Stenographisches Protokoll

676. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 19. April 2001

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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676. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 19. April 2001

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 19. April 2001: 9.01 – 18.57 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Zusatzprotokoll zum Übereinkommen zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Finnland, der Griechischen Republik, Irland, der Italienischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Portugiesischen Republik, dem Königreich Schweden, dem Königreich Spanien, der Europäischen Atomgemeinschaft und der Internationalen Atomenergie-Organisation in Ausführung von Artikel III Absätze 1 und 4 des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen samt Anlagen

2. Gemeinsames Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle

3. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation erdölexportierender Länder über die Änderung des Amtssitzabkommens samt Annexen

4. Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird

5. Bericht der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend jüngste Entwicklungen der Südtirol-Autonomie

6. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesgesetzblatt 1996, das Bundesgesetz über die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ GmbH), das Einkommensteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Erdgasabgabegesetz, das Staatsdruckereigesetz 1996, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden (Budgetbegleitgesetz 2002)

7. Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz (BGBl. I Nr. 12/2001), das Bundesfinanzgesetz 2001 (BGBl. I Nr. 1/2001) und das Versöhnungsfonds-Gesetz (BGBl. I Nr. 74/2000) geändert werden

8. Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesbeschaffung Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BB-GmbH-Gesetz)

9. Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD)


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10. Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Kabinett der Minister der Ukraine über Amtshilfe und gegenseitige Zusammenarbeit in Zollsachen

11. Abkommen zwischen der Republik Österreich und Bosnien und Herzegowina zur Förderung und zum Schutz von Investitionen

12. Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Simbabwe über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll

13. Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Nepal zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll

14. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Zählung von Arbeitsstätten (Arbeitsstättenzählungsgesetz) geändert wird

15. Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz (SMG) geändert wird

16. Bundesgesetz, mit dem das Gewährleistungsrecht im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch und im Konsumentenschutzgesetz sowie das Versicherungsvertragsgesetz geändert werden (Gewährleistungsrechts-Änderungsgesetz – GewRÄG)

17. Bundesgesetz, mit dem im Aktiengesetz, im Handelsgesetzbuch und im Börsegesetz Regelungen über Optionen auf Aktien getroffen werden (Aktienoptionengesetz – AOG)

18. Bundesgesetz, mit dem zur Regelung der elektronischen Übermittlung von Jahresabschlüssen das Handelsgesetzbuch, das 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden

19. Bundesgesetz, mit dem das Passgesetz 1992, das Tilgungsgesetz 1972 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden (Passgesetz-Novelle 2001)

20. Vertrag zwischen der Republik Österreich, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Sicherheits- und Zollbehörden

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Inhalt

Bundesrat

Unterbrechungen 30 und 90

Wortmeldung zur Geschäftsordnung

Albrecht Konecny 129

Besprechung von Anfragebeantwortungen

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortungen 1633/AB-BR/01 bis 1640/AB-BR/01 gemäß § 60 (2) GO-BR 31

Durchführung einer kurzen Debatte

Redner:

Ferdinand Gstöttner 107

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer 108, 112, 116 und 119


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676. Sitzung / Seite 3

Anna Schlaffer 109

Mag. Melitta Trunk 110

Peter Marizzi 113

Manfred Gruber 115

Horst Freiberger 117

Klaus Gasteiger 120

Dipl.-Ing. Hannes Missethon 121

Engelbert Weilharter 122

Jürgen Weiss 124

Albrecht Konecny 125

Dr. Peter Böhm 127

Antrag der Bundesräte Klaus Gasteiger und Genossen auf Nichtkenntnisnahme der Anfragebeantwortungen 121

Ablehnung 129

Personalien

Krankmeldungen 11

Entschuldigungen 11

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse 30

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 29

Ausschüsse

Zuweisungen 30

Fragestunde

Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten 11

Mag. Michael Strugl (1153/M-BR/01); Albrecht Konecny, Mag. John Gudenus

Johanna Schicker (1159/M-BR/01); Dr. Peter Böhm, Dr. Ferdinand Maier

Herwig Hösele (1154/M-BR/01); Herbert Würschl, Mag. Christof Neuner

Mag. John Gudenus (1157/M-BR/01); Ing. Peter Polleruhs, Albrecht Konecny

Karl Boden (1160/M-BR/01); Ulrike Haunschmid, Friedrich Hensler

Hans Ager (1155/M-BR/01); Klaus Gasteiger, Wilhelm Grissemann

Brunhilde Fuchs (1161/M-BR/01); Dr. Robert Aspöck, Johann Ledolter

Margarete Aburumieh (1156/M-BR/01); Johann Kraml, Dr. Klaus Peter Nittmann

Engelbert Weilharter (1158/M-BR/01); Alfred Schöls, Herbert Thumpser


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Dringliche Anfrage

der Bundesräte Albrecht Konecny und GenossInnen an den Bundeskanzler betreffend den Regierungsbeauftragten für EU-Erweiterungsfragen (1800/J-BR/01)

der Bundesräte Albrecht Konecny und GenossInnen an die Frau Vizekanzlerin betreffend den Regierungsbeauftragten für EU-Erweiterungsfragen (1804/J-BR/01)

Begründung: Albrecht Konecny 90

Beantwortung: Staatssekretär Franz Morak 93

Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer 95

Redner:

Peter Marizzi 99

Mag. Michael Strugl 100

Dr. Peter Böhm 102

Herbert Thumpser 103

Dr. Ferdinand Maier  104

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

(1) Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Finnland, der Griechischen Republik, Irland, der Italienischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Portugiesischen Republik, dem Königreich Schweden, dem Königreich Spanien, der Europäischen Atomgemeinschaft und der Internationalen Atomenergie-Organisation in Ausführung von Artikel III Absätze 1 und 4 des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen samt Anlagen (283 und 512/NR sowie 6333/BR d. B.)

(2) Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend Gemeinsames Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle (349 und 513/NR sowie 6334/BR d. B.)

(3) Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation erdölexportierender Länder über die Änderung des Amtssitzabkommens samt Annexen (442 und 516/NR sowie 6335/BR d. B.)

Berichterstatter: Hans Ager 32

[Antrag, zu (1) 1. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, 2. gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, zu (2) 1. dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, und zu (3) dem gegenständlichen Beschluss des


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Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen]

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (1) 1. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, 2. gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 33

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (2) 1. dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 33

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (3) dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen (mit Stimmeneinhelligkeit) 34

(4) Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird (427 und 515/NR sowie 6336/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Ledolter 34

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 35

(5) Bericht der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend jüngste Entwicklungen der Südtirol-Autonomie (III-218-BR/01 und 6337/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Ledolter 35

(Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen)

Redner:

Hans Ager 35

Klaus Gasteiger 36

Wilhelm Grissemann 38

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen (mit Stimmeneinhelligkeit) 39

Gemeinsame Beratung über

(6) Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesgesetzblatt 1996, das Bundesgesetz über die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ GmbH), das Einkommensteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Erdgasabgabegesetz, das Staatsdruckereigesetz 1996, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden (Budgetbegleitgesetz 2002) (499 und 539/NR sowie 6327 und 6338/BR d. B.)


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676. Sitzung / Seite 6

(7) Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz (BGBl. I Nr. 12/2001), das Bundesfinanzgesetz 2001 (BGBl. I Nr. 1/2001) und das Versöhnungsfonds-Gesetz (BGBl. I Nr. 74/2000) geändert werden (541/NR sowie 6328, 6329 und 6339/BR d. B.)

Berichterstatter: Ludwig Buchinger 39

[Antrag, zu (6) keinen Einspruch zu erheben und zu (7) gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – zu erheben]

Redner:

Mag. Dietmar Hoscher 40 und 55

Uta Barbara Pühringer 44 und 51

Mag. Christof Neuner 45

Herbert Würschl  46

Monika Mühlwerth 48

Johanna Schicker 50

Staatssekretär Dr. Alfred Finz  53

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (6) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 55

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (7) gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 56

(8) Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesbeschaffung Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BB-GmbH-Gesetz) (486 und 546/NR sowie 6330 und 6340/BR d. B.)

Berichterstatter: Ludwig Buchinger 56

(Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – zu erheben)

Redner:

Johann Kraml 56

Johann Ledolter 58

Dr. André d'Aron 60

Staatssekretär Dr. Alfred Finz  61

Christoph Hagen 62

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 63

Gemeinsame Beratung über

(9) Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) (419 und 542/NR sowie 6341/BR d. B.)


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676. Sitzung / Seite 7

(10) Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Kabinett der Minister der Ukraine über Amtshilfe und gegenseitige Zusammenarbeit in Zollsachen (425 und 543/NR sowie 6342/BR d. B.)

(11) Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und Bosnien und Herzegowina zur Förderung und zum Schutz von Investitionen (383 und 544/NR sowie 6343/BR d. B.)

(12) Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Simbabwe über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll (420 und 545/NR sowie 6344/BR d. B.)

(13) Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Nepal zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll (443 und 548/NR sowie 6345/BR d. B.)

Berichterstatter: Herbert Würschl 64

[Antrag, zu (9) und (10) keinen Einspruch zu erheben und zu (11), (12) und (13) dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen]


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676. Sitzung / Seite 8

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (9) und (10) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 65

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (11), (12) und (13) dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen (mit Stimmeneinhelligkeit) 65

(14) Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Zählung von Arbeitsstätten (Arbeitsstättenzählungsgesetz) geändert wird (284 und 528/NR sowie 6331 und 6346/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Christof Neuner 66

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 66

(15) Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz (SMG) geändert wird (346 und 521/NR sowie 6347/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Robert Aspöck 67

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Ferdinand Gstöttner 67

Josef Saller 67

Christoph Hagen 68

Günther Köberl 69

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer 72

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 72

Gemeinsame Beratung über

(16) Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewährleistungsrecht im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch und im Konsumentenschutzgesetz sowie das Versicherungsvertragsgesetz geändert werden (Gewährleistungsrechts-Änderungsgesetz – GewRÄG) (422 und 522/NR sowie 6348/BR d. B.)

(17) Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem im Aktiengesetz, im Handelsgesetzbuch und im Börsegesetz Regelungen über Optionen auf Aktien getroffen werden (Aktienoptionengesetz – AOG) (485 und 523/NR sowie 6349/BR d. B.)

(18) Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Regelung der elektronischen Übermittlung von Jahresabschlüssen das Handelsgesetzbuch, das 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (447 und 524/NR sowie 6350/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Robert Aspöck 73

[Antrag, zu (16), (17) und (18) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Brunhilde Fuchs 74

Dr. Ferdinand Maier 75

Dr. André d'Aron 75

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer 77

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (16) und (17) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 78

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (18) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 78

Gemeinsame Beratung über

(19) Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Passgesetz 1992, das Tilgungsgesetz 1972 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden (Passgesetz-Novelle 2001) (489 und 526/NR sowie 6351/BR d. B.)

(20) Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend einen Vertrag zwischen der Republik Österreich, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Sicherheits- und Zollbehörden (479 und 527/NR sowie 6352/BR d. B.)

Berichterstatterin: Anna Höllerer 79

[Antrag, zu (19) und (20) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Manfred Gruber 80

Dipl.-Ing. Hannes Missethon 81

Christoph Hagen 82

Albrecht Konecny 84 und 88


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676. Sitzung / Seite 9

Ludwig Bieringer 86 und 88

Engelbert Weilharter 87

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (19) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 88

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (20) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 89

Entschließungsantrag der Bundesräte Albrecht Konecny und GenossInnen betreffend Schließung von Gendarmerieposten 85

Ablehnung 89

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung 89

Eingebracht wurden

Anfragen

der Bundesräte Albrecht Konecny und GenossInnen an den Bundeskanzler betreffend den Regierungsbeauftragten für EU-Erweiterungsfragen (1800/J-BR/01)

der Bundesräte Albrecht Konecny und GenossInnen an die Frau Vizekanzlerin betreffend den Regierungsbeauftragten für EU-Erweiterungsfragen (1801/J-BR/01)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Christoph Hagen, Jürgen Weiss und Ilse Giesinger an den Bundesminister für Inneres betreffend Überwachung des Internationalen Güter- und Personenverkehrs (1802/J-BR/01)

der Bundesräte Mag. Melitta Trunk und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Aufteilung der Kärntner Abstimmungsspende an die Kärntner Gemeinden anläßlich des 80-Jahr-Jubiläums (1803/J-BR/01)

der Bundesräte Albrecht Konecny und GenossInnen an die Frau Vizekanzlerin betreffend den Regierungsbeauftragten für EU-Erweiterungsfragen (1804/J-BR/01)

der Bundesräte Peter Marizzi und GenossInnen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend den Regierungsbeauftragten für EU-Erweiterungsfragen (1805/J-BR/01)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Justiz auf die Frage der Bundesräte Ferdinand Gstöttner und GenossInnen (1633/AB-BR/01 zu 1770/J-BR/01)

des Bundesministers für Justiz auf die Frage der Bundesräte Johanna Auer, Anna Schlaffer und GenossInnen (1634/AB-BR/01 zu 1773/J-BR/01)

des Bundesministers für Justiz auf die Frage der Bundesräte Mag. Melitta Trunk, Herbert Würschl und GenossInnen (1635/AB-BR/01 zu 1774/J-BR/01)

des Bundesministers für Justiz auf die Frage der Bundesräte Peter Marizzi, Herbert Thumpser, Ernst Winter und GenossInnen (1636/AB-BR/01 zu 1775/J-BR/01)

des Bundesministers für Justiz auf die Frage der Bundesräte Stefan Prähauser und GenossInnen (1637/AB-BR/01 zu 1776/J-BR/01)


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676. Sitzung / Seite 10

des Bundesministers für Justiz auf die Frage der Bundesräte Theodor Binna, Horst Freiberger, Günther Kaltenbacher, Johanna Schicker und GenossInnen (1638/AB-BR/01 zu 1777/J-BR/01)

des Bundesministers für Justiz auf die Frage der Bundesräte Klaus Gasteiger und GenossInnen (1639/AB-BR/01 zu 1778/J-BR/01)

des Bundesministers für Justiz auf die Frage der Bundesräte Klaus Gasteiger und GenossInnen (1640/AB-BR/01 zu 1779/J-BR/01)

des Bundeskanzlers auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen, Ilse Giesinger und Kollegen (1641/AB-BR/01 zu 1771/J-BR/01)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Thomas Ram und GenossInnen (1642/AB-BR/01 zu 1780/J-BR/01)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und GenossInnen (1643/AB-BR/01 zu 1781/J-BR/01)

Zurückgezogen wurden

Anfragen

der Bundesräte Albrecht Konecny und GenossInnen an die Frau Vizekanzlerin betreffend den Regierungsbeauftragten für EU-Erweiterungsfragen (1801/J-BR/01)

der Bundesräte Peter Marizzi und GenossInnen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend den Regierungsbeauftragten für EU-Erweiterungsfragen (1805/J-BR/01)


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676. Sitzung / Seite 11

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Präsident Ing. Gerd Klamt: Ich eröffne die 676. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 675. Sitzung des Bundesrates vom 6. April 2001 ist aufgelegen.

Der Vorsitzende der Bundesratsfraktion der Sozialdemokratischen Partei hat dagegen schriftlich Einwendungen erhoben. Professor Albrecht Konecny hat eingewendet, dass die Bestimmungen des § 135a Abs. 3 ASVG im Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 2. April 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden, eine krankenanstaltenrechtliche Regelung darstellen und diese kompetenzmäßig zwingend Artikel 12 B-VG zuzuordnen seien, weshalb eine Genehmigung des Bundesrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG zwingend gewesen wäre.

Ich habe diese Einwendungen nicht für begründet befunden, da der Gesetzesbeschluss des Nationalrates kein Verfassungsgesetz und keine Verfassungsbestimmungen enthält, durch die die Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung oder Vollziehung eingeschränkt werden.

Die Voraussetzungen für eine Anwendung des Artikels 44 Abs. 2 B-VG sind somit nicht vorgelegen, die Abstimmung ist verfassungskonform erfolgt.

Ich habe daher keine Berichtigung des Amtlichen Protokolls veranlasst.

Das Amtliche Protokoll ist somit genehmigt.

Krank gemeldet haben sich die Mitglieder des Bundesrates Germana Fösleitner und Ing. Franz Gruber.

Entschuldigt haben sich die Mitglieder des Bundesrates Franz Wolfinger und Thomas Ram.

Fragestunde

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wir gelangen nunmehr zur Fragestunde.

Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten

Präsident Ing. Gerd Klamt: Ich beginne jetzt – um 9.04 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Wir kommen nunmehr zur 1. Anfrage, 1153/M, an die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Mag. Michael Strugl, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Mag. Michael Strugl (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

1153/M-BR/01

Welche Schwerpunkte wird Österreich im "Post-Nizza-Prozess" setzen?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Bundesräte! Als wesentliche Zukunftsthemen der Union wurden in Nizza bereits ausdrücklich die Frage der Kompetenzaufteilung, die Vertragsvereinfachung, der Status der Grundrechts-Charta und die Rolle der nationalen Parlamente besprochen. Allerdings ist das keine ausschließliche Aufzählung. Es werden sicher noch andere Themen behandelt werden und behandelt werden können.


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676. Sitzung / Seite 12

Zu den einzelnen Themen ganz kurz: Natürlich ist für die Parlamente die Frage "Wie geht es mit der Einbindung der Parlamente weiter?" ganz wesentlich. Es ist die Forderung der parlamentarischen Ebene nach verstärkter Legitimität gegeben. Auch das österreichische Parlament hat hier im europäischen Vergleich verfassungsmäßig sehr stark abgesicherte Rechte. Nun fragt man sich: Wie kann diese verstärkte Rolle der nationalen Parlamente aussehen?

Es gibt Überlegungen, dass es allenfalls eine zweite Kammer des Europäischen Parlaments geben soll, vielleicht zusammengesetzt aus nationalen Abgeordneten. Das wäre eine der Möglichkeiten, in die diese Frage münden könnte. Für Österreich hat natürlich die Kompetenzaufteilung eine ganz besondere Bedeutung. Hiebei geht es um Fragen, welche Entscheidungen auf der europäischen Ebene, welche Entscheidungen auf der nationalen Ebene und – für uns natürlich als Bundesstaat wichtig – welche Entscheidungen auf der regionalen, also auf der Bundesländerebene getroffen werden. Wie kann hier eine sinnvolle Abgrenzung erfolgen? – Wir müssen uns diese neuen Fragen ganz besonders stellen, weil sie eben Verständnis und Unterstützung der Bürger bringen.

Zur Frage der Grundrechts-Charta: Hier hätte Österreich jetzt schon, auch beim Europäischen Rat in Nizza, akzeptiert, dass sie voll rechtsverbindlich wird. Das haben aber andere nicht getan. Diese Frage wird sich daher neu stellen. Ich darf sagen, dass die Debatte insgesamt bereits am 7. März in Brüssel eröffnet wurde und dass derzeit auf der Internet-Homepage sehr viel zu diesem Thema berichtet wird. – Danke, Herr Präsident.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke, Frau Bundesministerin.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Mag. Michael Strugl (ÖVP, Oberösterreich): Frau Bundesministerin! Sie haben die regionale Ebene erwähnt. Welche Rolle können die Regionen, konkret die Bundesländer, in diesem Prozess spielen?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Die Regionen spielen sicher eine sehr wesentliche Rolle – haben das auch schon in der Vergangenheit getan –, aber manche Forderungen der Regionen sind bisher nicht durchgesetzt worden. Ich glaube, es wäre nun an der Zeit, dass der Ausschuss der Regionen den Organstatus und auch die Klagslegitimation beim Europäischen Gerichtshof erhalten sollte. Ich meine, man kann nur primärrechtlich explizit festschreiben, dass die EU nicht nur die Identität der Mitgliedstaaten, sondern auch die Regionen abzusichern hat. Das wären Forderungen, die von einem Land wie Österreich vertreten werden könnten. – Danke.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Professor Albrecht Konecny gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Sie haben mit Recht die Stärkung der Rolle der nationalen Parlamente in diesem Zusammenhang als wesentliches Element des "Post-Nizza-Prozesses" genannt. Ohne jetzt bei der sprachlichen Beschränkung des Fragestellers auf die Diskussion über die zweite Kammer eingehen zu können, möchte ich doch eine Frage relevieren: Meinen Sie nicht, dass eine parlamentarische Dimension auch dort erforderlich ist, wo wesentliche Bereiche, Beispiel gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik, zwischen den Regierungen der Mitgliedstaaten akkordiert werden?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Ich darf dazu sagen, dass die gesamte Diskussion eigentlich noch nicht einmal begonnen hat, vor allem nicht in den Parlamenten. Daher ist das eine Frage, die selbstverständlich auch mit zu prüfen sein wird. Sie wissen auch, Herr Professor Konecny, dass sowohl der Herr Bundeskanzler als auch ich unsere Bereitschaft erklärt haben, im Falle einer Parlamentarischen


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Enquete Ihnen natürlich zur Verfügung zu stehen, um diese und andere Fragen zu diskutieren. Aber ich muss sagen, Österreich ist hier ohnehin in einer relativen Vorreiterposition, denn viele andere Staaten wollen diese Diskussion sehr behutsam und eher verzögert angehen.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Mag. John Gudenus gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Bundesministerin! Wird Österreich die Ergebnisse von Nizza erst nach dem Europäischen Parlament ratifizieren, oder schlagen Sie eine Ratifizierung davor vor?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Ich darf sagen, dass ich auf jeden Fall befürworten würde, dass die Ratifikation des Europäischen Vertrages von Nizza noch im Sommer erfolgen sollte.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 2. Anfrage, 1159/M, an die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten. Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Johanna Schicker, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

1159/M-BR/01

Aus welchen Gründen wurde der amtierende österreichische Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, Dr. Willi Fuhrmann, entgegen dem Wunsch von Luzius Wildhaber, dem Präsidenten des Gerichtshofs, der Fuhrmann ausgezeichnete Arbeit attestierte, nicht in den Dreiervorschlag der österreichischen Bundesregierung für die Wahl des österreichischen Richters aufgenommen?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Sowohl die Parlamentarische Versammlung als auch das Ministerkomitee des Europarates haben oft die Bedeutung der gleichen Chancen für Männer und Frauen betont und die Mitgliedstaaten dazu angehalten, bei der Nominierung von Kandidaten für den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine wirklich ausgewogene Repräsentation von Männern und Frauen zu fördern.

Der Gerichtshof selbst hat die Gleichberechtigung der Frauen in der Menschenrechtspraxis der Mitgliedstaaten des Europarates in seiner Judikatur oft betont. Da Österreich eine ausgeprägte Tradition hat, die Gleichheit von Frauen und Männern zu fördern und da weibliche Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte stark unterrepräsentiert sind, hat die Bundesregierung beschlossen, eben drei ausgezeichnete Kandidatinnen für die Wahl zum Richter zu nominieren, damit der österreichische Sitz am Europäischen Gerichtshof für Menschrechte in jedem Fall mit einer Frau besetzt werden muss. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Bitte, Herr Präsident! Als Frau muss ich diese Antwort zur Kenntnis nehmen, nehme sie auch gerne zur Kenntnis. Aber trotzdem darf ich eine Zusatzfrage an Sie stellen, Frau Bundesministerin.


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Teilen Sie die positive Einschätzung von Luzius Wildhaber hinsichtlich der Arbeit Dr. Fuhrmanns am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der immer wieder betont hat – auch in der Öffentlichkeit, und auch der Regierung ist ein solches Schreiben zugegangen –, dass sich Fuhrmann ausgezeichnet bewährt habe, integer gewesen sei und auch sehr parteiunabhängig gehandelt habe?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Ich kann nur sagen: Selbst habe ich natürlich Herrn Richter Fuhrmann nie erlebt, aber er hat sehr gute Bewertungen erfahren. Das nehme ich gerne zur Kenntnis. Nichtsdestotrotz war eben der Gedanke da – ich danke Ihnen, dass Sie das als Frau, so wie ich auch, teilen –, dass einmal Frauen zum Zug kommen sollen. Wir haben wirklich drei sehr gute Frauen nominiert.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Für eine weitere Zusatzfrage hat sich Herr Professor Dr. Peter Böhm gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehen Sie es als angebracht an, wenn uns vom Ausland, sei es auch vom Präsidenten des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, nahe gebracht werden soll, welchen nationalen Richter wir vorzuschlagen haben?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Es liegt natürlich ganz klar in der Kompetenz jedes Landes, einen Richter vorzuschlagen. Das ist meine Antwort darauf. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dr. Ferdinand Maier gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Dr. Ferdinand Maier (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich glaube, der Applaus hat gezeigt, dass die Entscheidung der Bundesregierung, drei Damen vorzuschlagen, völlig richtig war, und wir auch langsam von diesen parteipolitischen Besetzungen wegkommen sollten. (Ironische Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.) Offensichtlich hat die Fraktion der Sozialdemokraten schon dazugelernt, denn es hat Zeiten gegeben, da wurde ein Mitglied dieses Bundesrates, nämlich Herr Marizzi, für den Europäischen Rechnungshof vorgeschlagen. Das war eine klare parteipolitische Entscheidung.

Ich habe folgende Frage an Sie zu richten, Frau Bundesministerin: Welche weiteren Schritte sind nun bei diesem Bewerbungsverfahren geplant? (Bundesrat Marizzi: Jetzt kommt Höchtl! – Bundesrat Würschl: Setzen!)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Ich darf auf diese Frage folgendermaßen antworten: Die Hearings der österreichischen Kandidatinnen im Unterkomitee der Plenarversammlung fanden am 11. April dieses Jahres in nicht öffentlicher Sitzung statt. Das Unterkomitee muss nun den Rechtsausschuss der Parlamentarischen Versammlung mit den vertraulichen Ergebnissen der Hearings befassen, und schließlich wird der Rechtsausschuss zusammentreten, um ebenfalls die vertraulichen, an die Plenarversammlung zu richtenden Empfehlungen zu beraten und zu beschließen.

Auch nach Beschlussfassung bleiben diese Empfehlungen im Übrigen vertraulich. Nach der Tagesordnung der Parlamentarischen Versammlung sieht diese die Wahlen der Richter für den 24. April vor. – Danke.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.


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Wir gelangen nunmehr zur 3. Anfrage, 1154/M. Ich ersuche den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Herwig Hösele, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

1154/M-BR/01

Wie ist der Stand der EU-Beitrittsverhandlung mit Slowenien?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.


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Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner:
Herr Präsident! Die Beitrittsverhandlungen mit Slowenien kommen sehr gut voran. Bis jetzt konnten von den 31 Verhandlungskapiteln 18 vorläufig abgeschlossen werden. Hiemit hat Slowenien eine führende Position unter den Beitrittskandidaten. Vor allem in letzter Zeit konnten bei wichtigen Kapiteln Verhandlungserfolge erzielt werden. So sind vorläufig das Kapitel freier Warenverkehr und das Kapitel freier Kapitalverkehr abgeschlossen, ebenso konnten in der letzten Verhandlungsrunde auch das Kapitel Energie sowie das Kapitel Umwelt vorläufig abgeschlossen werden. Beim Umweltkapitel ist dies Slowenien als erstem Beitrittskandidaten gelungen, wobei nur wenige Übergangsfristen gewährt werden mussten. Im Konkreten hat Slowenien seine beantragten Übergangsfristen zum Beispiel bei der Qualität von Benzin und Dieseltreibstoffen sowie bei Grenzwerten für Schwermetalle zurückgezogen.

Bis vor kurzem war im Kapitel Energie natürlich auch die Frage der Erdbebensicherheit des Kernkraftwerkes Krško offen. Über das Kernkraftwerk Krško, das eben in einer Erdbebenzone liegt, wurde eine PHARE-Studie in Auftrag gegeben, die die Erdbebensicherheit bewerten sollte. In dieser Studie bewahrheiteten sich Befürchtungen einer höheren als bisher bekannten Erdbebengefährdung nicht. Es wird jedoch auf die Notwendigkeit des Ausbaus und der Modernisierung der seismologischen Messstationen hingewiesen. Auf Betreiben Österreichs wurde nun in der Ende Februar verabschiedeten gemeinsamen Position der EU zum Energiekapitel die verbindliche Zusage Sloweniens für ein Nachrüstungsprogramm des Kernkraftwerkes, für eine Verbesserung des seismologischen Messnetzes sowie für die Errichtung von Messstationen für leichte Erschütterungen festgehalten.

Die EU verpflichtete sich auch dazu, die Lage der nuklearen Sicherheit bis zum Beitritt Sloweniens zu beobachten und zu gegebener Zeit vor allem in Bezug auf die Ergebnisse der Ad-hoc-Arbeitsgruppe "Atomfragen über nukleare Sicherheit" auf das Kapitel Energie wieder zurückzukommen.

Eine ergänzende seismologische Studie, die nun auch das kroatische Gebiet erfassen soll, wurde ebenfalls bereits in Auftrag gegeben. Mit diesen schriftlich festgehaltenen Zusicherungen konnte Österreich auch hier dem vorläufigen Abschluss des Energiekapitels zustimmen. Weiters werden in nächster Zeit, zum Beispiel mit Ende Mai, die Duty Free Shops an den Grenzen abgeschafft werden. Das ist ein ganz wesentlicher Fortschritt auch auf dem Weg zum Abschluss des Kapitels Zollunion. – Danke.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Frau Bundesministerin! Die Steiermark als österreichisches Bundesland ist direkter Nachbar Sloweniens. Österreich ist mit seiner langen EU-Außengrenze wahrscheinlich im Grenzbereich am meisten von allen EU-Staaten betroffen. (Bundesrat Mag. Gudenus: Kann man das ein bisschen lauter stellen?) Welche Grenzland-Sonderprogramme sind geplant, und welche sind im Laufen, um sozusagen die Integration im Zusammenhang mit der Außengrenze zu fördern?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Ich darf sagen, seit dem EU-Beitritt wurden die Entwicklung und die Strukturanpassung der Regionen auch mit Mitteln des EU-Strukturfonds unterstützt. In Zahlen lassen sich diese Fördermitteleinsätze im Rahmen der Strukturförderungsprogramme 1995 bis 1999 so darstellen – auf die Periode 2000 bis 2006 gehe ich dann im Anschluss ein –:

Das Burgenland erhielt als Ziel 1-Gebiet 2,4 Milliarden Schilling. Fast die Hälfte der EU-Mittel an die Ziel 5b-Gebiete und LEADER-Programme entfielen dafür auf die Grenzregionen. In Zahlen ausgedrückt heißt das 3 Milliarden Schilling aus dem INTERREG-Programm für Ziel 2a-Gebiete mit Slowenien, Ungarn, der Slowakei und der Tschechischen Republik. Das sind grenzüberschreitende Programme mit Österreich und diesen Ländern. Insgesamt bekamen diese Länder 420 Millionen Schilling aus EU-Mitteln. Insgesamt dürften somit von 1995 bis 1999 ungefähr 6 Milliarden Schilling an Strukturfondsmitteln für Projekte in den österreichischen Grenzregionen mit den mittel- und osteuropäischen Ländern geflossen sein.

Für die Periode 2000 bis 2006 werden ebenfalls aus der Agenda 2000 beschlossene – übrigens höhere – Mittel zur Verfügung gestellt. Das sind 3,6 Milliarden Schilling für das Burgenland und rund 4 Milliarden Schilling für die Grenzregionen außer dem Burgenland und der Region Wien mit Mittel- und Osteuropa. 1,8 Milliarden entfallen auf die INTERREG 3-Programme und schließlich 200 bis 400 Millionen auf die LEADER-Gemeinschaftsinitiativen.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke, Frau Bundesministerin.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Herbert Würschl gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Wir haben in Österreich einen Landeshauptmann mit ausgeprägtem diplomatischen Gespür im Umgang mit unseren Nachbarländern. Mir liegt hier eine Presseaussendung des slowenischen Außenministeriums vor. (Demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Ministerin! Mir liegt hier eine Presseaussendung des slowenischen Außenministeriums vor, in der heftigst gegen den Kärntner Landeshauptmann protestiert wird. Es ist bekanntlich der Verfassungsgerichtshof mit der Zweisprachigkeit in Amtsgebäuden und mit topographischen Aufschriften in Kärnten befasst gewesen. Der Verfassungsgerichtshof hat Kritik an der Praxis geübt, die in Kärnten in dieser Frage stattfindet. In dieser Presseaussendung des slowenischen Außenministeriums steht ganz offiziell:

Haiders Haltung ist unannehmbar. Haiders angekündigte Missachtung der Entscheidungen des österreichischen Verfassungsgerichtshofes ist unannehmbar. – Zitatende. (Bundesrätin Haunschmid: Das ist eine Zusatzfrage!)

Geschätzte Frau Bundesministerin! Wie hilfreich sind solche parteipolitischen Rabauken-Aussagen für Sie? (Bundesrat Dr. Nittmann: Selbst Rabauke! Pfui!)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Ich darf sagen, dass die Außenpolitik der Bundesregierung von der Bundesregierung gemacht wird. Selbstverständlich wird auch hier in entsprechender Form gegenüber Slowenien geantwortet werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke, Frau Bundesministerin. (Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Es gibt keine weitere Zusatzfrage, Herr Bundesrat! Bitte Platz zu nehmen! (Bundesrat Würschl: Die Frage war nicht beantwortet!)

Zu einer weiteren Frage hat sich Herr Bundesrat Mag. Christof Neuner zu Wort gemeldet. – Bitte.


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Bundesrat Mag. Christof Neuner
(Freiheitliche, Kärnten): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Bekanntermaßen schleppen sich die in Slowenien anhängigen Restitutionsverfahren. Derzeit sind rund 120 österreichische Fälle gerichtsanhängig. Inwieweit und mit welchem Ergebnis waren diese Probleme Gegenstand Ihrer Gespräche mit Ihrem slowenischen Kollegen?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Wie im Regierungsprogramm vereinbart, ist es mein Ziel, die im Zusammenhang mit den AVNOJ-Beschlüssen erfolgte Diskriminierung der ehemaligen deutschen Volksgruppen in Slowenien, die aus dem Denationalisierungsgesetz von 1991 hervorgehen, zu beseitigen. Mir geht es dabei darum, dass die deutschsprachigen Restitutionswerber in Slowenien ihr Eigentum nach denselben Bedingungen zurückerhalten können wie die anderen. Selbstverständlich habe ich diese Frage mit Außenminister Rupel am 7. März besprochen und auf ein faires und nicht diskriminierendes Verfahren für diese Personengruppe gedrängt.

Wir haben nun vereinbart, dass wir auch eine Konferenz über österreichisch-slowenische Beziehungen in diesem Bereich veranstalten werden, die bereits am 30. April von Außenminister Rupel und mir in Laibach eröffnet werden wird. Dann werden Expertengespräche über Lösungsmöglichkeiten der noch anhängigen Fälle stattfinden.

Wie Sie wissen, ist auch die Europäischen Union an einer zügigen Denationalisierung interessiert. Slowenien hat in jüngster Zeit sein Personal in diesem Bereich verstärkt, sodass wirklich, so glaube ich, eine Chance besteht, dass diese Fälle entsprechend abgewickelt werden können.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke, Frau Bundesministerin.

Wir gelangen nunmehr zur 4. Anfrage, 1157/M. Ich ersuche den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Mag. John Gudenus, die Anfrage zu verlesen.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Bundesministerin! Ich bitte darum, vielleicht auch auf die vorhin gestellte Bemerkung einzugehen. Meine Frage lautet:

1157/M-BR/01

Welche außenpolitischen Ziele verfolgt Österreich im arabischen Raum?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Österreich beteiligt sich seit vielen Jahren, auch unter meiner Vorsitzführung im Außenministerium, aktiv an allen Bemühungen der Europäischen Union, zu einer Lösung des Konfliktes zwischen Israel und der PLO beizutragen sowie hiebei auch eine größere politische und nicht eine wirtschaftliche Rolle zu spielen.

Ich darf dazu sagen, dass immer wieder in unseren Gesprächen im Rat für Auswärtige Angelegenheiten diese Frage sehr detailliert diskutiert wird und ich diese auch eingebracht habe. Jetzt besteht ein guter Zeitpunkt dafür, dass die Union eine stärkere politische Rolle spielen kann. Auf der einen Seite gibt es eine neue Administration in den Vereinigten Staaten, die hiezu keine exklusive Rolle eingenommen hat, wie dies im Vorfeld der Fall war, und es gibt eben auch eine neue Regierung, die nicht ganz abgeneigt ist, in Israel zumindest gewisse Vermittlerdienste der Union in Anspruch zu nehmen.

Inhaltlich muss ich sagen, sind wir überzeugt davon, dass auf der einen Seite Israel davon überzeugt werden muss, dass der verstärkte Einsatz militärischer Mittel und die wirtschaftlichen Repressionsmaßnahmen gegen die Palästinenser die Intifada, aber auch die verstärkten Gewaltbemühungen derzeit, zumindest nach den jetzigen Erfahrungen nicht brechen, sondern eigentlich nur eine neue Frustration mit Gewalt erzeugen werden.


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Auf der anderen Seite muss aber auch Arafat erkennen, dass es ohne ein Ende der Gewalt in Israel mit aller Wahrscheinlichkeit zu keiner Wiederaufnahme der Verhandlungen kommen wird. Eines ist bitte ganz klar: Nur die Wiederaufnahme der Verhandlungen birgt überhaupt den Keim in sich, aus dieser Krise herauszukommen. Der Hohe Repräsentant der EU, Generalsekretär Solana, hat im Auftrag der EU, auch von Österreich unterstützt, wirklich vor, da eine besondere Rolle zu spielen. Er war selbstverständlich bereits in einer Art Shuttle-Diplomatie unterwegs. Wir hoffen, dass es trotz der derzeit besonders schwierigen Situation doch noch gelingen wird, die beiden Parteien an den Verhandlungstisch zurückzubringen.

Man muss von Israel zum Beispiel auch verlangen, dass es nicht wie bisher verweigert, die Transferzahlungen von Steuern und Zöllen weiterzugeben. Es kann nicht angehen, dass die Europäische Union praktisch alleine immer in die Bresche springt und einen finanziellen Ausgleich bringt. Andererseits muss man eben auch die PLO davon überzeugen, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und wieder dort anzuknüpfen, wo es schon Ergebnisse gab.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Bundesministerin! Manch europäischer Staat hat seine Botschaft in Bagdad wieder eröffnet, mit einem Botschafter besetzt. Wann wird Österreich diesem Beispiel folgen?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Bundesrat! Dazu kann ich sagen, dass die mögliche Entscheidung zur Suspendierung und Aufhebung der verhängten Sanktionen, die eine wesentliche Rolle dabei spielt, von der Bereitschaft der irakischen Führung, mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten, abhängen wird. Sie wissen, dass wir die Sorge über die humanitären Auswirkungen der Sanktionsmaßnahmen teilen und für wesentliche Erleichterungen im Transfer von humanitären Hilfsgütern eintreten. Andererseits ist es so, dass sich auch im Rahmen des Oil for-Food-Programmes die österreichischen Exporte in den Irak gut entwickeln und wir daher im Jahr 2000 die Konsulin und den Handelsrat der österreichischen Botschaft in Amman als nicht residente Geschäftsträgerin beziehungsweise nicht residenten Handelsrat in Bagdad haben.

In den ersten Monaten 2001 haben sich die Exporte weiter gesteigert, und zwar auf einen Gesamtwert von rund 700 Millionen Schilling. Daher hat Österreich am Beginn des Jahres 2001 die Botschaft in Bagdad wieder eröffnet, aber nur mit einem residenten Handelsrat besetzt.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Ing. Peter Polleruhs gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Ing. Peter Polleruhs (ÖVP, Steiermark): Frau Bundesministerin! Welche Ergebnisse brachte Ihre jüngste Reise in den Iran?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Bundesrat! Ich kann dazu sagen, dass sich bei meiner Reise vor allem die Überzeugung verfestigt hat, dass der Machtkampf zwischen den Reformkräften und den Dogmatikern weiter anhält und im Vorfeld der Präsidentenwahlen am 8. Juni eigentlich sogar noch an Schärfe zugenommen hat. Präsident Khatami ist jedoch bestrebt, trotz dieser großen Schwierigkeiten den Reformprozess fortzusetzen, und ich glaube, es ist enorm wichtig, dass wir dort alle Reformkräfte unterstützen. Wir dürfen wohl davon ausgehen, dass er sich wieder für das Präsidentenamt bewirbt, obwohl er sich offiziell noch nicht dazu geäußert hat.


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Ich glaube, es liegt absolut im Interesse Österreichs wie auch der anderen europäischen Unionstaaten, die Reformkräfte im Iran zu stärken. Deshalb ist der Reformdialog, der so genannte Dialog zwischen den Zivilisationen, der im Rahmen der Vereinten Nationen sozusagen lanciert wurde, ganz wesentlich, um auf dieser Schiene gewisse Öffnungsbemühungen des Präsidenten anzugehen.

Natürlich habe ich in diesem Sinne und auf dieser Basis Fragen der Menschenrechte ansprechen können, auf die Universalität derselben hingewiesen. Ich habe natürlich auch die Fragen der Presse- und Meinungsfreiheit, aber auch die Frage der Verbesserung der Stellung der Frau angesprochen.

Ich habe mich bei dieser Gelegenheit auch für die Begnadigung der im Prozess in Shiraz wegen Spionage verurteilten Iraner jüdischen Glaubens und der zu Beginn des Jahres auch abgeurteilten Intellektuellen eingesetzt und bin zumindest auf Verständnis gestoßen. Bei den derzeit jüdischen Einsitzenden hat es geheißen, dass sie zwar derzeit nicht begnadigt werden, dass aber bei guter Führung eine solche Begnadigung nicht ausgeschlossen sei.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Professor Konecny gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Um in den arabischen Raum zurückzukehren: Wir erleben gerade eine Zuspitzung im Konflikt zwischen Israel und der palästinensischen Seite, bei dem ganz offensichtlich die USA in einer ungewöhnlichen, aber wirkungsvollen Art versucht haben, eine Eskalation zumindest zeitzuverzögern; nennen wir es einmal so.

Frau Bundesministerin! Die Europäische Union, deren Rolle Sie angesprochen haben, ist zwar sicherlich nicht in der Lage, in gleicher Wirksamkeit zu intervenieren, trotzdem frage ich Sie, ob nicht innerhalb der Europäischen Union und des Geflechts der gemeinsamen Außenpolitik eine stärkere öffentliche und auch sichtbare Positionierung Ihrer Meinung nach sinnvoll wäre.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Bundesrat! Ich glaube, es ist nicht so sehr eine Frage der Sichtbarkeit der Rolle der Europäischen Union, sondern es ist vielmehr eine Frage der Wirksamkeit der Rolle der Europäischen Union, und wir haben, wie ich angedeutet habe, in den letzten Ratssitzungen diese Frage ausführlichst diskutiert. Ich darf sagen, dass sich langsam ein Konsens darüber, wie wir vorzugehen hätten, unter den Fünfzehn abzeichnet, der vorher nicht immer gegeben war, und ich habe das vorhin kurz skizziert.

Ich glaube, dass Solana dort tatsächlich, wie auch im Mazedonien-Konflikt, eine sehr positive und herausragende Rolle spielt, die aber derzeit noch nicht von großer Sichtbarkeit getragen ist. Meiner Ansicht nach ist die Sichtbarkeit auch noch nicht so wesentlich wie die Möglichkeit, die beiden Parteien an den Verhandlungstisch zurückzubringen.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wir gelangen nunmehr zur 5. Anfrage, 1160/M. Ich ersuche den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Karl Boden, die Anfrage zu verlesen.

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

1160/M-BR/01

Auf welchen konkreten gemeinsamen Interessen beruht die von Ihnen angestrebte "strategische Partnerschaft" mit Slowenien, der Slowakei, der Tschechischen Republik, Polen und Ungarn?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Dazu darf ich sagen, dass die Staaten der zentraleuropäischen Region vor allem auf Grund ihrer geographischen Lage und Nähe zueinander, wie Sie wissen, eine Vielzahl spezi


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fischer gemeinsamer Belange haben, die man am besten auch durch solidarisches Einvernehmen wahrnehmen sollte. Es geht dabei um Fragen der Landwirtschaft, der Umwelt, der Sicherheit und der Infrastruktur. Es geht vor allem auch um grenzüberschreitende regionale Kooperation, es geht um Fragen wie Jugendaustausch, Tourismus und Wissenschaftsaustausch. Diese Palette könnte lange fortgesetzt werden.

Ich glaube, es ist notwendig, für die Zeit vor dem Beitritt dieser Länder bereits eine Strategie zu entwickeln und möglichst fokussiert mit diesen Staaten zusammenzuarbeiten, aber in einer zweiten Phase, nach deren Beitritt, vor allem gemeinsam die Anliegen der Europäischen Union durchzusetzen.

Die Idee der "strategischen Partnerschaft" ist eigentlich eine Frage der verstärkten Zusammenarbeit, einer Zusammenarbeit, die es schon gibt, ähnlich wie es Ländergruppen wie die Benelux-Staaten oder die nordische Zusammenarbeit gibt. Auch das sind Ländergruppen, die sich regelmäßig treffen, um zu bestimmten Fragen Übereinstimmung zu erzielen. Das wird nicht immer gehen, es passiert auch nicht immer, aber doch sehr oft.

Diese Partnerschaft ist von mir auch nicht als eine vorgefertigte Initiative gedacht, sondern wenn man eine Initiative macht, dann muss man selbstverständlich zuerst einmal einen Vorschlag in den Raum stellen. Es ist aber vorgesehen, dass ich den Kollegen aus diesen Ländern natürlich die Möglichkeit gebe, ihre Ideen dazu einzubringen, und dazu wird es die Regionalkonferenz am 6. Juni geben.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Nur zum besseren Verständnis: War es im Sinne der "strategischen Partnerschaft", diese Idee von österreichischer Seite öffentlich zu präsentieren, ohne die betroffenen Länder vorab in die Pläne der österreichischen Bundesregierung einzubeziehen?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Bundesrat! Es ist normalerweise üblich, darf ich sagen – das machen alle anderen auch so –, wenn man eine Initiative machen will, dass man diese Initiative lanciert und dann zu einem Prozess der Konsultation einlädt. Genau das habe ich getan. Ich darf Ihnen sagen, dass diese Initiative im Großen und Ganzen auf sehr große Zustimmung stößt, im Gegensatz zu dem, was man manchmal in österreichischen Zeitungen darüber lesen kann.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid gemeldet. – Bitte.

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Frau Bundesministerin! Es wird sehr viel von Vorteilen im Zusammenhang mit der Osterweiterung gesprochen. Welche Risken sehen Sie als unsere Vertreterin im auswärtigen Amt?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Frau Bundesrätin! Sie haben natürlich Recht, dass es nicht nur Vorteile, sondern auch Risiken gibt. Ein großes Risiko ist sicherlich die Frage des Arbeitsmarktes. Daher wurde – übrigens auch auf massives österreichisches Betreiben, aber auch auf Betreiben unseres Nachbarlandes Deutschland und von Bundeskanzler Schröder – von der Kommission ein Vorschlag erarbeitet, der Übergangsfristen von bis zu sieben Jahren vorsieht, vor allem für jene Länder, die von der Osterweiterung besonders betroffen sind. Damit ist es möglich, die Erweiterung sehr behutsam durchzuführen.


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Es gibt aber auch andere Fragen, die nicht einfach sein werden, wie zum Beispiel die Frage des Verkehrs oder die Frage der Landwirtschaft. Ich halte auch die Frage für sehr wichtig, dass man in den Grenzregionen weiterhin viel für die Betroffenen tut, denn für eine bestimmte Übergangszeit wird es dort schwieriger sein, wenn auf der einen Seite – nämlich jenseits der Grenze – besonders stark gefördert wird und auf unserer Seite weniger. Ich erachte es als eine wichtige Notwendigkeit, in diesen Bereichen Ausgleichsmaßnahmen durchzuführen.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Friedrich Hensler gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sie haben von der Regionalkonferenz gesprochen. Wie wurde die Einladung zur Regionalkonferenz am 6. Juni aufgenommen?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Bundesrat! Ich darf sagen, ich habe gleichzeitig mit meiner Initiative bereits eine Einladung ausgesprochen. Ich habe auch versucht, einen Tag zu finden, an dem möglichst alle Kollegen nach Wien kommen können. Ich kann Ihnen mitteilen, dass ich von allen Kollegen eine positive Stellungnahme bekommen habe. Von den betroffenen Staaten wird wahrscheinlich nur Polen nicht auf Außenministerebene, sondern nur auf Vizeaußenministerebene vertreten sein, weil eine langjährige, vorherige Terminvereinbarung des Außenministers bestand, die nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte. Alle anderen Außenminister haben bereits über ihre Botschafter ihr Interesse bekundet.

Wir sind in einen Dialog mit diesen Botschaften eingetreten, vor allem in Vorbereitung dieser Konferenz. Ich erwarte mir davon ein Programm, wie wir in der Zukunft gemeinsam die erste Phase des Vorbeitritts und dann später die nächste Phase des Beitritts angehen können. Von slowakischer Seite wurde außerdem großes Interesse daran bekundet, eine weitere solche Regionalkonferenz vor dem nächsten Europäischen Rat ins Auge zu fassen. Darüber werden wir aber erst am 6. Juni abstimmen.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke, Frau Bundesministerin.

Wir gelangen nunmehr zur 6. Anfrage, 1155/M. Ich ersuche Herrn Bundesrat Hans Ager, die Anfrage zu verlesen.

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

1155/M-BR/01

Welche neuen Entwicklungen gibt es bezüglich der Südtirol-Autonomie?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Bundesrat! Dazu darf ich sagen, dass sich die generelle Situation Südtirols sehr positiv darstellt, und zwar sowohl was die wirtschaftlichen als auch was die sozialen Eckdaten des Landes betrifft. Das Land konnte auch nach dem Paketabschluss unter Streitbeilegung im Jahr 1992 zusätzliche Kompetenzen gewinnen und damit die Landesautonomie weiter stärken. Gleichzeitig entwickelt sich auch das Zusammenleben zwischen den verschiedenen Sprachgruppen äußerst gedeihlich.

Zur aktuellen politischen Entwicklung liegt dem Bundesrat ein entsprechender Bericht meines Hauses vor. Zur Verfassungsreform, mit der das Autonomiestatut von 1972 geändert wird, darf ich sagen, dass sie am 16. Februar 2001 in Kraft getreten ist. Sie stellt einen weiteren, für Südtirol sehr positiven Schritt dar, wobei von grundlegender Bedeutung ist, dass das Land vor


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allem auf Kosten der Region entscheidend aufgewertet wird. Das stellt ein langjähriges Petitum der Südtiroler dar.

Insgesamt wurde durch die Verfassungsreform fast ein Drittel der Bestimmungen der bisher geltenden Autonomiestatuten aus 1992 modifiziert, sodass man auf Südtiroler Seite fast von einem dritten Autonomiestatut spricht. Dabei sind vor allem die positiven Neuerungen für die kleine ladinische Volksgruppe von Bedeutung, etwa ihr Recht auf Vertretung im Regionalrat, auf einen Sitz in der Regionalregierung, unabhängig von ihrer Stimmenstärke, sowie die Möglichkeit, einen Vertreter der Ladiner auch in der Landesregierung zu kooptieren.

Durch ein anderes Verfassungsgesetz aus allerletzter Zeit kündigt sich eine weitere Stärkung der Südtirol-Autonomie an. Es soll insbesondere die Pflicht zur Genehmigung von Landesgesetzen durch Rom wegfallen sowie erstmals die deutsche Bezeichnung "Südtirol" in die italienische Verfassung aufgenommen werden.

Über diese Entwicklungen habe ich übrigens den Außenpolitischen Ausschuss und den Unterausschuss betreffend Südtirol am 6. und 29. März informiert.

Außerdem ist Italien im Herbst des letzten Jahres hinsichtlich einer allfälligen Änderung von Paketmaßnahme 50 an uns herangetreten, die vor allem die Erfordernis einer vierjährigen Ansässigkeit für die Ausübung des aktiven Wahlrechts bei Gemeinde- und Landtagswahlen festlegt. Im März haben dazu erste Gespräche zwischen Österreich und Italien stattgefunden, sie haben aber vorläufig zu keiner Einigung geführt.

Ich werde natürlich den Bundesrat darüber weiter auf dem Laufenden halten. – Danke.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Sie hat sich erübrigt. – Danke schön.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Klaus Gasteiger gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Frau Bundesministerin! Wie beurteilen Sie die Autonomieentwicklung in Südtirol nach einem wahrscheinlichen, massiven Rechtsruck durch Berlusconis Forza Italia – die, wie wir wissen, so ähnlich strukturiert ist, wie Ihr Regierungspartner, die Freiheitlichen – nach den italienischen Parlamentswahlen am 13. Mai?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Bundesrat! Ich gehe davon aus, dass sich an der Südtirol-Autonomie auch dann nichts ändern wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Wilhelm Grissemann gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sie haben eigentlich schon die Antwort vorweggenommen, trotzdem darf ich Sie noch einmal fragen, und zwar eindringlich fragen: Sehen Sie die Autonomie Südtirols im Falle eines Wahlerfolges des Rechtsbündnisses auch international genügend abgesichert?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Bundesrat! Ich glaube, dass die Südtirol-Autonomie ganz klar international abgesichert ist. Dazu darf


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ich sagen, dass es von besonderer Bedeutung war, dass zu dieser letzten möglichen Änderung der Paketmaßnahme 50 ein offizielles Schreiben des italienischen Außenministers Lamberto Dini an mich erfolgte, in dem er klar auf den internationalen Charakter des Paketes Bezug nimmt. Das ist ein sehr gutes Präjudiz, auch für die Zukunft.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 7. Anfrage, 1161/M. Ich ersuche die Anfragestellerin, Frau


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Bundesrätin Brunhilde Fuchs, um Verlesung der Anfrage.

Bundesrätin Brunhilde Fuchs (SPÖ, Wien): Werte Frau Ministerin! Meine Frage lautet:

1161/M-BR/01

Wie glaubwürdig ist Österreichs Engagement im Bereich "Solidaritätsleistungen" – deren Bedeutung Sie auch in den von Ihnen präsentierten Leitlinien für die österreichische Außenpolitik betonen – angesichts der gravierenden finanziellen Kürzungen im Bereich der Osthilfe, der EZA und bei den Beiträgen zu internationalen Organisationen?


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Präsident Ing. Gerd Klamt:
Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Frau Bundesrätin! Zum Ersten darf ich sagen, dass ich mich natürlich zum Sparziel dieser Bundesregierung bekenne. Ich habe aber immer gleichzeitig dazu gesagt, gespart werden darf nicht nach dem Rasenmäher-Prinzip. Daher müssen alle Ressorts Prioritäten setzen. Auch das habe ich in meinem Ressort gemacht, und zwar bin ich dabei wirklich an die Schmerzgrenze für mein kleines Ressort mit einem kleinen Budget gegangen, um die Bereiche Entwicklungszusammenarbeit und Osthilfe möglichst vor größeren Budgetkürzungen zu bewahren.

Die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit habe ich, wie Sie wissen, überhaupt nur um 15 Millionen Schilling gekürzt. Wenn man weiß, dass das Gesamtvolumen der Entwicklungszusammenarbeit zirka 6,8 Milliarden Schilling beträgt, wobei natürlich sowohl das Außenministeriumsbudget als auch das Finanzministeriumsbudget enthalten sind, dann muss man zugeben, dass das wirklich nicht sehr viel ist.

Was die Osthilfe betrifft, bei der es tatsächlich zu einer größeren Kürzung gekommen ist, so muss man sagen, dass 100 Millionen Schilling Budgetüberschreitung für den Stabilitätspakt gegeben waren, die mir leider heuer nicht mehr zur Verfügung stehen. Das heißt, die eigentlich für die Osthilfe zur Verfügung stehende Summe ist nicht so stark gekürzt worden, obwohl ich mir natürlich wünschen würde, dass ab dem Jahr 2003 wieder entsprechende Beträge vorlägen, damit wir möglichst unser Engagement, sowohl nach Osten als auch nach Südosten, auch zeigen können.

Was die multilateralen Organisationen betrifft, muss ich zugeben, es ist richtig, dass ich in diesem Bereich zum Teil substanzielle Einschnitte machen musste. Aber es ist andererseits gerade Ihnen und auch mir sehr wichtig, dass die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit erhalten bleibt, die vor allem von den österreichischen NGOs getragen wird. Um die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit möglichst wenig anzutasten, musste ich die Mittel für manche multilateralen Organisationen kürzen. Allerdings konnte ich auch da in manchen Bereichen positive Signale setzen. Zum Beispiel werde ich für 2002 für freiwillige Beiträge an die Vereinten Nationen wieder eine leichte Erhöhung vorsehen.

Insgesamt hoffe ich, wie gesagt, dass ab 2003 diese schwierige Phase vorbei sein wird, und wir wieder voll die von Österreich so dringend geforderte Solidarität zeigen können.


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Präsident Ing. Gerd Klamt:
Danke, Frau Bundesministerin.

Frau Bundesrätin! Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrätin Brunhilde Fuchs (SPÖ, Wien): Welche Projekte der Osteuropa-Hilfe werden oder wurden gestrichen?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Frau Bundesrätin! In erster Linie sind das neue Projekte. Fortlaufende Projekte versuchen wir meistens fortzuführen.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dr. Robert Aspöck gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Frau Bundesministerin! Sie haben die Frage eigentlich schon indirekt beantwortet. Sind die von Ihnen notwendigerweise vorgenommenen Kürzungen letztendlich das Ergebnis desaströser Finanzpolitik früherer Regierungen? (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesrat Gruber: Wenn einem sonst nichts einfällt!)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Bundesrat! Ich darf sagen, dass es tatsächlich viele Jahre lang eine Budgetpolitik gegeben hat, die leider zu große Defizite gemacht hat, die wir jetzt ausgleichen müssen, um den Euro-Normen gerecht werden zu können. (Weitere anhaltende Zwischenrufe und ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Ich ersuche, der Frau Bundesministerin die Möglichkeit zu geben, die Frage zu beantworten. Ich glaube, das ist ein Akt der Höflichkeit. (Bundesrat Mag. Hoscher: Sie ist ja schon fertig! Aufpassen! – Bundesrätin Fuchs: Zuhören! – Weitere Zwischenrufe und ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Johann Ledolter gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzte Frau Bundesministerin! Um von diesem doch eher seichten Niveau wieder zurückzukommen zu Ihrer engagierten und erfolgreichen Außenpolitik, möchte ich Sie fragen: Wie entwickelt sich der österreichische Beitrag zum UNHCR?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Bundesrat! Es musste zwar im Budget für 2002 diesbezüglich einiges gekürzt werden, aber man darf nicht immer nur die Beiträge zum administrativen Budget betrachten. Es wird nämlich eine ganze Reihe von substanziellen, zusätzlichen Zahlungen geleistet. Zum Beispiel werden für das Minenprogramm im Kosovo 5,5 Millionen Schilling zur Verfügung gestellt. Weiters gibt es Projekte im Umfang von 1,8 Millionen im Rahmen der Soforthilfe der Bundesregierung über den UNHCR. Daneben wurde im Rahmen des Junior Professional Officer Programs die Beistellung einer Österreicherin zum UNHCR-Büro in Caracas finanziert.

Das heißt, alles in allem haben wir somit neben unserem Beitrag zum administrativen Budget in der Höhe von 5 Millionen zusätzliche Zahlungen im Umfang von 7,8 Millionen geleistet, und das werden wir selbstverständlich auch in der Zukunft weiter so halten.

Wir sind dabei, konkrete Projekte der Zusammenarbeit zu prüfen, wobei ich mir gerade in Serbien ein Projekt mit dem UNHCR vorstellen könnte. Ich werde in Zukunft überhaupt versuchen, so genannte Multi-Bi-Projekte zu machen, das heißt Projekte, die gerade in Schwerpunktländern der Entwicklungszusammenarbeit von multilateralen Organisationen durchgeführt werden, wobei wir dann beides ermöglichen können.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 8. Anfrage, 1156/M. Ich ersuche die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Margarete Aburumieh, um Verlesung der Anfrage.

Bundesrätin Margarete Aburumieh (ÖVP, Niederösterreich): Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

1156/M-BR/01

Wie ist der Stand der Umsetzung des Melker-Protokolls zu Temelin?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Frau Bundesrätin! Durch das Melker Treffen zwischen Schüssel, Zeman und Kommissar Verheugen konnte zunächst einmal eine gewisse Verbesserung des politischen Klimas und auch der Problematik um das Kernkraftwerk Temelin erreicht werden.

Der Stand der Umsetzung ist folgender: Erstens wurde eine Informationshotline zur raschen und korrekten Information der österreichischen Behörden und der Öffentlichkeit auch über Vorgänge, die vom bilateralen Nuklearinformationsabkommen nicht erfasst sind, ermöglicht und eingerichtet, und das hat zunächst einmal den Informationsfluss wesentlich verbessert. Trotzdem erregen natürlich all die laufend passierenden Pannen eine verständliche Besorgnis in der Öffentlichkeit. Sie verursachen vor allem auch ein negatives Stimmungsbild.

Als positiv ist zu vermerken, dass die Verbesserung des Frühwarnsystems mit weitreichendem Datenaustausch durch eine von Österreich zur Verfügung gestellte Monitoring-Station südlich von Budweis in Angriff genommen wurde.

Die im Rahmen eines so genannten Trilogs – einer Expertenkommission mit Beteiligung Österreichs, Tschechiens und der Europäischen Kommission – zu erfolgende Sicherheitsüberprüfung wurde in Angriff genommen, um die jeweiligen Problembereiche im Sicherheitsbereich herauszuarbeiten und dann gemeinsam zu lösen.

Die Umsetzung einer umfassenden Umweltverträglichkeitsprüfung mit Unterstützung und Überwachung durch die Europäische Kommission muss auf Basis der gemeinsamen Erklärung zwischen Bundesminister Molterer und Außenminister Kavan weiter durchgeführt werden.

Bedauerlicherweise sind Probleme aufgetreten, die Österreich wieder zu einer Demarche in Prag veranlasst haben. In einem vom österreichischen Botschafter in Prag überreichten Aide-Mémoire wurde auf diese Kritikpunkte hingewiesen.

Am 10. April wurden Österreich zwei Berichte im Rahmen des UVP-Verfahrens übermittelt. Der von der UVP-Kommission erstellte Bericht wurde bisher jedoch nur in tschechischer Sprache übermittelt – das war am 18. April. Dies widerspricht der gemeinsamen Vereinbarung. Der zweite Bericht, der das Thema "schwere Unfälle" behandelt, wurde von der staatlichen Nuklearaufsichtsbehörde erstellt und vereinbarungsgemäß in englischer und tschechischer Sprache ins Internet gestellt. Das Umweltbundesamt hat diesen Bericht auf seiner Temelin-Homepage auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Bundesräte! Diese beiden Berichte werden derzeit von den Experten eingehendst geprüft. Nach einer ersten Durchsicht der UVP-Dokumentation zeichnet sich ab, dass Österreich Ergänzungen insbesondere bezüglich schwerer Unfälle und der so genannten Variantenprüfung fordern wird. Dies wurde der tschechischen Seite am 17. April mündlich über unseren österreichischen Botschafter in Prag mitgeteilt. Die exakten Forderungen Österreichs werden Tschechien gegen Ende der Woche nach Durchsicht des Materials schriftlich übermittelt werden.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrätin Margarete Aburumieh (ÖVP, Niederösterreich): Frau Bundesministerin! Wie entwickeln sich denn die bilateralen Beziehungen zur Tschechischen Republik in anderen Bereichen?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Frau Bundesrätin! Im Großen und Ganzen entwickeln sich die Beziehungen zu Tschechien sehr gut. Am 29. März war Außenminister Kavan hier, und wir haben beide großes Interesse daran, als Nachbarn bestmöglich auf allen Gebieten zusammenzuarbeiten und im Geiste des Dialogs und des Vertrauens auch kooperative Lösungen zu finden. Es gibt keine Alternative zu einem guten Miteinander.

Wir haben auch die Frage der strategischen Partnerschaft vordiskutiert, die auch vom tschechischen Außenminister Kavan durchaus als interessant und positiv bewertet wurde. Wir haben ferner gemeinsam eine Konferenz über historisch-rechtliche Fragen eröffnet, die am Ende, vielleicht in ungefähr einem Jahr, auch zu einer Lösung der Frage der Beneš-Dekrete und der diesbezüglichen Konflikte führen soll. Es wird also insgesamt im politischen Bereich sehr viel gemacht, um so aufzuholen, dass wir die ausgezeichneten Beziehungen im wirtschaftlichen Bereich erreichen.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Johann Kraml gemeldet. – Bitte. (Einige Bundesräte der ÖVP tragen gelb-rote Plaketten mit der Aufschrift "Stop Temelin".)

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): "Stop Temelin" sehe ich hier auf einigen Plaketten der ÖVP-Kollegen. Frau Bundesministerin! Glauben Sie, dass Temelin mit dem Melker Protokoll gestoppt werden kann?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Bundesrat! Ich denke, man muss die Dinge ganz klar so sehen, wie sie in der Europäischen Union derzeit sind. Das heißt, jeder Staat hat die Möglichkeit, für sich seine Energieformen zu wählen, muss aber gleichzeitig für absolute Sicherheit sorgen. Daher glaube ich, dass der Melker Prozess gut ist. Die Bundesregierung prüft ja, wie ich gesagt habe, gerade auch die beiden Berichte über die UVP und wird bestimmte Ergänzungen verlangen, sodass das, was wir im Rahmen der Union fordern können, auch getan wird. Wir fordern ein sicheres Kernkraftwerk, das eben auch den Anforderungen entspricht, die ein Nachbarland an ein anderes stellen kann.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann (Freiheitliche, Oberösterreich): Frau Bundesministerin! Angesichts dramatischer Umweltprobleme formulierte der "Club of Rome" schon in den siebziger Jahren das Gebot, nicht erst aus Katastrophen zu lernen, sondern durch Antizipation. Dieses Postulat ist nach dem Super-GAU von Tschernobyl von größter Aktualität. Erst gestern hat die Oberösterreichische Landesregierung in Zusammenhang mit Temelin unter anderem folgende Forderungen an die Bundesregierung gerichtet:

Erstens: Die österreichische Bundesregierung möge gegenüber der tschechischen Regierung die Position Oberösterreichs in direkten politischen Verhandlungen vertreten.


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Zweitens: Die österreichische Bundesregierung möge im Rahmen der EU-Beitrittsverhandlungen dem Energiekapitel nicht zustimmen, solange Tschechien in Bezug auf die Sicherheit Temelins nicht nachweisen kann, dass der Reaktor dem aktuellen Stand der Technik entspricht.

Frau Bundesministerin! Eine undiplomatisch direkte Frage: Werden Sie diesem einstimmigen Beschluss der Oberösterreichischen Landesregierung Folge leisten, oder werden Sie insbesondere die geforderte Junktimierung der AKW-Sicherheitsstandards mit der Zustimmung Österreichs zum EU-Beitritt Tschechiens konterkarieren? Denn Plaketten allein werden nicht reichen. – Danke.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Bundesrat! Ich darf dazu sagen, dass ich schon ausführlich darauf geantwortet habe. Grundsätzlich kann ein Staat in der Union seine Energieform wählen. Er muss sie allerdings in solch einer Form erzeugen, dass sie den Sicherheits- und auch den Umweltverträglichkeitserfordernissen entspricht, die innerhalb der Union einen gewissen Standard darstellen.

Ich darf sagen, dass – wie ich auch schon in einem anderen Zusammenhang heute sagen konnte – natürlich die Bundesregierung die Außenpolitik bestimmt. Aus meinen bisherigen Erfahrungen möchte ich doch festhalten: Blockade hat sich noch nie als eine effektive Politik erwiesen, sondern die richtige Strategie sind harte kontinuierliche Verhandlungen, die das erreichen können, was wir eben erreichen müssen, nämlich höchstmögliche Sicherheit und eine gute Umweltverträglichkeitsprüfung, die uns die Dinge klarmacht. (Bundesrat Dr. Nittmann: Die Frage der Junktimierung war damit nicht beantwortet!) Keine Junktimierung!

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 9. und letzten Anfrage, 1158/M. Ich ersuche den Fragesteller, Herrn Bundesrat Engelbert Weilharter, die Frage zu formulieren.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich habe folgende Frage an Sie:

1158/M-BR/01

Wie ist der aktuelle Stand bei den Erweiterungsverhandlungen der Europäischen Union?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Bundesrat! Ich darf sagen, dass der Erweiterungsprozess unumkehrbar ist und der Stand der Verhandlungen derzeit unter schwedischer Präsidentschaft eigentlich sehr rasant ist, denn die schwedische Präsidentschaft hat sich vorgenommen, diesen Erweiterungsprozess besonders voranzutreiben. Dies ist auch absolut in österreichischem Interesse, weil wir natürlich sehr viele Vorteile und Chancen aus dieser Erweiterung ziehen, wobei wir aber andererseits, wie ich vorhin schon sagen konnte, natürlich auch die Risiken sehen müssen und daher eine sehr behutsame Erweiterung durchführen müssen.

Ich möchte hier noch einmal die Frage der Personenfreizügigkeit ansprechen. Wir haben als einziger EU-Mitgliedstaat mit der Präsentation einer Informationsnote schon vor einem Jahr die EU-Partner auf die besonderen Verhältnisse in Österreich und vor allem auch auf die Pendlerproblematik aufmerksam gemacht und sind damals schon auf ein gewisses Verständnis gestoßen, das sich auch in dem Vorschlag der Kommission betreffend die siebenjährige Übergangszeit ganz klar zeigt.

Wir haben auch in anderen Bereichen gepunktet: Etwa im Nuklearbereich haben wir die Frage nuklearer Sicherheitsstandards überhaupt erst auf die Tagesordnung gesetzt. Dies hat es vorher nicht gegeben. Wir haben, so glaube ich, auch dafür gesorgt, dass diese Frage im Er


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weiterungsprozess thematisiert wird, und das hat zu einer Sensibilisierung aller unserer Partnerländer in der Union geführt.

Ich möchte aber auch ein paar konkrete Resultate hier ansprechen. In Bulgarien, Litauen und der Slowakei wurden verbindliche Beschlüsse gefasst, die unsicheren Reaktoren von Kosloduj, Ignalina und Bohunice zu schließen. Weiters haben sich die Mitgliedstaaten darauf geeinigt, die Sicherheitsinstallationen der Kandidatenstaaten zu bewerten, zu einer gemeinsamen Position zu kommen und überhaupt unabhängigen Nuklearaufsichtsbehörden größeres Augenmerk zuzuwenden.

Ich habe vorhin schon ausgeführt, dass es natürlich noch andere für uns wichtige Fragen gibt wie vor allem die Verkehrsfrage. Allgemein wird auch die Frage der Landwirtschaft sicherlich eine schwierige Frage sein. Aber ich darf sagen, dass wir mit harten kontinuierlichen Verhandlungen, in denen eben auch wir unsere Position auf den Tisch legen, am Ende sicher eine gute Erweiterung haben werden, die vor allem für Österreich sehr positiv sein wird.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Bundesministerin! Sollten Entwicklungen der Beitrittsstaaten nicht unseren und somit den europäischen Vorstellungen entsprechen, zum Beispiel von einem kernenergiefreien Mitteleuropa, wie ist dann Ihre Position?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Ich habe das vorher schon ausgeführt. Es gibt in der Europäischen Union die ganz klare Entscheidung, dass jedes Land über seine eigene Energie entscheidet. Diese Entscheidung müssen wir selbstverständlich respektieren, wir müssen aber alles tun, um zu maximaler Sicherheit der Kernkraftwerke an den Grenzen zu gelangen, und dies in einem dauernden Prozess auch der Konsultation mit diesen Staaten weiter zu begleiten.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Alfred Schöls gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Sie haben in Ihrer Anfragebeantwortung schon einige Kriterien angesprochen, die die Beitrittskandidaten zu erfüllen haben. Nach meinem Dafürhalten ist es für dieses große europäische Friedensprojekt notwendig, Ängste zu nehmen und nicht Ängste zu schüren. Daher lautet meine Frage an Sie: Welche Maßnahmen setzt die österreichische Bundesregierung, um innerösterreichisch die Information über den geplanten Erweiterungsprozess voranzutreiben?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Bundesrat! Ich habe gerade vor Ostern zusammen mit der Frau Vizekanzlerin die so genannte Österreich-Plattform aus der Taufe gehoben, die ein Dialog- und Diskussionsforum zum Thema EU-Erweiterung mit den Österreichern darstellen wird. Es wird eine umfangreiche offene Diskussion über alle Chancen und Risiken geben. Wir haben ein weitreichendes Informationspartnernetzwerk aufgebaut, das jederzeit erweitert werden kann, zu dem wir auch viele Gruppierungen zur Mitarbeit einladen und eingeladen haben. In diesem Rahmen sollen Projekte eingebracht werden, Umsetzungsvorschläge unterbreitet werden und dann vor allem Informationsveranstaltungen abgehalten werden können, wobei ich mir vorstelle, dass diese vor allem in den Bundesländern und vor allem auch in den Grenzregionen stattfinden sollen, weil vielleicht dort die meisten Ängste bestehen. Wir haben hier sehr offen all die Fragen anzusprechen, die von der Bevölkerung gestellt werden.


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Es wird auch entsprechende Presse-Unterlagen geben. Es wird natürlich auch Recherchehilfen für Journalisten geben, und es wird eine EU-Erweiterungs-Homepage im Internet eingerichtet, die alle diese Aspekte der EU-Erweiterung darstellen wird. Eine Telefon-Hotline soll diese Information abrunden. – Danke, Herr Präsident.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Herbert Thumpser gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sie haben schon die strategischen Partnerschaften in Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung und auch die Übergangsfrist hinsichtlich der Personenfreizügigkeit angesprochen. Mich würde interessieren: Welche Kriterien sind für diese siebenjährige Übergangsfrist in Bezug auf Personenfreizügigkeit aus der Sicht der Bundesregierung heranzuziehen?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Bundesrat! Ich darf ganz klar sagen: Diese sieben Jahre standen im Raum, nachdem es eben einmal schon einen Präzedenzfall gegeben hat, nämlich beim Beitritt Spaniens und Portugals zur Europäischen Union. Daher war das die maximale Frist, die in der Union überhaupt zu akzeptieren sein kann.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke, Frau Bundesministerin.

Die Fragestunde ist damit beendet. (Bundesrat Thumpser: Keine Antwort ist auch eine Antwort!)

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Ing. Gerd Klamt: Eingelangt ist ein Beschluss des Nationalrates vom 4. April 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2001 (Bundesfinanzgesetz 2002 – BFG 2002) samt Anlagen.

Dieser Beschluss unterliegt im Sinne des Artikels 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates. Eine weitere geschäftsordnungsmäßige Behandlung durch den Bundesrat ist daher nicht vorgesehen.

Eingelangt sind weiters Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Ministervertretungen.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieser Schreiben.

Schriftführerin Monika Mühlwerth:

"Der Herr Bundespräsident hat am 26. März 2001, Zl. 300.100/12-BEV/2001, folgende Entschließung gefasst:

Auf Vorschlag des Bundeskanzlers betraue ich für die Dauer der Verhinderung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer am 17. und 18. April 2001 den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein beziehungsweise innerhalb des Zeitraumes vom 19. bis 22. April 2001 die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer mit der Vertretung.

Hievon beehre ich mich, mit dem Ersuchen um gefällige Kenntnisnahme Mitteilung zu machen."

"Der Herr Bundespräsident hat am 5. April 2001, Zl. 300.100/16-BEV/2001, folgende Entschließung gefasst:


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Auf Vorschlag des Bundeskanzlers betraue ich für die Dauer der Verhinderung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein am 19. und 20. April 2001 den Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser mit der Vertretung."


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Präsident Ing. Gerd Klamt:
Dient zur Kenntnis.

Eingelangt sind ferner elf Anfragebeantwortungen, 1633/AB bis 1643/AB, die den Anfragestellern übermittelt wurden.

Die Anfragebeantwortungen wurden vervielfältigt und sind bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die im Saal verteilte Liste mit den eingelangten Anfragebeantwortungen.

Die bereits früher eingelangten und zugewiesenen Beschlüsse des Nationalrates vom 27. und 28. März 2001 sowie den ebenfalls früher eingelangten und zugewiesenen Bericht der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend jüngste Entwicklungen der Südtirol-Autonomie habe ich auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte hierüber erstattet.

Abstandnahme von der 24-stündigen Aufliegefrist

Präsident Ing. Gerd Klamt: Es ist mir der Vorschlag zugekommen, von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussberichte Abstand zu nehmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die mit dem Vorschlag der Abstandnahme von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussberichte einverstanden sind, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Vorschlag ist somit mit der nach § 44 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Ing. Gerd Klamt: Ich beabsichtige die Debatte über die Punkte 1 bis 3, 6 und 7, 9 bis 13, 16 bis 18 sowie 19 und 20 der Tagesordnung unter einem abzuführen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Dies ist nicht der Fall. Wir werden daher in diesem Sinne vorgehen.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Ankündigung von dringlichen Anfragen

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Professor Albrecht Konecny und Genossen betreffend den Regierungsbeauftragten für EU-Erweiterungsfragen an den Herrn Bundeskanzler vorliegt.

Weiters liegt mir ein zweites Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Professor Albrecht Konecny und Genossen betreffend den Regierungsbeauftragten für EU-Erweiterungsfragen an die Frau Vizekanzlerin vor.

Meine Damen und Herren! Zur Beratung darüber in einer Präsidiale unterbreche ich die Sitzung.

(Die Sitzung wird um 10.16 Uhr unterbrochen und um 11.11 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Ing. Gerd Klamt: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf .

Zurückziehung und Ankündigung von dringlichen Anfragen

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Ergebnis der Präsidialkonferenz wurde die von den Bundesräten Professor Albrecht Konecny und GenossInnen gemäß § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates an die Frau Vizekanzlerin gerichtete dringliche Anfrage betreffend den Regierungsbeauftragten für EU-Erweiterungsfragen zurückgezogen und in weiterer Folge von den Bundesräten Professor Albrecht Konecny und Genossen eine neuerliche dringliche Anfrage an die Frau Vizekanzlerin betreffend den Regierungsbeauftragten für EU-Fragen eingebracht.

Da die an den Herrn Bundeskanzler gerichtete dringliche Anfrage sowie die an die Frau Vizekanzlerin in geänderter Form eingebrachte dringliche Anfrage zwar in keiner zeitlichen Reihenfolge, in jedem Fall aber in einem inhaltlichen Zusammenhang stehen, werde ich gemäß § 61 Abs. 6 der Geschäftsordnung des Bundesrates die Behandlung der beiden von mir genannten dringlichen Anfragen zusammenziehen.

Die Behandlung der beiden dringlichen Anfragen verlege ich gemäß § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortungen 1633/AB-BR/01 bis 1640/AB-BR/01

Präsident Ing. Gerd Klamt: Weiters gebe ich bekannt, dass mir gemäß § 60 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates acht von fünf Bundesräten schriftlich unterzeichnete Verlangen vorliegen, eine Besprechung der schriftlichen Anfragebeantwortungen 1633/AB-BR/01 bis 1640/AB-BR/01 der Anfragen 1770/J-BR/01, 1773/J-BR/01 bis 1779/J-BR/01 an den Herrn Bundesminister für Justiz durchzuführen.

Gemäß § 60 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Bundesrates werde ich die Besprechung der genannten Anfragebeantwortungen, die in einem inhaltlichen Zusammenhang stehen, zusammenziehen.

Die Besprechung der von mir genannten Anfragebeantwortungen wird im Anschluss an die Durchführung der beiden dringlichen Anfragen erfolgen.

1. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Finnland, der Griechischen Republik, Irland, der Italienischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Portugiesischen Republik, dem Königreich Schweden, dem Königreich Spanien, der Europäischen Atomgemeinschaft und der Internationalen Atomenergie-Organisation in Ausführung von Artikel III Absätze 1 und 4 des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen samt Anlagen (283 und 512/NR sowie 6333/BR der Beilagen)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend Gemeinsames Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle (349 und 513/NR sowie 6334/BR der Beilagen)


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3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation erdölexportierender Länder über die Änderung des Amtssitzabkommens samt Annexen (442 und 516/NR sowie 6335/BR der Beilagen)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zu den Punkten 1 bis 3, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Finnland, der Griechischen Republik, Irland, der Italienischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Portugiesischen Republik, dem Königreich Schweden, dem Königreich Spanien, der Europäischen Atomgemeinschaft und der Internationalen Atomenergie-Organisation in Ausführung von Artikel III Absätze 1 und 4 des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen samt Anlagen,

ein Gemeinsames Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle sowie

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation erdölexportierender Länder über die Änderung des Amtssitzabkommens samt Annexen.

Die Berichterstattung über die Punkte 1 bis 3 hat Herr Bundesrat Hans Ager übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Hans Ager: Geschätzter Herr Präsident! Werte Frau Bundesministerin! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Finnland, der Griechischen Republik, Irland, der Italienischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Portugiesischen Republik, dem Königreich Schweden, dem Königreich Spanien, der Europäischen Atomgemeinschaft und der Internationalen Atomenergie-Organisation in Ausführung von Artikel III Absätze 1 und 4 des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen samt Anlagen.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor. Ich glaube, dass ich mir das Verlesen daher ersparen kann.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 18. April 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, 1. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den


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gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Nachdem diese drei Punkte zusammengefasst abgehandelt werden, komme ich zum zweiten Punkt: Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend Gemeinsames Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 18. April 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, 1. dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs.1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen und 2. gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

Bevor ich zum dritten Punkt komme, bringe ich eine Druckfehlerberichtigung, was den dritten Punkt betrifft. Im bereits ausgegebenen Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten 6335 der Beilagen zu den Stenografischen Protokollen des Bundesrates sind im Titel des Beschlusses des Nationalrates die Worte "Erdöl exportierender" richtigerweise durch das Wort "erdölexportierender" zu ersetzen. Der Ordnung halber habe ich das gemacht.

Ich komme nun zum dritten Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation erdölexportierender Länder über die Änderung des Amtssitzabkommens samt Annexen.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 18. April 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichterstattung.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung, die über die Beschlüsse des Nationalrates getrennt erfolgen wird.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Finnland, der Griechischen Republik, Irland, der Italienischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Portugiesischen Republik, dem Königreich Schweden, dem Königreich Spanien, der Europäischen Atomgemeinschaft und der Internationalen Atomenergie-Organisation in Ausführung von Artikel III Absätze 1 und 4 des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen samt Anlagen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Weiters bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend Gemeinsames Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Dem Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Weiters bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation erdölexportierender Länder über die Änderung des Amtssitzabkommens samt Annexen.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird (427 und 515/NR sowie 6336/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird.

Die Berichtserstattung hat Herr Bundesrat Ledolter übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Johann Ledolter: Geschätzte Frau Vizepräsidentin! Verehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird.

Nachdem dieser Bericht in schriftlicher Form vorliegt, darf ich mir mit Ihrer Zustimmung erlauben, auf eine Verlesung zu verzichten und zum Antrag zu kommen.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 18. April 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

5. Punkt

Bericht der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend jüngste Entwicklungen der Südtirol-Autonomie (III-218-BR/01 und 6337/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung: Bericht der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend jüngste Entwicklungen der Südtirol-Autonomie.

Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Ledolter übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Johann Ledolter: Verehrte Frau Vizepräsidentin! Verehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Bericht der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend jüngste Entwicklungen der Südtirol-Autonomie liegt ebenfalls schriftlich vor. Auch hier erlaube ich mir, auf eine Verlesung zu verzichten.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 18. April 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche um Eröffnung der Debatte.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich als Erster Herr Bundesrat Ager. – Bitte.

11.27

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Frau Bundesministerin! Dieses Thema diskutierten wir vor kurzer Zeit hier im Bundesrat, daher kann ich mich heute relativ kurz fassen. Das Thema Südtirol-Autonomie und die jüngste Entwicklung dazu sind auf den ersten Blick eine eher nüchterne Geschichte, waren aber über Jahrzehnte im wahrsten Sinne des Wortes mit sehr viel Zündstoff behaftet.

Eine große Anzahl von aufrechten Männern und Frauen war notwendig, um in dieser schwierigen Zeit dieses zerrissene Tirolerland im Staate Italien, jenseits des Brenners, wieder zu einem guten Partner zu machen. Seit der Rückkehr zum Verhandlungstisch reihen sich diese Errungenschaften und Erfolge wie eine Perlenkette aneinander. Ich darf ein paar für mich oder als Tiroler wichtige Erfolge aufzählen: die Zweisprachigkeit in den Ämtern, die Begnadigung von Südtirol-Aktivisten, eine Universität in Bozen – als Ergänzung und Partner von Innsbruck und nicht als Konkurrent. Weiters sind die Lebensqualität und die Sicherheit gestiegen. 2,2 Prozent beträgt die Arbeitslosenrate, es besteht de facto Vollbeschäftigung. Außerdem gibt es eine Autonomie freundliche Grundhaltung in Rom, was auch nicht immer selbstverständlich war. – All dies schaffte eine große Vertrauensbasis.

Zu erwähnen sind noch die Übernahme von Landeskompetenzen insbesondere im Schuldienst, die Übernahme des Straßennetzes in den Besitz des Landes, die Gründung eines autonomen Stromverteilungsunternehmens mit Liberalisierung, die Ermächtigung an das Land Südtirol, die Konzessionen für große Wasserableitungen selbständig zu vergeben, was für dieses Land wirtschaftlich sehr wertvoll ist. Im Laufe des Jahres 1999 konnten viele Immobilien, wie zum


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Beispiel Kasernen, Bahnareale, Schutzhütten und so weiter in den Besitz des Landes Südtirol übergehen.

Anführen möchte ich weiters den Wegfall jeglicher Personenkontrollen an den Grenzen – jeder, der früher über den Brenner gefahren ist, hat gewusst, was das bedeutet hat –, die gemeinsame Teilnahme an der Währungsunion, die Vertretung der Ladiner im Präsidium des Regionalrates, in der Regionalregierung sowie in der Südtiroler Landesregierung, die Gesetzeskompetenz in der Ortsnamengebung durch das Land und die Anerkennung der akademischen Grade, was auch eines Ihrer Verdienste ist, liebe Frau Ministerin!

Es gibt seit 1998 einen Dreier-Landtag Tirol, Südtirol, Trentino. Weiters gibt es einen guten und regen Lehrlingsaustausch. Überlegt wird auch die Direktwahl des Landeshauptmannes in dieser Geschichte. Und die Autonomie Südtirol soll in diesen Dingen der italienischen Gesetzgebung nicht nachhinken.

Auch wurde den Schützen Südtirols – diese Traditionsvereine sind für Tirol eine wichtige Sache , das versteht man andernorts nicht immer – erstmals vom italienischen Innenminister erlaubt, ihre historischen Waffen, also Gewehre und Säbel, zu tragen. Sie werden nun nicht mehr als paramilitärische Organisation, sondern als friedliche Vereinigung angesehen und als solche auch gelobt.

Der Tupfen auf dem i, liebe Frau Ministerin, wäre natürlich – ich glaube auch an diese Sache –, wenn auch die Tiroler Schützen mit ihren historischen Waffen nach Südtirol fahren könnten. Ich glaube, dass heute niemand mehr irgendwelche Ressentiments hätte, dass diese 1 000 oder 1 500 Tiroler Schützen mit ihren gewichtigen Säbeln und Waffen die Autonomie oder den italienischen Staat insgesamt gefährden könnten.

Österreich steht in der Wahrnehmung seiner Schutzfunktion ständig im Kontakt mit der deutschsprachigen Volksgruppe in Südtirol. Liebe Frau Bundesministerin! Die Hochachtung diesseits und jenseits des Brenners für Ihre Person und Ihre Arbeit ist riesengroß. Ich möchte mich heute dafür an dieser Stelle sehr herzlich bei Ihnen bedanken.

Zum Schluss möchte ich sagen: Setzen Sie Ihren erfolgreichen außenpolitischen Weg des Miteinanders zum Wohle unseres Landes und seiner Nachbarn fort! Ich wünsche Ihnen alles Gute und viel Glück dazu. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

11.32

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gasteiger. – Bitte.

11.32

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Kurz eine Bemerkung zu Kollegen Ager, nur eine kleine, feine Berichtigung: Ich bin selbst Offizier der Schützenkompanie Ried-Kaltenbach. Allein das Schützenregiment Zillertal hat 1 100 Schützen. Also es gibt in Tirol weit mehr als 1 500 bis 2 000 Schützen. Das als kurze Berichtigung.

Es ist schade, dass Sie, Frau Außenministerin, jetzt leider die Sitzung verlassen müssen. Ich hätte Sie ganz gerne mit etwas konfrontiert. Es war sehr interessant, in der Fragestunde zuzuhören, und natürlich interessiert mich die Entwicklung unseres südlichen Landesteiles – aus Tiroler Sicht meine ich damit Südtirol und nicht Kärnten – sehr. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Ja, das ist unser südlicher Landesteil.

In persönlichen Gesprächen und Kontakten glaube ich, einige der Probleme unserer Südtiroler Landsleute verstanden zu haben. Umso wichtiger erscheint mir, dass wir österreichischen Parlamentarier, also die so genannte Schutzmacht, nicht nur mit einem Auge, sondern mit beiden wachen Augen auf unsere Südtiroler Freunde blicken.


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In den letzten fünf Jahren hat Südtirol von Roms Mitte-Links-Regierung viele Kompetenzen erhalten, auch solche, die nicht im Autonomiestatut enthalten gewesen sind. Nicht nur, dass die Übertragung der Zuständigkeiten für zum Beispiel die Staatsstraßen, den Strom, die Lehrer und anderes mehr erfolgte, wie es Kollege Ager schon aufgezählt hat, wurde auch der verhasste Sichtvermerk des Staates für die Landesgesetze abgeschafft. Die Landesautonomie wurde dadurch erheblich aufgewertet und die Machtfülle des Landes gestärkt. Gleichzeitig mit der Aufwertung der Autonomie steigt aber auch die Verantwortung aller Beteiligten am politischen Gestalten Südtirols. Und diese politischen Gestalter Südtirols schreien jetzt auf.

Am 13. Mai finden in Italien Parlamentswahlen statt. Allgemein wird mit einem Rechtsruck gerechnet. Ich erspare es jetzt der leider nicht mehr anwesenden Frau Außenministerin – aber vielleicht können Sie mir das dann beantworten, Herr Staatssekretär –, Parallelen zu Österreich zu ziehen. In Südtirol sorgt dieser Rechtsruck für wachsende Nervosität. (Bundesrat Grissemann: Aber geh!)

Südtirols SVP-Landeshauptmann Durnwalder spricht anhand eines fünfstufigen Alarmplanes von Alarmstufe 3, lieber Kollege Grissemann! Das war öffentlich in der "Tiroler Tageszeitung" nachzulesen. Auch er war einer jener politischen Gestalter, die sehr viel für die Südtirol-Autonomie erreicht haben, wie ich mir hier festzuhalten erlaube.

Ich bin alles andere als ein Linker, so Durnwalder, aber wir müssen klar sagen, Südtirol ist mit einer linken Regierung in Rom viel besser gefahren. (Bundesrat Dr. Nittmann: Bei uns ist es umgekehrt!) Im Vergleich zur Rechten ist die Linke autonomiefreundlich. – So Landeshauptmann Durnwalder gegenüber der "Tiroler Tageszeitung".

Der erwartete Rechtsruck könnte auch eine Gefahr für die Erfolge der Autonomiepolitik bedeuten. Wir Sozialdemokraten werden aber genau beobachten, wie Sie sich nach dem prognostizierten Wahlsieg Berlusconis mit seiner Forza Italia nach dem 13. Mai gegenüber Südtirol und dessen Autonomiebestrebungen verhalten werden.

Ich attestiere der Frau Außenministerin – wie gesagt, sie ist persönlich leider nicht anwesend – wirklich ihr ehrliches und aufrichtiges persönliches Bemühen, Österreich und dessen Außenpolitik, für die sie ebenso wie der Herr Bundeskanzler verantwortlich ist, in den wichtigen Fragen wie EU-Osterweiterung, EU allgemein, aber auch Südtirol-Autonomie so zu betreiben, dass sie wirklich positiv dahinter steht – wenn, ja wenn da nicht ihr Koalitionspartner, der einfache Mann aus dem Süden wäre, der es in Aschermittwochsreden, der es bei Bierzeltveranstaltungen, der es in jüngsten Wahlkämpfen und bei vielen anderen Gelegenheiten nicht verabsäumt, die Bemühungen unserer Frau Außenministerin für eine zukunftsorientierte, durchschaubare österreichischen Außenpolitik zunichte zu machen. (Bundesrätin Haunschmid: Ob das für die Autonomie interessant ist?)

Kehren wir zurück zur Südtirol-Autonomie. In der März-Sitzung des Tiroler Landtages befasste sich Präsident Mader zu Beginn mit dem weiteren Ausbau der Autonomie unseres südlichen Bruders. Die jüngsten Änderungen der italienischen Verfassung, das Verfassungsgesetz zur Föderalisierung Italiens, bezeichnete Mader als ein wichtiges Etappenziel. Erstmals würden nicht nur Verwaltungsaufgaben dezentralisiert, sondern es fände ein echtes föderalistisches Grundelement in die Verfassung Eingang. – So ÖVP-Landtagspräsident Mader. Auch hier erspare ich es der Frau Außenministerin und auch dem Herrn Staatssekretär, Parallelen zur momentanen österreichischen innenpolitischen Situation, in der es die Einleitung massiver Zentralisierungsvorhaben gibt, aufzuzeigen. (Bundesrat Dr. Nittmann: Die EU ist der größte Zentralisierer!)

Wir Sozialdemokraten werden dem gesamten Paket die Zustimmung erteilen, im Besonderen dem Bericht über die Südtirol-Autonomie, waren es nicht zuletzt der große Sozialdemokrat Bruno Kreisky und zugegebenermaßen auch einige besonnene Christdemokraten, welche dieses Problem vor die Vereinten Nationen brachten und in vielen kleinen und mühseligen Schritten den Weg der erfolgreichen Südtirol-Autonomie vorgegeben haben.


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An diesem Weg, sehr geehrten Damen und Herren, geschätzte Anwesende im Raum, sollten wir uns in vielen Diskussionen, wenn es um Minderheiten geht, bei uns selbst hier im Staate Österreich, aber auch in der Außenpolitik ein Beispiel nehmen und erkennen, wie man weiterhin föderalistische Politik betreiben kann. (Bundesrat Dr. Nittmann: Landeshauptmann Wagner, Kärnten, SPÖ!)  – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.39

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Grissemann. – Bitte.

11.39

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Ich darf Kollegen Gasteiger in einem Punkt berichtigen: Das Paket wurde natürlich schon vor Jahren abgeschlossen. Es geht jetzt um Maßnahmen nach Paketabschluss, um sehr erfreuliche Maßnahmen natürlich.

Ich möchte zur Beruhigung für Herrn Kollegen Gasteiger auch noch Folgendes sagen: Ich gehe davon aus, dass bei einem Wahlerfolg des Rechtsbündnisses auch Italien unter internationale Beobachtung gestellt wird. Ich gehe davon aus, denn schließlich und endlich muss gleiches Recht für alle Partner in der EU gelten. Wenn diese Beobachtung kommt – wie gesagt, ich gehe davon aus –, dann wird natürlich auch das Autonomie-Statut und die internationale Verankerung gewährleistet sein. Also zu Tode gefürchtet, wäre auch gestorben, Herr Kollege Gasteiger! (Bundesrat Gasteiger: Ich habe Durnwalder zitiert!) Ich gehe schon davon aus, dass insbesondere in der europäischen Familie Pakttreue herrscht und international abgeschlossene Verträge natürlich peinlichst und buchstabengetreu einzuhalten sind.

Hoher Bundesrat! Schon bei der Behandlung des Südtirol-Berichtes im Vorjahr konnte eine erfreuliche Weiterentwicklung beobachtet werden. Im jüngst vorliegenden Bericht wird richtigerweise festgestellt, dass eine weitere äußerst positive Entwicklung auch nach Paketabschluss eingetreten ist.

Im Einzelnen darf besonders auf die Verfassungsreform betreffend die Regionen mit Sonderstatut, also die autonomen Provinzen Bozen und Trient, hingewiesen werden. Diese partielle Verfassungsreform bringt eine beträchtliche zusätzliche Kompetenzausweitung für Südtirol. In Zukunft wird also nicht wie bisher die Region die wichtigere Rolle spielen, sondern das Land Südtirol und die Provinz Trient werden die Träger der Region sein und nicht mehr wie bisher lediglich zweitrangige Organe.

"Los von Trient!" war jahrzehntelang die Forderung der Südtiroler, wurde doch Südtirol durch den höheren italienischen Bevölkerungsanteil in der Gesamtregion immer majorisiert. Südtirol ist nun endgültig Herr im eigenen Haus, und der Südtiroler Landtag erhält weitere wichtige Kompetenzen: die Alleinentscheidung über das Wahlgesetz für den Landtag, die Modalitäten für die Wahl des Landeshauptmannes und Initiativrechte für die Bevölkerung.

Beschlossene Landesgesetze – Herr Kollege Gasteiger hat darauf hingewiesen – müssen nicht mehr in Rom zur Genehmigung vorgelegt werden, wodurch zeitliche Verzögerungen der Vergangenheit angehören. Ich darf in Erinnerung rufen: Landesgesetze konnten oft monatelang, in extremen Fällen jahrelang, nicht in Kraft treten, wenn in Rom diese Gesetzesbeschlüsse verzögert wurden.

Interessant sind auch die Neuerungen zu Gunsten der kleinen ladinischen Volksgruppe wie das Recht auf Vertretung im Regionalrat sowie in der Regionalregierung. In Zukunft kann auch, abweichend vom Proporz, ein Vertreter der Ladiner in die Südtiroler Landesregierung kooptiert werden.

Einen Wermutstropfen gibt es, und zwar die geplante Abschaffung des Erfordernisses der vierjährigen Ansässigkeit für die Ausübung des Wahlrechtes bei Landtags- und Gemeinderatswahlen. Hier darf das letzte Wort noch nicht gesprochen sein.


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Im Hinblick auf die internationale Verankerung machen Änderungen der Autonomie eine offizielle Befassung Österreichs erforderlich. Österreich wurde in diesem Sinn vom Beginn der Reform an von SVP-Obmann und Kammerabgeordneten Brugger laufend über den Gang der parlamentarischen Arbeiten informiert. Hiezu eine Anregung meinerseits: Eine Anhörung beziehungsweise Konsultierung von Vertretern der deutschsprachigen Opposition "Freiheitliche" und "Union für Südtirol" wäre im Sinne einer umfassenden Meinungsbildung natürlich sinnvoll.

Hoher Bundesrat! Eine Verankerung der Landesbezeichnung "Südtirol" in der italienischen Verfassung wäre vor Jahren noch undenkbar gewesen. Möge "Südtirol" für alle Zeiten die Bezeichnung für dieses wunderschöne Land im Herzen Europas bleiben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

11.44

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung .

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag auf Kenntnisnahme des Berichtes ist somit angenommen.

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesgesetzblatt 1996, das Bundesgesetz über die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ GmbH), das Einkommensteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Erdgasabgabegesetz, das Staatsdruckereigesetz 1996, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden (Budgetbegleitgesetz 2002) (499 und 539/NR sowie 6327 und 6338/BR der Beilagen)

7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz (BGBl. I Nr. 12/2001), das Bundesfinanzgesetz 2001 (BGBl I Nr. 1/2001) und das Versöhnungsfonds-Gesetz (BGBl. I Nr. 74/2000) geändert werden (541/NR sowie 6328, 6329 und 6339/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 6 und 7 der Tagesordnung:

Es sind dies:

ein Budgetbegleitgesetz 2002 und

ein Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz, das Bundesfinanzgesetz 2001 und das Versöhnungsfonds-Gesetz geändert werden.

Die Berichterstattung über die Punkte 6 und 7 hat Herr Bundesrat Buchinger übernommen. Ich darf ihn um die Berichte bitten.

Berichterstatter Ludwig Buchinger: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesgesetzblatt 1996, das Bundesgesetz über die Bundesrechenzentrum GmbH, das Einkommensteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das


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Umsatzsteuergesetz 1994, das Erdgasabgabegesetz, das Staatsdruckereigesetz 1996, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden.

Der Kurs der Budgetkonsolidierung, wie er in der Regierungsvorlage eines Bundesfinanzgesetzes 2002 niedergelegt ist, erfordert budgetwirksame Änderungen einer Anzahl von Bundesgesetzen.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. April 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz, das Bundesfinanzgesetz 2001 und das Versöhnungsfonds-Gesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. April mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Berichte.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hoscher. – Bitte.

11.47

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Budget- und Finanzpolitik werden immer Anlass zu hitzigen Debatten geben, zumal in diese Bereiche unbestrittenerweise auch ideologische und gesellschaftspolitisch ausgerichtete Fragen einfließen, auch wenn das manchmal von mancher Seite bestritten wird. Es nützt nicht viel – um das gleich vorwegzunehmen, denn dieser Einwurf wird gleich kommen –, in diesem Zusammenhang mit der inzwischen ohnehin ausgeleierten Platte der Unkenntnis der Staatsschulden zu argumentieren, schließlich zieht dieses Scheinargument selbst innerhalb der Regierungsparteien nicht mehr besonders. (Bundesrätin Mühlwerth: Was? Ein Scheinargument?) – Selbstverständlich ein Scheinargument! Wenn Sie mir zuhören, dann werden Sie hören, ich werde das gleich näher ausführen.

Es war beispielsweise Ihr – sicherlich nicht Ihr, aber das mag noch kommen – Wirtschaftsminister, der erklärt hat, dass jeder über die Höhe der Staatsschulden Bescheid wissen musste, der zumindest bis vier zählen kann. Möglicherweise können Sie nicht bis vier zählen. Das kann und will ich nicht beurteilen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Bedeutende Funktionäre des ÖAAB beispielsweise stellen den Zeitpunkt der Erreichung des Nulldefizits in Frage. Ein einfaches FPÖ-Mitglied aus Kärnten richtet an die Himmelpfortgasse den Vorwurf einer herzlosen Technokratie-Politik. Die Vizekanzlerin betont, man habe bei der Besteuerung der Unfallrenten nicht sozial ausgewogen agiert. Der Sozialdemokratie nicht gerade nahe stehende Landesräte lehnen die Ambulanzgebühren ab. Die Landeshauptleute – und zwar unisono, nicht nur die zwei roten – gehen auf Distanz zum Finanzministerium. Der Budgetexperte Lehner, nicht unbedingt als Sozialdemokrat bekannt, wird mit der Aussage zitiert, die Länder seien hineingelegt worden. Die FPÖ-Spitze kündigt für 2003 eine große Steuerreform an, die natürlich nichts mit dem Wahltermin zu tun hat. Führende ÖVP-Politiker sehen dafür allerdings weder Spielraum noch Notwendigkeit, aber die Bevölkerung soll Vertrauen in die Budgetpolitik haben.

Wenn wir etwa die "Vorarlberger Nachrichten" vom 12. 04. 2001 heranziehen – das ist ein gutes Recht und auch eine gute Übung, dass die Zeitungsmeldungen von gestern die parlamentarischen Reden von heute sind; dem schließe ich mich gleich an –, so werden darin Sie, Herr Staatssekretär, zitiert.


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Finz redete gestern jedenfalls nichts schön. Bund und Länder müssen in Anbetracht ihrer Budgettricks zittern. – Erstaunlich, dass von Budgettricks die Rede ist, die uns hier vorgelegt werden.

Weiter heißt es: Sie sind sich – nämlich Bund und Länder – nicht sicher, ob das Statistische Zentralamt der EU, EUROSTAT, das Ausgliedern von Krankenanstalten, das Verkaufen von Wohnbaudarlehen und anderes überhaupt schlucken wird.

Ich darf daran erinnern, Herr Staatssekretär, dass das genau unsere Befürchtungen waren, die wir vor rund einem Jahr hier geäußert haben. Damals wurden wir von Ihnen noch heftig kritisiert dafür. Nun sagen Sie es selbst.

Das – das ist der Succus der "Vorarlberger Nachrichten"; das wird Ihnen in den Mund gelegt – bedeutet im Klartext, dass das Nulldefizit im schlechtesten Fall um einen zweistelligen Milliardenbetrag verfehlt werden wird. – Zitatende.

Gehen wir zu den Hard Facts: Von 1996 bis 1999 wurde die Staatsschuldenquote unter den jetzt so geschmähten sozialdemokratischen Finanzministern – es ist nach wie vor relativ unklar, warum die ÖVP Ihren Staatssekretär im Finanzministerium abgezogen hat – um mehr als 3 Prozent gesenkt, während sich die jetzige Regierung ganze 2,3 Prozent vornimmt. Auch das Budgetdefizit wurde zwischen 1996 und 1999 um 3 Prozent vermindert, und in den Finanznachrichten von Ende November 2000 steht:

Vom Ausgangsjahr der durch die WWU-Teilnahme induzierten Budgetkonsolidierung 1995 – rot-schwarze Regierung – bis einschließlich 1999 – auch rot-schwarze Regierung – geschah der Defizitabbau ausschließlich ausgabenseitig. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Ich darf es für jene, die es vielleicht nicht verstanden haben, wiederholen: ausschließlich ausgabenseitig.

Die Höhe der Staatseinnahmen in Prozent des BIP hat sich von 52,1 Prozent auf 51,5 Prozent sogar vermindert. Der gleichzeitige Defizitabbau von 5,1 Prozent auf 2,1 Prozent des BIP beruht auf einem Rückgang der Staatsausgaben um 3,6 Prozent auf 53,6 Prozent des BIP. – So die Finanznachrichten.

Demgegenüber steigen 2002 die Steuereinnahmen unter dem Titel "Belastungsstopp" um weitere 31 Milliarden Schilling. Allein die Lohnsteuer nimmt gegenüber dem Jahr 2000, also jenem Jahr, in dem die Steuerreform der früheren Bundesregierung wirksam wurde, von 199 Milliarden Schilling auf 235 Milliarden Schilling zu, also eine Kleinigkeit von 18 Prozent. Sowohl in Prozenten des Masseneinkommens als auch in Prozenten des BIP wird die Lohnsteuer damit den höchsten Wert seit zehn Jahren erreichen, nämlich 12,5 respektive 7,64 Prozent.

Das Verhältnis einnahmenseitiger zu ausgabenseitiger Maßnahmen liegt nach wie vor bei 60 zu 40, und die EU-Kommission etwa geht davon aus, dass die realen Einkommen 2002 trotz Lohnerhöhungen um lediglich 0,2 Prozent wachsen werden.

Auch das Urteil der Europäischen Union zur derzeitigen Budgetpolitik fällt nicht so glänzend aus, wie es manchmal betont wird. Da wird unter anderem die stark einnahmenseitige Defizitverringerung ebenso kritisiert wie das starke Steigen der Steuerquote, womit nach dem Finanzministerrat, dem ECOFIN, die Wirkung der Steuerreform 2000 – also jene der alten Bundesregierung – wieder aufgehoben wird. Auch wird vor neuen Staatsausgaben gewarnt.

Ursprünglich – das wissen Sie auch, Herr Staatssekretär – war die Stellungnahme der EU noch deutlich härter formuliert. Sie ist erst nach verschiedenen Interventionen aus Österreich abgeschwächt worden, und zwar aus diplomatischen und nicht aus inhaltlichen Gründen.

Im Übrigen weist die EU ausdrücklich und wohl nicht ohne guten Grund auch darauf hin, dass auch 2003 Budgetdisziplin gefordert sei. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer. ) Wenn Sie sich die Unterlagen etwas durchlesen – ich meine, das sind keine Geheimunterlagen der


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EU; da brauchen Sie nicht nach Brüssel zu reisen, Sie müssen nur ins Internet hineinschauen –, dann können Sie das auch nachlesen. Das ist überhaupt kein Geheimnis. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer. ) Wie Sie war ich nicht geringe Zeit live dabei. Sie waren es auch.

Um es noch einmal zu betonen: Budgetpolitik wird niemals ohne inhaltliche Kritik abgehen, egal wer sie macht – das trifft auch auf die alte Regierung zu, das ist überhaupt keine Frage –, und zur Erreichung derselben Ziele sind oftmals verschiedene Wege gangbar. Auch das ist klar. In diesem Sinne hat die Sozialdemokratie in den letzten Wochen einige umfangreiche Gegenkonzepte vorgelegt, die auch im Bereich von Entschließungsanträgen ... (Zwischenruf des Bundesrates Hensler. ) Ich habe gerade vorhin erwähnt, dass verschiedene Wege gangbar sind. Man muss nicht Übereinstimmung darüber erzielen, das ist keine Frage. Jeder hat seine Vorstellungen. Sie werden uns zugestehen, dass wir unsere Vorstellungen haben. (Bundesrat Hensler: Und was sagt Schröder dazu?) Ich bin mir nicht bewusst, dass Schröder der Vorsitzende der österreichischen Sozialdemokraten ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Aber wenn Ihnen das besser gefällt, dann ist das kein Problem.

Hier würde im Sinne einer Umverteilung von rund 140 Milliarden Schilling – um diese Größenordnung geht es – eine, wie wir meinen, gerechtere Budgetpolitik Platz greifen, und zwar ohne das Nulldefizit 2002 zu gefährden – eine Gerechtigkeit, die von vielen Experten ebenso gesehen wird, etwa von Helmut Kramer, dem auch, so glaube ich, von Ihrer Seite nicht unterstellt wird, sozialdemokratisch angehaucht zu sein. Er argumentiert in der Regel politisch sehr vorsichtig und tut dieses, wie ich meine, auch zu Recht. Bezüglich der Inzidenz der bisherigen Budgetmaßnahmen trifft Kramer in den Jänner-Monatsberichten des Wifo dennoch einige deutliche Aussagen. Etwa zu den Maßnahmen im Bereich der Verbrauchssteuern und Gebühren führt er wörtlich aus:

Im unteren Drittel der Einkommensverteilung übertrifft die durch diese Maßnahmen ab Mitte 2000 wirksame Mehrbelastung die vorhergehende Entlastung aus der Lohnsteuersenkung deutlich.

Oder zum Einkommensteuersystem meint er: Durch die Änderung des Einkommensteuerrechtes ab 2001 büßen somit sowohl aktive Arbeitnehmer als auch Pensionisten der mittleren Einkommenskategorie am meisten von den Vorteilen aus der Steuerreform 2000 wieder ein.

Zusammenfassend meint der Leiter des Wifo, dass die familien- und steuerpolitischen Maßnahmen der früheren Bundesregierung – ich zitiere – die Einkommensverteilung relativ massiv zu Gunsten der niedrigen und mittleren Einkommen verschoben hätten. Die so genannten Konsolidierungsmaßnahmen der nunmehrigen Regierung – das ist ein Zitat – trafen und treffen ab Anfang 2001 besonders Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen, die ein Jahr zuvor als stärker begünstigt erschienen.

Ich glaube, dass die seit Mai letzten Jahres in diesem Haus diskutierten drei Budgetbegleitgesetze nahtlos in dieses Bild passen, wenngleich das vorliegende Budgetbegleitgesetz 2002 ohnehin diesen Namen nur zum Teil zu Recht trägt, denn immerhin werden darin zahlreiche Novellierungen vorgenommen, die mit dem Budget an sich nichts zu tun haben: etwa Artikel 1 Druckfehlerberichtigungsmöglichkeiten, Artikel 2, Bestellung des Aufsichtsrates der Bundesrechenzentrum GmbH, oder Artikel 7, die Neuregelung der Leitung des Amtes der Printmedia Austria AG. All das sind nicht unbedingt Budgetbegleitgesetze. Aber sei’s drum. Es ist sicherlich legitim und zulässig, das so zu tun.

In einem Punkt im Budgetbegleitgesetz 2001 wird aber auch wieder in den Bereich der Wohnungsgemeinnützigkeit eingegriffen. Wir erinnern uns: Damals wurde, entgegen der Vereinbarung in der Präsidiale, ein Abänderungsantrag bezüglich der Wohnungsgemeinnützigkeit eingebracht, der meiner Meinung nach an den Grundfesten der sozialen Wohnpolitik rüttelt. Es ging um die Herausnahme der im ausschließlichen Eigentum von Gebietskörperschaften stehenden gemeinnützigen Bauvereinigungen aus ebendieser Gemeinnützigkeit, und zwar per 1. April 2001. 1. April 2001!


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In Wahrheit ging es um die BUWOG, um die WAG und um einige gemeinnützige Wohnbaugesellschaften der Eisenbahner. Da man wiederum unter dem Motto Speed kills überhastet agiert hat, hat man in diesem Budgetbegleitgesetz eine gesetzliche Lücke offen gelassen, die von den Eisenbahner-Wohnbaugesellschaften im Interesse ihrer Mieter auch prompt genützt wurde. So wurden kleinere Anteile dieser GBVs, dieser GesmbHs, die im Eigentum von Gemeinden standen, einer Genossenschaft übertragen. Damit standen und stehen diese gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen aber nicht mehr im 100-prozentigen Eigentum einer Gebietskörperschaft und entziehen sich damit der Möglichkeit einer Privatisierung.

Was hier passiert ist, war gesetzlich völlig einwandfrei und legal. Was passiert nun? – In einer wohl einmaligen Aktion einer Anlassgesetzgebung soll für die Feststellung der ausschließlichen Eigentümerschaft von Gebietskörperschaften rückwirkend der 23. November 2000 normiert werden – rückwirkend: 23. November 2000! –, damit die am 29. November 2000 rechtlich einwandfrei erfolgten Eigentumsübergänge unterlaufen werden können. Das ist ein gesetzlich rückwirkender materieller Eingriff in Verträge – und das unter dem Motto der Rechtssicherheit!

Abgesehen davon, dass diese nunmehr geplante Maßnahme verfassungsrechtlich, so denke ich, zumindest problematisch ist – sie wird sicherlich zum Anlass genommen werden, den VfGH damit zu beschäftigen, denn es wird anlassbezogen rückwirkend in Verträge über Eigentumsrechte eingegriffen –, sind im Umfeld dieser Aktion dem Vernehmen nach weitere Dinge passiert, die auch bereits gerichtsanhängig sind und die notwendigerweise in weiterer Folge die Frauge der Amtshaftung, möglicherweise sogar die Frage des Amtsmissbrauches aufwerfen werden.

Ich bin angesichts der im Raum stehenden abenteuerlichen Vorgangsweisen der Überzeugung, dass weder der Minister noch der Staatssekretär davon gewusst haben. Das kann ich mir nicht vorstellen.

Der Aufsichtsrat der betreffenden GesmbH hat nämlich angeblich der Veräußerung der erwähnten Anteile mit drei zu null Stimmen zugestimmt. Die drei vom Finanzministerium entsandten Mitglieder des Aufsichtsrates waren dabei eigenartigerweise nicht zugegen. Es war allerdings – wie berichtet wurde und wie auch nachzulesen ist – ein anderer Beamter des Finanzministeriums zugegen, der selbst zu diesem Zeitpunkt nicht Mitglied des Aufsichtrates war, angeblich aber Vollmachten der übrigen drei Aufsichtsratsmitglieder des Finanzministeriums mit sich hatte und drei Gegenstimmen abgab. Das ist rechtlich schlicht unmöglich, da Vollmachten bekanntlich nur an andere Aufsichtsratsmitglieder übertragen werden können, aber nicht an Personen, die nicht dem Aufsichtsrat angehören.

Nachdem das Finanzministerium draufgekommen ist beziehungsweise darauf hingewiesen wurde, dass diese Vorgangsweise rechtlich nicht haltbar ist, gab es den nächsten rechtswidrigen Schritt: Es wurde nämlich eine außerordentliche Generalversammlung einberufen, in welcher besagter Beamte nachträglich – noch einmal: nachträglich – und rückwirkend zum Aufsichtsrat bestellt wurde.

Ich frage mich, auf welcher gesetzlichen Basis die rückwirkende Bestellung eines Aufsichtsratsmitgliedes möglich ist, damit Beschlüsse, die jemand beeinflusst hat, der zu diesem Zeitpunkt nicht Mitglied des Aufsichtsrates war, ebenso rückwirkend gültig gemacht werden. In der Privatwirtschaft hätte das unweigerlich den Gang zum Staatsanwalt zur Folge.

Auch der Gesellschaftsvertrag soll nachträglich geändert worden sein, um die erwähnten Anteilsübertragungen rückwirkend unmöglich zu machen – Anteilsübertragungen, die zum Beispiel mit den Stimmen der ÖVP auch in der Wiener Landesregierung genehmigt wurden. Ich hoffe wirklich, dass die Leitung des Finanzministeriums von diesen Aktionen keine Kenntnis hatte, denn sie sprechen wirklich jeglichen rechtsstaatlichen Prinzipien Hohn. (Bundesrätin Mühlwerth: Und wer sitzt in der Landesregierung?)

Nicht nur deshalb, aber auch aus diesem Grund wird meine Fraktion dem Budgetbegleitgesetz nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.00


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Pühringer. – Bitte.

12.01

Bundesrätin Uta Barbara Pühringer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Sowohl das Budgetbegleitgesetz 2001, das im vergangenen Jahr beschlossen wurde, als auch das jetzt vorliegende Budgetbegleitgesetz 2002 enthalten dienstrechtliche Änderungen für den Lehrerbereich. Die Änderungen des Vorjahres haben sich auf alle Lehrergruppierungen bezogen, die nun vorliegenden lediglich auf den Bereich der Pflichtschullehrer.

Warum gibt es nun bei den Pflichtschullehrern schon wieder eine Novelle? – Als Lehrervertreterin bin ich dankbar dafür, dass wir Pflichtschullehrer die Chance bekommen haben, eine bessere Alternative zu den dienstrechtlichen Änderungen des Budgetbegleitgesetzes 2001 zu erstellen und zu verhandeln, denn mit dem Beschluss des heute vorliegenden Gesetzes werden die dienstrechtlichen Änderungen des Budgetbegleitgesetzes 2001 zumindest für unseren Bereich – den Bereich der Pflichtschulen – wieder obsolet. Wir ersparen uns dadurch ein Minus an Lehrerdienstposten im Ausmaß von über 2 000 in ganz Österreich. Mein Bundesland wäre mit weit mehr als 300 Dienstposten minus betroffen gewesen.

Warum beurteilen wir Standesvertreter dieses neue dienstrechtliche Modell, das die Arbeitszeit der Lehrer regelt, überwiegend positiv? – Ich betone das Wort "überwiegend", weil ich weiß, dass es einiges gibt, worüber man noch nachdenken muss. Einige Hinweise möchte ich dazu aus meiner persönlichen Sicht geben.

Punkt eins: Die Arbeitszeit der Lehrer wird nicht mehr wie bisher in der wöchentlichen Lehrverpflichtung fixiert, sondern in einer Jahresnorm von Stunden, die an der Jahresarbeitszeit eines vergleichbaren Beamten mit einer 40-Stunden-Woche gemessen wird. Man hat hochgerechnet, wie viele Stunden an Arbeitsleistung ein solcher Beamter erbringt, und hat von diesem Stundenausmaß den gesetzlichen Urlaubsanspruch – also nicht die Ferienzeit, sondern den Urlaubsanspruch – sowie alle gesetzlichen Feiertage, die allen Arbeitnehmern zustehen, abgezogen. Das Ergebnis ist die Jahresnorm, die auch jeder Lehrer zu erfüllen hat.

Zweiter Punkt: Dieses Modell anerkennt, dass alle schulischen Tätigkeiten des Lehrers außerhalb des Unterrichts auch als Arbeitszeit gewertet werden. Beispiele dafür sind Schulentwicklung, Projektarbeit, Elternkontakte, Schulveranstaltungen, Konferenzen, PC-Betreuung, Gutachten, Koordinationstätigkeit und so weiter. Ich habe jetzt nur einen ganz kleinen Ausschnitt aus der langen Liste der außer-unterrichtlichen Tätigkeiten des Lehrers beispielhaft genannt.

Dritter Punkt: Das Modell macht die Arbeitsleistung des Lehrers transparent. Sowohl in der Öffentlichkeit – dort hat sich zwar schon durchgesprochen, dass der Lehrer mehr zu tun hat, als bloß zu unterrichten, aber viele assoziieren das Lehrersein noch immer mit Halbtagsjob und Ferien – als auch in der Schule selbst wird die Arbeitsleistung nun transparenter. Ich glaube, Letzteres schafft auch Gerechtigkeit unter den Lehrern.

Mein vierter Hinweis: Das Modell ermöglicht Flexibilität durch einen variablen Einsatz der Lehrerstunden. Es besteht künftig die Möglichkeit, innerhalb einer geringeren Bandbreite die Unterrichtsverpflichtung der Lehrer zu variieren. Wenn ein Lehrer etwas weniger unterrichtet, hat er das im anderen Bereich auszugleichen und umgekehrt, sodass in der Gesamtarbeitszeit jeder auf dasselbe Pensum kommt. Ich denke, dieser variable Einsatz kann auch zur Bildungsqualität an den einzelnen Schulen beitragen.

Ein fünfter, sehr wichtiger Punkt, den auch viele unserer älteren Kolleginnen und Kollegen bei der Urabstimmung über dieses Modell in sehr solidarischer Weise anerkannt haben, besteht darin: Das Modell gibt den jungen Lehrern eine bessere Chance. Ich habe eingangs schon erwähnt, dass wir uns dadurch dieses Minus an Lehrerposten ersparen.

Das sind lauter positive Aspekte. Warum sollte man also zu diesem Modell nicht ja sagen?!


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Ich verhehle nicht – auch das habe ich schon angedeutet –, dass uns bewusst ist, dass es Probleme geben wird. Sie liegen sicherlich in der Umstellung auf ein völlig neues System, die im Herbst erfolgen wird. Wir werden uns als Standesvertreter sehr bemühen, die Lehrer hilfreich zu begleiten, damit die Umstellung ohne größere Friktionen vor sich geht. Probleme werden da und dort – in Details – sicherlich auftauchen, diese werden sich erst in der praktischen Abwicklung zeigen. Daher wird dieses Dienstrechtsmodell vorerst nur für einen befristeten Zeitraum von vier Jahren eingeführt. In dieser Zeit wird es vom Dienstgeber evaluiert und sicherlich auch von der Standesvertretung sehr kritisch begleitet und beobachtet werden.

Persönlich bin ich sehr guten Mutes, dass es sich einspielen und letztlich als positiv erweisen wird. Ich bitte Sie daher um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.07

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Neuner. – Bitte.

12.07

Bundesrat Mag. Christof Neuner (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr verehrte Damen und Herren! Wir haben über die Budgetbegleitgesetze in der letzten Zeit einige Male hier in diesem Hohen Haus diskutiert. Ich bin aber jedes Mal erstaunt, wenn Kollege Mag. Hoscher in seinen Debattenbeiträgen den Eindruck vermitteln will, dass diese Schulden in der letzten Zeit, in der Zeit der FPÖ-ÖVP-Regierung entstanden sein sollen. (Bundesrat Mag. Hoscher: Das habe ich nie behauptet! ... wie hoch der Schuldenstand geblieben ist!)

Tatsache ist, dass wir 2 200 Milliarden Schilling an Schulden übernommen haben. Ich erinnere mich an den legendären Spruch von Bruno Kreisky in den siebziger Jahren, als er sagte: Mir ist 1 Milliarde Schilling Schulden lieber als tausend Arbeitslose. (Bundesrätin Schicker: Dazu stehen wir auch! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Da wäre ich bei ihm. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.) Aber man hat es damals verabsäumt, Strukturen zu ändern und Reformen einzuleiten. Jeder von uns weiß: Wenn wir mehr Schulden machen, als wir uns zutrauen können, dann kommen Zinsen hinzu. (Bundesrat Weilharter: Jetzt haben wir beides, Arbeitslose und Schulden!)

Wir haben auch einen Generationenvertrag zu erfüllen. Wir können einfach nicht sagen: noch eine Milliarde und noch eine Milliarde! Dann kommen wir zu dem Ergebnis, das wir jetzt haben.

Wir haben jetzt die Globalisierung, wir sind bei der Europäischen Union, es gibt die Maastricht-Kriterien, und da sind gewisse Dinge einfach zu erfüllen. Wir waren in der EU-Statistik bei der Defizitquote auf dem letzten Platz. Es ist uns von vielen Experten gesagt worden, dass es richtig und auch wichtig ist, diese Reformen anzugehen.

Hingewiesen habe ich darauf, dass die Menschen erfreulicherweise älter werden. Das Gesundheitssystem kostet mehr, und das ist zu bezahlen. Damit es keinen vorprogrammierten Konflikt zwischen Jung und Alt gibt, sind diese Maßnahmen durchzuziehen. (Bundesrätin Schicker: Kommt das Kindergeld, damit mehr Kinder kommen?) Meiner Meinung nach ist der Kurs richtig. (Bundesrätin Schicker: Dass deswegen mehr Kinder kommen – na, bitte!)

Alternativen von Seiten der Sozialdemokraten vermisse ich. Zugegebenermaßen kann man über die Geschwindigkeit und darüber, ob alles ganz richtig ist, diskutieren. (Bundesrätin Schicker: Treffsicherheit!) Darin zeigt sich Größe, dass man Fehler eingesteht und sagt: Man muss das eine oder andere reparieren. Das gebe ich auch gerne zu. Frau Kollegin! Sie können mir glauben, dass die Regierung und die Zuständigen versuchen, die optimale soziale Treffsicherheit zu erreichen. (Bundesrätin Schicker: Spielt es nicht!) Das ist natürlich ein Diskussionspunkt, da Sie nicht derselben Meinung wie die agierenden Personen sind. (Bundesrätin Schicker: Spielt es im Moment nicht! – Bundesrat Gruber: Es ist beim Versuch geblieben!)

Der Bundeshaushalt 2002 bildet für das heutige Begleitgesetz eine wichtige Rahmenbedingung und stellt einen Meilenstein in unserer Budgetstrategie dar, weil es im Jahr 2002 erstmalig keine


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Neuverschuldung geben wird. (Bundesrätin Schicker: Auch das stimmt nicht, Herr Kollege! Es gibt eine Neuverschuldung!) Das ist eine sichtbare Grundsteinlegung für eine notwendige Erneuerung von Österreich. Wir haben den größten Teil des Budgets für Zinsleistungen zu verwenden und können eben nicht in Zukunftsvisionen investieren.

Es liegt trotz des positiven Urteils von vielen Experten über dieses Programm noch ein hartes Stück Arbeit vor uns. Wir müssen den Konsolidierungskurs beibehalten und gleichzeitig versuchen, mehr für die Zukunft zu tun. (Bundesrätin Schicker: Warum tun Sie es nicht?) Dann kommt die Verwaltungsreform, die wir ebenfalls durchzuführen haben – nicht nur, um den Bürgerinnen und Bürgern außerhalb der Amtsstuben zu dienen, sondern auch, um die öffentlich Bediensteten, deren Status in der Öffentlichkeit seit Jahren leidet, wieder positiv zu motivieren, denn nur engagierte und positive Mitarbeiter können die künftigen Aufgaben eines modernen Staates meistern.

Hohes Haus! Wir betreiben die Budgetkonsolidierung nicht als Selbstzweck und sicherlich auch nicht nur mit dem Ziel, die EU zufrieden zu stellen. Hinter dem Konsolidierungsprogramm, zu dem Bund, Länder und Gemeinden beitragen, steht eine neue Regierungspolitik der österreichischen Bundesregierung. Diese ist darauf ausgerichtet, einen langfristigen, tragfähigen Rahmen zu bilden und die dazugehörigen Mechanismen aufzubauen, damit wir uns nicht in einem immer wiederkehrenden "Stop and go" zu bewegen haben, das Märkte, Unternehmen und Konsumenten dauernd unter Hochspannung und in Unsicherheit hält.

Aus diesem Grund werden wir dieser Gesetzesvorlage zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.12

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Würschl. – Bitte.

12.12

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Budgetbegleitgesetz 2002 ist das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz nur ein kleiner Bereich. Einen Debattenbeitrag dazu hat es schon gegeben. Ich möchte auch kurz auf diesen Bereich eingehen, weil das für mich ein typischer Bereich dafür ist, wie die Koalitionsregierung derzeit die Regierungspolitik macht.

In einer ÖVP-Werbebroschüre lese ich Weisheiten wie etwa: Bildung hat Zukunft. (Bundesrat Dr. d′Aron: Bei euch nicht?) Zweite Aussage: Jugend ist unser Kapital. (Bundesrat Dr. d′Aron: Bei euch auch nicht?) Dritte Weisheit: Zukunftschancen unserer Jugend sichern. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)  – Das sind drei Bereiche, bei denen ich mich sehr freue, dass wir eine breite Koalition in Österreich vorfinden. Aber leider Gottes finde ich diese drei Sprüche nicht in der Praxis umgesetzt, sondern sind sie nur in Sonntagsreden der Regierung präsent. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Weilharter: Da sind Sie in der falschen Partei, Herr Kollege!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die tatsächliche Regierungspolitik von ÖVP und FPÖ schaut, wie ich schon gesagt habe, anders aus. Der Ausgangspunkt ist immer – (in Richtung des Staatssekretärs Dr. Finz) hier sitzt der "Finanzexperte", unter Anführungszeichen gesagt –: Vom Nulldefizit gehen wir aus. Die weitere Vorgabe lautet: Einsparungen. Und dann gibt es die Überlegung in den beiden Parteien: Wie können wir die "Partie" angehen?

So einfach geht es im Lehrerbereich und im Bildungsbereich natürlich nicht. Da kann man nicht einfach sagen: 2 000 Lehrer weniger, die Lehrer arbeiten mehr, und die Lehrergehälter gehören reduziert. – Dann gäbe es nämlich in Österreich einen veritablen Aufstand.

Darum überlegt man sich, welchen Weg man beschreitet, um das den Österreicherinnen und Österreichern anzutun. Man gebraucht das Vehikel des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes, um etwa im Bildungsbereich entsprechende Einsparungen durchzuführen. Die Vorgabe war, mindestens 1 Milliarde Schilling einzusparen. Tatsächlich kommt man in diese Richtung: Es werden


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schätzungsweise – der Herr Finanzstaatssekretär wird es genauer wissen – etwa 1,5 Milliarden Schilling im Jahr 2002 an Einsparungen auf Kosten unserer Jugend gemacht werden. (Bundesrat Steinbichler: Können Sie das ein bisschen präzisieren, Herr Kollege? Keine Pauschal-Aussagen!)

Wieder zum Thema Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz-Neu: Das bedeutet nichts anderes, als diese 1,5 Milliarden Schilling auf Kosten unserer Jugend einzusparen. (Bundesrat Steinbichler: Beispiele?) Das heißt, die Lehrverpflichtung bei den Lehrern wird angehoben – nicht offiziell, sondern nur insofern, als man sagt: Den Abschlagsstundenkatalog für Lehrer werden wir verändern, was aber de facto bedeutet, dass die Lehrverpflichtung für die Lehrer höher sein wird. (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Warum ist das auf Kosten der Jugend?)

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Programm Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz ist nichts anderes als ein Programm zum Abbau von Pädagoginnen und Pädagogen in Österreich. (Bundesrat Dipl.-Ing Missethon: Warum ist das auf Kosten der Jugend?)

Eine besondere Leistung haben da die "Spezis" in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst vollbracht. Das sind unsere Regierungs-Gewerkschafter. (Bundesrat Steinbichler: ... Geburtenrate?) Herr Neugebauer wird in der Gewerkschaftsschule sicherlich einmal als lebendes Beispiel für Erfolglosigkeit und Anbiederei an diese Regierung ausgestellt oder ausgestopft werden. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin den Vorarlbergern sehr dankbar. (Bundesrat Bieringer: So viel Geschmacklosigkeit hätte ich Ihnen nicht zugetraut!) Die Vorarlberger zeigen nämlich über die Parteigrenze hinaus Mut und lassen sich diese "Partie" – von der Österreichischen Volkspartei in erster Linie – nicht gefallen. (Bundesrat Dipl.-Ing Missethon: Versorgungsposten!) Es gibt eine Lehrerbefragung; ich bin selbst Lehrer und habe mir das angeschaut. (Ruf bei der ÖVP: Oberlehrer!) Sehr geehrte Damen und Herren! Diese ist ein "Pflanz". Da fragt man etwa die Lehrer: Wollt ihr die Hand abgeschlagen haben oder gleich den Kopf? – Sie haben sich dann für die Hand entschieden, und das ist etwas, mit dem ich mich nicht anfreunden kann, sehr geehrte Damen und Herren! (Bundesrat Weilharter: ... eine Abschlagsstunde?)

Ich habe ein paar Fragen an Sie. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist zwar der ehrenwerte Finanzstaatssekretär da, aber Frau Ministerin Gehrer findet es nicht der Mühe wert, hierher zu kommen, um über die Bildungspolitik zu reden. Das tut mir Leid. Ich weiß nicht, wo sie ist; ich hätte einige Fragen. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ich frage Sie, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien: Wo ist die Bildungsoffensive? (Bundesrat Bieringer: Das ist ja unerhört, was Sie hier aufführen! – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Vizepräsidentin Haselbach gibt das Glockenzeichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die zweite Frage – ich stelle hier noch ein paar Fragen (Bundesrat Steinbichler: Thema verfehlt!)  – lautet: Wo ist die Chancengerechtigkeit für unsere Kinder? – Wir Sozialdemokraten – ich selbst war in der Bildungspolitik tätig – haben uns engagiert dafür verwendet (Zwischenrufe bei der ÖVP), dass behinderte Kinder in Integrationsklassen kommen und aus den Ghettos herauskommen. Wir haben uns bemüht, behinderte Kinder im Regelschulwesen unterzubringen. (Bundesrat Bieringer: Kollege Strutzenberger ...!)

Sie haben nicht einmal die Moral, den behinderten Kindern entsprechende Unterstützung zu geben. Jetzt werden auch die Arbeitsbedingungen in den Integrationsklassen verschlechtert und die Schülerzahlen erhöht. Wo ist Ihre Moral? – Unsere Brüder von der christlichen Seite frage ich das vor allem. (Bundesrat Steinbichler: Beim Fallen der Geburtenrate kann die Schülerzahl nicht erhöht werden! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Weitere Fragen zum Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz: Sagt mir bitte, wo die Reformansätze sind? Wo ist das Bemühen, Reformen im Sinne der Gerechtigkeit und der Motivation einzubringen? – Sie haben es geschafft, Frustrationen bei den Eltern, bei den Lehrern und bei den Schülern zu schaffen! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Steinbichler: Deshalb fällt die Geburtenrate, weil die Schülerzahlen ...?)


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Sehr geehrte Damen und Herren! Ihr werdet noch blaue Wunder erleben – hier sitzen sowieso noch immer zwei Freiheitliche zu viel, das ist eigentlich gar nicht mehr der Stärke entsprechend! Ihr werdet im Herbst durch das Bildungs-Volksbegehren, das wir Sozialdemokraten unterstützen werden, noch eine entsprechende Antwort bekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.19

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

12.19

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man den Vorrednern von der sozialdemokratischen Fraktion zuhört, muss man immer wieder feststellen, dass dort einerseits große Gedächtnisschwäche vorhanden ist und andererseits der Hang zum Märchenerzählen sehr groß ist.

Wenn Herr Kollege Hoscher sagt, die Geschichte mit dem Riesen-Schuldenberg von 2 200 Milliarden Schilling sei ausgeleiert, kann ich in gewisser Weise verstehen, dass es ihm unangenehm ist, wenn man ihm das immer wieder vorhält. Mir wäre es auch nicht angenehm, wenn man mir ständig sagen würde (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Hoscher ), wie viele Schulden ich angehäuft habe, die jetzt andere abtragen müssen. Ich kann es Ihnen aber trotzdem nicht ersparen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben diesen Riesen-Schuldenberg, für den Ihre Finanzminister verantwortlich zeichnen, übernommen. (Bundesrat Gruber: Das waren sinnvolle Investitionen, Frau Kollegin!) Wir sind damit im EU-Durchschnitt hinter Griechenland gewesen, das zum damaligen Zeitpunkt noch nicht einmal für den Euro reif war. (Bundesrätin Schicker: Sie haben da nicht schlecht gelebt! – Bundesrat Gruber: .. waren sinnvolle Investitionen! – Bundesrätin Schicker: Sie haben genauso profitiert wie alle anderen!) Und daraus ... (Bundesrätin Schicker: Das müssen Sie zugeben!)

Frau Kollegin Schicker! Ich kann aber nicht mehr ausgeben, als ich habe! (Bundesrat Freiberger: Schüssel war es!) Das werden Sie, so nehme ich einmal an, in Ihrer Familie so handhaben, also muss das wohl auch für den Staat gelten. Hier besteht Handlungsbedarf. (Bundesrätin Schicker: Ich kann kein Haus bauen, ohne Schulden zu machen!) Es ist der Handlungsbedarf (Bundesrätin Schicker: Kommt immer darauf an, für was man Schulden macht!), diesen Berg abzubauen. Ihre prominenten Vertreter haben sich immer zum Nulldefizit bekannt, das ist sogar von Ihnen außer Streit gestellt worden. (Bundesrätin Schicker: Nur nicht in der kurzen Zeit!) Nur hört es sich dann in der zweiten und dritten Wortmeldung so an, als ob Sie glaubten, das Geld wachse auf dem Baum, und im Übrigen wird sich alles regeln – irgendwie sind Sie dieser Hoffnung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrätin Schicker: Sie sind eine Märchenerzählerin!)

Ein solches Gottvertrauen ist zwar in anderen Bereichen durchaus akzeptabel – man kann davon ausgehen, dass sich alles irgendwie regeln wird (Bundesrätin Schicker: Es kommt nur darauf an, wofür!)  –, aber, ich sage es noch einmal, das macht man nicht einmal bei seinem Familienbudget, geschweige denn bei einem Staatshaushalt.

Herr Kollege Hoscher! An eines möchte ich Sie noch gerne erinnern, weil Sie gesagt haben: Von 1995 bis 1999 hat die rot-schwarze Regierung nur ausgabenseitig belastet. Ich frage mich aber, wo diese über 100 Milliarden, mit denen Sie 1996 und 1997 die Bevölkerung belastet haben, hergekommen sind. Sie haben Löcher gestopft, haben aber bei dem weiteren Zuwachs der Schulden überhaupt nichts gemacht.

Ich stehe dazu, dass wir gemeinsam mit der ÖVP gesagt haben: So kann es nicht mehr weitergehen. Wir dürfen keine neuen Schulden mehr machen, weil wir nicht nur bis morgen, sondern auch darüber hinaus denken müssen, um zukünftigen Generationen einen hohen Lebensstandard zu sichern.


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Da ist uns natürlich auch die gute Konjunkturlage zu Hilfe gekommen. (Bundesrätin Schicker: Wofür wir die Voraussetzungen geschaffen haben! Das müssen Sie auch zugeben!) Es sind einerseits Maßnahmen, aber ich will nicht verschweigen, dass natürlich auch eine gute Konjunktur mithilft. Wann saniere ich ein Budget? – Wenn ich eine gute Konjunkturlage habe und nicht so, wie Sie das offensichtlich machen, nach dem Motto: Spare in der Not, dann hast du Zeit dazu! – Das scheint Ihr Prinzip zu sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dank dieser Maßnahmen, aber auch dank der guten Konjunktur ist es uns gelungen, dass der Beschäftigungsstand einer der höchsten ist. Erfreulicherweise betrifft das auch ältere Arbeitnehmer. Das heißt, um 12 Prozent sind auch ältere Arbeitnehmer – also die über 55-Jährigen – jetzt wieder in Beschäftigung, was ich für sehr positiv und auch sehr wichtig finde. Es gibt 24 000 Neugründungen von Betrieben, was mich auch sehr hoffen lässt; Österreich war lange Zeit ein Schlusslicht, was die Selbständigkeit anlangt. Auch der Export ist auf einem Höchststand.

Daher muss man – bei aller Kritik, für die ich Ihnen gar nicht die Berechtigung absprechen möchte (Bundesrätin Schicker: Danke!)  – nicht immer nur mies machen und nicht immer nur sagen: Es ist alles schlecht. (Bundesrätin Schicker: Hat auch keiner gesagt!)

Wir haben uns sehr wohl bemüht und auch dafür gesorgt, dass die kleinen Einkommen nicht belastet werden. Ich gestehe aber ein, dass der eine oder andere Fehler – wie jener bei der Unfallrente – passiert ist. Das muss repariert werden, da gebe ich Ihnen in der Kritik Recht. (Bundesrat Marizzi: Wann?) Das muss auch getan werden. (Bundesrätin Schicker: Und Ambulanzgebühr und und und!)

Aber in einem Punkt möchte ich Ihrem Gedächtnis ein bisschen auf die Sprünge helfen. Es dürfte auch bei Ihnen Leute gegeben haben, die erkannt haben, dass die Budgetpolitik so, wie sie bis 1999 stattgefunden hat, nicht mehr weitergehen kann. (Bundesrätin Schicker: Wir haben ja schon vorher Konsolidierungspakete geschnürt, nur sozial treffsicher!) Ihre sozialdemokratischen Kollegen waren durchaus dafür, das Pensionsalter nicht um eineinhalb, sondern um zwei Jahre anzuheben. (Bundesrat Marizzi: Ist das eine Drohung?) Was die Verdopplung des Preises der Vignette betrifft, hat niemand etwas dabei gefunden. Auch Sie haben damals in den Koalitionsgesprächen mit der ÖVP befunden, dass das durchaus in Ordnung ist. Sie wollten sogar die Mineralölsteuer um 1 Schilling plus Mehrwertsteuer anheben. (Bundesrat Würschl: Und Sie haben keine ...!) Was das für die Pendler bedeutet hätte, das mögen Sie bitte einmal den Leuten erzählen.

Ihr Hauptverbandspräsident Sallmutter hat immer schon gesagt, man sollte generell die Sozialversicherungsbeiträge erhöhen. (Bundesrat


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676. Sitzung / Seite 50

Konecny: Wieso ist er es denn noch? – Heiterkeit bei der SPÖ.) Das wäre wesentlich teurer als die Ambulanzgebühren gekommen. Aber davon wollen Sie heute nichts mehr wissen, da lässt Sie Ihr Gedächtnis wieder im Stich.

Nur verbreiten Sie eben gerne Panik und falsche Informationen, so wie das auch im Bildungsbereich geschieht. Sie gehen her und sagen landauf, landab: Es ist ganz furchtbar, die Bildungspolitik geht den Bach hinunter, die Lehrer werden massenweise entlassen, und die Bildung unserer Kinder ist insgesamt gefährdet. – Das ist unverantwortlich, das sage ich Ihnen! Sie wissen auch, dass das nicht stimmt; das Gegenteil ist nämlich richtig. (Bundesrat Gruber: Die Lehrer sagen das, bitte! Nicht wir, die Lehrer sagen das!)

Das Gegenteil ist richtig – natürlich sagen Sie das auch, weil das im Nationalrat genauso gemacht wird. (Bundesrat Konecny: Frau Kollegin! Sie kennen den "dominierenden" Einfluss der SPÖ in Vorarlberg! Erklären Sie mir einmal, warum die Vorarlberger Lehrer so toben!) Diese haben noch ein anderes Dienstrecht als der Rest der Österreicher. Das dürften Sie nicht wissen, aber Sie können die Vorarlberger Kollegen darüber befragen. (Bundesrat Konecny: O ja! Aber sie toben gegen die Änderung!)

Tatsache ist aber, dass noch nie so viel wie heuer für Bildung ausgegeben wurde. – Ich hoffe, Herr Professor Konecny, dass dieses Lachen von Ihnen ein zustimmendes war. (Bundesrat Konecny: Nein! – Heiterkeit.) Aha, es gibt also schon Differenzen in der eigenen Partei! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Ministerin Gehrer hat von allen Ressorts am meisten für ihr Ressort bekommen, und ich finde, das ist auch in Ordnung. (Bundesrat Marizzi: Jetzt kommen wieder die Sonntagsreden!) Ich glaube, da sind wir alle uns grundsätzlich einig, dass wir bei der Bildung nicht sparen dürfen und es wichtig ist, dass unsere Kinder und zukünftigen Enkelkinder, Urenkel und so weiter, also die künftigen Generationen, auch eine gute, eine sehr gute Bildung bekommen. (Bundesrätin Schicker: Es ist aber gekürzt worden!)

Aber ich frage mich, was Sie eigentlich kritisieren – wie es Kollege Würschl jetzt beim Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz gemacht hat –, wenn ein modernes, flexibles Dienstrecht gestaltet und mit den Gewerkschaftsvertretern ausverhandelt wird. (Bundesrat Würschl: Was ist modern daran? Abkassieren, abkassieren!) Sie sind doch diejenigen, die ständig einmahnen, man müsse auch mit dem politisch anders denkenden Gegenüber sprechen! Einverstanden, da gebe Ihnen Recht. Das geschieht nun. Was machen Sie? – Sie kritisieren es und sagen: Eigentlich ist auch das nicht in Ordnung. (Bundesrat Weilharter: Kritisiert die eigene Gewerkschaft!)

Ich würde Ihnen raten, einmal darüber nachzudenken, was Sie wollen und ob jetzt die Linke weiß, was die Rechte will, oder umgekehrt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Gruber: Warum gehen dann die Lehrer in Vorarlberg auf die Straße?)

Ich glaube, dass es dann, wenn ein Modell mit den Sozialpartnern ausverhandelt worden ist, die Lehrer in einer Urabstimmung befragt werden und bei einer Wahlbeteiligung von 70 Prozent 80 Prozent dafür stimmen, ein zutiefst demokratischer Prozess ist. Ich gehe jetzt nicht davon aus, dass Sie Ihre Kritik bezüglich eines demokratischen Prozesses beibehalten. Sonst müsste ich Sie bitten, einmal Ihr Demokratieverständnis zu überdenken.

Ich möchte noch auf Folgendes hinweisen: Es hat ein Genosse von Ihnen, Stadtschulratspräsident Scholz, im Februar dieses Jahres in einem Schreiben gesagt beziehungsweise geschrieben, dass zum Beispiel von einem Stellenabbau in Wien keine Rede sein kann und dass auch dieses Finanzausgleichspaket zu keinen Entlassungen, tiefgreifenden Änderungen oder Verschlechterungen im Schulbereich führen wird. (Bundesrat Weilharter: Hört!) Vielleicht suchen Sie einmal das Gespräch mit Ihrem Genossen Scholz; er wird Ihnen das erklären. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren, vor allem von der SPÖ! Ich glaube, dass diese Verunsicherungen völlig fehl am Platz sind. Daher möchte ich an Sie appellieren: Wir, die wir hier sitzen, sind gewählt, um für Österreich zu arbeiten, aber nicht für die eigene Partei, wie Sie das tun. Vielleicht denken Sie einmal daran, dass das Interesse Österreichs wichtiger als das der SPÖ ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.29

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Schicker. – Bitte.

12.30

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur kurz auf die Aussagen meiner Vorrednerin eingehen. (Bundesrat Konecny: Ganz kurz, das reicht!) – Ganz kurz.

Ich habe überhaupt kein Problem damit, in der Familie Schulden zu machen, wenn ich weiß, wofür diese Schulden sind. (Bundesrätin Mühlwerth: Nur zeitlich befristet!) Sie müssen mir erklären, wer es sich leisten kann, ein Haus zu bauen, ohne einen Lottogewinn gemacht zu haben. Ich habe überhaupt kein Problem damit, einen Kredit aufzunehmen, wenn ich weiß, wofür ich diesen Kredit verwende. Ich glaube, damit ist alles gesagt, und wir brauchen uns jetzt gar nicht damit auseinander zu setzen. (Beifall bei der SPÖ.)


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676. Sitzung / Seite 51

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem heute zu beschließenden Budgetbegleitgesetz 2002 sollen angeblich die Weichen für das Erreichen eines Nulldefizits und eines Belastungsstopps gestellt werden. Dass diese beiden vorhin genannten Ziele mehr als umstritten sind, wurde heute von einigen meiner Fraktionskollegen schon mehrfach ausgeführt.

Die von der Regierungskoalition so oft genannte soziale Treffsicherheit hat zwar getroffen, zu unserem Bedauern aber gerade jene, die Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen sind. Diese unsoziale Treffsicherheit dokumentiert sich in einer Reihe von Maßnahmen wie der Unfallrentenbesteuerung, der Einführung der Ambulanzgebühren und vielem mehr.

Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Regierungskoalition, geht es nicht wirklich darum, soziale Politik zu betreiben, denn sonst dürfte keine Umverteilung von den unteren Einkommen zu den oberen stattfinden, wie es zurzeit der Fall ist. Das verstehen Sie unter sozialer Treffsicherheit? – Das ist, so meine ich, Zynismus pur. (Beifall bei der SPÖ.)

Es werden noch dazu tagtäglich Steuermillionen aufgewendet, um für die Regierungsmaßnahmen Verständnis in der Bevölkerung zu finden. Sie selbst werden diese schönen halbseitigen Werbebroschüren auch jeden Tag lesen. Dafür gehen Steuermillionen drauf. (Bundesrat Mag. Strugl: Das ist super!)

Ich sage Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, diese inhaltlich billige, kostenmäßig aber sehr teure Propaganda nimmt Ihnen niemand mehr ab. Sie haben jede Glaubwürdigkeit verloren. Selbst Ihre eigenen Landeshauptleute begehren immer mehr auf. Das müssen Sie zugeben. Man liest das jeden Tag in der Presse. Das spricht für sich, wenn Ihre eigenen Landeshauptleute nicht mehr für Ihre Maßnahmen geradestehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von dem groß angekündigten Nulldefizit kann natürlich auch keine Rede sein, denn die vorliegenden Zahlen beweisen es, und Kollege Hoscher hat auch schon darauf hingewiesen, dass der Bund auch im Jahre 2002 immer noch eine Neuverschuldung in der Höhe von 11,4 Milliarden Schilling eingehen wird. Der Abgang kann nur durch Überschüsse von Ländern und Gemeinden ausgeglichen werden.

Genau zu diesem Punkt hat auch die EU-Kommission bereits ihre Kritik angebracht, da ein derartiger Finanzausgleich ohne Definition der Maßnahmen, die zu Überschüssen führen sollen, auf sehr wackeligen Beinen steht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn sich die Bundesregierung aber tatsächlich anschickt zu sparen, so geschieht das am falschen Fleck. Es wird bei Erziehung und Bildung gespart, es wird bei Investitionen gespart, und es fließen weniger Gelder in die Forschung. Das ist der falsche Weg in die Zukunft, meine sehr geehrten Damen und Herren. – Aus diesem Grund wird meine Fraktion diesem Budgetbegleitgesetz 2002 auch nicht ihre Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

12.34

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Pühringer. – Bitte.

12.34

Bundesrätin Uta Barbara Pühringer (ÖVP, Oberösterreich): Da ich weiß, dass Kollege Würschl aus dem Lehrerbereich kommt – wir waren beide vor Jahren gemeinsam in der Bundessektion der Pflichtschullehrer tätig –, habe ich damit gerechnet, dass er auf das LDG Bezug nehmen wird und ich dann auch etwas dazu sagen werde müssen.

Hinsichtlich deiner Anmerkung, es werde auf Kosten der Jugend gespart, muss ich fragen: Wodurch wird an der Jugend gespart? – Ich muss als Lehrervertreterin leider bestätigen: An den Lehrern wird gespart, aber nicht an der Jugend. Es hat sich an den Stundentafeln, an den Lehrplänen, am Angebot für die Kinder nichts geändert. Es wird bei den Lehrern eingespart. Einige Lehrer – nicht alle! – müssen tatsächlich etwas mehr unterrichten. Es wurde eine Be


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676. Sitzung / Seite 52

lohnung gestrichen, aber im 1. wie im 2. Budgetbegleitgesetz in gleicher Weise. Es wird eine gewisse Einschränkung bei der Abgeltung der Mehrdienstleistungen geben.

Das, was jetzt mit dem Budgetbegleitgesetz überhaupt nicht zusammenhängt, aber Einsparungen bei den Lehrern bringt, ist der Finanzausgleich, der mit dem Gesetz – ich habe es gerade gesagt – nichts zu tun hat. Dieser betrifft eine Vereinbarung aller Landeshauptleute aller Couleurs mit dem Finanzminister, in der die neuen Schlüsselzahlen bezüglich der Schüler-Lehrerdichte festgelegt wurden. Da wird es in manchen Bundesländern – ich glaube, es sind drei – einen Abbau von Dienstposten geben. Ich bin mir sicher, dass wir in Oberösterreich – wir haben schon immer sehr gut und vor allem sehr korrekt gewirtschaftet – im nächsten Jahr alle Pflichtschullehrer weiter beschäftigen werden können. (Ruf bei der ÖVP: Niederösterreich!)

Du hast die Lehrerbefragung und die Urabstimmung erwähnt und diese als Farce bezeichnet. Ich möchte das nicht so im Raum stehen lassen, sondern erklären, was dahinter steckt. Nachdem das 1. Budgetbegleitgesetz beschlossen worden war, hat unsere Gewerkschaft eine Alternative dazu erarbeitet, und zwar das, was jetzt im vorliegenden Budgetbegleitgesetz zur Abstimmung kommt.

Vorher wurden die Pflichtschullehrer in ganz Österreich in einer Urabstimmung befragt, ob sie sich für das eine oder das andere Modell entscheiden würden. Da hat es einen vorgegebenen Stimmzettel gegeben. Nun haben die Vorarlberger Landeslehrer gemeint, es müsse auch die Möglichkeit geben, anzukreuzen, dass man keines von beiden will, und haben einen eigenen Stimmzettel gedruckt, der natürlich bei der Auszählung als ungültig gewertet wurde.

Sagen Sie mir, was daran undemokratisch ist, wenn bei einer Wahl eine Gruppe einen eigenen Stimmzettel anfertigt und sagt: Wir wollen anders abstimmen, wir wollen etwas anderes beurteilen. Ich darf aber dazu sagen, es hat auch in Oberösterreich Lehrer gegeben, die keine der beiden Varianten angestrichen und damit zum Ausdruck gebracht haben: Ich will das Erste nicht, und ich will das Zweite nicht. Wir haben diese Stimmen nicht als ungültig erklärt, sondern wir haben sie ausgezählt und gesagt: so viele Stimmen für das erste Modell, so viele Stimmen für das zweite und so viele Stimmen für keines dieser beiden Modelle. Trotzdem hat sich die überwiegende Zahl der Lehrer, also weit über 50 Prozent, für das vorliegende Budgetbegleitgesetz ausgesprochen. Wieso kann man da von Farce sprechen?

Dann hast du gesagt, dass wir bei den Lehrern mit dieser Regelung, mit all dem Frustration auslösen. Ich war bei sehr vielen Informationsveranstaltungen und kann feststellen, die Frustration ist erst nachher gekommen und ist durch jene hervorgerufen worden, die nach wie vor die Stimmung anheizen und unsere Lehrer verunsichern. Das ist für uns sehr schwer erträglich. Ich hoffe, dass wir diese Stimmung wieder in den Griff bekommen.

Das Modell, das jetzt hier von manchen Seiten kritisiert wird, das ich in meinen Ausführungen befürwortet habe, funktioniert in den nordischen Staaten klaglos. Ich kann mir nicht vorstellen, warum dieses nicht auch bei uns, wenn wir die Anfangsschwierigkeiten, die Umstellungsschwierigkeiten überwunden haben, funktionieren sollte.

Das vorliegende Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz heißt abgekürzt LDG. Ich interpretiere die Abkürzung anders: "Lasst die Gehrer" – nämlich weiter arbeiten im Sinne der Lehrer, der Schule, der Bildung. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie ist eine Unterrichtsministerin, die von Anfang an immer auf die Lehrer, auf die Lehrervertreter zugekommen ist und immer mit uns gemeinsam nach Lösungen gesucht hat.

Ich denke, wer sich nur oberflächlich und nur aus den Zeitungen über all diese Probleme informiert und sagt: Unzufriedenheit bei den Lehrern, Lehrerstreik und so weiter!, aber nicht in die Tiefe geht und die Zusammenhänge nicht voll erkennt, der beurteilt dies halt naturgemäß anders als jene, die sich ständig damit beschäftigen. Ich hoffe, dass es so weit kommen wird, dass die Lehrer dann uns mehr glauben werden.


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676. Sitzung / Seite 53

Was das Schuldenmachen betrifft, muss ich sagen: Unsere Schulden – das ist das Schlimme an der derzeitigen Situation – beziehen sich leider Gottes auf die Vergangenheit. Wir zahlen das ab, was wir in der Vergangenheit konsumiert haben. (Bundesrat Marizzi: Das war nett: Sie hat "wir" gesagt! Sie hat nicht "ihr" gesagt!) Ich glaube, wir müssen dahin kommen, dass wir Schulden machen können, die wieder zukunftswirksam werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.40

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Staatssekretär. – Bitte.

12.41

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Sie haben heute ein sehr dünnes Budgetbegleitgesetz vorliegen. In diesem Budgetbegleitgesetz haben wir noch andere Materien, die angestanden sind, mit verarbeitet, das ist richtig, Herr Bundesrat, sonst wäre es überhaupt nur ganz dünn gewesen, weil keine neuen Belastungen für das Jahr 2002, wie wir das versprochen haben, mehr enthalten sind. Es gibt keine neuen Belastungen!

Es gab ein Sanierungsjahr. Die Hauptlast lag beim Budget 2001, aber dieses Budgetbegleitgesetz enthält keine neuen Belastungen mehr.

Die Einnahmensteigerungen, die Sie anführen, ergeben sich Gott sei Dank "nur" – unter Anführungszeichen – durch die gute wirtschaftliche Entwicklung, aber nicht auf Grund höherer Steuern. – Das ist einmal das eine, das wichtig ist festgehalten zu werden.

Wir haben auch schon den ersten Beweis dafür geliefert, dass wir nicht nur einen Voranschlag machen können, sondern dass wir auch den Voranschlag einhalten. Im Jahr 1999 – das war das letzte Jahr von Finanzminister Edlinger – hat es einen Abgang in der Höhe von rund 70 Milliarden Schilling gegeben. Der Bundesrechnungsabschluss hat schon den Nationalrat passiert. Der Abgang wird im Jahr 2000 – wir sind in das laufende Jahr eingestiegen und mussten ein Budgetprovisorium übernehmen – unter 40 Milliarden liegen. Bereits in einem Jahr wurde der Abgang um 30 Milliarden gesenkt. Das hätten wir sehen wollen. (Bundesrat Gruber: Das weiß jeder! – Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Jetzt zu dem Argument, es sei investiert worden, und da sei es zulässig, Schulden zu machen. – Das stimmt. Ich brauche allerdings keine Luxushäuser zu errichten. Sie haben außerdem auch die laufenden Ausgaben mit Schulden finanziert. Das ist das Krebsübel. Das kann ich Ihnen sehr genau beweisen, und ich werde Ihnen Unterlagen dazu liefern.

Die Investitionen wurden immer geringer, sie lagen nur mehr bei etwa 40 Prozent. 60 Prozent der laufenden Ausgaben haben wir mit Defiziten gedeckt. (Bundesrat Winter: Einstimmige Beschlüsse in der Regierung!) Sie haben im Jahr 1960 eine ausgeglichene Budgetlage übernommen (Bundesrat Konecny: Im Jahr 1960?) – im Jahr 1970, Entschuldigung. (Bundesrat Konecny: Zehn Jahre Unterschied spielen keine Rolle! 100 Milliarden Unterschied spielen keine Rolle! Herr Kollege! Lernen Sie zuerst einmal Geschichte!) – Ja, lernen Sie Geschichte. 0,4 Prozent betrug das damalige Defizit. Bereits 4,2 Milliarden betrug das Defizit in absoluten Zahlen. Und bereits im Jahr 1986 – da war noch keine ÖVP in der Bundesregierung (Ruf: Da war die FPÖ in der Regierung!) – betrug das Defizit über 100 Milliarden.

Jetzt haben wir einen Schuldenberg, wofür wir bei einem Volumen von 800 Milliarden Schilling allein 100 Milliarden Schilling an Zinsen tragen. (Bundesrat Mag. Hoscher: Einstimmigkeit im Ministerrat!) Was könnten wir mit 100 Milliarden Schilling jährlich Gutes anfangen? – Da hätten wir all diese Probleme mit Unfallbesteuerung, Ambulanzgebühren und dergleichen mehr nicht. Das ist eine Todsünde einer früheren Finanzpolitik. Kein Jahr war damals ohne Defizit. (Bundesrat Marizzi: Können Sie sich erinnern: 1995 Kassasturz! – Bundesrat Mag. Hoscher: 13 Jahre einstimmig im Ministerrat!)


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676. Sitzung / Seite 54

Ein Sparpaket hat es 1996/97schon gegeben. Der Rechnungshof hat eine Evaluierung dazu gemacht. Da wurde tatsächlich in Einkommen von Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes eingegriffen. Da wurden die Belohnungen um die Hälfte gekürzt, da wurden Aufwandsentschädigungen besteuert, da wurden Reisegebühren besteuert. (Bundesrat Marizzi: Gemeinsam mit der ÖVP!) Wieso haben Sie damals nicht diese Kritik angebracht? Wer war damals Finanzminister? – Ein gewisser Staribacher hat das Paket geschnürt. (Bundesrat Kone
cny: Herr Staatssekretär! Sie finden aus der Wüste Gobi einfach nicht heraus! – Beifall bei der ÖVP.)

In jeder ECOFIN-Sitzung, also der Versammlung der Finanzminister, wird die Budgetpolitik eines anderen Landes ganz streng analysiert. Im Jänner heurigen Jahres war Österreich dran. Da wurde eindeutig festgestellt: Österreich hat eine neue Art von Budgetpolitik, Österreich ist vom letzten Platz auf den mittleren Platz gerückt. Das war eine eindeutige Anerkennung. Wir haben dort die Empfehlung bekommen, diesen Budgetkonsolidierungskurs fortzusetzen. (Bundesrat Mag. Hoscher: Herr Staatssekretär! Nicht was die Investitionen betrifft!) Denn nur wenn man etwas angespart hat, kann man auch wieder etwas verteilen. Und so wird es auch geschehen.

Jetzt möchte ich etwas zu meinem Zeitungsinterview sagen. Das Zeitungsinterview wurde nicht vollständig wiedergegeben. Ich habe Folgendes festgehalten: Wir zittern mit der Beurteilung unserer Ausgliederungen sowohl beim Bund als auch beim Land. Denn was geschieht? – Eurostat interpretiert bei gegebener Rechtslage unterschiedlich und immer restriktiver. (Bundesrat Marizzi: Was hat Landeshauptmann Pröll gesagt?) Aber das ist ein Problem der EU, das wir auch dort besprechen werden. Man setzt unter bestimmten Voraussetzungen, angesichts einer bestimmten Spruchpraxis, nach Maastricht zulässige Sanierungsmaßnahmen, und es geht nicht an, wenn man dann hinterher sagt, jetzt haben wir eine andere Beurteilung, wir beurteilen das wirtschaftlich enger. Und auf einmal werden unsere Ausgliederungen nicht mehr anerkannt hinsichtlich der Maastricht-Kriterien. Das ist eine unfaire Vorgangsweise, allerdings nicht von Österreich, sondern von Eurostat. (Bundesrat Konecny: Vor allem gegenüber den Bundesländern ist das ein sehr unfairer Vorgang! – Bundesrat Marizzi: Was hat Landeshauptmann Pröll von Niederösterreich gesagt?)

Die Bundesregierung steht weiter zum Budgetkonsolidierungskurs. – Das wurde beim Euro-Ministerrat gestern eindeutig durch den Bundeskanzler gesagt. Der Budgetkonsolidierungskurs wird so wie vorgesehen fortgesetzt werden.

Wir haben nie gesagt, dass im Jahr 2002 das Bundesbudget bereits ein Nulldefizit verzeichnen wird. Wir haben immer gesagt: Das Maastricht-Defizit, das Maastricht-relevante Gesamtdefizit wird auf null sein. Das haben wir angekündigt, und das werden wir auch einhalten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Eines möchte ich auch sagen: Wenn wir im Jahr 1969 noch ein 70 Milliarden-Defizit hatten und im Jahr 2002 nur ein Defizit in der Höhe von 11 Milliarden oder 800 Millionen j , dann ist das eine gewaltige Leistung. Da können sich andere Finanzminister etwas abschauen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz will ich nur allgemein sagen: Man sollte doch einmal zur Kenntnis nehmen, dass sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt total geändert hat. (Bundesrat Mag. Hoscher: Es ist um die Vorgangsweise gegangen!) Wir haben nicht mehr die Nachkriegszeit, in der auf Teufel komm‘ raus gebaut werden musste, sondern wir haben derzeit einen Überschuss auf dem Markt. Auf diese geänderte Lage muss ich doch reagieren. (Bundesrat Mag. Hoscher: Mit rechtswidrigen Vorgängen!)

Jetzt gibt es die einmalige Gelegenheit, dass aus Mietern zu guten Konditionen Eigentümer werden. (Bundesrat Marizzi: Wer sagt das?) Sie haben ein halbes Jahr Zeit zum Überlegen. Wir versuchen, einen solchen Wohnungsblock anzubieten, sodass sie auch zu günstigen Bedingungen die Wohnung bekommen. Zumindest versuchen wir es bei einem Teil. Nach Entrichtung der Herstellungskosten unter Abrechnung der Abschreibungsquoten und Anrechnung von bisherigen Wohnbaubeiträgen können aus Mietern Eigentümer werden. Ich weiß, die sozialistische


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Partei will keine Eigentümer, sondern Mieter. Und das kommt da zum Ausdruck. (Bundesrat Marizzi: Nein! Nein! Nein! – Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zur Frage der Lehrer möchte ich sagen: Die einzige öffentliche Dienstnehmergruppe, die von der Einsparungsquote in Höhe von 11 000 ausgenommen wurde, sind die Lehrer. Nicht einmal den Exekutivbereich haben wir ausgenommen. (Bundesrat Würschl: Das spürt man!) Die Lehrer haben wir ausgenommen. Obwohl die Schülerzahl sinkt – das sollten Sie auch einmal beachten, Herr Bundesrat Würschl –, wurde die Lehrerzahl nicht gesenkt.

Wir haben nicht einfach irgendwelche Maßnahmen gesetzt, sondern zuerst eine Arbeitszeitstudie gemacht, um zu sehen, wie sich die Situation darstellt. Auf Grund dieser Arbeitszeitstudie sind wir mit der Gewerkschaft in Verhandlungen dahin gehend getreten, wie man da etwas ändern kann. Wir haben trotz all dieser Kürzungsmaßnahmen noch immer die beste Vergleichszahl zwischen Lehrern und Schülern in ganz Europa, ganz zu schweigen von Amerika. Zeigen Sie mir eine bessere Quotenzahl trotz dieser Sparmaßnahmen! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ich glaube, ich konnte somit einige Aufklärungen geben. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

12.51

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters hat sich Herr Bundesrat Mag. Hoscher zu Wort gemeldet. – Bitte. (Bundesrat Marizzi: Jetzt kommt die Abrechnung! – Bundesrat Mag. Hoscher: Nein, ganz moderat!)

12.51

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Eine kurze Anmerkung zum Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz: Es war schon die Sozialdemokratie, zugegebenermaßen gemeinsam mit der ÖVP, die in den vergangenen Jahren im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz die Möglichkeit zum Eigentumserwerb eröffnet hat. Nach zehn Jahren bestand unter gewissen Voraussetzungen sogar ein rechtlicher Anspruch. (Beifall bei der SPÖ.) Dies wurde im Übrigen auch durchaus in Anspruch genommen.

Es wurde nicht die Wohnungspolitik kritisiert. Es werden sicherlich noch Gesetze kommen, in deren Rahmen wir die Wohnungspolitik besprechen können. Dass es da ideologische Unterschiede geben mag, ist zulässig und auch völlig verständlich.

Mir ging es – dazu haben Sie keine Aufklärung gebracht, ich hoffe, Sie haben deswegen keine Aufklärung gebracht, weil Sie es nicht wissen, weil Sie es nicht wissen können, weil Sie nicht informiert waren –, um es noch einmal zu sagen, um gewisse Vorgänge rund um die Eisenbahnerwohnbaugesellschaft, die zu rund 99 Prozent, aber eben nicht mehr zu 100 Prozent im Eigentum des Finanzministeriums steht. Da gibt es gewisse rechtswidrige Vorgänge, die meinen Informationen zufolge bereits gerichtsanhängig sind. Diesbezüglich wollten wir Aufklärung haben. (Beifall bei der SPÖ.)

12.52

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. (Rufe bei der SPÖ: Keine Aufklärung!)

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates. Diese Abstimmungen erfolgen getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend das Budgetbegleitgesetz 2002.


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676. Sitzung / Seite 56

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz, das Bundesfinanzgesetz 2001 und das Versöhnungsfonds-Gesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt –, zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt –, zu erheben, ist somit angenommen.

8. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesbeschaffung Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BB-GmbH-Gesetz) (486 und 546/NR der Beilagen sowie 6330 und 6340/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesbeschaffung Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BB-GmbH-Gesetz).

Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Buchinger übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Ludwig Buchinger: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesbeschaffung Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. April 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Kraml. – Bitte.

12.55

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Beim Einkaufen von Waren und Dienstleistungen einen besseren Preis zu erzielen, das ist an sich eine positive Sache. Und das gilt auch für die Beschaffungen des Bundes. Optimierungen und Veränderungen in bestimmten Bereichen sind immer wieder durchzuführen. Dagegen ist nichts einzuwenden. So weit können wir mit Ihnen auch konform gehen.

Die Frage ist allerdings, wie gehe ich an das Ganze heran, welche Möglichkeiten werden damit geschaffen. Genau dieses "Wie gehe ich an die Sache heran" ist es, das uns eine Zustimmung nicht möglich macht.


Bundesrat
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676. Sitzung / Seite 57

Meine Damen und Herren! Mit dem uns heute vorliegenden Gesetz gehen Sie konsequent den Weg weg von den Kleinen und hin zu den Großen, weg von den Bundesländern, den Regionen hin zu den Zentralstellen. Zentralisieren – und das ohne Rücksicht auf Verluste – scheint Ihre Devise zu sein.

Die personelle Zusammensetzung dieser Bundesbeschaffung Gesellschaft zeigt, dass man auch hier wieder zwei Geschäftsführer braucht, vielleicht damit die Farbenlehre stimmt. Ich habe beruflich sehr oft mit einer großen Einkaufsorganisation zu tun. Diese setzen in Österreich zum Beispiel an die 30 Milliarden Schilling um, und sie kommen mit einem Geschäftsführer aus und auch mit wesentlich weniger Personal, als es jetzt bei dieser Bundesbeschaffung Gesellschaft vorgesehen ist. Sie haben natürlich einen Vorteil: Sie brauchen das Personal nicht farblich abzustimmen.

Meine Damen und Herren! Schon bei der ersten Beschaffungswelle werden den Großkonzernen Tür und Tor geöffnet, wie man so schön sagt, zum Beispiel beim Strom. Stromriesen aus den Nachbarländern – das sind dann zumeist auch die Lieferanten von Atomstrom – werden natürlich einen besseren Preis machen, ein besseres Angebot erstellen können und dann natürlich auch zum Zug kommen. Da geht es nicht nur darum, dass künftig viele Leistungen von nicht in Österreich ansässigen Firmen erbracht werden, sondern da geht es auch um die Wertschöpfung, die in einem solch wichtigen Einkaufsbereich zu erzielen ist. Und die Wertschöpfung soll halt schon zum Großteil in Österreich bleiben, so meine ich.

In der Regierungsvorlage sind zum Beispiel auch die Bereiche Reinigungsdienst und Transporte angeführt. Jeden Schilling, meine Damen und Herren, den sich der Bund da erspart, zahlen die Putzfrauen und die Lkw-Lenker auf Grund eines erhöhten Leistungsdruckes in den jeweiligen Firmen.

Jetzt zu den Klein- und Mittelbetrieben, die Ihnen von den Regierungsfraktionen, wie Sie das bei jeder Gelegenheit betonen, so sehr am Herzen liegen. Auf diese haben Sie vorerst überhaupt vergessen. In der Regierungsvorlage liest man dazu nicht sehr viel. (Bundesrat Dr. d′Aron: Zweite Lesung im Nationalrat!) Sie regen da zwar die Bildung von Bietergemeinschaften an, aber das müssen Sie mir einmal zeigen, wie die Klein- und Mittelbetriebe zu einer entsprechenden Bietergemeinschaft kommen, die ihnen dann auch etwas bringt.

Wenn Sie alles bündeln und alles im Großen ausschreiben, dann werden der kleine Erzeuger und der kleine Händler absolut keine Chance haben, dort jemals ins Geschäft zu kommen. (Bundesrat Dr. d′Aron: Genossenschaftsstruktur!)

Sie haben dann im Nationalrat noch schnell eine Änderung eingebracht, die zumindest auf dem Papier beruhigend wirken soll. (Bundesrat Dr. d′Aron: Warum?) Den Betroffenen wird es aber sehr wenig helfen. Die ganze Denkweise, die dem Gesetz zugrunde liegt, geht nämlich hin zum Zentralismus und weg von den Ländern. Wenn Sie dann fünf Minuten vor der Abstimmung noch etwas einbringen, das beruhigend wirken soll, dann ist das zu wenig. Dazu hätten Sie in den Ausschusssitzungen lange genug Zeit gehabt.

Meine Damen und Herren! Mich wundert überhaupt das Verhalten der zuständigen Wirtschaftsvertreter, die all das so ruhig hinnehmen, obwohl sie die Unruhe der von Ihnen zu vertretenden Klientel eigentlich kennen müssten. Aber es reiht sich halt alles aneinander. Der Justizminister will die Bezirksgerichte zusperren (Bundesrat Dr. Böhm: Ist ja nicht wahr!), der Finanzminister will die Finanzämter zusperren, der Innenminister will die Gendarmerieposten zusperren, die Infrastrukturministerin will die Postämter zusperren. (Bundesrat Dr. Böhm: Das kann sie gar nicht!) Und jene Ministerien, die nichts zum Zusperren haben, erschweren den Klein- und Mittelbetrieben das tägliche Arbeiten und das Geldverdienen. (Beifall bei der SPÖ.)

Da geht es insgesamt um die regionale Beschäftigungssituation und um das Wirtschaftswachstum in den Regionen, das Sie dabei vergessen. All das bleibt bei den Intentionen dieser Bundesbeschaffungsgesellschaft auf der Strecke.


Bundesrat
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676. Sitzung / Seite 58

Meine Damen und Herren! Ihr Ziel ist einzig und allein der eingesparte Schilling. Was daneben und dahinter alles auf der Strecke bleibt, das kümmert Sie herzlich wenig. Solch einem Gesetz können wir, meine Damen und Herren, unsere Zustimmung nicht geben! (Beifall bei der SPÖ.)

13.01

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ledolter. – Bitte.

13.01

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, dass ich, ehe ich auf die Ausführungen meines Vorredners eingehe, kurz auf die vorhergegangene Debatte repliziere. Denn es zieht sich hier der rote Faden eines Versuchs einer Politik nach dem Motto "Haltet den Dieb" durch, einer Politik, die davon ausgeht, dass man die Verantwortung, die über 30 Jahre im Wesentlichen bei der Sozialdemokratie und ihren handelnden Personen gelegen ist (Bundesrat Kraml: Und bei der ÖVP!), wegschiebt, von sich weist und den Versuch unternimmt, all das, was damals verbockt wurde, der jetzigen Regierung in die Schuhe zu schieben, wobei gerade diese mit gewaltiger Anstrengung, wie sie Staatssekretär Finz auch aufgezeigt hat, versucht wird, das zu reparieren und in den Griff zu bekommen. Das geht sogar so weit, dass sich Professor Konecny hier nicht entäußert, einem Regierungsmitglied zu empfehlen: Lernen Sie Geschichte! (Bundesrätin Fuchs: "Entäußert"! Wie kann man sich "entäußern"?)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, die Empfehlung, die über der heutigen Debatte zu stehen hat, heißt: Die Sozialdemokratie soll endlich wirtschaften lernen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es mutet schon ein bisschen befremdlich an und ist wirklich verblüffend ... (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Aspöck. ) – Ja, sie haben es natürlich auch im eigenen Bereich, im eigenen Haus nicht geschafft, und daher kann es auch im Staat nicht gut gegangen sein – das stimmt schon.

Endgültig verblüfft bin ich aber, wenn sich Exponenten einer Partei, die den Zentralismus in ihrer Dogmatik hat, die sich diesem Zentralismus ... (Bundesrätin Mag. Trunk: Bei uns gibt es dafür kein Schwarzgeld! Kohl ist ja Ihr Partner!)  – Frau Kollegin! Das ist durchaus nachvollziehbar! Ich glaube, dass auch bis Kärnten schon durchgedrungen ist, dass die SPÖ eine sehr zentralistische Partei ist, mit diesem Zentralismus aber deutlich Schiffbruch erlitten hat.

Etwa der zentrale Einkauf bei den ÖBB, der in der Nationalratsdebatte sehr wortreich dargestellt wurde, Maßnahmen, die dazu geführt haben, dass man Radiergummis und Leuchtstoffröhren aus weit entfernten Städten, nämlich von dort, wo der Zentraleinkauf angesiedelt war, abholen musste – teilweise waren sie, bis sie bei der Destination angekommen sind, unbrauchbar –, Pleitewellen, die sich auch nachvollziehen lassen, zentrale Einrichtungen wie der "Konsum" und auch Zentralisierungsversuche bei den Banken haben dieses Ergebnis gebracht, meine Damen und Herren! (Bundesrätin Mag. Trunk: Besser Schulden als Schmiergeld!) Das ist ja nachzulesen! Dafür stehen die Österreicherinnen und Österreicher mit ihrem Geld und letztendlich auch mit ihren Arbeitsplätzen gerade; mit den Arbeitsplätzen, die Sie immer vorgeben zu sichern – Menschen haben aber dank Ihrer Politik den Arbeitsplatz verloren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Gruber: Und Sie waren nie dabei in den letzten 13 Jahren!) – Bei der "Konsum"-Pleite nicht und bei anderen Manövern, die in Ihrem Dunstkreis angesiedelt sind, auch nicht, Herr Kollege!

Als Bürgermeisterkollege wissen Sie, dass man sich immer in erster Linie um das eigene Haus kümmern soll, und wenn das in Ordnung ist, dann kann man sich anderen Aufgaben zuwenden. (Bundesrat Gruber: Ich habe von einem ÖVP-Bürgermeister ... Millionen Schilling Schulden übernommen!) – Herr Kollege! Wir können das nachher gerne draußen besprechen, ich glaube nicht, dass wir mit diesen Zwischenrufen das Publikum langweilen sollten. (Bundesrätin Mag. Trunk: Warum äußern Sie sich zu den Kohl-Verdächtigungen nicht?!) – Bitte? (Bundesrätin Mag. Trunk: Bundesrepublik Deutschland und Österreichische Volkspartei!) Liebe Frau


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Kollegin! Was heißt Verdächtigungen, bleiben Sie bei den Fakten, da haben Sie genug zu kauen! (Bundesrätin Mag. Trunk: Warum äußern Sie sich nicht zu diesen Fakten?)

Meine Damen und Herren! Es freut mich natürlich (Bundesrätin Mag. Trunk: Jetzt müssen Sie schon wegschauen, jetzt wird es peinlich!), dass die Klein- und Mittelbetriebe in der letzten Zeit veritable Fürsprecher aus den Reihen der Sozialdemokratie bekommen. (Bundesrätin Mag. Trunk: Fürbitten höchstens!) Das sind aber Lippenbekenntnisse, die leicht auf ihre Nachhaltigkeit und ihren Stellenwert zu überprüfen sind, die man aber auch in Richtung Vergangenheit untersuchen kann, da es bisher keine Hilfestellung seitens der SPÖ gegeben hat, sondern bestenfalls den Versuch, in die Betriebe hineinzuregieren, hineinzureden, den Betrieben unter der Vorspiegelung des Konsumentenschutzes immer neue Auflagen zu erteilen, damit preistreibend und preiserhöhend zu wirken und die Dinge zu verkomplizieren. (Bundesrat Kraml: Der Konsumentenschutz tut Ihnen weh!)

Jetzt stellen sich Vertreter dieser Fraktion hier her und singen das hohe Lied der Regionalisierung und der Klein- und Mittelbetriebe. Das ist schön, aber es ist nicht wirklich glaubhaft, meine Damen und Herren! (Bundesrat Kraml: Ja, Sie glauben das nicht, das ist Ihr Problem!) Denn es wird jetzt versucht, genau die Methode, die sich über die letzten 30 Jahre nachvollziehen lässt und die zu deutlichen Verschlechterungen in der Wettbewerbsfähigkeit, im Wirtschaftsranking, im Standort-Bewertungssystem Österreichs geführt hat, als Begründung heranzuziehen, um gegen dieses Gesetz zu sein.

Dazu fällt mir nur eines ein: Lassen Sie die Wirtschaft wirtschaften und arbeiten, lassen Sie auch die Klein- und Mittelbetriebe in ihrer Funktion als Unternehmer in Ruhe wirtschaften und arbeiten, dann brauchen Sie sich nicht zu sorgen!

Im Übrigen wird mit diesem Gesetz, meine Damen und Herren, einer Forderung des Rechnungshofes Rechnung getragen, die auch schon seit einiger Zeit erhoben wurde, es wird darangegangen, Synergien zu nutzen; Synergien, die wesentliche Nachteile der Bundesverwaltung und der Bundesstruktur beseitigen sollen, wobei wir aber nicht von einem zentralen Einkauf reden, sondern von Rahmenvereinbarungen, von Rahmenbedingungen, die abgeschlossen werden und in die dann eine Eintrittsmöglichkeit besteht.

Dass die Opposition damit nicht die reine Freude gehabt hat, weil damit wieder ein positiver Schritt gesetzt wird, ist schon verständlich und hat auch zu Abänderungsanträgen im Parlament geführt, in denen darauf eingegangen wurde, dass der Finanzminister nunmehr beauftragt ist, sich im Rahmen einer Verordnung damit auseinander zu setzen, was zentral einzukaufen ist und wie weit diese Rahmenverträge dann auch subsidiär auszufüllen sind, um eben Rücksicht auf die Wertschöpfung in den Regionen und auf die Arbeitsplätze in den Regionen zu nehmen.

Die Antwort der KMUs liegt auf der Hand und wurde zum Teil auch schon erwähnt: die Bildung von Bietergemeinschaften. Und da trifft das zu, was ich vorhin gesagt habe: Lassen Sie die Klein- und Mittelbetriebe wirtschaften, dann wird es durchaus möglich sein, auch dieser Herausforderung zu begegnen!

Zum anderen wird es auch Synergien und Einsparungseffekte geben können, weil die KMUs durch Bündelung und entsprechende Kooperationen in der Anbieterstruktur sicherlich effizienter werden können.

Die Eintrittsmöglichkeiten abzurufen halte ich für durchaus wesentlich und wichtig, weil damit durch diese Gesetzgebung die notwendige Flexibilität gewährleistet ist. Nicht standardisierbare Produkte, nicht zu bündelnde, in den Regionen, in den Kleinräumen zu erbringende Leistungen, bleiben weiterhin von dieser Regelung unberührt.

Meine Damen und Herren! Um das Einsparungspotenzial anzusprechen: Wir reden bei diesem ersten Schritt von einem Volumen von etwa 5,7 Milliarden,  und bei einer Einsparungs-, Effizienz-, Rationalisierungsmöglichkeit von etwa 10 Prozent ist das etwas mehr als eine halbe Milliarde. Abzüglich der schon erwähnten Kosten für den Betrieb der GmbH von geschätzten 30 Millionen wird immer noch ein satter Betrag übrig bleiben, der letztendlich auch dazu dient, das zu


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erwirtschaften, was in Vorperioden fahrlässig verschleudert wurde. (Bundesrat Kraml: Das hätten Sie sich sparen können!)

Damit möchte ich nur unterstreichen, meine Damen und Herren, dass dieses Gesetz keineswegs den Todesstoß für die Regionen, den Todesstoß für die KMUs bedeutet, ganz im Gegenteil, es ist eine Herausforderung und eine Chance für die Wirtschaft, aber auch eine Herausforderung für den Bund, durch dieses Gesetz notwendige Strukturierungen bei der Beschaffung vorzunehmen. Daher wird meine Fraktion diesem Gesetz gerne die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.10

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. d′Aron. – Bitte.

13.11

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Kraml! Ich bedanke mich herzlichst dafür, dass seitens der SPÖ eine grundsätzliche Zustimmung zu der Vorgehensweise, wie sie hier gewählt wurde, nämlich zur Einrichtung einer Bundesbeschaffungsstruktur, zum Ausdruck gebracht wurde und gewisse Bedenken in weiterer Folge geäußert wurden, die dank unseres Kollegen Ledolter – ich habe diesen Eindruck – vollständig ausgeräumt werden konnten. (Bundesrat Kraml: Da kann man sich täuschen! – Bundesrätin Fuchs: Der Eindruck täuscht!)

Wenn ich jetzt noch weitere Argumente für diese Gesellschaft ausführe, besteht also eine gute Möglichkeit, dass Sie die vorgefasste Meinung, die Sie zu diesem Gesetz haben, dem Sie grundsätzlich positiv gegenüberstehen, wie Sie gesagt haben, überdenken und doch zu einer positiven Abstimmung zu diesem Gesetz finden werden.

Es steht heute also auf der einen Seite die Bundesbeschaffung GmbH in Diskussion. Die Bundesbeschaffung GmbH geht in Richtung Kostenreduzierung. Es geht um zwei große Kostenblöcke im Rahmen der Republik, die reduziert werden müssen: Es sind dies auf der einen Seite die Beschaffungsprozesskosten. Wie Sie wissen, sind in den Bundesstrukturen überall Beschaffungseinheiten vorhanden, entsprechende Abteilungen in den Ressorts. Da sind die Prozesse, ist die Ablauforganisation neu zu überdenken und natürlich zu einer Reduzierung zu bringen. Es gibt die Überlegung, wie dann diese Kostenreduzierung zwischen der Bundesbeschaffungsgesellschaft und den Ressorts aufgeteilt wird. Das ist ein echter Schritt zur Verwaltungsreform, der durch dieses Gesetz gemacht wird. Wir beweisen also durch das Einbringen dieses Gesetzes, dass eine Verwaltungsreform dieser Republik bereits massiv angegangen wurde.

Auf der anderen Seite – da stimme ich Ihnen zu, Herr Kollege Kraml – muss man sich genau anschauen, welche Kosten dadurch eingespart werden, dass in Bausch und Bogen, in großen Mengen, in großen Stückmengen eingekauft wird, und wie der Prozess hinsichtlich der österreichischen Firmen stattfinden kann, wie die Wertschöpfung für österreichische Firmen, vor allem für KMUs, weiterhin gewahrt werden kann. Das ist natürlich ein ganz wesentlicher Punkt, der geklärt werden muss. Und da befinden wir uns auf etwas dünnem Eis.

Wir wissen, dass dieser Staat einen zusätzlichen Finanzbedarf zur Sanierung des Budgets hat. Auf der anderen Seite wissen wir, dass bestimmte Ausschreibungen EU-weit erfolgen müssen, wenn sie über eine gewisse Größe hinausgehen. Und da ist abzuwägen, was wertschöpfungsmäßig für Österreich geschieht. Auf der einen Seite steht die Frage: Was verlieren wir?, und auf der anderen Seite: Was sparen wir dann letztlich im Rahmen einer Verwaltungsreform, was gewinnen wir für eine Budgetsanierung? – Das muss gegenübergestellt werden.

Deshalb ist das Gesetz auch so gefasst, dass diese Bundesbeschaffungsgesellschaft zunächst einmal in ihrer Tätigkeit praktisch in eine Art Projektstadium eintritt. Es wird also so sein, dass ein entsprechender Erfahrungsbericht zu erstellen ist – damit kann auch ein Großteil Ihrer Bedenken ausgeräumt werden –, dieser Erfahrungsbericht ist dem Ministerrat vorzulegen, und der


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Ministerrat entscheidet dann in weiterer Folge, ob die gewünschten Effekte, auch Wertschöpfungseffekte, eingetreten sind oder nicht.

Der in zweiter Lesung durch die Abgeordneten Böhacker und Dr. Stummvoll im Nationalrat eingebrachte Antrag nimmt auf diesen Wertschöpfungsteil ausreichend Bezug, aber auch auf die Frage der Arbeitsplätze und die regionale Versorgungsstruktur durch Klein- und Mittelbetriebe. Ich denke also, dass diese Befürchtung, die von Ihnen im Rahmen dieser Diskussion zu Recht geäußert wurde, dadurch ausgeräumt werden konnte.

Zu hoffen ist natürlich, dass auch andere Staaten in der EU – einige haben das schon gemacht – zu einer derartigen Struktur greifen, sodass die EU insgesamt an Wirtschaftsmacht gewinnt.

Ich appelliere noch einmal an Sie, Ihre Ablehnung des vorliegenden Entwurfes zu überdenken und doch zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.15

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Staatssekretär. – Bitte.

13.15

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Ich habe mich als Rechnungshofprüfer immer wieder gefragt: Warum muss eine bestimmte EDV-Anlage – Rahmenwert etwa 30 Millionen Schilling – von ein und demselben Hersteller von jedem Ressort zu einem anderen Preis gekauft werden? – Das habe ich im Sinne des Steuerzahlers, der diese Mehrkosten zahlt, nicht verstanden. In dem einen Ressort war eben ein besserer Verhandler, der hat sich mehr herausgeholt, im anderen Ressort ein schlechterer. Sie haben nichts voneinander gewusst!

Wenn Sie heute zum Beispiel die Standardsoftware SAP kaufen, können Sie je nach Menge bis zu 50 Prozent Rabatt erhalten. Als Einzelankäufer können Sie das nicht. Es ist daher sinnvoll, bei Produkten der gleichen Art, die von allen beschafft werden, zu bündeln, um zu besseren Konditionen zu kommen. Das ist doch nichts Schlechtes!

Wir haben jetzt versucht, einen ganz schlanken Apparat vorzusehen, 30 Leute ungefähr. Diese sollen aber nicht Einkäufer spielen, wie das früher bei der Post der Fall war mit einem Zentrallager, Landeslagern und dann noch der Lagerorganisation bei den Dienststellen. Die Post hatte eine dreistufige Lagerorganisation, es wurde bis zum WC-Papier alles zentral eingekauft, dann wurde schriftlich angefordert und wurden die Sachen verschoben, Autos haben das dann an den entsprechenden Ort gebracht. Etwas so Kompliziertes machen wir nicht.

Wir schließen nur Rahmenverträge ab! Der Beschaffer bleibt in den Ländern – auch die Länder sind eingeladen, sich anzuschließen –, bleibt in den Bundesdienststellen. Ich verweise auf § 4. In § 4 sind Escape-Möglichkeiten, also Ausstiegsmöglichkeiten, für die örtlichen Beschaffer vorgesehen. Sie können aus zeitlicher Hinsicht oder wenn sie ein Angebot finden, das noch billiger ist, aussteigen, dann brauchen sie sich nicht an den Rahmenvertrag zu halten. Das ist für uns ein großes Risiko hinsichtlich des Beschaffungsvolumens, aber wir wollten wirklich jedem die Möglichkeit geben.

Für das Budgetjahr 2002 haben wir den Ressorts gesagt: Alles, was ihr euch jetzt durch günstigere Möglichkeiten erspart – das ist eine Gesellschaft, bei der die Eigentumsverwaltung im Finanzministerium liegt –, bleibt in eurem Budget, ihr müsst nichts hergeben! Ab dem Jahr 2003 wird es so sein, dass die Hälfte der Ersparnisse in den Ressortbudgets bleibt.

Einen Anreiz dieser Form hat es in noch keiner Budgetverwaltung gegeben, weil immer die Zentralisten zur Stelle waren, die sofort jeden Schilling kassiert haben, und daher wurden am Jahresende immer unsinnige Einkäufe gemacht.


Bundesrat
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Dieses Gesetz sieht auch, weil Sie jetzt die Klein- und Mittelunternehmungen angeführt haben, die Möglichkeit der regionalen Beschaffung vor. Aber sagen Sie mir, wenn Sie sich jetzt die ersten Warengruppen, mit denen wir überhaupt beginnen wollen, ansehen, wo da überhaupt ein Klein- oder Mittelunternehmer ist: Strom, Erdgas – da gibt es Klein- oder Mittelunternehmungen? Bei Telekomleistungen? Bei Post und Datenleitungen? Gibt es beim Fuhrpark, bei Treibstoffen, Transporten, IT-Beschaffungen Klein- oder Mittelunternehmungen? – Diese gibt es gar nicht auf dem Markt. Da gibt es im Wesentlichen nur große ausländische Unternehmen, und denen sollen wir noch österreichisches Steuergeld schenken? – Es ist diese Regelung daher vernünftig.

Außerdem machen wir nach diesen ersten Produkten, die ich jetzt angeführt habe, eine Evaluierung und untersuchen: Wie ist das gelaufen? Sind wir tatsächlich auf das Einsparungspotenzial von einer halben Milliarde gekommen?

Es kommt noch etwas dazu: In Zukunft entfallen die Ausschreibungen bei allen Beschaffungsstellen. Die Beschaffungsstellen müssen da keine Ausschreibungen mehr machen, sie haben praktisch einen vorgefertigten Warenkatalog und brauchen nur ja oder nein zu sagen, sie brauchen dann nur mehr zuzuschlagen. Das ist doch eine gewaltige Verbesserung!

Wir verbinden den Nachteil eines Ressortprinzips mit einer zentralen Beschaffungsstelle. Die Länder haben das schon immer, weil sie nur ein Amt der Landesregierung haben. Sie hatten schon immer diesen Vorteil. Der Bund schafft jetzt auf Grund seines Nachteils durch das Ressortprinzip, den dieses System eben hat, eine zentrale Clearingstelle, die zu einem Vorteil wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Bei einer halben Milliarde wird von manchen gesagt: Das ist nichts!, andererseits wird aber von genau denselben Abgeordneten des Nationalrates und Mitgliedern des Bundesrates immer wieder verlangt, Strukturreformen durchzuführen – und wenn man sie dann macht, werden sie sofort abgelehnt! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.20

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Bundesrat Hagen.

13.21

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Kollegen! Auch ich gehe von der Meinung aus, dass, wie der Herr Staatssekretär erklärt hat, eine große Beschaffung allgemein vernünftig ist, um einen besseren Preis zu erzielen, aber es gibt eben gewisse Bereiche, bei denen ich damit gewaltige Bauchschmerzen habe – das ist in den letzten Jahrzehnten laufend so gegangen.

Ich kann ein Beispiel aus der Praxis bringen. Zum Beispiel beim Landesgendarmeriekommando für Vorarlberg liegen im Keller diverse Ausrüstungsgegenstände, die zentral eingekauft, aber nie benötigt wurden. Sie sind für unsere ländliche Struktur gar nicht geeignet.

In dieser Hinsicht gibt es in diesem Gesetz keine Regelung, weshalb ich diesem Gesetz meine Zustimmung verweigern werde. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

13.21

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.


Bundesrat
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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt –, um ein Handzeichen. Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt –, ist somit angenommen.

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) (419 und 542/NR sowie 6341/BR der Beilagen)

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Kabinett der Minister der Ukraine über Amtshilfe und gegenseitige Zusammenarbeit in Zollsachen (425 und 543 /NR sowie 6342/BR der Beilagen)

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und Bosnien und Herzegowina zur Förderung und zum Schutz von Investitionen (383 und 544/NR sowie 6343/BR der Beilagen)

12. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Simbabwe über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll (420 und 545/NR sowie 6344/BR der Beilagen)

13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Nepal zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll (443 und 548/NR sowie 6345/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 9 bis 13 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung,

ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Kabinett der Minister der Ukraine über Amtshilfe und gegenseitige Zusammenarbeit in Zollsachen,

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und Bosnien und Herzegowina zur Förderung und zum Schutz von Investitionen,

ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Simbabwe über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll und


Bundesrat
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ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Nepal zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll.

Die Berichterstattung über die Punkte 9 bis 13 hat Herr Bundesrat Würschl übernommen. Ich bitte um die Berichte.

Berichterstatter Herbert Würschl: Zu Tagesordnungspunkt 9: Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ihnen liegt der schriftliche Ausschussbericht vor, ich verzichte deshalb auf die weitere Verlesung.


Bundesrat
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Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. April 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 10: Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Kabinett der Minister der Ukraine über Amtshilfe und gegenseitige Zusammenarbeit in Zollsachen.

Auch in diesem Fall liegt Ihnen der schriftliche Ausschussbericht vor, weshalb ich auf eine Verlesung verzichte.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. April 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 11: Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Abkommen der Republik Österreich und Bosnien und Herzegowina zur Förderung und zum Schutz von Investitionen.

Auch in diesem Fall liegt Ihnen der schriftliche Ausschussbericht vor.

Dem Nationalrat erschien bei der Genehmigung des Abschlusses des vorliegenden Staatsvertrages die Erlassung von besonderen Bundesgesetzen im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG zur Überführung des Vertragsinhaltes in die innerstaatliche Rechtsordnung nicht erforderlich.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. April 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Zu Tagesordnungspunkt 12: Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Simbabwe über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll.

Auch dazu liegt Ihnen der schriftliche Ausschussbericht vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. April 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Zu Tagesordnungspunkt 13: Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Nepal zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll.

Auch in diesem Fall liegt Ihnen der schriftliche Ausschussbericht vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. April 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Es liegen keine Wortmeldungen vor.

Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem durchgeführt wird.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen als Nächstes zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Kabinett der Minister der Ukraine über Amtshilfe und gegenseitige Zusammenarbeit in Zollsachen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und Bosnien und Herzegowina zur Förderung und zum Schutz von Investitionen.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Simbabwe über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.


Bundesrat
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Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Nepal zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Zählung von Arbeitsstätten (Arbeitsstättenzählungsgesetz) geändert wird (284 und 528/NR sowie 6331und 6346/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Zählung von Arbeitsstätten geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Mag. Neuner übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Mag. Christof Neuner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 27. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Zählung von Arbeitsstätten (Arbeitsstättenzählungsgesetz) geändert wird, liegt Ihnen schriftlich vor. Mit Ihrer Zustimmung erlaube ich mir daher, auf eine Verlesung zu verzichten. (Präsident Ing. Klamt übernimmt den Vorsitz.)

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 18. April 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.


Bundesrat
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Präsident Ing. Gerd Klamt:
Ich danke für die Berichterstattung.

Wortmeldungen liegen keine vor.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

15. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz (SMG) geändert wird (346 und 521/BR sowie 6347/BR der Beilagen)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wir gelangen nun zum 15. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Dr. Robert Aspöck übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Dr. Robert Aspöck: Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz geändert wird, liegt Ihnen allen schriftlich vor; ich kann mir daher die Verlesung ersparen.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. April 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner. Ich erteile es ihm.

13.35

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Novelle zum Suchtmittelgesetz wurde intensiv und natürlich auch mit unterschiedlichen Erkenntnissen und Ergebnissen diskutiert. Als Bundesländervertreter hatte man zeitweise wirklich den Eindruck, dass die Wiener Wahl darauf einen gewissen Einfluss hatte. Diese Wahl liegt nun hinter uns, also könnte man das Thema Suchtmittelgesetz jetzt sozusagen belastungsfrei abhandeln.

Festhalten möchte ich, dass von den Landesregierungen Stellungnahmen eingebracht wurden, welche von "Die Resozialisierung wird sich noch schwieriger gestalten", "Es ist mit Kostensteigerungen für die Gemeinden im Bereich Sozialhilfe zu rechnen" bis "Österreich gehört zu den Hochstrafländern" reichen. Es wird appelliert, den durchaus erfolgreichen Weg – Sucht ist Krankheit, Therapie statt Strafe, Aufklärung statt Abschreckung – weiter fortzusetzen.

Um eines klarzustellen: Es geht keinesfalls darum, Drogen zu verharmlosen oder Dealer, gleich welcher Größenordnung, in irgendeiner Form zu schützen. Da darf es keine Milde geben. Dagegen muss mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln angekämpft werden. Menschen, die wissentlich des geschäftlichen Vorteils wegen andere ins Elend, in den Tod treiben, ganze Familien damit zerstören, verdienen keine Nachsicht. Sie sind voll zu verurteilen.

Anders sehen wir Sozialdemokraten die Situation für Süchtige, also für die Betroffenen. Strafen statt Helfen bringt uns nicht weiter. Das ist unsere Meinung. Süchtige haben in Haftanstalten weniger Chancen, wieder gesund zu werden, ja sie sind unter Umständen sogar noch mehr gefährdet. Wir meinen, dass Therapie statt Strafe, wie das auch von verschiedenen Bundesländern vertreten wird, der richtige Weg ist. Diese Linie erkennen wir nicht, daher werden wir sozialdemokratischen Bundesräte diesem Gesetz keine Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.37

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Josef Saller zu Wort gemeldet. – Bitte.

13.37

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf zum Thema "Sucht und Drogen aus der Sicht der Schule" etwas sagen, weil ein Blick hinter die Kulissen die Verschärfung der Strafen durchaus rechtfertigt.


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676. Sitzung / Seite 68

Ich glaube, wir haben zwei Schienen. Auf der einen Seite brauchen wir bei Vergehen die entsprechende Härte des Gesetzes. Diesbezüglich sind wir uns, so glaube ich, grundsätzlich einig. Man hat oft den Eindruck, dass Täter zu Opfern werden, und das kann und darf es nicht sein. Auf der anderen Seite brauchen wir die entsprechende Prävention. Dazu brauchen wir eigentlich nicht viel festzuschreiben. Das geschieht bereits in einem sehr hohem Maße und kann sich auch durchaus noch weiter entwickeln.

Die Drogenproblematik in unserer Gesellschaft macht auch vor der Schule nicht Halt und fordert natürlich entsprechende Gegenmaßnahmen. Die österreichische Schule hat neben dem Bildungsauftrag zunehmend Erziehungsaufgaben zu bewältigen, weil die Gesellschaft immer öfter damit überfordert zu sein scheint. Die Schule läuft Gefahr, sozusagen eine "Reparaturwerkstätte" für gesellschaftliche Versäumnisse zu werden. Für viele Jugendliche bleibt diese Entwicklung natürlich nicht ohne Wirkung. Orientierungslosigkeit, Zukunftsängste, unbeantwortete Sinnfragen kanalisieren sich oft in Panik und führen sehr oft zur Flucht in die Sucht.

Die Schule ist keine Insel der Seligen; das gilt besonders auch in Bezug auf die Drogenproblematik. Das Thema Sucht darf nicht tabuisiert werden. Man sollte es offen und ehrlich angehen, offen aussprechen und diskutieren. Da gibt es nichts zu verheimlichen. Wenn man weiß, dass nach Schätzungen von Europol etwa nur 10 Prozent des tatsächlichen Drogenmarktvolumens aufgedeckt werden, müssen bei uns die Alarmglocken läuten.

Es muss daher eine Allianz gegen Drogen geben: auf der einen Seite die absolute gesetzliche Härte gegenüber den Tätern und auf der anderen Seite, wie es zum Beispiel in Salzburg eine Initiative gegen Drogen gibt, eine Allianz gegen Drogen unter Einbeziehung der Elternvereine, interessierter Schülerinnen und Schüler, interner Experten des Landeschulrates und externer Experten. Ich glaube, dann kann man wirklich präventiv tätig werden.

Die Schule darf keine Spielwiese für Drogenhändler sein. Hier hat die Härte des Gesetzes zuzuschlagen, und daher bekennen wir uns zu dieser Verschärfung der Strafen, um das bereits im Keim zu ersticken. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.40

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Christoph Hagen zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

13.41

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! "Lebenslang" für Drogendealer im großen Stil, im Kampf gegen den organisierten, schweren Suchtgifthandel – eine Forderung, die meiner Meinung nach von jedem in diesem Haus vertreten werden kann. Es wundert mich schon, dass die Kolleginnen und Kollegen der SPÖ im Ausschuss dagegen gestimmt haben, geht es doch in diesem Gesetz gegen die Drogenbosse, also Mafiosi im organisierten Drogenhandel, und nicht gegen den kleinen Kiffer.

In der vorliegenden Novelle des Suchtmittelgesetzes ist damit die wichtigste Änderung die Ausdehnung der Strafdrohung auf lebenslange Freiheitsstrafe für Drogenhändler – und jetzt kommt es! –, die in Verbindung mit einer größeren Zahl von Menschen mit einer großen Menge Suchtgift führend tätig sind, also die Drogenbosse. Diese lebenslange Strafdrohung gibt es im europäischen Umfeld bereits in fünf Staaten, nämlich in Frankreich, Großbritannien, Irland, Griechenland und Luxemburg, und dies vermutlich aus gutem Grund, denn Drogenhandel ist Mord auf Raten.

Die SPÖ, die sonst immer sehr europafreundlich ist, stimmt dagegen. Warum stimmen Sie da nicht dafür? – Ein Drogendealer nimmt in Kauf, dass sein Kunde ins Elend und damit meist in den frühen Tod stürzt. Wenn im österreichischen Strafrecht die Höchststrafe für dieses Delikt bei 20 Jahren liegt und somit mit Raub oder Brandstiftung gleichgestellt ist, dann muss ich sagen, ist dies für mich nicht einleuchtend, denn Drogenhandel ist Mord auf Raten. Deshalb war eine Anhebung des Strafmaßes auf "lebenslang" mehr als nur notwendig, steht doch auf Mord auch eine Strafdrohung von lebenslanger Höchststrafe.


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676. Sitzung / Seite 69

174 Drogentote im Jahr 1999, 230 Drogentote im Jahr 2000 sprechen eine deutliche Sprache. Es ist dies eine enorme Steigerung der Zahl von Drogentoten. Spätestens angesichts dieser Zahlen müssten bei vielen hier die Alarmglocken läuten.

In Österreich wurden heuer in den Monaten Jänner, Februar und März bereits 300 Kilogramm Heroin sichergestellt. Jeder kann sich vorstellen, dass dies nur ein Bruchteil der tatsächlich eingeführten Drogenmenge ist. Jeder kann sich aber auch vorstellen, wie viel Elend und wie viel Begleitstraftaten damit verbunden sind, wenn man etwa an die Beschaffungskriminalität denkt. Es sterben aber auch sehr viele Konsumenten an diesen Drogen. – Drogenhandel ist Mord auf Raten.

Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen noch ein paar Beispiele aus dem wirklichen Leben bringen.

Da ist einmal der Drogendealer, der vor der Schule hübsche 14-, 15-jährige Mädchen gratis zum Kosten von Drogen einlud. Das begann beim Cannabis-Rauchen und setzte sich dann fort bis zum Konsum von harten Drogen. Zuerst gab es alles gratis – bei Partys und so weiter –, bis die Mädchen abhängig waren. Dann wurden sie auf den Strich geschickt, bis sie nach einigen Jahren, vollgepumpt mit Drogen – man müsste jetzt sagen: abgewrackt; das ist ein harter Ausdruck, aber wenn man diese Leute sieht, fällt einem dazu nichts anderes ein –, auch dazu nicht mehr fähig waren. Schließlich wurden sie in einem öffentlichen WC tot aufgefunden. – Vergessen Sie nicht: Drogenhandel ist Mord auf Raten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Eine weitere Geschichte aus dem Leben: Zwei 15-Jährige, ein Bursche und ein Mädchen, welche völlig zugekifft in ein Haus einbrechen wollten, wurden nach einer Anzeige von der Exekutive gefasst. Sie wurden anschließend auf die Dienststelle gebracht. Ich hätte deren Benehmen gerne auf Film aufgenommen und als abschreckendes Beispiel in Schulen vorgeführt: Sie konnten kaum laufen, kippten andauernd von der Bank und benahmen sich wie wilde Tiere. – Ein Albtraum für jeden, der selbst Kinder in einem ähnlichen Alter hat! Wie es mit den beiden in einigen Jahren enden wird, wenn sie das Drogenproblem nicht in den Griff bekommen, kann sich jeder denken, denn: Drogenhandel ist Mord auf Raten.

Oder: Ein 21-Jähriger verstarb nach einer Überdosis Heroin im Sommer in seiner Wohnung und fiel nach einigen Tagen durch Verwesungsgeruch in der Nachbarschaft unangenehm auf.

Solche Fälle gibt es massenhaft, denn der Drogenhandel blüht wie nie zuvor, nicht zuletzt auch deshalb, weil viele meinen, sie müssten leichte Einstiegsdrogen wie Cannabis verniedlichen und diese Drogen sogar freigeben.

Auch im Internet wird für diese Drogen geworben, und deshalb ist es auch richtig, dass in dieser Novellierung des Suchtmittelgesetzes diese Vorgangsweise unter Strafe gestellt wird, denn: Drogenhandel ist Mord auf Raten.

Deshalb kann ich Sie nur mehr auffordern, für diese Gesetzesnovelle zu stimmen. Seien Sie nicht Helfer der Mörder auf Raten! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.47

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Günther Köberl zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

13.48

Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir am Anfang meiner ersten Rede in diesem Hohen Haus eingangs ein paar persönliche Anmerkungen und eine kurze Vorstellung meiner Person.

Ich gehöre seit dem 9. November des Vorjahres dem Bundesrat an und wurde vom Land Steiermark hierher entsandt. Ich stamme aus Bad Aussee, wo ich eigentlich schon früh in eine kommunalpolitische Karriere eingestiegen bin. Ich war dort seit 1991 Vizebürgermeister, von


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676. Sitzung / Seite 70

1995 bis 2000 war ich Bürgermeister in Bad Aussee. (Beifall des Bundesrates Mag. Gudenus. ) Von Beruf bin ich Hauptschullehrer, und ich betreibe gemeinsam mit meiner Familie einen Bauernhof.

Ich war eigentlich bemüht, mich auch in diesem Gremium einzubringen, und zwar nicht nur, was Länderinteressen betrifft, sondern vor allem auch, was Regionsinteressen in Österreich betrifft.

Ich habe mir den Tagesordnungspunkt "Änderung des Suchtmittelgesetzes" bewusst ausgesucht, weil mich das Thema Drogen in meiner beruflichen Tätigkeit als Hauptschullehrer begleitet, weil ich als Bürgermeister im Rahmen der Gründung und Errichtung eines Jugendzentrums in Bad Aussee viele Gespräche mit Jugendlichen, auch jugendlichen Randgruppen, mit 13- bis 30-Jährigen zu diesem Thema geführt und weil ich mir als Familienvater – ich habe drei Töchter im Alter von vier, fünf und 18 Jahren – Gedanken um die Zukunft unserer Gesellschaft, insbesondere der Jugend, mache.

Es wäre wohl umgänglicher gewesen, zu einem Thema, über das Einstimmigkeit besteht, erstmals zu sprechen, aber ich bin davon überzeugt, meine Damen und Herren, dass es heutzutage gerade in der Politik wichtig ist, auch Signale zu setzen. Dies tue ich hier umso leichter, als ich als Mitglied dieses Gremiums auch persönlich von der Notwendigkeit dieser Schritte überzeugt bin.

Es wurde von meinen Vorrednern schon eingehendst zu dieser Thematik Stellung genommen. Ich habe eigentlich die heftige Debatte zu diesem Thema im Nationalrat nicht verstanden. Es geht hier um die Änderung von vier Punkten im Suchtmittelgesetz aus 1985, und daraus entwickelte sich eigentlich eine grundsätzliche Debatte oder Auseinandersetzung über die Drogenpolitik in Österreich.

Schauen wir uns vielleicht gemeinsam noch einmal kurz in Zeitrafferform diese vier Änderungen an.

Es geht im § 27 und im § 28 um die Hinzufügung: "wenn die Gewöhnung als erwiesen angenommen werden kann". Was ist damit beabsichtigt? – Es gilt lediglich, eine Klarstellung zu treffen, die eine lückenlose Vollziehung der Erlass-Regelung aus 1985 gewährleistet. Hier geht es nicht um eine Beweislastumkehr, sondern eigentlich darum, dass zu diesem möglichst frühen Zeitpunkt eine vermutete oder vom Täter selbst behauptete Abhängigkeit überprüft wird, die in vielen Fällen zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr geklärt werden kann. Praxisbezogen geht es darum, dass sich Täter, die der Beschaffungskriminalität verdächtig sind, auf eine Suchtmittelabhängigkeit berufen, die in Wirklichkeit nicht vorliegt.

Es geht in § 28 Abs. 5 um die für mich entscheidende Hinzufügung des Passus "oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe". Worum geht es dabei in der Praxis dabei? – Es geht um die Ausdehnung der Strafandrohung auf lebenslange Freiheitsstrafe für Drogenhändler. Ziel ist also die Führungsebene, sind die Mitglieder von organisierten Großbanden, die in diesem schmutzigen Geschäft in erschreckend zunehmendem Maße auch in unserem Land mit dem Leid, mit tragischen Einzel- und Familienschicksalen und dem Tod der Abhängigen Millionen und Milliarden verdienen. 230 Drogentote im Jahr 2000 sind der traurige Schlussstrich unter eine oft jahre- und jahrzehntelange Leidensgeschichte, die nicht nur den Süchtigen selbst, sondern meist ganze Familien und soziale Gefüge zu Betroffenen gemacht hat.

Die Verharmlosungspolitik im Zusammenhang mit so genannten "weichen Drogen", wie sie von gewissen Kreisen in der Politik leider auch immer wieder vertreten wird, stellt ein Spiel mit dem Feuer dar, denn es gilt als erwiesen, dass 90 Prozent der Konsumenten "harter Drogen" über so genannte "weiche Drogen" in ihre Suchtgift-Karriere eingestiegen sind. Als besonders tückisch gelten dabei die leider in letzter Zeit explosionsartig verbreiteten neuen Designer-Drogen "Ecstasy", "Crack", "Speed" und so weiter; viele Namen werden hier von den Jugendlichen genannt.

Unser Mitgefühl und unsere Hilfe gilt den Kranken und Abhängigen, nicht aber denen, die mit dem Tod und Verderben große Geschäfte machen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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676. Sitzung / Seite 71

Da vermisse ich eigentlich eine breite Zustimmung, denn ich habe heute hier in dieser Debatte kein Argument gehört, das sich gegen diese Straferweiterung ausgesprochen hat. Jene irregeleiteten "Gutmenschen" in der Führungsebene von Drogenbanden existieren nur in den Vorstellungen von Einem  – oder leider anscheinend mehreren. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In § 29 geht es um die Hinzufügung der Worte "im Internet". – Gerade dieses Medium, das die Informations- und Kommunikationstechnologie revolutioniert hat und zu einem echten globalen Medium – dem ersten globalen Medium – geworden ist, birgt leider auch seine Schattenseiten. Denken wir nur an den traurigen und abscheulichen Bereich der Kinder-Pornographie! Hier haben jugendliche Interessierte und gnadenlose, skrupellose Drogendealer anonymen Zugang zueinander.

Eine dezidierte Anführung des Internet im Gesetzestext im Zusammenhang mit der Aufforderung zum Suchtgiftmissbrauch oder jeglicher Propaganda in diesem Zusammenhang ist dringend notwendig, da das Internet seit geraumer Zeit auch zu illegalen Werbezwecken im Zusammenhang mit Drogen verwendet wird. Es ist auch interessant, gewisse Homepages zu betrachten und zu lesen, wie dort zu Drogen Stellung genommen wird.

Viertens geht es um die Abänderung in § 35 Abs. 2. Es heißt hier, dass ebenso vorzugehen ist, wenn während einer Probezeit eine weitere Tat begangen wird. – Während die probeweise Anzeigenrücklegung nach § 35 Abs. 1 als obligatorisch gesehen werden kann, wird sie nun nach § 35 Abs. 2 fakultativ, das heißt, im Wiederholungsfall innerhalb der Probezeit ist sie im Ermessen der Strafverfolgungsbehörde. Das heißt konkret, eine Zurücklegung der Anzeige ist nicht ausgeschlossen, aber, meine Damen und Herren, es ist im Regelfall davon Gebrauch zu machen. Es geht darum, dass in bestimmten Fällen eingehende gesundheitsbezogene Interventionen zur Bedingung für eine weitere Anzeigenrücklegung gemacht werden können.

Diese vier Änderungen wurden von manchen politischen Vertretern zu einer Glaubensfrage in der österreichischen Drogenpolitik gemacht. Ich glaube – und davon bin ich persönlich auch überzeugt –, der eingeschlagene und von einer breiten Basis bisher mitgetragene Weg des Helfens und Heilens statt Strafens wird durch diese Gesetzesänderung nicht verlassen.

Therapie und Hilfe für Betroffene und Prävention sind für mich persönlich die wichtigsten Grundpfeiler in der österreichischen Drogenpolitik. Hier wird auch im Bereich der Schulen und Jugendorganisationen – ich danke meinem Kollegen Saller für seine Ausführungen –, aber auch in sozialen Einrichtungen und innerhalb der Exekutive viel gute Arbeit geleistet, und ich danke jedem Einzelnen dafür. Es ist dies sicherlich ein Bereich, der in unserer Gesellschaft nach wie vor eine gewisse Grauzone darstellt.

Die Drogenproblematik ist aber heute längst nicht mehr auf den städtischen Bereich konzentriert. Es ist für fast jeden interessierten Jugendlichen an fast jedem Ort in Österreich möglich, fast alles zu haben – leider. Das bestätigen mir Gespräche mit Jugendlichen in meinem Heimatbezirk und die Aushebung eines Drogenringes mit fast 100 Betroffenen, großteils Jugendlichen. Die Aussage eines der Haupttäter: Was wolln’S, Herr Inspektor, warum tun Sie sich die Arbeit an?, mir passiert doch eh wieder nichts!, stimmt nachdenklich und mag für manche Anlass zur Resignation sein.

Verharmlosung und Resignation sind aber der falsche Weg, und ich wende mich auch entschieden gegen jene "No-Future"-Propheten, die einen gefährlichen geistigen Nährboden für orientierungslose Neugierige bereiten. Ich sage Ihnen abschließend dafür aber umso deutlicher: Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Stimmen Sie mit mir darin überein: "No future" den Drogendealern in diesem Land und jenen, die mit einem Großteil der Jugendlichen Geschäfte machen, von denen ein Teil mit dem Leben bezahlen wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.57


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676. Sitzung / Seite 72

Präsident Ing. Gerd Klamt:
Als Nächster hat sich Herr Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer zu Wort gemeldet. – Bitte.

13.57

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Ich bedanke mich bei Herrn Bundesrat Köberl ausdrücklich für seine Ausführungen, die wirklich profunde Sachkenntnis bewiesen haben. Ich bedanke mich auch bei den Bundesräten Saller und Hagen, deren Ausführungen ebenfalls bewiesen haben, dass sie sich mit dieser Materie ausführlich beschäftigt haben.

Ich gehe deshalb auf die Ausführungen des Herrn Bundesrates Gstöttner ein, weil ich nicht ganz verstehe, warum Sie diesem Gesetz nicht zustimmen können. Sie haben nämlich gesagt, dass nunmehr das Prinzip "Strafen statt helfen" gelten würde, und genau das ist unrichtig, genau das ist nicht unser Ziel. Wenn man das Gesetz, wenn man die Bestimmungen, die die Novelle beinhaltet, betrachtet, sieht man, dass das auch wirklich nicht der Fall ist. Wir unterscheiden nach wie vor zwischen drei großen Gruppen:

Die "nur" Süchtigen sind diejenigen, die sich nicht der Beschaffungskriminalität schuldig machen und die nicht dealen. Diese Gruppe, Hoher Bundesrat, verdient unser Mitgefühl und unser Entgegenkommen im weitesten Sinn, und dort gilt nach wie vor der von Harald Ofner 1985 eingeschlagene Weg des Prinzips "Helfen vor Strafen".

Aus dieser Gruppe finden Sie fast niemanden in den Justizanstalten – ich glaube sagen zu können: niemanden. Alle haben das Angebot, der Strafe entgehen zu können, wenn sie sich therapieren lassen. Von diesem Weg wird in keiner Weise abgewichen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es gibt aber zwei weitere Gruppen: Es gibt diejenigen, die süchtig sind, dealen und sich, um ihre Sucht befriedigen zu können, der Beschaffungskriminalität bedienen müssen. Da kennen wir natürlich ein gewisses Entgegenkommen als Hilfe zur Resozialisierung, aber selbstverständlich keine Gnade.

Dann gibt es die dritte Gruppe: die nur Dealenden. Das sind diejenigen, die selbst nicht süchtig sind, die nur handeln und die Gesundheit und das Leben unserer Kinder und unserer Jugend bewusst gefährden. Das sind die Drogenbosse, die eiskalt, ohne selbst süchtig zu sein, Geschäfte machen und unsere Jugend ruinieren. Und da kennen wir keine Gnade in erhöhtem Ausmaße. Da soll es in Zukunft lebenslange Strafandrohungen geben – und ich glaube, das ist der richtige Weg. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.00

Präsident Ing. Gerd Klamt: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.


Bundesrat
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676. Sitzung / Seite 73

16. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewährleistungsrecht im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch und im Konsumentenschutzgesetz sowie das Versicherungsvertragsgesetz geändert werden (Gewährleistungsrechts-Änderungsgesetz – GewRÄG) (422 und 522/NR sowie 6348/BR der Beilagen)

17. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem im Aktiengesetz, im Handelsgesetzbuch und im Börsegesetz Regelungen über Optionen auf Aktien getroffen werden (Aktienoptionengesetz – AOG) (485 und 523/NR sowie 6349/BR der Beilagen)

18. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Regelung der elektronischen Übermittlung von Jahresabschlüssen das Handelsgesetzbuch, das 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (447 und 524/NR sowie 6350/BR der Beilagen)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wir gelangen nun zu den Punkten 16 bis 18 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Gewährleistungsrecht im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch und im Konsumentenschutzgesetz sowie das Versicherungsvertragsgesetz geändert werden,

ein Bundesgesetz, mit dem im Aktiengesetz, im Handelsgesetzbuch und im Börsegesetz Regelungen über Optionen auf Aktien getroffen werden, und

ein Bundesgesetz, mit dem zur Regelung der elektronischen Übermittlung von Jahresabschlüssen das Handelsgesetzbuch, das 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden.

Die Berichterstattung über die Punkte 16 bis 18 hat Herr Bundesrat Dr. Robert Aspöck übernommen. Ich bitte um die Berichte.

Berichterstatter Dr. Robert Aspöck: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der Herr Präsident hat die Überschriften der Tagesordnungspunkte 16, 17 und 18 bereits vorgelesen. Es liegen Ihnen die Berichte auch schriftlich vor.

Ich darf daher zu Tagesordnungspunkt 16 abschließend sagen: Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. April 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Das Gleiche gilt für Tagesordnungspunkt 17, auch da hat der Herr Präsident bereits vorgebracht, worum es geht, es liegt Ihnen alles schriftlich vor.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. April 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Gleiches gilt auch für Tagesordnungspunkt 18, auch dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. April 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Ich danke für die Berichterstattung.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
676. Sitzung / Seite 74

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Brunhilde Fuchs. Ich erteile es ihr.

14.03

Bundesrätin Brunhilde Fuchs (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Zuerst das Positive: Die sozialdemokratische Fraktion wird jener Gesetzesänderung, die eine elektronische Übermittlung von Jahresabschlüssen ermöglichen wird, gerne zustimmen. Der elektronische Rechtsverkehr ist ein Gebot der Zeit, daher sollten wir alle Möglichkeiten, die uns die moderne Technik bietet, nutzen, um effizient arbeiten zu können – zum Vorteil und im Interesse der Firmen sowie der Justiz.

Nun aber zu den Änderungen des Konsumentenschutzgesetzes und des Aktiengesetzes, denen meine Fraktion nicht zustimmen wird. Ich bedaure dies, weil ich weiß, dass dieses Gewährleistungsrechts-Änderungsgesetz ein sehr wichtiges und für den Konsumenten bedeutsames Gesetz hätte werden können. Hätten die Regierungsfraktionen den exzellenten, schon beschlossenen Entwurf der Beamten des Justizministeriums nicht nach Interventionen verschiedener Lobbyisten geändert, dann hätten wir mit Freuden zugestimmt. Nunmehr ist aber leider nur EU-Recht in nationales Recht transferiert worden, ohne mutige, weitergehende Maßnahmen für die österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten zu setzen. Diese Chance ist leider nicht genützt worden.

Rechtsschutz und Rechtssicherheit können für mich nicht im Verkürzen oder Verzichten von Gewährleistungsfristen liegen, auch wenn es nur Unternehmer "unter sich" – unter Anführungszeichen – betrifft. (Bundesrat Dr. d′Aron: Das ist ja verlängert worden!) Es gibt auch unter diesen Abhängigkeiten und Ungleichgewichtigkeiten, daher glaube ich nicht, dass von freier Entscheidungsmöglichkeit gesprochen werden kann.

Auch die Beweislastumkehr im Zusammenhang mit Mangelschäden geht zu Lasten der Konsumenten, denn Sachverständigengutachten kosten in der Regel den Konsumenten sehr viel Geld.

Immaterieller Schadenersatz im Bereich des Tourismus ist gar nicht angedacht worden, obwohl wir alle wissen, dass gerade Urlaub und Freizeit sensible Bereiche sind, weil man nach einem verpatzten Urlaub wieder ein Jahr auf Erholung warten muss. In dieser Hinsicht wäre Handlungsbedarf gegeben.

Meine Damen und Herren! Kurz noch einige Bemerkungen zum Aktienoptionengesetz: Die Bestimmungen, die zu einer besseren Transparenz der Börse führen sollen, sind sehr zu begrüßen. Die Wiener Börse braucht dringend solche Verbesserungen. Nicht so positiv sehen wir aber, dass die Gewährung von Aktienoptionen nicht nur an Mitarbeiter beziehungsweise an das Management erleichtert und vereinfacht wird, sondern dass künftig auch Aufsichtsratsmitglieder einbezogen werden sollen. Das war ursprünglich nicht vorgesehen und ist nicht in unserem Sinn.

Wir haben berechtigte Bedenken, dass eine mögliche Gewinnmaximierung einen Abbau von Arbeitsplätzen bedeuten kann. In Deutschland ist diese Entwicklung deutlich zu sehen. Auch entsprechende Untersuchungen zeigen, dass die Möglichkeit, Aktienoptionen zu erhalten, die Mitglieder von Aufsichtsräten sehr wohl beeinflusst. Riskanten Geschäften wird gelegentlich oder sogar häufig zugestimmt, die Arbeitnehmer bleiben dabei auf der Strecke. Dem können wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nicht zustimmen!

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Gestatten Sie mir bitte noch einige private Worte außerhalb der Tagesordnung. Ich möchte mich heute von Ihnen verabschieden, denn ich werde dieses Gremium verlassen. Es war eine schöne Zeit, und ich werde mich mit Freude an diese eineinhalb Jahre zurückerinnern.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
676. Sitzung / Seite 75

Ich wünsche Ihnen allen recht viel Erfolg bei Ihrer weiteren Arbeit. (Bundesrat Dr. d′Aron: Wir auch!) Auf Wiedersehen! (Allgemeiner Beifall.)

14.08

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Dr. Ferdinand Maier zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.

14.08

Bundesrat Dr. Ferdinand Maier (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da dies de facto das Abschiedswort der Frau Kollegin Fuchs war und sie als Wienerin diesen Kreis verlässt, wollen wir Ihnen die besten Wünsche mitgeben (Bundesrätin Fuchs: Ich danke schön!), auch gesundheitlich, damit Sie vielleicht Herrn Staatssekretär Waneck nicht mehr brauchen und weiterhin rüstig und gesund bleiben. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrätin Fuchs: Ich hoffe, dass er in seiner Ordination nicht ...!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die drei vorliegenden Gesetze wurden vom Nationalrat bereits beschlossen. Ich möchte mich auf die wesentlichsten Punkte konzentrieren. In einem Punkt, nämlich in der Frage der elektronischen Übermittlung von Jahresabschlüssen und des Austausches von Daten, sind wir mit den Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion einig, dass man damit einen wesentlichen Schritt in einer von, wenn Sie so wollen, IT-geprägten Zeit gemacht haben.

Ich bedaure, dass den anderen beiden Gesetzen die Zustimmung der Sozialdemokraten nicht gegeben werden kann, glaube aber auch, dass man insbesondere was das Aktiengesetz und die Optionen auf Aktien anlangt, sagen sollte, dass es im Zusammenhang mit Mitarbeiterbeteiligungen ein wesentlicher Schritt ist. Den Hinweis von Frau Kollegin Fuchs hinsichtlich der Frage der Aufsichtsräte kann ich nicht ganz teilen, weil ich glaube, dass es wichtig ist, dass es auch im Aufsichtsrat eine Motivation gibt. (Bundesrätin Fuchs: Aber die Kontrollfunktion sollte in erster Linie gewahrt bleiben!) Auch die Belegschaftsvertreter im Aufsichtsrat haben nun die Möglichkeit, sich Aktien zu sichern. Bisher waren jene Kollegen, die im Aufsichtsrat die Belegschaft vertreten haben, von dieser Möglichkeit ausgenommen. Im Sinne der Mitarbeiterbeteiligung halte ich es natürlich für wesentlich, dass es diesen Schritt gibt.

Es ist dadurch natürlich auch eine bessere Transparenz der Börse gegeben und somit insgesamt ein erfreulicher Schritt.

Das Gesetz betreffend die Frage der Gewährleistungszeiten ist, so glaube ich, ein wichtiger Schritt, ein EU-reifer Schritt, und es ist damit auch de facto Konsumentenfreundlichkeit gegeben. Der Hinweis im Sinne der Abänderung, der bei diesem Gesetz gemacht werden musste, hat natürlich auch einen gewissen Bezug auf diverse Branchen, dass man nämlich dort nicht die Möglichkeit hat, im Wege eines Kommissionsverkaufs das eine oder andere zu verändern.

Daher halte ich auch das für eine sehr wesentliche Bestimmung und kann daher im Namen meiner Fraktion nur sagen, dass wir dem selbstverständlich die Zustimmung geben werden. (Beifall der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

14.11

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Dr. André d'Aron zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

14.11

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Fuchs! Auch ich wünsche Ihnen natürlich alles Gute für Ihren weiteren Lebensweg, habe aber die Argumentation, die Sie uns im Zusammenhang mit dem Gewährleistungsrechts-Änderungsgesetz hier vorgetragen haben, nicht ganz verstanden. (Bundesrat Marizzi: Kann ja sein!)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
676. Sitzung / Seite 76

Soweit ich das Gesetz in Erinnerung habe – ich habe es durchgelesen –, geht es um die Frage, dass die Gewährleistungsfristen zugunsten des Konsumenten verlängert werden sollen, und zwar von einem halben Jahr auf zwei Jahre und durchgehend in fast allen Branchen. Es gibt eine Sonderregelung für gebrauchte Güter, derzufolge die Frist ebenfalls verlängert wird, nämlich von einem halben Jahr auf ein Jahr – das ist also auch eine Besserstellung des Konsumenten. (Bundesrätin Fuchs: Ja, aber die Beweislastumkehr ist die Verschlechterung!)

Ich frage mich also, warum Sie das als eine Schlechterstellung für den Konsumenten ansehen. (Bundesrätin Fuchs: Beweislastumkehr!) In Wirklichkeit müsste Ihr Herz höher schlagen, denn gerade Ihre Fraktion hat immer die Interessen der Konsumenten vertreten. (Bundesrätin Fuchs: Natürlich, aber die Beweislastumkehr ist das ...!)

Was im Zusammenhang mit dem Gewährleistungsrechts-Änderungsgesetz schon in Diskussion war, ist – damit haben Sie Recht – die Frage bezüglich der Reiseleistungen. In dieser Hinsicht hat sich die Frage gestellt, ob bei Leistungen, die zum Teil im Ausland erfolgen, wo es sehr schwer ist, eine Beweissicherung vorzunehmen, eine Rügepflicht eingeführt werden soll. Das ist – so wie es auch in Deutschland Gesetz ist – in Diskussion gestanden. In Deutschland gibt es in diesen Fällen eine Rügepflicht. Ich habe auf Grund Ihrer Wortmeldung den Eindruck, dass Sie auch dafür sind, dass es diese Beweissicherung für die Konsumenten, dass es also eine Rügepflicht geben soll.

Wollen Sie das eher schon oder wollen Sie das eher nicht? Das war mir nicht ganz klar. Wollen Sie, dass eine Rügepflicht eingeführt wird, oder nicht? (Bundesrätin Fuchs: Das wäre sicher kein Nachteil!)  – Gut, dann nehmen wir das sehr gerne zur Kenntnis. Das war nämlich auch unser Vorschlag.

In diesem Gesetz ist ebenfalls vorgesehen, dass bei gebrauchten Sachen, überhaupt bei Waren ein Rückgriffsrecht bei Produzenten vorgesehen ist.

Ich möchte kurz auf das Aktienoptionengesetz eingehen. Sie haben zum Ausdruck gebracht, dass Sie dieses Recht auf Optionen, auf Stock Options für Aufsichtsratsmitglieder nicht haben wollen. (Bundesrätin Fuchs: Richtig!) Es ist aber so, dass das Aktiengesetz und vor allem die Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder durch die vorliegende Novelle nicht aufgehoben werden. Ich habe das in dem vorliegenden Entwurf jedenfalls nicht gefunden.

Das heißt: Die gesetzlichen Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder bleiben bestehen. Sie aber argumentieren und sagen: Ein Mitglied des Aufsichtsrates sollte nicht unternehmerisch handeln, sondern eher nur vom Sicherheitsbedürfnis im Rahmen seiner bestehenden und weiterhin geltenden Aufsichtspflichten ... (Bundesrätin Fuchs: Nein, nein! Die Aufsichtspflichten soll er ... wahren!)  – Diese hat er weiter, das steht im Gesetz! (Bundesrätin Fuchs: Eben!) Dazu ist er auch verpflichtet! Er soll also nicht – auch nicht als Arbeitnehmervertreter! – die Möglichkeit haben, an einem Gewinn des Unternehmens, an einem Aufschwung des Unternehmens mitzupartizipieren (Bundesrätin Fuchs: Kurzfristige Erfolge sollen ihn nicht verleiten!)  – Das wollen Sie also eher nicht haben. Sehe ich das richtig so? (Bundesrätin Fuchs: Weil er ... ist und weil die Erfahrung zeigt, dass es mit dem Abbau von Arbeitsplätzen verbunden ist! Und dagegen wollen wir uns wehren!)

Sie sagen also, dass Sie – es ist wichtig, dass Sie uns das mitteilen (Bundesrätin Fuchs: Das habe ich in meiner Rede schon gesagt!)  – unternehmerischen Erfolg immer in Zusammenhang mit dem Abbau von Arbeitsplätzen sehen! Wir sehen das schon anders. Wir wollen nämlich ganz gerne haben, dass die österreichischen Unternehmen auf dem Markt stärker präsent sind und dadurch mehr Arbeitsplätze schaffen. Wir wollen den unternehmerischen Erfolg schon, damit wieder investiert werden kann und die Unternehmen zu größeren Marktanteilen kommen. (Bundesrat Marizzi: Das wollen wir auch haben!) Aber wir nehmen gerne zur Kenntnis, dass Sie das nicht so gerne sehen. (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ich möchte noch etwas zum Euro-Justiz-Begleitgesetz und zum Gerichtsgebührengesetz sagen. Das Gerichtsgebührengesetz ist eh klar, auch darin geht es um die Euro-Umstellung sowie um die Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs. Ich freue mich darüber, dass Sie zumindest


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diesem Gesetz, das auch ein Beitrag zur Verwaltungsreform, und zwar in Richtung Firmenbuch, ist, zustimmen können.

Sie haben uns heute schon mitgeteilt, dass diese Bundesregierung Belastungen für die Bevölkerung, für die Wirtschaft verursacht hat. Es freut uns jedenfalls, dass Sie den Entfall der Eintragungsgebühr und der Veröffentlichungsgebühren sehr wohl registriert haben und diesem Gesetz zustimmen können, weil es ein neuerlicher Schub für die Wirtschaft ist und letztlich auch ein Schub für die Arbeitsplätze, da die Firmen kostenmäßig etwas entlastet werden. – Danke sehr. (Beifall den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.16

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster hat sich Herr Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.16

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Auch ich möchte Ihnen, sehr geehrte Frau Bundesrätin, alles Gute für Ihren weiteren Lebensweg wünschen (Bundesrätin Fuchs: Danke schön!), kann aber diesen Saal nicht verlassen, ohne Ihnen Aufklärung über dieses Gesetz zu geben, dem Sie die Zustimmung verweigern wollen. (Bundesrätin Fuchs: Bitte!)

Was die Beweislastumkehr anlangt, gibt es zwei Themenkreise: das Gewährleistungsrecht und das Schadenersatzrecht. Bisher musste der Konsument, der Käufer innerhalb von sechs Monaten eine Klage einbringen und beweisen, dass die Sache mangelhaft war, als er sie übernommen hat. – Das muss er jetzt nicht mehr!

In eben dieser Frist – das ist die entscheidende Verbesserung! – muss nun der Unternehmer beweisen, dass sie mangelfrei war. Und daran schließen sich weitere 18 Monate, innerhalb derer der Konsument beziehungsweise der Käufer seinerseits beweisen kann, dass die Sache mangelhaft war. Insgesamt besteht also jetzt eine Gewährleistungsfrist von 24 Monaten, früher war es eine von 6 Monaten. Das bitte ich zu berücksichtigen. Das, was Sie gesagt haben, entspricht eigentlich nicht dem Gesetzestext.

Was das Schadenersatzrecht anlangt, wird mit diesem Gesetzentwurf eine langjährige Forderung der Wissenschaft verwirklicht, wonach auch Schadenersatzansprüche aus dem Gewährleistungsbereich gestellt werden können.

In den ersten zehn Jahren muss der Unternehmer beweisen, dass die Sache frei von Mangelfolgeschäden war. In den darauf folgenden 20 Jahren muss dies allerdings der Käufer tun. Das ist ebenfalls eine entscheidende Verbesserung. Von einer Umkehr oder von einer Verschlechterung kann überhaupt keine Rede sein, so Leid es mir tut! (Bundesrätin Fuchs: Aber es wird ohne Sachverständigengutachten nicht gehen!) Wenn Sie Ihren Gedankengängen treu bleiben, stimmen Sie bitte zu!

Das Zweite ist das Argument mit den Aufsichtsräten. Derzeit kann jeder Aufsichtsrat auch Aktionär des Unternehmens sein, wenn es um eine Aktiengesellschaft geht. Das ist Ihnen bekannt. Es wird also nirgends eingegriffen! (Zwischenruf des Bundesrates Marizzi. ) Zurzeit besteht aber die Unsitte – Sie werden mir darin sicher beipflichten, Herr Bundesrat –, dass die Aufsichtsräte auf Kosten des Unternehmens versichert werden.

Diesen Missstand sollten und könnten wir einvernehmlich ändern. Das sollten wir wirklich ändern! Da haben Sie aber nichts dabei gefunden. Dass jedoch ein Aufsichtsrat Aktien erwerben kann, auch im Wege der Option, ist wirklich nichts Schädliches und begünstigt die Kontrolle, weil es ihn mehr an das Unternehmen bindet. – Das habe ich dazu zu sagen! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.19

Präsident Ing. Gerd Klamt: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.


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Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor wir nun zur Abstimmung gelangen, möchte ich mich bei Frau Bundesrätin Brunhilde Fuchs für ihren Einsatz im Bundesrat sehr herzlich bedanken. Ich wünsche ihr für ihren weiteren Lebensweg sehr viel Erfolg. (Allgemeiner Beifall. – Bundesrätin Fuchs: Und Ruhe!)

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewährleistungsrecht im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch und im Konsumentenschutzgesetz sowie das Versicherungsvertragsgesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem im Aktiengesetz, im Handelsgesetzbuch und im Börsegesetz Regelungen über Optionen auf Aktien getroffen werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Regelung der elektronischen Übermittlung von Jahresabschlüssen das Handelsgesetzbuch, das 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

19. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Passgesetz 1992, das Tilgungsgesetz 1972 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden (Passgesetz-Novelle 2001) (489 und 526/NR sowie 6351/BR der Beilagen)

20. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend einen Vertrag zwischen der Republik Österreich, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Sicherheits- und Zollbehörden (479 und 527/NR sowie 6352/BR der Beilagen)


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Präsident Ing. Gerd Klamt:
Wir gelangen nun zu den Punkten 19 und 20 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Passgesetz 1992, das Tilgungsgesetz 1972 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden, und

einen Vertrag zwischen der Republik Österreich, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Sicherheits- und Zollbehörden.

Die Berichterstattung über die Punkte 19 und 20 hat Frau Bundesrätin Anna Höllerer übernommen. Ich bitte um die Berichte.

Berichterstatterin Anna Höllerer: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Passgesetz 1992, das Tilgungsgesetz 1972 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden (Passgesetz-Novelle 2001).

Der gegenständliche Gesetzesbeschluss des Nationalrates trägt dem Umstand Rechnung, dass die Zuständigkeitsregelungen des Passgesetzes nicht ausreichend auf die Mobilität der Bürger Bedacht nehmen. Für Personalausweise besteht derzeit keine Möglichkeit, die sich aus der Entwicklung der Scheck-Kartentechnologie ergebenden Vorteile für Zwecke der Bürger umfassender nutzbar zu machen.

Der vorliegende Beschluss hat sohin zum Ziel, Erleichterungen für Bürger durch Verwaltungsvereinfachungen bei der Ausstellung und Änderung von Reisedokumenten und Personalausweisen zu schaffen. Die Besitzer von Personalausweisen erhalten die Möglichkeit, diese mittels Chipkarte auch als Datenträger für andere Informationen zu nützen.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 18. April 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschuss für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend einen Vertrag zwischen der Republik Österreich, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Sicherheits- und Zollbehörden.

Der gegenständliche Beschluss des Nationalrates hat die Verbesserung der Zusammenarbeit der Vertragspartner bei der Gefahrenabwehr und Verhinderung und Verfolgung von Straftaten durch Schaffung von Rechtsgrundlagen für den polizeilichen Informationsaustausch sowie die Schaffung einer zeitgemäßen rechtlichen Basis für eine operationelle grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden der Vertragsstaaten zum Inhalt.

Der vorliegende Staatsvertrag sieht weiters die Beschleunigung und Vereinfachung des Informationsaustausches durch Ausnutzung der automationsunterstützten Datenübernahme und Ermöglichung grenzüberschreitender Amtshandlungen zur Verfolgung eigener polizeilicher Interessen oder zur Unterstützung des Nachbarstaates vor.

Der gegenständliche Vertrag ist gesetzändernd und gesetzesergänzend, enthält aber keine verfassungsändernden Bestimmungen. Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.

Dem Nationalrat erschien bei der Genehmigung des Abschlusses des vorliegenden Staatsvertrages die Erlassung von besonderen Bundesgesetzen im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG zur Überführung des Vertragsinhaltes in die innerstaatliche Rechtsordnung nicht erforderlich.


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Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 18. April 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Manfred Gruber. Ich erteile es ihm.

14.27

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf vielleicht am Beginn meiner ersten Rede hier im Bundesrat ein paar persönliche Daten nennen: Ich bin 52 Jahre alt und seit 30 Jahren in der Politik, vorwiegend in der Kommunalpolitik, tätig – zehn Jahre Vizebürgermeister und seit 1994 Bürgermeister von Bad Gastein. Im Hauptberuf bin ich Telekom-Bediensteter. Ich glaube, ich habe mich damit ausreichend vorgestellt und darf nun, sehr geehrter Herr Präsident, Herr Bundesminister, meine Damen und Herren, auf den gegenständlichen Gesetzesbeschluss, mit dem das Passgesetz novelliert wird, eingehen.

Diese Gesetzesänderung ist schon etwas länger in Diskussion gestanden. Es hat diesbezüglich die unterschiedlichsten Standpunkte gegeben, das Gesetz wurde aber dann am 28. März im Nationalrat mehrheitlich beschlossen. Es gibt in diesem Gesetz einige Punkte, in denen wir übereinstimmen.

So ist es etwa keine Frage, dass dieses Bundesgesetz diverse Verbesserungen für den Bürger bei der Ausstellung und der Änderung von Reisepässen und Personalausweisen mit sich bringt. Es gibt nun die Möglichkeit, Reisepässe in der Heimatgemeinde beantragen zu können. Aber auch die Möglichkeit, bei jeder Bezirksverwaltungsbehörde, unabhängig vom Hauptwohnsitz, einen Pass beantragen zu können, ist eine Vereinfachung und kommt letzten Endes unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern zugute.

Es ist zudem durchaus zu begrüßen, dass die Ausstellung von Reisepässen und Personalausweisen automationsunterstützt erfolgt. Uns Sozialdemokraten ist es immer ein Anliegen, eine effiziente Verwaltung, größtmögliche Bürgernähe, aber auch ein Optimum an Datensicherheit für das Individuum sicherzustellen.

Eben in dieser Hinsicht haben wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Minister, unsere Bedenken. Es ist nur sehr schwer zu verstehen, dass entgegen ursprünglichen Aussagen wieder auf die ZMR-Zahl als Individualisierungsmerkmal zurückgegriffen wurde, obwohl wir alle wissen, dass das für das Passwesen nicht unbedingt erforderlich wäre. Es ergeben sich gewisse Effekte durch Zusammenführung von Datensätzen, die nicht zusammengeführt werden dürften, und der Bürger ist dem letzten Endes wehrlos ausgeliefert.

Das dies eine große Verlockung für kriminellen Missbrauch bedeutet, brauche ich, so glaube ich, nach den Erfahrungen der letzten Monate nicht extra auszuführen. Für uns Sozialdemokraten ist es daher mehr als bedenklich, dass ein kleiner Schritt zu einer Verwaltungsvereinfachung, der zu begrüßen ist, mit der Konsequenz verbunden ist, dass dem Datenmissbrauch Tür und Tor geöffnet wird.

Eine Rechtsunsicherheit scheint uns darin gegeben zu sein, dass man nicht mehr nachvollziehen kann, ob bestimmte Merkmale des Ausweisinhabers behördlich autorisiert sind oder ob sie vom Ausweisinhaber willkürlich festgesetzt wurden. Es ist auch nur sehr schwer zu verstehen, dass trotz Verdoppelung der Gebühr für den Antragsteller laut Auskunft der Experten kein fälschungssicheres Dokument zu bekommen ist. Das steht außerdem im Widerspruch zu den Bemühungen der EU, die die Fälschungssicherheit von Reisedokumenten in höchstmöglichem Ausmaß von jedem Mitgliedsland verlangt.


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Ich darf daher festhalten, Herr Bundesminister, meine Damen und Herren, dass für uns Sozialdemokraten den Gefahren des Datenmissbrauchs, der Rechtsunsicherheit sowie der Fälschungsunsicherheit in dieser Novelle nicht in vollem Umfang Rechnung getragen wurde, und wir lehnen daher diese Novelle zum Passgesetz ab. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.31

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

14.31

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Bürgermeister! Ich möchte ebenfalls auf ein paar Aspekte, im Speziellen das Passgesetz betreffend, eingehen, weil ich glaube, dass doch eine Menge an positiven Veränderungen mit dieser Gesetzesnovelle herbeigeführt wird; Veränderungen, die auch speziell für Gemeindeämter und für Bürgermeister sehr spannend sind und im Grunde genommen nur einen rechtlichen Rahmen für solche Dinge, die heute schon gemacht werden, bilden. Ich möchte ein bisserl später noch auf diese Aspekte eingehen.

Hauptinhalt dieser Novelle ist die Flexibilisierung der örtlichen Zuständigkeit, sodass passbehördliche Amtshandlungen in Bezug auf gewöhnliche Reisepässe und auf die Ausstellung von Personalausweisen auch von der Behörde des Aufenthalts vorgenommen werden dürfen. Ich glaube, dass diese Regelung der Mobilität der Bürger sehr entgegenkommt. Wir sprechen heutzutage immer von Globalisierung, und gerade jetzt, im Zuge der Volkszählung, wo jede Gemeinde um jeden einzelnen Einwohner kämpft, ist es auch spürbar, wie sich diese Mobilität entwickelt. Ich glaube, das ist in diesem Gesetz sehr vernünftig abgedeckt.

Zweiter Punkt: Ich habe von 1994 bis 1998 in einer kleinen Gemeinde in der Südsteiermark gewohnt, nämlich in Pölfingbrunn. Für die Ausstellung meines Reisepasses hätte ich nach Deutschlandsberg fahren müssen, und daher bin ich damals zum Bürgermeister gegangen, der meinen Antrag mitgenommen und mir dann meinen Reisepass gebracht hat. Rechtlich war das aber im Grunde genommen nicht gedeckt! – Jetzt ist das der Fall, und ich denke, auch das ist ein sehr positiver Aspekt dieser Novelle, weil sich damit speziell Landgemeinden und kleinere Gemeinden noch verstärkt und gesetzlich abgedeckt zu Servicestellen für die Bürger entwickeln werden.

Ich möchte noch dazu sagen, dass sich dieser Prozess natürlich aus diesem bürgernahen Tun der Bürgermeister und der Gemeindebediensteten in den letzten Jahren herausentwickelt hat. Jetzt ist der rechtliche Rahmen dafür geschaffen! Ich möchte mich an dieser Stelle bei den Bürgermeistern bedanken, die diese Zusatzdienstleistungen erbracht haben, aber auch bei den Gemeindebediensteten, die all das hervorragend gemeistert haben. Ich möchte an dieser Stelle aber auch darauf hinweisen, dass dieser Zusatzaufwand auch jetzt, trotz rechtlicher Absicherung, ein Zusatzaufwand ist und somit auch Kosten entstehen. Man muss sich Gedanken machen, wie man diese in Zukunft abdecken wird.

Der dritte Aspekt scheint mir wesentlich zu sein: Bürgercard, Personalausweis, Chipkarte. Mit dieser Novellierung steht die Anbringung eines Microchips auf einem als eine Art Scheckkarte gestalteten Personalausweis bevor. Dies ist per Verordnung festzulegen. Die Chipkartenfunktion dient im Grunde genommen dem Inhaber zur Speicherung persönlicher Daten, die im Notfall in seinem eigenen Interesse verwendet werden können; zum Beispiel Informationen über Medikamentenverträglichkeit oder sonstiger medizinisch relevanter Daten. Ich glaube, diese Daten können in einem Notfall Menschenleben retten.

Zum Thema Datensicherheit ganz allgemein – das zeigt auch die Vergangenheit und die alltägliche Praxis –: Ich glaube, wir müssen uns in Organisationen, ob das Wirtschaftsorganisationen oder Ministerien sind, generell darauf einstellen, dass ein Wettbewerb stattfindet zwischen Menschen, die in dieses System eindringen wollen, und Menschen, die diese Systeme verteidigen. Darauf zu warten, bis irgendwo eine 100-prozentige Sicherheit gegeben ist, wird nicht möglich sein. Deshalb verstehe ich auch im Grunde genommen nicht, weshalb Sie diesem Gesetz nicht zustimmen wollen. Was für mich wichtig ist, ist, dass rasch reagiert wird, wenn in Richtung


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Datenmissbrauch etwas passiert, dass es also eine rechtliche Absicherung und eine rechtliche Grenze gibt.

Ich möchte dazu ein Beispiel erzählen, wie es einem Nationalratsabgeordneten von den Grünen ergangen ist. Es gibt eine Zeitung – ich weiß nicht, ob Sie sie kennen –, ein Magazin der Fellner-Gruppe, das "e-media" heißt. Sie beschäftigt sich mit Internet und ein recht populäres Magazin. Sie berichtet über den Versuch, aus Jux in Politiker-PCs einzudringen, und als erstes Opfer wurde Peter Pilz gewählt. Eine halbe Stunde habe es gedauert, dann konnten angeblich sämtliche Daten, sämtliche eingehende und ausgehende e-mails eingesehen werden, und so weiter. Nachträglich wurden in diesem Magazin fairerweise die Möglichkeiten genannt, wie man sich davor schützen kann. Es gibt entsprechende Software und so weiter aus dem Internet, die man sich herunterladen kann.

Was will ich damit sagen? – Ich komme damit noch einmal zum Ausgangspunkt zurück und glaube, darauf zu warten, bis wir die 100-prozentige Sicherheit haben, wird nicht möglich sein. Es muss ein laufender Prozess des Sicherheit-Schaffens stattfinden, und es muss ein rechtlicher Rahmen da sein, der sehr klar absteckt, dass das Missbrauch ist, dass das nicht gestattet ist, und mit dem die strafrechtlich relevanten Punkte und Kriterien festgesetzt werden.

Ich glaube und komme im Grunde genommen zum Abschluss meines Debattenbeitrages, dass dieses Gesetz ein wichtiges Beispiel für ein föderales, bürgernahes Gesetzeswerk ist. Ich habe es auch das letzte Mal schon betont – ich kann das Wort "Bundesstaatsreform" schön langsam auch nicht mehr hören –, wir sollten doch versuchen, jedes einzelne Gesetz so zu gestalten, dass die föderalen Aspekte sichtbar werden. Hier werden sie meiner Meinung nach sichtbar.

Es ist ein sehr bürgernahes Gesetz, weil es Erleichterungen für den einzelnen Bürger in Österreich bringt. Es geht um ungefähr 700 000 Reisepassanträge im Jahr, es geht um 50 000 Anträge für Personalausweise im Jahr. Diese große Zahl beweist die Wichtigkeit dieser Passgesetz-Novelle. Gepaart mit vernünftiger Verwaltungsvereinfachung, gepaart mit dem Einsatz modernster Technologien, gepaart mit dem Ziel, dem Bürger das Leben einfacher zu machen, wird die ÖVP diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.39

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Hagen zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

14.39

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bin jetzt ein bisserl enttäuscht darüber, dass der Herr Innenminister nicht anwesend ist – ich habe gehört, er sei verhindert –, denn das, was ich zu sagen habe, geht an seine Adresse. Ich bitte, ihm das auszurichten.

Mit diesem Vertrag zwischen der Republik Österreich, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Sicherheits- und Zollbehörden ist der Regierung eine große Errungenschaft bei der Verbesserung des Föderalismus in der Sicherheitspolitik gelungen.

Früher war es bei grenzüberschreitenden Verhandlungen, wenn man grenzüberschreitende Daten gebraucht hat, von der Schweiz oder von Liechtenstein, notwendig, diese über die Wiener Zentralstellen anzufordern. Das ist natürlich ein gewaltiger Verwaltungsaufwand und sicherlich nicht zielführend gewesen. Mit diesem Vertrag geht das jetzt wesentlich schneller, im kleinen Grenzwege sozusagen.

Mit diesem Gesetz ist auch eine engere Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden in der Schweiz und in Liechtenstein möglich, bis hin zu gemischten Patrouillen. Das heißt, dass einmal ein österreichischer Zollbeamter mit einem schweizerischen Zollbeamten gemeinsam Patrouille fährt, auf welchem Gebiet auch immer, und auch dort einschreiten kann, so wie das jetzt auch Schengen vorsieht. Das heißt, dass man die Grenze überschreiten, also drüberfahren, und das


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allgemeine Anhalterecht verwenden kann, um das Fahrzeug zu stoppen, und dann können die Kollegen gemeinsam die Amtshandlung vornehmen.

Das ist auch wichtig für die Kommunikation unter den Beamten. Wenn man zusammenarbeiten soll, ist es wichtig, dass man auch ab und zu in dienstlicher Form zusammenkommt, und auch diesbezüglich sehe ich durch diesen Vertrag einen Vorteil. – Dafür gebührt dieser Regierung, die das ermöglicht hat, aber auch speziell den Beamten des Innenministeriums, ein dickes Lob.

Leider aber kann ich nicht die gesamte Arbeit des Herrn Innenministers loben, sondern ich muss ihn auch tadeln. Ich spreche da ein aktuelles Beispiel an: die beabsichtigte Schließung von Gendarmerieposten in Vorarlberg, wo im Bezirk Bregenz von 17 Gendarmerieposten angeblich acht geschlossen werden sollen. Ich sage deshalb "angeblich", weil man nicht fähig war, eine schriftliche Weisung zu geben. Es war eine mündliche Weisung an den Landesgendarmeriekommandanten (Beifall bei der SPÖ), der dann mündlich die Weisung an die Bezirksgendarmeriekommandanten weitergegeben hat. Man hat sich also nicht einmal getraut, diese Weisung schriftlich zu geben.

Jetzt werden Sie sich wundern, dass ich weiß, dass davon der Posten Warth und der Posten Au betroffen sind. Diese zwei sollen mit dem Gendarmerieposten Bezau im Bregenzer Wald zusammengelegt werden. Es ist der Posten Langen davon betroffen, und es sind der Posten Alberschwende und der Posten Hittisau betroffen, welche mit dem Gendarmerieposten Egg zusammengelegt werden sollen. Es ist der Posten Lochau betroffen, der mit dem Posten Hörbranz zusammengelegt werden soll. Es ist der Posten Lauterach betroffen, der mit dem Posten Wolfurt zusammengelegt werden soll. Und es ist der Posten Bregenz-Vorkloster betroffen, der mit dem Posten Bregenz zusammengelegt werden soll. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Mag. Gudenus. Zwischenrufe bei der SPÖ.) Übrigens: Die Zusammenlegung Bregenz-Vorkloster mit Bregenz ist die einzige, die ich befürworten kann.

Vor einigen Wochen hat aber derselbe Herr Innenminister Strasser in den Vorarlberger Medien versichert, dass in Vorarlberg keine Gendarmerieposten geschlossen werden. Das finde ich schon ein starkes Stück! (Rufe bei der SPÖ: Oh! Oh!)

Dabei gebe ich zu bedenken, dass der Bezirk Bregenz, den ich vorhin zitiert habe, die höchste Gesamtkriminalität in Österreich aufweist, abgesehen von den Landeshauptstädten. Und gerade da soll die Hälfte der Posten geschlossen werden! – Das ist schon eine wahnsinnige Sache. Ich hätte von ihm hier gerne eine Antwort bekommen. (Bundesrat Konecny: Mitgehangen! Mitgefangen!)

Ich gebe auch zu bedenken, dass die Struktur Vorarlbergs in dem Dreiländereck sehr klein ist, das heißt, einer städtischen Struktur gleichkommt. Wenn man bedenkt, dass da die Hälfte der Posten aufgelöst werden soll, dann kann ich das nicht verstehen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Mag. Gudenus.  – Rufe bei der SPÖ: Wir auch nicht!)

Trotzdem wir solch ein Hauptdurchzugsgebiet sind und trotzdem wir sehr viele ausländische Straftaten haben, haben wir die höchste Aufklärungsquote von Österreich. Mir kommt es so vor, als ob man die Sicherheit in Vorarlberg destabilisieren will. Wir sind Hauptdurchzugsgebiet von Drogentransporten. Man muss sich das einmal vorstellen! Zürich ist einer der Hauptdrogenumschlagplätze in Europa, das heißt, zwischen Amsterdam und Zürich geht alles durch Vorarlberg. Und genau in diesem Gebiet will man die Posten schließen.

Wir haben auch ein sehr starkes Verkehrsaufkommen auf Grund dieses Nadelöhr am Bodensee. Unfälle und so weiter sind eine klare Folge davon. Ich möchte dem Herrn Innenminister Folgendes ausrichten: Das ist Zentralismus pur! Er geht weg vom Föderalismus! (Beifall bei der SPÖ.)

Er destabilisiert die gut funktionierenden Sicherheitsstrukturen in Vorarlberg, welche auf die große Dichte der Gendarmerieposten zurückzuführen sind. Das ist ein Anschlag auf die Sicherheit Vorarlbergs (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Mag. Gudenus. ) und auf die ohne


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hin schon sehr stark verunsicherten Gendarmeriebeamten, welche nicht wissen, ob sie morgen noch auf ihrem Gendarmerieposten sind.

Ich gebe zu, dass Großdienststellen, wie sie der Herr Innenminister plant, weniger Verwaltungsaufwand verursachen, aber in der Schweiz, wo man dieses System durchgeführt hat, ist man wieder davon abgekommen, weil die Kriminalität ins Unermessliche gestiegen ist, und in Deutschland hat man ebenfalls vor, wieder auf das System, das ähnlich dem österreichischen ist, zurückzukommen. (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen sowie bei der SPÖ.)

Ich möchte anregen, dass der Herr Innenminister besser bei sich im Ministerium sparen soll. (Beifall bei der SPÖ.) Ich habe eine Anfrage gestellt, die Antwort ist bis heute ausständig. Bürokratie gibt es im Innenministerium, und ich möchte hier ein Beispiel nennen, das mir die Galle hochkommen ließ.

Auf einem Gendarmerieposten wurde eine Verknüpfungsanfrage im EKIS gemacht, das heißt, es wurde ein Nachname eingegeben, der Computer wies ungefähr 150 Leute aus, und dann wurde überprüft, ob der Gesuchte dabei war. Daraufhin hat ein Herr im Ministerium nachgefragt, ob er angefragt wurde, und das Problem ist ... (Bundesrat Bieringer: Aber wir sind nicht auf dem Stammtisch in Bregenz, oder?) Nein, nein, ich erkläre Ihnen nur, wie es da zugeht! Das sind Sachen, die nicht in Ordnung sind!

Auf Grund dieser Nachfrage schickt das Innenministerium Beamte zur Untersuchung aus, ob die betreffenden Beamten da straffällig gehandelt hätten, weil sie diese Person abgefragt haben. – Das ist wirklich unglaubliche Bürokratie! (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen sowie bei der SPÖ.)

Der Herr Innenminister gibt auch immer vor, "Häuptlinge" zu Gunsten der "Indianer" zu reduzieren. Mit diesen Maßnahmen, die er hier gesetzt hat, wurden "Indianer", nämlich die Postengendarmen, und die "Squaws", in Form von Putzfrauen, abserviert und große "Häuptlinge" in den Ministerien gehalten. (Beifall bei der SPÖ.) Solche Maßnahmen, welche an der echten Strukturreform weit vorbeigehen, kann ich nicht gutheißen. Ob Koalition hin oder Koalition her, das sind planlose Strukturexperimente, welche auf Kosten der Sicherheit meines Bundeslandes Vorarlberg gehen und massive Nachteile für die Bevölkerung hervorrufen. Und das kann ich nicht gutheißen! Da hat der Herr Minister in mir einen seiner schärfsten Gegner! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn mir der Herr Minister über die Gewerkschaft ausrichten lässt, dass die Frau Vizekanzlerin für diese Maßnahmen verantwortlich sei, dann kann ich das überhaupt nicht gutheißen, das kommt nämlich aus dem Innenministerium! Mit der Zusammenlegung der Bundespolizei mit der Bundesgendarmerie könnten wir die Hälfte der Beamten im Bundesministerium für Inneres einsparen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das hat übrigens die Sozialdemokratie auch verabsäumt. Das wäre der richtige und vernünftige Weg für richtige Reformen. Ich wünsche dem Herrn Minister Mut dazu. (Beifall bei Bundesräten der Freiheitliche sowie bei der SPÖ.)

14.50

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Professor Konecny. Ich erteile es ihm.

14.50

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist das eine gute Gelegenheit, die allerdings im nächsten Punkt unserer Arbeit ihre Fortsetzung finden wird, einmal mehr die Frage aufzugreifen, ob es eine kluge Politik ist, Österreich von den Rändern her wegzuschnipseln. Kollege Hagen – das hat mich sehr beeindruckt – aus der Sicht seines Wirkungsbereiches und seines Bundeslandes – aber dazu sind wir da – sehr konkret geschildert, wie hier ein bisschen Äpfel wie Birnen behandelt werden. Sie haben sachlich Recht – ich verstehe allerdings sehr wenig von Ihren konkreten Arbeitsaufgaben, das gebe ich sofort zu –, wenn Sie sagen, dass es sich da um eine verstädterte Zone handelt,


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die durchaus einer Großstadt gleichzuhalten ist, denn um das zu erkennen, braucht man nur einmal aus dem Auto- oder aus dem Zugfenster zu schauen, dazu muss man nicht sehr viel von Vorarlberger Problemen verstehen.

Wie gesagt, es ist das ein Thema, bei denen es einerseits um diese Problemstellungen geht, aber andererseits – darauf werden wir noch zurückkommen – einfach um den Rückzug des Staates aus bestimmten Regionen unseres Landes.

Ich habe in einer früheren Wortmeldung einmal gesagt – und das war, bitte, um das gleich vorab zu sagen, zynisch gemeint –: Wir sollten uns, wenn das einzige Ziel Sparsamkeit ist, überlegen, ob es nicht das Klügste ist, Umzugsbeihilfen auszuzahlen, und dann räumen wir etwa 40 Prozent des österreichischen Staatsgebietes von der Bevölkerung. Dann brauchen wir keine Postämter, keine Gendarmen, keine Bezirksgerichte, keine Straßen, keine Telefonleitungen, keine Ärzte und keine Ambulanzen. (Rufe bei der SPÖ: Keine Finanzämter!) Wir sparen uns zweifellos Milliarden, wir nehmen allerdings ein paar hunderttausend Österreichern schlichtweg ihre Heimat weg. Wenn wir meinen, das rechnet sich, dann muss man es nach der Logik dieser Regierung offenbar tun.

Ich als Wiener sage das sehr bewusst. Mich oder auch meine Wähler betrifft all das nicht wirklich. Wir werden unsere Bezirksgerichte haben, wir werden – vielleicht reduziert – unsere Wachzimmer haben. Die Telefonleitung geht unrettbar durch die Lange Gasse, das kann nicht einmal Frau Forstinger verhindern. (Beifall und Heiterkeit bei der SPÖ.)  – Vielleicht bin ich zu optimistisch.

Die Dienstleistungen im großstädtischen Bereich sind zwangsläufig sehr gut. Ein bisschen etwas hat auch noch die Regionalpolitik damit zu tun. Aber gerade deshalb – ich sage das sehr bewusst –, weil ich hier ein Bundesland vertrete, das vielleicht in anderen Hinsichten keinen Grund hat, besonders glücklich zu sein, aber in dieser Kernfrage Infrastruktur einfach naturgegeben als Zentrum des Landes sehr gut versorgt ist, möchte ich ausdrücklich bekunden: Es ist uns Wiener Sozialdemokraten sehr wohl bewusst, dass die Probleme dieses Landes nicht aus dieser satten Sicht der Hauptstadt gesehen werden dürfen, dass die Probleme der verstädterten 245Zonen  (Zwischenrufe bei der ÖVP.)  – Schlechtes Gewissen lässt sich durch Lautstärke nicht kompensieren. Wenn Sie also unsere Haltung zu würdigen verstehen, würde es mich freuen, wenn nicht, dann schreien Sie weiter. Wir können damit leben und die Wienerinnen und Wiener im Übrigen auch! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir können die Probleme dieses Landes, weder die Sicherheits- noch irgendwelche anderen Probleme, weder durch eine Überzentralisierung lösen noch eben dadurch, dass wir beträchtliche Teile unseres Landes in Wirklichkeit preisgeben. Das ist der Grund, warum ich namens der sozialdemokratischen Fraktion hier aus Anlass der gegebenen Debatte auch einen Entschließungsantrag einbringe, der folgenden kurzen und präzisen Wortlaut hat:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Albrecht Konecny und Genossen zu TOP 20

"Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, die Schließung von Gendarmerieposten nochmals zu überdenken."

*****

Ich bitte all jene, denen das Schicksal der dünner besiedelten Gebiete unseres Landes am Herzen liegt, diesen Antrag zu unterstützen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.56

Präsident Ing. Gerd Klamt: Der von den Bundesräten Professor Konecny und Genossen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Schließung von Gendarmerieposten ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.


Bundesrat
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Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Ludwig Bieringer zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

14.56

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu dem, was Herr Kollege Hagen gesagt hat, möchte ich sagen: Diese Wortspende war für mein Dafürhalten überflüssig! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie war deswegen überflüssig, weil man in diesem Land hoffentlich noch diskutieren darf (Zwischenrufe bei der SPÖ) und weil ein Minister sehr wohl noch Auftrag erteilen darf, dass – und jetzt hören Sie bitte zu! – beim Zentralkommando der Gendarmerie, bei den Landesgendarmeriekommanden, bei den Bezirksgendarmeriekommanden und bei den Ortsgendarmeriekommanden Überlegungen bezüglich Einsparungen anzustellen sind, und nichts anderes hat der Herr Innenminister getan! – Erster Punkt. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweiter Punkt: Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass einmal hier von der Regierungsbank aus Herr Bundesminister Schlögl, dem hoffentlich niemand unterstellt, dass er der ÖVP angehört hat, von der Zusammenlegung von Gendarmerieposten gesprochen hat und dass von Seiten der linken Reichshälfte diese Vorgangsweise unterstützt wurde. Ich habe sie auch mit unterstützt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Seien Sie vorsichtig, warten Sie ein bisschen!

Ich habe die Zusammenlegung damals auch mit unterstützt, und ich kann Ihnen eines sagen: In meinem Bezirk, dem Flachgau, sind vier Gendarmerieposten zusammengelegt worden. Die Sicherheit bei uns ist deswegen genauso gegeben wie vorher. Hier muss ich ausnahmsweise Herrn Schlögl Recht geben, der aber in der Zwischenzeit nicht mehr Innenminister ist; ob er noch Landeshauptmann-Stellvertreter ist, das weiß ich nicht, auf alle Fälle ist er in irgendeiner Beraterfirma angestellt.

Der Herr Innenminister lässt jetzt – nicht nur in Vorarlberg, Herr Kollege, sondern in allen anderen Bundesländern auch – Überlegungen anstellen, wo ein Einsparungspotenzial gegeben sein kann. Dazu sage ich Ihnen Folgendes: Ich bin auch nicht ganz vom Sicherheitsgedanken beseelt, aber eines muss man sich schon fragen: Braucht jedes Bundesland – mit Ausnahme von Vorarlberg, wo es keine Bundespolizeidirektionen gibt – eine Sicherheitsdirektion, eine Bundespolizeidirektion und ein Landesgendarmeriekommando? – Hier kann man doch einsparen, hier ist genügend Sparpotenzial gegeben! (Bundesrätin Schicker: Hier ist die Rede von der Schließung von Gendarmerieposten!) Warten Sie ein bisschen, Sie haben nicht aufgepasst, Frau Kollegin Schicker!

Ich habe gesagt, dass die Anweisung des Ministers lautet, beim Zentralkommando, bei den Landesgendarmeriekommanden, bei den Bezirkskommanden und bei den Ortsgendarmeriekommanden Einsparpotenzial zu suchen. Das wird wohl möglich sein! Das heißt noch lange nicht, dass schon Posten gesperrt wurden. Wenn irgendjemand davon weiß, dass in letzter Zeit ein Gendarmerieposten gesperrt wurde, dann soll er das sagen. Ich weiß nichts davon. (Bundesrätin Schicker: Aber es ist legitim, dass Kollege Hagen sich darüber Gedanken macht!) Warten Sie ein bisserl, warten Sie ein bisserl! (Bundesrätin Schicker: Ich darf doch noch einen Zwischenruf tätigen!)

Der nächste Punkt, der jetzt dann zur Behandlung kommen wird, betrifft eine Anfragebeantwortung. Übrigens: Es gibt eine Vielzahl von Anfragebeantwortungen. Ich kann mich noch erinnern, dass die SPÖ, als die Freiheitlichen in Opposition waren, immer der Meinung war, dass die vielen dringlichen Anfragen, die die Freiheitlichen in diesem Hause gestellt haben, überflüssig sind. Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie machen das, was die Freiheitlichen gemacht haben, jetzt zum Quadrat. Das sei Ihnen einmal auch gesagt! (Beifall bei der ÖVP. – Demonstrativer Beifall bei Bundesräten der SPÖ. – Bundesrat Konecny: Danke für das Lob, Kollege! – Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Wir werden zu sparen haben, und zwar werden wir überall zu sparen haben. Es ist legitim, dass man alles hinterfragt. Es gehört natürlich auch hinterfragt, ob die Strukturen im Sicherheitsbereich und – das sage ich, obwohl ich Bürgermeister bin – ob die Struktur der Bezirksgerichte, die aus dem vorigen Jahrhundert stammt, heute noch zeitgemäß


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sind. Das darf man wohl auch hinterfragen, genauso wie man hinterfragen darf, ob ein Gendarmerieposten unbedingt noch erhalten werden muss oder ob man ihn mit einem anderen zusammenlegen oder auflassen kann. (Bundesrätin Schicker: O ja, das kann man! Ja, richtig! Und man darf darüber diskutieren! Sie werden es nicht verhindern, dass wir darüber reden!) Bevor es so weit ist, wird – und da können Sie versichert sein – Bundesminister Strasser sehr wohl mit den zuständigen Stellen darüber noch reden. (Beifall bei der ÖVP.)

15.02

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. Ich erteile ihm das Wort.

15.02

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ganz kurz replizierend auf den Fraktionschef der Sozialdemokraten: Professor Konecny hat in seinen Ausführungen gemeint, mit der Strukturreform im ländlichen Bereich – sei es bei der Exekutive, sei es bei den Bezirksgerichten oder sei es auch bei den Postämtern – werde den Menschen ein Stück Heimat weggenommen.

Herr Kollege Konecny! Ich darf Sie erinnern daran, dass während Ihrer Regierungsbeteiligung sehr wohl Finanzämter geschlossen worden sind, zumindest Außenstellen aufgelassen worden sind, dass Wachzimmer innerhalb der Polizei zugesperrt und zusammengeschlossen worden sind, dass Gendarmerieposten aufgelassen worden sind, dass Nahversorger wie der "Konsum" durch Ihre schluderige Wirtschaftspolitik insolvent geworden sind (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP) und dass durch Ihre Unverantwortlichkeit, durch Ihre Einflussnahme in den Medien zumindest die steirische Medienlandschaft in jüngster Zeit wieder um eine Zeitung ärmer zu werden scheint.

Ich erinnere und sage das Stichwort "NEUE ZEIT". Die Insolvenz dieser Zeitung liegt sicherlich in der Verantwortung der SPÖ. (Bundesrätin Schicker: Die gehört seit 10 Jahren nicht mehr uns!)

Meine Damen und Herren! Wer für so viele Insolvenzen, wer für so viele Auflassungen verantwortlich ist, der sollte eigentlich wissen, was es heißt, den Menschen ein Stück Heimat wegzunehmen. (Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk. ) Sie haben es – um in Ihrer Diktion zu bleiben – mit diesen Ihren Maßnahmen, die Sie getroffen haben, 30 Jahre lang getan, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie!

Meine Damen und Herren! Zum Antrag der SPÖ möchte ich sagen: Meine Fraktion erachtet es als nicht notwendig, diesen Entschließungsantrag zu unterstützen, weil wir viel eher der Meinung sind, dass der ressortverantwortliche Innenminister ein Konzept vorlegen sollte (Bravorufe und demonstrativer Beifall bei der SPÖ), und zwar ein Strukturkonzept betreffend die Exekutive. Und dieses Konzept ist selbstverständlich mit den Ländern, mit der Personalvertretung und mit den Betroffenen abzustimmen.

Meine Damen und Herren! Wir vertreten nämlich die Auffassung, dass der Konsens in diesen sehr sensiblen Fragen wesentlich wichtiger ist und uns allen mehr Sicherheit gibt als irgendein Antrag, der sehr weit gefasst ist und eigentlich nur Hoffnungen erweckt, die keine Sicherheit geben können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, auch ein paar Bemerkungen zum Passgesetz zu machen. Auch da ist die Zielrichtung der Bundesregierung sehr deutlich erkennbar. Die Novelle zum Passgesetz hat nämlich zum Ziel, dass eine Erleichterung für den Bürger und gleichzeitig eine Modernisierung, ein effizienteres Behördenverfahren stattfinden können. Ich bringe Ihnen dafür ein Beispiel: Mit der Festlegung der Gemeinden als Einbringungs- und als Ausfolgungsbehörde wird sicherlich diesen Zielen Rechnung getragen. Die Beibringung von Urkunden wird einfacher. All das geht aus dieser Novelle hervor.

Meine Damen und Herren! Auch eine Bemerkung betreffend die Bundesländer: Es haben ursprünglich von Seiten verschiedener Bundesländern einige Bedenken vorgeherrscht. Diese


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hatten ihre Begründung in der Kostenfrage. Diesbezüglich muss man korrekterweise zur Kenntnis nehmen, dass von Seiten des Ministeriums die ursprüngliche Regierungsvorlage geändert wurde, da sich das Innenministerium in der Kostenfrage geirrt hat.

In Summe ist die vorliegende Novelle durchaus in Ordnung, sie entspricht den Intentionen der Länder, und ich meine, sie ist der richtige Schritt in die richtige Richtung, nämlich ein Schritt zu mehr Flexibilisierung, zu einem schnelleren Behördenverfahren und vor allem ein Schritt näher hin zum Bürger, zu einem schnelleren Erreichen der Bürgeranliegen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.07

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu einer zweiten Wortmeldung hat sich Herr Bundesrat Ludwig Bieringer zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

15.07

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte für die ÖVP-Fraktion Folgendes ausdrücklich festhalten: Wir werden uns dem Entschließungsantrag der Sozialdemokratischen Partei Österreichs nicht anschließen, weil erstens Herr Bundesminister Dr. Strasser keinen Auftrag braucht, um bürgernahe Politik zu betreiben (Beifall bei der ÖVP – Oh-Rufe bei der SPÖ), weil zweitens Herr Bundesminister Dr. Strasser im Unterschied zu allen seinen Vorgängern sehr wohl weiß, welche Verantwortung er als Innenminister trägt (neuerlicher Beifall bei der ÖVP), und weil drittens Herrn Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser die innere Sicherheit Österreichs ein Herzensanliegen ist. – Daher brauchen wir ihn nicht damit zu beauftragen, und wir werden Ihren Gefälligkeitsantrag nicht unterstützen! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

15.08

Vizepräsident Jürgen Weiss: Es liegt noch eine Wortmeldung des Herrn Professor Albrecht Konecny vor. Ich erteile ihm das Wort.

15.08

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Ich habe nicht die Absicht, noch einmal inhaltlich diese Debatte aufzurollen. Ich möchte nur ersuchen, die Abstimmung namentlich vorzunehmen. (Beifall bei der SPÖ.) Da es mir im Entscheidungsprozess, der relativ spontan war, nicht möglich war, den schriftlichen Antrag mit den Unterschriften technisch herzustellen, darf ich den Herrn Präsidenten bitten, die Unterstützungsfrage zu stellen.

15.09

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Ich frage, wer diesem Verlangen auf namentliche Abstimmung beitritt? – Das ist die ausreichende Zahl. Erforderlich sind fünf.

Wir werden daher so vorgehen und die Abstimmung namentlich durchführen.

Liegen weitere Wortmeldungen vor? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Passgesetz 1992, das Tilgungsgesetz 1972 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden (Passgesetz-Novelle 2001).


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2001 betreffend einen Vertrag zwischen der Republik Österreich, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Sicherheits- und Zollbehörden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Prof. Konecny und Genossen auf Fassung einer Entschließung betreffend Schließung von Gendarmerieposten vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag namentlich abstimmen und ersuche die Schriftführung um den Namensaufruf.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Giesinger geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten mit "Ja" oder "Nein" bekannt.)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Die Stimmabgabe ist beendet. Wir werden sogleich die Auszählung vornehmen.

Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt:

Für den Antrag mit "Ja" haben 23 Mitglieder des Bundesrates gestimmt; gegen den Antrag mit "Nein" haben 31 Mitglieder des Bundesrates gestimmt. – Der Antrag ist somit abgelehnt.

*****

Mit "Ja " stimmten die Bundesräte:

Auer;

Bachner, Binna, Boden;

Freiberger;

Gasteiger, Gruber Manfred, Gstöttner;

Hagen, Haselbach, Haunschmid, Mag. Hoscher;

Kaltenbacher, Konecny, Kraml;

Marizzi;

Schicker, Schlaffer, Schöls;

Thumpser, Mag. Trunk;

Winter, Würschl.

Mit "Nein" stimmten die Bundesräte:

Aburumieh, Ager, Dr. Aspöck;


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Bieringer, Dr. Böhm, Buchinger;

Dr. d'Aron;

Fasching;

Giesinger, Grander, Ing. Grasberger, Grissemann, Mag. Gudenus;

Hensler, Mag. Himmer, Höllerer, Hösele;

Ing. Klamt, Kneifel, Köberl;

Ledolter, Dr. Liechtenstein;

Dr. Maier, Dipl.-Ing. Missethon;

Mag. Neuner;

Ing. Polleruhs, Pühringer;

Saller, Steinbichler, Mag. Strugl;

Weilharter.

*****

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich unterbreche nun die Sitzung bis 16 Uhr, bis zum Aufruf der Beantwortung der dringlichen Anfrage.

(Die Sitzung wird um 15.18 Uhr unterbrochen und um 16 Uhr wieder aufgenommen. )

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Dringliche Anfragen

der Bundesräte Albrecht Konecny und GenossInnen an den Bundeskanzler betreffend den Regierungsbeauftragten für EU-Erweiterungsfragen (1800/J-BR/01)

der Bundesräte Albrecht Konecny und GenossInnen an die Frau Vizekanzlerin betreffend den Regierungsbeauftragten für EU-Erweiterungsfragen (1804/J-BR/01)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zur Verhandlung über die Dringlichen Anfragen der Bundesräte Albrecht Konecny und GenossInnen an den Herrn Bundeskanzler sowie an die Frau Vizekanzlerin.

Da diese Anfragen inzwischen allen Bundesräten zugegangen sind, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile nun Herrn Bundesrat Albrecht Konecny als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. – Bitte.

16.00

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Ich gehe davon aus, dass wir uns in diesem Haus darüber einig sind – aber ich lasse mich auch darüber belehren, wenn das nicht der Fall sein sollte –, dass die Erweiterung der Europäischen Union eines der großen politischen und ökonomischen Projekte der nächsten Jahrzehnte ist. Ich formuliere das nicht aus Gründen der Gestelztheit so, sondern weil ich davon überzeugt bin, dass das tatsächlich ein Projekt ist, das die europäischen Staaten und damit auch Österreich nicht nur seit mehr als einem Jahrzehnt beschäftigt, sondern auch noch viele Jahrzehnte beschäftigen wird.


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Die Erweiterung der Europäischen Union ist – sosehr wir mit Recht im Detail um notwendige Maßnahmen innerstaatlicher Art, um notwendige Bedingungen an die Adressen der Beitrittswerber und um notwendige Übergangsbestimmungen ringen – eine Diskussion, die nicht primär heute zu führen ist, ist aber jedenfalls ein Projekt, das bei der tatsächlichen Wiedervereinigung dieses Kontinents eine zentrale Rolle einnimmt.

Ich habe es für wichtig gehalten, dass sich diese Bundesregierung – wie immer man über ihr Zustandekommen oder über ihre Politik denkt – in ihrer Regierungserklärung mühsam, aber doch (Bundesrat Dr. d′Aron: Wieso mühsam?) auf ein Ja zur österreichischen Teilnahme an diesem großen Prozess verpflichtet hat. Ich verhehle nicht, dass wir die Nominierung von Dr. Erhard Busek als Regierungsbeauftragtem für Fragen der EU-Erweiterung, als sie im Ministerrat am 17. März 2000 beschlossen wurde, nicht nur mit großem Interesse, sondern mit großer Sympathie zur Kenntnis genommen haben. (Bundesrat Marizzi: Richtig!) Auch Erhard Busek ist in vielen Jahren ein politischer Konkurrent gewesen – keine Frage. Auch Erhard Busek hat Standpunkte vertreten, die wir Sozialdemokraten leidenschaftlich abgelehnt haben – keine Frage. (Bundesrat Dr. Nittmann: Aber nicht das Absingen der Internationale!)  –Ich wollte das gerade sagen.

Herr Dr. Busek ist zweifellos jemand, der die Länder, die sich jetzt um die Mitgliedschaft in der Europäischen Union bewerben, kennt, der die führenden politischen Vertreter dieser Länder kennt und der daher für diese Aufgabe höchst qualifiziert ist, und zwar nicht durch die Textsicherheit bei drei Strophen der Internationale (Bundesrat Dr. Nittmann: Aber auch, Herr Professor! Aber auch!), wobei auch manche meiner Parteifreunde bei der dritten Strophe gewisse Probleme hätten. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege! Auf diese Zwischenrufe habe ich gewartet. Die dritte Strophe hat eine große Bedeutung für die aktuelle politische Diskussion. Sie lautet nämlich: In Stadt und Land ... (Bundesrat Dr. Nittmann: Vorsingen!)  – Das erspare ich Ihnen. Sie lautet: In Stadt und Land, ihr Arbeitsleute, wir sind die stärkste der Parteien. (Beifall bei der SPÖ.) – Das erscheint mir eine sehr wesentliche politische Aussage, wenn das von jemandem gekannt wird.

Meine Damen und Herren! Jener Herr Dr. Busek, der von seiner Beschäftigung mit diesem Raum und seiner politischen Entwicklung her, und zwar schon vor dem Zusammenbruch der kommunistischen Herrschaft, in höchstem Maße dazu prädestiniert war, hat seine Tätigkeit unter sehr ungünstigen Bedingungen, wie sich allerdings herausstellte, aufnehmen müssen.

Ich bin natürlich nicht in die Geheimnisse dieser Regierungspolitik eingeweiht (Bundesrat Bieringer: Gott sei Dank! – Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Wir werden Sie einbeziehen!), denn dann könnte ich mir auch dringliche Anfragen ersparen. Sie werden für die entsprechende Klarstellung sorgen. Es ist das Wesen von Geheimnissen (Bundesrat Dr. Nittmann: Was ist das Wesen von Geheimnissen?), dass sie dann in dringlichen Anfragen zu beantworten sind. (Bundesrat Dr. Nittmann: Dass man sie nicht kennt!) – Herr Kollege! Das ist das Wesen der parlamentarischen Demokratie.

Jedenfalls wurde bereits im Sommer des Jahres 2000 in einer für eine Koalition ziemlich beispiellosen Art und Weise, auch der Formulierungen – aber dafür ist Herr Westenthaler bekannt (Rufe bei der SPÖ. Ingenieur!)  –, die Legitimation des Herrn Dr. Busek in Frage gestellt. Er sagte, Busek ist für uns gestorben – was immer das politisch heißen soll. Er macht mir einen durchaus lebendigen Eindruck. Westenthaler sagte weiters: Wir wollen einen neuen Regierungsbeauftragten. Sollte die ÖVP an Busek festhalten, dann werden wir – nämlich die FPÖ – einen eigenen bestellen.

Befragt, ob die Frau Vizekanzlerin diese seine Forderung teile, sagte damals, am 25. August des Vorjahres, Herr Westenthaler: Sie können davon ausgehen, dass diese Position in der FPÖ-Spitze abgestimmt ist.

Oder: Das Einzige, mit dem Herr Busek bisher aufgefallen ist, waren Diffamierungen und Beschimpfungen der Freiheitlichen Partei. Er führt sich auf wie ein Relikt aus der alten SPÖ/ÖVP-Koalition. – Zitatende. (Rufe bei der SPÖ: Oh! Oh!)


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Westenthaler hat ihn auch aufgefordert zurückzutreten, wenn er noch einen Funken Anstand habe. Er hat ihn als "eklatanten Störfaktor der Regierung" bezeichnet. Er hat, was immer das im Zusammenhang mit einem Regierungsbeauftragten für ein Wortbild ist, festgestellt: Der Ofen – nicht Busek – ist aus. Wenn er bleibt, dann bleibt er. Es interessiert uns aber dann nicht mehr, wessen Auftrag er hat. Busek kann bestenfalls noch Beauftragter der ÖVP sein.

Jetzt kommen wir der Neuzeit näher. Nach einem relativ ruhigen Herbst, weil die Koalition mit anderen Dingen, nämlich mit der Vorbereitung von Wahlniederlagen und dem nachfolgenden Lecken der Wunden sowie der Entdeckung der herzlosen Politik und ähnlichen wichtigen Dingen beschäftigt war (Heiterkeit bei der SPÖ – Bundesrat Marizzi: Speed kills!), hat es dann eine neue Auseinandersetzung gegeben, und zwar als sich Herr Dr. Busek aufmachte, um in Paris in Ausübung seiner Funktion tätig zu werden. (Bundesrat Marizzi: "Gefährlich"!)

Herr Westenthaler, der es ganz genau wissen muss, hat gemeint, man müsse hoffen, dass der Besuch Buseks in Paris für Österreich nicht zum Nachteil gerät – bitte aufpassen! –, da immer dann, wenn linke Politiker – also der bekannt linksextreme, durch Kenntnis der Internationale ausgezeichnete Dr. Erhard Busek – nach Frankreich reisen, Österreich nicht gut aussteigt. (Bundesrat Dr. Nittmann: Internationale absingen!)

Es hat dann weiter besagter Herr Folgendes formuliert: Herr Busek ist nicht mehr Regierungsbeauftragter – obwohl zumindest der österreichischen Öffentlichkeit ein gegenteiliger Regierungsbeschluss nicht bekannt ist –, sondern maximal Beauftragter der Frau Außenministerin. Er kann daher auch nicht für die gesamte Regierung eine Auslandsreise nach Paris oder wohin auch immer antreten. – Zitatende.

Nun ja: Da gibt es jemanden, der durch Beschluss der Bundesregierung zu etwas bestellt wird. Dann gibt es jemanden – im Zeitungsgewerbe nennt man das, was der Herr Westenthaler tut, Stehsatz –, der bei jeder sich bietenden Gelegenheit aus dem Stehsatz auftaucht und den Satz "Busek böse" in jeweils anderen verbalen Variationen abhandelt.

Ich glaube, dass die Österreicherinnen und Österreicher, aber vor allem auch unsere Partnerstaaten, ein Recht darauf haben zu erfahren, wer Herr Dr. Busek eigentlich ist: der Referent für die Kenntnis der Internationale, der Regierungsbeauftragte für die Osterweiterung, der Regierungsbeauftragte maximal der Frau Außenministerin – was immer das für eine Wertung sein soll – oder nur der ÖVP oder doch der ganzen Regierung?

Ich glaube, dass das ein guter Grund ist, die beiden Protagonisten dieser Diskussion zu einer klaren Stellungnahme aufzufordern. Wir haben im Vorfeld komplikationslos geschäftsordnungsmäßigen – Wünsche wären nicht zu äußern gewesen – Bedenken Rechnung getragen. Es geht uns nämlich um die Sache, allerdings um eine sehr wichtige Sache und nicht darum, an einer Formulierung zu kleben. Aber es ist mir wichtig, vom Herrn Staatssekretär, der den Herrn Bundeskanzler vertritt, zu erfahren, ob dieser Regierungsbeschluss tatsächlich in Geltung steht. (Bundesrat Marizzi: Ist er es, oder ist er es nicht?) Ich würde auch gerne von der Frau Vizekanzlerin, die an dieser Beschlussfassung mitgewirkt hat, erfahren, wie das aus ihrer Sicht aussieht.

Es kann nicht gleichzeitig Tag und Nacht sein, man kann nicht gleichzeitig ein Mandl und ein Weibl sein, und man kann nicht gleichzeitig Regierungsbeauftragter oder es nicht sein. (Bundesrat Dr. Nittmann: Durchaus!) Man kann jedenfalls nicht Regierungsbeauftragter und Nichtregierungsbeauftragter gleichzeitig sein; wenn man das versucht, dann sei es entweder in dieser Frage die österreichische Außenpolitik, die Bundesregierung – was nicht wirklich ein Jammer wäre – oder aber Herr Dr. Busek.

Ich glaube, dass in dieser und in vielen anderen Fragen die Bundesregierung gut beraten wäre, klare Verhältnisse herzustellen. Man kann auch nicht gleichzeitig 24 oder 30 Monate Kündigungsschutz in der Karenzzeit haben. Man kann nicht gleichzeitig das eine und das Gegenteil davon tun, aber man kann natürlich mit verschiedenen Stimmen in der Öffentlichkeit diskutieren und versuchen, zu einem Ergebnis zu kommen. Am Diskutieren besteht wenig Mangel – außer es geht um solch "herzvolle" Dinge wie die Besteuerung der Unfallrenten oder solch "herzvolle"


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Dinge wie die Ambulanzgebühren –, an den Ergebnissen dieser Diskussion mangelt es derzeit. Das ist der Hauptgrund dafür, dass sich in der österreichischen Bevölkerung ein zunehmendes Maß an Unsicherheit breit macht.

Ich füge noch eines hinzu: Zu dieser Unsicherheit trägt auch bei, dass dieses an sich sehr dissonante Orchester auch des Dirigenten ermangelt. Es ist beim Neujahrskonzert der Wiener Phil-harmoniker eine alte Streitfrage, ob man den Kerl mit dem Taktstock braucht oder ob es genügt, dass einer auf der Geige mit vorspielt. Darüber wurde viele Jahrzehnte lang mit unterschiedlichen Betonungen und unterschiedlichen Resultaten diskutiert. In Bezug auf eine Bundesregierung gehe ich davon aus, dass ein Dirigent erforderlich wäre. Das wäre dem harmonischen Wirken zuträglich. Dieser Dirigent glänzt aber, sowohl in der Öffentlichkeit wie im Bundesrat, regelmäßig dann mit Absenz, wenn klare Worte gefragt sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Problem der Bundesregierung ist auch ein Problem Schüssel, der wahrscheinlich erkannt hat – ich schätze ihn in mancher Hinsicht doch, nämlich als einen sehr intelligenten Menschen –, dass man nicht das eine und gleichzeitig das Gegenteil davon behaupten kann; aber das genau wäre von einem Bundeskanzler, der versucht, diese Regierung zusammenzuhalten, auch pausenlos verlangt. Daher verschweigt sich der Herr Bundeskanzler, um die Bruchlinien dieser Regierung nicht allzu deutlich werden zu lassen. Ich nehme an, dass der Herr Staatssekretär eine Antwort vorträgt, die mit dem Herrn Bundeskanzler abgestimmt ist. Ich bin daher sehr gespannt, ob wir hier das hören werden, was von Seiten des Bundeskanzlers nicht öffentlich gesagt wurde, aber durch konkludente Handlungen irgendwie erkennbar wurde, oder ob wir eine neuerliche "Verschmierungstherapie" geliefert bekommen.

Wir sind der Meinung, dass die Regierung – was in ihrer Personalpolitik selten der Fall ist – einmal einen guten Griff gemacht hat, und wir würden es im Interesse dieses Landes und seiner Stellung im europäischen Einigungsprozess sehr bedauern, wenn es zu einer Demontage käme. Noch mehr allerdings würden wir es bedauern, wenn dieser Zustand der Verunsicherung und der Unklarheit wie auf vielen anderen Gebieten auch auf diesem Gebiet weiter andauern würde. Wir sehen daher mit Interesse und Spannung den beiden Antworten entgegen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.16

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zur Beantwortung der an den Herrn Bundeskanzler gerichteten Anfrage erteile ich in dessen Vertretung Herrn Staatssekretär Franz Morak das Wort. – Bitte.

16.16

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Der Umstand, dass ich heute an der Seite der Frau Vizekanzlerin den Herrn Bundeskanzler vertreten darf, ist darauf zurückzuführen, dass dieser heute bei einem Erweiterungssymposium in Graz zusammen mit Ministerpräsidenten Drnovšek und zusammen mit dem Regierungsbeauftragten Busek tätig ist – das möchte ich nur vorneweg sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Marizzi: Weiß das Herr Westenthaler? Herr Westenthaler weiß das nicht!? – Bundesrat Konecny: Der hat ihm eine offizielle Entschuldigung mitgegeben!)

Ich sollte an dieser Konferenz ebenfalls teilnehmen und über Kulturfragen, die im Zusammenhang mit der Ostererweiterung beziehungsweise mit den MOEL-Staaten stehen, referieren, habe es aber vorgezogen – wie es üblich ist –, hier vor diesem Gremium zu erscheinen. Ich danke Ihnen, dass Sie mir die Gelegenheit geben, Ihre Anfragen zu beantworten.

Ich möchte allerdings schon sagen, dass es sehr bedauerlich ist, dass wichtige Fragen der Erweiterung der Union um die Nachbarstaaten Österreichs und um weitere Länder von manchen nicht als Chance und große Herausforderung begriffen werden, sondern zum Wechsel kleiner politischer Münzen gebraucht werden. Diese Ebene der Behandlung hat sich dieses Thema, wie ich meine und wie wir meinen, nicht verdient.

Die Bundesregierung begreift die Erweiterung jedenfalls als historische Möglichkeit, die künstliche Trennung Europas durch den Eisernen Vorhang endgültig zu überwinden und Europa wie


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der zur Normalität zurückzuführen. Diese Möglichkeit haben wir in Nizza geschaffen, indem wir die EU erweiterungsfähig gemacht haben. Gleichzeitig hat Österreich in enger Abstimmung und gemeinsam mit Deutschland, da wir beide von allen EU-Ländern auf Grund der langen Grenze zu den Beitrittskandidaten am direktesten betroffen sind, beim Gipfel in Stockholm im vergangenen Monat eine Lösung für den besonders sensiblen Bereich des Arbeitsmarktes durchgesetzt, die inzwischen auch von der Europäischen Kommission aufgegriffen worden ist. Es wird eine fünfjährige Übergangsfrist für den Arbeitsmarktbereich geben; dieser Beschluss kann nur einstimmig, also auch nur mit der Stimme Österreichs, vor Ablauf dieser Frist geändert werden. Darüber hinaus kann jedes Mitgliedsland eine Verlängerung der Frist um weitere zwei Jahre verlangen.

Wir sehen die richtig gemachte Erweiterung der Union um unsere Nachbarstaaten nicht nur als historische Chance und als Verpflichtung an, sondern auch als große wirtschaftliche Möglichkeit für unser Land, die Spitzenposition als wohlhabendes und erfolgreiches Land weiter auszubauen. Österreich hat wie kein anderes Land der EU vom Fall des Eisernen Vorhangs profitiert. 15 000 Österreicherinnen und Österreicher haben Arbeitsplätze und ein gesichertes Einkommen, die direkt vom Export dieser Länder abhängen.

Seit der Ostöffnung ist die Zahl der unselbständig Beschäftigten in Österreich durch diese Öffnung um 57 000 gestiegen. 14 600 Unternehmen in diesen Ländern stehen unter österreichischer Beteiligung oder unter österreichischem Einfluss. In diesen Ländern ist Österreich ein wichtiger Investor. Gleichzeitig steigt aber gerade durch diese Firmenverflechtungen auch die Beschäftigung in Österreich weiter an.

Die Regierung ist sich in der Frage der Osterweiterung der Union durchaus einig. Viel auffallender hingegen sind die Divergenzen zwischen Teilen der Sozialdemokratischen Partei; eine Klärung im Hinblick auf eine Erweiterung und das Ansehen Österreichs in Europa wäre durchaus dienlich.

Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, in Beantwortung Ihrer Fragen wie folgt Stellung zu nehmen:

Zu Frage 1:

Dr. Erhard Busek wurde am 14. März 2000 von der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf Grund einer entsprechenden Ermächtigung der Bundesregierung zum Beauftragten für Fragen im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung bestellt. Dr. Erhard Busek berät das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung insbesondere bei der innerösterreichischen Verhandlung und Formulierung von Verhandlungsrichtlinien und -positionen und informiert das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten über Anliegen und Haltungen der Beitrittskandidaten.

Zu den Fragen 2 und 3:

Aufgabe von Erhard Busek ist es insbesondere, in enger Zusammenarbeit und Koordination mit dem verhandlungsführenden Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten durch Kontakte den Beitrittskandidaten die österreichischen Positionen nahe zu bringen und verständlich zu machen, in den Medien, in der Öffentlichkeit der Beitrittskandidaten diese Positionen durch Vorträge, Interviews, Pressekonferenzen und so weiter darzulegen und zu erläutern, das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten über Anliegen und Haltungen der Beitrittskandidaten im Zusammenhang mit der Erweiterung zu informieren. Diese Aufgaben nimmt Dr. Busek wahr.

Zu Frage 4:

Diese Frage stellt keinen Gegenstand der Vollziehung dar.

Zu Frage 5:

Ich sehe in der Frage der Erweiterung keinen Konflikt zwischen den Regierungsparteien. Im Gegenteil: Die gemeinsamen Positionen zum Gipfel von Nizza, bei dem die EU erweiterungsfähig gemacht wurde, sowie die schon eingangs erwähnten Erfolge bei den Übergangsregelungen


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beim Arbeitsmarkt sind erfolgreich durchgesetzte Regierungspositionen im Interesse Österreichs. Beide Koalitionsparteien stehen auf Basis des Regierungsprogramms, in dem diese Ziele festgelegt wurden. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.22

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zur Beantwortung der an sie gerichteten Anfrage erteile ich Frau Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer das Wort. – Bitte.

16.23

Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer: Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Anfragesteller, Herr Bundesrat Konecny, hat gesagt, er sieht der Beantwortung dieser Anfrage – wenn ich Sie richtig zitiere – mit Interesse und Spannung entgegen. Ich habe auch Ihrer Anfrage mit Interesse und Spannung entgegengesehen und bin eigentlich ein bisschen darüber enttäuscht, dass dieses für dieses Land, für Österreich und seine Menschen so existenzwichtige Thema der Osterweiterung für Sie nichts weiter ist als die Reduktion auf eine Personalfrage. Ich sage Ihnen, für mich ist die Frage der Osterweiterung, der Rahmenbedingungen für die Beitrittskandidatenstaaten, aber auch für Österreich eine, die die Menschen in Österreich und die Menschen in Europa in umfassender Weise berührt.

Ich hätte mir daher gewünscht, dass Sie sich für lediglich jene Fragen interessieren, die auch die Menschen bewegen: die Fragen des Arbeitsmarktes, der Freizügigkeit, der Transitproblematik, der Atomsicherheit, der Atomenergie, der Erhaltung der Sozial- und Umweltstandards und so weiter. All das wären Fragen gewesen, die mir und, so glaube ich, auch den Menschen in Österreich und darüber hinaus besonders wichtig sind, und, mit Verlaub gesagt – ohne jemandem nahe treten zu wollen –, diese Fragen wären für mich sehr viel wichtiger als die Person Erhard Busek. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich nehme aber gerne die Gelegenheit dieser dringlichen Anfrage wahr, um darauf hinzuweisen, dass sich die Bundesregierung im Gegensatz zu Ihnen sehr intensiv mit genau diesen Fragen auseinander setzt und dass wir im Zuge dessen jetzt auch auf Regierungsebene – ich gemeinsam mit der Frau Außenministerin – eine Informations-Plattform, die "Österreich-Plattform", geschaffen haben, um den Menschen in Österreich, den Bürgerinnen und Bürgern, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, den Unternehmerinnen und Unternehmern, den Seniorenvertretern, den Jugendvertretern, aber auch allen anderen gesellschaftlichen Kräften dieses Landes die Möglichkeit zu geben, im Rahmen einer umfassenden Informations-Plattform über Chancen und Risiken dieser Osterweiterung zu diskutieren. Das ist keine Werbekampagne, sondern das ist eine Informationsinitiative, die allen Gruppen der Bevölkerung ermöglichen soll, ihre Fragen, ihre Ängste und ihre Sorgen dort zu thematisieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es ist eine weitreichende Entscheidung, die wir mit der Osterweiterung zu treffen haben, die von der Bevölkerung mitgetragen werden soll und muss, weil sie auch eine ist, die die Menschen unmittelbar in ihren Lebensinteressen berührt. Wir wollen in diesen Fragen nicht über die Menschen drüberfahren, sondern wir wollen sie durch Information, durch Dialog und Diskussion mit einbinden und alle jene Fragen, die zu entscheiden sind – zum Beispiel im Zusammenhang mit der Freizügigkeit, der Atomenergie, der Gemeinsamen Agrarpolitik, einem derzeit dramatisch aktuellen Thema, der Lebensmittelsicherheit, dem Verkehr, der Umweltpolitik und vielen anderen Fragen, die die Menschen unmittelbar berühren –, in diesem Zusammenhang auch diskutieren. Wir wollen Sorgen, Ängste und Bedenken nicht als "EU-feindlich" vom Tisch wi-schen, sondern sie ernst nehmen und auch entsprechend offen beantworten und in unsere Überlegungen und Entscheidungen mit einbeziehen.

Die landesweite Diskussion in Österreich über die Osterweiterung ist auch deshalb besonders wichtig, weil Österreich auf Grund seiner geographischen Lage mehr als jedes andere Mitgliedsland der Europäischen Union von dieser Osterweiterung und ihren Konsequenzen betroffen sein wird. Österreich hat nicht nur eine sehr lange Grenze zu den Kandidatenstaaten – denn zirka die Hälfte des österreichischen Staatsgebietes liegt an der Grenze zu Staaten, die Beitrittskandidaten für die Osterweiterung sind –, sondern es geht uns auch darum, einen fairen Interessenaus


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gleich zwischen den Mitgliedstaaten der Union, so wie sie jetzt sind, und den Kandidaten in den Verhandlungen zu erreichen.

Zur Beantwortung Ihrer Anfrage: Herr Anfragesteller! Ich könnte es mir jetzt sehr leicht machen und die erste Frage – diese lautet, um es noch einmal zu wiederholen: "Haben Sie dem Beschluss des Ministerrates vom 17. März 2000 ..." – und so weiter – "zugestimmt?" – ganz einfach wie folgt beantworten: Es hat keinen Ministerrat am 17. März gegeben. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Aber, Herr Kollege Konecny, das ist auch nicht das erste Mal. Wir kennen das von Anträgen und Anfragen Ihrer Fraktion hier in diesem Haus, aber auch im Nationalrat, dass man sich irrt (Oh-Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP), dass man statt einer Steuersenkung eine Steuererhöhung verlangt oder dass Sie mich nach meinem Abstimmungsverhalten in einer Sitzung des Ministerrates fragen, die es gar nicht gegeben hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Gruber: Das Datum war nicht die Frage, Frau Vizekanzlerin!)

Ich empfehle Ihnen, solche Anfragen künftig ein bisschen gründlicher vorzubereiten. (Bundesrat Gruber: Bereiten Sie die Gesetze besser vor, damit sie nicht vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden! Damit Sie nicht so weitermachen wie bei der Ambulanzgebühr und sie noch einmal machen müssen!) Ich beantworte die Frage aber trotzdem. Ich bin gerne bereit, die Anfrage, obwohl sie falsch gestellt ist, richtig zu beantworten.

Die richtige Antwort lautet – der Herr Staatssekretär hat das schon gesagt –, dass Erhard Busek am 7. März 2000 von der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf Grund einer entsprechenden Ermächtigung der Bundesregierung zum Beauftragten für Fragen im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung bestellt wurde und im Auftrag der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten und in dem Umfang der Ermächtigung, die sie ihm in diesen Aufgaben gibt, auch der Frau Bundesministerin berichtet und in Koordination mit ihr auch entsprechende Angelegenheiten für das Außenministerium wahrnimmt. (Bundesrat Würschl: Haben Sie Herrn Haider gefragt?)

Zu den Fragen 2 und 3:

Die Frage 2: "Ist Ihrer Auffassung nach Erhard Busek auf Grund des Beschlusses des Ministerrates vom 17. März 2000 legitimiert ..." und so weiter, muss ich leider wieder so beantworten, dass er auf Grund dieses Beschlusses zu gar nichts legitimiert sein kann (Bundesrat Konecny: Aber auf Grund der Ermächtigung!), denn den Ministerrat am 17. März hat es leider überhaupt nicht gegeben. Aber ich sage auch hier noch einmal, dass die Legitimation seiner Aufgabenerfüllung von dem Auftrag abhängt, den ihm die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten als das zuständige Regierungsmitglied erteilt. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Zu Frage 3:

"Sind Sie der Auffassung, dass die bisherige Tätigkeit Erhard Buseks als Regierungsbeauftragter für die EU-Erweiterung aus Ihrer Sicht erfolgreich war?" – Der Herr Staatssekretär hat schon gesagt, es handelt sich hier um keinen Gegenstand der Vollziehung, und ich würde sehr dafür appellieren, dass man dringliche Anfragen so stellt, dass ein Regierungsmitglied sie auch beantworten kann. Alles andere ist eine Frage der persönlichen Einschätzung. Wenn Sie wissen möchten, ob die zuständige Ressortministerin, nämlich die Frau Außenministerin, mit der Arbeit von Erhard Busek zufrieden ist, würde ich vorschlagen, Sie fragen Sie am besten selbst. Sie wird Ihnen sicher auch gerne eine Antwort geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Frage 4, nämlich ob ich die Ansicht der Frau Außenministerin teile, betrifft ebenfalls keinen Gegenstand der Vollziehung. Aber ich sage trotzdem gerne etwas zu dieser Frage, weil nämlich die öffentliche Diskussion über die Osterweiterung – der Herr Staatssekretär hat das eingangs bei seiner Anfragebeantwortung schon gesagt – nur dann für dieses Land Früchte tragen wird, wenn wir dieses Thema auch ernst nehmen und damit keine Scherze treiben, Herr Kollege Konecny, und nicht dringliche Anfragen stellen, die am Kern der Sache völlig vorbeigehen. (Bundesrätin Fuchs: Das haben Sie aber völlig missverstanden!)


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Die Diskussion wird dann Früchte tragen, wenn die Osterweiterung optimal vorbereitet wird und alle Ängste und Sorgen der Bevölkerung ernst genommen werden und politisch entsprechend beantwortet werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Dr. Nittmann: Bravo!)

Zur Frage 5, die gelautet hat, ob ich der Auffassung bin, dass der über die Medien geführte Konflikt zwischen den Regierungsparteien die Glaubwürdigkeit Österreichs in der Frage der Erweiterung stärkt.

Ich kann mich an überhaupt keinen Konflikt in der Frage der Erweiterung zwischen den Regierungsparteien erinnern, sondern, ganz im Gegenteil, an das gemeinsame Bekenntnis beider Koalitionsparteien im Regierungsprogramm, alle Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Erweiterung sorgfältig und gründlich vorbereitet wird. So ist es auch im Regierungsübereinkommen festgelegt. Auf Basis dieses gemeinsamen Regierungsprogramms verfolgen wir auch gemeinsam tatkräftig dieses Ziel, das zum einen beinhaltet, dass es Kriterien für die Erweiterung geben muss, das heißt, dass die vom Europäischen Rat in Kopenhagen festgelegten Beitrittskriterien von allen Beitrittskandidaten zu erfüllen sind, dass auch der Acquis Communautaire umzusetzen ist, und zum anderen, dass in Bezug auf die beträchtlichen Einkommensunterschiede zwischen Österreich und den Beitrittskandidaten Übergangsregelungen bei den Kapiteln Personenfreizügigkeit und Dienstleistungsverkehr zur Sicherung der Stabilität des österreichischen Arbeitsmarktes dringend notwendig sind. Ich hätte mir sehr gewünscht – das wäre Ihnen auch gut angestanden, gerade der Sozialdemokratischen Partei –, dass Sie auch dieses Thema besonders aktualisieren, denn das ist das wichtigste Thema – das wichtigste Thema! – für Österreich. – Ihnen ist es nicht so wichtig, Ihnen ist Herr Busek wichtiger. Mir ist die Frage der Sicherung des österreichischen Arbeitsmarktes wichtiger. Aber so hat eben jeder seine besonderen Schwerpunkte. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Gruber: Wir brauchen keine Belehrungen, Frau Vizekanzlerin! Wir wissen, was wir von Ihnen hören wollen! Wir brauchen keine Belehrungen!)

Mir und der ganzen Bundesregierung ist es wichtig, sicherzustellen ... (Bundesrat Gruber: Wir brauchen keine Belehrungen!) Es tut mir Leid (Bundesrat Gruber: Das können Sie im Nationalrat machen!), aber ich sage nur, worin Ihre Prioritäten liegen. Ich habe nur festgestellt, dass Ihnen Herr Busek wichtiger ist als die Sicherung des österreichischen Arbeitsmarktes. Mir nicht! Mir ist die Sicherung des österreichischen Arbeitsmarktes wichtig! Deshalb ist es auch notwendig, dass es lange Übergangsfristen gibt – mindestens sieben Jahre für Österreich und auch für Deutschland. Wir sind auch mit der deutschen Bundesregierung – im Übrigen einer sozialdemokratischen Bundesregierung, die sich offensichtlich auf wesentlichere Dinge konzentriert als ihre sozialdemokratischen Nachbarn in Österreich (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP) – darin einig, dass es lange Übergangsfristen geben muss (Bundesrätin Schicker: Das war ja nicht die Fragestellung, Frau Vizekanzlerin!), um sicherzustellen, dass es zu keinem Lohndumping auf dem österreichischen Arbeitsmarkt kommt, dass wir den österreichischen Arbeitsmarkt nicht gefährden, indem wir die Grenzen unkontrolliert öffnen. Wir sind auf einem guten Weg, auch dank der Frau Außenministerin und ihrer Verhandlungen, dieses Ziel auch zu erreichen.

Besonders wichtig ist uns auch, dass die europäischen Sozial- und Umweltstandards auch von den neuen Mitgliedstaaten geachtet werden. Hier darf es keine faulen Kompromisse geben, kein Umwelt-Dumping, keinen "Mülltourismus". (Bundesrat Dr. Nittmann: Bravo!) Das sind Fragen, die uns im Zusammenhang mit der Osterweiterung wichtig sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Das Grenzregionen-Programm für besonders betroffene Regionen und Branchen, insbesondere für die Klein- und Mittelbetriebe und die Landwirtschaft, muss zielgerichtet zum Einsatz kommen und ist ein besonders wichtiges Anliegen für Österreich. Auch hier sind wir in den Gesprächen mit der Europäischen Union, so glaube ich, auf einem guten Weg, die notwendigen Voraussetzungen zu erzielen.

Was die Frage der Wahrung der fairen Wettbewerbsbedingungen betrifft, wird der völlig freie Verkehr mit Agrarwaren ein ganz wichtiges Thema sein ebenso wie die Sicherstellung, dass die


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österreichischen Agrarbetriebe nicht unter die Räder kommen, indem es zu entsprechenden Öffnungen kommt. Wir wollen vielmehr, dass die entsprechend hohen Standards zur Sicherung der Gesundheit von Pflanzen und Nutztieren (Bundesrat Marizzi: Richtig!) sowie zum Schutz der Umwelt in diesen Ländern auch wirksam und vollständig umgesetzt werden. (Bundesrat Marizzi: Sehr richtig!)

Ich würde mir auch wünschen, dass man jetzt einmal anerkennt, dass das, was wir seit vielen Jahren als Fehlentwicklungen in der gemeinsamen Agrarpolitik bezeichnet haben und was dazu geführt hat, dass durch Massentierhaltung, durch Massenproduktion in diesem Bereich (Ruf bei der SPÖ: Da ist sicher die SPÖ schuld!) die Lebensmittelsicherheit und Nahrungsmittelsicherheit und damit auch die Gesundheit und das Leben der Bürger in Europa nachhaltig gefährdet sind (Bundesrätin Schicker: Das müssen Sie Ihrem Koalitionspartner sagen! Für Massentierhaltung ist die SPÖ nicht zuständig!), der falsche Weg war und dass Europa und Österreich dringend aufgefordert sind, diesbezüglich neue Wege zu gehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im Einklang mit den maßgeblichen EU-Beschlüssen ist gemäß den Schlussfolgerungen des Rates auch auf die frühzeitige Stilllegung von Reaktoren zu drängen, die nicht den Sicherheitsstandards entsprechen. Gerade Temelin hat gezeigt, wie aktuell diese Frage ist. Es muss auch den Beitrittskandidatenländern klargemacht werden, dass jemand, der Mitglied einer Gemeinschaft sein möchte, auch die Spielregeln dieser Gemeinschaft zu achten und zu respektieren hat. Das gilt insbesondere auch für Temelin. Das ist eine Existenzfrage für die österreichische Bevölkerung, nicht nur in Oberösterreich an der Grenze, sondern insgesamt für das ganze Land. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir werden außerdem bei den Erweiterungsverhandlungen dafür Sorge tragen, dass es auch den gleichen Zugang zum Recht für In- und Ausländer und die Nichtdiskriminierung auf Grund nationaler Herkunft und Sprachzugehörigkeit bei Vermögensrestitutionen und Privatisierungen gibt. Das ist auch im Regierungsprogramm enthalten. Es muss auch möglich sein, in den Erweiterungsverhandlungen die Einhaltung von Menschenrechtsgrundsätzen, von Grundrechten zur Diskussion zu stellen, das heißt, es muss auch die Diskussion über menschenrechtswidrige Beschlüsse wie die AVNOJ-Beschlüsse oder die Beneš-Dekrete in diesen Staaten möglich sein. Auch das ist ein wichtiges Thema im Zusammenhang mit der Erweiterung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Dr. Nittmann: Sehr gut!)

Im Interesse der inneren Sicherheit Österreichs bilden eine effiziente Außengrenzsicherung und die Fähigkeit zur Übernahme der mit dem Schengen-System verbundenen Standards und Regelungen auch eine wesentliche Voraussetzung für den Beitritt. Ein verstärktes gemeinsames Vorgehen auch gegen die grenzübergreifende Kriminalität in diesem Bereich ist besonders wichtig, ebenso wie die Sicherstellung, dass die Außengrenzen der Europäischen Union, insbesondere auch die künftigen Außengrenzen, so gesichert sind, dass es uns möglich ist, diese Standards auch einzuhalten.

Ich stimme daher mit dem Erweiterungskommissar Verheugen insofern überein, als auch er vor einer übereilten Erweiterung gewarnt hat, die nicht gut vorbereitet ist. Er sagt, genauso wie wir, dass es in diesem Zusammenhang nicht auf das Tempo, sondern auf die Qualität ankommt, dass es nicht darum geht, die Erweiterung so schnell wie möglich durchzuführen, sondern so gründlich wie möglich, also darum, sie so gut wie möglich vorzubereiten, damit die Osterweiterung – eines der wichtigsten Projekte der Europäischen Union – ein Erfolg wird, und zwar nicht nur für Österreich und die derzeitigen Mitgliedstaaten, sondern vor allem auch für die neuen Beitrittskandidatenländer. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.37

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit jedes Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet hat sich als Erster Herr Bundesrat Marizzi. – Bitte.


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16.38

Bundesrat Peter Marizzi (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Vizekanzlerin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, die Frau Vizekanzlerin hat Recht, wenn sie sagt, dass Sachfragen in der Europäischen Union und vor allem in Bezug auf die Osterweiterung sehr wichtig sind. Frau Vizekanzlerin! Das hängt natürlich auch immer mit Personen zusammen, mit dem Vertrauen in die Personen und vor allem dem Vertrauen in die Projekte.

Wir orten – das ist nicht von ungefähr, Herr Kollege Konecny hat das aufgezählt –, dass es zwischen Herrn Ing. Westenthaler – er ist jetzt da – und Frau Gräfin Rauch-Kallat diesbezüglich ein Match gegeben hat. Das war nicht schwach. Dagegen ist Simmering gegen Karpfenberg ein Lercherl, was die Wortmeldungen betrifft! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Vizekanzlerin! Sie haben richtig gesagt, wir sollen die Frau Außenministerin fragen, was ihre Meinung zu Herrn Vizekanzler außer Dienst Busek in der Europafrage ist. Wir wollten eigentlich Ihre Meinung haben. Wenn Sie sagen, in der Koalition ist eigentlich alles tutti paletti, dann haben Sie heute noch nicht die Zeitungen gelesen, Frau Vizekanzlerin, speziell das "NEWS". (Bundesrat Dr. Nittmann: Nicht ein Satz stimmt ...! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Moment! Es geht um ein Interview mit der Frau Vizekanzlerin, die sagt: Jetzt muss mit den ÖVP-Querschüssen Schluss sein. Herr Weingartner – das ist auch ein ÖVP-ler – sagt ... (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Das hat aber mit der Osterweiterung nichts zu tun!)  – Das hat mit der Osterweiterung nichts zu tun, aber unmittelbar mit Österreich und mit uns, weil wir uns Sorgen über die Koalition machen, Frau Vizekanzlerin! (Beifall bei der SPÖ und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich lasse das jetzt weg, denn Sie wissen genau, wie Ihr Interview lautet. – Dann kommt Herr Gorbach und legt noch ein Schäuferl nach, weil es in der Koalition so friedlich ist, Herr Himmer! "Schluss mit der ÖVP-Kritik an der FPÖ! Sonst kracht es!", schreibt Herr Gorbach, Herr Himmer! Also so einfach ist die Welt nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute ist der Tag, an dem die Ambulanzgebühren eingeführt werden, heute reden wir über Europa, und heute reden wir über Herz und Hirn in Europa. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist die Ehe einer Koalition, die mit Busek beginnt und mit der Osterweiterung endet. Wenn man sich all das anschaut, was der Herr Bundeskanzler und die Frau Vizekanzlerin über die Osterweiterung gesagt haben, dann glaube ich, das ist im Grunde genommen vernünftig und ein vernünftiger Ansatz. Aber es ist natürlich auch ein langer Marsch durch die Wüste Gobi. Was die Inszenierung mit Busek betrifft, so muss ich sagen, das ist natürlich auch ein Ritt über den Bodensee oder ein Ritt auf der Rasierklinge. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Herr Kollege Busek – da bin ich nicht der Meinung des Herrn Kollegen Konecny – legt sich nicht nur mit der FPÖ an, sondern er legt sich auch mit seiner eigenen Partei an. Er sagt, die ÖVP-Wien ist vom Sterben bedroht, und Görg ist ein Spätberufener mit Problemen, und Marboe soll sich nicht ständig mit der SPÖ ins Bett legen. (Bundesrat Dr. Nittmann: Wer sagt das?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! So einfach ist das nicht mit Herrn Kollegen Busek. Ich verstehe schon, dass sich gewisse Teile der FPÖ über Kollegen Busek ärgern, und daher meine ich, dass es in der Zukunft sehr schwierig sein wird, in Bezug auf die Osterweiterung einiges zu tun.

Ich bitte Sie, dass Sie uns gemeinsam jetzt erklären, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Regierung, wie Sie das Problem in Zukunft lösen werden. – Ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei der SPÖ.)


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16.42

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Strugl. – Bitte.

16.42

Bundesrat Mag. Michael Strugl (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Vizekanzlerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Verwendung von Instrumenten der Geschäftsordnung und anderen Regularien für parteipolitisch motivierte Debatten hier durch die SPÖ ist ohnehin nichts Neues. Bis zu einem gewissen Grad verstehe ich das auch. Dass Ihnen da der eine oder andere Fehler passiert ist, so wie es die Frau Vizekanzlerin in humorvoller Art angesprochen hat, ist für mich auch nicht das Problem. Herr Professor Konecny (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Ist sich schon schämen gegangen!) hat ohnehin seinen Mitarbeiter schon losgeschickt, um danach zu fahnden, wo denn der Fehler passiert sein könnte.

Aber ich persönlich frage mich eines viel mehr, nämlich: Wo ist denn das besondere Interesse der Länderkammer an den Dingen, die Sie da fragen? – Es ist schon mehrfach, auch von Ihren Rednern, insbesondere von Professor Konecny, betont worden, wie wichtig dieses Thema ist, nämlich inhaltlich. Sie hätten die Möglichkeit nutzen können, auch etwas Inhaltliches hier zu fragen. Das ist eine versäumte Gelegenheit. (Bundesrätin Mag. Trunk: Wer sich auskennt, muss ja nicht fragen! – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)  – Ach so ist das, Frau Kollegin! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das ist aber eine sehr interessante Anwendung von Instrumenten wie einer dringlichen Anfrage. Also dann darf ich davon ausgehen, dass Sie es ohnehin wissen, aber trotzdem fragen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrätin Mag. Trunk: Sie merken sich das Vorwort nicht! Sie haben vom Inhalt gesprochen!)

Ich muss schon sagen, heute überraschen Sie uns doch einige Male ganz gewaltig mit Ihren Äußerungen. Es sind hier von Ihnen schon viele Sachen gesagt worden. Professor Konecny hat als Vertreter der Wiener Sozialdemokratie das Hohe Lied auf die Dezentralisierung gegen den Zentralismus gesungen. Das war auch ganz interessant. Es sind einige bemerkenswerte Kehrtwendungen feststellbar, auch was die EU-Erweiterung betrifft. Ich werde darauf noch zurückkommen. (Bundesrätin Mag. Trunk: Sie sprechen die Unwahrheit, er hat nicht gesungen! – Heiterkeit bei der SPÖ.)  – Also gut, dann erlauben Sie mir das als eine Interpretation seiner Wortmeldung. Es ist nicht im wörtlichen Sinne ein Lied gewesen, da gebe ich Ihnen Recht. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Aber zurück zu Dr. Busek. Zu ihm kann man sicherlich unterschiedlich stehen. (Bundesrätin Mag. Trunk: Wie stehen Sie persönlich zu ihm?) Ich verhehle überhaupt nicht, dass ich als Oberösterreicher auch nicht immer einer Meinung mit ihm bin (Beifall des Bundesrates Dr. Nittmann ) – beispielsweise in der Frage Temelin, bei der wir eine Meinungsverschiedenheit haben. (Neuerlicher Beifall sowie Bravoruf des Bundesrates Dr. Nittmann. ) Das ist überhaupt keine Frage, und das wird auch nicht abgestritten. Das ist auch nicht das Thema. (Bundesrätin Schicker: Das ist das Thema!)

Herr Bundesrat Nittmann von der FPÖ hat es heute schon angesprochen: Es hat gestern einen Gipfel gegeben ... (Bundesrätin Mag. Trunk: Es geht um den Inhalt!) Ich verstehe Sie so schlecht. Wenn ich reden soll, und Sie reden auch, dann wird es schwierig, ehrlich gesagt. (Bundesrätin Mag. Trunk: Zum Inhalt! Zum Inhalt!)

Zum Inhalt, ja: Es hat gestern Nachmittag in Linz einen Temelin-Gipfel gegeben, bei dem wir verlangt haben, dass die UVP-Dokumentation so, wie sie dargelegt wurde, nicht akzeptiert wird, dass sie neu vorgelegt, dass neu verhandelt und der Probebetrieb während dieser Zeit gestoppt werden soll. Das wird auch wieder etwas sein, bei dem wir nicht einer Meinung sein werden. Aber das ändert überhaupt nichts an der Tatsache, dass seine fachliche Eignung allgemein anerkannt wird.

Ich habe mir den Bericht, den er gelegt hat, angeschaut und durchgelesen, und es geht daraus hervor, dass er in seiner Eigenschaft eine Vielzahl von Aktivitäten gesetzt hat. Es hat überhaupt niemand in der Regierung – weder von der einen noch von der anderen Partei – einen Zweifel an dieser seiner Tätigkeit gehabt. Es ist bereits dargelegt worden, wie die einzelnen Vertreter dieser Regierung zu Dr. Busek stehen.


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Aber auf einen besonderen Punkt, vor allem meine Damen und Herren von der SPÖ, die Sie diese Anfragen gestellt haben, möchte ich ein bisschen genauer eingehen. (Bundesrat Marizzi: Jetzt haben wir Schuld!) In der Frage 4 hinterfragen Sie in beiden Anfragen übereinstimmend, wie denn das mit der Glaubwürdigkeit Österreichs nach außen hin sei, wenn es unterschiedliche Meinungen gebe. Persönlich bin ich der Meinung – das ist übrigens auch, wenn man mit den Kollegen von den anderen Ländern spricht, eine allgemein anerkannte Position –, dass Österreich in diesem Prozess der Erweiterung eine sehr aktive Rolle spielt und das auch sehr gut und sehr professionell tut und innerhalb dieses ganzen Integrationsprozesses eine gute Figur macht. Wir sind auch als Vertreter der kleineren Länder in Nizza mit unserer Position gut durchgekommen. Ich möchte schon sagen, das ist auch ein Verdienst des sehr professionellen Vorgehens unserer Regierungsmitglieder, angefangen vom Bundeskanzler über die Vizekanzlerin, die Ressortminister bis zur Außenministerin. Sie machen das professionell und gut. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber, ehrlich gesagt, ganz anders hat das noch vor einem Jahr ausgeschaut, was die Glaubwürdigkeit durch eine gemeinsame Position Österreichs, auch über die Parteien hinweg, betrifft, nämlich als diese Sanktionen gegen Österreich ausgesprochen worden sind. Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, haben sich Ihre Vertreter wirklich nicht mit Ruhm bedeckt. (Bundesrätin Mag. Trunk: Da ist jetzt die SPÖ wieder schuld!) Das muss man sagen. Das ist ein Faktum! (Beifall bei Bundesräten der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Dr. Nittmann: So ist es!) Das wird Geschichte werden! Das können Sie dann nicht nur in der "Wüste Gobi" von Andreas Khol nachlesen, darauf wird auch an anderer Stelle immer wieder hingewiesen werden. (Ruf bei der SPÖ: Das, was Andreas Khol geschrieben hat, ist nicht die Bibel!)

Ich erwähne in diesem Zusammenhang den ehemaligen Bundeskanzler Klima bei der Holocaust-Konferenz in Stockholm und auch andere Personen. Sie selbst, Gusenbauer, aber auch die Grünen, haben verhindert, dass es gemeinsame Beschlüsse gegen die Sanktionen im Parlament gibt. Das sind Fakten, damit wird die Glaubwürdigkeit Österreichs in Bezug auf eine geschlossene Position nach außen zerstört. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP sowie bei den Freiheitlichen.)

Ich werde das nicht vergessen, ich war selbst bei einer Regierungskonferenz, gleich nachdem diese Sanktionen ausgesprochen wurden. Ich war übrigens mit einer sozialdemokratischen Kollegin in Brüssel; da ist es um Erweiterungsfragen gegangen. Damals hat Ihr Fraktionsführer im Europäischen Parlament, Dr. Swoboda, eine Pressekonferenz gegeben und den Rücktritt von Dr. Schüssel gefordert. Das hat ein "super" Bild abgegeben, als wir dort alle unsere verschiedenen Positionen vertreten mussten. (Bundesrätin Mag. Trunk: Und was haben Sie dort gemacht?)  – Ja, ich habe mich dort zu Wort gemeldet, übrigens auch Ihre Kollegin, aber es war leider sehr unterschiedlich, was wir gesagt haben. (Bundesrätin Mag. Trunk: Keiner hat Sie gehört!) Das ist etwas, was uns viel mehr geschadet hat, als wenn man über Dr. Busek eine unterschiedliche Meinung gehabt hat.

Aber man muss gar nicht so weit zurückgehen; Herr Staatssekretär Morak hat das angesprochen. In der Frage der EU-Erweiterung selbst sind Sie sich in Ihrer eigenen Fraktion nicht einig, denn es wurde gesagt: Der Gewerkschaftsbund und die Arbeiterkammer haben in der Frage, ab wann der Arbeitsmarkt im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung zu öffnen ist, höchst unterschiedliche Positionen zu dem, was Ihr Parteivorsitzender als Losung ausgegeben hat. (Bundesrat Dr. Nittmann: Weil die SPÖ mit den Arbeitnehmern nichts mehr zu tun hat!)  – Ich möchte das nicht weiter ausführen (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Beifall des Bundesrates Thumpser ), aber interessant ist eines: Auch diese Diskussion wurde über die Medien ausgetragen.

Es ist zwar so, dass Herr Verzetnitsch, Herr Nürnberger und Herr Dr. Einem, der Europasprecher der SPÖ ist, im Parlament relativ knapp beieinander sitzen und sich diese drei offensichtlich schon abgestimmt haben, was sich aber nicht bis zum Gewerkschaftsbund durchgesprochen haben dürfte, denn die Leitende Sekretärin, Frau Bachner, hat gesagt: So geht das nicht! Diese Position wird nicht akzeptiert! Wenn das nicht geändert wird, dann werden die ÖGB-Vertreter im SPÖ-Klub halt dagegen stimmen. Man wird das zu verhindern wissen.


Bundesrat
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Herr
Professor Konecny hat vorhin vom dissonanten Orchester gesprochen und die Frage gestellt: Wer hat denn da den Taktstock in der Hand? – Also offensichtlich Herr Gusenbauer nicht, zumindest in der Frage der EU-Erweiterung, bei der man sich auf eine Linie einigen sollte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was die Anwesenheit des Bundeskanzlers bei der Behandlung der dringlichen Anfrage betrifft, so möchte ich sagen, der Herr Staatssekretär hat schon gesagt, was er heute macht und wo er sich befindet. Auch das hätte man berücksichtigen können. Aber ich brauche Sie nicht daran zu erinnern, dass sich Herr Mag. Klima auch die meiste Zeit hier vertreten ließ. Für den Fall, dass der Bundeskanzler verhindert ist, gibt es die Möglichkeit der Vertretung, aber es ist noch weiter gegangen: Klima wurde einmal sogar höchstpersönlich von Nationalratspräsidenten Fischer abgeholt, damit er sich nicht alles anhören muss. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das haben Sie aus Erzählungen gehört und schlecht nacherzählt! – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Ich sitze da hinten und war näher an dieser Tür als Sie – ich weiß gar nicht, ob Sie damals schon da gewesen sind –, und dort hinten konnte man das hören, und daher bin ich ein Zeitzeuge dieses Vorfalls gewesen und nicht einer, der das aus zweiter Hand erfahren hat. (Bundesrätin Mag. Trunk: Er schreibt ein Buch: "Fischer holt den Klima ab"!)

Ich möchte ebenfalls zitieren, weil auch Herr Professor Konecny und Herr Bundesrat Marizzi aus den Zeitungen zitiert haben. Im Rahmen dieser Diskussion, die Sie selbst in Ihrer eigenen Fraktion, unter anderem mit dem ÖGB, gehabt haben, hat Ihr Klubobmann gemeint, man werde das mit Frau Bachner liebevoll diskutieren. – Das ist auch eine eigenartige Interpretation. (Bundesrat Dr. Nittmann: Eine gefährliche Drohung!)

Frau Kuntzl – das ist Ihre Bundesgeschäftsführerin – hat angesichts dieses Durcheinanders, das Sie jetzt der Regierung nachsagen wollen (Zwischenrufe bei der SPÖ), das Sie aber selbst in Ihrem eigenen Haus gehabt haben, angesichts dieser höchst unterschiedlichen Aussagen über die Medien in der "Presse" vom 9. Februar gemeint – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen –: Ich würde das nicht in Richtung Auseinanderentwickeln oder Spalten überinterpretieren. Das ist kein Konflikt, sondern ein konstruktiver Diskussionsprozess. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP, der Freiheitlichen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

Also wenn das ein konstruktiver Diskussionsprozess ist, dann ist das, was die Regierung macht, eine gegenseitige Liebesbezeugung, meine Damen und Herren von der SPÖ! Da brauchen Sie nicht mit einem Stein nach einem anderen zu werfen. (Bundesrätin Mag. Trunk: Wir werfen nicht! Gewalttätig sind wir auch nicht!) – Umso besser.

Schließen möchte ich mit einer Feststellung. Sie selbst haben gesagt, wie wichtig Ihnen die EU-Erweiterung ist, und ich glaube, das ist etwas, was wir alle hier unterschreiben. Interessant ist eine Aussage, wiederum aus den Medien – hoffentlich kein Stehsatz, um mit Professor Konecny zu sprechen –, nämlich wieder aus der "Presse" vom 17. März, in der eine Bewertung beziehungsweise Beurteilung dessen vorgenommen wird, was die Sozialdemokratie im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung betrifft. Da steht zu lesen: Für Gusenbauer handelt es sich um ein persönliches Prestigeprojekt. Er will nicht nur beweisen, dass die SPÖ zur konstruktiven Opposition fähig ist, sondern will künftig auch wieder das außen- und europapolitische Engagement der SPÖ deutlich verstärken, denn unter Vorgänger Viktor Klima war die Erweiterung kein Thema, wie kürzlich ein hoher SPÖ-Funktionär beklagte. (Bundesrat Dr. Nittmann: Hört! Hört!)

Herr Marizzi! Man sieht: Die Erweiterung wird doch an Personen festgemacht, zumindest in der SPÖ. Ich danke für die Vorführung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.55

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Dr. Böhm. – Bitte.

16.55

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr verehrte Frau Vizekanzlerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren


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des Hohen Hauses! Auch ich möchte, wie die meisten meiner Vorredner, mein ehrliches Bedauern und meine tiefe Enttäuschung darüber zum Ausdruck bringen, dass ein historisches Projekt – als dieses bezeichnet es auch K
ollege Konecny – auf eine Personalfrage reduziert wird, um daraus tages- und parteipolitisches Kleingeld schlagen zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich bin aber sehr froh, dass ich Herrn Kollegen Konecny persönlich ansprechen kann, denn ich habe schon befürchtet, da er so lange abwesend war, dass er – wie es bei ihm üblich ist – als Hauptanfragesteller und Fraktionschef bei der selbst gestellten dringlichen Anfrage vielleicht nicht anwesend sein könnte. (Bundesrat Konecny: Ich mache ganze Sitzungen allein! Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen!) – Das spricht für die Sitzungsdisziplin Ihrer Fraktion. (Bundesrat Dr. Nittmann: Ihn interessieren nur seine eigenen Reden!)

Für meine Fraktion kann ich mich bei dieser dringlichen Anfrage der Sache nach sehr kurz fassen – allzu durchsichtig ist der von Ihnen unternommene Versuch, einen Keil in die Regierungskoalition zu treiben. Das wird Ihnen auf diese Weise nicht gelingen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der SPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Dennoch erlaube ich mir einige offene, klarstellende Bemerkungen zur Person des Beauftragten Dr. Busek. Richtig ist, dass Frau Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer die Zustimmung zur Ernennung Buseks mit seinen guten Kontakten zu den Beitrittskandidaten und seinem anerkannten Engagement in diesem Bereich begründet hat. Wir stehen nicht an einzuräumen, dass diese positiven Gründe nach wie vor zutreffen. Das vermag allerdings nichts daran zu ändern, dass Herr Dr. Busek nach seiner Ernennung – das ist auch schon von Vorrednern erwähnt worden – mehrfach öffentliche Erklärungen abgegeben hat, die wir als scharfe, uns völlig unberechtigt erscheinende Kritik an der FPÖ werten mussten. Das stand ihm in seiner Funktion als Vertreter einer Regierung, der eben diese FPÖ angehört, gewiss nicht zu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da sich dieses Verhalten Dr. Buseks mehrmals wiederholt hat, kann es nicht verwundern, dass er seither nicht mehr das Vertrauen der von ihm so vehement attackierten Regierungspartei genießt. Das ändert überhaupt nichts an der Wertschätzung seiner Tätigkeit und seiner Kompetenz in der Sache.

Formell ist Dr. Busek nach wie vor der von der Bundesministerin für auswärtige Angelegenhei-ten am 7. und nicht 17. März 2000 auf Grund einer Regierungsermächtigung bestellte Beauftragte für EU-Erweiterungsfragen, und er berät die Frau Außenministerin daher selbstverständlich nach wie vor. – Seine regierungsinterne politische Legitimation hat er durch sein einseitiges Vorgehen freilich selbst untergraben.

Mit der inhaltlichen Position der österreichischen Bundesregierung zur Frage der EU-Erweiterung hat diese interne Entwicklung jedoch nicht das Geringste zu tun, weshalb es auch hier nicht die geringste Kontroverse innerhalb der Bundesregierung gibt. Daher ist auch die Glaubwürdigkeit Österreichs bei dieser Frage in keiner Weise betroffen.

Ich bedaure nochmals, dass Sie diese dringliche Anfrage wieder einmal dazu instrumentalisiert haben, aus einem historischen Projekt politisches Kleingeld zu schlagen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.59

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Thumpser. – Bitte.

16.59

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Vizekanzlerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, das Beispiel des EU-Regierungsbeauftragten Dr. Erhard Busek ist auch von der Sorge der einheitlichen Präsentation dieser Regierung in Europa getragen.


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Wenn Kollege Strugl davon spricht, dass diese Regierung schon bisher sehr professionell gearbeitet hat, dann verweise ich auf Aussagen sowohl von ÖVP- als auch von FPÖ-Mandataren in den letzten Tagen und Wochen und zitiere nur eine davon. Klubobmann Westentaler hat im Zusammenhang mit dem ORF-Gesetz gesagt – ich zitiere wörtlich –: Wir haben uns fix und fertig auf ein Gesetz geeinigt, dann setzt sich die ÖVP, wie der Osterhase, drei Tage drauf und brütet ein Ei aus, und dieses Ei ist anders als vereinbart. – Freundlicherweise darf man sich das Gesetz im Internet herunterladen. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Strugl. ) Diese Vorgangsweise ist nicht partnerschaftlich, aber in letzter Zeit mehrfach passiert. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die Sorge, die wir bei einer gemeinsamen Präsentation innerhalb Europas haben, und die EU-Osterweiterung ist eine historische Chance.

Kollege Strugl! Man kann diese Vorgangsweise bei vielen Themen in den letzten Tagen und Wochen erkennen.

Zu den Ladenöffnungszeiten sagt Minister Bartenstein: 72 Stunden sind akkordiert. Die FPÖ beziehungsweise Westenthaler sagt: Nicht mit uns!

Bezüglich Kindergeld sagt Minister Haupt: Der Kündigungsschutz von 30 Monaten ist überhaupt kein Problem. Der Herr Bundeskanzler sagt: 24 Monate stehen im Regierungsübereinkommen.

Zur EU-Osterweiterung: Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute um 9 Uhr mit der Frau Außenministerin auch die EU-Osterweiterung besprochen, und an diesem Beispiel, das ich gleich nenne werde, zeigt sich, wie mit verschiedenen Zungen gesprochen wird. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer. )

Es geht um die Übergangsfristen auf dem Arbeitsmarkt, und ich habe da ganz genau aufgepasst. (Bundesrat Mag. Strugl: Verzetnitsch, Tumpel!) Die Frau Außenministerin hat am Vormittag gesagt, es gäbe eine siebenjährige Übergangsfrist. Der Herr Staatssekretär hat gesagt, es gäbe maximal fünf Jahre plus zwei, obwohl die Frau Vizekanzlerin mindestens sieben Jahre gesagt hat. (Bundesrat Bieringer: Fünf plus zwei ist sieben!)

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Allein dieses Beispiel zeigt mir, dass da keine Einigkeit gegeben ist. In diesem Zusammenhang gibt es ein altes Sprichwort, das lautet: Die Botschaft hör‘ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.03

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Maier. – Bitte.

17.03

Bundesrat Dr. Ferdinand Maier (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Frau Vizekanzlerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist das wahrscheinlich die zehnte dringliche Anfrage, die ich seitens der Sozialdemokratischen Partei, seitdem sie in der Opposition ist, erlebe. Es wird damit eigentlich zum wiederholten Mal Gelegenheit geboten, Dinge anzusprechen, die Sie heute schon von den Vertretern der Bundesregierung gehört haben.

Die heutige dringliche Anfrage ist symptomatisch für den Zustand der Oppositionsparteien nicht nur im Bundesrat, sondern auch im Nationalrat. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Frau Vizekanzlerin hat dies bereits kurz angesprochen. Sie formulieren Ihre dringlichen Anfragen im Parlament so, dass statt einer Steuersenkung eine Steuererhöhung herauskommt. Interessant ist aber, wenn man den Zeitungen Glauben schenken darf (Bundesrat Gruber: Das haben wir heute schon gehört! Das haben wir schon gehört!), dass sich bei Ihnen im Klub auch etwas bewegt, und zwar scheint der jetzige Klubobmann Khol (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ), Kostelka, in die Volksanwaltschaft entsorgt zu werden. (Bundesrat Thumpser: Wenn man schon polemisiert, dann sollte man richtig polemisieren! – Bundesrätin Fuchs: Sie dürfen irren, andere nicht!)

Jetzt stellt sich natürlich für mich die Frage: Was machen Sie mit Ihrer Klubführung, die solch dringliche Anfragen produziert? – Zuerst einmal muss sie zurückgezogen werden, dann wird


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lang beraten, das Präsidium muss tagen, und dann legen Sie eine Dringliche vor, die wieder nicht stimmt. (Bundesrätin Fuchs: Ah so?)

Jetzt gibt es natürlich nicht so viele Jobs in der Volksanwaltschaft, dass man auch Ihren Fraktionsführer dorthin schicken kann, es wird halt Kostelka sein. Aber es stellt sich natürlich die Frage – die sollten Sie sich künftighin bei Ihren Klubberatungen stellen (Bundesrätin Fuchs: Die ÖVP hat auch große Probleme, wen sie aller unterbringt!  Schauen Sie auf Ihre eigenen Leute!) –, ob es wirklich gescheit ist, derartige dringliche Anfragen zu stellen. (Bundesrat Mag. Trunk: Wie schauen die Gesetze der Regierung aus?) Ich war auch einmal in der Opposition, und ich darf Ihnen sagen, die dringliche Anfrage sollte doch dazu dienen, dass man auf etwas aufmerksam macht, dass man medial unterkommt, dass man irgendwelche Standpunkte positioniert.

Herr Marizzi kommt heraus, nuschelt etwas in das Mikrophon und liest uns etwas aus "NEWS" vor. (Bundesrätin Fuchs: Zwei Gesetze!) Herr Kollege Thumpser erzählt von irgendwelchen Befindlichkeiten. (Beifall bei der ÖVP.) Ich habe gehört (Bundesrätin Fuchs: Falsch abstimmen!), Sie versuchen wieder, die Lufthoheiten über den Stammtischen zu gewinnen. So werden Sie das nicht schaffen (Bundesrätin Fuchs: Sie auch nicht!), das ist doch Inkompetenz schlechthin, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie müssten doch mit einer dringlichen Anfrage versuchen, Ihre Inhalte tatsächlich einzubringen. Aber lassen Sie mich folgende Punkte sagen, obwohl ich natürlich auch verstehe, dass Sie leicht irritiert sind, wenn es zum Beispiel um den Regierungsbeauftragten Erhard Busek geht. (Bundesrat Konecny: Sprechen Sie vom Land Wien? Habe ich Sie richtig verstanden? Wie ist das mit der Lufthoheit ...!)

Natürlich wären Sie in Ihrer Zeit, als Sie noch regiert haben, überhaupt nie auf die Idee gekommen, Experten vom Zuschnitt eines Erhard Busek als Regierungsbeauftragten heranzuziehen. (Bundesrätin Fuchs: Sie waren zufällig in der Regierung? Sie waren nicht dabei?) Die jetzige Bundesregierung geht nach dem Stil "Neu regieren" vor. Auch das irritiert Sie.

Ihre ehemalige Parteiführung und die Damen und Herren, die in der Regierung waren, sind nie auf die Idee gekommen, einen Regierungsbeauftragten für die Zwangsarbeiter zum Beispiel heranzuziehen, wie eine Maria Schaumayer oder einen Ludwig Steiner, indem man versucht, neu zu regieren. (Bundesrätin Fuchs: Auch die ÖVP hätte das tun können!) Erhard Busek bereitet im Sinne dieses neuen Regierens die Dinge auf. (Bundesrätin Fuchs: Sie haben nur geschlafen die letzten 13 Jahre!)

Liebe Frau Kollegin Fuchs! Regen Sie sich nicht so auf! Ich habe heute schon gesagt: Beste Gesundheitswünsche sind Ihnen für die nächste Zeit mitgegeben! (Bundesrätin Fuchs: 13 Jahre Schlaf und anderen vorwerfen, das ist doch nicht Sinn und Zweck!) Erhard Busek kann natürlich jetzt Kompetenz einbringen. Wie Sie Politik machen, zeige ich Ihnen anhand eines Beispiels. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie haben offensichtlich, weil Ihnen die Europapolitik nicht am Herzen liegt, mit einem Taschenspielertrick die Leute am Schmäh gehalten. Ich frage Sie heute: Was macht Hans Peter Martin im Europaparlament? Können Sie mir überhaupt noch sagen, ob Sie ihn kennen? – Sie haben irgendwann einmal einen Herrn nominiert und versucht, Europapolitik zu machen. Ich frage Sie: Was macht Herr Martin jetzt noch? (Bundesrätin Fuchs: Was macht Herr Sichrovsky dort? Er geht dort gar nicht hin!) Es ist wirklich schade um Hannes Swoboda, Frau Kollegin Fuchs! Sie kennen Hannes Swoboda genauso gut wie ich. (Bundesrätin Fuchs: Hoffentlich besser!) Sie haben Hannes Swoboda desavouiert und ihm einen Hans Peter Martin vor die Nase gesetzt. Reden Sie mit Hannes Swoboda, was Martin macht! Sie werden Ihre blauen Wunder erleben. (Bundesrätin Fuchs: Was macht Sichrovsky? Haben Sie sich da schon einmal erkundigt?)

Ich frage Sie: Ist das wirklich der Stil der Europapolitik der Sozialdemokraten? – Sie gehen jetzt auch noch her und legen eine dringliche Anfrage vor, die vom Datum her nicht stimmt und von der man eigentlich auch nicht weiß, warum Sie sie einbringen, weil – das sage ich Ihnen auch, da kann man die Klubführung fragen – es einen Bericht des EU-Beauftragten gibt, den auch Ihr


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Klub hat. (Bundesrat Dr. Nittmann: ... ist ihnen die Luft ausgegangen, ganz einfach!) Wenn Sie diesen Bericht gelesen hätten, dann hätten Sie die Dringliche gar nicht einbringen müssen. (Bundesrat
Konecny: Wieso? Steht etwas von Herrn Westenthaler drinnen? Das wäre mir neu!) Natürlich versuchen Sie – Sie sind halt in den Lernschritten der Opposition –, sich langsam in die Oppositionsrolle hineinzuleben, aber mit leider Gottes noch untauglichen Mitteln. Offensichtlich macht auch Ihr Fraktionsführer den Fehler, dass er nicht genau aufpasst, was er wirklich verlangt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich würde Ihnen raten, meine sehr geehrten Damen und Herren, lesen Sie den Bericht, der in Ihrem Klub liegt. Darin können Sie auch lesen, dass Herr Dr. Busek zu allen Ministern dieser Regierung, auch zu den Mitgliedern in den Landtagen (Bundesrat Konecny: Herr Kollege! Sie sind weit neben der Realität mit allem, was Sie sagen!) und in den Landesregierungen – diese können das bestätigen (Bundesrat Konecny: Was können sie bestätigen?) – eine sehr geordnete Gesprächsbasis hat. Es gibt also zwischen dem EU-Beauftragten und allen Mitgliedern der Landesregierungen und der Bundesregierung eine gute Basis. (Bundesrat Konecny: Den Landesregierungen ja!)

Ich empfehle Ihnen nachzudenken, ob das Instrument der dringlichen Anfrage künftighin im Wege Ihrer politischen Arbeit wirklich das Sinnvollste ist. (Bundesrat Konecny: Wenn es Ihnen auf den Kopf fällt, werden wir nicht darauf verzichten!) Es gibt uns natürlich die Gelegenheit, darzustellen, wie es wirklich ist, und solch eine Nachhilfestunde ist vielleicht für Sie auch ganz gut. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Marizzi: 16 Prozent, Maier!)

17.09

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Ankündigung einer dringlichen Anfrage

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bevor wir zur Besprechung über die Anfragebeantwortungen gelangen, gebe ich Ihnen bekannt, dass weiters ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Peter Marizzi und Genossen betreffend den Regierungsbeauftragten für EU-Erweiterungsfragen an die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten vorliegt.

Die Behandlung der dringlichen Anfrage wird voraussichtlich im Anschluss an die Besprechung der Anfragebeantwortungen erfolgen. Ich darf Ihnen dazu kurz Folgendes erklären: Die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten befindet sich im EU-Ausland, das heißt, sie muss einen Vertreter namhaft machen, der an ihrer Stelle die dringliche Anfrage beantwortet. Es ist daher möglich, dass um eine Vorbereitungszeit ersucht wird und wir unter Umständen die Sitzung unterbrechen müssen und dann zur Beantwortung dieser dringlichen Anfrage kommen.

Besprechung der schriftlichen Anfragebeantwortungen 1633/AB-BR/01 bis 1640/AB-BR/01

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zur Besprechung der acht schriftlichen Anfragebeantwortungen 1633/AB-BR/01 bis 1640/AB-BR/01, die an den Herrn Bundesminister für Justiz gerichtet wurden.

Da die Anfragen und die dazu gehörenden Anfragebeantwortungen inzwischen allen Bundesrätinnen und Bundesräten zugegangen sind, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Bevor ich dem ersten Redner das Wort erteile, mache ich darauf aufmerksam, dass gemäß § 60 Abs. 5 der Geschäftsordnung die Redezeit jedes Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.


Bundesrat
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Ich habe Wortmeldungen vorliegen. Wir gehen daher in die Debatte ein.

Ich bitte Herrn Bundesrat Gstöttner an das Rednerpult. – Bitte.

17.13

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ihnen allen ist bekannt, dass in zahlreichen Medienberichten die Umstrukturierung der Gerichtsorganisation zum Thema gemacht wurde. Das war Anlass, dass wir am 13. Februar eine Anfrage an den Herrn Bundesminister gerichtet haben, die bekannt ist, aber im Wesentlichen zum Inhalt hat, dass zahlreiche Gerichte in Oberösterreich und insbesondere auch in den Bezirken von einer Schließung betroffen wären, wobei dies aber alle Bundesländer betrifft. Wir haben daher gebeten, die Fragen, die wir angeführt haben, zu beantworten.

Der Herr Bundesminister hat uns in der Zwischenzeit die Anfragebeantwortung übermittelt. Ich möchte das jetzt nicht abwertend sagen, aber wir finden, dass es keine ausreichende Beantwortung ist, die uns hier überreicht worden ist, und ich darf ein paar Bemerkungen dazu festhalten.

Zum Ersten: Es ist konkret die Frage gestellt worden, was zum Beispiel mit den drei Bezirksgerichten meines Bezirkes, nämlich Schärding, Raab und Engelhartszell, passieren wird. Dazu ist nur eine allgemeine Bemerkung angeführt, allerdings – das sage ich dazu – haben Sie die Aussage angeschlossen, dass Sie bei einer Gesprächsrunde in Oberösterreich darauf eingehen wollen. Das verstehe ich bis zu einem gewissen Grad, wir waren nur dann überrascht, dass uns über den Städtebund eine Liste zugegangen ist, die zum Inhalt hatte, welche Veränderungen nun erfolgen sollen. Diese Liste hat zum Beispiel zum Inhalt, dass in Ried im Innkreis neu die Bezirksgerichte Engelhartszell, Obernberg, Raab, Ried und Schärding beinhaltet sein sollen. Das würde bedeuten, dass ein Bezirk wie unserer, der von der Bevölkerungszahl her in etwa mit Ried gleich ist, ohne Bezirksgericht wäre, was aber weit reichende negative Folgen in allen möglichen Bereichen hätte. Das ist natürlich ein Umstand, den wir in keiner Weise akzeptieren könnten.

Wir haben bei verschiedenen Stellungnahmen – die Beantwortung Ihres Schreibens ist jetzt, nachdem wir wissen, wann diese Runde sein soll, in der Endfassung – festgehalten, dass die Beurteilung der Sitze der Bezirksgerichte sicherlich nicht einfach ist, dass aber grundsätzlich festgestellt werden soll, dass Veränderungen nicht nur in Oberösterreich, sondern auch in den anderen Bundesländern nicht nur die Bevölkerung, sondern auch alle Wirtschaftszweige und Interessenvertretungen betreffen würden.

Die Bezirksgerichte – das soll man bei jeder Gelegenheit betonen – haben sich grundsätzlich bewährt, und es wäre eben deshalb alleine schon die Beibehaltung des Jetzt-Standes nicht nur gewünscht, sondern erforderlich, weil es einfach bei der Betreuung vor Ort zu keinen Verschlechterungen kommen darf.

Der uneingeschränkte Zugang für den Bürger zum Recht – wenn man das so allgemein bezeichnen kann – kann sicherlich nicht durch Beratungsstellen allein gewährleistet werden – dafür sind eben Bezirksgerichte da –, und für viele Menschen – auch das soll nicht unerwähnt bleiben – spielen auch die Entfernung und die Möglichkeit der Nutzung von Verkehrsmitteln, um zu solchen Stellen zu kommen, eine ganz wichtige Rolle, die teilweise nicht erfüllbar ist. Daher ist der Sitz der Bezirksgerichte von großer Bedeutung.

Man kann auch nicht davon ausgehen, dass alle Menschen mit Internet ausgestattet sind und auf diesem Wege gearbeitet werden kann. Der persönliche Kontakt wird auch in Zukunft von größter Bedeutung sein. Ich bin auch der Meinung, dass man verschiedenste Aufgaben nicht einfach den Bezirkshauptmannschaften oder Gemeinden übertragen kann – das ist sicher kein akzeptabler Weg. Allein die angespannte Finanzlage würde es nicht erlauben, diese erhöhten Kosten zu übernehmen, es ist auch mit dem überall ausgedünnten Personalstand nicht mehr möglich, solche Fragen zu bearbeiten.


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Ich darf feststellen, dass uns auf unsere Mitteilung hin der Herr Landeshauptmann gesagt hat, dass es einen alten Landesregierungs-, aber vor allem Landtagsbeschluss gibt, einen Initiativantrag, der einstimmig am 25. 4. 1996 beschlossen worden ist, mit dem festgehalten wird, dass alles getan werden soll, um die Erhaltung der kleinen Bezirksgerichte beziehungsweise auch anderer öffentlicher Einrichtungen im ländlichen Raum zu ermöglichen.

Ich darf festhalten, dass die Bezirke, die betroffen sind, natürlich enttäuscht sind von solch einer Entwicklung und wir in aller Form darum ersuchen, dass Überlegungen dahin gehend angestellt werden, dass die Menschen, die dort wohnen, keine Benachteiligungen haben, sondern mit gleichen Voraussetzungen arbeiten und ihr Leben bestreiten können, wie das in größeren Bereichen der Fall ist. Aber es sei hier nochmals erwähnt, dass die Einwohnerzahl im Bezirk Ried 55 700 und im Bezirk Schärding 56 300 beträgt. Ich will jetzt nicht streiten, wer mehr oder weniger hat; das hat überhaupt keine Bedeutung, sondern es geht darum, dass man nicht einen Bezirk völlig unbedacht arbeiten lassen kann, dass man alles abziehen kann und die Menschen dann über weite Strecken zu den Ämtern beziehungsweise zum Bezirksgericht fahren müssen.

Eines sei noch erwähnt: Gedanken zu Einsparungen sind verständlich, dass aber kleine Bezirksgerichte aufgelöst werden – also überhaupt keine mehr in den Bezirken sind –, ist unverständlich. Die Auswirkungen, die wir befürchten und die damit zusammenhängen, können nicht vertreten werden.

Herr Bundesminister! Ich ersuche Sie, eine Lösung herbeizuführen, die für die Menschen in den Bezirken akzeptabel ist. (Beifall bei der SPÖ.)

17.19

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

17.19

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte schon nach dem ersten Redner, Herrn Bundesrat Gstöttner, Stellung nehmen. Ich werde mich sicherlich noch öfter zu Wort melden, vor allem wenn die Fragen mehr ins Detail gehen. Ich möchte aber trotzdem eine grundsätzliche Stellungnahme abgeben.

Erstens: Ich bin sehr froh, dass ich diese Anfragen bekommen habe. Ich habe sie sehr ausführlich beantwortet und habe auch Herrn Bundesrat Konecny diese Liste, die soeben erwähnt wurde, beigelegt, sodass ich davon ausgehen kann, dass alle Mitglieder des Bundesrates auch über die von uns vorgeschlagenen Zusammenlegungen – es geht nicht um Schließungen, das wäre falsch – informiert sein müssten.

Zweitens: Die Verfassungslage macht es notwendig, dass die Landesregierungen auf Grund einer Verfassungsbestimmung aus 1920 mittels Verordnung zustimmen müssen, wenn Bezirksgerichte zusammengelegt werden. Das heißt, eine Modernisierung liegt in den Händen der Landesregierungen. Ich als Justizminister kann eine solche Modernisierung nur vorschlagen und kann Sie auf ein bestehendes Problem hinweisen.

Drittens: Dieses Problem heißt "veraltete Gerichtsstruktur". Diese Gerichtsstruktur stammt aus dem Jahre 1848 – aus einer Zeit, in der man die Gerichtssprengel danach eingerichtet hat, dass man im Zuge einer Tagesreise mit Hilfe eines Ochsengespanns oder eines Pferdewagens zu Gericht fahren, dort die Verhandlung absolvieren und wieder nach Hause zurückkehren konnte. Seit diesem Zeitpunkt wurde diese Gerichtsstruktur im Wesentlichen nicht mehr verändert.

Ich habe schon im Hohen Haus, im Parlament gesagt: Als im Jahre 1922 Prälat Seipel als Bundeskanzler der Republik Österreich nach Genf gefahren ist, um eine Völkerrechtsanleihe zu bekommen, wurde die Erteilung derselben von der Bedingung abhängig gemacht, dass – wir schrieben damals den 6. Oktober 1922 – die entbehrlichen Bezirksgerichte zusammengelegt werden müssten. Es ist seit dem Zeitpunkt in dieser Richtung kaum etwas geschehen. Es handelt sich also nicht um ein Problem, das ich aufgegriffen hätte, sondern um ein Problem, das Jahrzehnte alt ist.


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Viertens: Es geht ausschließlich um die bessere rechtliche Versorgung der Bevölkerung, zu der wir verpflichtet sind. Es geht nicht um Einsparungsmaßnahmen, wenn ich auch nicht verleugnen kann und will, dass diese Zusammenlegung mit Einsparungen verbunden wäre. Es gibt kein Angebot der Länder, diese Mehrkosten zu übernehmen. Es gibt nicht einmal eine Frage der Länder nach der Höhe dieser Mehrkosten. Aber noch einmal: Es geht uns um die schlecht gewordene Versorgung der Bevölkerung mit dem rechtlichen, mit dem justiziellen Angebot.

Fünftens: Wenn ich mit den Bürgern spreche, haben diese interessanterweise immer Verständnis. Ich habe noch nie vor Ort mit einem Bürger gesprochen, der gesagt hätte: Ich möchte mein Bezirksgericht behalten. – Das ist auch klar, weil wir statistisch nachweisen können, dass der österreichische Bürger nur einmal in seinem Leben zu einem Bezirksgericht, überhaupt zu Gericht gehen muss.

Sechstens: Viele unserer Bezirksgerichte sind nicht ausgelastet. Zwei Drittel der 192 Bezirksgerichte haben – statistisch gesehen – weniger als 2,9 Richter. Wenn wir uns mit Bayern vergleichen – der Vergleich muss zulässig sein –, dann stellt man fest, das kleinste Amtsgericht hat dort sieben Richter. Im Durchschnitt haben die bayrischen Amtsgerichte elf Richter.

Siebentens: Die Rechtslage wird immer komplizierter. Sie wissen das, ich weiß es auch. Es ist nicht mehr möglich – so sage ich es einmal –, dass ein einzelner Richter die gesamte nationale und internationale Rechtslage überblicken kann. Teamarbeit ist notwendig geworden. Das kollegiale Gespräch ist unerlässlich.

Achtens: Wenn Sie sich dieser Modernisierung verschließen, so müssen Sie auch eine Antwort geben, dann müssen Sie sagen, was Sie eigentlich wollen. Ich behaupte und kann es beweisen, dass die rechtliche Versorgung der Bevölkerung unmodern geworden ist und dass sie unausreichend ist, dass sich die Bürger Österreichs etwas Besseres verdient haben.

Wir sind auf dem Gebiet der Informationstechnologie weltweit führend. Wir können diesen Vorsprung im Interesse unserer Rechtskultur und der rechtlichen Versorgung der Bevölkerung nicht halten, wenn wir nicht ständig an der Modernisierung unserer Gerichtsstruktur arbeiten. Das müssen Sie uns gestatten oder eine Alternative anbieten. Alleine der Umstand, dass wir Gerichte mit Informationstechnologie versorgen, die wir bei einer besseren Struktur nicht versorgen müssten, kostet uns jährlich 40 Millionen Schilling. Wir haben überall Grundbücher, leider nicht überall Firmenbücher – diese haben wir nur bei den Landesgerichten.

Unser Vorschlag geht dahin, vernünftige Gerichtssprengel – dazu sagen wir, es wären 64 in Österreich ausreichend – zu schaffen. Wir haben in Österreich 84 Bezirkshauptmannschaften; wenn wir die Städte mit eigenem Statut hinzuzählen, sind es 89. Diese Zahl soll verringert werden. Wir wissen nicht, in welchem Ausmaß, aber hier gibt es keine wesentlichen Gegenstimmen. (Bundesrat Konecny: 99 nehme ich an, wollten Sie sagen!) – 99, ja, entschuldigen Sie! Von 84 auf 99 ist der Sprung. Danke schön!

Wir haben nun eine Landkarte entworfen, von der wir glauben, dass sie einer modernen Gerichtsstruktur entspricht. Diese Landkarte ist bekannt. Sie umfasst 64 Sprengel. Wir werden nicht konkret einzelne Orte ins Spiel bringen, weil wir glauben, dass die Landesregierungen und die Landeshauptleute in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung, aber auch in Zusammenarbeit mit uns eine bessere Gerichtsstruktur erarbeiten sollten. So, wie sie aber jetzt besteht, ist sie für Österreich und für unsere Rechtskultur und für unsere Bevölkerung nicht mehr zumutbar. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

17.27

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Schlaffer. – Bitte.

17.27

Bundesrätin Anna Schlaffer (SPÖ, Burgenland): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister! Ich kann aus der mir vorliegenden Anfragebeantwortung keine dezidierten Angaben über die von einer möglichen


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Schließung – für die Bürger besteht zwischen Schließung und Zusammenlegung kein Unterschied – betroffenen Bezirksgerichte und die dafür sprechenden Gründe entnehmen. Daher kann ich diese auch nicht akzeptieren, zumal ich davon ausgehen muss, dass Sie, Herr Bundesminister, zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung – Datum 5. April 2001 – sehr wohl eine namentliche Auflistung hätten vornehmen können.

Wie mein Kollege Gstöttner bereits erwähnt hat, ist aus dem Schreiben des Österreichischen Städtebundes eine namentliche Auflistung sehr wohl ersichtlich. Datum dieses Schreibens ist immerhin der 22. März, also zwei Wochen früher. Dem ist zu entnehmen, dass Sie, Herr Bundesminister, den Plan verfolgen, die derzeit im Burgenland bestehenden sieben Bezirksgerichte auf lediglich zwei so genannte Eingangsgerichte zu reduzieren. Als burgenländische Mandatarin muss ich dies auf das Schärfste verurteilen.

Im Interesse der burgenländischen Bürgerinnen und Bürger, welche, wie ich vielen Gesprächen entnehmen konnte, Ihr Vorhaben als unerhört ansehen und für ihre Bezirksgerichte kämpfen werden, lehne ich – da gehe ich mit Landeshauptmann Niessl konform – die Schließung der Bezirksgerichte Neusiedl am See, Mattersburg, Oberpullendorf, Güssing und Jennersdorf entschieden ab.

Im Gegensatz zu anderen Bundesländern weist das Burgenland derzeit eine Organisationseinheit von "Verwaltungsbezirk ist gleich Bezirksgericht" auf, womit es dem Prinzip der Bürgernähe am nächsten kommt – eine Bürgernähe, die Sie, Herr Minister Böhmdorfer, zerstören wollen. Übernehmen Sie dafür die Verantwortung? Wer trägt die Mehrkosten der Bürger?

Wenn Sie, Herr Minister, wie ich Ihrem Antwortschreiben entnehmen kann, schriftlich festhalten, dass das von Ihrem Ressort ausgearbeitete Konzept der Reorganisation der Bezirksgerichte unter Berücksichtigung der bestehenden Infrastruktur erstellt wurde, so muss ich sagen, das trifft für das Burgenland sicher nicht zu. Die Schließung von fünf Bezirksgerichten bedeutet längere Anfahrtswege und größeren Zeitaufwand für die Bevölkerung.

Die geographische Lage des Burgenlandes hat nun einmal eine Sonderform und kann nicht ignoriert werden. Fehlende öffentliche Verkehrsmittel beziehungsweise mangelnde Häufigkeit werden es für die Bewohner mancher Regionen, zum Beispiel des Seewinkels und des Bezirkes Oberpullendorf, mit sich bringen, dass sie selbst bei wenig zeitaufwendigen Erledigungen einen ganzen Tag benötigen werden müssen, was auch erhebliche Mehrkosten mit sich bringt.

Bürgerferne statt Bürgernähe – das kann kein ernst zu nehmender Reformansatz sein! Die Schließung von fünf von sieben Bezirksgerichten im Burgenland würde eine weitere Aushöhlung des ländlichen Raumes zur Folge haben und ist deshalb strikt abzulehnen.

Als burgenländische Mandatarin verurteile ich diese Vorgangsweise auf das Schärfste und fordere Sie, Herr Bundesminister Böhmdorfer, auf, im Burgenland keine Schließungen vorzunehmen! (Beifall bei der SPÖ.)

17.31

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Trunk. – Bitte.

17.31

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal der erste Punkt, um Missverständnisse aus der Welt zu schaffen: Der Herr Bundesminister hat in seiner ersten Wortmeldung zur SPÖ-Position im Hinblick auf das Nein zu eventuellen Verschlechterungen oder Schließungen von Bezirksgerichten Stellung genommen. – Ich bin Abgeordnete aus Kärnten, und meine Position, die ich hier vertrete, bezieht sich auf einen einstimmigen Landtagsbeschluss aller drei im Landtag vertretenen Parteien.

Zum Zweiten: In dieser Frage – wie merkwürdigerweise im letzten halben Jahr sehr oft – vertrete ich auch die Position des Landeshauptmannes von Kärnten, Dr. Jörg Haider, der Ihnen, Herr


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Minister, weder als Landeshauptmann noch aus der persönlichen Beziehung beziehungsweise Geschäftsbeziehung unbekannt ist.

Das ist Faktum und Grundlage meiner Wortmeldung. Aber zu diesem Faktum kommt die Position der Sozialdemokratie hinzu. Wir sagen ein klares Ja zu einer Verbesserung der Rechtsberatungseinrichtungen für die Bevölkerung. Wir sagen auch ein klares Ja zu einem Verfahrensclearing. Wir sagen auch ein klares Ja zu dem, was Sie selbst, Herr Minister, angesprochen haben, nämlich eine bessere und leichtere Handhabung der Gesetze durch die Bevölkerung. Wir sagen auch ein ganz klares Ja zu einer Organisationsverbesserung dort, wo es Mängel gibt.

Aber ich sage Ihnen jetzt etwas, das keine Neuigkeit darstellt: Das ist die Position der Sozialdemokratie in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft in dieser Frage. Das war – die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten können sich noch an Justizminister Michalek erinnern, der nicht der SPÖ angehört hat, aber ich denke, das kann man den Justizministern zuordnen – auch das Bemühen der Justizminister vor Ihnen. Daher gibt es eine grundsätzliche inhaltliche Positionierung in dieser Frage.

Herr Minister! Sie machen es mir sehr schwer, genau das nachzuvollziehen, wovon früher die Rede war, nämlich vom koalitionären Paarlauf im inhaltlichen Gleichklang. Ich frage mich, Herr Bundesminister – jeder Bundesrat und jede Bundesrätin wissen, dass Sie nichts anordnen können, was von den Landeshauptleuten abgelehnt wird –, wozu es die Verunsicherung gibt, die in dieser Frage nicht von der Opposition gekommen ist.

Es war mein Landeshauptmann von Kärnten der Erste, der nach dem Treffen im Warmbad Villach in einer Pressekonferenz gesagt hat: Hier ging es um das Thema, aber ich stehe dafür ein, dass bei den Bezirksgerichten nichts passiert. – Im Übrigen gibt es diesen Beschluss aller drei im Landtag vertretenen Parteien auch betreffend Finanzämter, Postämter und natürlich auch Gendarmeriestellen, wenngleich heute fünf Postämter geschlossen wurden. Das ist aber ein anderes Faktum.

Welchen Sinn macht eine solche öffentliche Diskussion, die der Herr Bundesminister in seinem Bemühen, eine Reform nach seiner Sicht durchzuführen, in Kooperation mit den Landeshauptleuten führt? – Die ganz einfache Frage ist: Wäre es nicht gescheiter, dass man vorher, was vorher auch angeklungen ist, konzeptiv inhaltlich arbeitet und dann ein gemeinsames Konzept präsentiert? – Wir Kärntner haben einen längeren Erfahrungsspielraum betreffend dieses Regierens-Neu – das sage ich nicht aus oppositionellem Sarkasmus, sondern das ist ein Faktum. Das erinnert sehr an die Situation in Kärnten. Jörg Haider würde, wenn er da säße, dazu sanft lächeln, nicken und sagen: Stimmt schon!

Das erinnert mich sehr an eine Politik, die da lautet: Zuerst verunsichern! – Nicht die Opposition, sondern die Regierungsparteien sind für diese Verunsicherung verantwortlich, weil sie diese Punkte auch öffentlich thematisiert haben. Dann hat sich die Opposition getraut und gewagt, eine Meinung dazu zu haben.

Das heißt, Ihre Politik lautet: Zuerst verunsichern wir die Leute, dann zünden wir an, und dann löschen wir wieder! – Das heißt, Sie müssen jetzt die Position des bösen Ministers spielen, der schließen, zumachen, Effizienzsteigerung betreiben will, und mein Landeshauptmann Jörg Haider sagt: Aber nicht mit mir!

Ich denke, das ist keine Politik, die konzeptiv ist, das ist keine Politik, die reformfreudig ist, sondern das ist eine Politik, die am Ende nichts bringt, außer dass – für Kärnten gesprochen – es vielleicht um einen Richter geht. Es geht immer um Betroffenheiten von Menschen, um Bürgerinnen und Bürger, die der Rechtshilfe und Beratung bedürfen, und es geht um Menschen, die dort ganz konkret arbeiten, nämlich um Sekretariatskräfte und Richter.

Können Sie sich etwa in einen Richter Brumnik August hineinversetzen, der seit Jahrzehnten seinen Dienst in Ferlach und in Eisenkappel versieht und dort dem Bedarf der Zweisprachigkeit – das ist ein sehr sensibles schwieriges Problem in Kärnten – auch noch menschen- und bürgergerecht nachkommt? Haben Sie sich in die Situation dieses Menschen versetzt, der auf


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der Liste sowohl in Ferlach als auch in Eisenkappel neu ist? – Vielleicht könnte er nach Bleiburg fahren, aber auch dort ist nichts mehr neu. Das heißt, das soll zusammengefasst werden. Es geht um Existenzen. Es geht um Bürgerinnen und Bürger, und es geht um Menschen, die dort beschäftigt sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Kärntner Problem kommt hinzu, Kärnten ist ein zweisprachiges Bundesland. Nicht nur unter der Hand, sondern öffentlich wird darüber gesprochen: Um Villach herum wird politisch schon nicht so viel passieren – das sagen nicht irgendwelche Zeitungsmenschen, sondern politisch Verantwortliche –, um Villach und Feldkirchen werden wir es schon regeln, aber in Gefahr oder in Verunsicherung – ich bleibe sachlich, ich sage verunsichert – sind Bleiburg, Völkermarkt, Ferlach und Eisenkappel.

Ich denke, es ist keine kluge Politik, dass man, wenn man in einem Bundesland in der Frage der Zweisprachigkeit das Miteinander fördern will, bei solch sensiblen Fragen dann wieder jene Bereiche und jene Orte herausnimmt, in denen es ein doppeltes Problem gibt, eben die Zweisprachigkeit. Ich kann mich den Forderungen des Landeshauptmannes anschließen, und ich würde uns einfach gegenseitig oder auch der Regierung raten, wenn es mir erlaubt ist, zuerst konzeptiv zu denken, zu handeln, gemeinsam zu besprechen, aber nicht Landeshauptleutekonferenzen abzuhalten. Der Minister äußert sich in der Pressekonferenz, dann fährt der Minister nach Wien, und dann sagt er dort etwas anderes. Am Ende bleibt Verunsicherung – keine Qualitätsverbesserung, keine Qualitätssteigerung.

Ich denke, Herr Minister, Sie sind heute da, um unsere Anfragen zu beantworten. Ich möchte heute am Abend ein bisschen wissender nach Kärnten nach Hause fahren. Ich ersuche Sie inständig, mir eine ganz konkrete Antwort zu geben, wie Ihre Vorstellungen – dann ist das Land Kärnten wieder am Zug und muss sich inhaltlich damit auseinander setzen –, wie Ihre inhaltlichen Vorstellungen das Land Kärnten betreffend aussehen, welchen Informationsaustausch es mit unserem Landeshauptmann beziehungsweise anderen Regierungsmitgliedern – ich glaube, das wird nicht sehr schwer sein, wenn Sie mit Jörg Haider darüber reden – bisher gegeben hat.

Ich halte es für eine fahrlässige Politik, wenn alle Abgeordneten im Kärntner Landtag – ich stehe nicht ein für das Rederecht, sondern es tut ganz gut, bei Landtagssitzungen auch einmal zuhören zu müssen – die Hände zur Rettung der Bezirksgerichte, der Finanzämter, der Gendarmeriestellen erheben. Auf der anderen Seite wissen wir, dass etwas anderes geschieht oder ohnehin nichts anderes geplant ist. Das halte ich für keine seriöse und keine gute Politik!

Ich bitte Sie ganz ernsthaft, denn wenn man etwas zum Positiven der Bevölkerung verändern will, dann muss man verändern – das ist logisch –, und darüber, wie die Grundlagen dafür ausschauen, sollte man reden. Aber ich hätte gern eine kompetente Auskunft über die Situation in Kärnten, weil ich keine Lust habe, in dieser Verunsicherung, die berechtigterweise bis zum kleinen Bezirksrichter vorhanden ist, weiter zu stören oder zu wurlen, sondern ich würde den Menschen gern die Wahrheit und konkrete Antworten sagen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.40

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte.

17.40

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Ich pflichte Ihnen, Frau Bundesrätin, völlig bei, dass man die Bevölkerung nicht verunsichern soll, und ich bitte Sie deshalb, dies auch nicht zu tun. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Hätten Sie zum Beispiel mit den Einwohnern der drei Sprengel Ferlach, Bleiburg und Eisenkappel zu diesem Thema auch nur ein Wort geredet, so hätten Sie erfahren, dass eben diese Personen, das heißt Vertreter von Ihnen, bei uns im Ministerium waren und wir mit ihnen ein sehr offenes Gespräch geführt haben. Sie haben unser Haus mit der Überzeugung und den Worten verlassen, dass sie den Reformbedarf anerkennen, und wir haben ihnen gesagt, dass


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wir selbstverständlich nicht daran denken, die Zweisprachigkeit in Zweifel zu ziehen oder auch nur zu gefährden.

Wir haben diese Leute nicht verunsichert. Ich bin aber durchaus zu der Erkenntnis gelangt, dass solche Reden wie die, die Sie heute gehalten haben, durchaus die Leute verunsichern können (Bundesrätin Mag. Trunk: Dann haben Sie mich nicht verstanden! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.), denn in Ihrer Rede war keine Botschaft enthalten, dass die Zweisprachigkeit unangetastet bleibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich habe heute auch gesagt, wir können Sie nur darauf hinweisen, dass die Bevölkerung in vielen Gebieten Österreichs schlecht mit Recht, mit rechtlicher Betreuung, versorgt ist, dass sie nämlich unausreichend versorgt ist. Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis! Der Ball liegt längst bei den Landesregierungen. (Bundesrätin Mag. Trunk: Eben das wollte ich wissen!) Wir waren auch bei der Landeshauptleutekonferenz, haben dort unsere Argumente vorgetragen und haben zur Kenntnis genommen, dass auch die Landeshauptleute wissen, dass Reformbedarf besteht – in manchen Bundesländern mehr, in manchen, wie zum Beispiel in Kärnten, weniger, aber nach unserer Auffassung auch. Wir können nicht mehr machen, als Angebote zu unterbreiten und Hinweise zu geben.

Es wird dies nicht mit Mehrkosten verbunden sein, um auf Ihre Frage einzugehen. Es wird im Prinzip auch nicht zu längeren Anfahrtswegen kommen. Denken Sie doch an die Schulkinder, die zum Beispiel täglich 15 Kilometer zurücklegen müssen – ein solches Schulkind fährt 3 000 Kilometer, wenn es nur 200 Schultage absolviert –, und denken Sie daran, dass man als Bürger Österreichs nur einmal in seinem Leben zu einem Bezirksgericht fahren muss. Denken Sie auch daran, was wichtiger ist: Wollen Sie rechtlich optimal versorgt werden und 20 Kilometer weiter fahren, oder wollen Sie rechtlich nicht optimal versorgt werden und 20 Kilometer weniger fahren? – Die Antwort ist ganz klar. Unser Angebot liegt auf dem Tisch.

Natürlich bin ich auch Ihrer Meinung, wenn Sie sagen, Sie wünschen ein gemeinsames Konzept. Genau das bieten wir an. Deswegen sagen wir nicht, wir verlangen die Zusammenlegung dieses Gerichtes oder jenes Gerichtes. Das sollen ruhig die Landeshauptleute, die Landesregierungen mit uns gemeinsam entscheiden. Wir machen nach einer Empfehlung der Landeshauptleutekonferenz auch eine Tour durch alle Städte. Wir waren in den vergangenen Tagen in Eisenstadt, wir waren in Salzburg, und wir werden in den nächsten Tagen und in den nächsten Wochen die anderen Bundesländer besuchen. Noch nie hat ein Landeshauptmann das Gespräch mit uns beendet und gesagt: Wir verneinen den Reformbedarf. Es gibt keine solche Äußerung. Auch Landeshauptmann Schausberger hat gesagt, er bejaht den Reformbedarf, ebenso Landeshauptmann Niessl.

Beide und auch die Mitglieder der Landesregierungen haben immer erklärt, sie anerkennen den Reformbedarf, und wenn Sie das nicht einsehen, dann kann ich Ihnen nicht helfen. Wir haben weitere Argumente, aber ich kann Ihnen nur sagen: Wenn Sie den Zustand, so wie er jetzt ist, fixieren wollen, so wird die Entwicklung in Zukunft immer schlechter und schlechter werden. Wenn Sie mit uns eine Reform erarbeiten, sind Sie bei uns gerne gesehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

17.44

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Marizzi. – Bitte.

17.44

Bundesrat Peter Marizzi (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Bundesminister! Ich habe Ihnen heute sehr aufmerksam zugehört und glaube, dass Sie in der Sache sehr kompetent wirken. Ich sage jetzt bewusst "wirken".

Ich habe am 8. Februar dieses Jahres im "Standard", den Sie auch kennen, über die Schließung der Bezirksgerichte gelesen, und wir haben in unserem Bezirk – es betrifft den Bezirk Neun


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kirchen – mit den politischen Mandataren der FPÖ, den Richtern, den Rechtsanwälten, den Betroffenen der Gerichte, den Beschäftigten bei den Rechtsanwälten, den Bürgermeistern eine Aussprache gehabt, denn in meinem Bezirk, sehr geehrter Herr Bundesminister, wollen Sie alle Bezirksgerichte schließen, nämlich das Bezirksgericht Aspang, das Bezirksgericht Gloggnitz und das Bezirksgericht Neunkirchen. Da kann man von keiner Zusammenlegung mehr reden, sondern das ist eine Schließung.

Ich möchte Ihnen zu dieser Aussprache, die wir gehabt haben, noch eines sagen: Von den Rechtsanwälten, von den Richtern gehörte, wenn man die Sache jetzt parteipolitisch sieht, nur eine Minderheit den Sozialdemokraten an, also die Richter und die Rechtsanwälte waren durchaus eher der Freiheitlichen Partei und der ÖVP zugeneigt. Aber auch die Mandatare der FPÖ waren unserer Ansicht, besonders Herr Abgeordneter Müller. Dieser hat sich dezidiert unserer Resolution angeschlossen, denn es kann nicht so sein, dass ein politischer Bezirk hinsichtlich einer juristischen Grundlage komplett ausgehungert wird.

Die ÖVP in unserem Bundesland – ich habe das heute in der APA nachschauen lassen – hat sich zu diesem Thema noch nicht geäußert. Ich war auch heute irgendwie enttäuscht von der ÖVP. Als Bundesrat Hagen seine großen Sorgen betreffend Gendarmerie und Polizei hier zum Ausdruck gebracht hat, wurde er von manchen Kollegen des Koalitionspartners eigentlich sehr schlecht behandelt. Ich meine, wenn jemand Abgeordneter in einem Bezirk ist und sich mit den Sorgen der Menschen auseinander setzt, dann sollte man eigentlich nicht nur über Koalitionskitt nachdenken, sondern man sollte auch in der Sache nachdenken. (Beifall bei der SPÖ.)

In der Sache, Herr Bundesminister, möchte ich Ihnen eines nicht ersparen: Wenn ich die Anfrage, die von uns gemeinsam mit Fachleuten gestaltet wurde, und Ihre Antwort dazu lese, dann kann ich feststellen, dass Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, eine sehr allgemeine Beantwortung gegeben haben.

Wir haben zum Beispiel gefragt: Welche Gerichte sind in Niederösterreich auf Grund der Strukturänderung konkret bedroht? – Dazu gab es keine Antwort.

Wurden bezüglich Schließung und Zusammenlegung schon Gespräche mit dem Land Niederösterreich aufgenommen? – Keine Antwort.

Wenn ja, gibt es schon konkrete Ergebnisse? – Keine Antwort.

Dann habe ich gefragt: Wie hoch beläuft sich die Kostenersparnis auf Grund der Schließung und Zusammenlegung von Bezirksgerichten? – Keine Antwort.

Dann weiters: Gibt es im Zuge der Umstrukturierung der Gerichtsorganisationen auch Pläne für Änderungen in der sachlichen Zuständigkeit der Gerichte? –Teilweise beantwortet.

Dann haben wir gefragt: Was passiert mit den Mitarbeitern der von der Schließung betroffenen Bezirksgerichte? – Keine Antwort.

Weiters haben wir gefragt: Welche der von der Schließung bedrohten Bezirksgerichte wurden in den letzten zehn Jahren renoviert? – Keine Antwort.

Wie hoch sind die Kosten? – Keine Antwort.

Ich könnte noch sechs oder mehr Fragen anführen, auf die nur teilweise oder keine Antwort gegeben wurde.

Herr Bundesminister! Stellen Sie sich vor, Sie sind Anwalt eines politischen Repräsentanten, beraten diesen juristisch und erhalten dann ein Allgemein-Placebo! Wenn Sie dieser juristischer Berater eines Repräsentanten wären – der Sie auch gewesen sind –, dann möchte ich nicht wissen, wie sehr Sie sich über den aufregen würden, der solche Antworten gibt, nämlich keine.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Jetzt kann man sagen: Bezirksgerichte, Finanzämter, Gendarmerieposten sind uns gar nicht so wichtig, da fahren wir drüber. In der Öffentlichkeit sagen


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wir dann – wie das auch der nette Herr Maier getan hat –, schuld sind nur die Sozialdemokraten, weil wir jetzt die Schulden abbauen müssen.

Herr Bundesminister! Begreifen Sie mit dieser ganzen Bundesregierung – die Wiener Wahlen und die burgenländischen Wahlen sollten ein Signal sein, auch wenn ich nicht unbedingt Wahlhelfer für Sie sein will –, dass die Bevölkerung diese Vorgangsweise dieser Koalition nicht akzeptiert! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Herr Maier, der hier immer wortgewaltig redet, meint, ich hätte in das Mikrophon hineingenuschelt, dass es eine Koalitionskrise gibt, nur weil ich heute "NEWS" zitiert habe, dann, Herr Bundesminister, muss ich Ihnen sagen, dass Sie das noch in vielen Zeitungen lesen werden, denn wir werden es Ihnen nicht leicht machen. Wir werden – in meinem Bezirk zumindest; und das gilt auch für die anderen Kollegen – um die Bezirksgerichte kämpfen. Und da sind uns die ÖVP und die FPÖ Wurscht! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.50

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist: Herr Bundesrat Gruber. – Bitte.

17.51

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister! Sie haben gerade vorher aus der Historie heraus das Ochsengespann erwähnt. Sie sind – ich bedaure Sie fast ein bisschen – auf Ochsentour durch die Bundesländer.

Ich habe hier die gestrige Ausgabe der "Salzburger Nachrichten". "Karussell der Gerichte" lautet die große Überschrift, und darunter steht: "Justizminister Dieter Böhmdorfer holte sich am Dienstag in Salzburg kalte Füße. Das Land will nur weiterdiskutieren, wenn das Landesgericht bleibt."

Ich möchte jetzt gar nicht auf die Vorfragen und auf die Befürchtungen meiner Kollegen eingehen, die ich selbstverständlich auch so sehe. Da erfolgt eine totale Ausdünnung im Bereich der Bezirke und der Länder, egal, ob es sich jetzt um Postämter, um Gendarmerieposten, um Bezirksgerichte oder was immer handelt. Es ist von vielen unbemerkt geblieben, dass zum Beispiel im Bereich der Telekom auf Grund einer neuen Technologie Hunderte Arbeitsplätze im Innendienst verschwunden sind. Im Land Salzburg waren es ungefähr 250 bis 300 Arbeitsplätze, die auf Grund neuer Technologien verschwunden sind. Wenn ich das umlege, sind das 10 oder 15 Postämter mit drei, vier Mitarbeitern. – Es passiert also auch in anderen Bereichen sehr viel.

Es ist auch für mich keine Frage, dass es da und dort Handlungsbedarf gibt, dass es keinen Stillstand geben darf und dass Veränderungen passieren müssen. Es kann aber nicht so sein, dass man zuerst einmal zur Presse, zu den Medien geht, Leute verunsichert, Pläne ausschickt – ich war selbst bei einer Veranstaltung des Städtebundes im Rathaus, wo Ihr Herr Ministerialrat uns dieses Konzept vorgestellt hat –, und dann sagt: Na ja, das ist einmal eine Überlegung, das ist ein Konzept, aber die Landesregierungen entscheiden, es entscheidet der Landeshauptmann. (Bundesrat Weilharter: So ist es aber!)

Ich bin der Meinung, verehrte Kollegen, dass man da auf der falschen Seite anfängt. Da muss man einmal die Decke drübergeben, dann muss man mit den Landesregierungen sprechen und deren Bereitschaft erkunden. Da das Mitspracherecht bei den Ländern liegt, muss man dort einmal die Bereitschaft erkunden (Bundesrat Weilharter: Die ist aber nicht vorhanden! – Bundesrat Dr. Böhm: Die ist nicht vorhanden!), und wenn man diese Bereitschaft erkundet hat, dann muss man sich zusammensetzen und ein Konzept erarbeiten. Dann können wir damit an die Öffentlichkeit gehen, dann können wir vernünftig darüber reden, dann können wir sagen, dieses eine Bezirksgericht in XY oder jenes Bezirksgericht befindet sich heute nicht mehr auf dem Stand der Dinge. Dann kann man darüber reden, dass man zusammenlegt, dass man die Qualität verbessert.


Bundesrat
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Aber es kann natürlich nicht so sein, Herr Justizminister, dass diese Konzepte einmal an die Öffentlichkeit gehen, und dann sagt jeder, ja, wir müssen sparen, wir müssen den Gürtel enger schnallen, aber jeder versucht, beim anderen den Gürtel enger zu schnallen. Das kann es nicht sein. Diese Methode scheint aber hier Platz gegriffen zu haben.

Ich habe da den Bericht, der nach Ihrem Besuch in Salzburg erschienen ist und in dem natürlich die Forderungen des Landes Salzburg stehen, dass man sich nicht damit begnügen wird, nur mehr ein Regionalgericht statt eines Landesgerichtes zu haben, dass man sich nicht damit begnügen wird, in jedem Bezirk nur mehr ein Bezirksgericht zu haben, sondern man will mindestens zwei Gerichte in den Bezirken haben, und nur dann wird man dieser Sache zustimmen. Ich glaube – und darum würde ich Sie sehr bitten –, man sollte wirklich zuerst Gespräche und Verhandlungen führen, sollte Nägel mit Köpfen machen, und wenn das geschehen ist, dann sollte man an die Öffentlichkeit gehen, das vorstellen und die Leute in Österreich, in den einzelnen Bundesländern und in unseren Bezirken nicht verunsichern. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.55

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte.

17.55

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Wenn Sie schon meinen, die Bevölkerung sei verunsichert, dann möchte ich wenigstens diesen Raum hier nicht verlassen, ohne Ihnen jede Verunsicherung genommen zu haben. Ich bitte Sie, die Bevölkerung nicht zu verunsichern, weil das wirklich sehr ungerecht wäre und Sie ein Spiel machen würden, das ich nicht gerne sehen würde. Unser Prinzip ist es nämlich, die Bevölkerung optimal zu informieren und auch rechtlich optimal zu versorgen. Uns ist die Bevölkerung, Herr Bundesrat Marizzi, nicht "wurscht", auch wenn Sie solche Ausdrücke in Bezug auf politisch Andersdenkende gebrauchen.

Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir Ihnen die Liste übersendet haben, die jene Bezirksgerichte enthält, deren Zusammenlegung wir vorschlagen. Ich füge aber in einem Atemzug hinzu: Ich will nicht in den Verdacht kommen, hiemit einem Landeshaupt etwas nahe zu legen. Er soll bitte jeweils gemeinsam mit seinen Landesregierungsmitgliedern selbst entscheiden, welche Rationalisierungsmaßnahmen ihm im Interesse der von ihm versorgten Bevölkerung richtig zu sein scheinen.

Sie können davon ausgehen, dass wir bei unseren Vorschlägen bleiben und dass sie wohl durchdacht sind. Sie können aber auch – das möchte ich schon festhalten – andere Vorschläge machen, aber dann müssen Sie mit uns reden. Es liegt eine Einladung vor, dass Sie zu uns ins Ministerium oder wir zu Ihnen in die Klubs kommen und Ihnen genau unsere Argumente – wir haben dazu einen eigenen Lichtbildervortrag – vortragen. Wir sind hinter diesem Konzept natürlich her, aber wir werden es nicht ewig verfolgen können, wenn die Landeshauptleute und die Landesregierungen signalisieren, sie wollen keine Modernisierung.

Wenn Sie nach den Kosten fragen, so kann ich Ihnen diese Frage deshalb nicht beantworten, weil sie erstens für uns nicht im Vordergrund der Überlegungen stehen und wir zweitens nicht wissen, zu welchen Zusammenlegungen sich die Landeshauptleute bereit finden. Wir können Ihnen aber Folgendes sagen: Wenn wir jene 29 Bezirksgerichte Österreichs, die nicht einmal einen Richter auslasten, zusammenlegen könnten, dann würden wir uns bestimmt 30 Millionen Schilling ersparen. Darauf kommt es aber, wie Sie wissen, nicht an, sondern es kommt darauf an, dass die Richter dort ausgelastet sind.

Wir unterscheiden bei den Gerichten zwischen dem Normalanfall und dem Sonderanfall. Der Sonderanfall sind jene Akten, die nur ein Richter bearbeiten kann. Was glauben Sie, wie viele Gerichte wir haben, wo es nicht einmal einen Akt pro Tag gibt – wir rechnen dabei nur 220 Arbeitstage –, den ein Richter bearbeiten muss? – Es sind 23! Das ist also eine erkleckliche Zahl. Nicht einmal ein Richterakt fällt dort – pro Tag – an.


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Es wäre eine verantwortungslose Politik, wenn wir Ihnen und der Bevölkerung verschweigen würden, wie sehr die Gerichtsorganisation ins Hintertreffen geraten ist. Wir sind Schlusslicht in Europa. Wenn wir den Bevölkerungsschnitt ohne Wien auf die Gerichtssprengel umlegen, fallen auf jedes Bezirksgericht in Österreich 36 000 Einwohner. In Bayern sind es 169 000 pro Amtsgericht. Sie können sich vorstellen, dass die Entwicklung dort natürlich auch nicht unbedacht vorangetrieben wurde. In ganz Europa ist das so: in Luxemburg, in Holland, in Frankreich, in Deutschland im Schnitt. Nur in Slowenien ist die Organisation ähnlich schlecht; da hat man 42 000 Einwohner pro Eingangsgericht. (Präsident Ing. Klamt übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben all das überlegt, und es ist nicht richtig, sehr geehrter Herr Bundesrat Gruber, dass wir uns in Salzburg kalte Füße geholt hätten. (Bundesrat Gruber: Ich habe die "Salzburger Nachrichten" zitiert!) Ich kann es nicht verhindern, dass eine Zeitung, die natürlich an Konflikten interessiert ist, das so schreibt. Der Herr Landeshauptmann hat ausdrücklich erklärt, dass er den Reformbedarf anerkennt. Ich wiederhole an Sie die Einladung, sich unsere Argumente anzusehen, und zwar sind das Argumente, die wir im Interesse der Bevölkerung anbringen und nicht gegen die Interessen der Bevölkerung.

Nochmals, damit es niemand überhören kann: Es geht uns nicht um das Geld. Natürlich können wir auch einiges einsparen, aber es geht uns um die bessere rechtliche Versorgung der Bevölkerung. Wenn diese nicht eintritt, liegt die Verantwortung nicht beim Bundesminister für Justiz. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

18.00

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Horst Freiberger. Ich erteile es ihm.

18.00

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Aus steirischer Sicht ist die Situation zurzeit so, dass von 35 Bezirks- und drei Landesgerichten auf Grund des Vorschlags aus Ihrem Ministerium, Herr Bundesminister, künftig neun so genannte Eingangsgerichte in den Ballungsräumen bestehen sollen.

Wenn man diese Liste betrachtet, die heute schon mehrmals erwähnt wurde – ich verstehe da Kollegen Weilharter nicht, er muss einen politischen Masochismus entwickelt haben, wenn es darum geht –, sieht man Folgendes: Für den Bezirk Murau scheint das Gericht überhaupt nicht mehr auf, das ist bei Judenburg angehängt. Der Bezirk Murau hat zurzeit drei Gerichtstandorte, nachher gibt es ihn als Gerichtsstandort überhaupt nicht mehr. Detto geht es – ich füge wieder hinzu: nach diesem Vorschlag – so großen Bezirken wie Weiz, Mürzzuschlag und Fürstenfeld.

Wo Bezirkshauptstädte sind, ist von Gerichten ... (Bundesrat Weilharter: Gibt es, oder gibt es nicht?) Diesen Vorschlag gibt es. (Bundesrat Weilharter: Nein, als Standort!) Du weißt nicht, ob es bei dir im Bezirk noch drei Gerichte gibt? – Es gibt sie noch. (Bundesrat Weilharter: Nein, ich weiß es wohl!) Dann frage nicht, wenn du es weißt. Von deinem Masochismus habe ich deshalb gesprochen, weil du zu diesen neuen Vorschlägen ständig applaudierst. Das ist es, was ich nicht verstehe. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Es ist nach diesem Vorschlag des Bundesministeriums wie gesagt so, dass einige Bezirke in der Steiermark keine Gerichtsstandorte mehr haben sollen. Es soll auf neun reduziert werden. Das ist für uns einfach nicht annehmbar.

Ich erinnere mich noch an die Aufführungen unseres ehemaligen Kollegen Tremmel hier, seines Zeichens FPÖ-Bundesrat. Mit einer – wie heißt das im Theater? (Bundesrat Konecny: Tremolo?)  – wirklich schauspielhaften Darbietung, mit einer Dramaturgie, die eher ins Burgtheater als hierher gehört hätte, hat er um die Kleinstgerichte gekämpft. Das wäre wirklich serienreif gewesen. (Bundesrat Marizzi: Dafür hätte ihm der Iffland-Ring gebührt!) Und jetzt muss man sich diesen geistigen Wandel anschauen – vor allem dass Kollege Weilharter damals applaudiert hat, war überhaupt das Schärfste. Auf seine heutige Haltung dazu soll sich jeder selbst seinen Reim machen.


Bundesrat
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676. Sitzung / Seite 118

Herr Bundesminister! Wir sind natürlich nicht so engstirnig, zu sagen, dass man bei Kleinstgerichten nichts tun soll. Selbstverständlich muss man Strukturen vernünftigerweise anpassen. Aber grundsätzlich sollte man meiner Ansicht nach überall dort, wo Bezirkshauptmannschaften angesiedelt sind, auch Bezirksgerichte installiert haben. Das wäre ein der Verwaltungsstruktur entsprechender Vorschlag, der in der Bevölkerung völlige Akzeptanz finden würde, bei dem die Bevölkerung nicht das Gefühl der Drüberfahrens hätte und der auch nicht das Aushungern der Regionen bedeuten würde. Von diesem Aushungern wurde heute schon mehrmals gesprochen. (Zwischenruf des Bundesrates Dipl.-Ing. Missethon. ) In Leoben? – Hier steht es zufällig drauf. (Heiterkeit bei Bundesräten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Bürgernähe müsste auch in den Bezirksstädten, in den Bezirksregionen erhalten bleiben, und somit wäre auch der leichtere Zugang zum Recht gewährt. Würde man alles in Ballungsräume absiedeln, dann wäre es nicht nur so, dass die Gerichtsbeamten, die am Gericht Beschäftigten dort ihre Arbeit finden würden, das hätte auch weitere Folgewirkungen. Es würden sich dann auch die Rechtsanwaltskanzleien absiedeln. Man hungert also Regionen, vor allem ländliche Gebiete, aus. Die Mitarbeiter in diesen kleineren Einheiten sind hoch motiviert und arbeiten sehr bürgerfreundlich. Man würde damit also eine Struktur zerstören, die die Bevölkerung gerne so, wie sie jetzt ist, beibehalten möchte.

Ihr Vorschlag, wie er jetzt vorliegt, bedeutet höhere Kosten für die Rechtssuchenden und weitere Wege zu den Gerichten. Das Aushungern der Regionen im Fall der Schließung habe ich bereits erwähnt. Es käme dann zu einer zusätzlichen Förderung in Ballungsräumen und -gebieten, wo sich sowieso schon alles befindet, wo alles pulsiert, wo sich alles entwickelt, wo die Eigendynamik sehr groß ist. Es wäre daher viel sinnvoller, diese Organisationseinheiten in den schwachen, ländlichen Regionen zu belassen, und zwar unter der Formel: Überall dort, wo eine Bezirkshauptmannschaft ist, sollten auch Bezirksgerichte – oder in Zukunft Eingangsgerichte – situiert werden.

Das bedeutet darüber hinaus eine Einbuße an Lebensqualität in ländlichen Regionen und überhaupt eine Verletzung des Prinzips der sozialen Verteilungsgerechtigkeit. Wie ich schon erwähnt habe ... (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Gerichte bringe ich selten in Verbindung mit Lebensqualität!) Das ist keine Einbuße an Lebensqualität, wenn man in der Region keine Verwaltungseinheiten oder Gerichte vor Ort hat? (Bundesrat Ledolter: Wie oft braucht denn ein Normalbürger das Gericht? Da gibt es einen statistischen Wert! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wenn sich Rechtsanwaltskanzleien auf Standorten von Gerichten ansiedeln und damit Arbeit verbunden ist, ist das keine Lebensqualität? – Ein bisschen nachdenken, bevor man Zwischenrufe macht! (Beifall bei der SPÖ.)

Das Prinzip der sozialen Verteilungsgerechtigkeit wird mit diesem Vorschlag verletzt, weil dadurch die Förderung in den Ballungszentren unterstützt wird und die ländlichen Gebiete ausgehungert werden. (Bundesrat Dr. Nittmann: Die SPÖ als strukturkonservative Partei ...!)

Die SPÖ hat im Steirischen Landtag bereits einen Antrag eingebracht, der sich mit dem Thema beschäftigt, um nach dem Vorschlag, den ich auch erwähnt habe, die Gerichtsstandorte in der Steiermark zu erhalten. Einige Länder haben sich bereits verstärkt und dezidiert gegen die Schließungen ausgesprochen. In der Steiermark ist der Landeshauptmann ein bisschen zurückhaltender, von dort ist sozusagen noch kein "Pieps" gekommen. Es ist so, dass die von Ihnen, Herr Bundesminister, gewünschten Gesprächstermine in einigen Bundesländern schon vereinbart wurden. Hier muss ich der steirischen Landeshauptfrau folgenden Vorwurf machen: In der Steiermark ist meines Wissens noch kein Termin zu Stande gekommen oder nicht einmal der Versuch dazu unternommen worden, damit man rasch die Verhandlungen über dieses ernste Thema beginnt. Da sind uns andere Bundesländer voraus.

Es gibt aber selbstverständlich regionale Initiativen, auch ganz konkrete aus meinem Bezirk: Dort haben sich selbstverständlich die am Gericht Beschäftigten, die Richter, aber auch die Rechtsanwälte und vor allem die Stadtgemeinde Fürstenfeld zusammengetan und eine Initiative zur Erhaltung des Bezirksgerichtes gestartet. Dort sagt Bürgermeister Dr. Höllerl, übrigens ein ÖVP-Bürgermeister, in einem Zeitungsartikel: "Wir werden" für unser Bezirksgericht "kämpfen


Bundesrat
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bis zum Umfallen". – Jetzt haben ÖVP-Politiker das Umfallen schon an sich. Ich hoffe, dass er in seiner Haltung nicht umfallen wird. (Bundesrat Würschl: Für die ÖVP ist das kein Problem!) Aber wir werden ihn in dieser Frage über die Parteigrenzen hinweg sehr stark unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir werden uns nach der genannten Maxime richten, dass überall dort, wo eine Bezirkshauptmannschaft ist, auch ein Bezirksgericht – in Zukunft ein Eingangsgericht – sein soll. Dabei ist gegen diesen Reformansatz, gegen diese Eingangsgerichte nichts einzuwenden. Aber eine Reduzierung auf neun halte ich für übertrieben. Deshalb bin ich dafür, dass ein Bundesland ... (Zwischenruf des Bundesrates Weilharter. ) Im Vorschlag des Ministeriums ist es so enthalten. Ich kann nur zu dem Stellung nehmen, was bis jetzt auf dem Tisch liegt.

Wir SPÖ-Politiker werden auf jeden Fall alle Initiativen unterstützen, damit dieser Kahlschlag nicht passiert. (Beifall bei der SPÖ.)

18.09

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster hat sich Herr Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer zu Wort gemeldet. – Bitte.

18.09

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Herr Bundesrat Freiberger! Ich möchte auf das eingehen, was Sie gesagt haben. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass die Idee, die wir verbreiten und verfolgen müssen, nicht von uns stammt. Sie ist natürlich sachpolitisch orientiert, sie ist eine Frage der Justizpolitik.

Ich kann Ihnen versichern, dass ich mich aus Ihrer Sicht sicherlich in keiner schlechten Gesellschaft befinde, denn die Reformschritte wurden unter Broda eingeleitet. (Oh-Ruf bei der ÖVP.) Er hat in Niederösterreich und in anderen Bundesländern diesbezüglich Erfolge gehabt, vor allem in Kärnten und in Niederösterreich. Aber es war damals, in den Jahren 1977 bis 1979, schon ihm zu wenig, und es muss auch mir zu wenig sein. Ich verfolge hier nur eine rein sachpolitische Linie. Ich darf Ihnen Folgendes sagen: Es gibt eine wissenschaftliche Untersuchung, die der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz auch verbreitet und deren Ergebnis er in einem Brief festgehalten hat. Danach steigt das Vertrauen der Bevölkerung dort, wo Bezirksgerichte zusammengelegt werden. Konkret betrifft das in diesem Fall das Verhältnis von Niederösterreich zu Oberösterreich.

Landeshauptmann Pröll hat sich vor einem Jahrzehnt zu einer Zusammenlegung von 14 Bezirksgerichten entschlossen – nein, das war Landeshauptmann Ludwig; ich bitte um Entschuldigung. Es wurde dann ein Vergleich mit Oberösterreich angestellt, und dieser Vergleich hat auf wissenschaftlicher Basis ergeben, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Rechtsprechung in Niederösterreich gestiegen ist und im Verhältnis zu Oberösterreich eben besser ist. – Deutlicher kann ich es Ihnen nicht sagen.

Es gibt hiefür rein sachpolitische Überlegungen. Als ich vor zirka 13 Monaten in dieses Amt gekommen bin, musste ich die Frage, welche Position ich beziehe, in der Öffentlichkeit beantworten: Bin ich für die Beibehaltung, oder bin ich für die Zusammenlegung? – Als Sachpolitiker, der in sachpolitischen Fragen objektiv denken muss, konnte ich mich nicht anders entscheiden, als für die Zusammenlegung zu sein.

Sie müssen auch bedenken, dass die Entwicklung auf dem Gebiet der Rechtsprechung Spezialwissen erfordert, und zwar zunehmend nicht nur von Rechtsanwälten, sondern auch von Richtern. Sie können an einem Gericht, wenn Sie als Einzelner dort tätig sind, nicht mehr dieses Spezialwissen mitbringen. Das geht einfach nicht mehr.

Sie müssen auch bedenken, dass die internationale Entwicklung eine andere ist. Eine Spezialisierung der Richter erfordert auch eine gewisse Mindestgröße von Bezirksgerichten, und diese Mindestgröße liegt für uns bei zirka zehn Richtern. Natürlich kann man in Einzelfällen darunter


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gehen, und auch Deutschland geht teilweise darunter. Aber im Prinzip können Sie davon ausgehen, dass Ihnen jeder erfahrene Richter die Antwort geben wird, dass Gerichte mit einer Besetzung in der Größenordnung von zehn bis zwanzig Richtern die Idealbesetzung haben. Daran müssen wir uns orientieren.

Letztlich ist es auch ein Ergebnis der Entwicklung in der EU. Wir hatten vor wenigen Tagen ein Gespräch mit der deutschen Botschafterin. Sie hat gesagt, auch in Deutschland war es so, dass die Bevölkerung in den ersten Jahren der EU-Mitgliedschaft überrascht war, welche Entwicklungen im Bereich der Verwaltungsreform und auch in anderen Gebieten ausgelöst worden sind. Jetzt, nach längerer Mitgliedschaft, hat sich die Bevölkerung in Deutschland daran gewöhnt, dass solche Entwicklungsschübe ausgelöst werden.

Da Sie von Leoben sprechen, möchte ich Folgendes feststellen: Es ist nicht so, dass wir dort einfach nur zusammenlegen. Gerade in Leoben bauen wir eine sehr moderne Justizanstalt, deren Planung schon abgeschlossen ist. In Wien verkleinern wir die Gerichtsgrößen; wir wollen zu Gerichtsgrößen um zirka zehn bis zwanzig Richtern hinkommen, weil manche Gerichte zu groß sind. Wir haben in Salzburg ein Gericht, das nur – statistisch gesehen – 0,4 Richter auslastet, und in Wien ein Gericht, das 48 Richter beschäftigt. Beide Gerichte sind Bezirksgerichte. Das kann man so nicht stehen lassen.

Ich muss an Ihre Bereitschaft appellieren, dem Rechtsstaat in Österreich einen guten Dienst zu erweisen, und bitte Sie, sich unsere Argumente anzuhören.

Es ist auch falsch, dass die Rechtsanwälte wegsiedeln würden. Die Rechtsanwaltskanzleien entstehen und etablieren sich dort, wo Arbeit ist. Wo aber die Arbeit nicht mehr vorhanden ist, um auch nur einen Richter auszulasten, wird auch keine Rechtsanwaltskanzlei mehr vorhanden sein. Es gibt leider auch Bezirkshauptmannschaften, die in ihrem Sprengel ein Gericht haben, das nicht einmal einen Richter auslastet. Das müssen wir bedenken. Es gibt Härtefälle in beiden Richtungen, zum Beispiel Reutte in Tirol, Lungau in Salzburg; aber das Bezirksgericht Radkersburg in der Steiermark lastet nicht einmal einen Richter aus, obwohl es dort eine Bezirkshauptmannschaft gibt.

Mit der Formel, die immer wieder vorgebracht wird – eine Bezirkshauptmannschaft soll auch ein Gericht aufweisen –, müssen und wollen wir uns beschäftigen. Aber wir müssen auch die Toleranz und die Bereitschaft haben, dass wir in beiden Richtungen Härtefälle prüfen. Hier kommen wir uns schon etwas näher. Dass ich aber als Justizminister noch ehrgeiziger bin, als einen Kompromiss zu erzielen, das müssen Sie mir, bitte, auch zugestehen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

18.15

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Klaus Gasteiger zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

18.15

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Es ist bereits sehr vieles gesagt. In aller Kürze zu Tirol: Auch in Tirol wurden in der Vergangenheit Kleinstgerichte wie zum Beispiel Ried im Oberinntal, Steinach und andere mit der Zustimmung der Landesregierung abgeschafft. Daraus ist ersichtlich, dass sich das Land Tirol einer sinnvollen Reform der Gerichtsorganisationen nicht grundsätzlich verschließt.

In der Sitzung des Tiroler Landtages vom 22. März 2001 wurde mit der verfassungsmäßigen Mehrheit Folgendes beschlossen – ich darf zitieren –: Die Tiroler Landesregierung wird aufgefordert, in den für eine Änderung der Gerichtsorganisation erforderlichen Verhandlungen mit dem Bundesminister für Justiz auf die besondere verkehrsgeographische Lage Tirols hinzuweisen und im Besonderen den Erhalt der Bezirksgerichte überall dort sicherzustellen, wo eine Bezirksverwaltungsbehörde ihren Sitz hat, einem Gericht eine besondere, zentral örtliche Bedeutung zukommt oder dieses weit vom Zentralraum entfernt liegt.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, das sagt eigentlich alles aus. Der Tiroler Landtag hat hiemit seine Hausaufgabe gemacht und getan.

Es gibt nur eines – und das ist gut –, nämlich diese Liste des Städtebundes, in der die Bezirksgerichte, die betroffen sind, endlich einmal aufgelistet worden sind. Da leider Gottes aus dem Vorarlberger Landtag kein sozialdemokratischer Bundesrat hier anwesend ist, habe ich mir erlaubt, für die Sozialdemokraten Vorarlbergs diesen Antrag einzubringen. Ich kenne zwar nicht den Stand der Verhandlungen, aber ich nehme an, der Vorarlberger Landtag wird seine Hausaufgaben genauso engagiert machen, wie heute unser Herr Kollege Hagen die Gendarmerieposten verteidigt hat. So werden, glaube ich, auch die Bezirksgerichte zu verteidigen sein.

Herr Bundesminister! Schlichtweg: Die Anfragebeantwortung war eine Farce. Sie ist sehr global gehalten und hat für alle Beteiligten eigentlich sehr unbefriedigend gewirkt.

Ich darf gemäß § 60 Abs. 6 der Geschäftsordnung des Bundesrates folgenden Antrag stellen:

Antrag

gemäß § 60 Abs. 6 GO-BR der Bundesräte Klaus Gasteiger und Genossen auf Nichtkenntnisnahme der Anfragebeantwortungen

Die unterzeichneten Bundesräte stellen den Antrag, die Anfragebeantwortungen 1633/AB-BR/01 bis 1640/AB-BR/01 nicht zur Kenntnis zu nehmen.

*****

Dieser Antrag liegt dem Herrn Präsidenten vor. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.17

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon zu Wort gemeldet. – Bitte.

18.18

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kollege Marizzi und Kollege Freiberger haben mich dazu motiviert, dass ich noch einmal an das Rednerpult gehe (Bundesrätin Schicker: Noch einmal? Das erste Mal!), weil mir das Vokabular sehr bekannt vorkommt, nämlich das Vokabular mit der "Ausdünnung einer Region" und – da bin ich besonders hellhörig – "wir werden kämpfen". (Bundesrat Freiberger: So sind wir!)

Ich erzähle Ihnen etwas von der Obersteiermark und der Stadt, aus der ich komme, aus Leoben, aus der ehemaligen verstaatlichten Industrie. (Bundesrat Konecny: Das ist aber nicht der Gegenstand der Debatte!) Nein, nein – warte nur, ich komme schon noch auf den Punkt. (Bundesrat Freiberger: Heute eine erfolgreiche ...!)  – Dort haben wir in den letzten 20 Jahren  (Bundesrätin Schicker: Ihr Partner hat dort sehr gut verdient! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich weiß schon, dass Sie jetzt nervös werden. Zu Recht werden Sie da nervös, geschätzte Frau Kollegin! In den letzten 20 Jahren haben wir im Werk Donawitz – hören Sie zu, geschätzte Kolleginnen und Kollegen (Bundesrätin Schicker: Was hat das mit Bezirksgerichten zu tun?)  – 5 000 Mitarbeiter abgebaut: unter einem sozialistischen Bundeskanzler, unter einem sozialistischen Verstaatlichtenminister, mit sozialistischen absoluten Mehrheiten in den Städten, mit sozialistischen Personalvertretern und Betriebsräten. 5 000 allein im Werk Donawitz! (Bundesrat Freiberger: Und euer Koalitionspartner hat gesagt: zusperren!) Das hat Auswirkungen gehabt: Wir haben heute in der Stadt Leoben 10 000 Einwohner weniger. (Bundesrätin Schicker: Aber immer noch die Mehrheit der SPÖ! Das hören Sie nicht gern! Das wollen Sie nicht hören!)


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Geschätzte Damen und Herren! Dort kann die Regierung nichts mehr "ausdünnen". Das haben die Sozialisten für uns erledigt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Ich glaube, wir können aus diesem Prozess der Regionalentwicklung lernen. Dies ist nämlich dadurch zu Stande gekommen, dass die Politik Monokultur gefördert hat. Wir haben in Leoben zwei große Moloche gehabt, das waren die VOEST-Alpine und der "Konsum". Des "Konsums" – damit wollen Sie wahrscheinlich auch nichts mehr zu tun haben – haben Sie sich entledigt. (Bundesrat Dr. Nittmann: In den Bankrott getrieben!)

Wir haben die Verstaatlichte gehabt. Ich höre die Worte "Wir werden kämpfen um die Verstaatlichte" der sozialistischen Betriebsräte heute noch. (Bundesrätin Schicker: Und es gibt sie noch! Es gibt das Werk Donawitz noch! Dafür haben wir gekämpft! Sie haben nichts dazu beigetragen, dass noch 2 000 Arbeitsplätze dort sind!) Darum bin ich sehr hellhörig, wenn hier Herr Marizzi sagt, wir werden kämpfen. Denn das ist die beste Gewähr dafür, dass wieder keine Veränderungsbereitschaft gegeben ist und das gleiche Endergebnis herauskommt. (Beifall des Bundesrates Ing. Grasberger. ) Ich bin daher sehr froh – da unterstütze ich die Regierung –, dass wir die Strukturen in der öffentlichen Verwaltung ohne Wenn und Aber durchleuchten und genau anschauen.

Jetzt sage ich noch etwas: Wir haben auch ein Bezirksgericht in Leoben, nämlich in Eisenerz. Dort gibt es 30 Urteile – aber nicht im Monat, sondern im Jahr. Jetzt erklären Sie mir bitte noch einmal, welchen Sinn es hat, wenn in der Stadt Leoben ein neues Justizgebäude und ein Justizzentrum gebaut werden. Mit welcher Begründung ist dieses Bezirksgericht, das vielleicht 30 km von Leoben entfernt ist, aufrechtzuerhalten? (Bundesrat Ledolter: Das ist Lebensqualität!) Dies ist mir völlig unverständlich.

Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, wir müssen die Strukturen in der öffentlichen Verwaltung sehr genau betrachten. Und dort, wo Konsequenzen zu ziehen sind, ist dies auch zu tun. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.22

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Engelbert Weilharter zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

18.22

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Diese Vorgangsweise ist eigentlich für die sozialdemokratische Fraktion entlarvend: Sie haben als Ländervertreter für sieben Bundesländer Anfragen gestellt, und Sie haben eine Besprechung der sieben Antworten auf diese Fragen verlangt. (Bundesrätin Schicker: Das ist echter Föderalismus!) Ich verkenne nicht, Frau Kollegin, dass Wien in einer völlig anderen Situation ist und einer anderen Beurteilung unterliegt. (Bundesrat Konecny: In Wien werden keine gesperrt!)

Es ist aber auch nicht zu verkennen, Herr Kollege Konecny, dass es Ihnen in dieser Frage nicht um die Sache geht, sondern um reinen Aktionismus. (Bundesrat Konecny: Soll ich fragen, welche in Wien zusammengelegt werden, damit der Minister sagen kann: Keine!?) Es hat zwar Kollege Gasteiger versucht, die Situation des Bundeslandes Vorarlberg kurz zu streifen, er hat aber gleichzeitig einschränkend festgestellt, dass ihm die Vorarlberger Position zu dieser Frage nicht bekannt ist. Aber er geht auf alle Fälle davon aus, dass die Vorarlberger kämpfen werden.

Meine Damen und Herren! Wenn ihm die Vorarlberger Position nicht bekannt ist, dann frage ich mich: Woher hat Kollege Gasteiger die Information, dass Vorarlberg in dieser Frage kämpfen wird? (Bundesrat Freiberger: Von Andreas Hofer! – Bundesrat Konecny: Wir werden alles daransetzen, dass sie bei der nächsten Landtagswahl wieder einen Bundesrat bekommen!)

Meine Damen und Herren! Kollege Gstöttner, dem ich durchaus eine gewisse Sachlichkeit attestiere, hat als Erstredner gemeint, dass er mit der Beantwortung nicht einverstanden oder, besser gesagt, nur zum Teil einverstanden ist. Herr Kollege Gstöttner! Es ist Ihnen freigestellt,


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ob Sie mit der Antwort des Bundesministers zufrieden sind oder nicht, aber allein die Bemerkung, dass Ihre Fragen nicht beantwortet wurden, ist schlichtweg falsch. Fünf Seiten Anfragebeantwortung – wir haben sie alle vor uns liegen – sind Beleg mehr als genug. (Bundesrätin Schicker: Fragen sind nicht beantwortet! Da kann ich zehn Seiten schreiben und nichts aussagen!)

Allein Ihre Aussage, Herr Kollege Gstöttner, dass Gerichte geschlossen werden, ist falsch. Der Herr Bundesminister hat klargestellt, dass es sich um Zusammenlegungsvorschläge und um keine Schließungen handelt und dass außerdem ohne Zustimmung der Länder, sprich des Landeshauptmannes, nichts passieren kann.

Frau Kollegin Schlaffer hat sehr dramatisch die Situation des Burgenlandes geschildert. Sie sprach wörtlich von der Aushöhlung des ländlichen Raumes. Frau Kollegin! Ihre Feststellung, dass ein Gerichtsstandort, ein Bezirksgericht als Frequenzbringer für die Wirtschaft erforderlich ist, ist falsch und entspricht nicht den Tatsachen. Der Herr Bundesminister hat ausgeführt, wie groß die Frequenz der Gerichte in Österreich ist.

Zweitens muss angemerkt werden: Niemals kann ein Gerichtsstandort, ein Gericht die jahrzehntelang verfehlte Wirtschaftspolitik kompensieren. Es ist falsch, ein Gericht zu verlangen, damit die Wirtschaft im Burgenland funktioniert. (Bundesrätin Schlaffer: Das habe ich nicht gesagt!)

Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Trunk – sie ist derzeit nicht im Saal – hat angemerkt, sie mache sich Sorgen. Ich sage, meine Damen und Herren, ich mache mir viel mehr Sorgen um Kollegin Trunk. Es hat schon einmal nicht mit dem Kärntner Parteivorsitz funktioniert. (Bundesrat Gruber: Das ist nicht Ihr Thema!) Wenn heute Kollegin Trunk hier am Rednerpult davon spricht, dass sie inhaltlich der Meinung des Kärntner Landeshauptmannes ist, dann meine ich, Frau Kollegin Trunk ist vielleicht inhaltlich auf dem richtigen Weg. Aber ich glaube – die Frau Kollegin wird es im Protokoll nachlesen, und Sie werden es ihr sagen –, gerade jene Position, die sie eingenommen hat, wird ihrer Karriere innerhalb der SPÖ nicht dienlich sein. Ich mache mir daher Sorgen um Kollegin Trunk, denn ihre Ausführungen werden ihrer Karriere sicher nicht dienlich sein. (Bundesrat Freiberger: Stehen Sie auf sie? War das eine Liebeserklärung?)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Kollege Marizzi – er ist hier – hat versucht, konkrete Antworten einzumahnen. Herr Kollege Marizzi! Sie mahnen konkrete Antworten ein. Ich frage mich: Was sind Sie, Herr Kollege, für ein Ländervertreter, wenn Sie beim Bundesminister eine Antwort auf eine Frage einmahnen, für die er nicht alleine zuständig ist? Denn es wurde schon gesagt, die Zuständigkeit liegt selbstverständlich auch beim jeweiligen Landeshauptmann.

Meine Damen und Herren! Allein die Tatsache, dass Sie eine Antwort einfordern und einmahnen, obwohl das Regierungsmitglied nicht zuständig ist, ist entlarvend (Bundesrat Thumpser: Ein Satz noch, dann haben wir fünf Seiten! Mich wundert wirklich nichts mehr!), und zwar, Herr Kollege, entlarvend dafür, worum es Ihnen in dieser Frage geht: Es geht Ihnen um reinen Aktionismus.

Kollege Gruber aus Salzburg hat nach meiner Beurteilung in einer, wie ich meine, durchaus passablen Weise aufgezeigt, dass die Kompetenzen für die Gerichtsstandorte selbstverständlich beim Landeshauptmann liegen. Herr Kollege Gruber! Ich würde Sie nur bitten: Wenn Sie schon den richtigen Weg erkannt haben, dann gehen Sie ihn auch. Befragen Sie den Landeshauptmann, bevor Sie in dieser Frage den Bundesminister kontaktieren!

Meine Damen und Herren! Kollege Freiberger aus der Steiermark hat davon gesprochen, dass in meinem Bezirk drei Bezirksgerichte von der Schließung betroffen wären. Herr Kollege Freiberger! Ich wiederhole: Von der Schließung ist kein Bezirksgericht betroffen. Es kann im Zuge der Strukturreform natürlich zu Eingliederungen kommen. (Bundesrat Freiberger: Aber haben tust du keines mehr! Ich lese dir deine alten Reden vor!)

Aber, Herr Kollege Freiberger, ich kann dir versichern: Uns im Bezirk Murau, der Bevölkerung meines Heimatbezirkes geht es nicht darum, ob es drei Bezirksgerichte im Bezirk gibt, sondern, Frau Kollegin Schicker, wir wollen – völlig egal, wo sich das zuständige Gericht befindet – mehr


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Rechtssicherheit, und wir wollen kompetente Gerichte haben. Wir, die gesamte Bevölkerung des Bezirkes Murau vertrauen der unabhängigen Justiz und unserem Justizminister, denn wir sind in all diesen Fragen bei den unabhängigen Gerichten und bei unserem Minister besser aufgehoben und werden durch sie besser informiert als durch Ihre Fragestellung. (Bundesrat Freiberger: Ich lese dir deine Reden vor, die du vor drei Jahren gehalten hast! – Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.31

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster hat sich Herr Vizepräsident Jürgen Weiss zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

18.31

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon ein Jammer: Herr Kollege Gasteiger von der sozialdemokratischen Fraktion wollte vorhin etwas aus Vorarlberg hören, und jetzt ist er nicht da. Ich wollte ihm Folgendes sagen: Ob der Vorarlberger Landtag die von ihm urgierten Hausaufgaben machen wird, das soll er unsere eigene Sorge sein lassen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich teile die Einschätzung des Herrn Bundesministers für Justiz, dass es problematisch ist, die Neuordnung der Gerichtsstruktur mit der Punze der Einsparung zu versehen. Es wird häufig, auch in den Medien, der Eindruck erweckt, als ob da Milliardenbeträge zu holen wären. Es ist vom Rechnungshof hinreichend dokumentiert, dass es Einsparungen gibt, aber ebenso, dass sie nicht übertrieben hoch anzusetzen sein werden. Er hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es um eine inhaltliche Optimierung der Gerichtsbarkeit geht.

Ich halte es aber für ebenso problematisch, Herr Bundesminister, dass die Optimierung der Gerichtssprengelgröße mit der Frage, ob es in den einzelnen Bundesländern noch Berufungsinstanzen gibt, verbunden wurde. Dass ein Salzburger nach Linz oder ein Vorarlberger nach Innsbruck fahren müsste, um eine Berufungsverhandlung führen zu können, halte ich aus mehrfachen Gründen für problematisch. Ich will das nicht näher im Detail ausführen. Ich bitte Sie, zu überdenken, ob es gut ist, diese beiden Fragen miteinander zu verknüpfen.

Herr Kollege Freiberger hat zu meiner Überraschung das Denkmodell in den Raum gestellt: Dort, wo eine Bezirkshauptmannschaft ist, soll auch ein Bezirksgericht sein. (Bundesrat Freiberger: Warum Überraschung?) Von einem Steirer wundert mich das etwas, denn da sind Sie mit einem Schlag die Hälfte der Bezirksgerichte los. (Bundesrat Freiberger: Nicht die halben!) Sie haben doch bei weitem nicht 35 Bezirkshauptmannschaften, wie es der Zahl der Bezirksgerichte entsprechen würde. Oder täusche ich mich da? (Bundesrat Freiberger: Wir haben keine 35 Bezirkshauptmannschaften!) Aber Bezirksgerichte? Und ungefähr die halbe Zahl an Bezirkshauptmannschaften haben Sie. Also dieser Vergleich, den Sie als Steirer bringen, wundert mich etwas.

Das Zweite ist: Ich teile auch die Meinung des Herrn Bundesministers, dass diese Gleichsetzung etwas problematisch ist. Wesentlich geeigneter erschiene mir ein Mix aus Bevölkerungszahl und Erreichbarkeit der Gerichtsstandorte, die nicht unmittelbar mit der Bevölkerungszahl korreliert.

Eines möchte ich aber zum Schluss auch noch sagen: Wenn es nach Ihnen von der Sozialdemokratischen Partei gegangen wäre – ich rede jetzt von der Vergangenheit –, dann wäre das vermutlich heute gar kein Diskussionsthema mehr, und zwar aus folgendem Grund: Dass wir hier diese Diskussion führen können, geht darauf zurück – der Herr Bundesminister hat es schon erwähnt –, dass ein Zustimmungsrecht der Länder verankert ist, wenn in der Einteilung der Gerichtssprengel Änderungen vorgenommen werden. Es hat bei früheren Justizministern und auch beim damaligen Regierungspartner SPÖ nicht an Versuchen gemangelt, dieses Zustimmungsrecht in ein bloßes Anhörungsrecht umzuwandeln, das heißt, faktisch zu beseitigen.

Ich erinnere nur daran: Das war damals Gegenstand des Regierungsprogramms 1996 über Betreiben der Sozialdemokratischen Partei, und wir hatten im Zuge der Erstellung des Bun


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desbudgets 1997 ein Strukturanpassungsgesetz, das die Umwandlung des Zustimmungsrechtes in ein Anhörungsrecht vorgesehen hat.

Ich darf Ihnen nun kurz in Erinnerung rufen, wie das von Vertretern der sozialdemokratischen Nationalratsfraktion kommentiert worden ist.

Im Budgetausschuss vom 28. März 1996 ist laut Parlamentskorrespondenz festgehalten – Sie können das aber auch selbst im Protokoll nachlesen –, dass unter anderem die Abgeordneten Kräuter, SPÖ Steiermark, und Dr. Fuhrmann, vormaliger Klubobmann, die Initiative des Justizministeriums begrüßt haben, "im Sinne einer Effizienzsteigerung der Bezirksgerichtsorganisation schwerpunktmässig Gerichte mittlerer Grösse einzurichten, als weiterhin Kleingerichte mit geringer Auslastung in Betrieb zu halten". (Rufe bei der ÖVP: Hört! – Bundesrat Marizzi: Fuhrmann habt ihr abgelöst! Er ist nicht mehr da!)

Nationalratssitzung vom 17. April 1996 – ich zitiere aus der "Parlamentskorrespondenz" –: "Abgeordneter Dr. Kräuter (SP) befasst sich mit der geplanten Zusammenlegung kleiner Bezirksgerichte und erläutert, dass die Landesregierungen in Zukunft bei Zusammenlegungen nur noch anzuhören sein werden. Er qualifiziert diese Massnahme als Schritt in Richtung einer modernen, effizienten Justizverwaltung und hält fest, dass dadurch die Gerichte ständig besetzt werden können."

In einem Punkt hat sich Herr Abgeordneter Kräuter verschätzt: Zu dieser Umwandlung in ein Anhörungsrecht ist es nicht gekommen, weil deutlich geworden ist, dass das nicht die Zustimmung des Bundesrates finden würde. Im Nationalrat hat man sich damit beholfen, dass aus der ursprünglichen Regierungsvorlage, die diese Änderung beinhaltet hat, eine eigene Ausschussvorlage gemacht wurde, die unerledigt blieb und nie auf der Tagesordnung des Nationalrates stand. Und ob dieses Vorganges, Herauslösung dieser Verfassungsänderung aus dem Strukturanpassungsgesetz, hat sich unser Klubobmann Dr. Khol von Abgeordneten der SPÖ herbe Kritik anhören müssen. Er sei wortbrüchig geworden, hat es damals gelautet, weil er nicht zu dieser von der SPÖ betriebenen Vereinbarung gestanden sei.

Ich fasse zusammen: Damit, dass das Sein der früheren Regierungsfraktion, jetzt Oppositionsfraktion, das Bewusstsein bestimmt, bleiben Sie zwar nicht Ihrer bisherigen Haltung, wohl aber ideologischen Wertvorstellungen treu. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.38

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Professor Konecny zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

18.38

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir wollen doch zwei Sachen sehr klar auseinander halten. Der Herr Bundesminister hat, wenn er alle Bezirksgerichte abschafft und das in 14 Punkten, weil er 14-mal gefragt wird, begründet, ein Recht auf unsere politische Kritik, aber es würde niemand auf die Idee kommen, diese Anfragebeantwortung nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen. Wir reden also einerseits über den parlamentarischen Prozess am Beispiel der Eingangsgerichte.

Aber zunächst einmal zu dem Punkt, wie Regierung und Parlament – in diesem Fall der Bundesrat – miteinander umgehen. Wenn ein Minister der Bundesregierung in einer sehr detaillierten – Sie dürfen uns glauben, wir haben uns auch etwas dabei überlegt – Form mit 13 Fragen konfrontiert wird, dann möchten wir ehrlich gesagt als Antwort nicht einen durchaus diskutablen Text bekommen, den wir kennen, weil er sehr viel Ähnlichkeit mit Ihren Presseerklärungen hat – wieso auch nicht, sage ich dazu –, also mit dem, wie Sie da an Konzepten präsentiert haben. Das ist die Versuchung der Datenverarbeitung, dass man Texte, die man selbst für gut hält, immer wieder verwendet. Das ist ein Risiko.

Aber wenn wir Sie sehr konkret um Aufklärung ersuchen, dann wollen wir auch konkret Aufklärung bekommen. Das ist das Wesen des parlamentarischen Fragerechtes. Ich könnte das auch


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zur Debatte über unsere dringlichen Anfragen noch einmal hinüberleiten, aber ich halte mich selbst enger an das Thema, als das einige meiner Vorredner getan haben.

Daher ist über die Sache – dazu werden ich dann noch ein paar Worte sagen, auch im Anschluss an Kollegen Vizepräsident Weiss – natürlich zu diskutieren. Aber die Regeln der Diskussion zwischen Parlament und Regierung gibt auch die parlamentarische Usance, basierend auf der Geschäftsordnung, vor.

Zur Sache: Es ist das ein gutes Beispiel dafür, wie auch Problemstellungen, die historisch gewachsen sind, in unserer nie vollendeten – Mitschuld, Mitschuld, Mitschuld! –, natürlich nie vollendeten Bundesstaatsreform mittendrin steckengeblieben sind, behindert werden. Da gehen die Dinge durcheinander. Der von uns im Bundesrat nicht geteilte, aber von unseren Nationalräten – und auch von Ihren Nationalräten – vorgenommene Versuch – unter den wütenden Protesten der FPÖ, was ich auch verstehe –, das Zustimmungsrecht der Landeshauptleute abzuschwächen, hat durchaus seine systematische Logik, und zwar nach dem Motto: Wenn ihr Bezirksgerichte wollt, macht euch welche!

Wenn wir die Kompetenzen auseinander nehmen wollen und etwa die Kontrolleinrichtungen in diesem Haus konzentrieren wollen, dann ist das gut! Aber das gegenseitige Hineinregieren ist nicht so erfolgreich, auch dann, wenn man – wie im konkreten Fall – sagen kann: Man hat immerhin etwas verhindert.

Daher können wir uns gemeinsam zu dieser Geschichte bekennen. Die Kritik an den Kolleginnen und Kollegen im Nationalrat können wir beide üben. Aber vom Systematischen her ist es nicht die klügste Regelung, die im österreichischen Mitbestimmungsraum der Länder bisher erfunden wurde.

Gerade dieses Beispiel zeigt jedoch auch, dass man sich irgendwie darauf einigen sollte, was man uns vorwerfen will. Gegen Kleinstgerichte haben Christian Broda und Nachfolger konkret nicht nur gekämpft, sondern sie haben daran auch konkret etwas geändert. Es ist überhaupt keine Frage, dass das einmal gewürfelte System der Bezirksgerichte nicht für alle Zukunft der Weisheit letzter Schluss sein kann. Die Frage ist: Wie muss heute – dass trotzdem ein Bürgermeister sagen wird: aber meines nicht!, ist sein gutes Recht – eine Gerichtsorganisation aussehen, damit sie bürgernah ist und nicht zu der heute schon andiskutierten rechtlichen Verödung von Teilen des Staatsgebietes führt?

Da kann man nicht einfach sagen: Es ist heute alles ohnehin so nah. Nein, Reutte ist eine eigene Welt. Dort muss man auch einmal hinauffahren – Sie werden das tun –, um festzustellen (Bundesrätin Schicker: Auch Eisenerz ist eine eigene Welt!), dass es nicht jedem Bewohner von Reutte zumutbar ist, über die Nordkette drüberzusteigen. Das ist eine relativ mühsame Sache und witterungsmäßig manchmal nicht wirklich möglich.

Dafür gibt es auch andere Beispiele. (Bundesrätin Schicker: Eisenerz, Albrecht, das Herr Dipl.-Ing. Missethon zusperren will!) Ich bin nicht derjenige, der alle Winkel Österreichs kennt, aber ich nenne auch das Beispiel Eisenerz. Ich weiß allerdings nicht, ob die Straße besser geworden ist, seit ich das letzte Mal dort gefahren bin. Das ist atemberaubend, gar keine Frage.

Daher sagt niemand, es müssen 181 sein. Aber es muss zunächst einmal sehr wohl eine Grundstruktur geben. Ich habe – jetzt hätte ich fast gesagt: mit Ihrem Vorgänger, aber das stimmt nicht, weil ich mit ihm nie zusammengekommen bin; also mit Ihrem Vor-Vorgänger – eine interessante Diskussion darüber gehabt, dass bei allen diesen Segmentierungen des Staatsgebietes die Verwaltung – ob jetzt Justiz, Innenministerium, Länder und noch vieles andere betroffen wäre –, die öffentliche Hand gut daran täte, sich auf einigermaßen einheitliche Segmentierungen einzustellen.

Die Bezirkshauptstadt ist ein guter Ort, und der Bürger weiß, was alles er dort bekommt – vieles, wenn er es nicht auf dem Gemeindeamt erledigen kann. In der Großstadt ist das schwieriger, weil unsere Sprengel – Bezirksgericht, Finanzamt, Spitals- und Sozialsprengel – kreuz und quer


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gehen, was nicht wirklich befriedigend ist. Aber in den größten Teilen Österreichs ist klar: Die Bezirkshauptstadt ist der Ort, an dem ich unter anderem rechtliche – verwaltungsrechtliche, zivilrechtliche, strafrechtliche – Angelegenheiten erledigen kann. Ich halte das für die wirkliche Mindestanforderung, die dort erweitert werden muss, wo wir die geographisch bedingten Sonderfälle haben. Darüber ist – das würde ich unterstellen – mit jedem Landeshauptmann, aber auch mit jeder Oppositionspartei ernsthaft zu reden.

Herr Bundesminister! Nicht die Tatsache, dass hier ein Instanzenzug gestrafft wird – wir haben das in der Diskussion kaum berührt, weil das ein anderes Thema ist –, nicht die Tatsache, dass es unter dem Strich weniger Bezirksgerichte oder Eingangsgerichte geben wird, ist unser Kritikpunkt, sondern der Kritikpunkt besteht darin, dass man dieses Thema nicht nach dem Motto angehen kann: Verlangen wir null, dann werden 64 herauskommen; verlangen wir 64, dann werden 99 herauskommen. Dazu ist mir das Thema zu ernst. Die Viehhändler-Methode – zerreißen wir es in der Mitte! – ist meiner Ansicht nach nicht der richtige Umgang mit den Landeshauptleuten in Bezug auf die Justizstandorte.

Daher wäre ein argumentierbares, durchdachtes Konzept – das auch nicht ohne Proteste über die Bühne ginge –, das auf alle diese Spezifitäten unseres Staatsgebietes – diese kennen die Kolleginnen und Kollegen aus den Bundesländern besser als ich – Rücksicht nimmt, ein wirklicher Beitrag.

Da Sie uns eingeladen haben, darf ich das mit allem Charme umdrehen: Nein, wir laden Sie ein, mit Überlegungen wiederzukommen, die wir gemeinsam als Vertreter eines föderalistischen Staates und der Bürgernähe billigen können. Da geht es nicht um billiges Kleingeld, da geht es auch nicht um Egoismen von Bürgermeistern, sondern da geht es um die Interessen der Menschen in diesem Land! Vielleicht finden wir eine Basis, uns darauf zu verständigen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.47

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Professor Peter Böhm zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

18.47

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Angesichts der vorgerückten Stunde widerstehe ich mannhaft der Versuchung, noch in die Sachdebatte einzutreten, obwohl mir diese naturgemäß auch vom eigenen Fach her sehr am Herzen läge.

Was ich aber nicht unwidersprochen im Raum stehen lassen kann, ist der politische Vorwurf an den Herrn Justizminister, dass die Anfragebeantwortung nicht korrekt erfolgt sei. Das finde ich für ungerecht, und das kann ich nicht so im Raum stehen lassen.

Ich habe bei alldem Verständnis für die Kontrollrechte einer Opposition – wobei das nicht ein reines Recht der Opposition ist – und auch Verständnis dafür, dass ich aus der regionalen Sicht eines Bundeslandes heraus nähere Informationen bekommen möchte. Aber dafür erscheint mir die ganze Debatte, die heute stattgefunden hat, unter einem Aspekt doppelbödig: Ich kann nicht auf der einen Seite dem Justizminister vorwerfen, dass die politische Vorgangsweise taktisch die falsche Reihenfolge war. Man hätte sich, wenn man schon weiß, dass die Kompetenz so ist, dass auf Grund des Verfassungsübergangsgesetzes 1920 die Landesregierungen ein Zustimmungsrecht haben – also, wenn Sie wollen, ein absolutes Vetorecht haben –, zuerst mit ihnen auseinander setzen und dann erst sein eigenes Konzept entwickeln sollen. – Das war der eine Vorwurf.

Auf der anderen Seite hat der Justizminister in der Anfragebeantwortung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er eben in solche Verhandlungen eintreten muss. Er kann ja nicht mit fixen Vorgaben den Verhandlungspartner sozusagen präjudizieren! Denn so – das wissen Sie selbst am besten – geht man nicht in Verhandlungen. Sie würden auch vom Dienstgeber nicht erwarten, dass er Ihnen im Rahmen einer Anfrage klarlegt, welche Vorstellungen er in Bezug auf die


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nächste Gehaltsrunde hat und wie viel Prozent er notfalls zuzugestehen bereit sein wird. Das würde sogar unter das Amtsgeheimnis fallen. Jedenfalls kann man so in keine Verhandlung gehen.

Auf der anderen Seite muss zu Ihrer Forderung: Dann versuchen Sie es eben zuerst bei den Ländern! Folgendes sagen: Sie selbst geben zu, Herr Kollege Konecny, dass die Länder – vielleicht mit Rücksicht auf die Gemeinden – und natürlich auch alle Landtagsparteien, weil das populär ist, nicht bereit sind, den Zusammenlegungen wirklich zuzustimmen. (Bundesrat Konecny: Sie haben das vor Ludwig auch gehört! Ist ja nicht wahr!)

Das war einzeln ... (Bundesrat Konecny: Erwecken Sie nicht den Eindruck, dass Sie es mit lauter Idioten zu tun haben, die nicht bereit sind, auf Verhandlungen einzugehen!) Nein, bitte unterstellen Sie mir das nicht! Das wäre ja auch eine beleidigende Unterstellung, die ich auf das Schärfste zurückweise. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Gut! – Weiterer Zwischenruf bei der SPÖ.)

Das waren andere Zeiten. Wie auch vom Herrn Justizminister sehr deutlich gesagt wurde (Bundesrat Konecny: Das waren Sie! Wir haben ja etwas weitergebracht!)  – Sie werden mir als Fachvertreter zugestehen, dass ich das regional sehr gut überblicke –, war die Bereitschaft in den einzelnen Bundesländern auch dort, wo es zu Schließungen kam, sehr unterschiedlich ausgeprägt. Sie war zum Beispiel in Niederösterreich durchaus in einer vorbildlichen Weise gegeben. Sie war zum Beispiel in Oberösterreich in keiner ... (Bundesrat Boden: ... relativ schwer!) Vergleichsweise; es ist alles relativ. Sie war in Oberösterreich – um ein anderes Beispiel zu erwähnen – in keiner Weise gegeben.

Sie können mir hier nicht mit dem Kärntner Beispiel kommen. Ich würde das als Kärntner Mandatar schon verstehen: Da müsste ich einen einstimmigen Landtagsbeschluss sehr ernst nehmen. Ich rede jetzt bestimmt nicht aus der Wiener Sicht, da es kein Wiener Problem ist – da habe ich natürlich keines, wie auch Kollege Konecny –, sondern man muss hier auch eines sagen: Selbst wenn der derzeitige Landeshauptmann noch der Parteichef der FPÖ wäre – ich erlaube mir hier als Fachmann auf diesem Gebiet eine eigene Meinung und teile seine Meinung nicht, weil ich genauso meine, dass eine moderne Gerichtsorganisation unabdingbar ist.

Ich kann den Verhandlungspartner nicht vorweg präjudizieren. Genau das wäre aber dann der Fall. Noch dazu hat der Herr Bundesminister ausdrücklich gesagt, dass er Ihnen eine Liste darüber beigelegt hat, welche Vorstellungen das Ressort in regionaler Hinsicht, hinsichtlich der Standorte, hat. Insoweit wurde eine Information gegeben.

Aber nochmals gesagt, es wäre sinnlos, in Verhandlungen mit den Landesregierungen und den Landeshauptleuten einzutreten, wenn man vorweg sagt: Das haben wir vor, dazu könnt ihr jetzt nur Ja und Amen sagen. Dann ist es vorweg gescheitert, und das ist eben der Fall.

Wenn Sie außerdem fragen, warum man an die Medien herantritt, und das überdies als Verunsicherung der Bevölkerung bezeichnen, dann muss ich Ihnen Folgendes sagen: Angesichts der geringen Bereitschaft der Länder und angesichts des Sachverhalts, dass der Justizminister ihnen gegenüber – entschuldigen Sie das saloppe Wort – kein Tauschobjekt hat, dass er nichts in Händen hält, was er den Ländern im Gegenzug anzubieten hätte, ist doch ganz klar, dass er mit einem Konzept in die Öffentlichkeit geht, um so einen – wenn Sie so wollen – gewissen politischen Druck auf die Länder auszuüben und ihnen die Verantwortung dafür zuzuspielen, dass dann sie es sind, die eine moderne Gerichtsorganisation verwehren. (Bundesrat Konecny: Wir wollen nicht "spielen"!)  – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.53

Präsident Ing. Gerd Klamt: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
676. Sitzung / Seite 129

Die Debatte ist geschlossen.

Es liegt mir ein Antrag der Bundesräte Gasteiger und Kollegen gemäß § 60 Abs. 6 der Geschäftsordnung des Bundesrates vor, die schriftlichen Anfragebeantwortungen 1633/AB-BR/01 bis 1640/AB-BR/01 nicht zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die sich für diesen Antrag auf Nicht-Kenntnisnahme der gegenständlichen schriftlichen Anfragebeantwortungen aussprechen, um ein Handzeichen. – Das ist die Minderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Bundesrat Professor Konecny gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

18.54

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben uns der Anregung der Frau Vizekanzlerin nicht verschließen wollen, jene Frage, von der sie meinte, sie nicht beantworten zu können oder zu wollen, zuständigkeitshalber der Frau Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten zu stellen.

Wenn man aber schon "vom Schmiedl zum Schmied" verwiesen wird, soll man wenigstens zum Schmied gehen und nicht in diesem Fall zum "Schmiederl" – um das noch einmal sprachlich zu variieren. Daher haben wir uns auf Grund der Information, dass die Frau Bundesministerin im EU-Ausland ist und sich sozusagen von irgendjemand, der über das Wirken des Herrn Dr. Busek tatsächlich kein Urteil abgeben könnte, vertreten lassen müsste, entschlossen, diese dringliche Anfrage zurückzuziehen. (Allgemeiner Beifall. – Bundesrat Dr. Aspöck: Das ist gescheit! – Bundesrat Marizzi: Merkt euch das!)

18.55

Präsident Ing. Gerd Klamt: Die dringliche Anfrage vom 19. April 2001, Nr. 1805/J-BR/01, gilt damit als zurückgezogen.

Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt sechs Anfragen – 1800/J bis 1805/J – eingebracht wurden.

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin ist Mittwoch, der 23. Mai 2001, 9.30 Uhr in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Vorlagen in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Montag, den 21. Mai 2001, ab 14 Uhr vorgesehen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 18.57 Uhr