenfalls eine Besteuerung gab. Wieso soll bei einer Invaliditätspension zum Beispiel, bei der Unfallrente hievon eine Ausnahme gemacht werden, wenn ... (Bundesrätin Bachner: Es ist ein Schadenersatz!)

Das hatten wir bei der Aufwandsbesteuerung, wenn man eine Aufwandsentschädigung besteuert, genauso. Das Argument trifft nicht zu. Das ist schon unter einem sozialistischen Finanzminister besteuert worden.

Aber jetzt zu den einzelnen Ausführungen. Sie haben davon gesprochen, Herr Bundesrat Hoscher, dass die Sanierung durch Einmalmaßnahmen gekennzeichnet ist. Sie trifft sozial Schwache und ist keine nachhaltige Sanierung. Jetzt möchte ich Sie fragen: Welches Steuerpaket meinen Sie? – All das, was Sie gesagt haben, hat der Rechnungshof in einem Wahrnehmungsbericht festgestellt. Allerdings hat er genau diese Worte zu dem Steuerpaket 1996/97 gesagt: Einmalmaßnahmen, sozial Schwache, keine nachhaltige Sanierung. Weil keine nachhaltige Sanierung erfolgt ist, sind wir heute in dieser Situation. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Dr. Nittmann: Hört! Hört!)

Wir liegen mit dem jährlichen Defizit in der EU, also in der Eurozone, am schlechtesten Platz. Das war der Erfolg der damaligen Reform. Wir haben mit einem Gesamtverschuldenssatz von annähernd 65 Prozent nicht einmal noch die Eingangsvoraussetzung, die damals 60 Prozent lautete, erreicht. Angesichts dessen soll man warten? Da hat man keine Zeit? Das ist eine gute Perspektive? – Wir haben jetzt die einmalige Chance, ein Wirtschaftswachstum zu haben, und es ist notwendig in der EU, dass zum Zeitpunkt 2002, zu dem der Euro eingeführt wird, annähernd die gleichen Budgetsituationen in allen Ländern geschaffen werden, die Ausgleich heißen. Manche Länder haben sogar schon einen Überschuss wie Finnland, und das hat auch einmal eine sehr schlechte Ausgangsposition gehabt. (Bundesrat Marizzi: Die haben eine andere Unternehmensbesteuerung! Das müssen Sie hinterfragen! Wenn, dann sagen Sie bitte die ganze Wahrheit!)

Es ist dies dringend notwendig. Deutschland – das Land, das so gerne von den Sozialdemokraten als Beispiel angeführt wird – fällt aus dem Kreis. Es wäre unverständlich, in einer Zeit des Wirtschaftswachstums eine Steuerreform zu machen, die man nicht finanzieren kann, mit der man seine Verschuldungsquote verschlechtert und inflationäre Tendenzen anheizt. – Das widerspricht genau dem Keynes, der von Ihnen so gerne als Wirtschaftsphilosoph herangezogen wird. Das ist unverständlich und wird auch bei den ECOFIN-Verhandlungen schwer kritisiert. (Bundesrat Marizzi: Wer hat damals 45 Milliarden gefordert? – Das war doch die ÖVP! – Bundesrat Mag. Hoscher: Das glauben Sie ja selbst nicht!)

Ich kann Ihnen versichern: Das Road-Pricing kommt zum vorgesehen Zeitpunkt, und zwar mit einem intelligenten System, mit dem besten System, weil es derzeit technisch schon machbar ist. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Wir schaffen kein duales System, das extrem verwaltungsaufwendig ist und auch eine sinnlose Verhüttelung auf Autobahnen herbeiführt, weil in sinnloser Weise Grundstücksablösungen durchgeführt werden müssen. Wir wollen ein modernes System des Road-Pricings.

Sie haben das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz angeführt. Das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz war in der bisherigen Form ein gutes Gesetz. Nur es war ein gutes Gesetz in der Nachkriegszeit, als ein großer Wohnungsbedarf bestanden hat, als es niedrige Einkommen gegeben hat. Da hat das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz seinen Zweck erfüllt. Heute hat sich jedoch die Position total geändert. Nicht einmal Sozialwohnungen der Gemeinde Wien, die am Stadtrand liegen, sind an den Mann zu bringen, weil sie vielfach schon zu teuer sind.

Es ist doch sinnvoll, wenn man den Mietern – das wird angestrebt – Eigentum ermöglicht beziehungsweise anbietet und ihnen noch dazu einen längeren Zeitraum, nämlich einen Zeitraum von sechs Monaten, für Überlegungen, für Finanzierungsfragen zur Verfügung stellt. (Bundesrat Mag. Hoscher: Der glaubt das!) Selbst wenn sie nicht davon Gebrauch machen wollen, besteht die Möglichkeit, dass sie in ihren Mietverhältnissen bleiben, wobei – das müssen sie anerkennen – keine rechtliche Änderung in ihrem Status als Mieter eintritt. (Bundesrat Mag. Hoscher: Da glaubt aber Abgeordneter Firlinger etwas anderes!)

Zu den Studienbeiträgen möchte ich Folgendes ergänzen: Ein Student kostet dem Staat pro Jahr über 100 000 S. Wenn man keine Beiträge einhebt, dann frage ich: Wer bezahlt diese 100 000 S? – Der Steuerzahler. Ich frage mich immer: Warum muss ein Lehrling, warum muss einer mit Maturaabschluss, der noch dazu vielleicht keinen hoch dotierten Beruf hat, für den Studenten zahlen, der auf Grund seiner Ausbildung dann einen Beruf hat, in dem er mehr verdient? Wo ist in diesem System die soziale Gerechtigkeit? (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Kainz: Der muss dann ja auch mehr Steuern zahlen!)

Seien Sie mir nicht böse, aber es ist außerdem auch eine gewisse Steuerung nötig, weil es unter den 140 000 Studenten solche gibt, die in einem Jahr keine Prüfung ablegen, die keine Übung besuchen. Wieso sollen wir diese einfach weiter finanzieren, wenn sie offensichtlich aus anderen Gründen als zu Studienzwecken inskribiert haben? (Bundesrätin Fuchs: Das ist aber nicht die Norm!) – Aber es gibt sie, und zwar in nicht ungewöhnlich großer Anzahl.

Im Sinne einer neuen Politik, im Sinne einer New Economy, im Sinne von New Public Management ist es durchaus berechtigt, in Bereichen, in denen man einen marktähnlichen Zustand herstellen kann, auch auf marktähnliche Strukturen zu greifen. In Wien kostet im – Vergleich dazu – zum Beispiel der Kindergarten pro Monat 3 000 S, und da wird ein Beitrag in der Höhe von 5 000 S verlangt. Selbst der Sozialtarif der Gemeinde Wien beträgt immer noch 1 200 S, liegt also unter den 5 000 S, die in Hinkunft verlangt werden. (Bundesrätin Fuchs: Das ist aber ein sehr hinkender Vergleich! – Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Selbstverständlich – wie es auch Herr Bundesrat Hösele gesagt hat – muss all dies unter sozialen Bedingungen erfolgen, es darf keinen sozialen Numerus clausus geben. Daher wurde das bestehende System der Stipendien, wofür wir bisher schon 1 Milliarde Schilling ausgegeben haben, noch weiter ausgebaut und auf ungefähr 1,5 Milliarden erhöht. Außerdem wird es durch ein Darlehenssystem ergänzt, bei dem mit Zinsunterstützungen versucht wird, all jenen, die es brauchen, die Möglichkeit zu geben, ihr Studium auf diese Weise zu finanzieren. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

15.05

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Hedda Kainz das Wort. – Bitte.

15.05

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Mein Zugang zu dieser Thematik ist verständlicherweise ein anderer. Ich möchte die Budgetbegleitgesetze und all das, was im letzten halben Jahr im Zusammenhang mit dem Budget und mit dem Hinweis auf notwendige Einsparungsmaßnahmen und Budget


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sanierung beschlossen wurden, ist, von der Seite der Auswirkung auf die Betroffenen beleuchten.

Bevor ich das mache – ich wollte es in der Ausführlichkeit gar nicht tun, aber jetzt erspare ich es Ihnen nicht –, möchte ich schon noch etwas dazu sagen: Herr Staatssekretär und auch Redner der anderen Fraktionen! Wenn Sie Österreich als Sanierungsfall hinstellen, dann muss ich Sie fragen, was mit dem Geld passiert ist. Ist dieses Geld verheizt worden, haben wir es hergeschenkt, ist es verschwunden? (Bundesrat Hagen: Teilweise ja!) Mit diesem Geld, mit diesen Ausgaben wurde das finanziert, das Sie jetzt, um Ihre Vorstellungen und theoretischen Budgetansätze in den Vordergrund zu stellen – oder mit dem Ziel, Ihr Klientel zu beteiligen –, zurücknehmen. Das ist nicht die politische Entscheidung, die wir wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Außerdem muss ich noch die ÖVP fragen: Wo waren Sie in den letzten 13 Jahren? (Bundesrat Dr. Nittmann: Auf Urlaub! Die haben nichts gewusst!) Wenn ich mich daran erinnere, wie groß zeitweise die Begehrlichkeit war ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP, darunter: Finanzminister! Finanzminister! – Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Politische Vorgaben macht nicht ... (Bundesrat Marizzi  – in Richtung der ÖVP –: Da wart ihr auf Urlaub! – Bundesrat Ledolter: Wir haben sogar Neuwahlen verlangt! – Bundesrat Marizzi: Und verloren! – Vizepräsident Weiss gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich bitte Sie, darauf Rücksicht zu nehmen, dass Frau Bundesrätin Kainz am Wort ist. – Bitte.

Bundesrätin Hedda Kainz: (fortsetzend): Politische Entscheidungen und Vorgaben hat nicht der Finanzminister zu machen, sondern das ist die Entscheidung der Bundesregierung und dann in der Folge des Parlaments. (Bundesrat Marizzi: Des Nationalrates!)  – Genauso ist es. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf Sie daran erinnern, dass es in den letzten 13 Jahren eine Koalition gegeben hat, die es uns manchmal sehr schwer gemacht hat, diese Fairness eines einmal eingegangenen Paktes auch aufrechtzuerhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich bestreite mit Entschiedenheit, dass diese Belastungsmaßnahmen, die uns heute zur Beschlussfassung auf den Tisch gelegt werden und – wie schon angesprochen – durch Gesetzesvorlagen, die in den letzten Monaten beschlossen wurden und nun leider Gültigkeit haben, unter dem Titel des Spargedankens zu sehen sind.

Da geht vielmehr eine tiefgreifende Veränderung vor sich, eine Systemänderung, eine Umschichtung von unten nach oben in einem Ausmaß, wie es noch nie da gewesen ist: die größte Umverteilungsmaßnahme von Arm zu Reich! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Giesinger: Das stimmt ja gar nicht!)

Selbst wenn der Herr Finanzminister in seiner Budgetrede behauptet, dass 75 Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher von dieser Sanierung nicht belastet werden und damit die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes gesichert wird, dann bestreite ich beide Punkte. Ich gebe Ihnen gerne eine Auflistung von 40 Punkten, in denen Sie selbst feststellen können, wieweit Sie betroffen sind. Es trifft sicher nicht die Ärmsten dieses Staates, wobei ich mich aber durchaus dazu bekenne, dass manche mehr dazu beitragen. (Bundesrat Weilharter: Frau Kollegin! Wir sind gar nicht unter diesen 75 Prozent!)

Zu den Studiengebühren: Sie haben vorhin gefragt, wieso ein Lehrling nicht finanziert werden soll – um es einfach auszudrücken – und ein Student sehr wohl. Darauf kann ich Ihnen nur sagen, dass ich es durchaus in Maßen gerechtfertigt finde, dass jene, die gut verdienen, durch ihre Steuerleistungen zum Wirtschaftswachstum, zum Funktionieren dieses Staates mehr beitragen, das ist auch eine sozialdemokratische Vorgangsweise. Ich erinnere Sie nur an die Solidaritätsabgabe ab 100 000 S, die wir einmal verlangt haben, die nicht durchzusetzen war –


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sicher nicht in den Reihen der Sozialdemokraten. (Bundesrat Weilharter: Das ist aber ein Widerspruch!)

Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen jetzt all die Punkte, die in den Medien im "Paket der Grauslichkeiten" zusammengefasst wurden, im Detail nicht ersparen. Es sind in etwa 40 Punkte, die – darauf brauchen Sie mich hinzuweisen – nicht alle heute im Paket des Budgetbegleitgesetzes zu finden sind, die aber im Zusammenhang mit von Ihnen behaupteten Budgetsanierungsmaßnahmen notwendig sind.

Die Kfz-Steuer wurde schon angeführt: 1 300 S für einen Mittelklassewagen. (Zwischenruf des Bundesrates Weilharter. )  – Sie können es sich auch sparen, mich auf Schilling-Differenzen hinzuweisen; dass das nicht auf den Schilling genau stimmt, weiß ich selbst auch. Weiters gibt es die Energiesteuer, die einen durchschnittlichen Haushalt mit etwa 500 S belastet, oder die Autobahnvignette, die 450 S mehr kostet.

Meine Damen und Herren! Einerseits bedaure ich jene Leute, die diese Beträge aufbringen müssen, andererseits nehme ich an, dass einige vielleicht dann wach werden. Wir wissen, wie sensibel die Frage des Autofahrers und auch der Pendler, der Pendlerbeihilfe ist. Sie brauchen mir auch nicht zu sagen, dass sie von uns initiiert wurde. Das war eine Notmaßnahme, das ist eine Notmaßnahme. Ich behaupte aber, dass unser Zugang auch zum Budget immer jener war, dass aus dem Budget, aus dem gemeinsamen Topf des Staates Österreich in erster Linie jene eine Unterstützung zu bekommen haben, die es tatsächlich brauchen, während andere dazu beitragen sollen. Ich glaube, das ist das Prinzip des Lastenausgleiches.

Weitere Punkte sind die Führerschein- und Reisepassgebühren, die Tabaksteuer – wobei ich die Raucher am allerwenigsten bedaure – sowie die höheren Steuern auf Urlaubs- und Kündigungsentschädigung. Meine Damen und Herren! Sie schreien immer nach dem ÖGB und fragen, wo er ist. Dort war er! Da sind Ergebnisse von Verhandlungen für jene Menschen, die der ÖGB vertritt.

Der Entfall der Absetzbeträge ist etwas, das auch die Pensionisten betrifft. Herr Kollege Weilharter! Sie haben heute gesagt, die Pensionisten seien nicht betroffen, das stimmt schlicht und einfach nicht. Der Absetzbetrag wird bis weit hinunter wirksam.

Im Bereich der Krankenversicherung gibt es die Änderung der Entgeltfortzahlung, die nicht so gekommen ist, wie es bei der Angleichung an die Angestellten gedacht war. Weitere Punkte sind die generelle Urlaubsaliquotierung bei Beendigung von Arbeitsverhältnissen, die Verschlechterung im Urlaubsrecht bei den Bauarbeitern, der Wegfall der Postensuchtage bei Selbstkündigung und die Ambulanzgebühren – das wird die Menschen in diesem Lande sehr stark betreffen. Ich frage mich, wie sich die Folgekosten im Gesundheitswesen auswirken werden. (Bundesrat Weilharter: Ihr Erbe!)

Die Erhöhung der Rezeptgebühr ist etwas, das in erster Linie die Pensionisten trifft, ebenso wie die zusätzlichen Kosten bei Krankenhausaufenthalten. (Bundesrat Weilharter: 30 Jahre Sozialismus!) Reden Sie einmal mit einem Pensionisten. Er wird Ihnen sagen, ob er zu Hause 75 S beziehungsweise 100 S pro Tag für seine Verpflegung aufwenden kann.

Weiters gibt es die Kürzung des Krankengeldbezuges auf 52 Wochen, die 20 Prozent Selbstbehalt bei Inanspruchnahme psychotherapeutischer und psychologischer Behandlung sowie den Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger.

Herr Staatssekretär! Sie haben auch die Frage der Versteuerung von Unfallrenten angesprochen. Es war damals Vertragspartnerwille, sich aus der Haftung bei Unfällen, bei Arbeitsunfällen – ich sage das nur, weil es Sprachgebrauch und nicht wertend ist – freizukaufen. Was passiert jetzt? – Jetzt werden diese Gelder, die von den Arbeitgebern richtigerweise für ihre Arbeitnehmer in die AUVA einbezahlt werden, abgezogen für – unter Anführungszeichen – "Budgetsanierung", was dazu führt, dass wir möglicherweise das Unfallkrankenhaus in Linz, ein Kompetenzzentrum für Verbrennungen, verlieren. Ich frage mich, wie Sie den betroffenen Menschen dann erklären werden, dass es keine technischen Möglichkeiten gibt. Das nächste


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Kompetenzzentrum dieser Art befindet sich in Berlin. Ich musste leider hautnah erleben, wie die Situation aussieht, wenn es in Betrieben zu Unfällen kommt, die in diesem Bereich einer Behandlung bedürfen.

Zur Abschaffung der vorzeitigen Alterspension: Ich schenke Ihnen jetzt alle Beträge dazu, ich rechne sie Ihnen dann in der Gesamtheit vor, das ist heute auch schon passiert.

Weiters gibt es die Anhebung des Frühpensionsalters um 1,5 Jahre, die Erhöhung der Abschläge von 2 auf 3 Prozent, die Kürzung der Witwen- und Witwerpensionen, die Kürzung von Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspensionen, die Änderung der Pensionsanpassung – all das betrifft die Pensionisten nicht? – sowie die Senkung des Pensionistensteuerabsetzbetrages.

Wir haben darüber hinaus noch die Tariferhöhungen bei der Bahn und die Aufstockung der Zahl der Saisoniers im Fremdenverkehr zu verkraften. Ich frage mich, wer die Verlängerung einer Saison garantieren kann. Ich muss das an den lieben Gott weitergeben. Wir sehen nämlich gerade jetzt, wie es ist, wenn die Witterung nicht mitspielt und die Arbeitsverhältnisse nicht garantiert werden können.

Weiters gibt es die Abschaffung des Hausbesorgergesetzes, die Privatisierung der Bundesforste sowie die Telekom. Das ist übrigens eine ganz eigene Geschichte, und ich möchte mich nicht jenen Spekulationen, die bereits in den Medien über die Hintergründe dieser Aktion angestellt wurden, anschließen.

Wir müssen Verschlechterungen im Bildungsbereich hinnehmen: die Vorlehre. Es liegt Ihnen nichts daran, die Qualifikation anzuheben. – Nein, man versucht, Menschen, die vielleicht nicht von Anfang an Begabung haben, mit solchen Schmalspurausbildungen für die Zukunft so einzuschränken, dass sie sich mit geringer Qualifikation und natürlich auch mit geringerer Bezahlung in ihrem Leben durchfretten müssen. (Bundesrat Ledolter: Aber wenigstens auf dem Arbeitsmarkt sind!)

Weiters gibt es eine Ausweitung der Arbeitszeit für Jugendliche im Gastgewerbe und die Abschaffungen der Lehrlingsstiftungen – keine neuen Geldmittel.

Nun zur sozialen Treffsicherheit: Den Wegfall der beitragsfreien Mitversicherung für kinderlose Ehepartner und die Besteuerung der Unfallrenten habe ich schon angesprochen. Beim Arbeitslosengeld gibt es die Kürzung der Familienzuschläge auf 400 S und die Verlängerung der Anwartszeit von 26 auf 28 Wochen bei wiederholter Arbeitslosigkeit.

Was die Studiengebühren betrifft, so glaube ich schon, dass dies nicht nur eine Frage der sozialen Betroffenheit der Menschen ist, sondern dass dies auch den Wirtschaftsstandort Österreich ganz massiv gefährdet. Einerseits will man in Oberösterreich, weil Fachkräftemangel besteht, aus Tschechien Arbeitskräfte importieren, andererseits besteht – das ist kein sozialdemokratischer Vorschlag gewesen – im Bereich der EDV die Notwendigkeit, Spezialisten aus anderen Ländern hereinzuholen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, es wäre wesentlich vernünftiger, in die eigene Qualifikation zu investieren, wobei ich gerne zugebe, dass kurzfristige Maßnahmen auch einmal das entsprechende Mittel sein können – aber eben kurzfristig.

Ich behaupte, mit all diesen Maßnahmen ist auch der Wohlfahrtsstaat vor seiner Bankrotterklärung (Bundesrat Hensler: Haha! Wohlfahrtsstaat!) und nicht der Scherbenhaufen, von dem Sie im Zusammenhang mit dem Budget immer wieder sprechen.

Ich befürchte, dass mit diesen Maßnahmen auch einschneidende Veränderungen im Bereich der Qualifikation für zukünftige Notwendigkeiten im Bereich der Wirtschaft kommen. Meine Damen und Herren! Es berührt mich fast ein bisschen eigenartig, hier stehen zu müssen und jene Argumente anzuwenden, von denen wir im Grunde genommen gewöhnt sind, dass Sie sie hier verwenden: Sicherheit des Wirtschaftsstandortes Österreich und so weiter. (Bundesrat Ing. Gruber: Die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes ist gegeben!)


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Die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes ist in großem Maße von der Qualifikation der hier tätigen Arbeitnehmer abhängig, und mit diesen Maßnahmen sind diese ganz wesentlich gefährdet. (Beifall bei der SPÖ.)

15.19

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Johann Ledolter das Wort. – Bitte.

15.20

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir gleich eine Anmerkung zu der Auflistung (Bundesrätin Kainz: Ich gebe sie Ihnen gerne!), die Frau Kollegin Kainz vorgetragen hat; eine Auflistung von Maßnahmen, von Einzelregelungen, die allerdings immer nur die negativen Seiten beleuchtet hat, die bewusst oder vielleicht auch aus Gründen der Zeitökonomie – das will ich Ihnen konzedieren – darauf verzichtet hat, auch das Auffangnetz, das jeweils zu diesen Maßnahmen konstruiert wurde, anzuführen. (Bundesrätin Kainz: Tut mir Leid, das habe ich mir geschenkt! Ich reiche es Ihnen nach! – Bundesrätin Kainz überreicht dem Redner eine Seite.)

Liebe Frau Kollegin! Das wäre sicher auch ein wesentlicher Beitrag gewesen, und zwar deshalb, weil – ich gebe Ihnen gleich die Antwort darauf – viele dieser Maßnahmen, die Sie hier so beklagen, in ähnlicher Form auch unter Beteiligung der Sozialdemokratie gekommen wären. Sollten Sie es schon vergessen haben, so möchte ich Sie nur daran erinnern, dass diese Maßnahmen, diese Notwendigkeiten zweifelsohne auch im Regierungsübereinkommen festgeschrieben stehen, das ist auch noch nachvollziehbar, diese Werke gibt es.

Ich verstehe natürlich auch die Notwendigkeit, die derzeitige Situation möglichst negativ darzustellen. Ich habe auch die "Verrenkungen" des Herrn Kollegen Mag. Hoscher bewundert, der offensichtlich über genügend ökonomischen Sachverstand verfügt, um sich da einigermaßen schwer zu tun.

Liebe Frau Bundesrätin Kainz! Denn genau dafür, was Sie in Ihrem Schlusssatz unterstreichen wollten, nämlich dass der Standort Österreich durch diese Maßnahmen gefährdet wäre, gibt es Nachweise, dass es sich gegenteilig verhält, dass Österreich im europäischen Konzert durchaus wieder vielmehr mit dabei ist, sich an einer prominenteren Stelle einzubringen.

Denn diese Budgetbegleitgesetze 2001, die heute zur Debatte stehen, sind zweifelsohne ein wesentlicher Beitrag dazu, Österreich neu zu regieren, eine Trendwende einzuleiten, abzuschließen und mit der Schuldenmacherei aufzuhören, aufzuhören mit den Vorgriffen auf das Erbe derer, die nach uns kommen, und damit, die Chancen der Jugend durch überbordende Ausgaben zu gefährden und damit den Spielraum für Zukunftssicherung und -gestaltung auch in der Zukunft immer wieder einzuengen und zu beschneiden.

Im Gegenteil: Wir sind dabei, finanzielle Freiräume zu schaffen, um Forschung und Entwicklung, um Bildung und Technologie und Ähnliches mehr auch effizienter angehen zu können; Freiräume, die auch zum Beispiel in der Hochschulreform ihren Ausdruck finden, die aber insgesamt durch eine Bewegung gekennzeichnet sind, nämlich weg vom Hoheitsstaat, hin zum Dienstleistungsstaat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das sind jene Punkte, die die Bevölkerung durchaus attraktiv findet. Das ist das grundlegende Übel in Ihren Augen, dass die Leute nicht mitgehen, dass all das Lamento, das Sie immer wieder versuchen, von den Menschen nicht mitgetragen wird. Allein der Reformstau von über 90 Gesetzen, die in diesen Budgetbegleitgesetzen Rechtsbestand werden sollen, zeigt, welcher Nachholbedarf besteht und was in den letzten Jahren versäumt wurde.

Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Wenn Sie auch mit Aktionismus, mit Populismus versuchen, diese Konzeptlosigkeit in den eigenen Reihen zu kaschieren, dann sieht man doch, es ist in Wirklichkeit in vielen Bereichen gekränkte Eitelkeit, weil Sie ganz einfach


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nicht verkraften können, dass Sie nicht mitgestalten und sich nicht einbringen können. Sie verweigern zum Teil aber auch genau bei diesem Tagesordnungspunkt die Mitwirkung – genauso wie im Nationalrat, in dem Sie mit Verzögerungstaktik agiert haben.

Ich möchte nur noch eines zum Versuch des Kollegen Hoscher, der Wirtschaft auch noch einmal eines auszuwischen, sagen. Gerade die Wirtschaft trägt in dieser Phase einen Großteil der – ich möchte es so sagen – finanziellen Belastungen, die im Rahmen der Budgetkonsolidierung zu übernehmen sind.

Diese geringe Protest- und Demonstrationsbereitschaft der Bevölkerung veranlasst Sie dazu, sich auf immer schmälere Segmente und auf immer gewagtere Argumentationen zurückzuziehen. Ein Beispiel dafür sind die Straßenblockaden, womit Sie in Wirklichkeit die arbeitende Bevölkerung getroffen haben, die Werktätigen daran gehindert haben, zum Arbeitsplatz zu kommen, und wahrlich jene getroffen haben, die Sie immer wieder zu schützen vorgeben. Das treibt aber Stilblüten in einer Form, und ich möchte nur kurz die Situation in Niederösterreich beleuchten. (Bundesrat Mag. Hoscher: Also ich bin gut zu meinem Arbeitsplatz gekommen!)

Sie sind natürlich auch in guter Gesellschaft beim Dramatisieren, denn auch in Niederösterreich versucht ein in der Bundespolitik nicht mehr Erfolgreicher, sich nunmehr in einer Landesfunktion als der große Schützer der Natur, von Wald und Wasser einzubringen. (Ruf bei der ÖVP: Ist das Winnetou?)  – Ich glaube, wir alle wissen, dass von Herrn Schlögl die Rede ist, der es auch nicht unterlässt, sich insbesondere medial auf diese Art und Weise zu präsentieren, und zwar im Zusammenhang mit dem Bundesforstegesetz 1996 und den Wasserrechtsgesetzen 1959, die mit diesen neuen Regelungen adaptiert werden.

Meiner Meinung nach ist das der Gipfel der Verunsicherungspolitik, statt zu informieren. Es ist ein Spiel mit der Unkenntnis der Menschen, die meinen, dass das Wasser und der Wald tatsächlich verkauft werden würden. (Bundesrat Thumpser: Wird es nicht?) Lieber Herr Kollege! Die Tatsachen sind ganz andere. Als Niederösterreicher aus einem waldreichen Gebiet weiß man das. (Bundesrat Thumpser: Dem waldreichst en!) Ich weiß es auch aus der eigenen Gemeinde und werde dann noch darauf eingehen.

16 Prozent der gesamten Waldfläche Österreichs sind im Eigentum der Bundesforste – nur 16 Prozent! Die Maßnahmen, über die hier so vollmundig geredet wird, betreffen rund 1 Prozent der Forstfläche. Meine Damen und Herren! Über dieses 1 Prozent versucht man jetzt, über Volksabstimmungen und sonstige mediale Ereignisse die Bevölkerung zu mobilisieren, und zwar in der Form, dass man den Menschen weismachen will, ihr heiligstes Gut, das Trinkwasser, wäre gefährdet.

Dabei sind die Land- und Forstwirte Österreichs, die im Wesentlichen kleinbäuerlich strukturierten Betriebe gerade jene, die den Wald in vorbildlicher Weise bewirtschaften und damit auch zum volkswirtschaftlichen Gesamtergebnis beitragen. Man tut auch von Seiten der sozialdemokratischen Länderexponenten, die diese Volksbegehren unterstützen, so, als gäbe es kein strenges Forstgesetz, das wir in Wirklichkeit haben, als gäbe es die strengen Regelungen des Wasserrechts nicht und als gäbe es keine Grundverkehrsbeschränkungen, sodass es quasi jedem Spekulanten möglich wäre, diese Liegenschaften zu erwerben. – Genau das Gegenteil ist der Fall. Ich meine, dass Sie nicht gut beraten sind, mit Panikmache über solche Themen zu diskutieren.

Nun zu dem Beispiel, auf das ich mich beziehe: In der eigenen Gemeinde ist es so, dass wir zum Schutz und zur Ausweitung unseres eigenen Quellschutzgebietes Liegenschaften der Bundesforste zu erwerben versuchen. Da kommt uns wieder die vorausschauende Haltung des Gesetzgebers zugute, der für Gebietskörperschaften, für Gemeinden auch ein Vorkaufsrecht, ein Präzipuum eingeräumt hat, von dem wir Gebrauch machen werden.

Da österreichweit nur 68 000 Unterstützungsunterschriften für ein Volksbegehren, das medial so aufbereitet ist, zu erzielen waren, erübrigt sich jede weitere Debatte über die Befindlichkeit der Bevölkerung. Letztendlich sollten wir auch darauf abstellen. (Beifall bei der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren! Dafür, dass damit kein Staat zu machen ist, auch nicht in Niederösterreich, spricht, dass die Menschen doch in diese Regierung, in den Gesetzgeber ein Grundvertrauen haben, dass sie davon überzeugt sind, dass die Maßnahmen, die gesetzt werden, gut, richtig und notwendig sind. Daher kann ich nur sagen: Wir werden auch in der Zukunft diesen Weg mit starken Impulsen und klaren Konzepten weitergehen und mit mutigen Schritten im Interesse Österreichs die Zukunft weitergestalten. In diesem Sinne ein klares Ja zu den gegenständlichen Budgetbegleitgesetzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.31

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. Christof Neuner das Wort. – Bitte.

15.31

Bundesrat Mag. Christof Neuner (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zu den Vorwürfen von Kollegin Kainz und Kollegen Hoscher möchte ich ein Sprichwort sagen: Wer keine Kritik verträgt, hat sie bitter nötig. Aber übertriebene Kritik lässt uns die Vorzüge des Kritisierten besser erkennen. – In diesem Fall kritisierten Sie die neue Bundesregierung. (Bundesrat Konecny: Natürlich!)

Enorm gestiegene Lebenserwartung, die Zunahme der chronischen und altersbedingten Krankheiten, wachsende Krankenkassendefizite und stark steigende Pensionistenzahlen – all das kostet viel Geld. Heute kommen auf einen Pensionisten zwei Berufstätige. 2035 wird sich die Alterspyramide umdrehen, da kommen auf einen Berufstätigen zwei Pensionisten. Drastischer dargestellt: Die Alten von heute nehmen den Alten von morgen das Geld weg. Der Konflikt zwischen Alt und Jung ist vorprogrammiert.

Es muss möglich sein, ohne Panikmache den geänderten Bevölkerungsverhältnissen Rechnung zu tragen. Daher war eine Pensionsreform unaufschiebbar und zwingend notwendig, um die Nachhaltigkeit des Systems sicherzustellen. Das Stabilisierungsprogramm hat viele Architekten, an der Spitze Staatssekretär Finz und Bundesminister Grasser.

Der neue Finanzminister Karl-Heinz Grasser ist einer der betroffenen Jungen, wenn man das so einteilen will, und seine Eltern gehören in diesem Fall – der Vater geht gerade in Pension – der älteren Generation an, die praktisch von Null aufgebaut und – wie Hunderttausende andere Österreicher nach dem Krieg durch viel Fleiß – ein solides Mittelunternehmen geschaffen, also in ihrem Bereich eine starke Leistung vollbracht hat. Von diesem Elternhaus hat er die wirtschaftliche Erfahrung mitbekommen. Unter anderem hat er wahrscheinlich gelernt, dass man, wenn man in einem Unternehmen mehr Geld ausgibt, als man hat, bald an Konkurs oder Ausgleich denken muss.

Man kann jetzt natürlich sagen, der Staat kann nicht in den Ausgleich gehen, aber im Endeffekt ist in diesem Fall das Unternehmen der Staat, und die Gläubiger sind alle Bürgerinnen und Bürger Österreichs. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Karl-Heinz Grasser ist sehr jung, hat schnell studiert, die Matura mit Auszeichnung gemacht (Bundesrat Prähauser: Auch mein Sohn, kein Problem!), und – das empfinde ich als großen Vorteil – er hat politische Erfahrung. Er war auch, so glaube ich, von 1994 bis 1998 Landeshauptmann-Stellvertreter in Kärnten, also bereits in sehr jungen Jahren. Ich glaube, er ist ein Konsenspolitiker mit der Erfahrung aus der Wirtschaft. (Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk. )

Österreich neu zu regieren, bedeutet eine historische Trendumkehr in der Finanz- und in der Budgetpolitik. Wir machen eine Finanzpolitik, die – wie in einer Wifo-Studie erhoben wurde – sicherstellt, dass sich die österreichische Volkswirtschaft auch in Zukunft rund 35 Milliarden Schilling Pensionszahlungen an eine verdiente ältere Generation wird leisten können.

Wir sehen daher die Lösung vieler Probleme in unserem Land in weniger Geboten und Verboten, in weniger staatlichem Dirigismus und mehr marktwirtschaftlicher und privater Initiative, in


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weniger Indifferenz bei der Verteilung von Sozialleistungen und mehr sozialer Gerechtigkeit für die tatsächlich Bedürftigen.

In den Budgetbegleitgesetzen ist eine Novellierung von rund 90 Bundesgesetzen vorgesehen. Sozialleistungen sollen jene erreichen, die es wirklich notwendig haben, und sind natürlich auch immer wieder neu zu hinterfragen. An ihren Taten sollt ihr sie erkennen. – Das ist auch ein politisches Prinzip.

Die Ergebnisse der neuen Regierung sind nicht nur gut, sondern ausgezeichnet. Expertenmeinungen, zum Beispiel von IHS-Chef Bernhard Felderer, lauten: Der Finanzminister hat diesmal das untere Einkommensdrittel geschont. Der Finanzminister hat ausgabenseitig gemacht, was in der Kürze der Zeit politisch möglich war. Mittelfristig – also in zwei bis drei Jahren – sollten die Konsolidierungsmaßnahmen positive Effekte nach sich ziehen. Dann wird es Spielraum geben, um weitere positive Maßnahmen zu setzen.

Oder zum Beispiel IWF-Chef Köhler: Lob für Österreichs Budgetpolitik. Österreich ist auf einem guten wirtschaftspolitischen Kurs. – Ein Zitat aus einer APA-Meldung.

Zu dem Vorwurf, es werde von unten nach oben verteilt: Bis jetzt hat es exorbitante Schulden gegeben, und der Staat hat Anleihen ausgegeben, die dann von den so genannten Reichen gezeichnet beziehungsweise gekauft worden sind. Sie haben dann die Zinsen dafür bekommen, und bezahlt hat es im Endeffekt der so genannte Arme.

Ich möchte noch erwähnen, dass die alte Bundesregierung mit dem Familienpaket und der Steuerreform 2000 als Wahlzuckerl eine im Grunde zu begrüßende Maßnahme gesetzt hat, die jedoch mit einem Volumen in der Höhe von 30 Milliarden Schilling nicht durch Gegenfinanzierungsmaßnahmen gedeckt war. Das wird jetzt von der neuen österreichischen Bundesregierung eingelöst.

Es gibt im internationalen Vergleich genügend Beispiele dafür, dass Haushalte in verschiedenen Ländern zuerst saniert werden, um dann daraus eine solide Beschäftigungspolitik und Vollbeschäftigung ableiten zu können. Nur ein neuer Samen kann eine neue Ernte bringen. Zu diesem klaren Kurswechsel in der Budgetpolitik bedarf es des Mutes und der Sachkenntnis, der politischen Zivilcourage und der politischen Wahrheit, weil es in Wirklichkeit keine Alternative dazu gibt.

Warum jetzt? – Wir haben derzeit Hochkonjunktur. Die Arbeitslosenquote wird für 2001 auf den EU-drittniedrigsten Wert von 3,4 Prozent prognostiziert. Es sind also ideale Voraussetzungen.

Die Zinsenbelastungen – das haben wir heute schon gehört – werden durch Verkauf der Bundesforste und Privatisierung reduziert, weil mit dem Geld, das allein an Zinsen gezahlt wird, in der Technik, in Innovation und Forschung vieles bewegt werden kann.

Das Ziel der neuen Bundesregierung und auch dieser Budgetbegleitgesetze, die wir heute beschließen und denen unsere Fraktion natürlich die Zustimmung gibt, ist es, den Standort Österreich zu sichern. Die meisten von Ihnen wissen, dass es auch internationale Kritik von OECD, IWF und auch von der EU selbst dahin gehend gegeben hat, dass der Kurs geändert werden muss. Ich glaube, wir sind damit auf dem richtigen Weg. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.39

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Peter Marizzi das Wort. – Bitte.

15.39

Bundesrat Peter Marizzi (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatssekretär! Machen wir es heute ein bisserl sportlich: Sie haben behauptet, dass die vollelektronische Lkw-Maut im Jahr 2002 – voraussichtlicher Zeitpunkt: April 2002 – eingeführt wird.


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670. Sitzung / Seite 101

Wetten wir beide jetzt, dass sie nicht im April 2002 eingeführt wird! Setzen wir beide eine Vignette ein, die sich in der Zwischenzeit von 550 S auf 1 000 S verteuert hat, und geben sie dann irgendeinem "armen Hund". Wenn die Maut nicht eingeführt wird, zahlen Sie, wenn ja, dann zahle ich zu dem erwähnten Zeitpunkt. – Okay? (Bundesrat Marizzi schließt mit Staatssekretär Dr. Finz per Handschlag die Wette ab. – Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Dr. Böhm. )

Das ist doch eine nette Wette: Wenn sie kommt, dann zahle ich, wenn nicht, dann zahlt der Herr Staatssekretär. (Bundesrat Konecny: Wenn es ihn dann noch gibt!)

Reden wir einmal über die Schuldenpolitik. Unter sozialdemokratischer Führung hat in der Alleinregierung in 13 Jahren die SPÖ insgesamt 369 Milliarden Schilling Schulden angehäuft, in der Regierung Rot-Blau rund 200 Milliarden Schilling und in der Regierung Rot-Schwarz 1 100 Milliarden Schilling, also ungefähr 1 700 Milliarden Schilling. (Bundesrätin Giesinger: Die ÖVP hat keine Schulden gemacht!)

Moment, regen Sie sich bitte nicht auf! Liebe Kollegin! Ich höre Ihnen auch immer zu. (Bundesrätin Giesinger: Die ÖVP hat keine Schulden gemacht! – Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kollegin! Wenn Sie es bis heute noch nicht wissen: Ein Budget macht ein Finanzminister nicht allein, sondern Budgets werden in der Bundesregierung einstimmig beschlossen, und Budgets sind in der Regel von den Regierungsparteien – immer! – im Nationalrat gemeinsam beschlossen worden, und das seit 30 (Bundesrat Prähauser: Seit 17 Jahren!) beziehungsweise seit 17 Jahren. (Anhaltende Zwischenrufe der Bundesrätin Giesinger. ) Frau Kollegin! Melden Sie sich zu Wort!

Der Herr Staatssekretär zitiert immer die EU. Ich glaube auch, dass es richtig ist, in Zeiten einer Hochkonjunktur zu sanieren. Es stellt sich nur die Frage der Geschwindigkeit und der sozialen Gerechtigkeit. Österreich jedoch sozusagen als letztklassig hinzustellen, ist nicht notwendig. Dazu möchte ich den Herrn Bundeskanzler Schüssel zitieren, der gesagt hat: Österreich ist kein Sanierungsfall.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich die Zahlen ansieht, dann muss man deutlich sagen, dass wir mit 64,9 Prozent Schuldenquote im EU-Durchschnitt liegen. Das muss man auch einmal mit aller Deutlichkeit sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt zu den Budgetbegleitgesetzen:

Es wird keine Steuererhöhungen geben. – Susanne Riess-Passer am 30. August 2000.

Ich will keine Studiengebühren. – Elisabeth Gehrer am 9. Mai 2000.

Ich schließe Steuererhöhungen aus. – Jörg Haider, 31. August 2000.

Wir haben gesagt: keine Erhöhung von Steuern und Abgaben. – Andreas Khol, 22. Mai 2000.

Die Regierungsparteien sind bemüht, die Steuerbelastungen nicht anzuheben. – Karl-Heinz Grasser, 21. März 2000.

Last but not least: Ich kann mir nicht vorstellen, dass die FPÖ Steuer- und Abgabenerhöhungen beschließt. – Peter Westenthaler.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann jetzt sagen: Okay, Sie sind auf dem richtigen Weg, Sie sind davon überzeugt. Es ist jedoch – das können Sie in allen Artikeln der Wirtschaftsmagazine "trend" bis "profil" und "NEWS" nachlesen, ich könnte Ihnen die dazugehörenden Milliardenbeträge aufzählen – im Grunde genommen eine Umverteilung von unten nach oben.

Es werden wahrscheinlich drei Effekte erzielt: Wir haben – das ist auch evident, Sie können es nachlesen, und der Herr Staatssekretär wird mir das bestätigen – mittlerweile eine sehr hohe


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Inflation, die wir bis jetzt nicht hatten. Die Wirtschaftsforscher warnen aufgrund der hohen Preise vor konjunkturdämpfenden Maßnahmen. Ich wünsche es mir nicht. Ich glaube, dass es notwendig ist, dass die Konjunktur noch hält. Damit erzielen wir die höchsten Beschäftigungszahlen, und ich wünsche mir nicht, dass Österreich wirtschaftlich absackt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Hoscher hat schon davon gesprochen: Die Steuerbelastung liegt jetzt bei 46 Prozent. Jetzt frage ich Sie, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ: Wo ist Ihre Flat-Tax mit 22,5 Prozent? (Bundesrat Dr. Aspöck: Die kommt noch!)  – Ach so, sie kommt! Das müssen mir ausgerechnet Sie da hinten sagen. Seien Sie mir bitte nicht böse! Sie wollten 40 Prozent in die Verfassung schreiben, das hat auch Kollege Hoscher schon behandelt. Also bleiben wir bei der Realität!

All das geht nicht so einfach in den Milliarden unter, daher habe ich mir aus einer Zeitung, die Sie alle lesen, die Mehrausgaben für 2001 heraus geschrieben. Was bezahlt eine durchschnittliche Familie aufgrund der Politik – das Budget ist immer der Ausdruck der politischen Linie – neu beziehungsweise zusätzlich?

Heizöl: plus 10 000 S, Lebensmittel: plus 3 000 S, Treibstoff: 4 000 S, Kfz-Steuer: 1 300 S, Versicherungen: 1 000 S, Vignette: 450 S mehr, Reisepässe: 1 020 S mehr, Arztbesuch und Rezepte: 1 100 S mehr, Urlaub: 1 000 S, und so weiter. (Bundesrat Dr. Nittmann: Quelle!) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Rund 23 000 S hat eine durchschnittliche Familie auf Grund dieser Budgetbegleitgesetze im Jahr 2001 mehr zu bezahlen. Schauen Sie in die Zeitungen, dann können Sie es selbst nachlesen! Das steht in der vorigen Ausgabe des "NEWS", dort können Sie es nachlesen. (Bundesrat Dr. Nittmann: Na also, jetzt haben wir es! Das ist ja SPÖ-Niveau!)  – Das ist das Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei! Das sagen Sie bitte Herrn Fellner, er lacht sich einen Ast über Ihre Wortmeldung. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist nicht so, dass ich damit alleine bin. Herr Kollege Gaugg hat im "Standard"-Interview vom 8. Dezember gemeint: Die Krot haben wir geschluckt. Budget: ja – mit Auflagen.

Wissen Sie, wie das Sprichwort geht? – Die Krot schlucken, damit man die Sau schlachtet. In Wirklichkeit werden die Steuerzahler geschlachtet, und Sie, die Sie in den Arbeitnehmervertretungen von ÖVP und FPÖ sitzen, wissen ganz genau, wie schwierig Sie es haben werden, diese extremen Teuerungen rüberzubringen. (Bundesrätin Haunschmid: Sagen Sie einmal, wem wir das zu verdanken haben!)

Ich gehe jetzt gar nicht auf die Details des tektonischen Belastungspaketes ein. Ich habe noch etwas zum Schmunzeln. Herr Staatssekretär! Sie kennen sicher diesen Artikel – der "Kurier" ist auch eine SPÖ-Zeitung, nicht wahr? (Rufe bei den Freiheitlichen: Nein!)  – Ach so, diese nicht.

Herr Leitl schreibt: Die Wirtschaft will die Regierung klagen, weil sie die Fonds ausräumt. – Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP! Auf dieses Match bin ich schon gespannt. Herr Leitl schreibt dann weiter in diesem langen Artikel – ich weiß nicht, vielleicht ist Herr Leitl inzwischen der SPÖ beigetreten –:

Ich erwarte keine plakativen Ankündigungen mehr, sondern ein klares Konzept. Wir werden klagen. So etwas lassen wir uns nicht gefallen. Das muss noch juristisch geklärt werden. (Bundesrätin Haunschmid: Wann war das? Vor zwei Monaten?)  – Frau Kollegin! Ich gebe es Ihnen dann. Das ist der "Kurier" vom 8. Dezember. Das war nicht der Krampustag, sondern der andere Feiertag. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kurzum: Ich glaube, dass Sie davon überzeugt sind, dass dieser Weg richtig ist. Das ist in der Demokratie legitim. Wir nehmen das zur Kenntnis. Sie machen momentan den tektonischen Belastungstest bei den Steuerzahlern und bei den kleinen Familien. Es wird ein Profit-Neujahr 2001. Ich wünsche Ihnen politisch viel Erfolg damit, nämlich dass Sie die nächsten Wahlen damit nicht gewinnen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.49


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670. Sitzung / Seite 103

Vizepräsident Jürgen Weiss:
Nächster Redner ist Herr Bundesrat Josef Saller. – Bitte.

15.49

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zum Budgetbegleitgesetz aus der Sicht der Senioren noch einige Sätze sagen. Herr Bundesrat Mag. Gudenus hat schon gesagt, dass auch die Jugend älter wird und betroffen sein wird. Ich möchte daher noch einige Sätze anfügen.

Die Entwicklung der Bevölkerungszahl und die dramatische Veränderung der Altersstruktur sind uns bekannt. Es ist schon oft dargestellt worden, dass die Veränderung der Altersstruktur künftig große Probleme schaffen wird. Die Lebenserwartung steigt, und das Pensionsanfallsalter verändert sich eigentlich nur geringfügig. Man könnte es auch anders formulieren oder darstellen: Der konstanten Zahl der Beitragszahler steht die steigende Zahl der Pensionsempfänger gegenüber. Das muss langfristig natürlich zu großen Problemen führen.

Dazu kommt noch, dass in unserer Gesellschaft gerade das Anspruchs- und Vorsorgedenken immer stärker wird und sich dieses Denken natürlich sehr hemmend auf eine Budgetsanierung auswirkt.

Die Senioren sind sich der Verantwortung grundsätzlich bewusst, der nächsten Generation nicht eine noch größere Last aufzubürden beziehungsweise zu hinterlassen. Zu befürworten ist daher – das haben auch schon Vorredner erwähnt – die Notwendigkeit einer umfassenden Reform, zu der aber alle  – ich unterstreiche das Wort alle – Bevölkerungsgruppen, natürlich auch die Pensionisten, ihren Beitrag zu leisten haben – allerdings mit Sicherheit unter Wahrung der Gleichheitsgrundsätze und der sozialen Symmetrie. Ich möchte kritisch dazu anmerken, dass diese Gleichbehandlung der Pensionisten mit anderen Bevölkerungsgruppen nicht überall Niederschlag findet.

Einen besonderen Brocken möchte ich kritisch beleuchten, nämlich die Veränderungen im Absetzbetrag, wobei grundsätzlich zu bejahen ist, dass der vorgesehene Wegfall von Absetzbeträgen erst ab einer bestimmten Einkommenshöhe einsetzen soll. 75 Prozent der Pensionisten sind gar nicht betroffen, es bleiben aber immerhin noch 25 Prozent, die dann draufzahlen werden. Bei einem Einkommen in der Höhe von 26 000 S eines Pensionisten und eines Aktiven beträgt die Einkommensminderung beim Aktiven nur 756 S beträgt, beim Pensionisten jedoch 5 460 S. Da besteht natürlich künftig Handlungsbedarf, so kann es jedenfalls nicht bleiben. (Bundesrätin Schicker: Dann müssen Sie dagegen stimmen!)

Die Kaufkraft der Pensionisten muss künftig nicht nur im Interesse der Senioren, sondern auch im Interesse der Gesamtwirtschaft gewährleistet und sichergestellt sein. Bei künftigen Gesetzwerdungen, insbesondere bei der Sicherung der Pensionen, ist daher eine faire Zusammenarbeit im Kreise der Sozialpartner zu praktizieren. Die Gleichstellung des Österreichischen Seniorenrates mit den Interessenvertretung der Arbeitnehmer, der Wirtschaftstreibenden und der Landwirte darf nicht nur auf dem Papier stehen, sondern wir hoffen, dass diese Zusammenarbeit und Vorbereitung künftig ebenfalls gut beziehungsweise noch besser funktioniert. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.52

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Christoph Hagen das Wort. Ich mache darauf aufmerksam, dass wir die Verhandlung um 16 Uhr zur Besprechung der Anfragebeantwortung unterbrechen werden. – Bitte.

15.52

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Herr Staatssekretär! Werte Kollegen! Wir Jungen zahlen für die Schulden der alten Bundesregierung. – So könnte man die Situation, in der sich der österreichische Staat derzeit befindet, titulieren. Es ist schon richtig, was Frau Kollegin Kainz gesagt hat: Es ist tatsächlich so, dass die alte Bundesregierung Geld verschenkt hat, und zwar nicht wenig.


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Aber es hat auch eine Art Selbstbedienungsladen gegeben. Ich denke da an ehemalige SPÖ-Minister. Da fällt mir ein Pensionist namens Blecha ein, der sich heute für die armen kleinen Gehaltsbezieher bei den Pensionisten einsetzt. Wenn man jedoch bedenkt, dass er mehrere Pensionen hat, so finde ich das schon ein bisschen verwerflich. (Rufe bei der SPÖ: Wieso mehrere?)  – Er hat schon mehrere. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist ganz klar, weil er mehrere Dienstverhältnisse gehabt hat: als ÖGB-Präsident ... (Rufe bei der SPÖ: Moment! Moment!)

Nein, nicht ÖGB-Präsident? – Das wird sich klären lassen. Ich werde mit den Aufzählungen jedoch nicht fertig (Bundesrat Konecny: Nein, nein, Sie werden schon fertig!), wenn ich alles zitiere, was diese Bundesregierung ... (Bundesrat Konecny: Sie sind schon fertig!) – Wenn Sie meinen, Herr Kollege! Ich sage Ihnen jedoch, ich bin noch nicht fertig. Vielleicht möchten Sie nachher noch dazu reden. Jetzt bin ich am Wort. (Ruf bei der SPÖ: Alexander Götz gibt es auch! Wie war denn das mit dem?)

Sie haben alle ausreichend Zeit dazu, später vom Rednerpult aus Ihre Meinung abzugeben. Auch Herr Konecny darf das. Er muss sich nur zu Wort melden. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zurück zum Budget: Ich glaube, wir dürfen uns diese Zahlen im Budget von Frau Kollegin Kainz nicht schwarz malen lassen (Ruf bei der SPÖ: Die sind schon schwarz genug!), man sollte sich vielmehr die Expertenmeinungen dazu anhören. (Bundesrat Konecny: Deshalb haben Sie sich zu Wort gemeldet!)

Ich zitiere Universitätsprofessor Erich Streissler (Bundesrätin Mag. Trunk: Aber Sie haben selbst schon auch eine Meinung?): Die Budgetsanierung ist nicht etwas, das man aufschieben kann. Die Maastricht-Verträge haben schließlich Verfassungsrang. Hätte man mit dem Sanieren noch länger zugewartet, hätte man mit einem höheren Zinsniveau für die Gesamtwirtschaft rechnen müssen. Es ist falsch, wenn Kritiker den Sozialabbau beklagen, weil jedes Defizit schlussendlich vom Steuerzahler finanziert werden muss, geht es darum, die Belastung der künftigen Generationen zu reduzieren. Wir dürfen nicht noch mehr zu Lasten der Jugend agieren, als man das im Pensionsstaat Österreich ohnehin schon tut. – Das ist ein Zitat aus der "Presse" vom 19. 10. 2000.

IHS-Chef Bernhard Felderer sagt: Der Finanzminister hat diesmal das untere Einkommensdrittel geschont. Der Finanzminister hat ausgabenseitig gemacht, was in der Kürze der Zeit politisch möglich war. Mittelfristig, also in zwei bis drei Jahren, sollten die Konsolidierungsmaßnahmen positive Effekte nach sich ziehen. – Ebenfalls aus der "Presse" vom 19. 10. 2000.

Es geht noch weiter, ich hätte noch verschiedene Zitate, ich werde mich jedoch auf Grund der Zeit kurz halten.

Helmut Frisch, Vorsitzender des Staatsschuldenausschusses: Wenn die Konjunktur nicht wirklich einbricht, dann müssten Grassers Budgets für 2001 und 2002 halten. Die Forderung nach einer gesamtstaatlichen Verwaltungsreform gilt. Der Bund will zwar bis zum Ende der Legislaturperiode 10 000 Beamte abbauen, Länder und Gemeinden tun aber nichts in diese Richtung. – Zitat aus der "Presse" vom 19. 10. 2000.

Es geht noch weiter.– Ich möchte nun nur noch Folgendes sagen: Wir wurden auf die Flat-Tax angesprochen. Kollege Marizzi! Man muss zuerst den Staatshaushalt sanieren, damit man auch steuerliche Maßnahmen setzen kann. Eines muss ich Ihnen schon sagen: Die Belastungen und Einsparungen, die diese Bundesregierung durchführen musste, sind das Ergebnis von 30 Jahre langer verfehlter Finanzpolitik der SPÖ-Finanzminister. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.58


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670. Sitzung / Seite 105

Besprechung der schriftlichen Anfragebeantwortung 1607/AB–BR/00

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen zur Tagesordnung. Wir gelangen zur Besprechung der schriftlichen Anfragebeantwortung 1607/AB-BR/00 durch den Herrn Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen.

Da die Anfrage und die dazugehörende Anfragebeantwortung inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Bevor ich der ersten Rednerin das Wort erteile, mache ich darauf aufmerksam, dass gemäß § 60 Abs. 5 der Geschäftsordnung die Redezeit jedes Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist. (Bundesrat Konecny: Wo ist der Minister?)

Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Bundesrat Albrecht Konecny gemeldet. – Bitte.

15.59

Bundesrat Albrecht Konecny (zur Geschäftsbehandlung): Es wird hier offensichtlich versucht, die Beantwortung einer Anfrage durch den Bundesminister zu diskutieren. (Bundesrätin Haunschmid: Das ist überhaupt nicht wahr!) Es ist nicht die Absicht dieses geschäftsordnungsmäßigen Instruments, eine Debatte zwischen Bundesräten durchzuführen, sondern eine Debatte mit jenem, der diese Anfrage beantwortet hat.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir diese Debatte ohne die Anwesenheit des Herrn Bundesministers durchführen. (Bundesrat Dr. Böhm: Er ist im Haus!)  – Er ist im Haus, ich unterstelle ihm nicht, nicht im Haus zu sein. Ich habe für ein paar Minuten Verspätung Verständnis, aber ich bitte, die erste Sprecherin nicht aufzurufen, bevor der Herr Minister auf der Regierungsbank ist. (Beifall bei der SPÖ.)

16.00

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich greife diese Anregung auf und unterbreche die Sitzung bis zum Eintreffen des Herrn Bundesministers.

(Die Sitzung wird um 16 Uhr unterbrochen und um 16.04 Uhr wieder aufgenommen. )

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und erteile Frau Bundesrätin Brunhilde Fuchs das Wort. – Bitte.

16.05

Bundesrätin Brunhilde Fuchs (SPÖ, Wien): Werter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geschätzte Damen und Herren! Die Beantwortung meiner schriftlichen Anfrage hat mich und meine Fraktion veranlasst, diese Anfrage nochmals zur Diskussion zu stellen. Es tut mir sehr Leid, dass der Herr Staatssekretär nicht selbst anwesend sein kann (Bundesrat Dr. Böhm: Sarajevo! Er ist in Sarajevo!), obwohl ich es verstehen kann, da er selbst zu diesen Vorwürfen Stellung nehmen könnte und vielleicht mehr Licht in das Dunkel bringen könnte, als Sie das können, weil Sie nicht involviert sind.

Der Herr Gesundheitsstaatssekretär ist ein sehr fleißiger Mann, der durch dieses Berufsverbot, das er als Mitglied der Bundesregierung anerkennen muss, das natürlich auch für Staatssekretäre Gültigkeit hat, auf einige Berufsausübungen verzichten musste: zum Beispiel Facharzt für Radiologie in der Gemeinschaftspraxis, in der ich war, einige dotierte Tätigkeiten in der Ärztekammer für Wien, in der Ärztekammer für Österreich – aber nicht die ehrenamtlichen, und das sind nicht wenige –, dazu noch die Funktion des stellvertretenden ärztlichen Leiters in einem Krankenhaus, eine Zweitordination, Vorlesungstätigkeiten an der Universität Wien, Geschäftsführertätigkeit in einer Magnetresonanz-Tomographie GmbH und in einem Computertomographie-Ambulatorium.

Er übt sehr viele Tätigkeiten aus, und ich muss sagen, ich bewundere den Herrn Staatssekretär, dass er all das unter einen Hut bringen konnte. Jetzt musste er diese Tätigkeiten aufgeben. Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Hat der Tag des Herrn Staatssekretärs mehr als 24 Stunden? Wie lange dauert ein Tag für Freiheitliche?


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Da rede ich aber jetzt gar nicht vom Verdienen, vom Multiverdiener Dr. Waneck. (Bundesrat Bieringer: Der Neid muss etwas Furchtbares sein!) Hätte das einen Sozialdemokraten betroffen, dann hätte es aber schön ausgeschaut! Da wäre die Freiheitliche Partei ... (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Das gibt es in der SPÖ nicht!) – Genau das ist es. Das gibt es in der Sozialdemokratischen Partei nicht! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Denn solche Multifunktionen lädt sich bei uns niemand auf, weil jeder seine Funktionen, die er innehat, auch ordentlich ausführen möchte. Zu alledem kommt noch dazu, dass ich immer nur höre: Wein trinken, Wasser predigen. Dieses Sprichwort trifft im wahrsten Sinne des Wortes zu. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Das kennen Sie von sich selbst, nicht?)

Privilegienabbau verlangen – all das gilt nicht für die Freiheitlichen. Das gilt anscheinend immer nur für alle anderen. (Bundesrat Dr. Nittmann: Geh geh geh!)

Es ist auch in der Anfragebeantwortung in Schlagworten in eineinhalb Zeilen angeführt, mit welchen Aufgaben der Herr Staatssekretär jetzt in seiner Regierungstätigkeit betraut wurde. Und trotzdem hat er noch Zeit für zumindest eine seiner Ordinationen, in der ich ganz zufällig in den "Genuss" – unter Anführungszeichen – seiner Behandlung gekommen bin. (Bundesrätin Mühlwerth: Wieso haben Sie das überhaupt angenommen? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Werte Damen und Herren! Die Ausdrücke Spitzel und Spitzeltätigkeit, die angeblich zu mir passen, habe ich heute schon zum zweiten Mal gehört. Ich denke, wer im Glashaus sitzt wie alle, viele derer, wo ich jetzt hinschaue (die Rednerin blickt zu den Freiheitlichen – Bundesrat Dr. Böhm: Haben Sie gesagt: alle? – Dann weise ich das mit Schärfe zurück!), viele derer, wo ich jetzt hinschaue, sollte nicht mit Steinen werfen! (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

So wie Sie sich gegen unqualifizierte Angriffe verwehren, darf auch ich dieses Recht für mich in Anspruch nehmen. Ich hoffe, Sie haben es gehört (Beifall bei der SPÖ), dass diese Ausdrücke aus Ihrer Fraktion und aus dieser Fraktion gefallen sind. (Bundesrat Dr. Böhm: Aber nicht von mir!) Aus beiden Fraktionen ist dieses Wort gefallen. Gut. (Weitere heftige Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Dafür, dass Sie schlecht hören, kann ich nichts. Zufällig stehe ich in der Mitte. Daher habe ich diesen Ausdruck gehört. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Bieringer: Wo sind wir denn? Wir sind ja nicht bei einer Parteiveranstaltung der SPÖ! Nehmen Sie das zur Kenntnis!)

Ich verstehe schon, dass Sie sich aufregen. Ich würde mich auch aufregen. Aber ich rege mich auf – Sie gestatten, dass auch ich mich aufrege –, weil ich die Betroffene bin. (Bundesrat Bieringer: Gehen Sie zur SPÖ, und dort können Sie solche Tiraden loslassen!) Nein, Sie werden es nicht glauben, ich bin Bundesrätin in diesem Gremium, und da lasse ich mir von Ihnen nicht anschaffen, wo ich hinzugehen habe. Jetzt bin ich am Wort. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Bieringer: Sie sollen zur Parteiveranstaltung gehen! Das ist unerhört! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Der Herr Präsident hat mir das Wort erteilt, und das werden Sie mir nicht absprechen. Also, so weit kommen wir noch. (Beifall bei der SPÖ. – Bundes


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rätin Haunschmid: Lasst sie bitte reden! Lasst sie bitte reden! Lasst sie reden!)

Ich darf noch einmal in Erinnerung bringen: Wir alle hier leisten einen Eid, auf die Einhaltung der Gesetze zu achten. Jetzt frage ich mich: Gilt das nicht für alle? – In letzter Zeit haben wir ein paar anschauliche Beispiele gehabt – anschaulich im wahrsten Sinne des Wortes, weil man im Fernsehen gesehen hat, dass zum Beispiel jemand im Auto mit dem Handy ohne Freisprechanlage telefoniert (Bundesrat Grissemann: Ein Verbrechen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen), dass jemand nicht angegurtet im Auto fährt. Das ist in der Straßenverkehrsordnung aber vorgesehen. (Bundesrat Buchinger: Wahnsinn! – Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Sie können Verkehrsdelikte lächerlich machen – das ist Ihre Angelegenheit –, aber 1 000 Verkehrstote pro Jahr sprechen eine andere Sprache. Ich glaube, das müssen wir auch einmal aus Achtung vor diesen Toten festhalten. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Haunschmid: Aber der Fasching kommt erst! Aber der Fasching kommt erst, liebe Frau Kollegin! The show must go on!)

Jetzt kommt es aber zu einer Berufsausübung trotz eindeutigem Verbot. All diese Delikte, die ich jetzt aufgezählt habe, wurden von Regierungsmitgliedern begangen. Auf die Frage, welche Konsequenzen dieses Fehlverhalten nach sich ziehen wird, lese ich – ich darf zitieren –: "Unter Hinweis auf die obigen Ausführungen sehe ich keinen Anlass, einen ,Sachverhalt den notwendigen rechtlichen Überprüfungen zu unterwerfen.‘" – Sehr schön, weit sind wir gekommen.

Weiters sagt Herr Bundesminister Haupt zu den Fragen 5 und 6, nämlich auf den Hinweis einer Ministerweisung – ich zitiere –: "Im Hinblick auf die Integrität des Herrn Staatssekretärs, Universitätsprofessor Dr. Waneck sowie auf Grund der zuvor getroffenen Aussagen sehe ich nicht den geringsten Anlass zur Erteilung einer derartigen Weisung." – Zitatende, das ist aber auch das Ende meiner Toleranzfähigkeit. (Bundesrat Dr. Böhm: Haben Sie Toleranz überhaupt?)

Wo ist meine Integrität? Haben Sie das schon überlegt angesichts dieser Beantwortung? – Nur die Integrität des Herrn Staatssekretärs wird nicht bezweifelt. Implizieren Sie mit dieser Antwort, dass meine Vorwürfe erfunden und erlogen sind? War ich nicht dort? Habe ich das nicht erlebt?

Ich darf Ihnen nochmals den Sachverhalt darlegen, denn er ist gelegentlich unrichtig dargestellt worden.

Durch Zufall war ich heuer im Sommer zu einer Ultraschall- und Röntgenuntersuchung in die ehemalige Gemeinschaftspraxis überwiesen worden. (Bundesrätin Haunschmid: Zufall! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich würde Sie ersuchen, zuzuhören, denn nur dann, wenn Sie zugehört haben, können Sie auch Ihre, die echten Schlüsse aus diesen Fakten ziehen. (Bundesrätin Mühlwerth: Ihre! Ihre!)

Meine Damen und Herren! Sie können sich sicher mein Erstaunen vorstellen, als Herr Dr. Waneck gekommen ist, um mir diese Untersuchungen angedeihen zu lassen. (Bundesrätin Haunschmid: Hat er keine Tafel draußen gehabt? – Bundesrat Dr. Böhm: Aber nicht Hausverbot! Kein Hausverbot!) – Nein, aber ein Berufsverbot. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm: Aber nicht Hausverbot, sage ich!)

Hören Sie bitte zu! Er hat an mir eine Ultraschalluntersuchung vorgenommen. (Bundesrat Dr. Böhm: Darf er! Darf er!) Er hat mir eine Injektion gegeben. Er hat bei mir eine Röntgenuntersuchung gemacht. Also bei einem Berufsverbot darf jemand den anderen, nicht einmal einen Patienten, nicht einmal angreifen. (Bundesrat Dr. Böhm: Dann verstehen Sie es nicht!) – Sie werden mir dann erklären, was man unter Berufsverbot versteht, gut. (Bundesrätin Haunschmid: Ist ein anderer Arzt draußen gestanden? Ein anderes Arzttaferl mit einem anderen Namen?)

Ich war auch sehr überrascht über den Bericht im "Kurier" vom 27. 9. 2000, in dem geschrieben wurde, dass mich der Herr Staatssekretär im Wartezimmer gesehen hätte, und weil er quasi der "Arzt der Regierung" sei, hätte er für mich eine Ausnahme gemacht – gerade dass nicht gestanden ist, er habe mich bevorzugt behandelt. (Oh-Rufe bei der SPÖ. – Bundesrätin Haunschmid: Undank ist der Welten Lohn! – Bundesrat Hagen: Undank ist der Welten Lohn!)

Erstens einmal finde ich die Bezeichnung "Arzt der Regierung" bedenklich, wenn man mit Berufsverbot belegt ist. (Bundesrat Konecny: Sie brauchen doch einen!) – Sie brauchen einen; das ist eine andere Geschichte.

Zweitens: Ich bin kein Mitglied dieser Regierung, und ich hoffe, das ist auch Ihnen bewusst.

Drittens: Er kann mich im Wartezimmer nicht gesehen haben, weil ich in diesem Wartezimmer nicht gesessen bin.

Viertens verwehre ich mich gegen den Quasivorwurf, den Herrn Staatssekretär zu einer Ausnahme und damit zu einer Gesetzesverletzung verleitet zu haben. Im Gegenteil: Wenn ich das


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vorher gewusst hätte, wäre ich sicher nicht in dieses Institut gegangen. (Bundesrat Dr. Nittmann: Bitte lieber ORF, übertrag das in voller Länge!)

Fünftens bezweifle ich, dass mich der Herr Staatssekretär als Bundesrätin Bruni Fuchs erkannt hat, weil ich noch nie mit ihm Kontakt hatte, wir in diesen Räumlichkeiten 64 Personen sind, ich in keinem Ausschuss mit ihm zu tun habe und er meines Wissens nach seit seiner Tätigkeit einen einzigen Auftritt hier vor diesem Gremium hatte. (Bundesrat Grissemann: Haben Sie eine Perücke aufgehabt? – Bundesrätin Haunschmid: Krankenschein! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich bin nicht so eitel, dass ich mir einbilde, dass er gerade mich von diesen 64 Mitgliedern des Bundesrates kennt. Vor allem bin ich mit einem ganz normalen Krankenschein, wie viele andere Patienten an diesem Tag auch, zu dieser Untersuchung gekommen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Werter Herr Minister! Ich kann eine Täter-Opfer-Umkehrung absolut nicht akzeptieren, und ich kann auch eine Verniedlichung und ein Negieren von Gesetzesübertretungen nicht zur Kenntnis nehmen.

Ich fordere Sie daher auf, Herr Bundesminister: Suchen Sie keine Schlupflöcher und keine Hintertüren! Zeigen Sie den Freiheitlichen den Weg zu einer ehrlichen, korrekten Konfliktlösung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.17

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Mag. Herbert Haupt das Wort. – Bitte.

16.17

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Fuchs! Ich möchte Sie korrigieren, da ich glaube, dass Sie von einer diametral falschen Rechtsauffassung ausgehen. (Bundesrat Dr. Böhm: So ist es!)

Es ist nicht so, dass jemand ein absolutes Berufsverbot hat, wenn er in die Bundesregierung eintritt, sondern er hat nur ein Berufsverbot zu Erwerbszwecken.

Ich glaube, sehr geehrte Damen und Herren, dass das der entscheidende Unterschied ist. Ein Berufsverbot aus Erwerbszwecken und ein absolutes Berufsverbot sind zwei grundverschiedene Angelegenheiten. Ich darf schon darauf hinweisen, dass es für hoch qualifizierte Berufe, die nicht nur ein großes intellektuelles Ausmaß, sondern auch ein praktisches und visuelles Ausmaß erfordern, wie etwa der Beruf eines Radiologen oder auch andere Berufe etwa im technischen Bereich, im medizinischen Bereich, im weitesten Sinn aber auch in anderen qualifizierten Berufen in unserer Gesellschaft, erforderlich ist, wenn man nicht zeitlebens von der politischen Tätigkeit abhängig sein will, auch in der Zeit, in der man Freizeit hat – das gilt für die Ausübung von Mandaten, die ein Berufsverbot für Erwerbszwecke beinhalten –, sich durch Fortbildung und Weiterbildung à jour zu halten. (Zwischenruf der Bundesrätin Fuchs. )

Ich glaube, sehr geehrte Damen und Herren, dass das ein Problem ist, das in der politischen Diskussion schon sehr häufig zur Diskussion gestanden ist. In der Diskussion um die Politikerabfertigungen, um die Politikerpensionen hat man ein Problem früher so gelöst, indem man den Menschen nach der damaligen Auffassung eine hohe finanzielle Abgeltung für die Ausübung ihres erlernten, oftmals auch geliebten Berufes anheim gestellt hat. Heute, da es in diesem Bereich andere Möglichkeiten gibt und wir alle auch wissen, dass das Leben eines Politikers nicht mehr so langfristig, sondern eher kurzfristig ist oder manche auch nur temporär in die Politik einsteigen, besteht auch die Verpflichtung, sich in solchen Berufen neben der anspruchsvollen politischen Tätigkeit fort- und weiterzubilden. Das ist eine Conditio sine qua non, um im weiteren Leben nicht abhängig und Almosenempfänger der Gesellschaft zu werden.

Ich glaube daher, dass wir aus dieser Überlegung und nach der Auffassung entsprechend der Verfassungslage der Republik, nämlich die Meldepflicht an den Unvereinbarkeitsausschuss


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sowie die Überprüfung der Einkommenssituation durch den Rechnungshof, durchaus zu einem anderen Schluss kommen als Sie.

Ich glaube auch, dass es vielleicht kein Unglück ist, dass Herr Staatssekretär Dr. Waneck heute nicht ad personam anwesend ist. In Kenntnis des großen Spielraumes und angesichts der engen Sicht der medizinischen Schweigepflicht wäre die Beantwortung der von Ihnen in Frage gestellten Anfragebeantwortung mit all dem – verzeihen Sie mir den volkstümlichen Ausdruck – Rundherum dem Herrn Staatssekretär eher hinderlich, wobei aber eine umfassende Beantwortung für mich als Minister möglich ist.

Ich glaube daher, dass die Anfragebeantwortung in der Form weder für Sie eine Verhöhnung noch eine Infragestellung Ihrer Integrität, Frau Bundesrätin, darstellt. Im Gegenteil, es ist eine faire Beantwortung innerhalb des rechtlichen Bogens.

Ich darf Sie darauf hinweisen, dass Sie mit der Begutachtung und dem schlussendlichen Begutachtungsproblem, das Sie aus rechtlicher Sicht angesprochen haben, ein Thema angeschnitten haben, das in der medizinischen Alltagspraxis der Rechtspraxis in Österreich im medizinischen Alltag diametral dem gegenübersteht.

Sie wissen selbstverständlich, wenn Sie etwa ins Allgemeine Krankenhaus, in eine Ambulanz oder eine weiterführende Ambulanz kommen, dass Sie dann, wenn Sie von zwei oder drei Fachärzten begutachtet werden, schlussendlich eine Endbegutachtung bekommen, obwohl die einzelnen Schritte zum Beispiel unter Umständen von einem Anästhesisten, einem Facharzt für Anästhesie, von einem Orthopäden, von einem Radiologen, je nach Erkrankungsbild, durchgeführt werden.

Ich glaube daher, dass die Anfragebeantwortung einiges klarlegt. Sie sind mit Ihrem Krankenschein mit einem Institut in eine Abrechnung getreten. Dem Immunitätsausschuss und dem Unvereinbarkeitsausschuss ist auch klar, dass der Herr Staatssekretär derzeit keinen gültigen Vertrag mit einer Gebietskrankenkasse in Österreich hat und daher kein Erwerbszweck durch die Nichtabrechnungsfähigkeit eines Krankenscheines gegeben ist. Wenn Sie implizieren wollen, dass es andere Erwerbsmöglichkeiten gibt, so bin ich guten Mutes, dass in den jährlichen Überprüfungen des Rechnungshofes auf Grund der dortigen Darlegung, die der Herr Staatssekretär völlig korrekt, wovon ich ausgehe, gemacht hat, post festum das Gleiche festgestellt wird, was ich in meiner Anfragebeantwortung festgestellt habe, nämlich dass es keinen Handlungsbedarf gibt.

Ich darf Sie daher bitten, Frau Kollegin, als Patientin, die Sie zu einem Arzt gekommen sind, den sie eo ipso nicht wählen wollten, das in Anspruch zu nehmen, was das Recht eines Patienten ist, nämlich eine ärztliche Behandlung abzulehnen und dort hinzugehen, wo man sich besser oder vertrauter fühlt.

Ich glaube, dass insgesamt in der Angelegenheit für mich als Bundesminister kein Handlungsbedarf besteht. Sie haben in Frage gestellt, wie es denn möglich ist, dass jemand in seiner Freizeit eine unentgeltliche Tätigkeit ausübt, der Staatssekretär ist und rund um die Uhr zumindest mit Verhandlungsführungen und dem Abschluss der 15a-Verträge für die österreichischen Krankenanstalten befasst ist. Diese wurden innerhalb von vier Monaten abgeschlossen in der Zeit, in der ich noch nicht in der Bundesregierung gewesen bin, und zwar von seinem Kabinett federführend und schlussendlich auch unter meiner Einbindung und jener des Herrn Finanzministers. Damit hat er bewiesen, dass er trotz seiner unentgeltlichen Tätigkeit in der Freizeit in der Lage ist, in kürzerer Zeit eine Vereinbarung zu Stande zu bringen als alle vorangegangenen Bundesregierungen, die für diese Verhandlungen zumindest ein Jahr gebraucht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese konnten sich nicht mit einzelgesetzlichen Regelungen begnügen wie derzeit, sondern mussten kompliziertere Rechtskonstrukte finden, um den Ausgleich zwischen den Ländern, dem Bund und den Gemeinden in den Vereinbarungen zur Krankenanstaltenfinanzierung insgesamt abzuschließen.


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Ich darf nunmehr zu Ihrer polemischen Eingangsbemerkung, die Sie gemacht haben, auch eine polemische Replik zum Schluss machen: Ich bin Gott sei Dank lange genug in der österreichischen Innenpolitik – zunächst auf Studenten-, dann auf kommunaler und dann auf nationaler Ebene – tätig, um mich auch durchaus noch daran zu erinnern, dass es Finanzminister gegeben hat, die eine Firma "Consultatio" gehabt haben und tatsächlich wegen Unvereinbarkeit ihr Amt verlassen mussten.

Ich würde Sie daher bitten, in der Diskussion Fairness dort walten zu lassen, wo Sie sie einfordern, und die Anfragebeantwortung als das zu sehen, was sie tatsächlich ist, nämlich die korrekte Darstellung der tatsächlichen Verhandlungs- und Rechtspositionen, wie sie sich zurzeit darstellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.25

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Peter Böhm das Wort. – Bitte.

16.25

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Es ist alles Wesentliche bereits vom Herrn Bundesminister gesagt worden. Bereits die Anfrage selbst und ebenso die heutige Besprechung der Anfragebeantwortung geht von vornherein von einer rechtsirrigen Annahme aus, nämlich der verfehlten Annahme – das wurde vom Herrn Bundesminister schon zutreffend ausgeführt –, dass das Berufsverbot ... (Bundesrätin Fuchs: ... auch ein solches ist!)  – Wissen Sie, Jus ist ein bisschen schwieriger, als Sie denken. Da kann man nicht nur Worte studieren, da muss man den Sinn verstehen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Bundesrätin Fuchs. ) – Ich versuche, es Ihnen zu vermitteln.

Ein solches Berufsverbot im Sinne des § 2 Abs. 4 des Unvereinbarkeitsgesetzes schließt keineswegs jede Berufstätigkeit, daher natürlich auch keine ärztliche Tätigkeit aus. Es darf – das steht wörtlich drinnen, man muss es nur nachlesen – nur ein Beruf mit Erwerbsabsicht nicht ausgeübt werden.

Ich muss Ihnen schon sagen, Frau Kollegin Fuchs, bei allem Respekt vor einer Patientin und der Situation einer Patientin – das kann ich gut nachempfinden – erscheint mir Ihr Vorgehen in dem gesamten Zusammenhang auf der zwischenmenschlichen Ebene doch höchst problematisch. Denn Herr Staatssekretär Dr. Waneck hat – das ist bekannt – sowohl seine Zweitordination als auch die Geschäftsführertätigkeit in seiner ehemaligen Gemeinschaftspraxis aufgegeben. Keine Frage. Am 7. August – wenn ich richtig informiert bin, die Tatsachen kenne ich natürlich nicht – des heurigen Jahres haben Sie sich in dieser Gemeinschaftspraxis untersuchen lassen. (Bundesrätin Fuchs: Am Vormittag! – Bundesrätin Schicker: Da hat er wahrscheinlich Urlaub gehabt!) – Mag sein. Der Staatssekretär hat sich damals gerade in dem Labor seiner ehemaligen Gemeinschaftspraxis aufgehalten. (Bundesrätin Schicker: Zufällig!) – Ich wiederhole – ich meine das jetzt nicht polemisch –, ein Hausverbot hat er nicht. Er darf sich in seiner eigenen ehemaligen Gemeinschaftspraxis, in die er auch wieder einmal zurückkehren wird, wohl umsehen. Er hat sich dort aufgehalten und dann – da kenne ich ihn gut genug; ich gebe zu, ich bin mit ihm auch persönlich befreundet und glaube, ihn daher gut genug zu kennen – auf Grund seines ärztlichen Engagements die Behandlung aufgenommen. (Bundesrat Marizzi: Zufällig eine Spritze gegeben!)

Wenn man Ihnen, Frau Kollegin, glauben soll – ich glaube es Ihnen –, dass Sie zufällig in diese Praxis gekommen sind, gar nicht in Kenntnis, dass das die ehemalige Gemeinschaftspraxis des Staatssekretärs Dr. Waneck war (Bundesrätin Fuchs: Weil mich ein Kollege aus dem Krankenhaus dorthin verwiesen hat!), dann bin ich aber genauso geneigt, ihm darin Glauben zu schenken, was er mir auch persönlich bestätigt hat, dass er Sie zuvor im Wartesaal gesehen hat. (Bundesrätin Fuchs: Ich saß in keinem Wartesaal! Er konnte mich nicht sehen!)  – Oder in seiner Ordination. Ich war nie dort. Ich selbst war bei ihm noch nie in Behandlung. (Bundesrätin Fuchs: Daher ist diese Argumentation nicht in Ordnung! – Dann hätte er gesagt: Frau Kollegin! Guten Tag!)


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Frau Kollegin! Jedenfalls – auch das wurde bereits gesagt – haben Sie sich dann aus freien Stücken behandeln lassen. Denn – das hat auch der Herr Bundesminister zu Recht gesagt – Sie haben freie Arztwahl. Sie können die Behandlung ablehnen, und ich bin der Letzte, der Ihnen unterstellt, dass Sie als Agent provocateur dort waren. (Bundesrätin Fuchs: Das ist eine sehr heftige Unterstellung!) – Ich unterstelle Ihnen nicht, dass Sie dort als Agent provocateur tätig waren. (Rufe und Gegenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Wie kommen Sie dann auf Grund dieses Entgegenkommens des Staatssekretärs zu dem unhaltbaren Vorwurf, dass er dadurch ein Berufsverbot verletzt, ja sogar die Verfassung gebrochen habe.

Dabei wird offensichtlich unterstellt – das wäre jetzt in der Tat eine Unterstellung –, dass er sein ärztliches Engagement entgeltlich ausgeübt habe. Die Annahme eines Honorars wäre für ihn aber unabhängig von dem für ihn geltenden Berufsverbot. Berufsverbot jetzt wirklich im Sinne des Unvereinbarkeitsgesetzes, also mit Erwerbsabsicht, wäre für ihn unabhängig davon unzulässig gewesen, sofern es sich um eine sozialversicherte Patientin gehandelt hat. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Seinem ärztlichen Ethos wird aber wohl auch Dr. Waneck ungeachtet seines Berufsverbots verpflichtet sein dürfen. Zudem trifft ihn – auch darauf wurde schon hingewiesen – unverändert die Pflicht zur Weiterbildung. Tatsachenwidrig – nach Darstellung von Staatssekretär Dr. Waneck, ich kann die Vorgänge persönlich nicht nachvollziehen – ist auch die Behauptung, er selbst habe sich an die Presse gewandt. Nach seiner Version trifft das für Sie als Antragstellerin zu, und er hätte sich lediglich dazu veranlasst gesehen, die Tatsache der Behandlung zu bestätigen und die Darstellung aus seiner Sicht richtig zu stellen.

So erklärt sich etwa auch die Unterschrift der Frau Primaria Dr. Mauksch unter dem Befund damit, dass sie von der Ärztekammer her seine Dauervertreterin ist, dass sie jetzt die geschäftsführende Gesellschafterin dieses Unternehmens ist und daher für die Tätigkeit des Unternehmens verantwortlich ist und dass sie, so weit sie, sei es auch nur von der Sozialversicherung, honoriert wird, sozusagen den Gewinn zieht und nicht der Herr Staatssekretär.

Im Übrigen – auch das wurde schon gesagt – hat sich der Staatssekretär in seiner Eigenschaft als Arzt zu einer konkreten Behandlung nicht zu äußern. Er darf das im Hinblick auf seine ärztliche Verschwiegenheitspflicht überhaupt nicht.

Daher fasse ich zusammen: Nach meiner persönlichen Einschätzung spricht Ihr Vorgehen für sich selbst, sich vorerst aus freien Stücken von einem Arzt behandeln zu lassen und ihm das im Nachhinein publikumswirksam vorzuwerfen – um ihm politisch zu schaden, und im Bewusstsein dessen, dass er sich in Folge seiner ärztlichen Verschwiegenheitspflicht konkret dazu nicht äußern, also nicht voll verteidigen kann. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Dr. Nittmann: So ist es!)

16.32


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670. Sitzung / Seite 112

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

16.32

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte noch etwas korrigieren. Beim nochmaligen Durchlesen der Anfragebeantwortung ist mir bei der Beantwortung der Fragen 2 bis 4 und auch auf Grund der Aufmerksamkeit eines meiner Mitarbeiter aufgefallen, dass es korrekterweise bei den Fragen 2 bis 4 heißen müsste: "Gemäß § 2 Abs. 1 und nicht gemäß § 2 Abs. 4".

Ich bitte, das zu korrigieren. Das ist ein Fehler, der offensichtlich durchgegangen ist, damit die weitere Debatte nicht unter Umständen durch falsche Zitate belastet wird. (Bundesrätin Fuchs: In der Anfrage steht es eh richtig!)

16.33

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Trunk. – Bitte.

16.33

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Minister! Erlauben Sie mir eine Vorbemerkung zu Kollegen Böhm: Kollegin Bundesrätin Bruni Fuchs in den Kontext des sehr bekannten und aus der französischen Sprache kommenden "Agent provocateur" zu bringen, das heißt, auf gut österreichisch eine Täter-Opfer-Umkehrung vorzunehmen, ist unzulässig, Herr Kollege Böhm! (Beifall bei der SPÖ.)

Der zweite Punkt ist etwas heiterer: Herr Kollege Böhm! Ich denke, dass wir die richtige Einschätzung haben, aber nicht unter Selbstüberschätzung leiden, wenn Kollegin Fuchs Herrn Minister Haupt nach der schriftlich erfolgten Anfragebeantwortung noch einmal befragt, weil es Fakten klarzustellen und vor allem ihre Sicht der Dinge darzustellen gibt. Sie meinen, dass wir den publikumswirksamen Weg gewählt haben. Ich stelle die Publicity-Trächtigkeit der Bundesratssitzungen doch etwas in Frage. Ich denke, das war ein sehr korrekter Weg, den Herrn Minister in einer sehr persönlichen Faktendarlegung damit zu konfrontieren. (Bundesrat Dr. Böhm: Presse! Presse! Presse!)

Hauptbemerkung: Hätte der Herr Staatssekretär so geantwortet wie Herr Minister Haupt heute, dann hätte es nicht so viel Wirbel um einen Wirbel gegeben. (Bundesrat Ing. Gruber: Gibt es einen Wirbel? Wo denn?) Faktum ist, dass der Herr Staatssekretär keine Veranlassung hat zu erklären – ich zitiere –, er hätte eine Kollegin in einem Wartesaal, in dem sie gar nicht gesessen ist, gesehen. Punkt zwei: Er hat keine Veranlassung zu sagen, er hat die Bundesrätin wiedererkannt, die ihn nicht einmal kennt und die er zweifelsohne auch nicht kennt. (Bundesrätin Mühlwerth: Woher wollen Sie das wissen?) Das heißt, auf Kärntnerisch und auf Österreichisch gesagt, hätte sich der Herr Staatssekretär nicht in einen derartigen Wirbel hineingeredet, dann wäre heute nicht so viel Emotion entstanden, und Faktum muss Faktum bleiben. (Bundesrat Dr. Maier: Sie reden sich in einen Wirbel! Seien Sie vorsichtig!)

Ich denke, der Herr Minister hat sich in seiner Anfragebeantwortung auf die konkreten Gesetze bezogen. Ich denke auch, dass der Herr Minister heute eine Zusatzinformation bekommen hat, und diese Sache ist in Wirklichkeit ganz einfach zu klären. Ich lebe immer noch in einer Vertrauens- und nicht Misstrauensgesellschaft und sage: Gleiches Recht für alle. (Bundesrat Dr. Maier: Sind Sie aus der SPÖ ausgetreten?) Es war nicht angenehm, aber völlig korrekt –nein, es war nicht völlig korrekt, es war schon sehr parteipolitisch manipuliert, aber was auch immer. Was Kollegen Staribacher an korrekten Verfahren anheim gestellt wurde, was Peter Wittmann an korrekten Verfahren anheim gestellt wurde, so denke ich, das steht auch dem Herrn Staatssekretär zu. Das hat nichts mit Polemik zu tun, sondern ist Faktum. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir den Weg abkürzen wollen, dann weiß ich nicht, ob das überhaupt möglich ist, denn ich bin manchmal eine unkonventionelle Denkerin. Beim Herrn Staatssekretär geht es nicht um das Faktum, wie Sie richtigerweise zitiert haben, Erwerbstätigkeit, sondern ehrenamtliche, freiwillige Tätigkeit zur weiteren Übung. Kürzer formuliert: Wenn der Herr Staatssekretär einfach eine Ehrenerklärung abgibt und sagt: Ich beziehe kein direktes, indirektes oder anderes Einkommen!, dann ist die Geschichte erledigt. Aber der erste Punkt muss festgelegt werden. (Bundesrat Dr. Aspöck: Das ist doch keine Ehrenerklärung! Achtung!)

Es kann nicht eine Patientin, auch nicht eine Bundesrätin, zur Täterin gestempelt werden, wenn der Herr Staatssekretär ein bisschen ungeschickt agiert und handelt. Das ist es. Den Herrn Staatssekretär betreffend, die jetzige Regierung betreffend und die vorherige und die alte Regierung betreffend muss gleiches Recht für alle gelten. Das ist es. (Beifall bei der SPÖ.)


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670. Sitzung / Seite 113

16.37

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesrat Dr. Böhm hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Herr Kollege! Sie wissen über die Bestimmungen der Geschäftsordnung Bescheid.

16.37

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Frau Kollegin Trunk hat die Behauptung aufgestellt, ich hätte Frau Kollegin Fuchs als Agent provocateur bezeichnet. Ich habe ausdrücklich das Gegenteil gesagt, was Sie wissen würden, wenn Sie mir zugehört hätten – auch nicht ironisch verneint. Ich habe es nämlich in dem Kontext gebracht, dass freie Arztwahl besteht, dass Sie daher die Behandlung hätten ablehnen können und ich Ihnen nicht unterstelle, als Agent provocateur dort gewesen zu sein. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Rufe und Gegenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

16.38

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Konecny. – Bitte.

16.39

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Als Sie sich vor einigen Minuten anschickten, Ihre Anfragebeantwortung zu korrigieren, hatte ich gehofft, dass Sie die Unklarheit, die in genau dieser Detailantwort zu den Punkten 2 bis 4 enthalten ist, aus der Welt schaffen. Sie haben es nicht getan. Daher muss ich Sie darauf hinweisen.

Sie schreiben hier – wobei ich mich beim Zitieren auf den entscheidenden Halbsatz beschränke –: "wobei Einnahmen daraus den in der Präambel erwähnten Gesellschaften und Frau Primaria Dr. Mauksch ... zufließen".

Die Frage, was nun Erwerbszweck ist, ist gut. Eine meiner Professionen war Journalist. Wenn ich einen Artikel schreibe, dafür ein Honorar bekomme und mir das per Gesetz untersagt ist, dann verletze ich dieses Gesetz. Wie ist das eigentlich mit einer Tätigkeit, die ganz offensichtlich die Betriebskosten dieser Einrichtung herabsetzt? – Andernfalls hätte sich jemand anderer mit Patientin Fuchs auseinander setzen müssen. Sie vertreten die Meinung, dass die Einnahmen daraus den in der Präambel erwähnten Gesellschaften, also den beiden dort domizilierenden Gesellschaften, die im Zusammenhang mit der Ordination stehen – ich nehme an, es handelt sich bei diesen Gesellschaften um die Eigentümer der Geräte, aber das ist eine reine Vermutung –, zufließen, und dann ist das ein Erwerbszweck. Zumindest ist das Resultat ein möglicher Vermögenszuwachs. (Bundesrat Dr. d′Aron: Sehr weit hergeholt!) – Nein, überhaupt nicht, Frau Kollegin, überhaupt nicht! (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Wenn durch mein Handeln etwas, an dem ich zu 50 Prozent beteiligt bin, zusätzliche Gewinne hat und mir 50 Prozent dieser Gewinne zukommen, ist es ein Erwerbsergebnis. Ich formuliere das bewusst zurückhaltend. Ich behaupte auch nicht, dass das die Motivation des Herrn Staatssekretärs ist. Aber wenn ich mich erinnere – das Beispiel ist von Kollegin Trunk gebracht worden –, mit welcher Flut an Verdächtigungen es Steuerberater Staribacher zu tun hatte, als er Finanzminister wurde, dann kann man sagen, er hat eine völlig korrekte Lösung gefunden, sich von seiner Mitarbeit – das ist selbstverständlich –, von seiner Einflussmöglichkeit – auch das ist selbstverständlich –, aber selbst von jedem aktuellen indirekten Einkommen aus dieser weiter bestehenden Kanzlei freizuspielen. Es waren nicht Sie, Herr Professor Böhm, persönlich, aber Ihre Partei auch in dieser Kammer des Hauses, die nicht genug Verdächtigungen äußern konnte, welchen Vorteil sich Dr. Staribacher dadurch gesichert habe, dass er das Recht hat, seine Kanzleianteile zurückzuerwerben, weil diese möglicherweise in der Zwischenzeit mehr wert geworden sind. Jetzt könnte man sagen: Weil er die Finanzgesetze hätte komplizierter machen können, hätte die Kanzlei mehr zu tun gehabt und wäre mehr wert geworden.

Ich erspare es mir und Ihnen, jene zum Teil unangenehmen, tief ins Persönliche einer politischen und beruflich als hoch qualifiziert ausgewiesenen Persönlichkeit gehenden und die fiesesten Tricks unterstellenden Verdächtigungen im Zitat noch einmal vorzuspielen. Ich habe nicht die Absicht, gegenüber Herrn Staatssekretär Waneck Gleiches zu tun. (Bundesrat Mag. Gudenus: Ist schon gelungen!)

Aber wenn Ihre Antwort, Herr Minister, stimmt, dann würde ich dem Herrn Staatssekretär in aller Freundlichkeit ausrichten, dass jener Grad an Korrektheit, den einmal ein Finanzminister haben


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musste, in diesem Fall nicht erreicht wurde, obwohl die Lösung – auch das ist festzuhalten –, vom Unvereinbarkeitsausschuss des Nationalrates akzeptiert wurde. Aber wenn Sie darauf hinweisen, dass daraus möglicherweise Gewinn und damit Erwerb zufließen, dann sollte sich der Herr Staatssekretär solche missverständliche Auftritte ersparen. Dass er als Arzt auch bestimmten anderen Verpflichtungen unterliegt – er ist nicht im Haus, er ist im Ausland –, auch wenn das nicht seine engere Profession ist – das ist von den Grundkenntnissen umfasst –, wird sich jeder von uns gerne von ihm, wenn er die Stiegen hinunterfällt, schnell den Knöchel reparieren lassen. Das ist unmissverständlich.

In der ehemals eigenen Praxis herumzufuhrwerken, ist missverständlich. Ich lade Sie ein, lesen Sie einmal all das nach, was über Dr. Staribacher gesagt wurde, und malen Sie sich aus, was sich etwa der damalige Oppositionsführer Dr. Haider an netten Worten hätte einfallen lassen, wenn man Dr. Staribacher auch nur in zwei Kilometern Umkreis von seiner Kanzlei angetroffen hätte! (Beifall bei der SPÖ.)

16.45


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670. Sitzung / Seite 115

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

16.45

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Ich möchte den Worten des Kollegen Professor Konecny nur zwei Dinge hinzufügen. Erstens bin ich dankbar, dass Sie in Ihrer Rede auch angeführt haben, dass die Vorgangsweise, nämlich die Lösung, die Staatssekretär Waneck vorgenommen hat, vom Unvereinbarkeitsausschuss in der Form mit Mehrheit mitgetragen worden ist.

Zweitens zu dem Problem, das Sie aufgeworfen haben: Was ist Erwerb, was ist Zuerwerb? In welcher Form kann Zuerwerb in einer Praxis oder in einer GesmbH durch wen und durch welche Personen passieren? – Da hat der Gesetzgeber Gott sei Dank und weise vorausgesehen, dass der Rechnungshof in seinen jährlichen Prüfungen auch die GesmbH oder sonstige Besitzverhältnisse wie Realitäten und Häuser, Zuverdienste in Spar- und sonstigen Guthaben einschließlich jene zu deklarierenden Vermögen an Wertpapieren und Sonstigen im Einklang mit den jeweiligen Paragraphen, die zu beachten sind, kontrolliert. Nicht nur wir in der Tagespolitik sowie die Medien und alle anderen, die an einer Kontrolle interessiert sind, sondern auch unser Organ, der Rechnungshof, prüfen diese Angelegenheit nicht nur auf Grund einer Anfragebesprechung, sondern der Rechnungshof unterwirft es auch in seiner jährlichen Überprüfung einer Bewertung. Ich bin guten Mutes, dass das, was ich zu Punkt 2 bis 4 als Standpunkt vertreten habe, auch der Bewertung des Rechnungshofes standhalten wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.46

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Dr. André d'Aron. – Bitte.

16.46

Bundesrat Dr. André d′Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Kollege Konecny! Wir hatten in diesem Haus auch schon während meiner Zeit ein paar Mal eine Novelle zum Einkommensteuergesetz. Ich möchte noch einmal in Erinnerung rufen, worum es im Einkommensteuergesetz grundsätzlich geht.

Das Einkommensteuergesetz kennt sieben Einkunftsarten. Das ist die Einkunftsart eins aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbe, aus selbständiger Tätigkeit, aus unselbständiger Tätigkeit, dann kommt die Einkunftsart aus Vermietung und Verpachtung – das ist fünf –, sechs ist aus Kapital, und sieben sind die sonstigen Einkünfte. Erwerbseinkommen ist eins bis vier. Wenn Sie also sagen, dass ein Vermögenszuwachs bei einer Gesellschaft erwächst, weil Kosten gespart werden, dann ist das niemals ein Erwerbseinkommen und schon deswegen völlig falsch in Ihren Ausführungen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.48

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Gudenus. – Bitte.

16.48

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Es ist wohl einmalig, dass man einem Arzt Hilfeleistung vorwirft. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das war nicht erste Hilfe, bitte schön! – Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn Sie, Frau Kollegin, meinen, nicht die Hilfe eines Arztes nötig gehabt zu haben, warum sind Sie überhaupt in eine ärztliche Praxis oder ein Spital gegangen? Es wird doch hoffentlich nicht ein Plauschstündchen gewesen sein?! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Allgemeine Heiterkeit.)

Frau Kollegin! Sie haben den Eid des Staatssekretärs Waneck auf die Verfassung angeführt. Hiezu kommt auch der hippokratische Eid. (Bundesrätin Fuchs: Na eben!) Es ist eine Schnittstelle, die Sie doch ein bisschen beachten sollten. (Allgemeine Heiterkeit. – Bundesrätin Fuchs: Er hat mein Leben gerettet! Er hat mein Leben gerettet durch dieses Röntgen! – Heiterkeit.) – Frau Kollegin Fuchs! Dass es Sie jetzt sehr amüsiert, wundert mich nicht, aber als Sie Hilfe suchend ... (Allgemeine Heiterkeit sowie Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Thumpser: Hoffentlich kommt das nicht im Fernsehen!)

Wenn es so ist, Frau Kollegin, wie es das Gelächter ausdrückt, hat vielleicht der Vorwurf, den Sie Professor Böhm zu Unrecht gemacht haben, dass er Sie als Agent provocateur bezeichnet hätte, doch seine Berechtigung. Es wäre dann nämlich besser gewesen, Staatssekretär Waneck darauf hinzuweisen, dass er Sie nicht behandeln sollte. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn Herr Professor Konecny als gewiefter Hausbesitzer (Heiterkeit bei der SPÖ) weiß, dass in der Steuerart Nummer fünf Vermietung und Verpachtung vorkommen, ist es vielleicht doch eigenartig, dies einem Arzt vorzuwerfen (Bundesrat Konecny: Vermietet hat er auch noch etwas? – Heiterkeit bei der SPÖ), der eine Patientin behandelt.

Frau Kollegin Fuchs! Wären Sie mit einem spontanen Blinddarm-Durchbruch dort gewesen (allgemeine Heiterkeit – Bundesrat Konecny: Dann geht man doch nicht zum Röntgen! – Bundesrat Prähauser: Mit einem Blinddarmdurchbruch gehen Sie nicht mehr selbst zum Arzt!), verstünde ich ja noch, dass Sie sich nicht gewehrt haben. (Anhaltende allgemeine Heiterkeit.)

Dass Herr Professor Konecny ein ärztliches Einschreiten als “Auftritt” abwertet, bewertet die ganze Situation ganz besonders. Sie haben nämlich den Auftritt des Professors Waneck als Auftritt bezeichnet. Arzthilfe, Herr Professor, ist niemals ein Auftritt, das sage ich Ihnen! (Heiterkeit bei der SPÖ.) Die Diskussion, die Sie hier losgetreten haben, Frau Kollegin Fuchs, richtet sich selbst! – Es werden sich Ärzte hüten, Ihren Körper noch einmal einer Behandlung zu unterziehen. (Allgemeine Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Mag. Trunk: Bruni muss sterben! Keiner behandelt sie mehr!)

16.53

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Kollege Bieringer ist als Nächster zu Wort gemeldet – aber unter Umständen warten wir auch gerne, bis sich alles beruhigt hat. – Bitte.

16.53

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wollte mich an und für sich nicht zu Wort melden, aber ich habe mich dermaßen aufgeregt (Bundesrätin Fuchs: Das hat man gemerkt! – Bundesrat Marizzi: Weil du Waneck brauchst!) – nicht jetzt! –, als Frau Kollegin Fuchs von dieser Stelle aus sinngemäß gesagt hat – wir werden das im Protokoll nachlesen –: Ihr von der FPÖ und von der ÖVP seid alle Spitzel. – Ich weise diesen Vorwurf wenigstens für meine Fraktion – ich habe nicht für die FPÖ zu sprechen – mit aller


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Entschiedenheit zurück. In meiner Fraktion waren nie Spitzel und werden nie Spitzel sein! Das ist nicht der Stil der ÖVP! (Beifall bei der ÖVP.)

Machen Sie solch eine Politik dort, wo Sie sie wollen, aber nicht hier von diesem Rednerpult aus! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin froh darüber, dass Herr Professor Konecny gesagt hat, wenn hier jemand hinunterfallen und sich den Knöchel verstauchen würde (Bundesrat Prähauser: Brechen hat er gesagt!) und Herr Staatssekretär Waneck wäre anwesend, dann darf er das machen. – Gott sei Dank, dass Sie ihm das zugestehen, denn ich hätte schon geglaubt, auch hier hätte er Berufsverbot. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.55

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir werden uns selbstverständlich das Protokoll genau ansehen, das ist eine Selbstverständlichkeit. Wenn sich ein Kollege angegriffen fühlt, ist es eine Selbstverständlichkeit, dass wir all das überprüfen werden. – Ich bin unten gesessen. Mein Eindruck war, dass es nicht in dieser Schärfe formuliert war, wie Sie es empfunden haben, aber wir werden es selbstverständlich überprüfen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Besprechung über die Anfragebeantwortung ist damit abgeschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir setzen in unserer Tagesordnung, und zwar mit Tagesordnungspunkt 11 fort.

Als nächster Redner zu Tagesordnungspunkt 11 ist Herr Bundesrat Ing. Gruber gemeldet. Ich bitte ihn, zum Rednerpult zu kommen.

16.56

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Nach den Worten von Frau Kainz "Ich erspare Ihnen nichts!", habe ich mich erst zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Damen und Herren! Als 1970 die ÖVP aus der Regierungsverantwortung ausschied (Bundesrat Prähauser: Hinausgewählt wurde!), hat es fast keine Schulden gegeben. Als Bundeskanzler Schüssel und Finanzminister Grasser in der Finanzpolitik die Verantwortung und den Sanierungsfall übernommen haben, gab es ein erwartetes Budgetdefizit in der Höhe von 109 Milliarden Schilling, eine Zinsenlast von über 100 Milliarden im Jahr und Schulden in der Höhe von 2 245 Milliarden. Das bedeutet zurzeit pro Tag 680 Millionen Schilling an Zins- und Tilgungszahlungen. Wenn nicht jetzt die Zeit zum Sparen reif ist, wann denn dann, sehr geehrte Damen und Herren? (Beifall bei der ÖVP.)

Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen und die vernichteten Arbeitsplätze von übermorgen. Schuldenpolitik ist eine verantwortungslose und unsoziale Politik. Hätten wir keine Schulden, bräuchten wir auch dieses Budgetbegleitgesetz nicht, bräuchten wir keine Maßnahmen der sozialen Treffsicherheit, bräuchten wir all diese nationalen Kraftanstrengungen nicht.

Wir wenden im Jahr 800 Milliarden Schilling für Sozialleistungen auf, und 5 Milliarden Schilling werden eingespart. Man muss Proportionen wahren, und man braucht für Sozialmaßnahmen auch Bewegungsfreiheit.

Die Gräuelpropaganda von euch, liebe SPÖler, dass die Zumutbarkeitsbestimmungen der Arbeitslosen verschärft werden, dass die Notstandshilfe, die Abfertigung, die Familienbeihilfe gekürzt werden, dass das Pflegegeld besteuert und gekürzt wird, dass das 13. und 14. Gehalt be


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steuert würde – nichts davon steht im Programm der Bundesregierung. (Bundesrat Kaltenbacher: Die Notstandshilfe wird reduziert!)

Meine Damen und Herren! Lieber Herr Marizzi – er ist jetzt nicht da. Wir haben ein Wirtschaftswachstum, das ständig steigt, eine sinkende Arbeitslosenquote; mit den Lehrstellensuchenden haben wir kein Problem mehr, die Teuerungsrate geht zurück, und wir haben ein großes Export-Wachstum. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Sanierung verlangt von den Wirtschaftstreibenden, von den Bauern, von den öffentlich Bediensteten, von den Arbeitnehmern und auch von den Pensionisten Beiträge zur Konsolidierung, aber wir wollen mit einer unsozialen Politik, die auf dem Rücken unserer Kinder und Enkelkinder ausgetragen wird, brechen – deshalb dieses Budgetbegleitgesetz. (Beifall bei der ÖVP.)

16.59

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Giesinger. – Bitte.

16.59

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Die verschiedenen Wortmeldungen haben mich doch noch dazu animiert, auch etwas zu sagen.

Ich möchte nochmals betonen, dass damals, im Jahre 1970, als die SPÖ in die Alleinregierung ging, das Defizit ungefähr 4 Milliarden Schilling betrug.

Das ist um zirka 16-mal mehr als im Jahre 1970. Jetzt halten wir bei 108 Milliarden, und die Verschuldung ist um viermal mehr gestiegen als die Einnahmen. Wenn man davon ausgeht, dass ein Haushalt so leben würde, dann wäre längst kein Geld mehr da, und es wären alle total bankrott. Auch bei einer solchen Führung eines Betriebes gäbe es keine Arbeitsplätze mehr, und dieser wäre längst bankrott. (Bundesrat Prähauser: Außer er ist bei der Bank kreditwürdig! Dann ist eine Überbrückung möglich!) Er wäre nicht mehr kreditwürdig! – Ich glaube, dass es daher unbestritten ist, dass Strukturänderungen notwendig sind, und das versteht auch die Bevölkerung.

Ich muss sagen, dass ich mit verschiedenen Dingen auch nicht glücklich bin. Dennoch meine ich, dass es sehr wichtig ist, dass es jetzt wenigstens möglich ist, dass Strukturveränderungen vorgenommen werden, damit wir dann keine Schulden mehr haben. (Bundesrat Konecny: Das stimmt ja nicht!) Dann werden wir tatsächlich wieder mehr Spielraum haben, es wird keine Geldentwertung geben, und wir werden dann – so hoffe ich jedenfalls – auch nicht mehr so viel Steuern zahlen müssen. Ich meine, es ist notwendig, zu sparen, und diese Bundesregierung wird auch dann sparen, wenn sie keine Schulden mehr hat.

Ich möchte auch noch die Studiengebühren in diesem Budgetbegleitgesetz ansprechen, weil dieses Thema schon mehrmals angeschnitten wurde. – Man stelle sich vor: Die Meisterprüfung eines Lehrlings kostet den Meister 40 000 S bis 100 000 S. Das wird vom eigenen Geld bezahlt. Viele Menschen in Österreich absolvieren eine Weiterbildung und geben dafür teilweise auch 40 000 S bis 100 000 S aus und stellen später ihre Arbeitskraft der Allgemeinheit zur Verfügung. Daher finde ich es nur gerecht, dass Studiengebühren eingeführt werden.

Früher gab es auch Studiengebühren. Fragen Sie einmal jene Leute, die 50 oder 60 Jahre alt sind. Es konnte jeder studieren, auch wenn er arm war. (Bundesrat Konecny: Ich habe damals studiert!) Ich weiß aus meiner Heimatgemeinde, dass sich im Jahre 1930 sehr arme Leute das Geld vom Mund abgespart haben und die ganze Familie zusammengehalten hat, damit der Sohn studieren konnte. (Bundesrat Konecny: Das ist doch kein Ziel!) Ich möchte aber betonen: Jetzt kann jeder, auch wenn er das Geld nicht hat, jederzeit studieren.

Ich möchte auch noch erwähnen: Das Bundesratspräsidium war in Japan. Wir haben auch den Bildungsminister besucht. Herr Präsident Payer und Frau Vizepräsidentin Haselbach können


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das bestätigen. Der japanische Bildungsminister hat uns gesagt, dass in Japan sehr wohl Studiengebühren verlangt werden, und zwar relativ hohe Studiengebühren. (Bundesrat Prähauser: Dort kostet auch ein Kilo Rindfleisch 3 000 S!) Es schließen aber sehr viele Studenten positiv ab und haben auch eine relativ kurze Studiendauer. Er war eigentlich ganz entsetzt, dass es in Österreich noch keine Studiengebühren gibt und sich praktisch viele Leute gegen Studiengebühren wehren. (Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid. ) Er hat uns auch erzählt, dass es in Japan das Sprichwort gibt: Was nichts kostet, ist nichts wert.

Daher möchte ich nochmals sagen: Ich glaube, wir müssen auch diese Dinge bedenken. Die Bevölkerung ist zu sparen bereit. Es tut sicher vielen weh, auch uns tut es weh. Aber es wird damit der richtige Weg beschritten, sodass wir die Chance haben, die Schulden zu reduzieren und in einigen Jahren ohne Schulden dazustehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

17.05

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eine weitere Wortmeldungen liegt von Kollegen Gstöttner vor. – Bitte.

17.05

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ich wollte mich eigentlich nur zu einem Punkt melden, im Laufe der Diskussion haben sich aber noch zwei weitere ergeben. – Ich möchte aber versuchen, es ganz kurz zu machen.

Ich bin einigermaßen verwundert, dass immer wieder die 30 Jahre dauernde Regierungstätigkeit der Sozialdemokratischen Partei beziehungsweise der sozialistischen Partei angezogen wird. – Wir haben kein Problem damit, weil wir unter beiden Titeln gute Arbeit geleistet haben, und das Unterschwellige, das immer wieder mit hineingebracht wird, lassen wir einfach weg, weil ich der Meinung bin, dass das gar nicht hierher gehört! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich für meinen Teil bin stolz darauf, dass die Sozialdemokraten 30 Jahre lang die Verantwortung getragen und gute Arbeit geleistet haben, und ich bin einigermaßen verwundert, dass sich die FPÖ, die auch geraume Zeit mit uns in Koalition war, vor allem aber die ÖVP, mit der wir 13 Jahre lang in einer Koalition zusammengearbeitet haben, nun verschließen und so tun, als wäre nichts gewesen. – Im Hinblick darauf muss man immer wieder betonen, dass Einstimmigkeit notwendig war, um gewisse Dinge zu beschließen. Daher verstehe ich Ihre jetzige Haltung wirklich nicht.

Außerdem meine ich, dass man nicht so empfindlich reagieren sollte, wenn von unserer Seite der eine oder andere Punkt aufgezählt wird, welchen wir jetzt als Belastung empfinden, denn andererseits wird gleichzeitig auch das Gegengewicht aufgezeigt. Es ist halt einmal so in der Politik, aber auch in der Wirtschaft, dass jeder das, was er für richtig hält, aufzählt, und das sollte, wie ich meine, nach wie vor Geltung haben. – Das ist der erste Punkt.

Zum zweiten Punkt: Ich habe das ungute Gefühl, dass es, nachdem wir die lange Latte von Punkten hier abgehandelt haben werden, letzten Endes unterm Strich wieder Belastungen für die Städte und Gemeinden geben wird, die man im Moment noch gar nicht so richtig erkennt.

Jetzt wird der eine oder andere von Ihnen sagen, dass das klarerweise wieder kommen musste. – Natürlich kommt das! Wenn man in der Kommunalpolitik tätig ist, dann muss man immer daran denken, weil man wirklich jeden Schilling umdrehen muss. Daher darf es nicht sein, dass vom Bund und auch von den Ländern letzten Endes vieles auf die Gemeinden abgeschoben wird und man nicht mehr weiß, wie man über die Runden kommen soll. Man sollte nicht übersehen, dass die Aufträge, die in den Gemeinden gegeben werden, letzten Endes auch Maßnahmen zur Sicherung von Arbeitsplätzen sind. Wenn kein Geld mehr da ist, dann kann man auch keine Aufträge erteilen. Damit ist der Kreislauf gestört, und das wäre schlecht und können wir nicht brauchen.


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Zum dritten Punkt: Es gibt ein Schreiben der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter der Finanzgewerkschaft, einen offenen Brief an alle Abgeordneten zum Nationalrat und Bundesrat der Republik Österreich. Darin ist zu lesen, dass die Angesprochenen in wenigen Tagen über die von der Bundesregierung zur Abstimmung vorgelegten Budgetbegleitgesetze entscheiden werden und dass sich darunter auch das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das AWOG, befindet. Mit diesem soll der Bundesminister für Finanzen zukünftig ermächtigt werden, im Verordnungswege den Sitz und Amtsbereich von Finanzämtern mit allgemeinem Aufgabenkreis nach einer organisatorisch zweckmäßigen, einer einfachen und Kosten sparenden Vollziehung wie auch den Bedürfnissen einer bürgernahen Verwaltung dienenden Weise nach regionalen Gesichtspunkten festzulegen.

Sie schreiben dann weiter sinngemäß, dass sich die Abgeordneten, wenn dem zugestimmt wird, künftighin jedweder Möglichkeit begeben und sich selbst aus der Mitwirkung bei der Festlegung von Standorten von Finanzämtern ausschalten, weil der Herr Bundesminister für Finanzen nach diesen Regelungen die Möglichkeit hat, Standorte, ohne das Parlament zu befragen und darüber entscheiden zu lassen, selbst festzulegen. Er kann sich somit in dieser Frage der parlamentarischen Kontrolle entziehen und Standorte von Finanzämtern auflassen oder zusammenlegen, und damit verschlechtert sich nicht nur das Serviceangebot für die betroffene Region, sondern auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, da Firmen abwandern und dadurch auch Arbeitsplätze verloren gehen. Daher werden die Arbeitskräfte gezwungen, aus der Region auszupendeln; Mobilität ist nur mehr mit dem Auto möglich. In manchen Regionen ist dies tatsächlich der Fall. Dies bedeutet für die betroffene Region einen nicht unbedeutenden Verlust an Kaufkraft und für die Jugend ein verschlechtertes Arbeitsplatzangebot, was dann letzten Endes zum Anlass genommen wird, aus der Region abzuwandern. Ob das im Interesse unserer Regionen und Bezirke ist, ist zu bezweifeln! – So schreiben die Kollegen von der Gewerkschaft, und diese Meinung kann ich nur bestätigen.

Die öffentliche Hand sollte – das möchte ich zum Schluss noch vorbringen – neben der unbestrittenen notwendigen betriebswirtschaftlichen Sicht auch die gesamt-gesellschaftlichen Konsequenzen im Auge behalten.

Sie führen ein Beispiel aus der EU an, dass es Millionen gibt, mit welchen gewisse Regionen gefördert werden. – Eine zukunftsweisende Politik lässt solche schlecht gestellten Räume eigentlich gar nicht entstehen.

Aus diesem Grund fordert die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter in der Finanzgewerkschaft, dass dieser Änderung im Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz nicht zugestimmt werden soll. Geschätzte Damen und Herren! Das ist nicht nur im Sinne der Bediensteten der Finanzämter beziehungsweise der sozialdemokratischen Gewerkschafter, sondern auch im Sinne der in diesen Regionen lebenden Menschen! Ich sehe die genannten Maßnahmen als einen falschen Weg an! Das ist auch einer der Gründe, warum die SPÖ diesem Antrag nicht zustimmen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

17.10

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Staatssekretär. – Bitte.

17.10

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Ich möchte zur soeben erwähnten Abgabenorganisationsänderung Stellung nehmen, weil diese nicht ganz vollständig wiedergegeben wurde.

Bis 2003 ist die Zustimmung des Hauptausschusses notwendig, ab 2003 kann der Herr Bundesminister für Finanzen die Änderungen selbst vornehmen. Es ist also bis 2003 weiterhin eine parlamentarische Mitwirkung vorgesehen.

Was ist der Hintergrund? – Wir sind dabei, die Finanzorganisation im Sinne der notwendigen Neuordnung der Verwaltung, die auch die Finanzverwaltung betrifft, neu zu regeln, denn wir haben auch die Vorgaben mitzutragen, dass wir Personalkürzungen vorzunehmen haben. Bis


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zum Jahr 2003 sind im gesamten Verwaltungsbereich 11 000 Planstellen nicht mehr nachzubesetzen, das betrifft auch die Finanzverwaltung. Wenn wir in der Organisation und Abwicklung keine entsprechenden Maßnahmen setzen würden, würde eine Leistungsverschlechterung eintreten.

Es wird immer wieder gefordert, dass wir ausgabenseitig sparen und Verwaltungsreformen durchführen sollen. Wenn dann jedoch irgendetwas im Raume steht und noch gar nichts Näheres bekannt ist, wird schon dagegen gewettert.

Wir bereiten derzeit ein Finanzkonzept 2001 vor, mit welchem weitgehend automationsunterstützt – Stichworte: Finanz online und virtuelles Amtshaus – die Tätigkeit der Finanzbehörden für den Staatsbürger erleichtert werden soll. Die Finanzverwaltung soll in die Lage versetzt werden, mit weniger Personal trotzdem gute oder sogar qualitativ noch bessere Arbeit zu leisten. Das ist der Grundgedanke.

Selbstverständlich kann die Aufbauorganisation der Finanzverwaltung, Standorte, Größe der Finanzämter und dergleichen mehr, davon betroffen sein. Wir sind uns aber dessen bewusst, dass wir dabei insbesondere die Regionen beachten müssen, denn es geht nicht an, dass in Dörfern das Postamt zugesperrt wird, das Bezirksgericht und der Gendarmerieposten geschlossen werden, die Eisenbahnstation aufgelassen wird, kein Bus mehr fährt und auch das Finanzamt verschwindet. Wir sind uns dessen bewusst, dass es dazu nicht kommen darf, und ich kann Ihnen versichern, dass wir das mit berücksichtigen werden! Aber Änderungen sind notwendig, es darf keinen Stillstand geben. Ich meine, unter diesen Bedingungen ist dieses AWOG ohne weiteres mit zu beschließen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.14

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schöls. – Bitte.

17.14

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte mit der Wortmeldung des Kollegen Gstöttner so lange keine Probleme, solange er seine Argumente nach meinem Dafürhalten sehr sachlich ausgeführt hat. Auch ich bekenne mich dazu, dass wir uns für das, was wir gemeinsam in den letzten Jahrzehnten aufgebaut haben, nicht genieren müssen.

Wir alle haben teilweise über unsere Verhältnisse gelebt, das zu wenig beachtet und darauf gewartet, dass der Onkel aus Amerika kommt und all das bezahlt. Jetzt haben wir das Aha-Erlebnis, dass dieser Onkel aus Amerika nicht kommt und wir daher die Dinge selbst ins rechte Lot bringen müssen. Das ist der Grund, warum ich trotz aller Probleme, die ich auch als Gewerkschafter habe, zu vielen Dingen kurzfristig ja sage.

Lieber Ferdinand! Zu meiner jetzigen Wortmeldung hat mich der Umstand bewogen, dass du versucht hast, bei der Darstellung der jetzigen Situation der AWOG-Novelle das Kurzzeitgedächtnis wirksam werden zu lassen. – In diesem Haus ist auf der Regierungsbank Rudolf Edlinger gesessen, als wir über die AWOG-Novelle diskutiert haben. Ich war einer jener Mandatare, die hier einen Antrag gegen die Schließung von Finanzämtern eingebracht haben, und zwar unter Rudi Edlinger und nicht unter Karl Heinz Grasser und Alfred Finz. Rudi Edlinger hat verschiedene Dinge ertrotzt. Es ging um die Schließung des Finanzamtes Wien Umgebung. Und die Strukturmaßnahmen betreffend das Finanzamt Lilienfeld, mit welchen viele keine Freude haben, kamen zu einem Zeitpunkt, als nicht Karl Heinz Grasser, sondern Rudi Edlinger Finanzminister war. – Das wollte ich jetzt erwähnen.

Ich habe auch meinen Freunden von der sozialdemokratischen Fraktion in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst gesagt, dass es sich nicht so verhält, dass es bis 4. Februar Gutzeiten für den öffentlichen Dienst gegeben hat und ab 4. Februar die Böszeiten kamen, sondern dass wir in der Politik in manchen Bereichen immer nachgeben mussten. – Daher gebe ich auch jetzt


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meine Zustimmung in vielen Bereichen, obwohl ich nicht mit dem Herz, sondern nur mit dem Verstand dabei bin. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

17.17

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Staatssekretär! Ich darf Ihnen danken, dass Sie hier waren. Gute Reise zum Nationalrat!

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

12. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbstständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung (Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG) (312, 214/A und 356/NR sowie 6269/BR der Beilagen)

13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 und das Kunstförderungsgesetz geändert werden (313 und 356/NR sowie 6270/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 12 und 13 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbstständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung und

ein Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 und das Kunstförderungsgesetz geändert werden.

Die Berichterstattung über die Punkte 12 und 13 hat Herr Bundesrat Keuschnigg übernommen. Ich bitte ihn um die Berichte.

Berichterstatter Georg Keuschnigg: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die beiden Berichte des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur liegen Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich darf daher die Anträge verlesen.

Betreffend den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbstständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung stellt


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der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur nach Beratung der Vorlage am 12. Dezember 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Hinsichtlich des Beschlusses des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 und das Kunstförderungsgesetz geändert werden, stellt der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur nach Beratung der Vorlage am 12. Dezember 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hösele. – Bitte.

17.19

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine zweite Wortmeldung wird etwas kürzer sein.

Die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung, also das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz, ist zwar keine umfassende Gesamtlösung, aber ein erster wesentlicher Schritt zur sozialen Absicherung und zur Altersversorgung von Tausenden Künstlerinnen, Künstlern und Kunstschaffenden in Österreich; man rechnet im ersten Durchgang mit 6 500 Künstlern und Kunstschaffenden.

Es ist vor allem Staatssekretär Morak zu danken, dass die bei ihrem Amtsantritt als so reaktionär und illiberal apostrophierte "Wenderegierung" in den wenigen Monaten seit dem 4. Februar das zu Stande gebracht hat, was die angeblich so fortschrittliche Kunst- und Kulturpolitik in den letzten Jahrzehnten nicht geschafft hat.

Zugleich sehe ich es als erfreuliches Zeichen des Grundkonsenses an, der meiner Meinung nach gerade in Fragen der Freiheit der Kunst und der Meinungsäußerung besonders wichtig ist, dass die SPÖ-Fraktion diesem Gesetz im Nationalrat ihre Zustimmung erteilt hat.

Als steirischer Lokalpatriot möchte ich nicht nur anmerken, dass Staatssekretär Morak ein Steirer ist, sondern auch erwähnen, dass die steirische Literatin Andrea Wolfmayr, welche die existenziellen Probleme der Kunstschaffenden auch aus persönlicher Betroffenheit bestens kennt, im Nationalrat an dieser Gesetzwerdung entscheidend mitgewirkt hat.

Es geht nämlich nicht nur um Lippenbekenntnisse zur Freiheit der Kunst und der Kunstschaffenden, sondern um Taten. Eine Grundbedingung, um die Freiheit wirklich leben zu können, ist eine gewisse Basissicherheit. Diese soll es gerade auch für kritische Kunstschaffende geben.

Dieses Gesetz und der Geist, der dahinter steht, veranlassen zu einer grundsätzlichen Bemerkung zum Verhältnis von Staat und Kunst: Uns muss bewusst sein, dass Kunstschaffende per se tendenziell subversiv, oppositionell, provokant, unbequem und seismographisch sind und dass bei einer ehrlichen Auseinandersetzung mit Kunst und Künstlern Toleranz nicht nur gefordert ist, sondern diese bei uns auch fördert. Das Recht auf freie Meinungsäußerung, also die Freiheit der Kunst und der Medien, gehört zu den fundamentalsten Voraussetzungen der Demokratie und ist Produktivkraft der weiteren Entwicklung einer offenen Zivilgesellschaft.

Besonders gut hat mir ein Satz des prominenten österreichischen Literaten Michael Scharang gefallen, der sehr zum Unwillen manch anderer Künstlerkollegen einen kunst- und kulturpolitischen Dialog mit Staatssekretär Morak und erfolgreiche Verhandlungen zur Verbesserung der Situation der Schriftstellerinnen und Schriftsteller geführt hat. Er hat seinen Kritikern gesagt – ich zitiere –: Dass ich mit der jetzigen Regierung nicht einverstanden bin, belastet mich bei den Verhandlungen nicht, da ich noch nie mit einer Regierung einverstanden war. – Dieses Einverständnis ist ohnedies nicht gefordert, sondern die offene Auseinandersetzung.

Heute haben in einer Pressekonferenz – ich habe das gerade in der Abendausgabe des "Kurier" gelesen – Peter Turrini und Michael Scharang noch einmal darauf hingewiesen, dass das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz als ein positiver erster Schritt zu werten ist.

Ich darf eine abschließende Bemerkung machen, auch wenn das Licht schon leuchtet.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Da stimmt etwas nicht, Sie haben nämlich erst 3 Minuten und 41 Sekunden gesprochen.

Bundesrat Herwig Hösele (fortsetzend): Der Kulturbegriff in seinem umfassenden Sinne umfasst für mich auch die politische Kultur und die Sprachkultur. Der Text des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes unterscheidet sich, da dieses Gesetz erstmalig beschlossen wird, wohltuend von Texten vieler Novellierungen, indem er lesbar und verständlich ist. Sie alle wissen das besser als ich, denn ich lese diese Gesetze erst seit einigen Wochen etwas aufmerksamer.

Dass es leicht lesbar wäre kann man hingegen vom Budgetbegleitgesetz leider nicht behaupten. Dort finden sich zum Beispiel folgende Formulierungen – ich hoffe, ich verspreche mich jetzt nicht –: "Dem § 78 wird folgender Absatz 20 angefügt: ‚(20) § 1 Abs. 1, § 12 Abs. 3 ...’" bla, bla, bla. Es geht hierbei um sieben Absätze. Es treten also verschiedene Absätze "und § 70 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. XXX/2000 mit 1. September 2001 in Kraft. § 8 Abs. 4 tritt mit 31. August 2001 außer Kraft". – Ich halte das nicht gerade für sehr verständnisfördernd und bürgernah. Im Sinne der jahrzehntelangen Forderung nach besser verständlichen Gesetzen wäre es auch wünschenswert, dass nicht nur die jeweiligen Abänderungen veröffentlicht werden, sondern der komplette neue Gesetzestext kundgemacht wird, damit alle Gesetze so schön, schlank und gut formuliert aussehen wie das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz, dem ich sehr gerne zustimme. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.25

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Hoscher. – Bitte.

17.25

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es ist nicht immer drin, was draufsteht. – Ich glaube, das vorliegende Gesetz ist unter diesem Motto entstanden, denn es ist von einer Lösung, die den Namen "Sozialversicherung" zu Recht tragen kann, doch relativ weit entfernt. Der Titel ist eher dem Reich des regierungspolitischen Marketings verpflichtet als dem suggerierten Inhalt.

Folgt man aber dem Rat etwa Willie Dixons, dass man ein Buch nicht unbedingt nach seinem Umschlag beurteilen soll, dann sollte man durchaus anerkennen, dass der hier eingeschlagene Weg einen Schritt in eine zielführende Richtung bedeutet, wenngleich der Horizont noch sehr weit entfernt ist, wenngleich auch das jetzige Gesetz sicherlich nicht leicht erreichbar war. Der einzuführende Pensionsbeitragszuschuss wird sicherlich keine Künstlerexistenz sichern, manche allerdings erleichtern, und schon das ist ein äußerst begrüßenswerter Effekt.

Gleichzeitig – ich möchte mich jetzt wie Kollege Hösele auf die Nationalratsdebatte beziehen – haben es die Regierungsfraktionen in dieser Nationalratsdebatte aber nicht verabsäumt, diesen ersten und, wie ich betonen möchte, begrüßenswerten Schritt in ihren Kommentaren gleich wieder selbst zu relativieren. Im Ausschussbericht wird noch vermerkt, dass dem künstlerischen Schaffen ein hoher Stellenwert beizumessen sei. In der Debatte vernahm man jedoch aus den Reihen der ÖVP die Meinung, dass man das Thema pragmatisch sehen müsse – ich zitiere –: "Wenn ich von etwas nicht leben kann, muss ich mich eben nach etwas anderem umsehen." – Diese "kritische Distanz" – unter Anführungszeichen – gibt es bei anderen Berufen nicht ganz so, dort werden heftigst Fördergelder verteilt, aber das nur nebenbei.

Wenn dieser Ansatz zur politischen Handlungsmaxime erhoben wird, bedeutet das ein Abgehen vom Bekenntnis zur Vielfalt der Kunst beziehungsweise zwangsläufig eine Rückkehr zum Mäzenatentum früherer Zeiten, einem Mäzenatentum, das sich genau jene Kunst bestellt, die genehm ist, und andere Richtungen ökonomisch verhindert. Wenn wir uns – wie ich meine durchaus zu Recht – rühmen, eine Kulturnation zu sein, dann müssen wir Kultur und Kunst auch Rahmenbedingungen bieten, die es den Kunstschaffenden ermöglichen, ein menschenwürdiges Dasein zu führen. In diesem Bereich gibt es allerdings etwas andere Notwendigkeiten, denn letztlich geht es nicht nur um die Frage, ob alle Kunstschaffenden hier und heute von ihrer Kunst auch leben können, sondern auch darum, dass viele Künstler zu einem kon


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tinuierlichen Karriereaufbau Zeit benötigen, und es geht vor allem auch darum, ob wir Kunst zulassen wollen, und zwar gerade dann, wenn sich die Künstler nicht selbst ausreichend finanzieren können.

Das vorliegende Gesetz kann somit sicherlich nur als Initialzündung verstanden werden: Kranken- und Unfallversicherung müssen hinzukommen, ebenso eine Verbreiterung der Finanzierungsbasis. – In diesem Zusammenhang wurde auch das Wirken der früheren Regierung angesprochen: Wir haben solche Ansätze in den vergangenen Jahren immer wieder vorgeschlagen, diese wurden vom Koalitionspartner aber ebenso oft abgelehnt. Zudem sind einige Berufsgruppen in diesem Gesetz noch nicht erfasst. Wie sich der so genannte dynamische Künstlerbegriff, über den viel diskutiert wird, bewähren wird, bleibt abzuwarten.

Ich hoffe, dass weitere Schritte folgen werden, denen einen "Meilenstein" – unter Anführungszeichen – der existenziellen und sozialen Absicherung, wie es von der FPÖ im Nationalrat bezeichnet wurde, stellt dieses Gesetz sicherlich nicht dar. Auch sollte der Grund dafür, dass die nunmehrige Regelung getroffen wurde, nicht vergessen werden: Dieser liegt weniger in der Liebe zur Kunst, sondern vielmehr darin, dass ab Beginn des Jahres 2001 selbständig Kunstschaffende unter das GSVG fallen und die dadurch entstehende Beitragspflicht nicht wenige Künstler existenziell noch stärker bedrohen wird, als es ohnehin schon jetzt der Fall ist.

Nochmals: Als erster Schritt ist dieses Gesetz zu begrüßen. Daher werden wir auch zustimmen. Es darf dies jedoch nicht das Ende des Prozesses sein. Dabei kann sich der Staatssekretär unserer Unterstützung sicher sein, und zwar wahrscheinlich sicherer als jener des Koalitionspartners. Herr Staatssekretär! Wenn ich nämlich einem Ihrer Interviews entnehme, dass die FPÖ zunächst für eine Kürzung der Kunst um 50 Prozent eingetreten ist – was immer das heißen mag –, dann haben Sie mit der von Ihnen angeführten Domestizierung einer politischen Bewegung wohl noch viel Arbeit vor sich! – Abschließend noch ein Zitat eines prominenten heimischen Künstlers: "Es ist nicht alles rosarot, noch lange nicht!" (Beifall bei der SPÖ.)

17.29

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Staatssekretär. – Bitte.

17.29

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Meine Damen und Herren! Wir haben in den vergangenen zehn Monaten dieses Gesetz erarbeitet, und ich möchte doch bitten, darauf zu schauen, was darüber steht. Darüber steht nämlich das, was auch im Gesetz steht: "Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbstständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung"!

Um Legendenbildungen vorzubeugen: Es ist dies ein Beitrag zur Sozialversicherung, und ich meine auf Grund der zahlreichen und auch sehr sachlichen Gespräche, die einerseits mit Künstlervertretern, andererseits aber auch mit Vertretern der politischen Parteien, der FPÖ, der SPÖ und auch mit unseren eigenen Freundinnen und Freunden, geführt wurden, dass wir eine gangbare und finanzierbare Lösung gefunden haben.

Ein Problem, welches sich in diesem Zusammenhang ergibt, ist hier schon angeklungen: Mit 1. 1. 2001 werden alle selbständig künstlerisch tätigen Personen von der Versicherung der gewerblichen Wirtschaft erfasst werden. Das hat in einem Konsensklima zu der Reaktion geführt, dass wir diesen "Schock" – unter Anführungszeichen – auffangen wollten, weil uns die Position der Kunst – Bundesrat Hösele hat das bereits sehr schön und klar herausgearbeitet – sehr wesentlich ist.

Es gibt eine Künstler-Sozialversicherung natürlich auch in anderen Ländern, weil es sich hierbei um einen sehr gefährdeten und sensiblen Bereich der Produktion handelt. Wir sind mit allen Beteiligten offensiv darauf zugegangen. Ich wiederhole jetzt, was ich im Ausschuss schon einmal gesagt habe: Was unterscheidet dieses Gesetz von allen bisherigen Vorschlägen? – Der Umstand, dass es dieses Gesetz jetzt gibt! Und dafür sage ich allen Parteien in diesem Parlament herzlichen Dank!


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670. Sitzung / Seite 125

Wir sind im Laufe der Entstehung dieses Fondsgesetzes auch auf die Einwände der Künstlerschaft zugegangen. Wir haben in zwei oder drei Marathonsitzungen diese Auseinandersetzung geführt, die von einem sehr konsensualen Klima geprägt waren, das muss ich sagen. Es wurde der Kritik, die in der Begutachtungsphase gemacht wurde, mehrfach entsprochen, und zwar zum einen durch das Senken der unteren Einkommensgrenze in Richtung Geringfügigkeitsgrenze, und zum anderen dadurch, dass wir einen gesetzlichen Anspruch auf maximal 12 000 S festgeschrieben haben. Wir erreichen somit im Bereich der Pensionsversicherung bei den unteren Einkommensschichten einen Deckungsgrad von 100 Prozent und selbst bei den oberen Einkommensschichten, also bei 24 000 S, einen noch von immerhin 30 Prozent.

In der letzten Wortmeldung ist der dynamische Kunstbegriff angeklungen. Ich möchte jetzt weder provokant noch polarisierend sein und in diesem Zusammenhang von keiner Ausrede sprechen. Aber es ging in langen Diskussionen immer wieder um die Fragen: Was ist ein Künstler? Wie definiert sich ein Künstler? Wann ist jemand ein Künstler, und wann ist jemand kein Künstler? – Wir sind auf das Thema geradewegs zugegangen, indem ich gesagt habe: Im Grunde gibt es das Lesen beziehungsweise das Schreiben, das Malen beziehungsweise die Bildende Kunst, das Singen und Musizieren und alle diesbezüglichen Derivate, und all das verändert sich natürlich von Tag zu Tag. Mit jeder künstlerischen Äußerung verändert sich dieser Begriff. Deswegen haben wir gesagt: Wir setzen Künstlerkommissionen ein, die das beurteilen. Der Vertreter des Staates hat innerhalb dieser Kurien kein Stimmrecht, und auf diese Weise kann der Begriff "Kunst" immer an die geltenden Kunstäußerungen angepasst werden.

Der ganze Fonds wird durch den Rechnungshof geprüft. Deswegen ist auch dem Bundeskanzler im Gesetz die Aufsichtsfunktion zugeteilt worden, dabei, sonst wäre das nicht möglich gewesen. Darüber hinaus – das ist in der Diskussion der letzten Tage viel zu sehr untergegangen – haben wir auch eine langjährige Forderung unserer Autorinnen und Autoren erfüllt, nämlich den aus der Bibliothekstantieme hervorgegangenen Sozialfonds der Autorinnen und Autoren in gesetzlichen Rang zu erheben: 16 Millionen Schilling der LVG werden dort verwaltet. Ich glaube, das ist für alle Leute, die diesem Gesetz zugestimmt haben – ich hoffe auch auf Ihre Zustimmung! –, ein großer Erfolg, und das ist eine positive Entwicklung für die Künstler und die Kunst. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

17.35

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

17.35

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem ich den Ausführungen des Herrn Kollegen Hösele und des Herrn Staatssekretärs gelauscht und meine Aufzeichnungen zu dieser Materie durchgeschaut habe, habe ich festgestellt, dass ich jetzt bereits die Hälfte davon streichen kann, wenn ich nicht etwas wiederholen will, was schon gesagt wurde. Das werde ich nicht tun, daher möchte ich nur ein paar Anmerkungen zu Herrn Kollegen Hoscher machen.

Herr Kollege! Es freut mich, dass Sie diesem Gesetz zustimmen können. Das freut mich deshalb, weil, wie Sie alle wissen, seit 20 Jahren über die Schaffung einer Künstler-Sozialversicherung beziehungsweise eines Künstler-Sozialversicherungsfonds diskutiert wurde, ohne dass jemals etwas geschehen ist. Daher darf man jetzt wohl ein bisschen stolz sein und sagen: In diesen neun Monaten ist es der neuen Regierung gelungen, wenigstens ansatzweise einen ersten Schritt zu setzen. Ich gebe Ihnen Recht: Es ist nur ein erster Schritt, und es werden noch weitere folgen müssen. Ich lehne es jedoch ab, dass wir dazu übergehen, so etwas wie eine – Sie haben von Mäzenatentum gesprochen – staatliche Grundsicherung aller Künstler oder all jener, die sich Künstler nennen, zu garantieren. Das kann es nicht sein!

Soweit ich weiß, war es jemand von uns, der gesagt hat, dass man sich halt nach etwas anderem umschauen muss, wenn man mit seiner Kunst überhaupt niemanden interessiert. Das hat aber nicht nur eine Freiheitliche gesagt – ich hoffe, ich habe mir das richtig gemerkt –, sondern


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es hat auch Frau Kollegin Wolfmayr in eine ähnliche Richtung gedacht. – Ich meine, wir würden auch den Künstlern mit einer Art staatlichem Mäzenatentum nichts Gutes tun, denn dann würde sich der Staat tatsächlich die Künstler zu Willen machen, indem er ihnen ihre grundlegende Sicherung garantiert und der Künstler nicht mehr in Abstimmung zu seinem Publikum agieren muss. Es geht nicht darum, unbequeme Künstler, die in Opposition zu jeder Regierung stehen
 – wie schon gesagt wurde –, in irgendeiner Form binden oder auch nur einschränken zu wollen. Wenn man die Freiheit der Kunst ernst meint, dann kann man sie aber auch nicht unter einen staatlichen Quargelsturz stellen.

Ich glaube grundsätzlich, dass dieses Gesetz einen ganz wichtigen sozialen Schritt für die Kunstschaffenden in Österreich bedeutet, und ich freue mich wirklich sehr – um es noch einmal zu sagen –, dass es nach der jahrzehntelangen diesbezüglichen Diskussion gelungen ist, endlich ein finanzierbares Modell zu entwerfen, das vor allem für Künstler, die an der unteren Einkommensgrenze liegen, ganz wesentlich sein wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.38

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates getrennt erfolgt.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbstständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 und das Kunstförderungsgesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, geändert wird (304/A und 380/NR sowie 6255 und 6271/BR der Beilagen)

15. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung politischer Bildungsarbeit und Publizistik 1984 geändert wird (303/A und 381/NR sowie 6272/BR der Beilagen)


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16. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz geändert wird (382/NR sowie 6273/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 14 bis 16 der Tagesordnung, über welche die Debatte wieder unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, geändert wird,

ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung politischer Bildungsarbeit und Publizistik 1984 geändert wird, sowie

ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Mühlwerth übernommen. Ich bitte sie um die Berichte.

Berichterstatterin Monika Mühlwerth: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. 273/1972, geändert wird, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Dezember 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Der nächste Tagesordnungspunkt betrifft den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung politischer Bildungsarbeit und Publizistik 1984 geändert wird.

Auch diesbezüglich stellt der Finanzausschuss nach Beratung der Vorlage am 12. Dezember 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Der 14. Tagesordnungspunkt hat den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz geändert wird, zum Gegenstand.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Dezember 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die – wie gesagt – über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Freiberger. – Bitte.

17.42

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Eingangs möchte ich für meine Fraktion gleich feststellen, dass wir dem Bezügegesetz die Zustimmung geben werden, nicht jedoch der Änderung des Bundesgesetzes betreffend die Förderung politischer Bildungsarbeit und Publizistik und dem Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz geändert wird. Die beiden letztgenannten Gesetzesanträge werden wir ablehnen.

Die Parteienförderung ist nämlich bereits seit dem Jahr 1997 eingefroren. Es wurde nie eine Inflationsabgeltung gewährt, und diese soll jetzt erst ab 2002 Anwendung finden. Dass die Inflation im Zusammenhang mit dieser Förderung in diesem langen Zeitraum nicht abgegolten wird, bedeutet einen realen Verlust an Parteienförderung.


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Weiters wird der Förderbeitrag für die politische Bildungsarbeit von 40 Prozent auf 34 Prozent gesenkt. Ich möchte sagen: Dass Sie heute diese Reduzierung beschließen, ist für eine Demokratie, in welcher man politische Bildung ernst nimmt, nicht unbedingt ein Ruhmesblatt.

Die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ ersparen sich nämlich zig Millionen Schilling, wenn man bedenkt, in welchem Ausmaß vom Steuerzahler finanzierte Regierungspropaganda betrieben wird. Seitenweise werden Inserate geschaltet, wie gut die Arbeit dieser neuen Regierung sei. All das bezahlt der Steuerzahler, und die ÖVP und die FPÖ ersparen sich auf diese Weise Werbeaufwendungen. Nur diese eine Kampagne soll über 50 Millionen Schilling kosten!

Auf der einen Seite propagieren Sie das Sparen, auf der anderen Seite geben Sie massenweise Geld für Eigenwerbung und Jubeldarstellungen aus. Wie passt das zusammen? – Ich habe den Eindruck, dass Sie mit diesen Gesetzen die Oppositionsparteien finanziell aushungern wollen. Ich habe es schon gesagt: In der Demokratie ist das eine gefährliche Entwicklung. Ich möchte aber hinzufügen: Es wird Ihnen sicherlich nicht gelingen, uns auszuhungern! (Bundesrat Schöls: Das ist ohnedies schon passiert!) – Nein!

Ich stelle sehr selbstbewusst klar: So schlecht es unserer Partei zurzeit finanziell geht, doch wir haben klare Finanzierungskonzepte, und wir werden es durchaus schaffen. Erstens soll das nicht eure Sorge sein, und zweitens ... (Zwischenruf des Bundesrates Schöls.  – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wenn ich von der niederösterreichischen FPÖ wäre, würde ich mit Zwischenrufen besonders vorsichtig sein, denn es ist noch nicht sehr lange her, dass gerade diese Landesgruppe ... (Zwischenruf des Bundesrates Buchinger. ) – Habt ihr den Beitrag noch nie erhöht? (Bundesrat Buchinger: Nein! In den letzten zehn Jahren nicht!) Auf jeden Fall meine ich, dass jeder vor seiner eigenen Türe kehren soll und gerade diejenigen aus Ihrer Ecke den Mund nicht so voll nehmen sollten!

Meine Damen und Herren! Abgesehen davon ist es nämlich gerade für die Regierungsparteien oft sehr einfach, eine bessere Parteifinanzierung zu bekommen. Ich brauche nur an die Parteispenden aus der Wirtschaft zu denken. (Bundesrat Ing. Gruber: Ihr wart 30 Jahre Regierungspartei!) – Solche Förderungen aus der Wirtschaft sind aber nie zu uns geflossen! (Bundesrätin Schicker: Uns hat niemand einen Koffer mit 5 Millionen gebracht! – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wir haben nicht Politik für Lobbyisten gemacht, wie es jetzt Regierungspolitik ist. Sie machen Politik nur für Ihre Gönner, und die kleinen Leute bleiben auf der Strecke und müssen gewaltige Belastungen hinnehmen.

Bleiben wir bei den Parteispenden: Machen wir doch gemeinsam ein Gesetz betreffend die Veröffentlichung von Parteispenden! Dann würde die Wahrheit aufkommen, und die Bevölkerung könnte entscheiden, welcher Partei sie sich verpflichtet fühlt! (Bundesrat Ing. Gruber: Dann gäbe es beim ÖGB noch mehr Austritte!) – Beim ÖGB gibt es sehr wenig Austritte, und diese werden mit Neubeitritten locker kompensiert.

Meine Damen und Herren! Mit Ihrem Argument "Sparen auch bei uns!" betreiben Sie eine reine Ablenkungspolitik von Ihrem unsozialen Belastungspaket, das Sie heute hier beschlossen haben und das die Bevölkerung zu tragen hat. Auf der einen Seite gibt es Belastungen, und auf der anderen Seite wird kaputt gespart, was zum Teil schon dramatische Auswirkungen hat. Vor zwei Tagen hat mich beispielsweise die Nachricht erreicht, dass der Vorstand der Firma Kapsch in das Fürstenfelder Werk gefahren ist und dort – geschmackvollerweise zwölf Tage vor Weihnachten – den 63 Beschäftigten mitgeteilt hat, dass das Werk geschlossen wird. Der Grund ist aber nicht etwa, dass die Firma Kapsch wirtschaftlich schlecht dasteht – Kapsch ist ein sehr erfolgreiches Unternehmen –, sondern ein Hauptgrund ist, dass Aufträge über einen längeren Zeitraum ausgeblieben sind. Das Road-Pricing wurde wieder einmal verzögert und hinausgeschoben, und die Firma Kapsch hatte bereits Vorbereitungsarbeiten geleistet, um die Bundesheeraufträge betreffend Funksysteme, die höchst an der Zeit wären, neu zu vergeben ... (Bundesrat Schöls: Warum haben Sie beim Heeresbudget dagegen gestimmt?)


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Mit Verlaub: Bei euch wird gespart, damit eurem Wunsch, Abfangjäger anzukaufen, so schnell wie möglich entsprochen werden kann. Die elementar notwendigen Dinge im Rahmen des Bundesheeres werden von Ihnen jedoch auf die lange Bank geschoben, und eine Auswirkung davon ist, dass die Aufträge betreffend Funksysteme für das Bundesheer noch nicht vergeben sind.

Dasselbe ereignet sich bei den Aufträgen der ÖBB oder der Post und Telekom: In diesen Bereichen ist die Firma Kapsch federführend tätig, die entsprechenden Aufträge sind jedoch alle ausgeblieben, und daher wird den 63 Mitarbeitern vor Weihnachten mitgeteilt, dass ihr Werk geschlossen wird und sie ihren Job verlieren.

Meine Damen und Herren! Machen Sie so weiter! Seit der Burgenlandwahl ist eine Trendumkehr eingetreten. Die Menschen beginnen, die Auswirkungen zu spüren. Sie verstehen sie mittlerweile. In Wien wird sich das fortsetzen. Sie von den Regierungsparteien sind mit Ihrer Politik unsere besten Wahlhelfer! (Zwischenruf des Bundesrates Weilharter. ) – Lieber Freund Weilharter! In der Steiermark wäre ich als FPÖler auch nicht sehr laut, denn mit einem Verlust von 5 Prozent wart ihr auch nicht wirklich gut.

Ich wiederhole: Wir werden die Wahlen in Zukunft sehr erfolgreich schlagen, weil die Menschen spüren, wer für wen steht. Wir stehen für die arbeitenden Menschen, und wir lassen es uns nicht gefallen, dass es weiterhin solche Belastungen, wie sie jetzt beschlossen werden, gibt. (Beifall des Bundesrates Prähauser. ) Die nächsten Wahlen werden das zeigen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.50

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Maier. – Bitte.

17.50

Bundesrat Dr. Ferdinand Maier (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die drei vorliegenden Gesetze werden natürlich die Zustimmung meiner Fraktion erfahren.

Angesichts der Ausführungen meines Vorredners muss man aber doch ein bisschen nachdenken. Er hat zwar sehr wortreich die Motive zu erklären versucht, warum seine Fraktion dem Bezügegesetz zustimmt, die anderen beiden Gesetzen dagegen ablehnt, aber dabei ist allerdings eine gewisse Scheinheiligkeit zum Ausdruck gekommen. – Als Ihr Nachredner versuche ich, mich ein wenig in Sie hineinzudenken, wie man denn zu einer solchen Haltung kommen kann, die von einer Geisteshaltung geprägt ist, welche auch die sozialistische Finanz- und Budgetpolitik der letzten 30 Jahre in diesem Land prägte.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von den Sozialdemokraten! Sie müssen davon ausgehen, dass der Löwenanteil dieser Parteiförderung der Löwelstraße zugute kommt. (Bundesrat Gstöttner: Wir sind auch die Größten) – Ja! Sie müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, dass man, wenn man ein Budget zu sanieren versucht – Sie sind in einer sehr bemitleidenswerten Situation, das ist keine Frage! –, auf der Ausgabenseite und nicht auf der Einnahmenseite den Hebel ansetzen muss. An Ihrer Stelle würde ich also nicht kritisieren, dass im Sinne des Budgets und auch im Sinne der Schonung des Steuerzahlers gespart wird. Gehen Sie stattdessen zu Ihrem Finanzreferenten in die Löwelstraße! Er soll einmal bei den Ausgaben sparen und versuchen, auf diese Weise einen Beitrag zur Sanierung des Budgets der sozialdemokratischen Bundespartei zu leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Bundesrates Freiberger. )

Herr Kollege! Auch das, was Sie jetzt über Parteispenden und irgendwelche Spenden von der Wirtschaft gesagt haben, war geradezu atemberaubend. – Es hat einmal – es ist schon eine Zeit lang her – eine Organisation gegeben, die sich "Konsum" genannt hat, es hat einmal vor langer Zeit Betriebe gegeben, die zur verstaatlichten Industrie gezählt wurden (Zwischenrufe), und auch die Bank Austria, deren Vorläufer die Zentralsparkasse und die Länderbank waren, gehörte dazu: Das waren Selbstbedienungsläden der Sozialdemokratischen Partei Österreichs! Dort haben Sie sich bedient, aber jetzt reden Sie über Parteispenden! Das zeigt, dass Sie offen


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sichtlich auf einem anderen Stern leben! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Payer: Rablbauer hat es auch gegeben!)

Ich sage Ihnen gleichzeitig: Es ist natürlich schlimm, wenn Sie heute von irgendwelchen Wochenmagazinen darüber informiert werden, dass Ihr ehemaliger Parteivorsitzender jetzt mit Millionengagen in Argentinien in einer tollen Villa sitzt und dass es Sonja auch gut geht, während Sie hier sitzen und die Schulden haben. Klass ist das nicht! (Zwischenruf des Bundesrates Payer. ) Herr Kollege! Ich mache Ihnen einen Vorschlag! Sie sollten sich künftighin eine neue Parteihymne zulegen: Don’t cry for me, Argentina! – Das wäre der passende künftige Song! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Diesen Song sollten Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen vorsingen, nicht aber die Steuerzahler zur Kasse bitten, wenn es irgendwann einmal um Sparmaßnahmen in diesem Budget geht. (Zwischenrufe.)

Sie haben geknirscht und sich jetzt darüber aufgeregt, dass Ihrer Meinung nach so viel aus dem öffentlichen Budget für Öffentlichkeitsarbeit ausgegeben wird! – Können Sie sich noch daran erinnern, wie Viktor Klima vor etwa einem Jahr eine große Initiative unter dem Titel "Österreich ans Internet" gestartet hat? – Ich rede jetzt gar nicht von "Euroteam", von dieser unglaublich tollen Aktion Ihres ehemaligen Parteivorsitzenden, die viel Geld gekostet hat. Es gibt diesbezüglich ein schwebendes Verfahren und einen Untersuchungsausschuss. Warten wir das Ergebnis ab! Wir werden noch über dieses Thema reden.

Nachdem Sie und Ihre Partei einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet haben, dass es Sanktionen gegeben hat, gegen welche man ankämpfen und sich wehren musste, dass wir nicht so im Ausland vernadert werden, wie das manche Ihrer Repräsentanten und Ihrer internationalen Gruppe versucht haben, ist es jetzt auch notwendig, zu kommunizieren, was diese Regierung macht! Dazu wird jetzt ein Beitrag geleistet, trotz des Sparkurses. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich verstehe natürlich, dass die Opposition bei solchen Schnitten ein wenig aufschreit. Ich erwarte mir aber von der Opposition neue Ideen und Vorschläge, wie man weiter sparen kann. Sie wollen jedoch in Wirklichkeit bei der Parteiförderung wieder Geld mit beiden Händen hinausschmeißen. Das kann aber nicht die Zukunft sein! Daher meine ich, dass es gut ist, wenn Sie von den wirklichen Schalthebeln in dieser Republik sehr lange ferngehalten werden, denn sonst gibt es einen Rückfall in jene Phase, die wir jetzt aufarbeiten müssen.

Wenn wir heute hier stehen und darauf hinweisen, dass die Parteien auch sparen müssen, dann ist das der richtige Kurs, und ich freue mich, dass wir diesem Gesetz unsere Zustimmung geben können. (Beifall bei der ÖVP.)

17.55

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Klamt. – Bitte.

17.55

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Die Debattenbeiträge des Nationalrates zu den Tagesordnungspunkten 14, 15 und 16 habe ich sehr aufmerksam gelesen, und als Neueinsteiger war ich überrascht, wie wenig eigentlich zur Sache gesprochen wurde. Zum überwiegenden Teil haben sich die Reden nämlich in gegenseitigen Vorwürfen erschöpft.

Das, was ich heute hier erlebt habe, war auch interessant. Jedenfalls möchte ich aber feststellen, dass ich gerade im Hinblick darauf eine entsprechende Chance für den Bundesrat sehe, in welchem ich für die nächsten sechs Monate den Vorsitz zu übernehmen die Ehre habe. (Präsident Payer übernimmt den Vorsitz.)

Der Bundesrat hat nach meinem Verständnis die Aufgabe, über die Tagespolitik hinaus Zusammenhänge zu erkennen und klar darzustellen. Aus diesem Grunde sollten wir uns die Frage stellen, warum das Bezügegesetz, mit dem wir uns hier beschäftigen, das Bundesgesetz über die Förderung politischer Bildungsarbeit und Publizistik sowie auch das Parteiengesetz geändert werden müssen. – Die ganz klare, einfache Antwort ist schnell gegeben: Der effiziente und


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sparsame Einsatz der staatlich verwalteten Steuermittel ist ein Gebot der Stunde, und von Aushungern, wie es einer meiner Vorredner – Kollege Freiberger – ausgeführt hat, ist keine Rede. (Bundesrat Freiberger: Danke sehr!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Budgetsanierung kann nicht länger aufgeschoben werden. Die Maastricht-Verträge sprechen eine klare Sprache, und die Erfüllung dieser Maastricht-Kriterien kann nicht ohne Konsequenzen immer wieder aufgeschoben werden. Damit ist klar, dass wir uns, wie bei den zur Debatte stehenden Tagesordnungspunkten 14, 15 und 16, auch in Zukunft immer wieder mit dem Thema Sparen auseinander setzen müssen werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was für viele funktionierende österreichische Familien ganz normal ist und was uns diese Familien vorleben, das sollte auch für den Staat zum Vorbild werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Man gibt ganz einfach nicht mehr aus, als man einnimmt, und Kredite über das Ersparte hinaus werden nur für notwendige und sinnvolle Investitionen getätigt. SPÖ und ÖVP haben in der Zeit ihrer Koalition Schuldenberge angehäuft, die nun von der neuen Koalition im Sinne aller Österreicherinnen und Österreicher abgebaut werden müssen. (Bundesrat Gasteiger: Sagen Sie aber auch, dass die ÖVP auch dabei war!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sollen in die Zukunft schauen. Ich habe auch von der neuen Koalition gesprochen, die schwierige Aufgaben übernimmt. Wir alle werden lernen müssen, aus weniger mehr zu machen. (Bundesrat Gasteiger: Wundersame Vermehrung!) Geldmittel alleine sind nicht der Maßstab für Qualität. Kreativität und Motivation sind von uns allen gefordert. In diesem Sinne appelliere ich auch an alle in diesem Bundesrat vertretenen Fraktionen, gegen diese drei Tagesordnungspunkte keinen Einspruch zu erheben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.02

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Herbert Würschl. Ich erteile ihm dieses.

18.02

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man über das Parteiengesetz redet, dann spricht man auch über den Wert der Demokratie, über den Wert der demokratischen Gesellschaftsordnung insgesamt.

Hier sitzen drei Fraktionen, und alle drei Fraktionen bekennen sich uneingeschränkt zur Demokratie, zur demokratischen Kultur. Das bedingt natürlich auch das Bekenntnis zur Parteienlandschaft, und, sehr geehrte Damen und Herren, das inkludiert natürlich auch das Bekenntnis zur öffentlichen Finanzierung der Parteienlandschaft.

Einige Redner sind schon darauf eingegangen, was Parteispenden betrifft. Ich glaube, dass eine demokratische Gesellschaftsordnung von höherer Qualität ist, wenn es weniger Parteispenden gibt. Wenn es Parteispenden gibt, dann haben diese entsprechend transparent gemacht zu werden, also offen gelegt zu werden. (Bundesrat Gasteiger: So wie die 5 Millionen!)

Herr Maier hat früher groß über Parteispenden gesprochen. Ich möchte wissen, wie viel die Raiffeisenkassa im Sackerl zur ÖVP trägt. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Gruber. ) Oder: In Kärnten haben wir auch gewisse Spezies, Großunternehmer wie etwa einen Herrn Tilly – meine Kärntner Kollegen wissen das –, der einerseits die Arbeitnehmer ausquetscht – ich würde sagen ausbeutet –, sie bei geringsten Löhnen beschäftigt und andererseits als (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Gruber ) Großinvestor bei der Freiheitlichen Partei auftritt. Es gibt aber auch Herrn Turnauer. (Bundesrat Dr. Böhm: Das sind Klassenkampftöne!) Mit einem Billasackerl ist man in der ÖVP- oder in der FPÖ-Zentrale gewesen. Ich weiß es nicht so genau, von der FPÖ habe ich es gehört, aber ich nehme an, es war auch bei der ÖVP so. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich würde es als sehr wünschenswert ansehen, um die Qualität der Demokratie zu verbessern, wenn wir alle uns dazu bekennen würden, dass Parteispenden offen gelegt werden. Ich würde auch bitten, dass wir uns dazu bekennen, dass in einer De


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mokratie die Parteienlandschaft mit öffentlichen Geldern zu finanzieren ist. (Bundesrat Schöls: Aber nicht nur!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es hat mich auch sehr gestört, als ich lesen musste – 5 Millionen Schilling sind bei diesem Budget kein großer Betrag –, dass man den Anteil der Förderung politischer Bildungsarbeit – auf diese Formulierung ist man noch stolz – von 40 auf 34 Prozent gesenkt hat beziehungsweise senken will. Das ist für mich ein Signal, das nicht gut ist.

Ich erinnere daran, sehr geehrte Damen und Herren, dass wir durchaus Defizite betreffend die politische Bildung vorfinden. Die Schulen, die Lehrer bemühen sich irrsinnig im Bereich der Schulen, politische Bildung im Rahmen des Unterrichtsprinzips politische Bildung anzubieten. Aber damit kommen wir nicht aus, das ist nicht ausreichend. Wir brauchen auch politische Bildung, wie ich meine, im Bereich der Erwachsenen. Diesen Bereich zu kürzen und darauf noch stolz zu sein, ist für mich völlig unverständlich, vor allem wenn man weiß – das hat auch ein Vorredner schon gesagt –, dass man gleichzeitig sage und schreibe 66 Millionen Schilling für Parteipropaganda hinausschmeißt, um das, was die Regierung macht, der Bevölkerung zu verkaufen. Das ist, so glaube ich, nicht der richtige politische Weg. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schöls: Das ist Ihre Sicht der Dinge!)

Ich darf nochmals appellieren, dass man die politische Bildung entsprechend schätzt, dass man dafür entsprechende Wertschätzung einbringt. Ich würde bitten, dass in Zukunft positiver gedacht und auch gehandelt wird. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.06

Präsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung politischer Bildungsarbeit und Publizistik 1984 geändert wird.


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

17. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 1997 geändert wird (360/NR sowie 6274/BR der Beilagen)

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nun zum 17. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 1997 geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ing. Franz Gruber übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Ing. Franz Gruber: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon. – Bitte, Herr Bundesrat.

18.09

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Die vorliegende Gesetzesmaterie, die heute zur Diskussion und zur Beschlussfassung ansteht, ist, so glaube ich, von ihrer Auswirkung her nicht zu unterschätzen. Es werden auf Grund dieser Regelung insgesamt 200 Milliarden Schilling pro Jahr von der öffentlichen Hand ausgeschrieben. Ich möchte am Beginn meiner Ausführungen einen Teil eines Gespräches, das ich mit einem mittelständischen Bauunternehmen, der ungefähr 120 Mitarbeiter hat, zum Thema Ausschreibung gehabt habe, wiedergeben.

Ich habe ihn gefragt, wie früher Geschäfte gemacht worden sind und wie sich das verändert hat. Er hat gesagt, es macht eigentlich keinen Spaß mehr, Geschäfte zu machen, weil die Gesetzeswerke und Gesetzesvorgaben so komplex sind, dass er eigentlich in seinem Unternehmen Juristen anstellen müsste und eigentlich keinen Vertrag oder Auftrag mehr unterschreiben dürfte, weil er im Grunde genommen genau weiß, dass er damit mit einem Fuß – er hat das damals auf gut obersteirisch gesagt – im Häfen steht.

Er hat aber einen bemerkenswerten Zusatz gemacht, indem er gesagt hat, überall dort, wo viele Pflichten und Rechte formuliert sind, gelten diese nicht nur für den Auftragnehmer, sondern auch für den Auftraggeber. Die derzeitige Situation ist, dass es immer häufiger zu der Austragung von Rechtsstreitigkeiten vor Gerichten kommt und der Vorteil dabei ist, dass natürlich auch der Auftraggeber entsprechende Rechte und Pflichten hat, die schon so umfangreich sind, dass er sie nicht mehr erfüllen kann. Das ist im Grunde genommen die Chance, dass man dann oft noch zu seinem Geld kommt. Aber ich glaube, es steckt Vieles hinter diesen Aussagen, wie die Situation im Bereich des öffentlichen Auftragswesens generell ist.

Im Grunde genommen basiert dieses Bundesvergabegesetz auf drei klassischen EU-Richtlinien: der Baukoordinierungsrichtlinie, der Lieferkoordinierungsrichtlinie und der Dienstleistungsrichtlinie. Der Auslöser für die heutige Anpassung ist auf zwei Ebenen zu finden. Zum einen hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30. September 1999 die Zuständigkeit des Bundesvergabeamts zur Überprüfung von Entscheidungen als verfassungswidrig aufgehoben. Wir haben in Österreich die Situation, dass wir neben dem Vergabegesetz des Bundes auch noch neun Ländergesetze und entsprechende Kontrollinstitutionen dazu haben. Das ist eine


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Ebene, warum diese Anpassung heute notwendig ist. Die zweite Ebene betrifft ein Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes, der die Entscheidung hinsichtlich des Vergabeverfahrens des Ökopunkte-Systems an die Firma Kapsch als nicht richtlinienkonform kritisiert hat.

Was tun wir heute im Grunde genommen? – Wir verlängern den Status quo bis August 2002, weil die Zeit für eine umfassende Reform in diesem Bereich zu kurz ist. Diese Erkenntnis haben alle vier Parteien im Nationalrat gehabt. Ich möchte aber vielleicht zu diesem zukünftigen Reformwerk doch ein paar Anmerkungen machen:

Auch die Europäische Union hat im Bereich des öffentlichen Auftragswesens die hohe Komplexität erkannt und weiß, dass sich diese Richtlinien zum Teil auch widersprechen. Ziel der Europäischen Union ist auch, bis 2002 diese drei Koordinierungsrichtlinien zu einer benutzerfreundlichen Richtlinie zusammenzufassen. Das sollten wir im Auge haben, wenn wir im nächsten Frühjahr das gesamte Reformwerk angehen. Die Europäische Union will auch – das halte ich auch für einen vernünftigen Weg – eine Erhöhung der Flexibilität der Vergabeverfahren. Und sie schlägt dazu ein recht interessantes Grundprinzip vor: Für komplexere Aufträge sollte eine neue Verfahrensweise geschaffen werden. Noch vor Festlegung der Ausschreibung sollte es zu einem Dialog zwischen den möglichen Auftraggebern und Auftragnehmern kommen, um gemeinsam die entsprechenden Auftragsbedingungen festzulegen. Das wäre aus meiner Sicht ein Meilenstein, und wir würden uns vielleicht im Nachhinein viele Streitigkeiten ersparen.

Ich möchte aber auch zu dem zukünftigen Reformwerk abschließend sagen, dass das auch ein Thema des Föderalismus und somit auch ein Länderthema sein wird und von uns auch entsprechend in der Diskussion zu behandeln sein wird. – Die ÖVP wird aber im Grunde genommen jetzt dieser Anpassung ihre Zustimmung geben. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheilichen.)

18.15

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Peter Marizzi. Ich erteile ihm dieses.

18.15

Bundesrat Peter Marizzi (SPÖ, Niederösterreich): Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es geht hier um eine Geschichte, bei der jene, die sich vielleicht damit nicht auseinander gesetzt haben, glauben, dass sie nicht so wichtig ist. Herr Kollege Missethon hat schon gesagt, dass es sich dabei um ein jährliches Auftragsvolumen in der Höhe von 200 Milliarden Schilling handelt.

Ich glaube, dass es auch politisch richtig und wichtig war, dass diesbezüglich im Nationalrat ein gemeinsamer Vier-Parteien-Antrag gestellt wurde und dass im Bundesrat ein gleicher Konsens herrscht.

Die Situation ist, dass die neun Länder, die Gemeinden und der Bund eigene Vergaberichtlinien haben. Wir sollten – das stimmt schon – eher wirtschaftsfreundlicher agieren, weil man, wenn man sich durch das Konvolut von Ausschreibungen durchdient, wahrscheinlich in Zukunft einen ganzen Stab von Beratern und Rechtsanwälten braucht. Manche Verfahren und manche Auftragsvergaben werden in die Länge gezogen, und das dient nicht der Wirtschaft und vor allem nicht den Beschäftigten der Betriebe. Man kann ruhig sagen, dass dann manche Bundesaufträge und Länderaufträge so quasi kriminalisiert werden und auf Grund der Komplexität und der Kompliziertheit bestimmte Punkte vor Gericht ausgetragen werden. Das soll nicht so sein.

Wir haben jetzt den Status quo. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir nicht unbedingt immer, die Europäische Union als Zielsetzung haben sollten, Herr Staatssekretär, sondern ich glaube, dass wir ein gutes österreichisches Vergaberecht kreieren sollten. Ich bin überzeugt, dass Sie das machen werden, weil wir im Grunde genommen schon in vergangenen Zeiten solch ein Vergaberecht angedacht haben. Wir wollen auch kein Copyright dazu haben. Es ist dazu da, dass man Verbesserungen und entsprechende Ergänzungen dazu hat. Das, was wir heute hier machen, genießt unser volles Vertrauen. Ich merke aber trotzdem an, dass in Zukunft diese


Bundesrat
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Sache transparent, rechtlich abgesichert, wirtschaftsfreundlich und vor allem rasch und unbürokratisch erledigt werden soll.

Daher werden wir dagegen keinen Einwand erheben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

18.17

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Wilhelm Grissemann. Ich erteile ihm dieses.

18.17

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir behandeln hier eine Materie, die bereits im Nationalrat breiten Konsens gefunden hat. Die Wichtigkeit dieser Novelle haben die Kollegen Missethon und Marizzi schon dargelegt.

Es ist bekannt, dass die so genannte öffentliche Hand der größte Investor ist und Aufträge im Wert von über 200 Milliarden Schilling vergibt. Das ist eine unglaubliche Wertschöpfung! Es ist daher höchste Zeit, dass bis zur Erlassung eines bundeseinheitlichen Vergaberechtes wenigstens dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes beziehungsweise des Europäischen Gerichtshofes Folge geleistet wird. Allerdings ist dies nur vorläufig eine Verlängerung der derzeitigen Rechtslage.

Für die österreichische Wirtschaft ist es schwierig genug, sich im Vergaberichtliniendschungel zurecht zu finden. Dass jetzt endlich zumindest eine detaillierte Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung erfolgen muss, ist sicher schon ein großer Fortschritt.

Diese Gesetzesreparatur darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass natürlich dringlichst ein bundeseinheitlich geltendes Vergaberecht erarbeitet werden muss. Derzeit gibt es völlig uneinheitliche Regelungen auf Bundes-, Länder- und Gemeindeebene.

Die vorliegende Beschlussfassung ist bis zum 1. 8. 2002 befristet. Es bleibt also genügend Zeit, dem Gesetz jene Inhalte zu geben, die die Wirtschaft so dringend benötigt: Rechtssicherheit, Transparenz, Gerechtigkeit, alle notwendigen Informationen und letztendlich eine Auftragsvergabe nach objektiv nachvollziehbaren Kriterien. – In diesem Sinn werden wir gegen diese Gesetzesvorlage keinen Einspruch erheben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.19

Präsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Es ist dies nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

18. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Unterhaltsvorschussgesetz, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Rechtspflegergesetz, die Exekutionsordnung, das Personenstandsgesetz, das Bundes


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gesetz über das Internationale Privatrecht, das Gerichtsgebührengesetz, die Vierte Durchführungsverordnung zum Ehegesetz, das Jugendwohlfahrtsgesetz 1989, das Bankwesengesetz und das Krankenanstaltengesetz geändert werden (Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 – KindRÄG 2001) (296 und 366/NR sowie 6275/BR der Beilagen)

19. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem im Genossenschaftsrecht begleitende Maßnahmen für die Einführung des Euro getroffen sowie das Gesetz über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und das Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997 geändert werden (Euro-Genossenschaftsbegleitgesetz – Euro-GenBeG) (312/A und 371/NR sowie 6276/BR der Beilagen)

20. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Signaturgesetz geändert wird (313/A und 372/NR sowie 6277/BR der Beilagen)

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nun zu den Punkten 18 bis 20 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Unterhaltsvorschussgesetz, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Rechtspflegergesetz, die Exekutionsordnung, das Personenstandsgesetz, das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht, das Gerichtsgebührengesetz, die Vierte Durchführungsverordnung zum Ehegesetz, das Jugendwohlfahrtsgesetz 1989, das Bankwesengesetz und das Krankenanstaltengesetz geändert werden,

ein Bundesgesetz, mit dem im Genossenschaftsrecht begleitende Maßnahmen für die Einführung des Euro getroffen sowie das Gesetz über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und das Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997 geändert werden, sowie

ein Bundesgesetz, mit dem das Signaturgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 18 bis 20 hat Herr Bundesrat Dr. Robert Aspöck übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung, Herr Bundesrat.

Berichterstatter Dr. Robert Aspöck: Meine Damen und Herren! Zu Tagesordnungspunkt 18 liegt Ihnen der Bericht schriftlich vor. Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Dezember 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 19 liegt Ihnen ebenfalls der Bericht schriftlich vor. Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Dezember 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 20 liegt Ihnen der Bericht ebenfalls vor. Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Dezember 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher. Ich erteile ihm dieses.


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670. Sitzung / Seite 137

18.22

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einige Worte zu einem wohl nicht kontroversiellen Thema, nämlich zum Euro-Genossenschaftsbegleitgesetz, das wir hier auch behandeln. Ich glaube, wenn sich die Bundesregierung darauf konzentrieren würde, mehr Gesetze für die Wirtschaft in dieser Art zu erlassen und weniger rein ideologisch motivierte Werke vorzulegen wie das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz, dann wäre es für uns einfacher.

Das Euro-Genossenschaftsbegleitgesetz ist auch deswegen von Bedeutung, weil wir in diesem Bereich mit Sonderproblemen beschäftigt sind, die bei anderen Rechtsformen in dieser Art nicht auftreten. Das ist vor allem durch die Möglichkeit der hohen Zahl an Genossenschaftsanteilen bedingt.

Wenn in Artikel 14 der 2. Euro-Einführungsverordnung eine automatische Umrechnung der Schillingbeträge in Euro per 1. Jänner 2002 vorgesehen wird, so benötigt man auch bei Genossenschaften ähnlich wie bei Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, bei denen dies bereits geschehen ist, bestimmte Vorschriften über die Modalitäten der Umrechnung, denn auch bei Genossenschaften sind Erleichterungen der Abwicklung der Euroumstellung sicherlich angebracht.

Grundsätzlich ist nicht das Problem die bloße Umrechnung, auch nicht die dadurch unvermeidbaren, gebrochenen Eurobeträge, das würde bei wenigen Anteilseignern kaum wirklich Probleme aufwerfen, wohl aber im Fall von unzähligen Geschäftsanteilsbeträgen bei Genossenschaften, und da sind einfach Verfahrensvereinfachungen notwendig.

Im Fall der Umrechnung der Geschäftsanteile in Euro und deren Glättung soll die einfache Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen ausreichen, ansonsten brauchen wir in der Regel eine Zweidrittelmehrheit. Führt die Glättung nach unten zu – unter Anführungszeichen – "offenen Beträgen", so können diese in der Folge einer gebundenen Rücklage zugeführt werden, was in der Mehrzahl der Fälle wohl eintreten wird, oder sie werden sofort an die Genossenschafter ausbezahlt, was wiederum bei der erwähnten Rücklage dann später der Fall ist, da sie nicht zur Verlustabdeckung verwendet werden darf.

Gleichzeitig birgt die Glättung aber eben auf Grund der Vielzahl der Geschäftsanteile die Gefahr in sich, dass mit der Glättung auch eine Verschiebung der Anteilsverhältnisse erfolgt, und dies muss selbstverständlich bei den Genossenschaften hintangehalten werden, zumal die Genossenschaften kein fixes Nennkapital haben wie andere Gesellschaften, sondern die vergleichbare Größe von der Mitgliederzahl abhängt. Es ist also konsequent, im § 2 ebenfalls die einfache Mehrheit vorzuschreiben.

Gleichwohl muss gesichert sein, dass eine derartige rechnerische Verschiebung der Anteilsverhältnisse die Genossenschaftsmitglieder nicht in ihren Rechten betrifft, dass also dort auch Verschiebungen eintreten. Es war somit erforderlich, gesetzlich festzuhalten, dass die Rechte der Genossenschafter im Verhältnis zueinander durch diese Euroumstellung selbst keine Änderung erfahren können.

Ich glaube, ein kleiner Detailpunkt verdient noch beachtet zu werden. So werden die Zwangsstrafen von 50 000 S auf 3 500 Euro abgerundet, also auf etwas mehr als 48 000 S, was sicherlich nicht weiter schlimm ist. Interessant ist aber die angeführte Begründung. Da heißt es nämlich, dass es dem Finanzministerium ein Anliegen sei, Beträge mit Außenwirkung, zum Beispiel Gebühren oder Strafen, eher nach unten zu glätten. Ich glaube, dass das ein lobenswerter Vorsatz ist, dessen Einhaltung wir auch in anderen Fällen genau beachten sollten.

Grundsätzlich kann man festhalten, dass die heimische Wirtschaft in etlichen Bereichen bei der Antizipierung der im Zuge der Euro-Umstellung eintretenden vielfachen Handlungsnotwendigkeiten noch nicht ganz jenes Ausmaß an Problembewusstsein an den Tag legt, das im internationalen Wettbewerb notwendig wäre. Wir hinken da also in etlichen Bereichen leider hinten nach. Es liegt aber auf der Hand, dass ein rasches Reagieren auch in der hier erörterten Frage durchaus komparative Vorteile bringen kann. Es ist daher zu begrüßen, dass im Bereich


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der Genossenschaften frühzeitig ein entsprechendes Gesetz erlassen wird, um auch das notwendige Problembewusstsein zu schaffen, und wir werden diesem Gesetz daher die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.26

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Franz Gruber. Ich erteile ihm dieses.

18.26

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Herr Präsident! Herr Minister! Hoher Bundesrat! Das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz ist ein gesellschaftspolitischer Meilenstein im Kindschaftsrecht, ich würde sagen: ein großes Reformprojekt. Endlich wurde die gemeinsame Obsorge beider Elternteile auch nach der Scheidung beziehungsweise nach der Trennung durchgesetzt. Die allgemeine Zielsetzung dieses Gesetzes ist die Stärkung der Rechtsstellung junger Menschen, die Betonung der Verantwortung der Eltern für die Kinder und eine Modernisierung der Regeln für die Vermögensverwaltung.

Im Mittelpunkt dieses Gesetzesvorhabens steht die gemeinsame Obsorge beider Eltern und das damit verbundene Recht des Kindes auf Kontakt mit beiden Eltern. Erstmals wurden das Recht und das Wohl des Kindes in den Vordergrund gestellt. Es gibt den massiven Wunsch von scheidungswilligen Eltern, weiterhin gemeinsam für die Kinder zu sorgen. Der ungestörte Kontakt zu beiden Eltern sei wünschenswert, um auch den betroffenen Kindern die Beziehungsfähigkeit zu erhalten.

Einige Punkte darf ich in den Vordergrund stellen: Das Recht des Kindes auf Kontakt, auf Beziehung und das Wohl des Kindes stehen höchstwahrscheinlich beziehungsweise sollen im Vordergrund stehen. Der Verlust eines Elternteiles durch die Scheidung wird gemildert. Die Eltern sollen auch nach der Scheidung noch Eltern bleiben dürfen, und zwar nicht nur mittels Geldleistungen. Eltern können auch nach ihrer Scheidung weiterhin wie bei aufrechter Ehe die gemeinsame Obsorge für das Kind übernehmen. Beide Elternteile können für die Kinder selbständig Entscheidungen treffen und brauchen für die Alltagsentscheidungen, Schule, Behörde, Arzt, Freizeit, nicht die ausdrückliche Zustimmung eines anderen oder des anderen. Will ein Elternteil keine gemeinsame Obsorge, so kann er dies jederzeit beim Gericht beantragen. Der Richter entscheidet hoffentlich zum Kindeswohl.

Abschließend darf ich noch Folgendes berichten: Ein Jugendlicher aus meinem Bezirk, aus dem Bezirk St. Veit an der Glan, 15 Jahre alt, hat sich vor einer Woche in der Wohnung der Mutter neben seiner kleinen Schwester das Leben genommen. Es war bekannt, dass er keinen Kontakt zu seinem Vater hatte, und es ist mir bekannt, dass es viele Probleme in der Familie gegeben hat. Vielleicht hätte dieses schreckliche Ereignis vermieden werden können, wenn es dem Vater möglich gewesen wäre, Kontakt oder mehr Kontakt zu seinem Kind zu halten. Wir als verantwortliche Politiker müssen rechtzeitig vorsorgen.

Dass die Sozialdemokraten dieses Modell ablehnen, ist für mich schon klar. Ihr hättet die letzten Jahre schon etwas für das Wohl der Kinder tun können, dies wurde aber verschlafen, und jetzt ist man halt dagegen, so wie bei allen Reformen. Aber ich sage euch, dagegen sein ist keine Alternative. Ich würde sagen, bringt rechtzeitig Reformvorschläge ein, dann lässt sich sicher etwas machen, dann braucht eure Nationalratsabgeordnete Wurm von keinem kohlschwarzen Tag zu reden und dann würdet ihr auch einsehen, dass Eltern auch nach der Scheidung Eltern bleiben. Von Kindern kann man sich nicht scheiden lassen, die Verantwortung bleibt, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.31

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm. Ich erteile ihm dieses.

18.31

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich beziehe mich gleichfalls lediglich auf das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.


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In der rechtspolitischen Bewertung dieses höchst ambitionierten, wenngleich gesellschaftspolitisch äußerst umstrittenen Gesetzesvorhabens hebe ich zunächst einmal eines positiv hervor: die Herabsetzung der Altersstufe für die Erreichung der Volljährigkeit von 19 auf 18 Jahre. Es ist dabei durchaus nicht allein der europaweite Gleichklang, der mich dazu veranlasst, obwohl er gewiss auch kein Nachteil der Neuregelung ist, waren wir doch mit 19 Jahren bereits ein Nachzügler im Spektrum der europäischen Rechtsordnungen.

Dennoch halte ich in dem Zusammenhang, ohne dass es hier eine politische Notwendigkeit wäre, zu diesem Tagesordnungspunkt bewusst fest, dass ich zugleich die Herabsetzung der Altersgrenze für die strafrechtliche Verantwortlichkeit dann als ebenso berechtigte Rechtsänderung betrachte, kann es doch nach meiner festen Überzeugung keine Rechte ohne korrespondierende Pflichten geben.

Dass entsprechend der früheren Erlangung der Großjährigkeit die aus eigenem geäußerte Meinung minderjähriger Personen in Bezug auf sie betreffende Sorgerechtsentscheidungen für relevant erachtet wird, begrüße ich uneingeschränkt.

Ebenso versteht es sich meines Erachtens aus heutiger Sicht von selbst, dass Minderjährige über 14 Jahre ihre Parteistellung in sie betreffenden Verfahren eigenverantwortlich wahrnehmen können. Hierbei wird meines Erachtens nur etwas gesetzlich verankert, was nach allgemein rechtstheoretischen und rechtspolitischen Überlegungen eigentlich schon länger hätte gelten sollen.

Gleichermaßen begrüße ich wie mein Vorredner die der Neuregelung offenkundig zu Grunde liegende Einsicht, dass die Wahrnehmung der Elternrolle nicht primär Rechts- oder gar Machtbefugnissen gilt, sondern dass es sich dabei vielmehr um eine vornehme Aufgabe der Eltern handelt.

Die unter dem Begriff Obsorge zusammengefassten Rechte und Pflichten im Eltern-Kind-Verhältnis dürfen nicht allein als solche, also als Rechte und Pflichten im technischen Sinn, verstanden werden, sondern sie sollten primär als ein Auftrag verstanden werden, elterliche Verantwortung zu tragen.

Zutiefst bedauere ich gerade deshalb, dass die so genannte gemeinsame Obsorge zum ideologischen Zankapfel geworden ist. Ein Vorredner sprach sogar davon, es handle sich hier um ein ideologisch motiviertes Rechtswerk. Mir persönlich geht es überhaupt nicht darum, es Vätern aus geschiedenen Ehen zu ermöglichen, die Mütter gemeinsamer Kinder zu plagen und zu enervieren. Das kann nicht der Sinn der Sache sein, und ich weiß aus der Praxis, dass es natürlich auch solche Fälle gibt. Aber – das sollten sogar echte Feministinnen beachten – wollen wir die so oft und mit Recht beklagte Nachlässigkeit und Gleichgültigkeit bestimmter Väter aus geschiedenen Ehen dadurch noch fördern und bestärken, indem wir sie auf die Rolle einer reinen Zahl-Vaterschaft reduzieren? – Gewiss nein, ich glaube darin werden wir alle übereinstimmen. Dem gegenüber werden wir sowohl uneheliche als auch eheliche Väter in der Krisensituation wohl nur dann entsprechend und erfolgreich in Anspruch nehmen, wenn wir sie für die betreffenden Elternpflichten auch mit verantwortlich machen.

Mir persönlich erscheint es als eminenter familienpolitischer Fortschritt, dass das so genannte Besuchsrecht im Verhältnis zwischen dem nicht sorgeberechtigten Elternteil und dem Kind künftig als Option des Kindes geregelt wird. Es soll nicht so sehr wieder um den Streit zwischen Eltern um die Wahrnehmung und Ausübung ihrer Rechte gehen, sondern es ist ein Recht des Kindes auf den Umgang mit beiden Elternteilen; handelt es sich doch nicht länger primär um ein Recht des nicht sorgeberechtigten Elternteiles als Selbstzweck. Es vermindert sich dadurch gewiss auch die mitunter anzutreffende Tendenz des anderen Elternteiles, ihm dieses Recht zu sabotieren und zu unterlaufen.

Den Eltern, welche die Scheidung oder Trennung ihrer ehelichen oder eheähnlichen Beziehung betrieben haben, soll künftig dennoch eingeräumt werden, für die gemeinsame Obsorge zu plädieren. Mit anderen Worten wird es dann Vater und Mutter erlaubt sein, weiterhin gemeinsam auch rechtlich die Verantwortung für das Kind zu tragen, wenn sie das wollen und können.


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Insoweit ist ja die österreichische Neuregelung durchaus maßvoll und bleibt durchaus hinter dem zurück, was in der Bundesrepublik Deutschland beschlossen wurde, wo das das Regelmodell ist, dass es auch im Falle der Scheidung zunächst bei der gemeinsamen Obsorge bleibt, und nur dann, wenn sich herausstellt, das funktioniert nicht, es zur Zuteilung des Sorgerechts nur an einen Elternteil kommt. Ich betone: Daher dürfte das eigentlich auch für die Kolleginnen und Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion kein Problem sein, vor allem wenn ich sie daran erinnere, dass in der Bundesrepublik Deutschland die dargestellte, viel weitergehende Regelung nicht nur etwa von CDU, CSU und FDP beschlossen wurde, sondern von allen Parteien, also einschließlich der SPD und der Grünen.

Nur noch am Rande möchte ich hervorheben, dass ich es auch befürworte, dass es mit der gegenständlichen Vorlage gelungen ist, das bisher geltende Recht der Vermögensverwaltung dahin gehend zu verändern, dass überflüssig gewordene und den gesetzlichen Vertreter über Gebühr belastende Formalismen beseitigt worden sind.

Ich glaube, es ist daher ein sehr ausgewogenes, gelungenes Regelungswerk, zu dem wieder einmal der Zivilsektion des Ressorts besonderer Dank auszusprechen ist. Wir werden daher dieser Vorlage wie auch den beiden anderen unter diesen Tagesordnungspunkten gerne unsere Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.38

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Hedda Kainz. Ich erteile ihr dieses.

18.38

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte gleich Herrn Dr. Böhm eine Antwort darauf geben, warum wir solche Probleme mit dieser Gesetzwerdung haben. Es ist die Realität, die einfach anders ist, als Sie sie mit wohlgesetzten Worten dargestellt haben. Wenn ich sage mit wohlgesetzten Worten, dann bestreite ich nicht, dass es diese Fälle gibt, aber wie gesagt, die Realität in ihrer Gesamtheit ist anders.

Ich bin auch für die gemeinsame Obsorge, und zwar für die Beteiligung der Väter an der Betreuung der Kinder und der Erziehung während der Ehe und nach der Scheidung, nur die Zahlen beweisen leider etwas anderes. Väter sind absent. Es beweisen unzählige Befragungen, Studien, dass sich Väter nur wenige Minuten täglich der Betreuung ihrer Kinder widmen, und wenn überhaupt, dann kümmern sie sich um die älteren Kinder im Bereich der schulischen Betreuung, also beim Lernen und in der Freizeitgestaltung.

Die Scheidung ist fast ausschließlich. Sie können mir glauben, dass ich in meiner fast 30-jährigen Funktionärstätigkeit als Gewerkschafterin, Frauenfunktionärin, als Betriebsrätin vor dem Hintergrund, dass in Oberösterreich jede dritte Ehe geschieden wird – ich habe heute in der Zeitung gelesen, dass es bundesweit jede vierte Ehe ist viele Situationen erlebt habe, wie Väter und Mütter mit dem Problem der Scheidung und mit der Frage, wie geht die Gemeinsamkeit, die oft eben erzwungene Gemeinsamkeit im Zusammenhang mit den Kindern und deren Wohl weiter, umgehen.

Die Scheidung ist in den meisten Fällen der Schlusspunkt unter eine längere quälende, von Unstimmigkeiten bestimmte Phase. Wenn es während dieser Zeit nicht gelingt, sich über grundlegende Fragen zu einigen, wie man sich vom Hausrat trennt, was mit den Kindern passiert, dann gehe ich davon aus, dass auch die Scheidung diese Phase nicht verändern kann und es nach der Scheidung nicht positiv weitergeht.

Diese Phase vor einer Scheidung ist eine enorme emotionale Belastung für die Kinder. Ich glaube, dass gerade die Kinder – das wird immer wieder betont – im Vordergrund stehen. Natürlich stehen die Kinder im Vordergrund, sie sind immer das schwächste Glied in der Kette. Diese Situation beruhigt sich aber nicht durch den Schlusspunkt der Scheidung. Diese emotionale Aufgestörtheit wird meistens dann auch noch auf Grund verschiedener Schwierigkeiten, nämlich durch die Tatsache, dass sich die Mutter emotional nicht beruhigen kann, dass


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die finanzielle Situation meist dramatisch ist – ich sage meist, ich schließe nicht aus, dass es in Einzelfällen durchaus auch Vätern so gehen kann –, beeinflusst. Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass Zahlungen für Kinder auch für Väter eine Belastung sein können. Darüber hinaus ist aber die Mutter noch immer diejenige, die beim Kind sitzt, wenn es nächtelang krank ist, und auch für andere Dinge zu sorgen hat, wobei ich gar nicht abstreiten möchte, dass auch Väter dann aus der Ferne leiden.

Ich habe im Ausschuss von den Beamten die Aussage gehört, dass dieses Gesetzeswerk aus dem Bedürfnis der Praxis entstanden ist. Ich habe mit meinen Ausführungen versucht, dem entgegenzustellen, dass ich dieses Bedürfnis nicht erkennen kann. Ich mache die Erfahrung, dass selbst Väter, die dem Problem durchaus positiv gegenüberstehen, weil sie für ihre Kinder etwas tun wollen, doch die einfache Lösung vorziehen, nämlich ein Recht zu haben, ein Recht zugesprochen zu bekommen, ein Recht automatisch zu haben, ohne sich dieses Recht erarbeiten zu müssen. Wenn man gemeinsame Obsorge leben will, dann ist das ein Prozess, den man sich erarbeiten muss. Man muss mit dem anderen Teil, der die doppelte Belastung trägt, nämlich eine über die Alimentationszahlung hinausgehende finanzielle Belastung, eine emotionale Belastung und natürlich auch eine körperliche, die durch die Betreuung entsteht, Übereinstimmung herstellen.

Wenn Paare zwanzig Jahre – ich kenne solche – nach der Scheidung noch immer auf der Straße den Kopf in eine andere Richtung drehen, wenn sie sich treffen, dann glaube ich, kann man nicht davon ausgehen, dass grundsätzlich die Reife besteht, mit dieser emotionalen Wirkung einer gescheiterten Beziehung fertig zu werden und in dieser Situation das Beste für die Kinder zu wollen.

Die Situation der Frau ist auch von anderen Dingen bestimmt, die sehr viele Sorgen mit sich bringt, die auch sehr oft aus der finanziellen Bedrängtheit bestimmt wird. Dort, wo die gemeinsame Obsorge in einem Reifeprozess gewünscht wird, erfolgt sie ohne gesetzliche Festlegung, also ist es eine automatische gesetzliche Festlegung. Ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn anlässlich einer Scheidung über Antrag festgelegt wird, gemeinsam die Obsorge ausüben zu wollen. Nein, so ist es nicht geregelt. Sie müssen jetzt den Antrag stellen, die Obsorge nicht gemeinsam ausüben zu wollen. Das heißt, dass ein Elternteil – in der Regel ist das der Schwächere, ist das die Mutter – zu Gericht gehen muss, um diesen Antrag zu stellen. Dann kommt es, was an und für sich in einem Gerichtsverfahren selbstverständlich sein muss, zu Beweisaufnahmen, zu einem Verfahren, zu einem Prozess, der für die Mutter wieder nicht bewältigbar ist, weil sie unter Umständen nicht weiß, wie sie vom 20. bis zum Letzten ihre finanzielle Situation bewältigen soll. Das Recht ist also dem "Normalverbraucher" – unter Anführungszeichen – überhaupt nicht so zugänglich, wie wir uns das vorstellen. Dazu kommen auch noch Belastungen, die wir gar nicht empfinden, wie beispielsweise die Frage: Brauche ich einen Rechtsbeistand? Wo bekomme ich diesen? Kann ich diesen bezahlen? (Bundesrat Dr. Böhm: Das ist ein Außerstreitverfahren! Da besteht keine Anwaltspflicht!)

Meine Damen und Herren! Sie wissen, Herr Professor Böhm, was ein Außerstreitverfahren ist. Bitte, sagen Sie das – jetzt spreche ich ganz bewusst eine einfache Bildungsschicht an – einer Kollegin, die am Fließband sitzt, aber sagen Sie das auch einer Sekretärin, von der man annehmen könnte, sie hätte einen besseren Zugang. Glauben Sie mir, auf Grund meiner Erfahrung kann ich dieses Bedürfnis nicht ablesen. Ich wäre glücklich darüber, wenn es die realistische Chance gebe, die gemeinsame Obsorge zum Wohle der Kinder auszuüben, denn ich glaube, dass Kinder nichts mehr brauchen als klare Linien, um für ihr Leben keine Schäden davonzutragen. Es geht nicht an, dass sie sich in einer Situation befinden, in der sie keine Leitlinien haben, in der sie keine klaren Verhältnisse haben, in der sie keine Hand haben, an der sie sich festhalten können. Ich glaube, das automatische Festlegen von Dingen, die von Partnern nicht bewältigt werden können, können sich für Kinder nicht positiv auswirken. Deshalb können ich und meine Fraktion dieser Vorlage die Zustimmung nicht geben. (Beifall bei der SPÖ.)


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18.47


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670. Sitzung / Seite 143

Präsident Johann Payer:
Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer. – Bitte.

18.47

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Ich wende mich insbesondere an Sie, Frau Bundesrätin Kainz, weil ich meine, dass hier einiges richtig gestellt werden muss.

Sie haben gesagt, Väter sind absent. Das mag für die graue Vorzeit dieser Problematik gelten. Wir haben ein sehr ausführliches Expertenhearing gehabt, das zwei Tage gedauert hat, und bei diesem Expertenhearing haben die Praktiker darauf hingewiesen, dass sich die Väter zunehmend in die Kindererziehung einbringen. Die Väter sind also aus ihrer Sicht und auch aus meiner Sicht am richtigen Weg. Und diesen Weg sollte man nicht ... (Bundesrätin Kainz: Aber Sie wissen, andere Experten sind anderer Meinung!) – Nein, aus dem Kreis der Praktiker keine. Aus dem Kreis der Praktiker hat dem niemand widersprochen. (Bundesrätin Kainz: Ich kenne die Stellungnahme anderer Experten auch!)

Sie müssen die Realität akzeptieren, Sie selbst haben gesagt, man muss das tun. Die Praktiker sagen, dass sich die Väter – das erleben wir selbst – zunehmend einbringen, sich zunehmend an der Kindererziehung beteiligen, sich karenzieren lassen und so weiter. Wenn Sie das verneinen, dann negieren Sie eine tatsächliche Entwicklung. (Zwischenruf der Bundesrätin Kainz. )

Sie sprechen von der emotionalen Phase. Es stimmt: Es gibt keine Scheidung, ohne dass es eine emotionale Phase gibt, aber die Praktiker werden Ihnen bestätigen, dass gerade die Eltern zunehmend vernünftig sind und die Tatsache der Scheidung und die Tatsache der damit verbundenen Emotionen an den Kindern vorbeidirigieren. Das heißt, die Eltern bemühen sich zunehmend, die Kinder unter der Tatsache der Scheidung nicht leiden zu lassen.

In Deutschland hat man mehr Erfahrungen. Wir haben auch einen Experten aus Deutschland da gehabt, der darauf hingewiesen hat, dass die Obsorge beider Teile in Deutschland schon praktiziert wird. Aus einem Erfahrungspotenzial von 3 500 Scheidungen ist herausgekommen, dass dieses Modell der Obsorge beider Teile von 80 Prozent der geschiedenen Eltern angenommen wird. (Bundesrätin Kainz: Das sagt nichts daraus aus wie!) Daran kommen Sie nicht vorbei. Es gibt einfach kein besseres Modell, die Obsorge nach der Scheidung zu regeln. Das war das eindeutige Erkenntnis in dem Expertenhearing.

Sie haben gesagt, Frau Bundesrätin, wer zu Gericht geht, ist immer der Schwächere oder so ähnlich. Das stimmt nicht. (Bundesrätin Kainz: Ich habe gesagt: Die Frau ist im Regelfall die Schwächere!) – Die Frau. Gut, ich nehme die Korrektur zur Kenntnis. Ich sage Ihnen, bei Gericht ist niemand der Schwächere. Dort ist man im Recht oder im Unrecht.

Was den Kostenersatz anlangt, bin ich persönlich dafür – das sage ich Ihnen ganz offen –, dass wir später einmal zumindest einen begrenzten Kostenersatz einführen, weil ich glaube, dass derjenige, der einen richtigen Rechtsstandpunkt einnimmt, nicht noch dafür büßen soll, indem er sich den kompletten Aufwand zur Verwirklichung derselben selbst bezahlen muss.

Sie sind also mit mir einer Meinung, dass wir darüber nachdenken, dass es einen Kostenersatz gibt. Das erleichtert demjenigen, der im Recht ist, naturgemäß die Rechtsdurchsetzung.

Aber ich möchte hier nicht enden, ohne dass ich auf die sonstigen Vorteile dieser neuen Regelung eingehe. Sie wissen, dass das Volljährigkeitsalter von 19 auf 18 Jahre herabgesetzt wurde. Sie wissen, dass dieses Gesetz in vermehrter Weise auf den Willen der Minderjährigen Bedacht nimmt. Sie wissen, dass die mündigen Minderjährigen nunmehr erstmals eine eigene Parteienstellung haben. Sie wissen, dass die Eltern, die nicht die Obsorge haben, erhöhte Informations- und Äußerungsrechte haben, und Sie wissen auch, dass die Vermögensverwaltung vereinfacht wurde. Das sind große Fortschritte, die man auch erwähnen muss.

Ich glaube also, dass dieses Gesetz gerade und wegen seiner gesellschaftlichen Bedeutung einen großen Schritt nach vorne macht. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

18.51

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Anna Höllerer. Ich erteile ihr dieses.

18.51

Bundesrätin Anna Höllerer (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem mein Thema heute auch die gemeinsame Obsorge, das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz ist und jetzt schon ziemlich alles gesagt ist, kann ich mich verhältnismäßig kurz halten. Ich möchte aber doch noch einige Punkte ganz besonders herausstreichen.

Ich habe gerade vorhin in einem Nachrichtenmagazin heutigen Datums gelesen, dass ein neuer Trend festgestellt wird und dass sich die Hälfte der Paare, ohne dass es gesetzmäßig festgeschrieben wäre, bereits für eine gemeinsame Obsorge ihrer Kinder nach einer Scheidung entschließt. Es ist also zunehmend so, dass man dieses Scheidungsleid, das auf die Kinder zukommt, im Falle einer Trennung vermeiden will, weil man sich bewusst ist, dass die psychische Belastung ganz gewaltig ist. Nachdem die Hauptleidtragenden in solch einem Trennungsfall der Eltern immer die Kinder sind, die kein Sprachrohr haben, die keine Lobby haben, ist es ganz besonders hervorzustreichen, dass in diesem Gesetz das Wohl und das Recht des Kindes in den Mittelpunkt gerückt werden.

Ich habe auch einer Studie entnommen, dass nach einer Scheidung der Eltern lediglich 18 Prozent der Scheidungskinder – nach dem jetzigen Rechtsverhältnis – keine psychischen Folgeschäden davontragen, dass aber immerhin 38 Prozent geringfügig, 37 Prozent mittelgradig und doch 7 Prozent hochgradig psychisch belastet sind.

Ich möchte nur noch festhalten, dass mit dieser gemeinsamen Obsorge eine Chance, eine Möglichkeit gegeben wird, dass auch nach der Trennung die Eltern für das Kind gemeinsam Verantwortung tragen können. Das ist ein Angebot, das gemacht wird, das nicht genutzt werden muss, das man aber sehr wohl annehmen kann zum Wohl des Kindes. Durch diese neue Regelung besteht (Bundesrätin Kainz: Es muss genutzt werden!) – so hören Sie mir doch zu! – kein Zwang zu einer gemeinsamen Obsorge, denn jeder Elternteil kann ohne Angabe von Gründen eine Aufhebung (Bundesrätin Kainz: Sie können es nur mit einem Verfahren außer Kraft setzen!) dieser gemeinsamen Obsorge bei Gericht beantragen. Selbstverständlich gibt es dann noch die Möglichkeit der modernen Form der Mediation, dass man also eine gütliche Regelung erreichen will, aber es entscheidet dann der Richter, wie es für das Kindeswohl am besten weitergeht.

Ich bin auch – da muss ich schon ein bisschen auf meine Vorrednerin eingehen – ganz besonders enttäuscht von diesem verzerrten Frauenbild, das von meiner Vorrednerin, Frau Bundesrätin Kainz, dargestellt wird. Ich denke, dass unsere modernen jungen Frauen sehr wohl genau wissen, was auf sie zukommt. Da muss ich Sie schon fragen, meine Damen und Herren der SPÖ-Fraktion: Haben Sie Halbe-Halbe vergessen? (Bundesrätin Kainz: Da frage ich mich, wozu wir Frauenhäuser brauchen und alle Tage ein Gewaltdelikt in der Zeitung steht!) Oder war das nur ein Schlagwort, das einfach so hingesagt wurde und heute nicht mehr gilt? – Jetzt ist man als Frau bemüht, den Vater der Kinder in die Familienarbeit, in die Kinderbetreuung und in die Kindererziehung mit einzubeziehen, und sobald es zu einem Scheidungsfall kommt, soll all das nichts mehr wert sein? (Zwischenruf der Bundesrätin Fuchs. )

Bedenken Sie doch, dass eine Vätergeneration, so wie sie sich heute darstellt, sehr wohl Verantwortung tragen will und auch kann. Ich sehe nicht ein – das ist auch im Sinne der Frauen –, dass man sie nach einer Scheidung einfach aus dieser Verantwortung herauslassen soll. (Bundesrätin Schicker: Weil wir unsere Söhne ganz anders erzogen haben! – Bundesrätin Fuchs: Nein eben nicht, weil die Frauen damit erpressbar werden!) – Dann können Sie also ohne weiteres diesem Gesetz zustimmen. Das ist doch für das Kind der beste Weg, den Sie gehen können. Es ist eine verantwortungsvolle Kindererziehung, wenn beide Elternteile auch nach einer Trennung mitwirken können.


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670. Sitzung / Seite 144

Ich kann Ihnen nur sagen, wir stehen auf der Seite des Kindes oder der Kinder, denn die Kinder brauchen sowohl Väter und Mütter, um tatsächlich (Beifall bei der ÖVP) eine positive Entwicklung im Kindesalter haben zu können. Um später auch beziehungsfähig sein zu können, ist es notwendig, dass beide Elternteile an der Erziehung mitwirken. Ich lade Sie daher ein, diesem Gesetz zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

18.56

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid. Ich erteile ihr dieses.

18.56

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Einer Frau geht es natürlich immer um die Kinder, und ich glaube, die Aktion "Licht ins Dunkel" prägt die Vorweihnachtszeit besonders und verpflichtet uns, zu helfen oder zumindest über Hilfe nachzudenken. So sah sich auch die Regierung verpflichtet, so glaube ich, Licht in die Herzen von vielen Kindern zu bringen, die das nicht verstehen können und auch nicht verstehen wollen, dass sich ihre so geliebten Eltern auseinander gelebt haben und zu einer Trennung entschließen.

Meine Damen und Herren! Die Angst, einen Elternteil zu verlieren, die Ungewissheit, wie das weitere Leben mit nur einem Elternteil sein wird, verunsichert unsere Kinder und macht ihnen Angst. Da wir Freiheitlichen immer als erstes den Schutz des Kindes im Auge haben und das wichtigste Anliegen für uns Kinder sind und sich diese Regierung sehr wohl über die Bedeutung der Kinder zur Gewährleistung eines guten Fortbestandes dieses Landes bewusst ist, wurde diese Neuregelung der Obsorge nach der Scheidung der Eltern vorgenommen.

18 000 Scheidungen gab es im Jahre 1999, was eine wesentliche Steigerung nach den vergangenen Jahren ist. Mindestens 17 000 Kinder sind davon betroffen. Für die Eltern ist es oft ein neuer Start in ihrem Leben, für Kinder bringt es aber eine Situation, die sie, wie schon gesagt, nicht verstehen können und mit der sie auch nicht fertig werden.

Es ist sehr wohl richtig, alles zu tun, um nicht den Mann aus der Verantwortung für die Kindererziehung und -betreuung zu entlassen. Sehr wohl gilt das aber auch für uns Frauen. Leider gibt es diesbezüglich vermehrt Anlass zur Sorge. Nur weil man meint, etwas versäumt zu haben, aus dem Alltag auszubrechen, gibt das keinem Partner, ob männlich oder auch weiblich, das Recht, die Familie im Stich zu lassen, vor allem aber die Kinder im wahrsten Sinne des Wortes in der Mitte auseinander zu zehren und ihres höchsten Ideals, dem Elternhaus zu berauben.

Keine noch so große Geldsumme kann dieses Betreutsein-Fühlen im Elternnest ersetzen. Darum begrüßen ich und meine Fraktion die Schaffung der Möglichkeit der gemeinsamen Obsorge beider Elternteile auf Grundlage des Einvernehmens von Vater und Mutter. Auch die rechtliche Position des nicht mit der Obsorge betrauten Elternteils im Falle einer Trennung wird verstärkt durch den Ausbau der Information und den Äußerungsrechten. Die Orientierung liegt ausschließlich am Kindeswohl beziehungsweise an den Kinderinteressen.

Vor allem ist diese Obsorge nicht als Recht, sondern, wie im Gesetz geschrieben, als Aufgabe der Eltern zu verstehen, so wie auch das Besuchsrecht als Recht des Kindes zu verstehen ist. Das neue Recht gibt den Eltern, wenn beide dies im Interesse des Kindeswohls wünschen, die Möglichkeit, ihre Verantwortung gegenüber dem Kind wie bei aufrechter Ehe weiter wahrzunehmen.

Nur auf Basis eines Einvernehmens der Eltern kommt eine solche Obsorge beider Elternteile nach der Scheidung in Betracht. Es erlaubt Vater und Mutter, weiterhin gemeinsam auch rechtlich die Verantwortung für das Kind zu tragen, wenn sie dies wollen oder können.

Es ist mir unverständlich, dass sich die Sozialdemokratische Partei gegen diese gemeinsame Obsorge stellt – nicht zuletzt, da doch gerade das ihr so zugetanene Medium "NEWS" in der neuesten Ausgabe über die Problematik der steigenden Zahl an Scheidungen schreibt: im Jahre 2000 mittlerweile bereits 20 000, und das sind rund 18 500 betroffene Kinder.


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670. Sitzung / Seite 145

Schon die Hälfte der Paare, so schreibt "NEWS", kümmert sich gemeinsam nach vollzogener Scheidung um die Kinder. "Albtraum und Wunschtraum" – so steht in diesem "NEWS": Nach einer Scheidung beginnt das Gezerre um das Kind. Die meisten Kinder jedoch wollen beide Eltern behalten.

Meine Damen und Herren! Machen wir doch mit dieser Gesetzesänderung Schluss mit einem Albtraum und erfüllen Wunschträume, Weihnachtswunschträume, die realisierbar sind! Betrachten wir das Gesetz als Licht ins Dunkel, als Sternschnuppe, meine Damen und Herren, eben weil uns diese Kinder nicht schnuppe sind! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.02

Präsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon, bitte.

19.02

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Minister! Ich habe mir lange überlegt, ob ich noch einmal an das Rednerpult gehe. Ich bin aber ein Betroffener von diesem Thema, und ich möchte doch noch einiges dazu sagen, weil genau diese Gesetzesänderung einen Themenbereich betrifft, der in der Tat sehr emotionalisiert.

Gerade diese Diskussion, die auch jetzt geführt worden ist, hat natürlich auf beiden Seiten ihre Berechtigung. Ich gebe Frau Kollegin Kainz völlig Recht, wenn sie sagt, dass bei Eltern, die es schaffen, in der Scheidungsphase die Elternbeziehung und die Paarbeziehung gut voneinander zu trennen, die Chancen groß sind, dass auch nach der Scheidung die Betreuung der Kinder gut funktionieren kann.

Ich glaube auch, was der Herr Justizminister gesagt hat, nämlich dass die Zahl dieser Gruppe von Eltern im Steigen begriffen ist. Ich muss sagen, ich habe bei diesem Gesetz lange nicht gewusst, wie ich mich entscheiden soll – durchaus aus persönlicher Betroffenheit, aus persönlicher Erfahrung. Ich möchte diese zwei Elterngruppen trennen, weil ich glaube, dass bei den Eltern, die gut trennen können, dieses Gesetz auch eine Wertschätzung des Gesetzgebers für die Betreuung nach der Scheidung sein kann.

Bei der anderen Gruppe, die den Konflikt auf der Elternebene nicht bereinigen kann, sehe ich das Recht des Kindes auf Eltern nicht. Hier sehe ich eher das Recht der Eltern auf das Kind. (Beifall bei der SPÖ.)

Das – so muss ich sagen – hat zum Teil katastrophale Auswirkungen für die Kinder. Es muss auch sichergestellt werden und wird in diesem Gesetz auch sichergestellt, dass es nach der Scheidung zu einer Klarheit für Kinder kommen kann. Das kann bedeuten, dass das Besuchsrecht eher eingeschränkt wird, wenn es für das Wohl des Kindes besser ist. Auch das gibt es.

Warum ich diesem Gesetz zustimme, ist, weil ich die Chance sehe, jene Eltern zu unterstützen – auch in der Öffentlichkeit –, die diese Trennung gut vollziehen können, damit sie ein Mehr an Öffentlichkeit bekommen. Ich möchte aber auch bitten, die andere Gruppe sehr sorgsam weiter zu beobachten, denn um das Wohl des Kindes brauchen wir uns bei der ersten Gruppe keine Sorgen zu machen. Sorgen müssen wir uns bei jenen Gruppen machen, die nicht trennen können. – Ich danke. (Allgemeiner Beifall.)

19.06

Präsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.


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670. Sitzung / Seite 146

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend das Euro-Genossenschaftsbegleitgesetz.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Signaturgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

21. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozeßordnung 1975, das Finanzstrafgesetz und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert werden (297 und 373/NR sowie 6278/BR der Beilagen)

22. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend ein Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union samt Anhang, Vorbehalten, Erklärungen und Mitteilung der Republik Österreich (273 und Zu 273 und 374/NR sowie 6279/BR der Beilagen)

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nun zu den Punkten 21 und 22 der Tagesordnung, über welche die Debatte ebenfalls unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozeßordnung 1975, das Finanzstrafgesetz und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert werden, sowie

ein Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union samt Anhang, Vorbehalten, Erklärungen und Mitteilung der Republik Österreich.

Die Berichterstattung über die Punkte 21 und 22 hat Herr Bundesrat Dr. Robert Aspöck übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.


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Berichterstatter Dr. Robert Aspöck:
Herr Präsident! Meine Herren Minister! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst zu Tagesordnungspunkt 21: Der Bericht liegt Ihnen allen schriftlich vor.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Dezember 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 22 liegt Ihnen der Bericht ebenfalls allen schriftlich vor.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Dezember 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Brunhilde Fuchs. Ich erteile dieses.

19.09

Bundesrätin Brunhilde Fuchs (SPÖ, Wien): Sehr geschätzter Herr Präsident! Werte Herren Minister! Meine Damen und Herren! Ich darf gleich vorweg feststellen, dass meine Fraktion dem Übereinkommen über die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zustimmen wird. Daher werde ich mich jetzt nur den Änderungen des Strafvollzugsgesetzes widmen, denn dazu kann meine Fraktion keine Zustimmung erteilen.

Lange Zeit schon wird eine große Strafgesetznovelle vorbereitet. Sie wäre im Interesse eines humanen zeitgemäßen Strafvollzugs dringend notwendig. Österreich ist im internationalen und europäischen Vergleich mit sehr geringen Ressourcen ausgestattet – sowohl was den Personaleinsatz als auch den Sachbereich anlangt.

In den meisten Justizanstalten kann man nur mehr von Notbetrieb sprechen. Werkstätten sind tagelang gesperrt, Ausgänge wegen des eklatanten Personalmangels oft nicht möglich. Trotzdem wird noch immer von Einsparungen von insgesamt 14 000 Beamten gesprochen. Aber aus welchem Bereich sollen diese genommen werden? – In der Fragestunde haben wir heute gehört, dass in den Gendarmerie- und Polizeiposten keine Einsparungen vorgesehen sind. Ich hoffe, das gilt auch für unsere Justizbeamten, die jetzt schon am Rande ihrer Leistungsfähigkeit agieren müssen und denen ich für ihren Einsatz trotz aller Erschwernisse sehr herzlich danke.

Noch ein Wort zur bedingten Entlassung: Ich sehe es als überaus problematisch, wenn nicht sogar menschenunwürdig, dass jemand auf seine Entlassung vorbereitet wird und dann ein Richter unter Umständen anders entscheidet. Die Neuordnung des Beschwerdewesens ist grundsätzlich begrüßenswert und notwendig. Viele Vorschläge sind schon gemacht worden. Die Einrichtung von Vollzugskammern ist eine von mehreren Möglichkeiten, ich glaube, aber nicht die beste.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir alle wissen, dass eine umfassende Lösung notwendig wäre, bei der viele Expertenmeinungen umgesetzt werden. Daher werden wir dieser Regierungsvorlage nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.12

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Milan Linzer. Ich erteile dieses.

19.12

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich mich heute im Zusammenhang mit meiner Wortmeldung zum Notarversicherungsgesetz verabschieden – das wäre durchaus passend, logisch gewesen –, aber mein Klubobmann hat mir einen Strich durch meine Absicht gemacht


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und mich sozusagen zu meinen Studentenanfängen zurückgeführt. Ich muss ehrlich gestehen, ich war als Student nicht besonders gut in Sachen Strafprozess, Strafvollzug. Ich weiß nicht, warum, offenbar liegt das in den Genen. Meine Stärken, meine Stärken auf der Universität sind in anderen Bereichen gelegen, und wahrscheinlich bin ich auch deswegen dann Notar und nicht Strafrichter oder Strafverteidiger geworden. Mein Klubobmann hat hier nachgesehen. Das wollte ich nur als Einleitung zu meiner Wortmeldung bringen, damit ich nicht gleich zu wehmütig oder zu pathetisch werde.

Ich möchte natürlich auch zum vorliegenden Gesetzesbeschluss meinen, dass es nicht der große Wurf ist; diese allgemein erwartete, auch von vielen geforderte Strafvollzugsreform ist es nicht. Aber es sind doch gute Schritte auf dem richtigen Weg. Kollegin Fuchs hat schon angedeutet, dass es zu einer Verrichterung des Beschwerdewesens kommt, dass es beim Strafvollzug sozusagen zu einer Aufwertung des landesgerichtlichen Gefangenenhauses kommt, Besuchsrecht, Stichwort Resozialisierung und einiges andere mehr. Meine Fraktion wird daher diesen Gesetzesbeschlüssen gerne zustimmen.

Meine Damen und Herren! Einmal muss geschieden sein. Das ist meine letzte Wortmeldung. Ich darf einige Sätze mit Einverständnis des Herrn Präsidenten sagen. Ich hatte die Ehre, 14 Jahre lang dem Bundesrat anzugehören. Es hat mir sehr viel Freude und auch gelegentlich, so wie heute, sehr viel Spaß bereitet, aber ich war immer ein überzeugter Föderalist, wahrscheinlich auch geprägt durch meine zehnjährige Tätigkeit als Vizebürgermeister in einer Kleinstadt im Burgenland.

Natürlich, rückblickend gibt es viel Positives, vielleicht auch etwas Negatives. Positiv war meine Berufung in das Europäische Parlament. Ich durfte durch zwei Jahre hindurch als einer der ersten Abgeordneten Österreichs im Europäischen Parlament sozusagen die Fahne Österreichs hochhalten. Ich erinnere mich an eindrucksvolle Tage, an eindrucksvolle Begegnungen, an eindrucksvolle Auftritte, etwa des damaligen sozialdemokratischen Kommissionspräsidenten Jacques Delors, des deutschen Bundeskanzlers Helmut Kohl, aber vor allem unvergesslich für mich bleibt der letzte Auftritt im Europäischen Parlament des französischen Staatspräsidenten François Mitterrand, der von seiner schweren Krankheit schon sehr gezeichnet im Europäischen Parlament quasi sein Europatestament deponiert hat.

Es gab dann noch viele Ausflüge, viele Begegnungen, auch in die Nachbarländer, beispielsweise nach Ungarn im Zusammenhang mit dem Europaausschuss, mit dem Assoziierungsausschuss, aber vor allem auch in die südlichen Länder; etwa als Wahlbeobachter war ich in Belgrad im Zuge der Ereignisse vor dem Kosovo-Krieg, spannungsgeladen natürlich – man konnte direkt schon irgendwo fühlen, dass es zu einer Eskalation kommen kann –, oder ich war auch mit einer Europadelegation in Banja Luka in der Republika Srpska.

Ich konnte dann sozusagen auch zweieinhalb Jahre den Europarat kennen lernen – die großen Initiativen, die großen Wünsche für ein gemeinsames Europa, vor allem der Erweiterungsländer.

Meine Damen und Herren! Ein bisschen wehmütig, mit einem Wermutstropfen versehen hier im Bundesrat ist, dass es nicht gelungen ist, die Bundesstaatsreform, Perchtoldsdorf sozusagen voranzutreiben, dass es bei einer Absichtserklärung geblieben ist. Wenn wir heute in den Medien lesen müssen, dass es an sich theoretische Erläuterungen zu einem Generallandtag gibt – Dinge, die wir, die wir hier in der Länderkammer arbeiten, einfach nicht verstehen können –, so muss man sagen, dass manche das Wort ergreifen, die von Föderalismus, vom Bundesstaat, von Verfassung scheinbar nicht mehr allzu viel halten oder sich einfach ins Gespräch bringen wollen.

Ich bin der Meinung, dass wir mit unseren Bundesländern Regionen haben, die geschichtlich gewachsen sind, oft durch Jahrhunderte, die ihre eigene Identität, eine eigene Kultur haben. Diese Länder müssen weiterhin bestehen bleiben. (Allgemeiner Beifall.)

Es war bei der Gründung der Europäischen Union, es war Maastricht, als gerade die Aufwertung und die besondere Aufwertung dieser Regionen und dieser Bundesländer als ein Credo der Europäischen Union erklärt worden ist. Denn es gibt keine Europäische Integration ohne starke


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Länder, ohne starke Regionen. Ich bin davon überzeugt, dass Sie, meine Damen und Herren, unsere Arbeit hier in der Länderkammer fortsetzen werden und dass es gelingen wird, diese Länderkammer und die Interessen dieser Bundesländer stärker als bisher zu vertreten.

Ich scheide schon mit ein bisschen Wehmut, aber mein beruflicher Lebenskreis – ich habe es heute schon erwähnt – ist noch nicht ganz geschlossen. Wenn mir die Gesundheit geschenkt bleibt, möchte ich noch einige Jahre, sozusagen Ehrenjahre, als Notar anhängen. Ich bin schon mitten in dieser Arbeit, und ich freue mich, ich habe einen nahtlosen Übergang.

Ich möchte Ihnen persönlich, jedem Einzelnen wünschen, dass es auch Ihnen so ergehen möge, dass Sie den Lebenssinn auch in beruflicher Hinsicht noch voll erfahren können eben hier mit dieser Arbeit, wo Sie mehr Anerkennung, Solidarität und Akzeptanz finden.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen natürlich auch privat, persönliches Wohlergehen, viel Gesundheit und Zufriedenheit und möchte ein wenig pathetisch, wenn Sie mir verzeihen, schließen – in bescheidener Anlehnung an die Worte eines großen Staatesmannes aus der Nachkriegszeit: Dass uns niemals – auch Sie vor allem niemals! – die Absicht beziehungsweise der Glaube an den Bundesstaat Österreich verlassen möge! Alles Gute! – Danke vielmals. (Allgemeiner anhaltender Beifall.)

19.22

Präsident Johann Payer: Lieber Dr. Milan Linzer! Als Landsmann, als Burgenländer ist es für mich eine Ehre, bei deiner letzten Wortmeldung als Präsident dabei zu sein. Ich möchte dir im Namen aller Kolleginnen und Kollegen für deine 14 Jahre Arbeit im Bundesrat ein herzliches Dankeschön sagen.

Wir alle schätzen über Parteigrenzen hinweg deine demokratische Einstellung. Wir schätzen deine fundierten Wortmeldungen. Wir danken dir für deine Kollegialität, für dein Engagement – als Burgenländer weiß ich das – für die Menschen dieses Landes. Mir hat sehr gut gefallen, dass du die Wichtigkeit der Länder, die Wichtigkeit des Bundesrates hervorgehoben hast.

Lieber Milan! Ein herzliches Danke auch – das sage ich auch als Burgenländer – für deine Kompromissfähigkeit. Zu deiner Arbeit im Europäischen Parlament, im Europarat: Du warst sicher mitverantwortlich, als es zum Referendum über die EU gekommen ist, dass das Burgenland ein europaweit herzeigbares und sehr gutes Ergebnis erzielt hat. Ich danke dir auch für deinen Einsatz für unser Ziel-1-Gebiet.

Lieber Milan! Alles Gute auf deinem weiteren Lebensweg, vor allem viel Gesundheit. Vergiss den Bundesrat nicht, und wir alle freuen uns sicher, wenn du hier öfter vorbeikommst! Ein herzliches Dankeschön! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Ing. Gerd Klamt. Ich erteile dieses.

19.24

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach diesen – so würde ich sagen – interessanten lehrreichen und ans Herz gehenden Worten des Herrn Dr. Milan Linzer jetzt wieder zur Sache zu kommen, ist eine schwierige Aufgabe. Ich werde es trotzdem versuchen.

Änderungen – bei diesen Tagesordnungspunkten haben wir es mit Änderungen zu tun – werden immer eine Gratwanderung zwischen dem Angestrebten und dem Machbaren sein. Als Opposition wird man jenen, die verändern, immer vorwerfen, dass ihnen der große Wurf nicht gelungen ist.

Die Ausgliederung des Rechtsbeschwerdewesens aus dem Bundesministerium für Justiz sowie die Verbesserung des Rechtsschutzes für Strafgefangene erfüllen die Anforderungen im Sinne des Artikels 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention; die Erhöhung der Strafzeit von 12 auf 18 Monate in Richtung Zuständigkeit der Strafvollzugsanstalten war wichtig. Die Nähe zum


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Wohnort und damit zu den Angehörigen ist im Sinne einer Erleichterung der Resozialisierung nachvollziehbar.

Wir bewegen uns beim Tagesordnungspunkt 21 ganz einfach in einem sehr sensiblen Bereich und wissen, so meine ich, alle, dass die Freiheitsstrafe nicht der Stein der Weisen ist. Ich kenne aber keine Alternative, mit der wir dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung entsprechen können.

Die österreichische Strafrechtspflege ist vernünftig und wird mit diesen Änderungen modernisiert und angepasst. Wir setzen mit der Zustimmung zu den gegenständlichen Tagesordnungspunkten keine endgültigen Schlusspunkte. Meine sehr verehrten Damen und Herren des Bundesrates! Es ist sicher weiterhin für alle Fraktionen erlaubt nachzudenken. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Bundesräten der ÖVP und der SPÖ.)

19.27

Präsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Herr Bundesrat Bieringer, bitte.

19.27

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist normal nicht üblich, dass ein Fraktionsvorsitzender das Wort ergreift, wenn sich ein Bundesrat verabschiedet. Aber dennoch meine ich, es ist in diesem speziellen Fall notwendig – notwendig deswegen, weil, wie man mir mitgeteilt hat, das Burgenland alle drei Bundesräte auswechselt. Daher möchte ich heute, weil sich Milan Linzer für morgen aus beruflichen Gründen entschuldigen muss, kurz danke sagen.

Gestatten Sie mir, dass ich zuerst zu meinem Fraktionskollegen Milan Linzer spreche. Milan! Du warst 14 Jahre lang Mitglied des Bundesrates, hast uns insbesondere in Rechtsangelegenheiten immer die Kohlen aus dem Feuer geholt. Du warst ein begehrter Redner bei allem, was das österreichische Recht betrifft, und du hast auch aufgezeigt, was vorher gewesen ist – manchmal sehr eindrucksvoll, manchmal auch emotional. Dafür danke ich dir.

Ich danke dir aber auch für deine Tätigkeit als EU-Parlamentarier. Du hast bemerkt, du warst einer der ersten. Du warst ein Mann der ersten Stunde, einer der ersten Vertreter Österreichs im Europäischen Parlament, und du hast dort deine Sache gut gemacht, aber auch eine paar Schandtaten aufgeführt. Du hast einmal am Flughafen in Straßburg deinen Koffer vergessen und konntest dann in einem Nylonsackerl die letzten Utensilien nach Hause tragen, weil die Polizei deinen Koffer gesprengt hat. (Allgemeine Heiterkeit.) – Aber das gehört auch dazu.

Man soll – du hast die Lehre daraus gezogen – einen Koffer niemals auf einem Flughafen stehen lassen, denn sonst kann man Teile des Seidenpyjamas der Frau aus dem Nylonsackerl übergeben, wenn man wieder nach Hause kommt, und hat vielleicht Erklärungsbedarf. Aber das, so glaube ich, gehört auch dazu. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Nein, ich spreche nicht aus eigener Erfahrung. Mein Koffer wurde noch nicht gesprengt.

Milan! Du hast auch ein halbes Jahr lang die Funktion eines Vizepräsidenten des Bundesrates, und zwar im zweiten Halbjahr 1999, innegehabt. Sei versichert, wir werden dir das niemals vergessen. Ich darf dir im Namen der ÖVP-Fraktion – es wird innerhalb der Fraktion noch zu gegebenem Zeitpunkt die Möglichkeit geben, dir zu danken – heute hier vor diesem Plenum ein herzliches und aufrichtiges Danke sagen für all das, was du für diesen Bundesrat eingebracht hast. Sei versichert, wir werden uns bemühen, so wie du das gemacht hast, auch in Zukunft für den Bundesrat da zu sein. Herzlichen Dank, Milan! (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren! Da ich beim Danken bin, möchte ich auch dem Herrn Präsidenten des Bundesrates, dem Kollegen und – ich glaube, ich kann das sagen – Freund Hans Payer danken.


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Lieber Hans! Du warst zweimal Präsident des Bundesrates, hast in deiner dir eigenen Art dieses Amt in hervorragender Weise geführt, das möchte ich von dieser Stelle aus ausdrücklich festhalten. Du hast dich bemüht, ein über Parteigrenzen stehender Präsident zu sein, und ich darf dir bescheinigen, du hast das vorzüglich durchgeführt. Dafür sage ich dir im Namen der ÖVP-Fraktion einen herzlichen und aufrichtigen Dank. Ich hoffe sehr, dass es das Schicksal ermöglicht, dass du wieder hier herkommst. Vielleicht gibt es irgendeine Möglichkeit. Sei versichert, wenn du wieder kommst, werden wir alle dich gerne wieder aufnehmen, und wir werden hoffen, dass das möglich sein wird. In diesem Sinne alles Gute fürs vorzeitige "Ausgedinge", das kein endgültiges "Ausgedinge" sein möge. (Allgemeiner Beifall.)

Ich darf mich auch bei dir, lieber Kollege Johann Grillenberger, sehr herzlich bedanken für all das, was du hier in deiner ruhigen Art eingebracht hast. Manchmal habe ich mir gedacht: Nimm dir ein Beispiel an Kollegen Grillenberger und bleib auch cool – wie man das jetzt mit einem neuen deutschen Wort sagt. – Du hast das hervorragend verstanden, hast sachlich gesprochen und bist immer zu dem gestanden, was du gesagt hast. Ich wünsche dir im eigenen Namen, aber auch im Namen meiner Fraktion für die Zukunft alles Gute, und ich hoffe sehr, dass wir uns vielleicht da und dort wieder einmal sehen werden. Glück auf für deine Zukunft! (Allgemeiner Beifall.)

19.33

Präsident Johann Payer: Wenn ich ein ganz objektiver Präsident wäre, hätte ich bei der Wortmeldung des Ludwig Bieringer sagen müssen: "zur Sache"! (Allgemeine Heiterkeit und Beifall.) Aber trotzdem ein herzliches Dankeschön für diese netten Worte, die du für uns alle gefunden hast.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist ebenfalls nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozeßordnung 1975, das Finanzstrafgesetz und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2000 betreffend ein Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union samt Anhang, Vorbehalten, Erklärungen und Mitteilung der Republik Österreich.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.


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23. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. November 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 1990 geändert wird (300 und 361/NR sowie 6256 und 6280/BR der Beilagen)

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nun zum 23. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 1990 geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Thomas Ram übernommen. Ich bitte um den Bericht, Herr Bundesrat.

Berichterstatter Thomas Ram: Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Der Bericht zu Tagesordnungspunkt 23 liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Landesverteidigungsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Dezember 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Stefan Prähauser. Ich erteile dieses.

19.36

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Die sozialdemokratische Fraktion wird diesem Antrag hier die Zustimmung verweigern, und zwar aus einfachen Gründen: Wir sind der Meinung, dass es zum gegebenen Zeitpunkt im Vorfeld der Ergebnisse der Expertenkommission, die das Heer selbst einberufen hat, zu früh ist, eine Novellierung des Wehrgesetzes durchzuführen, um nicht Arbeit heraufzubeschwören, die dann in Monaten noch einmal zu wiederholen ist.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ging ausschließlich darum, der Mehrheitspartei in diesem Haus, der Mehrheitspartei im Parlament, der vormaligen Regierungspartei SPÖ etwas an vermeintlicher Macht wegzunehmen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, man sollte der kreativen Entmachtungsabteilung der Koalition eigentlich gratulieren. Man möchte nicht glauben, auf welche Wege man kommt, um solche Wünsche, wie man sie hegt, auch in die Tat umsetzen zu können.

Ich habe mir die Mühe gemacht – Sie wissen, man redet sich jetzt auf d'Hondt aus –, das auf Grund der erreichten Stimmenanzahl bei der Nationalratswahl nach d'Hondt einmal durchzurechnen. Ich komme auf das Ergebnis, über das letztendlich jetzt abgestimmt werden soll, nicht. Wenn man davon ausgeht, dass die kleinste im Parlament vertretene Partei, die Grünen, einen Sitz im Verteidigungsrat haben sollen, dann müsste das tatsächliche Ergebnis nicht, wie es jetzt ausschaut, 3 : 3 : 3 : 1 sein, sondern dann müsste es 4 : 3 : 3 : 1 heißen, wenn man von den erreichten Stimmen der letzten, vorangegangenen Nationalratswahl ausgeht. Sollte man aber meinen, die Mandate heranzuziehen, dann ist das der gleiche Stand. Daher gibt es für mich kein nachvollziehbares Argument, welche Grundlage herangezogen wurde, wenngleich ich natürlich nachgelesen habe, worum es geht.

Herr Bundesminister! Mir geht es einfach darum, dass man eine Novellierung vom Zaun bricht, um auf eine Art und Weise der stärksten Partei einen Stimmplatz wegzunehmen.

Wenn jetzt der neue Mandatsstand 3 : 3 : 3 : 1 ist, dann ist für das eine Koalition, die 52 Prozent erreicht hat, gar nicht unerheblich. Wenn ich aber 4 : 3 : 3 : 1 festsetze, dann wäre das dem tatsächlichen Ergebnis näher. Daher, so glaube ich, sollten wir Sozialdemokraten ... (Bundesrat Bieringer: 54,5 Prozent, oder?) – Trotzdem ist es nicht sehr viel mehr. (Bundesrat Bieringer: Aber es ist auf alle Fälle mehr als 52! 52 wären wenig!) – Herr Kollege Bieringer! 54 Prozent ist


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mehr als 52. Tatsache ist, dass sich das Verhältnis nicht so deutlich widerspiegelt und die Koalition über Gebühr bevorzugt.

Ich glaube aber, die Koalition wäre nicht die Koalition, wenn sie nicht in der Novellierung nebenbei noch eine Möglichkeit gefunden hätte, auch ein bisschen etwas für den Finanzminister oder das eigene Budget zu tun. Wir wissen, das Gesetz sieht vor, abgeleistete Präsenzdiener dürfen ein halbes Jahr lang das österreichische Staatsgebiet ohne Meldung nicht länger als drei Tage verlassen. Man ist auf die hervorragende Idee gekommen, sollte dies jedoch der Fall sein, droht jetzt eine Strafe in der Höhe von etwas mehr als 19 000 S.

Ich glaube, meine Damen und Herren, man hat hier wieder jene herangezogen, zur Kasse gebeten, die sich am wenigsten wehren können. Man hat auch vergessen, dass wir uns in der Europäischen Union befinden. Man hat auch vergessen, dass sich die Grenzen in Europa ein bisschen aufgehoben haben. Ich bin einer Meinung, wenn jemand kurz nach dem Präsenzdienst nach Uganda geht, dass dann die Gefahr sehr groß ist, dass er Geheimnisse von sich gibt; er sollte also in Österreich bleiben. Ich meine aber – da sollten wir wieder zum Ernst zurückkommen –, man sollte in Zukunft überdenken, wie junge Menschen das interpretieren, wo der Abrüstende das erfährt; das ist auch die Frage.

Ich habe das zum Beispiel als junger Abgerüsteter niemals erfahren, ich habe das auch von meinen Kindern nicht gehört. Ich musste das erst in der Gesetzesmaterie nachlesen – zu meiner Überraschung –, ich gehe davon aus, so wird es auch bei vielen Abrüstenden sein.

Da sollte man vielleicht Sorge tragen, dass zumindest eines passiert, nämlich dass die Information so vorangetrieben wird, dass eben unbedachte Entfernungen, wie man das benennt, unterbleiben und letztendlich nicht durch Beträge in der Höhe von mehr als ein Monatsgehalt bestraft werden. Die jungen Leute, die dann wieder in den Berufsprozess eingegliedert werden, verdienen im seltensten Fall 19 000 S netto, und die Strafe ist auch nicht brutto und wird nicht verkürzt, sondern netto; da muss man also ordentlich verdienen. Solch junge Menschen müssen mindestens zwei Monate dafür arbeiten, dass sie vielleicht einen Tag länger in Reichenhall bei der Freundin bleiben, wenn ich das aus Salzburger Sicht sehe. Ich gebe schon zu, es mag sich polemisch anhören, aber das ist es nicht, weil es Tatsache ist. Da muss man in Zukunft, wenn wir Novellierungen vornehmen, mehr in die Tiefe gehen. Machen wir es dann, wenn die Expertenkommission ihre Vorschläge gemacht hat! Dann machen wir eine große Reform, von der wir alle miteinander profitieren, dass das Heer seinen Stellenwert in diesem Land, den wir ihm zuordnen, auch erhalten kann.

Abschließend möchte ich mich bei den Wehrmännern und jetzt auch -frauen sehr bedanken, die den Weg zum Bundesheer gefunden haben, die den Präsenzdienst ableisten. Aber man soll sich in Zukunft überlegen, ob man sie nicht durch solche Aktionen abschreckt. (Beifall bei der SPÖ.)

19.42

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein. Ich erteile dieses.

19.42

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hauptpunkt der Regierungsvorlage ist die weitere Verbesserung der Karrierechancen von Frauen im Bundesheer durch den Zugang zur Milizlaufbahn. Im Rahmen der Miliztätigkeiten wird den Frauen die Möglichkeit der Leistung von freiwilligen Waffenübungen und Funktionsdiensten sowie Milizarbeit eröffnet. Konform der Verfassungsbestimmungen gemäß Artikel 9a des Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Freiwilligkeit der Frauen ist dadurch keine Beorderung, Verpflichtung zu Kader- oder Truppenübungen oder Einberufung zu einem Einsatz ohne Freiwilligkeit möglich; dadurch wird keine Wehrpflicht für Frauen auf dem Umweg über die freiwillige Miliztätigkeit geschaffen.

Außerdem wird die Vertretung der Zeitsoldaten mit einem Verpflichtungszeitraum von mindestens einem Jahr neu geregelt. Dazu kommen ein stärkerer Schutz von Kindern und Jugend


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lichen in Kriegen, wonach Soldaten vor der Vollendung des 18. Lebensjahres nicht zu direkten Kampfhandlungen oder zu Auslandseinsätzen in Kriegsgebieten einberufen werden dürfen, sowie Klarstellungen und legistische Verbesserungen. Außerdem wird die derzeitige Altersgrenze von 50 Jahren für Militärpiloten auf Zeit gestrichen, um die kostenintensive Ausbildung zum Militärpiloten besser zu nutzen und die Lebensplanung der Piloten zu erleichtern. Das ist gerade für uns Steirer von größter Wichtigkeit. In diesem Sinn wird meine Fraktion dieser Novelle zustimmen. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

19.44

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile dieses.

19.44

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Als Soldat freue ich mich, heute diese Novelle mittragen zu dürfen. Wir vom Militär wissen, dass nicht nur das Budget für die Landesverteidigung wesentlich ist. Wir wissen, Geld ist sehr wohl ein wesentlicher Beitrag zur Landesverteidigung und drückt auch die Wertschätzung des Gesetzgebers für jene aus, die unter Umständen die Landesverteidigung vornehmen müssen. Aber wir wissen, dass auch Verwaltung und Gesetze die wesentliche Funktion haben, die Aufgabe zu erleichtern, die nicht immer ganz so zielgerichtet durchgeführt werden kann. In diesem Zusammenhang kann gesagt werden, dass dieses Gesetz durch den Versuch einer klaren Sprache eine Vereinfachung darstellt und damit auch Rechtssicherheit in der Umsetzung für die Personen, die in der Landesverteidigung tätig sind, bietet.

Natürlich brauchen die Soldaten, braucht die Truppe Material. Das haben wir heute nicht zu beschließen, das haben wir in einer vorangegangenen Sitzung beschlossen, und wir sind sehr froh – wahrscheinlich nicht alle, aber zumindest jene, die an dem Gesetz im positiven Sinne mitgewirkt haben –, dass wir demnächst neue Hubschrauber bekommen – keine Kampfhubschrauber.

Dieses Wehrgesetz 1980 musste auf Grund seiner langen Gültigkeit schon einige Novellen über sich ergehen lassen, und dies ist auch eine. 1998 wurde es dahin gehend geändert, dass die freiwillige Wehrdienstleistung von Frauen ermöglicht und verschiedene Umgliederungen und Formalanpassungen vorgenommen wurden.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, meine Kolleginnen und Kollegen, werden zunächst noch offene Änderungsnotwendigkeiten umgesetzt. Es sind sprachliche und legistische Verbesserungen, es sind Klarstellungen und Anpassungen ins Auge gefasst, und es soll auch die Wiederverlautbarung des Wehrgesetzes vorgenommen werden. Ich glaube, eine Wiederverlautbarung ist besser als ein Flickwerk. Es ist für alle leichter lesbar, es ist verständlich, und wir können uns freuen, dass wir dieses Gesetz der Landesverteidigung und damit auch der Truppe "übergeben" können.

Was bringt das Gesetz? – Das Gesetz hat einiges zum Inhalt, wovon ich nur kurz ein paar Punkte anreißen möchte; mein Vorredner Liechtenstein hat es auch schon dargestellt: die Umschreibung der Aufgaben im Rahmen der militärischen Landesverteidigung; die Vereinfachung der Neugestaltung der Dienstgrade; die Modifizierungen hinsichtlich der Meldepflichten und bei der Stellung im Rahmen der Wehrpflicht; die Öffnung der Milizlaufbahn für Frauen und der gesetzliche Ausschluss der Heranziehung von Jugendlichen zu militärischen Kampfeinsätzen.

Ich halte gerade diesen als letzten von mir genannten Punkt für wesentlich, damit sich nicht irgendwelche abenteuerlustigen jungen Männer, die vielleicht das Geld und Fernweh lockt, zu einem Einsatz außerhalb der Republik verpflichten und dann gegebenenfalls – Gott möge es verhüten – im Bleisarg, wie man so schön sagt, zurückkommen. Dazu gehört ein bisschen menschliche Reife und Entwicklung. Jene, die sich dann freiwillig melden, wissen, auf welches Risiko sie sich einlassen – trotz Fernweh, trotz besserer Bezahlung. Ich halte das als Vater von vier Söhnen für besonders wichtig: nur dem jugendlichen Übermut nicht zu viel freie Gasse lassen, es könnte tragisch ausgehen!


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Weiters sind die Neuregelung der Soldatenvertretung von Zeitsoldaten mit einer Mindestverpflichtung von einem Jahr und die von mir schon erwähnte sprachliche, systematische und legistische Verbesserung unter Bedachtnahme auf die legistischen Richtlinien des Jahres 1990 vorgesehen.

Vorredner Kollege Prähauser hat schon Bitterkeit darüber geäußert, dass nach der Neugestaltung des § 5 die Sozialdemokraten im Landesverteidigungsrat keine stärkere Vertretung mehr als ÖVP und FPÖ finden. Als SPÖ-Vertreter würde ich es bedauern, aber ich kann nicht aus meiner Haut. Ich bin ein freiheitlicher Vertreter, und ich freue mich über diese gerechte Gleichstellung. (Bundesrat Prähauser: Vermeintlich gerechte Gleichstellung!) – Nein, wirklich gerechte Gleichstellung. (Bundesrat Prähauser: Ich habe ja nichts gegen die drei Sitze der FPÖ! Es ist nur 4 : 3 : 3 : 1 berechtigter!) – Ich bin aber sehr dafür, dass wir alle drei sind; ich habe auch nichts gegen die drei der FPÖ, ich freue mich, dass die SPÖ endlich auch drei hat. Das wollte ich damit ausdrücken. (Bundesrat Prähauser: Das ist keine echte Freude! Und das vor Weihnachten!)

Verehrter Herr Kollege! Dir kann ich eine bessere Ausgestaltung, die Lesbarkeit und die Anwendbarkeit des Werkes anbieten. Das ist doch wirklich eine Freude für uns alle, und es wurden bis dato bestehende Mängel an diesem Wehrgesetz behoben.

Ich glaube, auch die von Kollegen Liechtenstein schon erwähnte Abänderung der Miliztätigkeit ist bemerkenswert. Ursprünglich betrug die Kaderpflicht 90 und 60 Tage. Jetzt werden weitere Kaderübungstage in doppelter Gesamtdauer von 180 und 120 Tagen ermöglicht. Ausschließlich freiwillig! Ich glaube, das ist sehr wichtig für ein Militär.

Mit dieser Änderung ergeben sich nämlich wesentliche Vorteile sowohl für den betroffenen Wehrpflichtigen, weil er es freiwillig macht, als auch für die Verbände selbst, denen diese Wehrpflichtigen angehören, die damit natürlich eine Kadersicherheit aufbauen können, sowie auch für die Personalplanung des Heeres insgesamt – auch da muss man mit einem gewissen sicheren Kader rechnen können, welcher zwar nicht bis zur Pensionierung, aber doch einen gewissen Zeitraum bleibt, so lange diese jungen Leute noch körperlich und geistig belastbar sind.

Schlussendlich ist es sicherlich aus ökonomischen Gründen zweckmäßig, Militärpiloten nicht nur bis zum 50. Lebensjahr, sondern auch länger, sofern sie physisch und psychisch belastbar sind, beim Militär zu verwenden. Sonst werden sie nach einer sehr guten Flugausbildung nur zu gerne von den Fluglinien abgeworben.

Abrundend kann man sagen, mit diesem Gesetz ist dem Ministerium ein Volltreffer gelungen – eigentlich muss ich sagen: Es ist dem Gesetzgeber ein Volltreffer gelungen –, welcher dem Ministerium und unserem Minister zur Verfügung gestellt wird. Allen, die mitgewirkt haben, danke ich vielmals. Die anderen können nachkommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.52

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Herbert Scheibner. Ich erteile dieses.

19.52

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Präsident! Werte Mitglieder des Bundesrates! Herr Bundesrat Prähauser hat gemeint, diese Wehrgesetz-Novelle wäre nicht notwendig, man sollte doch besser warten, bis es auch zu einer grundlegenden Reform der Aufgaben des österreichischen Bundesheeres kommt. Ich habe diese Argumentation schon im Nationalrat nicht verstanden, weil sie als Hauptargument für die Nichtzustimmung zu diesem Gesetz verwendet worden ist.

Würde man dieses Prinzip auf alle Gesetze umlegen, dann dürfte man eine Novellierung nur dann vornehmen, wenn man Grundsatzreformen, grundlegende Veränderungen auch in den Zielsetzungen des Gesetzes machen würde, Herr Bundesrat! (Bundesrat Prähauser: Es tagt nicht überall die Expertenkommission zur Stunde!)


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Man hat sich auch an die von Ihnen gegebenen Vorgaben nicht gehalten, als man, so glaube ich, im Jahr 1998 das Wehrgesetz novelliert hat, als man die Möglichkeit einer Berufslaufbahn für Frauen im Bundesheer geschaffen hat. Sie haben völlig Recht, wir werden noch eine umfassende Diskussion über die Aufgaben, über die Zielsetzungen des österreichischen Bundesheeres führen müssen, etwa über die Formulierung des § 2 Wehrgesetz – dazu ist es sicherlich notwendig, die Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin entsprechend neu zu fassen –, wenn wir auf Grund dieser Diskussionen zur Erkenntnis kommen, dass sich eben die Aufgabenstellungen des Bundesheeres in Zukunft anders gestalten werden, als sie in der Gegenwart und in der Vergangenheit gewesen sind.

Trotzdem, meine Damen und Herren, so glaube ich, war es gut und richtig und auch notwendig, diese Novelle jetzt zu machen, weil – dazu haben Sie nicht Stellung genommen, was mich gewundert hat, Herr Bundesrat – durch diese Novelle des Wehrgesetzes wichtige Bereiche betroffen werden, von denen ich nicht glaube, dass man dabei einen Aufschub von mehreren Monaten und vielleicht einem Jahr zur Kenntnis nehmen soll. Wir werden erst sehen, wie lange sich diese Diskussion rund um die Aufgaben des Bundesheeres gestalten wird.

Denn was sind die Kernbereiche dieser Novelle? – Einige meiner Vorredner haben es angesprochen: Zum einen sind wir eines der ersten Länder, meine Damen und Herren, die eine Konvention der Vereinten Nationen zum Verbot der Kindersoldaten in die Praxis umsetzen. Wir äußern ein klares Bekenntnis dazu, dass Jugendliche unter 18 Jahren nicht zu Kampfeinsätzen entsendet werden sollen. Wir wollen die österreichischen Wehrdiener nicht benachteiligen. Sie wissen, laut Gesetz ist es möglich, auf freiwilliger Basis schon ab dem 17. Lebensjahr den Grundwehrdienst abzuleisten. Das wollen wir beibehalten, aber auf der anderen Seite auch sicherstellen, dass diese Intention der Konvention umgesetzt wird. Wir wollen klar zum Ausdruck bringen, dass Jugendliche unter 18 Jahren zu keinen Einsätzen entsendet werden.

Zum Zweiten gibt es Verbesserungen der Chancen für Frauen, im Bereich der Landesverteidigung tätig zu sein. Wir haben jetzt nicht nur die Schiene über die Berufslaufbahn ermöglicht, sondern geben auch im Bereich der Miliz – das heißt: neben dem Zivilberuf – den Frauen die Möglichkeit, in ihrer Freizeit auf absolut freiwilliger Basis einen Dienst für die österreichische Landesverteidigung zu leisten. Wir bieten ihnen etwa dadurch auch die Möglichkeit, in Auslandseinsätze zu gehen, was derzeit dieser Gruppe verwehrt bleibt. Auch das, so glaube ich, ist eine sinnvolle Erweiterung der Gleichberechtigung der Geschlechter auch im Bereich der Sicherheitspolitik der militärischen Landesverteidigung.

Einige andere Punkte wurden angesprochen, die keinen Aufschub zugelassen hätten, etwa die Frage der Neuregelung der Vertretung von Zeitsoldaten. Sie wissen, es gibt nach wie vor eine – allerdings immer kleiner werdende – Gruppe von Zeitsoldaten, die eine Verpflichtungsdauer von mehr als einem Jahr haben, und die so genannten "Zeitsoldaten alt", die mit der derzeitigen Soldatenvertretung nicht mehr zu Rande kommen. Wir mussten jetzt eine derartige Reform umsetzen.

Weiters ist auch die Frage der Altersgrenze der Militärpiloten wichtig, um Berufschancen für die Piloten nicht zu behindern. Sie wissen, dass die meisten unserer Piloten Sonderverträge haben, um auch halbwegs eine adäquate Entlohnung, die auch in der Privatwirtschaft zu erzielen wäre, zu gewährleisten und damit diese Piloten beim österreichischen Bundesheer zu halten. Aber derzeit betrug die Höchstgrenze für eine derartige Verpflichtung 50 Jahre, und es haben viele, auch junge Piloten gesagt, wenn sie ihre gesamte Lebensplanung überlegen, dann werden sie nicht bis zum 50. Lebensjahr warten, sondern dann werden sie mit 38 oder 39 Jahren bereits den Weg zur zivilen Luftgesellschaft suchen, weil sie im Alter von 50 Jahren kaum mehr die Chance für einen Wechsel haben werden.

Wir mussten hier eine Perspektive schaffen, dass wir dort, wo das möglich ist, wo wir einen Bedarf haben, etwa in der Ausbildung oder auch in der Logistik oder in einem Kommando, diese erfahrenen, mit viel Aufwand und finanziellen Mitteln ausgebildeten Piloten beim österreichischen Bundesheer halten. Das sollte keinen Tag und schon gar nicht einige Monate aufgeschoben werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)


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Sie haben, Herr Bundesrat Prähauser, die Frage des Landesverteidigungsrates kritisiert. Ich gebe durchaus zu, dass es unbefriedigend ist, wenn unterschiedlich starke Fraktionen in einem Gremium gleich stark vertreten sind. Nur wenn man ein Gremium in einer gewissen Größe behalten möchte und auch muss und wenn mehrere Fraktionen in etwa gleich stark sind – zwar unterschiedlich von den Mandaten, aber doch im Verhältnis in etwa gleich –, dann sind diese Unterschiede nicht so zu repräsentieren, vor allem nicht dann, wenn man verschiedene Verteilungsschlüssel wie etwa das d'Hondtsche System anlegt, wenn es darum geht, das Gremium arbeitsfähig zu halten.

Ich glaube, dass diese Regelung gerechter ist als die Regelung, die bisher gegolten hat, wonach die stärkste Fraktion – unabhängig von ihrer Mandatszahl – eine gewisse Zahl der Vertreter hatte, ebenso wie die zweitstärkste Fraktion, und alle anderen Fraktionen waren mit einem Mandat in diesem Gremium vertreten. Das heißt, unabhängig davon, ob jetzt eine Fraktion 20 Prozent oder 5 Prozent hat, war sie, wenn sie zufällig Dritte war, nur mit einem Mandat vertreten. Ich glaube, dass es wahrscheinlich keine für alle befriedigende Lösung gibt, aber dass dieser Kompromiss besser ist als die Regelung, die bis jetzt gegolten hat. Niemand von uns, meine Damen und Herren, weiß, wer bei der nächsten Wahl Drittstärkster ist. Daher sollte es ein halbwegs gerechter Ausgleich sein.

Wenn Sie sagen, der SPÖ sollte Macht weggenommen werden, dann muss man auch sagen, dass der Landesverteidigungsrat ein Beratungsgremium der Bundesregierung ist und sich auf Grund dieser Novelle die "Macht" – unter Anführungszeichen –, ich würde sagen, die Stärkeverhältnisse im Landesverteidigungsrat nicht verändern, meine Damen und Herren! Das sollte dazu noch erwähnt werden.

Zum Schluss noch zu den Strafen, die Sie angesprochen haben: Es geht nicht darum, zu verhindern, dass irgendjemand Geheimnisse verrät. Meine Damen und Herren! Wir bekennen uns dazu – ich glaube auch Ihre Fraktion –, dass wir neben der allgemeinen Wehrpflicht den Charakter einer Milizakademie weiter aufrechterhalten. Das heißt, dass wir Soldaten mob-beordern, um sie, wenn ein Krisenfall größerer Ordnung auftritt, auch einberufen zu können. Um das sicherzustellen, muss es auch die Garantie geben, dass das Adressmaterial, die Informationen über den Aufenthalt dieser Mob-Beorderten dem letzten Stand der Dinge angepasst sind, denn ansonsten könnten wir bei einem Krisenfall nicht sicherstellen, dass die Kräfte, die erforderlich sind, auch wirklich einberufen werden können.

Selbstverständlich klingen Strafen mit 19 000 S relativ hoch. Aber ich sage auch dazu, Sie wissen, es geht hier um Verwaltungsstrafen, das sind Höchststrafen, die auch in anderen Bereichen sehr hoch sind. Die tatsächlich ausgesprochenen Strafen liegen wesentlich darunter. Es geht hier um eine Neufassung, denn das Prinzip gilt seit vielen Jahren, dass es Sanktionen gibt, wenn die Meldungen nicht erstattet werden. In Wahrheit ist es eine Anpassung von Strafsätzen, die zum Teil noch aus den sechziger Jahren stammen. Wenn ich alleine die Teuerungsrate hernehme, dann muss ich sagen, dass die Strafsätze, die damals beschlossen worden sind, im Verhältnis real wesentlich höher sind als die derzeitige Anpassung.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass es gut und richtig ist, dass diese Wehrgesetz-Novelle jetzt zu diesem Zeitpunkt beschlossen wird. Selbstverständlich ist es nicht die große Reform, die noch vor uns steht, und daher lade ich alle Fraktionen ein, sich an dieser notwendigen und umfassenden sicherheitspolitischen Diskussion über die Aufgabenstellungen und Zielsetzungen der Landesverteidigung in der Zukunft zu beteiligen, damit wir alle gemeinsam einen nationalen Konsens über die künftige Sicherheitspolitik Österreichs zusammenbringen. Aber jetzt geht es darum, in Einzelbereichen des Wehrgesetzes wichtige Neuerungen zu unternehmen, und ich hoffe und ersuche Sie, dass Sie dieser Wehrgesetz-Novelle auch Ihre Zustimmung geben. – Vielen Dank. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.03

Präsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.


Bundesrat
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670. Sitzung / Seite 158

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

24. Punkt

Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 1. Halbjahr 2001

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nun zum 24. Punkt der Tagesordnung: Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 1. Halbjahr 2001.

Mit 1. Jänner 2001 geht der Vorsitz des Bundesrates auf das Bundesland Kärnten über. Zum Vorsitz berufen ist gemäß Artikel 36 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der an erster Stelle entsandte Vertreter dieses Bundeslandes, Herr Bundesrat Ing. Gerd Klamt.

Die übrigen Mitglieder des Präsidiums des Bundesrates sind gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung für das kommende Halbjahr neu zu wählen.

Wahl der Vizepräsidenten

Präsident Johann Payer: Ich werde die Wahl der beiden Vizepräsidenten durch Erheben von den Sitzen vornehmen lassen.

Wir gehen nunmehr in den Wahlvorgang ein und kommen zur Wahl des ersten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates. Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hiefür der ÖVP-Fraktion das Vorschlagsrecht zu. Es liegt hiefür ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrat Jürgen Weiss lautet.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Vorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Vorschlag ist somit angenommen.

Ich frage den Gewählten, ob er die Wahl annimmt?

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Ich danke für das neuerliche Vertrauen und nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)

Präsident Johann Payer: Ebenfalls von dieser Stelle aus meine Gratulation, lieber Jürgen Weiss.

Wir kommen nunmehr zur Wahl des zweiten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates. Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hiefür der SPÖ-Fraktion das Vorschlagsrecht zu. Es liegt hiefür ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach lautet.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.


Bundesrat
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670. Sitzung / Seite 159

Ich frage die Gewählte, ob sie die Wahl annimmt.

Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach (SPÖ, Wien): Ich danke vielmals für das Vertrauen und nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)


Bundesrat
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670. Sitzung / Seite 160

Präsident Johann Payer:
Auch von dieser Stelle meine herzlichste Gratulation.

Wahl der Schriftführer

Präsident Johann Payer: Wir kommen nun zur Wahl der Schriftführer.

Es liegt mir der Vorschlag vor, die Bundesrätinnen Ilse Giesinger, Hedda Kainz und Monika Mühlwerth für das 1. Halbjahr 2001 zu Schriftführerinnen des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich diese Wahl unter einem vor. – Einwand wird nicht erhoben.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich frage die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen.

Ilse Giesinger.

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Ich nehme die Wahl an und danke für das Vertrauen.

Präsident Johann Payer: Hedda Kainz.

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Ich danke für das Vertrauen und nehme die Wahl an.

Präsident Johann Payer: Monika Mühlwerth.

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Danke für das Vertrauen, ich nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)

Wahl der Ordner

Präsident Johann Payer: Wir kommen nunmehr zur Wahl der Ordner.

Es liegt mir der Vorschlag vor, die Bundesräte Ing. Walter Grasberger, Ferdinand Gstöttner und Engelbert Weilharter für das 1. Halbjahr 2001 zu Ordnern des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich auch diese Wahl unter einem vor. – Einwand wird nicht erhoben.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich frage die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen.

Ing. Walter Grasberger.

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Ich nehme die Wahl an und danke für das Vertrauen.

Präsident Johann Payer: Ferdinand Gstöttner.

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Ich nehme die Wahl an und danke für das Vertrauen.

Präsident Johann Payer: Engelbert Weilharter.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Ich danke für die Zustimmung und nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)

25. Punkt

Wahl eines Vertreters Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nun zum 25. Punkt der Tagesordnung: Wahl eines Vertreters Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates.

Herr Bundesrat Dr. Andre d'Aron hat sein Mandat als Ersatzmitglied in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zurückgelegt.

Es liegt mir nur ein Wahlvorschlag vor, der auf Herrn Bundesrat Georg Keuschnigg lautet.

Ich bitte daher jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem von mir bekannt gegebenen Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Herr Bundesrat Georg Keuschnigg ist somit als Ersatzmitglied in die Parlamentarische Versammlung des Europarates gewählt.

Ich wünsche allen Gewählten für ihre Tätigkeit sehr viel Erfolg.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt drei Anfragen – 1753 bis 1755/J – eingebracht wurden.

Die nächste Sitzung des Bundesrates findet morgen, Freitag, 15. Dezember 2000, 11 Uhr statt.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen die Beschlüsse des Nationalrates vom 14. Dezember 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zugewiesene Beamte geändert wird,

ein Bundesgesetz, mit dem der Finanzausgleich für die Jahre 2001 bis 2004 geregelt wird und sonstige finanzausgleichsrechtliche Bestimmungen getroffen werden (Finanzausgleichsgesetz 2001 – FAG 2001) und das Finanzausgleichsgesetz 1997 und das Wohnbauförderungs-Zweckszuschussgesetz 1989 geändert werden,

ein Bundesverfassungsgesetz über den Verfassungsrang bestimmter finanzausgleichsrechtlicher Bestimmungen,

das Kapitalmarktoffensive-Gesetz,

ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz geändert wird und ein Bundesgesetz zur Umsetzung der Entscheidung des Rates über Schutzmaßnahmen in Bezug auf die transmissiblen spongiformen Enzephalopathien und die Verfütterung von tierischem Protein vom 4. 12. 2000 erlassen wird,


Bundesrat
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670. Sitzung / Seite 161

ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstaltengesetz, das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz und das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert werden,

eine Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Neustrukturierung des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung samt Anlage und

ein Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz und das Urlaubsgesetz geändert werden,

in Betracht.

Zur Vorberatung der genannten Vorlagen wird morgen, um 9 Uhr, eine Sitzung des Finanzausschusses stattfinden.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 20.12 Uhr