Stenographisches Protokoll

675. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Freitag, 6. April 2001

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

675. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Freitag, 6. April 2001

Dauer der Sitzung

Freitag, 6. April 2001: 11.06 – 13.39 Uhr

*****

Tagesordnung

Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden

*****

Inhalt

Bundesrat

Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung

Albrecht Konecny 38

Personalien

Krankmeldung 3

Entschuldigungen 3

Nationalrat

Beschluss 3

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 3

Verhandlung

Beschluss des Nationalrates vom 2. April 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (421/A sowie 6332/BR d. B.)

Berichterstatterin: Hedda Kainz 4

Redner:

Hedda Kainz 5 und 17

Ludwig Bieringer 7


Bundesrat
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675. Sitzung / Seite 2

Engelbert Weilharter 8

Bundesminister Mag. Herbert Haupt 11, 17, 21, 26 und 32

Ing. Walter Grasberger 17

Johanna Schicker 19

Maria Grander 22

Mag. Melitta Trunk 24

Albrecht Konecny (zur Geschäftsbehandlung) 26

Wilhelm Grissemann 30

Herbert Würschl 30

Anna Schlaffer 31

Christoph Hagen 33

Ilse Giesinger 34

Dr. Klaus Peter Nittmann 35

Antrag der Bundesräte Ludwig Bieringer, Dr. Peter Böhm und Kollegen, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 2. April 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden, gemäß § 43 GO-BR keinen Einspruch zu erheben 8

Annahme 37

Antrag der Bundesräte Anna Schlaffer und GenossInnen, gemäß § 43 (1) GO-BR auf Erhebung eines Einspruches gegen den Beschluss des Nationalrates vom 2. April 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden 31

Ablehnung 37

Eingebracht wurden

Anfragen

der Bundesräte Hans Ager und Kollegen betreffend Umfahrung Brixen im Thal an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie (1795/J-BR/01)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an den Bundesminister für Finanzen betreffend Aufhebung der Mineralölsteuerbefreiung für Flugbenzin (1796/J-BR/01)

der Bundesräte Albrecht Konecny und Genossinnen und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Kundmachung der Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 16. März 2001 (1797/J-BR/01)

der Bundesräte Ernst Winter und GenossInnen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Postenschließungen der Gendarmerie im Bezirk Horn" (1798/J-BR/01)

der Bundesräte Herbert Thumpser und GenossInnen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Postenschließungen der Gendarmerie im Bezirk Lilienfeld" (1799/J-BR/01)


Bundesrat
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675. Sitzung / Seite 3

Beginn der Sitzung: 11.06 Uhr

Präsident Ing. Gerd Klamt: Ich eröffne die 675. Sitzung des Bundesrates, die ich auf Grund eines von einem Viertel der Mitglieder des Bundesrates unterstützten schriftlichen Verlangens gemäß § 40 Abs. 1 der Geschäftsordnung für heute einberufen habe. (Auf den Plätzen der SPÖ-Bundesräte stehen Tafeln mit der Aufschrift "Ambulanzgebühr", die rot durchkreuzt ist, sowie Tafeln, auf denen sich eine Karikatur eines Rettungsautos befindet.)

Das Amtliche Protokoll der 674. Sitzung des Bundesrates vom 4. April 2001 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Krank gemeldet hat sich das Mitglied des Bundesrates Germana Fösleitner.

Entschuldigt haben sich die Mitglieder des Bundesrates Johanna Auer, Klaus Gasteiger, Horst Freiberger, Paul Fasching, Gottfried Kneifel, Franz Wolfinger, Dr. Ferdinand Maier, Monika Mühlwerth und Dr. André d'Aron.

Einlauf

Präsident Ing. Gerd Klamt: Eingelangt ist ein Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Ministervertretung.

Ich ersuche die Schriftführerin um Verlesung dieses Schreibens.

Schriftführerin Hedda Kainz: "An den Präsidenten des Bundesrates, Parlament, 1017 Wien

Der Herr Bundespräsident hat am 29. März 2001, Zl. 300.100/15-BEV/2001, folgende Entschließung gefasst:

Auf Vorschlag des Bundeskanzlers betraue ich für die Dauer der Verhinderung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein innerhalb des Zeitraumes vom 5. bis 12. April 2001 die Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann mit der Vertretung.

Hievon beehre ich mich, mit dem Ersuchen um gefällige Kenntnisnahme Mitteilung zu machen.

Für den Bundeskanzler:

MR Dr. Wiesmüller"

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke. Dient zur Kenntnis.

Ich habe den Beschluss des Nationalrates vom 2. April 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern- und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden, auf Grund des eingangs erwähnten Verlangens auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird gegen die Tagesordnung eine Einwendung erhoben? – Dies ist nicht der Fall.

Beschluss des Nationalrates vom 2. April 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (412/A sowie 6332/BR der Beilagen)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zum ersten und einzigen Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden.


Bundesrat
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675. Sitzung / Seite 4

Da vom Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen kein Berichterstatter gewählt wurde, obliegt gemäß § 45 Abs. 2 der Geschäftsordnung der Vorsitzenden des Ausschusses die Berichterstattung. Ich ersuche Frau Bundesrätin Hedda Kainz um die Berichterstattung.

Berichterstatterin Hedda Kainz: Wie der Herr Präsident schon ausgeführt hat, erstatte ich gemäß § 45 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates den Bericht über die Beratungen des Sozialausschusses zum Beschluss des Nationalrates vom 2. April 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ASVG, das GSVG, das BSVG und B-KUVG geändert werden (412/A sowie 6332/BR der Beilagen).

Der Antrag wurde am 27. März 2001 im Nationalrat eingebracht. Es gab keine Möglichkeit, in einem Begutachtungsverfahren Stellungnahmen abzugeben, obwohl einzelnen Stellen sogar ein gesetzlicher Anspruch dafür verbrieft ist.

Die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales erfolgte am 28. März 2001.

Am 29. März 2001 wurde in der Nationalratssitzung dem Ausschuss für Arbeit und Soziales eine Frist zur Beratung mit 30. März 2001 gesetzt.

Die Einberufung einer Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales zur Vorberatung dieser Vorlage erfolgte für 2. April 2001, 8 Uhr. In dieser Ausschusssitzung konnten weder alle zu Wort gemeldeten Abgeordneten sprechen noch die Auskunftspersonen ihre Antworten geben, da die Sitzung um 11.30 Uhr unterbrochen werden musste, um rechtzeitig mit der Nationalratssitzung um 12 Uhr beginnen zu können.

Ich möchte unter anderem auf die folgenden Stellungnahmen im Hearing hinweisen: Der Vertreter der behinderten Menschen gab an, dass insgesamt nur etwa 15 Prozent der Arztpraxen in Österreich für Behinderte frei zugänglich sind. 85 Prozent der Arztpraxen sind also nicht barrierefrei erreichbar.

Die Vertreter der Sozialversicherung ersuchten dringend, diese unadministrierbare Regelung neu zu überdenken und eine entsprechend handhabbare Lösung zu erarbeiten.

Von den Vertretern der Regierungsfraktionen wurde es abgelehnt, ein Gutachten über die Verfassungsmäßigkeit des Antrages beim Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes einzuholen.

Die Vertreter der Arbeitnehmerorganisationen stellten fest, dass es sich bei dieser Maßnahme um eine Strafsteuer handelt.

In der Nationalratssitzung wurde lediglich dieser Verhandlungsgegenstand beraten. Die Abstimmungen fanden um zirka 17 Uhr statt. Dabei wurde von den Regierungsfraktionen der Initiativantrag durch einen Abänderungsantrag, der den Oppositionsfraktionen erst um 13.30 Uhr übermittelt wurde, weiter abgeändert. Keine einzige Stelle hatte daher vor der Abstimmung im Nationalrat Gelegenheit, eine Bemerkung dazu abzugeben.

Die Übermittlung des Gesetzesbeschlusses des Nationalrates an den Bundesrat erfolgte am 3. April 2001 mittags.

Gleichzeitig forderten FPÖ- und ÖVP-Vertreter, dass die Sitzung des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen im Bundesrat bereits am Mittwoch, dem 4. April 2001, stattfinden soll, um zu verhindern, dass den Ländern nur irgendeine Möglichkeit gegeben wird, sich mit dem Gesetzesbeschluss des Nationalrates auseinander zu setzen.

Ich als Ausschussvorsitzende habe den Ausschuss für Freitag, 6. April, also heute, 9 Uhr, einberufen, da möglicherweise bis zu diesem Zeitpunkt schon Stellungnahmen der Länder eingelangt sind.

Diese Ausschusssitzung hat heute auch stattgefunden. Es waren auch ordnungsgemäß die Vertreter des Ministeriums anwesend. Zu einer Debatte konnte es nicht kommen. Es lagen Anträge zur Geschäftsordnung vor, die zum Inhalt hatten, eine Absetzung dieses Tagesordnungspunktes


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herbeizuführen. Mangels Beschlussfähigkeit konnte diesen Anträgen beziehungsweise diesem Antrag nicht stattgegeben werden.

Sehr geehrter Herr Präsident! Damit endet meine Berichterstattung. Ich ersuche Sie, wenn dazu Wortmeldungen vorliegen, in die Debatte einzugehen.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Hedda Kainz. Ich erteile es ihr.

11.14

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir haben heute eine Materie zu behandeln, bei der die Vorgangsweise bemerkenswert ist – ich möchte gar nicht sagen: einmalig, denn in den letzten Wochen und Monaten kündigen sich solche Vorgangsweisen leider immer häufiger an. Sie widerspricht allem, was wir bisher an Definition demokratischer Rechte und Vorgangsweisen erlebt haben. – Die bildliche Untermauerung hebe ich mir bis zum Schluss auf.

Wir haben es bei den Ambulanzgebühren inhaltlich mit einer Strafsteuer zu tun (Bundesrat Marizzi: Strafsteuer, richtig, Strafsteuer, das ist das richtige Wort!), mit einer ungeheuerlichen Vorgangsweise und mit sozialer Kälte. Die Ambulanzgebühren sind administrativ und finanzpolitisch völliger Nonsens und bedeuten auf Grund der Vorgangsweise – das behaupte ich – einen demokratiepolitischen Anschlag sowohl auf dieses Haus als auch auf die Beteiligung der Länder. (Beifall bei der SPÖ.)

Einige Bemerkungen zu den Inhalten: Ich schicke voraus, dass das nicht nur meine persönliche Meinung ist, sondern dass diese Meinung auch Fachleute vertreten, denen ich mehr inhaltliche Kompetenz zuordne als mir. Auch in Ihren eigenen Reihen, meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen, ist die Kritik so massiv, dass sie in der Presse mit "Zerreißprobe" kommentiert wird.

Der Lenkungseffekt einer Ambulanzgebühr, der behauptet wird, ist, so glaube ich, mit wenigen Bemerkungen zu widerlegen. Meine Damen und Herren! Man kann nicht, nur weil man selbst einer anderen Ansicht ist, einfach Fakten negieren. Und das sind die Fakten: Drei Viertel der Ambulanz-Inanspruchnahmen erfolgen auf Grund von Einweisungen, also von Menschen, die von einem Arzt, einem Facharzt den Auftrag haben, Methoden und Möglichkeiten in Anspruch zu nehmen, die der niedergelassene Arzt nicht mehr anbieten kann. (Bundesrat Dr. Böhm: Die trifft es dann ja auch nicht!) – Herr Kollege! Diese trifft es sehr wohl, denn diese Unterscheidung wird nicht gemacht. Es wird nicht hinterfragt, ob der Arzt diese Behandlung durchführen kann oder nicht.

Es gibt darüber hinaus eine beispiellose Benachteilung des ländlichen Raumes. Welch soziale Härte und welch menschliches Leid damit entstehen, können Sie sich vorstellen. Dies ist ein Umstand, der hier im Länderparlament auch im Zusammenhang mit verschiedenen anderen Materien immer wieder angesprochen werden musste und auch in Zukunft angesprochen werden muss, vor allem wenn ich daran denke, welche Möglichkeiten die Bewohner des ländlichen Raumes in Zukunft nicht mehr vorfinden werden.

Notfälle sind ausgenommen, sogar in der Nacht.

Verbesserungen gestehe ich Ihnen im Zusammenhang mit Kindern gerne zu, kann sie allerdings sachlich und fachlich nicht nachvollziehen, denn es ist sicher plakativ und eine Geste, aber ich sehe keinen Unterschied zwischen einer möglichen Inanspruchnahme eines niedergelassenen Arztes oder eben einer Ambulanz durch ein Kind oder einen Erwachsenen.


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Meine Damen und Herren! Ich behaupte, Sie kennen die Wartezeiten sehr genau, vielleicht wissen es jene nicht, die in diesem Prozess in der Regierung federführend waren, denn die werden kaum in die Situation kommen, ihre Behandlung selbst organisieren zu müssen. Herr Minister! Sie gestatten mir diese Bemerkung, aber ich gehe davon aus, dass, wenn Sie einen Arzttermin brauchen, Ihnen dieser zugestanden wird. Es dauert Monate – ich kann Ihnen das aus eigener Erfahrung sagen –, von Jänner bis Juli, bis man einen Termin bei einem Augenfacharzt hat. Hinterher stellt sich vielleicht heraus, dass das zwar ein Notfall war, weil die Person nach dem Besuch der Ambulanz stationär aufgenommen werden musste, aber die Person hat in der Zwischenzeit das Augenlicht verloren. Ich habe das vor wenigen Wochen selbst erlebt! – In dieser Situation kann die Ambulanzgebühr doch wohl keine Berechtigung haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, es ist auch nicht im Sinne der Spitalsärzte – Sie formulieren das auch –, wenn ein Großteil der Fälle in den Ambulanzen Nachbehandlungen sind, wenn dann eine mit höchster Kompetenz durchgeführte Behandlung im Krankenhaus dazu führt, dass die Nachbehandlung ein niedergelassener Arzt macht, der auf Grund der fehlenden Information und des Vorlaufes von vorne beginnen muss. Da entstehen natürlich auch entsprechende Kosten für den Sozialversicherungsträger, und insgesamt gesehen, glaube ich, wird die Sache auch von dieser Seite her bedenklich.

Eines möchte ich noch ganz deutlich hinzufügen: Die Ambulanzgebühr ist gewissermaßen die zusätzliche Einführung eines Selbstbehaltes, den wir ganz entschieden ablehnen, weil er nicht dem Gesetzgeberwillen entspricht, der bei der Einführung der sozialen Krankenversicherung die paritätische Beteiligung an den Kosten vorgesehen hat (Beifall bei der SPÖ), nämlich zwischen dem Versicherten und dem Dienstgeber. 85 Prozent der niedergelassenen Praxen sind nicht barrierefrei, das habe ich in meiner Berichterstattung schon ausgeführt. Das ist aber darüber hinaus auszuweiten, da es auch viele alte Menschen gibt, die nicht als behindert eingestuft werden können und dennoch mit diesem Problem zu kämpfen haben.

Alle diese inhaltlichen Fakten zeugen einerseits von sozialer Kälte, andererseits von einer Unkenntnis der damit verbundenen Abläufe. Führen Sie sich bitte nur einmal die Frage der Administration vor Augen, etwas, was im vom Verfassungsgerichtshof beeinspruchten Gesetz nicht vorhanden war: Wenn Sie diese Verschärfung jetzt noch mit in Ihre Denkprozesse einbinden, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass man auch nur mit gesundem Hausverstand zur Meinung kommen kann, dass das eine gerechtfertigte, sinnvolle Maßnahme ist. Ich muss Ihnen also andere Motive für den Beschluss dieser Gesetzesmaterie unterstellen.

Meine Damen und Herren! Ich würde Ihnen wirklich empfehlen – um Ihre politische Arbeit zu untermauern –, auch die Pressemeldungen Ihrer eigenen Parteifunktionäre, Abgeordneten, Mandatare nachzulesen und diese auch zu überdenken. Nicht "Speed kills", meine Damen und Herren, sondern Husch-Pfusch war das Motto bei der Entstehung dieses Gesetzes. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Gesetzesmaterie ist dilettantisch, undemokratisch und unsozial. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.) Alles, was sich rund um diese Gesetzwerdung abgespielt hat, war der Versuch, das zu verschleiern und Prozesse einzuleiten, die von der sozialdemokratischen Fraktion nicht zur Kenntnis genommen werden können. Wir werden diesem Gesetzentwurf deshalb natürlich nicht unsere Zustimmung geben.

Abschließend erlauben Sie mir noch, Herr Minister, dass ich Ihnen als optische Untermauerung sozusagen die nicht von mir gezeichnete – mir fehlt leider das künstlerische Talent – Zusammenfassung dieser Gesetzesmaterie überreiche. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Kainz überreicht Bundesminister Mag. Haupt, Bundesrat Dr. Böhm und Bundesrat Bieringer je ein Exemplar der Karikatur des Rettungswagens, das die SPÖ-Bundesräte auf ihren Plätzen stehen haben.)


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11.24

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ludwig Bieringer. Ich erteile es ihm.

11.24

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Bundesrat Marizzi: Da tut man sich jetzt schwer!) Mit Freude stelle ich fest, dass sich die Bundesratsfraktion der SPÖ vom Nationalrat ihre Taferln mitgenommen hat. Wenn es wenigstens neue Tafeln wären (Rufe bei der SPÖ: Sparen! Sparen!), würde ich das begrüßen, aber diese Ambulanzgebühren-Taferln sind schon in der Nationalratssitzung gestanden; es ist sehr schön, dass Sie sie auch hier aufstellen, wir nehmen das zur Kenntnis.

Ich bin der Frau Vorsitzenden des Sozialausschusses dankbar dafür, dass sie gesagt hat, es lagen bei der heutigen Ausschusssitzung Anträge zur Geschäftsordnung vor, wobei der zweite Antrag, der vorgelegen ist, meiner Meinung nach mit der Geschäftsordnung nicht in Einklang zu bringen war.

Aber nun darf ich, ohne inhaltlich auf die Ambulanzgebühren einzugehen (Rufe bei der SPÖ: Warum?), schon ein paar Klarstellungen treffen.

In den letzten paar Tagen wurde versucht, alles verkehrt darzustellen. (Bundesrat Konecny: Das bringen wir gar nicht zusammen!) Herr Kollege! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich ausreden! Das Wenigste, was man erwarten kann, ist, dass man denjenigen, der eine andere Meinung hat, wenigstens ausreden lässt. Ich glaube, das gehört auch zur Demokratie. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrätin Schicker: Sie haben das im Sozialausschuss auch nicht gemacht, Herr Kollege!) Dieses Demokratieverständnis haben wir, obwohl wir nicht bei jedem zweiten Satz das Wort "Demokratie" in den Mund nehmen. Das möchte ich ausdrücklich festhalten.

Meine Damen und Herren! Als publik wurde, dass der Verfassungsgerichtshof wegen eines formalen Fehlers die Ambulanzbeiträge aufheben wird, haben die Regierungsfraktionen in ihrer Verantwortung gesagt, man muss, damit es zu keiner Rechtsunsicherheit kommt, eine Korrektur vornehmen.

Am 29. 3. habe ich um zirka 14 Uhr Kollegen Konecny in Brüssel angerufen und ihm mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, für heute eine Sondersitzung des Bundesrates einzuberufen. Ich habe ihn gebeten, dass für 4. 4., also für Mittwoch, der Sozialausschuss einberufen wird, und ihm angeboten, dass bei den Beratungen des Sozialausschusses der Herr Bundesminister für Soziales, der Herr Gesundheitsstaatssekretär und die Beamten des Sozialministeriums anwesend sein werden, um eventuelle Fragen der Opposition zu beantworten, um alles zu erläutern. Dieses Angebot hat Kollege Konecny zur Kenntnis genommen.

Für 2. 4. wurde einvernehmlich für 12 Uhr eine Präsidiale einberufen. Über Wunsch des Kollegen Konecny ... (Bundesrat Konecny: Weil Sie keine Auskunft geben konnten, was wir eigentlich beschließen sollen!) Herr Kollege Konecny! Lassen Sie mich ausreden! Über Wunsch des Kollegen Konecny wurde die Sitzung unterbrochen und bis 15 Uhr vertagt, damit der Beschluss des Nationalrates vorliegt, und wir die weitere Vorgangsweise besprechen können.

Auch bezüglich meines nochmaligen Ersuchens, den Sozialausschuss am 4. 4. einzuberufen, wurde kein Einvernehmen erzielt, sodass wir für 4. 4. eine Sondersitzung des Bundesrates einberufen mussten. Dort wurde eine Fristsetzung für den Sozialausschuss mit 5. 4. beschlossen – ein Beschluss, der nur in Anwesenheit der Bundesrätinnen und Bundesräte der ÖVP- und FPÖ-Fraktion und des Kollegen Konecny, der dagegengestimmt hat, durchgeführt wurde. Ich halte ausdrücklich fest, dass dieser Beschluss ordnungsgemäß zu Stande gekommen ist.

Die Frau Vorsitzende des Sozialausschusses hat für heute, den 6. 4., 9 Uhr den Sozialausschuss einberufen, obwohl das Plenum des Bundesrates eine Fristsetzung mit 5. 4. beschlossen hat.

Ich habe mich bei der Sitzung des Sozialausschusses vor Eingang in die Tagesordnung zu Wort gemeldet und den Antrag gestellt, diesen Beschluss des Nationalrates im Ausschuss nicht in Verhandlung zu nehmen. Zu meiner großen Überraschung wurde ein zweiter Antrag gestellt,


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und zwar wurde, obwohl wir nicht in die Tagesordnung eingegangen sind, zur Tagesordnung, die gar nicht zur Verhandlung stand, gesprochen. Schlussendlich hat die Vorsitzende, so wie sie das im Bericht gesagt hat, die Verhandlungen des Sozialausschusses unterbrochen.

Ich möchte dies ausdrücklich festhalten, um einer Legendenbildung – oder wie immer das auch heißen möge – vorzubeugen.

Eines, meine Damen und Herren, möchte ich schon auch noch sagen: Kollege Stummvoll hat in der Sitzung des Nationalrates am 2. April gesagt, die bisherige Debatte habe gezeigt, dass man sich diesem Thema – Behandlungsbeiträge in Ambulanzen – von zwei völlig unterschiedlichen Standpunkten aus nähern könne.

Standpunkt 1, jener der Opposition, lautet: Unser Ziel ist es, aus diesem Thema politisches Kleingeld zu schlagen, auch um den Preis einer Verunsicherung der Patienten, auch um den Preis, den Menschen Angst zu machen.

Der andere Standpunkt ist, sich aus der Gesamtverantwortung für das Gesundheitswesen und für die Gesundheit der Bürger heraus diesem Thema zu nähern. – Das ist der Standpunkt der Regierungsparteien: Gesamtverantwortung für das Land, für die Gesundheit der Bürger. Dem habe ich nichts hinzuzufügen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich darf daher, sehr geehrter Herr Präsident, folgenden Antrag einbringen:

Antrag

der Bundesräte Ludwig Bieringer, Dr. Peter Böhm und Kollegen gegen den Beschluss des Nationalrates vom 2. April 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (412/A sowie 6332/BR der Beilagen) gem. § 43 GO-BR keinen Einspruch zu erheben.

Der Bundesrat wolle beschließen:

Gegen den Beschluss des Nationalrates vom 2. April 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (412/A sowie 6332/BR der Beilagen) wird gem. § 43 GO-BR kein Einspruch erhoben.

*****

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.32

Präsident Ing. Gerd Klamt: Der von den Bundesräten Ludwig Bieringer, Dr. Peter Böhm und Kollegen eingebrachte Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. Ich erteile es ihm.

11.33

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die inhaltliche und die rhetorische Auseinandersetzung um die Ambulanzgebühr haben die Sozialdemokraten verloren, verloren deshalb, weil sie versuchen, sich mit einem, wie ich meine, gescheiterten, plakativen Aktionismus zu positionieren. (Bundesrat Konecny: So verloren wie die Wahlen in Wien! – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Das ist typisch! Herr Kollege Konecny, das ist typisch! Das ist das Sittenbild Ihrer Fraktion, der SPÖ! (Bundesrätin Schicker: Also, wenn du von Sittenbild


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sprichst ...!) Sie haben nämlich das Match schon vor Matchbeginn verloren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Das war eine Spitzenleistung!)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie haben das Match schon vor Matchbeginn verloren. Das war schon vor zwei Tagen bei der Sondersitzung erkennbar, als der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten allein an der Sitzung teilgenommen hat und sich auch heute überwinden musste, um überhaupt mit seiner Fraktion an dieser Sitzung teilzunehmen. Anders könnte ich mir Ihre Verspätung, Herr Kollege Konecny, nicht erklären. (Bundesrat Dr. Böhm: Da war ja die Pressekonferenz!)

Meine Damen und Herren! Die SPÖ versucht – wie ich schon gesagt habe, nicht sehr gekonnt, und das war auch das Thema der Sozialdemokraten im Nationalrat –, den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen für ein persönliches Fehlverhalten einer Mitarbeiterin verantwortlich zu machen. (Bundesrat Winter: Davon haben wir gar nicht geredet!) Man kann – das gestehe ich durchaus zu – über die Ministerverantwortung diskutieren (Bundesrat Konecny: Zur Sache!), aber, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, Sie haben dieses Thema stundenlang diskutiert. (Bundesrat Konecny: Sie fangen an!)

Herr Kollege Konecny! Ihre Vorgangsweise ist absurd! (Bundesrätin Schicker: Wer redet davon? Sie sollen zur Sache reden! – Weitere Zwischenrufe.)

Präsident Ing. Gerd Klamt (das Glockenzeichen gebend): Am Wort ist Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. (Bundesrat Konecny: Sie sollen zum Thema sprechen!)

Bundesrat Engelbert Weilharter (fortsetzend): Herr Kollege Konecny! Ihre Vorgangsweise ist absurd, nämlich für eine persönliche Straftat einen Vorgesetzten – und selbst wenn es ein Bundesminister ist – verantwortlich zu machen. Herr Kollege Konecny! Niemand käme auf die Idee, für das Fehlverhalten des ehemaligen Bürgermeisters von Windischgarsten die SPÖ oder deren Vorsitzenden verantwortlich zu machen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube nicht, dass Verstöße gegen das Strafrecht, persönliche Verstöße des ehemaligen SPÖ-Mitgliedes und Bürgermeisters von Windischgarsten dem SPÖ-Vorsitzenden Gusenbauer oder seinen Vorgängern anzulasten sind. (Bundesrätin Schicker: Es geht um die Ambulanzgebühren, Herr Kollege!)

Es kam auch von den Sozialdemokraten im Plenum des Nationalrates der Vorwurf, der Herr Bundesminister hätte sich vorher erkundigen sollen. Dieser Vorwurf geht deshalb ins Leere, weil der Herr Bundesminister getäuscht wurde und wir Freiheitlichen niemanden bespitzeln.

Viel eher, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, wäre heute zu hinterfragen: Wie kommt Ihr Vorsitzender, Herr Professor Konecny, zum Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, ohne dass es ein weiteres Mitglied dieses Hauses kennt oder hat? – Niemand hatte dieses Erkenntnis, außer Ihr Fraktionsvorsitzender Professor Konecny! Es wäre zu hinterfragen, wie Ihr Fraktionsvorsitzender zu dieser Information und zu dieser Stellungnahme gekommen ist.

Meine Damen und Herren! Ich sehe es daher viel problematischer, wenn Sie von der SPÖ versuchen, die Sozialdebatte, die Debatte um die Ambulanzgebühr, zu einer Hetzkampagne gegen die Bundesregierung umzumünzen und umzufunktionieren.

Ihnen, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, geht es nicht darum, dass Personen, die Rezeptgebühr befreit sind, keine Ambulanzgebühr bezahlen. Sie von der SPÖ sind dagegen, dass mitversicherte Kinder, dass Schwangere mit Mutter-Kind-Pass, dass Dialyse- und Krebs-Patienten sowie Blutspender von der Ambulanzgebühr befreit sind. Sie von der SPÖ wollen nicht, dass Patienten, die von einem Gericht oder von einer anderen Ambulanz kommen, in Hinkunft von den Gebühren befreit sind.

Meine Damen und Herren! Sie von der SPÖ sind gegen die so genannten Sozialfälle und haben deshalb im Hauptverband, den Sie dominieren, nach wie vor noch keine Gebührenrückerstattungsregelung getroffen.


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In Summe wollen Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, nur eines: Sie wollen die Betroffenen, die Bevölkerung verunsichern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die Sozialdemokratie ist auch in dieser Frage als konzeptlos, als Partei ohne Alternativen entlarvt. (Zwischenruf der Bundesrätin Fuchs. ) Die einzige Alternative, Frau Kollegin Fuchs, die von Ihrer Fraktion bisher in dieser Frage gekommen ist, war schlicht und einfach eine Beitragserhöhung. Dies war Ihr Vorschlag – ohne Reformen, ohne Rücksicht auf die Betroffenen. Das ist wieder Ihr alter Stil des puren Abzockens! Das war Ihr einziger Vorschlag! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Das können andere besser!)

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Wie weit Sie es mit Ihrem Abzocken und Ihren Belastungen gebracht haben, das zeigt uns die Staatsverschuldung: 2 200 Milliarden Hypothek aus der SPÖ-Regierung! Ihre Arbeitsplatzgarantien im "Konsum", in der Verstaatlichten, Ihr Stil und Ihre Vorschläge zeigen uns (Bundesrätin Fuchs: Rosenstingl!), wie ausgeprägt, Frau Kollegin Fuchs, Ihr soziales Gewissen im Umgang mit Menschen und Mitarbeitern ist! Als Ihre Partei pleite war, hat sich Ihre soziale Kompetenz gezeigt!

Meine Damen und Herren! Daher sage ich vor allem in Richtung SPÖ (Bundesrätin Mag. Trunk: Bitte mehr Herz! – Bundesrat Winter: Mehr Herz und Hirn, hat euch Haider gesagt!), Herr Kollege, vor allem in Richtung Ihrer Fraktion, an die vereinigten Linken (Heiterkeit bei der SPÖ), an die Adresse der Reformverhinderer: Sie versuchen nach wie vor, durch Konzeptlosigkeit die Bevölkerung zu verunsichern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Als Beleg hiefür nenne ich wiederum den gescheiterten Versuch der SPÖ, sich hinter einer unverständlichen Indiskretion des Verfassungsgerichtshofes zu verschanzen. (Neuerliche Heiterkeit bei der SPÖ.) Das, meine Damen und Herren, war bisher der einzige Vorschlag der Sozialdemokratie. Das war die einzige Alternative und die einzige Position, die Sie bezüglich dieser Causa eingebracht haben.

Meine Damen und Herren! Man muss aber auch bemerken, obwohl der Verfassungsgerichtshof inhaltlich keine Positionierung vorgenommen hat: Es beweist sich wieder einmal, hier war die SPÖ zur falschen Zeit ohne Thema am falschen Ort. Aber das, meine Damen und Herren, ist die Angelegenheit der Sozialdemokratie.

Meine Damen und Herren! Wie arm die SPÖ eigentlich ist, geht aus Ihrer Argumentation hervor. Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, sind in Ihrer Argumentation sehr arm. Das wird nicht nur von mir behauptet, sondern das wird auch in einem Brief des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger bestätigt.

Ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten einen Satz aus diesem Brief vom 29. März zitieren. Darin schreiben Präsident Hans Sallmutter und der Generaldirektor des Hauptverbandes – ich zitiere wörtlich – Folgendes: Vom Hauptverband der Krankenversicherungsträger wird erwartet, dass diese Bestimmungen rechtzeitig und gesetzeskonform umgesetzt werden. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Das heißt mit anderen Worten formuliert, dass die SPÖ ihre Konzeptlosigkeit beenden soll und dass Konzeptlosigkeit im Hauptverband der Sozialversicherungsträger nicht erwünscht ist – mit lieben Grüßen, Ihr Präsident Sallmutter und Ihr Generaldirektor Walter Geppert.

In Summe, meine Damen und Herren, bedeutet das: Sie von der Sozialdemokratie sind in das so genannte grantelnde Eck abgewandert, Sie haben die Oppositionsbank bis dato noch nicht eingenommen. Das beweisen Sie immer mehr dadurch, indem Sie keine Alternativen haben; daher bleibt auch die Oppositionsbank mit Alternativen leer.

Die Regierung saniert, die SPÖ blockiert: Das könnte das Motto für die Zukunft der Sozialdemokratie sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

11.42


Bundesrat
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675. Sitzung / Seite 11

Präsident Ing. Gerd Klamt:
Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Haupt. Ich erteile es ihm.

11.42

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Ich möchte zu Beginn zu zwei Dingen Stellung nehmen. Zu den Vorwürfen, die vom Kollegen Weilharter im Zusammenhang mit meiner Mitarbeiterin releviert worden sind, darf ich feststellen, dass es derzeit nicht klar ist, ob es sich um strafrechtliche oder um verwaltungsrechtliche Tatbestände handelt. Die entsprechenden Anzeigen sind an die Staatsanwaltschaft gegangen und können erst dann beurteilt werden, wenn die Erhebungen durchgeführt worden sind.

Ich lege Wert darauf, dass auch für einen Mitarbeiter meines Büros, der in Verruf gekommen ist, die Unschuldsvermutung so lange zu gelten hat, solange die Tatbestände nicht bewiesen sind. (Bundesrat Würschl: FPÖ-Sumpf!) Ich sage das klar an die Adresse des Kollegen Weilharter, weil ich es nicht gewohnt bin, dass dann, wenn Rechtspositionen vertreten werden, andere ignoriert werden und es offensichtlich üblich geworden ist, auch mir Verwandtschaftsverhältnisse in meinem Ministerium anzudichten, die nicht bestehen. Daher nutze ich die Gelegenheit dazu, diese Medienberichte hier im Bundesrat klarzustellen.

Die inkriminierte Mitarbeiterin meines Hauses, die Sektionsleiterin geworden ist, ist mit mir nicht verwandt, ihr Gatte ist auch nicht mit mir verwandt. Ich bitte daher, die Zeitungsartikel, die Sie am Wochenende lesen werden, und die Behauptungen auch in diesem Lichte zu betrachten. Offensichtlich ist es Sport geworden, Behauptungen, mein Ministerium betreffend, aufzustellen, die jeder Grundlage entbehren. Es sind auch alle anderen Mitarbeiter meines Büros heute im Dienst gewesen, es ist niemand gekündigt worden, niemand auf Entwöhnungskur oder sonst irgendwo. Ich entgegne alles, was Sie in den nächsten Tagen in den Zeitungen lesen werden, und möchte das jetzt schon klarstellen.

Ich habe das bereits im Nationalrat klargestellt. Ich bin in die Politik gegangen und habe gewusst, dass ich und auch meine Angehörigen einen geringeren Schutz genießen werden als alle anderen Staatsbürger. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Büros sowie die Beamten meines Hauses genießen selbstverständlich alle Rechte, die der österreichische Rechtsstaat ihnen garantiert. (Bundesrat Würschl: Und 200 000 S!) Eine Verletzung der Rechtsstaatlichkeit, Herr Kollege, kommt für mich nicht in Frage.

Zu dem Vorwurf mit den 200 000 S sage ich Ihnen Folgendes deutlich: Ich bin in diesem Fall an die Verschwiegenheitspflicht und an den Datenschutz gebunden. Ich sage Ihnen auch eindeutig, dass das Einkommen meiner Mitarbeiterin zu jedem Zeitpunkt, als sie in meinem Büro gearbeitet hat, deutlich unter diesem Betrag gelegen ist. Meine Mitarbeiterin und ich werden uns das selbstverständlich in dieser Form nicht gefallen lassen.

Ich muss auch sagen, dass ich als auf die Verfassung und damit auch auf die Gesetze vereidigtes Organ dieser Republik nicht dazu bereit bin, aus Opportunitätsgründen – auch dann nicht, wenn ein Wahlkampf vor der Tür steht – datenschutzrechtliche Bestimmungen dieser Republik zu brechen und aus allgemein populären Gründen Dinge klarzustellen, die dem Datenschutz unterliegen. Ich habe dazu auch keine Ermächtigung. Ich sage das deshalb so klar und deutlich, um ein für allemal damit aufzuräumen, was Sie hier in die Diskussion gebracht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich würde Sie daher bitten, dass Sie, wenn Sie mich, mein Verhalten, meine Amtsführung und meine politische Verantwortung meinen, das klar ansprechen, denn das kann Gegenstand der politischen Diskussion sein.

Ich bitte aber auch darum, sich nicht an dieser Medienhatz zu beteiligen, die ich nicht nachvollziehen kann. Es fehlen mir leider, abgesehen von öffentlichen Erklärungen, so wie ich sie heute eingangs dieser Bundesratsdebatte abgebe, die Mittel dazu, diese Medienhatz rechtzeitig abzustellen oder zu begrenzen. Ich glaube, dass es einer Demokratie unwürdig ist, wenn fünf Seiten


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einer Tageszeitung dazu verwendet werden, um über eine vermutliche Verwaltungsübertretung zu berichten. Solch ausführliche Berichte sind mir sonst nur von größeren Katastrophen wie in Kaprun in Erinnerung, aber nicht im Zusammenhang mit Verwaltungsübertretungen.

Ich habe alles in meiner Macht Stehende in die Wege geleitet, sobald mir diese Verfehlungen bekannt geworden sind. Ich habe die Innenrevision, meine Rechtsabteilung und meine Personalabteilung eingeschaltet, ich habe eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übermittelt und damit aus meiner Sicht all das übergeben, was die zuständigen Behörden brauchen, um in dieser Angelegenheit umfassend ermitteln zu können.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es mag schön und gut sein, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von mir in die politische Diskussion hineinzuziehen. Vergessen Sie aber nicht, dass diese so wie Sie Familie, Kinder und Angehörige haben und dass unter Umständen Schaden im persönlichen Bereich entstehen könnte! Ich habe es leider vermisst, dass man hiebei nicht zwischen Politikern und Mitarbeitern sowie Beamten meines Hauses unterscheidet. Das muss ich zwar zur Kenntnis nehmen, aber ich werde es nicht schweigend tun – durch wen immer es geschieht –, dass ein Angehöriger meiner oder irgendeiner anderen Fraktion in diesem Haus Schaden erleidet. Ich sage das klar und deutlich! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Nunmehr gehe ich in medias res und komme zum eigentlichen Thema dieses Tages. Die Ambulanzgebühren sind laut dem der Bundesregierung übermittelten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ausschließlich aus formalen Gründen im Zusammenhang mit einer Doppelpublikation und nicht aus inhaltlichen Gründen aufgehoben worden. Ich darf Sie also bitten, das in der weiteren Diskussion zur Kenntnis zu nehmen. Die Bundesregierung wird sich auch bemühen, das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes möglichst schnell und umgehend zu publizieren und damit öffentlich zugänglich zu machen.

Sie haben mir und auch den Abgeordneten des Nationalrates gegenüber den Vorwurf erhoben, dass die Diskussionen verkürzt und nicht unter Beteiligung aller durchgeführt worden sind.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich war selbst im Sozialausschuss des Nationalrates anwesend. Es wäre vielleicht möglich gewesen, alle zu Wort gemeldeten Abgeordneten zu Wort kommen zu lassen. Man hat sich aber zu Beginn der Diskussion im Sozialausschuss und in der Erkenntnis, dass die Sitzung des Sozialausschusses auf Grund der Geschäftsordnung dieses Hauses nicht länger dauern kann als bis zum Beginn der Plenarsitzung am gleichen Tag, in einer elendslangen und ausufernden Geschäftsordnungsdebatte um des Kaisers Bart ergangen und ist nicht gleich in medias res gegangen. Es steht mir hier als Regierungsmitglied nicht zu, die Notwendigkeit oder Unnotwendigkeit einer Geschäftsordnungsdebatte zu erläutern, aber festgestellt werden sollte, dass mehr Zeit für die Geschäftsordnungsdebatte als für die Anfragen in dieser Sitzung aufgewendet worden ist, sodass nach der ersten Gesprächsrunde einige Fragen offen geblieben sind.

Sehr geehrte Damen und Herren! Bei Initiativanträgen ist die Einbindung der Länder weder nach dem Konsultationsmechanismus noch nach anderen geschäftsordnungsmäßigen Kriterien vorgesehen. Ich habe mich aber trotzdem darum bemüht, nachdem durch Indiskretionen aus dem Kreise des Verfassungsgerichtshofes bereits vor der Wiener Wahl das Gerücht umging und dann in einer Pressekonferenz vom Präsidenten Adamovich offiziell bestätigt worden ist, dass der Verfassungsgerichtshof die Ambulanzgebühren aufheben werde, die Verantwortlichen der Bundesländer, nämlich die Gesundheitsreferenten aller neun Bundesländer, zu Gesprächen einzuladen.

Die Sitzung mit den Gesundheitsreferenten der Bundesländer hat am 26. März 2001 stattgefunden. Man hat von Seiten der Mehrheit der Bundesländer durchaus Zustimmung signalisiert und auch das Bemühen anerkannt, dass diese Bundesregierung mit den Ambulanzgebühren einen entsprechenden Lenkungseffekt erzielen will und dieser Lenkungseffekt auch erzielbar ist.

Drei Vertreter der Bundesländer – einer war aus Wien –, Angehörige der sozialdemokratischen Fraktion, waren gegenteiliger Meinung. Ich war nicht während der gesamten Sitzung anwesend.


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Es wurde mir aber ein Überblick über die gesamten Beratungen des 26. März vom Staatssekretariat übermittelt.

Wenn dann auch noch ins Treffen geführt wurde, dass das nunmehr eine Steuer sei, dann darf ich Sie, sehr geehrte Damen und Herren, darauf hinweisen, dass es in Österreich sehr strenge Regelungen gibt, was Steuern, Abgaben, Gebühren und andere Beiträge betrifft. Es handelt sich im Fall der Ambulanzgebühr um eine Gebühr und um keine Steuer. Sollten Sie auf eine korrekte semantische Bezeichnung entsprechend den rechtlichen Grundlagen, die in diesem Hohem Hause bis dato unbestritten waren, Wert legen, dann ersuche ich Sie dringend, die Ambulanzgebühr auch als "Gebühr" zu bezeichnen und nicht von einer "Steuer" zu sprechen.

Seitens von Mitgliedern der sozialdemokratischen Fraktion wurde in der Diskussion angeführt, dass eine Aufteilung im Verhältnis 50 : 50 zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Grundlage der Überlegungen im Gesundheitswesen Österreichs ist. Ich darf Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion hier im Bundesrat, sehr wohl darauf aufmerksam machen, dass ich, meine Amtsvorgängerin, Frau Kollegin Sickl, und Herr Staatssekretär Dr. Waneck sowie die gesamte Bundesregierung ein bereits deutlich entzerrtes System der Gesundheitsvorsorge und der Gesundheitsbetreuung in Österreich übernommen haben und sich die ursprüngliche Aufteilung der Kostentragung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Verhältnis 50 : 50 bereits zuungunsten der Arbeitnehmer verschoben hat und nun 32 : 68 Prozent beträgt.

Ich darf schon darauf hinweisen, dass die Sozialdemokraten in jener Zeit, als sie als stärkste Fraktion die Führung in der damaligen Bundesregierung und auch das Sozial- und das Gesundheitsministerium innegehabt haben, eine Reihe von Lenkungsmaßnahmen gesetzt haben. Sie haben für 2 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch für Selbständige, Gewerbetreibende und Bauern Behandlungsbeiträge auch bei Ambulanzbesuchen eingeführt. Ich darf Sie erinnern, dass etwa Eisenbahner und auch Bundesbedienstete schon seit Jahren Behandlungsbeiträge bezahlen müssen.

Als die Medikamentenkosten explodierten, haben Sie aus gutem Grund mit der Rezeptgebühr eine Gebühr mit Lenkungseffekt eingeführt. Unter dem damaligen Kanzleramtsminister, Gesundheitsminister und nachmaligen Innenminister haben Sie einen Beitrag beim Aufenthalt in einer Krankenanstalt eingeführt, und zwar zunächst als Ersatz für die Essenskosten, die man sich erspart, damals waren es knapp über 30 S, heute sind es 100 S, wovon 10 S dem Fonds für verschuldensunabhängige Haftungen im Falle von zu Schaden kommenden Patienten zufließen.

Ich darf Sie weiters darauf hinweisen, dass für Heilmittel Kostenbeiträge in sehr unterschiedlichem Ausmaß zu erzielen sind, die die ursprüngliche 50 : 50-Regelung schon bei Weitem hintangesetzt haben. Darüber hinaus ist es nun so, dass nunmehr die Krankenversicherungen an die Krankenanstalten in allen Bundesländern einen geringeren Beitrag leisten, während der Steuerzahler, somit wieder die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, den erheblichen Mehranteil für die Krankenanstalten zahlen muss und daher von einer 50 : 50-Regelung innerhalb des Systems keine Rede sein kann.

Ich darf Sie darauf hinweisen, dass – von mir sehr heftig kritisiert, aber leider in den 15a-Vereinbarungen nicht zu korrigieren – eine erhebliche Anzahl von Bundesländern auf Grund der dortigen sozialdemokratischen Gesundheits- und Krankenanstaltenreferenten keine einheitliche Gesundheitstopfregelung hat, was dazu führt, dass im Krankheitsfall auf Grund der EU-Gesetzgebung ausländische Patienten, meistens Touristen, die sich in österreichischen Krankenanstalten einer Behandlung unterziehen müssen, etwa nur bis zu 40 Prozent ihrer Kosten bezahlen müssen, während die österreichischen Patienten in den Krankenanstalten auf Grund dieser Aufteilung zwischen den einzelnen Fonds 100 Prozent ihrer Behandlungskosten aus den Krankenversicherungen refundieren müssen.


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Ich glaube, sehr geehrte Damen und Herren, dass die Behauptung, dass das österreichische Krankenversicherungssystem 50 : 50 aufgeteilt ist, leider schon lange der Vergangenheit angehört und wichtige Verzerrungseffekte passiert sind.

Zu den Ambulanzgebühren nunmehr im Einzelnen: Wir erwarten uns selbstverständlich eine Reihe von Lenkungseffekten bei den Ambulanzgebühren, und ich darf Sie, sehr geehrte Frau Bundesrätin Kainz, darauf hinweisen, dass das Beispiel, das Sie im Zusammenhang mit Augenambulatorien und den dortigen Verzögerungen in die Diskussion gebracht haben, in Österreich leider auf Grund des Verschuldens des Hauptverbandes, der Sozialversicherungen und der Krankenversicherungen gang und gäbe ist. Es gibt von der Firma Novartis seit Jahren ein in sehr vielen europäischen Ländern – außer in Österreich durch den Hauptverband – zugelassenes Präparat, das Visodyne heißt und in der Lage ist, bei Makuladegenerationen den Verlust der Sehkraft zu verhindern. Auf Grund des Verhaltens des österreichischen Hauptverbandes und sehr vieler Krankenversicherungsträger in Österreich wird dieses Präparat in Österreich nicht anerkannt.

Das ist nur in Spezialambulanzen bei einigen wenigen niedergelassenen Ärzten möglich, wo man nach Aufsuchen der klinischen Ambulanzen auf dem Umweg über diese dann in den Genuss einer privaten Behandlung kommt, aber auf Grund der Verzögerungen vom Krankenanstaltenbereich in den niedergelassenen Bereich und retour oft 40 bis 60 Prozent Sehkraftverlust auftreten, die dann nicht mehr reparabel sind, weil man in den Ambulanzen der Krankenanstalten, in den Ambulanzen der eigenen Sozialversicherungsträger und in den Ambulanzen und in den Praxen der niedergelassenen Augenärzte dieses sinnvolle und gute Medikament, das im Übrigen auch noch in Österreich erfunden worden ist und im EU-Ausland von den meisten Krankenversicherungsträgern anerkannt wird, nicht anerkennt.

Ich glaube daher, wenn man Kritik innerhalb des Systems anbringt, so sollte man die Kritik nicht einseitig dort anwenden, wo einem etwas tagespolitisch nicht passt, sondern die gesamte Kritik des Systems aus Fairnessgründen mit in die Diskussion einfließen lassen. Es ist vieles in unserem System nicht in Ordnung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich darf Sie auch darauf hinweisen, dass, wenn hier heute die Rechtsdiskussion im Raum steht, der Verfassungsgerichtshof im Jahre 1997 bereits erkannt hat, dass Gruppenpraxen in Österreich zulässig sind und das verabschiedet werden kann. Es ist damals in den Händen des Gesundheitsministers und Sozialministers gelegen, diese Gruppenpraxen in Österreich zuzulassen. Mit den Gruppenpraxen, wenn sie 1997 zugelassen worden wären, hätten wir viele von Ihnen, Frau Kollegin Kainz, zu Recht anerkannte Missstände im niedergelassenen Bereich beheben können.

Ich darf Ihnen weiters mitteilen, dass wir in Wien 26 Krankenanstalten, aber die geringste Anzahl von für Behinderte zugelassene niedergelassenen Praxen im Bereich der Chirurgen haben. Es gibt 54 Wiener chirurgische Arztpraxen, die behindertengerecht sind, im Verhältnis zu 26 Krankenanstalten.

Sogar im schlechtesten Fall, in dem die geringste Anzahl von niedergelassenen Ärzten behindertengerechte Praxen hat, ist die Anzahl der behindertengerechten chirurgischen Praxen noch doppelt so hoch wie die Anzahl der öffentlichen Krankenhäuser in Wien, in denen man Ambulanzgebühren zu zahlen hat.

Ich darf Sie weiters darauf hinweisen, dass mit Ausnahme von zwei Bundesländern Notregelungen, Abendregelungen und Regelungen für das Wochenende existieren, sodass die Lenkungseffekte im Regelfall sehr wohl vor Ort zielführend sind, weil die niedergelassenen Ärzte durchaus rund um die Uhr mit entsprechenden Not-, Nacht- und Wochenenddiensten anzutreffen sind. In zwei Bundesländern – das gebe ich zu – fehlen diese Regelungen, aber vielleicht werden die Ambulanzgebühren dazu führen, dass das, was gerade für den ländlichen Raum sinnvoll ist, nunmehr auch in diesen zwei Bundesländern erfolgen wird. Das würde zu einer deutlichen Besserstellung des ländlichen Raumes führen, als es heute der Fall ist, wenn dort Notdienste, Wochenenddienste und Feiertagsdienste vertragsmäßig vereinbart und auch umgesetzt werden,


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sodass tatsächlich wieder der Arzt im Ort, der Arzt vor Ort und der Arzt um die Ecke in Anspruch genommen werden können und nicht lange und beschwerliche Wege in Zentralkrankenanstalten oder in Regionalkrankenanstalten angetreten werden müssen, um die notwendige und wünschenswerte ärztliche Versorgung zu bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Da die soziale Komponente der Ambulanzgebühren angesprochen worden ist, sehr geehrte Damen und Herren, darf ich Sie darauf hinweisen, dass auf Grund der derzeitigen Ausnahmeregelung der Krankenversicherungsträger Personen bis zum Ausgleichszulagenrichtsatz – dieser beträgt für Ehepaare derzeit knapp über 12 000 S – von den Ambulanzgebühren befreit sind.

Ich darf Sie, sehr geehrte Damen und Herren, auch Sie von der Sozialdemokratie, darauf hinweisen, dass nach jenen Regelungen, die vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger vorgeschlagen worden sind, nämlich allen – es ist immer von allen die Rede gewesen – die Beiträge zur Krankenversicherung um 0,3 Prozent zu erhöhen, also auch jenen Menschen, die nach den nunmehrigen Regelungen des Nationalrates und nach den Regelungen, die heute hier zur Beschlussfassung stehen, keine Gebühren zahlen müssen, pro Jahr im Höchstfall – bei einem Einkommen bis zu 12 000 S für ein Ehepaar – 504 S abgenommen worden wären – und das Jahr für Jahr. Sie können sich das leicht ausrechnen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf Sie auch darauf hinweisen, dass es unbestritten ist – auch in der Diskussion der Vertreterinnen und Vertreter der Bundesländer –, dass zwischen 40 und 60 Prozent der Ambulanzbesucher auf Grund der Ausnahmeregelungen keine Ambulanzgebühr zahlen müssen. Manche Bundesländer haben auf Grund der alten Regelung sogar über 90 Prozent und darüber angenommen. – Ich gehe also da von den untersten Zahlen aus.

Wenn Sie davon ausgehen, dass es in Österreich jährlich 5,3 Millionen Ambulanzbesuche gibt und davon maximal 50 Prozent unter eine Gebührenregelung fallen, so können Sie sich ausrechnen, dass, wenn Sie diese Zahlen zu Grunde legen, bei 8 Millionen Österreichern etwa jedes vierte beziehungsweise jedes fünfte Jahr maximal ein Ambulanzbesuch erfolgt.

Wenn Sie nunmehr die Regelung etwa mit 13 000 S – das ist die erste runde Tausendersumme über dem Ausgleichszulagenrichtsatz – mit den 0,3 Prozent treffen, die der Hauptverband als Gebührenerhöhung vorgeschlagen hat, so müssen Sie mir Recht geben, dass 0,3 Prozent von 13 000 S 546 S per anno sind. Das entspräche demnach der vollen Höhe von zwei Ambulanzbesuchen pro Jahr und darüber hinaus noch 46 S. Wenn Sie also rechnen, dass jemand nur alle vier Jahre im Durchschnitt einmal in eine Ambulanz geht, so ist das, was der Hauptverband verlangt, schon im ersten Jahr teurer als das, was jetzt im Durchschnitt in vier Jahren – in vier Jahren! – zu bezahlen sein wird.

Wir haben uns sehr wohl über die soziale Dimension den Kopf zerbrochen, und gerade auf Grund dieser Zahlen ist aus meiner Sicht die soziale Dimension beim Inkasso der Ambulanzgebühren die bessere Lösung als die gleichmäßige Einhebung von 0,3 Prozent zur Krankenversicherung pro Jahr über all die Jahre hinweg.

Die Ausnahmeregelungen, die ebenfalls gefasst worden sind, umfassen auch wichtige Gruppen, denen zusätzliche Belastungen auf Grund ihrer Erkrankung nur schwer zugemutet werden können, weil sie in der gesamten Gestion ihrer Lebensführung schon auf Grund ihrer Erkrankung schwer beeinträchtigt sind. Ich darf hier expressis verbis auf der einen Seite die Dialysepatienten, die sich oftmals bis zu dreimal in der Woche einer Blutwäsche unterziehen müssen, und auf der anderen Seite auch die Krebs- und onkologischen Patienten mit Chemo- und Strahlentherapie und ihr durch die Therapie deutlich und klar beeinflusstes, und zwar negativ beeinflusstes soziales, gesellschaftliches und gesundheitliches Umfeld ins Treffen führen.

Wenn hier behauptet wird, dass diese Ausnahmeregelungen nicht verfassungskonform wären, wie es etwa im österreichischen Nationalrat behauptet worden ist, so darf ich Ihnen schon klar und deutlich sagen, dass gerade diese beiden Regelungen auf Grund des gleichen Umfeldes, der gleichen Beeinträchtigungen sowohl im sozialen als auch im gesundheitlichen Bereich und auf Grund der Häufigkeit innerhalb des Systems – beides sind nämlich die häufigsten Erkran


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kungen bei Ambulanzbesuchen insgesamt – nach Ansicht der Verfassungsexperten meines Hauses sehr wohl verfassungskonform ausgestaltet sind und daher innerhalb der Verfassung nicht nur vertretbar, sondern sozial notwendig sind.

Ich darf Sie, sehr geehrte Damen und Herren, auch darauf aufmerksam machen, dass es im Zusammenhang mit der Schwangerschaft keine Partei im österreichischen Parlament gibt, die meint, dass der Mutter-Kind-Pass und die darin festgelegten Regelungen nicht wichtig wären als präventionsmedizinische Maßnahme, um auftretenden Behinderungen und Störungen während und nach der Geburt sofort mit entsprechender Reparation und Vorsorge begegnen zu können. Es ist uns daher mit unserem Erstantrag und – wenn man die Debatte verfolgt hat – offensichtlich auch den Abgeordneten des Hohen Hauses ein Anliegen gewesen, auch diese Gruppe davon auszunehmen.

Ich glaube daher, dass die Ambulanzgebühren sehr wohl nicht nur einen Lenkungseffekt, sondern vielleicht auch einen erzieherischen Effekt in die Richtung hin haben werden, die Mutter-Kind-Pass-Regelung wieder besser in Anspruch zu nehmen, als das in der Vergangenheit der Fall war.

Sehr geehrte Damen und Herren! Aus den von mir dargelegten Gründen ersuche ich Sie daher, den Ambulanzgebühren Ihre Zustimmung zu geben. Ich glaube, dass das mit den Ambulanzgebühren nunmehr hereingebrachte Geld auch einen wichtigen Beitrag leisten wird – auch im Interesse der Länder, die Sie vertreten –, weil dieses Geld dem Ausgleichsfonds der österreichischen Krankenanstalten zugewiesen und so dazu beitragen wird, die Gestionen und damit auch die Möglichkeiten der Länder in der Krankenanstaltenerhaltung zu verbessern.

Ich glaube daher, dass diese Regelung eo ipso auch – weil dieses nunmehr hereingebrachte Geld den Ländern zugute kommt, die größtenteils gemeinsam mit den Gemeinden Erhalter der Krankenanstalten Österreichs sind; abgesehen von einem privaten Krankenhaus mit Öffentlichkeitsrecht und mehreren Ordensspitälern, die von den entsprechenden Regelungen ebenfalls erfasst worden sind – eine durchaus positive Leistung für die Länder darstellt. Zum Zweiten wird diese Neuregelung, die im Nationalrat beschlossen worden ist, dadurch, dass nunmehr der Verrechnungsmodus und der Beurteilungsmodus aus den Krankenanstaltenambulanzen in die Krankenversicherungsträger verschoben und umgelenkt worden sind, auch aus der Sicht der Länder keine Mehrkosten, sondern, im Gegenteil, eine Kostensenkung gegenüber den ursprünglichen Kosten des Stammantrages mit sich bringen.

Ich darf nochmals wiederholen: Für Initiativanträge gibt es keinen Konsultationsmechanismus. Aber ich glaube, auch wenn der Konsultationsmechanismus in diesem Fall notwendig gewesen wäre, hätte er aus der Sicht der Länder durchaus positiv ausfallen müssen, zumindest im fiskalischen Bereich, nicht in den anderen Bereichen, in denen man durchaus unterschiedliche Meinungen vertreten hat.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist im Vorfeld der Ambulanzgebühren mehrfach versucht worden, das, was in jeder Ambulanz gemacht werden muss, um eine ordnungsgemäße Anamnese und, darauf aufbauend, eine Diagnose und dann eine Behandlung durchführen zu können, nämlich die Erhebung der Stammdaten, auch schon als zusätzlichen Verwaltungsaufwand zu kritisieren. Dazu darf ich Ihnen mitteilen, dass ich auf Grund einer eigenen Behandlung vor kurzem in der Universitätsklinik Graz war und mir die dort vor den Computern in den Ambulanzen Tätigen hinter vorgehaltener Hand gesagt haben, dass die Ambulanzgebühren für sie wenigstens ein Gutes gehabt haben, nämlich dass sie nunmehr von der steirischen Krankenanstaltengesellschaft endlich eine EDV-Maske bekommen haben, die ihnen die Abrechnung und die Einprogrammierung der Stammdaten deutlich verbessert, erleichtert und verkürzt, wodurch der Verwaltungsaufwand geringer geworden ist. Man sollte also auch Lenkungseffekte innerhalb des Verwaltungsbereiches nicht gering achten.

Ich hoffe daher, dass die Bundesregierung mit ihrem ursprünglichen Ziel und der Nationalrat nunmehr mit seiner Beschlussfassung von dieser Woche auch die Lenkungseffekte erzielen


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werden, die hinter der ursprünglichen Philosophie der Einführung der Ambulanzgebühren gestanden haben. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.08

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke, Herr Bundesminister.

Zum zweiten Mal zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Hedda Kainz. – Bitte.

12.08

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt unter dem frischen Eindruck dessen, was hier passiert ist, doch Folgendes klar zum Ausdruck bringen:

Einerseits geht es mir genau um diese Vorgangsweise, die – wie ich Ihnen zugestehe, sehr geschickt – immer wieder passiert, nämlich dass man ein Thema, das ursprünglich gar nicht zur Debatte stand, zum Anlass nimmt, um jemandem eine Plattform für gewünschte Aussagen zu geben.

Ich glaube, das, was Herr Kollege Weilharter hier gemacht hat und womit er dem Herrn Minister Gelegenheit gegeben hat, über eine Thematik zu reden, die wir heute nicht behandeln, ist eine Angelegenheit für sich, aber was mich wirklich mit Sorge erfüllt, ist die von Herrn Minister Haupt gemachte Definition dessen, was ich hier gesagt habe. Die Tatsache, dass jemand keinen Arzttermin bekommt und auf Grund dieses Umstandes – den ich als bedauerlich und erschütternd hingestellt habe, ohne jedoch eine Schuldzuweisung zu machen – sein Augenlicht verliert, hier so darzustellen, dass die Begründung für die Folge daraus, nämlich das Augenlicht zu verlieren, in dem Umstand zu suchen ist, dass der Hauptverband keine teuren Medikamente zulässt, das halte ich für schlichtweg unzulässig. (Beifall bei der SPÖ.)

Es bestehen immer noch andere Möglichkeiten, damit umzugehen, und es geht nicht um die Frage, was ein Mensch verschrieben bekommt, denn er hätte auch noch die Möglichkeit, das selbst zu finanzieren. Nur wenn es keinen Fachmann gibt, der diesen Umstand rechtzeitig erkennen kann, weil es eben eine Zeit dauert und ebenso zwischen dem versuchten Arzttermin und dem möglichen Ambulanztermin Zeit verstreicht, und dann dieser wirklich tragische Umstand eintritt, dann, glaube ich, hat man das im Zusammenhang mit der Notwendigkeit von Ambulanzbesuchen zu sehen und nicht mit der notwendigen Medikation. (Beifall bei der SPÖ.)

12.10

Präsident Ing. Gerd Klamt: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Herbert Haupt. Ich erteile es ihm.

12.10

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte meine Vorrednerin nur in zwei Dingen korrigieren.

Erstens: Ich habe klar gesagt, dass die Kritik daran, keinen Arzt und keine Regelung im extramuralen Bereich anzutreffen, die ordnungsgemäß ist, berechtigt ist.

Zum Zweiten möchte ich korrigieren: Es ist geht nicht um die Zulassung eines teureren Medikaments, sondern es geht um die Nichtzulassung des einzig wirksamen Medikaments. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.11

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Walter Grasberger. Ich erteile es ihm.

12.11

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich auf das Wort "Strafsteuer" eingehen, das Kollegin Hedda Kainz hier verwendet hat, und möchte dazu


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Folgendes festhalten: Es war ein hoher sozialdemokratischer Funktionär, nämlich Bundesminister außer Dienst Rudolf Edlinger, der bereits 1995 von einer Ambulanzgebühr gesprochen hat, und es war ein ebenfalls hochrangiger sozialistischer Stadtrat, Sepp Rieder, aus Wien, der zum selben Zeitpunkt auch eine Ambulanzgebühr in Erwägung gezogen hat.

Damals war es Recht, damals war es in Ihren Augen keine Strafsteuer (Bundesrätin Mag. Trunk: Nachdenken ist schon erlaubt!), nur heute, weil es eine ÖVP-FPÖ-Regierung gibt, weil eine Wende in dieser Republik erfolgt ist, ist es plötzlich nicht mehr billig. Und das möchte ich schon auch in Erinnerung rufen. (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.)

Im Übrigen habe ich den Eindruck, dass heute seitens Ihrer Fraktion im Großen und Ganzen ein gewisses Verwirrspiel und auch eine künstliche Aufgeregtheit zu dem Thema erzeugt wird. Ich möchte Ihnen mitteilen, dass ich gestern beispielsweise in einem kleinen, aber feinen Krankenhaus, dem Krankenhaus Lilienfeld, mit dem Verwaltungsdirektor in Kontakt getreten bin und ihn befragte, wie er die Dinge sieht, und er sagte mir sehr klar: Es tritt bereits ein gewisser Lenkungseffekt ein. Es ist so, dass tatsächlich mehr Menschen nicht mehr die relativ teure Ambulanz in den Krankenhäusern nutzen, sondern den Weg zum praktischen Arzt beziehungsweise Facharzt einschlagen. (Bundesrätin Schicker: Das ist ja der Irrglaube! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Sie bestreiten Dinge, die Faktum sind.

Ich sage Ihnen auch, dass die Befindlichkeit der Bevölkerung zum Thema Ambulanzgebühren völlig anders ist, als Sie das empfinden. (Bundesrätin Fuchs: Die Wiener Wahlen haben gezeigt, was die Menschen empfinden!) Ich habe beispielweise auch mit einem praktischen Arzt, mit Dr. Egger aus Hainfeld, ein Gespräch geführt, der mir sagte, er hätte ursprünglich gedacht, dass die Menschen viel stärker auf dieses Thema reagieren würden, da es in den Medien sehr stark transportiert worden ist. Wissen Sie, was er mir letztlich sagte? – Obwohl die Warteräume voll sind, war lediglich ein Patient, der meinte, dass das Thema Ambulanzgebühren zu einer Diskussion führen sollte. Also lediglich ein Patient war es. (Bundesrätin Mag. Trunk: Dann passt Ihr erstes Argument überhaupt nicht!) Ich würde bitten, dass man dieses Argument auch zur Kenntnis nimmt.

Zu Ihren Taferln, auf denen ein Rettungsauto dargestellt ist – ich glaube, mich erinnern zu können, dass es Pammesberger war, der diese Skizze angefertigt hat –, möchte ich auch etwas dazu sagen: Ich hatte gestern Kontakt mit der Rettungsstelle Hainfeld, und dort wurde mir versichert, dass es seitens der Rettung aber schon überhaupt kein Problem in diese Richtung gibt und dass es weder einen Patschen – wenn ich es niederösterreichisch ausdrücken darf – beim Rettungsauto noch eine falsche Montage der Hinterräder gegeben hat. Die vielen Freiwilligen des Rettungsdienstes werden die Patienten genauso zum Facharzt transportieren, wie sie sie bisher in die Spitäler transportiert haben. (Bundesrätin Fuchs: Sie haben den Sinn dieser Karikatur noch nicht erkannt! Der ist zu fein für Sie!)

Ich möchte noch etwas erwähnen, was uns, so meine ich, natürlich allen bewusst ist, nämlich dass Facharztpraxen derzeit überfüllt sind und dass es unser aller Anliegen sein sollte, hier Abhilfe zu schaffen. Ich darf daher eine Initiative des Bundeslandes Niederösterreich mit Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll erwähnen, wonach wir mit aller Kraft versuchen werden, Erleichterungen für Niederlassungsmöglichkeiten zu schaffen, damit letztlich auch bei verlängerten Ordinationszeiten durchaus die Gesundheitsansprüche der Menschen erfüllt werden können, die sie von einer zeitgemäßen Demokratie erwarten.

Was ich von Ihrer Seite im Besonderen vermisse, sehr geehrte Damen und Herren der sozialdemokratischen Fraktion, ist, dass Sie konstruktive Beiträge zu dem Thema bringen. Bisher erleben wir im Wesentlichen eine Frontalopposition, eine strikte Ablehnung, aber keine konstruktiven Beiträge. Ich denke mir, dies geschieht aus dem Grund, dass Sie sehr wohl wissen, dass, wenn es keine Beiträge der Versicherten gäbe, wenn ambulante Behandlung erforderlich wird, die Alternativen dazu nur darin lägen, dass erstens die Krankenversicherungsbeiträge angehoben werden müssten oder dass zweitens die Staatsverschuldung zunehmen würde. Und dafür sind wir nicht zu haben, um das auch klar zu sagen! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren der SPÖ! Ich möchte auch noch in Erinnerung rufen, dass es in Zeiten der gemeinsamen Regierung von ÖVP und SPÖ (Bundesrätin Mag. Trunk: Ach, hat das Erinnerungsvermögen wieder eingesetzt?) eine ganz ähnliche Regelung bei den Rezeptgebühren gegeben hat. Damals wurde mit Ihnen gemeinsam ein ähnliches Gesetz beschlossen, und das hat durchaus – so können wir heute rückblickend sagen – auch Sinn gemacht. Es gibt in diesem Gesetz viele soziale Ausnahmen, viele Möglichkeiten, dass Menschen die Rezeptgebühr nicht zu zahlen haben. Das möchte ich auch noch in Erinnerung rufen, weil ich meine, dass das nicht in Vergessenheit geraten sollte.

Abschließend: Ich stehe auf dem Standpunkt, dass der von Ihnen bestrittene Lenkungseffekt eintreten wird. Es wird zu einer finanziellen Entlastung der Krankenanstalten beziehungsweise der Träger dieser Krankenanstalten kommen, und es wird in Kombination mit den Initiativen, die ich beispielsweise aus dem Land Niederösterreich erwähnt habe, in letzter Konsequenz auch zu einer besseren ärztlichen Versorgung kommen. Die Ambulanzgebühr wird eine tragbare Gebühr sein, die für die Mittelschicht durchaus auch annehmbar sein wird.

Zum Schluss – leider ist Herr Professor Konecny jetzt nicht im Raum anwesend – möchte ich bitten und ersuchen, dass Ihr Fraktionsvorsitzender Professor Konecny sehr vorsichtig in der Wiedergabe von Sätzen, die unser Fraktionsobmann Ludwig Bieringer in der Präsidiale sagt, umgehen möge. Es sollen hier keine freien Interpretationen vorgenommen werden, die dann letztlich im Widerspruch zu dem stehen, was unser Ludwig Bieringer gesagt hat. Ich möchte appellieren: Wir sind nicht nur unserer Partei verpflichtet, sondern wir sind als Mandatare auch unseren Bundesländern und letztlich unserer Republik Österreich verpflichtet. – In diesem Sinne: Herzlichen Dank! (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

12.19

Präsident Ing. Gerd Klamt: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Johanna Schicker. Ich erteile es ihr.

12.19

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zuerst darf ich noch auf Ihre Ausführungen, Herr Bundesminister, replizieren. Ich muss sagen, ich glaube das nicht, was Ihnen Ihr Staatssekretär gesagt hat, dass nämlich die Mehrheit der Landesgesundheitsreferenten für diese neue Ambulanzgebührenregelung war.

Ich weiß aus meinem Bundesland und von meinem ... (Die Rednerin blickt demonstrativ in Richtung von Bundesminister Mag. Haupt. – Bundesminister Mag. Haupt: Ich höre schon zu, Frau Kollegin!) Ich bin mir nicht sicher, weil Sie so auf Ihr Papier schauen. (Bundesminister Mag. Haupt: Sie können ruhig fortsetzen!)

Ich weiß aus meinem Bundesland, dass das nicht der Fall war, sondern dass sich die Mehrheit der Landesgesundheitsreferenten – unabhängig davon, ob sie von der ÖVP oder von der SPÖ kommen – dagegen ausgesprochen hat. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Ich glaube meinem Landesregierungsmitglied in der Zwischenzeit mehr als Ihrem Staatssekretär, denn er hat uns hier im Hohen Haus schon des Öfteren nicht die Wahrheit gesagt. (Bundesrat Weilharter: Das ist aber stark!)

Er hat sich des Öfteren um die Wahrheit herumgeschlichen, das musst du bestätigen. (Bundesrat Weilharter: Was?) Wir haben hier, bitte, schon konkrete ... (Bundesrat Weilharter: Der Vorwurf, nicht die Wahrheit zu sagen, ist ...!) Er hat nicht die Wahrheit gesagt, weil ich von anderer Seite etwas anderes weiß – dazu stehe ich! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich glaube daher meinem Landesregierungsmitglied in dieser Sache mehr.

Herr Bundesminister! Weiters kann ich diese Kritik wegen der Veröffentlichung von irgendwelchen Sachen Ihrer Mitarbeiterin nicht auf meiner Fraktion sitzen lassen; Kollegin Kainz hat das vorhin ebenfalls schon gesagt. Wir haben heute nichts zu dieser Causa beigetragen, sondern das ist von Kollegen Weilharter angesprochen worden. Sie haben Ihren Blick immer auf uns ge


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richtet – es ist weder ein Wort gefallen, noch haben wir vor, etwas darüber zu sagen. Ich bitte Sie auch, das zurückzunehmen. Das lasse ich wirklich nicht auf meiner Fraktion sitzen! (Bundesrat Weilharter: Vor zwei Tagen im Nationalrat war es ein Hauptthema!)

Hier bei uns im Haus war es kein Thema, lieber Kollege Weilharter! Das hast du ins Spiel gebracht. Ich muss dazusagen, dass es natürlich eine Schieflage gibt. Aber wir haben es nicht zum Thema gemacht, und wir werden es auch nicht zum Thema machen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Weilharter: Aber in der Presse!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wieder einmal wird ein Gesetz, wie ich meine, im Schleudergang durchs Parlament getrieben. "Speed kills" heißt die Devise der jetzigen Koalition, und unter den sozusagen "Gekillten" befinden sich die Länder, die praktisch keine Begutachtungsfrist hatten. Sie haben schon ausgeführt, Herr Bundesminister, warum es nicht dazu kam. (Bundesrätin Giesinger: Es wurde ja mit Ihnen abgesprochen!) Ja, und wir alle haben zugestimmt? Glauben Sie das? – Ich habe das vorhin erst erklärt.

Unter den "Gekillten" befinden sich weiters die mit dieser Materie beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauptverbandes, die nunmehr überfallsartig ein Gesetz umsetzen sollen, das sie auf Grund von vielen offenen Fragen und vielen fehlenden Interpretationen aus heutiger Sicht nicht nachvollziehen können. Ihr – auch du, lieber Kollege Weilharter – werdet das Schreiben des Hauptverbandes kennen, das an den Herrn Bundesminister für soziale Sicherheit und an den Herrn Staatssekretär gerichtet war (Bundesrat Weilharter: Habe ich ja daraus zitiert!), worin um eine Stellungnahme bis 9. April gebeten worden ist. – Diese Stellungnahme ist nicht zu Stande gekommen; ich weiß nichts davon, dass eine Antwort erfolgt wäre.

Es geht da um viele offene Fragen – ich kann nur kurz daraus zitieren – in Bezug auf die Spezialambulanzen und die Vorgangsweise zwecks Weiterüberweisung an andere Fachambulanzen. Es geht um den Termin des In-Kraft-Tretens und um die Kostenerstattung. Es gibt offene Punkte in Bezug auf bettenführende Krankenanstalten, die als Privatkliniken betrieben werden. Es geht außerdem um die Vorgangsweise bei der quartalsweisen Vorschreibung. Das heißt, es gibt viele Punkte, die noch nicht beantwortet worden sind, sodass der Hauptverband auch deswegen dieses Schreiben an Sie gerichtet hat. Bis heute ist mir keine Antwort darauf bekannt geworden. – Das heißt, auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauptverbandes befinden sich sozusagen unter den "Gekillten".

Lieber Kollege Weilharter! Unter den "Gekillten" befinden sich aber vor allem die Patienten. Das zeigt sich daran, welche Ungerechtigkeiten diese Gesetzesvorlage aufweist zwischen den Versicherten der Bauernkrankenkasse, den Versicherten der Beamten-Krankenkasse und den ASVG-Versicherten, beispielsweise einer Arbeiterin, die 250 S zu zahlen hat. Ich weiß nicht, wie viel Sie bezahlen werden, Herr Bundesminister; wahrscheinlich nicht 250 S, weil Sie als Beamter nicht der ASVG-Versicherung unterliegen. (Bundesrat Würschl: Ach, so ist das!) Sie werden wahrscheinlich weniger bezahlen, aber es ist "gerecht": Die Arbeiterin zahlt 250 S. – Das sind also massive Widersprüche. (Bundesrätin Giesinger: ... zahlen seit jeher einen Selbstbehalt!)

Wie viel macht der Selbstbehalt bei einem Ambulanzbesuch aus? Können Sie mir das sagen? – Weniger als 250 S, und das finde ich ungerecht! Ist das Ihre soziale Treffsicherheit, Frau Kollegin Giesinger? (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Giesinger: Das stimmt ja nicht!)  – Das kann doch sozial nicht richtig sein, ich bitte Sie! Das ist nicht die soziale Treffsicherheit, von der Sie immer reden. (Bundesrätin Bachner: Kein Gewissen!) So ist es!

Wie gesagt: Massive Widersprüche bei der Treffsicherheit dieser schwarz-blauen Gesetzespolitik sind auch daran zu ersehen, dass das Aufsuchen einer Ambulanz bestraft wird, der weitaus teurere stationäre Aufenthalt aber sozusagen – unter Anführungszeichen – "straffrei" ist und bleibt. Glaubt man, durch diese Maßnahmen weniger Patienten in den Krankenhäusern zu haben? – Ich denke, das ist ein Irrglaube.

Die Regierung selbst bestätigt ferner, dass in der Kosten-Nutzen-Rechnung kaum etwas übrig bleibt. Von einem Lenkungseffekt kann daher überhaupt keine Rede sein. Ich frage Sie nun,


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Herr Bundesminister: Warum beharrt man trotzdem auf dieser unglücklichen und für alle Beteiligten fast unlösbaren Regelung?

Wenn mittlerweile nur noch von Einnahmen in der Größenordnung von 700 Millionen Schilling ausgegangen wird und wenn dem Verwaltungskosten in fast gleicher Höhe gegenüberstehen, so bleibt doch nichts Nennenswertes mehr übrig. In der Steiermark würden bei durchschnittlich 600 000 Ambulanzbesuchen pro Jahr auf Grund der neuen Regelung und des vorgegebenen Schlüssels von zirka 40 Prozent der Patienten etwa 240 000 Ambulanzbesuche kostenpflichtig werden. Der damit verbundene Verwaltungsaufwand steht daher, wie schon erwähnt, in keiner Relation zum ohnehin nicht erkennbaren Nutzen.

Aber auch in gesellschaftspolitischer Hinsicht sind die Ambulanzgebühren vollinhaltlich abzulehnen, da sie ganz offensichtlich Menschen belasten, die Hilfe brauchen und ohnehin ihren Versicherungsbeitrag leisten. (Beifall bei der SPÖ.)

Durch diese geplante Verlagerung der medizinischen Versorgung kann mit einer Ersparnis in den Ambulanzen kaum gerechnet werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Ärzte im niedergelassenen Bereich durch die höhere Anzahl der Patienten zusätzliche Forderungen an die Kassen, die finanziell ohnehin schon in höchstem Maße belastet sind, stellen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zusammenfassend kann ich nur noch einmal feststellen: Sie haben nichts dazugelernt. (Bundesrätin Giesinger: Sie auch nicht!) Sie haben nichts dazugelernt und lassen auch keine Bereitschaft erkennen, es – auf diese Gesetzesnovelle bezogen – in Zukunft zu tun. (Bundesrat Weilharter: Frau Kollegin! Vielleicht wollen wir von Ihnen nichts lernen! Es ist auch besser, wenn wir von Ihnen nichts lernen!)

Die ständige Untergrabung der Demokratie – Beispiele dafür sind heute schon angeführt worden – durch die Vorgangsweise dieser jetzigen, rechtskonservativen Regierung stellt wirklich eine massive Gefährdung der österreichischen Demokratie dar. Wir Sozialdemokraten werden diese Vorgangsweise auf das Heftigste bekämpfen! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Giesinger: Das weisen wir zurück, weil das nicht stimmt!)

12.27

Präsident Ing. Gerd Klamt: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. Ich erteile es ihm.

12.27

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich darf auf die Fragen, die von der Vorrednerin aufgeworfen worden sind, eingehen.

Die Ambulanzgebühren und die Kosten der Ambulanzgebühren möchte ich Ihnen am Beispiel der Wiener Gebietskrankenkasse erläutern. Sie bezweifeln, dass dies einen positiven fiskalischen Effekt haben wird.

Die Wiener Gebietskrankenkasse hatte in ihrem Budget 2001 auf Grund der alten gesetzlichen Regelung, die zur Aufhebung aus formalen Gründen durch den Verwaltungsgerichtshof geführt hat, Abrechnungskosten in der Höhe von insgesamt 90 Millionen Schilling veranschlagt. In den internen Voranschlägen für das Jahr 2001 – den Erwartungen nach werden erst 2002 die ersten Gelder hereinkommen – waren es dann 368 Millionen Schilling. Das bedeutet einen Nettoeffekt, der zwar nicht in der Höhe liegt, wie wir es erwartet haben, der aber immerhin im Verhältnis von 1 : 4 zugunsten der Krankenanstalten – und damit schlussendlich der Betreiber, weil es dann Transferzahlungen zu geben hat – ausfällt.

Daher denke ich, dass man bei diesen Einsparungseffekten nicht über das hinweggehen sollte, was schon bei der alten Regelung und der entsprechenden Budgeterstellung vorhanden war. Ich kann mir übrigens – auch wenn Sie aus der Steiermark stammen – nicht vorstellen, Sie würden nunmehr glauben, dass die Wiener Gebietskrankenkasse eine regierungsfreundliche Budgetierung im Verwaltungsbereich vorgenommen hätte.


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Zum Zweiten: Wenn Sie sagen, dass Sie Ihrem Regierungsmitglied aus der Steiermark glauben, ist das Ihre Angelegenheit. Zu dem Zeitpunkt, als ich anwesend war, haben drei Ländervertreter – für sie hat Kollege Buchleitner aus Salzburg gesprochen – eine abweisende Haltung zum Ausdruck gebracht. Bei insgesamt neun Bundesländern und drei sich abweisend Verhaltenden können Sie davon ausgehen, dass die Mehrheit von sechs Bundesländern unter gewissen Rahmenkautelen – sparsame Verwaltung und Ausnahmeregelungen, wie sie nunmehr vorliegen – ihre Mitgestaltung bekundet hat. (Bundesrat Weilharter: Zwei Drittel sogar!)  – Soweit zur Kritik an meinem Staatssekretär.

Nunmehr darf ich Ihnen zur Kritik an meinem Haus Folgendes sagen: Sie sprechen von einem offenen Brief des Hauptverbandes noch vor meiner Zeit, nämlich von einem Schreiben vom, wenn ich es richtig im Kopf habe, 28. Oktober 2000, das von Frau Kollegin Sickl angeblich nicht beantwortet ist. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Ich habe mehrfach und auch schon in der Öffentlichkeit – in den Medien, in Erklärungen im Nationalrat – klargemacht, dass dieses Schreiben deswegen nicht beantwortet worden ist, weil daraufhin ein Arbeitskreis eingesetzt worden ist. Neben diesem Arbeitskreis gab es insgesamt vier Arbeitskreise, deren Schlussfolgerungen – woran sich zeigt, dass diese Bundesregierung sehr wohl hat gescheiter werden können – zur Abschaffung der ursprünglich geplanten Ambulanzgebühren in Zahnambulatorien geführt haben.

Auch die rechtliche Situation für Zahnambulatorien, für Ambulatorien im niedergelassenen Bereich und im Bereich der Privatkrankenanstalten ist im Rahmen dieses Arbeitskreises klar diskutiert worden. Die Frage zu den Ambulanzen von Privatkrankenhäusern, die an mich gestellt worden ist, ist von meinem Hause innerhalb einer Woche, wenn ich mich richtig erinnere, in diesem Monat neuerlich beantwortet worden.

Ich denke daher, dass Sie zwar semantisch insofern Recht haben, als der erste Brief – nämlich jener, der an Frau Kollegin Sickl geschrieben wurde – nicht beantwortet worden ist, aber ich gehe von Folgendem aus: Wenn man auf Grund eines Schreibens und des Inhaltes dieses Schreibens gemeinsame Arbeitskreise einsetzt, in denen alle Probleme, die in dem Schreiben angesprochen worden sind, gemeinsam besprochen und erledigt worden sind, sodass dies schließlich Ende November zu zwei Maßnahmen geführt hat – nämlich einerseits zu einer Anordnung des Hauptverbandes für die EDV-mäßige Abrechnung der Ambulanzgebühren vom 28. November 2000, und andererseits zur Herausnahme der Ambulanzgebühren in den Zahnambulatorien –, so kann man nicht davon sprechen, dass das Ministerium nicht reagiert hätte.

Im Gegenteil, das Ministerium hat gut reagiert. Es hat jene Bereiche, bei denen berechtigte Gründe vorgelegen sind – nämlich dass Zahnambulatorien keine Ambulanzen im Krankenanstaltenbereich sind, sondern gleichgestellt sind mit Ambulanzen im niedergelassenen Bereich, im Privatkrankenanstaltenbereich – von der Ambulanzgebührenregelung – aus meiner Sicht zu Recht – wieder ausgenommen.

Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Wenn man all das berücksichtigt, ist von Ihrer Kritik meiner Ansicht nach sehr wenig übrig geblieben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrätin Fuchs: Eine sehr einseitige Sichtweise!)

12.33

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Maria Grander das Wort. – Bitte.

12.33

Bundesrätin Maria Grander (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es geht mir, wenn ich jetzt meine Vorrednerinnen erlebe – ich komme selbst aus den Gesundheitsberufen –, grundsätzlich nicht gut dabei, das sage ich ganz ehrlich. Es sieht nämlich so aus, als ob unser Gesundheitssystem wegen der Ambulanzgebühr auf dem Boden läge, und damit tue ich mir schwer. Daher möchte ich feststellen: In erster Linie geht es hier nicht um die Ambulanzgebühren; diese sind bereits beschlossen. (Bundesrätin Kainz: Es geht nicht ums Gesundheitswesen!)


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Mir geht es vor allem darum, die hohe medizinische Qualität in Österreich auch in Zukunft zu gewährleisten. Deshalb braucht es weitere Reformschritte betreffend erstens die klare Definition der Aufgabenverteilung zwischen dem Bund und den Ländern, zweitens die Finanzierung und Struktur im extramuralen Bereich – dabei werden sehr viele Dinge aus dem extra- und intramuralen Bereich angesprochen, für die es auch anderer Regelungen bedarf, um kommunizieren zu können – und drittens die Sozialversicherung.

Die Einhebung der Ambulanzgebühren ist abgeändert worden, wie dies von uns gefordert wurde. § 1 ist weg, das heißt, die Bürokratie wurde vereinfacht – ich spreche jetzt im Sinne des Krankenhauses –: Ärztliches und pflegerisches Personal werden nicht mit dieser Bürokratie belastet werden.

Weiters ist festzustellen, dass die Ambulanzgebühren zu einem Kostenbewusstsein führen werden. Ob tatsächlich das Ziel einer Steuerung weg von den Ambulanzen hin zu dem niedergelassenen Bereich und das finanzielle Ziel erreicht werden, wird eine Evaluationsgruppe spätestens nach einem Jahr berichten. Das ist von den VP-Gesundheitsreferenten gefordert worden, und ich denke, das wird auch in Angriff genommen werden – soweit ich das meiner Information entnehmen kann. (Bundesrätin Schicker: Aber die Zweifel sind heute schon vorhanden!) Die Einbindung der Länderreferenten war auch eine Forderung unsererseits.

Nun zu den Reformpunkten: Aufgaben des Bundes, Schaffen rechtlicher Rahmenbedingungen, Vorgaben von Qualitätsstandards, die sowohl die Daten als auch die medizinische Qualität betreffen, Aufgaben von Bund und Land und Leistungsangebotsplanung entsprechend dem Krankenanstaltenplan für den extra- und intramuralen Bereich.

Die Aufgabe der Länder ist – im Sinne konsequenter Fortsetzung des Subsidaritätsprinzips – die Organisation und Steuerung der Gesundheitsvorsorge. Ich denke, das ist ein besonders wichtiger Faktor. Es sollen auch einzelne Länder-Gesundheitsfonds geschaffen werden.

Derzeit wird der Mensch, der Patient oft zwischen intra- und extramuralem Bereich hin und her geschoben, weil es dafür noch keine klare Regelung gibt. Es braucht daher in der Finanzierung meiner Meinung nach so genannte "kommunizierende Gefäße". Für die niedergelassenen Ärzte müssen mehr Anreizsysteme geschaffen werden – alle Dinge, die heute schon genannt wurden, wie entlegene Gebiete, ländlicher Raum.

Im Koalitionsabkommen ist auch festgeschrieben, dass Notfall- und Spezialambulanzen in den Krankenhäusern bleiben. Die allgemeinen Ambulanzen werden sich meiner Ansicht nach durch die flexibleren Systeme regional unterschiedlich zurückentwickeln, extramural zum Beispiel – wie vom Herrn Bundesminister angesprochen – durch die Schaffung der Gruppenpraxis. Ich denke, dass sich da einiges im extramuralen und intramuralen Bereich verschieben wird.

Das Dritte ist die Reform der Sozialversicherungen. Wir haben derzeit 27 Sozialversicherungen. Ich denke, sie sollten vernünftig zusammengelegt werden. Der Vorschlag der Landesgesundheitsreferenten der ÖVP lautet, so genannte Bezirksservicestellen für alle Sozialversicherten einzurichten. Das heißt, ich kann dann eine Stelle aufsuchen und werde dort – egal, wo ich versichert bin – auch betreut.

Im Koalitionsabkommen ist auch die Kostentransparenz festgeschrieben. Jeder Mensch, jeder Patient oder Klient, erhält demnach eine Information über die Kosten der Leistungen, wie wir es in anderen Versicherungsbereichen derzeit schon haben. Ich denke, dass der Patient oder der Klient immer derjenige ist, der in diesem System die beste Qualitätskontrolle für uns durchführt.

Daher möchte ich nicht, dass man aus Anlass der Ambulanzgebühren menschliche Tragödien – wie die angesprochene Sache mit dem Augenlicht – hernimmt. Das sind Dinge, die hier meiner Ansicht nach einfach nicht Platz finden. Das widerstrebt mir vom ethischen Grundsatz her und aus meiner krankenpflegerischen Sicht. Solche Dinge halte ich für schlimm. (Bundesrätin Schicker: Aber es sind Beispiele ...!)


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Stattdessen denke ich, wenn mir als Abgeordnete solche Dinge bekannt sind – das betrifft Frau Kollegin Kainz –, dann kann ich daran mitwirken, dass sich das verändert. Es ist meiner Ansicht nach viel wichtiger, dass man in dieser Hinsicht initiativ wird, statt dass man sagt – und das dann breittritt –: Das ist so, und aus dem Grund ist es so! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.38

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk. Ich erteile ihr das Wort.

12.38

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Für den letzten Teil der Ausführungen von Kollegin Grander möchte ich ihr fast ein Dankeschön sagen, denn sie hat sich mit der Materie befasst, sie hat in der Tat zur Sache gesprochen und eine Darstellung aus ihrer Sicht gegeben. Ich denke, Sie werden mir dieses Urteil erlauben: Wahrscheinlich spielt es wirklich eine Rolle, ob jemand in einer Materie auch professionelle – sprich: aus der Berufstätigkeit stammende – Erfahrung mitbringt oder nicht.

Ich teile Ihre Auffassung, dass es eine Aufgabe der Opposition ist, an Veränderungen mitzuwirken. Sie werden aber auch verstehen, dass uns diese Möglichkeit weder im Nationalrat noch heute hier im Bundesrat in irgendeiner Form gegeben worden ist. (Bundesrat Bieringer: Sie sind eingebunden ...!) Das heißt, wir kennen die Tradition der Abstimmungsverläufe hier im Bundesrat. Ich bin keine Traumtänzerin und kenne die Rahmenbedingungen – nämlich die überhaupt nicht gegebenen Bedingungen – in koalitionärer Eintracht, ob es früher SPÖ und ÖVP waren oder ob es jetzt FPÖ und ÖVP sind.

Aber ich denke, es entspräche doch der politischen Kultur der seriösen Auseinandersetzung, dass wir Bundesrätinnen und Bundesräte uns gegenseitig die Chance geben, Meinungsäußerung und Fragestellungen in Ausschüssen zu ermöglichen – das war heute nicht möglich –, und dass es auch legitim sein muss, hier Positionen darzulegen – andernfalls können wir den Bundesrat auflösen und woanders hingehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Bieringer hat – darauf brauche ich nicht näher einzugehen – den Verfahrensablauf dieser "Geschwindigkeit tötet"-Geschichte – ich würde auf gut kärntnerisch sagen: den Affenzahn dieser Geschichte – lange referiert. Auch Kollege Weilharter hat nicht zu den Ambulanzgebühren gesprochen, sondern sich mit der Befindlichkeit der Sozialdemokratie auseinander gesetzt.

Kollege Weilharter! So wie Sie der einzige waren, der diese menschliche Tragödie rund um meine Kärntner Kollegin und rund um die hinterfragenswerten politischen Einstellungsmechanismen angesprochen hat, so haben Sie auch klargelegt – auch damit haben Sie nicht zur Sache gesprochen! –, dass es innerhalb der FPÖ offensichtlich zwei grundverschiedene Haltungen betreffend den Ausgang der Wiener Wahl gibt. Während Sie sagen, die Ambulanzgebühr werde zur Folge haben, dass die SPÖ verliert – dazu muss ich schon sagen, dass, wenn eine Partei, wenn Politiker verlieren, das eben ein demokratischer Wechsel ist, dass es aber wirklich schlimm ist, wenn Menschen, die davon betroffen sind, verlieren! (Beifall bei der SPÖ)  –, hat mein Kärntner Landeshauptmann hingegen – ich tue mir da, weil aus Kärnten kommend, leicht – gemeint, dass Häupl wegen der Unfallrenten und der Ambulanzgebühren gewonnen hat.

Reden Sie sich das mit Jörg Haider aus, wobei ich zugebe, dass ich durchaus geneigt bin, die zweite Auffassung, nämlich die meines Landeshauptmannes, zu teilen! (Beifall bei der SPÖ.)

Zu Ihrer Einschätzung (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Polleruhs )  – nein, das übernimmt die FPÖ nicht, weil die hat flottere Sprüche –: Die Regierung saniert und die SPÖ blockiert!, halte ich fest: Ich unterschreibe diesen Satz! Denn Sie selbst bekennen auf Plakaten und auch in Ihren Wortmeldungen, dass diese Bundesregierung mit "full speed", das heißt mit voller Geschwindigkeit, mit Vollgas auf den österreichischen Landstraßen, Bundesstraßen und Autobahnen unterwegs ist. Die SPÖ wird jene Partei sein, die die Blockaden errichtet, um die umstehenden Menschen vor den auf sie zukommenden Karambolagen und herumfliegenden


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Autos zu schützen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Dipl.-Ing. Missethon.  – Bundesrat Schöls: Das ist das Problem! ... Führerschein ... fahren!)

In demokratischer Kultur werden Sie es erlauben, dass ich aus meiner Sicht zu fünf Aspekten dieser Ambulanzgebühr Stellung beziehe. Auch ich bin der Meinung, dass es demokratischer wäre und vielleicht Veränderungen ermöglichen würde, würden wir uns in einem anderen Rahmen als in einer Schlussdebatte, kurz vor der Abstimmung, gegenseitig unsere Argumente referieren.

Der erste Punkt ist – das ist Ihnen nicht unbekannt, denn die meisten von Ihnen kommen aus Bundesländern mit einer sehr ländlicher Struktur, auch Herr Minister Haupt weiß es! –, dass es meiner Ansicht nach zu hinterfragen ist, ob die Gebühr angesichts der Dichte der niedergelassenen Ärzte und Fachärzte in den ländlichen Regionen wirklich gerechtfertigt sind. Im Vergleich mit den Städten Villach oder Klagenfurt sind Menschen etwa in der Region des Ministers, in Spittal, oder in meiner, in Finkenstein – darüber gibt es nichts zu diskutieren! – benachteiligt. Wenn es nicht auch dort an Sonn- und Feiertagen eine Betreuung durch niedergelassene Ärzte sichergestellt ist – in Spittal etwa haben wir, wie wir wissen, ewig lang gebraucht, bis sich dann irgendwann einmal ein Augenarzt niedergelassen hat ... (Widerspruch von Bundesminister Mag. Haupt. )  – War es nicht der Augenarzt? (Bundesminister Mag. Haupt: Nein!) Welcher Arzt war denn das, für den wir sechs Jahre lang gekämpft haben? (Bundesminister Mag. Haupt: Hermagor! Und drei ...!) Entschuldigung, ich habe Spittal mit Hermagor verwechselt, Verzeihung!

Das heißt, Menschen in der ländlichen Region finden insbesondere am Wochenende keine ärztliche Betreuung. – Wohin sonst sollen sie gehen als in ein Krankenhaus? – Das ist eine Benachteiligung! Aber auch wenn dieses Gesetz heute beschlossen wird, so darf es doch bitte auch für die Regierungsparteien nicht verboten sein, über diese Benachteiligung nachzudenken und in der Folge Verbesserungen anzustreben. Die SPÖ wird dabei sein!

Der zweite Punkt betrifft die Ausnahmeregelung für schwangere Frauen. – Auch diesbezüglich haben die Regierungsfraktionen meiner Meinung nach die Verpflichtung, Aufklärungsarbeit zu leisten. Ich habe mir das genau angeschaut: Ich war sehr froh darüber, dass laut Zeitungsberichten Kinder und Schwangere von der Gebühr ausgenommen sind. Nur leider stimmt es so nicht! Ausgenommen sind schwangere Frauen, die auf Grund einer Erkrankung, die direkt auf die Schwangerschaft zurückzuführen ist, die Ambulanz aufsuchen. Das heißt: Eine schwangere Frau in Österreich, die glaubt, dass sie, wenn sie sich in die Hand schneidet und die Ambulanz aufsucht, keine Gebühr zu zahlen hat, irrt leider.

Man sollte klar und offen – ganz im Sinne des Kollegen Weilharter, der gemeint hat, da werden Verwirrung und Verunsicherung gestiftet – diesen ausgenommenen Personengruppen sagen, dass sie bei einer Erkrankung, die der Schwangerschaft zuzuschreiben ist, befreit sind, für den Fall aber, dass sie sich den Fuß brechen oder in die Hand schneiden oder eine andere Erkrankung haben und die Ambulanz aufsuchen, nicht.

Der dritte Punkt ist, darüber nachzudenken, ob es – weil wir, und zwar alle Parteien, in bildungspolitischen Debatten immer wieder eine Gleichstellung aller jungen Menschen, die sich in Ausbildung befinden, einfordern – gerecht ist, dass – ich will da nicht eine Personengruppe gegen die andere ausspielen, sondern ganz einfach hinterfragen – meine Tochter als Schülerin oder als Studentin in Ausbildung, als die sie bei mir mitversichert ist, davon ausgenommen ist, aber ein in Ausbildung befindliches Lehrlingsmädchen nicht davon befreit wäre. Ich frage mich, ob das Gesetz in Hinsicht auf Kinder und Jugendliche gerecht ist. Ich finde, es ist nicht gerecht!

Der vierte Punkt, den ich ansprechen möchte – ich bin keine Expertin, daher brauche ich etwas länger, wenn ich mich damit auseinander setze –, ist, dass die Bevölkerung in Österreich vernimmt, dass die Gebühr 250 S ausmacht, und das ist es jetzt! Das ist es aber nicht! Ich muss Ihnen sagen, dass ich es nicht in Ordnung finde, dass es in Bezug auf die Kostenanteile der verschiedenen Versicherten und deren Angehörigen eklatante Unterschiede gibt, nämlich den Unterschied, dass Menschen, die der Sozialversicherungsanstalt der Bauern zugehören, 151 S


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pro Quartal bezahlen, dass Menschen, die der gewerblichen Wirtschaft zugehören, für dieselbe Leistung 204 S bezahlen, dass Menschen, die Arbeiter und Angestellte sind, dafür 250 S bezahlen und ich als Beamtin beziehungsweise beamtete Politikerin Melitta Trunk für dieselbe Leistung – und das finde ich nicht korrekt! – 80 S bezahle. (Bundesrat
Konecny: Unerhört!) Das ist weder sozial noch gerecht, und ich wünsche mir da eine Änderung. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein allerletzter Punkt, weil hier die Lenkungsmechanismen und Auswirkungen angesprochen worden sind. (Bundesrat Grissemann: Sie haben ja keine Ahnung, wie schön Sie es haben als Beamtin! ...! – Ruf bei der SPÖ: Das ist eine echte Frau Magister! Weitere Rufe des Bundesrates Grissemann und Gegenrufe bei der SPÖ.) Ich muss Ihnen nicht erzählen, mit welchem Arzt ich gestern zufällig gesprochen habe, aber Praxis ist – das wissen Sie alle, außer Sie gehen zu einem Arzt, der ein persönlicher Freund ist –: Die Wartesäle sind voll, wir haben keine ausreichende Versorgung im Bereich der niedergelassenen Ärzte – das ist Politik zwischen Versicherungsanstalten und Kammern! Das heißt, wir haben, wenn wir wollen, dass weniger Menschen in das Krankenhaus gehen und dafür mehr Menschen niedergelassene Ärzte aufsuchen, zuerst das zu reparieren, was jetzt mangelhaft ist. Wir können nicht sagen, es werden weniger Menschen die Ambulanzen aufsuchen, weil sie nämlich in den überfüllten Wartesälen der Ärzte keinen Platz finden werden.

In dieser Hinsicht mache ich mir aber auch Sorgen um jene Menschen, die – und das werden ganz besonders die nicht mehr ganz Jungen sein, nämlich die Generationen meiner Mutter und meiner Großmutter, die wissen, was 250 S bedeuten; andere vielleicht nicht so sehr – es sich überlegen, ob sie den praktischen Arzt oder einen Facharzt aufsuchen, bei dem sie aber erst vier Monate später einen Termin bekommen. Ich finde das nicht in Ordnung, weil es nicht einer optimalen Gesundheitsversorgung entspricht.

In diesem Sinne bleibt meine Hoffnung – ich formuliere sie nicht, aber ich denke es mir –, dass man für die Zukunft lernen sollte, dass Geschwindigkeit in vielen Maßnahmen eine gute Qualität sein kann, aber Geschwindigkeit als politische Qualität allein, vor allem bei solchen Maßnahmen, nicht genug ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.50

Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesrat Konecny.

12.50

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Herr Bundesrat Grissemann hat während der Ausführungen der Frau Bundesrätin Trunk in einem Zwischenruf die Formulierung "Die soll die Pappen halten" gebraucht. (Bundesrätin Haunschmid: Das hat er nicht gesagt!) Ich würde meinen, dass das ein Anlass für einen Ordnungsruf ist. (Beifall bei der SPÖ.)

12.51

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich werde diese Frage entscheiden, wenn das Protokoll den behaupteten Sachverhalt verifiziert.

Ich erteile Herrn Bundesminister Mag. Herbert Haupt das Wort. – Bitte.

12.51

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchten den Ausführungen der Frau Kollegin Melitta Trunk einiges hinzufügen.

Erstens, Frau Kollegin, wissen Sie selbst aus Ihrer politischen Tätigkeit in Kärnten, dass eine Reihe von Anträgen von Gemeinden und öffentlichen Gebietskörperschaften betreffend Planstellen für niedergelassene Ärzte aus zwei Gründen abgelehnt worden ist: zur Hälfte, weil die Ärztekammer dagegen Einspruch erhoben hat, und zur Hälfte, weil die jeweiligen Krankenversicherungsträger die Planstellen untersagt haben.


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Zweitens: Ich danke Ihnen dafür, dass Sie in Ihren Ausführungen festgestellt haben, dass Sie eine gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit und gleiche Leistung als vernünftig und korrekt betrachten. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass Sie mit diesen Ihren Feststellungen durchaus mit meinen Bemühungen zur Harmonisierung der Sozialversicherungs- beziehungsweise Krankenversicherungsträger in Österreich konform gehen, weil auch ich der Meinung bin, dass etwa bei Zahnbehandlungen in ganz Österreich die gleichen Tarife bezahlt werden sollten. Die BVA bezahlt bei Beamten in ganz Österreich gleich hohe Tarife, während die Gebietskrankenkassen in vielen Bereichen sehr unterschiedliche Tarife zahlen. – Gleiche Bezahlung bei gleicher Leistung ist also keineswegs der Fall!

Das führt dazu, dass im niedergelassenen Bereich gewisse Leistungen überhaupt nicht angeboten werden, weil die Tarifgestaltung dafür dermaßen unattraktiv ist. Es erfolgen daher eindeutig und klar auf Grund der Tarifpositionen der Gebietskrankenkassen Verlagerungen zu den Ambulanzen.

Man kann das mittels Benchmarking, das heute auch im Gesundheitsbereich modern geworden ist, durchaus vergleichen. Wenn Sie in meinem eigenen Heimatbundesland die Diskussion um die Zurverfügungstellung von Mitteln für die Kärntner Gebietskrankenkasse verfolgen, so werden Sie feststellen, dass dort hauptsächlich drei Argumente für die Malaise im finanziellen Bereich diskutiert werden.

Der erste Punkt ist die schlechte Struktur: Die Kärntner Gebietskrankenkasse hat die zweithöchste Rate an Mitversicherten und an Pensionisten sowie einen sehr hohen Anteil an Saisonbeschäftigten sowohl im Baugewerbe als auch im Fremdenverkehr. Zweiter Punkt: Es gibt in Relation zu anderen Bundesländern hohe Leistungen der Krankenanstalten auf Grund der seinerzeitigen Regelungen 1988/89 im so genannten Pflegenotstand. Und zum Dritten gibt es dort angeblich exorbitant hohe Leistungen der Gebietskrankenkasse an den niedergelassenen Bereich.

Wenn man sich den letzten Punkt im Rahmen eines Benchmarkings mit der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse, die innerhalb der Sozialversicherungsträger für alle ihre Leistungen ein computergesteuertes System hat, durch das sämtliche Detailleistungen für alle Fachgruppen aufgelistet werden können und einsichtig sind, ansieht, so kommt man zur Überzeugung, dass dieses Argument nur mit Vorbehalt akzeptiert werden kann.

Ein Beispiel: Die Kärntner Internisten sind angeblich die bestbezahlten Internisten Österreichs, wenn man sich die Aussendungen der Kärntner Gebietskrankenkasse und auch anderer, etwa der Arbeiterkammer, im letzten Vierteljahr vergegenwärtigt. Tatsache ist aber, dass die Internisten in Kärnten mit 4,26 Prozent die niedrigste Patienten-Zuweisungsrate an die Krankenhäuser aller österreichischen Internisten haben. Da Kärnten die zweithöchste Pensionistenrate hat und die Kärntner Internisten die geringste Zuweisungsrate von Patienten aus dem niedergelassenen Bereich in den Bereich der Krankenanstalten aufweisen, muss man fragen, worauf das zurückzuführen ist, denn die Kärntner sind, wenn man sich die Gesundheits- oder Sterbestatistik anschaut, nicht gesünder, im Gegenteil: Das Kärntner Gailtal ist in punkto Krebsraten bei Magen- und Darmkrebs innerhalb Österreichs sogar führend.

Die Kärntner Internisten erbringen Leistungen, die von anderen Internisten nicht angeboten werden – das aber zu Tarifen, die innerhalb aller Internisten Österreichs bestenfalls die drittbeste Honorierung sind, bei sehr vielen Leistungen aber nur die acht- und neunthöchste Honorierung aller österreichischen Bundesländer bedeuten. Für keine einzige Leistung beziehen sie also Spitzenhonorare, sondern bestenfalls das dritthöchste Honorar, sehr oft aber nur das acht- und neunthöchste. Sie sind also offensichtlich in der Lage, mit ihren Leistungen und Honoraren Patienten außerhalb des Krankenhauses zu halten, das ein Bereich ist, der in Kärnten nach dem vorgenannten Punkt der teuerste Faktor und Grund dafür ist, warum die Kärntner Gebietskrankenkasse in finanziellen Schwierigkeiten steckt.

Gerade an diesem Beispiel lässt sich meiner Ansicht nach erkennen, wie wichtig es ist, diese Lenkungseffekte zu erzielen, damit gewisse Betreuungen, die bisher im sündteuren beziehungs


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675. Sitzung / Seite 28

weise deutlich teureren Krankenanstaltenbereich erfolgen, im niedergelassenen Bereich gemacht werden.

Frau Kollegin Trunk! Ich darf Ihnen auch mitteilen, dass es im Jahre 1996 in meinem Ministerium, damals unter Führung des sozialdemokratischen Kollegen Hums, ein Benchmarking zu Ambulanzgebühren und zum niedergelassenen Bereich am Beispiel von Wien gab.

Die Wiener Ambulanzen haben damals für die dort erbrachten Leistungen im Durchschnitt 3 600 S verrechnet, während die niedergelassenen Ärzte für dieselben Leistungen 586 S, also nicht ganz 600 S, bekamen.

Wenn man nunmehr 600 S den 3 600 S gegenüberstellt und einen 50-prozentigen Anteil von Land, Bund und Sozialversicherung-Krankenanstalten mitberücksichtigt, so wird es angesichts dieses Verhältnisses 600 S zu 3 600 S – ein Sechstel zu fünf Sechstel – eindeutig einen Lenkungseffekt in Richtung positive Gebarung für die Wiener Gebietskrankenkasse geben. Auch wenn man berücksichtigt, dass in Wien der Anteil der Gebietskrankenkasse an den Krankenanstalten deutlich unter 50 Prozent liegt, weil die Universitätskliniken einen erheblichen Zuschuss vom Bund erhalten, ist durch den Lenkungseffekt der Ambulanzgebühren ein positiver finanzieller Effekt zu erwarten.

Ich halte nichts davon, das Rad neu zu erfinden, halte aber sehr viel, ja alles davon, jene Zahlen, die vom Hauptverband, von den Krankenversicherungsträgern selbst und von meinem Ministerium objektiv erhoben worden sind, in Evaluierung zu stellen.

Sie haben das soziale Element bei den unterschiedlichen Zahlungen angeführt. Diese unterschiedlich hohen Zahlungen haben aber eine andere Grundlage. Da Sie als Angehörige der BVA Ihr eigenes Beispiel gebracht haben und eine andere Vorrednerin mich als ebenfalls BVA-Versicherten ins Treffen geführt hat, darf ich feststellen: Wir zahlen bei jedem Arztbesuch einen 20-prozentigen Selbstbehalt.

Jene Personen, die ASVG-versichert sind, zahlen eine Krankenscheingebühr pro Quartal und haben mit diesem Krankenschein pro Quartal drei Arzt-, Facharzt- und Zahnarztbesuche inkludiert. (Bundesrat Konecny: ...! Das ist sachlich unrichtig!) Daher sollte man, wenn man schon von Arbeitnehmern mit gleicher Einkommenssituation spricht, auch einmal vergleichen, wie es in dieser Beziehung dem kleinen Eisenbahner, dem kleinen Beamten und wie es dem gleich viel verdienenden ASVGler geht. – Es gibt also unterschiedliche Leistungs- und Selbstbehaltsysteme.

Ich bin durchaus bei Ihnen, dass man das System vereinheitlichen, sich alle Selbstbehalte überlegen und innerhalb der Strukturen dort, wo gleich hohe Beiträge vom Einkommen gezahlt werden, auch gleiche hohe Selbstbehalte festlegen kann.

Mein Bestreben war es, in diese Richtung zu verhandeln. Sie wissen, wie dieses Bestreben von den verantwortlichen Herren des Hauptverbandes und von sehr vielen Sozialversicherungsträgern in der Öffentlichkeit kommentiert worden ist.

Ich sage auch dazu: Wenn man von Solidarität innerhalb des Systems spricht, so kann es nicht so sein, dass jene Kassen, die auf Grund ihrer Struktur, also ihrem Anteil an Pensionisten, an Mitversicherten, auf Grund der Höhe des Einkommens der Versicherten, auf Grund der Struktur des niedergelassenen Bereiches sowie der angebotenen Leistungen im Krankenanstaltenbereich besser liegen, ihre Gestionen anders betrachten als jene, die in ihren Ländern von Haus aus schlechte Strukturen haben und daher unter Kostendruck kommen, wenn sie gleiche Leistungen anbieten und zahlen wollen.

Ich glaube daher auch, sehr geehrte Frau Kollegin Trunk, dass man auch mit berücksichtigen sollte – weil Sie auch die Lehrlinge ins Treffen geführt haben –, dass auf Grund der vorliegenden Kollektivverträge und auch bei Einrechnung des Haushaltseinkommens kein Zweifel darüber besteht, dass Lehrlinge im ersten und zweiten Lehrjahr von sich aus befreit sind und dass der


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Hauptverband auch die Möglichkeit hat, Lehrlinge im dritten und vierten Lehrjahr von sich aus zu befreien, weil auch Ausnahmeregelungen innerhalb des Hauptverbandes möglich sind.

Ob der Hauptverband dann Richtlinien erstellt, die Lehrlinge generell auszunehmen oder nur jene auszunehmen, die derzeit auf Grund des Gesetzestextes ausgenommen sind, steht noch in den Sternen. Wenn meine Informationen richtig sind, so überlegt man innerhalb des Hauptverbandes, Lehrlinge generell auszunehmen, um damit eine Verwaltungsvereinfachung zu erreichen – das auch im Bewusstsein, dass auf Grund der Lehrlingsentschädigungen im ersten, zweiten Lehrjahr keiner, im dritten und im vierten Lehrjahr die Lehrlinge mancher Berufsgruppen, die Mehrheit der Lehrlinge aber nicht befreit werden.

Ich darf Sie aber auch darauf hinweisen, dass auch Mittelschüler und Studenten, wenn sie über entsprechende Einkommen verfügen, die darüber hinausgehen, durchaus gleichgestellt und nicht befreit sind, während, wenn sie im elterlichen Haushalt leben und keine entsprechenden Einkommen haben, die Befreiungstatbestände, die heute gültig sind, in Kraft treten.

Ich darf Sie des Weiteren – weil Sie die soziale Komponente angesprochen haben – darauf hinweisen, dass Personen, die außerhalb des Ausgleichszulagenrichtsatzes sind und eo ipso auf Grund des Gesetzesantrages befreit sein werden, die Möglichkeit haben, die außerordentlichen Belastungen in ihrer Lebensführung auch beim Sozialversicherungsträger über diese Grenze hinaus geltend zu machen und auf Antrag befreit zu werden, wenn ihnen nicht mehr frei verfügbares Nettoeinkommen in der Höhe von 8 600 und einigen wenigen, nunmehr valorisierten Schillingen – ursprünglich, 1996, mit 5 400 S als Freibetrag eingeführt – zusteht.

Ich habe daher, um all diesen sozialen Komponenten auch nachzukommen, ein Informationsblatt ausarbeiten lassen, das, wie ich hoffe, in Zukunft auch in den Gebietskörperschaften, in den Krankenhäusern, in den Ambulanzen beziehungsweise auch bei den Sozialversicherungsträgern ausgehängt wird, damit diese sozialen Ausnahmeregelungen auch jedem bekannt werden. Denn es hat mich immer schon an unserem Sozialsystem gestört, dass nur derjenige, der gut informiert ist, die sozialen Ausnahmeregelungen in Anspruch nehmen kann, und sehr viele Österreicherinnen und Österreicher, die an der Armutsgrenze leben, nicht über die entsprechenden Informationen verfügt haben, um die für sie aus weiser Voraussicht vom Gesetzgeber beschlossenen Ausnahmeregelungen auch in entsprechender Form lukrieren zu können.

Ich glaube, im Lichte der Ausnahmeregelungen und im Lichte der unterschiedlichen sozialen Systeme – Bauern, Gewerbetreibende, Selbständige, BVA-Angehörige, Eisenbahner und ASVG-Beitragszahler –, ist es vielleicht verständlich, warum in unterschiedlichen Systemen unterschiedliche Leistungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten angewandt werden.

Ich bin nicht dafür verantwortlich, dass ich ein Sozialversicherungssystem geerbt habe, das sich nach den ständestaatlichen Überlegungen der Zwischenkriegszeit weiterentwickelt hat und nicht der Flexibilität des neuen Arbeitsmarktes, der Transparenz und des Überganges von Arbeitnehmern von einer Berufs- und von einer Beitragsgruppe in die andere voll Rechnung trägt.

Meine Bemühungen werden unbeirrt dahin gehen, diese Ungerechtigkeiten innerhalb des Systems abzuschaffen und das festzustellen, was auch Sie formuliert haben und was sehr viele innerhalb der Sozialversicherungsträger, unabhängig davon, ob sie bei den Bauern, bei den Gewerbetreibenden, im ASVG-Bereich, bei den kleinen Kassen, bei den Betriebskassen versichert sind, formulieren, nämlich dass eigentlich in einer Zeit der flexiblen Gestaltung der Arbeitswelt, wo jemand heute Unternehmer, morgen Mitarbeiter, übermorgen Nebenerwerbsbauer und Unternehmer sein kann und am Ende seines Lebens vielleicht auch in einer beamteten Dienststellung oder einer Verwaltungsdienststelle als Vertragsbediensteter einem anderen Sozialversicherungsrecht angehörig sein kann, die Durchlässigkeit innerhalb der Systeme, die Kompatibilität und die Harmonisierung ein hohes Ziel meines Ministeriums sein müssen.

Ich versuche seit Wochen und Monaten, in Verhandlungen mit den Sozialversicherungsträgern und mit den Herren des Hauptverbandes das so umzusetzen, wie ich es Ihnen heute skizziert habe. Ob es mir gelingt oder nicht gelingt, wird auch von der Unterstützung aller Abgeordneten beider Häuser abhängig sein. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.04


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675. Sitzung / Seite 30

Vizepräsident Jürgen Weiss:
Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Wilhelm Grissemann das Wort. – Bitte.

13.04

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Es dürfte mir heute sichtlich das Temperament durchgegangen sein, und ich habe zweifellos einen unqualifizierten Zwischenruf getätigt. Ich möchte mich dafür bei Frau Kollegin Trunk in aller Form entschuldigen. (Allgemeiner Beifall.)

13.05

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich gehe davon aus, dass eine derartige Erklärung wirkungsvoller ist als ein Ordnungsruf, und sehe daher die Sache als erledigt an.

Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Herbert Würschl das Wort. – Bitte.

13.05

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir reden heute bedauerlicherweise wieder über ein Thema, wie man zusätzlich bei den Österreicherinnen und Österreichern abkassieren kann. Auf diese Idee ist wieder diese Bundesregierung gekommen, und wir bedauern das außerordentlich.

In diesem Zusammenhang muss etwas erwähnt werden, vielleicht auch deshalb, weil ich Kärntner bin und den Herrn Bundesminister als Kärntner kenne: Der Herr Bundesminister ist relativ großzügig, so großzügig etwa, den Mitarbeitern 200 000 S zu bezahlen. (Der Redner hält ein großes Plakat mit dem Titel "FPÖVP-Skandalregierung" in die Höhe.)  – Sieht man das?

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Großzügigkeit des Herrn Bundesministers beschränkt sich aber nur auf sehr wenige, nämlich auf den Privilegiensumpf in der FPÖ und teilweise auch in der ÖVP. Dort wird das Geld beim Fenster hinausgeschmissen, und auf der anderen Seite kassiert man in Österreich bei Kranken und Unfallrentnern ab! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben derzeit in Österreich – das ist in der Statistik leicht nachlesbar – die höchste Steuerquote, wir haben die höchsten Massensteuern, und wir haben Neuerfindungen dort, wo wir bei den Österreichern neuerlich abkassieren können. Es gibt kein Zurückhalten etwa im Bereich der Unfallrentner, und es gibt auch kein Zurückhalten bei kranken Menschen. Es wird eine Bestrafungssteuer für das Kranksein eingeführt.

Es ist richtig, dass die Ambulanzgebühr wegen verfassungsrechtlicher Unklarheiten aufgehoben wurde. Aber, sehr geehrte Damen und Herren, es ist sehr befremdend, wie in dieser Materie wieder drübergefahren wird. Es gibt bedauerlicherweise keine demokratische Kultur, und diese Arroganz ist für mich unglaublich.

Es hat heute von der Freiheitlichen Partei erst einen Redner gegeben, übrigens einen aus Wien – ich weiß nicht, sind die schon abhanden gekommen oder kommen sie doch wieder; ich weiß es nicht –, und ich bin auch neugierig darauf, wie sich die ÖVP-Fraktion heute verhalten wird, denn wenn ich hier lese, dass gewichtige Persönlichkeiten aus der ÖVP, nämlich der AK-Präsident aus Vorarlberg und der AK-Präsident aus Tirol, meinen, dass die Ambulanzgebühr ein "Topfen" wäre, dann bin ich sehr gespannt ob des Stimmverhaltens der Bundesräte aus diesen beiden Bundesländern.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist mir bis heute nicht klar – ich sitze seit drei Stunden hier und habe zugehört –, welchen Sinn die Einführung der Ambulanzgebühr in Wirklichkeit hat. Es wird das Wort "Lenkungseffekt" gebraucht. Man will offensichtlich kranke Menschen von der ärztlichen Behandlung fernhalten. Meinen Sie das mit "Lenkungseffekt"?

Sehr geehrte Damen und Herren! Es wird auch der Verwaltungsaufwand entsprechend steigen. Ist das die Entbürokratisierung, von der Sie immer wieder reden? – Für mich ist das nicht fassbar.


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675. Sitzung / Seite 31

Unser Kärntner Landeshauptmann beziehungsweise der FPÖ-Landeshauptmann – meiner ist er ja nicht – redet von der sozialen Treffsicherheit. – Sehr geehrte Damen und Herren! Soziale Treffsicherheit in Zusammenhang mit diesem Thema ist für mich eine einzige Provokation, das ist für mich purer Zynismus.

Erstens: Behinderte Menschen, die "besonders gerne" – unter Anführungszeichen – Ambulanzen aufsuchen, werden diese Ambulanzgebühren zu bezahlen haben. Zweitens trifft diese Ambulanzgebühr im Besonderen Menschen mit niedrigen Einkommen. Die Ambulanzgebühr behandelt Berufsgruppen in sehr unterschiedlicher Weise. Kollegin Trunk hat ein Beispiel aufgezeigt: Der Lehrling kann blechen, der 26-jährige Student nicht! Also ich sehe das als politische Ungeheuerlichkeit, aber derartige Dinge fallen halt heutzutage der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung ein! – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.10

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Anna Schlaffer. Ich erteile ihr das Wort.

13.10

Bundesrätin Anna Schlaffer (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister – ich vermisse ihn momentan! Meine werten Kolleginnen und Kollegen! Angesichts der bisher vorliegenden Tatsachen über das Zustandekommen des vorliegenden Gesetzentwurfes mit dem wichtigsten Bestandteil der Einführung einer Ambulanzgebühr ist es klar, dass es sich bei diesem Entwurf um keine gesundheitspolitische Maßnahme handelt, sondern dass dieser Entwurf gerade für die strukturschwachen Regionen an den Grundpfeilern der Gesundheitsversorgung rüttelt. Die Versorgung mit Fachärzten ist gerade in diesen Regionen sehr schwach. Die Menschen haben keine Wahl, denn sie können einfach nur in den Ambulatorien wirkliche Hilfe finden. Dieser Gesetzentwurf ist somit eine Strafaktion gegen die ländlichen Regionen.

Ich weise in diesem Zusammenhang auf die schriftlichen Stellungnahmen der Gesundheitslandesräte hin, in denen keine einzige positive Auswirkung auf die ländlichen Regionen angeführt ist. Zudem erlaube ich mir in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass der Burgenländische Landtag bereits in seiner Sitzung vom 14. März 2001 mehrheitlich gegen die Einführung einer Ambulanzgebühr gestimmt hat. Wenn der Herr Bundesminister in seinen Ausführungen von einem dadurch möglich werdenden Ausbau der ärztlichen Betreuung im ländlichen Raum gesprochen hat, mit einem Arzt, sozusagen ums Eck und kurzen Anfahrtswegen, kann ich dem nur entgegnen, dass in mir die Befürchtung aufkommt, dass dieses Gesetz ohne Kenntnis der Lebensumstände in den ländlichen Regionen zu Stande gekommen ist. Oder halten Sie es für realistisch, Herr Bundesminister, dass in meinem Heimatbezirk Oberpullendorf mit einer geographischen Ausweitung von je zirka 40 Kilometer, rund 38 000 Einwohnern, 63 Gemeinden, wovon die größte Gemeinde eine Einwohnerdichte von 3 100 Einwohnern aufweist und die kleinste 100 Einwohner, jeder Bewohner einen Arzt ums Eck vorfinden wird, einen Arzt mit einem besten Versorgungsangebot sozusagen?

Aus diesen eben vorgebrachten und auch anderen Gründen bringe ich folgenden Antrag ein:

Antrag

der Bundesräte Anna Schlaffer und GenossInnen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR auf Erhebung eines Einspruches gegen den Beschluss des Nationalrates vom 2. April 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (412/A)

Die unterzeichneten Bundesräte stellen den Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 2 April 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden, Einspruch zu erheben.

*****


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675. Sitzung / Seite 32

Der Antrag liegt Ihnen mit der Begründung in schriftlicher Form vor, ich halte es aber dennoch für notwendig, einzelne Punkte hervorzuheben.

In einer bisher noch nie da gewesenen Husch-Pfusch-Panikaktion haben die Fraktionen von ÖVP und FPÖ in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung den Versuch unternommen, die Bestimmungen über die Ambulanzgebühr vor der Aufhebung wieder einzuführen. Als wirklich durchsichtige Ausrede wurde diese Vorgangsweise mit der Herstellung der Rechtssicherheit für die PatientInnen begründet. – Dies ist unwahr! Vielmehr entsteht erst jetzt eine wirkliche Rechtsunsicherheit für die PatientInnen, da zunächst völlig unklar ist, ob und welche Gebühren bis zur Verlautbarung des neuerlichen Gesetzesbeschlusses im Bundesgesetzblatt einzuheben sind, und darüber hinaus wieder damit zu rechnen ist, dass diese Bestimmungen in Folge als verfassungswidrig aufgehoben werden.

Von den Vertretern der Regierungsfraktionen wurde es im Sozialausschuss des Nationalrates abgelehnt, ein Gutachten über die Verfassungsmäßigkeit des Antrages beim Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes einzuholen. Die Regierungsfraktionen, die alles andere als die Interessen der Länder vertreten, nehmen in Kauf, dass diese Regelung neuerlich verfassungswidrig ist.

Der Vertreter der behinderten Menschen gab an, dass insgesamt nur etwa 15 Prozent der Arztpraxen in Österreich für Behinderte frei zugänglich sind. 85 Prozent der Arztpraxen sind nicht barrierefrei erreichbar.

Meine Damen und Herren von der ÖVP- und FPÖ-Fraktion! Ich habe bei Ihren Rednern die Argumente für die Sinnhaftigkeit der Einführung einer Ambulanzgebühr vermisst. Durch die Anwendung einer eigenen Form von Redetechnik scheint es der Herr Bundesminister auch eher darauf angelegt zu haben, Ihnen die Lust am Reden zu nehmen.

Vielleicht ist der Grund Ihrer Schweigsamkeit auch darin zu finden, dass Sie sich selbst bei diesem Gesetzentwurf nicht wohlfühlen und nicht wissen, wie Sie dies Ihren Wählerinnen und Wählern gegenüber vertreten sollen. Diesen versprechen Sie ja laufend eine Besserstellung ihrer Situation. In Anbetracht der Ergebnisse der Landtagswahlen im Burgenland und in Wien dürften Ihnen viele das nicht mehr glauben.

Nützen Sie die Chance, sich als verantwortungsvolle Vertreter lhrer Wählerinnen und Wähler zu präsentieren, und stimmen Sie unserem Antrag zu! (Beifall bei der SPÖ.)

13.17

Vizepräsident Jürgen Weiss: Der von den Bundesräten Anna Schlaffer und Genossen eingebrachte Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß § 43 Abs. 1 GO Einspruch samt der beigeschlossenen Begründung zu erheben, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Ich erteile Herrn Bundesminister Mag. Herbert Haupt das Wort. – Bitte.

13.18

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte der Vorrednerin nur zwei Dinge mitgeben: Ich war gerade gestern bei der Burgenländischen Gebietskrankenkasse und beim Landeshauptmann Ihres Bundeslandes, und wir haben beim Landeshauptmann die Patienten-Charta unterschrieben, damit es auch für die Patienten zu deutlichen Verbesserungen im Bereich des Krankenanstaltenwesens kommt.

Zweitens habe ich in der Burgenländischen Gebietskrankenkasse mit Freude vernommen, dass die Burgenländische Gebietskrankenkasse stolz darauf ist, in jeder Gemeinde des Burgenlandes einen niedergelassenen praktischen Arzt zu haben und mit Ausnahme des südlichsten Bereiches des Burgenlandes auch die Versorgung durch niedergelassene Spezialisten durchaus gewährleisten zu können. Ich hoffe, sehr geehrte Damen und Herren, dass die Situation im Burgenland so ist, wie mir die gesamte Vertretung der Burgenländischen Gebietskrankenkasse vor Augen geführt hat.


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675. Sitzung / Seite 33

Zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Würschl: Ich habe Ihr Plakat zur Kenntnis genommen, zu dem Inhalt des Plakates habe ich in einem anderen Statement Stellung genommen, aber ich möchte der Vollständigkeit halber nochmals sagen, dass die 200 000 S auf dem Plakat, das Sie vorgezeigt haben, eindeutig falsch sind, dass meine Mitarbeiterin in einer Lohnstufe war, die im Verhältnis zur Lohneinstufung einer Büroleiterin meiner AmtsvorgängerInnen, die Ihrer Fraktion angehört haben, gleichwertig beziehungsweise geringer war, und dass in meinem Kabinett, zusammen mit dem Büro des Herrn Staatssekretärs, nach Amtskalender des Jahres 1998/99 insgesamt weniger Personen tätig sind als damals, als die in mein Ministerium übersiedelten Bereiche noch auf das Frauenministerium, das Gesundheitsministerium und das Sozialministerium aufgeteilt waren. Ich bitte Sie, das schon zur Kenntnis zu nehmen. (Zwischenruf des Bundesrates
Konecny. )

Sie sollten aber nicht vergessen, Herr Professor Konecny, dass immerhin das Frauenministerium und das Gesundheitsministerium meinem Ministerium eingegliedert sind, einschließlich der Familiensektion des Ministeriums für Wirtschaft, und nunmehr dafür die ehemalige Sektion II mit dem ausgegliederten AMS zum Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ressortiert. Auf Grund dessen finde ich es durchaus verständlich, dass man den Mitarbeiterstand von vorher mit jenem von heute vergleicht. Der Mitarbeiterstand der zitierten Ministerien von vorher umfasste übrigens 47 Personen, und mein Mitarbeiterstand weist, wie meinen entsprechenden Beantwortungen im Nationalrat zu entnehmen ist, knapp mehr als die Hälfte davon auf. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.21

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Christoph Hagen. Ich erteile ihm das Wort.

13.21

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wie wir jetzt schon oft gehört haben, wettert die SPÖ gegen die Ambulanzgebühren. Sie scheint aber vergessen zu haben, dass bereits im Jahre 1988 diese Ambulanzgebühr von einem sozialistischen Sozialminister eingeführt wurde. Im Jahre 1995 wurde sie, wie wir von Herrn Bundesminister Haupt gehört haben, wieder andiskutiert. Damals war, soweit mir bekannt ist, auch ein SPÖ-Sozialminister am Werk. Doch jetzt wird von Ihnen genau das, was Sie selbst vorgeschlagen und durchgeführt haben, kritisiert. (Bundesrat Konecny: Haben die Menschen das vor drei Monaten nicht zu bezahlen gehabt?)

Meine Damen und Herren! Ich möchte schon darauf aufmerksam machen – und zwar deshalb, weil Sie sich so darüber freuen, dass diese Ambulanzgebühr vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde –, dass diese Ambulanzgebühr vom Verfassungsgerichtshof wegen eines Formfehlers aufgehoben wurde. Das sollte man schon auch beachten! Der Grund für die Aufhebung war ein reiner Formfehler, er betraf nicht den Inhalt des Gesetzes. (Bundesrat Freiberger: Warte einmal, bis inhaltlich getagt wird!)

Sie freuen sich also vergeblich, muss ich sagen, weil die Sache, die Sie erreichen wollten, nämlich dass die Ambulanzgebühr auf Grund ... (In diesem Augenblick wird die Tür zur Säulenhalle geöffnet, und man hört von draußen einen lauten Knall. – Bundesrat Konecny: Das war noch nicht der Sturz der Regierung!) D ass die Ambulanzgebühr wegen Ihrer Anfechtung aufgehoben wird, diese Freude hat man Ihnen nicht gemacht.

Wir wissen auch, warum vorzeitig bekannt wurde, dass es eine Aufhebung geben wird. Das Erkenntnis wurde auf Grund einer Indiskretion des Verfassungsgerichtshofes bekannt. Ich glaube nicht, dass ein FPÖ- oder ein ÖVP-Richter daran interessiert war, dass das Erkenntnis vor der Wiener Wahl bekannt wird, obwohl es noch nicht öffentlich war. Infolgedessen können wir uns schon vorstellen, aus welcher Ecke das kommt. (Ruf bei der SPÖ: Die Wahrheit soll immer zutage kommen!) Das muss man ganz klar festhalten.

Aber ich frage Sie: Hat die SPÖ noch nie Fehler gemacht? Noch nie? (Bundesrat Mag. Hoscher: Aber nicht so viele!) – Ich möchte Ihnen hier ein Beispiel für solch einen Fehler der SPÖ nennen.


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675. Sitzung / Seite 34

Wie jeder weiß, bin ich bei der Exekutive tätig. Dort wurden wir vor ein paar Jahren mit der Vollziehung des so hochgelobten Führerscheingesetzes betraut. Nur gab es dabei ein Problem: Dieses Gesetz, das von der SPÖ mit ausgearbeitet worden war, war nicht vollziehbar! Die Exekutivbeamten, die ihren Dienst auf der Straße versehen, hätten dieses Gesetz vollziehen sollen, konnten es aber nicht vollziehen, weil es einfach, wie gesagt, nicht vollziehbar war. Es musste mehrfach reformiert werden, bevor es überhaupt vollziehbar war. – Nur so viel zu den Fehlern, die die alte Regierung gemacht hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn man sich die ganze Diskussion betreffend Sparpakete und Budget anhört, so stellt man fest, dass die SPÖ dabei immer den Gerechten spielt. In diesem Zusammenhang möchte ich nur an das Sparpaket 1996/97 erinnern, bei welchem die vielen kleinen Beamten, für die Sie sich einzusetzen vorgeben, alle über einen Kamm geschert wurden. Sie alle hatten damals eine Null-Lohnrunde zu verkraften, was sich auf den Biennalsprung negativ ausgewirkt hat. Ich frage Sie: Wo war da Ihr soziales Gewissen? – Das frage ich mich eigentlich schon.

Oder ein anderes Beispiel: Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge für Beamte. – Früher hat es die Ambulanzgebühren noch nicht gegeben, aber die Beamten haben einen höheren Sozialversicherungsbeitrag aufgebrummt bekommen, und zwar wieder unter einer SPÖ-Regierung. Wohlgemerkt! Ich frage Sie: Wo ist da der Gleichheitsgrundsatz? (Bundesrätin Schicker: Das lag an Ihrem Koalitionspartner!)

Diese scheinheilige Politik der SPÖ zeigt sich auch in der Abfertigungssache des Herrn Klima. Man gibt immer vor, für die Kleinverdiener zu kämpfen, begründet die Steuerangleichungen mit dem Argument, man würde das für den kleinen Mann machen, aber Herr Klima räumt noch vorschnell ab, damit er nicht mehr Steuern zahlen muss. Das finde ich also schon sehr verwerflich.

Nun ein paar Worte zu den Ausführungen des Herrn Würschl. – Herr Würschl hat hier ein Plakat in die Höhe gehalten, auf welchem der Betrag "200 000 S" draufstand, welchen die Mitarbeiterin des Herrn Haupt kassiert haben soll. Der Herr Minister hat es bereits zweimal gesagt, aber ich sage es noch ein drittes Mal, sollte Herr Würschl es bis jetzt nicht kapiert haben: Das ist nicht richtig! Herr Minister hat heute hier auch zweimal gesagt, dass er auf Grund der Verschwiegenheitspflicht die genaue Summe nicht nennen kann, dass aber diese Mitarbeiterin noch schlechter bezahlt war als die Beamten unter der SPÖ.

Ich glaube, das müssten Sie sich, meine Damen und Herren von der SPÖ, einmal hinter die Ohren schreiben. Dieser Vorwurf geht also voll ins Leere. (Bundesrat Kraml: Jedes Beamtengehalt ist öffentlich!) Nein, das ist nicht öffentlich, das ist nämlich ein Leihvertrag. Das wissen Sie genauso wie ich. (Bundesrat Kraml: Ein Leihvertrag! Ach so! Aha!)

Wenn ich bedenke, was die Ministerangestellten unter SPÖ-Regierungen kassiert haben, dann muss ich sagen: Im Vergleich dazu war das ein Lercherlschas. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.27

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Ilse Giesinger. Ich erteile ihr das Wort.

13.27

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Ich möchte noch kurz zwei Dinge anschneiden.

Erstens: Frau Bundesrätin Schicker und Herr Bundesrat Würschl! Sie haben die unterschiedlichen Ambulanzgebühren kritisiert. Dazu möchte ich sagen: Sie haben dies aus dem Zusammenhang genommen beziehungsweise gerissen. Ich nehme an, dies geschah bewusst, aber vielleicht auch unbewusst.

Man muss da das Gesamte sehen. Da Herr Bundesminister Haupt bereits schon zur Genüge erklärt hat, warum das so ist, möchte ich es hier nicht noch einmal sagen. Sie können es dann im Protokoll nachlesen, damit Sie wissen, warum das so ist und dass es so ist.


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675. Sitzung / Seite 35

Zweitens: Die SPÖ kritisiert, dass die Länder keine Zeit zur Stellungnahme hatten. Dazu möchte ich Folgendes sagen: Ich habe mit unserem Gesundheitslandesrat in Vorarlberg, Dr. Hans-Peter Bischof, diesbezüglich gesprochen (Bundesrätin Schicker: Ich auch!), ich habe mir die Zeit genommen, und er hat mir gesagt, dass er den Nationalratsbeschluss gesehen hat. Also die Länder hatten Zeit, dies durchzulesen und ihre Stellungnahme dazu abzugeben. (Bundesrätin Schicker schüttelt verneinend den Kopf.) Ich habe das mit ihm besprochen, und er hat mir das gesagt. Ich möchte das auch hier dezidiert erklären. Herr Präsident Weiss kann dies bestätigen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Schicker: Sie haben dem Herrn Bundesminister nicht zugehört!)

13.28

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Klaus Nittmann. Ich erteile ihm das Wort.

13.28

Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bekenne: Als freiheitlicher Arbeitnehmer habe ich auch keine große Freude mit der Ambulanzgebühr. Ich verstehe, dass ein engagierter Sozialpolitiker bei dieser Maßnahme Bauchweh und ein Stechen in der Brust bekommt. Der Schmerz vergeht aber, wenn man sich mit der Materie einigermaßen objektiv auseinander setzt. (Bundesrat Konecny: Das nennt man eine Rosskur!)

Was sind die Ziele? – Dies wurde schon angesprochen.

Erstens: die Lenkung anschwellender Patientenströme von den Ambulanzen in den niedergelassenen Bereich,

zweitens: die Aufwertung der Hausärzte,

drittens: kürzere Wartezeiten in dem Ambulatorien und mehr Zeit der Ambulanzärzte für den einzelnen Patienten durch Verteilung des Patientenguts,

viertens: kostengünstigere Behandlungen, wo dies möglich ist.

Genau das scheint mir entscheidend zu sein!

Tatsache ist, dass der niedergelassene Bereich über sehr weite Strecken dieselbe Behandlungsqualität gewährleistet wie die Ambulanzen, erst recht, wenn Gruppenpraxen kommen. Natürlich sehe ich auch das Problem, dass auf dem Land die Sachlage etwas anders ist als in den großen Städten, das ist keine Frage.

Tatsache ist weiters, dass der niedergelassene Bereich das Gesundheitssystem pro Patient nur mit einem Drittel der Kosten belastet oder, anders herum, die Ambulanzen das System drei bis vier Mal so viel wie der niedergelassene Bereich kosten.

Wenn die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystem erhalten werden soll, dann muss der stetig steigende Zulauf zu den Ambulatorien umgelenkt werden. Das ist keine Herzlosigkeit, und das ist auch kein Lobbyismus für den niedergelassenen Bereich, sondern letztendlich eine Existenzfrage des Systems, denn ohne Behandlungsbeiträge ist das System auf dem gegebenen Niveau nicht haltbar.

Im Übrigem darf ich Sie auf § 26 Bundeskrankenanstaltengesetz verweisen. Dieses Gesetz wurde 1974 in Kraft gesetzt und 1993 novelliert. Es stammt also aus der Zeit der SPÖ-Alleinregierung und der großen Koalition. § 26 zählt taxativ auf, für welche Fallgruppen die Ambulatorien zuständig sein sollen. Es sind genau sieben.

Das Muster, das dahinter steht, ist klar: Die medizinische Versorgung ist in der Regel Sache des niedergelassenen Bereichs, die Behandlung im Ambulatorium soll dabei die Ausnahme sein. Genau das Gegenteil ist in der täglichen Praxis aber der Fall!


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675. Sitzung / Seite 36

Die Maßnahme, die wir heute diskutieren, dient also nur dem Zweck, einen Zustand herzustellen, der dieser ursprünglich sozialdemokratischen Konzeption entspricht. Denn: Das Bundeskrankenanstaltengesetz ist das Werk sozialdemokratischer Gesundheitspolitik und keine freiheitliche Erfindung.

Ebensowenig ist die Ambulanzgebühr als solche eine Erfindung der Freiheitlichen. Es waren vielmehr die Sozialdemokraten, die als Erste Selbstbehalte eingeführt haben. So haben die so genannten kleinen Versicherungen schon 1976 – vor einem Vierteljahrhundert also schon! – bei Eisenbahnern, Bauern, Gewerbetreibenden und Beamten – insgesamt 2 Millionen Österreichern – Behandlungsbeiträge eingehoben.

Der Wiener SPÖ-Stadtrat Rieder, von dem hier heute schon die Rede war, hat sogar eine Gebühr von bis zu 300 S gefordert. Ich zitiere:

"Jene, die aus Bequemlichkeit ohne Überweisung durch einen Arzt oder ohne akute medizinische Indikation die Spitalsambulanzen in Anspruch nehmen, sollten pro Besuch" – man höre! – "200 bis 300 S zahlen, für höhere medizinische Leistungen wäre der Selbstbehalt größer." – Zitatende. Das war 1995.

Im selben Jahr hat auch Rudolf Edlinger vorgeschlagen, in den Ambulanzen Selbstbehalte einzuführen, um die Leistungen zu verlagern. Ich frage Sie: Sind Rieder und Edlinger deshalb herzlose Abkassierer?

Ein viel größerer Abcasher scheint mir da der Präsident des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger zu sein, dem zur gesamten Problematik im Gesundheitsbereich nichts anderes einfällt, als die Krankenversicherungsgebühr zu erhöhen (Bundesrätin Kainz: Das ist gerechter!)  – und das ganz unabhängig davon, wie oft jemand ein Krankenhaus oder ein Ambulatorium aufsucht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Betrachtet man die zahlreichen Ausnahmen von der Ambulanzgebühr, so kann von Herzlosigkeit ohnehin keine Rede sein. Das ist die Tatsache! Gegenüber der derzeit geltenden Regelung wurde der Katalog der Befreiungen um die mitversicherten Kinder erweitert.

Bezieher einer Waisenpension sind ebenfalls ausgenommen, wenn sie über kein anderes Einkommen verfügen.

Ausgenommen ist jeder, der in weiterer Behandlungsfolge stationär aufgenommen wird.

Ausgenommen sind sämtliche Personen, die von der Rezeptgebühr befreit sind.

Ausgenommen sind Frauen, die Leistungen infolge einer Schwangerschaft in Anspruch nehmen.

Ausgenommen sind Personen, die Organe, Blut und Blutplasma spenden.

Ausgenommen sind Dialyse- und Krebspatienten.

Unter diesem Aspekt verunsichert nicht die Ambulanzgebühr, sondern das Verhalten der SPÖ in dieser Frage.

Erstens ist Ihre Polemik substanzlos, weil sie keine einzige Alternative aufzeigt.

Zweitens ist Ihre Polemik verlogen, weil es die SPÖ war, die den Selbstbehalt in Österreich erfunden hat. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Es ist das Wort "verlogen" gefallen!) Ja, aber es betrifft niemanden persönlich, sondern das war ganz allgemein gemeint. (Bundesrat Konecny: Wenn Sie es bei einer Selbstdarstellung betrachten!) Da sind Sie aber der große Meister, Herr Professor, denn außer selbstdarstellerischer Rhetorik hört man von Ihnen ohnehin nicht viel. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
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Drittens ist sie unverantwortlich, weil damit nicht die Ambulanzgebühr zu Fall gebracht werden soll, sondern der soziale Frieden in unserem Land.

Viertens ist die Polemik ein trauriges Beispiel von Oppositionspolitik. Die SPÖ war immer stolz auf ihre soziale Kompetenz. (Bundesrat Konecny: Mit Recht!) Im politischen Diskurs – auch in diesem Hause – vermisse ich sie. Das ist schade, nicht begrüßenswert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wie gesagt, ich habe keine große Freude mit der Ambulanzgebühr, ich respektiere aber ihre Zielsetzungen und ihre soziale Konzeption, und deshalb werde ich dieser Gesetzesvorlage zustimmen – auch als freiheitlicher Arbeitnehmer. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.34

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall. Danke.

Bevor wir zur Abstimmung gelangen, gebe ich bekannt, dass ich zunächst über den Antrag der Bundesräte Anna Schlaffer und Genossen, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 2. April 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden, Einspruch, samt der beigeschlossenen Begründung, zu erheben, abstimmen lassen werde.

Dann werde ich den Antrag der Bundesräte Ludwig Bieringer, Professor Dr. Peter Böhm und Kollegen, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 2. April 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden, keinen Einspruch zu erheben, zur Abstimmung bringen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 2. April 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden.

Es liegt mir hiezu ein Antrag der Bundesräte Anna Schlaffer und Genossen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung vor, gegen den gegenständlichen Beschluss Einspruch, samt der beigeschlossenen Begründung, zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Minderheit.

Der Antrag ist abgelehnt. (Bundesrat Konecny zeigt mit dem Daumen nach unten!)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Bundesräte Ludwig Bieringer, Professor Dr. Peter Böhm und Kollegen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag ihre Zustimmung erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
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Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise ... (Bundesrat Kone
cny: Zur Geschäftsordnung, Herr Präsident!)

Zur Geschäftsordnung erteile ich Herrn Bundesrat Konecny das Wort. – Bitte.

13.36

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien) (zur Geschäftsbehandlung) : Herr Präsident! Der gegenständliche Gesetzesbeschluss des Nationalrates ist, wie bereits erwähnt, lediglich als Initiativantrag im Nationalrat eingebracht worden. Dies bot auch dem Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes keine Möglichkeit, weder zu seiner inhaltlichen verfassungsrechtlichen Richtigkeit noch zu seiner Stellung im Gefüge des Bundesstaates Stellung zu nehmen.

Der Bundesrat hat zu dieser Vorlage keinen Ausschussbericht zu Stande gebracht, weshalb es auch seitens der Bundesratsdirektion keine Möglichkeit und auch keine Notwendigkeit gab, die rechtliche Stellung dieses Beschlusses zu überprüfen.

Der Herr Präsident hat selbstverständlich über den Antrag der Regierungsfraktionen, dass kein Einspruch erhoben werden soll, abzustimmen gehabt.

Nach Meinung der sozialdemokratischen Bundesratsfraktion, die sich auf ein entsprechendes Gutachten stützt, ist wegen des inhaltlich kompetenzändernden Charakters des § 135a Abs. 3 ASVG, wonach die Feststellung der Fälle, die keine Ausnahme bilden, den Krankenanstalten obliegt und daher eine krankenanstaltenrechtliche Regelung ist, die kompetenzmäßig Artikel 12 B-VG zuzuordnen ist, weswegen diese Bestimmung vom Nationalrat auch als Verfassungsbestimmung zu beschließen gewesen wäre – jedenfalls aber hätte gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG eine ausdrückliche Zustimmung des Bundesrates erfolgen müssen – kein verfassungsgemäßer Beschluss des Bundesrates zu Stande gekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.38

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu dieser Mitteilung ist aus meiner Sicht nichts weiter zu veranlassen.

Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt fünf Anfragen, und zwar 1795/J bis 1799/J, eingebracht wurden.

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen.

Als Sitzungstermin ist Donnerstag, der 19. April 2001, 9 Uhr, in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Vorlagen in Verhandlung, die der Nationalrat am 27. und 28. März 2001 verabschiedet hat, soweit sie dem Zustimmungsrecht beziehungsweise Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Mittwoch, den 18. April 2001, ab 14 Uhr vorgesehen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 13.39 Uhr