Stenographisches Protokoll
693.
Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich
Donnerstag, 30. Jänner 2003
Gedruckt auf 70g chlorfrei gebleichtem Papier
693. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich
Donnerstag, 30. Jänner 2003
Dauer der Sitzung
Donnerstag, 30. Jänner 2003: 9.01 – 13.19 Uhr
*****
Tagesordnung
1. Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Richterdienstgesetz und das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 geändert werden (Besoldungs-Novelle 2003)
2. Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003 – SVÄG 2003)
3. Wahl eines Vertreters Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates
4. Wahl der vom Bundesrat zu entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 F-VG 1948
*****
Inhalt
Bundesrat
Schreiben des Ersten Präsidenten des Kärntner und des Ersten Präsidenten des Wiener Landtages betreffend Mandatsverzicht sowie Nachwahlen von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern in den Bundesrat ............................................................................................................... 5
Angelobung der Bundesräte Christine Fröhlich, Dr. Elisabeth Hlavac, Mag. Michael Ikrath, Helmut Kritzinger und Günther Molzbichler ................................................................. 7
Antrittsansprache des Präsidenten Herwig Hösele ............................................ 8
Erklärung der Frau Landeshauptmann von Steiermark Waltraud Klasnic 13
Verlangen auf Durchführung einer Debatte ....................................................... 13
Debatte:
Dr. Vincenz Liechtenstein ......................................................................... 19
Theodor Binna .......................................................................................... 20
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Engelbert Weilharter ................................................................................. 22
Stefan Schennach ..................................................................................... 24
Albrecht Konecny ..................................................................................... 27
Mag. John Gudenus ................................................................................. 30
Jürgen Weiss ............................................................................................ 31
Landeshauptmann Waltraud Klasnic ......................................................... 35
Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Entschließung des Herrn Bundespräsidenten über die Neufestsetzung der Zahl der Mitglieder aus Anlass der ordentlichen Volkszählung vom 15. Mai 2001 ............................................................................................................. 36
Personalien
Krankmeldungen ............................................................................................... 5
Entschuldigungen ............................................................................................. 5
Nationalrat
Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ............................................................... 38
Wahlen in Institutionen
Wahl eines Vertreters Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates 62
Wahl der vom Bundesrat zu entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 F-VG 1948 62
Ausschüsse
Zuweisungen ................................................................................................... 38
Verhandlungen
(1) Beschluss des Nationalrates vom 23. Januar 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Richterdienstgesetz und das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 geändert werden (Besoldungs-Novelle 2003) (6/A und 3/NR sowie 6765 und 6766/BR d. B.)
Berichterstatter: Friedrich Hensler ................................................................... 38
(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)
Redner:
Uta Barbara Pühringer .............................................................................. 39
Alfredo Rosenmaier .................................................................................. 40
Christoph Hagen ....................................................................................... 41
Bundesministerin Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer ........................ 44
Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) ............................................................................................................. 48
(2) Beschluss des Nationalrates vom 23. Januar 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003 – SVÄG 2003) (10/A und 4/NR sowie 6767/BR d. B.)
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Berichterstatter: Günther Kaltenbacher ........................................................... 48
(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)
Redner:
Paul Fasching ........................................................................................... 48
Harald Reisenberger ................................................................................. 49
Dr. Renate Kanovsky-Wintermann ............................................................. 52
Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck .......................................................... 55
Franz Wolfinger ........................................................................................ 56
Roswitha Bachner ..................................................................................... 58
Ing. Gerd Klamt ........................................................................................ 60
Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) ............................................................................................................. 61
Eingebracht wurden
Anfragen
der Bundesräte Gottfried Kneifel und KollegInnen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Übergang der Steuerschuld in der Bauwirtschaft auf Grund des 2. Abgabenänderungsgesetzes 2002 (2046/J-BR/02)
der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an den Bundesminister für Finanzen betreffend steuerliche Geltendmachung sozialer Spenden (2047/J-BR/02)
der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Änderung des Ökostromgesetzes (2048/J-BR/02)
der Bundesräte Gottfried Kneifel und KollegInnen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ölunfall auf der Donau am 29. 11. 2002 (2049/J-BR/03)
der Bundesräte Gottfried Kneifel und KollegInnen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Unfall beim Kraftwerk Freudenau am 22. 10. 1996 (2050/J-BR/03)
Anfragebeantwortungen
des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger (1857/AB-BR/02 zu 2024/J-BR/02)
des Bundesministers für Justiz auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger (1858/AB-BR/02 zu 2025/J-BR/02)
des Bundesministers für Justiz auf die Frage der Bundesräte Gottfried Kneifel und KollegInnen (1859/AB-BR/02 zu 2028/J-BR/02)
des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger (1860/AB-BR/02 zu 2023/J-BR/02)
des Bundesministers für Finanzen auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen (1861/AB-BR/02 zu 2033/J-BR/02)
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 4 |
des Bundeskanzlers auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen (1862/AB-BR/02 zu 2026/J-BR/02)
des Bundeskanzlers auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen (1863/AB-BR/02 zu 2027/J-BR/02)
des Bundesministers für Justiz auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen (1864/AB-BR/02 zu 2035/J-BR/02)
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen (1865/AB-BR/03 zu 2037/J-BR/02)
des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen (1866/AB-BR/03 zu 2038/J-BR/02)
des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen (1867/AB-BR/03 zu 2040/J-BR/02)
des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen (1868/AB-BR/03 zu 2034/J-BR/02)
des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen (1869/AB-BR/03 zu 2036/J-BR/02)
der Vizekanzlerin und Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen (1870/AB-BR/03 zu 2030/J-BR/02)
des Bundeskanzlers auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen (1871/AB-BR/03 zu 2029/J-BR/02)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen (1872/AB-BR/03 zu 2039/J-BR/02)
der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen (1873/AB-BR/03 zu 2032/J-BR/02)
der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen (1874/AB-BR/03 zu 2041/J-BR/02)
des Bundeskanzlers auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen (1875/AB-BR/03 zu 2042/J-BR/02)
des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen (1876/AB-BR/03 zu 2043/J-BR/02)
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Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr
Präsident Herwig Hösele: Ich eröffne die 693. Sitzung des Bundesrates.
Das Amtliche Protokoll der 692. Sitzung des Bundesrates vom 17. Dezember 2002 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.
Krank gemeldet haben sich die Mitglieder des Bundesrates Hedda Kainz, Johann Kraml, Anna Schlaffer und Ernst Winter.
Entschuldigt haben sich die Mitglieder des Bundesrates Ulrike Haunschmid, Mag. Harald Himmer, Gottfried Kneifel, Johanna Schicker und Mag. Gerhard Tusek.
Mandatsverzicht und Angelobung
Präsident Herwig Hösele: Eingelangt sind Schreiben des Ersten Präsidenten des Kärntner und des Ersten Präsidenten des Wiener Landtages betreffend Mandatsverzicht sowie Nachwahlen von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern in den Bundesrat. Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieser Schreiben.
Schriftführerin Ilse Giesinger:
„Erster Präsident des Kärntner Landtages DI Jörg Freunschlag
An den Präsidenten des Bundesrates
Sehr geehrter Herr Präsident!
Die Abgeordnete zum Bundesrat für das Land Kärnten Mag. Melitta Trunk hat auf die weitere Ausübung ihres Mandates zum Bundesrat mit Ablauf des 19. Dezember 2002, spätestens aber mit dem Zeitpunkt des Einlangens des Wahlscheines in der Parlamentsdirektion, verzichtet.
Ich ersuche um gefällige Kenntnisnahme.
Hochachtungsvoll“
Weiters das Schreiben des Ersten Präsidenten des Wiener Landtages Johann Hatzl an den Präsidenten des Bundesrates:
„Sehr geehrter Herr Präsident!
Ich beehre mich mitzuteilen, dass Herr Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher mit Ablauf des 18. Dezember 2002 auf sein Bundesratsmandat verzichtet hat. Das nachrückende Ersatzmitglied Frau Landtagsabgeordnete Martina Ludwig verzichtet mit Ablauf des 21. Dezember 2002 auf ihr Bundesratsmandat.
Herr Bundesrat Dr. Ferdinand Maier hat mit Ablauf des 19. Dezember auf sein Bundesratsmandat verzichtet.“
Ich bringe nun ein weiteres Schreiben des Ersten Präsidenten des Wiener Landtages Johann Hatzl an den Präsidenten des Bundesrates Herwig Hösele zur Verlesung:
„Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Bundesrats
Sehr geehrter Herr Präsident!
Das Mitglied des Bundesrats Mag. Dietmar Hoscher hat mit seiner Wahl in den Nationalrat mit Wirkung vom 18. Dezember 2002 sein an sechster Stelle gereihtes Mandat im Bundesrat zurückgelegt. Das Ersatzmitglied, Frau Abgeordnete Martina Ludwig, ist auf diese Stelle nachge-
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rückt und hat mit Wirkung vom 21. Dezember 2002 auf ihr Mandat als Mitglied des Bundesrats verzichtet.
Auf Vorschlag der Sozialdemokratischen Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats wurde in der Sitzung des Wiener Landtags vom 17. Jänner 2003 Frau Dr. Elisabeth Hlavac zu einem Mitglied des Bundesrats und Frau Abgeordnete Martina Ludwig zum Ersatzmitglied gewählt.
Das Mitglied des Bundesrats Dr. Ferdinand Maier hat mit seiner Wahl in den Nationalrat mit Wirkung vom 19. Dezember 2002 sein an 11. Stelle gereihtes Mandat im Bundesrat zurückgelegt. Das Ersatzmitglied, Frau Stadträtin Dipl.-Ing. Dr. Herlinde Rothauer, ist auf diese Stelle nachgerückt und hat mit Wirkung vom 16. Jänner 2003 auf ihr Mandat als Mitglied des Bundesrats verzichtet.
Auf Vorschlag des ÖVP-Klubs der Bundeshauptstadt Wien wurde in der Sitzung des Wiener Landtags vom 17. Jänner 2003 Herr Mag. Michael Ikrath zu einem Mitglied des Bundesrats und Herr Dr. Franz Eduard Kühnel zum Ersatzmitglied gewählt.
In der selben Sitzung wurde Frau Dr. Elisabeth Hlavac an die 6. Stelle und Herr Mag. Michael Ikrath an die 11. Stelle der Liste der Mitglieder des Bundesrats gereiht und Frau Abgeordnete Martina Ludwig an die 6. Stelle und Herr Dr. Franz Eduard Kühnel an die 11. Stelle der Ersatzmitglieder des Bundesrats gereiht.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Johann Hatzl“
„Wiener Bundesräte, Stand 17. Jänner 2003
1. Stelle: Anna Elisabeth Haselbach
Ersatz: Erika Stubenvoll
2. Stelle: Albrecht Karl Konecny
Ersatz: Heinz Vettermann
3. Stelle: Univ. Prof. Dr. Peter Böhm
Ersatz: Mag. Michael Tscharnutter
4. Stelle: Roswitha Bachner
Ersatz: Fritz Strobl
5. Stelle: Mag. Harry Himmer
Ersatz: Ing. Michael Chapo
6. Stelle: Dr. Elisabeth
Hlavac
Ersatz: Martina Ludwig
7. Stelle: Stefan Schennach
Ersatz: Jutta Sander
8. Stelle: Mag. John
Gudenus
Ersatz: Gerold Saßmann
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9. Stelle: Harald
Reisenberger
Ersatz: Sandra Frauenberger
10. Stelle: Reinhard Todt
Ersatz: Martina Malyar
11. Stelle: Mag. Michael
Ikrath
Ersatz: Dr. Franz Eduard
Kühnel
Auf die Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats entfallen die 1., 2., 4., 6., 9.
und 10. Stelle.
Auf den Klub der Wiener
Freiheitlichen entfallen die 3. und 8. Stelle.
Auf den ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien entfallen die 5. und 11. Stelle.
Auf den Grünen Klub im
Rathaus entfällt die 7. Stelle.“
Präsident Herwig Hösele: Ich danke der Schriftführung für die
umfangreiche Berichterstattung.
Das
Schreiben des Präsidenten des Tiroler Landtages über die Mandatsverzichte und
Nachwahlen wurde bereits in der letzten Sitzung des Bundesrates verlesen.
Die neuen Mitglieder des
Bundesrates sind im Hause anwesend. Ich werde daher sogleich ihre Angelobung
vornehmen.
Nach Verlesung der
Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten
„Ich gelobe“ zu leisten sein.
Ich ersuche die
Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel und anschließend um den Namensaufruf.
Schriftführerin Ilse Giesinger: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich,
stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze
sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“
Bundesrätin Christine Fröhlich (ÖVP, Tirol): Ich gelobe.
Schriftführerin Ilse Giesinger: Dr. Elisabeth Hlavac.
Bundesrätin
Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ, Wien): Ich gelobe.
Schriftführerin Ilse Giesinger: Mag. Michael Ikrath.
Bundesrat
Mag. Michael Ikrath (ÖVP, Wien): Ich gelobe.
Schriftführerin Ilse Giesinger: Helmut Kritzinger.
Bundesrat
Helmut Kritzinger (ÖVP, Tirol): Ich gelobe.
Schriftführerin Ilse Giesinger: Günther Molzbichler.
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 8 |
Bundesrat Günther Molzbichler (SPÖ, Kärnten): Ich gelobe.
Präsident Herwig Hösele:
Ich begrüße die neuen Mitglieder des Bundesrates recht herzlich in unserer
Mitte. (Allgemeiner Beifall.)
Antrittsansprache
des Präsidenten
9.10
Präsident
Herwig Hösele: Meine verehrten Damen und Herren!
Es war eine große Freude, dass ich als sozusagen erste Amtshandlung fünf neue
Bundesräte angeloben durfte. Ich kann mich noch genau erinnern, in welch großer
innerer Bewegung ich war, als ich hier in diesem Hause angelobt wurde. Ähnlich
geht es mir heute, da ich die Ehre habe, zu Ihnen als Präsident einige
Sätze – es werden mehrere Sätze sein, ich bitte um Verständnis
dafür – sprechen zu dürfen.
Da im ersten
Halbjahr 2003 wieder die Steiermark an der Reihe ist, in den föderalen Institutionen
unserer Republik den Vorsitz zu führen, ist es mir eine besondere Ehre und
Freude, zu Beginn meiner Antrittserklärung als Präsident des Bundesrates auch
unsere Gäste sehr herzlich begrüßen zu dürfen.
Mit besonderer
Herzlichkeit begrüße ich den Präsidenten des Nationalrates der Republik Österreich
Universitätsprofessor Dr. Andreas Khol. (Allgemeiner Beifall.)
Lieber Präsident
Khol! Deine Anwesenheit ist eine besondere Geste der Wertschätzung, die der
Bundesrat durch den Nationalratspräsidenten genießt, und ist der Ausdruck der
gemeinsamen Verantwortung der beiden Kammern des österreichischen Parlaments.
Ich bin dankbar dafür, dass ein überzeugter Föderalist, renommierter
Verfassungsrechtler und hochkarätiger Politiker österreichischer
Nationalratspräsident ist.
Ich begrüße in
großer Dankbarkeit und Verbundenheit den Landeshauptmann der Steiermark
Waltraud Klasnic. (Allgemeiner Beifall.)
Ohne sie würde ich
in dieser Aufgabe nicht vor Ihnen stehen können. Die Frau Landeshauptmann
weist uns Steirerinnen und Steirern und darüber hinaus auch in der Republik den
Weg in das 21. Jahrhundert mit einem ganz eigenen neuen Stil.
Sehr herzlich
begrüße ich Bundesminister Dr. Martin Bartenstein, der mit mir die
Schulbank gedrückt und maturiert hat. (Allgemeiner Beifall.)
Seitens der
Bundesregierung darf ich auch Herrn Staatssekretär Waneck sehr herzlich begrüßen,
der uns gestern Abend schon die Ehre gegeben hat. (Allgemeiner Beifall.)
Ich begrüße die
Inkarnation des Bundesrates der letzten Jahrzehnte, Herrn Professor Präsident
Herbert Schambeck. (Allgemeiner Beifall.)
Meinen
unmittelbaren Amtsvorgänger als Bundesratspräsident aus der Steiermark Alfred
Gerstl mit seiner Frau, der sich in väterlich-rührender Weise um mich
angenommen hat, begrüße ich ebenfalls herzlich. (Allgemeiner Beifall.)
In
landsmannschaftlicher Verbundenheit begrüße ich die vielen prominenten
Steirerinnen und Steirer, die mir und der Frau Landeshauptmann heute die Ehre
geben und uns unterstützen: Herrn Landtagspräsidenten Reinhold Purr (allgemeiner
Beifall), Herrn Landesrat Hermann Schützenhöfer, dem ich seit über
30 Jahren politisch und freundschaftlich eng verbunden bin und der sich
schon meine Jungfernrede hier angehört hat (allgemeiner Beifall), meinen
persönlichen Freund Landtagsklubobmann Dr. Reinhold Lopatka (allgemeiner
Beifall) und – für die Spitzenbeamtenschaft des Landes – Herrn
Landesamtsdirektor Hofrat Universitätsprofessor Dr. Gerhart Wielinger (allgemeiner
Beifall) und Landtagsdirektor Dr. Anderwald (allgemeiner Beifall).
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Ich begrüße die
vielen Freunde aus der Publizistik, mit denen wir in einem
freundschaftlich-kritischen, intensiven und doch immer fruchtbaren Dialog
stehen, angeführt vom Präsidenten des Zeitungsverbandes Mag. Franz Ivan,
seinem langjährigen Vorgänger Kommerzialrat Julius Kainz und dem
Generalsekretär des Verbandes Dr. Walter Schaffelhofer. (Allgemeiner
Beifall.)
Ich begrüße
namentlich einen Mann, der für ein österreichisches Programm steht, nicht nur
seiner Mutter wegen, sondern vor allem wegen seiner großen Verdienste um die
Republik Österreich: Fritz Molden. (Allgemeiner Beifall.)
Gestatten Sie mir,
die Begrüßungsliste abschließend, noch zwei Präsidenten anzusprechen, denen ich
für meine persönliche Entwicklung sehr viel zu danken habe: Dr. Bernd
Schilcher (allgemeiner Beifall) und den Vater der renovierten Grazer
Oper, den langjährigen Landtagsabgeordneten und Präsidenten Dr. Friedrich
Pfohl. (Allgemeiner Beifall.)
Dass Herr
Parlamentsdirektor Dr. Posch auch heute unter uns ist, ehrt uns ebenfalls.
Ich danke vielmals. (Allgemeiner Beifall.)
Ich danke Ihnen
allen für Ihr Kommen. Es ist dies eine eindrucksvolle Manifestation. Ganz besonders
möchte ich auch meinen Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat danken, insbesondere
den wesentlich erfahreneren und von mir so wertgeschätzten
Spitzenrepräsentanten im Präsidium und in den Fraktionsführungen. Ich danke
Ihnen allen, dass Sie mir mit so viel Wohlwollen und Unterstützung
gegenübertreten, und bitte Sie weiter darum, insbesondere auch um Ihre
Nachsicht im ersten Halbjahr.
Namentlich danken
möchte ich der von mir auch vor allem für ihr internationales und entwicklungspolitisches
Engagement so geachteten Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach (allgemeiner
Beifall), dem so ungemein kompetenten und in seinem föderalistischen Fachwissen
wahrscheinlich unschlagbaren Vorarlberger Vizepräsidenten Jürgen Weiss (allgemeiner
Beifall), dem Fraktionsvorsitzenden der ÖVP Ludwig Bieringer, der mit
großer Erfahrung, aber auch Autorität führt, dessen Wort gilt und auf dessen
Wort man in diesem Hause bauen kann (allgemeiner Beifall), und den
beiden von mir vor allem auch ob ihrer intellektuellen Brillanz so geschätzten
Fraktionsvorsitzenden von SPÖ und FPÖ, Herrn Professor Albrecht Konecny und dem angesehenen
Rechtswissenschaftler Herrn Universitätsprofessor Dr. Peter Böhm (allgemeiner Beifall).
Ich empfinde den
grünen „Farbtupfen“ in Gestalt von Stefan Schennach als eine echte Bereicherung
im rotweißroten Gesamtpanorama des Bundesrates. Grün ist ja auch seit Jahrhunderten
Landesfarbe der Steiermark. (Heiterkeit und allgemeiner Beifall.)
Meine Aufgabe
könnte ich in diesem halben Jahr gar nicht ausüben, wenn mir nicht eine so
hervorragende Crew der Bundesratsdirektion zur Seite stünde, mit Herrn
Bundesratsdirektor Dr. Walter Labuda an der Spitze. (Allgemeiner
Beifall.)
Lieber Herr
Bundesratsdirektor! Es ist eine Freude, mit dir und allen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern zusammenarbeiten zu dürfen. Wenn ich es nicht falsch verstanden habe,
darf ich ein kleines Geheimnis lüften: Dr. Labuda begeht dieser Tage ein
Jubiläum. Er trat vor genau 30 Jahren, am 1. Februar 1973, erstmals
in die Dienste des Parlaments. (Allgemeiner Beifall.)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Der Bundesrat spiegelt auch in den Bundesrätinnen
und Bundesräten die Vielfalt unserer Republik wider. Ich würde mir wünschen,
dass öfters eine breitere Öffentlichkeit unseren Debatten folgen könnte, denn
wir können mit Selbstbewusstsein feststellen, dass diese Debatten dank der
Beiträge jedes Einzelnen von beachtlicher Qualität sind und ein Zeichen der
guten politischen Kultur für unsere Republik Österreich setzen.
Der große
Staatsrechtler und Publizist René Marcic schrieb in den „Salzburger
Nachrichten“ am 16. Jänner 1956, vor 47 Jahren, über eine
Bundesratsreform. Ich danke Redakteur Gerhard Steininger, den ich ebenfalls
gesehen habe, für den Hinweis und zitiere: „Eine Körperschaft ist das, was die
Personen, die sie bilden, aus ihr machen.“ – Zitatende. – Ich möchte
feststellen: Wir machen gemeinsam etwas aus dem Bundesrat.
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Was sonst noch in
den „Salzburger Nachrichten“ vor 47 Jahren über die Landeshauptleutekonferenz
und den Bundesrat geschrieben wurde, ist ebenfalls von Aktualität.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Der Bundesrat ist, wie es auch in den Broschüren des
Parlaments heißt, die Länderkammer der Republik. Seit 1920 ist es das
unablässige Bestreben, diese Verfassungstheorie mit der politischen Realität in
Einklang zu bringen – eine unendliche Geschichte, eine Sisyphusaufgabe,
der wir uns aber dennoch immer wieder neu stellen müssen. – Der Bundesrat
hat Fortschritte erzielt, insbesondere auch dank Professor Schambeck, und er
wird weitere Fortschritte erzielen, und er wird diese auch erzielen müssen. Ich
habe übrigens, frei nach Camus, ein sehr positives Bild des Sisyphus und auch
die interessante Interpretation von Imre Kertezs in diesem Zusammenhang im
Kopfe, nämlich dass man damit etwas bewegen kann.
Ich glaube, wir
stehen im Zusammenhang mit dem Bundesrat, aber vor allem mit dem Bundesstaat
insgesamt an einer wichtigen Wegkreuzung der politischen Entwicklung unserer
Republik am beginnenden 21. Jahrhundert. Auch ich selbst habe dazu einige
Diskussionsbeiträge geliefert, beginnend mit meiner ersten Wortmeldung hier in
diesem Hohen Hause bis hin zu meinem auch hier im Bundesrat im vorigen
Frühjahr – ich glaube, es war der 3. Mai – geäußerten Vorschlag
für einen Österreich-Konvent: Die Zeit ist reif für Reformen!
Ich habe gerade
jetzt, weil wir eben in dieser entscheidenden Phase der Diskussionen um die
Staatsreformen stehen, als Präsident des Bundesrates mit allen
Landeshauptleuten und Landtagspräsidenten, den Präsidenten des Städtebundes und
des Gemeindebundes Termine vereinbart und zu einem gut Teil auch schon
absolvieren können, um mit ihnen gemeinsame Vorgangsweisen, vor allem auch im
Zusammenhang mit einem möglichen Österreich-Konvent, zu besprechen. Ich bin
sehr dankbar dafür, dass sich Präsident Khol mit seinem ganzen politischen
Gewicht des Konvents angenommen hat und es nunmehr breiten Konsens darüber
gibt, dass es in diesem Österreich-Konvent in den nächsten zwei Jahren darum
gehen soll, einen Masterplan – wie ich es nennen würde – für den
österreichischen Staatsaufbau des 21. Jahrhunderts zu entwickeln.
Da ich ihn
anwesend sehe und hier keine Vaterschaftsstreitigkeiten oder sonst etwas ausgetragen
werden sollen, möchte ich sagen: Ich habe das erste Mal von dieser Idee und vom
Österreich-Konvent bei Alfred Payrleitner gelesen, den ich hiemit sehr herzlich
begrüße. (Beifall bei der ÖVP.)
Alle Gruppen
sollen dieses gemeinsame große Ziel erreichen – nicht gegeneinander in
Frontstellungen, sondern miteinander an einem Tisch sitzend und nach Lösungen
ringend. Daher haben Präsident Khol und ich in unserer persönlichen Initiative
einen 80-köpfigen Konvent vorgeschlagen. Viele haben gefragt: Warum sollen das
80 sein? Warum sollen das so viele sein? – Ich sage: Deswegen, damit
möglichst alle betroffenen Institutionen von Anfang an mitwirken können.
Kleine Fachkommissionen, die wertvolle Vorarbeiten geleistet haben, hat es
schon genug gegeben. Jetzt geht es darum, dass die Verantwortlichen diese
beraten und auch umsetzen – natürlich mit einem Präsidium,
Arbeitsgruppen, Modulen, präzisen Fristen und Arbeitsaufträgen.
Ich setze dabei
auch auf die positive Eigendynamik, wie sie uns das Beispiel des Europäischen
Konvents zeigt. Wir streben auch eine Verschränkung mit dem Europäischen
Konvent, vor allem mit den österreichischen Mitgliedern des Europäischen
Konvents an. Es ist auch die Civil Society, die Bürgergesellschaft, eingeladen,
an diesem großen Projekt mitzuwirken – in vielen neuen Mitwirkungsformen,
möglicherweise mit begleitenden Ausschüssen und Arbeitskreisen in den Ländern,
möglicherweise mit Diskussionen und politischem Unterricht in den Schulen, in
Seminaren an den Universitäten, vornehmlich jenen der Rechtslehre und der
Politikwissenschaft, aber natürlich auch in Internetforen. Es soll eine breite
Österreich-Bewegung sein.
Einige wenige Klarstellungen: Wichtig ist, dass die Diskussion über Bundesrat, Landtag, Bundesstaat, Demokratie, Verwaltungs- und Verfassungsreform, also die Staatsreform, nicht als ein intellektuelles Glasperlenspiel oder als ein L’art pour l’art einer abgehobenen politischen
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Kaste empfunden wird, sondern dass
bewusst ist, dass die Organisation des Bundesstaates von ganz entscheidender
Bedeutung für den Bürger ist. Größere Überschaubarkeit, mehr politische
Mitgestaltungsmöglichkeit, mehr Demokratie für den Bürger, besseres Service für
den Bürger, bürgernahe Verwaltung, rascherer und effizienter Verwaltungsablauf,
damit zugleich auch geringere Steuerlast, also alles, was sich ein
Finanzminister nur wünschen kann: Das muss der Nutzen für den Bürger sein.
Dafür sind die institutionellen Voraussetzungen zu schaffen.
Eine Feststellung
erscheint mir besonders wichtig: Staatsreform darf nicht mit Zentralisierung
verwechselt werden! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der
Freiheitlichen.)
Föderalismus ist
kein teurer Luxus, sondern Föderalismus ist, wenn er richtig organisiert ist,
also wenn die Aufgaben richtig zugeordnet sind, moderner, bürgernäher,
demokratischer und kostengünstiger als Zentralismus.
Föderalismus ist
daher auch keine Frage der Einwohner- oder Flächenquantität!
Österreich ist ein
Bundesstaat. Bei aller Liebe und Wertschätzung für die Bundeshauptstadt, in der
wir uns immer wieder gerne versammeln, muss ich festhalten, dass die
gesamtösterreichische Perspektive dennoch eine größere und weitere ist, als es
die alleinige Sicht aus der Bundeshauptstadt wäre. Das ist ganz besonders
deswegen zu betonen, weil im Gegensatz zu den klassischen Bundesstaaten
Schweiz, Deutschland und USA – diese haben auch ganz unterschiedliche
Größenordnungen, sind aber dennoch alle föderal stark organisiert –, in
denen die wichtigsten staatlichen Institutionen, aber auch die
meinungsbildenden Medien auf verschiedene Orte aufgeteilt sind, in Österreich
das Meiste in Wien zentriert ist; und – und das ist menschlich – der
Standort bestimmt leider nicht selten den Standpunkt.
Ich hoffe und bin
zuversichtlich, dass wir bis zum Jahr 2005, dem 60. Jahr der
Wiedererrichtung der Zweiten Republik, also der Schaffung des neuen
demokratischen Österreichs durch den großen Grundkonsens aller Demokraten vom
27. April 1945, und dem 50. Jahr des Staatsvertrages, also der
Wiedererlangung der vollen Souveränität Österreichs, zu Ergebnissen kommen
werden. Das wäre ein sehr schönes Zeichen.
Wir werden in
diesem Frühjahr auch, wie Präsident Ludwig Bieringer hier im Dezember mitgeteilt
hat, den Workshop „Der Bundesrat und die Wahrnehmung der Länderrechte“, der
bereits für den vergangenen Herbst geplant war, abhalten und ihn insbesondere
als bereichernde, ideengebende Veranstaltung für den Österreich-Konvent
fokussieren.
Ich hoffe sehr,
dass wir als Bundesrat für den Österreich-Konvent pionierhafte Initiativen
setzen können. In einer Hinsicht war der österreichische Bundesrat – in
vieler Hinsicht, aber in dieser ganz besonders – jedenfalls weltweit für
die parlamentarische Demokratie pionierhaft – ich sage das besonders gerne
im Angesicht der ersten Frau Landeshauptmann Österreichs, einer Institution,
die es in der Steiermark schon seit 767 Jahren gibt und deren Funktion
seit sieben Jahren eine Frau in imponierender und zukunftsträchtiger Weise
ausübt.
Vor genau
75 Jahren, im ersten Halbjahr 1928, hat es auch einen steirischen
Bundesratsvorsitz gegeben: Die steirische christlich-soziale Journalistin Olga
Rudel-Zeynek war die erste weibliche Vorsitzende des Bundesrates und damit, wie
die Interparlamentarische Union in ihrer Publikation „Men and women in
politics“ feststellt, weltweit die erste Parlamentspräsidentin.
Die erste Frau,
die in der Zweiten Republik den Vorsitz im Bundesrat führte, war übrigens vor
genau 50 Jahren wiederum – und ich glaube, es ist mehr als ein
Zufall – eine Steirerin, nämlich Dipl.-Ing. Johanna Bayer. Ich möchte es mir zur Aufgabe machen, im ersten
Halbjahr 2003 die pionierhafte Rolle steirischer Frauen besonders
hervorzustreichen – ein Halbjahr, in dem ich trotz des ernsten
weltpolitischen Hintergrunds, trotz der weltpolitisch bedrohlichen Lage hoffe,
dass es ein friedliches sein möge und alle für den Frieden arbeiten.
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 12 |
Meine Damen und
Herren! Darf ich nach diesen mittelfristigen Perspektiven auch einige kurzfristige
Wünsche äußern, die unabhängig vom Österreich-Konvent realisiert werden können
und die uns zumindest im ersten Punkt hier in diesem Hause immer geeint haben.
Erstens: Das Stellungnahmerecht des Bundesrates im
Gesetzgebungsverfahren – mehrfach bereits in diesem Hause einstimmig
beantragt – wird sicherlich im ersten Halbjahr wiederum beantragt werden.
Wir hoffen sehr, dass wir diesmal im Nationalrat Gehör finden, denn oft ist man
in der Länderkammer im Großen und Ganzen mit einem Bundesgesetz einverstanden,
aber es kann vorkommen, wie ich es selbst etwa im Februar 2001 in diesem
Hause erlebt habe, dass ein Absatz eines Gesetzesparagraphen – damals war
es im Zusammenhang mit dem Privatradiogesetz – eine Beeinträchtigung der
Länderrechte beinhaltet, gegen die es sich aus unserer Sicht zu wehren gilt. Da
macht es nicht viel Sinn, das ganze Gesetz, das wir übrigens insgesamt für
außerordentlich sinnvoll gehalten haben, in Bausch und Bogen zu beeinspruchen,
sondern ist vielmehr angezeigt, durch eine Stellungnahme schon im Gesetzwerdungsverfahren
den Wunsch der Länderkammer einzubringen.
Ein zweiter Wunsch, der auch vom
grünen Bundesrat Stefan Schennach – ich glaube, es war im
Februar 2002 anlässlich der Debatte um die Erklärung von Landeshauptmann
Pühringer – angesprochen wurde, ist: Es sollte aus meiner Sicht die
Möglichkeit gegeben werden, dass der Bundesrat einmal im Halbjahr – ich
betone: die Möglichkeit, nicht die Pflicht – am Landtagssitz des jeweils
den Vorsitz führenden Landes tagt. Ich hielte dies für eine sehr wirkungsvolle
Maßnahme im Sinne der Bewusstseinsbildung für die wichtige und unverzichtbare
Arbeit der Länderkammer. Auch hiefür sind eine kleine Verfassungs- und eine
Geschäftsordnungsänderung notwendig, die zu beantragen sein werden.
Das
bundesstaatliche Prinzip, die Bundesländer, der Bundesrat, die Landtage und die
Gemeinden sind unverzichtbare Orte der überschaubaren demokratischen
Mitwirkung der Menschen. Sie sind unverzichtbar, aber in ihrer Aufgabenstellung
nicht unveränderbar.
Dieses Bekenntnis
zur Region hat nichts mit Provinzialität zu tun. Im Gegenteil: Ich darf in
diesem Zusammenhang einen Satz des zu Unrecht leider schon fast vergessenen
großen deutschen Literaten und Literaturnobelpreisträgers Heinrich Böll aus
seinen „Frankfurter Vorlesungen“ zitieren, der mir besonders treffend
erscheint: „Die Abneigung der Deutschen gegen Provinzialismus, gegen das
Alltägliche, das eigentlich das Soziale und Humane ist, ist eben
provinzlerisch“. – Zitatende.
Für mich steht fest:
Nicht das Bekenntnis zum Wert der Heimat, der Bundesländer und der Gemeinden,
natürlich unverkitscht und in einer modernen Interpretation als Orte der Beheimatung,
sondern manche Großmannsucht ist provinziell!
Meine Damen und
Herren! Wir wollen arbeiten, damit wir ein Optimum für den Bundesstaat Österreich
erreichen, der nach Artikel 2 der Bundesverfassung aus den neun
selbständigen Bundesländern besteht. Die Bundesländer haben durch freiwilligen
Zusammenschluss die Republik zweimal begründet. Das ist nicht historische
Reminiszenz, sondern das ist die entscheidende europäische Zukunftsperspektive, denn
ein sich zunehmend einigendes Europa, das ein Europa der Bürger sein will, kann
nur ein Europa der Regionen sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten
der Freiheitlichen.)
Wir, der
Bundesrat, die Länderkammer der Republik Österreich, werden zu dieser Zukunftsentwicklung
unseren Gestaltungsbeitrag leisten! – Ich danke Ihnen für Ihre Geduld. (Beifall
bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ und der Freiheitlichen.)
9.33
Erklärung der Frau
Landeshauptmann von Steiermark
Präsident
Herwig Hösele: Ich gebe bekannt, dass mir die Frau
Landeshauptmann der Steiermark, Waltraud Klasnic, mitgeteilt hat, eine
Erklärung gemäß § 38 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates zum
Thema „Aktuelle Fragen des Föderalismus“ abgeben zu wollen.
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 13 |
Bevor ich der Frau
Landeshauptmann das Wort erteile, gebe ich noch bekannt, dass mir ein
schriftliches Verlangen von fünf Bundesräten im Sinne des § 38 Abs. 4
der Geschäftsordnung des Bundesrates vorliegt, im Anschluss an diese Erklärung
eine Debatte durchzuführen.
Da dieses
Verlangen genügend unterstützt ist, werde ich ihm ohne weiteres stattgeben.
Ich erteile
nunmehr Frau Landeshauptmann Klasnic das Wort. – Bitte.
9.34
Landeshauptmann von Steiermark Waltraud Klasnic: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates!
Ich möchte auch die Damen und Herren, die als Gäste hier sind – so wie ich
heute –, sehr herzlich begrüßen. Ich freue mich, mit dabei zu sein, und
möchte zu Beginn meiner Erklärung jenen gratulieren, die heute gesagt haben:
„Ich gelobe“. Es ist mir dabei eingefallen, dass es der
15. November 1977 gewesen ist, als ich auch hier in der Bank gesessen bin
und mit bebendem Herzen „ich gelobe“ gesagt habe; es war eine wichtige und eine
besondere Zeit in meinem Leben. Ich glaube, es könnte und kann jede Politikerin
und jeder Politiker mit Dankbarkeit annehmen, dieses Erleben „Bundesrat“, diese
Gemeinschaft, diese Kollegialität, aber auch diese Erfahrung hier gehabt zu
haben und auch in die spätere politische Arbeit, wo immer sie sein mag,
mitnehmen zu dürfen. Der Bundesrat ist wichtig, und die Zeit hier war
wunderschön.
In diesem Sinne
wünsche ich Ihnen von Herzen alles Gute! (Allgemeiner
Beifall.)
An meiner Seite
sitzt der Herr Nationalratspräsident – und Sie haben sicherlich gemerkt,
dass er einmal kurz geflüstert hat –, und er hat gemeint: Na ja, die Steiermark – heute wird alles gesagt,
was in der Steiermark an
Besonderem geschehen ist.
Ich sage dazu: In
ungefähr einem halben Jahr wird es Tirol sein. Herr Präsident! Ich habe die
Botschaft verstanden!
Aber ich stelle
fest: Eines kann – und
das mögen mir die Damen und Herren aus den Bundesländern zugestehen –
kein anderes Bundesland einbringen: Es gibt nur ein Bundesland, welches weiblich ist, nämlich die Steiermark! (Beifall
bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ und der Freiheitlichen.)
In diesem Sinne
freue ich mich, wieder einmal hier das Wort ergreifen zu dürfen!
Aber ich freue
mich auch ganz besonders, dass der Vorsitzende des Bundesrates gerade jetzt
Herwig Hösele ist. Er ist ein Mitarbeiter, der mich kennt und den ich seit
vielen Jahren kenne, der sehr viel beiträgt, dass sich einiges in meinem
Bundesland und weit darüber hinaus bewegt, und wir können sagen, dass wir
gemeinsam eine Aufgabe zu bewältigen haben. Es hat mich aber jetzt schon auch
ein bisschen bewegt, dass er gesagt hat, er erteilt mir das Wort. – Herr
Präsident, ich danke dir dafür! (Allgemeine
Heiterkeit.)
Ja, das ist so,
man muss die Spielregeln in der Demokratie einhalten, und ich mache das gerne,
es fällt mir überhaupt nicht schwer. Ansonsten ist es ja nicht so schwer: Wer
Herwig Hösele in Aktion kennt, der weiß, man braucht ihm das Wort nicht zu
erteilen, man hört ihn rechtzeitig – und das ist gut so.
Ich freue mich
aber auch – ich betrachte es als nicht nur dem Alphabet entsprechend,
sondern erachte es auch in der Aufgabenstellung als besonders wichtig –,
dass ich zurzeit die Vorsitzende in der Landeshauptleutekonferenz sein darf.
Das ist ein Auftrag, das ist eine Aufgabe, die man wie in einer Stafette
weitergeben kann und bei der man auch immer weiß, dass die Kollegen aus allen
Bundesländern und aus allen Fraktionen unterstützend mit dabei sind.
Die Landeshauptleute sind eine Gemeinschaft, die die Möglichkeit nützt, hier in diesem Raum, in diesem Bundesrat das Wort zu ergreifen, um auch zu zeigen, wie wichtig uns die Zusammenarbeit, das Zusammenwirken zwischen Bundesland und Bundesstaat ist, zu zeigen,
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 14 |
dass wir zusammengehören, dass wir nur dann, wenn wir besser
organisiert in der Verantwortung nach außen wirken, erfolgreich sein können.
Ein Zweites möchte
ich dazusagen, weil ich glaube, dass es auch ganz besonders wichtig ist: Wir
befinden uns zurzeit in einer der wahrscheinlich besonders spannenden, jedoch
sehr schwierigen Phase der Regierungsbildung für unser Österreich, und auch in
dieser Funktion darf ich gemeinsam mit den beiden Herren, die an meiner Seite
sitzen – mit Herrn Nationalratspräsidenten Khol und mit dem Herrn
Minister und Steirer Martin Bartenstein –, im für die
Regierungsverhandlungen zuständigen Gremium mit dabei sein. Ich darf Ihnen
versichern, dass sich so wie in meiner Fraktion auch in den anderen Fraktionen
die Verhandler auf jeder Seite jeweils sehr bemühen, bei den Entscheidungen mit
zu helfen, dass für das Morgen das Beste herauskommt. Und das Morgen ist für
mich nicht nur die Zukunft, sondern auch eine Entwicklung, die wir verantworten
wollen – nicht nur in
unserem Bundesland, nicht nur in Österreich, nicht nur in einem erweiterten
Europa –, sodass unsere Kinder und Enkelkinder auch noch das Gefühl haben
werden, dass jene, die zu dieser Zeit die Verantwortung getragen haben, diese
Verantwortung wahrgenommen und daraus etwas
gemacht haben, damit auch sie eine Zukunftsgestaltung vornehmen können.
Das heißt: Nachhaltigkeit, gerecht sein, um auch ihnen eine Existenz zu
sichern.
Meine Damen und
Herren! So sehe ich meinen Auftrag, und in diesem Sinne werde ich mich auch in
den nächsten Tagen oder Wochen – ich weiß es nicht genau, wie lange es
noch dauern wird – dort, wo ich meinen Platz habe, voll im Einverständnis
und in Verantwortung aus der Sicht der Bundesländer einbringen.
Die Position der
Bundesländer brauche ich hier in diesem Hause nicht zu erklären, aber ich sage
sehr bewusst dazu – wir sagen es immer wieder –: Die Bundesländer
sind Österreich, und Österreich ist, bestehend aus diesen Bundesländern, ein
wunderschönes und ein besonderes Land.
Ich habe vor
einigen Tagen gelesen, was Herr Professor Leser in diesem Zusammenhang gesagt
hat, nämlich: Die Bundeshauptstadt Wien und Österreich oder das Leben in der
Bundeshauptstadt und das Leben in den Bundesländern seien aus zwei
Perspektiven zu sehen, man könne sie nicht eins zu eins vergleichen. Ich meine:
Daher ist es so wichtig, dass wir dieses Zusammenwirken haben – aus der
Sicht der Bundesländer und daraus, dass jene Menschen, die in der
Bundeshauptstadt die Verantwortung tragen, die in Wien leben, es eben aus ihrer
Sicht sehen wollen.
Was wir uns von
den Bundesländern erwarten, das ist bereits formuliert. Als ich von meinem
Kollegen Schausberger, dem Landeshauptmann von Salzburg, am
1. Jänner 2003 den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz
übernommen habe, haben wir uns zusammengesetzt und gefragt: Was wünschen wir
uns? – Ich sage das auch stellvertretend für die Länder: Wir wünschen uns eine
stabile Bundesregierung, die einen Reformkurs hält, und zwar einen mutigen
Reformkurs mit Nachhaltigkeit. Wir wissen, dass im Finanzausgleich vieles zu
verhandeln ist. Da geht es nicht nur um den Bund und um die Länder, sondern
auch um Städte und Gemeinden. Das sind die Orte, wo die Menschen leben, wo es
spürbar ist, wo das Gespräch da ist und wo wir einen wesentlichen Beitrag aus
der Sicht der Bundesländer schon in der Vergangenheit – gerade auch in den
letzten Jahren – dazu geleistet haben, dass ein Reformkurs mit dem
gesamtstaatlichen Ziel der Stabilität gehalten werden kann. Auch darum wollen
wir uns in Zukunft bemühen.
Wesentliche Reformschritte sind angesprochen, sie haben begonnen. Ich denke daran, dass wir über die Aufwertung der Bezirkshauptmannschaften geredet haben und dass in den Bundesländern vieles geschehen ist. Ich freue mich, dass der damalige Bezirkshauptmann aus Fürstenfeld hier ist, der 1997 das österreichische Pilotprojekt dieser bürgernahen Bezirksbehörde als Erster vorgestellt hat. Es hat die Verländerung der Bundesstraßen gegeben. Aus Sicht der Länder müssen wir mit den Positionen fertig werden, das sage ich sehr bewusst. Wir müssen auch mithelfen, dass wir gerade nach dem Jahr 2008 fortschreiben können – eine Aufgabe, derer sich die Verhandlungen in diesen Tagen auch annehmen müssen, wie vieles
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 15 |
andere mehr. Es muss uns auch bewusst sein, dass alle
Aufgaben bürgernah erfüllt werden sollen.
Ich nehme das Wort
„Doppelgleisigkeit“ nicht in den Mund. Man kann nicht so einfach, wie das bei
jeder Veranstaltung im Wirtschaftsbereich der Fall ist, sagen: Es geht um Bürokratievereinfachung. –
Das ist zu wenig! Wir brauchen eine klare Kompetenzaufteilung, eine klare
Aufgabenzuordnung, ganz einfache Konstrukte, und dann wird es auch einfacher
sein. Ich bin davon überzeugt, dass zum Beispiel dieser Österreich-Konvent, auf
den ich noch zurückkommen werde, klare Zuordnungen vornehmen kann, vor allem
dann, wenn wir uns aus allen Fraktionen dazu bekennen mitzugestalten, wenn sich
die Bundesländer einbringen und wenn wir versuchen, unsere Erfahrung, die wir
täglich aufs Neue machen, dort einzubringen und diese dann in der Folge auch
umsetzen.
Ein wichtiger
Punkt für mich in dieser Woche – und ich sage das jetzt als jemand, der es
wahrscheinlich so empfindet wie Sie alle, die Sie auch in der Politik
Verantwortung tragen – ist, dass wir nachdenken müssen, wenn in der
zweitgrößten Stadt Österreichs, in Graz, 43 Prozent der Menschen nicht zur Wahl gehen. Ich würde
sehr darum ersuchen, aktiv auch daran zu denken, wie wir es in Fragen der
Briefwahl halten wollen, oder zumindest die Möglichkeiten zu schaffen. Das wäre
nur ein Thema, das kann man aber nicht nur in einem Satz erledigen, sondern da
muss man manches aufarbeiten. Es ist vieles vorbereitet: Es sind Vorschläge für
Wahlrechte in den verschiedenen Schubladen, es sind viele Ideen in den
Schubladen. Wir sind aufgerufen, etwas zu verändern.
Ich sage sehr
bewusst auch dazu, dass Kollege Schausberger mir mitgegeben hat – gerade
auch bei den Verhandlungen um die künftige Regierung habe ich gemerkt, dass es
da keinen Widerspruch gibt; das heißt, da bitte ich Sie auch um
Unterstützung –, dass die Koordinationsfunktion der Landeshauptleute bei
Krisen- und Katastrophenbewältigung gesichert werden soll – eine bittere
Erfahrung, die wir in den letzten Jahren in verschiedenen Bundesländern machen
mussten. Jeder der Landeshauptleute hat Verantwortung ohne rechtliche Deckung
übernommen, weil Verantwortung heißt, sich hinzustellen und etwas zu
entscheiden, solange es noch die Möglichkeit der Entscheidung gibt. Manchmal
ist es leider ohnehin fast zu spät, und man kann nicht mehr helfen. Das ist
dann die Erkenntnis der Hilflosigkeit von uns Menschen, die uns manchmal
bewusst wird. Es sollte uns viel öfter bewusst sein, dass wir nicht alles
selbst können.
Was wir für den
Bürger erwarten, wenn wir von Reformbestrebungen reden, ist nicht – ich sage es noch
einmal, Herr Staatssekretär, Sie werden mir das jetzt verzeihen, aber
Gesundheit ist ein Superthema dafür; ich weiß, dass das nicht gewollt ist, ich
sage auch, dass wir es nicht können –, dass man nur vom Bund auf das Land
oder vom Land dann in die Gemeinden und in die Städte verlagert, denn es
gehören die finanziellen Mittel dazu, aber bei einer klaren Kompetenzzuordnung
wird dies auch möglich sein, sondern dass wir wirklich vieles gemeinsam besser
machen. Es ist nicht so, dass wir einen Stillstand wollen, sondern wir sagen:
gemeinsame Ziele, klare Maßnahmen und sorgfältige Orientierung dieser
Ziele – das ist eine Aufgabe, die wir haben.
In meinen
Unterlagen findet sich der Begriff „Perchtoldsdorfer Paktum“. Das ist noch aus
dem Jahre 1992. Inzwischen hat sich viel geändert. Das sieht man, wenn man
sich zehn, elf Jahre später fragt: Was soll der Staat, was muss der Staat und
was kann der Staat und was können wir eigentlich als Staatsbürgerinnen und
Staatsbürger besser? Welch bessere Möglichkeiten gibt es? – Ich sage
bewusst dazu, es muss auch so etwas wie eine begleitende Hilfe oder eine
begleitende Kontrolle geben. Aber es ist nicht so, dass alles der Staat und die
öffentliche Hand machen müssen. Es gibt auch so etwas wie Eigenverantwortung.
Ich denke zum Beispiel auch an das Wahrnehmen der Möglichkeiten, wieder das
eine oder andere in die Verantwortung der Familien zurückzugeben. Das könnte
auch ein Weg sein.
Strukturreform heißt für mich aber auch, dass es nicht darum gehen kann, dass sich eine Gebietskörperschaft gegen die andere wendet und sagt: du nicht, ich schon, oder sonst! – Sie kennen die Diskussion selbst seit langer Zeit – wir führen sie auch zum Teil. Ich nehme
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 16 |
niemanden, auch mich selbst nicht aus, dass
man sagt: Das dürft ihr, das dürfen wir nicht! – Es geht nur in einem
guten Miteinander, und dieses Miteinander ist gefordert von der kleinsten Zelle
im Staatsgebilde, nämlich von der Gemeinde, über die Stadt, den Bezirk, das
Land bis zum Bund. Das ist unsere Aufgabe.
Wir können
natürlich auch sehr viel dort ändern, wo wir den Platz und wo wir die
Verantwortung haben. Ich denke bewusst daran, dass es manchmal auch gut ist,
dass man etwas tut, vielleicht nicht sehr viel darüber redet, aber dann als
Erfolgsparameter sagen kann: Das ist gelungen!
Der Personalreferent
des Landes Steiermark, Herr Landesrat Schützenhöfer – er ist auch heute
hier anwesend –, hat ohne viel lautes Reden stillschweigend am Ende des
Jahres 2001 gesagt: Es ist gelungen, 280 Dienstposten
einzusparen. – Das klingt momentan nach sehr wenig, das sind aber
280 Plätze. Trotzdem ist es gelungen, per Verwaltungsvereinfachung vieles
auf einen guten Weg zu bringen.
Staatsreform heißt
aber vor allem auch, das, was mit finanziellen Aufgaben zu tun hat, auf eine
klare Linie zu bringen. Zu den Finanzausgleichsverhandlungen kann ich nur
sagen – ich sage das jetzt nicht als Finanzreferent, da ich es bei uns in
der Steiermark nicht bin, sondern als Landeshauptmann –: Wir erleben es
immer wieder, dass in einem bestimmten Abstand, nämlich am 30. und am 31. 12.
eines Jahres, wenn das Jahr seinem Ende zugeht, verhandelt wird. Dann muss der
Finanzausgleich abgeschlossen werden.
Ich war sehr froh,
als der Herr Bundeskanzler vor einigen Wochen gesagt hat, er werde den
Vorschlag machen, dass man jetzt schon mit den Vorbereitungen der
Finanzausgleichsverhandlungen beginnt, um nicht ganz in die letzte Phase zu
kommen. – Das ist so ähnlich wie bei der Eröffnung einer
Landesausstellung: Da wird am letzten Tag auch noch renoviert und das Letzte
gemacht. Wir können es aber vorher machen. Es gibt vor allem auch genug
Menschen, die sich der Verantwortung bewusst sind.
Da gebe ich diesen
Finanzausgleichsverhandlungen das mit, was wir uns auch in den
Parteienverhandlungen und in der künftigen Regierung wünschen, nämlich eine
sehr klare Bemerkung: Wir wünschen uns keinen abgestuften, sondern einen
aufgabenorientierten Bevölkerungsschlüssel. Das ist der Punkt! (Beifall
bei der ÖVP.)
Es möge uns auch
gelingen, dass wir in vielen Kernbereichen vom Reden zum Handeln kommen. Es
wird manche Sofortlösung geben, manch kurz-, mittel- oder langfristige. Ich
glaube, dass es solide, seriös und nachhaltig sein muss. Es geht um Pensions-,
Bildungs-, Sicherheits-, Sozial-, Gesundheits- und Europafragen, und es geht
eben auch um die Reform im Sinne der Verwaltung, wie sie angesprochen wurde.
Dazu wieder eine
Anmerkung des Herrn Nationalratspräsidenten – du weißt, Herr Präsident,
mir darfst du nichts leise sagen, ich sage es dann immer laut, weil ich es als
schön empfunden habe und weil ich dir dafür dankbar bin –: Wenn es diesen
Österreich-Konvent gibt, so wie ihn der Präsident des Bundesrates Herwig Hösele
angesprochen hat, so wie er vom Herrn Nationalratspräsidenten Dr. Andreas
Khol vorgestellt wurde, in Zusammenarbeit mit allen Fraktionen, in
Zusammenarbeit mit allen verschiedenen Institutionen und Körperschaften, dann
sollte er nach Meinung von Dr. Khol hier in diesem Saal tagen, das wäre
der richtige Mittelpunkt. – Das ist jetzt dein Vorschlag. Wer Andreas
Khol kennt, ist sicherlich überzeugt davon, dass er diesen Vorschlag auch
umsetzen wird. Das heißt, hier in diesem Saal wird die Zukunft Österreichs
bestimmt, wird festgelegt, wie es in diesem Bereich weitergehen soll. –
Herzlichen Dank für diese Idee. Wir unterstützen dich gerne dabei. (Beifall
bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen sowie Beifall des
Bundesrates Schennach.)
Föderalismus – ich sage das immer – ist kein Steckenpferd von Landeshauptleuten oder Landespolitikern, er ist auch kein Selbstzweck. Es muss nicht teurer sein, ich habe einiges angesprochen. Ich sage aber sehr bewusst, Dialog und Diskussion, das Einbringen von Ideen, die Tatsache, dass jemand einen Schritt weiterdenkt, sind wichtig. Die Frage ist immer, ob ich alle sieben Schritte mitgehe oder nur drei Schritte, um zu einem guten Ergebnis zu kommen. Es
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 17 |
geht auch um die Nähe
zum Menschen, wenn ich über die Länder spreche, um die Institution Landtag, um
die Institution Gemeinde, Städte, in welcher Größenordnung auch immer, darum,
wie die Zusammenarbeit sein kann.
Dass die
Zusammenarbeit großartig sein kann, das erleben wir in diesem Jahr, ja zur
Stunde in Graz. Graz ist die Kulturhauptstadt Europas in diesem Jahr. In einer
guten Zusammenarbeit von Landeshauptstadt, Land, Bund und Europa, also in
dieser Kombination sind wir in einen guten Schritt weitergekommen. Wir müssen
aber auch wissen, dass wir, wenn wir über Länder sprechen, sehr viel Rücksicht
auf die Gemeinden nehmen müssen, denn die Gemeinde ist eigentlich der erste Ort
der Demokratie. Der Staatsbürger, die Staatsbürgerin, der Gemeindebürger,
will, wenn er Hilfe und Unterstützung braucht, aber auch wenn er eine Forderung
hat, ins Gemeindeamt gehen können. Das heißt, die Menschen brauchen auch diese
kleine Institution, so wie sie die nächste Institution im Bezirk brauchen und
eben auch das Land. Ich sage das sehr bewusst.
Wenn man nicht in
dem Land leben kann, in dem man geboren ist und das man gerne vertritt, dann
gibt es auch die Möglichkeit, für dieses Land zu wirken. Da gestatten Sie mir
einen kurzen Ausflug: Ich möchte mich bei den Steiermärkern in Wien, vor allem
bei dir, Herr Regierungsrat Ettl, und deiner Frau sehr herzlich bedanken. Wir
merken, Hunderte und Tausende sind aus der Steiermark in der Bundeshauptstadt
zu Hause, und wir fühlen ein bisschen Wurzeln durch euch. Herzlichen Dank für
diese Arbeit! (Beifall bei der ÖVP.)
Das Lebensgefühl
hat Herwig Hösele angesprochen, die Sorge der Menschen, die Angst, die wir
selbst empfinden, vielleicht auch die Machtlosigkeit, weil wir manches nicht
mit entscheiden können, wenn wir über unsere eigenen Grenzen hinausschauen, ich
meine jetzt nicht nur Europa, ich meine die Welt. Wir müssen mithelfen, dass es
das Wort „Frieden“ weit darüber hinaus geben kann. Wir haben die Verpflichtung,
einen Beitrag zu leisten. Wir, jede und jeder, können es von unserem Platz aus,
aus der Sicht der Gemeinde, aus der Sicht der Länder und aus der Sicht der
Regionen.
Wenn ich Regionen
sage, dann denke ich an die Arbeit, die wir in Brüssel seit einigen Jahren
aktiv mitgestalten können. Ich bin dort wie alle anderen Landeshauptleute auch
Mitglied im Ausschuss der Regionen, und wir merken, dass dort schon erkannt
wird, dass in diesen Regionen die Mitsprache noch nicht voll Einzug gehalten
hat, denn das wird immer noch die Nation machen. Aber wir haben uns aus der
Sicht des Ausschusses der Regionen sehr bemüht, uns einzubringen, weil wir
davon überzeugt sind, dass wir die Menschen in ihrer Vielfalt wirklich vertreten
können.
Kommissar Fischler
hat in Alpbach gemeint: Wenn wir Europa wieder näher zu den Bürgern bringen
wollen, führt kein Weg an den Regionen vorbei.
Gerade hier im
Bundesrat sind jene Menschen verantwortlich, die sich für die Regionen im
Besonderen einsetzen. Wir wissen, dass Beitritte vor der Tür stehen, dass es
eine große Nachbarschaft, dass es dieses größere Europa geben wird. Es ist uns
auch bewusst, dass es mit Übergangsregelungen eine neue Wettbewerbssituation
geben muss. Sie läuft ja schon, wir merken es schon lange Zeit. Wir wissen aber
auch, dass diese Mobilität und dieser Wirtschaftsstandort, den wir in
Österreich und in den einzelnen Bundesländern haben, eine neue Dimension
erreicht, und wir sollten mit Optimismus in diese Zukunft gehen. Dieses
Ereignis der Erweiterung ist eine Chance, die überwiegt, bei aller Skepsis, bei
allen Sorgen, die es auch gibt.
Der Erweiterungsvertrag ist so gut wie fertig. Sie wissen, wie sich unsere Nachbarn bemühen. Ich sage aber sehr bewusst dazu, dass es dann natürlich regional verschiedene Anliegen und verschiedene Aufgaben gibt. Wir haben uns bemüht, politische, verschiedene soziale Systeme mit einer Wirkung in besonderen Regionen zu verbinden. Aus diesem Grunde habe ich mich gemeinsam mit vielen anderen aus der Sicht der Steiermark sehr darum bemüht, eine Zukunftsregion aufzubauen, das heißt, gemeinsam mit den Bundesländern Kärnten und Burgenland, mit unseren Nachbarn, also mit sechs ungarischen Komitaten, Slowenien, dem Norden Kroatiens
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 18 |
und zwei italienischen Provinzen, so etwas wie eine neue
Wettbewerbsregion zu gestalten. Dies ist im Beisein von Kommissar Barnier im
April vorigen Jahres unterzeichnet worden.
Es gibt so etwas
wie Partnerschaften, damit man sehr viel zu Stande bringen kann, und zwar in
vielen Bereichen, sei es im Bereich der Infrastruktur, der Bildung oder der
Zusammenarbeit der Universitäten, sei es die Zusammenarbeit im Presse-, Banken-
oder Handelsbereich, seien es der Technologiepark oder Joint Ventures. Es gibt
neue Chancen in einem alten Raum. Das heißt: alte Nachbarn, neue Partner. Das
ist unser Weg, dem sich die Steiermark in den nächsten Jahren auch ganz
besonders verpflichtet fühlt.
Ich möchte vom
Österreich-Konvent einen kleinen Schritt zum Europa-Konvent machen und bitte
den Herrn Präsidenten des Nationalrates, an der Spitze aber auch – und das
ist ausgesprochen – den Verantwortlichen für den Konvent, nämlich den
ehemaligen Minister Dr. Hannes Farnleitner, aus der Sicht Österreichs
mitzuhelfen, dass die Interessen vor allem der Regionen wahrgenommen werden und
dass dieses Aufbauwerk positiv fortgesetzt werden kann. Diesen Regionen kommt
aktuelle Bedeutung zu, das ist so, und das wird auch ganz sicher so bleiben.
Hannes Farnleitner hat mir als Antwort gegeben, am 6. und 7. Februar werde
dies auf Grund der Initiative Österreichs, auf Grund dieses Antrages schon ein
Thema im Europa-Konvent sein.
Ich darf zum
Schluss kommen und möchte Ihnen sehr herzlich danken, dass es in fixen Abständen
die Möglichkeit gibt, sich aus der Sicht eines Bundeslandes zu Wort melden.
Wenn Sie mich fragen, ob ich einen Wunsch habe, dann muss ich sagen, ich habe
ihn selbstverständlich und möchte ihn auch sehr bewusst formulieren. Wir sind
im Süden Österreichs – ich brauche niemanden von Ihnen die Landkarte in
Erinnerung zu rufen –, wir sind durch die Alpen von Salzburg und dem
Westen Österreichs nicht getrennt, aber wir haben einen weiten Weg. Auch nach
Linz und in den Wiener Zentralraum, das heißt auch in Richtung Ostösterreich,
müssen wir Berge überwinden, und im Süden haben wir einen Nachbarn. Das heißt,
es gibt bei uns einen Strukturwandel, der sehr schwer zu bewältigen ist. Und
wenn ich mir etwas Großes wünschen darf – und das möchte ich in dieser
Stunde stellvertretend für die Steirerinnen und Steirer, und für die fühle ich
mich befugt zu reden, machen –, dann sage ich, ich wünsche mir, dass ein
Jahrzehnt der modernen Infrastruktur anbricht, das bedeutet Schiene, Straße,
Telekommunikation und alles, was dazu gehört. Ich wünsche mir das für ganz
Österreich, aber selbstverständlich auch für die Steiermark, dort haben wir
ein bisserl einen Nachholbedarf. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten
der SPÖ.)
Etwas, was wir uns
auch wieder nicht nur für ein Bundesland, sondern für ganz Österreich wünschen,
ist, dass es uns gelingen möge, Wirtschafts- und Lebensstandort, Heimat- und
Zukunftsregion zu sein. Wir wünschen uns gute Entwicklungsperspektiven, ich
möchte bewusst sagen, die Fortsetzung von vielem, was eingeleitet und begonnen
wurde. Das ist ein guter und wichtiger Weg.
Ich möchte all
jenen, die im Bund Verantwortung tragen, versichern, dass Länder und Gemeinden
verlässliche Partner für Österreich, für Europa sind und dass man sich auf die
Menschen draußen in den Ländern verlassen kann. Ich sage bewusst „draußen in
den Ländern“, ob das die richtige Formulierung im deutschen Sprachgebrauch ist,
ist eine zweite Frage, aber man sagt das so, wenn man in Wien sitzt. Das habe
ich in den letzten Wochen gelernt, dass wir draußen sind. Ich lege Wert darauf
zu sagen: Wir sind drinnen,
wir gehören dazu! (Beifall bei der ÖVP.) Das muss man halt hin und
wieder lernen, dass wir die Möglichkeit haben mitzuhelfen.
Ich bedanke mich bei den Damen und Herren des Bundesrates, die im Rahmen vieler Beschlüsse dann die Unterstützung dazu geben, wenn es um Entscheidungen geht, die auch unser Bundesland betreffen. Wenn wir jetzt aus der Sicht der Steiermark einige Zeit verstärkte Verantwortung tragen dürfen, dann darf ich Ihnen versichern – der Herr Präsident des Bundesrates hat es selbst gesagt, und ich sage es Ihnen auch –, dass wir es in jener Verantwortung gestalten werden, die wir wahrnehmen dürfen. Ein halbes Jahr ist eine kurze Zeit, kann aber auch immer eine ganz wichtige Zeit sein, wenn man sich abspricht und wenn man auch der Versicherung entgegenschaut, dass die Bundesländer eine große Gemeinschaft
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 19 |
sind
und dass diese Bundesländer eben in diesem Österreich jenen Stellenwert haben,
den sie auch täglich einbringen.
Was wir uns
wünschen, egal, wie wir leben und wo wir leben, sind Sicherheit und
Geborgenheit in der heutigen Welt. Das ist ein Wunsch, den man jedem Menschen
mitgeben kann, wo immer er zu Hause ist. Und es sollte uns auch vielleicht in
manchen Stunden bewusst sein, dass wir das große Glück haben, in Frieden und
Freiheit zu leben. In diesem Sinne alles Gute und viel Erfolg in der Zukunft! (Allgemeiner
Beifall.)
10.00
Präsident Herwig Hösele:
Ich bedanke mich
für den Besuch, Herr Nationalratspräsident, und wir hoffen auf weitere gute
Kooperation.
Ich danke der Frau
Landeshauptmann für ihre Ausführungen – so steht es auch hier in meinem
Croquis.
Bevor wir in die Debatte eingehen, gestatten Sie mir
eine Bemerkung außer Protokoll. Als ich gestern mit dem Herrn
Bundesratsdirektor das Croquis durchgegangen bin, habe ich gefragt, ob ich in
diesem Zusammenhang wirklich die nüchternen Formeln „Ich erteile ...“ und
„danke“ verwenden muss. Da aber die Gefahr besteht, dass ich etwas subjektiv
sein könnte, Frau Landeshauptmann, und das ganze Halbjahr über eine objektive
und unparteiische Vorsitzführung gewährleistet sein soll, habe ich natürlich
der Anordnung des Herrn Bundesratsdirektors gerne Folge geleistet. – In
diesem Sinne gehen wir nun in die Debatte
ein.
Zu Wort gemeldet
hat sich Herr Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein. Ich erteile dieses.
10.01
Bundesrat
Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter
Herr Präsident des Bundesrates! Lieber Herwig! Sehr geehrte Frau
Landeshauptmann! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Liebe Gäste nicht
nur aus der Steiermark, sondern alle hier Anwesende! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Es ist natürlich für mich als Steirer eine große Freude, das heute
hier erleben zu dürfen und auch zu sehen, wie hoch der Bundesrat von der
Steiermark aus gewertet wird und wie viele führende Personen aus dem Land
Steiermark da sind. Man sieht, welches Gewicht dem Bundesrat gegeben wird,
welches Gewicht er in Österreich, in Europa hat, aber auch welches Gewicht der
Föderalismus, der für uns das Entscheidende in Europa sein wird, hat.
Es ist auch
großartig – das wurde heute schon gesagt –, dass im Moment die
Steiermark – pardon, das sage ich jetzt aus eigenem Stolz heraus –
nicht nur den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz hat, sondern auch hier
in Wien die Präsidentschaft beim Bundesrat innehat. Herwig Hösele kenne ich
schon seit über 30 Jahren, er sitzt in den Bereichen Verfassung,
Verwaltung, Journalismus unmittelbar an der Quelle, setzt sich für steirische
Interessen ein und arbeitet hervorragend. Wir versuchen, auch Lobbyismus in
Wien zu betreiben, genauso wie es die steirische Vertretung in Brüssel tut oder
wie es jetzt der Verein der Steiermärker in Wien, der auch hier heute vertreten
ist, mit dem Ball der Steiermärker macht. Natürlich weiß ich, dass alle anderen
Bundesländer genauso einen großen Ball haben, und das zeigt auch, welches
Gewicht man hat.
Ich glaube, dass
das, was heute schon von Herwig Hösele oder von der Frau Landeshauptmann
gesagt wurde, sehr wichtig ist, nämlich: Unsere Bundesländer sind gewachsene
Einheiten, die vielen Generationen Heimatgefühl, Identität und
Zusammengehörigkeit gegeben haben. Man gehört zusammen. Bei aller Liebe zur
europäischen Einigung ist man glücklich und stolz auf seine unmittelbare
Heimat, seine Region, sein Land. Deswegen muss auch eines gesagt werden: Jedes
der österreichischen Bundesländer ist ein historisch gewachsenes Land und hat
seine eigenen Besonderheiten. Die Menschen, die unsere Bundesländer bewohnen,
haben ihre eigene Art von Sprache, ihre eigenen Mentalitäten, ihre
Traditionen, und genau das macht den Reichtum nicht nur unseres Landes
Österreich, sondern des gesamten Europas aus. Das sind die großen
Verschiedenheiten in den Regionen, in den Ländern.
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 20 |
Die Länder und
ihre Organe abzuschaffen, wäre deswegen ein völlig falscher Weg, sondern man
muss sich einfach diesen Aufgaben stellen, die man in diesem geeinten freien
Europa und angesichts des Wachsens hat.
Deswegen halte ich
es auch für sehr wichtig, was heute hier von Präsidenten Hösele angeschnitten
wurde: der Österreich-Konvent. Man hat also die Idee, eine zeitgemäße Weiterentwicklung
der Verfassung zu machen. Eines müssen wir uns klar sein: Die Verfassung, die
jetzt gültig ist, wurde zu einer Zeit geschaffen, als es noch eine völlige
Eigenständigkeit und Eigenstaatlichkeit vieler dutzender Länder in Europa
gegeben hat, heute aber leben wir in einem größeren Europa zusammen, sind aber
dort selbständig vertreten. Deswegen brauchen wir eine Verfassung, weil wir die
Regionen haben wollen, weil wir die Länder haben wollen und weil wir in
Österreich keinen Zentralismus aus Wien, aber längerfristig auch keinen
Zentralismus aus Brüssel haben wollen.
Deswegen glaube
ich, dass wir alle in die richtige Richtung gehen. Das zeigt auch, wie wichtig
der Bundesrat ist, mit welcher Stärke man hier vertreten sein kann und wie
wichtig es ist, dass er auch seine Aufwertungen bekommt, die Altpräsident
Schambeck und viele andere immer wieder eingefordert haben. Wir brauchen das,
weil wir auch europakonform sein müssen und sein wollen. Wir als Österreicher
werden sicherlich die steirischen Positionen in Europa weiter vertreten. –
Ich danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)
10.06
Präsident
Herwig Hösele: Zu Wort gemeldet hat sich Herr
Bundesrat Theodor Binna. Ich erteile es.
10.07
Bundesrat
Theodor Binna (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Frau
Landeshauptmann! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Bevor ich mit meinen Ausführungen beginne, darf ich dir, Herr Präsident, zu
deinem Amt auf das Allerherzlichste gratulieren. Ich wünsche dir alles Gute und
hoffe, wie in diesem Hause üblich, auf eine gute Zusammenarbeit.
Ich bin stolz
darauf, heute hier zu stehen und Steirer zu sein. Wir diskutieren
Staatsreformen und andere wichtige Reformen, aber ich bin stolz darauf, dass
die Steiermark auch am sportlichen Sektor weltweit wieder bewiesen hat, welch
gute Sportlerinnen und Sportler wir haben. Ich möchte nur darauf hinweisen,
dass der Weltcupnachtslalom in Schladming am Dienstag mit 40 000 bis
50 000 Besuchern eindrucksvoll bewiesen hat, dass mein Freund WSV-Obmann
Hans Grogl die beste Organisation über die Bühne gebracht hat. (Beifall bei
SPÖ und ÖVP.)
Weiters bin ich
stolz darauf, dass die erste Frau gestern am Kulm erstmalig über 200 Meter
geflogen ist, und diese Frau kommt auch aus der Steiermark. Meine herzlichste
Gratulation. (Allgemeiner Beifall.)
Mit ein bisschen
Wehmut muss ich leider feststellen, dass es für die Region Spielfeld nicht so
gut ausschaut. Ich hoffe, dass wir den A1 Ring nicht verlieren werden,
denn das wäre traurig für die Region Spielfeld, für den Tourismus und für die
Wirtschaft. Daher appelliere ich an alle, dass in dieser Richtung noch die
richtigen Entscheidungen getroffen werden. (Bundesrat Ing. Franz Gruber: Die Frau Landeshauptmann wird das schon machen!) – Ich
hoffe.
Wenn wir den
Österreich-Konvent und die derzeitige Staatsreform diskutieren, dann möchte ich
kurz den Ist-Stand näher bringen:
Erstens: Die
Kompetenzaufteilung auf Bund, Länder und Gemeinden ist zu zersplittert, sodass
sich Mehrgleisigkeiten nicht vermeiden lassen. Vielfach lässt sich nicht mehr
klären, in wessen Aufgabenbereich die Bewältigung neuer Herausforderungen der
Gesellschaft fällt.
Zweitens: Der
Behördenapparat ist so kompliziert aufgebaut, dass er schwerfällig ist und es
nicht mehr erkennbar ist, welche politische Instanz für das Funktionieren
welcher Verwaltungszweige zuständig ist.
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 21 |
Drittens: Die
effektive Umsetzung der Anforderungen der Gesellschaft an einen modernen Staat
droht an den überkommenen staatsrechtlichen Strukturen zu scheitern.
Viertens: Die
Verantwortung für die Finanzierung staatlicher Aufgaben geht weitgehend an den
von der Verfassung der einzelnen politischen Entscheidungsebenen zugeordneten
Aufgaben vorbei, wobei diese wiederum von der durch die Öffentlichkeit
wahrgenommenen politischen Verantwortungsstruktur abweicht.
Ich glaube, Ziel
und Aufgabe kann es nur sein, mit diesem Österreich-Konvent diese Mängel zu
beseitigen.
Ein wichtiger
Punkt für mich ist auch die Aufteilung der Kompetenzen. Ich möchte hier ein
paar Beispiele auf einer anderen Ebene anführen. Für uns Steirer ist sowohl der
Bau der Koralmbahn als auch der Semmeringtunnel äußerst wichtig. Er ist für
den Wirtschaftsstandort Österreich wichtig, und er ist auch für den
Wirtschaftsstandort Steiermark wichtig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass zwei
Bundesländer darüber streiten, ob er gebaut wird oder nicht. (Beifall bei
der SPÖ.)
Weiters kann es
nicht sein, dass eine Verkehrslösung Ennstal, die seit 30 Jahren
diskutiert wird, im neuen Generalverkehrsplan, der bis zum Jahr 2021 gilt,
überhaupt nicht angedacht beziehungsweise diskutiert wird. Das ist kein rein
steirisches Problem, das ist ein bundesweites Problem, noch dazu, da sich mit
der Einführung des Road-Pricings speziell der Lkw-Verkehr in diesem Bereich
vervielfachen wird.
Weiters dringend
notwendig – jetzt spreche ich als Eisenbahner – ist ein einheitlicher
Tarifverbund im öffentlichen Verkehr. Es kann nicht sein, dass Leute aus dem
Land Niederösterreich andere Ermäßigungen oder Begünstigungen bekommen als
Menschen aus dem Land Steiermark oder Salzburg oder Tirol. Hiefür entscheidend
sind die so genannten Verkehrsdienstverträge, die jedes Bundesland für sich
eigens abschließt. Ich denke mir, da sollte es eine einheitliche bundesweite
Regelung geben. (Zwischenruf des Bundesrates Hensler.) – Ich hoffe, sie werden auch durchgeführt.
Ein weiterer Punkt
ist, dass jedes Bundesland eigene Gesetze im Bauwesen, im Sozialbereich, in der
Raumordnung und im Gemeindebereich erlässt. Diese Gesetze gehören dringend
reformiert, auf eine einheitliche bundesweite Basis gestellt und müssen
selbstverständlich allen Bedürfnissen entsprechend gestaltet und
nachvollziehbar sein.
Wenn ich nur das
steirische Raumordnungsgesetz anspreche, so muss ich sagen, ist es für mich
nicht nachvollziehbar, dass dieses Gesetz südlich von Graz anders ausgelegt
wird als nördlich von Graz. In der Raumordnung finden die Industrie, der
Tourismus, die Wirtschaft, der Sport, die Interessen aller im Gemeindegebiet
lebenden Personen, die Haupt- und Zweitwohnsitze ihren Niederschlag. Da muss
es doch möglich sein, eine einheitliche Regelung zu schaffen.
Ein weiterer Dorn
im Auge ist mir das Gemeindebediensteten-Vertragsgesetz. Die Aufgaben einer
Gemeinde sind in jeder Gemeinde gleich. Die Salzburger, die Steirer, die
Tiroler und Vorarlberger, um nur einige zu nennen, verrichten die gleiche
Arbeit. Die Salzburger sind nicht schlechter als die Tiroler, und die
Vorarlberger sind auch nicht schlechter als die Steirer. Und doch ist die
Entlohnung in jedem Bundesland anders. Daher denke ich mir, wäre es äußerst
wichtig, bundesweit für die Gemeinden die Entlohnung in ein einheitliches
Schema zu bringen.
Für die Gemeinden möchte ich hier einen Vorschlag machen: In einer kleinen Gemeinde muss ein Amtsleiter, ein Sekretär, ein Bediensteter über alle Gesetze genauestens Bescheid wissen. Das ist meines Erachtens nicht möglich. In einer kleinen Gemeinde gibt es nicht jeden Tag oder jede Woche, nicht einmal jeden Monat Anliegen aus der Bevölkerung. Daher denke ich mir, wir sollten bestimmte Kompetenzen kleinerer Gemeinden in größeren Gemeinden konzentrieren, wie zum Beispiel im Raumordnungsbereich, im Sozialbereich, im Bauwesen, im Standes- und Meldewesen. Natürlich muss dabei auf die Erreichbarkeit dieser Gemeinden geachtet werden. Und ein für mich wichtiger Punkt ist, dass Bürgernähe und Bürgerservice im Gemeindeamt vor
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 22 |
Ort erhalten bleiben. Durch
Kompetenzaufteilung könnten die Anliegen aus der Bevölkerung viel besser
bewältigt werden.
Wie ich es nicht
meine, zeigt ein Beispiel aus dem Bezirk Liezen, meinem Heimatbezirk. In diesem
Saal haben wir diskutiert über die Stärkung der ländlichen Regionen und auch
über die Einsparungen von Gendarmerieposten, Postämtern und Bezirksgerichten.
Ich möchte hier das Beispiel der Bezirksgerichte aus meinem Bezirk bringen:
Mit Juli 2002 wurden die Bezirksgerichte Rottenmann und Gröbming
geschlossen. Das Bezirksgericht Bad Aussee – mein Heimatort – hat bis
1. Jänner 2004 Aufschub bekommen. Die Begründung dafür ist für mich
eigentlich nirgends erkennbar. Die Bad Ausseer – es sind fünf
Bedienstete – hätten mit Juli 2002 ihre Arbeit in einem Gasthaus in
Irdning verrichten müssen, weil keine Büromöglichkeiten im Bezirksgericht in
Irdning vorhanden waren.
Die Betriebskosten
vom Bezirksgericht Rottenmann trägt die Gemeinde, Kosten für den Bund: null.
Die Betriebskosten vom Bezirksgericht Gröbming trägt die Gemeinde Gröbming,
Kosten für den Bund: null. Der Scherz bei dieser ganzen Sache ist, damit die
fünf Bediensteten aus dem Bezirksgericht Bad Aussee in Irdning die nötigen
Räumlichkeiten bekommen, wird das Bezirksgericht Irdning um
20 Millionen Schilling umgebaut. Das ist für mich kein Beispiel für
Bürgernähe und -service. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich spreche hier
weder für noch gegen das Bezirksgericht Bad Aussee, mir geht es um eine
generelle Linie, weil nur Sparen und Zusperren nicht alles sein können.
Frau
Landeshauptmann! Ich pflichte Ihnen bei, wenn Sie heute hier davon sprechen,
dass wir rasch eine stabile, handlungsfähige und reformfähige Regierung
brauchen. Ich wünsche mir: Suchen Sie eine Lösung, keine einfache, keine
leichte, sondern eine Lösung für Österreich, eine stabile Lösung für
Österreich! Die Wählerinnen und Wähler haben am 24. November 2002 so
entschieden. Unsere Jugend, unsere Senioren, wir alle haben uns das zu
verdanken. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
10.18
Präsident
Herwig Hösele: Zu Wort gemeldet hat sich Herr
Bundesrat Engelbert Weilharter. Ich erteile dieses.
10.18
Bundesrat
Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr
Präsident! Frau Landeshauptmann! Hohes Haus! Werte Damen und Herren! Erlauben
Sie mir, bevor ich zur Erklärung der Frau Landeshauptmann kurz Stellung nehme,
eine Bemerkung zu meinem Vorredner: Es ist meiner Meinung nach nicht die
steirische Art, aber es ist typisch für die sozialistische Art (Widerspruch
bei der SPÖ), einerseits die Frage des Aus des A1 Ringes zu beklagen (Bundesrat Konecny: Herr Kollege! Sie sitzen auf einem
geborgten Mandat!) und
sich andererseits in der Steiermark permanent dagegen auszusprechen.
Meine Damen und
Herren! Sie beklagen jetzt das Aus, obwohl Ihr Beitrag für die Formel 1 in der
Steiermark immer negativ war. Sie haben sich immer dagegen ausgesprochen. Ich
erinnere nur: Ersatz-Milliarden wurden von Ihrem damaligen Vorsitzenden
Bundeskanzler Vranitzky versprochen. Diese gibt es bis heute nicht in der
Steiermark. (Zwischenruf des Bundesrates Gasteiger.) Das sage ich nur, um der Wahrheit Rechnung zu
tragen, um die Diskussion in das rechte Licht zu rücken. (Bundesrat
Manfred Gruber: Was habt ihr alles
versprochen! – Bundesrat Boden: Ich habe geglaubt, du erzählst uns
über den Scherbenhaufen in der FPÖ!)
Meine Damen und Herren! Es ist parlamentarische Tradition des Bundesrates, dass der Landeshauptmann jenes Bundeslandes, welches den Vorsitz in der Länderkammer übernimmt, eine Erklärung abgibt. Dieses Mal ist die Steiermark an der Reihe, und ich wünsche Herrn Präsidenten Hösele viel Erfolg für seine verantwortungsvolle und wichtige Aufgabe.
Ich finde diese Vorgangsweise gut, weil erstens die Bedeutung der Länderkammer unterstrichen wird, weil zweitens die Anliegen und die Situation eines Bundeslandes aus einer anderen Sicht und Kompetenz, nämlich aus der Kompetenz der Landesregierung dargelegt werden
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 23 |
und weil es drittens auch die Möglichkeit schafft, dass sich
ein Bundesland in die Mitte des öffentlichen Interesses rückt und dann über die
Erklärung eine Debatte abgeführt wird.
Auch zu diesem
Punkt, meine Damen und Herren, hat Präsident Hösele eine gute Vorarbeit, eine
gute Öffentlichkeitsarbeit im Vorfeld geleistet. Wir goutieren alles: Ich meine
aber nicht den Empfang gestern im Palmenhaus, der übrigens auch – ich
würde es so sagen – eine steirische Spezialität war – es war sehr
nett dort –, sondern ich meine die Wortmeldung des Präsidenten Hösele, als
er wieder das permanente Thema „Bundesstaatsreform“ in Bewegung gebracht hat,
das Einsetzen der 80-köpfigen Expertenkommission für diesen Reformkonvent.
Natürlich gibt es zu diesem Konvent unterschiedliche Meinungen, das ist auch
gut so. Es sollen viele positive Kräfte in diesen Konvent, in dieses Reformwerk
eingebunden werden, damit in Summe die Bundesstaatsreform und analog dazu die
Bundesratsreform jener politischer Guss wird, mit dem wir alle gut leben
können.
Leider, Frau
Landeshauptmann, ist auch in der Steiermark, wenn man den Medien folgt, die
Meinung geteilt. So hat sich Herr Landesrat Hirschmann am 25. Jänner
folgendermaßen darüber geäußert – ich zitiere –: Da sitzen wieder
60 Leute nutzlos zusammen, das ist den Kaffee nicht wert, der dort
getrunken wird. – Zitatende.
Frau
Landeshauptmann! Ihr Landesrat Hirschmann hat eigentlich den Reformwillen
unseres Präsidenten Hösele und des Bundesrates konterkariert.
Sehr geehrte Frau
Landeshauptmann! Ich meine, da ist Handlungsbedarf gegeben. Sie sollten dem
Bundesrat, der Länderkammer, erklären, ob Sie pro Hösele sind und die Meinung
Hirschmann nicht unterstützen oder ob Sie es mit Hirschmann halten und nicht
mit Hösele gehen können.
Frau
Landeshauptmann! Ich würde Sie bitten, heute hier in dieser Frage uns, der
Länderkammer, dem Bundesrat, da wir auch die Betroffenen sind, eine Antwort zu
geben.
Meine Damen und
Herren! Ich habe mich eingangs auch positiv darüber geäußert, dass über die
Erklärung der Frau Landeshauptmann eine Debatte abgeführt wird. Diese Debatte
soll aber auch dazu führen, dass wir Sie als Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz,
Frau Landeshauptmann, ersuchen, die Reformschritte im Hinblick auf die
Bundesstaatsreform auch in der Landeshauptleutekonferenz voranzutreiben. Denn
gerade der Vorsitz der Steiermark – Präsident Hösele hat in seiner
Antrittsrede gesagt, dass viele Reformen, viele Initiativen in der
Vergangenheit von der Steiermark ausgegangen sind – im neuen Jahrtausend
sollte dazu genützt werden, dass sich wiederum die Steirer federführend
einbringen.
Im Hinblick auf
die Reform, Frau Landeshauptmann, wäre es auch wünschenswert – ich weiß
schon, wir Steirer haben den ersten Schritt schon getan –, dass wir, die
Vertreter des Landes Steiermark in der Länderkammer, die Bundesräte, auch im
Landtag ein Rederecht bekommen. Wir haben zurzeit ein eingeschränktes
Rederecht. Dieses eingeschränkte Rederecht sollte meiner Meinung nach im
Hinblick auf das freie Mandat erweitert werden, nämlich dass sich jeder
Bundesrat zu den Themen, zu denen er sich berufen fühlt, äußern und reden kann.
Es sollte nicht
sein, aber es entsteht ab und zu der Eindruck, wenn die Themen von der Präsidiale
vorgegeben werden, dass es die steirische Methode ist: Vogel, friss oder stirb!
Wir bestimmen, wozu die Bundesräte reden dürfen!
Diesbezüglich habe
ich eine Bitte an Sie: Bauen wir diesen Schritt weiter aus, geben wir den
Vertretern in der Länderkammer auch im jeweiligen Landtag – das wäre auch
ein Thema für die Landeshauptleutekonferenz – ein Rederecht! (Beifall
bei Bundesräten der Freiheitlichen.)
Hohes Haus! Meine
Damen und Herren! Wir erwarten vom Vorsitz, Frau Landeshauptmann, von Ihrem
Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz nicht den großen Reformschub, aber wir
glauben, Sie sind reformwillig – reformwillig wie unser Vorsitzender
Präsident Hösele, reformwillig wie die motivierten Bundesräte. Es scheint uns
zumindest der Zeitpunkt günstig zu sein, diese Reformen einzuleiten.
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 24 |
Das Land
Steiermark hat fleißige und zielstrebige Menschen; das Land Steiermark ist ein
Wirtschafts- und Innovationsland; das Land Steiermark hat eine intakte Umwelt;
das Land Steiermark ist reich an Gütern, wir haben vom Weinberg bis zum
Gletscher alles. All das kann die Steiermark bieten.
Es ist ein gutes
Land, und es sollte auch von diesem guten Land, von dieser Steiermark die
Bundesstaatsreform ausgehen. Das ist meine Bitte, mein Wunsch an Sie, Frau
Landeshauptmann! Wir, die steirischen Bundesräte, werden Sie dabei
unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
10.26
Präsident
Herwig Hösele: Zu Wort gemeldet hat sich Herr
Bundesrat Stefan Schennach. Ich erteile ihm dieses. (Bundesrat Schennach:
Welche Kärntner Töne begleiten diese Wortmeldung?)
10.26
Bundesrat
Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr
Präsident! Liebe Frau – ich schaffe es einfach nicht, zu einer derart
klugen und charmanten Frau „Landeshauptmann“ zu sagen: Sehr geehrte und sehr
geschätzte Frau Landeshauptfrau! Meine Damen und Herren! Herzlichen
Glückwunsch zur Übernahme des Amtes des Vorsitzenden, lieber Herwig Hösele! Die
EU hat in ihrem inneren Aufbau vielleicht eines vom österreichischen Bundesrat
abgeschaut, und das ist die halbjährige Vorsitzführung im Rat. Ob das das
Beste war, was sie sich abgeschaut hat, ist fraglich. Ich hätte mir gewünscht,
dass die damalige Frau Präsidentin Pühringer zumindest die Chance gehabt hätte,
ein Jahr mit einer weiblichen Zweidrittelmehrheit im Präsidium zu wirken. Ich
denke, über diese Frage des halbjährigen Vorsitzes sollten wir im Rahmen dieser
guten Idee – ich kann meinen uneingeschränkten Respekt bezeugen –
eines österreichischen Konvents von Khol und Hösele nachdenken. Das gehört auf
jeden Fall auf die Tagesordnung. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt
den Vorsitz.)
Herr Kollege
Weilharter! Ich weiß nicht, welche Antwort Ihnen die Frau Landeshauptfrau zu
Herrn Hirschmann geben sollte. Ich finde, es ist wichtig, und es gehört zur
Demokratie, dass es Querdenker gibt. Wir alle kennen Herrn Hirschmann, er
wollte aus neun drei Bundesländer machen. Ich fühle mich durch den Ausspruch,
dass das den Kaffee nicht wert sei, nicht beleidigt, und ich glaube, dass die Frau
Landeshauptfrau heute ihre Sicht und ihre Stellung zum Bundesrat klar und
eindeutig dargelegt hat.
Aber wenn Sie
schon Herrn Hirschmann zitieren, dann muss ich sagen, Sie dürfen nicht auf
einem Auge blind sein. Ihr blindes Auge heißt Prinzhorn, denn Herr Prinzhorn
hat in den letzten Wochen und Monaten nichts unversucht gelassen, diesem
Bundesrat sozusagen seine Daseinsberechtigung abzusprechen. (Zwischenrufe
bei den Freiheitlichen: Wieso? Wieso? Wieso? Wo steht das?) – Wenn Sie
Hirschmann sagen, vergessen Sie Prinzhorn nicht! (Zwischenrufe bei den
Freiheitlichen und der ÖVP.)
Lieber Herr
Dr. Böhm! Ich gebe Ihnen dann nachher gerne die verschiedensten
Erklärungen des Herrn Prinzhorn dazu. Kollegen Grissemann kann ich auch
erlauben, gleich in meine Mappe zu schauen.
Meine Damen und
Herren! Der Österreich-Konvent muss mehrere Punkte schaffen, vor allem einmal
ein Aufgaben- und Pflichtenheft für die demokratischen Organisationen und
Einrichtungen unseres Landes. Es bedarf beinahe hundert Jahre nach der Verfassung
von 1920 einer grundlegenden Verfassungsreform. Ich bin alles andere als ein
Sympathisant oder Anhänger von Herrn Minister Böhmdorfer, aber man muss darüber
nachdenken, ob die Gerichtsorganisation des Jahres 1920 mit der damaligen
Mobilität, mit der damaligen technischen Möglichkeit und der
Kommunikationsstruktur jener des Jahres 2003 entspricht und noch das wert ist.
Der gesamte Bereich des Behördenaufbaus, die Zukunft der Landesverwaltungsgerichte – all das gehört in diese grundlegende Verfassungsreform, denn so, wie wir die Verfassung in den letzten Jahrzehnten behandelt haben, sind zwei Dinge passiert: Sie ist intransparent geworden, und vor allem ist das Prinzip der Rechtssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger durch die
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 25 |
Aushöhlung der Verfassung,
durch die vielen begleitenden Verfassungsgesetze in der Form heute nicht mehr
gegeben.
Meine Damen und
Herren! Demokratie kostet etwas. Man darf die Republik – ich sage nur in
Klammern: Prinzhorn – aber nicht als eine AG oder gar als eine GesmbH
sehen, und die Bundesländer sind nicht die Filialen, die man unter Umständen
schließt, wenn eine Filiale nicht die erwartete Produktivität aufweist.
Das heißt,
Demokratie kostet etwas. Die Tatsache, dass die Demokratie auf Grund ihres Behördenaufbaues,
auf Grund veralteter Strukturen teuer ist – das ist bei
Doppelgleisigkeiten der Fall, die sich zum Teil auch in einer aufgeblähten
Verwaltung wieder finden –, gehört auf die Tagesordnung dieses Konvents.
Meine Damen und
Herren! Zwei Institutionen wurden in den letzten Wochen und Monaten in ihrem
Bestand hinterfragt: Das ist der Bundesrat, und das sind die Landtage. Ich
denke, in einem Europa, in dem wir zunehmend Nationalgrenzen verkleinern,
kleiner machen, gehören die Definition und das Bekenntnis zum Begriff, was
Heimat ist, verstärkt – durchaus auch in dem Sinne, wie es Stefan Zweig
schon in den zwanziger Jahren gesagt hat: Wie lächerlich und wie läppisch sind
nationale Grenzen. Wie wichtig ist es, diesen Begriff der Heimat zu definieren. –
Da sind die Bundesländer, da sind die Gemeinden und Städte Schlüsselpunkte, wie
wir Heimat zu definieren haben. Da haben die Bundesländer ihren ganz wichtigen
Stellenwert.
Meine Damen und
Herren! Heute wird man in Europa gefragt, wie denn diese Politik in Österreich
zu verstehen ist. Zuerst haben wir eine große Koalition, die man in Westeuropa
an sich nicht wünscht – weder in Deutschland noch in Frankreich, noch in
den Niederlanden, dort wird jetzt darüber debattiert. Dann nehmen die
Österreicher die erste rechtspopulistische Partei in die Regierung, als erstes
Land wird Österreich geächtet. Dann folgen andere rechtspopulistische
Regierungen: Italien, Niederlande. Dann implodiert die rechtspopulistische
Partei als erste in Europa. Dieser folgen andere – ich nenne nur die Pim
Fortuyn-Liste. Dann schrammt die zweitgrößte Stadt Österreichs gerade knapp an
einer Volksfront-Regierung vorbei – und das in dem Jahr, in dem sie
Kulturhauptstadt Europas ist. Sie hat jetzt in Westeuropa wahrscheinlich den
höchsten Anteil an Kommunisten. Bologna wird sich an so etwas wahrscheinlich
nur noch dunkel erinnern. Dann wird in Österreich diskutiert, ob es vielleicht
als Signal für Europa eine schwarz-grüne Regierungsform gibt.
All diese Dinge
muss man einmal in Europa Leuten, die sich für die österreichische Politik
interessieren, erklären. Wir tun uns schwer, so wie wir uns oft schwer tun, den
österreichischen Föderalismus zu erklären. Aber die Dinge sind im Fluss und
sind spannend.
Eines freut mich
besonders, Herr Präsident Hösele, nämlich dass doch einige Reformvorschläge,
die ich anlässlich des Eintritts der vierten Fraktion hier in den Bundesrat
gemacht habe, sowohl bei Ihnen als auch – das überrascht mich nämlich
noch mehr – beim Saulus, der zum Paulus wurde, nämlich Präsident Khol, auf
fruchtbaren Boden gefallen sind. Präsident Khol hat noch bei der Präsentation
des Jahrbuchs 2000 gesagt hat – ich bin damals gerade Bundesrat
geworden –: Den Bundesrat werden wir auch abschaffen. – Die heutigen
Töne sind interessant. Kollege Lopatka ist ein Zeuge dieses Gesprächs. Was er
leise sagt, sagt die Frau Landeshauptfrau laut. Jetzt sage ich das eben auch
laut.
Frau
Landeshauptfrau! Wenn wir zu diesen Reformen, die auch Herr Hösele angedeutet
hat, kommen, dann – das habe ich schon damals gesagt – wünsche ich
mir, dass die Landeshauptleute hier unter uns Platz nehmen. Das ist, so glaube
ich, eine der ganz wichtigen Aufwertungen, dass die Landeshauptleute in den
Bundesrat kommen, so wie zum Beispiel in Deutschland, wo sie auch der zweiten
Kammer ein anderes Gewicht geben.
Lieber Herr Präsident Weiss! Seit wir uns hier im Bundesrat kennen, kennen Sie mein ewiges Thema, ich werde nie müde, es zu nennen: Dann schaffen wir es auch, wenn die Landeshauptleute hier sind. Plötzlich sagt es Khol. Ich bin wie von den Socken gewesen, als ich bei Khol gelesen habe, dass dann die Landeshauptleutekonferenz, dieses informelle Gremium, das
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 26 |
in der Verfassung
nicht verankert ist, hier im Bundesrat ein eigener Ausschuss wird, in die Verfassung
hineingeholt wird und zudem den Bundesrat aufwertet. (Allgemeiner Beifall.)
Ich habe auch
damals den Vorschlag gemacht – Herr Präsident Hösele hat ihn heute
zitiert –, dass ich es auch im Sinne der Bürgernähe für unbedingt wichtig
erachte, dass der Bundesrat einmal im Landhaus des Vorsitz führenden
Bundeslandes tagt. Ich weiß, dass das im Burgenland ein Problem sein wird,
weil wir mehr sind, als es Landtagsabgeordnete im Burgenland gibt, aber wir
werden auch diese Frage mit sehr viel Kreativität lösen. In den meisten Landtagen
ist es kein Problem, uns dort willkommen zu heißen.
Weiters halte ich es für ganz wichtig – Herr Präsident, ich bitte
Sie, das relativ rasch mit Ihrem Parteikollegen Khol umzusetzen –, dass es
einen gemeinsamen Ausschuss des Nationalrates und des Bundesrates gibt, dass
das Gesetzesinitiativrecht aus dem Blick der Länder durch den Bundesrat
verstärkt wird. Das Stellungnahmerecht wurde als Forderung bereits erwähnt. Als
Wiener würde ich es mir wünschen. Ich weiß, dass zum Beispiel in Vorarlberg die
Dinge im Sinne des Föderalismus wesentlich fortschrittlicher geregelt sind.
Aber das Recht, sich in den Landtagen zu Wort zu melden, sowie auch eine
Berichterstattungspflicht der Bundesräte an die jeweiligen Landtage wären
Punkte, die in eine solche Reform Eingang finden sollten.
Landeshauptmann Pühringer hat an dieser Stelle gesagt – ich habe
das damals nicht gefordert, aber ich habe mir das seitdem durch den Kopf gehen
lassen –, dass im Rahmen einer solchen Reform der Finanzausgleich stärker
in die Kompetenz des Bundesrates fallen sollte. Das war eine Forderung des
Landeshauptmannes von Oberösterreich.
Präsident Khol und Präsident Hösele haben in ihrem Papier zum
Österreich-Konvent diese Idee aufgegriffen. Damit kommt erstmals auch eine
finanzielle Kompetenz in den Bundesrat. Sie alle wissen: Wichtig wird man oft,
wenn es ums Geld geht. Neben dem Einzug der Landeshauptleute durch die
personelle Aufwertung halte ich diesen Vorschlag des Landeshauptmannes von
Oberösterreich, auch den Finanzausgleich in irgendeiner Weise in eine Kompetenz
des Bundesrates zu nehmen, für einen Meilenstein zur Aufwertung des
Bundesrates.
Im Rahmen des Vorschlages zum Österreich-Konvent sind einige sehr
interessante Anregungen aus der hohen Wissenschaft gekommen. Ich teile nicht die
Meinung des sehr geschätzten Präsidenten Jabloner, dass der Bundesrat die
Landeshauptleute ersetzen und abschaffen soll, aber ich teile auch nicht die
Meinung des Herrn Professor Raschauer, dass künftig die Landeshauptleute den
Bundesrat ersetzen sollen.
Der Weg wird irgendwo dazwischen liegen, nämlich in der Zusammenführung
von Landeshauptleuten und dem Bundesrat. In diesem Sinne habe ich dann keine
Sorgen mehr, dass die Existenz des Bundesrates in Frage gestellt wird. In
diesem Sinne ein klares Bekenntnis zum Föderalismus, aber in einer modernen
Form!
Frau Landeshauptfrau! Nach dem Perchtoldsdorfer Abkommen gab es im
Jahr 1994 Verhandlungen – und ich sage Ihnen, damals wehte ein
Lüftchen von Demokratie in unserem Land, es gab nämlich die große Koalition
ohne Zweidrittelmehrheit, die sich mit diesen frechen Oppositionellen
auseinander setzen musste –, in denen die große Koalition und auch die
Opposition einen großen Schritt weitergekommen sind. Wären dann nicht Wahlen
gewesen, hätten wir gemeinsam, so glaube ich, schon 1994/95 eine sehr spannende
Bundesstaatsreform zu Stande gebracht.
In diesem Sinne wünsche ich der Steiermark viel Erfolg in der
Vorsitzführung in beiden Gremien, wobei das andere Gremium für mich nach wie
vor ein inoffizielles ist, das nur durch den Bundesrat ein offizielles werden
kann. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 27 |
10.41
Vizepräsidentin
Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist
Herr Bundesrat Professor Konecny. – Bitte.
10.41
Bundesrat
Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau
Landeshauptmann! Ich bin kein Steirer (Bundesrat
Gasteiger: Steirische Eiche!), und ich werde auch nicht weit
entfernte steirische Vorfahren als allfälligen Konnex zitieren. Ich kann, Frau
Landeshauptmann, nur anbieten, um in die Steiermark-Laudatio irgendetwas
einzubringen – wenig, aber doch –, dass ich am Samstag zu meinem
traditionellen Winterurlaub ins Ausseer Land aufbreche und somit immerhin etwas
zur Tourismusbilanz und zur Wertschöpfung des Bundeslandes beitrage. Aber ich
gebe zu, das ist ein bescheidener ... (Zwischenruf
bei der ÖVP. – Bundesrat Bieringer: Salzburg ist aber nicht
Steiermark!) Lass das doch die Steirer sagen!
Meine Damen und
Herren! Ich habe mich auch nicht zu Wort gemeldet, um in das Preisen des
Bundeslandes Steiermark einzustimmen – so legitim es auch ist –,
sondern weil damit zu rechnen war, dass zu den wichtigen Fragen der
Neugestaltung des österreichischen Bundesstaates in dieser Debatte etwas
gesagt wird und dass dazu Stellung zu nehmen ist.
Meine Damen und
Herren! Es ist naturgemäß ein Dauerbrenner, und die Debatten werden durch nicht
bewährte, aber eingeschliffene Klischees überwuchert wie von einem Geschwür.
Wir müssen drei Dinge klar auseinander halten:
Zum einen: die
legitime Diskussion darüber, was überhaupt von der Seite des Staates, gesamthaft
betrachtet, also von öffentlichen Einrichtungen, zu leisten ist und was nicht.
Selbstverständlich ist die dynamische Veränderung unserer Gesellschaft zu
einem guten Teil eine, die politische Entscheidungen ermöglicht und angestoßen
hat. Dies bedeutet aber auch, dass sich das Bedürfnis der Bürgerinnen und
Bürger nach staatlichen Dienstleistungen, aber eben auch nach
Regelungsmechanismen verändert. Wer das leugnet, entfernt sich von der
Wirklichkeit unseres Landes.
Es ist notwendig,
dass wir immer wieder überprüfen, ob das Ausmaß an sozusagen staatlicher Ob-
und Fürsorge nicht exzessiv geworden ist. Da heute schon so viele Vorläufer
zitiert wurden, möchte ich ausdrücklich Peter Kostelka in diese Debatte
hereinholen, nämlich mit seinem Vorschlag, grundsätzlich jede gesetzliche
Regelung nur auf zehn Jahre zu beschließen, um so den Gesetzgeber unter Druck
zu setzen, in angemessener Zeit die Sinnhaftigkeit und Aufgabenorientiertheit
des Rechtsbestandes zu überprüfen.
Die zweite
Diskussionsebene ist die Zuordnung von Aufgaben. Auch da gilt: keine Frage,
dass eine dynamische gesellschaftliche Wirklichkeit zu Veränderungen zwingt!
Das beliebte, auch schon bis zum Überdruss gebrauchte Beispiel, das trotzdem
nicht falsch ist – ich weiß nicht, ob ich es in der Geschichte ansiedeln
kann, ob es damals notwendig war, aber anzunehmen –, dafür ist: Dass die
Wiener beim Besteigen einer der Bauordnung entsprechenden Stiege die Füße
weniger hochheben können als die Niederösterreicher, und zwar um genau zwei
Zentimeter, würde ich doch ernsthaft in Zweifel ziehen. Ob neun Bauordnungen
wirklich die Inkarnation des Föderalismus sind, und ... (Bundesrat Ing. Franz Gruber: Das
ist eh schon alles im „NEWS“ gestanden!) – Herr Kollege! Ich habe das
auch schon gewusst, bevor es im „News“
gestanden ist. Wenn es bei Ihnen anders ist, haben Sie etwas dazugelernt. (Heiterkeit
und Beifall bei der SPÖ.)
Es ist zu einer
Forderung der Politik geworden, neun Tierschutzgesetze durch eine bundeseinheitliche
Regelung zu ersetzen. Ich glaube, dass wir uns darüber inzwischen in parteipolitischem
Konsens befinden – was nicht immer so war, aber Fortschritte sind zu
registrieren. Manchmal haben Zeitungsherausgeber einen beträchtlichen Einfluss
auf Parteiprogramme!
Wir werden also dort, wo es um Landesgesetzgebung geht, ganz offensichtlich mit dem Druck konfrontiert, gemeinschaftliche Lösungen, bundeseinheitliche Lösungen zu finden. Die Frage, inwieweit Landesgesetzgebung bleibt, was da an Substrat übrig bleibt, ist sehr ernsthaft zu diskutieren. Aber es ist mit Sicherheit auch eines klar: Wenn wir vier Ebenen der Verwaltung zum Teil – also nicht unbedingt der Gesetzgebung, aber der Verfassung von Ordnungsvorschriften – haben, die unterschiedlich organisiert sind – drei davon demokratisch –, dann kann
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 28 |
die Föderalismus- und Staatsdiskussion nicht
damit ablaufen, dass wir immer wieder jeder dieser Ebenen ihre
Unverzichtbarkeit bescheinigen.
Die Gemeinden –
das sind die kleinen Zellen unserer Demokratie –, die Bezirksverwaltungsbehörden –
ich betone nochmals: bedauerlicherweise ohne
demokratischen Einfluss auf gleicher Ebene; außer in Wien, aber da ist das
etwas anderes – sind auszubauen und bürgernäher zu gestalten, die Länder
sind natürlich unverzichtbar, und vom Bund nimmt man das an, ohne es zu
sagen. – Wo dann der Effekt der Straffung eintreten soll, ist in diesen
Überlegungen vorläufig noch nicht zu erkennen.
Ich darf an dieser
Stelle ein paar Denkanstöße, die nicht meine sind, sondern die ich aufgreife,
in die Debatte einbringen. Kollege Binna hat schon darauf hingewiesen, dass
Gemeinden angesichts ihres naturgemäß limitierten Personalstandes zweifelsfrei
Probleme haben, alle für sie vorstellbar zu erfüllenden Aufgaben auch
tatsächlich zu adressieren. Wir haben – nicht im Wildwuchs, das ist
durchaus gesetzlich geregelt – in einem zunehmenden Maß die Übertragung
von Aufgaben an die Gemeindeverbände, was für den Bürger zweifellos zumindest
eine höhere Professionalität des Services bedeutet; nicht unbedingt eine Nähe,
aber eine technische Qualifizierung.
Ich verweise auf
das interessante Konstrukt der Region mit eigenem Statut, das von einigen
Verfassungsrechtlern entwickelt wurde, nämlich die Idee, so wie die Städte mit
eigenem Statut im Allgemeinen – auch da gibt es Ausnahmen – einen
genügend großen Verwaltungsapparat mit entsprechender Fachkompetenz haben, um
die Aufgaben der Bezirksverwaltungsbehörden zu übernehmen, Gemeinden im
freiwilligen Zusammenschluss in einer sinnvoll abgeschlossenen Region die
Möglichkeit zu übertragen, dieselbe Aufgabe für sich zu reklamieren, was dann
halt dort formal, aber natürlich nicht inhaltlich das Ende der
Bezirksverwaltungsbehörde in diesem Bereich bedeuten würde, aber gleichzeitig
eine Behörde entstehen lassen würde, die sehr viel enger mit demokratischen
Strukturen verknüpft ist.
Ich will das nicht
als die Lösung avisieren, aber diese und ähnliche originelle Überlegungen sind
notwendig, wenn uns diese Debatte woanders hinführen soll als dazu, dass jeder,
der in diesem Dialog, nein, in dieser breiten Diskussion Eigeninteressen zu
vertreten hat – auch der Bundesrat –, sich immer wieder selbst lobt.
Der letzte Punkt,
der in diesem Zusammenhang – und das sage ich jetzt sehr bewusst –
für den Bundesrat von großer Bedeutung ist, ist, dass Parlamentarismus nicht
nur mit Legislative zu übersetzen ist.
Ich bringe es zum
Extrem: Selbst wenn die Landtage auf Grund eines breiten Übereinkommens jedwede
Gesetzgebungsbefugnis verlieren würden, sind sie damit nicht obsolet. Die parlamentarische
Kontrolle jedweder Regierung – Bundesregierung, Landesregierung, eines Gemeindevorstandes
oder, wie ich noch einmal deutlich sagen würde, auch eines Bezirkshauptmannes
heutigen Typs – ist etwas, was das Geld, das dafür aufgewendet wird, sehr
wohl wert ist. Demokratie drückt sich nicht nur darin aus, dass in regelmäßig
wiederkehrenden Abständen die Spitzen der Verwaltung, der Exekutive, indirekt
oder direkt, je nachdem, gewählt werden, sondern darin, dass sie einer
ständigen demokratischen Kontrolle durch parlamentarisch verfasste Gremien
ausgesetzt sind.
Diese Eckpfeiler
muss man einschlagen, bevor man in einen Konvent geht, denn Rationalisierung,
Sparsamkeit, stromlinienförmigeres Gestalten für sich allein sind noch kein
Wert – das Gegenüber zum Bürger, die demokratische Kontrolle, ist genauso
wichtig.
Als Wiener darf ich an dieser Stelle Richtung Steiermark eine kleine Randglosse anbringen. Wissen Sie, das mit dem Zentralismus ist immer ein gewisses Problem. Die Bundesorgane haben irgendwie keinen eigenen Spitznamen, sie werden einfach unter „Wiener“ subsumiert. Sie werden wissen, dass derjenige, der so unmittelbar unter dem Bundesvogt lebt, mit dem Durchsetzen seiner föderalistischen Ansprüche die allergrößten Probleme hat. Uns ist das ja nicht eingefallen, aber der immer noch – trotz Rücktritt! – amtierende Verteidigungsminister
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etwa hat gemeint: An den Kommandanten in den Bundesländern
werden wir nicht rütteln, aber wozu Wien, wo ohnehin alle Zentralstellen
sitzen, einen Militärkommandanten braucht, das muss man schon sehr
hinterfragen. – Das ist das Problem der Hauptstadt mit dem Föderalismus:
Manchmal gibt es Tendenzen, diesen Bereich sozusagen bundesunmittelbar zu verwalten, was uns auch nicht sehr
gefällt. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich darf zum
Schluss noch zwei Überlegungen einfließen lassen.
Erstens: die
bedingungslose Unterstützung des schon mehrfach ausgedrückten Gedankens, dass
der Finanzausgleich etwas ist, das in diese Kammer des Parlaments gehört. Wenn
Bundesländer und Zentralstaat über die Verteilung der Mittel eine Einigung
finden, dann ist es nicht vorstellbar, dass die Länderkammer dazu nichts zu
sagen haben darf und dies nicht nur durch formale Ratifizierung.
Zweitens: Der
alte, auch eine sozialdemokratische Urheberschaft habende Vorschlag auf ein
Recht auf Stellungnahme seitens unserer Kammer – wobei wir uns dahin
gehend verständigt haben, diesen nicht durch die Hintertür, das heißt mit
Unterschriften, sondern nach einer entsprechenden neuerlichen Beschlussfassung
im Bundesrat dem Nationalrat zuzuleiten – ist überfällig. Die
gegenwärtige Methode, die uns wirklich an das Ende des Gesetzgebungsprozesses
stellt und jeglichen Dialog davor in den informellen Bereich
abschiebt – in die Klubs, in die Intervention oder wohin auch
immer –, kann nicht alles sein.
Und zuletzt: Wir
müssen daran festhalten, dass wir klar trennen – und ich bin sehr froh,
dass kein Zweifel daran hier aufgetaucht ist – zwischen Parlament und
Regierung, zwischen Legislative beziehungsweise
Kontrollinstanz und Exekutive.
Ich denke, es ist
wichtig, dass es sich beim Bundesrat um ein parlamentarisches Gremium handelt,
das nicht an ein Mandat gebunden ist, auch wenn wir
selbstverständlich unser politisches Handeln jeweils vor der Öffentlichkeit
unseres Bundeslandes zu rechtfertigen haben. Aber ich gebe schon zu, dass bei
aller Notwendigkeit des engen Dialogs mit unseren Landtagen und deren
politischen Exponenten ernsthaft zu überlegen ist, ob es nicht die Legitimität
dieser Körperschaft erhöht, wenn sich ihre Mitglieder, in Tateinheit mit der
Wahl der Landtage selbstverständlich – ein bisserl eine Wahlbeteiligung
bräuchten wir auch –, auf ein direktes Mandat ihrer Stimmbürgerinnen und
-bürger im betreffenden Bundesland stützen könnten.
All dies und all
das andere, das hier gesagt wurde, ist eine lange Liste, die zunächst einmal im
Sinne eines Brainstormings eingesammelt werden soll. In dieser Phase sollte
sich jeder verbieten, irgendeinen Vorschlag gleich wieder
abzuqualifizieren – das ist beim Brainstorming bekanntlich verboten. In
einer zweiten Runde ist dann mit Sicherheit jeder Vorschlag kritisch zu
hinterfragen. Es ist nicht zufällig, dass die Österreicherinnen und
Österreicher „Reform“ inzwischen als eine gefährliche Drohung verstehen und
nicht als eine Verheißung; denn wenn man einen Hauptverband reformiert und am
Ende die Leitungsorgane fünfmal so viel kosten als vorher, dann verstehe ich
das mit der gefährlichen Drohung. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Gasteiger:
Ambulanzgebühr!)
Wenn es denn zu
diesem Konvent kommt, zu dem sich offensichtlich auch alle politischen Kräfte bekennen, dann möchte ich sehr
deutlich und sehr selbstbewusst sagen: Wir haben den Begriff aus Europa entführt – wir sollten auch die
Zusammensetzung dieses Konvents aus Europa entführen. Der Konvent in Europa
besteht 1 : 1 aus Parlamentariern der Mitgliedstaaten – in diesem Fall
des Europäischen Parlaments – und aus Regierungsvertretern. Alle anderen
Einrichtungen, Gremien, Interessengruppen haben die Möglichkeit, zuzuarbeiten,
haben die Möglichkeit, die Arbeit zu beeinflussen, aber nicht
mitzuentscheiden.
Ich sage, wir sollten nicht denselben Begriff für etwas verwenden, das inhaltlich etwas anderes ist. Wir sind im Brainstorming, und man soll nicht etwas runtermachen, aber Regierungen und Parlamentarier – in dem Fall aus neun Bundesländern und von der Bundesebene – sind jene, die letztendlich die Entscheidung zu exekutieren und mitzutragen haben werden. Wer sonst
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 30 |
noch aller beizutragen
hat, soll beitragen, aber nicht notwendigerweise in der Entscheidungsfindung
im Konvent.
Wir stehen am
Beginn einer spannenden Phase. Ich freue mich, dass diese Debatte gezeigt hat,
dass es eine vorurteilsfreie Auseinandersetzung mit den Denkmöglichkeiten einer
Bundesstaatsreform auf allen Seiten des politischen Spektrums gibt. Ich weiß
nicht, ob es ein Mondfenster für die Reform gibt, da bin ich mir nicht so
sicher, aber selbst wenn wir keine Chance für diese Reform haben – wir
sollten sie unbedingt ergreifen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
10.59
Vizepräsidentin
Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Herr
Bundesrat Mag. Gudenus. – Bitte.
11.00
Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau
Landeshauptmann! Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben
halbjährlich das Ritual der Übergabe der Präsidentschaft im Bundesrat an ein
anderes Bundesland. Wir hören aus den Beiträgen der Vorredner heraus, dass
doch eine gewisse Sorge darüber besteht, dass es eben nur bei diesen halbjährlichen,
wirklich sehr tief schürfenden Reden bleibt. – Ich erwähne ganz besonders
Herrn Kollegen Professor Konecny und Kollegen Schennach, aber auch meinen
Freund Weilharter, der Herrn Landesrat Hirschmann erwähnt hat.
Es ist sehr
wichtig, dass gerade ein Kritiker immer wieder gehört wird und
uns zum Nachdenken über die Frage anregt: Was können wir besser machen? –
Es ist zu wenig, wenn wir uns immer nur halbjährlich – erfreulicherweise
gestern Abend im Palmenhaus, vor einem halben Jahr auf dem Cobenzl, und ich
weiß nicht, wo es die Tiroler demnächst tun werden – auf einen neuen
Bundesrats-Vorsitzenden einstimmen.
Man könnte sagen:
Lassen wir doch endlich auf Worte Taten folgen! Vielleicht bringt der Konvent
eine Änderung für den Bundesrat – eine bessere Situierung, eine
Bundesstaats-Reform. Aber zwei Punkte möchte ich vorweg doch herausgreifen, und
zwar den Finanzausgleich und den von der Frau Landeshauptmann nicht erwähnten
Wunsch, auch die Steuer- und Abgabenhoheit im Land selbst zu belassen.
Ich halte es für
etwas zu einfach, den Finanzminister als „Christkinderl“ zu bezeichnen, wenn er
für die Bundesländer viel übrig hat, und wenn er es nicht hat, dann ist er
vielleicht der „Krampus“, wobei das zu hart gesagt ist, aber er wird dann
nicht so lobend erwähnt. Ich glaube, die Länder selbst müssen sich darum
bemühen, in ihrem Bereich eine Steuer- und Abgabenhoheit zu erlangen, um jene
Dinge selbst wahrzunehmen, für die der Bund auf Grund anderer Verpflichtungen
nicht dauernd in Anspruch genommen werden soll. – Das ist das eine.
Das Zweite ist: Es
wird immer von einem Europa der Regionen gesprochen. – Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Hochverehrte Frau Landeshauptmann! Ich bin ein
Österreich-Patriot. Die Europa-Regionen dienen manchen, so habe ich den
Eindruck, zur Auflösung der staatlichen Einheiten. Ich warne davor! Ich will
mich nicht dazu hergeben! Haben wir uns doch endlich alle zu einem
Österreich-Patriotismus mit verschiedener Artikulation gefunden, so wollen wir
doch nicht schon wiederum diesen Patriotismus durch ein neues Heimatgefühl,
durch Grenzüberschreitendes und so weiter ersetzen.
All das ist
richtig und gut, aber bleiben wir dabei, dass bei einem wachsenden Europa im
Rahmen einer EU, der ich – das ist bekannt – sehr kritisch
gegenüberstehe, diese Tendenz nicht übertrieben wird. Ich müsste der EU noch
viel kritischer gegenüberstehen, wenn es hieße, es werden Staatsgrenzen so
aufgelöst, dass sie eigentlich nur noch eine Linie auf der Landkarte sind und
sonst bestenfalls eine historische Marginalie. – So weit, bitte, will ich
es nicht kommen lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
11.03
Vizepräsidentin
Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat
Vizepräsident Weiss. – Bitte.
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 31 |
11.04
Bundesrat
Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau
Präsidentin! Frau Landeshauptmann! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Herr Kollege Konecny hat zu Beginn seiner Rede betont, kein
Steirer zu sein. – Wir, die wir ihn schon länger kennen, wissen natürlich,
dass es ihm gelegentlich durchaus möglich ist, im landläufigen Sinne
„steirisch“ zu werden. (Heiterkeit.)
„Steirerblut ist
kein Himbeersaft“ – diese von Josef Krainer begrifflich geprägte
Eigenschaft der Steirer wird durch eine zweite ergänzt, die in Graz, der
Kulturhauptstadt des Jahres 2003, wieder sehr eindrücklich deutlich wird,
nämlich die Avantgarde. Einige ihrer Merkmale sind die Provokation, der
Misston, gelegentlich auch als Selbstzweck, um Aufmerksamkeit zu erregen. Diese
Avantgarde repräsentiert die Steiermark auch im politischen Bereich in einer
sehr verdienstvollen Weise, und die hat natürlich auch personelle Facetten, die
heute schon genannt wurden.
Ich anerkenne,
dass eine dritte prägende Eigenschaft der Steiermark die viel zitierte Breite
ist, die mit der Avantgarde notwendigerweise verbunden ist. Ich schätze es
sehr, dass die Steiermark ein politisches Klima hat, in dem man ein bisschen
weiter vorausdenken kann, als andere folgen wollen, in dem man auch querdenken
kann, mitunter auch in die rückwärts gewandte Richtung – all das ist eben
steirische Breite.
Genauso steirisch
ist aber auch, dass die Frau Landeshauptmann in ihrer Erklärung sehr deutlich
gemacht hat, was Sache ist. – Das war, wenn man es hören
wollte, gut zu vernehmen. Ich füge hinzu, dass wir Vorarlberger die Anliegen
der Länder bei ihr und auch beim neuen Bundesrats-Präsidenten Hösele aus der
Steiermark in den allerbesten Händen wissen.
Das gilt auch für
die Umsetzung der Idee des Verfassungskonvents, bei der es in erster Linie
Herrn Präsidenten Hösele gelungen ist, aus etwas bundeslastigen Vorstellungen
einen wirklichen Österreich-Konvent zu formen, in dem auch die
Landeshauptmänner, die Landtagspräsidenten und der Bundesrat eingebunden sind.
Wichtig ist auch
die von ihm durchgesetzte Vorgabe, dass der Konvent nicht einseitig durch einen
Willensakt des Bundes konstituiert wird, sondern auf Grund einer Vereinbarung
der beteiligten Gebietskörperschaften und Parlamente. Das beinhaltet natürlich
auch dankenswerterweise, dass vorher über durchaus strittige Fragen
Einvernehmen herzustellen ist. Das betrifft etwa die Zusammensetzung, über die
man im Detail natürlich reden kann, das Mandat des Konvents, worüber es auch
unterschiedliche Vorstellungen gibt, und dergleichen mehr.
Eine interessante
Nebenwirkung des Konvents wird möglicherweise auch sein, dass ein traditionell
nicht uninteressanter Teil von Regierungsprogrammen an die Beratungen des
Konvents ausgelagert wird, weil es wenig Sinn machen würde, im Regierungsprogramm
etwas im Detail festzuschreiben, zu dessen Erarbeitung man anschließend einen
Konvent einsetzen will.
An den Konvent
werden hohe Erwartungen gestellt. Ich schließe mich der Meinung der Vorredner
durchaus an, dass es eine interessante Bemühung ist, die eine Chance bietet,
und man soll eine derartige Chance nicht leichtfertig vorüberziehen lassen.
Wir müssen uns
allerdings, wie ich meine, davor hüten, dass der Konvent auf die Frage
eingeschränkt wird: Wie kann man für den Finanzminister benötigte Mittel
hereinbringen? – Das ist etwas, was die Diskussion in den letzten Wochen
unnötigerweise etwas belastet hat.
Der eine sieht bei
Aufwendungen für alle Landtage von insgesamt – ich sage es der besseren
Übersichtlichkeit halber noch in Schilling – rund
750 Millionen Schilling in der Abschaffung eben dieser Landtage ein
Einsparungsvolumen von 3 bis 4 Milliarden. – Da
werden unrealistische Erwartungen geweckt!
Ein anderer sieht bei den Ländern und Gemeinden ein Einsparungsvolumen von 24 000 Bediensteten, ohne dazuzusagen, ob er auch die Lehrer, die Krankenschwestern, die Ärzte, die MitarbeiterInnen in den Pflegeheimen, in den Kindergärten und so weiter meint. – Wenn er das
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 32 |
nicht meint – was ich eigentlich
annehme –, dann heißt das, bezogen auf das Beispiel meines Bundeslandes
und ausgehend von einem traditionell niedrigen Personalstand, dass im Verwaltungsdienst
der Länder und Gemeinden jeder vierte Mitarbeiter abgebaut werden
müsste. – Wie eine Verwaltung unter solchen Rahmenbedingungen dann noch
funktionieren soll, würde mich sehr interessieren. Es würde mich auch
interessieren, ob sich ein Bundesminister meldet, der sich zutraut, in seinem
Ressort – etwa im Außenministerium oder in einem anderen Ressort –
ein Viertel der Bediensteten abzubauen.
Interessant ist in
diesem Zusammenhang – weil man immer von den „großen Landesverwaltungen“
spricht –, dass die drei großen Kammern in Österreich insgesamt fünfmal
soviel Bedienstete haben wie die gesamte Vorarlberger Landesverwaltung.
Herr Kollege Binna
hat die Notwendigkeit einer gleichen Bezahlung im öffentlichen Dienst
angesprochen. – Die öffentlich Bediensteten werden ihm teilweise
antworten, dass das ganz okay ist, wenn sie auch die gleichen Preise und
Lebenshaltungskosten zu tragen haben.
Wir dürfen aber
auch nicht übersehen, dass sich das Angebot des öffentlichen Dienstes an die
Dienstnehmer in finanzieller Hinsicht auch am Markt orientieren muss. Ich sage
Ihnen ein Beispiel aus meinem Bundesland: Wir leiden sehr darunter, dass viele
Lehrer, viele Krankenschwestern, viele Finanzbeamte und andere Angestellte in
die Schweiz abwandern, weil dort erheblich mehr gezahlt wird. Erst kürzlich
hatten wir große Mühe, das Firmenbuch wieder „flottzukriegen“, weil der
Bedienstete dort seinen – im Vergleich zu dem Posten, den er nachher
antreten konnte – wenig lukrativen Dienst verlassen hat. Der Bund hatte
allergrößte Mühe, einen Ersatz für ihn zu finden. – Das sind
Gesichtspunkte, die man auch berücksichtigen sollte.
Beim Konvent muss
man sich, so glaube ich, auch dazu bekennen, dass auch der längste Weg in
kleinen Schritten zurückgelegt wird. Das lehrt uns auch das Beispiel der
Schweiz, wo das Vorhaben eines allumfassenden Reformwerkes nicht
umgesetzt werden konnte. Sie haben es aber geschafft, in vernünftigen Schritten
wesentliche Fortschritte zu erzielen, und das ist etwas, was auch in Österreich
möglich sein sollte.
Es ist schon
vielfach die Problematik der Zuständigkeitsverteilung angesprochen worden.
Dabei geht es ohne Frage als wesentliches Element des Konvents darum, ein
besseres Gleichgewicht von Vielfalt und Einheit zu finden und die Sicherung
einer wettbewerbsfähigen Staatsorganisation unter den Bedingungen der
Globalisierung und der Europäischen Union zu Stande zu bringen.
Ich glaube
allerdings, dass an die These einer scharfen Trennbarkeit von Zuständigkeiten –
angesichts der Verflechtung aller Lebensverhältnisse und Problemlösungen –
zu hohe Erwartungen gesetzt werden und dass man vielmehr darüber
nachdenken sollte, wie man ein flexibles Instrumentarium reichhaltiger machen
kann.
Ich denke, dass
das Kompetenzzuteilungsregime, das wir in Österreich haben, durchaus verbesserungsfähig
ist und auch Innovationen zugänglich sein sollte, etwa einer besseren Ausformung
von Ausführungs- und Grundsatzgesetzgebung, Bedarfsgesetzgebung, delegierte
Gesetzgebung und vieles andere mehr, was dabei eingebracht werden kann.
Damit kommt man
auch ein bisschen um die Falle der Einheitlichkeit herum, die natürlich ein
wichtiges Anliegen ist – nicht zuletzt durch unsere Mitwirkung in der
Europäischen Union –, aber viele Fragen aufwirft; etwa: Gibt es eine
Vereinheitlichung auf dem niedrigsten gemeinsamen Nenner? Wie geht man mit
Regelungen in Ländern um, die etwa im Tierschutz ein höheres Schutzniveau haben
oder erst kürzlich ein modernes Dienstrecht geschaffen haben, in dem es keine
Pragmatisierungen mehr gibt?, und dergleichen mehr. Man muss sich auch die
Frage stellen: Wird eine bundesweite Baugesetzgebung so unverständlich sein wie
das bundeseinheitliche Mietrechtsgesetz?
Diese Hinweise mögen genügen, um zu zeigen, dass man mit der scharfen Trennung hie Bund, da Land nicht mehr das Auslangen finden wird, sondern dass man verstärkt neue Instru-
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 33 |
mentarien suchen muss. Die Grundsatzgesetzgebung ist eines davon, wie
man Einheit und Vielfalt besser auf einen gemeinsamen Nenner bringen kann.
Herr Kollege
Gudenus hat die Länder aufgefordert, ihre Abgabenhoheit wahrzunehmen. –
Das hat auch etwas mit Einheitlichkeit zu tun, weil in den wenigen Bereichen,
in denen die Länder – oder teilweise die Gemeinden – noch die
Möglichkeit haben, eigene Abgaben einzuheben, und es notwendigerweise –
schon begrifflich notwendigerweise – zu teilweise unterschiedlichen Regelungen
kommt, werden diese unter dem Gesichtspunkt der geforderten Einheitlichkeit
immer wieder in Frage gestellt, was schon zur Forderung Ihrer Partei, Herr
Kollege Gudenus, geführt hat, dass man das vereinheitlichen und dem Bund
übertragen müsse.
Wenn man
Abgabenhoheit und Finanzhoheit der Länder fordert, dann muss man auch dazu
sagen, ob man bereit ist, die damit notwendigerweise verbundene potenzielle
Ungleichheit in Kauf zu nehmen. Die Auswirkungen können Sie in anderen
europäischen Ländern sehen. (Bundesrat Mag. Gudenus: Ja, ja!
Die Schweiz!) Aber man sollte sich dieser Konsequenz bewusst sein.
Herr Kollege Konecny hat hinsichtlich der Ebene der
Bezirkshauptmannschaften einen interessanten Diskussionsbeitrag gebracht. Es
wird immer wieder so getan, als ob die Bezirkshauptmannschaften keiner direkt
demokratischen Legitimation teilhaftig wären und auch nicht kontrolliert
würden. – Sie sind natürlich demokratisch legitimiert, weil es
Landesbehörden sind. Das ist nichts anderes als eine örtlich ausgelagerte
Dienststelle des Landes. Sie werden auch kontrolliert, und zwar sehr intensiv
vom Landtag. Sie sind etwa vergleichbar mit dem Finanzamt oder dem
Vermessungsamt; und eine demokratische Legitimation, eine Demokratisierung der
Finanzämter wäre ja durchaus auch eine spannende Überlegung.
Ich möchte nur auf
dieses Problemfeld hinweisen, weil die Bezirksebene eben keine eigene
politische Ebene ist, sondern zur Landesebene gehört, genauso wie die
Finanzlandesdirektion und das Finanzamt zur politischen Ebene des Bundes
gehören.
Interessant ist
durchaus der Gedanke einer Region mit eigenem Statut. Das ist nichts Neues. Das
ist Kernbestand sozialdemokratischen Verfassungsverständnisses. Ich möchte aber
auch dabei an eine von vielen offenen Fragen erinnern, und zwar an die
Autonomie und den Bestand der vielen kleinen Gemeinden, die natürlich durch ein
solches Konzept weitgehend aufgesogen werden würden.
Das muss nicht von
vornherein schlecht sein, man soll das diskutieren, aber man soll die
Konsequenz dazu sagen, nämlich dass eine Region mit eigenem Statut, also eine
ganz starke, auch demokratisch verfasste Bezirksgliederung oder regionale
Gliederung natürlich die Frage nach dem Bestand der vielen kleinen und
identitätsstiftenden Gemeinden aufwerfen würde. Wie die Antwort ausfällt, mag
eine zweite Frage sein.
Mehrere Redner
haben moniert, dass es ganz wichtig wäre, dass der Finanzausgleich auch im
Bundesrat behandelt werden müsse. – Ich stimme dieser Forderung zu. Herrn
Kollegen Schennach halte ich zugute, dass er bei der letzten Beschlussfassung
noch gar nicht hier war. Aber die anderen Kollegen sollten sich natürlich schon
daran erinnern, dass das Finanzausgleichsgesetz natürlich
Beratungsgegenstand des Bundesrates ist, auch dem Einspruchsrecht des
Bundesrates unterliegt und hier regelmäßig behandelt wird.
Man kann natürlich
die Meinung haben – das ist von Länderseite auch schon vielfach vertreten
worden –, dass der Finanzausgleich zustimmungspflichtig sein sollte, wie
eine Verfassungsänderung oder wie das Finanz-Verfassungsgesetz.
Das hat man bisher nicht zu Stande gebracht, und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Der Finanzausgleich hat einen Partner, der nicht hier sitzt und der sich dadurch ins Hintertreffen gedrängt fühlen würde, nämlich die österreichischen Städte und Gemeinden. Diese fürchten natürlich, in eine schlechtere Verhandlungsposition zu kommen. – Das ist einer der Hintergründe, abgesehen von anderen, warum es zu diesem Zustimmungsrecht bisher nicht gekommen ist. Aber der nächste Finanzausgleich wird auch bei unveränderter Rechtslage selbstver-
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 34 |
ständlich hier zu behandeln sein und der Frage unterliegen, ob man
Einspruch erheben soll oder nicht.
Herr Kollege
Schennach hat auch die von ihm verdienstvollerweise immer wieder quasi als
Erinnerungspost in die Diskussion eingebrachte Frage angesprochen, ob nicht
zweckmäßigerweise die Landeshauptmänner im Bundesrat sitzen sollten. –
Ich schließe mich dieser Meinung völlig an. Das ist an sich auch gar nicht neu.
Die
Zwischenkriegszeit war von einer starken Präsenz der Landeshauptmänner hier
geprägt, und in der Nachkriegszeit ist der letzte Landeshauptmann – Josef
Krainer senior – erst im Jahre 1968 ausgeschieden, ganz offenkundig
deshalb, weil er sich von den anderen Kollegen allein gelassen gefühlt hat. Sie
sind seinem Beispiel – er hat ja ausdrücklich eine Initiative starten
wollen – nicht gefolgt.
Die Zugehörigkeit
der Landeshauptmänner wäre jetzt auch rechtlich schon möglich. Die Bundesverfassung
kennt überhaupt keine Vorgabe. Der Landtag ist in seiner Wahl völlig frei und
könnte auch heute jederzeit einen Landeshauptmann oder einen Finanzreferenten
oder auch einen Landtagsabgeordneten entsenden. Es wird allerdings auf Grund
der gemachten Erfahrungen zweckmäßig sein, die Zugehörigkeit der
Landeshauptmänner verfassungsrechtlich zu verankern, damit das auch unter
einem möglich wird. Das ist auch eine Frage der praktischen Handhabung, aber
im Ziel sind wir uns durchaus einig.
Ich nehme aber nicht an, dass damit die Zusammenkünfte der
Landeshauptmänner zur Koordinierung landesspezifischer Fragen überflüssig
werden würden. Sie sind es auch in Deutschland nicht, wo die
Ministerpräsidenten sehr stark im Bundesrat integriert sind und wo es, weil das
eben zwei verschiedene Ebenen sind – die Mitwirkung an der Bundespolitik
und die Koordinierung der verbliebenen Landespolitik –, neben dem
Bundesrat eine Ministerpräsidentenkonferenz gibt, auch die berühmte –
manche sagen dazu, berüchtigte – Kultusministerkonferenz und dergleichen
mehr.
Die Vorstellung, dass man all das – im Gegensatz zu den
ausländischen Erfahrungen – einfach hier integrieren wird können, teile
ich nicht.
Ich mache mir auch keine Sorge um den Bundesrat als Ganzes, weil die
Frage stets unbeantwortet blieb, wer denn seine Rechte ausüben würde,
insbesondere das für die Länder außerordentlich wichtige Zustimmungsrecht bei
Verfassungsänderungen.
Etwas anderes ist die Frage, ob man sich Sorge um die Mitglieder des
Bundesrates machen muss, weil diese möglicherweise anders nominiert werden oder
andere Funktionen haben werden. In dem Maße, in dem Bundes- und Landespolitik
auch in der Gesetzgebungszuständigkeit stärker verschränkt werden, steigt
natürlich auch die Notwendigkeit, dass die Länder mitwirken können. Und in dem
Maße, in dem Vollziehungszuständigkeit an die Länder übertragen wird –
unter dem Stichwort „Dezentralisierung“, „Abbau von Doppelgleisigkeiten“ und
dergleichen mehr –, steigt natürlich auch die Notwendigkeit, dass bei der
Erarbeitung von Gesetzen die konkrete Vollziehungserfahrung stärker
eingebracht wird – ein Mangel des bisherigen Gesetzgebungsverfahrens, der
teilweise auch an der Qualität der Gesetze sichtbar ist.
Ich teile hier also die Auffassung, dass man keine Sorge haben muss.
Vorarlberg hat im Gegensatz zur Steiermark – das ist ein weiteres
wesentliches, prägendes Element – keine große Bergbautradition, eine
kleine jedoch schon: Wir hatten vor etwa 300 Jahren noch einen kleinen
Silberbergbau. Daher ist es nicht unangebracht, wenn ich der Steiermark einen bergmännischen Gruß,
„Glück auf!“, mit auf den Weg gebe. (Allgemeiner
Beifall.)
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 35 |
11.21
Vizepräsidentin
Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist die Frau
Landeshauptmann. – Bitte.
11.21
Landeshauptmann
von Steiermark Waltraud Klasnic: Meine Damen und Herren! Sie haben
gemerkt, was partnerschaftliche Zusammenarbeit sein kann. Jürgen Weiss hat
vieles gesagt, und er ist auch auf die Ausführungen seiner Vorrednerinnen und
Vorredner eingegangen.
Ich möchte mich
beim steirischen Botschafter Vincenz Liechtenstein dafür bedanken, dass er auch
das, was Steiermark und Europa
bedeutet, in dieser Debatte angesprochen hat und dass er sich in diesem Sinne
voll und ganz einsetzt.
Lieber Herr Kollege Binna! Sie haben eine stabile Lösung für Österreich
verlangt. – Das ist ein gemeinsamer Wunsch. Dazu braucht es viel Mut, es
braucht Kraft, es braucht aber auch Entscheidungsfreudigkeit. Das ist es, was
wir uns in diesen Tagen wünschen. Die einzelnen Details betreffend
Bezirksgericht, Sport und so weiter müssen wir im Landtag diskutieren.
Damit komme ich auch schon auf Kollegen Weilharter zu sprechen, und jetzt
sage ich etwas, ganz ehrlich: Meldet euch öfter – bei dem, wo dies schon
möglich ist! Den Rest geben wir dann dazu. Darüber kann man jederzeit reden,
was die steirische Landesverfassung betrifft, wenn alle Parteien es wollen. Wir
werden euch dabei unterstützen, weil es einfach notwendig ist. Es ist auch das
Aufeinanderhören, das Einanderzuhören und das Aufeinanderzugehen etwas ganz
Gutes.
Reformwilligkeit, Selbstbewusstsein – daran soll es den Damen und
Herren im Bundesrat nicht mangeln; das wollte ich auch sagen. Selbst wenn es
die eine oder andere Zeitungsmeldung gibt, die eine andere Darstellung
enthalten mag, ist das genau das, was wir uns wünschen. Ich darf mich bei Herrn
Bundesrat Schennach für seine Unterstützung in diesem Zusammenhang bedanken.
Wir wissen, dass es immer jemanden braucht, der auch einige Schritte nach
vor geht – ich habe das auch angesprochen –, der etwas aus seiner
Sicht aufzeigt. Was ich mir immer wünsche, ist, dass das Aufzeigen in solchen
Stunden auch ein ernsthaftes Aufzeigen sein möge, weil ich glaube, dass die
Arbeit, die wir tun – im Bund, im Land, in der Gemeinde –, ernsthaft
sein muss. Das verlangen die Menschen von uns, dazu sind wir gewählt. Dass man
aber manches auch vorzeichnen und überzeichnen kann, ist legitim.
Ich darf nun auch noch auf das zu sprechen kommen, was Herr Bundesrat
Konecny angesprochen hat: nicht gleich nein sagen!
All die vorliegenden Vorschläge sollen nicht in die Schublade gelegt, sondern
diskutiert werden! Es muss ein Brainstorming geben, bei dem der Dialog nicht abgelehnt
wird, bei dem es nicht heißt, etwas sei nicht gut, weil es von der Seite A, B
oder C kommt. Nur wenn wir uns an einen Tisch setzen und miteinander reden,
kommen wir zu dem, Herr Mag. Gudenus, was Sie gemeint haben, nämlich dass
den Worten endlich Taten folgen.
Wir müssen dazu bereit sein, und zwar alle. Da dürfen wir nicht darüber
nachdenken, ob wir uns jetzt in der Verantwortung der Regierung oder aber in
Opposition befinden, sondern wir müssen sagen: Was erwarten die Menschen von
uns? – Sie erwarten, dass diese Taten auch tatsächlich umgesetzt werden.
Jürgen Weiss hat
viele Brennpunkte angesprochen, und ich bedanke mich bei ihm dafür. Ich sage
ganz bewusst dazu, dass Vorarlberg – ich bringe das jetzt hier im
Bundesrat zum Ausdruck, aber ich sage es auch für meine Kollegen als
Landeshauptleute – immer wieder gerade im Sinne des Föderalismus eine
Position auf Sitz und Platz I vertritt und auch das Wort immer wieder in
diesem Sinne erhebt. Ich sage das deshalb, weil ich für all das wirklich
dankbar bin, weil es dazu beiträgt, dass wir in dieser Frage dann doch immer
wieder weiterkommen.
Ich könnte zu
diesem Thema noch vieles erzählen, möchte hier aber nur einen Vorschlag nennen, den es in der Landesregierung diese
Woche gegeben hat, nur damit man sieht, um welch kleine Dinge es in dieser
Frage geht:
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 36 |
Wenn beim Lenker
eines Fahrzeuges ein Drogentest auf der Ebene der Bundespolizeidirektion Graz
oder Leoben durchgeführt wird und dieser ergibt, dass der Lenker unschuldig
ist, wenn also nichts gefunden wird, dann wir das Testergebnis vom Bund
bezahlt. Wird der Test außerhalb der Stadtgrenze, bei der Gendarmerie
durchgeführt, dann muss das Ergebnis das Land zahlen. – Das sind solch
kleine Dinge, angesichts deren man nachdenkt und sich die Frage stellt: Ist das
gescheit? Kann man da nicht etwas verändern? – Das sind unsere Aufgaben.
Da haben wir viel zu tun, denn solche Nadelstiche gibt es Hunderte.
Jürgen Weiss, du
hast gesagt, die Steiermark und Graz seien Avantgarde. Du hast in diesem
Zusammenhang vieles angesprochen. – Einer, der die Avantgarde geprägt hat,
hat zum Thema Heimat noch etwas dazugesagt. Hanns Koren, der für uns die
Avantgarde gelebt hat und der in diesem Sinne auch in unserer Erinnerung ist
und bleiben wird und in diesem Zusammenhang auch immer erwähnt wird, hat Heimat
nicht nur als Weite, als Breite bezeichnet, sondern er hat gesagt, sie ist
nicht Enge und Weite, sie ist auch Tiefe. Und an der Tiefe der Ernsthaftigkeit
unserer Leistung werden wir gemessen werden.
Ich wünsche Ihnen
von Herzen alles Gute und freue mich, wieder einmal ein Stück Steiermark
eingebracht haben zu dürfen. (Allgemeiner Beifall.)
11.25
Vizepräsidentin
Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen mir
dazu nicht vor.
Ich stelle dennoch
die – rein hypothetische – Frage: Wünscht noch jemand das
Wort? – Es ist dies nicht der Fall.
Daher ist die
Debatte geschlossen.
Einlauf und
Zuweisungen
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eingelangt ist ein Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend die
Entschließung des Herrn Bundespräsidenten über die Neufestsetzung der Zahl der
Mitglieder aus Anlass der ordentlichen Volkszählung vom 15. Mai 2001.
Ich ersuche die
Schriftführung um Verlesung dieses Schreibens.
Schriftführer Christoph Hagen:
Bundeskanzleramt
An den Herrn
Präsidenten des Bundesrates
Parlament
1082 Wien
Betrifft:
Bundesrat; Neufestsetzung der Zahl der Mitglieder aus Anlass der ordentlichen
Volkszählung vom 15. Mai 2001; Entschließung des Bundespräsidenten
Der Herr
Bundespräsident hat mit Entschließung BGBl II Nr. 444/2002 die Zahl
der von den Ländern in den Bundesrat zu entsendenden Mitglieder auf Grund des
Art. 34 Abs. 2 und 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes BGBl.
Nr. 1/1930 in der Fassung des Art. III des 2. Verfassungs-Überleitungsgesetzes 1945,
StGBl. Nr. 232, und des Ergebnisses der ordentlichen Volkszählung
vom 15. Mai 2001 wie folgt neu festgesetzt:
Niederösterreich
12 Mitglieder,
Wien
11 Mitglieder,
Oberösterreich
11 Mitglieder,
Steiermark
9 Mitglieder,
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 37 |
Tirol
5 Mitglieder,
Kärnten 4 Mitglieder,
Salzburg
4 Mitglieder,
Vorarlberg
3 Mitglieder,
Burgenland
3 Mitglieder.
Es darf darauf
hingewiesen werden, dass sich gegenüber der Festsetzung der Zahl der Mitglieder
des Bundesrates durch die Entschließung des Bundespräsidenten BGBl. Nr. 194/1993
insofern eine Veränderung ergibt, als die Länder Kärnten und Steiermark je ein
Mitglied im Bundesrat verlieren; die Zahl der von den anderen Ländern zu
entsendenden Mitglieder bleibt gleich.
Auf das Erkenntnis
des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 2514/1953 wird hingewiesen.
Das
Bundeskanzleramt darf darauf hinweisen, dass die Entschließung des Herrn Bundespräsidenten
betreffend die Festsetzung der Zahl der von den Ländern in den Bundesrat zu
entsendenden Mitglieder am 7. Dezember 2002 in Kraft getreten ist.
22. Jänner 2003
Für den
Bundeskanzler:
Okresek“
Vizepräsidentin
Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke dafür, dass Sie uns dieses
Schreiben zur Kenntnis gebracht haben.
Ich möchte nunmehr
den Mitgliedern des Bundesrates eine vom Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst
zur Frage der Verhinderung des Bundeskanzlers durch die Ausübung der Vertretung
des Bundespräsidenten vorliegende gutächtliche Stellungnahme zur Kenntnis
bringen, die vom Amtsvorgänger Präsident Ludwig Bieringer in Auftrag gegeben
worden ist.
Auf Grund eines in
der 691. Sitzung des Bundesrates vom 26. September 2002 vom
Fraktionsvorsitzenden Professor Albrecht Konecny gestellten Antrages zur
Geschäftsbehandlung auf Anwesenheit des Bundeskanzlers gemäß § 37
Abs. 2 der Geschäftsordnung wurde an den Verfassungsdienst die Frage
herangetragen, ob durch den zu diesem Zeitpunkt mit der verfassungsmäßigen
Vertretung des im Ausland weilenden Herrn Bundespräsidenten betrauten Bundeskanzler
Dr. Wolfgang Schüssel und dem seinerseits in dieser Funktion mit der
Vertretung betrauten Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft, Mag. Wilhelm Molterer, der Verhinderungs- und damit der
Vertretungsfall eingetreten sei und somit von einem derartigen Verlangen nach
Anwesenheit des Bundeskanzlers im Bundesrat der Bundeskanzler persönlich oder
der mit seiner Vertretung beauftragte Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer
betroffen sei.
In der
vorliegenden schriftlichen Stellungnahme des
Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst wird wie folgt angeführt – ich
zitiere –:
„Mit Entschließung
des Bundespräsidenten vom 23. September 2002,
Zl. 300.100/66-BEV/2002, wurde gemäß Art. 69 Abs. 2 B-VG
für den Fall der gleichzeitigen Verhinderung des Bundeskanzlers und des
Vizekanzlers am 26. September 2002 der Bundesminister für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Mag. Wilhelm Molterer, mit
der Vertretung des Bundeskanzlers betraut.
Aufgrund des Sachzusammenhanges musste der Eindruck entstehen, diese Entschließung sei gefasst worden, weil der Bundeskanzler (im Hinblick auf die Ausübung der Vertretung des Bundespräsidenten) und die Vizekanzlerin (im Hinblick auf ihren Auslandsaufenthalt) am 26. Sep-
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 38 |
tember 2002 gleichzeitig verhindert sein
würden. Auch der Vertreter des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst
(miss)verstand die Entschließung so, dass sie eine Regelung für den am
26. September 2002 eingetretenen ,Fall der gleichzeitigen Verhinderung des
Bundeskanzlers und des Vizekanzlers’ enthält, und erteilte demgemäß die –
wie sich nachträglich herausstellte, unrichtige – Auskunft, wenn und weil
für den Bundeskanzler ein Vertreter bestellt worden sei, könne er auch nicht
vor den Bundesrat zitiert werden (sondern nur sein Vertreter).
Eine Klärung
dieses Missverständnisses war innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit
bedauerlicherweise nicht möglich.“ – Ende des Zitats.
Dies möchte ich
den Mitgliedern des Bundesrates zur Kenntnis bringen.
Eingelangt sind
weiters die Anfragebeantwortungen 1857/AB bis 1876/AB, die den Anfragestellern
übermittelt wurden.
Die
Anfragebeantwortungen wurden vervielfältigt und sind bereits allen Mitgliedern
des Bundesrates zugegangen. In diesem Zusammenhang verweise ich auch auf die
im Saal verteilte Liste der eingelangten Anfragebeantwortungen.
Der eingelangte
Bericht des Rechnungshofes gemäß Artikel 1 § 8
Bezügebegrenzungsgesetz für die Jahre 2000 und 2001 wurde bereits an alle
Mitglieder des Bundesrates verteilt.
Den weiters
eingelangten Bericht über die soziale Lage 2001 - 2002 hat der Herr
Präsident dem Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen zur Vorberatung
zugewiesen.
Eingelangt sind
weiters jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen
Tagesordnung sind. Der Herr Präsident hat diese Beschlüsse den in Betracht
kommenden Ausschüssen zur Vorberatung zugewiesen. Die Ausschüsse haben ihre
Vorberatungen darüber abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte
erstattet.
Der Herr Präsident
hat diese Vorlagen sowie die Wahl eines Vertreters Österreichs in die
Parlamentarische Versammlung des Europarates und die Wahl der vom Bundesrat zu
entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder des Ständigen gemeinsamen Ausschusses
des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des
§ 9 Finanz-Verfassungsgesetz 1948 auf die Tagesordnung der
heutigen Sitzung gestellt.
Behandlung der
Tagesordnung
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Dies ist nicht der
Fall.
Wir werden daher
in diesem Sinne vorgehen.
1. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom
23. Januar 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das
Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Richterdienstgesetz und das
Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 geändert werden (Besoldungs-Novelle 2003) (6/A und 3/NR
sowie 6765 und 6766/BR der Beilagen)
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zum
1. Punkt: Besoldungs-Novelle 2003.
Die
Berichterstattung hat Herr Bundesrat Hensler übernommen. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter Friedrich Hensler: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Vizekanzlerin! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich bringe Ihnen den
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 39 |
Bericht des Ausschusses für Verfassung und
Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom
23. Jänner 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das
Vertragsbedienstetengesetz 1948, das
Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Richterdienstgesetz und das
Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 geändert werden (Besoldungs-Novelle 2003).
Der Bericht liegt
Ihnen schriftlich vor. Ich beschränke mich daher auf das Wesentliche:
Der Ausschuss für
Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 28. Jänner
2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet
hat sich Frau Bundesrätin Pühringer. – Bitte.
11.36
Bundesrätin
Uta Barbara Pühringer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte
Frau Präsidentin! Frau Vizekanzlerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und
Herren! Die Tagesordnung der ersten Sitzung des Nationalrates nach seiner
Konstituierung hat einen für den öffentlichen Dienst sehr erfreulichen Punkt
enthalten, nämlich die Beschlussfassung über das Ergebnis der
Gehaltsverhandlungen. Der Inhalt dieses Ergebnisses ist Ihnen bekannt. Ich darf
es im Folgenden nur ganz kurz in Erinnerung bringen:
Es wurde
beschlossen, eine Valorisierung der Bezüge um 2,1 Prozent mit Beginn
dieses Jahres durchzuführen, wobei man sich auf einen Mindestbetrag in der Höhe
von 30 € festgelegt hat. Beides dient – und das wird immer wieder
besonders hervorgehoben – einerseits der Erhaltung der Kaufkraft, und
andererseits wird es als eine wichtige Sozialmaßnahme gesehen, dass etwa ein
Drittel der öffentlich Bediensteten von diesem Mindestbetrag betroffen sein
werden.
Diese Erhöhung
bezieht für das abgelaufene Kalenderjahr eine Abgeltung von nur
0,8 Prozent ein. Die Gespräche über eine Abgeltung der tatsächlichen
Inflationsrate werden demnächst aufgenommen; so ist es bereits vereinbart.
Vereinzelt hat man
in den vergangenen Wochen den Vorwurf gehört, der auch in schriftlicher Form an
viele Dienststellen gerichtet wurde, dass infolge der bedingt durch die
vorgezogenen Neuwahlen erst verspätet möglichen Beschlussfassung der
öffentliche Dienst unter Umständen bis März auf diese Bezugserhöhung, die dann
natürlich rückwirkend mit Jahresbeginn erfolgt, warten muss.
Das trifft nicht
überall zu. Man hat es in einigen Bundesländern – in vollem Vertrauen auf
unsere Arbeit im Parlament – gewagt, das Ergebnis vorwegzunehmen. Drei
Bundesländer haben das für ihre Landesbediensteten getan – ich weiß nur
zwei davon, nämlich mein Bundesland und das Bundesland Steiermark –, und
fünf Landeshauptleute haben bereits zeitgerecht, nämlich etwa Mitte Dezember,
als das Ergebnis der Verhandlungen bekannt geworden ist, den Auftrag gegeben,
diese Gehaltserhöhung auch bei den Pflichtschullehrern bereits mit Jahresbeginn
vorzunehmen.
Ich darf mich
dafür herzlich bedanken; auch Fritz Neugebauer hat die Gelegenheit im
Nationalrat genutzt, um dies zu tun, und er hat auch Ihnen, Frau Vizekanzlerin,
herzlich für das Verhandlungsergebnis gedankt. Ich persönlich freue mich sehr,
dass es gelungen ist, Fritz Neugebauer als Abgeordneten in den Nationalrat
einzubinden. Ich bin überzeugt, dass das für unsere Arbeit hier sicherlich sehr
wichtig und sehr nutzbringend sein wird, weil er – ich kenne ihn schon
sehr lange und darf das so sagen – ein Standesvertreter ist, der sich
notwendigen und sinnvollen Reformen im öffentlichen Dienst nicht verschließt,
aber das dafür nötige Augenmaß immer klar aufzeigt.
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 40 |
Wir erleben es
sehr oft, dass – nicht nur in Medienberichten, sondern ich höre es auch
hier in unserem Kreis des Öfteren – Bemerkungen über den öffentlichen
Dienst fallen oder Urteile gefällt werden, die, so denke ich, doch einer groben
Unkenntnis oder zumindest einer nur sehr vagen Kenntnis über diesen Bereich
entspringen und die zurechtgerückt werden müssen, und dafür ist Fritz
Neugebauer als oberster Standesvertreter sicherlich der Kompetenteste.
Ich beklage sehr
oft und es stört mich sehr, dass wir alle dazu neigen, andere Bereiche, von
denen wir vielleicht zu wenig wissen, zu beurteilen – und das meist
negativ. Ich wünsche mir, dass wir einander mit mehr Vertrauen, mit einer
größeren Bereitschaft und mehr Bemühen, den anderen Bereich zu verstehen und
sich damit auseinander zu setzen, begegnen, vor allem aber auch mit weniger
Neid, der wirklich nur sehr selten angebracht und gerechtfertigt ist.
Präsident Hösele
ist jetzt nicht im Saal, aber ich nehme an, dass er in seinem Büro vor dem
Bildschirm sitzt und mich hört, daher darf ich ihn direkt ansprechen: Auch ich
darf dir jetzt in der Reihe der vielen Gratulationen, die heute schon
ausgesprochen wurden, alles Gute wünschen. Du hast das Glück, dass deine
Funktionsperiode in eine Zeit fällt, in der es jetzt wirklich endlich konkret
wird mit Diskussionen in Richtung einer notwendigen Verfassungsreform, die auch
uns wesentlich betreffen wird.
Ich wünsche dem
Präsidenten und seinen Nachfolgern, die diese Aufgabe dann weiter mittragen
werden, viel Erfolg und viele gute Überlegungen – eine ganze Reihe davon
ist heute schon angeführt worden. Ich wünsche vor allem, dass vieles davon dann
auch wirklich für unseren Bereich durchgesetzt wird.
Ich weiß, dass die
Diskussion über die Erklärung von Frau Landeshauptmann Klasnic bereits
abgeschlossen ist, aber da ich bei einer Bemerkung von ihr hängen geblieben
bin, möchte ich doch noch etwas dazu sagen.
Frau
Landeshauptmann Klasnic hat auf ihre Zeit hier im Bundesrat zurückgeblickt und
gemeint, dass das eine sehr wichtige Zeit sei, für Funktionen oder Aufgaben im
Nationalrat und im Landtag zu lernen. Das hat mich ein bisschen gestört, weil
ich auch immer wieder erlebe, dass viele von uns den Bundesrat als Sprungbrett für
andere Gremien sehen – verständlicherweise, wenn man an ein höheres
Prestige oder auch an den finanziellen Aspekt denkt.
Ich wünsche mir,
dass wir unsere Aufgabe hier herinnen sehen, dass wir uns mit dieser Aufgabe,
mit der Verantwortung hier herinnen identifizieren, unseren Platz hier herinnen
sehen und nicht anderswo hinstreben.
Ich habe vor etwa
einem Jahr anlässlich meiner Präsidentschaft festgestellt, dass in den drei
Jahren davor etwa 30 neue Bundesräte zu uns gestoßen sind – das ist
fast die Hälfte. Ich meine, dass diese Fluktuation zu groß und für dieses
Gremium nicht gut ist.
Mein großer Wunsch
ist, dass wir uns wirklich mehr damit identifizieren –
vielleicht wird das
etwas leichter, wenn es tatsächlich zur Aufwertung des Bundesrates, was ich
hoffe, kommen wird.
Im allerletzten
Satz darf ich auf den Antrag zurückkommen und erklären, dass meine Fraktion
diesem Antrag zustimmen wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und
den Freiheitlichen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)
11.43
Vizepräsidentin
Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist
Herr Bundesrat Rosenmaier. – Bitte.
11.43
Bundesrat Alfredo Rosenmaier (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte und geschätzte Frau Präsidentin! Frau Vizekanzlerin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Besoldungs-Novelle für das Jahr 2003 spiegelt sich im Wesentlichen das Verhandlungsergebnis
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 41 |
der
Besoldungsregelung für die Bundesbediensteten sowie für die Landeslehrer –
und das ab 1. Jänner 2003 – wider.
Das Ergebnis, das
eine Valorisierung der Bezüge von 2,1 Prozent und eine Erhöhung der
Gehälter um mindestens 30 € vorsieht, kann man durchaus als sehr guten
Abschluss und als Erfolg bezeichnen. Zum Zeitpunkt der Budgetkonsolidierung ein
solches Ergebnis zu erzielen, dafür kann man, so glaube ich, nur Hochachtung
aussprechen.
Für mich war es
besonders wichtig, dass aus sozialen Aspekten die Bezieher der unteren
Einkommen berücksichtigt wurden. Die damit verbundene Kaufkraftsicherung ist
sicherlich ein positiver Zusatzeffekt und als solcher zu begrüßen.
Der Umstand, dass
drei Länder bereits diesbezügliche Regelungen geschaffen haben, zeigt, dass die
nunmehr zu beschließende Novelle bereits überfällig war. Es wird daher in
Zukunft wichtig sein, autorisierte Vertreter der Länder und des Städte- und
Gemeindebundes auf Arbeitgeberseite sowie die zuständige Gewerkschaft auf
Arbeitnehmerseite in die Verhandlungen – und das von Anfang an –
mit einzubinden. Das ist keine Neuerfindung, sondern das hat bereits einmal gut
funktioniert und soll nur als Gedächtnisstütze dienen.
Dass Hunderte
Planstellen in den Ministerien eingespart wurden, sehe ich persönlich nicht mit
Stolz, sondern lediglich als Folge einer notwendigen strukturellen Veränderung.
Als Schlag ins
Gesicht für jene, welche den Sockelbetrag in der Höhe von 30 € bekommen,
betrachte ich die Anhebung der Zahl der Funktionsgruppen von 8 auf 9.
Wenn schon schlanker Staat, dann nicht nur bei dem so gern zitierten „kleinen
Mann“, sondern bitte auch bei den Großen.
Sosehr ich mich
darüber freue, dass ungefähr 30 Prozent der Bediensteten von der Regelung
„mindestens 30 € mehr“ profitieren – ich sage das ohne das geringste
Neidgefühl –, so unverständlich ist für mich die Aufwertung hinsichtlich
der Funktionsgruppe 9, da man da ohnehin schon bei den Höchstbezügen
angesiedelt ist.
Geschätzte Damen
und Herren! Ich überlasse es Ihrer persönlichen Beurteilung, was sich jene
Kolleginnen und Kollegen, die um 30 € mehr bekommen, denken werden, wenn
bereits gut Eingestufte ein Vielfaches davon erhalten.
Ich möchte nun
noch die Gelegenheit nützen, mich persönlich, aber auch im Namen der
sozialdemokratischen Fraktion bei allen Bediensteten für ihre Leistungen und
ihren persönlichen Einsatz für unsere Heimat und deren Bürger zu bedanken. Wir
von der SPÖ-Fraktion werden das Unsrige dazu beitragen, dass das auch in
Zukunft so sein wird. Es ist wichtig, dass die öffentlich Bediensteten –
und darauf möchte ich besonders hinweisen – nicht verunsichert werden,
denn gerade sie sind ein Garant für den ordentlichen Ablauf der Geschehnisse in
unserer Republik. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten
der ÖVP und der Freiheitlichen.)
11.47
Vizepräsidentin
Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat
Hagen. – Bitte.
11.47
Bundesrat
Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr
geehrte Frau Präsidentin! Liebe Frau Vizekanzlerin, ich darf dich hier im
Bundesrat recht herzlich begrüßen – die Begrüßung ist vorhin im Trubel, so
glaube ich, untergegangen, daher werde ich das jetzt übernehmen, wenn ich darf,
Frau Präsidentin! (Heiterkeit.) Ich
nehme mir das einfach heraus. (Zwischenrufe.)
Man sagt nicht umsonst, dass der Schriftführer die rechte Hand des
Präsidenten ist, und dann darf man auch einmal einspringen, wenn etwas im
Trubel ein bisschen untergeht.
Sehr geehrte Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute über das Gehaltsgesetz der Beamten, und ich muss hier als sehr positiv erwähnen, dass der Abschluss
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 42 |
von 2,1 Prozent Gehaltserhöhung ein sehr großer Schritt ist. Im Vergleich
dazu waren es im vergangenen Jahr, also im Jahr 2002, 0,8 Prozent
plus die Inflationsabgeltung, die im Moment noch in Verhandlung ist – auf
die komme ich später noch zurück. 2,1 Prozent, mindestens aber 30 €
für die kleinen Einkommen sind meiner Ansicht nach doch ein ordentlicher Wurf.
Dieser Gehaltsabschluss unterscheidet sich von früheren, die wesentlich
geringer ausgefallen sind, deutlich. Ich denke dabei an die Null-Lohnrunden
1996/97 unter einer rot-schwarzen Koalition – Gott behüte uns, dass uns so
etwas noch einmal passiert! (Heiterkeit und Beifall bei den
Freiheitlichen. – Zwischenrufe.) – Gott geht ja eventuell in die
Verfassung ein, also darf ich hier auch Gott anrufen und ihm einen Wunsch
vorbringen.
Ich möchte aber
auch darauf hinweisen, dass der Vorschlag der Frau Vizekanzlerin lautete:
47 € Fixum für alle Stufen. Das heißt, die Kleinen hätten wesentlich mehr
bekommen und denen wäre stärker geholfen worden, die Großen, die ohnehin schon
fette Gehälter haben, hätten etwas weniger bekommen. Ich meine, dieser Vorschlag
ist absolut fair gewesen, er wurde aber leider von der Gewerkschaft abgelehnt.
Daher muss ich doch eine Rüge an die Gewerkschaft richten: So hervorragend hat
Herr Neugebauer nicht verhandelt, denn das war nicht im Sinne der kleinen
Beamtinnen und Beamten.
Ich glaube, dass
die Gewerkschaft da die kleinen Beamtinnen und Beamten etwas im Stich gelassen
hat zugunsten der Bezieher hoher Gehälter. Aber vielleicht kommt die Frau Vizekanzlerin
selbst noch darauf zu sprechen.
Ich möchte Sie
weiters darüber informieren und zugleich eine Bitte an die Frau Vizekanzlerin
richten: Von der AUF wurde im Vorfeld der Verhandlungen betreffend die
Inflationsabgeltung der Wunsch nach einer Abschlagszahlung für 2002 in der Höhe
von 250 € eingebracht. Ich hoffe, die Frau Vizekanzlerin hat ein offenes
Ohr für diese Forderung, denn das betrifft die Beamten, die in den letzten
Jahren nicht immer gerade verwöhnt wurden. Außerdem wurde ein Betrag in der
Höhe von 15 € Gehaltserhöhung zusätzlich für das Jahr 2003 reklamiert.
Vielleicht werden Sie, Frau Vizekanzlerin, dazu noch etwas sagen, aber ich
denke, das wäre ein deutliches Signal in die Richtung, die Beamten nicht immer
nur zu hauen, wie dies in der öffentlichen Meinung herübergekommen ist. –
Ich weiß, dass die Medien nicht immer das berichtet haben, was von der Frau
Vizekanzlerin gesagt wurde. Ich bin oft daneben gestanden und habe etwas völlig
anderes gehört, als dann in den Medien berichtet wurde.
Die Frau
Vizekanzlerin hat sehr wohl unterschieden zwischen Beziehern hoher Gehälter,
zwischen fleißigen Beamten, die entsprechend belastet sind, und – sagen
wir es einmal so – Sesselklebern, denen es bei einem Arbeitsunfall
höchstens passieren könnte, dass sie sich, wenn sie am Schreibtisch
einschlafen, mit dem Bleistift stechen – salopp gesagt. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)
Meine Bitte also:
diese Gehaltsforderungen der AUF etwas in den Vordergrund zu stellen
beziehungsweise ihnen entgegenzukommen.
Ich möchte noch,
wenn wir schon bei den Beamten und deren Gehaltsgesetz sind, ein wichtiges
Gesetz ansprechen, und zwar das Exekutivdienstgesetz. Als Exekutivbeamter im
Außendienst – auf Grund meiner politischen Funktion bin ich im Moment im
Innendienst, ich war aber zuvor mehr als zwölf Jahre lang im Außendienst –
erlebt man sehr viel, und man hat wirklich einen harten Job, der mit nur sehr
wenig zu vergleichen ist. Das Exekutivdienstgesetz würde eine faire Basis
schaffen in Bezug auf die Pensionsdiskussion, die jetzt in aller Munde ist.
Ich möchte Ihnen
sagen: Es ist schlimm, wenn man miterlebt, wie ich es jetzt beim Landesgendarmeriekommando
in Vorarlberg sehe, dass die Kollegen mit 55 Jahren, ja teilweise schon
mit 40 Jahren wie die Fliegen an Krebs „dahinsterben“. Es gibt einem zu
denken, wenn die jährliche Todesrate so hoch ist, dass man sich fragt, woran
das wirklich liegt. Der psychische Stress, mit dem die Beamten im Außendienst
fertig werden müssen, ist nicht gerade ein Honiglecken.
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 43 |
Wenn ich von
Professor Haller von Maria Ebene, einer Alkoholentzugsstation höre, dass Ärzte
und Exekutivbeamte am anfälligsten sind für Alkoholmissbrauch, weil sie den
Druck und den Stress nicht mehr aushalten, dann muss ich sagen, wir müssen
darüber nachdenken, wie man diesen Leuten entgegenkommen kann, sowohl in
finanzieller Hinsicht, mit genügend Freizeitmöglichkeiten, als auch vielleicht
mit einer früheren Pensionierung. Denn der europäische Vergleich zeigt
folgendes Bild: In ganz Europa gibt es kein zweites Land, in dem der Pensionsantritt
bei der Exekutive in einem so hohen Alter erfolgt wie in Österreich. Da besteht
sicher Reformbedarf.
Die Frau
Vizekanzlerin hat mit dem Exekutivdienstgesetz den ersten Schritt gesetzt, es
ist aber leider nicht mehr fertig geworden. Daher mein Appell an die Kollegen
der schwarzen Fraktion: Der Herr Bundeskanzler hat in der „Elefantenrunde“ im
ORF verkündet, dass er dieses Exekutivdienstgesetz gutheiße und dass es
notwendig sei. Ich möchte ihn heute von dieser Stelle aus erinnern – ich
weiß nicht, ob er mir zuhört, ich glaube es nicht, aber vielleicht werden Sie
ihm das zutragen –, dass er an die Wichtigkeit, die er diesem
Exekutivdienstgesetz in der „Elefantenrunde“ im ORF beigemessen hat, auch
nach der gewonnenen Wahl noch denkt und etwas unternimmt, dass es da wirklich
zu einer Verbesserung kommt.
Zum Schluss möchte
ich – ich nehme an, die Frau Vizekanzlerin ist die falsche Adresse; die
Frau Vizekanzlerin wird vermutlich nicht mehr mit diesem Thema befasst werden,
aber es war ihr Fachgebiet – im Zusammenhang mit den Einsparungen bei den Beamten
einen Appell an Sie, eigentlich an Ihren Nachfolger oder Ihre Nachfolgerin,
Frau Vizekanzlerin, richten: Man kann nicht nur bei der Zahl der Köpfe
einsparen, aber die Aufgaben nicht verringern, sondern da muss eines mit dem
anderen Hand in Hand gehen. Das sollte man nicht aus den Augen verlieren.
Alles in allem:
Wir freuen uns über die Gehaltserhöhung. Wie gesagt, es gibt noch Möglichkeiten
für eine Verbesserung, wenn man die Inflationsabgeltung betrachtet. Ich hoffe,
dass das relativ schnell geht, dass die Verhandlungen rasch abgeschlossen
werden können, aber das liegt nicht nur an der Frau Vizekanzlerin, sondern auch
an den Kollegen der Gewerkschaft, in der hauptsächlich Rot und Schwarz
vertreten sind. Daher auch an diese mein Appell, rasch und positiv für die
Beamten zu verhandeln.
Wir freuen uns
also über das zur Beschlussfassung vorliegende Gesetz, wir hatten schon lange
nicht mehr einen solch positiven Gehaltsabschluss. Meine Fraktion wird diesem
Gesetz selbstverständlich sehr gerne zustimmen. (Beifall bei den
Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)
11.56
Vizepräsidentin
Anna Elisabeth Haselbach: Verehrte Frau Vizekanzlerin! Lieber
Kollege Hagen! Ich muss jetzt schon etwas klarstellen: Ich habe natürlich nicht
aus Missachtung oder sonst einem Grund die Frau Vizekanzlerin nicht persönlich
begrüßt.
Einige Kolleginnen
und Kollegen, die schon länger diesem Haus angehören, werden sich daran
erinnern, dass wir früher folgendes Ritual hatten: Wenn ein Mitglied der
Bundesregierung den Saal betreten hat, dann haben wir submissest gegrüßt. Wir
haben dann – wenn ich mich richtig erinnere, auf Antrag der freiheitlichen
Fraktion (Heiterkeit) – in der
Präsidiale beschlossen, dieses Begrüßungszeremoniell zu unterlassen.
Sehr geehrte Frau
Vizekanzlerin! Es war dies keine Missachtung, sondern etwas, was wir einmal in
einer Präsidiale beschlossen haben. (Bundesrat
Konecny: Wieder einmal Opfer Ihrer Fraktion, Frau Vizekanzlerin! –
Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Ich war noch nie ein Opfer!) –
Aber wir können das gerne ändern.
Es ist ja
beibehalten worden, dass wir uns selbstverständlich mit Handschlag begrüßen,
wenn jemand kommt.
Frau
Vizekanzlerin, ich darf Ihnen das Wort erteilen. – Bitte.
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 44 |
11.57
Bundesministerin
für öffentliche Leistung und Sport Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße Sie sehr herzlich und freue
mich, bei einem Tagesordnungspunkt hier zu sein, der – von meinen
Vorrednern wurde darauf schon hingewiesen – wichtig ist, nämlich dem
Gehaltsabschluss für das Jahr 2003. Es ist dies der dritte Gehaltsabschluss,
den ich mit der Gewerkschaft verhandelt habe.
Zielsetzung bei
all diesen Verhandlungen war es von meiner Seite, beim Gehaltsabschluss soziale
Gerechtigkeit und Ausgewogenheit im Auge zu haben, auch in der Hinsicht, dass
wir die Bezieher kleiner Einkommen im öffentlichen Dienst besonders
begünstigen – Sie haben das schon erwähnt. Ich glaube, dass das deswegen
wichtig ist, weil wir eine sehr große Schere haben, wenn wir von
Beamtengehältern reden. Die Durchschnittsgehälter der Beamten sind natürlich relativ
hoch im Vergleich zur Privatwirtschaft, es gibt im öffentlichen Dienst
allerdings eine Gruppe, die weit darunter liegt, nämlich die Bezieher kleiner
Einkommen.
Daher war es mir
schon im Jahr 2000 bei den Gehaltsverhandlungen wichtig, entsprechende
Schritte zu setzen: Wir haben damals einen Fixbetrag in der Höhe von 500 S
ausverhandelt. Und wir haben jetzt, wie gesagt, mit dem Mindestbetrag eine
entsprechende Absicherung in die Richtung geschaffen, dass die Bezieher kleiner
Einkommen entsprechend begünstigt werden.
Da Herr Kollege
Rosenmaier die soziale Gerechtigkeit angesprochen hat, muss ich Ihnen Folgendes
sagen: Das, was wir gemacht haben, auch bei den Gehaltsverhandlungen, und zwar
gegen massiven Widerstand Ihrer Gewerkschaftsfraktion, war, die freiwilligen
Sozialleistungen für die Fixbezügler, das heißt für die Beamten mit hohen
Bezügen, entsprechend zu kürzen. All das waren Einführungen von
sozialdemokratischen Regierungen in den Jahren zwischen 1970 und 2000, also
Essensmarken für Sektionschefs und so weiter; ich könnte diese Liste noch lange
fortsetzen, ich möchte Ihnen das jetzt ersparen, Herr Kollege, aber wir wissen,
wovon wir reden. Diese Dinge abzuschaffen, ist ein Ausdruck sozialer
Gerechtigkeit, denn das waren Dinge, die explizit eingeführt wurden, um den
Beziehern kleiner Einkommen einen sozialen Ausgleich zu geben.
Das ist etwas, was
mir im Sinne der Gerechtigkeit und Ausgewogenheit besonders wichtig war und was
wir Gott sei Dank auch gegen den Widerstand Ihrer Gewerkschaftsfraktion durchgesetzt
haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf bei der SPÖ.)
Herr Kollege
Rosenmaier! Sie haben die Frage angesprochen – ich möchte das nicht
unbeantwortet lassen –, warum die Länder nicht in die Verhandlungen
eingebunden waren. – Mit gutem Grund waren sie nicht eingebunden: weil
1997 von der damaligen Regierung – und wie ich meine, zu Unrecht –
das Harmonisierungsgebot aufgehoben wurde. Ich halte das für einen ganz
schweren Fehler. Es hat sich gezeigt, dass in der Zwischenzeit die Schere zwischen
Landes- und Bundesdienst extrem auseinander gegangen ist. Das hat dazu geführt,
dass Sie derzeit keinen Landesbeamten mehr finden werden, der bereit ist, in
den Bundesdienst zu wechseln, weil er im Regelfall in seinem Land eine
wesentlich günstigere Regelung hat. Das ist ein Zustand, der eigentlich
unhaltbar ist.
Ich habe mich in
allen drei Jahren meiner Amtszeit sehr darum bemüht, die Länder dazu zu
bringen, wieder dieses Harmonisierungsgebot zu beachten, und zwar sowohl in
Fragen der Pensionsreform als auch in Fragen der Gehaltsverhandlungen. Die
Länder waren nicht dazu bereit. Folgendes sage ich Ihnen ganz ehrlich: Dass ich
mit Leuten am Tisch sitze, die mir beim Verhandeln nur die Zeit stehlen, ohne
dass sie sich an das Verhandlungsergebnis gebunden fühlen, das mache ich –
mit Verlaub gesagt – nicht! Das habe ich den Ländern auch immer gesagt.
Ich habe gesagt: Gemeindebedienstete und Ländervertreter sind herzlich zu den Verhandlungen eingeladen, aber natürlich nur dann, wenn das Ergebnis für beide Seiten bindend ist. Es ist ohnedies nicht ganz einfach, mit der Beamtengewerkschaft zu verhandeln, da gibt es ohnehin oft lange Nachtsitzungen. Man muss diese Sitzungen nicht auch noch künstlich verlän-
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 45 |
gern. In diesem Zusammenhang bitte
ich wirklich um Verständnis. (Zwischenruf des Bundesrates Manfred Gruber.) –
Na ja, Herr Bürgermeister Häupl ist kein ganz unbedeutender Landeshauptmann,
nehme ich an. Er hat da ein wesentliches Wörtchen mitzureden. Das ist eine
Frage der Länder, entschuldigen Sie! Die Bereitschaft der Länder ist da
gefragt. Es gibt immer noch – zwar nicht mehr so viele wie früher, aber
immer noch – zwei sozialdemokratisch regierte Bundesländer in diesem Land.
(Ruf bei der SPÖ: Gott sei Dank!) Wenn Ihre zwei Landeshauptleute
diesbezüglich vielleicht einmal einen Vorstoß machen würden, ginge da schon
etwas weiter.
Ich möchte mich
sehr herzlich bei den Mitarbeitern meines Hauses, was die Vorbereitung dieser
Gehaltsverhandlungen und auch deren Durchführung betrifft, bedanken. So etwas
ist immer eine schwierige Sache, weil es natürlich meistens in diesem
Zusammenhang einen sehr großen Unterschied zwischen den Interessen des
Dienstgebers und der Dienstnehmer gibt. Wir haben sehr lange und auch
komplizierte Verhandlungen geführt, die ohne die Arbeitsgrundlage der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter des Bundesministeriums für öffentliche Leistung und Sport nicht
möglich gewesen wären. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle sehr herzlich
bedanken. (Allgemeiner Beifall.)
Ich denke –
und es ist heute schon ein wenig in die Zukunft geblickt worden –, dass
einer der ganz wesentlichen Aspekte – damit komme ich noch einmal zu Ihrem
Redebeitrag zurück, Herr Kollege Rosenmaier – die Frage ist: Wie wollen
wir das Gehaltsschema für den öffentlichen Dienst in Zukunft überhaupt
gestalten? – Das Gehaltschema, so wie es heute ist, ist nämlich eine
höhere mathematische Wissenschaft. Es ist dermaßen kompliziert – mit
Zulagen und Nebengebühren, mit ruhegenussfähigen Zulagen und ruhegenussfähigen
Nebengebühren und so weiter –, dass es innerhalb des Systems zu ganz
krassen Ungerechtigkeiten führt und – das finde ich am
allerschlimmsten – leistungsdemotivierend statt
mitarbeitermotivierend ist. (Vizepräsident Weiss übernimmt den
Vorsitz.)
Ziel ist, ein
Gehaltsschema für den öffentlichen Dienst einzuführen, das in Zukunft
sicherstellt, dass MitarbeiterInnen, die eine gute Leistung erbringen –
und das ist die überwiegende Mehrheit der MitarbeiterInnen im öffentlichen
Dienst –, diese auch belohnt bekommen, dass aber Leute, die es sich
sozusagen im System richten, nicht einfach „durchschwimmen“ können und mit den
automatischen Vorrückungen letztendlich genauso viel verdienen wie jemand, der
einen überdurchschnittlichen Einsatz bringt. Das muss die Zielsetzung eines
neuen Gehaltsrechts sein.
Ich glaube, dass
wir dafür die Grundlagen geschaffen haben. Eine neue Regierung müsste diesbezüglich
nicht mehr lange beraten und diskutieren. Wir haben die Umstellung des Gehaltsschemas
fertig vorbereitet. Wir haben auch die Frage eines neuen, modernen Angestelltenrechts
für den öffentlichen Dienst entsprechend beschlussreif vorbereitet. Es tut mir
besonders Leid, dass das auf Grund des Auslaufens der Legislaturperiode hier im
Haus nicht mehr zur Umsetzung kommen konnte.
Ich halte dieses
Angestelltenrecht für extrem wichtig, weil ich grundsätzlich der Meinung bin,
dass die unterschiedlichen Regelungen auf dem Arbeitsmarkt, die
Mehrklassengesellschaft, die wir in diesem Bereich haben, für alle Beteiligten
unzumutbar sind; denn so, wie wir innerhalb des öffentlichen Dienstes zwischen
Landes- und Bundesdienst keine Durchlässigkeit mehr haben, haben wir quasi eine
Betonschicht zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst.
Ich meine, dass es
für beide Seiten sehr fruchtbringend wäre, wenn Mitarbeiter aus der Privatwirtschaft
in den öffentlichen Dienst wechseln könnten, weil jemand, der in der
Privatwirtschaft gearbeitet hat, oft ein ganz anderes Verständnis aus der
Praxis für die Probleme eines Unternehmens, das eine Anlage genehmigen lassen
muss oder Ähnliches, mitbringt. Umgekehrt könnte die Privatwirtschaft meines
Erachtens enorm davon profitieren, wenn sie Mitarbeiter aus dem öffentlichen
Dienst bei ihr arbeiten lässt, die das Know-how und das Insiderwissen haben,
wie Verwaltungsabläufe funktionieren.
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 46 |
Voraussetzung
dafür ist aber, dass wir eine Durchlässigkeit dieser Arbeitsrechte haben. Ein
modernes Angestelltenrecht für den öffentlichen Dienst ist eine
Grundvoraussetzung dafür. Ich hoffe sehr, dass man sich dieser Herausforderung bewusst
ist. Die Schweiz hat uns das bereits vorgemacht, dort gibt es dieses schon. Das
wurde auch sehr erfolgreich in Kombination mit einem leistungsorientierten
Besoldungsschema umgesetzt.
Das setzt
natürlich auch die Harmonisierung der Pensionssysteme voraus; das ist etwas,
das ich zum Abschluss noch einmal sagen möchte, weil es wirklich ein
jahrelanges politisches Anliegen von mir war. Solange wir unterschiedliche
Pensionssysteme haben, so lange werden wir nie einen Zustand der wirklichen
Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt haben. Das heißt aber nicht nur, das
Beamtenpensionsrecht an das ASVG anzupassen, sondern das heißt natürlich auch
die Abschaffung aller Sonderpensionsrechte, die es zurzeit gibt.
Damit bin ich
wieder bei der sozialen Gerechtigkeit, die gerade von Ihrer Fraktion immer
wieder beschworen wird. Mit Worten alleine ist es nicht getan. Sie werden auch
Ihren Eisenbahnergewerkschaftern und den Bediensteten der Sozialversicherung
und anderen erklären müssen, dass die Regelungen, die es dort gibt, einfach
untragbar sind.
Ich sage das auch
deshalb, weil ich heute in den Zeitungen gelesen habe, dass große Aufregung
darüber herrscht, dass die Behörden jetzt im Zusammenhang mit den Frühpensionierungen
bei Post, Telekom und ÖBB ermitteln und dass jene Leute einvernommen werden,
die in Frühpension geschickt worden sind. Das dient nicht der Schikane der
frühpensionierten Mitarbeiter, sondern das dient dazu, die Praktiken von
Unternehmen aufzudecken, die ihre Personalkosten in einer unzumutbaren und
illegalen Weise auf den Steuerzahler abwälzen.
Ich habe versucht,
mit all diesen Gesellschaften das Einvernehmen herzustellen, dass die Praxis,
die dort vorherrscht, einfach unzumutbar ist. Sie müssen sich Folgendes
vorstellen: Das Pensionsalter bei der Post und der Telekom ist vom
Jahre 1955 mit 55 Jahren inzwischen auf 51,34 Jahre gesunken.
Das ist unzumutbar, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Bundesrat Gasteiger:
Wer hat sie so weit gebracht?) Das werden sich die Steuerzahler dieses
Landes nicht leisten können, und das ist ihnen auch nicht zumutbar. Das ist
meine felsenfeste Überzeugung!
Bitte, Herr
Kollege! (Bundesrat Gasteiger: Wer war das, der gesagt hat, ihr seid
zu viel, ihr müsst abbauen? ...! – Bundesrat Dr. Böhm: Nicht
auf diese Weise!) – Ich bin froh darüber, dass Sie das sagen. Ich bin
dankbar dafür, dass Sie das ansprechen. Sehr gut, das ist ein gutes Stichwort!
Jetzt können wir gleich einmal darüber reden, wie das in der Praxis aussieht. (Bundesrat
Konecny: Im öffentlichen Dienst meinen Sie?)
Was bei Post und
Telekom passiert – im Unterschied zum öffentlichen Dienst –, ist
Folgendes: Im öffentlichen Dienst ist es so, dass wir keine
Nachbesetzung von freiwerdenden Stellen vornehmen. Von Leuten, die in Pension
gehen, werden die Planstellen eingezogen und nicht nachbesetzt. Sie wissen das
ganz genau. Wenn Sie es nicht wissen, dann müssen Sie sich informieren. (Bundesrat
Konecny: Ich weiß es ganz genau! Das macht mich so bedenklich!)
Was die Telekom,
die Post und die ÖBB machen, ist etwas ganz anderes: Diese schicken die älteren
Mitarbeiter mit 48 bis 50 Jahren in den Vorruhestand und stellen junge,
billige Arbeitskräfte ein. Das ist die wirkliche Gemeinheit. Diese
Pensionslasten hat der Steuerzahler zu tragen! Schauen Sie sich an, wie die
Leute unter wirklich unzumutbaren Umständen dazu gezwungen und genötigt
werden, diese Frühpensionierungen durch die Unternehmen anzunehmen! Sprechen
Sie einmal mit den betroffenen Mitarbeitern, dann werden Sie vielleicht anders
reden! Reden Sie doch mit Ihren eigenen Postgewerkschaftern, die wissen das
ganz genau! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger:
Wir kennen es! Unsere Fraktion kennt das!)
Die Umsetzung dieser Anliegen, nämlich Pensionsharmonisierung und modernes Angestelltenrecht für den öffentlichen Dienst, wäre meines Erachtens eine der ersten Herausforderungen
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 47 |
einer neuen Regierung. Die Entscheidungsgrundlagen dazu sind
geschaffen. Ich hoffe, dass es auch zu einer raschen Umsetzung kommt.
Die Vorbereitungen
im Zusammenhang mit der jetzt viel diskutierten Bundesstaatsreform möchte ich
ebenfalls nicht unerwähnt lassen, denn auch hier wissen wir nach einer fast
30-jährigen Diskussion über die Bundesstaatsreform und die Kompetenzaufteilung
zwischen Bund und Ländern, was zu tun ist. Jeder, der im Bundesrat sitzt,
jeder, der im Nationalrat sitzt, weiß genau, woran es krankt. Es ist eine Frage
des politischen Wollens.
Wir haben im
Bereich der Aufgaben- und Verwaltungsreform einen großen Schritt gesetzt. Das,
was wir von den Vorschlägen der Aufgabenreformkommission nicht umsetzen
konnten, waren jene Materien, die eine Zweidrittelmehrheit, das heißt, eine
Verfassungsmehrheit erfordern.
Ich habe mit
großer Freude die Ankündigungen des SPÖ-Vorsitzenden Gusenbauer gehört, der
jetzt ein vehementer Verfechter der Bundesstaatsreform ist. Das hätten wir
alles schon haben können, denn keiner seiner Vorschläge ist neu. (Bundesrat Gasteiger:
Das hat er immer schon gesagt! – Bundesrat Dr. Böhm: Ihr hättet
zustimmen können!) – Ja, aber zwischen reden und tun, Herr Kollege
Gasteiger, liegen eben bei Ihnen nicht nur Gräben, sondern ganze Schluchten.
Das ist das Problem! (Widerspruch bei der SPÖ.) Es genügt mir nicht,
wenn SPÖ-Vorsitzender Gusenbauer jetzt sagt, er sei für die große
Bundesstaatsreform. Wir könnten sie schon haben, hätte uns die SPÖ in der
letzten Legislaturperiode ihre Zustimmung dazu gegeben.
Ich habe mit Ihrem
Verfassungssprecher und auch mit dem Herrn Parteivorsitzenden mehrere Gespräche
geführt, und es gab überhaupt keine Bereitschaft Ihrerseits in diesem Zusammenhang,
zum Beispiel bei den Landesschulräten. All das hätten wir schon längst
erledigen können, wenn es die Bereitschaft dazu gegeben hätte. (Bundesrat
Manfred Gruber: Bereitschaft ist ein Wechselspiel!)
Ich sage nur: In
dubio pro reo. Wenn Sie jetzt zu einer besseren Einsicht gekommen sind, dann
soll es mir recht sein, aber dann tun Sie es bitte auch! Das ist nämlich etwas,
was dieses Land wirklich dringend braucht. (Beifall bei den Freiheitlichen
und der ÖVP.)
Ich möchte mich
abschließend auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des öffentlichen
Dienstes sehr herzlich für drei Jahre, wie ich meine, wirklich guter
Zusammenarbeit bedanken. Wir haben viele innovative Projekte im Bereich der
Verwaltungsreform gemeinsam umgesetzt, die ohne die Vorschläge, die von den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern selbst gekommen sind, nicht möglich gewesen
wäre. Diese sind sozusagen die erste Anlaufstelle des Bürgers.
Wir haben die
Leistungen, die wir in diesem Bereich auch im europäischen Vergleich federführend
erbracht haben, durch mehrere Auszeichnungen belohnt bekommen, nämlich beim
Benchmarking zwischen den Verwaltungseinheiten der verschiedenen Länder. Die
Verwaltungsreformmaßnahmen wie das One-Stop-Shop-Prinzip, aber auch die
österreichischen Projekte im Bereich von e-Government sind europaweit
vorbildlich. Es gibt Vertreter vieler europäischer, aber auch
außereuropäischer Länder, die zu uns kommen und sich die e-Governmentinitiativen,
die es im Justizministerium, im Verteidigungsministerium, im Landwirtschaftsministerium,
im Wirtschaftsministerium und in vielen anderen Bereichen gibt, in denen wir
wirklich vorbildliche Regelungen haben, ansehen, um diese auch in ihren Ländern
umzusetzen.
Dafür möchte ich
mich sehr herzlich bedanken. Die Kreativität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
hat diese Leistungen erst möglich gemacht. (Beifall bei den Freiheitlichen
und der ÖVP.)
12.11
Vizepräsident
Jürgen Weiss: Es liegen keine Wortmeldungen mehr
vor.
Wünscht noch
jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist
geschlossen.
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 48 |
Wir kommen zur Abstimmung.
Ich bitte jene
Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden
Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein
Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.
Der Antrag ist angenommen.
2. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 23. Januar 2003
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz,
das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das
Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz
2003 – SVÄG 2003) (10/A und 4/NR sowie 6767/BR der Beilagen)
Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 2. Punkt der Tagesordnung: Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003.
Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Kaltenbacher übernommen. Ich bitte ihn darum.
Berichterstatter
Günther Kaltenbacher: Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht
des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des
Nationalrates vom 23. Jänner 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz
und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz
2003 – SVÄG 2003).
Der Bericht liegt
in schriftlicher Form vor.
Der Ausschuss für
soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 28. Jänner
2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu
erheben.
Vizepräsident
Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die
Debatte ein.
Als erstem Redner
erteile ich Herrn Bundesrat Fasching das Wort. – Bitte.
12.13
Bundesrat
Paul Fasching (ÖVP, Burgenland): Sehr verehrter
Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Ich halte den Vorschlag des Kollegen Schennach an und für sich für ganz gut,
jeweils die erste Sitzung des Bundesrates bei Übernahme der Präsidentschaft im
jeweiligen Bundesland abzuhalten. Das ist eine gute Idee. Ich darf ihn auch
beruhigen, was die Problematik betreffend Landtagssitzungssaal in Eisenstadt
angeht. Das Burgenland ist eines der gastfreundlichsten Länder der Welt. Es ist
mit den höchsten Zuwachsraten im Tourismus ausgestattet. Ich kann Herrn
Kollegen Schennach getrost sagen: Uns wird etwas einfallen, den Platzmangel im
Sitzungssaal (Bundesrat Konecny: Im Festzelt!) zu beheben. (Demonstrativer
Beifall der Bundesrätin Auer.) Davon bin ich überzeugt, die Kollegin
weiß das.
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Mit dem Beschluss des Sozialversicherungs-Änderungsgesetzes
2003 hat der Nationalrat in seiner Sitzung vom 23. Jänner 2003 den
Ausgleichszulagenrichtsatz für Ehepaare außertourlich um den Betrag von
46,47 € erhöht. Mit dieser Maßnahme wird eine weitere soziale Komponente
im Bereich der Pensionsanpassung gesetzt. Durch diese außertourliche Erhöhung
des Ausgleichszulagenrichtsatzes für Ehepaare wird einerseits dem Abrutschen
der Betroffenen unter die Armutsgefährdungsschwelle entgegengetreten,
andererseits aber auch eine Kaufkraftsteigerung bei dieser betroffenen Personengruppe –
immerhin handelt es sich dabei um etwa 37 000 Personen – bewirkt.
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 49 |
Als Vertreter der
Bäuerinnen und Bauern möchte ich darauf hinweisen, dass diese Maßnahme
besonders für eine große Zahl von Pensionsbeziehern aus dem bäuerlichen Bereich
zu begrüßen ist. Bedingt durch die Tatsache, dass die Pensionen nach dem
Bauern-Sozialversicherungsgesetz im Durchschnitt weit unter dem
Pensionseinkommen anderer Bevölkerungsgruppen liegen, ist nämlich daraus
resultierend die Anzahl der Ausgleichszulagenbezieher im Vergleich zu anderen
Pensionsgruppen überdurchschnittlich hoch.
Darüber hinaus
erfolgt bei einem überwiegenden Teil der Pensionen nach dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz
eine Anrechnung eines Aufgabepauschales aus land- und forstwirtschaftlicher
Betriebsführung; das ist das so genannte fiktive Ausgedinge.
Es ist da Gott sei
Dank schon viel in den letzten zehn bis 15 Jahren passiert, aber gerade
die letzte Bundesregierung hat gezeigt, dass sie sehr wohl ein Herz für diese
Menschen hat und hat sukzessive die Anrechenbarkeit jährlich (Widerspruch
des Bundesrates Gasteiger) – Herr Kollege, jährlich! –
geändert, was mit Ihnen immer schwierig war, das auszuverhandeln. Sie hat im
Besonderen den Ärmsten, den Beziehern der geringsten Pensionen geholfen.
Ich glaube, dass
dadurch die tatsächlich ausbezahlten Geldleistungen in dieser Form gegeben
sind. Gerade durch die Erhöhung des eingangs angesprochenen
Ausgleichszulagenrichtsatzes für Ehepaare erfolgt eine wesentliche Anhebung des
Barzahlungsbetrages, der überproportional wirkt, meine Damen und Herren! Diese
Maßnahme ist daher bestens geeignet, auch die Kaufkraft der
ausgleichszulagenbeziehenden Ehepaare zu erhalten, wenn nicht sogar zu
verstärken.
Da aber gerade
auch die Einkommenserhöhung im Bereich unterer Einkommensschichten vermehrt
durch einen verstärkten Konsum unmittelbar an die Wirtschaft zurückfließt,
kommt dieser an und für sich als soziale Komponente zu betrachtenden Maßnahme
auch eine volkswirtschaftliche Auswirkung zu. Es ist nämlich zu erwarten,
dass diese Einkommenszuwächse der gesamten Wirtschaft zu Gute kommen, weshalb
diese außerordentliche Erhöhung umso mehr zu begrüßen ist.
Ich denke, dass
dieser Gesetzesantrag der sozialen Gerechtigkeit voll entspricht und finanzierbar
ist. Zirka 25 Millionen € brauchen wir dafür. Das stärkt die
Glaubwürdigkeit des Systems und lässt auch die Berechenbarkeit sachlicher
erscheinen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
12.18
Vizepräsident
Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich
Herrn Bundesrat Reisenberger das Wort. – Bitte.
12.18
Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr
Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich kann
mich im Großen und Ganzen meinem Vorredner inhaltlich anschließen – mit
einer Ausnahme verständlicherweise! Er hat etwas gesehen, was mir beim besten
Willen weder einfallen würde und was noch beweisbar wäre, nämlich das Herz
dieser Regierung für die Menschen. Das kenne ich nicht, das habe ich in diesen
letzten drei Jahren nie feststellen können. (Heiterkeit und Beifall bei der
SPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Giesinger.)
Weder für die
Pensionisten noch für die kleinen Bauern konnte ich das feststellen, aber wir
akzeptieren das. Die Frage ist nur, was Sie daran akzeptieren. (Widerspruch
bei Bundesräten der ÖVP.) 1,8 Millionen Österreicherinnen und
Österreicher haben uns ihr Vertrauen geschenkt; das ist nicht gerade wenig. Da
kann man nicht mit einer Überheblichkeit darüber hinweggehen und sagen, wir
sind gewählt worden – (in Richtung ÖVP) ihr seid die stärkste
Partei geworden, keine Frage –, und damit ist das, was wir gemacht haben,
der einzig richtige Weg. Gerade die ÖVP sollte nachdenken und sich vielleicht
ein bisschen in Demut üben, um festzustellen, was der richtige Weg wäre und was
man falsch gemacht hat. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Bieringer:
„In Demut“!)
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 50 |
Meine sehr
verehrten Kolleginnen und Kollegen! Das Sozialversicherungsgesetz, das jetzt
hier an und für sich das Thema ist, dieser Gesetzesantrag, dass
Ausgleichszulagen angehoben werden – 7,3 Prozent für Ehepaare ist das
Eineinhalbfache, für Ehepaare kommt es also zu einer Erhöhung von 900 €
auf 965 € –, ist sicherlich eine sinnvolle Sache.
Es gibt
227 000 Ausgleichszulagenbezieher; das sind rund 8 Prozent der
Pensionisten, 37 000 Ehepaare sind davon betroffen. Der Aufwand hiefür
wird in etwa 25 Millionen € betragen. Diese Maßnahme ist wichtig vor
allem im Hinblick auf die Armutsbekämpfung, denn wenn man sich das europaweite
Ranking anschaut, sieht man, dass Österreich mit 13 Prozent im guten
Mittelfeld liegt. Den letzten Platz belegt Portugal mit 23 Prozent, an der
Spitze liegt Dänemark mit 8 Prozent.
Es ist schon
interessant, dass Karl Donabauer – er ist von euch, von der ÖVP – im
Nationalrat gemeint hat, die Lebenserwartung – und das ist korrekt! –
sei seit dem Jahr 1970 um sieben Jahre, von 1990 an um zwei Jahre
gestiegen. Ich gehe einmal davon aus – auch wenn ich es anders im Ohr
gehabt habe –, dass wir alle das begrüßen und dass das etwas sehr
Positives ist. Wir sollten aber auch nicht vergessen, dass er mehr oder weniger
im gleichen Absatz gesagt hat, dass die letzte Pensionsreform im Jahr 2000
erfolgt ist – bekanntlich während der Koalition ÖVP/FPÖ – und man
damals gemeint hat, diese Reform werde mindestens zehn bis 15 Jahre
halten. – Diese Rede ist nicht von mir – Donabauer hat das gesagt.
Und er stellt auch fest, dass wir heute gerade im Hinblick auf Pensionisten,
Armutsbekämpfung und dergleichen mehr eine ganz andere Diskussion verfolgen.
Die Diskussion, die wir nun erleben, geht über eine Pensionsreform mit immer
höherem Pensionsantrittsalter und immer weniger Geld, das man den Menschen dann
anbieten will, hinaus.
Wir
Sozialdemokraten sagen Ja zu Reformen, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Ich sage das noch einmal ganz klar und deutlich: Wir sagen Ja zu Reformen, die
sozial ausgewogen, einheitlich und solidarisch aufgebaut sind. Die Frau
Vizekanzlerin – sie hat sich bereits verabschiedet – hat eines
vielleicht nicht verstanden – anders kann ich es mir nicht erklären –,
wenn sie davon spricht, dass hier keine Gesprächsbereitschaft der
Sozialdemokraten vorhanden wäre: Sie hat nicht verstanden, dass für uns
Sozialdemokraten die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit von größter Bedeutung
ist!
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Wir stehen mit dieser Meinung nicht alleine da.
Selbst die EU-Kommission sagt, Beschäftigung sichernde Maßnahmen seien ein wesentlicher
Bestandteil zur Armutsbekämpfung. Da schließt sich der Kreis wieder: Für uns
Sozialdemokraten ist das oberste Ziel, Arbeitslosigkeit zu bekämpfen,
Arbeitsplätze zu schaffen – aber Arbeitsplätze, die ein Einkommen
garantieren, mit dem die Menschen auch auskommen. Meine sehr
verehrten Damen und Herren – vor allem von den Regierungsparteien –,
ich muss Ihnen nämlich schon in Erinnerung rufen, dass Arbeitsplätze nicht
1 : 1 als Arbeitsplätze bezeichnet werden können, wenn es so ist
wie in Amerika, wo man drei, vier, fünf Jobs, „McJobs“, annehmen muss, um
„leben“ zu können. Eine Beschäftigung zu haben, zu arbeiten soll auch heißen,
ein entsprechendes Einkommen zu haben, von dem man leben kann.
Ein zusätzliches
Problem in dem zur Diskussion stehenden Bereich ist, dass Ausgleichszulagen
natürlich nur diejenigen bekommen, die in Beschäftigung gestanden sind, also
eine Pension bekommen. Und hier, meine sehr geehrten Kolleginnen – Sie
sind in erster Linie angesprochen – und Kollegen, müssen wir bedenken,
dass vor allem Frauen, die keine eigenständige Alterssicherung haben, davon
betroffen sind.
Da richte ich auch
wieder meinen Blick in eure Reihen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP,
weil es euer Motto gemäß eurem christlich-konservativen Denken ist: Frauen
zurück an den Herd!, das ist ein wichtiger Platz, dort brauchen wir sie! –
Deshalb haben wir genau in diesem Bereich auch das Problem, dass diese Frauen
dann eben keinen Pensionsanspruch haben und gar nicht in den Genuss dieser
Ausgleichszulagen kommen können!
Da hat die schwarz-blaue Koalition nichts gemacht, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht einmal etwas angedacht oder gar entsprechende Überlegungen angestellt. Natürlich müs-
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 51 |
sen solche Maßnahmen, von denen wir hier
sprechen, auch treffsicher sein, aber der Bundesregierung fällt zu diesem
Thema nichts anderes ein als Drohungen: Pensionsreform, Reform der
Gesundheitssysteme, Selbstbehalte!
Lassen Sie mich an
dieser Stelle einen kleinen Ausflug machen, weil es zu den heutigen Gesprächen
so schön passt: Gesprächsbereitschaft im Zusammenhang mit der
Pensionsreform. – Ich hörte da, vom Herrn Bundeskanzler angefangen bis
wohin auch immer aus diesen Kreisen, die Gewerkschaften seien die Bösen, die
Betonierer, mit denen könne man nicht reden. Heute kam diese Falschmeldung
wieder – zwar nicht unbedingt in dieser Form, aber teilweise ist das auch
bei der Frau Vizekanzlerin angeklungen, als sie sagte: Die kleine Opposition in
der Gewerkschaft macht es uns nicht leicht,
die roten Gewerkschafter im öffentlichen Dienst!
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Ich möchte hier ganz klar und deutlich zum Ausdruck
bringen: Wenn da von Betonierern, von Verhinderern im Bereich der
Gewerkschaften die Rede ist – zum Beispiel in der Frage der
Pensionsreform –, dann müssen Sie in die eigenen Reihen schauen! Die
Gewerkschaft Öffentlicher Dienst ist zweifelsohne ÖAAB-dominiert, also eine schwarze
Gewerkschaft – mit ihrem Vorsitzenden und Neo-Nationalratsabgeordneten Neugebauer,
von dem wir heute schon gehört haben, wie die Vorstellungen des Basismannes
aussehen. Er ist der Einzige in dieser Gewerkschaft und im ÖGB, der sagt: Nein, es darf nichts verändert werden! Njet,
wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist! (Beifall bei der SPÖ.)
Wir
Sozialdemokraten haben hiezu nicht nur gesagt, es müssen sehr wohl
Veränderungen stattfinden, sondern unsere Kolleginnen und Kollegen in diesen
Bereichen haben seit vielen Jahren – nicht erst seit gestern! –
Überlegungen angestellt, wie man da Veränderungen vornehmen könnte. Solche
Veränderungen können aber nicht einseitig sein, auch nicht für die KollegInnen
im öffentlichen Dienst, indem man ihnen die Vorteile „wegnimmt“ und alle Nachteile,
die es gegenüber anderen Systemen gibt, einfach belässt.
Das heißt, es muss
ein solidarisch ausgewogenes Pensionssystem für alle geschaffen werden, ein
System, mit dem wir alle auch leben können. Zu einer solchen Reform sind wir
bereit – ja nicht nur bereit, sondern dazu haben wir auch bessere
Vorschläge als Sie, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)
Lassen Sie mich
kurz noch etwas zur Reform des Gesundheitssystems, das in diesen Bereich mit
hineingehört, sagen. Wenn da die „großartige“ Idee kam und seit gestern sogar
einige ÖVP-Abgeordnete meinen: Na ja, wir
können uns schon vorstellen, dass wir das ganze System mit Selbstbehalten
erneuern!, so hoffe ich, dass diese Horrorvision, die ich in diesen
Aussagen sehe, wirklich nur eine Vision bleibt. Ich verbinde damit nämlich ein
System der Selbstbehalte, wie wir es aus Amerika kennen. (Zwischenruf des Bundesrates Fasching.) –
Kollege, na wunderbar! Ich sage dir, was das im Klartext bedeutet: Egal,
wie du in Amerika ins Spital kommst – zu Fuß, mit dem Rettungswagen,
bewusstlos –, es wird erst einmal die Frage gestellt: Was haben Sie für
eine Card? – Visa? MasterCard? American Express? (Zwischenrufe bei Bundesräten der ÖVP und
der Freiheitlichen.) Haben
Sie keine Karte? – Okay. Haben Sie Bargeld? – Sie haben auch kein
Bargeld? Dann haben wir keinen Platz, tut uns Leid!
Das ist nicht das System, das ich mir in
Österreich vorstellen kann, und das ist nicht die soziale
Sicherheit, die die Österreicherinnen und Österreicher verdient haben! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Giesinger:
Davon ist ja gar nicht die Rede! – Bundesrat Konecny: Die Intention ist es!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wirtschaftsstandort sichern heißt, Arbeitsplätze zu schaffen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich bin froh, dass ich nicht damit rechnen muss, von Ihnen hier Hilfe zu bekommen; das ist mir schon klar. Das zeigt aber auch wieder der Öffentlichkeit – und das muss man den Menschen sagen –, wie hier gedacht wird, welche Gedankengänge es gibt und warum auch die Verhandlungen so schwierig sind. (Bundesrat Bieringer: Habt ihr ja eh gesagt vor der Wahl! Und Sie haben eh gesehen, was die Bevölkerung dazu gesagt hat! – Bundesrat Wimmer: Das beste Gesundheitssystem!) – Aufgebaut in 30 Jahren sozialdemokratisch dominierter Regierung! Darum haben wir das beste Gesundheitssystem!
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 52 |
Noch habt ihr nicht alles zusammenhauen
können! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
Vizepräsident Jürgen Weiss (das
Glockenzeichen gebend): Am Wort ist der Redner!
Bundesrat Harald Reisenberger (fortsetzend): Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Wirtschaftsstandort sichern heißt, Arbeitsplätze zu
schaffen und zu sichern. Auch diesbezüglich hat der Rechnungshof eine Kritik
anzubringen gehabt, nämlich die Maßnahmen betreffend. Wir haben in Österreich
im Jahr 2000 32 000 arbeitslose Behinderte gehabt, im
Jahr 2002 34 000. Ich gebe schon zu, bei über 300 000 Arbeitslosen –
und immer weiter steigenden Arbeitslosenzahlen – ist das, Gott sei Dank,
ein geringer Prozentsatz, aber im Vergleich zu den Behinderten, die es gibt,
ist es trotz allem ein sehr hoher Prozentsatz.
Der Rechnungshof
hat in seiner Kritik festgestellt, dass nicht darauf geschaut wurde, was mit
der Behindertenmilliarde geschieht, was mit den Geldern konkret passiert und
für wie viele Menschen Arbeit geschaffen wurde.
Was die steigende
Zahl bei den arbeitslosen Behinderten angeht, so muss ich sagen, das
„Europäische Jahr der Behinderten“ wäre doch eine Herausforderung, hier etwas
Konkretes zu tun! Aber auch dazu gibt es keine Ideen oder Vorschläge dieser
Regierung, genauso wie in Bezug auf die Armutsbekämpfung wenig konkrete
Schritte dieser Regierung zu sehen sind.
Ich sage noch einmal
ganz klar und deutlich: In 30 Jahren sozialdemokratisch dominierter Regierungen
standen die sozialen Belange für uns immer im Mittelpunkt, und das hat dieses
Land positiv geprägt. Dieses Gesetz ... (Zwischenrufe bei der
ÖVP.) – Aha! Das, was wir jetzt an Verschuldung haben in diesem Jahr,
mit Nullwachstum, ist etwas Besseres? Wenn ich das hochrechne, meine sehr
verehrten Damen und Herren, was Sie in dieser kurzen Zeit verbockt haben,
komme ich zu dem Ergebnis, dass Österreich mit einer solchen Regierung nach
30 Jahren nicht mehr existieren könnte. Ich brauche es nur hochzurechnen. (Beifall
bei der SPÖ.)
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Abschließend: Dieses Gesetz ist ein kleiner, aber
wichtiger Schritt. Daher wird meine Fraktion diesem Gesetz auch gerne ihre
Zustimmung erteilen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
12.31
Vizepräsident
Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau
Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann das Wort. – Bitte sehr.
12.32
Bundesrätin
Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Meine
sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Zum heutigen Thema kann ich
vorweg natürlich auch nur sagen, dass wir diesen Initiativantrag
selbstverständlich unterstützen und dem Sozialversicherungs-Änderungsgesetz
in dieser Form von Herzen gern unsere Zustimmung geben, weil wir die
Notwendigkeit sehen, dass gerade die Menschen, die im Alter am wenigsten Geld
haben, endlich einen überproportionalen Zuwachs erfahren. Es ist noch immer zu
wenig, es könnte immer mehr sein, aber es ist natürlich auch das Gesamtbudget
im Auge zu behalten. Dennoch ist dieses Gesetz ein grundsätzlicher
sozialpolitischer Meilenstein, wie auch schon von manchen meiner Vorredner
gesagt wurde.
Es geht also um
die Pensionisten, die so wenig Pension haben, dass sie kein Auslangen finden,
wenn sie nicht eine zusätzliche Zulage bekommen. Ich meine daher, dass das
Problem nicht als gesondertes Mosaiksteinchen betrachtet werden kann, sondern
dass die gesamte Pensionsproblematik ins Auge gefasst werden muss, und ich
darf Ihnen in diesem Zusammenhang meine Meinung dazu sagen.
Für mich geht es grundsätzlich darum – das ist heute teilweise auch in den Ausführungen der Vizekanzlerin angeklungen –, dass auch die Pensionen, die derzeit noch ungerecht verteilt sind, die Pensionsbegründungen, die derzeit noch ungerecht und teilweise nicht nachvollziehbar
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 53 |
sind, harmonisiert werden, weil die
Menschen in unserem Land nämlich kein Verständnis mehr dafür haben, dass die
einen früher in Pension gehen können, die anderen aber erst später. (Beifall
bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)
Es ist nicht
einzusehen, dass es Menschen gibt, die mit 48 Jahren in Pension gehen
können, vielleicht später noch ein politisches Amt übernehmen oder Vorsitzender
eines Tennisvereins werden, sich also bester Gesundheit erfreuen – was man
ihnen persönlich natürlich gönnt –, weil volkswirtschaftlich gesehen ist dies
ein Ungerechtigkeitsfaktor, ein Wermutstropfen für die Menschen, die bis 60
oder gar 63 arbeiten müssen. (Bundesrat Gasteiger: ...
Landesschulrat! – Bundesrat Thumpser: Man muss aber auch wissen,
warum sie unter Umständen in Pension gehen! Das sind Unterstellungen!)
Ich gebe Ihnen in
vielen Dingen Recht. – Ich komme gerne noch auf die Landesschulräte zurück.
Das werden wir auch ändern. Aber Sie wissen schon, Herr Gasteiger, warum das
nicht geändert wurde? (Bundesrat Boden: Frau Abgeordnete, es gibt
Leute am Bau, die hart arbeiten mussten!) Sie wissen schon, warum das nicht
geändert wurde? – Weil wir in großen Bereichen die Zweidrittelmehrheit
dafür gebraucht hätten, und die SPÖ hat sich nicht bereit erklärt, im
Schulbereich verfassungsrechtliche Veränderungen vorzunehmen. – Das ist
der Grund! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)
Ich konnte aber
auf Grund dieser Replik noch gar nicht auf das eingehen, was ich eigentlich
sagen wollte. Mir geht es darum, dass diese Ungerechtigkeit beseitigt wird, und
das müssen alle Regierungen in Angriff nehmen – in welcher Form auch immer
eine neue Regierung zusammengesetzt sein wird –, denn das ist eine Frage
der Glaubwürdigkeit der Bevölkerung gegenüber – das ist meine
persönliche Meinung dazu –, und es ist natürlich auch die budgetäre Problematik
zu sehen. – Dazu komme ich ohnehin noch. (Zwischenruf des Bundesrates Gasteiger.)
Dazu, dass Sie
immer dazwischenreden, Herr Gasteiger: Erstens haben Sie natürlich die
Möglichkeit, sich zu Wort zu melden und sich vom Rednerpult aus dazu zu äußern.
Außerdem waren es sehr wohl die Sozialdemokraten – das muss ich in diesem
Zusammenhang schon einmal sagen –, die in fahrlässiger Weise die
demographischen Trends und Entwicklungen, die schon vor zehn, 15 Jahren
absehbar waren, nicht beachtet haben, mit kleinen kosmetischen Veränderungen
die großen Problemfelder zugedeckt haben und dadurch unserer Regierung, der
Regierung, die ab 1999 im Amt war, einen Berg von Problemen hinterlassen haben.
Es ist immer viel schwieriger, eine Systemveränderung dann herbeizuführen, wenn
alles schon vernachlässigt ist und wenn die Zügel einfach schleifen gelassen
wurden. Das haben Sie nämlich getan; leider Gottes muss ich Ihnen das einmal
sagen. (Bundesrat Gasteiger: Sagen Sie das Ihrem Koalitionspartner,
der war 14 Jahre dabei!)
Sie können
wirklich gerne herauskommen, und wir werden dann sehr interessiert Ihrem
Vortrag lauschen, aber jetzt habe ich noch ein paar Argumente vorzubringen.
Wenn
internationale Vergleiche getroffen werden – und Herr Reisenberger hat das
getan –, darf man nicht vergessen, dass man woanders auch vergleichen
muss. In Sachen Eigenpensionsvorsorge hinken wir den anderen europäischen
Ländern schwer hintennach, in Sachen Betriebskassen und Pensionskassensystem
ebenfalls. – All das sind Versäumnisse, die Sie natürlich
mitzuverantworten gehabt haben.
Auch hier (auf
die Reihen der ÖVP-Bundesräte weisend) muss ich einmal hinzeigen: Auch die
ÖVP hat das mitzuverantworten gehabt. Man hat eben manche Dinge in Zeiten, als
dies noch sehr leicht gegangen wäre, nicht getan. Das sage ich schon in aller
Deutlichkeit, denn die Schweiz hat dasselbe Problem schon in den siebziger,
achtziger Jahren erkannt, hat umgestellt, hat Verbesserungen durchgeführt und
hat heute ein gesundes – oder relativ gesundes – Pensionssystem. Wir
hätten das auch schon früher machen können, aber das war eben nicht
opportun – oder es sind immer Wahlen vor der Tür gestanden. Welche Gründe
auch immer im Hintergrund gestanden sind, es waren zumindest keine
staatstragenden und verantwortungsvollen Gründe, die Sie gehabt haben.
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 54 |
Ein nächster
Punkt: die Anrechnungszeiten. Auch das wurde heute schon gesagt: Die Bereitschaft
von jemandem, der in der Privatwirtschaft arbeitet, in den öffentlichen Dienst
zu gehen, ist relativ groß – oder wäre groß, wenn es nicht auch da wieder
Probleme gäbe. Nur eine Anmerkung dazu: Die Anrechnungszeiten sind viel kürzer,
wenn ich von der Privatwirtschaft in den öffentlichen Dienst wechsle, als
wenn ich von irgendeiner anderen Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts,
zum Beispiel von einer Gemeinde, in den Bund übertrete. Solange nicht diese
Hemmnisse endlich einmal aufgebrochen werden, so lange werden wir auch die Pensionsharmonisierung
nicht wirklich zu Stande bringen. Es wird auch Aufgabe der neuen Regierung
sein, diesbezüglich endgültige, strukturbereinigende Lösungen zu finden.
Die
Finanzierbarkeit habe ich bereits angeschnitten. Auch da muss ich wieder sagen:
Wir können uns nicht daran vorbeischwindeln, dass wir in Zukunft
überproportional mehr 60 Jahre alte Menschen haben werden, und – das
ist ebenfalls der demographische Trend – wir werden in diesem Spektrum der
über 60-Jährigen nicht nur gesunde Menschen haben, sondern es wird auch die
Anzahl derer, die schwer behindert sind, die Zahl derer, die sehr schwer pflegebedürftig
sind, steigen. Gott sei Dank wird die Pflege dank einer guten Medizin, dank
medizinischer Technik, die sich weiterentwickelt, möglich sein, aber es wird
natürlich auch die Kostenproblematik immer größer werden.
Es ist heute schon
gesagt worden, dass die Pensionsproblematik nicht von der Arbeitsproblematik
getrennt werden darf. Da gebe ich meinem Kollegen Reisenberger – der jetzt
nicht mehr anwesend ist, den das offenbar nicht mehr interessiert – Recht,
denn ich meine, dass wir vor allem in den Bereichen, in denen wir jetzt
Umstrukturierungen vornehmen wollen, ja müssen, flankierende
Maßnahmen setzen müssten. Das, so meine ich, darf nicht unter den Tisch fallen,
egal welche Regierung diese Dinge in Angriff nehmen wird.
Meines Erachtens muss mehr Gewicht auf die unterschiedliche Belastbarkeit in den verschiedenen Arbeitsbereichen gelegt werden.
Ich meine, wenn
ich als Beamtin in Pension gehe und Kanzleiarbeit gemacht habe, dann habe ich
mich körperlich weniger anstrengen müssen. Vielleicht habe ich
Wirbelsäulenschäden oder Nackenschmerzen und vielleicht auch noch einiges
anderes mehr, aber es ist wahrscheinlich nicht vergleichbar mit der Situation
eines Bauarbeiters, der die ganze Zeit, bei Regen, bei Schnee und bei Hitze,
auf der Baustelle steht. Dieser ist einfach mit 55 Jahren ausgeschunden!
Hier müssen wir ehrlich sein und für diese Menschen Vorsorge treffen. Es
gehören flankierende Maßnahmen her, und ich erwarte das von einer
verantwortungsvollen Regierung! (Beifall
bei den Freiheitlichen.)
Weiters: Ich
gehöre schon zu denen, die eine Lebensplanung haben, und ich vertrete auch die
Menschen, die jetzt 45, 50, 55 Jahre alt sind. Den Menschen, die in
absehbarer Zeit in Pension gehen und bereits eine Lebensplanung gemacht haben,
kann man jetzt nicht eins zu eins neue Pensionsstrukturen auferlegen. Wenn ich
jetzt 58 bin und mir vorgestellt habe, mit 60 in Pension zu gehen, dann kann
keine Regierung sagen: Nein, du musst mit 65 gehen! Da müssen flankierende
Strukturänderungen durchgeführt werden. (Beifall
bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Boden:
Das haben wir ja! – Bundesrat Konecny: Was sagen Sie uns und zu was paschen Sie? Das ist absurd! Sind Sie eine
frei schwebende Fraktion ohne Verbindung zur FPÖ-Politik?)
Herr Fraktionschef
Konecny! Ich weiß
nicht, warum Sie das aufregt. (Bundesrat Konecny: Nein, es amüsiert mich!) – Ja, vielleicht amüsiert Sie die Problematik der Menschen, die
keine Arbeit haben. (Beifall bei den
Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Nein, nein! Sie haben heute gesprochen von ...!) Herr Professor Konecny! Ich weiß, Sie fangen immer dann
zu schreien an, wenn Ihnen irgendein Thema unangenehm ist, aber Sie müssen sich
halt damit abfinden, dass andere Leute auch andere Vorschläge bringen. (Beifall
bei den Freiheitlichen.)
Wichtig ist mir auch, dass diese Arbeitsbeschaffungsprogramme für die älteren Menschen unbedingt auch an Steuererleichterungen geknüpft werden. Das ist schon lange eine freiheitliche Forderung. Wir können es über Transferzahlungen machen, aber die sinnvollere Variante
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ist sicherlich entweder eine Senkung der Lohnnebenkosten
oder Steuererleichterungen für die Betriebe, die einen älteren Menschen
einstellen. Das werden wir machen müssen. Wenn wir es nicht machen, haben wir
die Problematik, dass wir einerseits die Leute dazu verpflichten, länger zu
arbeiten, andererseits aber den Menschen, die keine Arbeit mehr finden, aus
ihrer Lage nicht heraushelfen. Ich bin aber zuversichtlich, dass sich die neue
Regierung, in welcher Konstellation auch immer, dieser Probleme annehmen wird
Ich darf
abschließend wieder auf den Bereich zurückkommen, mit dem ich eigentlich
begonnen habe, und noch einmal meine Bereitschaft und die der Fraktion der
Freiheitlichen erklären, selbstverständlich der Erhöhung des
Ausgleichszulagenrichtsatzes zuzustimmen. Wir sind froh, dass wir die
Möglichkeit haben, den ärmeren Pensionisten das Leben etwas besser zu
gestalten. Es ist noch immer nicht genug des Guten, aber zumindest ist der
erste große Schritt getan. Ich bedanke mich bei der derzeitigen Regierung, dass
sie das in dieser sozialen Weise umgesetzt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen
und der ÖVP.)
12.43
Vizepräsident Jürgen Weiss: Am Wort ist nun Herr Staatssekretär
Dr. Reinhart Waneck. –Bitte schön.
12.44
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und
Generationen Dr. Reinhart Waneck: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes
Haus! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte und -rätinnen! Gestatten Sie mir
vorweg einen Satz – es gehört zwar nicht zum Thema, aber es sind doch
einige diesbezügliche Bemerkungen gefallen –: Ich kann Ihnen als Mitglied
der Bundesregierung und als Arzt versichern, dass in dieser Regierung alle das
Herz am rechten Fleck hatten. Es war auch immer gut durchblutet. Man kann also
weder von kalten Herzen noch von kaltblütig reden. (Beifall bei den
Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Es sind auch
einige Bemerkungen zum Gesundheitssystem gefallen, und Sie werden verstehen,
dass ich mich dadurch angesprochen fühle. Ich halte es für gefährlich, immer
zum passenden Augenblick selektive Wahrnehmungsberichte abzugeben. Wir sind uns
bewusst – ich glaube, alle hier herinnen –, dass wir in Österreich
ein sehr gutes System haben. Wir sind uns auch bewusst, dass nicht ein
Einzelner an diesem System, sowohl was das Gute als auch das Schlechte
betrifft, verantwortlich ist, sondern dass es einer gemeinsamen Anstrengung der
Österreicher bedurfte, und zwar seit dem Zweiten Weltkrieg, dieses
Gesundheitssystem für die österreichische Bevölkerung aufzubauen. Und wir
können mit Recht darauf stolz sein, ohne Eigenlob, weil wir in Europa gut dastehen.
Es kommen viele ausländische Gäste zu uns, die sich unser System anschauen.
Diesbezüglich würde ich also sehr vorsichtig sein.
Wenn in diesem
Zusammenhang immer die USA zitiert werden, wenn es passt, dann muss ich schon
darauf hinweisen, dass dort zum Beispiel Pensionisten oder mittellose Personen
automatisch gratis behandelt werden müssen, wenn keine Versicherung vorliegt,
und dass letztlich die Privatversicherten mit ihren hohen Beiträgen mit dazu
beitragen. Ich rede dem System nicht das Wort, aber man soll immer die Systeme
im Gesamten sehen und nicht einzelne Wahrnehmungen jeweils passend
herausgreifen. Ich verteidige aber damit das USA-System nicht, da es für uns
und für Europa insgesamt ungeeignet ist.
Wie schaut es nun
mit unserem Gesundheitssystem aus? – Es stimmt schon, dass 30 Jahre
eine Partei in diesem Land federführend dafür verantwortlich war, dass sicher
auch einiges in diesem Bereich geleistet wurde, aber Sie wissen es selbst, wenn
Sie Ihr Auto oder Ihr Fahrrad nicht warten, dann kommt es irgendwann einmal zum
Stillstand, und dieser Stillstand hat sich in den letzten zehn Jahren ergeben.
Ich darf nur an das Jahr 2000 erinnern, als der damalige Präsident Sallmutter in der gesetzlichen Krankenversicherung für 2001 einen Abgang in der Höhe von 6,9 Milliarden Schilling – das sind 500 Millionen € – und für 2002 einen Abgang in der Höhe von 9,3 Milliarden Schilling – das sind 700 Millionen € – vorhergesagt hat. Was ist passiert? – Durch unsere Maßnahmen hat
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 56 |
es im Jahre 2001 einen Nullabgang, ein
Nulldefizit gegeben, und auch im Jahr 2002 beträgt dieser Abgang maximal
30 Millionen €.
Das heißt nicht,
dass man ständig weiter daran arbeiten muss, das zeigt aber, dass wir diese
Horrorprognosen Lügen strafen konnten, indem wir unsere Maßnahmen gesetzt
haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)
Ich möchte nur
einen kleinen Teilbereich herausnehmen, an dem wirklich alle mitgearbeitet
haben – ich sage bewusst, alle, sämtliche Gruppierungen und sämtliche
Parteien und Interessenvertretungen –: Bei den Medikamentenkosten gab es
noch im Jahre 1999 eine Steigerungsrate von 12,6 Prozent, also
jenseits der 10 Prozent. Durch die gemeinsamen Maßnahmen ist es gelungen,
diese im Jahre 2001 auf 4,6 Prozent zu senken. Wir liegen auch im
Jahre 2002 bei 6,3 Prozent, bei einem europäischen Schnitt von über
10 Prozent. Und wenn drei Bundesländer – und das sage ich jetzt
bewusst – bei dem Programm von Anfang an voll mitgezogen hätten, so wie
es sechs andere gemacht haben, dann lägen wir heuer bei 5,3 Prozent, aber
immerhin sind es noch 6,3 Prozent. Diese Maßnahmen ermöglichen, dass
dieses gute System weiter funktioniert.
Damit bin ich im
Grunde beim Thema angelangt. Ich glaube, es gehört zu den angenehmen Aufgaben
eines Regierungsmitgliedes, zu einer Gesetzesvorlage sprechen zu dürfen, die
die Einhelligkeit sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat hinter sich hat.
Daher bin ich dafür: Tue Gutes und sprich darüber!, und man sollte keine
künstlichen Gegensätze bei gemeinsamen Beschlüssen aufbauen. (Beifall bei
den Freiheitlichen und der ÖVP.)
Ich darf daher
kurz zusammenfassen: Was birgt diese Erhöhung des Ausgleichszulagenrichtsatzes
für Ehepaare in sich? – Es gibt mehr Geld für Pensionistenehepaare,
nämlich durch eine außertourliche Erhöhung des Ausgleichszulagenrichtsatzes um
7,3 Prozent. Ehrlicherweise muss man dazusagen, dass die 2 Prozent
Pensionserhöhung mit inkludiert sind. Aber es ist die erste außertourliche
Erhöhung seit 1994, und es war schon immer ein Anliegen der freiheitlichen
Politik, diese außertourlichen Erhöhungen vorzunehmen.
Damit ist der
Ausgleichszulagenrichtsatz von 900 auf 965,53 € gestiegen. Er ist auf das
Eineinhalbfache des Ausgleichszulagenrichtsatzes von Alleinstehenden gestiegen.
Er war vorher 1,43-mal höher und ist jetzt 1,5-mal höher, was genau den
Empfehlungen des „Europäischen Haushaltspanels“ in der EU entspricht. Das haben
wir damit zum ersten Mal erreicht.
Es sind nicht nur
die bisherigen 30 000 Personen davon betroffen, sondern auf Grund
dieser Erhöhung kommen zusätzlich 7 000 Personen in den Genuss dieser
Ausgleichszulage. Sie sind folgendermaßen verteilt: 25 000 auf das ASVG,
3 000 auf das GSVG und 9 000 auf das BSVG. Das zeigt, dass die
niederen Pensionen in allen Versicherungsbereichen zu finden sind und nicht nur
auf einer Seite.
Wir wissen, dass
der Ausgleichszulagenrichtsatz nur der Differenz zwischen dem tatsächlichen
Einkommen und dem Richtsatz entspricht. Da möchte ich an die nächste Regierung,
wer immer sie stellt, die Aufforderung richten, sich auch des Richtsatzes
anzunehmen und diesen entsprechend anzuheben, denn dies hilft dann der
gesamten Bevölkerung. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei
den Freiheitlichen und der ÖVP.)
12.50
Vizepräsident
Jürgen Weiss: Als Nächster zu Wort gemeldet hat
sich Herr Bundesrat Franz Wolfinger. – Bitte.
12.51
Bundesrat
Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter
Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es
wurde vieles schon gesagt, was dieser Gesetzentwurf beinhaltet. Tatsache ist,
dass die Vertreter im österreichischen Seniorenrat mit Bundesobmann Stefan
Knafl an der Spitze den Antrag eingebracht haben, diesen Ausgleichszulagenrichtsatz
überdurchschnittlich zu erhöhen. Das wird jetzt Gesetz.
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 57 |
Ich glaube, es ist
richtig und notwendig, dass diese Maßnahme gesetzt wird. Wenn in Österreich
227 000 Personen eine Ausgleichszulage beziehen, dann ist das meiner
Meinung nach relativ viel.
Ich möchte heute
noch eines einbringen, Herr Staatssekretär, ich habe es hier schon einmal
gesagt: Mir tut immer das Herz weh, wenn diese Mindestpensionisten – und
vielleicht wissen Sie gar nicht, was es heißt, mit einer Ausgleichszulage leben
zu müssen – alle drei Jahre von der Pensionsversicherung einen Bogen
bekommen, auf dem sie angeben müssen, ob sie andere Einkünfte beziehen. Darin
steht auch, dass Einkünfte aus Sparguthaben, das heißt die Zinsen aus
Sparguthaben, bei der Ausgleichszulage angerechnet werden. Ich erlebe es ein-
bis zweimal im Jahr, dass Leute zu uns kommen, die dann x-tausende
Schilling – ich sage es immer noch in Schilling – an die
Pensionsversicherung zurückzahlen müssen. Ob das gerecht ist, das sei
dahingestellt. Viele sparen sich das vom Mund ab und werden dann noch dafür bestraft.
Ich glaube, auch
über diese Dinge sollte man einmal nachdenken. Nachdenken sollte man auch
darüber, ob es bei den Mindestpensionisten nicht einen Freibetrag geben könnte,
was einen Nebenverdienst betrifft. Ich sehe das so: Wenn ein Arbeitsloser
Arbeitslosengeld bezieht, dann sagt man, das ist eine staatliche Leistung, aber
er darf auch einen gewissen Betrag bis zur Geringfügigkeitsgrenze
dazuverdienen und wird nicht gestraft. Viele Pensionisten müssen, möchten
dazuverdienen, dürfen aber nicht, weil sie sonst die Ausgleichszulage
verlieren. Vielleicht könnte man auch darüber einmal nachdenken. (Beifall
bei Bundesräten der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Zu den
Sonderregelungen: Es hat in den letzten Jahren bei den Ausgleichszulagenrichtsatzerhöhungen
laufend Sonderregelungen gegeben. Ich erspare es mir jetzt, im Detail darauf
einzugehen, aber von 1997 an bis heute wurden die Ausgleichszulagenrichtsätze
mehr erhöht, als die normale Pensionsanpassung ausmachte. Dafür ist den
Regierungen, die das Gesetz werden haben lassen, Dank zu sagen.
Ich habe mir die
Mühe gemacht und angeschaut, in welchem Ausmaß die Pensionen in den letzten
Jahren gestiegen sind. Ich habe festgestellt, dass die Pensionen in den letzten
20 Jahren um 71,6 Prozent erhöht wurden und die Richtsätze für die
Ausgleichszulagen um fast 120 Prozent. Ich glaube also, dass da einiges
getan wurde.
Noch einmal: Herr
Staatssekretär! Allen, die diesen Antrag gestellt haben, danke ich im Namen der
vielen Ausgleichszulagenbezieher. Wir werden natürlich diesem Antrag gerne
zustimmen.
Nun noch ein paar
Gedanken über die entstandene Diskussion zum Pflegegeld. Der Vorsitzende der
SPÖ, Alfred Gusenbauer, hat gemeint, dass das derzeitige Pflegegeld-System geändert
werden solle, und vorgeschlagen, dass das Pflegegeld von einer Geldleistung in
eine Sachleistung umgewandelt werden solle. Ich bin der Meinung, dass das
nicht gut wäre. Ich glaube, das wäre ein sozialer Rückschritt. (Beifall bei
der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren! Das Pflegegeld, das 1993 eingeführt wurde, ist ein Meilenstein in der
österreichischen Sozialpolitik. Es waren die Bundesländer Tirol, Vorarlberg und
Oberösterreich, die auf Landesebene ein Landespflegegeld eingeführt haben, und
erst dann hat der Bund mit diesem bundeseinheitlichen Pflegegeld in sieben
Stufen nachgezogen. Meiner Meinung nach war die Einführung richtig, nur die
Stufen, die mit 3 000 S angefangen haben und bis zu über
20 000 S gingen, waren zu hoch angesetzt. Daher konnte man in den
Folgejahren keine Erhöhung des Pflegegeldes durchführen.
Aber zu diesem Vorschlag, das Pflegegeld in eine Sachleistung umzuwandeln, muss ich Ihnen sagen, wir lehnen das ab. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen.) Eine Umwandlung würde erstens bedeuten, dass die Pflegeorganisationen gar nicht in der Lage wären, diese Aufgaben zu erfüllen, zweitens, dass man die Pensionsbezieher, die ein Pflegegeld beziehen, entmündigt. Das wollen wir nicht! Der Pensionist, der Pflegegeld bezieht, muss und
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 58 |
soll mit seinem Geld machen können, was er will, ohne dass es dafür
irgendwelche Vorschriften gibt. Ich glaube, dass derzeit viele Familienangehörige,
die Tochter, die Schwiegertochter oder wer immer, zu Hause die Pflege machen,
weil dafür ein gewisser Ersatz in Form von Pflegegeld bezahlt wird.
Ich glaube, das
ist der richtige Weg, und darf Ihnen sagen, dass wir vom Seniorenbund diese Änderungen
nicht mittragen, sondern sie ablehnen. Aber nachzudenken ist natürlich über
eine Erhöhung des Pflegegeldes, das muss man auch feststellen, denn die Kosten
für Pflegeleistungen haben sich in den letzten Jahren wesentlich erhöht. Das
Pflegegeld wurde seit 1995 nicht erhöht, und daher, glaube ich, ist es Aufgabe
der neuen Regierung, darüber nachzudenken, ob man nicht das Pflegegeld an die
Kosten, die erhöht wurden, angleichen kann. Ich glaube – ich hoffe, dass
ich nicht falsch informiert bin –, dass die entsprechenden Mittel im
Budget schon vorgesehen sind.
Was mich auch sehr
stört, meine Damen und Herren, ist, dass sich bei dieser jährlichen
Pensionsanpassung kein Mensch auskennt. Das ist eine Katastrophe, es kennt sich
niemand aus! Ein Beispiel dazu: Da gibt es einen Entwurf, der folgendermaßen
lautet: Verordnung, mit der der Anpassungsfaktor, die Anpassungsfaktormesszahl,
die Anpassungsrichtwertmesszahl sowie der Wertausgleich festgesetzt
werden. – Kennen Sie sich da aus?
Ich frage mich, ob
man überhaupt eine Kommission braucht, um 0,5 Prozent Pensionserhöhung
festzusetzen. Dazu braucht man keine Pension! (Bundesrat Konecny: Eine Pension schon!) Keine Kommission, Entschuldigung!
Ich glaube, da müssen Änderungen passieren. Die über zwei Millionen
Pensionsbezieher erwarten sich, dass sie sich bei der Pensionserhöhung, die
ihnen jedes Jahr gewährt wird, auskennen. Wertausgleich, prozentuelle
Erhöhung – viele kennen sich damit nicht aus. Das muss transparenter,
verständlicher werden! (Beifall bei Bundesräten der ÖVP, der
Freiheitlichen und der SPÖ.)
Zur laufenden
Diskussion über die Pensionsreform möchte ich nur feststellen, dass sämtliche
Aussagen und Erklärungen von den Experten die Betroffenen nur verunsichern. Die
Leute wissen genau, dass zur Sicherung der Pensionen für die Zukunft Änderungen
kommen müssen. Aber man sollte zuerst die Änderungsvorschläge in den zuständigen
Gremien diskutieren, beraten und dann erst damit in die Öffentlichkeit gehen,
denn jetzt ist es so: Je mehr geredet wird, je mehr geschrieben wird, desto
mehr Leute drängen in die Pension, und das ist, so glaube ich, der falsche Weg.
Ich sage Ihnen:
Die Pensionen, die die Menschen derzeit bekommen, sind doch keine Geschenke
des Staates, sondern ein jeder muss sein Leben lang dafür arbeiten und ein
Leben lang Beiträge zahlen, und er soll auch ein Recht darauf haben zu wissen,
wann er in Pension gehen kann. Und das muss auch für die Zukunft gelten! (Beifall
bei Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen sowie Beifall bei der
SPÖ. – Bundesrat Konecny: Wollen Sie nicht bei uns Platz
nehmen, Herr Bundesrat?)
Ich darf Ihnen
sagen, wir sind bereit, Reformen mitzutragen, aber erst dann, wenn sie ausdiskutiert
sind, damit auch in Zukunft die staatliche Vorsorge, die betriebliche Vorsorge
und die private Vorsorge den Lebensstandard der zukünftigen Pensionsbezieher
absichern. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen
sowie bei Bundesräten der SPÖ.)
13.00
Vizepräsident
Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau
Bundesrätin Roswitha Bachner. Ich erteile ihr das Wort.
13.00
Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Ich kann mich eigentlich dem Großteil von dem, was Kollege Wolfinger hier gesagt hat, anschließen. Meine Wortspende zieht jedoch nicht so sehr auf den vorliegenden Gesetzentwurf ab, denn meine Fraktion hat schon angekündigt, dass sie diesem zustimmen wird, weil sie es richtig findet, dass diese Anpassung des Ausgleichszu-
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 59 |
lagenrichtsatzes stattfindet. Wie notwendig das ist, das haben
meine Vorrednerinnen und Vorredner schon ausführlich dargelegt, sodass ich nicht
mehr darauf eingehen möchte.
Ich möchte mich in
meinem Redebeitrag mehr dem Thema „Pensionen“, das hier in den Debatten schon mit eingeflossen ist,
widmen. Es ist mir als Gewerkschafterin wirklich ein großes Anliegen, dazu
unsere Positionen darzulegen, zumal
wir in der Öffentlichkeit gerne in sehr verkürzter Form als so genannte
Betonierer und als Verhinderer von Reformen dargestellt werden.
Ich sage dazu: Das
mag so scheinen, und es mag in manchen Punkten auch wirklich der Fall sein,
aber man muss auch wissen, warum es in manchen Punkten so ist. Es wurde zum
Beispiel heute hier gesagt, dass die sozialdemokratische
Partei im Bereich der Pensionen immer nur kosmetische Reformen gemacht hat.
Darauf muss ich, wohl wissend, wie es tatsächlich ist, als Sozialdemokratin
antworten: Diese Aussage stimmt teilweise sogar, aber man muss in Erinnerung
rufen, dass da nicht die Sozialdemokratische Partei alleine am Werken war, dass
das nicht die alleinige Kosmetik der Sozialdemokraten war, sondern dass, wie
wir alle wissen – und ich nehme an, dass die Damen und Herren im Bundesrat
ein bisschen die politische Geschichte kennen, sich daran erinnern, dass wir
über 13 Jahre hinweg Koalitionsregierungen hatten –, das auf den
Entscheidungen der damaligen Koalitionsregierungen basierte.
Ich habe sie nie für gut befunden, und ich bin in meinen eigenen Kreisen
bekannt dafür, dass ich auch zu jenen Zeiten, zu welchen die Sozialdemokraten
an der Regierung waren, sehr kritisch mit diesem Thema umgegangen bin und
gegen einzelne Maßnahmen aufgetreten bin, weil viele Maßnahmen, die unter dem
Titel „Reformen“ gemacht wurden, keine wirklichen Reformen waren, sondern in
Wahrheit großteils zum Zwecke der Budgetsanierung durchgeführt wurden. Wir
wissen es doch: Immer wenn das Geld zu wenig wird, dann reden wir über
Pensionen! Aber ich mache der jetzigen Regierung den Vorwurf, dass sie es nicht
besser macht. Sie hat nichts daraus gelernt. (Beifall bei Bundesräten der
SPÖ.)
Wir alle wissen ganz genau, dass auch Herr Finanzminister Grasser, der in
den Medien und in der Öffentlichkeit als ein sehr guter Finanzminister
dargestellt wird und ein sehr beliebter Finanzminister ist, jetzt, um ein
Budget errichten zu können, nach allen möglichen Finanzmitteln sucht. Aber auch
er macht den gleichen Fehler – und alle anderen spielen mit – und
schneidet wieder beim Pensionssystem hinein.
Bis zum Jahre 2006 muss 1 Milliarde € im Pensionsbereich
hereingebracht werden. Das soll dadurch – die Vorschläge liegen
mittlerweile auf dem Tisch und sind öffentlich bekannt gemacht worden –
erfolgen, dass die vorzeitige Alterspension – Frauen: 56,5 Jahre,
Männer: 61,5 Jahre – schrittweise abgeschafft wird, und zwar in sehr
kurzer Zeit, nämlich um zwei Monate pro Quartal. Das heißt, im Jahre 2009
wird es keine vorzeitige Alterspension mehr geben.
Die vorzeitige Alterspension gibt es zurzeit unter zwei Bedingungen.
Erstens: vorzeitige Alterspension wegen langer Erwerbstätigkeit, das heißt,
die Voraussetzung sind lange Versicherungszeiten. Zweitens: Arbeitslosigkeit,
wobei bestimmte Richtlinien erfüllt sein müssen, damit man die vorzeitige
Alterspension in Anspruch nehmen darf.
Das will man nun abschaffen, und zwar wider besseres Wissen, denn es ist
heute kein Geheimnis mehr, dass derzeit bereits 50 Prozent derer, die in
Pension gehen, nicht aus dem Erwerbsleben heraus in Pension gehen, sondern aus
der Arbeitslosigkeit heraus oder aus dem Bezug der Sozialhilfe oder aus
sonstigen Formen heraus.
Wir haben derzeit einen noch nie dagewesenen Höchststand an
Arbeitslosigkeit zu verzeichnen. Im Jänner hatten wir
303 676 Arbeitslose. Es ist auch statistisch bewiesen, dass allein
die überfallsartige Anhebung des Antrittsalters für die vorzeitige
Alterspension um eineinhalb Jahre im Jahr 2000 viele zusätzliche
Arbeitslose bei Frauen und Männern zur Folge gehabt hat.
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 60 |
Deshalb – auch wenn man mich noch so sehr als Betonierer
hinstellt – sage ich immer wieder, und zwar auch zu dem, was jetzt
beabsichtigt ist: Das sind keine Reformen, das sind kurzfristige Maßnahmen, um
die Budgets zu sanieren, um Geld zu bekommen!
Ich verspreche euch, so wahr ich hier heute stehe: Wir werden in
spätestens zwei Jahren wieder darüber diskutieren, weil das keine Reformen
sind, die das System für lange Zeit sichern und die auch für lange Zeit den
Menschen die Sicherheit und die Berechenbarkeit bei ihrer Lebensplanung
garantieren können. (Beifall bei der SPÖ.)
Deshalb appelliere ich an alle politischen Verantwortungsträger: Gehen
wir von diesem kurzfristigen Denken bei dieser so wichtigen Frage weg! Wir
stehen auch dazu, dass es zu einer Harmonisierung der Systeme kommen muss,
aber das muss man – und das hat Kollege Wolfinger auch gesagt –
abgehoben von der Tagespolitik diskutieren. Unsere Idee im ÖGB ist es, dass man
gerade das wichtige Thema der Pensionen aus der tagespolitischen Diskussion ausklammert,
einen Konvent zu diesem Thema macht, bei dem man diese Dinge genau
durchforstet, genau analysiert, die Stärken und die Schwachstellen erforscht,
sich genug Zeit dafür lässt, denn dann, wenn die Lebensplanung berücksichtigt
ist, wird auch jeder Bürger für solche Reformen Verständnis haben und dann
werden sie alle auch mittragen.
Dieses Thema ist so wichtig, dass wir uns die dafür nötige Zeit nehmen
müssen! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)
Womit ich mich absolut nicht anfreunden kann, das ist die unqualifizierte
Diskussion – das hat schon Kollegin Pühringer in ihrer Wortspende
anklingen lassen –, dass man sich immer wieder, wenn es um solche
Diskussionen geht, dazu treiben lässt, dass man sagt: Jetzt gehen wir Gruppen
peitschen! Einmal sind es die Beamten, ein anderes Mal sind es die Eisenbahner,
dann sind es die „bösen“ Gewerkschafter, dann gehen wir auf die Bauern los und
und und.
Das ist, bitte, sinnlos. Die Systeme, wie wir sie jetzt haben, sind unter
ganz bestimmten Voraussetzungen entstanden, dafür hat es Gründe gegeben, und
sie sind so gewachsen. Wenn man heute feststellt, dass auf Grund der
Entwicklungen Ungerechtigkeiten vorhanden sind, dann muss man in Ruhe darüber
diskutieren. Man darf aber nicht nur die Vorteile aus den einzelnen Systemen
herausklauben, sondern man muss die ganze Bandbreite der einzelnen Berufsgruppen
und Beschäftigungsgruppen sehen, denn es gibt in diesen Bereichen auch viele
Nachteile. Dass sich die Menschen dadurch sehr betroffen fühlen, das ist für
mich verständlich. Wir als Verantwortungsträger sollten uns aber dazu nicht
hinreißen lassen. Wir neigen sehr oft dazu – Kollegin Pühringer hat das
sehr richtig gesagt, das hat mir sehr gut getan –, dass wir über etwas
diskutieren, worüber wir gar nicht genügend Bescheid wissen, und davor sollte
man sich in Acht nehmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei
Bundesräten der ÖVP sowie Beifall des Bundesrates Schennach.)
13.08
Vizepräsident
Jürgen Weiss: Als Nächster zu Wort gemeldet ist
Herr Bundesrat Ing. Klamt. Ich erteile es ihm.
13.08
Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Herr
Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren des
Bundesrates! Die Wortspenden meiner beiden Vorredner haben mich dazu bewegt,
hier ans Rednerpult zu treten und zum Thema „Pensionen“ doch einige Worte zu
sagen.
Zunächst zu den
Ausführungen meines Vorredners, Bundesrat Wolfinger: Es ist großartig, dass er
herausgestrichen hat, dass Pensionisten keine Bittsteller sind. Ich glaube,
dass wir in dieser Hinsicht noch viel dazulernen müssen. Diese Menschen haben
Geld eingezahlt und haben einen Rechtsanspruch, eine Pension zu bekommen.
Bei dem Punkt „Arbeitslosengeld“ muss ich ihm widersprechen. – Das Arbeitslosengeld ist eine Versicherungsleistung, und man kann daher das Arbeitslosengeld nicht unbedingt mit der Ausgleichszulage vergleichen. Ich meine, wir müssten bei diesen Dingen einfach sensibler
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 61 |
werden. Jemand, der im Arbeitsverhältnis steht,
zahlt in die Arbeitslosenversicherung ein, und wenn der Versicherungsfall der
Arbeitslosigkeit eintritt, dann bekommt er Arbeitslosengeld. Die
Ausgleichszulage hat sicher eine andere Bedeutung. Damit soll ausgeglichen
werden und sollen soziale Härten verhindert werden. Daher kann man auch auf die
Anrechnung von weiteren Einkünften nicht ganz verzichten. Dass man da vielleicht
das eine oder andere unbürokratischer gestalten kann, das ist die eine Sache,
aber ganz verzichten wird man darauf nicht können, weil es einfach mit einer
Notstandhilfe zu vergleichen ist. – Das sei zu diesem Thema gesagt.
Nun zum
Pensionsthema im Allgemeinen: Das ist wirklich ein sehr heißes Eisen. In diesem
Sinne möchte ich mich der Meinung meiner Vorrednerin, der Bundesrätin Bachner,
anschließen und auch sagen: Vielleicht wäre es wirklich sinnvoll, dieses Thema
aus der Tagespolitik herauszuhalten und sehr sensibel damit umzugehen.
Nächster Punkt:
Anhebung des Pensionsantrittsalters. – Wenn ich mir den Vorschlag der ÖVP,
der in den Zeitungen kolportiert wurde, ansehe, das Pensionsantrittsalter ab
dem Jahre 2004 pro Quartal um zwei Monate anzuheben, dann muss ich schon
sagen: Die Menschen, die im Arbeitsprozess stehen, haben einen Anspruch auf
eine Lebensplanung, und das ist schon ein sehr harter und gravierender Eingriff
in die Lebensplanung.
Es ist, wie
gesagt, ein sehr heißes Eisen, und solche heiße Eisen darf man eben ohne entsprechende
Schutzvorkehrungen nicht angreifen, sonst verbrennt man sich die Finger. Ich
meine das auch in Richtung ÖVP: Wenn man solche Vorschläge bringt, dann muss
man sich die Finger verbrennen. Auch die ÖVP wird sich daran die Finger
verbrennen.
Wichtig ist es,
dass der Generationenvertrag, von dem wir immer sprechen, in Zukunft erhalten
werden kann, und das wird nur dann funktionieren, wenn es auch weiterhin eine
Akzeptanz zwischen den Generationen gibt und wenn es gelingt, die
Ungerechtigkeiten auszuräumen.
Die Fakten, die
wir in den letzten Tagen über die Medien erfahren konnten, sprechen für sich.
Die Pensionsvorsorge für öffentlich Bedienstete und jene für Bedienstete nach
dem ASVG driften ganz fürchterlich auseinander, und da muss etwas getan werden.
Abschließend und
zusammenfassend ist aus meiner Sicht zu sagen: Eine Anhebung des
Pensionsantrittsalters in der von der ÖVP geforderten Form ab dem
Jahre 2004 kann es nicht geben, das ist unrealistisch. Man kann nicht die
Arbeitslosigkeit praktisch statt des Pensionsantritts verwenden. Das ist
sicher nicht die richtige Lösung. Das ist einfach nicht austauschbar.
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Einschnitte in hohe und höhere Pensionen werden, so
wehe es vielen tun wird, im Sinne der Erhaltung des
Generationenvertrages – ich sage es vorsichtig – zumindest in den
nächsten Jahren kommen müssen, sonst wird uns die Jugend und sonst werden uns
die 30- und 35-Jährigen nicht verstehen. Im Endeffekt sind das, wenn ich jetzt
meine Generation hernehme, jene, die dafür Sorge tragen werden, dass unsere
Pensionen bezahlt werden. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und
bei Bundesräten der ÖVP.)
13.15
Vizepräsident
Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht
vor.
Wünscht noch
jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist
geschlossen.
Wird von der
Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der
Fall.
Wir kommen zur Abstimmung.
Ich bitte jene
Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden
Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein
Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 62 |
Der Antrag ist angenommen.
3. Punkt
Wahl eines Vertreters
Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates
Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung: Wahl eines Vertreters
Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates.
Da entgegen dem ursprünglich
zwischen Nationalrat und Bundesrat festgelegten Verteilungsschlüssel für die
Entsendung von Vertretern in die Parlamentarische Versammlung des Europarates
die Nominierung eines weiteren Ersatzmitgliedes dem Bundesrat zukommen soll,
ist sohin diese Nachwahl in das genannte Gremium durchzuführen.
Es liegt mir der Vorschlag
vor, Herrn Bundesrat Wilhelm Grissemann als Ersatzmitglied in die
Parlamentarische Versammlung des Europarates zu wählen.
Ich bitte jene Bundesrätinnen
und Bundesräte, die dem von mir bekannt gegebenen Wahlvorschlag ihre Zustimmung
geben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.
Der Wahlvorschlag ist angenommen.
Herr Bundesrat Wilhelm
Grissemann ist somit als Ersatzmitglied in die Parlamentarische Versammlung
des Europarates gewählt.
Ich wünsche Ihnen bei Ihrer
Tätigkeit viel Erfolg. (Bundesrat Grissemann:
Danke!)
4. Punkt
Wahl der vom Bundesrat zu
entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder des Ständigen gemeinsamen
Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 F-VG
1948
Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung: Wahl der vom Bundesrat
zu entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder des Ständigen gemeinsamen Ausschusses
des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 F-VG 1948.
Der Ausschuss besteht aus
insgesamt 26 Mitgliedern, von denen jeweils 13 vom Bundesrat und 13 vom
Nationalrat zu wählen sind.
Im Sinne der Bestimmungen des
§ 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes entfallen von den vom Bundesrat zu
wählenden 13 Mitgliedern und 13 Ersatzmitgliedern jeweils 6 auf die ÖVP, 5 auf
die SPÖ und 2 auf die FPÖ.
Es liegen mir folgende
Vorschläge vor:
Als Mitglieder von der
Bundesratsfraktion der Österreichischen Volkspartei sind Hans Ager, Ludwig
Bieringer, Ilse Giesinger, Herwig Hösele, Gottfried Kneifel, Johann Ledolter,
als Mitglieder von der
sozialdemokratischen Bundesratsfraktion Karl Boden, Anna Elisabeth Haselbach,
Johanna Schicker, Anna Schlaffer, Ernst Winter,
als Mitglieder von der
freiheitlichen Bundesratsfraktion Engelbert Weilharter, Ing. Gerd Klamt,
als Ersatzmitglieder von der
Bundesratsfraktion der Österreichischen Volkspartei Paul Fasching,
Ing. Franz Gruber, Friedrich Hensler, Helmut Kritzinger, Dr. Vincenz
Liechtenstein, Franz Wolfinger,
Bundesrat | 693. Sitzung / Seite 63 |
als Ersatzmitglieder von der
sozialdemokratischen Bundesratsfraktion Johanna Auer, Theodor Binna, Manfred
Gruber, Günther Molzbichler, Harald Reisenberger und
als Ersatzmitglieder von der
freiheitlichen Bundesratsfraktion Dr. Peter Böhm und Christoph Hagen zu
wählen.
Ich lasse über diese Vorschläge unter einem abstimmen.
Erhebt sich gegen diese
Vorgangsweise ein Einwand? – Das ist nicht der Fall.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Ich bitte jene Bundesrätinnen
und Bundesräte, die der Wahl der genannten Bundesräte zustimmen, um ein
Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.
Der Wahlvorschlag ist angenommen.
Die Tagesordnung ist
erschöpft.
Ich gebe noch bekannt, dass
seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt fünf
Anfragen – 2046/J bis 2050/J – eingebracht wurden.
Die Einberufung der nächsten
Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen.
Nach dem derzeitigen Stand
der Sitzungsplanung des Nationalrates, wonach der 26. und 27. Februar
2003 für Plenarsitzungen in Aussicht genommen sind, ist für die nächste Sitzung
des Bundesrates Donnerstag, der 13. März 2003, vorgesehen.
Die entsprechenden
Ausschusssitzungen wären sohin für Dienstag, den 11. März 2003, zu avisieren
Diese Sitzung ist geschlossen.
Schluss der Sitzung:
13.19 Uhr
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