Stenographisches Protokoll

697. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

 

Montag, 23. Juni 2003

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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697. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Montag, 23. Juni 2003

Dauer der Sitzung

Montag, 23. Juni 2003: 9.06 – 22.54 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000, das Bundes-Sportförderungsgesetz, das Publizistikförderungsgesetz 1984, das KommAustria-Ge­setz, das Privatfernsehgesetz, das Parteiengesetz, das Beamten-Dienstrechtsge­setz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Rich­terdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirt­schaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Bundeslehrer-Lehrverpflich­tungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Teil­pensionsgesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Bundesbahn-Pensions­gesetz, das Bundesbahngesetz 1992, das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Bundesgesetz über die Förderung der Erwachse­nenbildung und des Volksbüchereiwesens aus Bundesmitteln, die Fernmeldegebüh­renordnung, das Rundfunkgebührengesetz, das ÖIAG-Gesetz 2000, das Poststruktur­gesetz, das Bundeshaushaltsgesetz, das Finanzausgleichsgesetz 2001, das Katastro­phenfondsgesetz, das ASFINAG-Gesetz, das Schieneninfrastrukturfinanzierungsge­setz, das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz 1981, das Ausfuhrförderungsge­setz 1981, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Glücksspielgesetz, das Pensionskas­sengesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996, das Bewertungsgesetz 1955, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Investmentfondsgesetz 1993, das Kraftfahr­zeugsteuergesetz 1992, das Straßenbenützungsabgabegesetz, das Normverbrauchs­abgabegesetz, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Erdgasabgabegesetz, das Energie­abgabenvergütungsgesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, die Bundesabgabenord­nung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Zollrechts-Durchführungsge­setz, das Produktpirateriegesetz, das Bundesgesetz über die Bundesrechenzent­rum GmbH, das Zivildienstgesetz 1986, das Gesetz betreffend die Anlegung von Eisenbahnbüchern, die Wirkung der an einer Eisenbahn eingeräumten Hypothekar­rechte und die bücherliche Sicherung der Pfandrechte der Besitzer von Eisenbahn-Prioritätsobligationen (Eisenbahnbuchgesetz), das Handelsgesetzbuch, das Altlasten­sanierungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz, das Bundespflegegeldgesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungs­gesetz, das Rezeptpflichtgesetz, das Tierseuchengesetz, das Tierarzneimittelkontroll-


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gesetz, die Straßenverkehrsordnung 1960, das Innovations- und Technologiefondsge­setz, das Forschungs- und Technologieförderungsgesetz, das Arbeitslosenversiche­rungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarkt­servicegesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Karenzgeldgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Bundesimmobiliengesetz und das Marchfeldschlösser-Gesetz geändert, ein Bundesgesetz über die Leistung eines besonderen Erstattungs­betrages anlässlich der Aufnahme in ein Dienstverhältnis zum Fürstentum Liechten­stein als Richter oder Staatsanwalt, ein Luftfahrtentschädigungsgesetz, ein Bundesge­setz über die Vergütung von Steuern an ausländische Vertretungsbehörden und ihre im diplomatischen und berufskonsularischen Rang stehenden Mitglieder (Internationa­les Steuervergütungsgesetz – IStVG), ein Kohleabgabegesetz; ein Bundesgesetz, mit dem vorübergehende Maßnahmen im Bereich des Strafaufschubs getroffen werden, und ein Bundesgesetz über den Nachkauf von Luftraumüberwachungsflugzeugen erlassen werden sowie das Bundesgesetz über den Beirat für die Statistik des Außen­handels beim Österreichischen Statistischen Zentralamt aufgehoben wird (Budgetbe­gleitgesetz 2003)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, und das Bundesbezügegesetz, BGBl. I Nr. 64/1997, geändert werden

*****

Inhalt

Bundesrat

Ordnungsruf ................................................................................................................. 189

Sitzungsunterbrechungen ...................................................................................  199, 200

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ............................................................................ 7

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................... 7

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Finanzen betreffend Finanzierung des Bundesministers für Finanzen durch die Industriellenvereinigung über den Verein zur Förderung der New Eco­nomy und andere damit im Zusammenhang stehende Sachverhalte, die die poli­tische und rechtliche Verantwortlichkeit des Bundesministers für Finanzen Karl-Heinz Grasser betreffen (2075/J-BR/03) .......................................................................................................................... 104

Begründung: Albrecht Konecny ................................................................................. 105

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser .............................................................. 109

Debatte:

Reinhard Todt ............................................................................................................. 117

Mag. Harald Himmer .................................................................................................. 120

Johann Kraml ............................................................................................................. 123

Engelbert Weilharter .................................................................................................. 125

Stefan Schennach ...................................................................................................... 126


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Hans Ager ................................................................................................................... 128

Klaus Gasteiger .......................................................................................................... 129

Mag. Gerhard Tusek .................................................................................................. 131

Manfred Gruber .......................................................................................................... 132

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. Juni 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000, das Bundes-Sportförde­rungsgesetz, das Publizistikförderungsgesetz 1984, das KommAustria-Gesetz, das Privatfernsehgesetz, das Parteiengesetz, das Beamten-Dienstrechtsge­setz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensi­onsgesetz, das Teilpensionsgesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundesbahngesetz 1992, das Bundesbe­diensteten-Sozialplangesetz, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Bundesge­setz über die Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens aus Bundesmitteln, die Fernmeldegebührenordnung, das Rundfunkgebührenge­setz, das ÖIAG-Gesetz 2000, das Poststrukturgesetz, das Bundeshaushaltsge­setz, das Finanzausgleichsgesetz 2001, das Katastrophenfondsgesetz, das ASFINAG-Gesetz, das Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz, das Ausfuhr­finanzierungsförderungsgesetz 1981, das Ausfuhrförderungsgesetz 1981, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Glücksspielgesetz, das Pensionskassengesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Um­gründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996, das Bewertungsgesetz 1955, das Erb­schafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Investmentfondsgesetz 1993, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, das Straßenbenützungsabgabegesetz, das Normverbrauchsabgabegesetz, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Erdgasabga­begesetz, das Energieabgabenvergütungsgesetz, das Mineralölsteuerge­setz 1995, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisations­gesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Produktpirateriegesetz, das Bundesgesetz über die Bundesrechenzentrum GmbH, das Zivildienstge­setz 1986, das Gesetz betreffend die Anlegung von Eisenbahnbüchern, die Wir­kung der an einer Eisenbahn eingeräumten Hypothekarrechte und die bücherli­che Sicherung der Pfandrechte der Besitzer von Eisenbahn-Prioritätsobligationen (Eisenbahnbuchgesetz), das Handelsgesetzbuch, das Altlastensanierungsge­setz, das Umweltförderungsgesetz, das Bundespflegegeldgesetz, das Behinder­teneinstellungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversiche­rungsgesetz, das Rezeptpflichtgesetz, das Tierseuchengesetz, das Tierarznei­mittelkontrollgesetz, die Straßenverkehrsordnung 1960, das Innovations- und Technologiefondsgesetz, das Forschungs- und Technologieförderungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzie­rungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungs­gesetz, das Karenzgeldgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Bundesim­mobiliengesetz und das Marchfeldschlösser-Gesetz geändert, ein Bundesgesetz über die Leistung eines besonderen Erstattungsbetrages anlässlich der Auf­nahme in ein Dienstverhältnis zum Fürstentum Liechtenstein als Richter oder Staatsanwalt, ein Luftfahrtentschädigungsgesetz, ein Bundesgesetz über die Vergütung von Steuern an ausländische Vertretungsbehörden und ihre im diplo-


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matischen und berufskonsularischen Rang stehenden Mitglieder (Internationales Steuervergütungsgesetz – IStVG), ein Kohleabgabegesetz; ein Bundesgesetz, mit dem vorübergehende Maßnahmen im Bereich des Strafaufschubs getroffen werden, und ein Bundesgesetz über den Nachkauf von Luftraumüberwachungs­flugzeugen erlassen werden sowie das Bundesgesetz über den Beirat für die Statistik des Außenhandels beim Österreichischen Statistischen Zentralamt auf­gehoben wird (Budgetbegleitgesetz 2003) (59 und 111/NR sowie 6788 und 6790/BR d. B.)         ................................................................................................................................. 8

Berichterstatter: Gottfried Kneifel .................................................................................. 9

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. Juni 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, und das Bundesbe­zügegesetz, BGBl. I Nr. 64/1997, geändert werden (132/A und 116/NR sowie 6789 und 6791/BR d. B.) ........................................................ 9

Berichterstatter: Gottfried Kneifel ................................................................................ 10

Redner:

Roswitha Bachner ........................................................................................................ 11

Hans Ager ..................................................................................................................... 15

Dr. Elisabeth Hlavac ..................................................................................................... 16

Ing. Gerd Klamt ...................................................................................................  18, 179

Stefan Schennach ...............................................................................................  22, 184

Vizekanzler Mag. Herbert Haupt ..........................................................................  25, 34

Stefan Schennach (tatsächliche Berichtigung) ............................................................ 33

Roswitha Bachner (tatsächliche Berichtigung) ........................................................... 33

Hans Ager (tatsächliche Berichtigung) ......................................................................... 34

Landeshauptmann Dr. Jörg Haider ........................................................................... 35

Josef Saller ................................................................................................................... 47

Klaus Gasteiger ...................................................................................................  48, 183

Engelbert Weilharter .................................................................................................... 53

Johanna Schicker ......................................................................................................... 56

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat ...................................................................... 59

Staatssekretär Dr. Alfred Finz ...........................................................................  62, 151

Christine Fröhlich ........................................................................................................ 63

Elisabeth Kerschbaum ................................................................................................ 64

Dr. Renate Kanovsky-Wintermann ............................................................................ 67

Albrecht Konecny ...............................................................................................  71, 177

Ilse Giesinger .......................................................................................................  78, 164

Johann Kraml ............................................................................................................... 80

Mag. John Gudenus ..................................................................................................... 81

Johanna Auer ............................................................................................................... 85

Mag. Harald Himmer .................................................................................................... 87

Gottfried Kneifel (tatsächliche Berichtigung) ............................................................... 89

Ernst Winter .................................................................................................................. 90

Christoph Hagen .......................................................................................................... 92

Anna Schlaffer .............................................................................................................. 93

Ludwig Bieringer .................................................................................................  95, 182

Johanna Schicker (tatsächliche Berichtigung) ............................................................ 98

Theodor Binna .............................................................................................................. 98

Jürgen Weiss .....................................................................................................  101, 173

Karl Boden .................................................................................................................. 103

Leopold Steinbichler (tatsächliche Berichtigung) ..................................................... 135

Dr. Franz-Eduard Kühnel .......................................................................................... 136

Günther Kaltenbacher ............................................................................................... 138

Manfred Gruber .................................................................................................  139, 187


Bundesrat
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697. Sitzung / Seite 5

Helmut Kritzinger ..............................................................................................  142, 160

Harald Reisenberger .................................................................................................. 142

Sonja Zwazl ................................................................................................................. 149

Harald Reisenberger (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 150

Reinhard Todt ............................................................................................................. 158

Werner Stadler ............................................................................................................ 161

Mag. Gerhard Tusek (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 163

Günther Molzbichler .................................................................................................. 164

Adelheid Ebner ........................................................................................................... 167

Johann Giefing ........................................................................................................... 170

Ulrike Haunschmid .................................................................................................... 175

Karl Bader ................................................................................................................... 180

Mag. Gerhard Tusek .................................................................................................. 185

Ludwig Bieringer (tatsächliche Berichtigung) ........................................................... 189

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 189

Hedda Kainz ................................................................................................................ 191

Dr. Robert Aspöck ..................................................................................................... 192

Dr. Andreas Schnider ................................................................................................ 194

Dr. Peter Böhm ........................................................................................................... 196

Antrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen, gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates betreffend das Budgetbegleitge­setz 2003 (59 und 111/NR sowie 6788 und 6790/BR d. B.) gemäß §§ 20 Abs. 2 und 43 GO-BR einen Einspruch zu erheben – Ablehnung (namentliche Abstim­mung)       77, 199

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung .................................... 199

Ablehnung des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 1, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bun­desrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben (namentliche Abstimmung) ............................................................................ 200

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung .................................... 200

Entschließungsantrag der Bundesräte Ludwig Bieringer, Dr. Peter Böhm, Kolleginnen und Kollegen betreffend einheitliches Pensionsrecht für alle Er­werbstätigen (Harmonisierung) – Annahme (E 186)     182, 200

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 2, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 200

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesräte

Reinhard Todt, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Hochwasserschäden 2002 (2074/J-BR/03)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzierung des Bundesministers für Finanzen durch die Industriellenver­einigung über den Verein zur Förderung der New Economy und andere damit im Zu­sammenhang stehende Sachverhalte, die die politische und rechtliche Verantwortlich­keit des Bundesministers für Finanzen Karl-Heinz Grasser betreffen (2075/J-BR/03)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung betreffend Kasernen-Standorte und Kasernen-Verkäufe (2076/J-BR/03)


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Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen (1893/AB-BR/03 zu 2061/J-BR/03)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen (1894/AB-BR/03 zu 2058/J-BR/03)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Christoph Hagen, Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen (1895/AB-BR/03 zu 2059/J-BR/03)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Bundesräte Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (1896/AB-BR/03 zu 2062/J-BR/03)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Bundesräte Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (1897/AB-BR/03 zu 2064/J-BR/03)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Bundesräte Harald Reisenberger, Kolleginnen und Kollegen (1898/AB-BR/03 zu 2067/J-BR/03)

 



Bundesrat
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Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

 


Präsident Herwig Hösele: Ich eröffne die 697. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 696. Sitzung des Bundesrates vom 15. Mai 2003 ist aufge­legen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Kein Mitglied des Bundesrates hat sich krank gemeldet; kein Mitglied des Bundesrates hat sich entschuldigt. (Bundesrat Konecny: Aber geh!)

Ich begrüße alle anwesenden Mitglieder des Bundesrates. Herzlich begrüße ich die an­wesenden Mitglieder der Bundesregierung, Frau Bundesministerin Rauch-Kallat, Herrn Staatssekretär Morak, Herrn Staatssekretär Waneck, Herrn Staatssekretär Finz und Herrn Bundesminister Platter, der soeben eingetroffen ist.

Unsere heutige Sitzung erfreut sich, wie Sie sehen, erhöhten öffentlichen Interesses. Ich begrüße daher sehr herzlich alle Besucherinnen und Besucher, insbesondere die Vertreter der Medien.

Einlauf und Zuweisungen

 

 


Präsident Herwig Hösele: Eingelangt sind zwei Beschlüsse des Nationalrates vom 18. Juni 2003 betreffend ein Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2003, Bundesfinanzgesetz 2003 samt Anlagen, und ein Bundes­gesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2004, Bundes­finanzgesetz 2004.

Gemäß Art. 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz unterliegen diese Beschlüsse nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates.

Eine weitere geschäftsordnungsmäßige Behandlung der vorliegenden Beschlüsse durch den Bundesrat ist daher nicht vorgesehen.

Eingelangt sind auch Anfragebeantwortungen, 1893/AB bis 1898/AB, die den Anfrage­stellern übermittelt wurden.

Die Anfragebeantwortungen wurden vervielfältigt und sind bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen.

In diesem Zusammenhang verweise ich auf die im Saal verteilte Liste der eingelangten Anfragebeantwortungen.

Ich begrüße Herrn Vizekanzler und Sozialminister Mag. Haupt.

Eingelangt sind jene beiden Beschlüsse des Nationalrates vom 11. Juni 2003, die Ge­genstand der Tagesordnung der 697. Sitzung sind, sowie zwei weitere Beschlüsse des Nationalrates vom 18. Juni 2003, die Gegenstand einer weiteren, im Anschluss an diese Sitzung stattfindenden 698. Sitzung des Bundesrates sein werden.

Ich habe diese Beschlüsse den zuständigen Ausschüssen zur Vorberatung zugewie­sen.

Der Finanzausschuss hat seine Vorberatungen über die Beschlüsse des Nationalrates vom 11. Juni 2003 abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Ich habe daher diese beiden Beschlüsse vom 11. Juni 2003 auf die Tagesordnung der heutigen 697. Sitzung gestellt.


Bundesrat
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Behandlung der Tagesordnung

 

 


Präsident Herwig Hösele: Es ist beabsichtigt, die Debatte über die Punkte 1 und 2 unter einem zu führen.

Werden dagegen Einwendungen erhoben? – Dies ist nicht der Fall.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 

 


Präsident Herwig Hösele: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich be­kannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Professor Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzierung des Bundesministers für Finanzen durch die Industriellenvereinigung über den Verein zur Förderung der New Economy und andere damit im Zusammenhang stehende Sach­verhalte, die die politische und rechtliche Verantwortlichkeit des Bundesministers für Finanzen Karl-Heinz Grasser betreffen, an den Herrn Bundesminister für Finanzen vorliegt.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.

1. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 11. Juni 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000, das Bundes-Sportförderungsgesetz, das Publizistikförderungsgesetz 1984, das KommAustria-Gesetz, das Privatfernseh­gesetz, das Parteiengesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehalts­gesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Lan­deslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Teilpensions­gesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Bundesbahn-Pensionsge­setz, das Bundesbahngesetz 1992, das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Bundesgesetz über die Förderung der Er­wachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens aus Bundesmitteln, die Fern­meldegebührenordnung, das Rundfunkgebührengesetz, das ÖIAG-Gesetz 2000, das Poststrukturgesetz, das Bundeshaushaltsgesetz, das Finanzausgleichsge­setz 2001, das Katastrophenfondsgesetz, das ASFINAG-Gesetz, das Schienen­infrastrukturfinanzierungsgesetz, das Ausfuhrfinanzierungsförderungsge­setz 1981, das Ausfuhrförderungsgesetz 1981, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Glücksspielgesetz, das Pensionskassengesetz, das Einkommensteuerge­setz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfenge­setz 1996, das Bewertungsgesetz 1955, das Erbschafts- und Schenkungssteuer­gesetz 1955, das Investmentfondsgesetz 1993, das Kraftfahrzeugsteuerge­setz 1992, das Straßenbenützungsabgabegesetz, das Normverbrauchsabgabege­setz, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Erdgasabgabegesetz, das Energieab­gabenvergütungsgesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, die Bundesabgaben­ordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Zollrechts-Durch­führungsgesetz, das Produktpirateriegesetz, das Bundesgesetz über die Bundes-


Bundesrat
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rechenzentrum GmbH, das Zivildienstgesetz 1986, das Gesetz betreffend die Anlegung von Eisenbahnbüchern, die Wirkung der an einer Eisenbahn einge­räumten Hypothekarrechte und die bücherliche Sicherung der Pfandrechte der Besitzer von Eisenbahn-Prioritätsobligationen (Eisenbahnbuchgesetz), das Han­delsgesetzbuch, das Altlastensanierungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz, das Bundespflegegeldgesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Familien­lastenausgleichsgesetz 1967, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Rezeptpflichtgesetz, das Tierseuchengesetz, das Tierarzneimittelkontrollgesetz, die Straßenverkehrs­ordnung 1960, das Innovations- und Technologiefondsgesetz, das Forschungs- und Technologieförderungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Karenzgeldgesetz, das Arbeitsver­fassungsgesetz, das Bundesimmobiliengesetz und das Marchfeldschlösser-Ge­setz geändert, ein Bundesgesetz über die Leistung eines besonderen Erstat­tungsbetrages anlässlich der Aufnahme in ein Dienstverhältnis zum Fürstentum Liechtenstein als Richter oder Staatsanwalt, ein Luftfahrtentschädigungsgesetz, ein Bundesgesetz über die Vergütung von Steuern an ausländische Vertretungs­behörden und ihre im diplomatischen und berufskonsularischen Rang stehen­den Mitglieder (Internationales Steuervergütungsgesetz – IStVG), ein Kohleab­gabegesetz; ein Bundesgesetz, mit dem vorübergehende Maßnahmen im Bereich des Strafaufschubs getroffen werden, und ein Bundesgesetz über den Nachkauf von Luftraumüberwachungsflugzeugen erlassen werden sowie das Bundesge­setz über den Beirat für die Statistik des Außenhandels beim Österreichischen Statistischen Zentralamt aufgehoben wird (Budgetbegleitgesetz 2003) (59 und 111/NR sowie 6788 und 6790/BR der Beilagen)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 11. Juni 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, und das Bundesbezügegesetz, BGBl. I Nr. 64/1997, geändert werden (132/A und 116/NR sowie 6789 und 6791/BR der Beilagen)

 


Präsident Herwig Hösele: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zu den Punkten 1 und 2, über welche die Debatte unter einem geführt wird.

Es sind dies die Beschlüsse des Nationalrates vom 11. Juni 2003 betreffend Budgetbe­gleitgesetz 2003 und ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972 und das Bundesbezügegesetz, BGBl. I Nr. 64/1997, geändert werden.

Die Berichterstattung über die Punkte 1 und 2 hat Herr Bundesrat Kneifel übernom­men. Ich bitte um die Berichterstattung.

 


Berichterstatter Gottfried Kneifel: Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine verehrten Minister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Ich darf Ihnen den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Juni 2003 betreffend Budgetbegleitgesetz 2003 zur Kenntnis bringen.

Der Kurs der Budgetkonsolidierung, wie er im Regierungsprogramm vorgezeichnet ist, erfordert budgetwirksame Änderungen einer Anzahl von Bundesgesetzen. Zur Siche­rung der Pensionen weit über den Zeitraum einer Legislaturperiode hinaus ist es erfor­derlich, entsprechende Anpassungen im System der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften vorzunehmen.


Bundesrat
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Dies soll durch die Änderung verschiedener Bundesgesetze mit den Schwerpunkten der Verminderung von Ausgaben und der Erzielung von Mehreinnahmen unter Be­dachtnahme auf die Ziele der Steuergerechtigkeit und der sozialen Treffsicherheit erzielt werden.

Art. 19 Z. 1, Art. 32, Art. 33, Haftungsübernahmen des Bundes, sowie Art. 89, Verfü­gungen über Bundesvermögen, des gegenständlichen Beschlusses unterliegen gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Einspruchsrecht des Bundesrates.

Ein von den Bundesräten Professor Konecny, Kolleginnen und Kollegen eingebrachter Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Ein­spruchsrecht des Bundesrates unterliegt – begründeten Einspruch zu erheben, fand in namentlicher Abstimmung keine Mehrheit.

Der Antrag, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, wurde in namentlicher Abstimmung mit Stimmenmehrheit angenommen.

Der Finanzausschuss stellt somit nach Beratung der Vorlage am 17. Juni mit Stimmen­mehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erhe­ben.

Herr Präsident! Das war der erste Bericht.

 


Präsident Herwig Hösele: Ich bitte den Herrn Berichterstatter um den zweiten Bericht.

 


Berichterstatter Gottfried Kneifel: Ich darf Ihnen, da die beiden Verhandlungsgegen­stände unter einem abgehandelt werden, gleich den zweiten Bericht des Finanzaus­schusses zur Kenntnis bringen, und zwar über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Juni 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz geändert wird.

Der gegenständliche Beschluss des Nationalrates beinhaltet im Sinne der von der Bun­desregierung am 29. April 2003 beschlossenen Punktation, wonach im Gleichklang mit der Pensionsreform 2003 eine Reform des Bezügerechts der politischen Funktions­träger erfolgen soll, im Einzelnen insbesondere folgende Maßnahmen:

1. Anhebung des Pensionsantrittsalters derart, dass eine gestaffelte Anhebung des Pensionsantrittsalters auf 65 Jahre analog zum ASVG erfolgt. Ab dem Jahr 2017 kann – abgesehen vom Fall der Funktionsunfähigkeit – kein Betroffener mehr vor der Erreichung des 65. Lebensjahres in Pension gehen.

2. Einführung eines Abschlages in der Höhe von 4,2 Prozent p.a. (pro Monat 0,35 Pro­zent), maximal 10 Prozent, bei Inanspruchnahme einer Pension vor dem Regelpen­sionsalter von 65 Jahren.

3. Anhebung des Abschlagsprozentsatzes bei vorzeitigem Pensionsantritt wegen Funk­tionsunfähigkeit auf 4,2 Prozent p.a.

4. Erhöhung des Pensionssicherungsbeitrages:

a) Für Ruhebezüge bis zur Höchstbeitragsgrundlage nach dem ASVG beträgt der Pen­sionssicherungsbeitrag künftig insgesamt 8 Prozentpunkte.

b) Für die die Höchstbeitragsgrundlage nach dem ASVG übersteigenden Ruhebezüge beträgt der Pensionssicherungsbeitrag künftig insgesamt 15 Prozentpunkte.

5. Ausschluss der Möglichkeit einer doppelten Berücksichtigung von Zeiten der Funk­tionsausübung als Parlamentarier und als Oberstes Organ. Dem Funktionsträger soll ein Wahlrecht offen stehen, für welchen bezügerechtlichen Anspruch derartige Zeiten berücksichtigt werden sollen. Die Neubemessung des Ruhebezuges nach dem Aus-


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scheiden aus seiner Funktion als Mandatar erfolgt nur mehr über Antrag und die Höhe der neu zu bemessenden Pension richtet sich nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der Neubemessung. Das bedeutet, dass bei der Neubemessung die vorgeschlagenen Abschläge von 4,2 Prozent p.a. zum Tragen kommen, sofern die Neubemessung nicht erst mit dem 65. Lebensjahr erfolgt.

6. Beim Zusammenfall von Pensions- und Aktivbezug nach den Bezügegesetzen wird nur der Pensionsbezug ausbezahlt. Übersteigt der Aktivbezug die Höhe des Pensions­bezuges beziehungsweise der Pensionsbezüge, wird der Aktivbezug in Höhe der Diffe­renz ausbezahlt. Ziel dieser Regelung ist es, einen Gesamtbezug in der Höhe des Aktivbezuges zu gewährleisten. Eingriffe in Ruhebezugsregelungen anderer Rechts­träger oder in bereits angefallene Ruhebezüge sind verfassungsrechtlich nicht möglich. Aus diesem Grund stellt die Kürzung oder allenfalls der Entfall des Aktivbezuges auf Bundesebene die einzige einfachgesetzliche Möglichkeit dar, dieses Ziel zu erreichen. Wenn durch die Anwendung des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre ein Anspruch zu streichen oder zu kürzen wäre und sich dadurch ein geringerer Bezug als der Aktivbezug ergibt, ist dieser um diesen Differenzbetrag zu ergänzen.

7. Die Bezugsfortzahlung nach dem Bundesbezügegesetz gebührt nur mehr auf Antrag und in reduzierter Höhe und Bezugsdauer. Darüber hinaus werden auf die Bezugsfort­zahlung auch Einkünfte nach § 2 Abs. 3 Z 5 bis 7 des Einkommensteuergeset­zes 1988, zum Beispiel aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung, ange­rechnet.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juni 2003 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Herr Präsident! Das war nun der zweite Bericht.

 


Präsident Herwig Hösele: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem geführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Bachner. Ich erteile es ihr.

 


9.19

Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Minister! Herr Minister! Die Herren Staatssekretäre! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Wir haben heute das Budgetbegleitgesetz zu beraten und zu beschließen. In dieses Budgetbegleitgesetz ist auch das so genannte Pensionssicherungsgesetz eingebettet. Lassen Sie mich zu diesem Thema ein paar Worte – rückblickend – sagen!

Ausgangspunkt war, dass wir am 29. April dieses Jahres mit einer Regierungsvorlage konfrontiert wurden – ich gehe sicher nur auf einige Punkte ein und nicht auf die kom­plette Regierungsvorlage –, in der Folgendes vorgesehen war: die Abschaffung der vorzeitigen Alterspension bei Arbeitslosigkeit, die Abschaffung der vorzeitigen Alters­pension bei langer Versicherungsdauer, weiters die Senkung des Steigerungsbetrages von 2 Prozent auf 1,78 Prozent, die Anhebung der Abschläge auf 4,2 Prozent, eine Durchrechnung erhöht auf 40 Jahre.

Diese Punkte und viele andere hätten bewirkt, dass es bei den Pensionen zu immen­sen Verschlechterungen kommt, dass es teilweise Abschläge bis zu 40 Prozent gibt. Daraufhin gab es große Proteste in der Bevölkerung, eingeleitet auch durch Aktivitäten, die der Gewerkschaftsbund setzte. Ich darf in Erinnerung rufen, dass am 6. Mai ein so


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genannter Aktionstag durchgeführt wurde, an dem sich 10 000 Betriebe und 500 000 Menschen beteiligt hatten, um auf diese Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen.

In weiterer Folge fand am 13. Mai eine große Demonstration statt. Trotz der Wetter­situation, die am 13. Mai geherrscht hat – ich glaube, alle in diesem Saal wissen es noch, es waren wahrscheinlich die schlimmsten Unwetter der letzten Jahrzehnte –, trotz Hagel und Sturm sind weit über 200 000 Menschen zum Heldenplatz marschiert, über alle Fraktionen hinweg, und haben dort auf diese massive Benachteiligung durch diese Pensionsreform aufmerksam gemacht.

Es kam im Anschluss an diese Großdemonstration, die offensichtlich doch ein wenig Umdenken bei den Regierungsvertretern bewirkt hat, denn vorher war man ja nicht ge­sprächsbereit, durch die Initiative des Herrn Vizekanzlers zu den so genannten Runden Tischen. Es gab einige Runde Tische, wo verhandelt wurde, bei einer Sitzung sogar 15 Stunden lang. Es zeigte sich nur bald auch bei den Runden Tischen, dass die Regierungsvertreter nicht wirklich an den Vorschlägen der Interessenvertretung in­teressiert waren. Der Vorschlag lautete – ich rufe es in Erinnerung –, dass wir uns für die Pensionssicherungsreform mehr Zeit nehmen, keine überfallsartige Geldbeschaf­fungsaktion starten, sondern in Ruhe bis in den Herbst hinein verhandeln, um eine zu­kunftsorientierte, die Lebensplanung der Menschen berücksichtigende und vor allem auch die Harmonisierung aller Systeme beinhaltende Reform auszuarbeiten.

Daran waren aber leider die Regierungsvertreter nicht interessiert, sondern sie blieben nach wie vor bei den kurzfristigen Maßnahmen, die in der Regierungsvorlage enthalten waren. Es kam lediglich zu geringen Abfederungen, aber ansonsten war man nicht bereit, auf die Vorschläge der Interessenvertretung einzugehen.

Es kam dann am 3. Juni zu einem weiteren Streiktag, der von 0 bis 24 Uhr andauerte. An diesem Streiktag hat sich eine Million Menschen beteiligt. Nichtsdestotrotz wurde am 11. Juni im Nationalrat die Vorlage beschlossen. Es gab zwar einige Abänderun­gen, aber diese waren derart marginal, dass nach wie vor die Interessenvertretungen nicht zustimmen konnten. Im Vorfeld dieser Beschlussfassung waren interessante Wortmeldungen aus den Reihen der freiheitlichen Abgeordneten zu hören, die bis zum Schluss die Spannung aufrechterhielten, indem sie immer wieder betonten, auch sie könnten dieser Vorlage nicht zustimmen, weil vor allem die kleineren Pensionsbezieher nicht berücksichtigt sind. Es wurde immer wieder gesagt, dass bei den Pensionen bis zu einer Höhe von 1 000 € noch etwas gemacht werden müsste, und so weiter. Es wurde von „acht Rebellen“ aus Kärnten gesprochen, die es bis zum Schluss offen ließen, ob sie zustimmen werden oder nicht.

Letztendlich haben diese „acht Rebellen“ am 11. Juni sehr wohl ihre Zustimmung ge­geben. Ich werde bei meinen weiteren Ausführungen noch näher darauf eingehen. Von den Abfederungen, was Mindestpensionsbezieher oder was die 1 000-€-Pensionen betrifft, ist bei der Beschlussfassung leider nicht allzu viel übrig geblieben. Der Zeit­raum für die Abschaffung der vorzeitigen Alterspension wurde etwas hinausgezögert: Im Jahre 2017 wird es keine vorzeitige Alterspension mehr geben.

Nichtsdestotrotz wird es die angespannte Situation am Arbeitsmarkt zu diesem Zeit­punkt genauso geben, wie wir sie angekündigt haben. Das heißt, es werden viele Men­schen zwar länger in Arbeit bleiben müssen, diese werden aber trotzdem, wenn sie keine Beschäftigung finden, auf den Arbeitsmarkt strömen, und es wird zusätzliche Arbeitslosigkeit geben.

Wir haben ja Gespräche mit der Wirtschaftskammer geführt, in denen klar wurde, die Unternehmen selbst werden nicht in der Lage sein, in den Betrieben Vorkehrungen in


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so kurzer Zeit zu treffen, dass sie wirklich ältere Arbeitnehmer in Arbeit halten können. Ganz im Gegenteil: Ältere Arbeitnehmer werden auch dann arbeitslos sein.

Es gibt einige Maßnahmen in dem Gesetz, die eine Abmilderung vorsehen, wie bei­spielsweise das Altersübergangsgeld. Leider ist dieses Altersübergangsgeld nur bis zum Jahr 2006 vorgesehen. Nachher gibt es nichts mehr. Die Menschen werden dann umso länger arbeitslos sein, weil eben der mögliche Pensionsantritt weiter nach hinten verschoben wird. Das bedeutet für Frauen, die nach Ablauf der Arbeitslosenbeihilfe keinen Anspruch auf Notstandshilfe haben, weil es ein Partnereinkommen gibt, das angerechnet wird, dass sie dann wiederum vor dem Nichts stehen.

Die Arbeitsmarktmaßnahmen, die in dem Gesetz vorgesehen sind, sind absolut unzu­reichend. Außerdem ist keine budgetäre Deckung vorgesehen. Das heißt, alle Maß­nahmen sind budgetär nicht gedeckt.

Die so genannte und viel besprochene „Hackler-Regelung“, für die sich vor allem Ab­geordneter Walch sehr massiv eingesetzt hat, schaut so aus, dass sie in Wirklichkeit auch auslaufen wird. Menschen, die 40 und 45 Beitragsjahre aufzuweisen haben, werden Verluste zu gewärtigen haben. Wenn ich „Beitragsjahre“ sage, dann sind volle Arbeitsjahre damit gemeint, in denen die Menschen immer gearbeitet haben; es werden lediglich der Präsenzdienst oder die Kindererziehungszeiten eingerechnet, an­sonsten haben die Menschen die ganze Zeit gearbeitet. Das heißt, auch diese Rege­lung wird eines Tages auslaufen. Für all jene, die bis zum Auslaufen dieses vorgese­henen Etappenplanes noch in Pension gehen können, wird es trotzdem 12-prozentige Verluste geben. Das heißt also, auch Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, werden Verluste in Kauf nehmen müssen.

Zu der viel gerühmten Schwerarbeiterregelung. Erstens wird sie – zumindest sieht dies der Gesetzestext so vor – wahrscheinlich erst mit Jänner 2007 in Kraft treten können. Bei der Schwerarbeiterregelung braucht man auch 45 Beitragsjahre. Ich weiß nicht, ob sich in diesem Saal alle vorstellen können, was es für SchwerarbeiterInnen bedeutet, 45 Beitragsjahre zu leisten. Ich glaube, dass wir diesen Personen, die in diese Rege­lung fallen, einzeln die Hand geben können – so wenige werden es sein, die in den Genuss dieser Regelung kommen.

Was von der Regelung für die NiedrigstpensionsbezieherInnen, der so genannten 1 000-€-Regelung, übrig geblieben ist, ist der Härteausgleichsfonds, der nur die nächs­ten drei Jahre finanziell gedeckt ist; man weiß nicht, was danach damit passieren wird. Außerdem wird dieser Härteausgleichsfonds die Menschen zu Bittstellern machen. Das heißt, sie müssen beim Bundessozialamt ansuchen, damit sie ihre niedrige Pension etwas aufgestockt bekommen. Die Pensionskürzungen werden aber für diese Men­schen ein ganzes Leben lang spürbar sein.

Herr Präsident! Ich werde meine freiwillige Redezeitbeschränkung überschreiten. – Danke.

Zum Thema Frauen. Es wurde ja sehr oft beteuert, dass sehr viel für die Frauen ge­macht worden ist. Es wurden zum Beispiel drei Jahre pro Kind aus der Durchrechnung herausgenommen. Durch den 10-prozentigen Deckel kommt es aber dazu, dass genau diese Maßnahme für die meisten Frauen ab dem Jahr 2008 in Wirklichkeit bereits wieder wirkungslos ist.

Die beitragsbegründenden Zeiten wurden von 18 auf 24 Monate erhöht. An und für sich ist das sehr lobenswert, zu begrüßen. Was ich aber sehr wohl bemängle, ist, dass diese Maßnahme nur für jene Frauen gilt, die bereits in den Genuss des Kindergeldes gekommen sind. Das bedeutet, Frauen, die keine Kindergeldbezieherinnen waren, wie


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zum Beispiel auch ich, weil ich meine Tochter im Jahr 1972 geboren habe, werden nicht unter diese Regelung fallen.

Die Bemessungsgrundlage für die Kindererziehungszeiten wird bis zum Endausbau im Jahr 2028 auf die eineinhalbfache Ausgleichszulage erhöht. Wenn wir schon davon reden, dass wir wollen, dass Frauen auch eine eigenständige Alterssicherung haben, dann hätten wir jetzt die Möglichkeit gehabt, Maßnahmen zu setzen, mit denen es schrittweise in diese Richtung geht.

Der Präsenzdienst bei Männern wird nach wie vor besser bemessen. Dieser wird als Ersatzzeit in die Bemessungsgrundlage einfließen, das bedeutet, es wird ein durch­schnittliches Einkommen zur Berechnung herangezogen.

Der 10-prozentige Deckel, der jetzt eingezogen wurde, bedeutet in Wahrheit nach wie vor Verluste von zirka eineinhalb Monatsbezügen pro Jahr. Ich weiß nicht, wie es Ihnen damit geht, aber ich habe mit Menschen zu tun, die im Schnitt nicht allzu viel verdienen und in weiterer Folge auch nicht allzu viel Pension bekommen. Wenn wir diesen Men­schen von ihrem Jahreseinkommen jetzt auch noch eineinhalb Monatsbezüge wegneh­men, dann können wir ihnen gleich das Weihnachtsgeld und das halbe Urlaubsgeld auch wegnehmen, weil es dem in Wirklichkeit gleich kommt.

Das Thema Harmonisierung ist das interessanteste Thema, weil man nicht bereit war, das in einem Gesamtpaket zu verpacken, da man dadurch gleich gesehen hätte, ob es denn wirklich ernst gemeint ist mit der Harmonisierung der Systeme. Es gibt dazu zwar einen Entschließungsantrag, dieser ist aber rechtlich nicht verbindlich.

Wenn man in den Medien die Aussagen von einzelnen Regierungsmitgliedern verfolgt, aber auch von den Experten selbst, die ja im Vorfeld die Berater der Regierung waren und immer großartig betont haben, wie wichtig es sei, dass es zur Harmonisierung der Systeme kommt, dann hört man interessanterweise plötzlich ganz andere Töne. Plötz­lich ist es nicht mehr so wichtig, plötzlich wird auf die einzelnen Bedenken aufmerksam gemacht, plötzlich wird darauf hingewiesen, wie schwierig es ist, die verschiedenen komplexen Systeme zu harmonisieren. – No na! Das haben wir Ihnen im Vorfeld auch schon gesagt, nur leider wollte es ja keiner hören. Ich bezweifle sehr, dass der Wille zu einer wirklichen Harmonisierung vorhanden ist.

Da die Abgeordneten der FPÖ gerade dieses Thema immer sehr in den Vordergrund gestellt haben, sehe ich heute meine letzte Möglichkeit, an die Bundesräte der FPÖ zu appellieren. Wenn die Wortspenden vor der Beschlussfassung im Nationalrat, wenn die Wortspenden in der Vorwoche, was die Beschlussfassung im heutigen Bundesrat be­trifft, nicht eine reine Machtprobe mit dem Koalitionspartner bedeuten sollten, sondern wenn es den Freiheitlichen wirklich darum geht, ihrem Status, den sie sich selbst ge­geben haben, nämlich die Vertreter des „kleinen Mannes“ zu sein, gerecht zu werden, dann haben Sie heute die letzte Möglichkeit, dieser Regierungsvorlage, diesem Geset­zesantrag nicht die Zustimmung zu geben. Ansonsten haben Sie wirklich das Recht verloren, in der Öffentlichkeit zu behaupten, dass Sie für die kleinen Leute da sind. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich appelliere an Sie: Wenn wir heute im Anschluss an diese sicher sehr lang an­dauernde Debatte zur Abstimmung kommen, denken Sie daran, dass Sie jetzt noch die Möglichkeit haben, diese Grausamkeiten und Unausgewogenheiten, die hier vorgese­hen sind, zu verhindern! Stehen wir doch dafür, auch für die junge Generation ein sicheres System zu schaffen, aber seien wir dagegen, dass wir kurzfristigen Geldbe­schaffungsaktionen unsere Zustimmung geben! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

 


9.34


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Präsident Herwig Hösele: Bevor ich Herrn Bundesrat Ager das Wort erteile, begrüße ich den mittlerweile eingetroffenen Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein.

Nunmehr erteile ich Herrn Bundesrat Ager das Wort.

 


9.34

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! Liebe Staatssekretäre! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Hoher Bundesrat! Die Punkte 1 und 2 der heutigen Tagesord­nung sind, wie wir wissen, sehr vielschichtig und werden übergeordnet als Budget­begleitgesetze bezeichnet. Da diese Materie das Parlament und die Menschen in unserem Land schon seit Wochen und Monaten beschäftigt hat, möchte ich mich hier und heute auf das für mich Wesentliche beschränken.

Meine Vorrednerin ist schon auf sehr viele Details eingegangen. Eines, liebe Freunde, ist aber unumstößlich: Die Zahl der Geburten ist rückläufig, die Ausbildung dauert länger, die Österreicher werden – Gott sei Dank – immer älter, und wir liegen bei den Frühpensionen im Spitzenfeld Europas. Deshalb müssen wir die Pensionen der Öster­reicher sichern, und zwar gemeinsam und nachhaltig.

Nur eines sollten Sie nicht mehr tun, liebe Freunde von der Opposition: den Menschen weiterhin vorgaukeln, dass sie sich um nichts zu kümmern brauchen, der Staat sorgt ohnehin für alle.

Noch etwas muss ich Ihnen sagen, werte Abgeordnete von der Opposition: Viele haben diese notwendige und wichtige Diskussion zur Pensionssicherungsreform für andere Zwecke verwendet: die Gewerkschaft für vorgezogene Wahlwerbung, die Opposition hier im Parlament, um von der eigenen Konzeptlosigkeit abzulenken, und so mancher Trittbrettfahrer, der geglaubt hat, für seine Klientel etwas herausschinden zu können. Das ist nicht Politik, wie wir sie uns vorstellen.

In dieser schwierigen Zeit hat diese Bundesregierung mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Vizekanzler Herbert Haupt und allen Ministern Ruhe und Besonnenheit bewahrt, und ich glaube, dass das auch sehr notwendig war, und zwar zum Wohle der Menschen in unserem Land. Diese Menschen sind mit Sicherheit gescheiter, als Sie alle glauben, wenn Sie annehmen, dass sie dieses Spiel nicht durchschaut haben.

Lassen Sie mich zwei Dinge über die Überwachungsflugzeuge sagen. Zum einen denke ich, wer ja sagt, ... (Bundesrat Boden: Du kannst ruhig „Kampfflugzeuge“ sa­gen! Das ist ein Eurofighter!) Ich brauche nicht „Kampfflugzeuge“ zu sagen, das wer­den Sie dann tun, nehme ich einmal an. Aber zum einen möchte ich sagen, wer ja sagt zu einer effizienten ... (Bundesrat Manfred Gruber: Im Namen „Eurofighter“ steckt alles drinnen! Ein Fighter ist kein Beobachter, sondern ein Kämpfer!) – Ja, das werden Sie dann alles ausführlich berichten. Ich möchte das nur streifen und zwei Dinge sagen: Wer zu einer effizienten Landesverteidigung und zu einem effizienten Bundesheer ja sagt, sollte auch ja sagen zu den Überwachungsflugzeugen, denn Landesverteidigung hört ja nicht einen Meter über dem Boden auf. Das ist das eine, was ich Ihnen sagen möchte.

Das Zweite ist eher eine persönliche Geschichte: Der neue Minister Günther Platter ist ein gestandener Tiroler, und der hat in Tirol bis jetzt alles gehalten, was er versprochen hat. Es wird in Wien auch so sein. Also man kann sich auf ihn verlassen. Das wollte ich nur sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Vieles, was heute im Rahmen dieser Budgetbegleitgesetze zur Beschlussfassung an­steht, liebe Freunde, ist ja nicht neu, sondern mehrfach auch mit Rot und Grün in den Koalitionsverhandlungen vor vier Monaten besprochen und verhandelt worden. Dies


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sollten wir auch in diesen Stunden bedenken, bei allen Gegensätzlichkeiten und Kon­flikten, die wir haben. Ich denke, wir sollten gemeinsam zu einer gewissen Normalität in unserer parlamentarischen Arbeit zurückkehren, sollten einige Themen für die Zukunft der Menschen in Österreich außer Streit stellen. Dazu wird das Thema Harmonisierung eine gute Gelegenheit bieten.

Nicht unter den Tisch fallen sollen auch die vielen positiven Dinge in diesen Budgetbe­gleitgesetzen. Ich möchte nur einige nennen, Sie kennen sie alle, nur über diese spre­chen Sie meistens nicht: Bis zu einem Bruttoverdienst von 1 000 € wird künftig keine Steuerleistung mehr zu erbringen sein, die Lohnnebenkosten werden gesenkt, was dem Wirtschaftsstandort Österreich sehr gut tut, und das Recht auf Altersteilzeit wird festgeschrieben und, und, und. – Ich brauche hier nicht alles aufzuzählen, Sie wissen es ganz genau.

Eines möchte ich Ihnen, liebe Bundesräte der Opposition, zum Schluss noch sagen: Themen wie Pensionen, Gesundheit, Sicherheit, Arbeitsmarkt und Ausbildung, also die fundamentalen Dinge im Leben eines Menschen, eignen sich nicht, um Parteipolitik zu machen. Eine schwierige Zeit erfordert außergewöhnliche Menschen in der Politik – wir haben sie. Diese Bundesregierung mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Vize­kanzler Haupt und all den Bundesministern hat bewiesen, dass sie im Stande ist, die Herausforderungen für die Zukunft Österreichs zu meistern.

Liebe Freunde! Dies hat auch der Wähler am 24. November eindrucksvoll honoriert, und ich bin überzeugt davon, er wird dies auch bei jedem beliebigen Wahltermin wie­der tun. (Bundesrat Gasteiger: Vorsicht, Hans Ager!) Da werden Sie sich täuschen, meine Freunde!

Noch etwas möchte ich der Sozialdemokratischen Partei sagen: Sie haben 30 Jahre lang immer wieder Reformen angekündigt (Bundesrat Manfred Gruber: Da waren Sie dabei!), und irgendwann hat Ihnen dann der Wähler die Gefolgschaft aufgekündigt. (Bundesrat Manfred Gruber: Sie waren 17 Jahre dabei!) Sie haben nur noch nicht gemerkt, liebe Freunde, dass dem so ist, und uns kann das nur recht sein. Träumen Sie weiter!

Meine Fraktion wird diesen Gesetzesbeschlüssen gerne zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

9.41

 


Präsident Herwig Hösele: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Dr. Hlavac. Ich erteile es.

 


9.41

Bundesrätin Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Mitglieder des Bun­desrates! Kollege Ager, Sie haben das Gemeinsame angesprochen und gemeint, dass schwierige Reformen gemeinsam angegangen werden müssen. Ich gebe Ihnen Recht, aber leider ist das nicht in dem Ausmaß geschehen, wie es notwendig gewesen wäre, denn hätte der Gewerkschaftsbund nicht gezeigt, wie sehr er die Interessen der Men­schen in diesem Land vertritt, dann hätte es nicht einmal diese „Runden Tische“ gege­ben, bei denen leider, wie auch Kollegin Bachner schon ausgeführt hat, die Ergebnisse nicht sehr zufrieden stellend gewesen sind. Man muss gemeinsam vorgehen, das ist richtig, aber leider ist das nicht geschehen.

Eine Bemerkung zu den alten Geschichten: Sie erwähnten, dass die SPÖ 30 Jahre lang die Regierung gestellt hat, wir alle aber wissen, dass die SPÖ nicht alleine war, 17 Jahre lang war auch die ÖVP beteiligt. Ich weiß nicht, was diese Kindesweglegung


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soll, die Politik ist lange Zeit gemeinsam gemacht worden, und Sie können sich jetzt nicht davon verabschieden. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber ich möchte mich jetzt auf die Fragen des Gesundheitssystems konzentrieren, da das ein Bereich ist, der die Menschen in unserem Land sehr beschäftigt und der Sorge auslöst. Die Reformen lösen Sorge bei den Menschen aus. Wir wissen, dass die Öster­reicherinnen und Österreicher mit dem Gesundheitssystem im Großen und Ganzen zufrieden sind, dass bei allen Bewertungen gute Noten vergeben werden, und wir wissen auch, dass die Menschen bereit sind, für die Erhaltung dieses Gesundheits­systems etwas auszugeben.

Zugleich wissen wir auch, dass unser Gesundheitssystem nicht zu den teuersten ge­hört. Im Gegenteil: Es wurde immer auf sehr vernünftige Weise eine Relation zwischen den Mitteln, die eingesetzt wurden, und dem Ergebnis hergestellt. Ich möchte nur er­wähnen, dass die USA 13 Prozent des BIP dafür einsetzen, Deutschland 10,6 Prozent, wobei dort Reformen gemacht worden sind, die sich für die Menschen leider nicht sehr positiv auswirken. In Österreich sind es 8 Prozent, wir haben also immer eine gute Politik im Bereich der Gesundheit gemacht – und das gemeinsam.

Jetzt aber werden Maßnahmen gesetzt, die wir nicht unterstützen können. Es ist richtig, dass Anpassungen notwendig sind. Die Menschen leben länger, die Wissen­schaft ist weiter gekommen, es ist heute möglich, Krankheiten zu behandeln, die man früher nicht behandeln konnte, und das kostet natürlich Geld. Daher muss überlegt werden, woher dieses Geld tatsächlich kommen soll, wie dieses System finanziert wird und wo es Reformen und Einsparungen geben kann.

Wir sind durchaus bereit, darüber zu sprechen, denn es ist klar, dass man nicht sagen kann, es soll alles so weitergehen, sondern es muss gezielt auf die Veränderungen eingegangen werden.

Wir begrüßen es, dass die Ambulanzgebühren jetzt wieder abgeschafft werden, denn das war eine Maßnahme, die zweifellos nicht das Ziel erreicht hat. Wir alle erinnern uns daran, dass die Versuche, diese nicht sehr gelungene Maßnahme zu retten, dazu geführt haben, dass ein enormer bürokratischer Aufwand entstanden ist, dass Men­schen mit allen möglichen Tricks versucht haben, als Akutfälle ins Spital zu kommen, damit sie nicht zahlen müssen. Das war also eine sehr unglückliche Maßnahme, und daher sind wir froh, dass sie jetzt wieder zurückgenommen wird. Allerdings wird sie jetzt durch Selbstbehalte mehr als ersetzt.

Ich weiß, dass es in manchen Bereichen schon Selbstbehalte gibt. Bei den Beamten hat es immer schon Selbstbehalte gegeben. Bei den Bauern hat sich eigentlich ge­zeigt, dass das keine sehr gute Maßnahme ist, weil die Gesundheitsversorgung in der ländlichen Bevölkerung oft nicht jener in der Stadt entspricht.

Was mich aber besonders betroffen macht, ist, dass diese Selbstbehalte erst recht wieder die ärmeren Schichten in der Bevölkerung treffen werden. Ich weiß, dass das noch nicht so genau ausformuliert ist – das ist übrigens auch ein Punkt, der zu kritisie­ren ist –, aber es ist eindeutig so – und das ist eine Schwäche in unserem sehr guten Gesundheitssystem –, dass Menschen, die ärmer sind, die eine geringere Bildung haben, auch früher sterben. Dazu gibt es leider exakte Daten, und das ist etwas, was uns wirklich Sorge machen sollte.

Es ist nicht nur so, dass diese Menschen früher sterben, sondern sie sind auch länger Pflegefälle, sie leiden vermehrt an bestimmten Krankheiten. Zum Beispiel trifft die so genannte Managerkrankheit, Bluthochdruck und erhöhtes Infarktrisiko, die Manager in Wirklichkeit in einem geringeren Ausmaß als Arme, weil diese ... (Heiterkeit bei Bun-


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desräten der ÖVP.) – Ich weiß nicht, was Sie daran so komisch finden, aber vielleicht unterhalten Sie sich gerade über etwas anderes.

Es ist bekannt, dass bei den ärmeren Bevölkerungsschichten die Fälle von Bluthoch­druck und Infarktrisiko wesentlich öfter auftreten, nämlich dreimal so oft als bei den so genannten Managern. Das ist eine sehr bedauerliche Tatsache. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht noch weiter: Säuglingssterblichkeit, Atemwegserkrankungen, also von dieser ganzen Palette an Krankheiten, die mit dem Lebensstil und vor allem mit den Lebens­bedingungen zusammenhängen, sind die Armen stärker betroffen.

Daher bedarf es in Wirklichkeit einer ganzen Reihe von Maßnahmen, um dieses Ungleichgewicht zu beseitigen, und zwar nicht nur im Gesundheitswesen, sondern auch im Bereich der Arbeitswelt, wo der Stress, die Sorge um den Arbeitsplatz und schlechte Arbeitsbedingungen eine Rolle spielen.

Ich bin im Übrigen in diesem Zusammenhang sehr froh darüber, dass die nicht sehr gelungene Idee des Herrn Justizministers, mit strafrechtlichen Maßnahmen gegen Kranke vorzugehen, in der Versenkung verschwunden ist. Ich sehe, dass man inzwi­schen verstanden hat, dass es nicht der Weg sein kann, Menschen, die sowieso schon unter starkem Stress und Druck stehen, noch weiter zu belasten.

Aus all diesen Gründen, die ich jetzt genannt habe, sind neue Selbstbehalte abzuleh­nen, und es ist auch die Form abzulehnen, in der Sie diese einführen wollen, indem es nämlich den Krankenversicherungsträgern überlassen bleibt, in welcher Form sie das tun. Das ist ein Abschieben auf die Sozialversicherung, das ist ein Abschieben, das wirklich nicht sinnvoll ist. Da wird der Schwarze Peter an die Krankenversicherungs­träger weiter gegeben, und das halten wir nicht für korrekt.

Wir sehen daher in den Maßnahmen, die Sie setzen, keine nachhaltige Reform, keine Reform, die das Gesundheitssystem, unser gutes Gesundheitssystem, verbessert oder längerfristig sichert, sondern es sind nur Geldbeschaffungsmaßnahmen für das Bud­get: Es wird Geld aus diesem Bereich in das Budget transferiert. Auch dass die Tabak­steuer für das Gesundheitswesen nicht mehr zweckgebunden sein soll, halten wir für verfehlt.

Zum Schluss kommend: Diese Reform bringt keine Verbesserungen, im Gegenteil, sie ist eine reine Geldbeschaffungsaktion. Sie wird die Ungleichheiten zwischen Arm und Reich noch weiter vergrößern. Und das ist ein neoliberaler Weg, von dem wir meinen, dass er nicht gegangen werden darf.

Ich möchte daher an die Kolleginnen und Kollegen, die Bedenken gegen dieses Maß­nahmenpaket geäußert haben, noch einmal appellieren, sich zu überlegen, ob sie nicht doch den mutigen Schritt setzen und mit uns gemeinsam gegen diesen Entwurf, gegen diesen Beschluss des Nationalrates stimmen wollen. Es handelt sich, wie gesagt, um einen neoliberalen Weg, der zu einer Verschärfung der Unterschiede in der Gesell­schaft statt zu einer Verminderung führt, und diesen Schritt werden wir nicht mitgehen. (Beifall der SPÖ.)

9.52

 


Präsident Herwig Hösele: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Klamt. Ich erteile es ihm.

 


9.52

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Bundesrates! Im Zuge des Tagesordnungspunktes 1 betreffend das Bud-


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getbegleitgesetz 2003 befassen wir uns mit vielen gesetzlichen Bestimmungen und mit einer Vielzahl von Änderungen gesetzlicher Bestimmungen.

Das Interesse der Öffentlichkeit hat sich im Wesentlichen auf das Bundesgesetz über den Nachkauf von Luftraumüberwachungsflugzeugen und auf jene Bestimmungen kon­zentriert, die mit dem Thema Pensionsreform in Verbindung stehen. (Bundesrat Gas­teiger: Kampfjets! – Bundesrat Manfred Gruber: Kampfflugzeuge!)

Lassen Sie mich vorweg festhalten, dass die Österreicherinnen und Österreicher aus meiner Sicht genug davon haben, dass zunächst durchschaubare Vorgänge bewusst oder unbewusst derart verkompliziert werden, dass die letztendlich getroffenen Ent­scheidungen kaum mehr nachvollziehbar sind. Der Kauf der Abfangjäger ist in diesem Sinne ein Musterbeispiel dafür.

Klar ist, dass der österreichische Luftraum überwacht werden muss. Klar ist auch, dass die derzeit eingesetzten Flugzeuge in die Jahre gekommen sind und ersetzt werden müssen. Richtig ist auch, dass der Verteidigungsminister aufgrund seiner Verpflichtung gegenüber den Steuerzahlern für die günstigste und effizienteste Variante eintreten muss.

Man muss aber aus meiner Sicht Vergleichbares gegenüberstellen, denn nur dann kann eine Nutzwertanalyse – und eine solche wurde angewendet – zur Auswahl dien­lich sein. Geht es darum, den Draken zu ersetzen, kommen sicherlich neue, aber auch gebrauchte Maschinen bewährter Bauart infrage. In weiterer Folge können dann Preis, Flugeigenschaften, Ersatzteilversorgung, Pilotenausbildung und so weiter methodisch verglichen werden, wodurch im Regelfall eine objektive Auswahl erfolgen kann.

Gripen, F 16 und auch die MIG sind bewährte Modelle, die aus meiner Sicht vergleich­bar sind. Anders ist die Situation beim Eurofighter: Dieses komplexe Fluggerät tritt allenfalls mit der amerikanischen F 22 in Konkurrenz, gehört einer neuen Flugzeug­generation an und kann als europäisches Zukunftsprojekt betrachtet werden – mit allen Vor- und Nachteilen. Eventuell hätte man eine Risikoanalyse machen müssen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mir fehlt in diesem Zusammenhang das klare Bekenntnis der Generalität und des Verteidigungsministers zum Eurofighter, wel­ches lauten müsste: Der Eurofighter ist mit keiner der bewerteten Flugmaschinen ver­gleichbar. Wir bekennen uns zu diesem Zukunfts- und Prestigeprojekt, wohl wissend, dass den österreichischen Steuerzahlern hohe Kosten abverlangt werden. – Dieses Bekenntnis fehlt mir. Man versteckt sich hinter einer Analyse.

Andererseits würde ich erwarten, dass der Herr Minister sagt, wir erwarten uns von den Gegengeschäften, die im Raum stehen, eine Wirtschaftsbelebung für Österreich, und wir geben damit österreichischen Unternehmen und ihren Mitarbeiterinnen und Mit­arbeitern die Möglichkeit, im Hightech-Bereich ganz vorne dabei zu sein. Das wäre ein klares Bekenntnis, damit die Bevölkerung, die Österreicherinnen und Österreicher wissen, woran sie sind.

Mit einem derart klaren Bekenntnis wäre die Entscheidung für den Eurofighter für die Österreicherinnen und Österreicher zumindest nachvollziehbar gewesen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch mir hätte eine derartige Vorgangsweise mein Abstimmungsverhalten zu diesem Tagesordnungspunkt 1 wesentlich erleichtert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun zum Pensionsthema. Unbestritten ist: Österreich kommt an einer grundlegenden Pensionsreform nicht vorbei! Die demogra­phische Entwicklung spricht für sich: Die Lebenserwartung steigt, die Zahl des Nach­wuchses hält sich in Grenzen, und wir gehen in die Richtung, dass in absehbarer Zeit auf eine Aktive beziehungsweise auf einen Aktiven eine Pensionistin beziehungsweise ein Pensionist kommt. Es besteht also – das ist unumstritten – dringender Handlungs-


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bedarf. Handeln wir heute nicht, werden die Einschnitte zur zukünftigen Absicherung der in Österreich gut ausgebauten staatlichen Säule immer gravierender!

Wie kann man – diese Frage muss man sich stellen – in der Bevölkerung Verständnis für die notwendigen Reformen finden? – Durch Aufklärung, durch gutes Beispiel, durch eine strukturierte Vorgangsweise, einfacher ausgedrückt: dadurch, dass man einen Schritt nach dem anderen setzt, ist dies möglich.

Meine persönliche Präferenz bei der Abwicklung dieser Pensionsreform wäre folgende gewesen: zunächst Privilegienabbau – das ist das gute Beispiel –, dann Harmonisie­rung und in weiterer Folge eine grundsätzliche Reform auf einer breiten Basis.

Die Realität hat uns bei diesem Thema eingeholt. Die Reform, die gravierende Ein­schnitte im ASVG-Bereich – und ich sage das in aller Deutlichkeit: im noch am besten funktionierenden Bereich – bringt, steht zur Abstimmung; und die Harmonisierung – diese „schwierige Baustelle“, wenn ich das so sagen darf – steht am Beginn. Ich meine, dass man in einer Koalition auch dazu verpflichtet ist, den Koalitionspartner vor Fehleinschätzungen zu bewahren. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Gasteiger: Oha!)

Aus der gegebenen Situation haben die freiheitlichen Abgeordneten das Beste ge­macht. (Bundesrat Gasteiger: Eine Luftblase gemacht!) Vizekanzler Haupt, Frau Staatssekretärin Haubner und das Verhandlungsteam der freiheitlichen Abgeordneten haben mit wirklich großartigem Einsatz in langen Verhandlungen mit dem Koalitions­partner viele Kanten des ersten Reformentwurfs entschärft und wesentliche neue An­sätze gefunden.

In diesem Sinne möchte ich dem Verhandlungsteam der Freiheitlichen herzlich danken und gratulieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das Verhandlungsergebnis liegt uns nun vor. Ich gehe nicht auf alle Punkte ein, möchte aber einige wichtige Eckpunkte stellvertretend hervorheben. Wichtig ist meiner Meinung nach, dass bei den Politikerpensionsprivilegien Fortschritte erzielt wurden. Die doppelte Anrechnung von Zeiten ist gefallen, der Solidarbeitrag wird bis zur ASVG-Höchstbemessungsgrundlage 8 Prozent und darüber 15 Prozent betragen. Die Ab­schlagsregelung gilt wie im ASVG, und das Pensionsantrittsalter wird ASVG-konform angehoben.

Wesentlich ist auch festzuhalten, dass der Druck aus Kärnten und der Einsatz der so genannten FPÖ-Rebellen in der Pensionsfrage mehr bewegt hat als die Streiks der Gewerkschaften. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Schicker: Das glauben aber nur manche! Das ist Ihre Einschätzung!)

Es gibt große Verbesserungen für Frauen: Pensionsbegründende Kindererziehungs­zeiten wurden auf 24 Monate angehoben und der Durchrechnungszeitraum pro Kind um drei Jahre verkürzt. Das ist schon eine Leistung.

Vor allem wurde auch ein neuer Ansatz thematisiert, den die Gewerkschaften – das weiß ich aus Erfahrung – oft gegen besseres Wissen lange Zeit ignoriert haben: Die Schwerarbeit wird differenziert betrachtet werden. Das ist aus meiner Sicht wirklich ein Meilenstein. Die Zeiten für Schwerarbeit werden in Zukunft für die Pensionsanrech­nung aufgewertet.

Letztendlich ist es noch gelungen, eine Deckelung von 10 Prozent für die Verluste aus der Reform zu erreichen und einen solide ausgestatteten Härtefonds für kleine Pensio­nen einzurichten sowie den Familienausgleichszulagenrichtsatz auf 1 000 € anzuhe­ben.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verständnis bei der Bevölkerung für die trotz aller Abfederungen nicht abzusprechenden Verschlechterungen im ASVG-Bereich wer­den wir nur dann erreichen, wenn wir in der Harmonisierung zügig voranschreiten und die über die verschiedenen Dienstrechte gegebenen Pensionsprivilegien klar ersicht­lich abschaffen.

Dazu ist es aber notwendig, vorgefasste Meinungen mit Argumenten zu bekämpfen. Ich möchte dafür nur ein Beispiel bringen:

Ein Beamter geht nicht in Pension, er wird vielmehr in den Ruhestand versetzt, und er unterliegt weiterhin dem Dienstgeheimnis. Wenn jemand daraus ableitet, dass dadurch quasi die vollen Bezüge bis zu seinem Lebensende gewährt werden müssen, dann, das muss uns allen klar sein, wird jede versicherungsmathematische Formel versagen, sie wird nicht angewendet werden können. Man könnte dann zwar die Bezugsfortzah­lung eventuell als Schweigegeld bezeichnen, aber mit versicherungsmathematischen Ansätzen wird man hier nichts zu Wege bringen.

Ich habe Ihnen dieses Beispiel aus dem Beamtendienstrecht gebracht (Beifall bei den Freiheitlichen, da Landeshauptmann Dr. Haider den Plenarsaal betritt), um Ihnen vor Augen zu führen, welche Schwierigkeiten bei der anstehenden Harmonisierung auftre­ten werden und wie viele althergebrachte Denkansätze umgedreht werden müssen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erklärtes Ziel dieser Harmonisierung muss sein, dass jeder Schilling und jeder Euro, der für die Altersversorgung einbezahlt wird, bei allen Österreicherinnen und Österreichern gleich viel wert sein muss. Das ist aus meiner Sicht der Leitsatz in Richtung Harmonisierung – und das ist wirklich eine „schwierige Baustelle“.

Die freiheitlichen Bundesräte sind sich dieses Problems bewusst und versuchen, die Bundesregierung über den Bundesrat in Richtung Harmonisierung zu unterstützen. Für den Fall, dass mit den Sozialpartnern keine Einigung in Richtung Harmonisierung erzielt werden kann – und das ist ohne weiteres möglich –, muss unbedingt eine direkt-demokratische Entscheidung über die Grundsätze einer Harmonisierung der Pensions­systeme erfolgen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Unterstützung der Regierung durch die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher ist als sicher anzunehmen.

Weiters ist es für mich und, wie ich meine, auch für die anderen Bundesräte sehr wich­tig, dass im Zuge der Harmonisierung für jene Pensionen, die nicht beitrags- und leis­tungsgedeckt sind und über der ASVG-Höchstbemessungsgrundlage liegen, eine Soli­daritätsabgabe eingeführt wird. Das ist für mich ein Gebot der Stunde! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Stimmverhalten zum Tagesordnungs­punkt 1 mache ich von einem klaren Signal in Richtung Umsetzung dieser Forderun­gen abhängig. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Gasteiger: Das soll wohl ein Scherz sein!)

10.10

 


Präsident Herwig Hösele: Ich gratuliere dem nunmehr anwesenden Bundesrat Dr. Robert Aspöck zu seinem heutigen runden Geburtstag! (Allgemeiner Beifall.)

Ich begrüße den nunmehr anwesenden Landeshauptmann von Kärnten Dr. Jörg Haider. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

 


Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schennach. Ich erteile ihm dieses.


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10.10

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Meine Herren Staatssekretäre! Sehr geehrter Herr Landeshaupt­mann! Lieber Herr Kollege Ing. Klamt! Ich bin kein Arzt, maße mir jetzt aber eine Diagnose an. Ich glaube, der gesamte Hohe Bundesrat hat zur Kenntnis genommen, dass Sie hier Ihre Beschwerden zu diesem Tagesordnungspunkt stellvertretend für Ihre Fraktion sozusagen vorgebracht haben. Man könnte sagen: schwere Magenverstim­mung, möglicherweise akute Herzbeschwerden, unter Umständen sogar Krankheiten, die durchaus Verständnis dafür wachsen lassen, dass man sagt, der Patient – mal zehn – könnte sich heute von dieser Sitzung krank melden, wenn die Magenbeschwer­den rund um diese Entscheidung am heutigen Tag dermaßen akut sind.

Aber, Herr Ing. Klamt, Sie werden heute eine Entscheidung treffen müssen. Sie wer­den bis zum Ende dieser Sitzung von niemandem – und schon gar nicht auf Grund der vorliegenden Gesetzesmaterie – eine Antwort darauf bekommen, wie denn diese Har­monisierung irgendwann ausschauen wird. Ich kann Ihnen nur sagen: Geben Sie dem Nationalrat und geben Sie der Bundesregierung eine Chance, geben Sie ihnen eine Chance, sich noch einmal mit diesem Gesetz zu befassen! Sie werden Ihnen dafür dankbar sein. (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum und Beifall bei der SPÖ.)

Im Grunde müsste die Regierung, wenn sie das Schwarzarbeitsgesetz oder das Pfuschgesetz ernst nimmt, zu einer Selbstanzeige schreiten. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Für 700 Seiten und 91 Gesetze waren ursprünglich pro Gesetz 41 Sekunden an Be­handlungszeit vorgesehen. Diese wurde dann auf drei Minuten erhöht. Dazu kam eine Lawine von Abänderungsanträgen. Was ist das mehr als eine gesetzliche Pfusch­aktion?

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Ager! Sie werden ja in Bälde Präsident dieses Hauses sein. Wenn wir hier jemandem danken müssen, dann sind es die Sozialpart­ner, insbesondere die Gewerkschaften, die – das wurde ja auch von der Regierung immer wieder betont; ich sehe es allerdings von der Regierungsseite her nicht – wesentliche Dinge ausverhandelt haben. Ich weiß nicht, wie Sie dazu kommen, heute hier – auch als Vertreter Ihrer Partei – nicht zu sagen, dass Sie allen danken, die in dieser Republik eine Nachdenkfrist ermöglichen. Danken Sie Herrn Leitl! Frau Kollegin Bachner hat Herrn Verzetnitsch gedankt. (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum und Beifall bei der SPÖ.)

Aber hier von Störaktionen zu reden ist zu wenig. Ich nehme an, jetzt ist die Person anwesend, die Sie mit „Trittbrettfahrer“ gemeint haben. Sie haben ja keinen Namen genannt, wer der Trittbrettfahrer in dieser Diskussion ist. Ich denke, es wird eine Er­klärung des Landeshauptmannes von Kärnten geben. – Ihr Koalitionspartner hat wahr­scheinlich Sie mit „Trittbrettfahrer“ gemeint, der für sich, gegen die Regierung, Dinge nutzbar machen will! – Sie können es ruhig sagen, Herr Kollege Ager, so viel Mut muss ja jedem gewählten Mandatar abverlangbar sein.

Liebe ÖVP! Ich habe ein bisschen den Eindruck, dass die alte, traditionelle ÖVP mit ihren starken Wurzeln in der Zweiten Republik und ihrer großen Leistung immer mehr zu einer Art Glaubensverein – aber nicht unbedingt katholischer Provenienz – wird. Es heißt: Man muss einfach glauben, was er sagt. Auch Herr Ager hat gesagt: Beweisen kann ich es nicht, aber ich glaube einfach unserem Verteidigungsminister. Das dürfte generell gelten: Wir müssen dem Wolfgang vertrauen, denn er wird es schon wissen. Wir können es zwar nicht ganz nachvollziehen, aber wir folgen ihm. – Das ist eine Art Mischung aus Sannyasin-Kult und Voodoo.

Ich kenne zig Aussagen aus den Ländern von Landeshauptleuten. Nehmen wir einmal eine Landesregierung, der wirklich nicht der Geruch anhaftet, innerhalb der ÖVP libera-


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listisch zu sein! Nehmen wir einmal den niederösterreichischen Teil der ÖVP! Wenn dieser sagt: Diese Gesetze könnt ihr ruhig machen, aber sie dürfen das Land nichts kosten!, dann stimmt das ja hier alles nicht! Natürlich kostet es das Land etwas, wenn die Leute weniger Pensionen bekommen, denn dann sind die Länder, die Städte und die Gemeinden dazu verpflichtet, Geld für die Seniorenheime/Seniorinnenheime, für die Pflegeheime irgendwo aufzunehmen. Es ist ja eine recht lustige Aktion, wenn die ÖVP-Landesräte in Niederösterreich gemeinsam sagen, wir stimmen dem nur zu, wenn es das Land Niederösterreich nichts kostet.

Aber bitte, das ist so, wie Herr Ing. Klamt vorhin gesagt hat: Er möchte bis zum Ende dieser Sitzung einen fix und fertigen Vorschlag dazu, wie das mit der Harmonisierung ausschaut. Und die niederösterreichischen Kollegen hier im Bundesrat müssen doch ihren Landesräten erklären, wie sie heute sichergestellt haben, dass die Pensions­reform das Land Niederösterreich keinen Euro kostet. Es wird das Land ordentlich etwas kosten, aber wie sie das daheim erklären werden, weiß ich nicht!

Kollege Haupt ist gegangen, aber sein Stellvertreter hat hier Platz genommen. Letztlich ist die Pensionsfrage doch auch etwas, was die FPÖ massiv mitzuverantworten hat. Herr Ing. Klamt, Sie können nicht sagen, die ÖVP habe Ihnen diese Pensionsreform eingebrockt und Sie müssen jetzt mit Bauchschmerzen, Durchfall, oder welchen anderen Krankheiten auch immer, zustimmen. – Nein! Sie stellen den Sozialminister, und der Sozialminister hat noch immer etwas mit den Pensionen zu tun. Nicht nur der Arbeits- und Wirtschaftsminister, sondern der Sozialminister hat dieses Gesetz zu ver­antworten!

Da es in Kärnten üblich wurde, Buchstabierungen vorzunehmen, laufen Sie Gefahr, dass „FPÖ“ hinkünftig anders buchstabiert wird, nämlich: Fröhliche Pensionskürzungs­partei Österreichs. (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum und Beifall bei der SPÖ.)

Die von Ihnen so sehr gerühmte Nachverhandlungstruppe, lieber Herr Ing. Klamt – ich schätze Sie zu sehr, um da mehr zu sagen –, ist eher etwas für die Villacher Fa­schingsnummer. Diesen kleinen Härtefonds – bei den Summen, um die es da geht! –, der nicht für die Zukunft abgesichert ist, hier als großen Erfolg zu feiern, das können Sie auf einer Bühne machen, aber nicht dort, wo es schwarz auf weiß steht und die Leute sehr genau wissen, worum es geht. Und Sie wissen, wie genau die Bevölkerung in dieser Frage darauf geachtet hat, was da kommen wird.

Es gibt diese 700 Seiten, 91 Gesetze mit Schwerpunkt Pensionen und Schwerpunkt Abfangjägerbeschaffung. Welch Wunder: Die Zahlen sind austauschbar! Man nimmt den Pensionisten das Geld weg und kauft Abfangjäger, das wäre vielleicht zu pole­misch gesagt, aber Sie wissen, dass die Zahlen ursprünglich einmal identisch waren. Dass die Zahlen jetzt nicht mehr identisch sind, wissen wir, seitdem einige Akten auf­getaucht sind und seitdem Herr Bundesrat Gudenus in einer sehr couragierten Form hier im Hohen Haus quasi einen geheimen Akt in das Stenographische Protokoll diktiert hat.

Sie haben sich auf das ASVG konzentriert. Alle wissen – und auch Herr Minister Haupt weiß es –, dass da keine Vorrangigkeit gegeben gewesen wäre. Da besteht ein Mehr­bedarf von 2 Milliarden € bis zum Jahre 2007. Das sind jetzt wirklich die Kosten, zumin­dest die ersten Kosten: Das erste Drittel der Kosten für die Abfangjäger wäre diese Summe, wenn ich das so sagen darf.

Was die 1 000 € betrifft, Herr Ing. Klamt: Wer hat Vorsorge dafür getroffen, dass die Beitragserhöhungen, die so genannten Selbstbehalte, dort nicht wirksam werden? – Im Stenographischen Protokoll des Nationalrates habe ich einen Zwischenruf gelesen, wo gemeint wird: Sollen’s halt net krank werden und g’sund bleiben! – Ich glaube, da gehen die Realitäten ein bisschen verloren.


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Nächster Punkt: Harmonisierung. Warum zäumt man ein Pferd am Schwanz auf? War­um muss jetzt die gesamte Beamtenmaschinerie, die soziale Selbstverwaltung anfan­gen, diese Pensionsreform zu implementieren, um sie nach vier, fünf Monaten einer neuen – ich betone: einer gänzlich neuen! – Berechnung zu unterwerfen? Haben wir denn so viel Geld, oder haben wir so viele Beamte, die nichts zu tun haben, die so viel Zeit haben, um einmal diese und dann wiederum jene Berechnungen zu machen? – Ich sage: Nein!

Es gibt nach wie vor die Sendung „Wetten, dass ...?“, und ich muss sagen: Wetten, dass viele dieser Bestimmungen, wenn heute die FPÖ dem Nationalrat nicht die Chance gibt, die Pensionsreform noch einmal zu überdenken, noch einmal darüber nachzudenken, ob nicht doch ein anderer Weg gegangen werden soll, nicht halten werden und dass es eine Reihe von Verfahren und Beschwerden geben wird, die vor den Höchstgerichten landen? – Ich will gar nicht reden von der Polarisierung in der Ge­sellschaft, von der Verunsicherung in der Gesellschaft, vom fehlenden Vertrauen in die Politik, aber eines muss ich schon sagen: Die Frauen zahlen drauf! Das muss hier deutlich klargestellt werden! Die Frauen sind eines der Hauptopfer dieser Pensions­reform.

Sie haben keine Maßnahmen zur Erhöhung der Erwerbsquote der Frauen getroffen. Im Gegenteil: Es wird diesbezüglich sogar eine Verschlechterung im Verhältnis zwischen Mann und Frau geben.

Wie ist es bei der jungen Generation? – Die junge Generation wird nach der Über­gangszeit Einbußen von 20, 30, unter Umständen sogar von 40 Prozent hinnehmen müssen.

Eine der ganz großen „Maschen“, wenn es um die junge Generation geht, lautet doch immer: Aber wir investieren! Wir investieren in Forschung, Entwicklung und Innovation 800 Millionen €! – Ich sage nur: Gestrichen, ersatzlos gestrichen!

Es gibt keine Antwort auf die Armutsfalle, keinen Schritt dagegen! – Wenn man schon ein „Jahrhundertwerk“ macht, dann orientiert man sich nicht etwa in Richtung Holland zum Beispiel und versucht, eine Situation in Richtung Grundsicherung zu schaffen?

Nächster Punkt: Wo ist die Ökologisierung? Und, und, und.

Meine Damen und Herren! Herr Vizepräsident Weiss! Schon aus dem Blickwinkel des Föderalismus, der Folgekosten ist hier ein klares Nein zu sagen.

Nun komme ich zu dem größten Ärgernis, das sich in diesem Budgetbegleitgesetz ver­birgt, zu den „fliegenden Fotoapparaten“ (Heiterkeit bei der SPÖ), auch Kampfmaschi­nen genannt. 6,8 Milliarden € sind es, wenn man es hochrechnet, für Betriebskosten, Zwischenlösung, Aufstockung, Systemkosten, Grundgeschäft und so weiter und so fort. Ich betone: 6,8 Milliarden!

Herr Kollege Ager! Ich kann Ihnen zusichern, weil Sie so große Sorgen um die Luft­hoheit von Itter haben: Die Sperrballone werden wir finanzieren – Sie können mir die Rechnung geben –, wenn auch der Verteidigungsminister, der, so wie Sie und ich, aus Tirol kommt, weiß, dass der Luftraum von Tirol, auch wenn wir noch mehr Maschinen ankaufen, niemals geschützt werden können wird.

Aber was wollen wir denn? Warum bedienen wir uns denn immer noch dieser Sprach­regelung: Wir brauchen die Luftraumüberwachung!? – Ich frage Sie: Für wen? Wo? Warum? – Ich denke: Wir brauchen die Eurofighter, weil wir Geschäfte machen wollen. Kein Mensch, nicht einmal der Herr Verteidigungsminister, denkt in Wirklichkeit an die Luftraumüberwachung, sondern wir stecken in einem internationalen Großbusiness


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drinnen, und deshalb brauchen wir die Eurofighter. Das ist eine reine Geschäftsan­bahnung, das hat mit Militär und Sicherheit überhaupt nichts zu tun.

„Fotoapparate herumfliegen“ zu lassen, ist eine Sache, aber der Grund dafür, warum wir dies in einer besonders teuren Ausgestaltung brauchen, ist der, weil sehr, sehr viele Menschen in diesem Land – aber nicht die ASVG-Versicherten – daran verdie­nen. Deshalb musste die teuerste Version gewählt werden. Dass man sich noch immer bemüht, mit dem patriotischen Unterklang: Wir müssen den Luftraum schützen! zu operieren, finde ich bedauerlich. Jetzt ist auf einmal die Neutralität gut und wertvoll, weil die Neutralität dies vorsieht.

Bitte lassen wir diese „Schnörksel“, diese „Spitzen“ und diese „Klöppel“ beiseite und sagen wir einfach, worum es geht: In Wirklichkeit geht es um ein Riesengeschäft! – Ob das die Abfangjäger wären oder ob das andere Dinge wären, ob das zum Beispiel riesige Moorentwässerungsbagger wären, das ist egal, aber im Waffensystem sind noch immer die größten Renditen und die größten Geschäftsanbahnungsprovisionen und und und drinnen, und deshalb wird das gemacht.

Herr Ager, ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Ich verlasse mich bei solchen Geschäften auf niemanden! Wenn Sie hier sagen: Weil er ein Tiroler ist, verlasse ich mich auf ihn!, aber keine weiteren Argumente und keine Unterlagen haben, dann muss ich Ihnen sagen: Auch wenn er ein Tiroler ist, verlasse ich mich diesbezüglich nicht auf ihn! So wie wir uns auch nicht auf den Kärntner Landeshauptmann verlassen konnten, der noch vor wenigen Monaten „Danke Jörg!“ selbst plakatiert hat und gemeint hat, die Ab­fangjäger würden doch nicht angeschafft werden. – Nein, sie werden angekauft wer­den. Aber die FPÖ hat heute die Chance, dem Kärntner Landeshauptmann einen tat­sächlichen Erfolg zu liefern, indem sie das nämlich ablehnt. Dann würden seine Plakate stimmen. Wenn ihr zustimmt, dann hat er gelogen. Das ist jetzt eure große Entscheidung! Ihr entscheidet in der Frage: Hat er gelogen, oder hat er einmal die Wahrheit gesagt? – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.27

 


Präsident Herwig Hösele: Ich würde insgesamt bitten, Begriffe wie „Lüge“ und „gelo­gen“ nicht zu verwenden, sonst muss ich Ordnungsrufe erteilen.

Ich erteile nun Herrn Vizekanzler Mag. Haupt das Wort. – Bitte.

 


10.27

Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Vizekanzler Mag. Herbert Haupt: Hoher Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auf die zwei wichtigsten Fragen des heutigen Tages eingehen. Zunächst komme ich auf die Pensionsreform zu sprechen.

Die Frage bei der Pensionsreform ist: Wer sind die Gewinner, und wer sind die Verlie­rer? – Die Gewinner sind in den nächsten Jahren auf jeden Fall die Frauen, die lange gearbeitet haben und Familienleistungen erbringen. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Konecny: Realitätsverweigerung! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie können ruhig darüber lachen, meine Damen und Herren von den Sozial­demokraten, denn eines ist klar: dass die Frauen, die 40 Jahre gearbeitet haben und Familienleistungen erbringen, im nächsten Jahr in der „Hackler-Regelung“ um 3 Pro­zent mehr bekommen werden, als sie in jener „Hackler-Regelung“ bekommen haben, die von Ihnen verabschiedet wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wer wird weiters gewinnen? – Weiters gewinnen werden jene, die im nächsten Jahr unter die „Hackler-Regelung“ gemäß ASVG fallen werden und dort mit 45 Beitrags­jahren statt 79,5 Prozent 80 Prozent bekommen werden, also um 0,5 Prozent mehr. Das sind die tatsächlichen Zahlen, ausgerechnet vom Hauptverband und auch von den


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Aktuaren sowohl der Bundeswirtschaftskammer, der Arbeiterkammer, des Gewerk­schaftsbundes als auch meines Ministeriums, des Sozialministeriums.

Ich glaube, dass wir endlich einmal von den Zahlenspielereien und der Verunsicherung der österreichischen Bevölkerung zu dem kommen sollten, was Tatsache ist und Ge­setzeskraft haben wird, wenn der Bundesrat heute hier diese Materien endgültig zur Beschlussfassung bringt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Man sollte hier auch einmal deutlich sagen, dass die Verluste, die in Bezug auf die junge Generation behauptet worden sind, Herr Kollege Schennach, nur dann so gelten würden, wenn nicht gleichzeitig bei der Harmonisierung auch dafür gesorgt werden würde, dass ab dem Jahre 2004 eine Inflationsanpassung gemäß den Lohnentwicklun­gen in den nächsten 20, 25 Jahren kommt.

Ich darf Sie auch darauf hinweisen, dass es keinen einzigen ernst zu nehmenden Aktuar in Österreich gibt, der Ihnen nicht nachweisen kann, dass bis zum Jahre 2010 die Pensionen nicht sinken, sondern selbstverständlich steigen werden, aber – und das muss man fairerweise auch dazusagen – nicht in jenem Ausmaß, das in den ursprüng­lichen Pensionsvorstellungen vorgesehen war, sondern in jenem Ausmaß, das lang­fristig für den Staat leistbar ist.

Was die Politikerpensionen betrifft, so haben wir, glaube ich, im Gegensatz zu dem, was Rot und Grün im Jahre 1995 bis 1997 verabschiedet haben (Bundesrat Konecny: Wie bitte? – Heiterkeit bei der SPÖ), eine Regelung getroffen, die 75 Prozent Entgelt­fortzahlung statt 100 Prozent Entgeltfortzahlung vorsieht und bei welcher, was die Dauer der Entgeltfortzahlung betrifft, statt 1 Jahr für Minister und 6 Monate für Parla­mentarier nur mehr die halbe Frist festgesetzt ist.

Man sollte hier auch klar sagen (Zwischenruf des Bundesrates Konecny), dass im Ge­gensatz zu dem, Herr Professor Konecny, was Sie und Ihre Fraktion verabschiedet haben, heute Solidarbeiträge von 8 Prozent bis zur Höhe der Höchstbemessungs­grundlage nach ASVG und darüber hinaus von 15 Prozent gelten.

Man sollte nicht vergessen, Herr Professor Konecny, dass für die Vorsitzenden und Obleute der Sozialversicherungsträger 1994 der damalige Sozialminister Hesoun die Pensionen abgeschafft hat, dass aber jetzt die Pensionsleistungen, denen keine Eigen­leistungen gegenüberstehen, auch für Kontrollausschuss-Obleute und deren Stellver­treter in das Bezügebegrenzungsgesetz aufgenommen werden.

Sie sollten nicht vergessen, dass für die Dienstleistungs- und Dienstordnungspensio­nen, denen nur verschwindende Eigenleistungen gegenüberstehen, nämlich nicht ein­mal 15 Prozent, nun die gleichen Solidarbeiträge wie für die Beamten gelten werden.

Sie sollten auch nicht vergessen, dass auch für jene, die bis 1 000 € verdienen und die lange gearbeitet haben, und zwar Frauen und Männer mit 30 Beitragsjahren und mit Versicherungszeiten von 40 und mehr Jahren, eine volle Entschädigung aus dem Härtefonds, der in meinem Ministerium eingerichtet wird, möglich ist.

Ich glaube, dass auch die Verbesserung des Härtefonds von ursprünglich 10 Milliar­den € auf 10 Milliarden plus 16 Milliarden und plus 18 Milliarden € durchaus ein Erfolg der Verhandlungsrunde des Landeshauptmannes von Kärnten und der Abgeordneten des österreichischen Nationalrates war und nicht – und da spreche ich die Erstrednerin von der sozialdemokratischen Fraktion an – der Bemühungen des Gewerkschaftsbun­des auf den österreichischen Straßen. (Bundesrätin Bachner: Stimmt ja nicht!)

Von den Gewerkschaften sind bis heute keine konkreten Vorschläge betreffend Ver­besserungen für die Bürger im Parlament eingetroffen, sehr wohl aber von den Abge­ordneten der beiden Regierungsparteien. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Ich glaube daher, dass all jene, die bis zum heutigen Tag noch keine einzige Verbes­serung hier im Hohen Hause darstellen konnten und die nicht bereit waren – so wie es auch Exminister Löschnak für die Altfunktionäre formuliert hat –, den neuen Rege­lungen für Politiker und Funktionäre zuzustimmen, das geringste Anrecht darauf haben, hier im Bundesrat die große Rolle zu spielen, denn Ihre Fraktion, Herr Kollege Konecny, hat sich im Nationalrat beim Privilegienabbau mit Sicherheit nicht bewährt. Jene Regelungen, die Sie 1997 gemeinsam mit den Grünen verabschiedet haben, sind deutlich schlechtere Regelungen als die Regelungen, die die Mehrheit der Regierungs­fraktionen im Nationalrat verabschiedet hat. Damit haben die beiden Regierungsfraktio­nen im Nationalrat deutlich und klar bewiesen, dass es ihnen ernst ist, auch in diesem Bereich einen Gleichklang herzustellen – im Unterschied zu Ihnen, die Sie Ihre Mitwir­kung dabei verweigert haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Vizepräsi­dentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Man kann selbstverständlich dann immer meinen, man hätte etwas Besseres gewollt, aber nicht einmal dem, was jetzt auf dem Tisch liegt, haben Sie zugestimmt. Wenn man sich ansieht, was Sie beschlossen haben, so sieht man, dass das großzügigere Privilegien-Regelungen – als solche werden sie auch in der öffentlichen Diskussion gesehen – sind als das, was die beiden Regierungsparteien mit ihren Abgeordneten im Nationalrat einstimmig verabschiedet haben. Das ist ein Faktum.

Sehr geehrte Damen und Herren! Nun komme ich zu den Harmonisierungsbemühun­gen: Wir sind mit den Sozialpartnern in der letzten Woche zu einer ersten politischen Runde zusammengekommen. In dieser Woche werden fünf namhafte Experten aus dem Bereich der Sozialpartner und aus dem Bereich der Beamtenschaft der Bundes­regierung den Pfad für die weiteren Beratungen zur Harmonisierung vorbereiten. Wir werden uns dann, wenn diese Vorarbeit abgeschlossen ist, auf politischer Ebene über den weiteren Pfad der Harmonisierung unterhalten.

Eines ist klar: Das, was auch die Sozialdemokratie als Eckpunkte in ihrem Modell für faire Pensionen vorstellt, nämlich als Pensionsantrittsalter das 65. Lebensjahr, 80 Pro­zent des Lebenserwerbs (Bundesrat Manfred Gruber: Des Letztbezuges!) als Grund­lage der Pension, 45 Beitragsjahre, ein leistungs- und beitragsorientiertes Konto (Bun­desrat Manfred Gruber: Keine Unwahrheiten!), ist unter den Gesprächspartnern fast zur Gänze unbestritten. Umstritten sind derzeit die Zukunftsszenarien in der Makroöko­nomie. Im Beirat zur Pensionssicherung haben sich die damaligen Sozialpartnervertre­ter und die Vertreter der Bundesregierung auf das so genannte Szenario 2 geeinigt. Wir werden uns noch darüber unterhalten müssen, ob das Szenario 2, das damals als das für die Zukunft der nächsten 20 bis 30 Jahre wahrscheinlichste angesehen worden ist, auch in Anbetracht der geänderten Wirtschaftsdaten für die Zukunft jenes Szenario sein wird, von dem unsere Überlegungen ausgehen werden, oder ob wir unter Um­ständen eines der Alternativszenarien annehmen werden, um dieses als das im Zu­sammenhang mit unseren Überlegungen auch im Hinblick auf die Leistbarkeit der Pen­sionen für die junge Generation ebenso wie im Hinblick auf die Garantie der Pensionen für die ältere, sich bereits in Pension befindende Generation sicherste Szenario dar­stellen zu können.

Ich zerbreche mir, sehr geehrte Damen und Herren, nicht den Kopf darüber, dass es möglich sein wird, auf Ebene der Bundesgesetzgebung die Harmonisierung der Pen­sionssysteme in diesem Jahr so weit voranzutreiben, dass wir auf dieser Basis dann auch die Bundesländer einladen werden, die Harmonisierungsbestrebungen, so wie es im Entschließungsantrag des Nationalrates formuliert ist, auch auf der Ebene der Ge­meinde- und der Landesbediensteten so voranzutreiben, dass wir schlussendlich zu dem kommen, was 80 Prozent der österreichischen Bevölkerung wollen, nämlich ein einheitliches, harmonisches Pensionssystem mit einer Beitrags- und Leistungskompo-


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nente, die auch die unterschiedlichen Berufe und ihre Entwicklungen – vom Bauern bis zum Gewerbetreibenden, vom Arbeiter bis zum Angestellten und vom Eisenbahner bis zum Beamten und zum Lehrer – so berücksichtigen, dass das, was 80 Prozent der Bevölkerung sich vorstellen, auch umgesetzt werden kann.

Ich sage aber auch dazu, dass es notwendig sein wird, die Beratungen zügig und schnell, und zwar auch über die Sommermonate, durchzuführen. In meinem Ministe­rium habe ich dafür die Vorkehrungen getroffen. Sie wissen ja, dass auch der Dienst­geber bei den Urlauben mit 50 Prozent ein Mitspracherecht hat. Ich bin mir sicher, dass die Beamten meines Hauses für diese Arbeiten auch über die Sommermonate so zur Verfügung stehen werden, dass wir den ambitionierten Zeithorizont der Bundesregie­rung aus der Sicht des Sozialministeriums und aus der Sicht des für die Beamtenpen­sionen zuständigen Bundeskanzlers erreichen können.

Ich möchte aber auch noch Folgendes hinzufügen, sehr geehrte Damen und Herren, weil in den Reden auch ins Treffen geführt worden ist, dass die „Hackler-Regelung“ im Jahre 2010 auslaufen wird: Sie sollten nicht vergessen, dass die Bundesregierung an­geboten hat – und ich bin dazu entschlossen –, die Schwerarbeiterregelung möglichst früh, und zwar am besten mit Wirkung vom 1.1.2004, sofern die Beratungen mit den Sozialpartnern bis dahin so weit gediehen sind, dass wir es gleich und nahtlos machen können, zu beschließen.

Ich habe mit sehr vielen Gewerkschaftern aus allen Fraktionen auf mittlerer und unterer Ebene bereits Vorgespräche geführt. Ich habe mit den Arbeitsmedizinern, mit der AUVA und mit wichtigen Vertretern des Zentrums für Arbeitsmedizin Vorgespräche geführt. Ich habe in meinem Hause 2 Millionen € dafür vorgesehen, dass wir die zehn wichtigsten Arbeitsbezirke Österreichs mit einem Screening der AUVA über die Som­mermonate erforschen können, damit die jüngsten Gesundheitsdaten vorliegen und nicht mehr acht oder zehn Jahre alte Gesundheitsdaten aus der Arbeitswelt als Grund­lage für dieses Modell herangezogen werden müssen.

Ich kann Ihnen sagen: Wir werden das Problem, das in der österreichischen Sozialver­sicherung seit Jahrzehnten besteht, lösen, nämlich für jene, die schwerste Arbeit leisten, aber nicht in das Nacht-, Schwer- und Schichtarbeiter-Programm hineinfallen, für jene, die mit 54 oder 55 Jahren körperlich am Ende sind und keine Invaliditäts­pension bekommen, weil sie noch zu gesund sind, die aber keine Beschäftigung bekommen, weil sie leider so krank sind, dass die Arbeitgeberseite es sich überlegt, sie anzustellen, eine faire und zukunftsträchtige Regelung schaffen.

Das ist ein sozialpolitisches Defizit, das wir in Österreich seit Jahren haben, und diese Bundesregierung hat sich entschlossen, mit der Neuregelung der Frühpensionen für Schwerarbeiter dieses Problem endlich anzugehen.

Wir haben darüber hinaus auch ein Problem aus der kleinen Koalition aus den Jah­ren 1983 bis 1986 gelöst, nämlich die Notwendigkeit einer Regelung für die Zeitsolda­ten, ein Problem, das damals unter dem Verteidigungsminister Frischenschlager pro­duziert worden ist, der etwa 10 000 Zeitsoldaten aufgenommen hat, ohne für deren ge­sundheitliche Vorsorge, für Krankenversicherung, für Sozialversicherung und für Pen­sionsversicherung Regelungen zu treffen.

Es hat dann in den neunziger Jahren zunächst die Regelungen in der Krankenver­sicherung gegeben. In der letzten Legislaturperiode kam ein Jahr Anerkennung dazu und nunmehr noch 30 Monate, sodass auch das Problem der Zeitsoldaten 18 Jahre, nachdem es geschaffen worden ist, in diesem Antrag nun endlich einer Lösung zuge­führt werden konnte.


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Ich bin sehr zufrieden, sehr geehrte Damen und Herren, dass wir auch für die Invalidi­tätspension mit der Erhöhung des Referenzalters von 56 auf 60 Jahre eine Regelung getroffen haben, die nach Ansicht aller Experten für jüngere Invalide im Vergleich mit der bisherigen Regelung in Zukunft keinerlei Verschlechterungen bringen wird und für Menschen, die zwischen dem 56. und dem 60. Lebensjahr einen Arbeitsunfall erleiden, aus dem für sie eine Invaliditätspension erwächst, sogar geringfügige Verbesserungen bringen wird.

Ich meine, dass das vorliegende Pensionsmodell sozial ausgewogen ist. Wir haben mehrfach nachgerechnet: Die Regelungen bei den unterschiedlichen Systemen für die Beamten und den unterschiedlichen Regelungen für das ASVG gewähren bei gleichen Einkommensverläufen die gleichen Pensionsleistungen. Wir haben uns somit auch hier der Harmonisierung sukzessive angenähert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, dass es auch Sinn macht, dann, wenn das individuelle Konto eingerichtet ist, den jungen Menschen von heute für ihren Pen­sionseintritt das zu öffnen, was in Schweden als Korridor zwischen dem 63. Lebensjahr und dem 67. Lebensjahr als Übergangsregelung für den Pensionseintritt ermöglicht wird. – Das ist in der Entschließung des Nationalrates enthalten.

Überlegungen, wie es sie heute schon in manchen Berufsgruppen gibt, etwa bei den Akademikern, im Lehrberuf, nämlich gemeinsam mit ihrem Lebenspartner in Pension zu gehen, aber heute schon bis zu 25 Prozent Verluste hinnehmen zu müssen, wird es auch in Zukunft geben. Es ist nicht die Aufgabe des Gesetzgebers, sich in die individu­ellen Lebensplanungen der Menschen einzumischen. Wenn der Betreffende selbst mit jener Pension, die er mit dem 63. Lebensjahr bekommt, zufrieden ist, gut, ist er damit nicht zufrieden, kann er durch längeres Arbeiten, durch längere Beschäftigungszeit jene Pension erwerben, mit der er dann seinen Lebensabend gestalten will.

Ich denke, sehr geehrte Damen und Herren, dass wir auch für die Frauen eine deut­liche Verbesserung erreicht haben. In meiner Zeit als Frauenminister sind mir sehr viele Frauen, nämlich nahezu 18 000, aus Österreich bekannt geworden, die sich im höheren Alter haben scheiden lassen, die sich in jungen Jahren nach den damaligen Möglichkeiten des Sozialgesetzes ihre Sozialansprüche haben ablösen lassen und in den Hausbau und die Gründung ihrer Familie investiert haben und jetzt mit 2 000 bis 3 000 S Unterhalt dastehen – ohne Sozialleistungen. Diese haben jetzt die Möglichkeit, über das 60. Lebensjahr hinaus zu arbeiten und nicht nur Beiträge zu zahlen, sondern mit diesen Beiträgen auch über die Altersgrenze hinaus zusätzliche Pensionsleistun­gen zu erwerben.

Das ist mir gegenüber hier zwar schon einmal als unsoziale Haltung dargestellt wor­den, aber ich glaube trotzdem, dass es für diese Frauen ein Entgegenkommen ist, dass sie nicht nur Beiträge zahlen, sondern dass sie sich mit diesen Beiträgen, die sie zahlen und wofür sie ja auch länger arbeiten, schlussendlich für ihren Lebensabend eine Grundpension in einem höheren Ausmaß erwerben können, als das bis heute möglich ist.

Ich darf darauf hinweisen – auch wenn das von Seiten der Gewerkschaft nach Gesprä­chen mit Firmen bezweifelt worden ist –, dass es dieser Bundesregierung gelungen ist, auch gemeinsam mit den Sozialpartnern innerhalb der Bundeswirtschaftskammer das erste Mal eine aktive Funktion der Wirtschaftstreibenden von Seiten ihrer Standesver­tretung zu erreichen. Sie werben nunmehr ausdrücklich für die alten und älteren Arbeit­nehmer und stellen den Betrieben die Vorzüge des älteren Arbeitnehmers vor. Es ist somit endlich einmal gelungen, in Gesprächen mit der Bundeswirtschaftskammer, ihrem Präsidenten Leitl und einem seiner Stellvertreter, Matthias Krenn, eine Werbe-


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aktion seitens der Bundeswirtschaftskammer zu erreichen, die den Vorteil des älteren Arbeitnehmers in den Mittelpunkt stellt.

Darüber hinaus wurden auch erstmals für Betriebe, aber auch für den Arbeitnehmer, die Lohnnebenkosten für Arbeitnehmer über 60 um 12,4 Prozent gesenkt, in der Alters­kategorie zwischen 56 und 60 Jahren konnte eine Senkung von knapp über 3 Prozent für beide Teile erreicht werden.

Ich denke, jetzt werden die Betriebe erstmals keine Ausrede mehr haben, wenn es dar­um geht, ältere Arbeitnehmer zu beschäftigen, weil diese billiger werden. Aber auch der Vorteil für den Arbeitnehmer kann, im gleichen Ausmaß wie für den Betrieb, lukriert werden.

Wenn man auch die Maßnahmen betreffend Altersübergangsgeld berücksichtigt, näm­lich die Regelung: 55 Prozent Bemessungsgrundlage für die Arbeitslose, dazu 25 Pro­zent zusätzliche Leistungen, insgesamt also 71,5 Prozent der Bemessungsgrundlage als Altersübergangsgeld, dann muss man sagen, dass mehr als 75 Prozent der Frauen – nicht ganz 80 Prozent der Frauen – mit diesem Altersübergangsgeld besser bedient sind als mit etwaigen Pensionen, überhaupt jene Frauen, die sehr lange Teil­zeitbeschäftigungen gehabt haben. Bei den Männern liegt der Prozentsatz jener, die mit dem Altersübergangsgeld besser dran sind als mit der endgültigen Pension, die sie bekommen, etwa bei 38 Prozent. Das sind Menschen, die in ungelernten Tätigkeiten ohne Kollektivvertragsschutz mit sehr vielen Berufsunterbrechungen gearbeitet haben – also auch nicht die sozial Begünstigten.

Ich meine, insgesamt gesehen ist das Paket ausgewogen und durchaus darstellbar.

Was die Abfangjäger betrifft, Herr Kollege Schennach, so meine ich, dass man einiges zu Ihren Bemerkungen hinzufügen sollte.

Ich habe eine Reserveoffiziersausbildung genossen, war dann bei der ortsfesten Batte­rie Haberberg in Kärnten und kann mich auch noch an die Jugoslawien-Krise erinnern. Ein Vorgänger von Ihnen, der damals ebenfalls heftig gegen die Draken polemisiert hat, Herr Abgeordneter Wabl – das ist mir noch in Erinnerung –, ist mit dem Landes­hauptmann der Steiermark, der damals ein Volksbegehren in der Steiermark gegen die Abfangjäger gemacht hat, applaudierend in Graz-Thalerhof gestanden, hat die Abfang­jäger begrüßt und damit den Abflug der MIG aus Jugoslawien akklamiert. Damals, in einer für Österreich schwierigen Situation, war der Wert der Abfangjäger darstellbar. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Heute, 14 Jahre später, ist das wieder in Vergessenheit geraten.

Es gibt durchaus Beispiele in Europa, dass kleine Länder im Rahmen von Leasing-Varianten ihre Landesverteidigung von anderen übernehmen. Luxemburg kauft gerade bei den Belgiern einen Flugzeugträger, um die in Luxemburg angemeldeten Schiffe, die auf den Weltmeeren im Verhältnis zur Größe Luxemburgs überproportional kreisen, schützen zu können – ein Vorhaben, das im Übrigen Luxemburg, als reicheres Land, mehr Geld aus dem Budget kostet als uns Österreicher die Abfangjäger. Man sollte auch nicht vergessen, dass die Schweden und die Schweizer bedeutend mehr Luft­fahrzeuge in der Luft haben als die Österreicher, und man sollte vielleicht auch endlich damit aufhören, nach neuen Hubschraubern zu rufen. Die neuen Hubschrauber sind nach Beschaffung durch Kollegen Scheibner bereits im Inland, sie sind tatsächlich zu sehen und vorhanden.

Ich halte auch nichts davon, dass man in den Reden immer das beklagt, was es an­geblich beim österreichischen Bundesheer nicht gibt. Wir haben, was die Ausstattung der Artillerie betrifft, mit der M 109 die beste, die es in Europa gibt. Wir haben im Be­reich der Flugabwehr bis etwa 7 000 Meter unser Heer auf die Zeit der Luftverteidigung


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umgestellt. Wir haben mit den neuen Tarnanzügen und mit den neuen Uniformen auch für die Mannausrüstung gesorgt. Wir haben in den letzten Jahren die Kasernen für die Grundwehrdiener wohnbar gemacht und auf einen Standard gebracht, dass wir uns nicht mehr dafür genieren müssen, wie wir unsere jungen Menschen unterbringen. Und die österreichischen UNO-Truppen fahren heute überall dort, wo sie im Einsatz sind, nur mit gehärteten Fahrzeugen, weil auch hier die entsprechende Nachrüstung endlich erfolgt ist.

Als Schlussstück gilt es nunmehr, auch in der Luftverteidigung den Schritt zur Nach­folgegeneration zu vollziehen. Herr Professor Konecny! Sie und Ihre Fraktion darf ich darauf hinweisen, dass die Grundsatzbeschlüsse noch in einer Zeit gefallen sind, als die Sozialdemokratie in Regierungsverantwortung war.

Ich denke, dass es nur darum geht, zu bewerten, wie und welche Flugzeuge schluss­endlich hier in Österreich zum Einsatz kommen. Ich als Sozialminister verlasse mich da auf die Vorträge, die ich in der letzten Legislaturperiode vom Kollegen Scheibner be­kommen habe (Bundesrat Konecny: Schon wieder einer, der sich verlässt!) und für die auch die Aussage des Kollegen Pilz im Plenum des Nationalrates zutreffend ist, dass der Rechnungshof am Beschaffungsvorgang des Kollegen Scheibner nichts auszuset­zen gehabt hat.

Ich darf das einmal ganz wertfrei in dieser Form festhalten, weil die hier stattfindende ewige Diskussion um eigentlich schon abgeklärte Dinge in der Öffentlichkeit einen fal­schen Eindruck erweckt.

Herr Kollege Schennach! Ich denke, dass Herr Dr. Haider mit seinem Plakat in Kärnten durchaus Recht gehabt hat: Er hat die Entscheidung gestoppt und die Meinung vertre­ten, dass die Entscheidung über die Abfangjäger von der nächsten Bundesregierung zu treffen sei. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.)

Diese Bundesregierung trifft jetzt die Entscheidung, Herr Kollege Schennach! Und wenn Sie weg von der Polemik hin zu einer seriösen Betrachtung der seinerzeitigen Aussagen kommen, Herr Kollege Schennach, dann werden Sie mir Recht geben müssen; wenn Sie weiterhin nur das Plakat „Stoppt die Abfangjäger!“ ansehen und die restlichen Aussagen der damaligen Zeit unter den Tisch kehren, werden Sie bei pole­mischen Aussagen bleiben können, wie sie vielfach in Österreich versucht werden, um Druck auf die Bundesräte meiner Fraktion auszuüben.

Ich möchte sagen, eine verantwortungsvolle Landesverteidigung für einen Staat, in dem immer noch – immer noch! – das Neutralitätsgesetz gilt, kann nur so aussehen, dass die Neutralität auch in der Luft gewahrt wird.

Sehr geehrte Damen und Herren! In der Irak-Krise haben wir es ja gesehen. Auf Grund des damaligen Vorgehens des Kollegen Scheibner ist die Zahl der Überflüge von mehr als 200 auf knapp über 50 gesunken, und wir waren uns sicher, dass keine Kriegs­materialien für den Irak-Krieg über Österreich transportiert werden konnten. Dass dar­über hinaus auch in der Zeit der Jugoslawien-Krise nicht nur Fotoapparate in der Luft waren, sondern erst dann, als unsere Abfangjäger auch mit Sidewinder-Raketen aus­gerüstet waren, unsere Lufthoheit von unseren Nachbarn respektiert worden ist, soll man nur am Rande dazu erwähnen, weil ja auch die Diskussion um die Ausrüstung der Flugzeuge in der österreichischen Öffentlichkeit nicht ganz unumstritten ist.

Man sollte auch nicht vergessen, dass all diese Maschinen von vornherein mit konven­tionellen Bordwaffen versehen sind, sodass der Ausdruck, wenn er vollständig wäre, zumindest „bewaffnete Fotoapparate“ lauten müsste und nicht nur „Fotoapparate“. – Nur für den Fall, dass man diese Tatsache hier verschweigen wollte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Dass sich meine Fraktion durchgesetzt hat, sehr geehrte Damen und Herren, sieht man am Finanzierungsplan. Auch die Sozialdemokratie hat sich immer für die Verbes­serung des Systems Goldhaube ausgesprochen, sie hat sich auch immer für die Ver­besserung der Infrastruktur ausgesprochen, und es wird auch niemand bestreiten, dass die Infrastrukturleistungen und die Verbesserungen der Goldhaube von den Ab­fangjägern unabhängige Kapitel sind. Aber man kann offensichtlich alles subsumieren, um schlussendlich das gewünschte Rechenergebnis zu bekommen. Man kann aller­dings auch das machen, was eigentlich in einer Politik mit Verantwortung Standard sein sollte: Man kann eine faire Berechnung anstellen über das, was Tatsache ist!

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, die Pensionsreform ist, so wie sie vorliegt und wenn auch die Harmonisierung ordnungsgemäß abgeschlossen wird, wenn das in entsprechender Form läuft, zufriedenstellend. Ich möchte allen widersprechen, die gemeint haben, dass die Verhandlungen nicht substanziell gewesen wären. Von rund 1,2 Milliarden € an ursprünglichem Volumen im ASVG-Bereich sind wir auf knapp über 500 Millionen € heruntergekommen, und die Beamten steuern mit etwa 148 Millionen € einen Anteil bei, der auf die Zahl jener, die in Pension gehen, umgerechnet ein Ver­hältnis von 1 : 4 in Geld bedeutet.

Ich halte nichts davon, dass ein Bereich ausschließlich auf Kosten des anderen sub­ventioniert wird. Daher haben wir uns um ausgewogene Regelungen bemüht, die beide Teile gleichermaßen in die Ziehung nehmen. Ich halte auch nichts davon, dass man den Menschen nicht sagt, dass mit der Anpassung der Pensionen entsprechend der jeweiligen Inflationsrate ab dem Jahr 2006 für die in Pension Befindlichen das Sparen vorbei ist.

Ich halte aber sehr viel davon, jenen, die diese Zweite Republik aufgebaut haben, näm­lich jenen Menschen, die heute in Pension sind und die eine ASVG-Pension beziehen, sagen zu können, dass sie beziehungsweise ihre Pensionen diese Pensionsreform tatsächlich ungeschoren überstanden haben – wenn die heutige Beschlussfassung kommt! –, weil gerade jene im ASVG-Bereich durch die Anpassungen in der Vergan­genheit nicht gerade in Geld schwimmen, sondern sich schwer tun. Ich denke, dass es für diese Nachkriegsgeneration befriedigend ist, dass das Parlament, zumindest die beiden Regierungsfraktionen, die Aufbauleistungen der Aufbaugeneration tatsächlich gewürdigt hat. Daher, sehr geehrte Damen und Herren, meine ich, dass wir zufrieden sein können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich bin schon gespannt, wie die Eckdaten, die der Österreichische Gewerkschaftsbund, die österreichische Arbeiterkammer und die anderen Sozialpartner am Runden Tisch vorlegen, im Einzelnen aussehen werden. Denn für mich ist es auch unübersehbar, dass seit der Diskussion im Jahr 1986, als Dragaschnig und Wille, der ehemalige Klub­obmann der Sozialdemokratie in der Zeit der kleinen Koalition, die Harmonisierung der Pensionen verlangt haben, der Österreichische Gewerkschaftsbund bis zum heutigen Tag offensichtlich kein endgültig ausgereiftes Modell hat. Vorgestellt hat er es noch nicht; das will man am ÖGB-Tag im Oktober in Oberösterreich tun.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hoffe, dass dieses System, das dann also nach 17 Jahren vorgelegt werden wird, besser ist als das, was im Vorfeld von manchen gesagt worden ist, denn: Vier Monate länger verhandeln und dann von den ASVG-Pen­sionisten und von den ASVG-Aktiven eine Beitragserhöhung zu verlangen, diesen Ein­fallsreichtum haben schon andere Finanzminister vor dieser Bundesregierung gehabt – diese Bundesregierung will diesen Weg nicht mehr gehen! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

 


10.56


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Schennach zu Wort gemeldet. Ich darf darauf hinweisen, dass eine tatsächliche Berichtigung die Dauer von 5 Minuten nicht überschreiten darf.

 


10.56

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich kenne die Bestimmungen der Geschäftsordnung bezüglich der tatsächlichen Berichti­gung und werde mich daran halten. Ich habe die Ausführungen des Herrn Sozialminis­ters und offensichtlich schon designierten Landeshauptmannes – die Rochade scheint sich hier abzuzeichnen – in folgenden Punkten zu berichtigen.

Da sich die FPÖ-Fraktion heute in einer Entscheidungsphase befindet, sind zwei Zah­len, die der Herr Sozialminister genannt hat, nicht dazu geeignet, diesen Entschei­dungsprozess auch auf der richtigen Basis zu vervollständigen. Herr Minister! Sie haben gesagt, zu dem mit 10 Millionen € dotierten Härtefonds kommen – und das wird im Stenographischen Protokoll nachlesbar sein – „16 Milliarden“ und „18 Milliarden“ hinzu. (Vizekanzler Mag. Haupt: Millionen!) Nein, Sie haben gesagt Milliarden.

Das eben möchte ich berichtigen, da sich Ihre Fraktion in einem Nachdenkprozess be­findet und jetzt vielleicht glaubt, es sei über Nacht mehr geworden. Es sind Millionen geblieben. Ich berichtige für das Protokoll: Der Herr Minister meinte Millionen, und so­mit bleibt es bei der kleinen Summe, um die es hier geht.

Zweitens, die MIG betreffend: Sie alle wissen, die MIG hat Asyl gesucht und ist nicht abgefangen worden.

Die dritte Berichtigung, Herr Minister: Nicht Herr Landeshauptmann Haider hat den An­kauf der Abfangjäger gestoppt, sondern – und das ist jetzt wie auch immer bei Pfusch­arbeiten die Frage der Gewährleistung – der frühere Minister Scheibner und die Bun­desregierung haben übersehen, dass sie einen Nationalratsbeschluss für die Anschaf­fung benötigen. Das war der Grund dafür, dass die Abfangjäger in der letzten Gesetz­gebungsperiode nicht beschafft wurden – nicht der Landeshauptmann von Kärnten hat das verhindert! (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum und der SPÖ.)

10.58

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Bundesrätin Bachner zu Wort gemeldet. Auch hier bitte wieder der Hinweis auf die 5 Minuten und darauf, dass die Darstellung des zu berichti­genden Sachverhaltes enthalten sein müssen.

 


10.59

Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler, zur Klarstellung, weil Sie gesagt haben, auch das Modell der Sozialpartner sehe vor: Pen­sionsantritt nach dem 65. Lebensjahr, 45 Beitragsjahre, 80 Prozent. – Das ist nicht unserem Vorschlag entsprechend. Unser Modell heißt: 65. Lebensjahr, Zielorientierung Pensionsantrittsalter; 45 Versicherungsjahre – im Unterschied zu den Beitragsjah­ren –; 80 Prozent. So schaut unser Modell aus.

Außerdem sieht unser Modell vor, dass jemand, der 45 Versicherungsjahre hat, auch die Wahlmöglichkeit haben soll, vor dem 65. Lebensjahr in Pension zu gehen. Und selbstverständlich ist auch die derzeit verfassungsrechtliche Bestimmung, was das Frauenpensionsantrittsalter betrifft, noch aufrecht; das läuft ja erst mit dem Jahr 2033 aus und wird bis dahin dem der Männer angeglichen werden.

Zweiter Punkt: Sie haben die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen erwähnt. Ich habe in meinen Ausführungen sehr wohl darauf hingewiesen, dass in diesem Gesetz arbeits­marktpolitische Maßnahmen für ältere Arbeitnehmer beinhaltet sind, was die Lohn-


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697. Sitzung / Seite 34

nebenkostensenkung betrifft. Ich betone, dass ich das sehr wohl gesagt habe, weil Sie das in Zweifel gezogen haben. Was ich allerdings dazugesagt habe, ist, dass diese Maßnahmen aus meiner Sicht nicht ausreichend sind.

Herr Vizekanzler! Ich wünsche uns allen viel Glück. Ich habe einen Vergleich, was die Lohnnebenkostensenkung betrifft: Sie und ich und viele andere in diesem Raum wissen genau, dass wir die Lehrlinge bis dato schon fast „vergoldet“ haben, damit die Wirtschaft bereit ist, Lehrlinge auszubilden. Wenn das in Zukunft bei den älteren Arbeit­nehmern genauso abläuft (Bundesrat Dr. Böhm: Das ist keine tatsächliche Berichti­gung! Das ist eine politische Wertung!), dann tun mir diese Menschen Leid! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! – Bundes­rätin Bachner – auf dem Weg zurück zu ihrem Sitzplatz –: O ja!)

11.01

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters hat sich Herr Bundesrat Ager zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. Ich bitte ihn, das Wort zu ergreifen. (Bundesrat Gasteiger – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Bundesrates Ager –: Ganz kurz!)

 


11.01

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Frau Präsidentin! Geschätzte Herren auf der Regierungsbank! Nur drei Sätze zu meinem Tiroler Freund Schennach:

Was ist schlimm daran, wenn man sagt, man kann sich auf einen Tiroler verlassen? – Bevor ich hierher kam, meinte ich, man könnte sich auf jeden Tiroler verlassen. (Heiter­keit.) Das muss ich jetzt revidieren: So manch einer ist weggegangen und ist vielleicht nicht mit den richtigen Leuten zusammen gewesen, und dann konnte man sich nicht mehr immer auf ihn verlassen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und Heiterkeit des Bundesrates Gasteiger. – Bundesrat Manfred Gruber: War das die Berichtigung?) – So viel dazu.

Das Zweite: Dass man keine Abfangjäger braucht, wie Sie gemeint haben, ist auch nicht richtig. Ich möchte nur daran erinnern, dass wir alle immer bestrebt sind, gemein­sam große Events und Veranstaltungen zu haben. Auch aus diesem Grund braucht man diese Geräte: damit sie den Luftraum überwachen. Aber das wissen Sie ganz genau. (Bundesrat Gasteiger: Für die Events?)

Und zum Dritten – und dann bin ich schon fertig, Herr Kollege Gasteiger (Bundesrat Gasteiger: Für die Events braucht man jetzt die Abfangjäger, oder was?); dazu braucht man sie auch –: Sie alle wissen, dass ich aus dem Tourismusbereich komme. Lassen Sie mich daher ein Beispiel aus diesem Bereich bringen, weil es dazupasst: Sie kennen alle den Kaiserschmarren – das ist ein ganz tolles Gericht der österreichi­schen Küche –, und Sie kennen auf der anderen Seite den Schmarren, den jemand zusammenredet. Der Kaiserschmarren ist etwas Positives, und der Schmarren bleibt ein Schmarren – auch wenn er rhetorisch geschliffen vorgebracht wird. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Weilharter.)

11.03

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Vize­kanzler Mag. Haupt. – Bitte. (Bundesrat Gasteiger: Geh! Jetzt geht doch einmal wei­ter!)

 


11.03

Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Vizekanzler Mag. Herbert Haupt: Frau Präsident! Ich möchte nur Kollegin Bachner etwas entgegnen: Es besteht für mich kein Unterschied zwischen Beitrags- und Ver­sicherungszeiten, weil im neuen leistungs- und beitragsorientierten Konto sowohl die


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Beiträge, die durch Arbeitsleistung erwirtschaftet werden, als auch jene Zeiten wie etwa Arbeitslosigkeit, Kindererziehungszeiten, Zivildienst und andere Zeiten als Bei­träge auf dem Konto gutgeschrieben werden. In der internen Diskussion zwischen den Sozialpartnern bestand mit dieser Definition kein Unterschied zwischen Beitrags- und Versicherungszeiten.

Ich glaube daher, wenn man sich das leistungs- und beitragsorientierte Konto in seinen Auswirkungen, nämlich dass alle Leistungen als Beiträge gutgeschrieben und auch laufend valorisiert werden, vor Augen hält, dann ist hier kein Gegensatz zu finden, son­dern im Gegenteil sehr viel Gleichklang. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundes­räten der ÖVP.)

11.04

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gelangt nun Herr Landeshaupt­mann Dr. Haider. – Bitte.

 


11.04

Landeshauptmann von Kärnten Dr. Jörg Haider: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! Liebe Vertreter der Bundes­regierung! Ich habe mir erlaubt, heute den Bundesrat zu besuchen, nicht nur, weil es einer guten Tradition entspricht, sondern auch, weil die Landeshauptleute in Sachen Pensionsreform in einem hohen Maße in den Entscheidungsprozess mit eingebunden sind.

Daher habe ich es nicht ganz verstanden, dass, schon bevor ich hier das Wort ergrei­fen konnte, von der einen oder anderen Seite argumentiert wurde, hier handle es sich um irgendwelche Trittbrettfahrer, oder dass auch in Medien verbreitet wurde, man brauche keine Störmanöver und schon gar keine Zurufe aus dem Süden.

Ich möchte hiezu einmal auch vor dem Bundesrat klar feststellen, dass ich als Landes­hauptmann von Kärnten einfach jenes Recht wahrnehme, das jedem anderen Landes­hauptmann in Österreich auch zusteht. Es kann keinen Unterschied machen, ob der niederösterreichische Landeshauptmann der Bundesregierung Empfehlungen gibt oder ob es der Landeshauptmann von Kärnten ist, der dies tut. Wir machen beide Gebrauch von dem gleichen Recht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist auch der Hintergrund meiner heutigen Anwesenheit im Bundesrat: Nicht um der Koalitionsregierung Probleme bei der Verabschiedung der Pensionsreform zu machen, sondern weil wir (Bundesrat Gasteiger: Aha! Jetzt wissen wir es! – Ruf bei der SPÖ: Weil wir zustimmen!) – Sie sollten weniger verdächtigen und mehr zuhören, dann würde das zweifelsohne zu besseren Ergebnissen auch Ihrer Schlussfolgerungen führen! – in diesem Prozess der Pensionsreform völlig außer Acht zu lassen haben, dass es sich hierbei um irgendwelche Parteientscheidungen handelt, sondern darauf Bedacht zu nehmen haben, dass es in erster Linie auch um Entscheidungen geht, bei denen es um die Zukunft der Österreicher geht, dass hier eine weit reichende Wei­chenstellung erfolgt und dass alle gesellschaftlichen Gruppen in diesen Prozess einge­bunden werden sollen.

Es war zweifelsohne auch das Verdienst des Herrn Vizekanzlers, dass er in einer sehr schwierigen Situation, in der schon von allen Seiten polarisiert wurde, dem Bundes­präsidenten den Vorschlag gemacht hat, den Runden Tisch einzuberufen. Ab diesem Zeitpunkt hat man wieder miteinander geredet. Ich glaube, dass das etwas sehr Wesentliches ist, denn eine Pensionsreform dieser Dimension kann nicht alleine durch eine Regierung, kann nicht alleine durch die Sozialpartner und kann schon gar nicht durch Zurufe aus den Bundesländern erfolgen, sondern sie muss, wenn sie dauerhaft und tragfähig sein will, unter bestmöglicher Mitarbeit und Mitwirkung aller Institutionen


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eines kooperativen Bundesstaates zustande gebracht werden. (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

Wir haben uns daher in den Ländern mit diesem Entwurf zur Pensionsreform ausein­ander gesetzt, der ja in Wirklichkeit im Rahmen der Budgetbegleitgesetze vorgelegt wurde und daher von vornherein unter dem Verdacht stand, dass es dabei in erster Linie um Geldbeschaffungsmaßnahmen für das Budget und nicht um die Frage der Pensionsreform geht. Der Finanzminister hat ja diesen Verdacht auch noch genährt, in­dem er zum gleichen Zeitpunkt eine Pressekonferenz gegeben und eine Unterlage ver­teilt hat, in der ganz deutlich zu lesen war, dass ab dem Jahr 2005 die größte Steuer­reform der Zweiten Republik kommen soll, wobei die Finanzierung in der Form erfolgt, dass 1,2 Milliarden € durch Verwaltungssparmaßnahmen des Bundes, 1 Milliarde € durch Sparmaßnahmen im Pensionsversicherungssystem, 1 Milliarde € durch Spar­maßnahmen, sprich Selbstbehalte, im Bereich der Krankenversicherung und des Sozialversicherungswesens, 0,2 Milliarden € durch die ÖBB-Rationalisierungsmaßnah­men und 1 Milliarde € durch den Beitrag der Bundesländer hereingebracht werden sollen.

Das war ein Grund, warum wir gesagt haben: So kann es nicht gehen, dass wir über Pressekonferenzen in den Ländern ausgerichtet bekommen, welche Beiträge wir zu irgendwelchen Maßnahmen zu leisten haben, ohne dass man der bisherigen guten Tradition des Bundesstaates in Österreich gefolgt wäre und die Länder wenigstens über die Vorhaben informiert hätte.

Ich muss daher wirklich festhalten, dass es für uns – ich glaube, dass ich diesbezüglich auch im Namen meiner Kollegen sprechen darf – völlig undenkbar ist, dass wir Steuer­reformpolitik in einer Art und Weise machen, dass der Finanzminister den Bundeslän­dern ausrichtet, wie viel sie dazu beizutragen haben. Die Länder werden in jedem Fall bei einer Steuersenkung Beiträge zu leisten haben; das ergibt sich automatisch durch die veränderten Zuteilungsquoten aus dem Finanzausgleich. Damit haben ... (Bundes­rat Manfred Gruber: Herr Landeshauptmann, auch die Gemeinden!) – Auch die Ge­meinden, selbstverständlich! Danke für die Korrektur. Das habe ich jetzt vergessen (Bundesrat Manfred Gruber: Macht ja nichts! Wir helfen aus! – Bundesrat Gasteiger: Dazu sind ja wir da!), das gehört natürlich dazu: Gemeinden und Städte. – Damit haben wir natürlich gemeinsam Interesse daran, dass diese Politik nicht so erfolgt, wie sie hier geplant gewesen ist.

Unter diesem Gesichtspunkt sind die Länder sehr kritisch mit der Pensionsreform um­gegangen, was dazu geführt hat, dass wir uns im Begutachtungsverfahren wahrschein­lich etwas detaillierter mit der Materie befasst haben, als das in einem üblichen Begut­achtungsverfahren der Fall ist, und wir haben auch unsere Stellungnahmen dazu abge­geben.

Es sind immerhin fünf Bundesländer, die den Konsultationsmechanismus ausgerufen haben. Das ist jenes Instrument, das wir uns selbst gegeben haben, das die Möglich­keit schaffen soll, gegenüber der Bundesregierung Verhandlungen zu verlangen über jene Fragen, die beiderseits mit großen finanziellen Belastungen verbunden sind und wo es zur rechtzeitigen Klärung vor entsprechenden Beschlussfassungen kommen soll.

Es war das Bundesland Kärnten, das als Erstes den Konsultationsmechanismus aus­gerufen hat. Dann sind das Bundesland Wien, das Bundesland Burgenland und das Bundesland Salzburg gefolgt. Wir haben dann in der Folge bei einer Landeshauptleute­konferenz unter dem Vorsitz von Frau Kollegin Klasnic in Graz auch diese Geschichten eingehend beraten, und die Länder sind insgesamt – auch jene, die keinen Konsulta­tionsmechanismus ausgerufen haben – zu dem Ergebnis und zur Erkenntnis gekom-


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men, dass wir einen dringenden Verhandlungsbedarf haben und dass die Pensions­reform, so wie sie im Budgetbegleitgesetz vorgesehen ist, in jedem Fall für die Länder nicht vertretbar ist; denn dass es nicht machbar und auch nicht vertretbar ist, dass man, wie in der ursprünglich vorgesehenen Maßnahme enthalten, etwa bis zu 40 Pro­zent Pensionsverlust auch jenen zumutet, die mit relativ kleinen Pensionen leben, das, glaube ich, haben alle quer durch die Fraktionen verstanden.

Das heißt, dieser Pensionsreformentwurf war in seiner Grundkonzeption auf alle Fälle sozial überhaupt nicht ausgewogen und hat jede menschliche Einsicht in die Problem­lage von Bürgern vermissen lassen, die nach einem arbeitsreichen und entbehrungs­reichen Leben mit einem bescheidenen Einkommen, mit einer kleinen Pension leben müssen. (Bundesrätin Schicker: Aber der Herr Vizekanzler hat ihn so eingebracht, Herr Landeshauptmann!) – Sehen Sie, das ist eben die Größe einer parlamentarischen Demokratie, und das ist auch der Vorteil einer Fraktion, die eben nicht nur den Klub­zwang kennt, so wie Sie, und die auch bereit ist, ihre eigenen Vorstellungen zu verbes­sern (Beifall bei den Freiheitlichen – ironische Heiterkeit des Bundesrates Konecny Bundesrat Gasteiger: Das werden wir heute sehen, Herr Landeshauptmann!), frei nach dem Motto, wie es Altbundeskanzler Adenauer einmal zum Ausdruck gebracht hat: Wer hindert mich, täglich klüger zu werden? Ich meine, dass die Diskussion auf einer viel besseren Basis verlaufen würde, wenn Sie nicht nur sagen würden, was schlecht ist, sondern endlich einmal die Alternativen vorlegen würden, in denen Sie zeigen, wie Sie es besser machen würden! Dann würden wir uns nämlich schon auf einer ganz interessanten gemeinsamen Basis befinden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich möchte im Folgenden nur einige Dinge anmerken, aus denen Sie vielleicht ersehen werden, dass wir uns diese Sache in den Ländern nicht leicht gemacht haben, weil diese mangelnde soziale Dimension der Pensionsreform zweifelsohne zu großem Un­recht geführt hätte. Denken Sie nur daran, wie es einem Gewerbetreibenden ergeht, der 45 Jahre lang gearbeitet hat – die meisten arbeiten mehr als 45 Jahre lang in die­sem Beruf – und dann ungefähr 600 bis 700 € Pension erhält, womit er in diesem Bereich schon zu den Beziehern einer guten Pension gehört, und dem man dann sagt: 40 Prozent weniger sind dir zumutbar! – Ich weiß nicht, wer in dieser Runde bereit wäre, seine Hand für solch eine Reform zu erheben.

Oder denken Sie an einen Arbeitnehmer, der jahrzehntelang eine nicht leichte Tätigkeit ausgeübt hat und der vielleicht 900 € Pension erhält. Und diesem sagt man dann: 40 Prozent, 30 Prozent weniger sind dir zumutbar! – Oder denken Sie auch an die Bauern – Sie finden die Beispiele überall!

Ich glaube, dass es daher richtig war, dass dieser Prozess nicht mit geplanten Ent­scheidungen und vorgegebenen Daten beendet worden ist, sondern dass Abgeord­nete, Bundesräte, Mandatare aus den Bundesländern, Vertreter der öffentlichen Institu­tionen, auch im Sozialpartnerbereich, sich bemüht haben, etwas zu Stande zu bringen, was auch vor der Öffentlichkeit vertreten werden kann und was zu einer möglichen Akzeptanz durch die Mehrheit der Bevölkerung führt. Ich glaube, das ist ja das Wichtige, denn bei einer Pensionsreform in einer Dimension, wie sie jetzt geplant ist, wird es immer welche geben, die nicht einverstanden sind, und es wird immer welche geben, die dadurch begünstigt sind, und es wird immer welche geben, die Kritik üben, obwohl sie wünschen, dass sich gar nichts ändert, weil sie ja bisher auf die Butterseite des Systems gefallen sind.

Ich denke, dass dieses Reformvorhaben bei vielen Bürgern, die sehr aufgeschlossen dafür sind, dass es eine dauerhafte Sicherung der Pensionen gibt, auf fruchtbaren Boden gefallen ist, nur wurde schon zu oft von Vorgängerregierungen davon gespro­chen, dass die Pensionen dauerhaft gesichert seien. Daher gibt es ein Grundmiss-


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trauen der Bevölkerung, und Sie stellen bei Ihren Kontakten mit der Bevölkerung ja selbst fest, dass immer wieder gefragt wird: Ist jetzt wirklich garantiert, dass wir nicht in zwei Jahren wieder dieselbe Diskussion haben, dass wieder etwas zusammenbricht und angeblich noch einmal ein Schnitt erfolgen muss?

Und ich sage dazu: Es ist aus meiner Sicht auch sehr problematisch, vom Bürger Ver­ständnis für Restriktionen zu verlangen, wenn man gleichzeitig die Augen abwendet von der Tatsache, dass es in den letzten Jahren – und zwar nicht nur unter dieser Bun­desregierung –, in den letzten sieben, acht Jahren einen massiven Missbrauch mit dem Instrument der Frühpension in staatlichen und halbstaatlichen Unternehmungen und Institutionen gegeben hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denken Sie nur an die Post, an die Bahn, an die Telekom. Da sind im vergangenen Jahr, im vergangenen Frühjahr Fälle aufgetaucht, wo man die Frühpension als Instru­ment der Unternehmenssanierung eingesetzt hat, indem hoch bezahlte Manager in diesen staatlichen und halbstaatlichen Unternehmungen keinen besseren Weg der Sa­nierung ihrer Unternehmen gewusst haben, als zu sagen: Wir bauen das Personal ab, indem wir diese Mitarbeiter künstlich in die Frühpension schicken, denn dann haben nicht mehr wir die Personalkosten zu tragen, sondern die Personallast trägt der Bund – sprich: die Beamtenpensionen sind vom Bund zu finanzieren –, und uns geht das nichts mehr an. Das sind die angeblich so erfolgreichen Unternehmer, die nicht alle von dieser Bundesregierung eingesetzt worden sind, sondern dort sitzen sehr viele, die schon von Vorgängerregierungen gekommen sind. Also wir brauchen keine Schuldzu­weisung vorzunehmen. Es gibt in diesen Unternehmen rote und schwarze Manager und parteifreie Manager, die alle im Grunde genommen die gleichen Nieten sind (Bei­fall bei den Freiheitlichen – Bundesrat Manfred Gruber: Oha!), weil sie keinen anderen Weg wissen, als über Personalabbau und öffentliche Lasten die Sanierung ihrer Unter­nehmen zu Rande zu bringen.

Ich habe daher im vergangenen Herbst, ausgelöst durch diese Debatte, eine Strafan­zeige eingestellt gegen diese betrügerische Herbeiführung von Frühpensionen in tau­sendfacher Weise, mit dem Ergebnis ... (Bundesrätin Auer: „Eingestellt“? – Bundesrat Konecny: Eingestellt haben Sie sie nicht, hoffentlich! Eingebracht! – Ruf bei der SPÖ: Ich glaub’, das war die Frau Vizekanzler! Entschuldigung, Herr Landeshauptmann!) Die Wahrheit ist: Die Frau Vizekanzler hat die Strafanzeige angekündigt, und ich hatte die Ehre, sie einzubringen. (Bundesrat Manfred Gruber: Herr Landeshauptmann! Die Frau Vizekanzler hat gesagt, dass sie es getan hat – hier im Haus! Das kann man nach­lesen!)

Herr Kollege, Sie können mir glauben, dass es so ist, wie ich es Ihnen sage. Und wenn es die Frau Vizekanzler auch noch getan hat, dann ist diese ihre Strafanzeige zwar bisher nicht aufgetaucht, aber sie wird hilfreich sein, diesen Prozess weiterzuführen.

Wir haben damit immerhin dazu beigetragen, dass es eine Sondergruppe der Kriminal­polizei im Innenministerium gegeben hat, die bis zur Stunde mehr als 4 300 solcher Betrugsfälle festgestellt hat – 4 358 Fälle genau bis zur Stunde. Wenn man das mit einer durchschnittlichen Pensionsleistung bei der Post und bei der Bahn hochrechnet, kostet das allein den österreichischen Steuerzahler pro Jahr 200 bis 240 Millionen €. Wenn Sie das jetzt dem Betrag gegenüberstellen, den wir offenbar laut Auftrag des Finanzministers hereinbringen sollen, nämlich zwischen 500 Millionen und 1 Milli­arde €, dann muss man sagen, dass dort schon sehr, sehr viele Gelder auf der Straße liegen, im wahrsten Sinne des Wortes, die holbar wären.

Und das begründet das Misstrauen der Bürger: dass man bei bewussten Missbräu­chen, bei Verfehlungen wegschaut, sogar jetzt noch die Augen zumacht, indem man sagt: Na ja, bei der Post werden sie nicht anders drüberkommen, als dass sie noch ein


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paar Leute künstlich in die Frühpension schicken!, obwohl man weiß, dass es ein be­trügerisches System war, dass man ein eigenes medizinisches Institut gegründet hat, wo nur eine Liste von Ärzten aufgelegt worden ist, die von vornherein bereit waren, jeden, auch wenn er kerngesund gewesen ist, in die Frühpension zu schicken. Es war ein Betriebssystem, dass man gesagt hat: Du bist ein braver Genosse, dich schicke ich in die Frühpension! (He-Rufe bei der SPÖ.) Du bekommst im nächsten Monat noch eine Beförderung, dann hast du ein höheres Gehalt und damit eine bessere Bemes­sungsgrundlage, und dann wirst du vom Arzt krankgeschrieben – und ein halbes Jahr später kannst du mountainbiken, Tennis spielen, Golf spielen und Urlaub machen, und es wird sich jeder wundern, wie deine Genesung so wunderbar erfolgt ist!

Das, meine Damen und Herren, ist genau der Grund, warum es so viel Widerstand auch gegen an sich richtige Maßnahmen gibt: weil die Politik durch das Dulden dieser Zustände in Wirklichkeit ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit verloren hat.

Daher war es wichtig, jede Phase der Verhandlungen bis zur Beschlussfassung in den parlamentarischen Gremien zu nützen, um dieser Pensionsreform sozusagen die Gift­zähne zu ziehen. (Bundesrat Manfred Gruber: Die Grausamkeiten, würde ich sa­gen!) – Wie immer Sie es bezeichnen (Bundesrat Manfred Gruber: Die Grausamkei­ten – ein von Ihnen sehr geschätztes Wort!) – ich sage einmal: die Giftzähne, denn es ist, glaube ich, einiges gelungen.

Immerhin wird die Möglichkeit zur Frühpension nun nicht mehr um 2010, 2012, son­dern im Jahre 2017 auslaufen. Immerhin hat man auch für die Frauen Regelungen geschaffen, die zweifelsohne Erfolge sind, denn wenn man pro Kind volle drei Jahre bei der Durchrechnung angerechnet bekommt, dann weiß jeder, dass in den nächsten Jahren, aber auf alle Fälle einmal über das Jahr 2010 hinaus, keine Frau aus diesem Titel bei der Durchrechnung einen Nachteil haben wird. Das ist zweifelsohne ein richti­ger Schritt gewesen!

Auch die heute immer wieder kritisierte 1 000 €-Schutzregelung mit dem Härtefonds des Herrn Vizekanzlers ist, glaube ich, gescheit gewesen, denn es gibt viele Leute mit kleinen Pensionen unter 1 000 €, aber nicht alle sind in der Situation, dass sie von dieser Pension leben müssen oder besonders schutzbedürftig sind.

Denken Sie einmal an die Familien! Für diese hat die Bundesregierung eine generelle Regelung gefunden, wonach es über die Erhöhung des Ausgleichszulagenrichtsatzes auf 1 000 € keine Kürzungen für Familien von Pensionsbeziehern mit einer Pension unter 1 000 € gibt. Das ist ein Erfolg, den muss man einfach einmal als solchen stehen lassen!

Zweitens: Bei den Alleinstehenden stößt man auf das Problem, dass es viele Klein- und Kleinstpensionen gibt, die beispielsweise von Gastarbeitern erworben worden sind, von Leuten, die nur einige Jahre, die gerade ausgereicht haben, einen kleinen Pensionsanspruch zu erwerben, bei uns gearbeitet haben und heute woanders leben. Ich weiß nicht, ob es richtig wäre, da eine generelle Lösung einzuführen und dadurch wieder dieselbe Diskussion anzufachen, die es seinerzeit wegen der Familienbeihilfen gegeben hat. Damals ist es um die Frage gegangen, warum wir eigentlich so oft Fami­lienbeihilfen ins Ausland überweisen, ohne genau zu wissen, wie viele Kinder es gibt, ob dafür ein Rechtsanspruch gegeben ist und Ähnliches mehr. Das wollte man auch nicht machen.

Geblieben ist folgende Lösung: Jene, die deshalb eine kleine Pension haben, weil sie in ihrem Leben wenig Beitragszeiten im Sinne von Arbeitszeiten haben, in denen sie wirklich gearbeitet haben – und es gibt ja solche „Experten“, die stempeln gehen, ein bisschen arbeiten, wieder die Voraussetzungen erwerben, wieder stempeln gehen, schwarz arbeiten; das wissen wir, es gibt eben einen bestimmten Prozentsatz der Be-


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völkerung, der das macht –, will man ja in Wirklichkeit nicht begünstigen, da sie keinen geregelten Beitrag zur sozialen Gemeinsamkeit und Solidarität geleistet haben. Also bleiben jene übrig, die über einen längeren Zeitraum beruflich tätig gewesen sind, daher Beiträge gezahlt haben – mag sein, 20, 25 Jahre – und dann vor einer allfälligen Kürzung einer kleinen Pension unter 1 000 € geschützt werden müssen. Dafür ist der Härtefonds.

Das heißt: Es ist ziemlich primitiv, zu rechnen und zu sagen, wenn in diesem Jahr 10 Millionen € im Fonds liegen, dann ergibt das umgerechnet auf alle, die unter 1 000 € haben, pro Monat 1 €, der dazukommt. Das ist ja nie angedacht gewesen, weil wir jene, die eigentlich keinen Schutz brauchen oder auch gar nicht verdienen, nicht schüt­zen wollen, sondern nur jene, die wirklich gearbeitet haben und denen man eine Ver­schlechterung ihrer Position nach einem harten Arbeitsleben ersparen will. Das ist die Philosophie dahinter, und ich finde, dass das auch gut ist. Ich hätte mir gewünscht, dass die Gewerkschaft diese kleinen Leute mit derselben Zähigkeit verteidigt, wie das die freiheitlichen Abgeordneten im Parlament und im Bundesrat hier getan haben. (Bei­fall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Am Ende dieses Diskussionsprozesses ist, wie der Herr Vizekanzler es bereits angedeutet hat, eine generelle Deckelung der möglichen Ver­luste mit zehn Prozent erfolgt. Das war schon eine sehr wichtige Weichenstellung, umso mehr, als man weiß, dass es oppositionelle Fraktionen gibt, die eine 15 Prozent-Deckelung vorgeschlagen haben. So gesehen hat die Bundesregierung mehr getan, als selbst von der Opposition gefordert worden war. Zudem wird im Innenverhältnis in den nächsten Jahren, wenn jemand von Kürzungen betroffen sein wird, eine Decke­lung zwischen drei und fünf Prozent generell erfolgen.

Trotzdem hat man auch noch feinadjustiert. Trotzdem ist es gut, wenn es diese Schwerarbeiter-Regelung geben wird, etwas, worüber wir schon lange reden, in den Arbeiterkammern, im Gewerkschaftsbund, bei den Arbeitnehmerorganisationen und so weiter. Was heißt Schwerarbeiter-Regelung? – Da geht es im Grunde nur darum, dass man jene Tätigkeiten, die zu besonderer gesundheitlicher Belastung führen, festhält und damit eine Frühpensionierung auch weiterhin und ohne Abstriche möglich macht, also 55/60 für jene, die Schwerarbeiter sind, etwa in der Bauwirtschaft, jene, die im Tunnelbau tätig und nicht als Nachtschichtschwerarbeiter angemeldet sind, jene, die bei Asphaltierungstruppen unterwegs sind, bei jeder Witterung draußen sind, Eisen­bahner, die im Schicht- und Wechseldienst, im Verschub arbeiten und so weiter – all diejenigen fallen klassischerweise unter diese Regelung.

Daher wird das, wenn das einmal beschlossen wird, auch ein sozial gerechtes System, in dem genau für jene Vorsorge getroffen wird, die wirklich hart arbeiten und die ge­sundheitliche Defekte haben, von denen man weiß, dass sie mit 50, 55 Jahren in der Regel gesundheitlich so angeschlagen sind, dass sie eben nicht mehr länger arbeiten können oder in eine wesentlich schlechter bezahlte einfache Tätigkeit ausweichen müssen, wodurch sie wiederum pensionsrechtlich in den letzten Jahren einen massi­ven Nachteil haben werden – und das wollen wir nicht!

Daher ist diese Regelung, wenn sie nicht erst im Jahre 2007, sondern schon mit 1.1.2004 oder Mitte 2004 kommt, ein Erfolg, denn wir haben uns das angeschaut: Von der Hackler-Regelung ist im Jahre 2002 kein einziger Bauarbeiter in Österreich betrof­fen gewesen! Von den 130 000 Bauarbeitern ist im Jahre 2002 kein Einziger von der Hacklerregelung betroffen gewesen. (Bundesrat Konecny: Das haben wir Ihnen immer gesagt! Kein Einziger! – Ruf bei der SPÖ: Wem sagen Sie das!) – Sie müssten also dieser Schwerarbeiterregelung mit Begeisterung das Wort reden, meine Damen und Herren von der SPÖ (Bundesrätin Bachner: Bei 45 Beitragsjahren?), weil wir sie durchgesetzt haben (Bundesrat Konecny: Nein! – Bundesrätin Bachner: Herr Landes-


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hauptmann! Das stimmt nicht!), weil wir mit 1.1.2004 eine Regelung haben werden, die genau diese Bauarbeiter erfassen wird (Bundesrat Konecny: Wenn sie daliegt, werden wir sie beurteilen! – Bundesrätin Bachner: 45 Beitragsjahre? Das schaue ich mir an!), die in ihrer beruflichen Entwicklung schlecht vorangekommen sind, was letztlich im Zuge dieser längeren Verhandlungen zur Pensionsreform verhandelt, vereinbart und abgesichert werden konnte.

Das sollte eigentlich nur unterstreichen, dass es Sinn macht, zu verhandeln und nicht irgendwann eine Demonstration oder einen Streik anzumelden, dann wieder nach Hause zu gehen und zu sagen: Das war es! Eigentlich sind wir beleidigt, weil nicht alle gleich unseren Vorstellungen Rechnung getragen haben.

Es ist ein mühsamer Prozess, in den wir eingetreten sind, der aber letztlich etwas ge­bracht hat. Alles in allem ist der Umstand, dass diese Giftzähne gezogen worden sind, für die österreichische Bevölkerung ein Erfolg und hat auch in den Ländern überwie­gend positive Resonanz gefunden.

Das, was meines Erachtens weiterhin reformbedürftig bleibt, ist sicherlich die Frage der Harmonisierung im klassischen Sinn der Politik. Ich bin überzeugt davon, dass man bei den Politikerpensionen eine Scheinlösung gemacht hat, denn bis zur ASVG-Höchst­grenze acht Prozent – ein bisschen Solidarität – und darüber hinaus 15 Prozent einzu­fordern, wird die Leute nicht wirklich befriedigen, da sie das Gefühl haben, dass die Politiker genau zu denjenigen gehören, die bei der Harmonisierung die eigentlichen Bremser sind.

Solange es Sonderrechte gibt, werden Sonderrechte im Sinne des Gruppenegoismus verteidigt. Daher kann meines Erachtens auch die Politik nur mit gutem Beispiel voran­gehen, anstatt nur zu sagen, dass es für zukünftige Politikergenerationen keine Pen­sion im Sonderstatus mehr gibt, sondern auch die bestehenden alten Regelungen soll­ten 1 : 1 in eine Pensionskasse übergeführt oder die erworbenen Anwartschaften aus­gezahlt werden, sodass jeder damit machen kann, was er will! (Bundesrat Gasteiger: Sagen Sie das der Bundesregierung!) Keine Sonderpensionsrechte in einer Zeit, in der man dem Bürger sagt: Wir wollen harmonisieren! – Das ist nicht glaubwürdig! (Bundes­rat Gasteiger: Sagen Sie das der Bundesregierung! Sagen Sie das den ...!)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie haben am allerwenigsten Grund, sich dar­über aufzuregen, denn Ihre Fraktion hat diesen Unsinn, den es heute zu korrigieren gilt, im Jahre 1997 gegen den Widerstand der Freiheitlichen beschlossen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Der besteht darin, dass wir in Österreich ... (Bundesrat Manfred Gruber: Herr Landeshauptmann! Minister Schmid hat auch ...!) – Ich bin selbst damals im Parlament gesessen, und rote, schwarze und freiheitliche Politiker – und wahr­scheinlich auch grüne – kosten diese Dinge aus. Man sollte also nicht so tun, als wüsste man das nicht, sonst hätte es nämlich keinen Versuch einer Vierparteien-Eini­gung gegeben, um auch bei den Politikerpensionen wieder etwas zustande zu bringen. (Ruf bei der SPÖ: Es hat eine Rakete gegeben! Eine Trägerrakete!) Solange Sie diese Regelungen aufrechterhalten, wird Ihnen die Bevölkerung nicht glauben.

Ebenso wenn drinnen steht, dass die Entgeltfortzahlung im Falle des Ausscheidens aus dem politischen Amt ein bisschen gemildert worden ist. Seien wir doch ehrlich! Wie erklären Sie dem Bürger, dass sich ein Minister oder Abgeordneter, der heute aus dem Amt scheidet, mit 100 Prozent seines Bezuges monatelang Arbeit suchen kann? Das ist eine Fehlkonstruktion, und das bleibt eine Fehlkonstruktion (Bundesrat Gasteiger: Sie brauchen es nur zu reparieren, Herr Landeshauptmann!), auch wenn man das von einem Jahr auf sechs Monate oder von sechs Monaten auf drei Monate verkürzt! Volksvertreter, die Volksvertreter sein wollen, sollten sich den gleichen Spielregeln


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unterwerfen wie die Bevölkerung auch! Dann ist das Ganze glaubwürdig, dann ist das in Ordnung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Aus diesem Grund glaube ich, dass die Harmonisierung wirklich der Knackpunkt ist. (Bundesrat Gasteiger: Wer hat denn den Antrag einge­bracht? – Bundesrätin Schlaffer: Die FPÖ hat zugestimmt im Nationalrat!) – Ja, aber es war euer Gesetz aus dem Jahre 1997, das jetzt ein wenig abgemildert wird. (Bun­desrat Gasteiger: Wer hat denn den Antrag eingebracht? Wer war denn das? – Molte­rer, Scheibner!) Aber es war ja die rot-schwarze Regierung, die das Bezügebegren­zungsgesetz – auch mit Unterstützung der Grünen im Parlament – gegen den Wider­stand der Freiheitlichen beschlossen hat. Das ist die Wahrheit, das muss man eben auch immer wieder sagen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich will ja keine Schuldzuweisungen machen (ironische Heiterkeit bei der SPÖ – Rufe bei der SPÖ: Was machen Sie dann?), aber wenn Sie mit Zwischenrufen darauf auf­merksam machen, dass Sie eigentlich ein schlechtes Gewissen für eine Zeit haben (neuerliche ironische Heiterkeit bei der SPÖ), als Sie für diesen Staat verantwortlich waren, dann kann ich mir diese Gelegenheit natürlich nicht entgehen lassen, Ihnen das auch zu sagen.

Ich meine, die Harmonisierung ist sicherlich der wichtige Bereich schlechthin. Diese Harmonisierung wird so lange nicht gelingen, solange es – wie ja auch in der Politik – diese Gruppenegoismen gibt, die letztlich zur unterschiedlichen Behandlung von Bür­gern bei gleicher Tätigkeit führen. Das lässt sich nicht nur an der Politik festmachen, das lässt sich auch in anderen Bereichen festmachen: Für 1,5 Millionen ASVG-Ver­sicherte besteht ein Zuschussbedarf zu den Pensionen von rund 6,5 Milliarden € pro Jahr. Für 150 000 Bundesbedienstete, Beamte, besteht ebenfalls ein Zuschussbedarf zu den Pensionen von 6,5 Milliarden €; dieser ist also gleich hoch wie für 1,5 Millionen ASVG-Versicherte. (Bundesrat Manfred Gruber: Weil der Dienstgeber seine Beiträge nicht einzahlt!) – Jetzt fangen Sie schon wieder an, das zu verteidigen!

In Wirklichkeit ist nämlich die Crux der ganzen Harmonisierung, dass Sie dem Bürger nicht klarmachen können, wer was sowieso noch zusätzlich bezahlt. Der Bürger sagt: Machen wir gleiche Spielregeln: gleiche Beiträge, gleiche Arbeitsjahre, gleiche Bemes­sungsgrundlage, gleiche Ergebnisse. – Das ist meines Erachtens Harmonisierung, und nicht die Scheinrechtfertigung: Wir zahlen ohnehin einen Sicherungsbeitrag und viel­leicht etwas höhere Krankenversicherungsbeiträge. Wenn das ohnehin so ist, frage ich: Warum wehrt man sich dann dagegen, diese Harmonisierung auch entsprechend her­beizuführen?

Jedenfalls ist das für die Optik schlecht, denn wenn man für eine Beamtenpension 43 000 € pro Jahr Zuschuss leistet, für eine Arbeiterpension aber im Schnitt 4 300 €, dann wird es sehr schwierig werden, in Zukunft gemeinsame Streiks und Demonstra­tionen der Gewerkschaft zu finanzieren beziehungsweise zu organisieren. Wer wird sich denn in dieser Art und Weise noch in die Öffentlichkeit begeben? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Erwartungshaltung der Bevölkerung wird aber auch dann nicht erfüllt, wenn es nicht eine wirkliche Bereitschaft in den Bereichen gibt, Verbesserungen zu machen, in denen zu viel Geld ohne Leistung verteilt wird.

Ich komme noch einmal auf den Bereich, den auch der Herr Vizekanzler angesprochen hat, nämlich die so genannten Dienstordnungspensionen in der Sozialversicherung, zurück. Da muss man doch ehrlich sein: Das ist das Absurdeste, was es überhaupt gibt. Seit Jahrzehnten gibt es nicht nur 28 verschiedene Sozialversicherungsträger, sondern dort auch 300 Generaldirektoren und Direktoren und über 600 Abteilungslei-


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ter – alle mit fürstlichen Gehältern! (Bundesrat Manfred Gruber: Der Gaugg wäre auch gerne Generaldirektor geworden!) Die haben alle ihrerseits wiederum ein Sonderpen­sionsrecht, weil ihnen das ASVG-Pensionsrecht, das sie dort eigentlich administrieren, nicht ausreicht. Das ist die Wahrheit!

Deswegen leisten der kleine Arbeiter und der ganz normale Angestellte mit ihren je­weiligen Pensionsbeiträgen, die angeblich nicht mehr ausreichen, um die Pensionen zu finanzieren, auch Beiträge für die Finanzierung der Sonderpensionsrechte in der Sozialversicherung. Anders ginge das nämlich gar nicht, denn durch die 13 400 Pen­sionisten in der Sozialversicherung entstehen Kosten von 231 Millionen € pro Jahr. Und von diesen 231 Millionen € müssen 153 bis 154 Millionen durch Zuschüsse ge­deckt werden, weil sie nicht durch Beiträge finanziert sind.

Das heißt: Es gibt das absurde System, dass derjenige, der die Pensionsbeiträge für die Arbeiter und Angestellten, für die Bauern und Gewerbetreibenden verwaltet, für sich selbst ein Sonderpensionsrecht aus den Beiträgen der kleinen Leute finanzieren lässt!

Und das muss wesentlich besser korrigiert werden, als das jetzt der Fall ist. Ich gebe zu, es gibt erste Schritte: Pensionskassenregelung mit 1.1.96, Solidaritätsbeitrag oder Sicherungsbeitrag – aber all das ist in Wirklichkeit nicht die Lösung! Das System bleibt gleich, daher sind die Leute auch so misstrauisch, denn im Grunde genommen wird der Gruppenegoismus auch in Österreich aufgrund des weit gespannten Netzes von Gruppen aufrechterhalten, die Interesse daran haben, dass sich nichts ändert. Und das hat mit politischer Zugehörigkeit oder Koalition null zu tun, an diesem Gruppenegois­mus ist die Opposition, die Sozialdemokratie, die Gewerkschaft, sind die Arbeiterkam­mern mindestens ebenso interessiert wie Kreise der Regierungsparteien, weil überall ihre Freunde sitzen, die in diesen Institutionen beheimatet sind. Und daher wird gesagt: Ihr könnt doch nicht jetzt unsere positiven Regelungen abschaffen! (Bundesrat Rei­senberger: Den Gaugg haben wir nicht untergebracht!) – Wie bitte? (Bundesrat Rei­senberger: Den Kollegen Gaugg haben wir nicht untergebracht! Das ist furchtbar!) – Schauen Sie, ich glaube, dass Gaugg ... (Bundesrat Reisenberger: Der wollte etwas werden ...! Irgendetwas stimmt da nicht, was Sie da sagen!) – Herr Kollege Gaugg ist für mich ein Musterfall, wie dicht – (ironische Heiterkeit bei der SPÖ – Rufe bei der SPÖ: Für uns auch! – Bundesrat Gasteiger: Für uns war er auch ein Musterfall, Herr Landeshauptmann!) es ist sehr schwer, Ihnen etwas zu sagen, wenn Sie nicht zuhören wollen! – dieses Netz der Besitzverteidiger, Besitzstandswahrer dort ist. Es darf näm­lich offensichtlich kein anderer dazukommen als derjenige, den man selbst zugelassen hat. Das war doch der Hintergrund. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Und ich sage Ihnen: Mit großer Freude werden wir daher aus der Sicht der Freiheit­lichen nicht müde werden, dieses System zu verändern, in dem Leute sitzen, die keine Beiträge leisten – ob Generaldirektor oder Direktor, ob Abteilungsvorstand oder Kran­kenanstalten- und REHAB-Leiter –, die alle Pensionen jenseits der ASVG-Grenze, 7 000, 8 000, 9 000 € im Monat beziehen, ohne dafür Beiträge zu bezahlen, nur weil sie durch politische Entscheidung dorthin gesetzt worden sind. (Bundesrat Schenn­ach: So wie der Gaugg!) Das muss einmal beendet werden, denn das sind Dinge, die nicht angehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Als man sich das jetzt im Zuge der Pensionsreform angeschaut hat, ist man draufge­kommen: Da gibt es ja nicht nur die Sozialversicherungsbediensteten, sondern auch noch die Funktionäre – 1 300 an der Zahl; sie gehören zu einem großen Teil der Oppo­sition an, gehören aber auch den Regierungsparteien an –, die nicht nur schöne Ent­schädigungen – immerhin zwischen 1 700 und 3 500 € pro Monat, das ist ja keine Klei­nigkeit! –, sondern zu einem erheblichen Teil auch noch Pensionen als Funktionäre haben.


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Ich nenne da nur den Chef der Gebietskrankenkasse Oberösterreich, Herrn Ober­christl, der Obmann der Gebietskrankenkasse in Oberösterreich ist: Ein wackerer Sozialdemokrat, Kämpfer gegen die Pensionsreform, hat bisher wacker verschwiegen, dass er einer der Hauptbegünstigten dieses Systems ist, weil er sogar noch als Funk­tionär einer Gebietskrankenkasse einen Pensionsanspruch hat. Das gibt es wirklich nirgendwo in der Welt, meine Damen und Herren!

All diese Dinge müssen im Zuge der Pensionsreform und der Harmonisierung ein für alle Mal der Vergangenheit angehören, sonst werden Sie von der Bevölkerung niemals die Zustimmung dafür bekommen, dass ein gerechtes System durchsetzbar und um­setzbar sein kann – solange diese Vorstellungen und diese Dinge existieren.

Auf der Grundlage dieser Überlegungen sollten Sie auch in den Ländern die Harmoni­sierung als wesentlichen Schritt im Auge haben, denn diese Harmonisierung wird der Knackpunkt des Erfolges oder Nichterfolges sein. Und deshalb ist es auch richtig, das einzumahnen und verbindliche Garantien dafür zu verlangen, dass diese Harmonisie­rung tatsächlich gemacht wird.

Sollte es nicht dazu kommen, weil im Parlament keine Zweidrittelmehrheit zustande zu bringen ist, an der die Grundpfeiler einer Harmonisierung festgemacht werden, obwohl alle sagen: Wir wollen die Harmonisierung! – ich höre ja, alle wollen die Harmonisie­rung (Bundesrat Manfred Gruber: Der Herr Neugebauer nicht!) –, sollte es also doch keine Bereitschaft geben, mit Zweidrittelmehrheit im Parlament ein Grundsatzgesetz zu beschließen, das diese Harmonisierung in den wesentlichen Grundzügen festlegt, um dann im Detail an dieser Harmonisierung zu arbeiten – das gibt es nicht, also so ehrlich ist die Aufgabe nicht (Ruf: Das ist ein Wahnsinn!) –, dann ist es wichtig, dass die Be­völkerung weiß, sie hat noch eine Karte in der Hand, um diese Pensionsreform und die Harmonisierung zu erreichen, nämlich die direkt-demokratische Mitwirkung!

Deshalb kämpfen wir darum, dass es so etwas wie die Bereitschaft – wenigstens zwi­schen den Regierungsparteien – gibt, gegebenenfalls die Bevölkerung auch über die Frage der Harmonisierung entscheiden zu lassen.

Ich kann Ihnen garantieren, dass heute die Meinungsbildung schon so weit ist, dass es massive Zustimmung hiefür gibt. – Dann aber kommt das „Argument“: Wozu haben wir gewählt? Jetzt haben wir ohnehin die Abgeordneten hiefür!

Meine Damen und Herren! In der Verfassung steht: Mitwirkung der Bevölkerung! In so wesentlichen und grundsätzlichen Dingen, wie das eben bei einem Umbau des Sozial­staates der Fall ist, sollten wir keine Angst haben, den Bürger zu Rate zu ziehen, denn da geht es um sein Leben, um seine Lebensplanung – und es geht um die Zukunft der jungen Generation! Diese hat das Recht, über diese Fragen mit zu entscheiden! Und dann schaue ich mir an, wie diese Dinge ausschauen werden. (Beifall bei den Freiheit­lichen. – Bundesrat Gasteiger: Das sollten Sie Ihren Bundesräten heute sagen ...!)

Ich bin heute zu Ihnen als Landeshauptmann von Kärnten gekommen, als Landes­hauptmann, dem es ein Anliegen ist – ich betone das –, dass wir in der Frage der Pen­sionsreform Nägel mit Köpfen machen! Es muss möglich sein, dass wir das verlorene Vertrauen, das die Bevölkerung gegenüber allen politischen Parteien hat, durch ehr­liche Arbeit an dieser Pensionsreform wieder zurückgewinnen, denn es kann doch wirklich niemand behaupten, dass durch diese Pensionsreformdebatte nicht alle ge- und beschädigt wurden.

In diesem ganzen Meinungsklima wird auch die Opposition von der Bevölkerung massiv negativ gesehen. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) – Herr Kollege, das zeigen doch alle Umfragen! – Jeder Österreicher weiß: Die einen waren früher an der Macht und haben die Möglichkeit und Notwendigkeit, da Ordnung zu machen, nicht


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wahr genommen – und die anderen sind jetzt an der Macht und trauen sich auch wieder nicht, die Dinge wirklich ins Lot zu bringen. (Neuerlicher Zwischenruf des Bun­desrates Schennach.)

Die Grünen sind sowieso überall dabei, Herr Kollege Schennach, denn Sie sind diejeni­gen, die am lautesten gegen irgendwelche Privilegien schreien – und am wenigsten bereit waren, bei der Abschaffung der Politikerpensionen mitzuwirken! Da hat es sofort eine Blockade von Ihnen gegeben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube also daher, dass die Konsequenz des Bundesrates darin liegen sollte, diese Garantien für die Frage der Harmonisierung wirklich herauszuverhandeln beziehungs­weise einzumahnen. Das ist der eigentliche springende Punkt! Wir sind uns dessen bewusst – auch in den Ländern –, dass wir bei der Harmonisierung genauso mitziehen müssen, denn bei der vergangenen Verfassungsreform war es ein historischer Fehler, diese Harmonisierungspflicht zwischen Bundes-, Länder- und Gemeinde-Dienstrechten aufzugeben. Das war falsch, denn damit kommt es eben automatisch zu einem Auf­splittern in verschiedene einzelne Dienstrechte, sodass eben gleichartige Tätigkeiten unterschiedlich behandelt werden. In einem so kleinen Land wie Österreich kann das doch nur zu Konflikten, zu Missverständnissen und Unzufriedenheit führen.

Daher meine Bitte, sich hier und heute noch über diese Frage zu unterhalten. Vielleicht gibt es auch die Bereitschaft zwischen den Regierungsparteien, abzusichern, was die Mitwirkung der Bevölkerung in der Frage der Harmonisierung betrifft. (Zwischenruf des Bundesrates Gasteiger.) Man soll sich nicht vor dem eigenen Volk fürchten – auch nicht in so wesentlichen Dingen! Und man sollte auch zur Kenntnis nehmen, dass der Bundesrat letztlich seiner Funktion gerecht werden sollte.

Heute habe ich schon wieder in einer Zeitung gelesen: Na, jetzt können die Bundesräte einmal aufbegehren – aber wenn sie aufbegehren, dann wird das wahrscheinlich auch wieder nicht recht sein! – Der Bundesrat hat ja ohnedies keinen hohen Stellenwert in der politischen Diskussion. Das heißt, man muss sich also auch als Ländervertreter zu diesen massiven Interessenvertretungen der Länder bekennen, und zwar über die Fraktionsgrenzen hinweg. Das ist das Entscheidende! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

In den Ländern geht es ja nicht nur um die Pensionsreform, sondern auch um die Frage: Welche Auswirkungen hat das dann für uns alle? Wir in den Ländern haben alleine mit unseren Dienstnehmern massive Auswirkungen zu gewärtigen. Wenn das Pensionsalter angehoben wird, werden wir nicht – so, wie private Firmen das tun – sagen können: Ich leiste es mir, einen älteren Arbeitnehmer in den Ruhestand zu schi­cken, der soll dann halt „stempeln“ beziehungsweise in die Altersarbeitslosigkeit ge­hen, denn die ist sowieso um 25 Prozent höher bezahlt!, sondern wir werden natürlich unsere Vertragsbediensteten weiterhin beschäftigen: in den Straßenbauämtern etwa, in den verschiedensten Einrichtungen, im handwerklichen Dienst, in den Krankenan­stalten und so weiter.

Teurere Arbeitskräfte werden natürlich länger bei uns bleiben, das heißt: Die Länder­haushalte werden alleine durch diesen Faktor mehr belastet. Das muss doch jeder Bundesrat wissen! Da geht es um Entscheidungen, die nicht so ganz einfach nur von Ihnen allein zu treffen beziehungsweise zu beurteilen sind. (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Daher ist es sicherlich klug, darüber zu diskutieren, wie denn das mit der weiteren Vor­gangsweise bei den Abfangjägern sein soll; gar keine Frage! Nur kann man das nicht so diskutieren: Ja oder nein zu Abfangjägern; entweder wir haben sie oder eben nicht!, sondern die Frage ist doch wohl – nachdem sich alle dazu bekennen, dass das öster­reichische Bundesheer seine Aufgaben, die es von der Verfassung her zweifellos hat,


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auch wahrnehmen soll; das ist ja sogar hineindeklariert worden, dass es so etwas wie eine Luftraumüberwachung geben muss –, die Frage ist allerdings, welcher Weg da gewählt wird.

Ich meine, dass sich da jetzt zwei Dinge ergeben haben: Einerseits wurden die Zah­lungsverpflichtungen bis zum Jahre 2007 hinausgeschoben; ist in Ordnung. Anderer­seits hat man aber noch nicht offen gelegt, ob die jetzt geplante Variante auch die kos­tengünstigste ist. – Auch diesbezüglich hat der Bundesrat eine Verantwortung, denn ...

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Landeshauptmann, bitte vielmals um Entschuldigung: Es ist das jetzt keine Unhöflichkeit Ihnen gegenüber, aber ich habe hier besondere Gäste zu begrüßen, die leider in wenigen Minuten das Parlament wie­der verlassen müssen, weil sie einen Termin außer Haus haben.

Meine Damen und Herren, bitte begrüßen Sie jetzt mit mir ganz herzlich den Präsiden­ten des Chilenischen Senats, Herrn Andrés Zaldívar, der in Begleitung des Herrn Bot­schafters der Republik Chile nach Österreich gekommen ist, auch in Begleitung des Leiters des Verbindungsbüros des chilenischen Außenministeriums mit dem Kongress.

Ich möchte diese Gelegenheit dazu nutzen, Ihnen, Herr Präsident, zu sagen: Wir haben ganz besondere Eindrücke in Chile sammeln dürfen, und ich hoffe, dass wir diese Gastfreundschaft, die wir bei Ihnen erfahren haben, hier etwas erwidern können, damit Sie sich in Österreich wohl fühlen, und dass die Gespräche, die Sie hier führen, gute Ergebnisse zeitigen werden.

Nochmals: Herzlich willkommen in Österreich! (Allgemeiner Beifall. – Präsident Zaldí­var erhebt sich von seinem Sitz und dankt mit einer Verbeugung.)

*****

Herr Landeshauptmann, Sie sind wieder am Wort!

 


Landeshauptmann von Kärnten Dr. Jörg Haider (fortsetzend): Ich glaube also, dass das zweite Argument, nämlich die Frage, was die kostengünstigste Lösung ist, wesent­lich ist. Und das müssen auch die beiden Regierungsparteien zur Kenntnis nehmen! Die Bevölkerung hat keine Freude mit einer Lösung, die nicht nachweisbar eine kos­tengünstige Variante darstellt. Das haben wir auch, wie ich meine, gründlich und ge­wissenhaft zu überprüfen, denn diese Frage ist emotionell sonst schwer zu argumen­tieren, dass man einerseits soziale Maßnahmen restrukturieren muss, sich anderer­seits jedoch für eine nicht kostengünstige Variante entscheidet.

Mehr sage ich nicht zu diesem Thema – sondern nur, dass ich eben meine, dass es ganz, ganz wesentlich ist, den Bürgerinnen und Bürgern zu zeigen, dass man das ernst nimmt und dass da nicht fraktionelle „Befehlsausgaben“ entscheidend sind, son­dern dass das Entscheidende ist, dass das jeder vor seinem Gewissen verantworten kann, hat doch ein Mandatar Bürger zu vertreten, Bürger, die mitunter etwas irritiert sind über Berichterstattungen, wobei es in diesem Zusammenhang um Größenordnun­gen geht, auch beim Anfangjägerkauf, die nicht in Ordnung sind.

Nur: Es ist in dieser Sache ja nur eine Ermächtigung an den Minister erteilt – und daher ist auch die Chance gegeben, da etwas zu korrigieren. Das betone ich! Das sind Dinge, die der Bundesrat wissen muss und die jeder Bundesrat wahrnehmen kann (Bundesrat Gasteiger: Uns müssen Sie das nicht sagen! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen) und die jeder Bundesrat sicherlich auch wahrnehmen wird, wenn man sich dieser Verantwortung entsprechend würdig erweist.

Ich hoffe, meine Damen und Herren, dass ich Ihnen aus der Sicht der Bundesländer ein bisschen sagen konnte, was unsere Motivation ist und wozu es auch, und zwar


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weitgehend grenzüberschreitend, was die politischen Parteien betrifft, bestimmte Bedenken gibt, Bedenken, die man ernst nehmen und wo man nachverhandeln soll. Wobei es aber ganz wichtig ist – ich wiederhole das –, dass die Frage der Harmonisie­rung gesichert ist, denn das ist das, was die Bürger wirklich haben wollen.

Die Bürgerinnen und Bürger sind bereit, auch persönlich ein Opfer zu bringen, wenn sie die Garantie haben, dass in Zukunft – vom Politiker angefangen bis zu den Eisen­bahnern – das Pensionssystem gleich gestaltet wird und es ein faires, ein sozial ver­trägliches System für alle Bürger unseres Landes gibt, ohne dass weiterhin irgend­welche Nischen oder Gruppenegoismen kultiviert werden. – Das ist doch das Produkt einer jahrzehntelangen Politik gewesen, die so nicht mehr fortsetzbar ist!

Die Aufgabe verantwortungsbewusster Mandatare ist es, das zu erkennen und zu sa­gen: Wenn wir den großen Schritt einer dauerhaften Sicherung unseres Sozialsystems, insbesondere der Pensionen, machen, dann müssen wir auch vor der eigenen Tür kehren und müssen, und zwar glaubwürdig, in der Frage der Harmonisierung Nägel mit Köpfen machen – und sicherstellen, dass im Herbst diese Harmonisierung über die Bühne geht! Oder aber die Bevölkerung erhält die Chance, persönlich abzustimmen und der Politik den Weg zu weisen, den sie von dieser erwarten würde. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.51

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Saller. – Bitte.

 


11.51

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Staatssekretärin, sehr geehrter Herr Staatssekretär! Herr Bundesminister! Herr Landeshauptmann! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Kernpunkt des Budget­begleitgesetzes ist, wie wir alle wissen, die Pensionssicherungsreform – und ich darf dazu einige Dinge aus der Sicht der Pensionsempfänger feststellen.

Es gibt ja derzeit auf der Gerüchtebörse zwei Dinge, wobei die eine Gruppe sagt: Bei den Pensionisten erfolgt ein „Pensionsraub“, während die andere Gruppe, konträr dazu, sagt: Welchen Beitrag leisten die Pensionisten überhaupt dazu? Wie sind die mit dabei? Wie sind die eingebunden?

Ich darf zunächst feststellen: Die Senioren wollen den Wohlstand an die Kinder weiter­geben; davon kann man ausgehen. Sie sind sich der Verantwortung bewusst, der nächsten Generation eine nicht noch größere Last aufzubürden, und sie befürworten daher die Pensionsreform unter Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes und der sozialen Symmetrie.

Natürlich sagen die jungen Menschen – und das ist verständlich –, sie wollen und wer­den nicht Bittsteller für eine Leistung sein, die sie für die Allgemeinheit erbringen. – Dazu muss ich anfügen: Die Senioren haben das über viele Jahrzehnte getan.

Meine Damen und Herren! Das bestehende System ist nicht mehr beizubehalten. Man weiß ja: Im Jahre 2015 werden auf 2 000 Beitragszahler 800 Pensionisten kommen; im Jahre 2030 auf 1 000 Beitragzahler 1 000 Pensionisten. Das heißt also, wir brauchen langfristige Veränderungen und langfristige Überlegungen. Das wissen alle; alle Um­fragen zeigen das. 80 Prozent der Bevölkerung wissen, dass diese Eckdaten einen be­stimmten Handlungsbedarf erforderlich machen.

Dabei darf es allerdings zu keinem Konflikt – darin sind wir uns, glaube ich, auch einig – zwischen Arbeitnehmern, Arbeitgebern beziehungsweise Pensionsempfängern kommen. Natürlich hat niemand Freude damit, wenn er künftig weniger Geld erhält. Den Mut – und das jetzt fünf Minuten vor zwölf Uhr –, die richtigen Maßnahmen zu


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setzen, hat nur diese Regierung unter Bundeskanzler Dr. Schüssel aufgebracht. Man muss nochmals deutlich sagen: Da ist es bereits fünf Minuten vor zwölf – und die jetzige Regierung hat gehandelt! (Beifall bei der ÖVP. – Rufe: Das passt; jetzt ist es wirklich 11.55 Uhr!) Ja, es ist jetzt ziemlich genau fünf Minuten vor zwölf Uhr.

Alle in der Opposition befindlichen Abgeordneten sagen, es müsse eine Reform ge­ben – alle sehen das ein –, jedoch unter folgenden Voraussetzungen: Es dürfe keine Pensionskürzungen geben, die Übergangsbestimmungen sollten auf Jahrzehnte aus­gedehnt und Frühpensionsantritte nach Möglichkeit auch nicht verändert werden, und so weiter! – Ja, bitte, wie soll denn das gehen?! Ich stelle die Kernfrage: Wenn das so einfach ist, warum ist es dann nicht schon längst geschehen, wenn sich so etwas Ihrer Ansicht nach in dieser Kürze abwickeln lässt und die Opposition meint: Wir machen jetzt keinen Beschluss, sondern erst im Herbst, denn bis Herbst wird sich das schon machen lassen!? – Das ist doch eine Illusion! Die, die das sagen, erkennen doch die Dimension nicht!

Ich darf noch einmal zum Beginn meiner Ausführungen zurückkehren, zu diesen zwei Fragen: Von einem „Pensionsraub“ kann bei bestehenden Pensionsempfängern keine Rede sein! – Und zur Frage, was denn die Pensionsbezieher leisten, darf ich schon sagen: Diese haben in den vergangenen drei Jahren bereits mehrere Milliarden Euro an Beiträgen geleistet; um das einmal klar festzuhalten. Alle Pensionen wurden in den letzten Jahren immer unter der Inflationsrate angepasst; das ist Tatsache! Weiters: Der Absetzbetrag ab 1 450 € Monatspension wurde deutlich reduziert; über 1 700 € Monatspension gibt es überhaupt keinen Absetzbetrag mehr. Und diese Liste ließe sich noch fortsetzen.

Natürlich werden auch in den kommenden Jahren die Pensionsempfänger weitere hohe Beiträge leisten; das steht unverrückbar fest: Der Pensionssicherungsbeitrag der Beamten wird angehoben, es erfolgt eine Erhöhung des Krankenversicherungsbeitra­ges jeweils um ein halbes Prozent in den Jahren 2004 und 2005. – Daher nochmals: Die Pensionsempfänger haben tatsächlich hohe Beiträge in der Vergangenheit geleis­tet und werden da auch sicherlich künftig mit eingebunden sein.

Natürlich muss man sagen: Eine so tief greifende Reform verursacht schmerzliche Ein­bußen. Die Regierung hat aber, wie ich meine, eine ausgewogene, verträgliche und zukunftsorientierte Pensionssicherung vorgelegt, eine Pensionssicherung, die alle be­trifft – und daher sollten ihr auch alle zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundes­räten der Freiheitlichen.)

11.57

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gasteiger. – Bitte.

 


11.57

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Herr Landeshauptmann! Bei einem so ernsten Thema wie heute, dem Budgetbegleitgesetz eben, war es schon sehr interessant, die Ausführungen des Herrn Landeshauptmannes von Kärnten zu hören, der sich da her­stellt, seine eigenen Mitglieder der Bundesregierung, seine eigenen Mitglieder des Nationalrates sowie seine eigenen Mitglieder des Bundesrates desavouiert – und diese hier so hinstellt, als würden sie ohnehin alle zusammen nichts können. – Anders kann ich das Ganze, so, wie Sie es gesagt haben, nicht sehen.

Sie, Herr Landeshauptmann Haider, stellen hier doch alle als unfähig hin. Als etwas anderes kann man das doch sonst nicht bezeichnen, wenn Sie hier eben Hauptbe­günstigte wie die Herren Reinhart Gaugg oder Michael Schmid  und viele andere hier


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jetzt einfach so links nebenbei sozusagen unter den Tisch kehren wollen und hier so tun, als sei das alles nichts Besonderes gewesen.

Ich stelle mir vor, dass Sie, Herr Landeshauptmann, da folgendes perfektes Rollenspiel haben: Sie, Herr Dr. Haider, sind derjenige, der die Oppositionsrolle spielt – und Herr Vizekanzler Haupt ist derjenige, der sozusagen die Wunden dieser Bundesregierung leckt! Sonst geht es doch gar nicht anders, wie Sie sich da momentan gebärden. (Bei­fall bei der SPÖ und den Grünen.)

Da Sie, Herr Landeshauptmann Haider, von einem Missbrauch der Frühpensionen bei Post, ÖBB oder Telekom gesprochen haben, weiters von Unternehmenssanierungen, frage ich Sie, Herr Landeshauptmann – bald hätte ich gesagt: Herr Vizekanzler –: Wer hat denn diese Unternehmenssanierer eingesetzt? Wer ist denn der Mehrheitseigen­tümer dieser Unternehmen? – Diese Bundesregierung ist es, die diese Unternehmens­sanierer eingesetzt hat, um genau auf jene Menschen, die sie loswerden will, eine Hetzjagd zu machen! Etwas anderes als eine Hetzjagd ist es doch nicht! Diese Bun­desregierung will mit aller Gewalt einsparen, will mit aller Gewalt ein Nulldefizit, das in Wirklichkeit ohnehin nie ein solches gewesen ist, erreichen. Und deshalb müssen viele Menschen in Frühpension gehen.

Ich frage Sie, Herr Landeshauptmann: Wo wollen Sie denn diese Menschen hintrei­ben? Wollen Sie diese Menschen in die Armut treiben? Wohin wollen Sie diese Men­schen treiben?; das ist die Frage!

Fürs Protokoll möchte ich hier und heute festhalten: Die Gewerkschaften waren es mit Tausenden Menschen auf der Straße, welche die Bundesregierung in der Diskussion um die Pensionsreform zum Einschwenken gebracht haben, und nicht solche Umfaller wie jene von GÖD-Vorsitzendem Neugebauer, von Schöls und anderen Genossen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist etwas Sonderbares, wenn man im Zusammenhang mit dem 700-seitigen Bud­getbegleitgesetz für Österreich unter anderem so wichtige Positionen wie die Pen­sionsreform sowie die Causa Kampfjets zu diskutieren hat. – Die interessierte Bevölke­rung fragt sich: Welchen Sinn macht denn das? Einerseits geht es um die Pensions­reform, bei welcher der Herr Landeshauptmann von Tirol Wasser predigt und Wein trinkt – ich bitte, ihm das so zu bestellen! –, andererseits geht es um die Kampfjets, hinsichtlich welcher die Regierung wohl meint, sie gut verpackt unter Allfälliges – unter Allfälliges! – der österreichischen Bevölkerung verkaufen zu können. Gibt es da etwas, was die Österreicherinnen und Österreicher wissen müssten? Oder gibt es schlichtweg Bedenken der Bundesregierung, dass die Einzelverpackung der Gesetze nicht lange halten wird? Was ist es? – Es gibt Fragen über Fragen an Herrn Bundesminister Platter, der leider Gottes nicht mehr da ist. (Ruf bei den Freiheitlichen: Er kommt wie­der!) Dann bestellen Sie ihm bitte, dass wir hier im Bundesrat auf diese Fragen viele Antworten erwarten!

Ich möchte Herrn Bundesminister Platter in der ganzen Causa Kampfjets gar nicht ein­mal persönlich verantwortlich machen. Leider muss der Herr Bundesminister die Suppe aber auslöffeln, welche ihm sein Vorgänger Klubobmann Scheibner, sein Bundeskanz­ler beziehungsweise der Finanzminister eingebrockt haben. Allerdings hat er es noch in der Hand, ob er den Vertrag unterschreibt oder nicht unterschreibt! (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Wenn laut einer Meinungsumfrage 77 Prozent der österreichischen Bevölkerung den Ankauf der Kampfjets als Provokation empfinden und lediglich 47 Prozent der ÖVP-Sympathisanten dem Ankauf zustimmen, dann muss ich sagen: Es wundert mich die Beharrlichkeit, mit der die Bundesregierung diesem Ankauf zustimmt!


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Schauen wir uns die Angelegenheit in den Eckpunkten an: Der Ankauf der 18 Stück Kampfjets beläuft sich inklusive System- beziehungsweise Folgekosten, der Kosten für Ausrüstung, Ausbildung, Hard- und Software, der Finanzierungskosten und so weiter auf 1,9 Milliarden € beziehungsweise, wenn wir es aufrunden, auf 2 Milliarden €. Ge­zahlt werden wird von 2007 bis 2016 in Halbjahres-Tranchen, und zwar wahrscheinlich mit Geld, das wir zwischen 2007 und 2016 auch nicht haben werden. Der erste Kampf­jet soll im Mai 2007 landen, 2008 kommen 12 weitere Kampfjets, und ab 2009 sollen die 18 Kampfjets Österreich überfliegen.

Da die Draken 2005 auslaufen, wurde ein Überbrückungsprojekt bis 2007 angedacht. Dabei stellt sich die Frage, warum Österreich nicht überhaupt mit Leih-Kampfjets das Auslangen finden kann Es stellt sich die Frage, warum in diese Kriegsgeräte – und ich behaupte: es sind Kriegsgeräte – nach Beendigung des Kalten Krieges überhaupt in­vestiert wird, nachdem sich das Szenario beziehungsweise Bedrohungsbild vielfach geändert hat.

Da kann sich der Herr Vizekanzler wohl herstellen und sagen: Bei der Jugoslawien-Krise vor 14 Jahren haben wir sie notwendig gebraucht! – Ich frage mich jedoch heute: Ist er außenpolitisch nicht sattelfest und hat er nicht mitbekommen, dass sich die jugoslawischen Staaten inzwischen anders formiert haben? Das wäre einmal streng zu hinterfragen!

Da gefällt mir die Diktion des Herrn Kollegen Bundesrat Ager schon besser, der gesagt hat: Die Kampfjets brauchen wir eigentlich für unsere Events, um den Luftraum abzusi­chern. – Das ist zumindest eine glaubwürdige Erklärung, welche die österreichische Bevölkerung, wie ich meine, irgendwie noch akzeptieren könnte.

Weiters stellt sich die Frage: Warum müssen es ausgerechnet die teuersten Kampfjets sein? – Man hört, die schwedische Firma SAAB hätte beste Preise für ihr Produkt an­zubieten beziehungsweise hat diese schon angeboten. Man hört ebenso, dass die russischen MIG als Gegenleistung zum Abbau der Staatsschulden angeboten worden wären, und zwar wohlgemerkt: 18 Stück Kampfjets um null! Das wäre doch eine Mög­lichkeit, wenn wir wirklich etwas brauchen! Schließlich wären eine Variante auch die amerikanischen F-16, deren Ankauf laut Medienberichterstattung von Finanzminister Karl-Heinz Grasser ursprünglich stark forciert worden ist.

Doch was wird herauskommen? – Wenn die freiheitlichen Bundesräte heute nicht, wie angekündigt, umfallen – aber wahrscheinlich war das, was Sie in den letzten Tagen lanciert haben, ohnehin nur Schaumschlägerei oder eine Luftblase –, dann wird das das teuerste Rüstungsgeschäft der Republik Österreich sein!

Aus Analysen von EADS geht hervor, dass die Betriebskosten des Gripen mit zirka 80 Prozent jener des Eurofighters zu veranschlagen sind. Das heißt, selbst EADS gibt zu, dass der Kampfjet um 20 Prozent teurer ist als jener der Mitbewerber.

Herr Verteidigungsminister! Ich habe eine Frage. Bitte bestellen Sie ihm das, Frau Ge­sundheitsministerin! Wissen Sie, wie viel 20 Prozent von zirka 2 Milliarden € sind? Hat Herr Finanzminister Grasser das einmal nachgerechnet oder über diese Summe nach­gedacht? – Diese Bundesregierung verschuldet die nachkommenden Generationen über Jahrzehnte mit der Beschaffung dieser Kampfjets. Einerseits wird ein Nulldefizit vorgegaukelt, das ohnehin nie eines gewesen ist, auf der anderen Seite wird das Geld beim Fenster hinausgeschleudert!

Es mag schon richtig sein, was Bundeskanzler Schüssel und Finanzminister Grasser immer wieder predigen, nämlich, dass diese Beschaffung in der laufenden Legislatur­periode keinen Cent kostet. Die Abfangjäger-Beschaffung müsste nicht vom Staat durchgeführt werden, sondern von einer ausgelagerten Wirtschaftsplattform, die das


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auch zu einem großen Teil selbst finanziert. – Das sagte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel am 10. September 2002. Just vor der Wahl kam der Bundeskanzler also mit diesem Vorstoß, wahrscheinlich um keine Wählerinnen und Wähler zu vergrämen.

Was ist heute? – Heute kommt die Finanzierung nicht von einer ominösen Wirtschafts­plattform, die ohnehin kein Mensch kennt und die ohnehin nicht nachvollziehbar und transparent ist, sondern sie kommt aus dem Bundesbudget. Nennt man dies Wähler­täuschung oder gar einen Schmäh auf Kosten der Wähler? Oder was ist es sonst? – Es ist Schuldenpolitik! Es ist genau das, was die jetzigen Regierungsparteien ÖVP und Freiheitliche uns Sozialdemokraten vorwerfen.

Übrigens: In den letzten 14 Jahren wart ihr auch dabei, liebe ÖVP- beziehungsweise christlich-soziale Abgeordnete! (Bundesrat Ing. Franz Gruber: Aber mit keinem Finanz­minister!) Regierungsbeschlüsse müssen aber schon einstimmig sein, oder? Regie­rungsbeschlüsse müssen einstimmig gefasst werden, oder? (Zwischenruf des Bundes­rates Dr. Kühnel.) Reden Sie doch keine Semmel daher! Sie wissen ganz genau, dass Regierungsbeschlüsse einstimmig sein müssen! Ist das bei Ihnen noch nicht hineinge­gangen? (Zwischenruf des Bundesrates Ager.) Reden Sie keinen Schmarren! Regie­rungsbeschlüsse müssen einstimmig sein, aus, Punktum! Ihr wart dabei! (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Franz Gruber.)

Ich sage: Es ist verantwortungslos, so mit dem Steuergeld umzugehen! Aber wahr­scheinlich wird diese Bundesregierung ohnehin davon ausgehen, nach den nächsten Nationalratswahlen in der Opposition zu sein, deswegen werden die Kampfjets jetzt noch, so schnell es nur irgendwie geht, durchgeboxt.

Da gefällt mir der freiheitliche pensionierte Oberst John Gudenus schon besser, der zumindest einen Aufstand geprobt hat. Ob er ihn heute wirklich durchführen wird, das werden wir dann bei der Abstimmung sehen. Oder es gefällt mir diesbezüglich auch der Herr Landeshauptmann besser, der einmal groß plakatiert hat: „Für Österreich geschafft: Jörg Haider stoppt Abfangjägerkauf. Er hat euch noch nie belogen.“ – Das gefällt mir deswegen so gut, weil er vorhin sehr polemisch über das Ganze hergezogen ist. (Der Redner stellt das erwähnte Plakat aufs Rednerpult.)

Haben die Damen und Herren von dieser Bundesregierung nachgedacht und nachge­rechnet? Herr Landeshauptmann! Ich habe gerade festgestellt, dass Sie mir mit Ihrem Plakat eigentlich gut gefallen haben! Jetzt sind Sie aber wirklich unglaubwürdig gewor­den, denn zuerst haben Sie in diesem Sinn plakatiert, und jetzt halten Sie sich einfach nicht mehr daran! (Beifall bei der SPÖ. – Landeshauptmann Dr. Haider: Ihr hättet Freude mit einem solchen Kandidaten! – Bundesrätin Schicker: Versprochen und gebrochen! – Rufe und Gegenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen. – Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen.)

Wir haben gute Kandidaten in Kärnten, da fehlt nichts! Wir werden die nächste Wahl souverän gewinnen! Damit habe ich keine Probleme!

Ich möchte jetzt fragen: Haben die Damen und Herren von dieser Bundesregierung einmal darüber nachgedacht, was sich Österreich um zwei Milliarden € leisten kann? Ich bin aus Tirol. (Landeshauptmann Dr. Haider: Am Dialekt erkennt man das!) Das erkennt man am Dialekt, gelt?

Haben Sie darüber nachgedacht, wie viele Schulen, Kindergärten oder Kinderbetreu­ungseinrichtungen gebaut werden könnten oder wie viel in den Gesundheitsbereich in­vestiert werden könnte? (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Rauch-Kallat.) Das ist Ihr Ressort, Frau Minister! Ganz zu schweigen von den Selbstbehalten und Ge­bühren, die man den Menschen wieder zurück überweisen könnte! Haben Sie einmal darüber nachgedacht, was den Pensionisten wieder zurück gegeben werden könnte,


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bei welchen Sie jetzt voll zugreifen? Wie viel könnte beispielsweise auch in die Wirt­schaft, die jetzt marode daliegt – wie Sie selbst immer wieder behaupten –, fließen, um diese wieder anzukurbeln! Selbst im Ressort des Herrn Verteidigungsministers könnte viel investiert werden, wenn man in der Verteidigung wirklich einmal etwas tun muss, etwa in den Bereichen Mannausrüstung, Truppentransporte oder vieles andere mehr. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Ich hoffe, dass das, was der Herr Vizekanzler vorhin gesagt hat, dass die Belgier oder die Luxemburger – oder wer immer es war – in einen Flugzeugträger investieren, nur ein böser Traum ist, und ich hoffe sehr, dass bei uns nicht irgendwann einmal auf der Donau oder auf dem Mondsee ein Flugzeugträger stationiert werden wird, weil wir diesen dann unter Umständen brauchen!

Oder stellen Sie sich vor, wie viel mit zwei Milliarden Euro in die zivile Landesverteidi­gung oder in die Feuerwehr und in Organisationen wie das Rote Kreuz, die Bergret­tung, die Samariter und wie sie alle heißen investiert werden könnte. (Bundesrat Ing. Franz Gruber: Schwarzes Kreuz!) Red keinen Blödsinn! Du weißt ganz genau, dass das mit der zivilen Landesverteidigung nichts zu tun hat, Kollege Gruber!

 


Vizepräsident Jürgen Weiss (das Glockenzeichen gebend): Ich bitte, den Begriff „Blödsinn“, der an eine konkrete Person gerichtet war, zurückzunehmen!

 


Bundesrat Klaus Gasteiger (fortsetzend): Dann sage ich nicht „Blödsinn“, sondern dass er einfach nicht gewusst hat, dass das „Schwarze Kreuz“ etwas anderes ist!

Gestern war in der „Kronen Zeitung“ groß zu lesen: „Feuerwehren geht das Geld aus.“ – Bei unserer zivilen Landesverteidigung, die Tag und Nacht bereitsteht, wenn es wirklich brennt, wenn es Unwetter oder Muren gibt oder sonst irgendwas geschieht, wären zwei Milliarden Euro viel besser aufgehoben. Ich bin überzeugt, das würde einen Motivationsschub in Ländern und Gemeinden draußen bewirken!

Es gibt ein kurzes Sprichwort, welches da lautet: Lügen haben kurze Beine. – Das lernt, glaube ich, jedes Kind. Ich meine, dass der klassische Schmäh jener österreichi­schen Mischung aus Halb- und Unwahrheiten momentan auch keine langen Beine hat. Vor den Nationalratswahlen hat man gerätselt, wie das mit der Wirtschaftsplattform funktionieren könnte. Heute weiß man: Es war ohnedies bloß ein Schmäh!

Dann wurde mit Gegengeschäften argumentiert, es war von 200 Prozent die Rede. Der Wirtschaftsminister lacht schon! Es hieß: Teure Kampfjets bringen auch mehr Gegengeschäfte! – Wunderbar, denkt der Laie Otto Normalverbraucher. 100, 200, 1 000: Warum kaufen wir nicht so viel, bis sich das Geschäft selber rechnet, bis wir wirklich in einem Nullsummenspiel zu den teuersten Kampfjets kommen, die wir eigent­lich brauchen? Mit einem Ankauf in dieser Stückzahl wäre diese Bundesregierung ihre Budgetsorgen von heute auf morgen absolut los! Aber auch das war ein Schmäh. Wieder sind die Leute am Schmäh gehalten worden!

Ein weiteres Argument: Die Kampfjets machen einzig und allein Sinn, wenn damit nationale Einsätze geflogen werden. Das will man aber nicht, weil wir auch nicht zur NATO wollen. Auch das war ein Schmäh!

Fest steht, dass wahrscheinlich – und das ist in den Blättern nachzulesen – bei der Vergabe gemauschelt worden ist. Die F-16 Standardmodelle der US-Luftwaffe wurden als untauglich ausgeschieden, der SAAB-Gripen wurde teurer gerechnet, und alle anderen billigeren Varianten wurden ebenso ignoriert wie die Betriebskosten des Euro­fighters.

Schließlich ist dann durch die Arbeit der Grünen und deren diesbezügliche Dringliche Anfrage Licht ins Dunkel gekommen. Wir haben erfahren, dass wir mit rund 2 Milliar-


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den € insgesamt zu rechnen haben. – Aber wahrscheinlich war das auch ein Schmäh, wie fast jedes Detail in dieser Hinsicht.

Im „NEWS“ hieß es am 7. Feber 2002: „Grasser: Abfangjäger aus finanzieller Sicht nicht leistbar.“ In der „Presse“ war am 8. März 2002 zu lesen: „Grasser: Mein Wunsch­programm war die F-16.“ In der „Presse“ vom 15. Juni 2002 stand: „Grasser will billi­gere gebrauchte Abfangjäger.“ Im „profil“ hieß es am 24. Juni 2002: „Gebrauchte Abfangjäger oder gar keine.“

Jetzt frage ich Sie: Was ist unter dem Strich herausgekommen? – Unter dem Strich sind das Widersprüche! Der Herr Finanzminister hat im Nationalrat am 10. Juni 2003 von Verhandlungen gesprochen, und er hat sich wieder in Widersprüche verstrickt! Es wurde gefragt: Wie sollen Verhandlungen geführt werden, ohne Leute zu treffen und ohne Gespräche zu führen? Da hat es geheißen: Seien Sie versichert: Natürlich haben wir Verhandlungen geführt. Wir haben uns mit Persönlichkeiten getroffen und mit ihnen Gespräche geführt, und zwar auf beamteter Ebene und auf politischer Ebene.

In der Anfragebeantwortung vom 25. September 2002 klang dies noch anders! Dort ist nachzulesen: „Von einzelnen Firmenvertretern wurde sporadisch der Kontakt zu meinem Ressort gesucht, um sich einerseits vorzustellen und andererseits Prospekt­material zu deponieren.“ – Damals war also noch keine Rede von Gesprächen!

Erst als durch Indiskretionen Verhandlungen bekannt geworden sind, hat Finanzminis­ter Karl-Heinz Grasser seine Argumentation geändert. Somit ist Faktum, dass er ge­genüber dem Bundesrat im September vorigen Jahres die Unwahrheit erzählt und seine Treffen mit Firmenvertretern völlig herabgespielt hat. Er hat damals von Pro­spektübergabe gesprochen, von nicht mehr und nicht weniger. In Anbetracht dessen hoffe ich, dass ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden wird, um Licht in diese Angelegenheit zu bringen.

Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren von der Regierung! Ich fordere Sie im Namen meiner Fraktion auf, die künftigen Generationen nicht unnötig zu verschulden! Ich fordere Sie im Namen meiner Fraktion auf, die zirka 2 Millionen € in sinnvollere Projekte zu investieren, wenn Sie das Geld schon unbedingt ausgeben wollen! (Bun­desrat Mag. Gudenus: Vollkommen richtig!)

Ich fordere die Bundesräte von der freiheitlichen Fraktion auf, diesem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen! Was herauskommt, das werden wir bald wissen. Wahrscheinlich werden wir in Bälde ohnehin sehen, wo die Umfaller in den freiheitlichen Reihen sitzen und wo nicht!

Herr Bundesminister Platter! Ich fordere Sie im Namen meiner Fraktion auf, diesen Kampfjetvertrag nicht zu unterschreiben! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.19

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Weilharter. Ich er­teile ihm das Wort.

 


12.19

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Meine Herren Staatssekretäre! Kollege Gas­teiger hat sich erdreistet, Mitglieder meiner Fraktion als Umfaller und – um in deiner Diktion zu bleiben – als Schaumschläger zu bezeichnen. (Bundesrat Gasteiger: Das werden wir ja sehen!) Herr Kollege Gasteiger! Ich frage Sie allen Ernstes: Wenn dies Ihr Angebot zum Dialog und zu einem Konsens ist und wenn dies Ihr Angebot ist, dass wir Ihre Initiative unterstützen, dann dürfen Sie sich nicht wundern, dass Sie mit Ihrem Stil in der Minderheit bleiben! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Herr Kollege! In dieser Diktion, in diesem Stil öffnet man keine Türen, so kann ein Dia­log, so kann eine Einigung nicht erfolgen. (Bundesrat Manfred Gruber: Sagen Sie das einem künftigen Pensionisten!)

Meine Damen und Herren! Zum Budgetbegleitgesetz möchte ich sagen: Es ist, glaube ich, für alle hier im Haus und für alle Fraktionen unbestritten, dass es eine umfassende Materie ist. Man könnte bei oberflächlicher Betrachtung sagen, es beinhaltet die Ge­setze von A bis Z, vom Arbeitsrecht bis zum Zivildienst. (Bundesrat Gasteiger: Und Kampfjets!) Natürlich sind, Herr Kollege, all diese Themen budgetrelevant, aber gerade darüber, meine Damen und Herren, wird eigentlich in Summe wenig diskutiert, sondern der Knackpunkt sind die Pensionsreform und die Nachbeschaffung der Überwachungs­flugzeuge, und über diese zwei Punkte wird eigentlich die größte Diskussion geführt.

Meine Damen und Herren! Ein paar Sätze zur Pensionsreform, zum Pensionssiche­rungsgesetz: Keine Regierung der Zweiten Republik war so bemüht, bei der Gesetz­werdung einen so großen Dialog, eine so weit gefächerte Diskussion zu führen. Ich erinnere: Es gab Begutachtungsverfahren und Expertenrunden, die Interessenvertre­tungen wurden zur Mitarbeit eingeladen, die Sozialpartnerschaft wurde eingebunden, Runde Tische gab es und vieles mehr, und vor allem wurde auch eine öffentliche Dis­kussion geführt. Ich meine, in der Vorbereitung zu dieser Pensionsreform wurde der größte Versuch zum Dialog in der Zweiten Republik unternommen.

Meine Damen und Herren! Dass gerade die SPÖ als Opposition in beiden Häusern sich dagegen ausspricht, war ja eigentlich auch augenscheinlich. Aber, meine Kollegin­nen und Kollegen von der SPÖ, Sie liegen in Ihrer Argumentation falsch. Wenn Sie permanent nur von Geldbeschaffung sprechen, dann ist das nicht korrekt. Jede Maß­nahme – das muss uns allen bewusst sein –, ob es eine Pension ist, ob es Löhne oder Gehälter sind, also alle Zuwendungen und Leistungen, die erfolgen, erfordern natürlich ein Budget, erfordern natürlich Kapital. Deshalb würde ich mir von Ihnen in dieser Frage auch mehr Sachlichkeit erwarten, nicht nur, dass Sie stereotyp von Geldbe­schaffung sprechen, denn in Wahrheit ist in diesem Budgetbegleitgesetz, in dieser Pensionsreform sehr vieles drinnen, das auch Ihren Vorstellungen und Ihren Vorschlä­gen zu vielen Bereichen entspricht.

Meine Damen und Herren! Da Sie immer wieder den Begriff „überfallsartig“ verwen­den – auch Ihr Erstredner heute hat das getan –, muss man, glaube ich, auch in aller Fairness klarstellen: Das ist der üble Versuch einer Unterstellung und entbehrt jeder Grundlage. Jeder in diesem Hohen Haus und jeder darüber hinaus in Österreich weiß, dass die Menschen Gott sei Dank immer älter werden und andererseits leider die Zahl der Geburten rückgängig ist. Das heißt im Klartext: Der Generationenvertrag in der bis­herigen Form kann nicht mehr funktionieren. Die Grundlagen eben für diesen Genera­tionenvertrag haben sich auf Grund dieser Entwicklung verändert.

Das war, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, absehbar, und Sie sind ja nicht, wie ich hoffe, mit verschlossenen Augen an den Statistiken, an den Entwick­lungen der Vergangenheit vorbeigegangen. Daher können Sie nicht davon sprechen, dass es überfallsartig war. Wir wissen bereits seit den siebziger Jahren, wie sich die Geburtenzahl beziehungsweise wie sich dieses Verhältnis entwickelt. Die Tatsache, dass Sie, meine Damen und Herren, sich seit den siebziger Jahren diesem Bereich verschlossen haben – ich will Ihnen nicht unterstellen, dass Sie die Augen verschlos­sen hatten –, dass seit den siebziger Jahren auf diese Entwicklung nicht reagiert wurde, ist auch der Grund dafür, dass jetzt höchster Handlungsbedarf besteht.

Hier, meine Damen und Herren, ist auch die Frage an die Sozialdemokratie zu stellen: Haben Sie mit dem Eintritt in die Opposition Ihr soziales Gewissen, Ihre soziale Verant­wortung abgelegt? (Bundesrätin Schicker: Das brauchst du uns nicht vorzuhalten,


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Herr Kollege! Du bist schon witzig! – Bundesrat Konecny: Sprechen Sie von dieser Regierung?) Herr Kollege Konecny, hier ist die Frage zu stellen: Suchen Sie den Dia­log auf der Straße (Bundesrat Konecny: Wenn ihn die Regierung verweigert, dann auch auf der Straße!), oder glauben Sie an die demokratischen Einrichtungen? (Bun­desrat Manfred Gruber: Da muss man auch eingeladen werden!) Oder sind Sie bereit, im Sinne der Demokratie den Dialog am Runden Tisch, in den Ausschüssen und hier im Plenum zu führen? (Bundesrat Konecny: Die Opposition ist ja nicht eingeladen worden! Also fordern Sie keine Dialogbereitschaft! – Bundesrätin Dr. Kanovsky-Win­termann: Sie wurden eingeladen! – Bundesrat Konecny: Nein! Der Herr Bundeskanz­ler hat gesagt: Zu diesem Runden Tisch kommen sie mir nicht!)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss (das Glockenzeichen gebend): Bitte keine Zwiege­spräche abseits der Debatte!

 


Bundesrat Engelbert Weilharter (fortsetzend): Herr Kollege! Es stellt sich aber die Frage: Haben Sie diese Entwicklungen wirklich außer Acht gelassen? Ich will Ihnen nicht – ich sage es noch einmal – unterstellen, Sie hätten diese Entwicklungen ver­schlafen. Aber wenn Sie das nicht verschlafen haben, dann ist es peinlich oder als sehr ernst zu betrachten, dass Sie nicht gehandelt haben, denn dann ist anzunehmen, dass es reine Realitätsverweigerung ist. Ich ersuche Sie, auch aus Ihrer Sicht klarzustellen, ob es reine Realitätsverweigerung ist, was Sie hier betreiben, oder haben Sie eben die Entwicklungen dieser letzten Jahre nicht so ernst genommen, um es vornehm auszu­drücken? Anders kann ich diese Diktion und eben diese Aussagen wie „überfallsartig“ und dergleichen mehr nicht interpretieren.

Ich sage es noch einmal: Ein inhaltliches Vakuum, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, kann mit noch so deftigen und starken Formulierungen nicht kom­pensiert werden. Denken Sie darüber nach! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bun­desräten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Nun auch ein paar Bemerkungen zum Koalitionspartner ÖVP. Wir hatten in der Frage Pensionssicherungsmaßnahmen, Pensionsreform bis nach der Beschlussfassung durch den Nationalrat einen gemeinsamen Weg. Aber Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, können nicht bestreiten, dass sich nach der Beschlussfassung im Nationalrat einige Ihrer Repräsentanten – beginnend bei Präsi­dent Khol über Generalsekretär Lopatka bis hin zu einigen Ihrer Landeshauptleute; ich hätte die Zitate und die Zeitungsberichte hier – doch genötigt gefühlt haben, sich in der Öffentlichkeit dazu zu äußern, und sie haben versucht, die Kernfrage, unser Kern­anliegen in dieser Frage, die Harmonisierung, hinauszuschieben, nicht als so dringlich, nicht als so erforderlich zu betrachten. Es gibt genügend Äußerungen in dieser Rich­tung.

Durch dieses Hinauslehnen Ihrer von mir zitierten Exponenten haben Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, als Koalitionspartner natürlich für Unruhe in unserer, in meiner Fraktion gesorgt. Gerade das stimmt uns sehr nachdenklich. Damit haben Sie das Argument und den Anlass geliefert, dass unser Stimmverhalten für heute nicht vorweg festgelegt werden kann.

Deshalb, meine Damen und Herren von der ÖVP, ist es erforderlich, dass Sie unmiss­verständlich klarstellen, ob Sie die Harmonisierung wollen und bis wann Sie die Har­monisierung wollen. Ich fordere Sie daher auf: Legen Sie sich heute vor der Beschluss­fassung fest, geben Sie ein eindeutiges, unmissverständliches Zeichen, geben Sie eine diesbezügliche Erklärung ab, setzen Sie eine Initiative, bringen Sie einen entsprechen­den Entschließungsantrag ein! Dann ist in dieser Frage vielleicht auch unser Stimmver-


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halten noch zu beeinträchtigen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: „Beeinträchtigen“! Das ist das richtige Wort! Sie sind schon sehr beeinträchtigt!)

12.29

 


Präsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Schicker. Ich erteile ihr das Wort.

 


12.29

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Zuerst ein paar Worte noch zu den Aus­führungen des Kollegen Weilharter.

Lieber Kollege Weilharter! Du hast uns hier vor einigen Minuten am Rednerpult vorge­worfen, dass wir immer gesagt hätten, es käme alles überfallsartig und und und. Es ist auch überfallsartig gekommen. (Bundesrat Weilharter: Seit den siebziger Jahren ist das bekannt!) Also bitte! Dieser Begutachtungsentwurf, lieber Kollege Weilharter, ist, ohne gut durchdiskutiert zu sein, überfallsartig als Regierungsvorlage ausgeschickt worden, als Begutachtungsentwurf der Regierung. Das war überfallsartig beziehungs­weise diesen Begriff haben wir deswegen gewählt, weil vorher nicht verhandelt worden ist, weil vorher weder die Sozialpartner noch die Opposition zu den Verhandlungen hin­zugezogen wurden. Deswegen haben wir das als überfallsartig bezeichnet. Alle haben – das geht aus all den Dokumentationen hervor, das hat man in allen Bericht­erstattungen gehört – von einer Husch-Pfusch-Vorlage, ähnlich wie bei den Ambulanz­gebühren, gesprochen, weil so vieles geändert werden musste.

Warum hat man sich nicht vorher zusammengesetzt und vieles von dem, was jetzt in dieser Regierungsvorlage, in diesem Beschluss des Nationalrates enthalten ist, schon vorher hineinverhandelt? Das war das Ausschlaggebende, das wir immer kritisiert haben, lieber Kollege Weilharter.

Weil du auch davon gesprochen hast, man soll den Dialog hier im Hohen Haus führen und nicht auf der Straße: Wir wurden nicht eingeladen, einen Dialog zu führen – die Zwischenrufe von uns haben es ja auch gezeigt, du wirst sie ja gehört haben –, weder die Sozialpartner noch die Opposition wurden eingeladen.

Noch etwas: Es wurde auch immer sehr abfällig von „diesen Leuten auf der Straße“ ge­sprochen. Bitte, wer sind denn diese Leute auf der Straße?, frage ich dich. Das ist das Volk, bitte. Da sprichst du, da spricht man so abfällig über „diese Leute“ – unter Anfüh­rungszeichen –, „diesen Mob“ auf der Straße. Also das brauchen wir uns wirklich nicht gefallen zu lassen! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann: Weilharter hat das Wort „Mob“ nicht verwendet!) Das habe ich gesagt, weil es in Be­richterstattungen des Öfteren vorgekommen ist: Leute auf der Straße ist gleich Mob. Das lasse ich nicht auf uns sitzen, das lasse ich auch nicht sitzen auf all jenen Leuten, die daran teilgenommen haben.

Der Herr Staatssekretär Finz ist wieder da, das freut mich sehr, Herr Staatssekretär, denn ich will jetzt einige Punkte ansprechen, die über die Pensionsreform und auch über den Abfangjägerkauf hinausgehen, Punkte, in Bezug auf welche Sie uns in der Finanzausschusssitzung in der vorigen Woche zu erklären versucht haben, dass sie keine gravierenden Belastungen und keine Schlechterstellungen für die österreichische Bevölkerung mit sich bringen würden.

So haben Sie, Herr Staatssekretär, zum Beispiel zum Punkt 1, Pensionskassengesetz, im Ausschuss erklärt, dass seit zwei Jahren Einbrüche bei den Pensionskassen beste­hen – das haben auch schon viele Leute gespürt –, und Sie meinten, wenn Sie nichts gemacht hätten, hätte die Finanzmarktaufsicht – so glaube ich richtig gehört zu haben – zum Entzug der Konzession für einige Pensionskassen schreiten müssen.


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Durch diese Veränderung der Mindestzinsgarantie – das ist natürlich eine trockene Materie, aber ich muss sie hier einfach so bringen –, nämlich 1,5 Prozent bezogen auf einen Fünfjahresdurchschnitt, werden in Zukunft – so hat man es uns erklärt – die Eigentümer der Pensionskassen nunmehr lediglich rund 40 Millionen € statt der 400 Millionen € nach der alten Gesetzeslage zuschießen müssen. Das heißt für mich und für viele andere: Die Leidtragenden beziehungsweise die Betroffenen von diesen entstehenden Nachteilen sind die Anwartschaftsberechtigten. Es klafft ja eine Differenz von 360 Millionen €, und dadurch entsteht ein Nachteil für die rund 320 000 Anwart­schaftsberechtigten, ebenso wie für rund 20 000 Menschen, also praktisch die Hälfte jener, die jetzt Pensionskassenpensionisten sind.

Diese Differenz bedeutet aber auch, dass pro Betroffenem und pro Betroffener im Pen­sionskassensystem ein Verlust von 1 000 € im Jahr eintritt. Man muss sich das vorstel­len! Das ist ein Vertrauensbruch, denke ich mir, denn man hat ja seitens der Regierung sozusagen mit Zuckerln geworben, für eine zusätzliche Eigenpension vorzusorgen, um dann aber, sozusagen step by step, die staatlichen Zuschüsse zu reduzieren. Diese Leute, die diesen Versprechungen – jetzt sage ich es provokant – aufgesessen sind und sich brav in ein Pensionskassensystem eingekauft, eingeklinkt oder wie immer haben, stehen nun vor dem Problem, dass sie neben den Verlusten in der gesetzlichen Altersvorsorge, die ja auch prognostiziert sind, nun hier ein zweites Mal betroffen sein werden.

Dieses zweite Standbein in der Altersvorsorge, meine Damen und Herren, ist jetzt, finde ich, durchlöchert und keine Garantie für das, wofür seitens der Regierung so laut­stark geworben wurde. Die Maßnahmen im Budgetbegleitgesetz 2003 signalisieren das Gegenteil. Für diese Regierung gilt, wie in vielen ähnlich gelagerten Fällen: Ver­sprochen und gebrochen!

Nun komme ich noch zu einem anderen Punkt, zu Punkt 2, Einkommensteuer. Die von Bundesminister Grasser so groß gefeierte Tarifsenkung im Jahre 2004 wird sich laut Experten wie folgt auswirken – bitte hören Sie mir ganz genau zu! –: Für mehr als die Hälfte der Steuerzahler wird diese geplante Steuerreform 4 € pro Jahr oder sogar noch weniger ausmachen. 4 €, meine Damen und Herren! (Bundesministerin Rauch-Kallat: Woher haben Sie das?) Die Steuerreform ist ja im Budgetbegleitgesetz angekündigt, und auch der Herr Finanzminister hat sie angekündigt. Also ich kann mich nur auf das verlassen, was der Herr Finanzminister sagt, Frau Bundesministerin. Kann man das nicht? Dann sagen Sie ja, dann sagen Sie, dass man sich nicht verlassen kann. (Bun­desrat Konecny: Dann war es ein Blödsinn, was er gesagt hat!) Ja eben. Also ich kann nur das nachvollziehen, was ich aus Aussagen weiß. Also ich meine, 4 €, und das pro Jahr, das ist ein Hohn. Das ist ein Hohn sondergleichen!

Andererseits wird den Unternehmen durch die steuerliche Begünstigung nicht entnom­mener Gewinne eine Entlastung ihrer Steuerverpflichtungen zuerkannt, aber nicht, wie wir es uns vorgestellt hätten und was vernünftig gewesen wäre, um mehr Mittel für neue Investitionen zu bekommen, damit in einer schlechten Konjunkturlage die Wirt­schaft angekurbelt wird und dadurch auch mehr Arbeitsplätze hätten geschaffen wer­den können, nein, meine Damen und Herren, diese Unternehmen werden entlastet, um diese Gewinne einfach im Betrieb zu belassen, ohne eine Zweckzuführung. Sie werden zu Sparvereinen – natürlich auf höherer Ebene –, ohne Zinsausschüttung.

Aber selbst hier – damit komme ich, Frau Kollegin (in Richtung der Bundesrätin Giesin­ger), bevor Sie einen Zwischenruf tätigen, genau zu jenen Beispielen, die Sie mir immer vorwerfen beziehungsweise wo Sie sagen, es seien nicht alle Unternehmer Großunternehmer; da bin ich auf Ihrer Seite – wird mehr als die Hälfte aller Klein- und Mittelbetriebe beziehungsweise Personengesellschaften in Österreich, die ja den Groß­teil unserer Wirtschaftskraft darstellen, von dieser Begünstigung einer Steuerreform


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nicht profitieren können. Da gebe ich Ihnen Recht, da bin ich bei Ihnen. Aber es gibt auch Prinzhorns und andere Großindustrielle. Die werden sehr wohl davon profitieren.

Diese Kleinbetriebe, die Sie auch immer ansprechen, sind entweder zu klein und wer­den daher auch nur Kleinstgewinne erzielen, oder sie müssen mit diesen Kleinstge­winnen jetzt schon den Familienunterhalt bestreiten. Die Familie ist oft größer, da bleibt nichts übrig, um etwas anzusparen. Da gebe ich Ihnen Recht. Deswegen ist bei dieser „Begünstigung“ – unter Anführungszeichen – die Hälfte der Klein- und Mittelbetriebe nicht dabei. Das heißt, dass diese Bundesregierung finanziell schlechter gestellte Unternehmungen bestraft und bestverdienende Einzelunternehmer und Industrielle mit einem – ich sage es so salopp – stiftungsähnlichem Privileg fördert. Das ist ein Skan­dal, meine Damen und Herren! Da bin ich bei Ihnen. (Beifall bei der SPÖ und der Bun­desrätin Kerschbaum.)

Ich und auch meine Fraktionskolleginnen und -kollegen, wir fragen uns, welche Ziel­setzung diese Bundesregierung, dieser Finanzminister mit dieser Maßnahme vor Augen hat, wenn sieben Jahre lang Eigenkapital angespart werden kann, um es dann nach sieben Jahren ohne Nachversteuerung wieder abziehen zu können. Diese Ziel­setzung muss mir jemand erklären können, Herr Finanzstaatssekretär. (Staatssekretär Dr. Finz: Das werde ich Ihnen dann erklären!) Ich werde sicher dann eine Antwort von Ihnen bekommen.

Da sind auch Sie, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, besonders gefor­dert, denn es kann ja nicht in Ihrem Sinne sein, dass die Maßnahmen für unsere klei­neren und mittleren Unternehmen, die ja die eigentliche Wirtschaftskraft, wie ich bereits gesagt habe, in unserem Land darstellen, gegenüber Großunternehmen ins Hintertref­fen geraten. Hier und heute, liebe Kollege Grissemann, können Sie mit einer Gegen­stimme zu diesem Budgetbegleitgesetz Mut und Anstand zeigen und beweisen, wie ernst Sie es mit dem Anliegen für die Bevölkerung nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Pensionsreform hätte ich jetzt noch gerne sehr vieles gesagt, vor allem auf die Frauen bezogen, denn ich habe von Ihnen, sehr geehrte Frau Frauenministerin, zu dieser Sache so gut wie nichts gehört. Ich würde mich freuen, wenn Sie sich heute dazu zu Wort melden und sagen würden, was alles Positive Sie für die Frauen in deren Sinne eingebracht haben.

Zwei Sätze noch zu den Finanzgesetzen: Ich vermisse in diesem Budgetbegleitgesetz beziehungsweise in den vorliegenden Plänen dieser Bundesregierung jegliche Ansätze zur Ankurbelung der österreichischen Wirtschaft. Trotz steigender Arbeitslosenzahlen wird nicht gegengesteuert, sondern es werden im Gegenteil bei der Arbeitsmarktver­waltung die zur Weiterbildung benötigten Mittel reduziert. Herr Finanzstaatssekretär! Das haben wir ja bereits im Ausschuss gehört. Einer meiner Kollegen, der in dieser Materie Experte ist, wird später darauf noch näher eingehen. Wir werden uns dann anhören müssen, was in der Arbeitsmarktverwaltung alles gekürzt werden wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Fehlverhalten der Bundesregierung würde ich mit einer Schulnote bewerten (Staatssekretär Dr. Finz: Eins?) – wir stehen ja unmittelbar vor der Zeugnisverteilung –, die nicht einmal einem „Genügend“ entspricht: Ich würde ein „E“ – eine Ermahnung – dahinter platzieren, Herr Finanzstaatssekretär! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.) – Ich kenne das noch aus meiner Gymnasialzeit. Aus den vorher genannten Gründen wird meine Fraktion diesem Budgetbegleitge­setz 2003 nicht zustimmen.

Zum Schluss möchte ich aber noch Herrn Dr. Ludwan meinen persönlichen Dank aus­sprechen – einem Parlamentsmitarbeiter, der mir viele Jahre in den Finanzausschuss­sitzungen durch sein profundes Wissen um die Geschäftsordnung außerordentlich hilf­reich zur Seite gestanden ist. Herr Dr. Ludwan nimmt heute, so höre ich, letztmalig an


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einer Bundesratssitzung teil und wird dann seinen wohlverdienten Ruhestand antre­ten. – Ich wünsche Ihnen alles Liebe und Gute! (Allgemeiner Beifall. – Die Rednerin begibt sich zum Präsidium und reicht Dr. Ludwan die Hand.)

12.42

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Frau Bundesministerin Rauch-Kallat das Wort. – Bitte.

 


12.42

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Frau Staatssekretär! Liebe Herren Staatssekretäre! Hoher Bundesrat! Der Zufall will es, dass ich mich nach Ihnen zu Wort gemeldet habe, Frau Bundesrat! Es ist mir daher ein besonderes Vergnügen, gerade im Zuge der Pensionsreform von jenen Maßnah­men zu sprechen, die wir für Frauen zustande gebracht haben. (Bundesrätin Schicker: Schön!) Ich denke, dass wir – Frau Staatssekretärin Haubner und ich – damit ein her­vorragendes Ergebnis erzielen konnten, das die Einkommensschere zwischen Frauen- und Männerpensionen in Zukunft mehr schließen wird. Das ist für uns ein ganz wichti­ger Zwischenschritt, allerdings noch nicht das Ziel, denn das muss sein, die Einkom­mensschere zwischen Männern und Frauen ganz zu schließen – selbstverständlich auch bei den Pensionen.

Gleich vorweg sei gesagt, dass das österreichische Pensionssystem ein hervorragen­des ist und dass für dessen langfristige Absicherung die Maßnahmen notwendig sind, die wir mit dieser Pensionssicherungsreform auch gesetzt haben.

Im Zuge der Auseinandersetzung habe ich mich auch mit dem deutschen Pensionssys­tem beschäftigt, vor allem mit den Durchschnittspensionen bei Arbeitern und Angestell­ten.

Es hat mich verblüfft – und wahrscheinlich wird es Sie alle verblüffen, denn wir waren jahrzehntelang darauf getrimmt, zum großen Nachbarn Deutschland hinüberzuschauen und zu meinen, dass dort das Lohn- und Einkommensniveau weitaus höher ist als in Österreich –, dass die Durchschnittspensionen in Deutschland in allen Bereichen gerin­ger sind als in Österreich – sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Arbeitern und Angestellten, und zwar erheblich geringer: bei Arbeiterinnen zum Beispiel um mehr als 200 € weniger pro Monat als in Österreich, bei männlichen Angestellten um mehr als 400 €.

Das heißt, Österreich kann durchaus stolz sein, und wir wollen dieses System auch er­halten. Wir möchten in diesem wie in anderen Fällen nicht, dass deutsche Verhältnisse in Österreich Einzug halten, meine Damen und Herren!

Was haben wir ganz konkret für Frauen erreicht? – Wir haben die pensionsbegründen­den Zeiten – Kindererziehungszeiten, die es ja erst seit 2000 gibt – jetzt schon von der­zeit 18 Monaten auf 24 Monate erhöht. Ich meine, das ist ein ganz wichtiger Schritt, vor allem, was die Anerkennung der Leistung von Familienarbeit betrifft, aber letztendlich auch für unser Ziel der Teilung der Familienarbeit zwischen Männern und Frauen, um auch mehr Männer in Karenz oder in die Familienarbeit zu bringen.

Wir haben darüber hinaus erstmals die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Pensionen für Kindererziehungszeiten erhöht. Zum Ausgleichszulagenrichtsatz werden ab dem Jahr 2004 jährlich 2 Prozent dazukommen, sodass wir letztendlich 150 Prozent des Ausgleichszulagenrichtsatzes erreichen. Das ist insofern nicht unerheblich, als ja der Ausgleichszulagenrichtsatz auch mit der Inflationsrate jährlich valorisiert wird, was bedeutet, dass im Jahr 2028 die derzeit 643 € ungefähr 1 600 € ausmachen werden – also mehr als 100 Prozent, beinahe 150 Prozent Steigerungsrate.


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Ganz wichtig und ein wesentlicher Durchbruch war auch, dass wir beim Durchrech­nungszeitraum bei der Berechnung der Pension mit den besten Jahren drei Jahre pro Kind herausgenommen haben. Auch eine allfällige Überlappung wird hier nicht berück­sichtigt, sondern es gelten wirklich drei Jahre pro Kind. Wenn also zwei Kinder knapp hintereinander geboren werden oder wenn es Zwillinge oder Drillinge gibt, werden jeweils drei Jahre pro Kind berechnet.

Das bedeutet – und das ist ganz wichtig! –, dass im Bezug auf den Durchrechnungs­zeitraum eine Frau mit zwei Kindern bis zum Jahr 2010 überhaupt keine Veränderung erleben wird und praktisch eine wesentliche Verbesserung gegenüber den Männerpen­sionen erfahren wird. Damit wird die Einkommensschere mehr geschlossen.

Auch die „Hackler-Regelung neu“ begünstigt vor allem Frauen mit geringem Einkom­men. Dadurch, dass die Abschläge nicht wie bisher vom Pensionsantrittsalter, sondern vom jeweiligen Frühpensionsalter berechnet werden, wird es hier Beispiele geben, wo Frauen nicht weniger, sondern sogar mehr Pension erhalten werden als zum gegen­wärtigen Zeitpunkt.

Generell sei überhaupt gesagt, dass es natürlich keine Verschlechterungen im eigent­lichen Sinne gibt, weil die Pensionen ja jährlich steigen. Natürlich wird für Männer wie für Frauen die Pension weiter steigen.

Ich möchte aber auch ganz kurz zu den Punkten Stellung, die wir im Budgetbegleitge­setz im Bereich Gesundheit beschließen beziehungsweise die Sie heute beschließen werden: Wir haben mit einer moderaten Anhebung im Zuge der Harmonisierung der Beiträge zwischen Arbeitern und Angestellten mehr Gerechtigkeit geschaffen. Vielleicht wissen das viele nicht: Es gab allein bei den Arbeitern vier verschiedene Beitrags­sätze – zwischen 7,6 und 9,1 Prozent –, während sie bei den Angestellten bei 6,9 Pro­zent lagen. Es bestanden also wesentliche Ungerechtigkeiten gegenüber den Arbei­tern. – Die haben wir jetzt beseitigt. Wir haben die Beitragssätze auf 7,3 Prozent har­monisiert.

Wir haben einen kleinen, aber notwendigen Beitrag von 0,1 Prozent auf alle Pensionen für Kosten aus Haushalts- und Freizeitunfällen berechnet. Außerdem haben wir – da möchte ich mich ganz besonders bei den Seniorenorganisationen bedanken – mit einer moderaten Anhebung von zweimal 0,5 Prozent an Krankenkassenbeiträgen für Pensio­nisten sichergestellt, dass in Österreich das qualitativ hochwertige medizinische Ver­sorgungssystem auch für Pensionisten sichergestellt bleibt – und zwar ohne Ansehen von Einkommen und Alter – und dass in Österreich keine englischen Verhältnisse ein­treten werden und müssen. In Österreich soll jeder Patient und jede Patientin bis ins hohe Alter die beste medizinische Versorgung erhalten. – Das gelingt uns mit diesem Paket. Wir haben darüber hinaus ... (Bundesrat Gasteiger: Es ist die Frage, wie lange sich das die Pensionisten leisten können!) – Ich kann Ihnen sagen, der Pensionist wird das kaum spüren. Es sind nämlich – Sie können das nachrechnen – bei einer Pension von 10 000 S – also ungefähr 720 € – im Vollausbau ab dem Jahr 2005 rund 7 € im Monat. Ich glaube, dass es jedem Pensionisten und jeder Pensionistin 7 € im Monat wert ist, dass sie oder er auch mit 85 noch ein Hüftgelenk bekommt (Bundesrat Gas­teiger: Sagen Sie das den Mindestpensionsbeziehern!) und nicht wie in England mit 70 Jahren eine Hüftoperation überhaupt nicht mehr ins Auge gefasst wird. (Bundesrat Gasteiger: Dahin geht es ja!) Was das an Lebensqualität und Verbesserung bedeutet, werden Ihnen die Pensionisten wohl gerne bestätigen.

Auch das immer wieder zitierte angebliche Vernachlässigen der Tabaksteuer trifft nicht zu. – Auch hier ist Gräuelpropaganda am Werk. Selbstverständlich werden die 82 Mil­lionen an Einnahmen aus der Tabaksteuer auch heuer und in den Folgejahren vom Finanzminister zu den Krankenkassen fließen. Wir haben das sichergestellt, und es


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wird sogar valorisiert und mehr werden. Sie finden das nur nicht im Budgetbegleitge­setz, sondern im GSBG. Dort wurde der Prozentsatz, der jetzt schon zum Ausgleich für die Kassen bezahlt wird, von 4,3 auf 5 erhöht. Sie können unbesorgt sein, kein Cent, kein Pfennig von dem, was die Krankenkassen brauchen, wird dem Finanzminister geschenkt.

Aber viel wichtiger ist uns noch – und wir werden das in Zukunft auch intensiv ins Auge fassen müssen –, dass wir Gesundheitspolitik neu denken, und zwar weg von der Reparaturmedizin hin zu einer Gesundheitsförderungsbewegung, wo sich jeder Öster­reicher und jede Österreicherin auch der eigenen Verantwortung für die Gesundheit bewusst wird, was nicht heißt, dass wird Verantwortung abschieben. (Bundesrat Kraml: Da müssen Sie aber Vorsorge auch betreiben!)

Wir werden wahrnehmen, was die Politik und die Gesundheitsministerin für jeden Ein­zelnen tun kann, wir werden natürlich das System absichern, aber es ist auch wichtig, was jeder Einzelne für seine Gesundheit tun kann und tun sollte, um ein hohes Lebensalter – und das möglichst lange mit hoher Lebensqualität – zu erreichen.

Herr Kollege Gasteiger! Lassen Sie mich noch ein letztes Wort zu Ihrem Redebeitrag sagen, da Sie ja zu den Abfangjägern Stellung genommen haben. Es ist nicht mein Kapitel, aber gerade als Gesundheitsministerin ist mir auch die Sicherheit der Öster­reicherinnen und Österreicher ein Anliegen. (Zwischenruf des Bundesrates Gastei­ger. Bundesrätin Schlaffer: Gesundheitsstandards, bitte!) Sie haben immer wieder auf die hohen Kosten hingewiesen: knapp 2 Milliarden €.

Ich möchte noch einmal festhalten, dass diese knapp 2 Milliarden € sehr viel Geld sind – gar keine Frage! Damit könnte man unglaublich viel tun. (Bundesrätin Schlaffer: Redet jetzt die Gesundheitsministerin oder ...!) Es ist allerdings eine einmalige Zahlung und nur die Hälfte dessen, was der österreichische Steuerzahler und der Staat jährlich an die Bundesbahnen zahlen muss. Haben Sie sich schon einmal überlegt ... (Bundes­rat Todt: Mit den Bundesbahnen fahren ja Menschen!) – Ja, aber leider immer weni­ger. Daher frage ich mich: Was machen die Bundesbahnen falsch? (Bundesrat Kraml: Das machen Sie! – Bundesrat Gasteiger: Sie wollen mit Eurofightern herumfliegen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wahrscheinlich sind auch die Zuschüsse zu den Bundesbahnen deshalb sehr hoch – Sie wissen das ganz genau! –, weil die Bundesbahner eben immer noch mit 52 Jahren in Pension gehen und über viele Jahre hinweg mit 48 Jahren in Pension gegangen sind. Das ist etwas, das wir Gott sei Dank im Zuge der Harmonisierung verändern werden, meine Damen und Herren!

Ich möchte das eine gegen das andere nicht aufrechnen. (Bundesrat Gasteiger: Das glaube ich, dass ihr das nicht rechnet, denn ihr müsst es ja nicht zahlen! Ihr verschul­det die nächste Generation!) Ich bin auch der Meinung, dass die Sicherheit der Öster­reicherinnen und Österreicher nicht einen Meter über dem Boden aufhören kann. Rechnen wir daher nicht, sondern schauen wir, dass das Beste für die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher uns gerade gut genug ist, und zwar sowohl, was die Landesverteidigung anbelangt, als auch, was das Pensions- und Gesundheitssys­tem anbelangt. – Ich danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Frei­heitlichen.)

12.53

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Staatssekretär Dr. Finz das Wort. – Bitte.

 



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12.54

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Frau Bundesrätin Schicker! Sie haben mich direkt angesprochen, daher möchte ich auch gleich unmittelbar antworten. Drei Themen: Pensionskassen, steuerliche Begünstigung nicht entnommener Gewinne und die Frage, was die Regie­rung zur Konjunkturbelebung tut.

Zu den Pensionskassen: Da wird niemandem etwas weggenommen oder weniger gespart, nur die Mittel werden anders aufgebracht, und zwar so, dass die Pensionskas­sen überleben können. Das ist für die Anwartschaftsberechtigten sehr wichtig.

Was ist der Unterschied? – Nach der bisherigen Lage war nicht vorhersehbar – und international haben die Kassen dasselbe Problem gehabt –, dass ein so lang anhalten­der Aktieneinbruch kommt. Nach den bisherigen Regelungen hätten die Pensionskas­sen, wenn die Mittel nicht gereicht hätten, auch unmittelbar für die Anwartschaftsbe­rechtigten, also für die künftigen Pensionisten, sofort nachschießen müssen. Das hätte 350 Millionen € bis 400 Millionen € Euro ausgemacht.

Jetzt müssen sie diese Mittel zwar auch nachschießen, aber verteilt auf einen anderen Zeitraum, und zwar in der Form, dass sie nur für die unmittelbaren Pensionisten, die bereits eine Zusatzpension empfangen, auf die Mindestertragsquote direkt etwas nach­schießen müssen. (Bundesrätin Schicker: Das sind die zwanzigtausend, ungefähr?) – Das werden etwa 40 Millionen € bis 100 Millionen € sein. Gleichzeitig müssen sie Rücklagen bilden. Sie müssen eine Rücklage von jeweils 3 Prozent innerhalb von zehn Jahren aufbieten, damit für die künftigen Anwartschaftsberechtigten entsprechende Mittel vorhanden sind, damit dann ebenfalls ein derartiger Zuschuss gewährt werden kann, wenn wieder Gefahr bestehen sollte, dass die Mittel sonst nicht reichen.

Ich glaube, dass diese Regelung günstig ist. Wir sind daran interessiert, dass der­jenige, der anwartschaftsberechtigt ist, auch in Zukunft eine derartige Pensionsleistung erhält.

Zu den nicht entnommenen Gewinnen: Ich glaube, wir haben da auf Grund des Stel­lungnahmeverfahrens eine sehr gute Regelung getroffen. Dafür müssen wir der Arbei­terkammer dankbar sein, denn sie hat uns darauf aufmerksam gemacht, dass einer­seits durch die Begrenzung im Mindeststeuersatz von 20 Prozent und andererseits durch das völlige Aufmachen bestimmte Wirtschaftsbereiche – ich sage das einmal so, ich möchte keine Berufsgruppe angreifen – allenfalls die Möglichkeit gehabt hätten, das Geld quasi dort zu parken, weil sie nicht so kapitalintensive Unternehmen sind, und es nach sieben Jahren steuerbefreit herauszunehmen. Daher haben wir das jetzt anders geregelt.

Die 20 Prozent-Begrenzung ist gefallen. Man hat bei jedem noch so kleinen Betrag, den man nicht entnimmt, die Möglichkeit der Besteuerung. Die Begrenzung nach oben beträgt 100 000 € Gewinn. Die Berufe, bei denen Gefahr bestanden hätte, dass sie das vielleicht machen, sind von diesem Gesetz jetzt überhaupt ausgenommen. Ich glaube, wir haben jetzt im Sinne der KMU – der Klein- und Mittelunternehmungen – eine sehr günstige Regelung getroffen, und sie war notwendig.

Angesichts der neuen Bankenregelungen, die auf uns zukommen und die ja schon fest in der EU – Stichwort Basel II – diskutiert werden, gibt es speziell für Österreich die große Sorge, dass unsere Unternehmungen – vor allem die Klein- und Mittelunterneh­mungen, Fremdenverkehrsunternehmungen, wie Sie ja wissen – oft negatives Kapital haben und dass dringend eine Kapitalstärkung notwendig ist.

Wir wollen in erster Linie gar nicht so sehr, dass unmittelbar Investitionen getätigt werden – es wäre natürlich schön, wenn es sich als weitere Folge ergibt –, sondern wir


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wollen, dass die Unternehmen kapitalstärker sind, dass sie bessere Kreditkonditionen im Sinne von Basel II bekommen und dass sie vor allem in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auch eine Überlebenschance haben und nicht gleich zusperren müssen, und zwar wegen der Eigenkapitaldecke, weil sie dann keine Kredite mehr bekommen und so weiter. Ich meine, wir haben aus diesem Begutachtungsverfahren gelernt und wirklich ein gutes Produkt geliefert.

Sie haben drittens gemeint, die Wirtschaft werde nicht gefördert. – Also das tut mir weh, denn sie wird wirklich sehr stark gefördert. Es gibt nicht nur eine steuerliche Ent­lastung – erster Teil der Steuerreform –, die bereits ab dem nächsten Jahr wirken wird: Sie vergessen, mit einzuberechnen, dass wir ja zwei Konjunkturbelebungspakete be­schlossen haben, in denen es Förderprämien für ältere Arbeitnehmer und für Lehrlinge gibt. Allein dieser Wert ... (Bundesrätin Schicker: Herr Finanzstaatssekretär, entschul­digen Sie, dass ich Sie unterbreche! Die Auswirkungen sind bis jetzt nicht spürbar ge­wesen! Daher sage ich, es wird zu wenig getan!) – Die Mittel sind da, sie müssen aber natürlich auch genützt werden. Wenn die Wirtschaft schlechtgeredet wird, dann wird das vielleicht mitunter nicht wahrgenommen.

Die Konjunkturpakete I und II betragen allein im Jahr 2003 622 Millionen €. Das sind fast 10 Milliarden Schilling!Im Jahr 2004, in dem sich bereits der erste Teil der Steuer­reform mit 169 Millionen weniger an Nettoeinnahmen für den Minister auswirken wird, wird dieser Betrag auf 731 Millionen steigen, bis zum Jahr 2006 auf 1 310 Millio­nen €. – Da ist noch gar nicht der zweite Teil der Steuerreform mit eingerechnet. (Bun­desrätin Schicker: Wer profitiert?)

Gerade das Kinderbetreuungsgeld, das jetzt die Frau Bundesministerin bei den fami­lienfördernden Maßnahmen angeführt hat, ist ja eine der gezielten Aktionen, denn diese Leute geben das Geld direkt aus.

Auch die Anhebung der Steuerbefreiungsgrenze auf 14 500 € fällt in den Bereich, in welchem die ersparten Gelder oder die Mehreinnahmen auf Grund niedrigerer Steuern oder überhaupt keiner Steuer wirklich direkt wieder ausgegeben werden.

Also dieser Regierung kann man nicht vorwerfen, dass sie selbst in wirtschaftlich schlechten Zeiten keine gezielten Maßnahmen getroffen hätte. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrätin Schicker: Wir wer­den in den Jahren danach sehen, wie die Auswirkungen sind, dann reden wir noch ein­mal darüber!)

13.00

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Fröhlich. Ich er­teile ihr das Wort.

 


13.00

Bundesrätin Christine Fröhlich (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Staatssekretäre! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es ist schon sehr viel über die Pensionsreform gesprochen worden, ich möchte auch noch einige Worte dazu sagen.

Ich lebe schon mehr als 30 Jahre in Tirol, habe dort meine Familie und fühle mich als Tirolerin, auch wenn man an meiner Aussprache unschwer erkennen kann, dass ich aus der Steiermark stamme.

In der Steiermark und auch in Tirol war es so, dass die weichenden Bauern, wenn sie nicht mehr aktiv am Arbeitsleben teilnehmen konnten, von der Familie einmal besser, einmal schlechter „verhalten“ wurden. Das Wort „Pension“ war ein Fremdwort.


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Nach dem Krieg wurde dann die wirklich grandiose soziale Errungenschaft Pension ge­schaffen. Das Prinzip war denkbar einfach: Die arbeitende Bevölkerung zahlte ein Drittel, die Dienstgeber zahlten ein Drittel, und der Staat beteiligte sich ebenfalls mit einem Drittel. Nicht vergessen darf man dabei, dass de facto Vollbeschäftigung herrschte und dass die allerwenigsten der Kandidaten die für den Genuss einer Pen­sion maximal nötigen Erwerbsjahre aufzuweisen hatten. Die Gründe dafür waren viel­fältig: Es gab zwei Weltkriege, die Weltwirtschaftskrise, die Währungsreform und die dreißiger Jahre mit gewaltigen Arbeitslosenzahlen.

Dennoch muss man heute sagen: Die Einführung des Pensionssystems auf der Basis des so genannten Generationenvertrages war ein sozialpolitischer Supergau.

Das System hat sich bewährt und auch gehalten, nur, meine Damen und Herren, im Laufe der Zeit haben sich die Voraussetzungen und Grundlagen für dieses System ge­ändert. So lag zum Beispiel im Jahr 1970, zu Beginn der Ära Kreisky, die durchschnitt­liche Lebenserwartung bei 77 Jahren, und davon entfielen 44 Jahre auf das Arbeits­leben, 14 Jahre verbrachte der Durchschnittsösterreicher im Ruhestand. 20 Jahre spä­ter war die Lebenserwartung auf 81 Jahre gestiegen, die Zahl der Arbeitsjahre war auf 36 gesunken, aber es waren schon 23 Pensionsjahre.

Dieser für das Pensionssystem verheerende Trend hat sich bis heute fortgesetzt. Heute kommen auf 1 000 Beschäftigte bereits 620 Pensionisten.

Ich könnte Ihnen noch eine Reihe von Zahlen vortragen: wann nach der Hochrechnung bei unverändertem System der Zeitpunkt erreicht sein wird, dass auf einen Erwerbs­tätigen ein Pensionist kommt; wann der Zeitpunkt erreicht sein wird, dass die freien Budgetmittel zur Gänze zur Finanzierung der Pensionen aufgewendet werden müssen; wann der Zeitpunkt erreicht sein wird, dass dieses System den endgültigen Kollaps erleiden wird und zu dem dann die nächste Generation endgültig die betrogene ist.

Meine Damen und Herren! Jedem, der mit etwas Hausverstand ausgestattet ist, muss klar sein, dass man nicht sehenden Auges in die Katastrophe laufen darf und dass man zeitgerecht Änderungen und Anpassungen vornehmen muss. Es ist schon eher fünf nach zwölf als fünf vor zwölf. Ich möchte den früheren Regierungen nicht unter­stellen, dass sie die Notwendigkeit einer Reform des Pensionssystems nicht erkannt haben, aber sie hatten nicht den Mut, die vorprogrammierten Auseinandersetzungen mit den Sozialpartnern und Gewerkschaftern zu führen. Deshalb wurde die Reform ver­schoben oder – wenn überhaupt – zu einem Reförmchen zusammengestutzt.

Glauben Sie mir, meine Damen und Herren, die Regierung Schüssel hätte es sich auch leichter machen können und im Bewusstsein, dass dies falsch ist, dem Druck der Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretungen nachgeben können. Das hätte uns in der Wählergunst bedeutend höher gehalten. Wir haben aber im Wissen um unsere Verantwortung den erheblich schwierigeren Weg gewählt, sind den Auseinanderset­zungen nicht aus dem Weg gegangen und werden diesen Weg auch gegen den Wider­stand der Besserwisser und Realitätsverdränger zu Ende gehen. Ich glaube, es ist der richtige Weg! (Beifall bei der ÖVP.)

13.06

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Bundesrätin Kerschbaum das Wort.

 


13.06

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Im „Standard“ der vorletzten Woche habe ich mit Überraschung gelesen, dass die FPÖ die Pensionen schönredet. – Ich habe mir gedacht: Was kann man an diesen Dingen


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noch schönreden, beziehungsweise wie lange muss man reden, damit da irgendetwas schön daran wird?

Heute habe ich es gehört: Der Herr Bundesminister hat uns den Härtefonds vorgestellt und statt Millionen irrtümlich Milliarden gesagt. Weiters hat er gesagt, dass es 18 000 Frauen gibt, die sich irrsinnig darauf freuen, bis 65 zu arbeiten. Der Herr Lan­deshauptmann hat um unsere Zustimmung geworben, indem er uns von der Harmoni­sierung erzählt hat. Aber von einer Harmonisierung sind wir mit dem heutigen Be­schluss sicher sehr weit entfernt – es ist eher das Gegenteil der Fall.

Auch ich bin der Meinung, dass eine Pensionsreform dringend notwendig ist, das jetzige Pensionssystem ist nicht gerecht. Aber das, was jetzt hier vorliegt, diese Re­form, die ÖVP und FPÖ anstreben, das ist noch viel weniger gerecht!

Das Ziel dieser Pensionsreform ist es nämlich, dort zu sparen, wo es am leichtesten geht, nämlich bei den ASVG-Pensionen; das sind die meisten. Die eigene Klientel, die Beamten und die Gewerbetreibenden, werden nicht angegriffen.

Eine dritte Säule wird auf Kosten der Allgemeinheit geschaffen, indem sie aus dem Budget gefördert wird, die Prämie wird gefördert, sie wird einkommensteuerfrei gemacht – aber leisten kann sich das nicht die Allgemeinheit, sondern nur einige, die besser verdienen.

Alles in allem wird das Ganze auch noch sehr kompliziert verpackt. Ich lese üblicher­weise den „Standard“, und am 16. Mai habe ich dort gelesen, dass der Bundeskanzler sagt, dass sich nur 50 Experten in Österreich mit dieser Pensionsreform auskennen – und diese streiten miteinander. Wenn ich richtig gelesen habe, haben 95 Personen die Pensionsreform beschlossen, das heißt, 45 davon haben offensichtlich nicht gewusst, was sie tun.

Für mich sind die Ziele einer Pensionsreform ganz andere, und zwar in erster Linie die Existenzsicherung, ein Grundeinkommen für jeden; dann eine zweite Säule, die so wie jetzt abhängig von den jeweiligen Einzahlungen ist; und – drittens – etwas ganz Wichti­ges – das hat auch schon Herr Landeshauptmann Haider heute gesagt: die Harmoni­sierung bezüglich einer Höchstgrenze für alle Pensionen, denn eigentlich sehe ich nicht ein, dass der Bund dafür aufkommen soll, dass höchste Pensionen im Bereich der Beamten ausbezahlt werden.

Noch etwas Allgemeines: Ich bin mit einem gewissen Respekt vor der Würde des Alters erzogen worden. Inwieweit alle Mitglieder der Bundesregierung diesen Respekt haben, weiß ich nicht, denn wer in Zukunft zu wenig Pension bekommt, um davon leben zu können, der kann Mittel aus dem Härteausgleichsfonds beanspruchen – davon haben wir heute schon einige Male gehört –, es ist dies aber nur eine einmalige Leistung. Man muss zum Sozialminister gehen und dort ansuchen, mehr oder weniger ein Bittgesuch stellen, damit man einen Ausgleich zu seiner niedrigen Pension be­kommt.

Herr Landeshauptmann Haider hat heute gesagt, die meisten bräuchten diesen Aus­gleich gar nicht, weil sie ohnedies im Ausland sind. (Bundesrat Kraml: Mallorca!) Offensichtlich sind alle Pensionisten, die weniger als 1 000 € bekommen, ohnehin im Ausland. (Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann: Eine mutwillige Fehlinterpreta­tion!) – Eine mutwillige Fehlinterpretation? – Na ja, der Großteil derjenigen war im Aus­land angesiedelt – so habe ich das verstanden. (Bundesrätin Schicker: Er hat ge­meint, die bekommen aus dem Ausland auch eine Zusatzpension! So habe ich es ver­standen! Da muss ich fair sein!) – Na gut, okay.


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Nicht alle Pensionisten mit weniger als 1 000 € sitzen im Ausland, gut, also werden wir den Ausgleichsfonds doch brauchen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Bitte? (Neuerlicher Zwischenruf bei der ÖVP.) – Ich habe Sie jetzt noch immer nicht verstanden.

Wer also einmal Mittel aus diesem Härteausgleichsfonds erhalten hat und trotzdem nicht auskommt, der wird dann wahrscheinlich von seinen Kindern abhängig werden, damit seine Existenz gesichert ist. Und unter dieser Abhängigkeit vom Härtefonds oder von den Kindern leidet meiner Meinung nach die Würde des Alters.

Vor allem Frauen werden in diese Abhängigkeit fallen, denn viele Frauen werden nicht 40 Jahre lang arbeiten, voll erwerbstätig sein können. Leider ist es nach wie vor so, dass in den meisten Familien die Frauen die Erziehungsarbeit übernehmen, und die Erziehungsarbeit ist mit 643 € Bemessungsgrundlage nicht besonders hoch anerkannt. Die Wertschätzung dafür ist meiner Meinung nach viel zu niedrig. Und wer noch länger bei seinen Kindern zu Hause bleiben möchte oder vielleicht Teilzeit arbeitet oder geringfügig beschäftigt ist, der steigt dann noch schlechter aus.

Jene, die heute noch jung sind, unter 35 Jahre – ich habe Glück gehabt –, die trifft die Reform hart, weil die Begrenzung mit maximal 10 Prozent Pensionsverlust nur für die über 35-Jährigen gilt. Die Jüngeren müssen voll einzahlen, müssen die jetzigen Pen­sionisten erhalten – und dann werden sie die vollen Verluste bis zu 40 Prozent hinneh­men müssen. Für die dritte Säule wird ihnen kein Geld übrig bleiben. (Bundesrat Mag. Himmer: Gibt es einen Gegenvorschlag?) – Ja, das habe ich vorhin schon gesagt: eine Existenzsicherung, ein Grundeinkommen. (Bundesrat Mag. Himmer: Wo kommt das Geld her? – Bundesrätin Giesinger: Und von wo kommt das Geld?)

Der Gegenvorschlag ist, dass ich nicht hinnehme, dass ein Pensionist auf einen Er­werbstätigen kommt, indem ich darauf schaue, dass es in diesem Staat attraktiver wird, Kinder zu haben. Bei 643 € als Anerkennung für die Erziehungsarbeit sehe ich das nicht. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wie wir auch schon gehört haben: Die Länder werden weiter belastet; es wird immer mehr alte Menschen ... (Bundesrat Mag. Himmer: ... da klatscht die SPÖ normaler­weise nicht, wenn es darum geht, für Kindererziehung ...!) Die Kindererziehung ...

 


Vizepräsident Jürgen Weiss (das Glockenzeichen gebend): Am Wort ist Frau Bun­desrätin Kerschbaum!

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (fortsetzend): Zur Belastung der Länder: Es wird immer mehr alte Menschen geben – darüber wurde schon gesprochen –, und diese werden immer niedrigere Pensionen bekommen. Sie werden trotzdem Pflegeplätze in den Heimen brauchen. Der Eigenanteil bei den Kosten für Pflegeplätze liegt jetzt schon bei nur 65 Prozent – Tendenz sinkend. Das heißt: immer mehr alte Menschen, immer niedrigere Pensionen, immer mehr Zuschüsse der Länder – und der Bund putzt sich in dieser Hinsicht an den Ländern ab.

Das ist eine komische Art des Sparens. Das ist so, als würde ich aus dem Wirtshaus gehen, bevor der Kellner kassieren kommt, und dann die anderen zahlen lassen.

Aber es geht heute nicht nur um die Pensionsreform, sondern auch um die Ökosteuer. Auch da gibt es verschiedene Auffassungen. Für mich ist das nur eine so genannte Ökosteuer; denn in Wirklichkeit versteht man unter Ökosteuer eine Entlastung des Faktors Arbeit und eine Belastung des Faktors Energie. Das Ganze hat dann zum Ziel, dass sich Energiesparmaßnahmen auszahlen, weil Energie teuer ist und Energiespar­maßnahmen arbeitsintensiv sind. Gleichzeitig ist die Alternativenergie üblicherweise von einer Ökosteuerregelung ausgenommen und wird dadurch konkurrenzfähiger.


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Bei dieser Ökosteuer – es ist eigentlich nur eine so genannte Ökosteuer – gibt es Ein­nahmen von 480 Millionen €, davon gibt es 80 Millionen € Steuerrückvergütung an die Industrie, 400 Millionen € gehen für die niedrigere Besteuerung der nicht entnomme­nen Gewinne auf, dazu kommen auch noch die Senkung der Steuer auf Agrardiesel und eine Subventionierung der Frächter zum Ausgleich für die höheren Dieselpreise. (Bundesrat Dr. Kühnel: Und die Verwaltungskosten für diese Maßnahmen?) – Die sind wahrscheinlich auch noch da irgendwo drinnen – keine Ahnung.

Sicher ist jedenfalls: Die Entlastung der Arbeitnehmer kann sich aus diesem Topf nicht mehr ausgehen.

Überall dort, wo Energiesparmaßnahmen sinnvoll und möglich wären und durch eine Ökosteuer rentabel würden, wird die Ökosteuer sowieso refundiert. Deshalb ist das für mich eben keine Ökosteuer, sondern eher eine Augenauswischerei.

Manchmal habe ich den Eindruck, die ÖVP hat zwar inzwischen gelernt, wie man das Wort „Nachhaltigkeit“ buchstabiert, den Sinn dahinter hat sie aber noch nicht ganz ver­standen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Sie können es buchstabieren? (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) – Über den Sinn der Nachhaltigkeit? Das können wir gerne machen, aber vielleicht gehen wir dann in die Cafeteria, denn die anderen wissen es schon. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wir sollen heute ein Budgetbegleitgesetz beschließen, in dem 92 Gesetze enthalten sind. Ich würde jetzt natürlich gerne zu jedem einzelnen eine kurze Stellungnahme ab­geben (Bundesrat Dr. Kühnel: Wir bitten darum!), möchte Sie aber doch verschonen und denke, diese beiden Auszüge reichen völlig aus, um das Gesetz abzulehnen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

13.16

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann. Ich erteile ihr das Wort.

 


13.16

Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich muss zum Thema Pensionen einige Worte sagen, weil für mich dieses Thema, wie Sie alle schon wissen, sehr wesentlich ist. Ich stehe ja nicht zum ersten Mal bei diesem Thema am Rednerpult, denn Themen, die den großen Bereich Pension betreffen, werden von mir immer wieder angesprochen. Und das Budgetbegleitgesetz beinhaltet den Bereich Pensionsreform und Pensionssicherung.

Wir haben uns heute schon über alle Fraktionsgrenzen hinweg mehrfach dafür ausge­sprochen, dass eine Pensionsreform notwendig ist – auch ich kann das unterstreichen: Sie ist notwendig! Die Gründe dafür wurden bereits genannt, ich darf sie nur schlag­wortartig wiederholen: die demographische Entwicklung, die Tatsache, dass die Lebensarbeitszeit zwar geringer geworden ist, die Lebenserwartung der Menschen jedoch höher – etwas, was für jeden Betroffenen persönlich sehr angenehm ist, aber eine große budgetäre Belastung bedeutet.

Es ist auch richtig, dass wir vor allem in den Industrieländern in Europa generell ein geringeres Bevölkerungswachstum haben – in anderen Industriestaaten ist das kein so großes Problem.

Es ist auch richtig, dass aus diesen Gründen das Umlageverfahren allein nicht mehr tragfähig sein wird. Daher hat die Regierung bereits Schritte gesetzt, um eine so ge­nannte zweite Säule zu etablieren, um Betriebspensionen einzurichten – „Abfertigung-neu“ ist ein Stichwort in diesem Zusammenhang.


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Es ist in Zukunft sicher auch notwendig, Privatpensionen anzusparen. (Bundesrat Gas­teiger: Das erzählen Sie einer allein verdienenden Mutter! – Bundesrat Kraml: Womit sollen sie das zahlen?) In anderen Ländern ist das bereits der Fall; auch in Ländern, die Sie von der Sozialdemokratischen Partei gerne als Vorbildländer erwähnen, zum Beispiel in den Niederlanden (Bundesrat Gasteiger: Zuerst nehmt ihr ihnen alles!) 20 Prozent kapitalgedeckte Pensionssicherung, nur als Beispiel. Aber Sie können sich gerne einmal darüber informieren (Bundesrat Gasteiger: Eine allein erziehende Mutter, wie soll die das machen? Das Konzept dazu!), dann werden Sie auch einiges wissen, Herr Kollege Gasteiger.

Ich verstehe natürlich die Sorge der Menschen – daher habe ich mich auch zu Wort gemeldet –, die fragen – da gehe ich jetzt ganz von der polemischen Ebene weg –: Wie sollen wir diese dritte Säule ansparen, wie sollen wir hier Geld zur Verfügung haben (Bundesrat Gasteiger: Sagen Sie das!), wenn wir eigentlich insgesamt ein geringeres Einkommen haben?

Auch dazu habe ich mich immer schon sehr deutlich geäußert, nämlich dass ich dies­bezüglich in den nächsten Jahren von der Regierung zusätzliche flankierende Maßnah­men erwarte, um das Ansparen für die dritte Säule allen zu ermöglichen.

Die österreichische Bundesregierung hat dieses Problem selbstverständlich erkannt, wie wir es alle erkannt haben, und hat Maßnahmen gesetzt. (Bundesrat Manfred Gru­ber: Einseitige Maßnahmen!) Solche pensionsregulierende Maßnahmen sind sicherlich nie besonders angenehm, das ist ganz klar, aber ich freue mich, sagen zu dürfen, dass es die Freiheitliche Partei war, die gewisse Entschärfungen dieses Gesetzes in den ersten Vorlagen vorgenommen hat. (Bundesrat Manfred Gruber: Frau Kollegin, es war ein freiheitlicher Sozialminister, der das vorgelegt hat! Das sollten Sie nicht verges­sen! – Bundesrat Gasteiger: Der Haupt war das!)

Wenn heute gesagt wurde, dass es der Streik auf der Straße war, der Verbesserungen und Entschärfungen bewirkt hat, dann muss ich sagen, Streiks, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie, haben noch nie eine Problemlösung gebracht. Noch nie! (Bundesrat Kraml: Schauen Sie sich die Geschichte an!) Nur der Konsens, nur die Gesprächsbereitschaft und das ehrliche Bemühen um eine Lösung sind Charakteristika dafür, dass man eine zukunftsorientierte Lösung in dieser sehr schwierigen Frage wird finden können. (Bundesrat Gasteiger: Frau Kollegin, sind Sie Lehrerin? Inspektorin? Landesschulrätin sind Sie, oder?)

Ich bin sehr erfreut, dass Sie jetzt meine Berufe aufsagen, aber das hat mit der konkre­ten Sache nichts zu tun.

Ich möchte auf die freiheitliche Fraktion deshalb hinweisen, weil ich wirklich glaube, dass wir etwas Positives für Österreich bewirkt haben, und ich darf daher auch die Namen jener Personen erwähnen, die im Konsens gearbeitet haben. Das war natürlich Vizekanzler Haupt (Bundesrat Gasteiger: Der das Gesetz eingebracht hat!), es war aber auch die Staatssekretärin Haubner, es war aber auch Kollege Dolinschek zum Beispiel, der im Nationalrat noch verstärkt soziale Abfederungen verlangt hat.

Es muss natürlich auch erlaubt sein, dass sich der Bundesrat mit diesem Thema sehr deutlich und sehr ausführlich beschäftigt. Denn es ist für mich schon wichtig, einmal zu zeigen, dass wir im Bundesrat wirklich nicht ein Anhängsel des Nationalrates sind, sondern dass wir sehr deutlich und akzentuiert manchmal auch andere Interessen verfolgen. (Bundesrat Gasteiger: Das werden wir heute sehen! Das werden wir bei der Abstimmung sehen!) Wir sind die Länderkammer, wir müssen und sollen die Interes­sen der Länder vertreten.


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Es ist heute auch schon gesagt worden, dass diese Budgetbegleitgesetze für die Län­der in gewissen Bereichen nicht unbedingt vorteilhaft sind, wie etwa im Bereich des Arbeitsrechtes; es wurden von meiner Kollegin von der Fraktion der Grünen heute bei­spielsweise die Pflegeheime erwähnt. Es muss dem Bundesrat erlaubt sein, hier auch gewisse Bedenken vorzubringen, eine rege Diskussion in dieser Sache anzuregen und weiter zu betreiben. (Bundesrat Gasteiger: Aber mit der Diskussion allein ist es nicht abgetan! Man muss entsprechend abstimmen!)

Positiv ist jedenfalls, dass in der Pensionsreform die Schwerarbeiterregelungen fixiert wurden. Das halte ich für wichtig, dass Menschen, die unter besonders schwierigen Bedingungen arbeiten, auch entsprechend früher in die Pension eintreten können. Positiv ist sicherlich auch, dass für die Frauen etwas getan wurde, und zwar sehr viel!

Wenn ich heute von einigen Kolleginnen aus der Sozialdemokratie und von den Grünen höre – das hat mich sehr gewundert –, dass ihnen das Kindergeld noch immer zu wenig ist, dass sie sich mehr wünschen, dann wundere ich mich schon darüber, warum es unter früheren Regierungen unter sozialdemokratischer Führung in dieser Richtung keine Umsetzungen gegeben hat. Es hat also doch einer ÖVP/FPÖ-Regie­rung bedurft, um familienrechtliche Schwerpunkte zu setzen. Das muss ich auch ein­mal sagen.

Wir haben zum Beispiel die pensionsbegründenden Kinderbetreuungszeiten auf 24 Monate angehoben, wir haben eine Deckelung der Durchrechnungsverluste erwirkt, die bei 10 Prozent liegt. Diese 10 Prozent sind in irgendeiner Form vertretbar, natürlich für manche Bereiche noch immer zu viel, aber im Vergleich zum Erstentwurf ist es durchaus eine Verbesserung.

Der Härteausgleichsfonds ist heute schon erwähnt worden. Manche haben eine andere Meinung dazu. Ich bin schon der Ansicht, dass es etwas sehr Positives ist, jemanden einen Zuschlag zu gewähren, damit er wenigstens diese 1 000-€-Grenze erreicht. Aber ich kann Ihnen in einem Recht geben: Man müsste sich vielleicht überlegen, ob hier nicht doch eine gewisse Anspruchsvoraussetzung oder ein Recht eingeräumt wird, um eventuelle Bittgänge zu verhindern. Es könnten aber auch über den Verordnungsweg oder über einen Erlass, wie auch immer, einige Nachbesserungen vorgenommen wer­den. Wir sollten – da gebe ich Ihnen Recht – noch ein intensives Gespräch mit dem Sozialminister führen, wahrscheinlich auch mit dem Finanzminister, um zu verhindern, dass Menschen, die es ohnehin sehr schwer haben, zu Bittstellern degradiert werden. Aber das ist eine Sache, die man durchaus in einem intensiven Arbeitsgespräch lösen kann. (Bundesrat Schennach: Oder man schickt es noch einmal in den Nationalrat zurück, Frau Kollegin!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Entwicklungsprozess in Sachen Pen­sionsreform geht weiter, er ist noch nicht zu Ende. Wir kommen meiner Ansicht nach erst zum richtigen Kernpunkt der gesamten Entwicklung, und das ist die Harmonisie­rung. Die Harmonisierung ist ein Thema, das die Menschen in Österreich zutiefst be­schäftigt. Die Harmonisierung, obwohl viele Menschen Unterschiedliches darunter ver­stehen, ist ein so wichtiger Bereich, weil ein gewisses Gerechtigkeitsempfinden bei den Menschen vorhanden ist. Und ich bin eigentlich sehr froh darüber, dass dieses Empfin­den noch vorhanden ist. Da braucht man kein Pensionsexperte zu sein, da braucht man kein Gelehrter zu sein, um zu spüren, dass gewisse Veränderungen gerechtfertigt sind und manche andere eine ungerechtfertigte Entwicklung nehmen.

Ich könnte viele Beispiele erwähnen, aber ich erwähne nur die unterschiedliche Be­handlung von Mitarbeitern im öffentlichen Dienst. Ich bin selbst im öffentlichen Dienst beschäftigt und kann wirklich sagen, ich weiß, wovon ich spreche. Es gibt Unterschiede zwischen Bundesbeamten, Landesbeamten, Gemeindebeamten. Es gibt unterschied-


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liche Pensionsregelungen, es gibt unterschiedliche Dienstrechte, es gibt in manchen Fällen zusätzliche Abfertigungen trotz einer besonderen Beamtenpension, im anderen Fall wieder nicht. Es gibt unterschiedliche Vorrückungen. Es kennt sich kein Mensch mehr aus. Es gibt unterschiedliche Behandlungen von ASVG-Bediensteten gegenüber pragmatisierten Beamten. Also schon allein im öffentlichen Dienst gibt es eine sehr unterschiedliche Behandlung von Menschen, die teilweise dieselbe Arbeit verrichten, aber ein anderes Pensionsantrittsalter und eine andere Pensionshöhe haben. Diese Ungerechtigkeiten gehören beseitigt.

Es sind auch die Sozialversicherungsanstalten erwähnt worden. Ich weiß, da kommt immer von der SPÖ ein Aufschrei, das hört ihr offenbar nicht gerne. Ich verstehe aber nicht, warum, denn ihr seid ja eigentlich auch alle für die Harmonisierung. Wenn heute Herr Gasteiger gesagt hat, wie viele Millionen und Milliarden wir übrig hätten, um Schulen und Wohnungen zu bauen (Bundesrat Gasteiger: Zwei, wenn man die Ab­fangjäger nicht kauft!), dann muss ich Ihnen schon auch sagen: Wenn die 300 Gene­raldirektoren der Pensionsversicherungs- und Sozialversicherungsanstalten und die 600 Abteilungsleiter insgesamt 231 Millionen € pro Jahr kassieren und davon fast 100 Millionen nicht gedeckt sein sollen, dann macht das nach alter Währung über eine Milliarde Schilling aus, und dafür kann man wieder 1 000 Wohnungen und einige Schulen bauen, Herr Kollege Gasteiger. (Bundesrat Manfred Gruber: Die Managerab­fertigungen lagen bei 250 Millionen, die Sie bezahlt haben! – Zwischenruf des Bundes­rates Gasteiger.)

Ich wünsche mir, Herr Kollege Gasteiger, wenn Sie schon immer mit Zahlen herumwer­fen, dass Sie auch einmal Zahlen ins Spiel bringen, wenn es um Pensionsbezüge in Ihnen eventuell nahe stehenden Sozialversicherungsanstalten geht, denn in diesem Zusammenhang höre ich von Ihnen nie Zahlen. Offenbar ist Ihnen dieses Thema sehr unangenehm, da sagen Sie überhaupt nichts mehr dazu, außer dass Sie immer sagen: So stimmt das nicht! (Bundesrat Gasteiger: Frau Kollegin! Was glauben Sie, was wir uns ersparen, wenn wir die ganzen Landesschulräte in Pension schicken?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich könnte man jetzt sagen, die Harmo­nisierung will ja ohnehin jeder, und ich konzediere auch unserer Bundesregierung, dass sie sie tatsächlich umsetzen will. Jetzt frage ich mich aber nur, wie dann solche Zeitungsartikel zustande kommen können, wie zum Beispiel jener vom 20. Juni im „WirtschaftsBlatt“, in dem steht: „Harmonisierung: keine Eile in den Ländern“. Darin sagen zum Beispiel unterschiedliche Landeshauptleute: Mit der Harmonisierung ist es noch lange nicht so weit her. Ich darf Hans Niessl aus dem Burgenland zitieren: „Die Ankündigung der Regierung sei derart nebulos, dass nicht bekannt ist, was genau mit Harmonisierung gemeint ist.“

Oder etwa Franz Schausberger, der Ihnen ja auch bekannt ist, will erst einmal abwar­ten, was aus Wien kommt, und dann auf fundierter Basis mit den Personalvertretern sprechen.

Das heißt für mich schon, dass der Zeitpunkt der Harmonisierung nicht unbedingt auf Punkt und Beistrich ein bestimmter Tag im Herbst sein wird, sondern es werden hier sehr eindringliche Gespräche mit Ländervertretern, mit Interessenvertretungen notwen­dig sein, um überhaupt zu einem Ergebnis zu kommen. (Präsident Hösele übernimmt den Vorsitz.)

Daher möchte ich noch einmal die Sorge des Bundesrates deponieren, ob die Harmo­nisierung umgesetzt wird. Ich wundere mich schon, warum es nicht auch in anderen Fraktionen die Sorge darüber gibt, wie tatsächlich eine solche Harmonisierung aus­schauen soll und vor allem wie der Zeitplan in dieser Frage gestaltet sein soll. Denn wenn solche Äußerungen wie die von mir zitierten in der Zeitung stehen, dann muss


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ich mich fragen, wie ernst es Ländervertreter, die doch einer der Regierungsparteien sehr nahe stehen, mit diesen Äußerungen meinen.

Es liegt in der Natur der Sache, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir auch unterschiedlicher Meinung sein können, wenn Sie auf der einen Seite den Natio­nalrat und auf der anderen Seite den Bundesrat sehen. Ich möchte mich noch einmal wiederholen, weil ich es einfach für wichtig erachte: Natürlich wissen wir, dass wir in der Sache selbst nicht viele Möglichkeiten haben, Einsprüche zu machen, aber wir haben die Möglichkeit, wenn es sich um berechtigte Sorgen der Länder handelt, diese zu artikulieren. Und dieses Recht werde ich mir im Bundesrat von niemandem nehmen lassen! – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Gasteiger: Da müsst ihr aber entsprechend abstimmen! Artikulieren allein nützt nichts!)

13.31

 


Präsident Herwig Hösele: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Professor Konecny. Ich erteile es ihm.

 


13.31

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Lieber alleine gelassener Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Das ist heute eine eigenartige Veranstaltung: Man spricht von Seiten der Regierungsparteien tunlichst von etwas anderem, um nicht miteinander, und das würde ja wohl heißen: gegeneinan­der, sprechen zu müssen. Auch der, obwohl er lange geredet hat, durchhuschende Kärntner Landeshauptmann hat in Wirklichkeit zwei Reden gehalten: eine für die Regierungspolitik und eine gegen die Regierungspolitik, und dazwischen hat er irgend­wie ein „und“ gesetzt, was merkwürdig ist.

Meine Damen und Herren! Das ist der Versuch, von der wirklichen Problemstellung, aus sehr unterschiedlichen Gründen, abzulenken. Und das Ganze, was hier von vielen Rednern, auch von Ihnen, Frau Kollegin, gesagt wurde, wäre im höchsten Maße ent­behrlich, wenn man sich zu der einzig vernünftigen Vorgangsweise entschlossen hätte, nämlich mühsam, unter Einbindung unendlich vieler, die dazu mit Recht etwas zu sagen haben, zu versuchen, ein gemeinsames Pensionssystem zu finden, und dann die um nichts weniger schwierige Aufgabe zu lösen: Wie leite ich aus den heutigen Pensionssystemen in ihrer Vielfalt in dieses neue, künftige Pensionssystem über?

Das genau ist der Ansatz der Sozialdemokraten. Seit Jänner liegt genau dieser Vor­schlag auf dem Tisch. (Ruf bei der ÖVP: Ohne Inhalt!) – Nein, Herr Kollege! Was heißt „ohne Inhalt“? Es ist ein präzises System, und es ist insbesondere ein Vorschlag für die Überleitung enthalten, der dem, was allen anderen bisher dazu eingefallen ist, bei weitem überlegen ist. Aber Sie sollten sich einmal anschauen, was da drinnen steht, vielleicht kommen Sie dann zur Überzeugung, dass Ihr Zwischenruf, aber nicht dieses Papier ohne Inhalt ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Was hier passiert, ist sozusagen eine Art negative Vorschussmaßnahme: Ich nehme mir zunächst einmal das zugegebenermaßen größte System, nämlich das ASVG, vor, reduziere dort in ziemlich drastischer Art und Weise die Ansprüche. Wenn ich mich nicht mehr raussehe – zu dem komme ich dann noch –, erfinde ich eine Deckelung der Verluste und sage, in Wirklichkeit wird das ohnehin alles anders.

Also wenn mir jemand erklären kann, dass das eine logische Vorgangsweise ist, dann bewundere ich ihn.

Die einzig mögliche Vorgangsweise – ich wiederhole es – ist, in den schwierigen Ge­sprächen, die dafür erforderlich sind, zunächst einmal ein neues System zu schaffen, das naturgemäß ein harmonisiertes sein muss, und dann, wenn man sich darüber


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mühsam, aber doch einig ist, zu überlegen: Was mache ich mit den Menschen, die zehn, 15, 30 oder 40 Jahre in einem der nun nicht mehr existierenden alten Systeme gearbeitet haben?

Unser Vorschlag ist, dass die Ansprüche, wenn es um Menschen über 35 geht, eins zu eins in das neue System als sozusagen eingefrorener, aber jedes Jahr aufgewerteter Pensionsanspruch mitgenommen werden können, und – da gab es jetzt den sensatio­nellen Vorschlag von den Freiheitlichen hier in diesem Haus, man müsse die Bezieher höherer Pensionen zu einem Solidaritätsopfer heranziehen; die haben dieses Papier auch nicht gelesen, wie Sie, Herr Kollege, denn genau das ist ein Kernpunkt unseres Vorschlages –, dass es für alle Pensionsbezüge, also heute bereits kassierte und, was angesichts dieser Übergangslösung durchaus möglich ist, weiter entstehende, einen Abzug von zehn Prozent jenes Betrages geben soll, mit dem solche Pensionen die Höchstbeitragsgrundlage überschreiten – aber, und das ist der Unterschied zwischen uns, nicht zu Gunsten der Budgetsanierung oder zu Gunsten der Abfangjäger, son­dern zu Gunsten eines Pensionsfonds!

Jeder, der sich mit dem Thema wirklich beschäftigt und tiefer, als es dieser zwar nicht falsche, aber ziemlich eindimensionale Satz: Wir werden alle immer älter und wir haben immer weniger Kinder!, wiedergibt, in die Problematik vorgedrungen ist, weiß nämlich genau, dass die aktuelle Problematik des Pensionssystems eine limitierte ist.

Die große Problematik beginnt etwa – das hängt auch vom dann geltenden und fak­tisch durchgesetzten Pensionsantrittsalter ab – 2030. Und für diesen Zeitpunkt, der auch nicht das Kippen des Systems bringt, sondern eine zeitlich limitierte Mehrbelas­tung des Systems, gilt es Mittel anzusparen. Es wäre, auch wenn ich trotzdem die ein­zelnen Maßnahmen dieses Pakets für nicht besonders intelligent und sozial halten kann, immerhin ein Zeichen des Verständnisses für die Problemstellung, würde die Regierung sagen: Jene Beträge, die wir durch diese Reform dem System ersparen, werden – so wie wir es vorgeschlagen haben – für einen Fonds zweckgebunden, der dann, wenn es im Pensionssystem wirklich dick kommt, also etwa 2030, zur Verfügung steht, um für einen Zeitraum von etwa 20 Jahren das Ärgste abzufedern.

Aber darüber machen sich ja die angeblichen Sanierer unseres Pensionssystems keine Gedanken. Es geht halt um eine kurzfristige Sanierungsmaßnahme für das Bud­get. Ob man es jetzt für die Abfangjäger ausgibt oder für Websites oder für was auch immer, ist ja dabei bedeutungslos. Jetzt wird es verbraucht; die Zukunftssicherung ist dabei nicht im Blickfeld der Regierenden!

Diesen Geburtsfehler der Pensionsreformbestandteile des Budgetbegleitgesetzes kann alles Verhandeln und alles Herumbosseln nicht beseitigen. Wenn man das Dach vor dem Fundament baut, dann fällt einem das Dach auf den Schädel, so wie dieser Bun­desregierung! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Präsident! Bemühen Sie das Licht nicht, ich brauche ein bisschen länger, auch wenn ich nicht so lange brauche wie der Herr Vizekanzler und der Kärntner Landes­hauptmann.

Wenn man also einen Vorschlag erstattet, dabei sich auf das Urteil von Experten – was ja so auch nicht stimmt – beruft, es dann aber ignoriert, wenn von Seiten dieser Exper­ten gesagt wird, von dem Reformansatz ist überhaupt nichts mehr übrig geblieben, dann beweist man nur, dass man die Probleme unseres Pensionssystems nicht ver­standen hat.

Wer zu guter Letzt – nein, zu schlechter Letzt! – bei einer 10-prozentigen Deckelung Zuflucht suchen muss, beweist das erst recht. Ein durchdachtes, ausgewogenes und sozial gerechtes Pensionssystem hat keine Giftzähne. (Beifall bei der SPÖ und der


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Bundesrätin Kerschbaum.) Es hat auch keine Grauschleier, sondern es bewirkt einen gerechten, am Lebenseinkommen, an der Dauer der Berufstätigkeit, an den Versiche­rungsleistungen, an den in manchen Fällen besonderen Lebenssituationen angelehn­ten Pensionsbezug.

Wenn ich merke, dass das System – also ich nicht, aber der Herr Sozialminister, ob­wohl er heute wieder einmal so getan hat, als ob dieses Gesetz aus dem Landesvertei­digungsministerium gekommen wäre, mit dem er überhaupt nichts zu tun hat – ent­gleist, dann lasse ich mir eine Deckelung einfallen und sage: Gut, das ist ein wirklicher Dreck, aber mehr als 10 Prozent darf es niemanden kosten.

Ich gebe schon zu, der Schmerzunterschied zwischen minus 40 Prozent und minus 10 Prozent ist beträchtlich, nur den Plafond einziehen heißt, dass ich jegliche Differen­zierung eliminiere, und das kann nicht sozial gerecht sein, wobei ich in Klammer – nein, ohne Klammer, aber mit Rufzeichen – dazusage: Eine Regierung, die ernsthaft meint, dass eine Regelung, die die Verwaltung zwingt, in Zukunft jede Pension zweimal auszurechnen – einmal nach dem alten System, einmal nach dem neuen System – und dann die Differenz zur Anwendung zu bringen, kostenneutral durchführbar sei, lebt selbst im Computerzeitalter in einer Traumwelt.

Meine Damen und Herren! Wenn wir das heute so beschließen, dann können wir uns beträchtliche gute Absichten auf Verwaltungsvereinfachung – und das heißt auch Kos­tenreduzierung – im Bereich der Pensionsversicherung gleich wieder abschminken. Warum die doppelte Arbeit von weniger Leuten bewältigt werden soll, das kann mir nicht einmal – falls er sich mit dieser Frage jemals beschäftigt hat – der Herr Sozial­minister erklären.

Diese Reform ist in jedem ihrer Bestandteile falsch. Sie ist eine Antwort auf ein Pro­blem, das vorhanden ist. Ich habe Ihnen schon beim letzten Mal gesagt: Wenn mir hier eine Umfrage vorgehalten wurde, die belegt, dass 86 Prozent der Österreicher meinen, es müsse Veränderungen im Pensionssystem geben, dann ist das etwas, was ich nur insofern in Zweifel ziehe, als ich frage, ob die restlichen 14 Prozent auf dem Mond leben. – Natürlich ist das allgemeines Bewusstsein, aber der von Ihnen behauptete Zeitdruck ist nicht notwendig. Ich habe es schon ausgeführt: Wir wissen, dass wir be­reits auf Grund der vergangenen Reformen Ersparnisse haben, aber im Pensionsrecht wirken sich die Sachen nicht auf Knopfdruck aus, außer ich nehme den Leuten am nächsten Ersten Geld weg; das hat eine Wirkungs-Beginnzeit von zwei, drei Jahren, und dann bringt es auch Ersparnisse. Diese Ersparnisse lukrieren wir jetzt auf Grund von Reformen Ende der neunziger Jahre und auch – zugegebenermaßen – von jener im Jahr 2002.

Wir haben ein Sinken der Staatszuschüsse zum System der Pensionsversicherung zu verzeichnen. Daher ist die Dringlichkeit, diese Alarmstufe, wenn heute nichts getan wird, können wir morgen keine Pensionen mehr zahlen, völlig falsch. (Bundesrat Ing. Franz Gruber: 2007 1 Milliarde!) – Nein! Herr Kollege, es stimmt nicht, aber Sie haben sich, wie mit so vielem anderen, auch mit dieser Frage nicht wirklich auseinan­der gesetzt. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.)

Es geht schlicht und einfach darum, für den kritischen Zeitpunkt vorzusorgen und na­türlich bei dieser Gelegenheit den berechtigten Versuch zu unternehmen, Unstimmig­keiten und auch Ungerechtigkeiten, die in unserem System enthalten sind, weil jedes dieser Systeme für sich historisch gewachsen ist, zu eliminieren. Eine solche Phase des Umbruchs ist immer auch eine Chance, und es ist überhaupt keine Frage, dass diese Chance genützt werden soll.

Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt monatelang ein originelles Schauspiel erlebt, und ich bin gespannt, wie der letzte Akt dieses Schauspiels aussehen wird. –


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Kollege Hagen! Sie sind irgendwie als Stallwächter bei uns geblieben. Ich danke Ihnen dafür persönlich, nehmen Sie aber das, was ich sage, nicht zu persönlich, es gilt natürlich auch allen anderen Kolleginnen und Kollegen, mit wem immer sich diese jetzt gerade wieder ganz wichtig unterhalten müssen – aber ich verstehe das.

Wir haben also das originelle Spiel gewissermaßen wie in archäologischen Schichten erlebt: Da legt der Herr Sozialminister – und ich kann das nicht oft genug sagen, weil er es offenbar vergessen hat – einen Teil des Budgetbegleitgesetzes betreffend die Pen­sionen auf den Tisch, und lustvoll rufen alle: Ja, das ist es! – Dann, nachdem man ein bisschen hineingelesen hat, kommt die öffentliche Empörung, es taucht zum ersten Mal das Wort von den Giftzähnen auf, die man jetzt noch ziehen müsse.

Ich liebe Kollegen Walch, weil er das in einer Person verkörpert: Ja! Nein! Ja! Nein!, und all das immer mit demselben lustvollen Gesichtsausdruck. Das ist ein politischer Meilenstein des – und jetzt entschuldigen Sie mich, denn man kann nicht sagen des Umfallens, weil jemand, der liegt, kann schwer umfallen, aber zumindest: des Rotie­rens am Fußboden. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.) – Wie meinen, Herr Kollege? (Bundesrat Steinbichler: Showmaster ist er keiner, aber gearbeitet hat er schon viel!)

Das weiß ich nicht. Ich hoffe, dass er in seinem Beruf gearbeitet hat, das wird ihn mög­licherweise für die Hackler-Regelung qualifizieren, für die Tätigkeit als Pensionsexper­ten hat es ihn sichtlich nicht qualifiziert. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.)

Herr Kollege Walch, aber auch andere, haben sich dann in Verhandlungen gestürzt. Diese wurden geführt, und danach sind wieder alle ganz beglückt aufgetaucht und haben gesagt: Die Giftzähne sind weg. – Jene, die sich mit der Materie tatsächlich be­schäftigen, haben dann gemeint: Hoppala, so ist das aber nicht, die Giftzähne sind im Wesentlichen noch immer da! – Dann haben auch jene, die gerade erst gejubelt hatten, wieder gesagt: Na ja, ganz so klass ist es nicht, das müssen wir noch einmal verhandeln.

Das hat sich drei-, viermal wiederholt, das letzte Mal erstreckte es sich über das Wochenende vor der Beschlussfassung im Nationalrat. Dabei ist ein ganz originelles neues Wort erfunden worden: Jetzt müsse man die Grauschleier beseitigen. – Dieses Gesetz muss ja in seiner Ursprungsfassung die Zwillingsschwester der Medusa gewe­sen sein: Giftzähne, Grauschleier und was da noch alles gesagt wurde. Auch der Herr Landeshauptmann hat heute von den Giftzähnen gesprochen.

Ich behaupte, die Grauschleier sind noch da, und wenn es wirklich die Medusa ist, dann sind auch noch die Schlangenhaare – diesen Begriff hat niemand von Ihnen ver­wendet – und auch die Giftzähne vorhanden. Sie sind zwar auf 10 Prozent – sagen wir einmal, bei den Schlangenhaaren auf 10 Zentimeter – gestutzt worden, was sie aber um nichts hübscher und für die Menschen um nichts erträglicher macht. Deshalb nützen leere Deklarationen, ob es Entschließungen des Nationalrates oder vielleicht Entschließungen des Bundesrates sind, den Menschen in diesem Land überhaupt nichts, sie sind leere Absichtserklärungen – und da haben Sie jetzt Recht: ohne Inhalt – ohne den geringsten Inhalt.

Ich verstehe Herrn Landeshauptmann Schausberger, wenn er sagt: Harmonisierung ist nur ein Wort, da möchte man zuerst einmal wissen, was damit gemeint ist. – Ich möchte dies auch! Ich würde auch gerne wissen, was die Bundesregierung meint, wenn sie Harmonisierung sagt; ich verstehe auch, dass die FPÖ wissen will, was der Bundeskanzler meint, wenn er Harmonisierung sagt. Aber ich fürchte, das kann man wie immer nur dann erkennen, wenn man das Weihnachts-Einwickelpapier aufmacht und schaut, was in dem Päckchen enthalten ist. Das Goldbändchen drumherum kann man in einem Entschließungsantrag beschließen, an der Substanz ändert es nichts.


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Das ist ein guter Grund, zu diesem Budgetbegleitgesetz nein zu sagen. Es gibt aber viele gute Gründe mehr. Einer, der hier schon zumindest von Sprechern meiner Frak­tion breit debattiert worden ist, ist naturgemäß die Frage, wie es mit unserem Gesund­heitssystem weitergeht. Auch da geht es wieder um die Frage nach dem Inhalt dieses sehr schön verpackten Packerls. Zu sagen, ich ermächtige die Krankenversicherungs­träger, Selbstbehalte einzuführen, und dann – die Frau Ministerin hat uns verlassen –, zu erwähnen, das kommt eh nicht schnell, weil das ohne Chipcard nicht geht, ist eine eigenartige Sache. Nach der bisherigen Geschichte der Chipcard würde ich sagen, dann kommt es überhaupt nie, was eine verhältnismäßig gute Lösung wäre.

Aber man will damit darüber hinwegtäuschen, dass Selbstbehalte – das beweisen auch alle internationalen Beispiele – gesundheitspolitisch eine falsche Maßnahme sind, und zwar nicht wegen der Kostendämpfung, die auch nicht erreicht wird, sondern vor allem wegen der Sozialpolitik, im Hinblick auf die Gerechtigkeit. Das Wort von den Sozial­schmarotzern kann ich ja schon so nicht mehr hören, aber wenn Sie mir ernsthaft erklären wollen, dass die Menschen aus purer Begeisterung krank werden, weil es so schön ist, krank zu werden, weil es so schön ist, sich aufschneiden zu lassen, weil es so ungeheuer gemütlich ist, sich ins Spital zu legen, und weil bekanntlich in diesem gastronomisch hoch entwickelten Land nichts besser schmeckt als Pulver, dann fürchte ich, kann ich Ihnen dabei nicht folgen.

Menschen, die erkranken, sind Opfer eines Schicksals, einer Veranlagung, vielleicht sogar ihres individuellen Lebenswandels, der auf irgendwelche Krankheitsfaktoren nicht genügend Rücksicht genommen hat, aber sie dafür zahlen zu lassen, ist ein unmenschlicher, unverantwortlicher, unsozialer und zu guter Letzt auch noch kein kostensenkender Versuch. Sehen Sie, auch das haben wir im vorliegenden Beschluss enthalten, und das ganz allein wäre ein Grund, dieses Budgetbegleitgesetz abzuleh­nen. (Beifall bei der SPÖ und der Bundesrätin Kerschbaum.)

Ich kann mich auch auf ein paar Sätze zu den Abfangjägern beschränken. Natürlich ist es so, dass die Fragen der Landesverteidigung – wie so vieles andere – gründlich dis­kutiert werden müssen, aber eine Antwort, die man einmal gefunden hat, gilt wahrlich nicht für alle Mal. Es ist heute schon in pointierter Form gesagt worden: Man kann halt nicht die geopolitische Entwicklung in Mitteleuropa, die es in den letzten 13, 14 Jahren gegeben hat, einfach wegwischen und sagen: Ihr habt auch einmal Anfangjäger ge­kauft! – Jawohl, das ist keine Frage. Aber ob und in welcher Form Luftraumsicherung im militärischen Sinn heute eine vordringliche Aufgabe ist, das ist auch unter den militärischen Experten umstritten.

Sie sagen, wir geben deshalb mindestens 2 Milliarden € aus, weil wir die Olympischen Spiele in Salzburg von oben beschützen müssen. Ich bin nicht aus der Bauwirtschaft, aber ich würde einmal annehmen, dass man um diesen Betrag über Salzburg eine bombensichere und durchsichtige Kuppel bauen könnte; das ist ein wirkliches Missver­hältnis. (Bundesrat Steinbichler: ..., ihr habt genug betoniert!) – Wenn das eine seriöse Unterstützung ist, dann werde ich das mit dem Bürgermeister von Salzburg besprechen, insbesondere auch mit unseren Verteidigungsexperten.

Sehen Sie, es ist einfach ein Verleugnen der Realität: Wir haben immer Abfangjäger gehabt, das ist ja auch richtig. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.) – Herr Kollege, ich gebe ja zu, dass es nicht ganz einfach ist, aber man kann auch einmal versuchen, einem Scherz zu folgen.

2 Milliarden als Schutz für ein potentielles Großereignis, das ist mit Sicherheit eine Fehlinvestition. Wir haben im Ausschuss vom Herrn Staatssekretär Finz gehört, dass die Schweizer zum Schutz von Davos 200 Flugzeuge aufgeboten haben. Das mag richtig sein, sie haben aber keine 200 Flugzeuge. Sie haben sich – das hat dann der


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Herr Verteidigungsminister korrigierend und helfend eingefügt – natürlich auch von uns welche ausgeborgt: einen oder zwei Abfangjäger und Hubschrauber. Was spricht dagegen, drei Wochen oder vierzehn Tage lang ein Großereignis im internationalen Zusammenklang zu beschützen? Wo ist das Problem? – Auch österreichische Flug­zeuge sind im Einsatz, wenn in unserer Nachbarschaft ein derartiges Großereignis zu beschützen ist.

Sehen Sie, mit einer willkürlichen Hilfskonstruktion darüber hinwegtäuschen zu wollen, dass sich die geopolitische Situation geändert hat, das ist einfach ein Ausdruck politi­scher Hilflosigkeit, wobei mir bis jetzt nicht wirklich klar ist, wer die treibende Kraft da­hinter ist. Mag sein, dass es in Wirklichkeit – aus ganz anderen und absolut unmilitäri­schen Gründen – jener Herr ist, den wir in einer anderen Sache heute am Nachmittag noch dringlich befragen wollen.

Es gibt viele weitere Punkte – sie wurden in der Debatte angeschnitten –, warum Be­stimmungen dieses Budgetbegleitgesetzes vernünftigerweise nicht zu akzeptieren sind. Es gibt aber auch über die politischen Inhalte hinausreichende Gründe. Zunächst einmal – der Herr Landeshauptmann von Kärnten hat darüber kurz gesprochen, hat sich aber dann von diesem Thema sehr rasch wieder verabschiedet –: Es haben prak­tisch alle Länder negative Stellungnahmen zum Budgetbegleitgesetz abgegeben. Es haben fünf Bundesländer den Konsultationsmechanismus zwischen Bund und Ländern angerufen, weil sie auf Grund des Beschlusses dieses Budgetbegleitgesetzes – mit Recht wie ich meine – Belastungen für ihre Budgets erwarten.

Herr Staatssekretär Morak hat hier im Haus und Herr Staatssekretär Finz hat im Aus­schuss einbekannt – man muss der Wahrheit die Ehre geben, auch wenn das, was gesagt wurde, im höchsten Maße problematisch ist –, dass seitens der Bundesregie­rung diesem Wunsch der Länder durch die Aufnahme konkreter Gespräche, wie das der Konsultationsmechanismus vorschreiben würde, nicht Rechnung getragen wurde. Das Budget wird bekanntlich nicht vom Bundesrat beschlossen; aber wenn es um die finanziellen Folgen dieses Budgetbegleitgesetzes für die Länder geht, hat die Bundes­regierung beziehungsweise haben die Mehrheitsfraktionen, wenn sie dem zustimmen, im Nationalrat soeben ein Budget beschlossen, dem ein Blankoscheck Länderfolgekos­ten beiliegt, der natürlich nicht im Budget gedeckt ist. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Franz Gruber.) – Wer? (Bundesrat Ing. Franz Gruber: Sie!)

Ich habe Haider schon gekannt, als wir beide noch kein Mandat gehabt haben, und wir haben uns damals schon nicht gemocht, das gebe ich offen zu. (Zwischenruf des Bun­desrates Ing. Franz Gruber.) – Nein, ich weiß aber auch nicht, womit Ihr Zwischenruf etwas zu tun hat!

Zuletzt: Wir meinen – wir haben das im Ausschuss releviert –, dass mit einer derartigen Sammelvorlage das Recht der einzelnen Mitglieder des Bundesrates auf die freie Aus­übung ihres Mandats – verfassungsgesetzlich garantiert im Artikel 56 – verletzt wird. Ich kann das an einem konkreten Kollegen festmachen. Kollege Gudenus hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass er als hoher Offizier die Anschaffung der Abfangjäger – begründet mit Sachargumenten – für eine Fehlentscheidung hält. Er hat angekündigt, dass er gegen diese Absicht stimmen möchte. Ich habe keine Ahnung, vielleicht machen Sie mich schlau, wie Kollege Gudenus zur Pensionsreform oder zu den Selbstbehalten steht. Nehmen wir also an, Kollege Gudenus hielte – ich will ihn nicht verdächtigen – die Pensionsreform in ihrer gegenwärtigen Form und die Selbstbehalte in der Krankenversicherung für eine gute Idee. Das könnte ja sein, ich weiß es nicht.

Kollege Gudenus hat keine Möglichkeit, beim Abstimmungsverhalten im Bundesrat diese unterschiedliche Einstellung zu Materien, die ziemlich gewaltsam in einem Gesetz zusammengebunden werden, deutlich zu machen. Das unterscheidet den


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Bundesrat vom Nationalrat, wo bekanntlich die Möglichkeit besteht, in zweiter Lesung eine – sagen wir einmal – dissenting opinion zum Ausdruck zu bringen und in Ab­wägung der Gesamtmaterie in dritter Lesung zuzustimmen – oder auch nicht. Uns wird diese Möglichkeit vom verfassungsmäßigen Gesetzgebungsverfahren genommen; es ist dies eine Aufforderung implizit aus der Bundesverfassung, damit sensibel umzu­gehen.

Man muss nicht jeden Paragraphen gegeneinander abwägen, aber wenn mir jemand erklären kann, was Abfangjäger sachlich mit der Pensionsreform zu tun haben – außer die Pensionsreform dient zur Finanzierung derselben –, dann muss er schon gewaltige Interpretationskünste anwenden. Daher haben wir von der SPÖ hier die feste Überzeu­gung, dass diese Zusammenballung von Vorschlägen in einem Gesetz im Hinblick auf den Bundesrat verfassungswidrig ist.

Die sozialdemokratischen Bundesräte lassen es nicht dabei bewenden, gegen dieses Budgetbegleitgesetz zu stimmen. Sie haben auch einen Einspruchsantrag gestellt, der – ich werde ihn nicht verlesen – sowohl aus inhaltlichen Gründen als aus dem Grund, dass die finanziellen Auswirkungen auf die Länder völlig ungeklärt und vor allem unbedeckt sind und dass eben ein Verstoß gegen das freie Mandat des Bundes­rates, wie es in der Verfassung garantiert ist, vorliegt, formuliert wurde.

Viele Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion haben Ihnen in den letzten Stunden gesagt, Sie mögen sich doch Ihre Entscheidung nochmals überlegen. Wir glauben, dass über das eine oder andere Motiv dessen, was in dieser Gesetzesvorlage enthal­ten ist, natürlich zu debattieren ist, aber dass die Lösungen, die darin vorgeschlagen werden, inkonsistent, falsch und ihrer Zusammenballung im Übrigen verfassungswidrig sind.

Lassen Sie mich noch einen Satz zu der zweiten Vorlage sagen, die wir unter einem debattieren, was offenbar bisher weitgehend nicht geschehen ist. Ich mache das deshalb, weil ich auch nicht der Meinung bin, dass das, was wir heute in der Frage der Politikerpensionen und der Übergangsregelungen für ausscheidende Politiker beschlie­ßen, der Weisheit letzter Schluss ist. Unsere Vorschläge waren andere. Die sozial­demokratischen Abgeordneten im Nationalrat haben dazu Anträge gestellt, Vorschläge gemacht, die nicht gehört wurden. Sie haben in einer Auseinandersetzung zu guter Letzt gegen diesen Vorschlag gestimmt. Wir sozialdemokratische Bundesräte haben uns das gründlich überlegt und werden für die vorliegende Vorlage stimmen. Noch­mals: nicht weil wir sie für die klügste aller Lösungen halten, sondern weil wir meinen, dass es auf der einen Seite eine Begrenzungsmaßnahme ist, die manchem entgegen­kommt, was wir wollten, und dass wir uns zum Zweiten nicht den Vorwurf machen wollen, gegen eine solche Schlechterstellung und Mehrbelastung der Politiker zu sein. Wir haben diese Lösung nicht für die Beste gehalten – das tun wir auch jetzt nicht –, wir haben andere Vorschläge im Zusammenhang mit unserem Harmonisierungsmodell gemacht. Aber wenn das der Vorschlag ist, der auf dem Tisch liegt, so ist er besser als der bisherige Zustand und verdient daher unsere Zustimmung.

Ich wurde darauf aufmerksam gemacht, dass ich von dem langen Text des Einspru­ches entsprechend der Geschäftsordnung zumindest die Antragsformel vorzulesen habe.

Einspruch

der Bundesräte Professor Konecny und KollegInnen gem. §§ 20. Abs. 2 und 43 GO-BR gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates betreffend das Budgetbegleitge­setz 2003 (59 und 111/NR sowie 6788 und 6790/BR d. B.)


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Die unterzeichneten Bundesräte stellen im Sinn der zitierten Gesetzesbestimmungen den Antrag, gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates betreffend das Budget­begleitgesetz 2003 (59 und 111/NR sowie 6788 und 6790/BR d. B.) einen Einspruch zu erheben.

*****

Wie gesagt: Die Begründung erspare ich Ihnen. Ich darf den Antrag inzwischen dem Herrn Präsidenten überreichen.

Lassen Sie mich am Schluss noch Folgendes sagen: Die sozialdemokratischen Bundesräte haben sich mit der breiten Volksbewegung, die gegen diesen Anschlag – und so ist das zu nennen – auf die Pensionsversorgung unserer Mitbürger gestartet wird, haben sich mit dieser breiten Protestbewegung solidarisiert. Wir alle wissen, dass Demonstrationen naturgemäß nicht in einem Gesetzestext oder einem Gesetzesbe­schluss enden. Aber so zu tun, als wäre das etwas, was in der Demokratie einen Regelverstoß darstellt, wenn Menschen für ihr Recht und ihre Ansichten auf die Straße gehen, demonstrieren oder streiken, das schmerzt mich persönlich zutiefst und vor allem angesichts jener großen Opfer, die auch in diesem Land Menschen dafür gebracht haben, dass es ein Streikrecht und ein Demonstrationsrecht geben soll. Diese beiden Rechte – neben dem freien Wort, der freien Presse und der demokratischen Beschlussfassung in gesetzgebenden Körperschaften – haben stets zum Kampfruf jener gehört, die – wann immer und unter welchen Bedingungen immer – gegen Ab­solutismus oder gegen Diktaturen angetreten sind. Und dieses Recht jetzt herunterzu­reden, bedeutet, die demokratische Entwicklung in diesem Land zumindest verbal zurückzudrehen oder zurückdrehen zu wollen.

Das, was uns vorliegt, ist ungenügend, aber es wurden viele Veränderungen vorge­nommen: Das ist natürlich vor dem Hintergrund eines Meinungsklimas zu sehen, in dem die große Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher diese Vorschläge abgelehnt und sie sich mit jenen solidarisiert hat, die gestreikt, demonstriert und zum Ausdruck gebracht haben, dass sie diese Maßnahmen für berechtigt halten.

Nehmen Sie zur Kenntnis, dass Sie sich unter dem Druck der öffentlichen Meinung sehr klein machen mussten, und Sie werden sich – davon bin ich überzeugt – am Ende des Tages noch sehr viel kleiner machen müssen, weil der Wähler Sie ziemlich klein machen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

14.08

 


Präsident Herwig Hösele: Der Antrag der Bundesräte Professor Konecny, Kollegin­nen und Kollegen auf Einspruch gemäß §§ 20 Abs. 2 und 43 Geschäftsordnung des Bundesrates ist genügend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Giesinger. Ich erteile es ihr.

 


14.09

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Herr Professor Konecny, das, was Sie am Schluss Ihrer Rede gesagt haben, haben Sie praktisch vor einem halben Jahr auch gesagt – und Sie haben gesehen, wie die Wahl ausgegangen ist.

Ich möchte noch, obwohl Frau Bundesrätin Kerschbaum jetzt nicht da ist, zu ihrer Rede Stellung nehmen. Sie hat einerseits gesagt, die Jungen müssen mehr Pensionsbei­träge einzahlen und bekommen viel weniger, hat aber andererseits gefordert, dass alle eine Pension bekommen sollen, auch wenn sie nicht einbezahlt haben. Ich möchte ein­mal wissen, wie das bezahlt werden soll.


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Tatsache ist, dass der Staat praktisch nur das geben kann, was er erarbeitet bezie­hungsweise alles, was der Staat ausgibt, muss von den Menschen selber bezahlt werden. Das ist eine Grundregel; das möchte ich als Vorbemerkung sagen.

Ich möchte bei diesem Budgetbegleitgesetz 2003 zuerst die Pensionsreform anspre­chen. Es ist eine Tatsache, dass schon heute das gesetzliche Pensionsalter bei Männern 65 und bei Frauen 60 Jahre ist. Dies wird aber seit etlichen Jahren nicht ein­gehalten. Es ist auch so, dass die Menschen früher länger gearbeitet haben, bis sie in Pension gegangen sind.

Heute ist es oft so, dass man länger studiert, eine längere Ausbildung hat und dann viel weniger Jahre arbeitet, bis man in Pension geht. Das ist etwas, wobei wohl jeder sieht, dass das so nicht weitergehen kann.

Das derzeitige Durchschnittspensionsantrittsalter ist im ASVG zirka 57 Jahre bei Männern und Frauen, bei anderen sogar 52 Jahre, das heißt, drei Jahre beziehungs­weise acht oder 13 Jahre früher als das gesetzliche Pensionsantrittsalter.

Es ist auch eine Tatsache, dass die verstaatlichte Industrie begonnen hat, Arbeitskräfte abzubauen, um diese in Frühpension zu schicken. Dies ist auch unter einer SPÖ-Regierung geschehen; dies möchte ich nur nebenbei bemerken.Es war hinlänglich bekannt, wie viel den Staatsbetrieben vom Bund zugeschossen wurde, während die Privatwirtschaft weniger Privilegien für ihre Mitarbeiter hatte, weil sie sich das finanziell auch gar nicht leisten konnte. Die Privatwirtschaft bekam keine Zuschüsse, wenn Ver­luste da waren. Dies war und ist in extremem Maße ungerecht.

Wir dürfen uns auch keine Hoffnungen machen, dass das Durchschnittspensions­antrittsalter in kurzer Zeit nach oben gehen wird. Realistischerweise, so denke ich, dauert dies fast eine Generation, denn es muss diesbezüglich auch ein Umdenken in der Bevölkerung stattfinden.

Leider ist oft gerade auch für jene Menschen, die krankheitsbedingt in Pension gehen müssen, in der Realität eine physisch und psychisch sehr große Belastung. Ich könnte hiezu einige Beispiele aufzählen. Dies wird jedoch leider auch mit diesem Gesetz nicht besser. Das Problem ist, dass heute oft viele Menschen unser System ausnützen, während jene, die es dringend benötigen, durch den Rost fallen.

Den Menschen in Österreich ist auch klar, dass etwas gemacht werden muss – und die Menschen verstehen, dass Einschnitte gemacht werden müssen. Allerdings müssen sie auch das Gefühl haben, dass dies bei allen Pensionssystemen in gleichem Maße geschieht. Dies ist mit diesem Gesetz leider nur teilweise der Fall – aber immerhin.

Außerdem haben andere Pensionssysteme einen höheren Standard. Die Einschnitte gehen von diesem Standard aus, was zu Beginn zwar positiv zu bewerten ist, jedoch ist es auch dringend notwendig, die Harmonisierung aller Systeme durchzuführen. Dies ist eine sehr schwierige und sensible Aufgabe für die Bundesregierung. Die Bundes­regierung hat den Willen – und zeigt dies auch –, dass sie bis Ende 2003 eine entspre­chende Vorlage ins Parlament bringen wird. Die ersten Verhandlungen dazu haben bereits begonnen.

Ich möchte allerdings auch noch bemerken, dass es für mich persönlich überhaupt nicht verständlich ist, dass es möglich war, in den letzten Jahrzehnten solche privile­gierten Pensionssysteme zu machen oder zu verhandeln. Das möchte ich mit allem Nachdruck betonen.

Darum finde ich auch, dass es im Zuge der Harmonisierung ein Pensionskonto geben soll, bei dem wirklich jeder die gleichen Grundlagen und die gleichen prozentuellen Zahlungen hat, die er machen muss, damit auch alle dementsprechend die gleichen


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Pensionen bekommen. Ich glaube, das ist wirklich ein Zeichen der Zeit, das erkannt wurde. Mit dieser Pensionsreform wird hier ein erster Schritt gemacht. Ich gebe zu: Es wird für viele auch schmerzhaft sein und darum bin ich auch so interessiert daran, dass es in allen Systemen die gleichen Einschnitte gibt. Das verstehen auch die Leute, denn dann haben sie das Gefühl, das ist gerecht.

Als zweites Thema im Budgetbegleitgesetz möchte ich ansprechen, dass – neben anderen Änderungen – auch festgeschrieben wird, dass die erste Etappe der Steuerre­form kommt, ebenso dass die 13. Umsatzsteuervorauszahlung bereits heuer im De­zember nicht mehr entrichtet werden muss. Dies ist umso erfreulicher, da ja im Dezem­ber die Betriebe das 14. Monatsgehalt bezahlen müssen, sonst meistens auch noch viele Ausgaben haben und bisher noch zusätzlich eine 13. Umsatzsteuervorauszah­lung bezahlen mussten, was oft für viele Unternehmen sehr schwierig war. Dies werte ich auch als Signal der Hoffnung für die Unternehmen, da die derzeitige wirtschaftliche Situation alles andere als rosig ist. (Beifall bei der ÖVP.)

14.16

 


Präsident Herwig Hösele: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kraml. Ich erteile es ihm.

 


14.16

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollegin Giesinger ist auf das Thema Arbeitsmarkt eingegangen sowie darauf, dass die Öster­reicher eigentlich zu früh in Pension gehen. Es ist schon klar: Wenn wir immer älter werden, sollen wir auch länger arbeiten. Aber: Länger arbeiten kann man nur dann, wenn die Betriebe auch die Möglichkeit dazu bieten. Der Arbeitsmarkt ist darauf zurzeit auf alle Fälle noch nicht vorbereitet.

Hat man heute dem Herrn Landeshauptmann zugehört, so hat er ja die Frühpensionis­ten, die es bei der Eisenbahn, bei der Telekom und bei der Post gibt, fast kriminalisiert.

Meine Damen und Herren! Diese – oder der Großteil dieser Pensionistinnen und Pen­sionisten, dieser jungen Pensionistinnen und Pensionisten – sind ja nicht freiwillig in Frühpension gegangen, sondern man hat sie aus den Unternehmen weg haben wollen. Ich frage mich auch, wenn ich das so höre, was Sie mit jenen Beamtinnen und Be­amten machen, die Sie in den Ministerien abbauen wollen oder abbauen müssen. Wenn der Markt nicht da ist, so frage ich mich, was Sie mit den Leuten machen.

Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute eine Pensionsreform, von der man, auch wenn man dem Kärntner Landeshauptmann aufmerksam zugehört hat, anschei­nend nicht weiß, woher sie gekommen ist. Ist sie aus dem Ressort Haupt gekommen oder ist sie aus dem Ressort Bartenstein gekommen? Von irgendwoher muss sie ja gekommen sein, weil sie jetzt da ist.

Im „Kurier“ ist am 19. Juni 2003 gestanden: Die Österreicher haben immer weniger im Geldbörsel. Inflation und Abgaben fressen die schwachen Lohnzuwächse auf. – Zitat­ende. (Staatssekretär Dr. Finz: Nur in der Gemeinde Wien!) – Herr Staatssekretär! Der Hinweis „nur in der Gemeinde Wien“ ist etwas schwach; da muss Ihnen auch noch etwas Besseres einfallen!

0,8 Prozent Lohnerhöhung, 1,3 Prozent Inflation. Es ist bedeutend weniger, was im Geldbörsel ist. Da kommen jetzt die Budgetbegleitgesetze dazu, und in den Budgetbe­gleitgesetzen ist auch eine Reihe von massiven Verschlechterungen enthalten. Da be­kommen die Pensionistinnen und Pensionisten künftig um 1,5 Monatspensionen weni­ger. Frauen sind die absoluten Verliererinnen bei dieser „Reform“, wie Sie das nennen.


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Auch der Gesundheitsbereich wird sich wesentlich verteuern. Viele werden sich die ärztliche Versorgung nicht mehr leisten können. Sie werden vor dem Arztbesuch das Geldbörsel aufmachen müssen, werden nachschauen müssen, wie viel Geld sie noch haben und ob sie sich den Arzt oder die ärztliche Versorgung leisten können. Wenn das am Monatsende geschieht, kann es passieren, dass sie mit dem Arztbesuch bis zum nächsten Monat warten müssen.

Meine Damen und Herren! Das Geld wird immer weniger. Ich verstehe dabei die Argu­mente der Regierungsvertreter nicht. Weniger Geld kann doch nicht heißen, dass der private Konsum angekurbelt wird. Weniger Geld kann doch nicht heißen, dass es einen Wirtschaftsaufschwung gibt.

Wenn jemand wenig Geld hat, dann gibt er weniger aus. Wenn alle miteinander weni­ger ausgeben, dann wird sich der Wirtschaftsaufschwung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben, und mit der groß angekündigten ersten Etappe der Steuerreform werden Sie nicht weit kommen – außer Sie nehmen die Beiträge her, die Sie bei den Pensionen einsparen.

Meine Damen und Herren! Ein weiterer Punkt, der mich heute in der Früh geschockt hat, als ich die „Oberösterreichischen Nachrichten“ las, ist der, dass in der ÖIAG der Verkauf der VOEST vorbereitet wird. Das stand am Titelblatt der „Oberösterreichischen Nachrichten“. Außerdem hat es dort noch geheißen, dass es da angeblich einen Deal – „Deal“ ist dort gestanden – zwischen dem Landeshauptmann von Oberösterreich und dem Bundeskanzler Schüssel geben soll, dass das alles erst nach dem 28. September publik werden soll. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Ich sage nur, was heute in der Zeitung gestanden ist. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.) Ja, in der Zeitung steht viel, Herr Staatssekretär, das stimmt. Von dem, dass etwas in der Zeitung steht, leben wir alle Tage. Nur: Das ist jetzt kon­kret drinnen gestanden, und da geht es darum, dass Geheimverhandlungen mit Ver­tretern des Magna-Konzerns, der einen eindeutigen Vorteil hat, geführt werden. Wer weiß, was die Firma Magna beziehungsweise Herr Frank Stronach von der VOEST will, der weiß auch, dass es die lukrative Autosparte ist. Genau um diese Sparte geht es ihm. Für uns heißt das: eine Zerschlagung der VOEST-Alpine.

Meine Damen und Herren! Das ist ein österreichischer Paradebetrieb, und der wird jetzt mutwillig zerschlagen, weil man irgendwelchen ausländischen Industriellen im Wort ist, weil eben die entsprechenden Leute bereits in den Aufsichtsräten sitzen und daher genau wissen, was lukrativ ist.

Meine Damen und Herren! Da sich die Bundesregierung mit den letzten Privatisierun­gen nicht unbedingt mit Ruhm „bekleckert“ hat, kann ich nur sagen: Lassen Sie die Finger von der VOEST! (Beifall bei der SPÖ.)

14.22

 


Präsident Herwig Hösele: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Mag. Gudenus. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


14.22

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Staatssekretär! Herr Präsi­dent! Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute eine große Aufgabe vor uns: Immer­hin wollen wir 91 Gesetze mit rund 700 Seiten in einer Abstimmung beschließen. Das ist keine Leichtigkeit, weil wesentliche Gesetze hier eigentlich nicht richtig besprochen werden können.

Aber sicherlich ist eines der wesentlichen Gesetze das Pensionsgesetz. Wenn über die Pensionen gesprochen wird, hat man immer den Eindruck, das Thema „Pensionen“ ginge nur eine Gruppe von Menschen über 50 Jahren etwas an. Ich finde es daher


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sehr wichtig, dass Kardinal Schönborn einen weiteren Runden Tisch gefordert hat – ob er rund oder eckig ist, tut nichts zur Sache –, an dem auch die Jugend sitzen sollte.

Es ist gerade die Jugend – und ich weise besonders auf die Zuhörer hier hin –, die es wahrscheinlich am meisten trifft. Die Älteren, zu denen auch wir gehören, werden mit dem Thema „Pension“, wie es sich jetzt darstellt, relativ leicht zurechtkommen. Die Jugend wird in die Problematik schon hineinwachsen. Aber es sollten, um hineinzu­wachsen, die Jugendverbände als anerkannte Vertreter der Jugend an der Abrundung dieser Pensionsreform auf jeden Fall mitwirken. Das ist ein wichtiges Anliegen für die gesamte Bevölkerung, insbesondere für die Jugend, bei der ich leider bedauere, dass wir viel zu wenig Kinder haben, denn ohne Kinder wird auch eine zukünftige Pensions­gesetzgebung weitere Reformen nach sich ziehen müssen, weil nur Kinder dann in der Lage sein werden, die Pensionen mitzuzahlen beziehungsweise durch ihre Arbeitskraft beziehungsweise durch ihre Leistung die Kosten dafür mitzutragen.

Die Pensionen stellen, wie bereits erwähnt wurde, für die Bundesländer ein Problem dar, weil die Bundesländer unterschiedliche Regelungen getroffen haben und noch keine Harmonisierung stattgefunden hat. Wenn diese mit den Bundesländern und mit den Gemeinden nicht stattfindet, dann wird, wie ein Kollege von den Sozialdemokraten heute bereits gemeint hat, diese Pensionsreform sozusagen auf halbem Weg stehen bleiben beziehungsweise nicht jenen Erfolg zeitigen, den wir uns erhoffen.

Wie sieht das in Wien aus? – In Wien ist das gesetzliche Pensionsantrittsalter das 60. Lebensjahr. Als Durchrechnungszeitraum werden 18 Jahre herangezogen, und zwar wird das schrittweise ab 2003 geschehen. Das soll nur ein Beispiel sein. Ich bin ein Bundesrat des Landes Wien und muss eigentlich in diesem Fall mein Bundesland ein wenig tadeln, dass es da nicht tätig geworden ist und nicht jene Maßnahmen ge­troffen hat, die notwendig wären, dass auch in Wien, welches bekanntermaßen große Magistratsabteilungen hat, die Bediensteten da mit einbezogen werden. Wenn das so bleibt, gibt es weiterhin ein Klaffen zwischen den verschiedenen Pensionssystemen. (Bundesrätin Schlaffer: Bitte auch Haider sagen! Das gilt auch für Kärnten!) – Frau Kollegin! Ich bin Vertreter für das Bundesland Wien. Für Kärnten wird sich vielleicht jemand anderer finden. Ich nehme an, Sie kommen auch noch zu Wort.

Jetzt komme ich zu einem Thema, zu dem ich einiges zu sagen habe, nämlich zur Anschaffung der Abfangjäger. Ich mache kein Hehl daraus beziehungsweise es ist bekannt, dass ich bei dieser Abstimmung hier und heute mit einem Nein stimmen werde. Ich werde mich gegen dieses Konvolut aussprechen, weil ich schon seit mehr als einem Jahr, vielleicht seit bald zwei Jahren, die Anschaffung der teuersten – aber technisch hochwertigsten; das betone ich immer wieder – Abfangjäger für Österreich als nicht nachvollziehbar bezeichne. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

Landeshauptmann Haider hat hier auch dazu gesprochen. Aber auch manch einer von der ÖVP-Fraktion, etwa der Kollege aus Tirol, ist, was sehr glaubwürdig klang, auch der Ansicht, Abfangjäger müssten kostengünstig sein. Was ist kostengünstig? – Kos­tengünstig ist das, was die Aufgabe erfüllt und dabei preiswert ist.

Wenn wir eine technisch überperfekte Maschine haben, die, ähnlich wie die demnächst auf den Markt kommende amerikanische F 22, alle technischen Stücke spielt, dann schwant mir ja fast Böses, Kollegen und Kolleginnen. Ich möchte einfach nicht den Ein­satz in Kabul oder im Kongo durch unsere Luftwaffe herbeigeführt bekommen. Unser Einsatzgebiet ist laut Verfassung Österreich – und nicht irgendein anderes Gebiet außerhalb der Staatsgrenze. Ich lasse mit mir reden, wenn man es so sagen kann, wenn es im engen europäischen Raum bleibt, aber dazu brauchen wir, wenn wir das so sehen, keine Eurofighter. Da gibt es sehr viele Modelle – ich mache jetzt keine


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Werbung für irgendein Modell und nenne sie daher nicht –, und zwar gibt es neue und gebrauchte Maschinen en masse, die die Aufgabe für Österreich erfüllen können.

Stellen Sie sich vor, diese Maschine hält 30 bis 40 Jahre! Ein Schreckgespenst!, denn wir können uns dann keine andere leisten. Die hält wirklich so lange, denn die wird beim Bundesheer ja gut gepflegt, sie wird wahrscheinlich zu Tode gepflegt. Aber nach 30, 40 Jahren werden wir in einen technischen Rückstand kommen. (Bundesrat Stein­bichler: Ein bisschen moderner muss sie schon sein, sonst sind wir gleich hinten!) Lieber Freund! Du erhältst so gute Maschinen im Gebrauchtzustand und andere ... (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.)

Mit einem Wort: Diese Maschine zwingt uns dann, das, was heute bestens ist, weitere 30 Jahre zu erhalten. Du willst auf deinem Bauernhof doch auch keinen Traktor 30 Jahre lang fahren! Das ist ja unmöglich, das schaut doch lächerlich aus, wenn du damit in die Kirche fährst! Das ist doch nicht wirklich gut! (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.)

Wir brauchen also jenes Luftfahrzeuggerät, welches uns völkerrechtlich – nachzulesen bei Professor Rotter – als ansprechend, als nachvollziehbar, als brauchbar erscheint; und das muss preiswert sein.

Es wurde heute wieder einmal der Einflug einer serbischen Maschine nach Bad Radkersburg vor zehn oder zwölf Jahren angesprochen. Ein lächerlicher Zustand heut­zutage! Unsere Nachbarstaaten sind alle NATO-Staaten. Zusammen mit NATO-Staa­ten befinden wir uns in der „partnership for peace“. Ich sehe daher überhaupt keine Notwendigkeit, technisch hochwertigstes Gerät in die Luft zu bringen, wenn wir von NATO-Staaten umgeben sind.

Sollten die einen konzentrischen Angriff auf Österreich starten wollen, sind wir mit 18 oder 24 Abfangjägern, welcher Type auch immer, nicht in der Lage, das abzuwehren. Also hören wir auf, dieses Schreckgespenst zu malen! Da höre ich die Luftwaffenoffi­ziere immer sagen – aber heute ist das auch hier gefallen –: In Radkersburg, da waren wir alle sehr dankbar! Dazu muss ich sagen: Das war eine ganz andere Situation! Da ist eine Maschine nach Österreich hineingeflogen, eine andere ist in Kärnten, in Klagenfurt gelandet. Dazu wiederum darf ich bemerken: Lasst sie doch kommen! Die kommen nicht, die fliegen über NATO-Gebiet. Wenn eine Maschine über NATO-Gebiet fliegt, hereinkommt und über ein NATO-Gebiet hinausfliegt, denn es gibt nur zwei Aus­nahmen, und das sind Liechtenstein und die Schweiz, dann ist es vollkommen gleich­gültig, denn es tut nicht weh, da ruft man an und fragt: Wer fliegt da „deppert“ drüber?, und beim Herausfliegenden fragt man: Welche „Wildsau“ war das? Dann bekommt man Antwort – und die Sache ist erledigt. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.)

Aber jetzt spreche ich nicht gegen die Abfangjäger, denn ich bin als Soldat durchaus der Meinung, dass man gut ausgerüstet sein sollte. Weil man gut ausgerüstet sein soll, zitiere ich jetzt den „Kurier“ vom 2. April 2003, in dem steht:

„Das Budget hat keinen Spielraum mehr. Offiziere fürchten bereits Einschränkungen, die vom Schießbetrieb bis zur Kasernen-Instandhaltung reichen könnten. Platter hat gegenüber seiner Truppe bereits angekündigt, dass er keine ‚budgetmäßigen Wunder’ bewirken könne.“

Also ich muss sagen: Jetzt haben wir das „Wunder“ in der Luft, aber das „Wunder“ auf dem Boden wird nicht mehr erreicht werden können!

Meine lieben Freunde! Es gibt so viele Soldaten, junge Männer, die mit Begeisterung einrücken, aber mit Frustration abrüsten. Das muss doch behoben werden – die Frustration von rund 30 000 bis 40 000 jungen Österreichern, die jährlich einrücken: mit


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einer gewissen Vorstellung von Vaterlandsliebe – und abrücken mit einer Fadess, weil sie nicht gefordert worden sind! Jawohl, der junge Mann erwartet eine gewisse Her­ausforderung: Er soll frieren, er soll schwitzen, er soll Muskelkater haben, er soll all das haben, was das junge Männerleben im Moment des Wehrdienstes zum Fluchen verlei­tet, aber wenn er abrüstet, kann er sagen: Ich habe etwas geleistet! Genau das ist der­zeit bei den meisten der jungen Soldaten – ich betone: bei den meisten!; es gibt Ein­heiten, wo das nicht der Fall ist, aber das liegt nicht immer an der Einheit, sondern das liegt auch an der Aufgabenstellung – nicht gegeben.

Zu den Abfangjägern, den Eurofightern, hat der Herr Bergner  von EADS gesagt, dass es „für die EADS kein Problem sein wird, noch einmal zuzuwarten, wenn der Pakt ab­sehbar ist“.  Na wieso? Was hindert uns, zuzuwarten, das Thema zu besprechen? Das ist der eine Punkt!

Nun zu den Leistungsbestimmungen: In der Ausschreibung steht drinnen, und zwar im Teil C, Leistungsbestimmung: Eine Überbrückungslösung entfällt. Das steht in den Ausschreibungsbedingungen so drinnen! – Plötzlich brauchen wir eine Überbrückung von zwei, drei Jahren. Das ist ja unmöglich!

Jetzt komme ich zum Endbericht. Der Endbericht weist für den Eurofighter 942 Nutz­wertpunkte von 1000 aus. Der Nächstfolgende, der SAAB-Gripen, hat 927 Nutzwert­punkte. Die 15 Punkte, die sozusagen fehlen, sind 1,5 Promille. Das wären dann die, die auf Grund der späteren Lieferung kommen!

Es wurde ja ursprünglich gesagt, es sei eine Mussbestimmung. Dann hat man sie in eine Sollbestimmung abgeändert, nämlich, dass 2005 geliefert werden soll. Aber dann hat man gesagt, unbedingt notwendig wäre es 2005. Das ist eigentlich wieder eine Mussforderung, die nicht eingehalten werden soll. Und die fällt bei einem Punktepro­gramm von 1000 nur mit 15 Punkten ins Gewicht? Da kann doch etwas nicht stimmen! Da muss doch etwas dahinterstecken! Ich weiß nicht, was. Vielleicht eine gute Absicht, nur: Mir wurde sie noch nicht preisgegeben.

Es war mir auch noch nicht möglich, mit dem Herrn Bundesminister zu sprechen. Ich habe gleich nach seiner Angelobung um einen Termin gebeten, bekam ihn aber nicht. Ich habe ihn dann nach Ostern daran erinnert. Ich bekam ihn dann auch noch immer nicht. Ich bedauere, dass der Herr Bundesminister heute nicht da ist, aber irgendwie wird er es schon erfahren, dass ich ihm einiges sagen wollte, was ich vielleicht hier etwas emotioneller und nicht mehr ganz so sachlich, wie man mit einem Minister unter vier Augen es hätte aussprechen können, gesagt habe.

Ich meine: Dass die Muss- oder Sollbestimmung für eine absolute Lieferung im Jahr 2005, die auf keinen Fall eingehalten werden kann, mit 1,5 Promille zu Buche schlägt, das kann doch nicht möglich sein! Wenn unsere alten Abfangjäger ab nächs­tem Jahr nicht mehr einsatzbereit sind, dann muss das doch einen höheren Nutzwert abgeben als nur 15 Punkte auf 1000 Punkte. Der Gripen wäre nämlich dann, wenn man das mit mehr Punkten angenommen hätte, etwa mit 20, 30 oder 40 Punkten – mit ohnehin sehr wenig –, vorne gelegen. Die Frage ist nun die: Warum ist das so gemacht worden? Wer hat die Begründung dafür geliefert, dass ein Sollkriterium beziehungs­weise ein Musskriterium so schwach bewertet worden ist?

Wir wissen, dass diese Abfangjäger 2 399 Millionen € kosten, und zwar auf der Basis von 24 Stück gerechnet. Aber die Lieferfähigkeit ist nicht mit eingerechnet worden – das habe ich schon gesagt –, und daher müssen wir die Rechnung immer ausgehend von der Basis von 24 vornehmen. Wenn wir das auf 18 umrechnen und wir davon aus­gehen, dass 24 Stück rund 2,4 Milliarden € kosten, also rund 100 Millionen € pro Stück, dann müssen wir sagen: Weshalb kostet plötzlich ein Abfangjäger 109 Millionen €? Das Stück wird also teurer bei 18 als bei 24! Es ist aber nirgends geschrieben, dass


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der Mengenrabatt, den man bei 24 Stück hatte, sich so derart gegenteilig auswirkt, dass das Stück teurer wird. Man müsste doch davon ausgehen können, dass es zumindest gleich bleibt. Aber es bleibt nicht gleich, sondern wird teurer. Und darin sehe ich eine Fehlleistung, die nicht gutzumachen ist!

Ich habe leider Gottes erst gestern Nacht ein Anbot, das aus Schweden kommt, in die Hände bekommen. Ich gebe zu, dieses Anbot hat mit der Ausschreibung, was den Termin betrifft, nichts mehr zu tun, das ist klar, aber politisch, liebe Freunde, müssen wir es behandeln. Es muss hier gesagt werden: Die Schweden haben am 26. Feber dieses Jahres an das Bundesministerium ein Anbot geschickt, in dem die Umrechnung so ausschaut, dass ein Abfangjäger nur noch 56 Millionen € kostet (Abg. Gasteiger: Ist das ein Draken-Angebot?) – du bekommst es dann nachher! – und nicht 109 Millio­nen €, wie jetzt der Eurofighter kostet.

Das ist, finde ich, politisch gesehen nicht im Sinne der Ausschreibung, Herr Staats­sekretär! Das ist – das Wort „Skandal“ nehme ich nicht in den Mund, auch wenn ich es jetzt beinahe gesagt hätte – eine nicht nachvollziehbare Entscheidung. Wir sind hier als Politiker tätig, und wir sind nicht hier, um den Rechnungshof zu ergänzen. Mir wäre es sehr recht, wenn der Rechnungshof die Sache schneller bearbeiten könnte und wir uns mehr Zeit lassen würden.

In diesem Anbot steht drinnen, dass wir 18 nigelnagelneue Maschinen und sechs Maschinen zur Überprüfung vom gleichen Typ, inklusive Kosten für Ausbildung, Aus­rüstung, Wartungseinrichtungen, um zirka 1 Milliarde € bekommen. Das ist, finde ich, das Wesentliche: Wir bekommen Maschinen, wenn wir uns entscheiden und überprü­fen wollen und wenn wir die Entscheidung nicht hier und heute treffen wollen, zu viel günstigeren Bedingungen! Daher behaupte ich: Die Regierung hat schlecht ausge­handelt! Und weil sie schlecht ausgehandelt hat, werde ich dagegen stimmen. (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen sowie demonstrativer Beifall bei der SPÖ. – Bun­desrat Gasteiger: Man hört!)

14.38

 


Präsident Herwig Hösele: Zu Wort gemeldet hat sich als Nächste Frau Bundesrätin Auer. – Bitte, Frau Bundesrätin.

 


14.39

Bundesrätin Johanna Auer (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es sind, wie Herr Bundesrat Mag. Gudenus es schon gesagt hat, eine Reihe von Gesetzen und von Gesetzesnovellierungen in diesem Budgetbegleitgesetz verpackt, und mein erster Beitrag gilt einmal nicht dem Pensionsgesetz oder dem Thema „Abfangjäger“, sondern ich möchte gerne einige Worte zum Altlastensanierungsgesetz sagen.

Mit der Novelle zu diesem Gesetz soll die Finanzierung der Altlastensanierung über den 1. Jänner 2004 hinaus gesichert werden. Das Aufkommen der jetzigen Deponieab­gabe wird durch das Verbot der Deponierung nicht inerten Materials drastisch zurück­gehen. Dies wird insbesondere dadurch erreicht, dass in Hinkunft auch bei der Ver­brennung von Abfällen Entsorgungsbeiträge eingehoben werden; eine Ausnahme gibt es, und das sind die Biomasse-Anlagen.

Zusammen mit einer Fortschreibung der Altlasten-Beiträge nach dem 1. Jänner 2005 wird ein Aufkommen von rund 70 bis 90 Millionen € für die Altlastensanierung ge­sichert – sagt man. Tatsache ist, dass dadurch die Errichtung der notwendigen thermi­schen Behandlungsanlagen für Abfälle – und diese Anlagen fehlen noch in sehr vielen Bundesländern – weiter erschwert wird. Darüber hinaus wird Wien in besonderer Weise auf Grund seines hohen Verbrennungsanteils belastet, und zwar mit zirka


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7,8 Millionen € jährlich. Wien wird in Hinkunft die Altlastensanierung der anderen Bun­desländer mitfinanzieren und mitsubventionieren.

Deutliche Änderungen ergeben sich dadurch jedenfalls vor allem für Kommunen, die schon bisher die Müllverbrennung nutzten, und das sind Wien und Wels. Dort wird die zusätzliche Belastung pro Person und pro Jahr in der Größenordnung von 3 € liegen.

Gleichfalls Änderungen soll es auch im Umweltförderungsgesetz geben. Mit der vorlie­genden Gesetzesnovelle soll im Rahmen des Umweltförderungsgesetzes ein nationa­les Programm für die Nutzung projektbezogener flexibler Mechanismen geschaffen werden. Damit sollen, wie in der nationalen Klimastrategie der VP/FP-Bundesregierung vorgesehen, bis zu 40 Prozent der Klimaverpflichtung Österreichs, das sind minus 13 Prozent bis zum Jahr 2010, im Ausland erbracht werden. Das ist besonders scharf zu kritisieren, weil Investitionen im Inland dringend benötigte Arbeitsplätze in Öster­reich schaffen würden, während Investitionen im Ausland dies nur sehr eingeschränkt können.

Für das Programm ist ein jährliches Volumen von 36 Millionen € ab dem Jahre 2006 als direkte Projektunterstützung vorgesehen; vorher waren es deutlich niedrigere Sum­men. Nicht einzusehen ist auch, dass für die Projektvergabe eine neue Kommission eingerichtet wird, in die nicht wie bisher die im Nationalrat vertretenen Parteien Mit­glieder entsenden können.

Mein letzter Beitrag, mit dem ich mich hier noch einbringen möchte, befasst sich mit einem Bundesgesetz, mit dem vorübergehende Maßnahmen im Bereich des Strafauf­schubs getroffen werden. Es wird wohl bald so sein, dass Gefangene oder jene, die die Strafe in der Justizanstalt verbüßen, mit Glacéhandschuhen angefasst werden und, noch bevor sie nach einer rechtskräftigen Verurteilung zum Strafvollzug angehalten werden, bereits einer Amnestie unterliegen werden. Ich verwende noch die Zukunfts­form, aber in diesem Begleitgesetz ist das so auszulegen. (Zwischenruf der Bundes­rätin Haunschmid.) Frau Kollegin Haunschmid, Sie hätten sich das Budgetbegleitge­setz genau ansehen und sich genau einlesen müssen (Bundesrätin Haunschmid: Hab’ ich mir schon!), dann hätten Sie das auch gesehen.

Im Laufe des vergangenen Jahres sind die Gefangenenzahlen in Österreich drastisch gestiegen, sodass sie derzeit weit über dem Durchschnitt der letzten Jahre liegen. So ist, wie auch den Erläuterungen im Budgetbegleitgesetz zu entnehmen, seit dem Jahre 2002 nicht nur die Zahl der Untersuchungshäftlinge weiter gestiegen, und zwar im Zeitraum 1. März 2002 bis 1. März 2003 um plus 7,5 Prozent, sondern auch die Zahl der Strafgefangenen, und zwar im selben Zeitraum um zirka 6 Prozent. Dies führt zu einem Gesamtanstieg von zirka 6,4 Prozent, und deshalb herrscht in einer Reihe von Justizanstalten – man könnte fast sagen: in allen Justizanstalten; ich habe täglich mit den Leitern dieser Justizanstalten zu tun und weiß daher, was sich da abspielt – ein deutlicher Überbelag.

Der Justizminister – man möge ihm das eventuell sagen – versucht diese Problematik nicht an der Wurzel zu packen und anzugehen, sondern, unter anderen Umständen nicht grundsätzlich abzulehnende, Maßnahmen zu setzen, die Voraussetzungen für einen Strafaufschub zu lockern.

Die Ursachen für den dramatischen Anstieg der Häftlingszahlen liegen vermutlich in einem von der Regierung generell geförderten Stimmungswandel in Richtung law and order. Es gibt einen viel raueren Umgang von Seiten der Polizei, der Gendarmerie und auch der Justiz mit Straftätern, während sozialpädagogisch motivierte Repräsentanten der Strafrechtspflege schlicht entmutigt werden. Ein negatives Beispiel spricht für alle anderen Aktionen: die Abschaffung des Wiener Jugendgerichtshofes.


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Verschärfungen im rechtlichen Bereich, wie zum Beispiel die Herabsetzung der absolu­ten Strafmündigkeit von 19 auf 18 Jahre und die Änderungen im Suchtmittelgesetz, haben wohl auch das Ihre zur genannten Entwicklung beigetragen. Diese Bundesregie­rung versucht mit völlig untauglichen Mitteln, diesen Problemen entgegenzuwirken. Wichtig hingegen wären die wirkliche Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, besonders der Jugendarbeitslosigkeit, eine verstärkte Jugendgerichtshilfe anstatt deren Einschrän­kung, ausreichend qualifiziertes Personal in den Haftanstalten anstatt Personalkürzun­gen, Entkriminalisierung dort, wo es vertretbar ist, und Härte lediglich dort, wo es not­wendig ist.

Alles in allem sind diese Novellen der verschiedenen Gesetzen für mich und auch für meine Fraktion nicht akzeptabel und stellen ein verantwortungsloses Handeln dieser Bundesregierung dar. (Beifall bei der SPÖ.)

14.47

 


Präsident Herwig Hösele: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Himmer. Ich er­teile es ihm.

 


14.48

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Es hat bereits Kollegin Fröhlich vor einiger Zeit gesagt, es sei schon sehr viel gesagt worden, aber sinngemäß nicht von jedem, und so setzt sich diese Debatte ständig fort. Es wer­den immer wieder alte Aspekte beleuchtet, obwohl wir eigentlich geglaubt haben, dass wir in der Diskussion schon weitergekommen sind.

Ihr Fraktionsführer (in Richtung SPÖ) hat hier anerkannt und praktisch festgehalten, dass niemand die Notwendigkeit der Pensionsreform bestreitet und dass im Prinzip die Ablehnung der Opposition, im Speziellen der Sozialdemokratie, daher rührt, dass man im Zugang zu diesem Problem und in der Lösung dieses Problems unterschiedlicher Meinung ist. Ich habe das mit Freude vernommen, denn in den Ausführungen der Kol­legin Bachner, der Erstrednerin der Sozialdemokratie, ist überhaupt nichts davon zu hören gewesen, dass man auch nur ein Problemerkenntnis eingestanden hätte, und von Vorschlägen, wie man es besser machen könnte, ist eigentlich auch nichts übrig geblieben.

Ich habe die Rolle des Gewerkschaftsbundes, des sozialistisch dominierten Gewerk­schaftsbundes, von dem ich übrigens auch den Eindruck gehabt habe, dass er sehr wohl parteipolitisch agiert hat, überhaupt als eine sehr schwache angesehen. (Bundes­rat Manfred Gruber: Neugebauer lässt grüßen!) Aber weil er jetzt am Ende der Ver­handlungen, nachdem er etwas herausverhandelt hat, zugestimmt hat, wollen Sie ihn aus dem Präsidium ausschließen. Also bitte: Belasten Sie mich nicht mit der „Überpar­teilichkeit“ Ihrer Agitatoren.

Jetzt sind Sie im Prinzip auch ein bisserl traurig darüber, dass Sie sich nicht entschei­den können, ob die Deckelung mit 10 Prozent ein Ergebnis dessen ist, was die Koali­tionspartner gemeinsam zustande gebracht haben, oder ob sie auf Grund der De­monstrationen zustande gekommen ist. – Ich kann Ihnen die Antwort geben: Selbst­verständlich ist sie das Ergebnis der Beratungen und Verhandlungen der Koalitions­partner. Sie können sich nicht entscheiden.

Das, was man aus dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf sozusagen als Rest-Rosinen herausdefinieren kann, wollen Sie sich schon auf Ihre Fahnen heften. – Das kommt aber nicht von Ihnen, denn Sie haben sich von den Verhandlungen verabschiedet! Während andere gearbeitet haben, sind Sie auf der Straße gewesen.


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Zum Demonstrationsrecht generell möchte ich sagen: Es ist ja wohl klar, dass das Demonstrationsrecht niemand infrage stellt, dass das Demonstrationsrecht ein fester Bestandteil jeder parlamentarischen Demokratie ist. Das ist ja überhaupt keine Frage. (Bundesrat Manfred Gruber: Warum tun Sie es dann?)

Die politische Frage, die sich stellt – das Warum kommt schon, bitte nur zuhören! –, ist: Zu welchem Zweck nutzt man das Demonstrationsrecht? Was sind die Inhalte der De­monstration? Was glaubt man, den Leuten hier zu vermitteln? Mein Eindruck ist eben, dass man den Menschen mit den Demonstrationen die Problemverweigerung ver­mittelt, denn ich habe nie erlebt, dass da etwa gesagt wurde: Wir haben dieselbe Problemerkenntnis, die Regierung schlägt A vor, wir haben den besseren Vorschlag B und den tragen wir jetzt bei Wind und Wetter, bei Hagel und Regen gemeinsam mit 200 000 Leuten auf den Heldenplatz!, sondern es sind immer nur Transparente, immer nur Inhalte gekommen, die da lauteten: Wir lassen uns nichts wegnehmen! Pensions­raub! Kürzungen! Skandal! Das geht gegen alle, und jetzt verteidigen wir unsere wohl erworbenen Rechte.

Sie vermitteln den Menschen den Eindruck, als könnte man, wenn man auf die Straße geht, verhindern, dass es weniger Geld gibt; Geld, das von uns allen erwirtschaftet wird und dann in der Demokratie von uns allen wieder verteilt wird. Sie vermitteln den Ein­druck, als gäbe es die Möglichkeit, dieses Geld, das wir alle gemeinsam erwirtschaftet haben und dann gemeinsam zur Verteilung bringen, durch die Demonstration auf der Straße zu vermehren, und dass das dazu führen könnte, dass die Welt deswegen besser wird und dass damit sozusagen die Problemlage besser wird. Daher ist die Kritik, dass das Demonstrationsrecht nach Meinung anderer falsch eingesetzt wurde, erfolgt: weil das, was wir erwirtschaften und danach zur Verteilung bringen, aus dem Fleiß der Leute entsteht, aus der Innovation, aus der Kreativität, aus der Leistung des Einzelnen – und nicht erdemonstriert werden kann.

Wissen Sie, ich gehe immer davon aus, dass alle Fraktionen darin übereinstimmen, dass wir darum kämpfen, was die bessere Politik für jene Fragestellungen ist, die unsere Bürger bewegen. Und in diesem Zusammenhang hat eben jede einzelne Partei einen unterschiedlichen Zugang zur Sozialpolitik, es gibt aber keine Partei, die meint, dass Sozialpolitik nicht wichtig sei. Wir streiten nur heftig über unsere unterschied­lichen Meinungen. Was aber den Kurs betrifft, wie man sich selbst definiert, so darf man da durchaus heikel sein, insbesondere aus der Sicht der Christdemokratie.

Wenn man dann Positionierungen umgehängt bekommt wie etwa: neoliberaler Weg, also ich weiß nicht, was Kollegin Hlavac, die das gebracht hat, überhaupt über Neo­liberalismus weiß, jemals gelesen, jemals gesehen hat. (Bundesrat Todt: Was ist das sonst?) Das, was hier stattfindet, hat auf jeden Fall mit Neoliberalismus rein gar nichts zu tun! Bitte, erklären Sie mir, was daran neoliberal ist, wenn das, was wir heute wissen, nämlich dass wir länger arbeiten müssen, weil wir immer länger leben, weil wir bis jetzt immer kürzer gearbeitet haben, weil immer weniger Kinder zur Welt kommen – und ich glaube, all diese Verhältniszahlen, die hier immer wieder genannt worden sind, sollten jetzt wirklich bekannt sein –, einfach zu diesem faktischen Thema führt.

Interessant gefunden habe ich die Ausführungen der Kollegin von den Grünen, die gemeint hat, sie sei für die Jungen und für die Alten und für den Respekt vor dem Alter und sie sei dagegen, dass die Jungen mehr einzahlen müssen und dann weniger be­kommen. – Das ist ja alles pipifein; die Frage ist nur: Wer zahlt das alles? Das ist das, worüber wir diskutieren. Wenn sich die Opposition in diesem Zusammenhang darauf beschränkt, zu sagen, was sie gerne hätte, was ein jeder bekommen könnte, und es der Regierung überlässt, dafür die Lösungen auf den Tisch zu legen, dann ist das zwar aus der Sicht der Opposition eine legitime Sache, aber auf Grund des Inhalts darf man dann von Seiten der Regierungsparteien schon das wahre Faktum geradezu gebets-


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mühlenartig wiederholen, nämlich dass sie die Alternativen dafür schuldig geblieben ist.

Ich möchte nur noch ganz kurz zum Thema Abfangjäger Folgendes anmerken: Ich glaube, wir würden alle gut daran tun, all diese Themata, die nur in die Polemik hin­ein­gehen, abzubauen. Herr Kollege Schennach – leider ist er jetzt nicht anwesend –: Es ist natürlich „superlustig“, wenn man im Zusammenhang mit den Abfangjägern von „Fotoapparaten“ spricht, die „durch die Gegend fliegen“. Es ist auch irrsinnig „witzig“, wenn man immer wieder Vergleiche darüber anstellt, dass Österreich – welch „Über­raschung“ für uns alle! – keine militärische Weltmacht ist, wenn man immer wieder Bedrohungsszenarien darstellt, gegen die wir uns nicht werden verteidigen können. Das ist immer sehr amüsant, man sollte nur aufpassen, worüber man sich lustig macht. Das ist das generelle Thema bei jeder Form der Sicherheits- und der Versicherungs­politik. Man könnte sich die Feuerversicherung sparen, weil die Wahrscheinlichkeit, dass das Haus abbrennt, statistisch gesehen sehr gering ist, ebenso etliche andere Versicherungen, aber das ist halt der Super-GAU, für den man vorkehren muss, wenn eine wirkliche Bedrohung stattfindet.

Insofern kann ich aus der Sicht unserer Fraktion sagen: Die Sicherheitspolitik wird für uns nie ein Spielball, nie Anlass für solch „witzige“ Bemerkungen sein, denn mit der Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher wollen wir sicher keine Spiele treiben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.58

 


Präsident Herwig Hösele: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bun­desrat Kneifel zu Wort gemeldet. Ich weise darauf hin, dass eine tatsächliche Berichti­gung die Dauer von 5 Minuten nicht überschreiten darf. Sie hat sich überdies auf die Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung und die Darstellung des berichtigten Sachverhaltes zu beschränken.

In diesem Sinne erteile ich Herrn Bundesrat Kneifel das Wort.

 


14.58

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur in aller Kürze auf die Ausführungen des Herrn Bundesrates Kraml Bezug nehmend eine tatsächliche Berichtigung anbringen. Er hat im Zusammenhang mit der aktuellen VOEST-Informationslage von einem „Deal“ zwischen Landeshauptmann Pühringer, Bundeskanzler Schüssel, der ÖIAG und wer immer noch gemeint gewesen ist, gespro­chen.

Ich habe soeben mit Herrn Landeshauptmann Pühringer telefoniert, und ich kann sagen: Es ist natürlich kein Wort daran wahr, dass da ein „Deal“ ausgehandelt wurde, sondern es gibt eine Erklärung des Herrn Landeshauptmannes, aus der hervorgeht, dass alle oberösterreichischen Parteien ein klares Nein zum Verkauf der VOEST an Magna gesagt und erklärt haben, dass dieses Unternehmen, nämlich die VOEST, nicht zerschlagen werden darf. (Bundesrat Gasteiger: Vor den Wahlen sagt ihr alles!)

Ich halte das für wichtig, denn ich meine, hier im Hohen Haus sollten keine Gerüchte verbreitet werden, sondern wir sollten uns an die Faktenlage halten. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Manfred Gruber: Das steht ja in den Medien!)

In dieser Erklärung heißt es: Es gibt „ein klares Nein“ zu diesem Ansinnen, von wem immer es kommen mag. „Die VOEST darf nicht zerschlagen werden, sondern muss ein integrierter Konzern bleiben. Dies macht den Erfolg“ des Unternehmens „aus. Ein Her­ausfiletieren besonders der Division ,Motion’“ der VOEST komme überhaupt „nicht in Frage“, weil das zur Folge hätte, dass die VOEST am Standort Linz wieder ausschließ-


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lich vom Stahlweltmarktpreis abhängig wäre, der, wie wir wissen, besonderen Schwan­kungen unterworfen ist. Diese Schwankungen habe die Abteilung „Motion“ bisher in hohem Maße ausgleichen können, und sie habe immer eine starke Auslastung für die Arbeitnehmer am Standort Linz in Oberösterreich gewährleisten können. Dieses integ­rierte Gesamtunternehmen VOEST habe sich in der Vergangenheit sehr gut bewährt.

Weiters heißt es in der mir vorliegenden Aussendung:

„Es müsse auch in Zukunft gewährleistet sein, dass der Kern des Unternehmens in österreichischer Hand bleibe und die Unternehmensleitung in Oberösterreich bleibe“, und zwar in Linz. (Bundesrat Gasteiger: Dem Grasser sagen! Der will verkaufen! ...! Nicht da gescheit sein vor den Wahlen! Einsetzen dafür!) Landeshauptmann „Pührin­ger unterstützt“ auch „den Vorschlag von VOEST-Alpine Chef Struzl, eine Privatisie­rung schrittweise über die Börse durchzuführen“. – Das ist aber ein Vorschlag der Unternehmensleitung, und nicht eine Filetierung!

Weiters heißt es hier: „Die ÖIAG könne sich in einem ersten Schritt auf eine Sperr­minorität zurückziehen. So könnten auch oberösterreichische Kernaktionäre gestärkt werden sowie der Aktienanteil der Mitarbeiter aufgestockt werden.“ (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt wieder den Vorsitz.)

Das ist die Intention aller oberösterreichischen Parteien. Angesichts dessen in dieser Sache von einem „Deal“ zu sprechen, halte ich der Würde und dem Ansehen des Bun­desrates und dieses Hauses nicht für angemessen.

Ich halte es für sinnvoll, im Sinne der dort beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbei­ter diese Klarstellung hier im Bundesrat angebracht zu haben. (Beifall bei der ÖVP.)

15.02

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Winter. – Bitte.

 


15.02

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Was uns mit dem Budgetbe­gleitgesetz 2003 vorliegt, ist in vielen Bereichen, so möchte ich behaupten, weder ge­recht noch sozial, und es enthält kaum ausgewogene Reformen.

Es ist dieser ÖVP-Alleinregierung mit einigen blauen Flecken (Heiterkeit des Bundes­rates Gasteiger) um eine rasche Geldbeschaffungsaktion, so glaube ich, gegangen. (Staatssekretärin Haubner – in Richtung des Bundesrates Gasteiger –: Also dass ich als „Fleck“ bezeichnet werde! Ich weiß, dass ich nicht ganz schlank bin, aber dass ich ein „blauer Fleck“ bin, hat mir noch niemand gesagt!) Es ist zum Beispiel in der Ver­gangenheit schon der Gemeindeanteil an den öffentlichen Finanzen von 18 auf 17 Pro­zent gefallen. Es fehlen den Gemeinden jetzt schon zirka 400 Millionen Schilling jähr­lich. Mit diesem Budgetbegleitgesetz werden die Gemeinden weitere 90 Millionen € an Einbußen zu verzeichnen haben.

Es werden sich diese Einbußen weiter negativ auf die Investitionen der Gemeinden auswirken, Investitionen, die ohnehin innerhalb kürzester Zeit schon um zirka 20 Pro­zent gesunken sind. Wichtige Voraussetzungen, um blühende Gemeinden zu haben, um die Abwanderung in die Zentren zu stoppen, werden nicht mehr geleistet werden können, gerade – ich denke da an das Waldviertel – in Grenz- oder ärmeren Regionen. Das betrifft auch meinen Bezirk Horn. Zweifelsohne sind dies für uns schwer zu bewäl­tigende Aufgaben.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Bereich der Pensionen geht es der Bun­desregierung erstens um die Abschaffung der Frühpension ohne Rücksicht auf die Arbeitsmarktsituation älterer Menschen, zweitens um eine deutliche Kürzung der Pen­sionshöhe und drittens um das Durchboxen. Letzteres ist, so glaube ich, für die Bun­desregierung zum obersten Prinzip geworden – und nicht die Suche nach einem Kon­sens bei allen längerfristigen Maßnahmen.

Für eine faire und umfassende Reform waren und sind natürlich auch wir Sozialdemo­kraten immer bereit. Aber eine faire Reform, bei der auch der Sektionschef in Ruhe solidarisch sein müsste, ist, glaube ich, gar nicht beabsichtigt. Im Gegenteil: Es geht um Pensionskürzungen für Menschen, die zum Regelpensionsalter in den Ruhestand gehen; sie werden nämlich zur Kasse gebeten. In Wirklichkeit kommt eine Streichung des 13. und zur Hälfte des 14. Pensionsbezuges heraus.

Wo bleibt denn die Harmonisierung der Pensionssysteme? Wo ist die Sicherheit für ein Pensionssystem für Arbeiter, für Angestellte, für Bauern und Beamte? Wo, meine sehr geehrten Damen und Herren, zahlen alle gleich ein und haben alle natürlich auch die gleichen Ansprüche? – Bauern und Unternehmer sagen jetzt schon, dass eine rasche Harmonisierung nicht möglich sein wird.

Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, wollen, glaube ich, nur ver­zögern, weil Sie befürchten müssen, dass Ihre Kernwähler auch einmal davon betrof­fen sein könnten, so nach dem Motto: Kratzen wir jetzt schnell die Kurve, sonst erlei­den wir vielleicht auch ein FPÖ-Schicksal! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ergibt sich aus all diesen Punkten, dass Sie nicht gewillt sind, eine große, eine breit angelegte Pensionsreform zur Sicherung der Zukunft der Pensionen umzusetzen. Es geht Ihnen, wie schon in den vergangenen drei Jahren, lediglich um einseitige Belas­tungen der unteren und mittleren Einkommensbezieher, aber nicht um eine gerechte Reform. Bereits im Jahre 2000 hat die Regierung das Pensionsalter überfallsartig um 1,5 Jahre erhöht. Wozu hat das geführt? – Zu über 40 000 arbeitslosen Menschen mehr hier in Österreich! Das war Ihre Politik!

Und was bleibt dann von der Aussage des Bundeskanzlers, dass derjenige, der länger arbeitet, keinerlei Nachteile habe?

Es wurden keine Maßnahmen gegen die hohe Arbeitslosigkeit älterer Menschen ge­setzt. Im Gegenteil: Jetzt will man die Frühpensionen abschaffen, ohne dass jemand in dieser Regierung fragt, ob es überhaupt Betriebe gibt, die Frauen mit 58 oder Männer mit 63 Jahren beschäftigen wollen, zumal viele Arbeitnehmer in diesem Alter gar nicht mehr arbeiten können. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie lachen dazu, Frau Kollegin! Aber niemand fragt, ob diese Menschen überhaupt noch arbeiten können, denn viele von ihnen sind niedergeschuftet und krank. Doch das ist dieser Regierung in Wirklichkeit egal!

Wo sind denn die Maßnahmen für die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer? – Sie haben gar keine geeigneten Maßnahmen! Welche Garantie haben Sie, dass die Unter­nehmer überhaupt mitspielen und die Arbeitnehmer nicht trotzdem auf die Straße setzen? – Sie haben keine Garantie, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Auf der anderen Seite wurden bei der Verwaltungsreform Tausende arbeitswillige Be­amte – wir alle wissen es – mit 55 Jahren und 80 Prozent ihres Letztbezuges gegen ihren Willen in Pension geschickt! Gleichzeitig aber verlangt man von Arbeitern und Angestellten, immer länger zu arbeiten, obwohl es an entsprechenden Arbeitsplätzen, wie wir alle wissen, fehlt.


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Sagen Sie daher nein zu diesem menschenverachtenden Budgetbegleitgesetz und stimmen Sie mit uns Sozialdemokraten dazu mit Nein! Vor allem Sie von der FPÖ haben es in der Hand, Bundeskanzler Schüssel und seine Regierungsmitglieder vom hohen Ross herunterzuholen, damit wieder für die Menschen in Österreich gearbeitet werden kann und nicht gegen sie. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Kerschbaum. – Bundesrat Dr. Nittmann – in Richtung des auf seinen Sitzplatz zurückkehrenden Bundesrates Winter –: Das ist zu viel der Ehre!)

15.09

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist nun Herr Bun­desrat Hagen. – Bitte.

 


15.09

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Dass die Pensionsreform notwendig ist, ist unbestritten; das haben wir heute oft gehört. Und dass sie jahrzehntelang verschoben wurde, obwohl sie schon lange angegangen werden hätte sollen, wissen wir auch. (Bundesrat Gasteiger: Stimmt ja gar nicht!) Das habe ich in meiner letzten Rede zu diesem Thema auch schon angesprochen.

Deshalb ist es richtig, dass man eine Pensionsreform angegangen ist, weil wir ja nicht solche Zustände haben wollen wie in Deutschland. (Bundesrat Gasteiger: Geh!) In Deutschland, wo Rot-Grün regiert, wird jetzt darüber diskutiert beziehungsweise ist ein Entwurf herausgekommen, der vorsieht, dass für alle Personen über 75 die Pension um sage und schreibe 10 Prozent gekürzt werden soll und dann jedes Jahr, das sie noch länger leben, wieder um 10 Prozent. Also ein Wahnsinn, wenn man sich das vorstellt!

Solche Zustände möchte ich in Österreich nicht haben. Deswegen ist es richtig, dass man eine Pensionsreform angegangen ist und versucht hat, für die jüngeren Genera­tionen – ich zähle mich da auch dazu, mit meinen 34 Lenzen, die ich jetzt erst auf dem Buckel habe – auch noch eine Chance auf eine Pension herbeizuführen.

Aber sehr, sehr wichtig ist mir, dass nicht einseitig saniert wird. Das ist äußerst wichtig, und deshalb ist die Harmonisierung der Pensionssysteme für uns Freiheitliche ein Knackpunkt. Wir sagen: Beim ASVG bis hierher und nicht weiter!, und wenn es keine Harmonisierung gibt, dann haben wir ein Problem. Wir haben das auch ganz klar kund­getan. Wir haben deshalb im Nationalrat einen Entschließungsantrag eingebracht, der sehr viele Punkte beinhaltet, durch die diese Pensionsreform positiv weiterentwickelt werden sollte.

Allerdings wurde dabei unserer Ansicht nach nicht weit genug gegangen, denn kurz nach dem Beschluss im Nationalrat haben hochrangige ÖVP-Funktionäre gesagt: Alles gut und recht, aber mit der Harmonisierung wird das nicht so einfach werden! (Bundes­rat Dr. Nittmann: Lopatka und Khol!) Ich habe hier den Verdacht – und nicht nur ich, sondern auch meine Kollegen hier im Bundesrat –, dass hier Herr Khol oder Herr Neu­gebauer, oder wie sie alle heißen, ihren Einfluss in diese Richtung geltend machen, und mittlerweile hört man es nicht nur unter vorgehaltener Hand von gewissen ÖVP-Funktionären, sondern sie sagen es einem schon ins Gesicht: Na so schnell wird das nicht gehen!

Da habe ich aber ein Problem, das sage ich Ihnen ganz offen, obwohl ich selbst Beam­ter bin, allerdings ein „kleiner“. Mich würde es wahrscheinlich nicht so sehr betreffen, aber wenn ich an die „kleinen“ Beamten wie zum Beispiel an einen „kleinen“ Postler mit 900 € Pension denke, dann muss ich sagen: Denen muss geholfen werden! Das ist


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ganz klar, dass hier etwas getan werden muss. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

Auch ein „normaler“ Exekutivbeamter hat keine Riesenpension, und daher sollte da etwas getan werden. – Uns geht es bei dieser Reform um die privilegierten Beamten, jene in den oberen Etagen, die sich bis jetzt immer selbst am Kuchen bedient haben und hievon sehr, sehr gut gelebt haben. Da muss eingegriffen werden!

Deshalb haben wir mit der ÖVP in den vergangenen Tagen Verhandlungen geführt, die jedoch bisher leider zu keinem positiven Ergebnis geführt haben. Zur Stunde wird wei­ter verhandelt, aber ich glaube, wenn die Rednerliste beendet ist und hier kein Ergeb­nis herauskommt, das eine Harmonisierung mittels Volksabstimmung regelt – das heißt, dass eine Volksabstimmung stattfinden soll, sollten die Sozialpartner diesbezüg­lich nicht zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen –, dann werde ich mir sehr, sehr schwer tun, dieser Gesetzesvorlage zuzustimmen – und ich bin mit dieser Haltung hier in diesem Saal nicht der Einzige, das möchte ich Ihnen hier verkünden.

Damit lasse ich die Katze aus dem Sack: Wenn es hier keine Einigung gibt, dann werde ich dieser Gesetzesvorlage nicht zustimmen. (Beifall bei Bundesräten der Frei­heitlichen sowie demonstrativer Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Aber wie gesagt, es gibt noch die Möglichkeit, dass es hier zu einem Ergebnis kommt. Die Verhandlungsrunde läuft. Wenn dabei ein positives Ergebnis herauskommt, dann schaut die Sache anders aus. Dann werde ich auch zustimmen, das ist ganz klar. – Das möchte ich hier festhalten, und nun kennen Sie meine Einstellung. (Neuerlicher demonstrativer Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Gasteiger: Bravo, bravo, bravo! – Jetzt wird es echt noch spannend!)

15.14

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundes­rätin Schlaffer. – Bitte.

 


15.14

Bundesrätin Anna Schlaffer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir zunächst, dass ich sowohl Kollegem Gudenus als auch Kollegem Hagen meine Hochachtung ausspreche. Ich glaube, es ist nicht einfach, standfest zu bleiben und auch dann, wenn es heißt, gegen den Strom zu schwimmen, seine eigene Meinung zu vertreten. Dafür meine Hochachtung! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bun­desrates Schennach.)

Wenn wir Bundesräte von der Bevölkerung gefragt werden: Was ist der Bundesrat?, Was macht der Bundesrat?, dann nehmen wir gerne Zuflucht zu dem Standardsatz: Der Bundesrat ist die Länderkammer, und Bundesräte vertreten in diesem Gremium die Interessen ihres Bundeslandes!

In meiner nun bald zweieinhalbjährigen Zugehörigkeit zu diesem Gremium hat es noch keinen Gesetzesbeschluss des Nationalrates gegeben, bei dem sich die Frage der Wahrung der Länderinteressen in so hohem Maße gestellt hat, wie das eben beim vor­liegenden Budgetbegleitgesetz 2003 der Fall ist.

Ungeachtet aller anderen Punkte der Kritik am vorliegenden Gesetzesbeschluss müssen wir uns daher – und dafür sind wir ja in den Bundesrat entsendet worden, und darauf begründet sich auch unser Mandat – die Frage stellen: Welche Auswirkungen haben die Bestimmungen des Budgetbegleitgesetzes auf die Bundesländer, auf die Gemeinden und die Städte? Es bedarf daher auch Fragen wie: Kommt es zu großen finanziellen Belastungen? Welche Auswirkungen werden Beschlüsse wie Pensionsre-


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form, Reform des Gesundheitswesens und so weiter auf die Lebenssituation der Bewohnerinnen und Bewohner unserer Länder, Städte und Gemeinden haben?

Reformen in der Form, wie sie uns heute hier vorliegen, werden dazu führen, dass sich die Einkommenssituation einer großen Bevölkerungsgruppe noch mehr zum Schlech­ten wenden wird, so, wie wir es in den letzten dreieinhalb Jahren erlebt haben, in einer Zeit, in der das Sparen zu Lasten des so genannten „kleinen Mannes“ – ein Begriff, wie ihn die FPÖ immer wieder gerne verwendet – zum größten Reformprojekt der schwarz-blauen Bundesregierung wurde. Dies hat dazu geführt, dass wir die höchste Abgaben­quote, die Österreich je hatte, zu verzeichnen haben, und dass viele Österreicherinnen und Österreicher zunehmend Schwierigkeiten haben, ihren Lebensunterhalt zu bestrei­ten.

In einer in dieser Anzahl ebenfalls noch nie da gewesenen Handlungsweise haben daher neben dem Städtebund fünf Bundesländer den Konsultationsmechanismus in Gang gesetzt. Wenn sich Herr Landeshauptmann Haider heute bemüht hat, uns zu vermitteln, dass sich die Länder mit den erzielten Abänderungen zufrieden geben, so kann ich das für mein Bundesland Burgenland nicht bestätigen. Landeshauptmann Niessl und die SPÖ Burgenland stehen auf Seiten der Interessen und Anliegen der Be­völkerung; sie nehmen deren berechtigte Zukunftssorgen ernst.

Bei dieser Gelegenheit muss ich auch der Aussage des Herrn Landeshauptmannes Haider widersprechen, der gesagt hat, dass die nun vorliegende Pensionsreform von der Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen werde. – Aktuelle Umfragen beweisen nach wie vor das Gegenteil. (Bundesrätin Bachner: So ist es!)

Im Übrigen hat Dr. Haiders Auftritt heute mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Anstatt seine Meinung zum heute zur Beschlussfassung anstehenden Gesetz der großen und kleinen Grausamkeiten eindeutig zum Ausdruck zu bringen, forderte er von uns Bundesrätinnen und Bundesräten ein harmonisches Verhalten in Fragen der Har­monisierung der Pensionssysteme. Geschickt versuchte er damit die Tatsache zu igno­rieren, dass uns heute kein Harmonisierungsgesetz zur Abstimmung vorliegt.

Die SPÖ hat in ihrem Ende April öffentlich vorgelegten Pensionsreformmodell, welches fair, gerecht und sozial ausgewogen ist, eindeutig Position zur Frage einer Harmonisie­rung bezogen. Hingegen sind die Aussagen aus Kreisen der ÖVP nebulos bis wider­sprüchlich. Die Palette reicht von „ist möglich“ über „ist schwer möglich“ bis zu „ist kaum möglich“. Anstatt hier als „Demnächst“, „Vielleicht-doch“ oder „Vielleicht-doch-nicht“-FPÖ-Bundesparteiobmann und „Vielleicht-bald-auch“ oder „Vielleicht-doch-nicht“-Vizekanzler Appelle an uns loszulassen, sollte sich der Herr Noch-Landeshaupt­mann mit Noch-Bundeskanzler Schüssel über die Vorgangsweise im Hinblick auf die Harmonisierung unterhalten. (Bundesrat Dr. Nittmann: Der Gusi hat auch schon!) Weil wir nämlich immer wieder feststellen müssen: Was Schüssel nicht will, darf nicht sein!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ohne nur annähernd die Vorgangsweise der von Landeshauptmann Haider kritisierten Manager im Umgang mit Frühpensionierun­gen gut zu heißen, möchte ich doch daran erinnern, dass Zwangspensionierungen im öffentlichen Dienst von einer FPÖ-Ministerin eingeführt wurden – eine Maßnahme, die sich nur unwesentlich von der Vorgangsweise der von Landeshauptmann Haider so kritisierten Manager unterscheidet (Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann: Und der SPÖ-Regierungen!) und deren Zwangspensionierungen einer Überprüfung durch die Staatsanwaltschaft vermutlich auch nicht standhalten würden.

In einem kann ich Landeshauptmann Haider aber ohne Widerspruch zustimmen, näm­lich seiner Aufforderung, dass wir Bundesrätinnen und Bundesräte uns der Verantwor­tung gegenüber unseren Ländern, Städten und Gemeinden sowie deren Bewohnern


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und Bewohnerinnen bewusst sein müssen und nicht zulassen dürfen, dass Beschlüsse zu deren Nachteil gefasst werden.

Meine Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ-Fraktion und ich sind uns unseres Auf­trages und unserer Verantwortung bewusst. Wir werden daher einem Gesetz, das mehr Probleme denn Lösungen schafft, unsere Zustimmung verweigern. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.22

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Bieringer. – Bitte.

 


15.22

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Pensionsreform – jeder sagt, wir brauchen sie, jeder sagt, wir müssen sie machen (Bundesrat Boden: Stimmt nicht!); wir müssen sie machen, damit unsere Kinder auch noch eine Pension bekommen, aber – frei nach dem Floriani-Prin­zip –: Ja nicht bei mir, sondern nur beim Nächsten! – So einfach geht eine Pensionsre­form sicherlich nicht, meine Damen und Herren!

Wir alle wissen, dass wir da eine Schere haben, die auseinander klafft! Wenn wir nichts dagegen tun, kann sich das in Zukunft finanziell überhaupt nicht mehr ausgehen.

Da heute viel von Kindern gesprochen wurde: Meine Damen und Herren! Als ich mir die Geburtenrate in meiner Gemeinde – eine Gemeinde mit 11 200 Einwohnern, Name: Wals-Siezenheim, falls es nicht bekannt sein sollte – angeschaut habe, musste ich feststellen: Wir hatten 1991 noch 176 Geburten, 2001 104 und 2002 nur mehr 78! (Bundesrat Mag. Gudenus: Schrecklich! – Bundesrätin Schicker: Woran das liegen mag?) Und wenn ich diese Zahlen sehe, meine Damen und Herren, dann fehlt mir ... (Bundesrat Gasteiger: Dann wissen Sie, wie es der Bevölkerung geht!) – Herr Kollege, schau dir die Geburtenzahlen in deiner Gemeinde an! (Bundesrat Gasteiger: Die ist ganz dieselbe!) – Ja! Und daher muss ... (Bundesrat Gasteiger: Der Bevölkerung geht es nicht gut!) – Das kostet mich ein müdes Lächeln.

Wir müssen danach trachten, diese Schere wieder einigermaßen zu schließen, damit sie zugeht, nicht auseinander. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Gasteiger.) Welche Alternativen gibt es? – Entweder wir erhöhen die Beiträge um 53 Prozent – das wird ja hoffentlich niemand wollen –, oder wir kürzen die Pensionen um 45 Prozent – das wird hoffentlich auch niemand wollen –, oder wir setzen das Antrittsalter um min­destens zehn Jahre hinauf.

Mehr, meine Damen und Herren, kann man als Alternativen nicht anbieten, wenn man das System so belässt, wie es ist – das wird doch, glaube ich, jedem klar sein!

Frau Kollegin Schicker, Sie haben den Ausdruck „überfallsartig“ verwendet. Was ist daran überfallsartig?

Wir wollen innerhalb eines zumutbaren Zeitraumes von 14 Jahren das Antrittsalter für die Frühpensionen ändern. Ist das „überfallsartig“? (Zwischenruf des Bundesrates Manfred Gruber.)

Wir muten den Leuten einen künftig 40-jährigen Durchrechnungszeitraum zu. 40 Jahre wird der Durchrechnungszeitraum aber erst ab 2028 betragen, also eine Übergangs­frist von 25 Jahren! Wo ist da etwas „überfallsartig“?

Und: Wir verändern auch die Berechnung der Steigerungsbeträge innerhalb eines Übergangszeitraumes von fünf Jahren – auch da kann man doch nicht sagen, dass das überfallsartig ist, Frau Kollegin!


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Es wurde auch schon überall geschrieen, dass es Verluste von bis zu 40 Prozent geben werde. – Nun gibt es eine 10-prozentige Deckelung, die alle möglichen Verluste umfasst. Es kann wohl niemand mehr gegen so eine Lösung sein, wenn damit gleich­zeitig gesichert wird, dass unsere Kinder auch noch eine Pension bekommen.

Frau Kollegin Schlaffer hat den Konsultationsmechanismus angesprochen: Der Konsul­tationsmechanismus hat mit der Beschlussfassung sehr wenig zu tun, er bedeutet lediglich, dass Verhandlungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufzunehmen sind – und dazu bekenne ich mich –, diese Verhandlungen werden gemäß der Rege­lung des Konsultationsmechanismus aufgenommen werden müssen! (Bundesrätin Schlaffer: ... nicht vergessen!)

Im Nationalrat ist auch ein Entschließungsantrag eingebracht worden, demzufolge eine schrittweise Harmonisierung der Beitragssätze und Beitragsgrundlagen bei gleichzeiti­ger Vereinheitlichung der Leistungen erfolgen soll. Meine Damen und Herren! Was heißt das? – Das heißt, dass die Regierungsparteien bemüht sein werden – und nicht nur bemüht, sondern sich auch mit voller Kraft dafür einsetzen werden –, dass es diese Harmonisierung bis Jahresende gibt. (Demonstrativer Beifall bei Bundesräten der Frei­heitlichen.)

Dabei müssen die Sozialpartner, die Pensionsreformkommission und alle ... (Bundes­rat Gasteiger: Was ist denn das? Eine Drohung, oder was?) – Herr Kollege Gasteiger, lass mich doch fertig ausreden! Vielleicht ist sogar etwas dabei, was du in Tirol auch gebrauchen kannst, nicht? (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Gasteiger.) – Na also!

Alle werden also in die Harmonisierung einbezogen werden. (Bundesrätin Dr. Kanovs­ky-Wintermann: Und auch die Gemeindebediensteten?) – Bitte? (Bundesrätin Dr. Ka­novsky-Wintermann: Die Gemeindebediensteten auch?) – Ja, natürlich gehören die Gemeinden dazu! Wenn ich vom öffentlichen Dienst spreche, dann gehören natürlich auch die Gemeindebediensteten dazu. Oder meinen Sie die Bediensteten der Ge­meinde Wien? (Rufe bei der SPÖ: Nein! Von Wals-Siezenheim!) Diese müssen näm­lich erst einmal die Reformen von 1997 nachholen! (Rufe bei der SPÖ: Von Wals-Sie­zenheim!) Die in Wien müssen erst die Reformen von 1997 nachholen – das ist etwas anderes, da gebe ich Ihnen schon Recht. Diese müssen separat erwähnt werden.

Meine Damen und Herren! In diesen Kreis gehören natürlich auch die Bediensteten der Sozialversicherungsträger einbezogen. Das ist für uns selbstverständlich! Es gehört bei dieser Harmonisierung auch das Pensionssystem der Sozialversicherungsträger genau durchleuchtet, und es muss auch darüber gesprochen werden, welche Pensionen es in Hinkunft geben wird.

Dennoch, meine Damen und Herren, bin ich davon überzeugt, dass wir auf dem richti­gen Weg sind! Gehen wir diesen Weg weiter, gehen wir diesen Weg gemeinsam wei­ter, dann wird auch die Harmonisierung zum gegebenen Zeitpunkt kommen und dann braucht uns auch um die Zukunft nicht bange zu sein.

Wenn ein Haar in der Suppe gefunden wird, sodass so mancher sagt: Eine zu schnelle Harmonisierung werde es nicht geben!, dann, meine Damen und Herren, hoffe ich auf Künstler, die es ermöglichen, dass wir diese Harmonisierung trotzdem bis Jahresende haben. Wenn alle daran interessiert sind, wenn es alle wollen, dann, glaube ich, muss es zu schaffen sein – aber nur dann, wenn alle wollen: Wenn die Sozialpartner und alle anderen an einem Tisch sitzen, um das gemeinsam mit dieser Regierung zu machen.

Herr Kollege Hagen, ich finde es etwas problematisch, eine Volksabstimmung zu verlangen, wenn es keinen entsprechenden Gesetzesbeschluss in dritter Lesung des Nationalrates gibt und wenn für diese Volksabstimmung dann noch ein Gesetzesbe-


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schluss des Nationalrates notwendig ist – wobei der Gesetzesbeschluss des National­rates, der dafür notwendig wäre, sicherlich das kleinere Problem ist. Aber wenn der Beschluss des Nationalrates, den man der Volksabstimmung unterziehen will, nicht zustande kommt, was soll man dann dem Volk zur Volksabstimmung vorlegen?

Wir werden jedoch noch darüber beraten, wie wir diesbezüglich auf einen gemeinsa­men Nenner kommen, zu einem Kompromiss, der von beiden Regierungsparteien ... (Bundesrat Gasteiger: Lange habt ihr nicht mehr Zeit! Bis zum Ende der Sitzung!) – Herr Kollege Gasteiger, ob wir lange Zeit haben oder nicht (Bundesrat Gasteiger: Die Freiheitlichen haben es in der Hand!), das müssen Sie schon uns überlassen! Sie werden wir dazu nicht brauchen! (Bundesrat Gasteiger: Das ist mir klar, aber die Frei­heitlichen haben es in der Hand!) Und wir werden auch nicht Ihren Rat dazu einholen, denn wollten wir Ihren Rat dazu einholen, bräuchten wir erst gar nicht anzufangen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Gasteiger: Die brauchen Sie!)

Ich darf daher namens meiner Fraktion festhalten: Wir werden alles daran setzen, dass diese Harmonisierung so rasch wie möglich und noch in diesem Jahr kommen wird. (Beifall bei der ÖVP.) – Das zur Pensionsreform!

Meine Damen und Herren! Eine Anmerkung noch zu den Politikerpensionen, da immer so getan wird, als ob die Politiker total ungeschoren davonkämen: Ich habe da eine andere Ansicht! Wenn gegenüber einem Politiker ein Berufsverbot verhängt wird, er aber dann auf Grund eines Beschlusses des Nationalrates – Misstrauensantrag nennt man so etwas, wenn ich richtig informiert wurde – plötzlich auf der Straße stehen kann, dann muss man dem, der ja vorher ein Berufsverbot gehabt hat, wohl zugestehen, eine Entgeltfortzahlung zu bekommen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Politikerpensionisten sind auch die Einzigen, die eine hohe Solidarabgabe leisten, nämlich bis zur Höchstbemessungsgrundlage des ASVG immerhin 8,7 Prozent und darüber 15 Prozent. (Bundesrat Gasteiger: Der Stummvoll auch?) Ich glaube, dass da bereits ein Schritt gemacht wurde. Dieser Schritt wurde von den Klubobmännern der beiden Regierungsparteien gemeinsam als Gesetzesantrag im Nationalrat eingebracht. (Bundesrat Gasteiger: Molterer und Scheibner waren es, die diesen Antrag einge­bracht haben, ja!) und ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung! (Bundesrat Gas­teiger: Habt ihr das dem Stummvoll auch schon gesagt?)

Einen Satz noch zu den Abfangjägern, meine Damen und Herren: Als damals die Draken-Beschaffung hohe Wellen schlug, war in meiner Gemeinde eine Angelobung. Meine Gemeinde grenzt direkt an den Salzburger Flughafen. Dort sind auch einige Male Draken gelandet. Es ging damals um das Lärm-Problem. Ein paar Tage vorher war eine Flugschau, bei der zig Flugzeuge über den Flughafen Salzburg geflogen sind. Jeder hat applaudiert. Als dann drei Tage später zwei Draken darüber flogen, gab es einen Aufstand wegen der Lärmbelastung. (Bundesrat Gasteiger: Das ist aber schon ein Unterschied! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Warum sage ich das? Ich habe öffentlich, vor 3 000 Bewohnern meiner Gemeinde, erklärt, dass das in meinen Augen scheinheilig ist, und Applaus dafür bekommen – nur damit Sie wissen, dass ich mir etwas zu sagen traue, ich rede nämlich nicht nur dort, wo ein „laues Mailüfterl“ weht, sondern auch dort, wo ein starker Wind geht.

Meine Damen und Herren, zur aktuellen Luftraumüberwachung: Der damalige Ankauf der Draken war eine Fehlentscheidung, weil es nicht mehr das modernste Gerät war. Heute will die Bundesregierung modernstes Flugzeug für die Luftraumüberwachung anschaffen (Bundesrat Gasteiger: Um 2 Milliarden €?!), und jetzt sagt man, das sei zu teuer. Aber zum Nulltarif wird es keine Landesverteidigung geben. Das muss uns klar sein! (Bundesrat Gasteiger: Aber auch nicht um 2 Milliarden €!)


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Mir fällt da immer ein Salzburger Milizoffizier ein, der bei einem Manöver dem be­suchenden Salzburger Landeshauptmann auf dessen Frage, wie er sich beim Manöver fühle, da er doch im Zelt schlafen muss bei doch relativ kühlem Wetter, gesagt hat: Herr Landeshauptmann, es ist mir zehn Mal lieber, ich schlafe da in der Uniform meines Landes, als dass ich Uniformen ausländischer Soldaten, die in meiner Heimat sind, anschauen müsste! (Beifall bei der ÖVP. – Rufe bei der SPÖ: Aber geh, Kollege Bieringer!)

Herr Kollege, da können Sie sagen, was Sie wollen! Es gibt nur eine Alternative: Der österreichische Luftraum muss überwacht werden! Und wenn es nicht die eigenen Flieger tun, dann werden es auswärtige tun. Aber das kann, glaube ich, niemals im Interesse eines Parlamentariers dieser Republik sein! Daher fordere ich Sie auf, dieser Gesetzesvorlage allein schon aus diesem Grund zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Gasteiger: Aber selber wissen Sie das noch nicht, gell?)

15.35

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Bundesrätin Schicker zu Wort gemeldet.

Ich weise wieder auf die Redezeit von 5 Minuten hin und darauf, dass man sich auf die Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung und die Darstellung des berichtigten Sachverhalts zu beschränken hat. – Bitte.

 


15.36

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Klubob­mann Bieringer, ich nehme nicht an, dass Sie den Debattenbeiträgen nicht aufmerk­sam folgen, das will ich Ihnen auch gar nicht unterstellen. Deshalb kann ich mit gutem Recht behaupten, dass Sie mich missinterpretiert haben, denn der Begriff „überfalls­artig“, den Sie mir jetzt unterstellt haben, wurde von mir nicht im Zusammenhang mit den von Ihnen genannten Begriffen oder Zuordnungen erwähnt, sondern ... (Zwischen­ruf des Bundesrates Bieringer.) – Nein, das ist wirklich missinterpretiert worden, und ich muss das richtigstellen.

Ich habe den Begriff „überfallsartig“ in Zusammenhang mit dem Begutachtungsentwurf verwendet und gesagt, das sei überfallsartig erfolgt, weil weder die Sozialpartner noch die Opposition in die Verhandlungen miteinbezogen worden sind.

Aber gerade eben haben Sie, Herr Kollege Bieringer, genau das gesagt, wovor wir uns fürchten, nämlich: Euch brauchen wir eh nicht dazu! – Das ist jetzt genau der Punkt! Das haben Sie soeben Kollegen Gasteiger zugerufen: Euch brauchen wir eh nicht da­zu! (Bundesrat Gasteiger: Richtig, ja, das habe ich auch gehört!) Und genau das ist es, was wir immer wieder bekritteln. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Bundesrat Gasteiger: Wir haben es alle gehört!)

15.37

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundes­rat Binna. – Bitte.

 


15.37

Bundesrat Theodor Binna (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rin! Frau Staatsekretärin! Herr Staatsekretär! Meine Damen und Herren! Kollege Bierin­ger, zum Thema Abfangjäger: Ich wohne in einer der schönsten Gegenden Öster­reichs, im Ausseerland. (Bundesrat Bieringer: Da ist es auch schön!) Dort finden zwei Mal in der Woche Trainingsflüge der Abfangjäger statt. Fragen Sie bitte einmal unsere Gäste, die in einem touristisch hochqualitativen Gebiet Urlaub machen, ob sie damit einverstanden sind.


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Ich bin der Meinung, wir sollten unser Bundesheer für Katastropheneinsätze ausbilden und das dafür notwendige Gerät anschaffen. Das wäre viel besser, wie wir jeden Tag in der Zeitung lesen können. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Zum Thema Harmonisierung möchte ich Sie Folgendes fragen, wenn Sie schon so hoch und heilig versprechen, dass die Harmonisierung noch in diesem Jahr durchge­setzt wird: Warum müssen wir diese Pensionsreform dann unbedingt heute beschlie­ßen? Warum lassen wir uns nicht bis Herbst oder nächstes Frühjahr Zeit und machen beides gemeinsam? (Beifall bei der SPÖ.)

Zu einem Punkt möchte ich auch noch Stellung nehmen, und zwar zu den von Herrn Landeshauptmann Haider erwähnten Pensionierungen bei der Post, der Telekom und der ÖBB. Er hat gesagt, dass es 4 358 Vorfälle gegeben hat. – Das ist richtig. Aber dazu muss man ein bisschen weiter ausholen: Zu Beginn der Regierung Schüssel I hat Frau Vizekanzlerin Riess-Passer erklärt, es gebe 15 000 Beamte zu viel. Auf Grund dieser Aussage sind dann diese Pensionierungen vorgenommen worden. Und, wie Kollege Hagen richtig sagt und ich bestätigen kann, es hat vorwiegend „kleine“ Be­amtinnen und Beamte erwischt. Die Privilegierten sitzen noch immer auf dem gleichen Sessel. Allerdings hat der Herr Finanzminister aufgeschrieen, da diese Pensionierun­gen natürlich nicht budgetiert waren – das möchte ich hier auch noch einmal klar­stellen.

Pensionsreform? – Ich bin der Meinung, dass diese Pensionsreform nur eine reine Geldbeschaffungsaktion ist. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Das stimmt aber so!

Familiensilber wird nicht verkauft, sondern verscherbelt. Um nur ein Beispiel aus meinem Bezirk Liezen zu bringen: Die Schließung von zwei Bezirksgerichten im Bezirk Liezen hat 30 Millionen Schilling gekostet. Auch in Anbetracht dessen frage ich Sie, Herr Kollege Himmer: Wer soll das alles bezahlen?

Tatsache bei der Pensionsreform ist: Zuerst werden uns 100 € weggenommen, und mit der Steuerreform bekommen wir 5 € wieder zurück. Und Sie behaupten im Hinblick darauf, das sei sozial ausgewogen. – Diese Meinung teile ich sicherlich nicht!

Der Generationenvertrag hält wirklich nicht mehr. Aber der Generationenvertrag wird durch diese Pensionsreform nicht gerettet. Ganz im Gegenteil: Vielmehr wird er in seinem Bestand erheblich gefährdet!

Vor allem der Hinweis auf die Fürsorgepflicht des Staates für die Jungen ist fragwürdig. Tatsache ist, dass Pensionskürzungen in Hinkunft durch freiwillige Eigenvorsorge aus­geglichen werden müssen, damit man das ursprüngliche Pensionsniveau halten kann. Am Ende steht die aus heutiger Sicht völlig unnötige Aushöhlung der ersten Säule und die Aufwertung der privaten Vorsorge. Nutznießer sind Versicherungsunternehmen, Banken et cetera. Sozialpolitisch gesehen erfolgt damit eine Ausrichtung hin zur Ent­staatlichung und Reprivatisierung des sozialen Sicherheitssystems.

Ich möchte dazu nur ein Beispiel nennen: Ich kenne den Fall eines 25-Jährigen, der sich bei einer Pensionskasse erkundigt hat, wie viel er jetzt einzahlen müsste und was er mit 60 Jahren herausbekommen würde. – Die Antwort lautete: Wenn er ab dem nächsten Monat 300 € einbezahlt, bekommt er mit 60 Jahren wieder jeweils 300 € heraus. (Bundesrat Mag. Tusek: Das gibt es nicht!) Im Hinblick darauf frage ich
mich: Wozu braucht man da eine Pensionskasse? (Zwischenruf des Bundes­rates Mag. 
Himmer.)

Außerdem, Herr Staatssekretär, gibt es die Garantie mit den Anleihen, wie Sie es heute erläutert haben, nicht mehr und nirgends! Außerdem muss ich dazu noch anmer­ken: Man sollte, wenn diese Pensionsreform beschlossen ist, halt das Glück haben,


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300 € auf der Seite zu haben, um diese privat einzahlen zu können. (Neuerlicher Zwi­schenruf des Bundesrates Mag. Himmer.)

Heute ist auch das Thema Steuerreform angesprochen und bemerkt worden, dass selbstverständlich auch die ÖBB ihren Beitrag dazu leisten müssen. – Ich habe nichts gegen Liberalisierung! Allerdings wird uns europaweit immer nur bestätigt, dass die Liberalisierung keine Besserstellungen, sondern nur Schlechterstellungen bringt. Im Prinzip habe ich nichts gegen Maßnahmen, wenn sie wirklich Fortschritte bringen und etwas besser wird. Das war allerdings noch in keiner Stadt Österreichs und bei keinem Eisenbahnunternehmen der Fall!

Dazu möchte ich einige Beispiele bringen: Die Sicherheit steht auf dem Spiel. Privati­sierungen gehen meist zu Lasten der Instandhaltung und Sicherheit der Infrastruktur. Die Unfallzahlen steigen; das ist jeden Tag beweisbar. Notwendige Neuinvestitionen werden auf Grund des harten Kostenwettbewerbs und der kurzen Laufzeiten der Ver­träge nicht getätigt. Es kommt zu steigenden Preisen bei sinkender Qualität. Wie inter­nationale Erfahrungen zeigen, verschlechtern sich die Angebotsqualität und die Zuver­lässigkeit, da meist billigere Fahrzeuge eingesetzt werden und die ArbeitnehmerInnen schlechter bezahlt werden und weniger qualifiziert sind. Außerdem ist bei Einsparun­gen in den Stationen im Hinblick auf Wetterschutz, Sitzgelegenheiten und Informations­möglichkeiten mit unübersichtlichen und zum Teil erheblich höheren Fahrpreisen, mit verlängerten Fahrzeiten und abnehmender Pünktlichkeit zu rechnen. Mittel- bis lang­fristig droht die Bildung europaweiter Verkehrsoligopole und lokaler privater Monopole. Es gibt keine Berücksichtigung gemeinwirtschaftlicher Ziele.

Die öffentliche Hand verfolgt bei Verkehrsdienstleistungen andere Ziele als jene der Profit-Maximierung: Sie kann hohe Qualität und Sicherheit, Zugang für alle, große Ver­sorgungsdichte und andere gemeinwirtschaftliche Ziele ermöglichen. Bei privaten An­bietern zählen nur die Gewinnmaximierung und die Aktienkurse. Von öffentlicher Rechenschaftspflicht und demokratischer Kontrolle ist keine Rede mehr. Ausfälle des Verkehrsangebotes und nicht koordinierte Vorgangsweisen einzelner Anbieter beein­trächtigen massiv die örtliche Wirtschaftsstruktur und die Stadtentwicklung.

Private konzentrieren ihr Angebot auf die lukrativen Strecken und stellen den Betrieb auf weniger lukrativen Strecken ein. Randbereiche werden nicht mehr versorgt. Be­wohnerInnen des ländlichen Raums sind somit oft gezwungen, auf das vielfach teurere, unökologischere und risikoreichere Privatauto umzusteigen. Durch die Privati­sierung und auch durch die organisatorische Trennung der Bereiche Betrieb und Infra­struktur werden bisher gut funktionierende Verkehrsdienstanbieter und Verbundsys­teme zerschlagen. Einsparungen sind meist nicht einmal effizienzsteigernd, da sie oft nur durch eine Reduktion der Personalkosten, durch ein Abnehmen der Qualität und eine Erhöhung der Tarife möglich werden. Koordination und Abstimmung der unter­schiedlichen Ebenen des öffentlichen Personen-Nahverkehrs gehen verloren.

Wir sollen den öffentlichen Verkehr jedoch erhalten und nicht privatisieren! Eine ent­sprechende Erhaltung des öffentlichen Verkehrs gehört zum Grundrecht der BürgerIn­nen auf Mobilität. Die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Ver­kehrs und die Gewährung eines bestimmten Standards sind Staatsaufgaben und können nicht dem freien Wettbewerb überlassen werden, und sie können auch nicht der Europäischen Kommission überlassen werden. Vielmehr müssen nationalstaatliche Gestaltungsmöglichkeiten erhalten bleiben.

Der öffentliche Nahverkehr, wie er derzeit in vielen Ländern besteht, ist weit vom Ideal­zustand entfernt. Während er in Großstädten und Ballungsräumen einigermaßen zu­frieden stellend funktioniert, verschlechtert sich die Situation im ländlichen Raum zu­nehmend. Das mangelnde Angebot im ländlichen Raum führt zwangsweise zu einer


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sinkenden Nachfrage, wodurch ein verkehrspolitischer Teufelskreis in Bewegung ge­setzt wird. Da ist unbedingt eine Trendwende notwendig!

Zum Schluss noch ein Appell an die Kollegen von der freiheitlichen Fraktion. Sie haben immer erklärt, dass Sie die Partei des „kleinen Manne“ sind. – Bitte beweisen Sie das heute! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.46

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Vizepräsident Weiss. – Bitte.

 


15.46

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Notwendigkeit einer Pensionsreform kann wohl nur dann in Frage gestellt werden, wenn man die Konse­quenzen der Grundrechnungsarten außer Kraft setzen wollte. (Beifall bei der ÖVP.)

Manche Wortmeldungen haben allerdings den Eindruck erweckt, man traue sich das zu. – Wenn Oppositionsparteien angesichts konkreter, mit Namen versehbarer und für die Betroffenen zwangsläufig schmerzhafter Reformen eine Taktik des So-Nicht, des So-auch-Nicht und des So-auch-Nicht verfolgen, dann ist das kurzfristig beifallsträchtig. Das gehört zum politischen Geschäft und stellt daher eine ernsthafte rollenspezifische Versuchung dar. Das Ziel der Regierungsparteien ist aber die Nachhaltigkeit von Reformen und die langfristig wirksame Anerkennung der politischen Kraft, solche Re­formen – im Gegensatz zu Ihnen – in Angriff genommen und durchgesetzt zu haben.

Ein kurzes Wort zur Anpassung bei den Politikerpensionen: Die Entwicklung bei dieser wohl unerlässlichen Begleitmaßnahme zu einer Pensionsreform war – das muss man selbstkritisch sagen – nicht sehr hilfreich und längere Zeit hindurch keine vertrauensbil­dende Maßnahme, wobei die Probleme bereits im Vorfeld mit Einzelfällen der Gleich­zeitigkeit von Aktiv- und Pensionsbezügen und einer extensiven Inanspruchnahme von Bezugsfortzahlungen begonnen haben. Das Ergebnis ist nun allerdings sachgerecht und mit einem 15-prozentigen Sonderbeitrag für Pensionsteile über der ASVG-Höchst­pension, den es für andere hohe Pensionen nicht gibt, sogar intensiv.

Zu den nun reduzierten Bezugsfortzahlungen für ausscheidende Mandatare – das wurde auch schon angesprochen – möchte ich nur so viel sagen: Mir ist die Transpa­renz eines im Einzelfall vielleicht schwer verständlich zu machenden Einsatzes finan­zieller Mittel der öffentlichen Hand allemal lieber als die im Dunkeln ablaufende vor­sorgliche Anbahnung von Geschäftsbeziehungen und die Beeinträchtigung der not­wendigen Unabhängigkeit und Unbefangenheit öffentlicher Amtsträger. Diese Trans­parenz muss den öffentlichen Finanzen auch etwas wert sein, und ich trete dafür ein. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

In der Diskussion und auch im Einspruchsantrag der sozialdemokratischen Bundesräte wurde die Betroffenheit der Länder angesprochen. – Das ist formal gesehen ein Fort­schritt, weil wir auch schon Einspruchsanträge hatten, die jeglichen Bezug zu Länder­interessen vermissen ließen. Tatsächlich haben mehrere Länder zur Pensionsreform den Konsultationsmechanismus ausgelöst und Verhandlungen über die Tragung jener Kosten verlangt, die insbesondere im Bereich der Sozialhilfe gesehen werden. Das wurde allerdings relativiert durch die gegenüber der Regierungsvorlage – und auf diese haben sich die Konsultationsbegehren ja bezogen – erreichten Verbesserungen. In dem Maße, in dem abgefedert wird, verringert sich nach Adam Riese zwangsläufig die potentielle Inanspruchnahme der Sozialhilfe, und diese Abfederung ist recht deutlich ausgefallen.


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Auch zu anderen Teilen des Budgetbegleitgesetzes hat es Konsultationsverlangen ge­geben, aus Vorarlberg beispielsweise zum Gesundheits- und Sozialhilfenbeihilfenge­setz. – Ich will darauf im Detail gar nicht eingehen. Andere Teile des Budgetbegleitge­setzes wurden von einzelnen Ländern ausdrücklich abgelehnt, so etwa die Auswirkun­gen der Steuerreformmaßnahmen auf die Verkürzung der Anteile aus gemeinschaft­lichen Bundesabgaben und die Einrichtung einer neuen Kohlenabgabe als ausschließ­liche Bundesabgabe.

Dessen ungeachtet ist aber aus der politischen Diskussion der letzten Wochen deutlich geworden, dass die Mehrzahl der Länder nicht dafür ist, die Pensionsreform und das Budgetbegleitgesetz als Ganzes zu verzögern oder gar zu verhindern. Dafür gibt es aus meiner Sicht zwei gute Gründe.

Erstens sind die geltend gemachten Kostenfolgen für die Länder nach der staatsrecht­lichen Vereinbarung über den Konsultationsmechanismus mangels Verhandlungen und Einvernehmen ohnedies vom Bund finanziell auszugleichen, wenn es solche Belas­tungen der Länder gibt. Das steht auf den Beinen einer Artikel-15a-Vereinbarung und wird vom Bund auch entsprechend zu handhaben sein. Die Länder sind also keines­wegs jene, an welchen sich der Bund, wie Frau Kollegin Kerschbaum gemeint hat, einfach „abputzen“ könnte. Vielmehr muss der Bund, wenn es relevante Kostenfolgen bei den Ländern gibt und kein Einvernehmen hergestellt wird, demjenigen, der sie in den Ländern trägt, ersetzen.

Zweitens würden die Nachteile einer zu erwartenden politischen Instabilität bei einem Scheitern der Pensionsreform und vor allem das Fehlen der notwendigen Grundlagen für das Bundesbudget die nachteiligen Auswirkungen einiger Punkte des Budgetbe­gleitgesetzes und die Zweifel über die Zweckmäßigkeit einzelner Vorhaben weit über­wiegen, und zwar auch aus Sicht der Länder.

Ich weiß mich daher einig mit der Vorarlberger Landesregierung und der Mehrheit des Landtages, die ich hier zu vertreten habe, wenn ich mich dafür ausspreche, keinen Einspruch zu erheben. Ich habe auch aus keinem anderen Bundesland die Willens­äußerung einer Landesregierung oder eines Landtages gehört, dass man im Interesse der Länder schlechthin oder des betroffenen Landes Einspruch erheben möge. Das wäre allerdings eine notwendige Voraussetzung dafür, wenn man Länderinteressen als Grundlage eines Einspruchs nehmen wollte. Es steht außer Frage, dass man natürlich Einspruch auch als allgemein-politischen Interessen erheben kann, aber dann soll man nicht die Länder als Argument vorschieben, wenn man eigentlich etwas anderes meint.

Noch ein Wort zur Harmonisierung, bevor wir um 16 Uhr die Dringliche Anfrage aufzu­rufen haben: Hinsichtlich der angesprochenen Volksabstimmung als direkt-demokrati­schem Instrument ist mir auch nach den Ausführungen eines früheren Assistenten für Verfassungsrecht von heute Vormittag noch nicht ganz klar, wie diese in den Ent­scheidungsprozess einzubinden wäre. Das Bundes-Verfassungsgesetz zeichnet den Prozess ganz klar vor: Wenn der Nationalrat ein Gesetz beschlossen hat, wenn er beschließt, eine Volksabstimmung darüber abzuhalten, wenn dieses Gesetz das Ein­vernehmen im Bundesrat gefunden hat, wenn also der gesamte Gesetzgebungspro­zess abgeschlossen ist, dann besteht, bevor der Bundespräsident das beurkundet, die Möglichkeit der Abhaltung einer Volksabstimmung. Das ist, abgesehen von einer Ver­fassungsänderung, der einzige von der Verfassung vorgezeichnete Weg.

Ich bitte, mir nun zu erklären – weil ich das nicht verstanden habe –, wie man eine Volksabstimmung über ein Gesetz machen will, das nicht zustande gekommen ist! – Man macht sich also Sorgen darüber, dass man die Harmonisierung vornehmen will und das Vorhaben unter Umständen in der erwarteten Zeit scheitert oder längere Zeit in Anspruch nimmt und man ungeduldig wird. Allerdings ist mir nicht klar, wie man in


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diesem Zusammenhang mit dem Instrument einer Volksabstimmung umgehen sollte. Wenn man sagt, dass man eine Volksbefragung abhalten will und das in der Hand des Nationalrates liegt, wo man auch in der Fragestellung ein bisschen flexibler ist, dann ist das ein anderes Thema. Wenn die Volksabstimmung aber hier als unerlässliche Vor­aussetzung einer Zustimmung hochstilisiert wird, dann wäre es für uns eine wichtige Entscheidungsgrundlage, zu wissen, was damit tatsächlich gemeint sein soll. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Kainz.)

15.54

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Kollege Boden! Wir haben jetzt nur noch ungefähr 6 Minuten, bis die Dringliche aufgerufen wird. Daher frage ich Sie: Reicht diese Zeit für Ihre Ausführungen? (Bundesrat Boden bejaht dies.) – Diesfalls erteile ich Ihnen das Wort.

 


15.54

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Staatssekre­tär! Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte die Aussage des Kollegen Pührin­ger nicht hier im Raum stehen lassen, dass jeder die Pensionsreform braucht und sie jeder verlangt.

Herr Kollege Pühringer, denken Sie nur zurück: Bundeskanzler Schüssel hat vor der Nationalratswahl behauptet, die Pensionen seien auf Jahre gesichert. – Heute aber verlangt jeder eine Pensionsreform!

Ebenso, Herr Kollege Ager, kann ich mich der Ansicht nicht anschließen, dass man je­mandem, nur weil er Tiroler ist, alles glauben kann! Ich meine auch, dass Herr Verteidi­gungsminister Platter ein sehr kompetenter Mann ist. Ich glaube aber nicht, dass man ihm nur deshalb vertrauen kann, weil er Tiroler ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Keine Frage!

Geschätzte Damen und Herren! Wer sind wirklich die Gewinner dieser Pensionsre­form? (Ruf bei der ÖVP: Die Jungen!) Nein, falsch! Die Gewinner bei dieser Pensions­reform sind der Herr Finanzminister, die Banken und die Versicherungen. Letztere sind die alleinigen Gewinner dieses Pensionsreformgesetzes.

Noch eine Anmerkung: Was machen wir mit jenen Berufsgruppen, die nach dem 60. Lebensjahr ihren Beruf nicht mehr ausüben dürfen? Hat man sich diesbezüglich schon Gedanken gemacht? Was macht ein Pilot, der nach seinem vollendeten 60. Le­bensjahr nicht mehr fliegen darf, aber bis zum 65. Lebensjahr arbeiten muss? (Bundes­rätin Schicker: Kennst du die Aussagen von Kollegen Tancsits nicht?) Nein, ich kenne sie nicht! (Bundesrätin Schicker: Er hat gesagt: Es gibt ja andere Berufe im Touris­mus, die ein Pilot ergreifen kann! Er könnte etwa Fremdenführer oder Bademeister werden!)

Das einzige Mögliche wäre, dass Sie noch ein Gesetz beschließen, nach welchem man verlangt, dass niemand älter als 60 Jahre werden darf. Das ist die einzige Mög­lichkeit, die wir diesen Menschen bieten können.

Auch meiner Meinung nach trifft nicht zu, dass eine reine Beitragserhöhung alle Pro­bleme dieser Pensionsreform lösen wird. (Bundesrat Dr. Nittmann: Bleib am Boden, Boden!) Eine reine Beitragserhöhung kann nicht die Lösung sein! Die Tatsache, dass der Vizekanzler, der dieses Gesetz ursprünglich ausgearbeitet hat, dann einen Runden Tisch beim Bundespräsidenten braucht, der die Sozialpartner zur Diskussion einlädt, spricht allein für sich Bände! Genau das zeigt, was dieses Gesetz wirklich ist, nämlich ein Pfusch beziehungsweise ein Husch-Pfusch-Gesetz! (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.) Wenn wir jetzt sowieso bis zum Jahresende brauchen, um die Harmoni-


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sierung durchzuführen, dann hätten wir diese Harmonisierung auch schon im Vorhinein vornehmen können! (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.)

Lieber Kollege Steinbichler, ich weiß, dass all das sehr lustig ist, überhaupt wenn man diese Ihre Auffassung hat! Ich verstehe, dass man, wenn man als Landwirt ständig mit Tieren zu tun hat und dann über die Tiere stolpert, für dieses Amt nicht mehr nominiert wird, Herr Kollege Steinbichler! (Beifall bei der SPÖ.) Ich glaube, das spricht auch für sich. Ich würde mich diesbezüglich nicht so äußern!

Frau Kollegin Haunschmid! Wer in der FPÖ die Nummer eins ist, hat uns der Herr Lan­deshauptmann heute wieder ganz klar und deutlich vorgeführt. Auch wenn die ehema­lige Frau Vizekanzler eine Aussage gemacht hat, so war diese in letzter Instanz doch die Idee des Herrn Landeshauptmannes. Und so wird es auch in Zukunft sein! Auch wenn der Herr Vizekanzler behauptet, dass er in dieser Regierung immer Vizekanzler bleiben wird, wird das, glaube ich, genauso nicht der Fall sein. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Eine Bemerkung noch zu der Aussage „überfallsartig“. (Bundesrätin Haunschmid: Bei Ihnen sind immer noch Vranitzky und Klima wichtig!) – Frau Präsidentin! Ich glaube, ich werde es nicht schaffen mit 7 Minuten, wenn ich dauernd unterbrochen werde. (Anhal­tende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Dr. Nittmann: Jetzt aber schnell!)

Geschätzte Damen und Herren! Ein Punkt noch, der mir heute wirklich aufgefallen ist, das war die Aussage der Frau Bundesminister Rauch-Kallat. Sie versucht in jeder ihrer Argumentationen die Bundesbahnen mit ins Schiff zu nehmen. Ich glaube, die Privile­gien der Bundesbahner sind nicht dergestalt, dass alle mit 48 oder mit 53 Jahren in Pension gehen konnten, sondern – ich habe dies hier bereits öfters dargestellt – die Privilegien sind ganz woanders (Bundesrätin Haunschmid: Bei Klima, Vranitzky & Co!), nämlich dort, wo man Samstag, Sonntag, an Feiertagen, zu jeder Tages- und Nachtzeit und bei jeder Witterung im Dienste der Öffentlichkeit steht. (Beifall bei der SPÖ.)

16.01

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich unterbreche nunmehr die Verhand­lungen zum gegenwärtigen Tagesordnungspunkt.

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Finanzen betreffend Finanzierung des Bundesministers für Finanzen durch die Industriellenvereinigung über den Verein zur Förderung der New Eco­nomy und andere damit im Zusammenhang stehende Sachverhalte, die die poli­tische und rechtliche Verantwortlichkeit des Bundesministers für Finanzen Karl-Heinz Grasser betreffen (2075/J-BR/03)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zur Verhandlung der Dringlichen Anfrage der Bundesräte Professor Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Herrn Bundesminister für Finanzen.

Diese ist inzwischen allen Bundesräten zugegangen, daher erübrigt sich eine Verle­sung durch die Schriftführung.

 


Ich erteile Herrn Bundesrat Professor Konecny als erstem Anfragesteller zur Begrün­dung der Anfrage das Wort. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny – auf dem Weg zum Rednerpult –: Sind die Geschäftsordnungsfragen des Kollegen Stein­bichler geklärt? – Gut!)


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16.02

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Was immer Sie nachher in Ihren De­battenbeiträgen über unsere Dringliche Anfrage sagen werden – ich weiß schon, die Standardsätze lauten „unnotwendig“, „überflüssig“, „entbehrlich“ –, sie beschert diesem Haus immerhin den seltenen Genuss der Anwesenheit des Herrn Bundesministers. Er hätte sich in diesem Fall ja auch ein bisschen schwer getan, sich vom Herrn Staats­sekretär vertreten zu lassen, schließlich hat er ihm ja, um Befangenheitsgefühle oder
-eindrücke zu vermeiden, die Oberhoheit über Steuerverfahren und Finanzstrafverfah­ren im Haus übertragen. – Ich würde sagen, Herr Staatssekretär, passen Sie gut auf, was der Herr Minister antwortet, Sie werden es vielleicht in dieser Tätigkeit noch brauchen können.

Ich tue mir wirklich schwer mit diesem Thema, denn diese Lockerheit – der Herr Finanzminister hat sich ja auf seiner Homepage als „cool“ gepriesen oder preisen lassen –, also diese Art von Coolness und Lockerheit im Umgang mit fremdem Geld, das bereitet mir in höchstem Maße Unbehagen. Diese Methode, sich aus fremden Kassen politische Hilfestellung zu holen, die ja nicht nur der Herr Finanzminister praktiziert, gehört zu etwas, was im internationalen Bereich absolut unvorstellbar wäre.

Praktisch alle europäischen Staaten haben strenge, um nicht zu sagen, manchmal ge­radezu kasuistische Regelungen, um sicherzustellen, dass in der Demokratie ... (Bun­desrat Dr. Aspöck: Von der Frau Cresson haben Sie schon gehört?) – Bitte? Ich habe etwas gehört vom Herrn Berlusconi. Wollen Sie das dem Herrn Finanzminister vor­schlagen? Das ist ein Vorschlag! Wir machen einfach ein Gesetz Grasser: Was immer der Herr Finanzminister tut, ist juridisch korrekt, und wir reden nach seinem Ausschei­den aus dem Amt darüber weiter.

Wenn das Ihr Vorschlag ist, so greife ich ihn gerne auf. Es ist eine produktive Lösung, hat sich in unserem Nachbarland bewährt, aber ich glaube nicht, dass sie dem europäi­schen Rechtsstandard entsprechen würde. Stehen Sie zu Ihrem Vorschlag (Bundesrat Dr. Nittmann: Dann sind Sie bereit, Ihre Dringliche zurückzuziehen?), dann können wir vielleicht, wie Sie das heute getan haben, über eine Formulierung verhandeln!

Schauen Sie, der Herr Finanzminister ... (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Sie brauchen nicht so zu schreien, ich verstehe Sie auch bei geringerem Stimmmittel­einsatz. (Bundesrat Dr. Aspöck: Die Frau Cresson kennen Sie schon!) – Bitte? (Bun­desrat Dr. Aspöck: Die Sozialistin Cresson kennen Sie schon!) Wen kenne ich? (Bundesrat Dr. Aspöck: Die Sozialistin Cresson! Die ist freiwillig zurückgetreten!) Wer ist freiwillig zurückgetreten? Entschuldigen Sie, ich verstehe Sie sachlich nicht – das mag ja an mir liegen –, aber wahr ist, dass es in allen europäischen Staaten rechtliche Regelungen gibt, die eine solche selbst nur den Anschein einer Abhängigkeit hervor­rufende Situation vermeiden helfen.

In Österreich haben wir auf diesem Gebiet bedauerlicherweise keine gesetzlichen Regelungen. Und so ist es offensichtlich völlig selbstverständlich, wenn Mitarbeiter etwa der Bundeswirtschaftskammer beim Bundeskanzler, im Bundeskanzleramt ihren Dienst ausüben als gewissermaßen lebende Subventionen. (Bundesrätin Haun­schmid: Wer soll das sein?) So geschehen bei Bundeskanzler Schüssel. Die Frage ist, ob hier der Gesichtspunkt, da spart sich, falls die Leute wirklich notwendig sind, die Republik zwei Dienstposten, zu berücksichtigen ist oder ob man nicht vielleicht doch darüber nachdenken könnte, wessen Interessen solche Dienstnehmer primär in den Vordergrund stellen.

Nun gibt es den wahrhaft grotesken Fall – ich nehme an, dass das mit Ausnahme von literarischen Gesellschaften oder Gesellschaften, die dem Andenken bedeutender


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Künstler gewidmet sind, auch vereinsrechtlich ein absolutes Unikat ist – eines Vereines in Österreich, in dessen Vereinsstatut, also in einer Normregelung für den internen Dienstgebrauch, die Verdienste des Herrn Grasser um die New Economy gepriesen werden, woraus offensichtlich ein Vereinszweck, zwar wenig gemeinnützig, aber ziem­lich gemein und für die, die davon profitieren, auch ziemlich „nützig“, abgeleitet werden soll. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Dann findet sich die Industriellenvereinigung, von der natürlich jeder weiß, dass es eine ihrer Aufgaben ist, die beträchtlichen Mittel, über die sie aus den Mitgliedsbeiträgen ihrer Firmen verfügt, im Interesse ihrer Politik einzusetzen: mit Subventionen, mit Zur­verfügungstellung von Dienstnehmern – auch das hat es gegeben – und in diesem Fall – unverfänglich – mit einer Subvention, von der sich dann nach einiger Zeit her­ausstellt, wie hoch sie wirklich ist, damals also 2,4 Millionen Schilling, für jenen Verein zur Förderung der New Economy, der die Verdienste des Herrn Grasser bereits in seinem Vereinsstatut gebührend hervorhebt.

Es ist nicht mehr gerade wirklich neu, aber ich gebe zu, eine Homepage ist immerhin vor 25 Jahren noch relativ neu gewesen. Also man kann das irgendwie unter New Technology subsumieren, wenn man sie vor zwei Jahren eingerichtet hat und ein biss­chen hintennach ist. Was mit dieser Homepage, die nun wahrlich nicht der New Eco­nomy dient, sondern der Zurschaustellung von Kindheits- und Babybildern des nun­mehrigen Herrn Finanzministers, gefördert wird, ist eine interessante Frage. Mit Sicher­heit nicht die New Economy!

Wenn die Aussagen des Generalsekretärs der Industriellenvereinigung stimmen – da müssten wieder Sie alle sehr aufpassen, denn damals war Grasser, glaube ich, noch Mitglied der Freiheitlichen Partei und hat sich noch nicht von der „Kronen Zeitung“ beim Unterschreiben der Austrittserklärung fotografieren lassen –: Er hat eine Politik betrie­ben, die uns sehr gefallen hat!, dann ist wohl eher das Wort „Honorar“ zulässig. Jeden­falls wurden diese Mittel dem Verein übergeben, der natürlich völlig autonom ist, denn der Herr Matthias Winkler, der Vereinsobmann ist, hat ja mit dem Herrn Finanzminister überhaupt nichts zu tun, außer dass er sein Kabinett leitet. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Dieser Verein gestaltet nun eine Homepage. Ich will mich in die Diskussion darüber, ob diese Homepage 25 000 bis 30 000 € kosten darf, was den Marktpreisen entspräche, oder den Gesamtbetrag von 175 000 € und was, wenn sie den Marktpreis gekostet hat, der Verein mit den restlichen rund 150 000 € gemacht hat, gar nicht einlassen. Das ist eine zweite Frage. Der Verein ist mit Sicherheit in seiner internen Gebarung kein Ge­genstand der Vollziehung des Bundes, auch dann nicht, wenn er eine Homepage für den Finanzminister gestaltet.

Fragen kann man aber, was es mit dem Finanzminister auf sich hat, der auf der einen Seite durch diesen Betrag gewissermaßen für seine Politik belobigt wird und der es für politisch wichtig hält, dass man den Finanzminister auch auf Bildern, die ihn als Kind und Jugendlichen zeigen, betrachten kann – das ist ja noch nicht so lange her –, als ob das irgendetwas über die New Economy oder über die Politik der Bundesregierung aussagen würde. (Bundesrätin Haunschmid: Bei Ihnen ist das schon länger her!) Na, ganz klar, bei mir ist das mit den Babybildern schon länger her. Das gebe ich freimütig zu. (Bundesrätin Haunschmid: Es gibt welche, die jung anfangen, und welche, die als Mumie aufhören!) Ja, ja. – Entschuldigen Sie, haben Sie jetzt gesagt, es gibt welche, die als Mumie aufhören, und welche, die jung aufhören? Wissen Sie etwas über den Herrn Finanzminister? (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid.) Nein, nein, ich interpretiere Sie nur. Dieses Recht darf ich mir herausnehmen. Wer als Politiker etwas sagt, muss davon ausgehen, dass es verstanden wird.


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Da bin ich jetzt wieder beim Herrn Finanzminister, der zugegebenermaßen um einiges interessanter ist. Auch er hat etwas gesagt, was in hohem Maße charakteristisch ist. Er hat sich ins Fernsehen gestellt und hat gesagt, in dieser Angelegenheit sei sein Gewissen rein. Das glaube ich ihm aufs Wort. Wenn man einen Gegenstand so selten gebraucht, muss er ja rein bleiben. Er ist ja fast unverwendet. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Der Herr Finanzminister hält das für völlig korrekt. Er hat sich ein Gutachten machen lassen, das er heute veröffentlicht hat. Da hat er wieder gesagt, er hat ein absolut ruhiges Gewissen in diesem Fall. Das sagt auch nichts, es rührt sich halt nicht. Wenn das Gewissen ruhig ist, sagt das ja nichts über den Zustand aus. Es rührt sich nicht. Sie haben es klein gehalten. Also heute hat er kein reines, sondern ein ruhiges Ge­wissen, und er meint, dass weder Einkommensteuer- noch Schenkungssteuerpflicht besteht. Das wird zu beurteilen sein.

Das Gutachten, Herr Bundesminister, ist ganz offensichtlich nach Ihrem Geschmack ausgefallen, die Homepage, die Website irgendwie nicht, denn die wurde gewisser­maßen politisiert. Also die Privatfotos wurden eliminiert, all die rührenden Worte über Ihre Coolness sind verloren gegangen, sie wurden gestrichen. Darauf angesprochen haben Sie gemeint, das sei kein Schuldeingeständnis, es sei normal, weil es sich um ein lebendiges Gebilde handle.

Also jetzt bin ich ja nicht der größte Experte der EDV, aber „lebendiges Gebilde“ heißt ja wohl nicht, dass sich Homepages automatisch und aus sich selbst heraus verän­dern. Da muss ja irgendjemand sagen: Das streichen wir jetzt. Also wer war das? Der Verein? Die Industriellenvereinigung? Sie? Oder läuft es doch mit einem eingebauten Selbstzerstörungs-Chip nach Fristablauf? Bilder, die älter sind als 15 Jahre, zeigt die Homepage nicht. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Tatsache ist, dass Sie diese Mittel verwendet haben, um sie in einer sehr personenbe­zogenen politischen Werbung einzusetzen. Politische Werbung ist legitim, wenn der, der die Werbung betreibt, auch die Mittel dafür aufbringt. Regierungsparteien und Regierungsmitglieder haben in dieser Hinsicht besonders penibel zu sein, weil hier das Amt so knapp neben der Person des Politikers liegt.

Herr Bundesminister! Wie immer das steuerrechtlich zu beurteilen ist – darüber zu spekulieren ist nicht meine primäre Aufgabe –, jedenfalls haben Sie diese Grenze zwi­schen dem Politiker und dem Finanzminister der Republik in einer riskanten und gefährlichen Weise verletzt, und Sie haben sich damit dem durchaus verständlichen Vorwurf ausgesetzt, Sie könnten dort, wo es auf Sauberkeit und Präzision ankommt, nicht in ausreichendem Maße trennen.

Ihre ganze Reaktion seit Bekanntwerden dieser Affäre ist in derselben Richtung zu interpretieren: Sie haben offensichtlich überhaupt nicht verstanden, was der Inhalt der Vorwürfe ist, die Ihnen gemacht werden. Geld anzunehmen für eine personenbezo­gene politische Werbung ist ein Sachverhalt, der zumindest deutlich gemacht werden muss. Also wenn da über Ihrer Webpage „gesponsert von der Industriellenvereinigung“ stünde, vielleicht auch noch mit dem Betrag versehen, dann ist das zwar immer noch merkwürdig, aber es informiert zumindest den Bürger, womit er sich hier in Kontakt begibt.

Diese Vorgangsweise, eine halb offizielle, halb persönliche Website, finanziert zu Lasten Dritter, ist in der Demokratie unsauber und unerträglich.

Die steuerrechtliche Prüfung maße ich mir nicht an – es geht nicht darum, Gutachten gegen Gutachten in den Kampf zu schicken, dafür gibt es einschlägige Organe und Bestimmungen, nach denen der Sachverhalt zu beurteilen sein wird –, ich gebe aller-


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dings zu, dass mich die Argumentationskette von Professor Doralt sehr beeindruckt hat, insbesondere auch der Hinweis darauf, dass Sie vermutlich aus dem Schneider sind, weil jene von Ihnen angekündigte und angeblich auch weitergeleitete umfang­reiche Sachverhaltsdarstellung rechtlich natürlich nichts anderes darstellt als eine Selbstanzeige bei der Finanzstrafbehörde, die, sofern die Erhebungen noch nicht be­gonnen haben, natürlich strafbefreiend wirkt. Man kann das nennen, wie man will, aber vom rechtlichen Gehalt her haben Sie eine Selbstanzeige erstattet, was nicht gerade elegant ist, aber Ihnen vermutlich die Strafkonsequenzen erspart.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang darauf verweisen, dass die sozialdemokra­tische Bundesratsfraktion am heutigen Tag direkt an die Adresse des Nationalrates einen Gesetzesantrag eingebracht hat, der – zugegebenermaßen aus aktuellem An­lass, aber keineswegs als gegen Sie persönlich gerichtet zu verstehen – eine Novellie­rung des Unvereinbarkeitsgesetzes für Oberste Organe und öffentliche Funktionäre durch Hinzufügung eines neuen § 3a vorschlägt. Dieser § 3a soll klarstellen, dass Mit­glieder der Bundesregierung und Staatssekretäre während ihrer Amtstätigkeit keine Geschenke annehmen dürfen, welche im Wert die Bagatellegrenze übersteigen, dass Ehrengeschenke, die bei Staatsbesuchen oder ähnlichen Gelegenheiten überreicht werden, ins Eigentum des Ressorts übergehen und dass – und das erscheint mir eben­falls wichtig – Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretäre weder für sich noch für ein Ministerium die unentgeltliche Zurverfügungstellung von Personalressourcen in Anspruch nehmen dürfen.

Für die anderen Obersten Organe des Bundes, nämlich jene, die während ihrer Amts­tätigkeit keinen Beruf mit Erwerbsabsicht ausüben dürfen, wären nach diesem Vor­schlag, den ich Sie in aller Sachlichkeit zu prüfen ersuche, angenommene Geschenke, die im Wert die Bagatellegrenze übersteigen, dem Unvereinbarkeitsausschuss des Nationalrates zu melden, der seinerseits dem Nationalrat darüber zu berichten hätte.

Das wäre eine Lösung, die in etwa dem europäischen Standard entspräche, die Sauberkeit in diesem Bereich garantieren würde und die außerdem sicherstellt, dass diese Verquickung von Wirtschaft und Politik, von Geld und Politik in diesem Land nicht Platz greifen kann.

Herr Bundesminister! Wie gesagt, wir haben Sie mit einer Dringlichen Anfrage konfron­tiert, in der wir – sehr im Detail, das gebe ich zu – versuchen, Klarheit in diesem Sach­verhalt zu schaffen.

Ich habe nicht die Absicht, hier mit Pauschalverdächtigungen oder mit Unterstellungen zu operieren. Sie werden gut daran tun, diese Fragen so detailliert zu beantworten, wie sie gestellt sind, wenn Sie jenem ziemlich schiefen Licht, in das Sie in der letzten Woche geraten sind, einigermaßen entgehen wollen.

Mit bloßen Versicherungen, Sie seien sich bewusst, nichts Falsches getan zu haben, Sie hätten ein ruhiges oder ein reines Gewissen, kommen Sie aus dieser Sache nicht heraus. Sie müssen Farbe bekennen und Sie müssen gewärtigen, dass Ihre Verbin­dungen zu Wirtschaftskreisen und zu bestimmten Personen damit in einer Art und Weise und in einer Intensität in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt sind, die noch Stoff für viele weitere politische Auseinandersetzungen und für viele weitere Dringliche Anfragen bietet.

Sie sollten sich darüber im Klaren sein, dass Sie Ihrer Stellung als Bundesminister dieser Republik und keinen anderen Interessen verpflichtet sind. Verhalten Sie sich dementsprechend! (Beifall bei der SPÖ.)

 


16.21


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697. Sitzung / Seite 109

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zur Beantwortung hat sich der Herr Bundesminister für Finanzen Mag. Grasser zu Wort gemeldet. – Herr Bundesminister, bitte.

 


16.21

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrte Frau Präsi­dent! Hoher Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich sehr herzlich bedanken. (Bundesrat Gasteiger: Für die Dringliche!) Ich hatte in der letzten Woche dreimal die Gelegenheit, Dringliche Anfragen vor dem Nationalrat zu beantwor­ten. Ich glaube, dass es dort sehr gut gelungen ist, darzustellen, mit welch lächerlichen Argumenten da einerseits argumentiert wird und mit welch unfassbaren, inkriminieren­den und völlig haltlosen Unterstellungen auf der anderen Seite gearbeitet wird. (Bun­desrat Konecny: Oh, oh!)

Ich bedanke mich dafür, dass ich die Möglichkeit habe, auch vor dem Bundesrat sehr klar zu beweisen, dass es überhaupt keine Basis für diese absurde Kritik gibt, sondern ganz im Gegenteil meine Amtsführung in jeder Phase und mit jeder Handlung völlig korrekt war und es auch in Zukunft selbstverständlich sein wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube vielmehr, dass auch immer klarer wird, dass es hier ganz offensichtlich durchaus um eine Auseinandersetzung geht, die von so man­chem Strategen in den Parteizentralen losgetreten worden ist, weil man hier einen Stellvertreterkrieg führen will: Auf der einen Seite steht eine sehr erfolgreiche öster­reichische Bundesregierung, die es geschafft hat, innerhalb der ersten 100 Tage zwei Budgets, eine Pensionssicherungsreform und eine Gesundheitsreform vorzulegen, eine Verwaltungsreform fortzusetzen und die erste Etappe einer Steuerreform vorzu­legen, womit unser Versprechen, Entlastung beginnt mit dem 1. Jänner 2004, auch tatsächlich umgesetzt wird.

Meine Damen und Herren! Es steht also auf der einen Seite eine Bundesregierung, die ganz klar Kompetenz beweist, und auf der anderen Seite eine Opposition, die leider Gottes nein zur Sacharbeit sagt, aber ja zur Parteipolitik, ja zur Polemik und ja zu einer Kampagne gegen meine Person, die auf einem Niveau geführt wird, das ich der politischen Opposition nicht zugetraut hätte.

Ich darf Ihnen sagen: Weder ich selbst noch die österreichische Bundesregierung wird sich von dieser Kampagne beirren lassen. Wir werden ganz konsequent unseren erfolgreichen Weg für Österreich weitergehen. Wir werden diese gute Arbeit für den Wirtschaftsstandort, für den Arbeitsstandort, für mehr Beschäftigung in Österreich, für Entlastung fortsetzen und damit auch das Vertrauen der österreichischen Bevölkerung behalten.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich vielleicht mit tatsächlichen Berichtigungen beginnen. Der Herr Professor Konecny war – so meine ich in der Tonalität herausge­hört zu haben – in seiner Begründung vorsichtiger, als es im schriftlichen Text den Anschein hatte. Ich möchte trotzdem sagen: Es wurde in der schriftlichen Anfrage be­hauptet, dass ich in der Beantwortung von Dringlichen Anfragen im Nationalrat einer­seits und einer schriftlichen Anfrage im Bundesrat andererseits die Unwahrheit gesagt hätte. – Ich betone: Selbstverständlich wurde jede dieser Fragen aus meiner Sicht völlig korrekt und natürlich der Wahrheit entsprechend beantwortet, und genauso werde ich freilich auch heute vorgehen.

Meine Damen und Herren! Zur Anfrage – Professor Konecny hat auch darauf hinge­wiesen –: Da es mir natürlich wichtig ist, jeden Interessenkonflikt zu vermeiden, da ich also nicht einmal den Anschein erwecken möchte, in irgendeiner Frage quasi als oberster Finanzbeamter auch nur im leisesten zu intervenieren, mit meinen Behörden in meiner eigenen Sache in Kontakt zu treten, habe ich am Freitag all die Agenden im


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Zusammenhang mit den steuerlichen Angelegenheiten des Vereins zur Förderung der New Economy an den Staatssekretär Alfred Finz delegiert, damit hier ganz klar und transparent Verantwortung zugeordnet ist und die Finanzbehörden auch unabhängig ermitteln können.

Ich möchte zu den Fragen 1 bis 9, 16 bis 19 und zur letzten Frage, zu Frage 24 – gemeint dürfte allerdings wohl die Frage 26 sein –, was das Interpellationsrecht betrifft, Folgendes ausführen:

Offensichtlich haben Sie, Herr Professor Konecny, das selbst auch so gesehen, weil Sie in Ihrer Begründung schon darauf hingewiesen haben, dass der Verein kein Ge­genstand der Vollziehung ist (Bundesrat Konecny: Nein! Das Vereinsstatut, habe ich gesagt, Herr Minister!); das heißt, Sie nehmen mir meine Antwort vorweg. Da Sie Fragen gestellt haben, die offensichtlich nicht Gegenstand der Vollziehung sind, kann ich Ihnen auch die Fragen 1 bis 9, 16 bis 19 und 24 – gemeint ist offensichtlich 26 – nicht beantworten. (Bundesrat Konecny: Das ist aber sehr verräterisch!)

Ich darf dazu ausführen, dass sich die verfassungsrechtliche Grundlage des Interpella­tionsrechtes – wie Sie sicherlich wissen – in Artikel 52 Abs. 1 Bundes-Verfassungsge­setz wieder findet, dort normiert ist und unter anderem besagt, dass der Nationalrat und der Bundesrat befugt sind, die Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprü­fen und deren Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen sowie alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen.

In Absatz 3 wird festgelegt, dass die nähere Regelung hinsichtlich des Fragerechts durch das Bundesgesetz betreffend die Geschäftsordnung des Nationalrates sowie durch die Geschäftsordnung des Bundesrates getroffen wird. Hinsichtlich des Umfan­ges des Fragerechts legen § 90 der Geschäftsordnung des Nationalrates und § 24 der Geschäftsordnung des Bundesrates fest, dass dem Fragerecht insbesondere Regie­rungsakte sowie Angelegenheiten der behördlichen Verwaltung oder der Verwaltung des Bundes als Träger von Privatrechten unterliegen, womit klargestellt ist, dass auch die gesamte Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes vom Fragerecht umfasst ist.

Daraus ist umgekehrt der Schluss zu ziehen, dass alle Fragen, die im Zusammenhang mit der Homepage des Vereines zur Förderung der New Economy stehen, weder Ge­genstand der Vollziehung noch der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes sind und daher eben nicht vom Fragerecht gemäß § 24 der Geschäftsordnung des Bundesrates umfasst sind. Daher bitte ich nochmals um Verständnis dafür, dass ich diese Fragen aus diesem Grund auch nicht beantworten kann. (Bundesrat Schennach: Würden Sie bitte wiederholen, welche Fragen Sie nicht beantworten? Sie haben da so eine Schnellredeübung gemacht! – Bundesrat Konecny: Er soll sagen, welche Fragen er beantwortet!)

Ich beantworte nicht die Fragen 1 bis 9, nicht die Fragen 16 bis 19 und nicht die Frage 24, wobei offensichtlich die Frage 26 gemeint sein dürfte. – Die Nummerierung der Fragen ist nicht ganz konsistent.

Wenn Sie Zweifel an dieser Auslegung der Interpellation haben, darf ich gerne auch auf Dr. Peter Pointner, Klubsekretär der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion, ver­weisen, der in einer Broschüre genau diese Ausführungen darlegt, die ich jetzt sinnge­mäß wiedergegeben habe. Es sollte daher auch über die Parteigrenzen hinweg klar sein, dass das nicht der Interpellation des Bundesrates unterliegt.

Was die Frage 10 betrifft, darf ich wie folgt antworten:

Nach § 48f Abs. 2 Z 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 sind Mitarbeiter im Kabinett eines Bundesministers, sofern sie Beamte sind, vom Großteil der einschrän­kenden Dienstzeitbestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes aus 1979 inso-


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weit ausgenommen, als diese den Besonderheiten der Tätigkeit im Büro eines Bundes­ministers zwingend entgegenstehen. Das bedeutet also, dass sie keinem fixen Dienst­plan unterliegen. Somit ist auf diese Bedienstete auch nicht die generelle Dienstzeit­regelung des Ressorts anwendbar.

Das bedeutet, wie ich schon in meiner Beantwortung der Dringlichen Anfrage im Natio­nalrat am 17. Juni 2003 dargelegt habe, dass die Mitarbeiter meines Büros ihre Arbeitsleistung je nach Arbeitsanfall erbringen und nicht zu bestimmten Uhrzeiten. Diese Regelungen unterscheiden sich nicht von jenen meiner Amtsvorgänger oder jenen, die in anderen Ministerbüros in Geltung stehen.

Weiters habe ich bei der erwähnten Anfragebeantwortung dargelegt, dass es die Auf­gabe meiner Mitarbeiter ist – das ist selbstverständlich in jedem politischen Kabinett –, politische Arbeit zu leisten. Auch darin unterscheidet sich mein Büro nicht von jenem meines Vorgängers beziehungsweise von anderen Ministerbüros.

Wie mir berichtet wird, haben auch meine Amtsvorgänger derartige Briefe beziehungs­weise Autogrammkartenwünsche, auf die Sie in Ihrer Anfrage reflektieren, beantwortet. Ich habe mir sogar ein paar Exemplare besorgt. Sie sehen, es gibt Autogrammkarten von Rudi Edlinger, von Andreas Staribacher, es gibt selbstverständlich auch eine von Ferdinand Lacina, und es gibt auch eine von mir. (Bundesminister Mag. Grasser hält einige Autogrammkarten von österreichischen Finanzministern in die Höhe. – Allge­meine Heiterkeit. – Ruf bei der ÖVP: Der Fescheste! – Bundesrätin Roth-Halvax: Der Edlinger ist nicht so fesch!) Rudi Edlinger ist hier mit etwas Weichzeichner dargestellt. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Ich darf dahingestellt lassen, wie zahlreich die Anfragen bei den einzelnen Ministern waren. Selbstverständlich wurde bei jedem anderen Minister die Antwort auch mit der Dienstpost abgefertigt.

Meine Damen und Herren! Ich möchte einfach realistisch und ohne jede Kleinkariert­heit auf Folgendes hinweisen: Ich bin der Überzeugung, dass niemand in der Bevölke­rung ein Autogramm von Karl-Heinz Grasser persönlich haben will, sondern er will eines vom Bundesminister für Finanzen. Daher sollte man jetzt auch nicht zu zerlegen anfangen, woher das angefragt wird und wer es tatsächlich bezahlt.

Meine Damen und Herren! Ob die Post über Fax, über E-Mail oder mittels Briefes oder wie auch immer kommt: Von mir wird das so gehandhabt wie in der Vergangenheit auch. Bei solchen Dingen mit einer Kriminalisierung anzufangen entbehrt einfach wirk­lich jeder Grundlage und zeugt meines Erachtens von einem traurigen, klein karierten Niveau der Debatte. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Sofern der Vorwurf hier gemacht wurde, möchte ich selbstverständlich den Verdacht auf Amtsmissbrauch auf das Allerschärfste zurückweisen. Niemals in meiner Zeit ist es vorgekommen oder wird es vorkommen, dass ein solches Verdachtsmoment auch nur irgendwo eine Basis haben könnte.

Was die Fragen 11 und 12 betrifft, so darf ich wie folgt antworten:

In meinem Büro sind mit Stand 1. Juni 2003 13 Personen und im Büro des Herrn Staatssekretärs Dr. Finz 7 Personen beschäftigt, wobei wir Bürohilfskräfte in diesen Zahlen nicht mitgerechnet haben.

Für diese in meinem Büro tätigen Personen sind Planstellen mit folgender besoldungs­rechtlicher Wertigkeit gebunden: eine Planstelle A 1.7, vier Planstellen A 1.6, zwei Planstellen A 1.4, zwei weitere Planstellen A 2.4, drei Planstellen A 3.4. Eine Person ist im Rahmen eines Werkvertrages tätig, wobei auf Grund der geringfügigen Beschäfti­gung keine Planstellenbindung erfolgte.


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Im Büro des Staatssekretärs Dr. Alfred Finz stellt sich die Situation wie folgt dar: drei Planstellen A 1.4, drei Planstellen A 2.4, eine Planstelle A 3.5. Bei einem Mitarbeiter, der auf Werkvertragsbasis tätig ist, erfolgte keine Planstellenbindung, ebenfalls auf Grund der geringfügigen Beschäftigung.

Zur Frage 13, der Frage nach den Überstundenregelungen:

In meinem Büro erhalten drei Personen ihre Überstunden pauschal abgegolten, zwei Personen rechnen ihre Überstunden einzeln ab. Bei allen anderen Angehörigen meines Büros erfolgt keine Überstundenabgeltung, weil ihr Bezug ein All-in-Bezug ist.

Im Büro des Herrn Staatssekretärs stellt sich die Situation so dar, dass fünf Personen Einzelüberstunden-Abrechnungen legen, bei den anderen liegen wiederum All-in-Be­züge vor.

Zur Frage 14:

Fünf Mitarbeiter meines Büros beziehungsweise im Büro von Staatssekretär Dr. Alfred Finz sind auf Grund von Arbeitsleihverträgen mit der Arbeitskräfteüberlassungs-Firma flexwork und fünf auf Grund von Arbeitsleihverträgen mit der Firma Manpower beschäf­tigt. Ein Mitarbeiter ist auf Grund eines Arbeitsleihvertrags mit dem Bildungswerk der Industrie in meinem Büro beschäftigt, selbstverständlich wird das aber voll bezahlt.

An Kosten fielen für diese Verträge im Zeitraum Juni 2002 bis Mai 2003 859 808 € an. Im Jahr 2000 beliefen sich die Kosten beider Büros zusammen auf 1 250 000 €. – Ich weise deshalb darauf hin, weil es hier einen Erhebungsbericht für den Rechnungshof­unterausschuss vom Juni des Jahres 2001 gibt und damit sozusagen auch eine objek­tivierte Information vorliegt.

Ich darf hinzufügen, dass diesem Erhebungsbericht auch zu entnehmen ist, dass sich die Kosten für das Büro meines Amtsvorgängers beziehungsweise des ihm zugeteilten Staatssekretärs im Jahr 1999 auf insgesamt 1 642 000 € beliefen, was doch sehr deut­lich höher ist! (Ah-Rufe bei der ÖVP.)

Da ich gerade bei Vergleichen bin: An anderer Stelle wurden zum Beispiel auch Reprä­sentationsausgaben hinterfragt. Man hat uns diesbezüglich vorgeworfen, nicht spar­sam mit dem Geld des Steuerzahlers umzugehen. Ich glaube, dass das auch für den Bundesrat eine durchaus wesentliche Information ist.

Meine Damen und Herren! Es wurde in den Jahren 2000, 2001 und 2002 – also in knapp drei Jahren Bundesminister Grasser und Staatssekretär Alfred Finz – in etwa so viel ausgegeben wie in einem Jahr Rudolf Edlinger, nämlich 1998. (Beifall und Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Man sieht also, dass wir sehr sparsam mit dem Geld des Steuerzahlers umgegangen sind.

Ich möchte auch zu unseren Werbungskosten und unseren Werbeaufwendungen einen Vergleich bringen, da man gesagt hat, sie wären zu hoch: Die Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit in der Verantwortung Rudolf Edlinger betrugen 1998 knapp über 3 Millionen €, die Ausgaben des BMF in meiner Verantwortung im Jahr 2002 beliefen sich ebenso auf knapp über 3 Millionen €. – Das heißt, man kann wirklich nicht davon sprechen, dass die Werbeaufwendungen und die Aufwendungen für Öffentlichkeits­arbeit in meiner Zeit beziehungsweise der von Staatssekretär Finz ein höheres Aus­maß angenommen hätten, als das bei Rudolf Edlinger der Fall war.

Ich darf in Bezug auf die Frage 14 noch auf diverse Anfragebeantwortungen im Natio­nalrat verweisen, zum Beispiel auf die Nummer 3397/J vom 13. Februar 2002, auf die Nummer 2336/J vom 5. April 2001, auf die Nummer 2102/J vom 12. März 2001 und auf die Nummer 1746/J vom 18. Jänner 2001. Sie sehen, es hat eine Reihe von schrift-


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lichen Anfragen hiezu gegeben, die sich mit dieser Thematik auseinander gesetzt haben.

Zur Frage 15:

Es nimmt ein Mitarbeiter meines Büros einen Lehrauftrag an der Wirtschaftsuniversität Wien wahr. Eine Bedienstete übte vor ihrer Tätigkeit im Büro eine Nebenbeschäftigung aus, die sie zwischenzeitlich ruhend gestellt hat. Ein weiterer Mitarbeiter betreute im Wintersemester 2002 eine Blocklehrveranstaltung am Managementcenter Innsbruck – zwei Halbtage, Lehrauftrag: Tourismus- und Freizeitwirtschaftsrecht. Der Lehrauftrag stammte noch aus der Zeit seiner Tätigkeit im Staatssekretariat für Tourismus. Für dieses Semester ist diesbezüglich keine Lehrveranstaltung vorgesehen.

Zur Frage 20:

Es wurden seitens des Bundesministeriums für Finanzen insgesamt zwei Aufträge an die Firma Hochegger vergeben. Beide Aufträge wurden gemäß den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes öffentlich ausgeschrieben.

Der Auftrag an die Firma Hochegger im Jahr 2001 waren im Gegenstand die Beratung des BMF bei der Information der Öffentlichkeit über finanz- und wirtschaftspolitische Maßnahmen sowie Maßnahmen zur Budgetsanierung, weiters die Planung und Umset­zung eines Kommunikationskonzeptes unter Einbeziehung internationaler Fallbei­spiele, um die Bevölkerung über die Notwendigkeit, Ziele und Auswirkungen der von der Regierung getroffenen Maßnahmen zu informieren, sowie eine begleitende Kom­munikationsberatung bei der Umsetzung aller Maßnahmen. Die Kosten des Auftrags beliefen sich auf 137 800 € inklusive Umsatzsteuer.

Der zweite Auftrag an die Firma Hochegger erging im Jahre 2002. Es war dies die Initiative „Wir haben Zukunft! Gemeinsam zum Erfolg“ – eine Initiative für Klein- und Mittelbetriebe in Österreich. Das ist eine Informations- und Kommunikationskampagne, sie ist Teil einer Informationsoffensive zur Abdeckung der berechtigten Informationsbe­dürfnisse der Bevölkerung über getroffene oder noch zu treffende Maßnahmen und Vorhaben des Bundesministeriums für Finanzen und damit auch der Bundesregierung.

Leistungsgegenstand waren die Beratung des Bundesministeriums für Finanzen in kommunikationsstrategischen Fragen zu für Klein- und Mittelbetriebe relevanten wirt­schaftspolitischen Themen, das Einbringen von fachlichem Know-how über die spezifi­schen Informationsbedürfnisse der Klein- und Mittelbetriebe in Österreich in das zu entwickelnde Konzept der Informations- und Kommunikationskampagne, einschließlich der Sicherung der Qualität und Umsetzbarkeit dieses Konzeptes.

Das Einbringen von fachlichem Know-how im Bereich Planung, Konzeption und Durch­führung von Informations- und Kommunikationskampagnen und PR-Aktivitäten ein­schließlich der Sicherung der erforderlichen Qualität des Projektablaufs, die Durchfüh­rung der erforderlichen Maßnahmen zur erfolgreichen Umsetzung der geplanten Infor­mations- und Kommunikationskampagne wie beispielsweise organisatorische Tätigkei­ten, redaktionelle Arbeiten sowie eine abschließende Dokumentation der Ergebnisse waren ebenfalls Leistungsgegenstand, außerdem die Koordination der verschiedenen Maßnahmen der Informations- und Kommunikationskampagne sowie der beteiligten Akteure im Rahmen eines professionellen Projektmanagements.

Die Leistung war dabei in fünf wesentliche Arbeitspakete strukturiert:

erstens: Planung und Konzeption dieser Informations-, Kommunikationskampagne;

zweitens: Identifikation und Erstkontakt der Zielgruppe;


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drittens: Planung, Durchführung eines österreichweiten Dialoges mit dieser Zielgruppe Klein- und Mittelbetriebe;

viertens: Durchführung begleitender kommunikativer Maßnahmen;

fünftens: Dokumentation der Ergebnisse.

Der Budgetrahmen von 2 Millionen € exklusive Umsatzsteuer ist nicht ausgeschöpft worden. Tatsächlich bezahlt wurden 1,8 Millionen € exklusive Umsatzsteuer.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auf andere Kampagnen verweisen, meine Damen und Herren, zum Beispiel auf eine von Caspar Einem, die damals unter seiner Verantwortung eine Größenordnung von knapp 3 Millionen € ausgemacht hat.

Ich möchte darauf hinweisen, dass wir in dieser Kampagne nichts anderes tun wollten, als jene einzubinden, die eine ganz wichtige Rolle im Sinne eines Rückgrates der österreichischen Wirtschaft spielen. Das heißt, wir müssen uns einfach darüber im Klaren sein, dass die Klein- und Mittelbetriebe in Österreich jene Betriebe sind, die Beschäftigung sichern, die einen Großteil der Wertschöpfung erwirtschaften und auch einen Großteil der Steuern zahlen.

Ich denke, viele von uns reden über Klein- und Mittelbetriebe, aber nur wenige haben tatsächlich Klein- und Mittelbetriebe direkt und konkret gefragt. Bisher war es noch nie der Fall, dass Klein- und Mittelbetriebe in die Erstellung einer wirtschafts- und finanz­politischen Programmatik für genau diese Klein- und Mittelbetriebe eingebunden wur­den.

Mit dieser Kampagne, meine Damen und Herren, haben wir 240 000 Klein- und Mittel­betriebe, 240 000 Unternehmerinnen und Unternehmer angesprochen. Es war die erste und größte Kampagne, die es für Klein- und Mittelbetriebe jemals in Österreich gab. (Beifall bei der ÖVP.) Und es ist daraus eine ganz klare Konzeption dafür, wie wir den Klein- und Mittelbetrieben helfen können, entstanden.

Ich möchte darauf hinweisen – und zwar wirklich stolz darauf hinweisen –, dass wir uns in der Umsetzung dieser Konzeption befinden. Meine Damen und Herren! Es wurde im Rahmen der Kampagne gesagt: Senkt bitte die Lohnnebenkosten! – Die österrei­chische Bundesregierung hat mit dem Budgetbegleitgesetz, das Ihnen heute vorliegt, diesen Schritt, den man in der letzten Legislaturperiode begonnen hat, fortgesetzt: Senkung der Lohnnebenkosten um 140 Millionen €.

Zweiter Punkt: Es ist herausgekommen: Begünstigt endlich nicht entnommene Ge­winne, damit wir dieses Geld im Betrieb lassen können, investieren können, für For­schung und Entwicklung einsetzen können! – Eine langjährige Forderung der Klein- und Mittelbetriebe: Mit diesem Budgetbegleitgesetz, 1. Jänner 2004, erste Etappe der Steuerreform, wird das umgesetzt!

Meine Damen und Herren! Die ersten 100 000 € werden zum halben Durchschnitts­steuersatz besteuert, das gilt für Einzelunternehmen beziehungsweise Personengesell­schaften. Das heißt, die ersten 100 000 € zu 25 Prozent oder weniger. Und das ist etwas, mit dem wir für das Eigenkapital von Klein- und Mittelbetrieben eine ganz, ganz wichtige Leistung erbringen, sie krisensicherer machen und damit auch Expansions­möglichkeiten und die Möglichkeit, mehr Mitarbeiter zu beschäftigen, entsprechend erhöhen.

Dritter Punkt: Wir haben die 13. Umsatzsteuer-Vorauszahlung abgeschafft, etwas, das immer wieder aufgegriffen wurde. Die Leute haben gesagt: Ein Jahr hat auch in Öster­reich nur 12 Monate, warum sollen wir 13 Mal eine Umsatzsteuer-Vorauszahlung leis­ten?!


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Sie sehen, wir haben nicht nur eine Kampagne gemacht, wir haben nicht nur Klein- und Mittelunternehmer eingebunden, sondern wir sind mitten in der Umsetzung der Ergeb­nisse dieser Kampagne, ich glaube, sehr zum Vorteil des Wirtschafts- und Arbeits­standortes, sehr zum Vorteil der Klein- und Mittelbetriebe in Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Frage 21:

Diese umfassende Darstellung wurde bereits an die zuständigen Finanzämter über­mittelt.

Zur Frage 22:

Herr Professor Konecny hat in dieser Frage auch Dr. Doralt zitiert. Dazu darf ich aus­führen: Der Kommentar zum Finanzstrafgesetz von Reger/Hacker/Kneidinger in der dritten Auflage führt zur Bestimmung des § 29 Finanzstrafgesetz über die Selbstan­zeige Folgendes aus – ich darf zitieren –: Die Selbstanzeige ist die Darlegung eines Finanzvergehens durch den Täter. Und weiter heißt es – wieder Zitat –: Damit über­haupt von einer Selbstanzeige gesprochen werden kann, ist es erforderlich, dass die Zuwiderhandlungen gegen die Abgabenvorschriften der Behörde bekannt gegeben werden. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Ich betone, dass das, was Konecny ausgeführt hat, nämlich dass ich eine Selbstanzeige gemacht hätte, nicht richtig ist (Ruf bei der ÖVP: Schau, schau!), sondern meine umfassende Darstellung beinhaltet eine gutachterliche Beurtei­lung aller steuerlichen Aspekte im Zusammenhang mit der Erstellung und dem Betrieb der Homepage www.karlheinzgrasser.at durch den Verein zur Förderung der New Eco­nomy. Sie kommt in keiner Weise zum Ergebnis, dass eine Verkürzung von Abgaben vorliegt und beinhaltet in diesem Zusammenhang ein Ersuchen an die Finanzbehörden nach dem Auskunftspflichtgesetz. Sie ist daher keine Selbstanzeige, weder ausdrück­lich noch implizit.

Herr Professor Konecny, wenn Sie sagen, ich hätte Selbstanzeige erstattet, um mir die rechtlichen Konsequenzen zu ersparen, darf ich Ihnen Folgendes sagen: Das ist nicht notwendig, weil ich selbstverständlich als Bundesminister für Finanzen in steuerlichen Fragen – aber nicht nur in diesen, sondern auch in allen anderen – immer die größte Korrektheit gewährleistet habe, weil ich mir immer ganz sicher war, dass hier alles völlig in Ordnung ist. Aber trotzdem kann man natürlich die Vorwürfe, die erhoben wurden, wenn man einem Bundesminister für Finanzen vorwirft, Steuerhinterziehung betrieben zu haben, nicht im Raum stehen lassen. Daher war meine Überlegung: Wer kann als außenstehender, unabhängiger Experte die größte Glaubwürdigkeit in dieser Frage haben? Ich habe mich daher quasi an mein Pendant gewandt, an den obersten Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder, den es in Österreich gibt, an Herrn Dr. Brog­yányi, der zurzeit der Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in Österreich ist.

Ich habe ihm von der gesamten Sache, die er leider ohnehin schon gekannt hat, berichtet, und er hat gesagt, Ernst & Young, also seine Kanzlei, sei selbstverständlich bereit, diese Frage gutachterlich zu prüfen – als außenstehender, unabhängiger, objek­tiver Experte.

Meine Damen und Herren! Ich habe dieses Gutachten heute bekommen und darf Ihnen versichern, dass dieses Gutachten völlig eindeutig ist: Dieses Gutachten be­weist ganz klar und deutlich, dass es weder eine Einkommensteuerpflicht noch eine Schenkungssteuerpflicht von meiner Seite her gibt. Das heißt, dass alle steuerlichen Fragen von mir selbstverständlich immer völlig korrekt behandelt wurden.


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Daher liegt hier eine Selbstanzeige, selbst wenn Doralt es sagt, nicht vor, im Gegen­teil, die Vorwürfe der Steuerhinterziehung waren immer völlig absurd, sie waren abso­lut haltlos. Ich darf Ihnen versichern, dass auch der Verein, wie mir berichtet wurde, ein entsprechendes Gutachten in Auftrag gegeben hat, und auch dieses Gutachten wird demnächst vorliegen und der Öffentlichkeit vermittelt werden. (Bundesrat Gasteiger: Wer zahlt denn die Gutachten alle?)

Meine Damen und Herren! Mir ist es wichtig, dass auch im Bundesrat klargestellt ist – aus meiner Sicht ist es bewiesen –, dass hier steuerlich völlig korrekt gehandelt wurde. Ich glaube, ich habe am Beginn auch sehr klargemacht, dass ich Alfred Finz gebeten habe, den Kontakt mit den Finanzbehörden in dieser Frage zu wahren, damit nicht der leiseste Verdacht, von welcher Seite auch immer, aufkommt, was einen Interessenkon­flikt betrifft. Ich hoffe, dass mir die Steuerbehörden sehr rasch diese Rechtsauskunft geben werden, und bin mir sicher, dass die Prüfung nur eines ergeben kann, nämlich dass hier völlig korrekt und einwandfrei gehandelt wurde. – Dann hat sich der erste Vorwurf in Luft aufgelöst.

Ich darf dazusagen, meine Damen und Herren, dass ich genau die gleiche Sicherheit habe, was die anderen Vorwürfe betrifft – Amtsmissbrauch, verbotene Geschenkan­nahme und so weiter –, denn wenn in Vorwürfen keine Substanz enthalten ist, kann auch nichts herauskommen! Insofern hoffe ich, dass jene, die jetzt inkriminieren, dann die Größe haben werden, sich bei dem zu entschuldigen, gegen den man jetzt eine Kampagne in dieser Form führt. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Frage 23:

Die Kriterien für die Gemeinnützigkeit eines Vereins ergeben sich aus den Bestimmun­gen der Bundesabgabenordnung §§ 34 bis 47, die durch die Vereinsrichtlinien 2001 entsprechend ergänzt werden.

Zur Frage 24: „Welche Schenkungssteuerpflicht besteht bei Schenkungen in der Höhe von 174 418,8 €?“

Ich darf sie folgendermaßen beantworten: Die Höhe der für eine Schenkung von 174 418,8 € zu entrichtenden Schenkungssteuer richtet sich nach dem Verwandt­schaftsverhältnis zwischen Geschenkgeber und Geschenknehmer; wir unterscheiden hier zwischen den Steuerklassen I bis IV. In allen anderen Fällen kommt die Steuer­klasse V zur Anwendung. Vor der Anwendung des Steuersatzes kommt noch ein Frei­betrag zum Abzug, der in der Steuerklasse I 2 200 €, in der Steuerklasse V 110 € be­trägt.

Die Schenkungssteuer für den erwähnten Betrag ist in der Steuerklasse I 8 Prozent, in der Steuerklasse II 16 Prozent, in der Steuerklasse III 24 Prozent, in der Steuerklas­se IV 32 Prozent, in der Steuerklasse V 38 Prozent.

Ich kann mich, wenn ich den Anwendungsfall Ihrer Frage kenne, sehr gerne anbieten, Ihnen Ihre konkrete Schenkung, die Sie vielleicht durchführen wollen, zu berechnen. (Bundesrat Konecny: Sie sind jedenfalls mit der Industriellenvereinigung nicht ver­wandt!) – In meinem Fall liegt ja keine Schenkung vor, daher kann ich auch keine Schenkungssteuer berechnen.

Eine Schenkung ist innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Kenntnis der Zuwendung dem Finanzamt anzumelden.

Zur Frage 25:

Da ich weder direkt noch indirekt eine Förderung von der Industriellenvereinigung er­halten habe – der Empfänger ist der Verein zur Förderung der New Economy, dem ich, wie ich bereits mehrfach ausgeführt habe, nicht angehöre und bei dem ich auch keine


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Funktion innehabe –, war auch dem Unvereinbarkeitsausschuss hier nichts anzuzei­gen.

Meine letzte Meldung an den Unvereinbarkeitsausschuss, welche ich am 26. März 2003 zu Handen Herrn Parlamentsdirektor Dr. Georg Posch mit der Post an den Natio­nalrat übermittelt habe, ist daher nach wie vor voll gültig.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend Folgendes sagen: Ich denke, dass man hier sehr klar die Handschrift einer Kampagne sieht, einer Kampagne von Seiten der Opposition, wo man sagt: Wir haben es nicht geschafft, die Regierung vor dem Sommer zu Fall zu bringen, die Pensionsreform konnten wir nicht verhindern, daher wird jetzt eine Vernaderungskampagne gegen einen Minister geführt! – Ich fühle mich geehrt, weil ich nur Finanzminister der Republik bin und trotzdem die hohe Auf­merksamkeit sowohl des Nationalrates als auch des Bundesrates bekommen habe.

Ich darf Ihnen versichern: Es wäre für Ihre politische Arbeit wahrscheinlich besser, wenn Sie zur Sacharbeit zurückkehren würden und hier in den Wettbewerb mit uns eintreten würden. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.) Von den politischen Vorbehalten wird nichts übrig bleiben. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.51

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen in die Debatte ein, in der die Redezeit eines jeden Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Todt das Wort. – Bitte.

 


16.52

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister, ich hätte mich sehr gefreut – da Sie Ihre Wertschätzung für den Bundesrat hier ausgesprochen haben –, hätten Sie auch alle anderen Fragen beant­wortet, denn dann hätten wir eine entsprechende Aufklärung erhalten. Aber Sie haben das begründet, und ich möchte zu einigen dieser Punkte etwas sagen.

Sie haben im Nationalrat ein meiner Meinung nach sehr gutes Zitat gebracht: Ein guter Tag beginnt mit einem guten Budget! – Ich würde das Zitat jetzt etwas abwandeln: Ein guter Tag beginnt mit einer guten Homepage, mit einer gut gestalteten und gut bezahl­ten Homepage! – So würde ich das sehen. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Man kann sich diese Homepage ja anschauen. Ich habe gestern wirklich genüßlich betrachtet, was bei dieser Selbstdarstellung geboten wird. Es ist eine nette Sache, man kann sich daraus sehr, sehr viele Beispiele nehmen. Es sollten viele Politiker Vereine gründen und sich sponsern lassen, damit so gute Homepages zustande kommen, das würde das Internet beleben. (Ruf bei der ÖVP: Bravo!)

Herr Finanzminister! Ich frage mich, mit welcher Arbeit Sie sich beschäftigen. Sie sagen, Sie beschäftigen sich mit den Finanzen der Republik Österreich. – Ich habe mir einige Dinge vorbereitet, auf die ich dann eingehen werde, aber zuerst noch einige andere Punkte, bei denen ich mich frage, was das soll.

Wenn man nachliest, was in Zeitungen, auch in seriösen Zeitungen, oder sonstwo be­richtet wird ... (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.) – Herr Steinbichler, zum Beispiel „Die Presse“ – und „Die Presse“ ist sicher kein Organ der SPÖ – schreibt auch über manches und stellt bestimmte Fragen, auch die „Salzburger Nachrichten“; da kann ich auf den Leitartikel von Herrn Koller von Mittwoch vergangener Woche verwei­sen. Das sind alles Fragen, die man sich einfach stellen muss – auch ich habe sie mir gestellt.

Herr Finanzminister! Sie haben einige Aktivitäten gesetzt – Sie haben das auch in der Beantwortung gesagt –, was diese Kampagne für die Klein- und Mittelbetriebe betrifft.


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Herr Finanzminister, haben Sie nicht eine Darstellung verwendet in der Art eines ame­rikanischen Gurus? War Ihre Darstellung nicht in der Art, dass Sie den Menschen dort die Welt erklärt haben? – So stellt sich das auch für mich dar. Und wenn man das eine Kampagne für Klein- und Mittelbetriebe nennt, dann frage ich mich, was das alles soll.

Wofür brauchen Sie einen Verein, der zur Förderung der New Economy gegründet wird und ausschließlich eine Homepage herausgibt? Ich frage mich, wofür man das braucht.

Aus Vereinen sind später einmal politische Parteien entstanden. Ich frage mich, ob Sie nicht mit dem, was Sie hier vorbereiten – Sie sind aus der FPÖ ausgetreten, bei der ÖVP nicht eingetreten (Bundesrat Dr. Nittmann: Jetzt will er bei New Economy eintre­ten!) –, eine eigene Partei gründen wollen. Das ist eine Frage, die sich in diesem Zu­sammenhang für mich einfach stellt. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) – Ja, natürlich, aber ich kann mir diese Frage stellen.

Ich kann politisch fragen, ob das, was hier passiert, nämlich dass man einen Verein gründet, der sich mit bestimmten Dingen, mit inhaltlichen Fragen beschäftigt oder be­schäftigen sollte – bisher haben wir ja noch nichts gehört außer von der Homepage –, nicht die Vorbereitung zu einer Parteigründung ist. Damit müsst ja ihr, Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, dann fertig werden oder die Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ. Es gibt dann eben eine weitere Partei in Österreich, die kandidieren wird. (Ruf bei der ÖVP: Das wird die Zukunft zeigen!) Das wird die Zukunft zeigen, aber vielleicht denken Sie in Zukunft, wenn solch ein Verein gegründet wird, daran.

Diese Debatte gibt mir die Gelegenheit, auch ein paar Fragen zu stellen, die Ihre Arbeit betreffen, Herr Finanzminister, weil Sie sagen, dass wir uns ausschließlich mit dieser Homepage und dem Drumherum beschäftigen und eine Kampagne führen.

Herr Bundesminister! Die Bundesregierung behauptet, Österreich neu zu regieren, und hat viele leere Versprechen abgegeben. Es gibt viele teure Werbekampagnen, aber auch eine Ernüchterung: Es gibt, das ist Faktum, neue Schulden! – Ich möchte Ihnen gerne sagen, wie das ausschaut.

Die Finanzschulden des Bundes steigen seit dem Regierungsantritt von ÖVP und FPÖ ... (Bundesrat Dr. Nittmann: Was hat das mit dem Verein zu tun! Zur Sache! Sie reden irgendetwas, nur nicht zur Sache!) – Ich rede jetzt zur Sache! Die Finanzschul­den des Bundes steigen seit dem Regierungsantritt von ÖVP und FPÖ kontinuierlich an, bislang um rund 13 Milliarden €, dazu ein Beispiel. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ja, das hat mit der Homepage etwas zu tun, denn vielleicht könnte der Herr Finanzminister auf diese Homepage auch einige Zahlen stellen, damit man ein bisschen mehr Infor­mationen bekommt; die bekommt man ja nicht. Ich sage Ihnen jetzt einmal, was man da so alles tun kann.

Die Finanzschulden stiegen um rund 13 Milliarden €.

Budgetsanierung, Belastungsstopp: Sie haben einen Belastungsstopp versprochen – stattdessen haben Sie die höchste Steuerbelastung der Geschichte produziert. Die Steuern des Bundes haben durch Sie ein Rekordniveau erreicht. Wir hatten im Jahr 1998 eine Belastung bei den Steuern des Bundes von 48,7 Milliarden €, und 2004 haben wir 57,6 Milliarden €. – Ich könnte Ihnen auch die Zahlen der einzelnen Jahre nennen.

Die versprochene Steuerquote von 40 Prozent – Sie haben das auch bei Ihren Auf­tritten bei den Klein- und Mittelunternehmern erzählt, dass Sie die Steuerquote auf 40 Prozent drücken wollen – bis 2010 ist in weite Ferne gerückt. Wir haben eine Steuer- und Abgabenquote von 43,7 Prozent im Jahr 2004, 43,8 Prozent waren es im Jahr 2003, 2001 waren es 44,9 Prozent. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Das hat genau damit zu tun, dass sich der Herr Finanzminister jetzt mit Homepages und anderen


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Dingen beschäftigen muss und sich mit seiner eigentlichen Arbeit nicht beschäftigen kann, weil es Darstellungen, Beauftragungen geben muss, und, und, und. All das sind Dinge, die er nicht machen müsste, hätte er keinen Verein, der für ihn Homepages erstellt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was macht die Regierung mit all dem Geld? – Jetzt kommt etwas für Sie, Herr Stein­bichler. – Die jährlichen Ausgaben für das Militär sind heuer um 137 Millionen €, also um fast 2 Milliarden Schilling höher als 1999, und dabei gibt es noch keine Abfang­jäger. Die Ausgaben für die Landwirtschaft sind heuer sogar um 227 Millionen €, 3 Mil­liarden Schilling, höher als 1999, obwohl die Zahl der Bauern zurückgeht. Da frage ich mich, wie es das gibt. (Bundesrat Dr. Nittmann: Zur Sache, bitte!)

Ich sage nur, wofür das Geld gebraucht wird, das Sie jetzt mit Ihrer so genannten Pen­sionssicherungsreform, die Sie machen, all denen wegnehmen. – Das nehmen Sie all denen weg! (Bundesrat Dr. Kühnel: Wem nimmt man etwas weg?) Den Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmern! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Und Sie verteilen das Geld um – lassen Sie mich das sagen –, so, wie Sie das verstehen und wie es offen­sichtlich der Herr Finanzminister versteht, weil seine Finanzpolitik genau in diese Rich­tung geht. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ja, genau, weil es auf der Homepage nicht steht, erzähle ich es Ihnen jetzt! So ist es!

Die Einnahmen aus der Einkommensteuer – also aus Steuern der Selbständigen – sind praktisch bisher gleich geblieben, da hat sich nichts geändert: 1998 3,0, 2004 3,0. Die Körperschaftsteuer macht 4,3 Milliarden € aus und so weiter. (Zwischenruf bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) – Ja, lachen Sie nur! Der Herr Finanzminis­ter hat ja gesagt, wir sollten sachlich dazu reden, ich versuche das jetzt; er hat uns ja aufgefordert dazu. Ich versuche jetzt, sachlich aufzuzeigen, wie die Politik des Finanz­ministers der Republik Österreich ausschaut.

Die Einnahmen aus der Lohnsteuer sind aber kräftigst gestiegen, und zwar von 14,1 Milliarden € im Jahre 1998 auf jetzt 17,3 Milliarden €. (Ruf bei der ÖVP: Beschäf­tigtenrekord!) Ja, „Beschäftigtenrekord“.

Wie schaut beispielsweise die Relation der Unternehmergewinne zu den Arbeitneh­merentgelten aus? (Bundesrat Steinbichler: Ein Unternehmen kann man jeden Tag gründen, Herr Kollege! Wenn Sie Lust dazu haben, dann gründen Sie, bitte schön, ein Unternehmen! Zeigen Sie uns das einmal!) Gut, Herr Steinbichler, wissen Sie, die Besteuerung in Sachen Lohnsteuer ist eine einfache Angelegenheit, bei den Unterneh­men ist sie sehr kompliziert, und Ihre Regierung tut alles dazu, damit die Unternehmen entsprechend nicht besteuert werden. Das ist der Punkt dabei, das haben Sie ja auch in Ihrer Regierungserklärung drinnen. Der Herr Finanzminister hat das ja auch darge­stellt. Er hat den Unternehmern im Rahmen seiner Kampagne versprochen, sie ent­sprechend zu unterstützen, damit ihnen das Geld bleibt und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geschröpft werden. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wirtschaftswachstum EU – Österreich, weil Sie sich auch in diesem Punkt rühmen, was Sie alles geschaffen haben: In Österreich haben wir 1998 3,0 Prozent Wirtschafts­wachstum gehabt, der EU-Durchschnitt betrug 2,9 Prozent. 2004 werden wir in Öster­reich ein Wirtschaftswachstum von 1,7 Prozent haben, während der EU-Durchschnitt auf 2,6 Prozent geschätzt wird. Das heißt, Österreich wird weit unter den EU-Durch­schnitt fallen.

Sie, Herr Finanzminister, sagen, schuld am schwachen Wachstum ist die Weltwirt­schaft. Wahr ist aber offenkundig, dass andere Länder besser mit dieser Krise um­gehen können. Ich sage Ihnen: Schuld in Österreich ist Ihre falsche Wirtschafts-, Budget- und Steuerpolitik!


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Ein weiterer Punkt: die Eigeninvestitionen des Bundes. 1998 hatten wir 1,64 Milliar­den € Eigeninvestitionen des Bundes, 2004 werden wir 0,58 Milliarden € haben. Das sind die Fakten! Was passiert in der Folge? – In der Folge gehen andere Investitionen, auch die von Unternehmen, zurück, und die Investitionsquote in Österreich sinkt dra­matisch ab. Faktum ist, dass die Investitionsquote in Österreich 1998 24,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betrug, während sie 2002 nur mehr 21,8 Prozent des Bruttoin­landsprodukts ausmachte. – Das ist die Politik, die Ihr Verein vermarkten sollte; nennt sich New Economy.

Was für uns aber das Dramatischste ist, ist der Umstand, dass die Beschäftigung in Österreich stagniert beziehungsweise dass die Zahl der Arbeitsplätze absolut zurück­geht. Wir hatten im Jahr 1998 ein Plus von 44 000 Arbeitsplätzen, im Jahr 1999 ein Plus von 49 000 Arbeitsplätzen, und wir hatten im Jahr 2002 ein Minus von 14 000 Ar­beitsplätzen. – Das ist ein Faktum. Das ist die Politik, die Sie betreiben.

Wenn man alle Arbeitslosen zusammenrechnet, ergibt sich in Österreich eigentlich ein neuer Arbeitslosenrekord. – Das ist Ihre Politik, die Sie hier betreiben.

Was tun Sie, und was verkaufen Sie als moderne, fortschrittliche Politik? – Sie kürzen weiter die Einkommen, Sie kürzen weiter die Pensionen, Sie kürzen weiter bei den In­vestitionen, bei den Sozialleistungen, erhöhen Steuern und Abgaben und schwächen damit die Kaufkraft der Bevölkerung und das Wachstum der Beschäftigung weiter. Es sind deshalb auch die Konjunkturaussichten auf dem Arbeitsmarkt weiter trist, es ist keine Entspannung zu erwarten, die Ausgaben für Arbeitslosigkeit wachsen, und des­halb ziehen Sie weiter die Spar- und Belastungsschraube an. – Das ist die Politik, die Sie uns hier verkaufen wollen, die Sie den Österreicherinnen und Österreichern ver­kaufen wollen.

Herr Finanzminister! Ich frage Sie: Für wen machen Sie Politik? Machen Sie Politik für die Mehrheit der Bevölkerung, oder machen Sie Politik nur für die Regierung und für ihre Klientel? (Beifall bei der SPÖ.)

17.06

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Himmer. Ich erteile ihm das Wort.

 


17.07

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist ja normalerweise das Angenehme an den Dringlichen Anfragen, dass man sich immer am Vorredner orientieren kann, und da mache ich mir immer so meine Notizen über das eine oder andere Unrichtige. Beim Kollegen Todt habe ich zu notieren aufgehört. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Bundes­rat Manfred Gruber: Man muss es auch verstehen!)

Was ich aber an den Anfang meiner Ausführungen stellen möchte: Das Thema Wer­bung ist schon ein sehr interessantes, und ich kann nachvollziehen, dass Sie das in­teressiert, was wo wie ausgegeben wird und was das unterschiedlichen politischen Persönlichkeiten bringt. – Was aber wirklich interessant wäre – wobei ich niemanden finden werde, der dafür Geld ausgibt –, das wäre, den Werbewert zu erheben, den Sie der Homepage von Karl-Heinz Grasser in den letzten Tagen verschafft haben. Der ist sicherlich weit höher als der, den er investiert hat! Da er das vielleicht selbst nicht sagen kann, müsste man Ihnen eigentlich an seiner Stelle dafür Dank sagen, denn so viel wie in den letzten Tagen hat die gesamte Bevölkerung über die Homepage von Karl-Heinz Grasser noch nie gesprochen. (Bundesrat Gasteiger: Das wird aber nicht so wichtig sein, dass man über die Homepage redet! Es wird gescheiter sein, wenn man über die finanzielle Situation redet!)


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Wenn man so in den Reihen sitzt, dann macht man sich Gedanken darüber: Warum gibt es diese Anfrage, und was meint dieser Kollege Todt damit eigentlich, was tut er da letztlich? Bei Tätern sucht man ja immer nach irgendwelchen Motiven. Nach den Ausführungen des Kollegen glaube ich, auch ein Motiv gefunden zu haben, das zwar nicht ein besonders tolles Motiv ist, aber ein durchaus menschliches, und das ist Neid, simpler Neid! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Wenn Sie heute hergehen und tief gehend ausführen, dass der Herr Finanzminister als „amerikanischer Guru“ aufgetreten ist, dann frage ich Sie wirklich einmal unter uns: Wen kratzt es? Warum beschäftigt das Sie? (Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich kann Ihnen nur versichern, falls der Herr Finanzminister als amerikanischer Guru aufgetreten ist: Sie würden wahrscheinlich nicht als amerikanischer Guru auftreten können, und wir wären alle schon gegangen, wenn wir nicht da sein müssten, weil noch eine wichtige Abstimmung vor uns liegt.

Was ich mich in dem Zusammenhang auch frage, ist: Aus welcher Welt kommt eigent­lich solch eine Anfrage, wenn man doch annehmen darf, dass diejenigen, die diese Anfrage stellen und dann hier vertreten, zumindest lockeren Kontakt zu jenen Regie­rungsmitgliedern haben, die ihrer Fraktion angehören oder angehört haben, zum Bei­spiel in den Bundesländern. Deswegen finde ich es ja besonders gut gewählt – so Sie sich das in der Fraktion ausgemacht haben –, dass Herr Kollege Todt aus Wien dazu spricht, weil ja bekanntlich die Wiener SPÖ eine Partei ist, die überhaupt nicht das eigene Marketing mit jenem für die Stadt verquickt, und in der Gemeinde Wien aus­schließlich Leute in der Öffentlichkeitsarbeit tätig sind, die buntest zusammengemischt sind. Das ist so „bunt“, dass das Ganze nur eine Farbe hat! Aber man kann ja dann trotzdem, wenn man ein paar Meter über den Rathauspark herüber geht, entsetzt sein darüber, dass andere politische Entscheidungsträger selbstverständlich mit allem, was sie tun, letztendlich natürlich auch ihr Image prägen.

Was ich nur in diesem Fall besonders bemerkenswert finde, ist dieser weinerliche Unterton, dass sich jemand in der Darstellung nach außen leicht tut, wie das eben viel­leicht beim Herrn Finanzminister der Fall sein mag.

Woran ich mich erinnern kann – das, glaube ich, müssten ja eigentlich auch einige von Ihnen, kommen wir doch alle aus demselben Land –, ist Folgendes: Viele Bemühungen hat es gegeben, Sozialdemokraten populär zu machen. In diesem Zusammenhang denke ich etwa nur an den sozialdemokratischen Bundeskanzler Viktor Klima: Klima allein, Klima mit Gummischuhen, Klima mit Hund, Klima ohne Hund, Klima mit Frau, Klima überall. (Bundesrat Gasteiger: Geh, Himmer, hör auf!)

Dafür ist damals sehr viel Geld ausgegeben worden, aber keiner hat gesagt, Klima ist ein amerikanischer Guru! Und warum nicht? – Weil Klima einfach nicht ausgeschaut hat wie ein amerikanischer Guru, aber das ist ja nicht unsere Schuld! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir alle wissen – auch bei Debat­ten wie dieser –: Jede Partei hat so ihre schwarzen Schafe (Bundesrat Gasteiger: Wie viel sind es denn bei euch?), und man kann anlässlich solcher Gelegenheiten dann immer ein bisschen schauen, was es denn da so in anderen Parteien an Lustigem gegeben hat. Nur: Gerade denke ich daran, dass wir heute schon die Rolle des Ge­werkschaftsbundes hier diskutiert haben. Und weil Sie hier unter anderem auch davon gesprochen haben, dass da mit fremden Geldern umgegangen wird, möchte ich Sie nur daran erinnern: Sekanina und ähnliche historische Persönlichkeiten sind schon aus Ihren Reihen gekommen, meine Damen und Herren von der SPÖ!

Und: Was beispielsweise so Treffplätze anlangt – das zu Ihrer Kritik an einer Home­page, was ganz „verdächtig“ ist –, wo es offensichtlich viele Vergnügungen gab, da fällt


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mir beispielsweise der „Club 45“ des Herrn Udo Proksch ein, bei dessen „Club 45“ die unterschiedlichsten Minister und Landeshauptleute und Sonstige ein und aus gegan­gen sind. (Zwischenruf des Bundesrates Manfred Gruber.) – Der „Club 45“ war doch viel lebendiger als diese Homepage! Die Lebendigkeit ist ja diskutiert worden, eine Homepage ist lebendig, ist gesagt worden, aber ich sage Ihnen: Der „Club 45“ war ganz offensichtlich noch lebendiger, eben ausgehend von dem, was man dazu erzählt bekommen hat, was dort alles so passiert ist – was übrigens auch nicht Gegenstand der Vollziehung ist, zumindest nicht der Vollziehung des Bundes. (Bundesrat Manfred Gruber: Man sollte nicht auf einem Auge blind sein!)

Jedenfalls: Der zentrale Bereich sollte doch der sein, dass wir den Finanzminister für die Budgetpolitik verantwortlich machen, was jedoch ganz offensichtlich nicht Gegen­stand dieser Anfrage ist, mich aber trotzdem zu diesem Rückblick verleitet hat, weil Sie von der SPÖ darüber nachgedacht haben, wessen Geld für wen eingesetzt wird.

Wie hat es denn Anfang der siebziger Jahre in der Budgetpolitik begonnen? Wer war denn derjenige, der gesagt hat, dass eigentlich die Staatsschulden kein so großes Pro­blem sind, wie viele Nullen auch immer hinten dranhängen? – Das war die Budget­politik des Bruno Kreisky!

Wenn Sie, meine Damen und Herren, den Kurs der Verschuldung, der in den Jahren der sozialistischen Alleinregierung eingeschlagen wurde, vergleichen mit dem Kurs, den es jetzt gibt ... (Bundesrat Manfred Gruber: Mit ÖVP-Unterstützung, 13 Jahre lang mit ÖVP!) – Das Regieren mit Ihnen von der SPÖ ist ja auch immer schwieriger gewor­den! Warum wurde denn 1995 wieder gewählt? Weil es immer schwieriger geworden ist mit Ihrer Budgetpolitik! Den Kurzzeit-Finanzminister Staribacher haben wir fast alle schon wieder vergessen; in Erinnerung gebracht wurde er ja nur, weil Karl-Heinz Grasser heute so ein Foto mitgehabt hat. Jedenfalls dürfte es sich selbst in der kurzen Zeit des Finanzministers Staribacher mit den Autogrammkarten ausgegangen sein. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Danke jedenfalls, Karl-Heinz Grasser, dass Finanzminister Staribacher wieder einmal in Erinnerung gerufen wurde! Ich glaube, heute wissen wieder ein paar Leute mehr, dass es auch einen Finanzminister Staribacher gegeben hat.

1995 war es ja beispielsweise der Fall, dass Sie von der SPÖ einen Finanzminister gestellt haben, der kein einziges Budget zusammengebracht hat! Diese Situation hat sich damals halt immer mehr verschärft – und das hat auch dazu geführt, dass sich die beiden Parteien SPÖ und ÖVP auseinander gelebt haben; das hatte doch einen Grund.

Mit dieser ÖVP/FPÖ-Bundesregierung ist eine Budgetpolitik eingeschlagen worden, die eindeutig die Handschrift jener trägt, die sich Gedanken über die Zukunft machen, die eindeutig die Handschrift jener trägt, die verantwortungsvoll mit dem Geld anderer Leute, nämlich dem der Steuerzahler, umgehen (Bundesrat Manfred Gruber: Das merkt man! Das merkt man bei den Beratungskosten des Finanzministers! Wirklich sehr sparsam! Großes Kompliment!), wobei wir ja auch alle selbst zumindest ein quan­titativ geringer Bestandteil dieser sind, weil wir ja auch alle Steuern zahlen.

Zum Abschluss folgende Bemerkung: Ich glaube, man sollte halt immer zumindest ein bisschen den Blick darauf haben, in welcher Wichtigkeit man die Themen abgehandelt haben will. Daher sollte man darüber nachdenken, wie wichtig eine Homepage ist, wie wichtig es ist, ob Herr Finanzminister Grasser einen amerikanischen Guru andeuten wollte, während er mit Vertretern von Mittelbetrieben gesprochen hat. Ihnen ist es an­scheinend lieber, den Herrn Finanzminister Grasser darüber zu befragen, wann und ob er eine eigene Partei gründen will, ebenso zu den unterschiedlichsten Spekulationen,


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statt über die Budgetpolitik zu sprechen, statt darüber zu reden, was wir mit dem Geld des Steuerzahlers machen.

Jedenfalls denke ich da zum Beispiel schon daran, Herr Kollege Todt, wie das in Wien war, an diese „interessante“, diese „tolle“ Sache mit der HVB, wo uns von Ihnen erzählt worden ist, welch zukunftsträchtige, welch tolle Sache das sei. – Alleine der gegenwär­tige Verlust für die Steuerzahler: 1 Milliarde €, 1 000 Millionen €, eins-null-null-null Mil­lionen €, Herr Kollege! (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Über solche Sachen sollten wir hier auch einmal diskutieren, aber da gibt es da drüben das Wiener Rathaus – und komischerweise sitzt dort eine Stadtregierung, die nicht wirklich offen über dieses Thema diskutieren möchte! Und da frage ich mich schon: Warum nicht?! – Das wäre doch ein wichtiges und für die Steuerzahler bedeutend spannenderes und diese auch massiver betreffendes Thema! (Beifall bei der ÖVP.)

17.17

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Kraml das Wort. – Bitte.

 


17.17

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mich freut es, dass es Herrn Kollegen Himmer so freut, dass sich die Stadt Wien so gut vermarktet. Das war wirklich eine positive Überraschung, dass du, Kollege Himmer, das so gesagt hast. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.) – Etwas anderes kann ich ja hier nicht erwarten!

Meine Damen und Herren! „Grasser als Prasser“ war zum Beispiel am 13. Juni im „Standard“ zu lesen; das war nach dieser Dringlichen Anfrage im Nationalrat. Dabei ist es darum gegangen, dass 27 Millionen € als Beratungshonorare für Propagandaaktio­nen des Finanzministeriums ausgegeben wurden. Im Zuge dieser Dringlichen Anfrage hat sich dann auch diese ganze Sache rund um die Homepage des Herrn Finanzminis­ters Grasser herauskristallisiert: wer sie bezahlt und welche Firmen Aufträge bekom­men haben.

Herr Bundesminister Grasser hat sich ja heute hier auch etwas schwer getan bei der Beantwortung; es ist ihm das Gesetz zu Hilfe gekommen. Der Herr Minister konnte sich quasi zurückziehen und brauchte einige Dinge nicht zu beantworten.

Mich wundert überhaupt, wer sich überall in der Presse bemüßigt gefühlt hat, Herrn Bundesminister Grasser in dieser Angelegenheit zu verteidigen. – Meine Damen und Herren, wenn es nach dem „Falter“ beziehungsweise nach der Industriellenvereinigung geht, so hat Herr Bundesminister Grasser ja selbst um die Spende angeklopft; zumin­dest sagt das Herr Christoph Neumayer von der Industriellenvereinigung so.

Das heißt also, Herr Finanzminister, Sie haben dort vorgesprochen, damit Sie eine Unterstützung für Ihre Homepage, für Ihre private Homepage bekommen – und die Industriellenvereinigung hat sich natürlich großzügig gezeigt. „New Economy“ heißt das also jetzt, das ist das neue Schlagwort. „New Economy“, das sind die Kinderbilder des Finanzministers Grasser. „New Economy“, das sind die Jugendbilder des Finanzminis­ters, und „New Economy“, das sind auch Bilder von der Erstbesteigung des Stephans­doms durch den Herrn Finanzminister. – Meine Damen und Herren, eine völlig neue Bedeutung des Begriffes „new economy“ also!

Meine Damen und Herren! Da kassiert ein privater Verein, beheimatet auch an einer privaten Adresse, nämlich sozusagen im Wohnzimmer des Kabinettchefs des Finanz­ministers, rund 174 000 €, rund 2 Millionen Schilling – und braucht diese nicht zu ver-


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steuern! – Das hat jetzt nichts mit Neid zu tun, sondern da geht es einfach um Steuer­gerechtigkeit!

Man muss sich das einmal vorstellen: Wenn zum Beispiel ein kleiner Gewerbetreiben­der viele Fotos zu Hause hat und sich auch eine private Homepage anschaffen möchte, aber das Geld dafür nicht hat oder ihm die Homepage zu teuer ist, dann sucht er sich einen Spender, gründet einen Verein, und dann kann er die Bilder ins Internet stellen. Er wird dann natürlich auch keine Steuern bezahlen müssen, denn es gibt Ge­rechtigkeit für alle, und wenn der Finanzminister keine Steuern dafür bezahlen muss, dann braucht das zum Beispiel der kleine Gewerbetreibende auch nicht zu tun.

Meine Damen und Herren! Interessant ist natürlich auch die Begründung für die Ge­meinnützigkeit, die vom Finanzministerium gegeben worden ist: Bewusstseinsschaf­fung für New Economy. – Was das alles ist, haben wir schon gehört.

Heute hat der Herr Bundesminister wieder einmal eine so genannte Weißwasch-Aktion gestartet. Er meinte, alles sei in Ordnung, er habe ein ruhiges Gewissen, es gebe wieder eine Institution, die das bestätigt. Herr Dr. Brogyanyi –  so habe ich mir das auf­geschrieben – sagt, dass das Gewissen des Herrn Finanzministers ruhig sein könne.

Ich glaube aber, dass das Ganze nicht so einfach ist. Auch wenn Nationalratspräsident Khol von Kriminalisierungsversuchen spricht und der Bundeskanzler meint, dass alles in Ordnung sei, so glaube ich, dass all das zu wenig ist. Es kann nicht sein, dass es einen Finanzminister gibt, der Geld von der Industriellenvereinigung annimmt, der im Nationalrat eine andere Aussage trifft, als er das im Bundesrat getan hat, und dass es dann heißt, dass all das völlig korrekt sei. Das ist ein merkwürdiges Verständnis von Korrektheit.

Wir haben einen Finanzminister, der in der Zeit des Ankaufs der Kampfflieger, also in der heiklen Phase der Entscheidung, mit den EADS-Vertretern verantwortliche Ge­spräche geführt hat. Über das Wetter wird man da wohl nicht gesprochen haben. Oder: Wir haben einen Finanzminister, der sich vom Steuerzahler die so genannte Road-Show für Klein- und Mittelbetriebe finanzieren lässt. – In diesem Zusammenhang darf ich mich bedanken: Da ich auch einen Kleinbetrieb habe, habe ich auch ein Mousepad und ein paar herrliche Bilder des Finanzministers bekommen. Auf alle anderen Dinge, von denen Sie uns heute so großartig erzählt haben, warte ich noch; die werden ja irgendwann einmal passieren. Also besten Dank einmal für dieses Mousepad! (Heiter­keit bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es geht um dieses schlampige Verhältnis, das der Herr Finanzminister immer wieder an den Tag legt und das einfach auffällt. Da ist es der Freundeskreis, der versorgt werden muss, dort sind es Unternehmer, deren Interessen am Staatseigentum befriedigt werden müssen, oder es sind Lobbys, die ihre Interessen durchsetzen wollen. Aber alles trifft sich beim Finanzminister, und dort wird die Ernte erwartet.

Meine Damen und Herren! Für einen Finanzminister müssen andere Kriterien gelten. Da ist es zu wenig, dass man sich mittels eines Gutachtens eine weiße Weste bestäti­gen lässt. Es ist zu wenig, dass einem der Bundeskanzler sagt, dass alles in Ordnung ist. Und es ist auch zu wenig, wenn einem der Nationalratspräsident die Absolution erteilt. Meine Damen und Herren! Ein Finanzminister darf sich von Anfang an nicht auf dieses dünne Eis begeben. Und wenn Sie das schon getan haben, Herr Finanzminis­ter, dann sollten Sie auch die Konsequenzen daraus ziehen – Sie wissen schon, was ich meine –, aber bitte ohne zusätzliches Gutachten! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

 


17.23


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
697. Sitzung / Seite 125

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Weilharter das Wort. – Bitte.

 


17.24

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Werte Damen und Herren! Zurückkommend auf die Ausführungen des Kollegen Todt: Er hat darin reklamiert, dass die Homepage, die laut dieser Dringlichen Anfrage für Sie sehr fragwürdig ist, zu wenig aussagekräftig sei.

Herr Kollege Todt! Seien Sie froh darüber, dass auf dieser Homepage keine Zahlen aufscheinen, sonst müssten Sie nämlich lesen, dass Ihre Minister ein höheres Budget­defizit hatten, dass Ihre Minister eine höhere Staatsverschuldung hatten, und dann müssten Sie auch lesen, dass Ihre Minister Weltmeister waren im Ankündigen von Zu­sagen. Ich nenne Ihnen Stichwörter dazu: Milliarde für die verstaatlichte Industrie, Mil­liarde für das Aichfeld und vieles andere mehr. Seien Sie froh, dass diese Zahlen auf dieser Homepage nicht aufscheinen, denn das wäre auch für Sie von der SPÖ ent­larvend. (Bundesrat Gasteiger: Niemand applaudiert!)

Meine Damen und Herren! Der Herr Finanzminister hat (Zwischenruf des Bundesrates Manfred Gruber) die 24 Fragen der Sozialdemokraten beantwortet. Es ist aber auch beachtlich, Herr Kollege Konecny, dass Sie es schaffen, für 24 Fragen ein fünfseitiges Vorwort, eine fünfseitige Präambel zu schreiben. (Bundesrat Konecny: Nur die Be­gründung! – Bundesrätin Schicker: Damit man es auch versteht!)

Es ist zwar sehr schwierig, das Ziel, das Sie damit verfolgen, zu finden und nachzuvoll­ziehen, denn, Herr Kollege Konecny, Sie verwenden darin Begriffe wie: vielleicht, wird schon sein, könnte sein, haben gehört, hat man in diesem Medium gelesen, hat berich­tet. (Bundesrat Konecny: Nein! Da haben Sie es nicht gelesen!) Sie haben selbst davon gesprochen, dass das ein schiefes Licht ergebe und dergleichen mehr.

Herr Kollege Konecny! Mit all diesen Begriffen dienen Sie niemandem. Ich meine viel­mehr: Wenn es Vorwürfe gibt, die begründet und belegbar sind, dann sagen Sie uns diese Vorwürfe! Sagen Sie uns unmissverständlich, worum es Ihnen dabei geht! Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie müssen sich sonst den Vorwurf gefallen lassen, dass Sie es mit Qualtinger halten: Sie wissen zwar nicht, wohin, aber dafür sind Sie schneller dort. – Qualtinger kann aber nicht die Grundlage für eine parlamentarische Initiative sein.

Ich nehme nun noch einmal auf die Präambel Bezug: Sagen Sie uns, wie Sie den Begriff auf Seite 2 Absatz drei beurteilen! Was verstehen Sie unter „gesundem Men­schenverstand“? – Sie verwenden diese Worte. Sagen Sie uns, was Sie mit „gesun­dem Menschenverstand“ meinen! – Sie beklagen sich in der Präambel auf Seite 2 Ab­satz vier, dass dieser Verein zu wenig Aktivitäten gesetzt habe. Ich frage Sie von der SPÖ: Kennen Sie die Aktivitäten dieses Vereins? – Meiner Fraktion sind diese Aktivitä­ten nicht bekannt. Ist jemand aus Ihren Reihen vielleicht (Bundesrat Gasteiger: Eben genau darum! – Bundesrätin Schicker: Darum fragen wir ja, Kollege Weilharter!) Mit­glied in diesem Verein, da Sie diese Informationen haben und sich über zu wenig Aktivitäten alterieren? (Bundesrat Gasteiger: Deswegen fragen wir!)

Auf Seite 3 im fünften Absatz gehen Sie auf Werner Böhm ein und schreiben, dass die­ser sogar als FPÖ-Infrastrukturminister im Gespräch war. Ich frage Sie von der SPÖ: Woher haben Sie diese Information? Wie wollen Sie unsere Personalentscheidungen wissen? (Zwischenruf des Bundesrates Gasteiger.) – Herr Kollege! Woher haben Sie diese Information? (Bundesrat Gasteiger: Undichte Quellen!) Ich sage noch etwas dazu: Wieso können Sie überhaupt behaupten, dass es ein FPÖ-Ministerium, ein ÖVP- oder ein SPÖ-Ministerium gibt? Ich kenne nur Bundesministerien. Sie liegen auch in der Diktion falsch! (Bundesrat Gasteiger: Das haben wir von euch gelernt!)


Bundesrat
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697. Sitzung / Seite 126

Meine Damen und Herren! Ich glaube vielmehr, Ihnen von der SPÖ geht es dabei um Aktionismus pur. Und dazu verwenden Sie parlamentarische Einrichtungen, dazu setzen Sie parlamentarische Initiativen. Wenn das der Weg ist, um Abschied von der Gewalt auf der Straße zu nehmen, dann soll es mir recht sein. (Bundesrätin Schicker: Wo war da Gewalt?) Wenn das der Weg für den Rückzug von der Straße ist (Bundes­rat Manfred Gruber: Wo war denn Gewalt?), dann soll es mir recht sein (Bundesrätin Schicker: Du hast ein Demokratieverständnis!), auch wenn die Fülle Ihrer Dringlichen Anfragen bereits inflationäre Tendenzen aufweist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Manfred Gruber: Kollege! Es hat keine Gewalt auf der Straße gegeben!)

17.29

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schennach. Ich er­teile ihm das Wort.

 


17.29

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich bin ehrlich gesagt nicht überrascht, dass der Herr Finanzminister eine Reihe von Fragen beziehungsweise fast die Mehrheit der Fragen nicht beantwortet hat. Man müsste nicht die Geschäftsordnung bedienen, sondern man braucht sich auch hier nicht selbst zu beschuldigen. Und in diesem Sinne kann auch niemand gezwungen werden, sich selbst zu beschuldigen oder sich selbst einem Verdacht auszusetzen.

Herr Finanzminister! Sie haben mit großem Pathos hier gemeint, dass Sie die Bearbei­tung an den Herrn Staatssekretär übergeben haben. Ich denke doch, dass es das Normalste der Welt ist, wenn man in eine Sache selbst verwickelt ist, dass man das abgibt. Das braucht man nicht eigens als eine große Leistung hervorzuheben. Aber vielleicht ist Ihr Selbstbewusstsein so stark, dass Sie meinen, Sie hätten das auch selbst erledigen können. Zumindest sind Sie weit davon entfernt, einfach zu sagen: Irgendwie ist die Optik, die ganze Geschichte blöd, vielleicht haben wir da einfach Scheiße gebaut. – Das könnte man sagen, aber es steht Ihnen irgendetwas im Wege.

Ich bin nicht der Verteidiger des früheren Herrn Finanzministers Edlinger, aber wenn Sie wahllos Zahlen miteinander vergleichen, dann müssen Sie eines dazusagen: Sie haben ein Jahr herausgenommen, und das war zufällig das Jahr der österreichischen EU-Präsidentschaft. Dass ein EU-Präsident Edlinger im Jahr der EU-Präsidentschaft wahrscheinlich höhere Spesen hat als in einem Jahr, in dem er nicht Präsident ist, ist klar. (Bundesrat Gasteiger: Oh, schau, schau!)

Man müsste das mit einem normalen Jahr vergleichen, und wenn dann die Zahlen ge­nauso wären, dann wäre die moralische Empörung auf Ihrer Seite. Aber ein Präsident­schaftsjahr mit einem normalen Arbeitsjahr zu vergleichen, das ist nicht in Ordnung.

Was mich interessiert, ist Folgendes: Wenn ein Verein gemeinnützig ist, ist das eine tolle Sache, aber ob eine Homepage für einen Politiker gleich eine Gemeinnützigkeit darstellt, ist eine völlig andere Frage, auf die Sie aber heute hier nicht eingegangen sind.

Mich interessieren dabei eigentlich nur zwei Dinge. Erstens: Was steckt hinter einer Branding-Aktion, hinter einem Branding-Marketing, das Sie führen? Und zweitens: Welche Auswirkungen hat das?

Eines ist klar, und das hat Karl-Heinz Grasser sehr schnell in der Politik – er kommt ja aus der Wirtschaft – erkannt: Branding ist notwendig. Jeder Mensch ist eine Marke, be­stimmt durch Selbstbild und Fremdbild, und wahrscheinlich hat Herr Grasser auch das Buch „Die Marke Ich“ gelesen. Wenn man sehr jung in sehr hohe Funktionen der Politik


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kommt, kann man gleich einmal einige Punkte festhalten, und Herr Grasser hat das sehr schnell geschafft mit: fesch, smart, eloquent, jung, cool, fit. Das Brand-Marketing ist da sehr schnell gewesen.

Es stellt sich jedoch immer die Frage: Welches Ziel verfolgt es? – Für einen Politiker ist es normalerweise die Wiederwahl. Jetzt haben Sie allerdings die Partei gewechselt, jetzt sind Sie plötzlich in einer singulären Marketingstrategie stecken geblieben. Das heißt, Ihnen fehlt die Dachmarke. Also: Wären Sie Twix oder vielleicht Raider, wer ist dann Ihr Unilever? Oder: Wären Sie Cappy, wer ist in diesem Fall dann Coca Cola? – Das ist das Interessante an der Sache: Welches Ziel steckt dahinter?

In den letzten Tagen und Wochen wurde vermehrt über das Netzwerk von Karl-Heinz Grasser berichtet. Ist die Dachmarke Karl-Heinz Grasser und Twix und Cappy das Netzwerk, dann ist die Sache aus dem Blick des Steuerzahlers und aus dem Blick des Politikers interessant. Wir können das durchaus auch theoretisch machen. Mit Ihrer Marketing-Strategie gehen Sie nicht mehr auf das Nullmarketing ein, Sie gehen auch nicht mehr auf das Budget ein, sondern Sie gehen auf „KHG“ ein.

Jetzt gibt es dazu Lehrbücher. Philip Kotler ist der oberste Spezialist, der sagt: Wenn man Personen-Marketing macht, gibt es vier große Bereiche. Diese sind das Politiker­marketing, das Ruhm- und Beifallsmarketing, das Qualifikationsmarketing und das Ein­drucksmarketing. – Bei Ihrem berechtigten Selbstbewusstsein nehme ich einmal an, dass nicht Ruhm- und Beifallsmarketing dahinter gestanden sind, sondern – und das ist schon interessant – meiner Meinung nach das Eindrucksmarketing. Doch diesbe­züglich warnt ein gewisser Herr Fromm, der sagt: Manche Menschen betreiben dieses Eindrucksmarketing so bewusst und so extrem, dass das bei ihnen zu einem ganz dominanten Zug ihres Wesens wird. Das nennt man dann in der Fachsprache „man for himself“.

Dieses „man for himself“ wäre nett, dann könnten wir jetzt sagen: Gehen wir heim, nichts ist geschehen! „Man for himself“ ist durchaus berechtigt, es ist keine politische Frage, aber um die Person Karl-Heinz Grasser werden Eurofighter-Ankauf, VOEST-Verkauf, Immobilienhandel diskutiert. Dabei kommen Namen vor, die in dieses Netz­werk gehören, die auch rund um diese ganze Marketing-Strategie stehen: Plech, Kofler, Hochegger, Meischberger, Hilfiger, Stronach, Dichand und so weiter. Da, muss man sagen, ist es berechtigt, Kontrolle auszuüben, und dem werden Sie als jemand, der einer Partei angehört hatte, die gesagt hat, wir schauen überall hinein – ich erin­nere nur an die Diskussionen der FPÖ zur Nationalbank und so weiter –, wohl etwas mehr Verständnis entgegenbringen.

Sie werden verstehen, wenn die Opposition nun sagt: Jetzt möchten wir uns einmal dieses Aufsichtsratssystem, die Entsendungen und das Beteiligungssystem innerhalb des Netzes anschauen und wollen wissen, was das für Auswirkungen hat. Werden unter Umständen Wissen, Entscheidungsfähigkeiten und so weiter dazu benutzt, und heißt das Netzwerk plötzlich New Economy, in dessen Zentrum Karl-Heinz Grasser steht? Es geht um Immobilienfragen, es geht um den Eurofighter-Ankauf, und überall kommen dieselben Leute vor, die sich da angesiedelt haben.

Deshalb hätte ich eine Frage an Sie, Herr Finanzminister. Wenn man KHG über „New Economy“ sponsert – ich kenne mich da ein bisschen aus –, dann frage ich mich: Was ist für jene, die sponsern, der Sponsorertrag? – Bei immerhin 175 000 € im Jahr würde ich gerne wissen, wie der Sponsorertrag ausschaut. „KHG“ ist nicht karitativ. Karitativ, das verstehen wir, aber wie schaut der Sponsorertrag aus? Was kann ich mir erwarten, wenn ich morgen eine kleine Spende für „New Economy“ überweise? – Wenn ich den Sponsorertrag weiß, dann werde ich mich morgen dieser Frage neu stellen. Aber Sie


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sollten sie hier bitte beantworten. – Danke. (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum und Beifall bei der SPÖ.)

17.38

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ager. Ich erteile ihm das Wort.

 


17.38

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Nach meinem Dafürhalten gibt es überhaupt keine Basis für Ihre absurde Kritik an der Amtsführung des Bundesministers für Finan­zen und dieser erfolgreichen Bundesregierung.

Eines, liebe Freunde, wird mir aber immer klarer: Sie von der Opposition lassen keine Gelegenheit aus, Mitglieder dieser erfolgreichen Bundesregierung anzuschütten. Wenn sogar die Europäische Union von einer besonders hohen Qualität, von einer hohen Güte und hohen Glaubwürdigkeit unserer Finanzpolitik spricht, dann sollten wir dies hier auch tun. Andere Beispiele, wenn ich nur Deutschland erwähnen darf, gibt es ge­nug. Rot-Grün wäre sehr froh, wenn sie unsere Probleme hätten!

Herr Todt! Ich habe für Sie auch ein paar Zahlen, und zwar gab es in der Ära Grasser drei beschlossene Budgets: Das Ziel für 2000 war 1,7 Prozent, erreicht haben wir 1,5 Prozent. Das Ziel für 2001 war 0,75 Prozent, erreicht haben wir einen Überschuss in der Höhe von 0,3 Prozent. (Bundesrat Manfred Gruber: Wo sind da die Länder und Gemeinden?) Das Ziel für 2002 war 1,3 Prozent, erreicht wurden 0,6 Prozent. – Dies, so glaube ich, spricht auch für die Verlässlichkeit von Karl-Heinz Grasser als unserem Finanzminister!

Der Herr Finanzminister hat heute hier und auch im Nationalrat zu vielen Ihrer Fragen sehr ausführlich Stellung bezogen. (Bundesrat Gasteiger: Na ja, ... hat er ausgelas­sen!) – Ja, es wird Ihnen nicht alles gefallen haben. Es wird auch dir nicht alles gefallen haben, lieber Gasteiger, das ist mir schon klar. Aber die Dinge sind entkräftet worden. (Bundesrat Konecny: Oh!) – Lieber Herr Professor Konecny! Ich weiß ja, dass Dring­liche Anfragen in der Demokratie ein legitimes Mittel sind. Aber eines muss ich schon feststellen: Einen Preis haben Sie mit diesen Anfragen bisher noch nicht gewonnen, außer dass wir oft einmal drei, vier Stunden lang über des Kaisers Bart diskutiert haben. (Zwischenruf des Bundesrates Gasteiger.)

Fast alles, was die Opposition in den letzten Monaten mit viel Pomp und Getöse moniert hat, hat sich meistens als große Seifenblase erwiesen. Wie wir alle wissen: Seifenblasen haben den Effekt zu platzen.

Aber eines, liebe Freunde, möchte ich hier auch erwähnen. Es wird schon das Motto geben: Wenn es schon nicht hilft, so werden doch einige mediale Schlagzeilen übrig bleiben. – Das, geschätzte Damen und Herren des Bundesrates, nenne ich „politisch anschütten“. Und anschließend beklagen wir uns wieder gemeinsam darüber, dass Politiker so ein schlechtes Image haben. Das ist auch eine interessante Geschichte. Vielleicht veranlasst uns das auch zum Nachdenken.

Finanzminister Karl-Heinz Grasser steht unter anderem für drei Dinge: erstens für Stabilität im Staatshaushalt und keine Neuverschuldung. (Bundesrat Manfred Gruber: Stimmt nicht!) – Das können Sie noch so oft behaupten, es wird deshalb auch nicht wahrer. (Bundesrat Manfred Gruber: Stimmt ja nicht! Haben Sie das Budget nicht an­geschaut?) Zweitens steht er für eine Politik der Steuersenkung und drittens für eine Politik (Bundesrat Manfred Gruber: Der Belastungen!) der Zukunftsvorsorge, denn diese Pensionssicherungsgesetze (Bundesrat Manfred Gruber: Pensionsverunsiche­rung!), die wir heute hoffentlich beschließen werden, gehen in diese Richtung.


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Wer immer in der nächsten Zeit Ihre besondere Aufmerksamkeit haben wird, wird sich mit Sicherheit zu wehren wissen. Das möchte ich hier auch einmal sagen. Ich möchte noch einmal bekräftigen, was ich vormittags gesagt habe: Kehren wir zu einer gewis­sen Normalität in der Politik zurück!

Zum Schluss möchte ich noch ein kleines Beispiel – ich möchte es nicht herabsetzend sagen, sondern einfach zum Vergleich – anführen: Sie kommen mir manchmal vor wie Kinder in der Sandkiste, denen man die Küberl und Schauferln weggenommen hat, die dann eben mit den Händen anderen Kindern Sand nachschmeißen. Hören wir auf damit! Machen wir gemeinsam eine Politik, die dieses Hauses würdig ist, und hören wir auf, stundenlang über solche Dinge zu sprechen, die sich dann ohnehin auflösen! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

17.43

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Gasteiger das Wort. – Bitte.

 


17.43

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Kollege Ager! Bitte erlaube mir zwei Sätze zu dem von dir vorher Gesagten! Du be­klagst dich und fragst, warum du mit einer ganzen Menge von Dringlichen Anfragen überhäuft wirst. Denkt vielleicht einmal darüber nach, warum das notwendig ist! Viel­leicht muss man einfach vieles hinterfragen. Vielleicht muss man Verschiedenes auf­zeigen, um der Bevölkerung zu zeigen, wie insgesamt drübergefahren wird, wie der demokratische Meinungsbildungsprozess ausgeschaltet wird. Vielleicht ist es das! Ich weiß es nicht. Hinterfragt das einmal! (Beifall bei der SPÖ.)

Das Zweite ist: Wenn du dich über die Dringlichen Anfragen beschwerst, so meine ich, dass wir Bundesräte im Hohen Haus dafür bezahlt werden, dass wir hier diskutieren und zum Wohl der Republik Österreich und der Staatsbürger konstruktiv arbeiten. Da­zu gehört die Opposition genauso wie die Regierenden. Das ist der Job, den wir hier im Hause zu machen haben. (Bundesrätin Fösleitner: Konstruktiv!)

Herr Finanzminister! Mit welcher Lässigkeit und Coolness Sie über die Fragen der be­sorgten Bundesrätinnen und -räte drüberfahren, das finde ich eigentlich schon schwer bedenklich. Gewundert hat mich auch das Verhalten der freiheitlichen Bundesräte, da sie weder alle anwesend waren noch irgendwann einmal einer von ihnen geklatscht hat. Ich weiß nicht, was diese momentan haben, aber das hat mich schon ein bisschen gewundert. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.)

Wenn Sie im Plenum des Nationalrates von lächerlichen Argumenten gegen Sie ge­sprochen haben, dann ist das wohl der Gipfel der Selbstdarstellung. Ich sage: Wer am Lack kratzt, wird bald einmal auf Rost stoßen. – Der Lack ist ab, Herr Bundesminis­ter! – Oder: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.

Wenn alles so lächerlich ist, wie Sie behaupten, dann frage ich: Warum stellen Sie sich nicht einem Untersuchungsausschuss, wenn ohnedies alles so paletti ist? Warum machen Sie das nicht? – Dann wird man feststellen, dass Ihre Aussagen stimmen. Dann werden Sie behaupten, dass Sie eine weiße Weste haben, und dann ist ohne­dies alles klar. Herr Minister, warum machen Sie das nicht?

Warum vertrauen Sie in dieser für Sie heiklen Angelegenheit nicht dem Rechnungshof­präsidenten? Warum übergeben Sie diese heikle Angelegenheit Ihrem Staatssekre­tär? – Ich weiß nicht, ob der so unabhängig ist, wie Sie sich das wünschen oder wie sich das vielleicht manche wünschen. Keine Ahnung. Ich meine, Sie sind sein unmittel­barer Vorgesetzter.


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Ich hinterfrage noch die Autogrammkarten, von denen Sie gesprochen haben. Auf wel­cher Homepage steht denn der Link zur Anforderung der Autogrammkarten? War das die Homepage des Karl-Heinz Grasser oder war das die Homepage des Finanzminis­teriums? Das wäre ja auch zu hinterfragen, Herr Finanzminister!

In der letzten Ausgabe des Magazins „FORMAT“ steht zu lesen:

„Grassers Sündenfall. Ein Grasser-Förderverein erhielt 175.000 Euro von der Industrie. Um rund 25.000 Euro wurde eine Homepage gebaut. Die Verwendung von 150.000 Euro ist unklar.“

So ist es nicht, dass das keine Fragen aufwirft – bei der Opposition zumindest schon! – Im selben Artikel heißt es:

„Wie das Geld verwendet wurde – insbesondere die Differenz zwischen IV-Zahlung (175.000 Euro) und den Homepagekosten –, weiß Fritz auch nicht. Die Förderung erklärt er so: ,Wir haben gezahlt, weil wir der Überzeugung waren, dass Grasser eine Wirtschaftspolitik in unserem Sinne unter das Volk bringt. Grasser war damals noch Mitglied der FPÖ, und es sollte nicht immer nur die Politik für den kleinen Mann geför­dert werden.’“

Ich meine, wenn der Herr Präsident der Industriellenvereinigung mit solchen Argumen­ten auffährt, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn die Opposition irgendwann ein­mal einiges zu hinterfragen hat. Mich wundert nur, dass Sie einfach drüberfahren und sagen, diese Frage beantworte ich nicht, jene Frage beantworte ich nicht, und alles andere ist ohnedies paletti.

In Ihrer Rechtfertigung vom 13. Juni 2003 im „Kurier“ war unter anderem nachzulesen: Kein Euro wurde für persönliche Beratung verwendet. –x Na, das wäre noch sauber, wenn Sie einen Euro für persönliche Beratung verwenden würden, wenn Sie ohnedies so gut sind, wie Sie immer behaupten.

Im „Standard“ vom 13. Juni 2003 steht Folgendes:

„,Es wurden mit diesem Geld Hunderte Millionen Euro an Einsparungen erarbeitet.’ Die Leistungen externer Berater hätten ,wesentlich dazu beigetragen, dass die diversesten Einsparungsprojekte optimal durchgeführt werden konnten.’“

Damit haben Sie sich gerechtfertigt. – Ich frage: Was waren das für Einsparungspro­jekte? Haben Sie damit die Spitzenbeamten gemeint, die bei vollen Bezügen auf der Straße spazieren gehen? Oder meinten Sie damit die Topmanager, die nicht die poli­tisch korrekte Farbe haben und an die Luft gesetzt worden sind?

Weiters haben Sie gesagt:

„Das sei keine Werbekampagne in eigener Sache, sondern ein Handlungsprogramm für Klein- und Mittelbetriebe. Und in seiner Homepage stecke ,selbstverständlich kein Cent an Steuergeldern‘, stellt Grasser abschließend klar.“

Ich sage Ihnen etwas, Herr Finanzminister: Dieses Handlungsprogramm wäre viel ver­nünftiger, wenn Sie für die Klein- und Mittelbetriebe eine bessere Wirtschaftspolitik machen würden, damit diese überleben können und nicht täglich in den Zeitungen Konkurse zu vermelden sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch zu hinterfragen sind die Gutachten, von denen Sie, Herr Finanzminister, heute gesprochen haben: eines in Ihrem Auftrag, eines im Auftrag Ihres Fördervereins. Ich frage Sie, Herr Finanzminister: Wer zahlt denn diese Gutachten? Der Förderverein wird das seine selber zahlen. Aber das Ihre? Wer zahlt denn das? (Bundesminister Mag. Grasser: Ich selbst!)


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Sie persönlich? Bitte für das Protokoll: Der Finanzminister hat gesagt, er persönlich zahlt das Gutachten, um eine weiße Weste zu erhalten. – Nur, damit das im Protokoll steht. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Grasser.) – Nein, aber Sie haben ja keine Antwort darauf gegeben, und es könnte ja möglich sein, dass das plötzlich das Finanzministerium zahlen muss, oder?

Geschätzte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Eine Untugend reißt ein, dass nämlich zum Beispiel Mitglieder der Bundesregierung in geliehenen Kleidern zu Bällen gehen, wie es die Frau Ex-Vizekanzlerin beim letzten Opernball gemacht hat. Eine weitere Untugend reißt ein: dass bekannte Modeketten Anzüge sponsern. Und noch eine Untugend reißt ein: dass Herr Bartenstein den Sommerschlussverkauf eröff­net. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Ich denke, es ist dringendst notwendig, ein Unvereinbarkeitsgesetz, wie von Kollegem Konecny vorgeschlagen, zu beschließen. (Bundesrat Fasching: ... nicht wundern!) Ich appelliere an die Regierungsparteien: Macht mit, dann seid ihr mit im Boot, dann kann euch so etwas nicht mehr passieren! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.51

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. Tusek das Wort. – Bitte.

 


17.51

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese heutige Dringliche Anfrage reiht sich für mich lückenlos in eine Oppositionsstra­tegie ein, die ich nicht gutheißen kann. (Bundesrat Gasteiger: Das glaube ich!) Sie von den Oppositionsparteien haben – und, Kollege Gasteiger, gerade Sie haben am An­fang Ihrer Rede – konstruktives Arbeiten gefordert. (Bundesrat Gasteiger: Korrekt!)

Konstruktives Arbeiten, konstruktive Lösungsvorschläge für die Probleme, die uns alle beschäftigen, fehlen mir jedoch leider von Seiten der Opposition. Ich gebe zu, es ist nicht Aufgabe der Opposition, für Probleme Lösungsvorschläge zu bringen. Was dann aber in reichlichen Mengen kommt, ist Kritik. Ich habe nichts gegen Kritik einzuwenden, auch Kritik ist ein absolut legitimes Mittel in der Demokratie. Worum es aber geht, ist die Art und Weise der Kritik! Ich muss leider feststellen, dass die Kritik in letzter Zeit persönlich und diffamierend wurde. Unser Herr Finanzminister ist fachlich anerkannt, hat Budgets erstellt und – Kollege Ager hat das mit Daten belegt – ist mit seinen Bud­getzahlen nicht nur österreichweit, sondern auch international anerkannt. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Europäische Kommission hat die Budgetpolitik Österreichs das erste Mal positiv beurteilt – mit einer Ausnahme, das ist die Pensionssicherungsreform, die Sie heute zu verhindern suchen. (Bundesrat Gasteiger: Das stimmt gar nicht, dass wir das verhin­dern wollen!) – Dann stimmen Sie heute dem Beschluss des Nationalrats zu, dann verhindern Sie das nicht! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger: Gebt unsere Vorschläge rein, dann habt ihr die Mehrheit! – Bundesrat Steinbichler: Das werden wir uns noch anschauen! – Bundesrat Gasteiger: Kommt schon noch!)

Wir haben dank der Budgetpolitik, die seit dem Jahr 2000 die Handschrift von Finanz­minister Karl-Heinz Grasser trägt, nun kein Problem mit den Maastricht-Kriterien. Erin­nern wir uns fünf oder sechs Jahre zurück! Schauen wir in unsere Nachbarstaaten, in die Bundesrepublik Deutschland oder nach Frankreich, wo man über diese 3 Prozent Budgetdefizit, die in den Maastricht-Kriterien vorgeschrieben sind, sehr unglücklich ist und ärgste Probleme hat, dieses Ziel zu erreichen.


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Im kommenden Budget sind, soweit ich richtig informiert bin, Herr Finanzminister, 1,7 Prozent Budgetdefizit geplant. Ich bin überzeugt, dass so wie in den letzten Jah­ren – Kollege Ager hat das ja zuerst dargestellt – unterm Strich auch wieder weniger herauskommen wird. Und das in einer konjunkturell sicher sehr schwierigen Zeit, in der noch dazu die erste Etappe der Steuerreform wirksam werden soll.

Wenn man in einer Bundesregierung solche Erfolge hat, dann ist es klar, dass der Stil der Opposition jener ist, dass sie sich etwas anderes suchen muss, nämlich den Ver­such einer persönlichen Diffamierung des Finanzministers. Und wenn Sie jetzt sagen, „Diffamierung“ sei zu hart, dann kann ich nur aus Ihrer Dringlichen Anfrage zitieren, wo nämlich Vorwürfe wie „verbotene Geschenkannahme“, „Amtsmissbrauch“ und „Steuer­hinterziehung“ wortwörtlich in der Begründung stehen. Das ist zumindest persönlich dif­famierend beziehungsweise sind das sehr schwerwiegende Vorwürfe an eine Person.

Inhaltliche Differenzen gehören zur Demokratie, persönliche Diffamierungen sind nicht nach meinem Geschmack. Ich habe gesagt, das reiht sich lückenlos in die Opposi­tionsstrategie der letzten Zeit ein, ich kann das auch begründen.

Ihre Bezirksorganisationen – Kollege Kraml weiß, wovon ich spreche – haben, zumin­dest in Oberösterreich – ich gebe dir nur das Schlagwort „Haslach“ –, Sprühplakate affichiert (Bundesrat Kraml: ..., dass sie aufgefallen sind!), auf denen die Namen des verantwortlichen Nationalrates und des Landeshauptmannes standen mit der Frage­stellung: Werden Sie dem Pensionsraub zustimmen? – Das sind persönliche Diffamie­rungen, ähnlich wie gegen den Finanzminister. Mich erinnern diese Methoden an längst vergangen geglaubte Methoden. Ich denke dabei nicht nur an das vorige Jahr­hundert, ich gehe viel weiter zurück: Mich erinnern diese Methoden an den Pranger im Mittelalter. Ich glaube, das sind Methoden, die für die Demokratie zumindest überholt sind.

Ich bin auch enttäuscht von der Oppositionspolitik der Grünen. Gerade die Grünen waren es, die immer sehr skeptisch gegenüber neuen Fahndungsmethoden waren und sich immer dagegen ausgesprochen haben. In letzter Zeit musste ich lesen, dass die Grünen über das Internet um „zweckdienliche Hinweise“ in Sachen Grasser bitten oder in Niederösterreich Interna aus der Landesverwaltung einfordern wollen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, das sind Methoden der Fahndung, Methoden, die an den Pranger erinnern, und ich ersuche die Damen und Herren von der Opposi­tion – trotz aller inhaltlichen Unterschiede, trotz aller Kritikpunkte –, diese persönliche Art der Diffamierung in Zukunft zu unterlassen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.57

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Manfred Gruber. Ich erteile ihm das Wort.

 


17.58

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Kollege Weilharter! Ich möchte nicht im Raum stehen lassen, dass es Gewalt auf der Straße gegeben hat, wie Sie gesagt haben. Ich möchte von dieser Stelle aus den Leuten und den Organisatoren der De­monstrationen recht herzlich dafür danken, dass sie alles getan haben, sich bemüht haben und so besonnen gezeigt haben, damit diese Proteste so abgelaufen sind, wie man es sich nur wünschen kann. Es geht letzten Endes um die Existenz jener Men­schen im Alter, die nicht in die Armutsfalle tappen wollen. Sich herzustellen und von Gewalt auf der Straße zu sprechen ist eine starke Übertreibung. Ich möchte das hier nur festgestellt haben! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


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Herr Kollege Himmer! Er ist jetzt nicht da. Es ist recht lustig, ihm zuzuhören. Bei mir entsteht nur der Eindruck, er wäre lieber im Wiener Gemeinderat oder im Wiener Land­tag als hier im Bundesrat. Er würde mir nicht abgehen. Vielleicht sollte er sich wirklich einmal darum bemühen, dass er dort hinkommt. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Fasching: Das ist unterste Schublade!)

Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Es werden immer sofort Schlüsse gezogen: Die böse Opposition und die Schlimmen dort tun alles, um jeman­den anzukleckern und jemanden schlecht zu machen. – Das ist ja keine Frage. Ich denke nur, von der letzten Regierung, die aufgelöst wurde, die sich aufgelöst hat, die gescheitert ist, sind Sie der Sparmeister der Nation. Sie sind derjenige, der allen ver­ordnet, den Gürtel enger zu schnallen. Bei Ihrem Gürtel jedoch hat man nicht immer das Gefühl, dass Sie noch ein Loch dazugemacht haben, um ihn auch etwas enger zu schnallen. Wenn ich nur daran denke, dass es in der letzten Regierung 45 Millio­nen € ... – Herr Kollege, rechne das einmal in Schilling um, dann weißt du, was los ist! (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Fasching.) Rechne das einmal um! Dann weißt du, von welchen Zahlen du redest. (Bundesrat Fasching: ... wo Sie dazu beige­tragen haben!)

Du hast keine Ahnung, Herr Kollege, was diese Bundesregierung in der letzten Legisla­turperiode an Gelder für Werbezwecke, für persönliche Werbung und für Werbung die­ser Regierung ausgegeben hat. Ihr wart 13 Jahre dabei, bis zum Ende dabei und wollt es heute noch immer nicht wahrhaben. (Beifall bei der SPÖ.) Ihr betreibt immer noch Kindesweglegung! Wenn es nicht Kindesweglegung ist, dann dürft Ihr doch, muss ich leider sagen, nicht auf dem letzten Stand sein – so steht es um eure Vergesslichkeit. (Präsident Hösele übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Herr Finanzminister! 45 Millionen € hat die Regierung seit ihrem Amtsantritt für Werbung und für persönliche Berater ausgegeben. Ein einzelner Auftrag aus Ihrem Ressort kostete 4,3 Millionen € oder 59 Millionen Schilling. (Zwi­schenbemerkung von Bundesminister Mag. Grasser.) – Ich kann es Ihnen dann sagen.

In der „Financial Times“ haben Sie am 30. 11. ein Inserat mit Ihrem Bild und Ihrem Lebenslauf geschaltet. Wissen Sie, wie viel das den Steuerzahler gekostet hat, Herr Finanzminister? – 812 000 S! (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Grasser.) Sie haben externe Berater eingeladen, weil Sie anscheinend Ihren Spezialisten, Ihren Hofräten im Bundesministerium nicht trauen. Sie lassen sich eben von irgendwelchen externen Beraterfirmen, die so hohe Kosten verursachen, über ver­schiedene Dinge beraten. Es ist traurig, wenn andere Leute die Finanzpolitik machen und der Herr Finanzminister sie nur vollzieht und sich beraten lässt. Das ist traurig ge­nug!

Herr Finanzminister! Um dem Vorwurf entgegenzutreten, dass die „böse Opposition“, die „schlimmen Roten“ und die „böse Gewerkschaft“ oder wer immer am Werk sei, möchte ich die „Salzburger Nachrichten“ zitieren, die Ihnen immer sehr gut gesonnen waren. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Grasser.) Ich muss sagen: Phasenweise sogar sehr gut.

Die „Salzburger Nachrichten“ schreiben in der Ausgabe vom 18. Juni 2003 Folgen­des – ich zitiere –: „Jetzt hilft Grasser keine Inszenierung mehr.“

Ich möchte weiter aus diesem Artikel zitieren, damit Sie wissen, dass das nicht von der Opposition kommt, was hier gesagt wird, sondern dass das veröffentlichte Meinung ist, und zwar durch eine qualifizierte österreichische Tageszeitung. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen, weil diese Meinung geht auch hinaus. (Bundesrat Fasching: Sie aber auch!)


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697. Sitzung / Seite 134

Die „Salzburger Nachrichten“ schreiben also des Weiteren – ich zitiere wieder –:

„Karl-Heinz Grasser, der smarte junge Mann,“ – man sieht es ja! –,„der seine schicken Anzüge fast ebenso schnell wechselt wie seine Gesinnung, hat sich in Rekordge­schwindigkeit entzaubert.“ (Oh-Rufe bei der SPÖ.)

Angesichts der Äußerungen des Kollegen Ager und des Verhaltens der freiheitlichen Bundesräte muss ich, ob ich es will oder nicht, hier die Frage stellen: Hat der Herr Finanzminister bereits das Parteibuch der ÖVP bekommen oder ist er auf dem besten Weg dazu? Pflichtverteidiger haben Sie, Herr Finanzminister, hier genug sitzen – und zukünftige Parteifreunde. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Fasching: Soll er das rote Parteibuch nehmen!)

Meine Damen und Herren! Karl-Heinz Grasser hat mehrere Ziehväter. Gegen die poli­tischen Ziehväter, ob sie Jörg Haider oder Wolfgang Schüssel heißen, ist nichts einzu­wenden, doch Bedenken habe ich bei einem, der ihm auch „Asyl“ gewährt hat (Ruf bei der ÖVP: Das hat er nicht nötig!), nämlich bei Frank Stronach. Wenn ich höre, was dessen Wünsche im Bereich des Glückspiels sind, wenn ich höre, was Herr Stronach für einen Appetit auf Teile der Voest hat, und wenn ich weiß, dass der Herr Finanz­minister dort ein wohl dotiertes „Asyl“ hat, also in einer Art Abhängigkeitsverhältnis zu diesem großen Konzern und seinem Eigentümer oder Vertreter steht, dann muss ich sagen: Das ist für mich als österreichischen Bundesrat sehr bedenklich!

Vielleicht können Sie, Herr Finanzminister – ich würde Sie sehr darum bitten –, Ihr Ver­hältnis zu Ihrem ehemaligen Arbeitgeber, bei dem Sie „Asyl“ haben, zu dem Sie wieder zurückkehren können, bei dem man auch da Gefühl hat, dass Sie ihm zuarbeiten (Bun­desrat Fasching: Unerhört!), aufklären. (Weitere heftige Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Finanzminister, eine weitere Frage, die Sie noch nie beantwortet haben: Wie kann jemand, der sich fast ein Jahr lang dafür feiern lässt, dass er gegen Abfangjäger ist, über Nacht so mutieren – das ist so ähnlich wie ein Gesinnungswechsel; das ist ver­mutlich auch ein Gesinnungswechsel –, dass er auf einmal erstens für Abfangjäger ist und zweitens für die teuersten Abfangjäger ist, die in Wirklichkeit nicht nur 2 Milliar­den € kosten, sondern bei welchen uns in Wirklichkeit, wenn man alle Unkosten hinzu­rechnet – Kollege Schennach hat das heute schon gemacht –, in den nächsten Jahren Belastungen in der Größenordnung von 6,8 Milliarden € ins Haus stehen – und das alles in einer Zeit, in der bei den „Kleinen“, bei den ASVG-Pensionisten, bei den Be­ziehern kleiner Einkommen, bei jenen Leuten, die eine kleine Rente haben, bei den Frauen, die teilzeitbeschäftigt sind, im ASVG-Bereich zu sparen begonnen wird. Das geschieht aber nicht bei allen, nicht bei den Beamten, bei den Bauern, bei den Selb­ständigen, bei den Politikern, sondern nur im ASVG-Bereich. Es sind zwar die meisten, aber auch die „kleinsten“, und die hat man sich herausgesucht. (Neuerliche Zwischen­rufe bei der ÖVP.)

Da wundert es mich nicht, dass die Herren von der ÖVP ein bisschen unruhig werden, wenn man auf der einen Seite den Menschen wohlverdiente Pensionsrechte wegnimmt und auf der anderen Seite Milliardenbeträge für Abfangjäger, für Eurofighter ... (Zwi­schenruf des Bundesrates Ager.)

Herr Kollege Ager! Eurofighter heißen sie, nicht Euroüberwachungsflugzeuge! Das nur zur Begriffsbestimmung! Eurofighter heißen sie – nach wie vor.

Das muss man den Menschen in diesem Land einmal erklären. Ich kann Ihnen nur sagen: Machen Sie so weiter, Sie helfen uns sehr! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach.)

18.06

 


Präsident Herwig Hösele: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.


Bundesrat
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697. Sitzung / Seite 135

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung

 

 


Präsident Herwig Hösele: Ich nehme die Verhandlungen zur Tagesordnung wieder auf, wir setzen mit den Tagesordnungspunkten 1 und 2 fort.

Zu Wort kommt Herr Bundesrat Steinbichler zu einer tatsächlichen Berichtigung.

Ich weise den Herrn Bundesrat darauf hin, dass eine tatsächliche Berichtigung die Dauer von 5 Minuten nicht überschreiten darf. Sie hat sich überdies auf die Wieder­gabe der zu berichtigenden Behauptung und die Darstellung des berichtigten Sachver­haltes zu beschränken.

In diesem Sinne erteile ich nunmehr Herrn Bundesrat Steinbichler das Wort.

 


18.07

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Staats­sekretär! Herr Vorsitzender! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Boden hat vorhin in seinen Ausführungen – ich denke, in sehr unpassender Weise, aber wahr­scheinlich hat es ihn schon so lange „gedrückt“ – ein Statement von sich gegeben, das er endlich einmal anbringen wollte. Das war sehr unpassend, du hättest bessere Gele­genheiten dafür gefunden, zum Beispiel beim Landwirtschaftsgesetz oder beim Grünen Bericht, aber es ist heute geschehen, und ich darf da etwas richtig stellen.

Herr Kollege! In Oberösterreich wird am 28. September gewählt und über die Mandate im Bundesrat entschieden. Dass Ihr heute in Hoffnungen lebt, habt Ihr schon einige Male bewiesen. Wir werden sehen, wie es nach dem 28. September ausschaut. Aber zum Punkt Tiere ... (Bundesrat Boden: Ist das eine tatsächliche Berichtigung?) Lang­sam, langsam!

Zum Punkt Tiere: Du hast am Schluss deines Statements gesagt, dass die Eisenbah­ner rund um die Uhr, Tag und Nacht und bei jedem Wetter arbeiten müssen. (Bundes­rat Boden: Wollen!) Da darf ich dir sagen, dass ich seit meinem 10. Lebensjahr, also jetzt insgesamt 34 Jahre lang Tierhaltung betreibe – und das heißt, 365 Tage im Jahr, egal ob es 40 Grad plus oder 20 Grad minus hat, zur Verfügung zu stehen (Bundesrat Konecny: Was berichtigen Sie, Herr Kollege?), unabhängig davon, ob man gesund­heitliche Probleme hat oder nicht, weil die Tiere betreut werden müssen. Sie sollten sich da so wie bei anderen Themen – auch Herr Kollege Konecny – etwas mehr infor­mieren (Bundesrat Boden: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!), anstatt nur aus Zeitungsartikeln ...

 


Präsident Herwig Hösele: Herr Bundesrat! Ich bitte Sie, zur Berichtigung zu kommen!

 


Bundesrat Leopold Steinbichler (fortsetzend): ... anstatt nur aus Zeitungsartikeln zu zitieren, weil das zur Wahrheit wesentlich mehr beitragen würde. Außerdem biete ich das Angebot zur Diskussion an. Wir treffen uns sehr häufig, und du könntest hinter­fragen, worum es gegangen ist.

Die Berichtigung bezieht sich darauf, dass medial in einem Kleinformat etwas falsch dargestellt worden ist, und ich fürchte, Sie lesen zu viel in diesem Kleinformat, was man an Ihren Ausführungen erkennen kann. Ich biete das Angebot zur Diskussion an. Nützen Sie es! (Bundesrat Konecny – in Richtung ÖVP, da es keinen Beifall gibt –: Na? Was ist denn?)

 


18.09


Bundesrat
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697. Sitzung / Seite 136

Präsident Herwig Hösele: Zu Wort gemeldet hat sich als Nächster Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


18.09

Bundesrat Dr. Franz-Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich am heutigen Tage in diesen wun­derschönen Saal gekommen bin, hätte ich nicht gedacht, dass ich auch zu den Budget­begleitgesetzen reden darf. Diese Ehre ist mir nun zuteil geworden, und ich nehme selbstverständlich diese Gelegenheit sehr gerne wahr.

Ich darf mir erlauben, meine Rede in zwei Teile zu teilen: einerseits ganz kurz über die Abfangjäger zu sprechen, weil die ja auch ein sehr wesentliches Thema in der Diskus­sion waren, und selbstverständlich auch etwas über die Pensionsreform zu sagen.

Die Rede des Bundesrates Gudenus vom heutigen Tag hat jedenfalls bei mir nicht be­wirkt, dass ich nun gegen die Abfangjäger auftreten werde, sondern meine Fraktion und ich unterstützen selbstverständlich die Beschaffung. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich möchte aber schon sagen beziehungsweise vor allem an die Opposition appellie­ren, ob es in der österreichischen Politik – da wir, wenn es etwa um Muzicant-Anliegen geht, immer hören, man solle in der Sprache sehr milde und man möge lieb zueinander sein und so weiter – nicht doch möglich wäre, zu versuchen, in wesentlichen Fragen des Staates, wie in Fragen seiner Außen- und Sicherheitspolitik, zu gemeinsamen Be­schlüssen zu kommen.

Eines ist schon klar: Es gab den EU-Konvent, und man ist am letzten Wochenende immerhin zu einem schönen Ergebnis gekommen, das in Griechenland beschlossen worden ist. Es muss vielleicht die eine oder andere kleine Abänderung noch kommen und ausdiskutiert werden, aber das Ergebnis des Konventes wird im Großen und Gan­zen anerkannt.

Ich darf nun die „Neue Zürcher Zeitung“ vom Samstag/ Sonntag, 21./22. Juni 2003, zitieren. Da wird in einem Artikel über eine EU-Sicherheitsstrategie gesprochen. Unter anderem heißt es darin – ich zitiere –:

„Die von der neuen Rechtsordnung – nämlich der vom Konvent vorgelegten – „erwar­tete erhöhte gemeinsame Handlungsfähigkeit in der erweiterten EU soll sich ausdrück­lich auch auf die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) erstrecken. Eine aktive und präsente EU könnte Einfluss im Weltmassstab ausüben und zu einem multi­lateralen System im Dienste einer gerechteren und sichereren Welt beitragen. Dieses Fazit zieht der hohe Beauftragte für die GASP, Solana“ – dabei ist der kurze Einschub erlaubt, dass es sich bei Solana um einen Sozialdemokraten handelt, der einmal Außenminister von Spanien war, später dann Generalsekretär der NATO war und nun der Beauftragte für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU ist, dass es also durchaus auch für Sozialdemokraten möglich ist, für eine gemeinsame Sicher­heitsstrategie einzutreten –, „in einem Strategiebericht, den er dem Europäischen Rat in Griechenland vorgelegt hat. Diese Doktrin hat drei Stoßrichtungen: die Ausdehnung eines Sicherheitsgürtels von verantwortungsvoll geführten Staaten um Europa, die Stärkung einer multilateralen Ordnung“ – hören Sie genau zu! – „auf der Grundlage der UNO sowie ein entschlossenes Vorgehen gegen Terrorismus, Verbreitung von Mas­senvernichtungswaffen und Infektionsherde für Instabilität und Kriminalität in geschei­terten’ Staaten.“ – Zitatende.

Wenn man diese drei Zielrichtungen im Auge behält und auf die einzelnen EU-Mitglie­der – und Österreich ist schließlich auch eines – anwendet, dann kann man, wenn man an Europa interessiert ist, in Hinkunft nur sagen, dass wir die Abfangjäger unbedingt


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brauchen. Daher richte ich noch einmal an die Opposition den Appell, dieser Beschaf­fung zuzustimmen! (Beifall bei der ÖVP.)

Von meinem Spezialgebiet „Außen- und Sicherheitspolitik“ darf ich nun zur Pensions­sicherungsreform überleiten.

Als ich im März 2003 in den Bundesrat gekommen bin, hätte ich mir sicher nicht träumen lassen, dass ich mich mit der Zeit zumindest zu einem Mini-Experten auf dem Sektor Pensionen entwickeln werde. Aber wenn man mit wachen Augen durch die Gegend geht, stellt man fest, dass diese Reform, nämlich die Pensionen zu sichern, absolute Notwendigkeit hat.

In der „Presse“ war vor kurzem eine sehr liebe Karikatur, die ich kurz darstellen darf: Bundeskanzler Schüssel befindet sich sozusagen bei einem Hürdenlauf. Ob das jetzt 110 Meter olympisch oder 400 Meter olympisch waren, weiß ich nicht, jedenfalls wird gezeigt, dass er die erste Hürde, nämlich Laufen auf dem Gebiet des ASVG, genom­men hat, und vor ihm türmt sich nun die zweite Hürde, nämlich die Harmonisierung auf. Ich finde, der Karikaturist hat sehr schön unterstrichen, wie schwer das österreichische Anspruchsdenken umzudrehen ist, um endlich zu einer vernünftigen Lösung zu kommen.

Dass die ÖVP mit diesem Gedanken der Pensionssicherung und der Harmonisierung nicht ganz alleine dasteht, hat einer meiner Vorredner schon kurz erwähnt. Der Kardi­nal, Erzbischof von Wien, Christoph Schönborn, hat beim Stadtumgang am letzten Donnerstag in seiner Predigt am Augustinerplatz/Josefsplatz klar gesagt:

Wir schauen immer auf die ältere Generation. Die ältere Generation hat bezüglich ihrer Kinder gesagt, es soll ihnen besser gehen. Ist die heutige Generation bereit, für ihre Kinder zumindest die Frage zu stellen: Ihnen soll es nicht schlechter gehen? Wenn wir von unserer Jugend erwarten, dass es ihr nicht schlechter gehen soll, ist es zwingend erforderlich, dass die ältere Generation mit der jüngeren Generation teilt. Und Teilen bedeutet, dass man eben etwas hergeben muss. – Zitatende.

Ich bin aber in meinen Ausführungen noch nicht am Ende mit meinen Argumenten, warum diese Pensionssicherungsreform unbedingt notwendig ist. Europa hat so ziemlich in allen Staaten, egal ob das der ehemalige Ostblock ist oder heute eben der Westen, ein demographisches Problem. Und wie Sie aus den Zeitungen wissen, hat Frankreich nun eine Pensionsreform angegangen und Deutschland ist darum bemüht. Deutschland hat bestenfalls einen Parteitag seitens der Sozialdemokraten hinter sich gebracht, aber im Parlament ist noch nichts vorgelegt worden.

Von Seiten Brüssels wird Italien dringend empfohlen, nicht nur die Immunitätsprobleme ihres Ministerpräsidenten einer Lösung zuzuführen, sondern auch endlich eine Pen­sionsreform anzugehen.

Erwähnen darf ich auf noch die Schweiz, wo der Präsident, Bundesrat Couchepin, vor ungefähr drei Wochen gesagt hat, auch die Schweizer müssten der Realität ins Auge blicken, und es werde eine Erhöhung des Pensionsantrittsalters von 65 – bitte, die haben schon 65! – auf 67 erfolgen müssen.

Dass Österreich nun doch einiges an Großem vollbracht hat, zeigt der Umstand, dass Österreich in der „Financial Times“ lobend erwähnt worden ist. Ich darf auch aus der Zeitung „Die Welt“, einem Qualitätsblatt aus Deutschland, vom 13. Juni dieses Jahres kurz zitieren. Darin steht unter der Überschrift „Österreich hat’s vorgemacht“ Folgen­des – ich zitiere –:

„In Österreich hat sich der Widerstand gegen die Rentenreform gelegt, in Frankreich ist er im Schwinden. Beide Länder haben die heikle Aufgabe so ausgefochten, wie es


Bundesrat
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ihrem Herkommen entsprach: die Österreicher bevorzugten den Kompromiss, die Franzosen das revolutionäre Straßentheater. So oder so sind beide vorangekommen; die Österreicher, deren Parlament nach langem Feilschen gestern endlich zugestimmt hat, sind sogar fast schon am Ziel.“

Abschließend daher mein Appell an alle Bundesrätinnen und Bundesräte, der Bundes­regierung mit unserer Beschlussfassung über die letzte Hürde auf diesem Sektor zu helfen! – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.20

 


Präsident Herwig Hösele: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kaltenbacher. Ich er­teile es ihm.

 


18.20

Bundesrat Günther Kaltenbacher (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Nach der mehrstündigen Diskussion um die geplante Pensionsreform möchte ich sagen, es kommt durch die Änderungen in diesen 91 Gesetzen noch zu weiteren Einschnitten, nämlich im Bereich des Arbeits­losenversicherungsgesetzes, des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes und des Arbeitsmarktförderungsgesetzes. Ich möchte mich thematisch bei diesen Gesetzen einbringen.

Mit diesen Budgetbegleitgesetzen werden massive Verschlechterungen für jene Perso­nengruppen, welche arbeitslos sind, herbeigeführt – gerade jene Personengruppen, die es im Leben nicht allzu leicht haben.

Die Arbeitslosigkeit ist permanent im Steigen begriffen und wird sich ungebremst fort­setzen. Im Jahresdurchschnitt 2002 lag die Zuwachsrate bei den Arbeitslosen in der Steiermark bei 11,8 Prozent. 33 735 Personen waren durchschnittlich als arbeitslos vorgemerkt. Die Beschäftigung ist lediglich um 0,2 Prozent gewachsen, was überwie­gend auf Teilzeitbeschäftigungen und die KindergeldbezieherInnen zurückzuführen ist. Real gesehen gab es kein Wachstum.

Fast alle Berufs- und Altersgruppen waren von der Arbeitslosigkeit betroffen. Die Zahl der arbeitslosen Männer stieg um 2 746 oder 16,3 Prozent, jene der Frauen absolut um 808 oder 6 Prozent. Um die Zahl der Arbeitsplätze konstant zu halten, wäre ein Wirt­schaftswachstum von 1,5 bis 2 Prozent notwendig, damit die Arbeitslosigkeit aber sinkt, wäre ein Wirtschaftswachstum von mehr als 2,5 Prozent erforderlich. Die letzte Wirtschaftsprognose geht für 2003 von einem Wachstum von maximal 0,7 Prozent aus. (Ruf bei der ÖVP: Wie ist das in Deutschland?) – Sie vergleichen uns immer mit Deutschland. Wir sind in Österreich, und wir betreiben Politik für Österreich, für unsere Bürger und nicht für Deutschland!

Im Jahr 2004 wird mit einem Wirtschaftswachstum von maximal 1,7 Prozent gerechnet, was aber, wie auch für das Jahr 2003, sicherlich revidiert werden wird. Daher ist eine Trendwende auf dem Arbeitsmarkt auch für das Jahr 2004 nicht zu erwarten. Die Arbeitslosigkeit wird weiterhin steigen.

Um die Arbeitslosigkeit zu verkürzen – so genannte early interventions – beziehungs­weise Personen, welche eine am Arbeitsmarkt nicht mehr verwertbare Ausbildung ha­ben und daher von der Ausgrenzung bedroht sind, zu fördern, soll ihnen durch die Teil­nahme an einer Schulung, Umschulung oder Facharbeiterkurzausbildung die Möglich­keit geboten werden, einen formellen Bildungsabschluss zu bekommen. 4 803 Männer, 6 050 Frauen begannen im Jahr 2002 in der Steiermark mit entsprechenden Ausbil­dungen.

Diese Personen – und das ist jetzt der springende Punkt – erhielten während ihrer Aus­bildung die so genannte Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes, also eine Förde-


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rung. Mit der vorliegenden Novelle zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, Arbeits­marktförderungsgesetz soll aus dieser personenbezogenen Förderung – Vollversiche­rung: Pensions-, Arbeitslosen-, Krankenversicherung – die Arbeitslosenversicherung herausgenommen werden, sprich wegfallen. Dies bedeutet, dass diese Personen­gruppe, sollte sie nach der Qualifizierung keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, aus dem Titel dieser Beihilfe auch kein Arbeitslosengeld bekommen wird.

Den Betroffenen werden Lebensunterhaltsmittel weggenommen – zur Finanzierung der aktiven Arbeitsmarktpolitik! Und das sind vor allem wieder Frauen, WiedereinsteigerIn­nen und Jugendliche, die eine Verschlechterung ihrer persönlichen Situation erfahren.

Weiters müssen für spezielle Personengruppen, Jugendliche bis unter 25 Jahren und Männer und Frauen ab 50 Jahren, seitens des AMS Qualifizierungsmaßnahmen ver­pflichtend angeboten werden. – Im Prinzip eine gute Sache, nur: Wir haben im letzten Jahr 6 100 Jugendliche unter 25 gehabt, und 5 870 ältere. Die verpflichtende Teil­nahme dieser Zielgruppen an Qualifizierungsmaßnahmen würde bedeuten, dass die budgetären Mittel der aktiven Arbeitsmarktpolitik schon für diese Zielgruppen gebun­den sind. Für die Personengruppen über 25 und unter 50 würden keine Mittel mehr vorhanden sein. Obwohl Sie, Herr Staatssekretär, im Finanzausschuss gesagt haben, es gebe mehr Mittel, schaut es derzeit nicht so aus.

Wir sind in den regionalen Geschäftsstellen derzeit bei der Planungsarbeit. Mit dem Budgetansatz der Landesgeschäftsstellen würde ich allein in meiner Geschäftsstelle 25 Prozent weniger Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik bekommen. So, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, schauen Praxis und Realität aus.

Die Reduzierung der Arbeitslosigkeit sowie die Integration der Betroffenen in den Arbeitsmarkt müssen Ziel einer aktiven Arbeitsmarktpolitik bleiben. Dies ist nur dann möglich, wenn entsprechende Rahmenbedingungen gegeben sind: entsprechende Arbeitsplätze für Jugendliche, Frauen und Ältere, aber auch entsprechende finanzielle Mittel für die Integration und Qualifikation.

Beides wird mit diesem Gesetz nicht erreicht, daher ist es abzulehnen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.26

 


Präsident Herwig Hösele: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Manfred Gruber. Ich erteile es ihm.

 


18.27

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, mir ist im Zusammenhang mit den Budgetbegleitgesetzen ein sehr wichtiges Wort verloren ge­gangen, Herr Staatssekretär, nämlich das Wort „Nulldefizit“. Es war dies in den letzten Jahren ein Wort mit hohem Stellenwert. Sparen um jeden Preis – wir haben vermutlich auch manches kaputt gespart, was sich erst in der Zukunft zeigen wird.

Jetzt haben wir eine neue Vorgabe: Wir versuchen, den Menschen in diesem Lande einen über den Konjunkturzyklus ausgeglichenen Haushalt schmackhaft zu machen beziehungsweise zu verkaufen.

Budgetentwürfe, Doppelbudgets, erstellt in wirtschaftlich unsicheren Zeiten, lassen aber massive Zweifel daran aufkommen, dass die angestrebten Ziele auch erreicht werden können – genauso wenig wie das Nulldefizit in Wirklichkeit jemals erreicht wurde oder auch jene Steuerreform, an der die Regierung Schüssel I letztendlich gescheitert ist. Ich habe aber auch große Bedenken, dass die angekündigte „größte Steuerreform der Zweiten Republik“ jemals kommen wird, denn der Herr Finanzminis-


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ter, bei dem der Lack meiner Meinung nach endgültig ab ist, wird leider für unser Land in wirtschaftlicher und moralischer Hinsicht eine Belastung.

Österreich hat sich in den letzten Jahren wirtschaftlich nicht so gut gehalten, wie immer behauptet wurde. Die Wirtschaftspolitik des Herrn Bundeskanzlers, seines Finanz­ministers und seines Arbeitsministers, der auch ein Wirtschaftsminister sein sollte, wovon man sehr wenig merkt, hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich die Krise in unserem Land noch verschärft hat.

Das zeigt sich vor allem bei der Arbeitsmarktentwicklung, denn die Zahl der Beschäftig­ten ist seit September 2001 ständig gesunken. Im Jahr 2002 gab es um 14 500 weni­ger Beschäftigte als im Jahr 2001. Damit war die Zunahme der Arbeitslosenzahl in Österreich – man höre und staune – in den letzten beiden Jahren höher als in Deutsch­land und im europäischen Durchschnitt. – Es wird hier immer so mitleidig auf Deutsch­land geblickt. Sicher sind dort höhere Zahlen im Spiel, aber vom Prozentsatz her und von der Zunahme her haben wir gegenüber Deutschland an ... (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.) – Noch immer, aber die Zunahme, Herr Staatssekretär, ist ein Signal und ein Hinweis darauf, dass diese Bundesregierung die Verantwortung und die Verpflichtung hat, dagegen etwas zu tun. Das soll eine Signal sein, deshalb habe ich es auch gesagt.

In diesem Budget haben Heeresausgaben Priorität. Dafür werden Bildung, Forschung sowie Infrastrukturmaßnahmen und der Arbeitsmarkt meiner Meinung nach vernach­lässigt.

Diesen Budgets fehlen wichtige Impulse für ein Wirtschaftswachstum. Zum Beispiel gehen vom Budget 2004 trotz einer Steuersenkung restriktive Effekte aus, da die Be­lastungen die Entlastungen bei weitem kompensieren. Bemerkenswert ist hier die späte Einsicht des Herrn Finanzministers, der scheinbar als Letzter draufgekommen ist, dass in einer konjunkturell schwächeren Phase, wie sie seit zwei Jahren bei uns gegeben ist, Defizite im Staatshaushalt durchaus sinnvoll sind. Seit Mitte des Jah­res 2001 wurde ständig daran erinnert, darauf hingewiesen – das Lehrgeld für dieses Versäumnis kommt die Österreicher jetzt sehr teuer.

Nun, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch ein paar Worte zu den Stiefkindern dieser Bundesregierung, nämlich den Gemeinden und den Städten, sagen. Wie Sie alle wissen – es sind ja auch ein paar Bürgermeister-Kollegen unter den Bundesräten –, sind die wichtigsten Voraussetzungen für die Tätigkeit der Gemeinden und Städte ihre rechtliche Anerkennung, die selbständige Entscheidungs­kraft sowie eine gesicherte Finanzierung. 40 Jahre nach Beschluss der Gemeindever­fassungsnovelle 1962, mit der die Gemeindeselbstverwaltung in der Bundesverfassung verankert wurde, ist eine deutliche Aushöhlung durch Globalisierungstendenzen sowie in finanziellen Bereichen festzustellen. Gerade in den letzten Jahren erfolgte eine sehr starke Zentralisierung der Mittel von den Gemeinden zum Bund und zu den Ländern. Gleichzeitig werden für die Gemeinden und Städte neben neuer Aufgaben und Kosten weitere Belastungen angekündigt.

Der Anteil am gesamten Abgabenertrag ist nicht zuletzt durch den Beitrag der Gemein­den zur Konsolidierung des Bundesbudgets, durch den nicht vollständigen Ersatz des Ausfalls der Getränkesteuer, durch die Halbierung der Werbeabgaben sowie einseitige steuerpolitische Maßnahmen des Bundes zu Lasten der Gemeinden und Städte um zirka 400 Millionen € oder 6 Milliarden Schilling gesunken. Diese Mindereinnahmen können durch Verwaltungsreformen und -maßnahmen nicht aufgefangen werden. Die freien Finanzspitzen tendieren bis auf wenige Ausnahmen bei den meisten Gemeinden gegen Null.


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In meiner jetzt 25-jährigen Tätigkeit in der Gemeinde ist es zum ersten Mal geschehen, dass innerhalb eines Budgetjahres ein Schreiben des Finanzministers an die Landes­regierung ergangen ist, womit den Gemeinden mitgeteilt wurde, sie sollten die Budgets für das Jahr 2003 mit 1. Juli 2003 korrigieren, und zwar sollten sie auf der Einnahmen­seite 4 Prozent weniger veranschlagen. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.) – Herr Staatssekretär! Ich weiß nicht, wie man sich das vorstellt! Wie das zwischen Land und Bund läuft, weiß ich nicht, das Schreiben ist auf jeden Fall von der Landesregierung gekommen – nach entsprechender Mitteilung seitens des Finanz­ministeriums. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.) – Ja, Herr Staatssekretär, aber Sie wissen ganz genau, dass die Budgets in den Gemeinden im Dezember des Vorjahres erstellt werden. Sie wissen ganz genau, dass Investitionen, Straßenbauten et cetera, in der Regel ab März, April, Mai getätigt werden, damit die Arbeiten vor dem Sommer erledigt sind. Das heißt, die größeren Investitionsbeträge sind bereits ausgegeben, die Vereine beantragen Subventionen, und ab 1. Juli liegt das Sparpotential bei den Gemeinden meiner Meinung nach fast bei Null. Ich habe mit einigen Bürgermeistern gesprochen, ich wüsste nicht, wo man die 4 Prozent, die man weniger von den Bundesertragsanteilen bekommen soll, einsparen könnte.

Das ist das erste Mal, das hat es noch nie gegeben, dass die Bundesertragsanteile rückläufig sind. Es hat minimale Zuwächse gegeben, es hat auch schon einmal stag­niert, aber dass ein Minus von 4 Prozent herauskommt – wobei der Bund sich an und für sich bei der Kohlesteuer, also bei Steuern, an denen die Gemeinden oder die Län­der nicht beteiligt sind, sehr gut bedient, aber in diesem Bereich die Gemeinden letzten Endes zur Kassa bittet, das geschieht zum ersten Mal!

Der dadurch erzwungene Ausfall an kommunalen Investitionen trägt nämlich nicht un­erheblich zur Schwächung der österreichischen Wirtschaft bei.

Es ist aber auch traurig, meine Damen und Herren, dass diese Bundesregierung laut Regierungsprogramm weitere massive Belastungen für die Gemeinden und Städte vor­hat: die drohende Abschaffung der Werbesteuer oder die Übertragung der Notstands­hilfe an Länder und Gemeinden.

Der Bund verabschiedet sich aus seiner Verantwortung zur Finanzierung des öffent­lichen Personennahverkehrs.

Die Senkung der Lohnsteuer im Zuge der geplanten Steuerreform bedeutet für die Ge­meinden einen Einnahmenentfall, während die Anhebung beziehungsweise die Einfüh­rung neuer Steuern – die Kohlesteuer habe ich schon erwähnt – ausschließlich dem Bund zugute kommt.

Die Rückzahlung der Getränkesteuer, zirka 1,16 Milliarden €, wird höchstwahrschein­lich noch heuer schlagend. Die Nichteinhaltung der Zusagen des Finanzministers wird für so manche Gemeinde oder Stadt zur finanziellen Katastrophe werden.

Die Pensionsreform kostet die Länder und Gemeinden Mehrausgaben bei der Sozial­hilfe.

Es ist bedauerlich, dass diese Budgetpolitik, die man auch eine Belastungspolitik für Gemeinden und Städte nennen könnte, von den Abgeordneten der ÖVP, obwohl sie die Probleme der Gemeinden und Städte vor Ort kennen, ohne Kritik mitgetragen wird. Was soll man von Politikern halten, die im Lande die Aushöhlung des ländlichen Raumes beklagen, im Nationalrat aber eine Politik unterstützen, die diese Aushöhlung noch beschleunigt? – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.36

 


Präsident Herwig Hösele: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kritzinger. Ich erteile ihm dieses.

 



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18.37

Bundesrat Helmut Kritzinger (ÖVP, Tirol): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was mich an der Opposition etwas stört, ist, dass sie an allem – aber das ist natürlich durchaus legitim – Kritik übt, besonders jedoch stört mich, dass sie an der Pensionsreform kein gutes Haar lässt, obwohl sie dazu sehr wohl auch ihre Gedanken einbringen konnte. Man hat mit Ihnen gesprochen, es sind wirklich auch Ihre Vorschläge mit eingebunden worden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es ist doch ein Faktum, dass die Pensionsreform in einer breiten, langen Diskussion mit Runden Tischen und dergleichen mehr diskutiert worden ist! Man hat also sehr wohl auf die Opposition gehört.

Ich denke jetzt im Umkehrschluss: Hätte die Bundesregierung diese Pensionsreform nicht gemacht, da wäre die Hölle los gewesen, da hätte man ihr zu Recht ein Versäum­nis vorgeworfen. In allen Staaten Europas hat man inzwischen die Grenzen des Sozialstaates erkannt, und überall sind Einsparungsmaßnahmen durchgeführt worden und werden laufend durchgeführt. Und hätte die österreichische Bundesregierung nicht reagiert, wäre sie nicht darauf eingegangen, dann würde diese Regierung heute wirk­lich zerfetzt werden, weil ihr die Opposition – in diesem Fall, wie ich glaube, zu Recht – große Vorwürfe machen würde.

Im Zusammenhang mit den Einsparungsmaßnahmen ist eine Erklärung interessant gewesen. Der Ministerpräsident des sozialistischen Musterstaates Schweden Göran Persson hat vor kurzem in einer Erklärung sogar die Worte „links“ und „rechts“ für sich beansprucht. Er hat gesagt, links heißt, die Finanzen in Ordnung zu bringen. Wir haben jahrelang das Gegenteil davon erfahren, wenn ich an die Schulden denke, die die heutige Bundesregierung abzudecken hat. Es ist mehr an Zinsen zu zahlen – 7,5 Mil­liarden an Zinsen! –, als der gesamte Zuschuss zu den ASVG-Pensionen ausmacht. Das ist, glaube ich, schon ein Gradmesser bei Vergleichswerten, was in der Vergan­genheit an Schulden angehäuft worden ist.

Es war also höchste Zeit, dass eine Bundesregierung gekommen ist, die bestrebt ist – energisch bestrebt ist –, diese Kostenexplosion durch geeignete Sparmaßnahmen end­lich einzudämmen.

Ich weiß, dass heute schon eine breite Debatte stattgefunden hat – es haben sich schon beinahe alle Redner zu Wort gemeldet, und jeder konnte hier schon seine Mei­nung kundtun –, aber was wir jetzt machen, ist, glaube ich, eine Sozialpolitik für die Zu­kunft, die Hunderttausende von Menschen in Österreich interessiert. Ich darf Sie daher bitten, in diesem Fall auch die Vernunft walten zu lassen und zumindest der Pensions­reform Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.)

18.41

 


Präsident Herwig Hösele: Als Nächster ist Herr Bundesrat Reisenberger zu Wort ge­meldet. Ich erteile es ihm.

 


18.41

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Meine Herren Staats­sekretäre! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich muss schon sagen, lieber Kollege: Ich bewundere, mit welcher Überzeugungskraft du jetzt Sachen von dir gegeben hast, bei denen ich mir nicht vorstellen kann, dass du sie wirklich glaubst. Wenn du nämlich glaubst, dass hier Gespräche mit der Opposition geführt worden sind, wenn du wirklich glaubst, dass Gespräche zum Beispiel mit den Sozialpartnern geführt worden sind, in denen man – nach langer Zeit – ernsthaft versucht hat, auf all diese Fragen einzu­gehen, dann lebst du offensichtlich in einer Welt, die sehr schön wäre, die es aber bei uns in Österreich in dieser Phase nicht „gespielt“ hat. (Beifall bei der SPÖ.)


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist heute wirklich schon viel gesagt worden, und das Thema ist von den verschiedensten Positio­nen betrachtet worden, nur: Wenn ich mir das Paket anschaue und die Pension als solche wieder betrachte, dann glaube ich, dass wir nicht vergessen sollten, dass es im Prinzip hier auch um eine Art Vertrag geht. Jede Österreicherin und jeder Österreicher ist mit Arbeitsbeginn, mit Beginn seiner oder ihrer Versicherungspflicht auch einen Ver­trag eingegangen. Und in Verträgen ist es so üblich – auch bei uns in Österreich, Gott sei Dank –, dass es gewisse Punkte gibt, die Merkmale sind: angefangen von der Lauf­zeit über die Höhe von Beträgen, und man weiß auch in etwa, was danach heraus­kommen soll, mit wie viel man rechnen kann, was sich also aus diesem Vertrag ergibt.

Solche Verträge sind viele Österreicherinnen und Österreicher in den letzten Jahrzehn­ten eingegangen, und sie glaubten bis jetzt noch immer, dass diese Punkte Gültigkeit haben. Dieser Vertrag aber wurde ganz einfach gebrochen – ich sage ganz bewusst: gebrochen, denn nicht anders kann ich es ausdrücken, wenn Menschen, die bereits jahrelang arbeiten, jahrelang Beiträge geleistet haben und eben unter gewissen Vor­aussetzungen in diesen Vertrag eingestiegen sind, plötzlich vor anderen Realitäten ste­hen. Und auch ein 35-Jähriger, Herr Staatssekretär, oder eine 35-Jährige hat bereits einige Jahre mit diesem System, mit diesem Vertrag gelebt!

Wir wissen auch ganz genau, dass viele von uns nicht mit dieser Rechnung zu Rande kommen können, die aufgestellt wurde. Wenn ich nur allein davon ausgehe, wann mein Pensionsziel erreicht werden sollte, dann muss ich sagen, Herr Staatssekretär Finz: Ich bin jetzt 47, und auch ich werde mir nicht den Luxus gönnen können, mit 60 oder 61,5 oder 62 Jahren die Pension zu genießen. Ich könnte mir aber vorstellen, dass das doch etwas ist, was man nach 45, 46 Jahren Arbeit – in den verschiedensten Bereichen unterschiedlich schwerer Tätigkeit – gerne tun würde.

Und weil wir heute von Schwerarbeit gehört haben, muss ich sagen: Diesbezüglich gebe ich Ihnen schon Recht, und auch ich bin voll und ganz dafür, dass diese beson­dere Berücksichtigung findet. Nur kann es nicht so sein, dass nur eine Unterscheidung in der Form erfolgt, dass man sagt: Dieser Mensch arbeitet körperlich schwer. – In diesem Fall ist das natürlich leicht ersichtlich, da ist es ganz klar, aber es gibt auch Tätigkeiten, die in psychischer Hinsicht Schwerarbeit sind, die aber ganz anders aus­sehen, und da stellt sich natürlich schon die Frage: Wer unterscheidet da wie? – Wenn es heißt, wir werden uns noch im Detail darüber unterhalten – gut und schön. Es ist wichtig, dass wir darüber reden, nur: Befriedigend ist das noch lange nicht!

Weil Herr Kollege Tusek heute davon gesprochen hat, dass man von Seiten der SPÖ und auch des ÖGB die Frage an die Abgeordneten gestellt hat: Wie werden Sie ab­stimmen?, Sagen Sie der Öffentlichkeit: Wie werden Sie sich bei der Abstimmung im Parlament verhalten?, so möchte ich hier betonen: Das ist eine legitime Frage! Wir alle sind gewählt worden, ... (Bundesrat Mag. Tusek: „Sind Sie für den Pensionsraub?“ ist nicht ganz so, wie Sie es jetzt sagen!)

Entschuldigung, es ist einfach die Frage gestellt worden: Wie werden Sie abstim­men? – Der ÖGB hat gefragt: Wie werden Sie abstimmen? – Wir sind genauso von ihnen darauf angesprochen worden und haben es nicht als unlegitim bezeichnet.

Herr Kollege, wenn es dann heißt, das sei, wie im Mittelalter an den Pranger gestellt zu werden, dann muss ich dem entgegenhalten, dass die Frage: Was bist du? Bist du bei der ÖVP, bist du bei den Freiheitlichen, bist du bei der SPÖ?, für den Befragten dann ebenso bedeuten würde, an den Pranger gestellt zu werden.

Die Frage ist dabei folgende – und das, glaube ich, sollte man in der heutigen Zeit immer mehr in den Vordergrund stellen –: Spielen wir in manchen Parteien das Spiel weiter, so wie bei einem Fußballspiel irgendwo oben am Rang zu sitzen und zu


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schreien und den Gescheiten zu spielen, oder gehen wir auf das Spielfeld, spielen mit und deklarieren uns aber auch, wo wir hingehören, was wir wollen und was hier unserer Meinung nach in Zukunft passieren soll – und führen nicht im Hintergrund andere Abstimmungen durch, als es tatsächlich der Fall ist?

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, hier seid ihr ja sehr schwer getrof­fen mit einigen Freunden – auch Gewerkschaftern, wie wir ja wissen –, die eben doch ganz anders reden. Wenn ich mich hier an den 13. erinnere und an Kollegen Neu­gebauer – es fällt mir wirklich schwer, in diesem Fall „Kollege“ zu sagen –, dann muss ich sagen, damals habe ich mir gedacht: Nein, ich habe ihn wirklich falsch einge­schätzt, das ist ein Gewerkschafter! (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.) – Kollege Finz, dass Ihnen das nicht gefallen hat, ist eine andere Ge­schichte, aber damit müssen Sie leben. Für uns alle gibt es Dinge, die wir nicht gerne haben.

Aber wenn ich Sachen höre, wie zum Beispiel: Pallas Athene – toll, nur draußen, nicht drinnen! Oder: Lieber einmal nass werden, als ewig in der Nässe zu stehen!, und dann wird anders abgestimmt, dann zeigt das schon sehr deutlich die Gesinnung, die hier herrscht, oder auch wie ernst in dieser Partei Abstimmungen tatsächlich genommen werden.

Kollege Klamt hat heute von den „FPÖ-Rebellen“ gesprochen, die, wie er meinte, mehr bewirkt haben als alle anderen. – Na ja, was da viel bewirkt worden ist, weiß ich noch nicht. Bei der Abstimmung im Nationalrat haben sie in Wirklichkeit nichts bewirkt, denn diese optischen und kosmetischen Vertröstungsversuche sind offensichtlich nur in die­sem Bereich „hineingegangen“. Und wie wir jetzt sehen, wartet man noch immer auf irgendein optisches Pflaster, damit man sich auch hier im Bundesrat doch noch dem lieben großen Partner anschließen kann.

Man befindet sich auf Seiten der Freiheitlichen ja wirklich in einer sehr eigenartigen Situation, denn wenn im Nationalrat davon gesprochen wird, wie die letzten Wahlen ausgegangen sind, und wenn von der Ernte gesprochen wird, von dem, was man sät und was man sich dann holen kann, und ein Funktionär, ein Abgeordneter der ÖVP meint: Na, wenn die Ernte das nächste Mal wieder genauso ausschaut wie dieses Mal!, und dann die Kolleginnen und Kollegen der Freiheitlichen bei diesen Aussagen voll mit­applaudieren, dann haben sie dabei offensichtlich auch nur den Koalitionspartner im Sinn und klatschen eben einfach mit, denn wie viele Prozent Sie beim letzten Mal be­kommen haben, ist ja wohl allen hier im Saal Anwesenden noch in Erinnerung. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Klamt – schade, dass er jetzt nicht im Saal ist – hat gemeint, dass die Beam­tenpension mehr oder weniger als ein Schweigegeld anzusehen ist. Er hat eben offen­sichtlich auch nicht erkannt, worum es hier wirklich geht, denn ich glaube kaum, dass die Kolleginnen und Kollegen der MA 48, also der Müllabfuhr, oder sonst irgendjemand ihre Pension als Schweigegeld betrachten wollen oder können. Es geht hier ganz ein­fach um ein wohlerworbenes Recht des Ruhegenusses, und man sollte hier nicht in diese Richtung Pensionen in eine Dimension bringen, die damit überhaupt nichts zu tun hat.

Der Herr Vizekanzler zeigt uns nach wie vor immer wieder, auch heute wiederum, dass er seine Einstellung und seine Betrachtungsweise der Dinge von sehr persönlichen Überlegungen abhängig macht, die aber nicht unbedingt mit den Gesetzen gleichzu­stellen sind. Denn zwischen Versicherungsjahren und Beitragsjahren besteht eben immer noch ein Unterschied – ob er es jetzt so sehen will oder nicht –, und wenn er das hier in diesem Raum schon zum – ich weiß nicht wievielten Mal falsch interpretiert und dann meint: Ich sehe das eben so!, dann ist das auch bezeichnend für einen Vize-


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kanzler und einen Mann, der an diesen Gesetzen dementsprechend stark mitgearbeitet hat – vor allem, wenn er uns dann erzählen will, dass Veränderungen ab dem Jahr 2004 zu Stande kommen, wenn es rein rechnerisch noch gar nicht möglich ist, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Die Herren Staatssekretäre haben ja am Dienstag in den Ausschüssen auch darüber gesprochen, wir haben dieses Thema dort auch zur Sprache gebracht, und es ist ja kein Geheimnis, aber man erzählt es noch immer. Das heißt, man informiert uns be­wusst falsch – anders kann man es nicht ausdrücken. Man tut es hier in diesen Gre­mien mit gewählten Funktionärinnen und Funktionären, und man tut es in der Öffent­lichkeit umso mehr und umso öfter und, wie ich sage, bewusst! Und das ist etwas, was man nicht nur nicht verstehen kann, sondern was man auch in der Öffentlichkeit immer wieder aufzeigen muss.

Diese Politik, die hier betrieben wird, muss der Öffentlichkeit gegenüber noch transpa­renter gemacht werden – und durch wen soll das geschehen, wenn nicht durch uns von der Opposition?! – Wir haben nicht nur das Recht, wir haben sogar die Pflicht da­zu, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundes­rates Schennach.)

Wenn der Herr Vizekanzler sagt, die Gewinnerinnen bei dieser Pensionsreform seien die Frauen, dann kann, so glaube ich, jeder nur sehr verhohlen darüber schmunzeln, denn wenn jemand das so locker ausspricht, obwohl man daneben sehen kann, wie es in Wahrheit aussieht, dann kennt er sich entweder wirklich nicht aus, hat also wirklich keine Ahnung, oder er kann nicht rechnen – oder aber er informiert bewusst falsch, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien. Anders kann man es ganz einfach nicht ausdrücken.

Wenn ich von Seiten der Länder höre – und wir haben heute einen Landeshauptmann hier als Redner gehabt –, sie wurden nicht informiert, wenn ich von dort höre, es geht um eine Geldbeschaffung, wenn ich von dort höre, dass man Vergleiche mit der Situa­tion bei Post und Bahn anstellt, dann sollte das, so glaube ich, doch auch für Sie bezie­hungsweise für euch Anlass sein, darüber nachzudenken, wie es in dieser Koalitions­regierung tatsächlich zu Entscheidungen gekommen ist. Da weiß nämlich offensichtlich mehr oder weniger der Rechte nicht, was der Linke gesagt hat, um hier gar nicht von Riess-Passer zu sprechen und den diesbezüglichen Aussagen Haiders von heute, die da lauteten: Wenn sie es hier im Bundesrat gesagt hat, gut und schön; er habe jeden­falls keine solche Anzeige gefunden. Alles habe er gemacht, von Kärnten aus, so wie er auch von Kärnten aus in Wien bestimmt, was mit Österreich passiert. – Er hat euch nie belogen, er hat euch offensichtlich auch nur sehr oft unterschiedlich informiert, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Er informiert auch die Menschen immer wieder über sehr interessante Dinge. So hat er etwa heute von einem betrügerischen System der Ärzte und Gutachter im Zusammen­hang mit Pensionen gesprochen – und mich wundert, dass das niemandem aufgefallen ist, dass sich keiner darüber empört hat. Herr Staatsekretär, da muss ich doch eingrei­fen und sagen: Das kann, bitte, nicht sein! Da gibt es Menschen, die dafür aufgenom­men sind, deren einzige Aufgabe es ist, diese Gutachten dementsprechend ordnungs­gemäß zu erstellen – und ein Landeshauptmann aus Kärnten macht uns darauf auf­merksam, dass das offensichtlich Betrüger sind, und spricht von einem betrügerischen System! Da muss ich doch schreien: Um Gottes Willen! Was passiert hier? – Aber man schweigt dazu. Ich habe nichts gehört – von niemandem, der sich hier von Seiten der Regierungsparteien zu Wort gemeldet hat.

Und, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Politikerpensionen, diese „abgemilderte Form“ – unter Anführungszeichen –, die da jetzt gekommen ist, ist ja


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auch so eine eigene Geschichte. Wir haben ja gehört – ich durfte das hier schon ein­mal sagen, aber man kann es nicht oft genug wiederholen –: Neue Ideen kommen von Scheibner, werden dann von Frau Minister Gehrer sofort in der „ZiB 2“ weitergegeben, und wir hören, das seien „Trägerraketen“. – Der einzige wirklich gescheite Grund, warum man die Kampfjets anschaffen könnte: um diese Trägerraketen, die aus den Regierungsparteien selbst abgeschossen werden, wieder abfangen zu können! Das ist wahrscheinlich die einzige sichere Sache, für die man sie verwenden kann.

Herr Bundesrat Weilharter hat Zusammenarbeit bei der Abstimmung gefordert und ge­meint: Wie soll man denn dagegen stimmen können, oder wie sollen wir uns denn hier annähern können, wenn ihr so garstig zu uns seid – ich sage es anders: wenn man die Wahrheit sagt und wenn man auf Punkte aufmerksam macht?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es kann doch wohl nicht sein, dass ich in einer brisanten, wichtigen politischen Situation meine Meinung davon abhängig mache, ob irgendwer zu mir nett oder nicht nett spricht, ob mich jemand persönlich ein bisschen fester angreift oder nicht angreift! Dazu muss ich sagen: Entweder ich weiß, worum es geht – dann habe ich dazu meine Meinung –, oder ich weiß es nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Oder – es gibt noch eine dritte Möglichkeit: dass ich immer noch nicht erfahren habe, welcher Meinung ich bin. Und das dürfte in diesem Fall auch keine unwesentliche Rolle gespielt haben.

Herr Bundesrat Gudenus ist dabei natürlich anders. Er sagt klipp und klar: Ich bin dagegen. – Das ist zu akzeptieren, auch von der eigenen Partei. Er wird nicht mitstim­men. Es besteht unter Umständen noch die Chance, dass das bei anderen Kollegen auch der Fall sein wird, wie wir gehört haben. Aber da gibt es diese „Kosmetik­mascherln“, die man sich noch ganz gerne als Ausrede aufheben will, denn ansonsten ist es wohl nicht möglich, in dieser Zeit klar und deutlich zu sagen: Diese Änderung machen wir, diese Änderung findet dort und dann statt, wir haben die Harmonisierung auf dem Tisch! – Das geht nicht innerhalb von ein paar Stunden, nicht innerhalb von ein paar Tagen – das wissen alle, die ernsthaft für sich in Anspruch nehmen, in diese Dinge involviert zu sein. Daher sind diese Aussagen über das Abstimmungsverhalten für mich traurig – traurig und gleichzeitig bezeichnend dafür, wie einige von uns in diesem Raum, in diesem Gremium ihre Verantwortung tatsächlich wahrnehmen.

Das kann es nicht sein! Egal, welcher Partei ich angehöre, egal, welcher Art meine Entscheidung ist, sie kann nicht von Kosmetik abhängig gemacht werden, sondern ich muss dazu stehen, und ich muss sie auch begründen können.

Wir wollen diesen Schlenker durch dieses riesengroße Konglomerat noch ein bisschen fortsetzen – nicht mehr allzu lange, aber ein paar Bemerkungen kann ich mir nicht ver­kneifen, und ich darf wiederum auf die Kampfjets zu sprechen kommen. Wir sind uns ja inzwischen schon einig darüber, dass es nicht fliegende Fotoapparate sind und dass es sicherlich auch keine harmlosen kleinen Flugzeuge sind, die nichts tun, die nichts machen können, sondern dass es sich hier ganz einfach um Kampfjets handelt.

Dazu denke ich mir schon auch: Werbung dafür zu machen, ist eine eigenartige Art und Weise, wie man neuerdings damit umgeht. Sie wissen alle, dass wir der Meinung sind, dass diese Flugzeuge nicht notwendig sind, dass ihre Beschaffung genau zur jetzigen Zeit falsch ist. Ich wiederhole all die verschiedenen Punkte nicht noch einmal, wir haben sie schon zehnmal durchdiskutiert. Aber darüber hinaus frage ich mich: Welchen Sinn macht es, wenn ich eine groß angelegte Werbekampagne dafür in den Medien mache – die nicht nur viel Geld kostet? Wen überzeuge ich damit?


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Die Werbebranche hat einen Grundsatz, der sehr gut und sehr wichtig und gleichzeitig auch sehr kompliziert ist: Bei jedem Produkt, das ich verkaufen will, muss ich mir zu­erst einmal anschauen: Wem will ich es verkaufen? Soll das eher männliche oder eher weibliche, eher ältere oder eher jüngere Menschen, eher Menschen, die in der Stadt leben, oder eher solche, die am Land oder wo auch immer leben, ansprechen? – Und dementsprechend werde ich dann die Werbung ausrichten. Was machen Sie da? – Drüberfahren: Wir haben das Beste und das Schönste!

Vielleicht kommen wir dann in der nächsten Phase drauf, dass wir Autos, die wir jetzt für den Minister kaufen oder die wir uns irgendwo im Bereich der Republik Österreich zulegen wollen, auch vorher bewerben – die Automarken, die wir in diesem Fall dann haben wollen.

Herr Staatsekretär, ich frage mich: Sind es Geschenke an die Wirtschaft, die damit ge­macht werden, oder können Sie mir die Sinnhaftigkeit von solchen Aktionen erklären? Auch wenn Sie sagen: Das macht die Firma, das machen nicht wir, die Kosten kom­men von woanders. – Das kann mir keiner erklären, was das für einen Sinn macht! Wir geben aber einer Firma die Möglichkeit, sich hier zu profilieren oder sich mehr oder we­niger in der Öffentlichkeit wirtschaftlich vorzustellen – mit dem Hintergrund, es geht um Österreich, denn dabei kommt ja nicht klar heraus, woher die Gelder dafür kommen.

Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Thema „Geschenke an die Wirt­schaft“ – ich wiederhole auch das gerne –: 106 Milliarden ist die österreichische Wirt­schaft der Sozialversicherung – der Pensionsversicherung und Krankenversicherung – schuldig, über 5 Milliarden Dienstnehmerbeiträge, Beiträge, die von den Menschen, die in Österreich arbeiten, bereits einkassiert wurden! Auch wenn ein kleiner Teil davon Beträge betrifft, die nicht mehr zu holen sind, weil es die Firma nicht mehr gibt, weil alles weg ist – aber was machen wir mit dem Rest? Nichts ist da! Wir reden uns auf die Sozialversicherung aus, die kann mahnen, die kann klagen – der Rest liegt an der Poli­tik, meine Damen und Herren! Wir machen nichts dafür! Was die geringfügig Beschäf­tigten betrifft, so ist die Diskussion noch nicht lange her. Auch da wurden der Wirtschaft zwei Monate geschenkt, auch hier wurde den Dienstgebern wiederum ein Geschenk gemacht! (Bundesrätin Zwazl: Der „Konsum“ ...!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das sind Realitäten. Da hilft es uns nichts, andere Namen zu nennen. Was machen Sie dagegen? Oder finden Sie es richtig? Dann sagen wir es allen, die es wissen sollten: Hier wird vertreten, dass Gelder die für bestimmte Zwecke wie Krankenversicherung und Pensionen eingehoben worden sind, irgendwo verschwinden, nicht dorthin kommen, wo sie hinkommen sollen. (Bundesrätin Zwazl: Das sind Unterstellungen!) Da können Sie uns erzählen was Sie wollen! So ist es nun einmal. (Beifall bei der SPÖ.)

Machen wir also der Wirtschaft Geschenke! Dann darf man sich aber nicht wundern, wenn auf der anderen Seite Minister glauben, sie müssten Ministerprozente sogar bei Schuhen bekommen. Aber vielleicht sind Sie auch in dieser Richtung durchaus davon angetan, eine Art Kompensationsgeschäfte zu machen (Ruf bei der ÖVP: Der kennt sich nicht aus!) und in Zukunft Ministerprozente vielleicht auch bei der Unterwäsche von Palmers, Mäser oder von sonst wo zu verlangen. Das wäre natürlich eine interes­sante Sache, die man sich anschauen muss.

Kollege Himmer – er ist noch immer anwesend, das ist wunderschön – hat uns heute so toll über die Überparteilichkeit des ÖGB informiert. Es wäre gut, würde er sich ein­mal darüber informieren, was Überparteilichkeit bedeutet und was der ÖGB ist. Er braucht nur in seinen eigenen Reihen zu fragen, wie es eigentlich dazu kommt, dass auch Vizepräsidenten des ÖGB nach solchen Umfallern, die ihresgleichen suchen, in den eigenen Reihen die größten Probleme bekommen, die es gibt. (Bundesrat


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Mag. Himmer: ... hat viel verhandelt! Er hat mehr erreicht als der ganze ÖGB!) – Ihr habt vollkommen Recht. Er hat etwas erreicht.

Herr Staatssekretär! Kollege Himmer! Wisst ihr, was er erreicht hat? – Er hat erreicht, dass eine kleine Gruppe der Beamten, eine ganz kleine Gruppe der Beamten (Staats­sekretär Dr. Finz: Die gleichen Rechte geltend machen kann wie die anderen ...!) teil­weise noch bessere Rechte bekommen hat, den Großteil der Beamten aber, nämlich diejenigen, die tagtäglich um wenig Geld ihren Dienst versehen und nicht die großen Einkommen haben – das sind über 80 Prozent der Beamten –, hat er verkauft und ver­raten, meine sehr verehrten Damen und Herren! Verkauft und verraten, sodass diese ihrem eigenen Parteigenossen sagen: Freund, mit uns nicht! Du bist nicht mehr unser Vertreter! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Konecny: Jawohl!)

Das ist sehr einfach zu verstehen, wenn man sich nur ein bisschen mit Gewerkschaft oder Interessenvertretung auseinander setzt. Wir sind ja alle einmal jünger gewesen. Sie haben einmal gesagt: Bonzen quälen, Himmer wählen!; ein netter alter Spruch. (Bundesrat Fasching: Der war ja nicht so schlecht!) Ich glaube, einige werden jetzt eher sagen: Herr Himmer, tun Sie uns nicht mehr quälen, wir wollen lieber jemand anderen wählen! – Auch das kann kommen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Bun­desrat Mag. Himmer: Das war wenigstens lustig!) – Danke.

Man könnte jetzt natürlich noch über viele Punkte rede. Zum Abschluss – das ist ein legitimes Recht – noch ein paar Punkte, um zu zeigen, warum wir dagegen sind. Was ist es, was uns daran so stört? Was erscheint uns so wichtig? Wenn es Sie interessiert, Herr Staatssekretär – wir haben es schon ein paar Mal gesagt, Sie haben es von mir persönlich auch schon ein paar Mal gehört –, werde ich nur die allerwichtigsten Punkte noch anführen. Bitte dabei zu überlegen: Das sind keine Illusionen, das sind Realitä­ten, um die es geht!

Es ist uns wichtig, dass die Wahlfreiheit über den Zeitpunkt des Pensionsantritts ge­währleistet ist. – Nach 45 Arbeitsjahren sind die meisten Menschen körperlich gar nicht mehr in der Lage, zu arbeiten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin – und ich wiederhole das, was ich mit Herrn Staatssekretär Finz am Dienstag diskutieren durfte – in vielen Betrieben unter­wegs und – auch das ist keine parteipolitische Aussage, das geht durch alle Parteien – jeder Unternehmer sagt: Wir werden es vielleicht schaffen, den einen oder anderen Mitarbeiter vielleicht ein bisschen länger bei uns behalten zu können. Aber seien Sie mir nicht böse, wenn ich einen Arbeitsplatz neu zu vergeben und einen Bewerber mit 58, 59 Jahren habe, dann muss ich aus geschäftlichen Überlegungen – und ich muss dazu sagen: das kann ich als Gewerkschafter sogar verstehen – einen Jüngeren neh­men. Ich werde mir doch nicht jemanden nehmen, der kurz vor der Pension steht und bei dem ich mit all diesen Dingen zu rechnen habe!

Also gehen wir nicht davon aus, dass wir den Menschen wirklich die Chance bieten können, dass sie dann, wenn es aus verschiedenen Gründen – und leider Gottes gibt es genug Gründe, zum Beispiel dass sich Firmen auflösen oder dass die Menschen in ein höheres Alter kommen – unheimlich schwer ist, für sie noch einen Arbeitsplatz zu finden, beschäftigt werden können. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.) – Bitte? (Bundesrat Steinbichler: ... bieten Sie den Menschen ...! – Zwischenruf des Bundesrates Konecny.) Was hat das damit zu tun? (Bundesrat Steinbichler: Weil es so interessant ist, weil Sie sagen, Sie kennen die Problematik! Was sind die Alterna­tiven?) – Die Alternativen dazu habe ich gerade gesagt. (Bundesrat Steinbichler: Wir haben aber nichts gehört!) Zuhören wäre vielleicht das einzig Richtige! Seit dem 10. Lebensjahr den Betrieb führen, ist schön und gut, nur: Wenn du da sitzt, dann


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erkundige dich wenigsten nach jenen Dinge, um die es da geht! Du bist auch nur ein Handerlheber, und sonst redest du von nichts. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht uns also darum, dass die Menschen nach getaner Arbeit, nach langer Arbeits­zeit körperlich, geistig, wie auch immer, die Möglichkeit haben, ihren wohlverdienten Ruhestand genießen zu können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir verlangen weiters ein vernünftiges und schlüssiges Berechnungssystem mit gerechter Verteilungswirkung. 10 Prozent Ver­luste bereits ab 2004 sind ganz einfach ungerecht! Vor allem Männer mit besonders langen Versicherungszeiten sind davon betroffen. Das ist auch nachrechenbar.

Ein Pensionsantritt mit 60, nach 45 Versicherungsjahren, muss jedenfalls möglich sein. Die Wahlfreiheit muss gegeben sein!

Eigenständige Frauenpensionen durch Aufwertung der Betreuungszeiten sind notwen­dig. Es kann nicht sein – und das müssten eigentlich auch alle Männer, die hier sitzen, einsehen –, dass die Bundesheerzeit mehr wert ist als die Karenzzeit von Frauen. Das kann niemand verstehen, und das wird auch niemand verstehen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Die Harmonisierung der Pensionssysteme ist uns wichtig, eine Harmonisierung mit einer gerechten Verteilung der Belastungen zwischen Selbständigen und Unselbständi­gen, und auch eine Harmonisierung zwischen Beamten und ASVG, allerdings eine in langen Gesprächen und bei sich permanent ändernden Voraussetzungen durchzufüh­rende, die nicht innerhalb von fünf Minuten auf dem „grünen Tisch“ geregelt werden kann.

Wenn man sich alleine den Bereich der Beamten anschaut, wie viele unterschiedliche Systeme es in diesem System gibt, dann erst ist man in der Lage, darüber zu disku­tieren. Das kann man nicht im Husch-Pfusch-Verfahren machen, und das kann man auch nicht mit einer Forderung verbinden wie: Wenn ihr uns versprecht, dass wir das schnell machen, dann stimmen wir zu! – Das ist unfair. Das ist nicht reell. Das ist nicht die Politik, die ich mir für Österreich wünsche.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß, dass ich gegen Windmühlen kämpfe, aber es gibt auch in Ihren Kreisen etliche, wie ich weiß, die sich in den Syste­men auskennen, die auch sehr wohl wissen, worum es geht, und die ein ganz schlech­tes Gefühl in der Magengegend haben! Überlegen Sie sich, was Sie machen!

Herr Himmer! Sie meine ich nicht. Bei Ihnen, das weiß ich, ist Hopfen und Malz verlo­ren. In diesem Sinne: Alles Gute! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

19.08

 


Präsident Herwig Hösele: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Zwazl. Ich erteile es ihr.

 


19.08

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Hohes Präsidium! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Entschuldigen Sie bitte, aber auf die Wortmeldung von Kollegen Reisenberger musste ich mich spontan zu Wort mel­den.

Ich bin eine kleine Gewerbetreibende, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich führe seit 30 Jahren einen gemischten Betrieb, ein Handelsunternehmen und eine Er­zeugung. Ich habe einen Rahmenfachhandel, restauriere und vergolde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! 86 Prozent der Betriebe in Österreich haben nur bis zu neun Mitarbeitern. Das sind Betriebe wie der meine. Gemeinsam mit unse-


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ren Mitarbeitern sind wir es, die wirklich Arbeitsplätze schaffen, die Lehrlinge ausbil­den. Wenn man sich das sagen lassen muss, was Sie heute hier gesagt haben, dann empfinde ich das als eine persönliche Beleidigung! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Reisenberger.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir in Niederösterreich pflegen einen guten Kontakt mit den Sozialpartnern. Ich stehe in engem Kontakt mit der Arbeiterkammer, mit der Gewerkschaft, und ich bin auch im Vorstand der Gebietskrankenkasse. Sie können davon keine Ahnung haben, sonst wüssten Sie, dass wir, wenn wir unsere Bei­träge nicht zahlen, auf Heller und Pfennig exekutiert werden, und es werden auch Ver­zugszinsen gerechnet. Schauen Sie sich das bitte an! (Bundesrat Manfred Gruber: Nicht alle!) – Alle! Außer die ganz großen Betriebe, wie zum Beispiel die letzte große Pleite in Niederösterreich, der „Konsum“! (Bundesrat Gasteiger: Nein! Das war der Freiheitliche Wohnbau!) Um diese Summe zu erreichen, könnten einige Kleine hinein­rutschen. (Bundesrat Gasteiger: Rosenstingl und ... waren die letzte große Pleite!) – Nein! Erstens einmal gehört der eine nicht zu meiner Fraktion – das möchte ich Ihnen nur sagen –, und auf der anderen Seite, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, wissen wir von der Wirtschaft ganz genau, dass es mit unseren Mitarbeitern funktionieren muss. Wir haben guten Kontakt, und wir sind diejenigen, die auch die Lehrlinge ausbilden. 80 Prozent der Lehrlinge werden in Klein- und Mittelbetrieben ausgebildet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erwarte mir hier im Hohen Hause etwas mehr Respekt vor der Arbeit der „kleinen“ Unternehmer (Bundesrat Manfred Gruber: Schwarze Schafe in Ihren Reihen ...!) – und nicht, dass wir uns hier ganz einfach an­schütten lassen müssen! Bitte schauen Sie sich doch einmal die Zahlen an! (Bundesrat Manfred Gruber: Frau Kollegin! Es gibt in Ihren Reihen einen Haufen schwarzer Schafe!)

Sie von der SPÖ haben heute sehr viele Zahlen hier genannt, und wenn ich schon am Wort bin, dann möchte ich Ihnen auch Folgendes sagen: Wenn jemand 25 Jahre alt ist und 300 € pro Monat in die Pensionsversicherung einzahlt, dann bekommt er mit 60 Jahren 1 100 €. – Genauso wie die anderen Summen stimmt vieles, was Sie heute gesagt haben, nicht! (Bundesrat Manfred Gruber: In Zukunft kriegt er nur mehr 700 €!)

Ich bitte Sie, jenen Weg, den wir in Niederösterreich gehen, nämlich gute Kontakte mit den Sozialpartnern zu pflegen, doch auch hier im Hohen Hause zu beschreiten! (Bun­desrat Boden: Dem Schüssel sagen!) – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.11

 


Präsident Herwig Hösele: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bun­desrat Reisenberger zu Wort gemeldet.

Ich weise darauf hin, dass eine tatsächliche Berichtigung die Dauer von 5 Minuten nicht überschreiten darf; sie hat sich überdies auf die Wiedergabe der zu berichtigen­den Behauptung und die Darstellung des berichtigten Sachverhalts zu beschränken.

Ich erteile Herrn Bundesrat Reisenberger das Wort.

 


19.11

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Hohes Haus! Wenn es, liebe Kollegin Zwazl, in Ihren Ohren so geklungen hat, wie Sie es wiedergegeben haben (Bundesrätin Zwazl: Ja!), dann verstehe ich das. Ich darf Ihnen eines sagen – vielleicht habe ich einen Fehler gemacht, weil ich das nicht dazugesagt habe –: In Wien ist es ähnlich wie in Niederösterreich, weil auch da gerade zwischen uns und den Klein- und Mittelbetrieben sehr guter und enger Kontakt besteht. Das ist auch der Grund dafür, dass sehr viele Klein- und Mittelbetriebe bei unseren Aktionen mit dabei


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waren, die auch gesagt haben: Uns trifft es genauso, wir verstehen das, und wir unter­schreiben das auch nicht!

Nur: Schauen Sie sich doch bitte an! Ab einer gewissen Größe gibt es eben dann die Möglichkeit, etwas schuldig zu bleiben, etwas länger schuldig zu bleiben. (Bundesrätin Zwazl: Was ist eine „gewisse Größe“?) Da geht es schon um beachtliche Größen. (Bundesrätin Zwazl: Was?) – Ein Betrieb mit 30, 40 oder 50 Leuten hat diese Mög­lichkeit in der Regel nicht! Da ist man relativ schnell weg davon, aber je größer die Betriebe sind, desto mehr haben sie die Möglichkeit, dass dann auf „politischer Ebene“ – unter Anführungszeichen – Aufschub gewährt wird, und es kann sein, dass es zu einem Nimmerwiedersehen dieses Aufschubs kommt. (Bundesrätin Zwazl: Nein, stimmt nicht!)

11,6 Milliarden, Frau Kollegin ... (Bundesrätin Zwazl: Sind uneinbringlich!) – Die sind nicht uneinbringlich! 11,6 Milliarden ist ganz einfach eine Riesensumme, und 11,6 Milliarden darf uns allen nicht egal sein! Daher bin ich froh, wenn Sie so empört sind, denn dann werden Sie vielleicht auch mithelfen, diese Summe – zumindest Teile davon – einzubringen und den Österreicherinnen und Österreichern wieder zur Verfü­gung zu stellen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.13

 


Präsident Herwig Hösele: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Staatssekretär Finz. Ich erteile es ihm.

 


19.13

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, wir hatten heute hier eine äußerst interessante Diskussion; das Budgetbegleitgesetz bietet ja viel. (Bundesrätin Bachner: Für wen?) Es ist ein äußerst wichtiges Gesetz, werden doch für die nächsten Jahre beziehungsweise sogar Jahrzehnte Zukunftsfragen gelöst. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Bundesregierung hat damit, wie ich meine, eine ganz wichtige Gesetzesvorlage vorgelegt. Es ist auch wichtig, die unterschiedlichen Positio­nen dazu herauszuarbeiten.

Selbstverständlich war die Pensionsreform, vor allem die Reform der ersten Säule, ein wichtiger Bestandteil. – Herr Bundesrat Reisenberger, selbst in der Juristerei gibt es keine „ewigen Verträge“, sondern da gibt es eben auch Begrenzungen. Wenn sich Lebensumstände ändern und wenn sich wirtschaftliche Veränderungen ergeben, dann kann man auch ein Dauerschuldverhältnis ändern, wenn eben etwas nicht mehr be­zahlt werden kann, weil eben die ökonomischen Funktionen ganz andere geworden sind.

Folgendes kann doch nicht bestritten werden: In Österreich gibt es immer weniger Kinder, die dieses System erhalten. Unbestritten ist auch, dass wir immer älter werden, und da muss man eben handeln. Seit den neunziger Jahren wird dieses Thema dis­kutiert: dass eben eine Pensionsreform gemacht werden muss. – Herausgekommen ist jedoch, abgesehen jeweils von einem großen Beginn, immer nur eine „kleine Maus“ sozusagen.

Jetzt endlich ist der richtige Schritt gesetzt worden, nämlich der einzig richtige Schritt, dass wir, der höheren Lebenserwartungen entsprechend, natürlich auch das Pensions­antrittsalter auf das gesetzliche Pensionsalter von 65 Jahren anheben müssen. Das ist ein grundrichtiger Schritt gewesen, ein Schritt, zu dem diese Bundesregierung steht.

Richtig ist auch die Überlegung, die Pensionsbeiträge mit der Pensionshöhe in Ein­klang zu bringen. Das derzeitige System ist höchst ungerecht, wenn für die Berech­nung nur die besten 15 Jahre genommen werden! Nochmals: Dieses System ist unge-


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recht! Wieso ist es ungerecht? – Ein Beispiel: Eine Arbeiterin, die ihr ganzes Leben brav Beiträge gezahlt hat, aber immer nur auf einem sehr niedrigen Niveau; weiters eine Studentin, die lang studiert hat, und auf einmal, als sie mit 32 Jahren mit dem Studium fertig war, eine Top-Managerin geworden ist. Letztere hat auf die Lebensver­dienstsumme gerechnet dieselben Beiträge eingezahlt, bekommt aber die dreifache Höhe der Pensionsleistung wie die „kleine“ Arbeiterin heraus. –Da können doch Sie von den Sozialdemokraten nicht sagen, so ein System müsse man aufrecht erhalten! Das kann doch nicht gerecht sein!

Dieses System, meine Damen und Herren, gehört geändert, sodass man eben mit der Höhe seiner Beiträge auch die Höhe der Pension bestimmt. So wird dieses Systems dann auch ausschauen: Wer Pensionsbeiträge eingezahlt hat – natürlich kommt dann noch die Leistungskomponente hinzu, etwa bei Frauen mit Kindern; weiters ist zu klären, ob jemand beim Bundesheer war oder etwa die Möglichkeit der „Sterbekarenz“ in Anspruch genommen hat, wo dann jemand „einspringen“ muss, der diese Beiträge zahlt –, wenn also jemand Beiträge gezahlt hat, jedoch früher in Pension gehen möchte, wie Sie das gesagt haben, Herr Bundesrat Reisenberger, dann muss er natür­lich auch in Kauf nehmen, dass er eine niedrigere Pensionsleistung erhält. Das kann man doch nicht völlig unabhängig von der Beitragssituation machen und sagen: Das muss eine Wahlfreiheit sein, wann ich in Pension gehe, zahlen soll es die Allgemein­heit!

Meine Damen und Herren! Wir müssen vom rein leistungsorientierten Pensionssystem zu einem beitragsorientierten Pensionssystem kommen! Das ist ein wichtiger Schritt! (Beifall bei der ÖVP.)

Folgendes möchte ich auch hier festhalten: Der öffentliche Dienst, die Beamten, wurden in diese Reform gleichermaßen mit einbezogen. Auch dort wird im gleichen Zeitraum die Frühpension abgeschafft, und es wird im gleichen Zeitraum die Durch­rechnung eingeführt. Leider – leider! – ist das nicht in allen Bundesländern so. Vor allem in Wien zum Beispiel ist das anders: Wien hat nicht einmal noch die Pensionsre­form 1997 nachvollzogen. In Wien kann man noch immer mit 60 Jahren in Pension gehen. – Das tatsächliche Pensionsantrittsalter in Wien liegt bei 57 Jahren! Die Ab­schläge sind niedriger und so weiter; all das wurde in Wien nicht nachvollzogen!

Leider gibt es Bundesländer, für die das Wort „Harmonisierung, obwohl dieses Wort von den Sozialdemokraten so oft in den Mund genommen wird – und bei den Sozial­demokraten sollten eigentlich der Begriff „Harmonisierung“ und somit auch der Begriff „Solidarität“ wichtig sein – offensichtlich doch nicht so etwas Ernstes ist.

Hoffentlich geben Sie uns dann eine verfassungsrechtliche Mehrheit dazu, dann können wir das nämlich auch im Bund, eben mit einem Bundesgesetz beschließen, dass auch dort in gleicher Weise harmonisiert werden muss.

Im Programm dieser Bundesregierung – und das ohne irgendwelche äußere Zurufe – steht ganz klar, dass wir die Harmonisierung wollen, ist das doch der Schlüssel zu einem gerechten Pensionssystem. Da ist es relativ einfach, wenn man sagt: Ab 1. Jänner haben alle, die ein neues Dienstverhältnis antreten, dasselbe Pensionsrecht! Das geht relativ leicht. – Schwierig wird es allerdings dort, wo man von verschiedenen Pensionssystemen aus einsteigen muss. Wenn man – so wie bei der öffentlichen Hand, und das gilt für alle Gebietskörperschaften, nicht nur für den Bund – als Arbeit­geber nie Pensionsbeiträge gezahlt hat, wenn man von Bediensteten jene Pensions­beiträge, die höher waren als im ASVG, nie einem Pensionskonto hat zufließen lassen, sondern das ins allgemeine Budget hat einfließen lassen, dann tut man sich natürlich schwer, zu sagen: So, du bist jetzt auch in einem harmonisierten System, du bist in einem Einheitspensionssystem!, weil sich dann natürlich die Frage ergibt: Was ist mit


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den Beiträgen? Wer zahlt die jetzt nach? Die öffentliche Hand soll das schlagartig nachzahlen?

Die Gemeinde Wien hat wieder einmal sofort angemerkt: Diese Harmonisierung können wir uns nicht leisten! Was bedeutet das? – Das bedeutet, dass die öffentliche Hand, neben den laufenden Beiträgen, dann auch alle restlichen Beiträge nachzahlen und natürlich auch noch eine Pensionskassenfinanzierung durchführen muss! Das sind die Schwierigkeiten – abgesehen davon, dass es im Unternehmensbereich oder etwa auch in der Landwirtschaft von der Beitragssituation her eine ganz andere Ausgangs­lage gibt.

Das sind die Schwierigkeiten, aber man darf doch vor schwierigen Fragen nicht die Augen verschließen, angehen muss man sie, beginnen muss man endlich mit diesem System. Daher sind gerade die Gewerkschaften herzlich eingeladen, an einem gerech­ten System mitzuarbeiten. (Bundesrätin Haselbach: Wir sind schon wieder einge­laden!)

Es freut mich auch – ich habe es heute bereits erwähnt –, dass wir die zweite Säule, die Pensionskassen, in diesem System mit reformiert haben und dass die Befürchtun­gen oder die Behauptungen, auch hier werde gekürzt, überhaupt nicht zutreffen. Kein Leistungsempfänger, der derzeit eine Zusatzpension aus diesem Pensionskassen­system erhält, bekommt weniger.

Weil immer gesagt wird: Jetzt seht ihr, wie das mit dem kapitalgedeckten Verfahren ist, nur das Umlageverfahren ist gut! – Bitte, wenn ich die Performance, also die Valorisie­rung der ersten mit der zweiten Säule, seit den neunziger Jahren vergleiche, dann sehe ich: Wir haben seit 1990 trotz der letzten zwei schlechten Jahre eine durchschnitt­liche Performance von jährlich nahezu 7 Prozent. Wenn ich die ASVG-Pension ver­gleiche, dann sehe ich: Wir haben eine Performance, die zwischen 1 und 2 Prozent liegt. Also so schlecht ist die zweite Säule nicht, noch dazu, wenn – wie jetzt bei der dritten Säule – das Kapital gesichert wird und auf jeden Fall erhalten bleibt. Da ist ja das Risiko, das ich bei derartigen Pensionssystemen eingehe, relativ gering.

Zur Steuerreform und dazu, dass immer gesagt wird: Wie kann sich ein „Kleiner“ eine Zusatzpension leisten?, möchte ich sagen: Wenn er die „Abfertigung neu“ in Anspruch nimmt, indem er sie verrenten lässt, dann braucht er überhaupt keinen Beitrag zu zahlen, denn das tut der Unternehmer. Er muss das Geld nur liegen lassen – Erster Punkt.

Für den Beitrag wird keine Steuer gezahlt, für die Veranlagung wird keine Steuer ge­zahlt, und wenn er die Verrentung dann in Anspruch nimmt, braucht er auch keine Steuer zu zahlen. Das ist das einzige System in Europa, bei dem man für ein Zusatz­pensionssystem in keiner Phase eine Steuer bezahlen muss. In allen anderen Ländern ist es zumindest so, dass man dann bei der Pensionsauszahlung eine Steuer bezahlen muss. Unser System ist ein Spitzensystem! Nach demselben Prinzip ist die Zukunfts­vorsorge eingerichtet. Das sind sehr attraktive Zusatzpensionssysteme.

Durch unsere Steuerreform werden, wenn sie auch nur einen Bruchteil der Steuer­ersparnis dafür nützen, vor allem auch junge Leute in die Lage versetzt, diese Systeme wirklich in Anspruch zu nehmen. Das ist finanzierbar, und zwar durch die beiden Steuerreformschritte, die wir jetzt machen.

Der erste Schritt einer großen Steuerreform ist die Steuerbefreiung der Kleinsteinkom­men. Der zweite großer Schritt dient der Wirtschaft, gerade der kleinen Wirtschaft, nämlich die steuerliche Entlastung bei nicht entnommenen Gewinnen. Eine weitere steuerliche Entlastung erfolgt in Bezug auf ältere Arbeitnehmer. Sie haben ganz richtig gesagt, Herr Bundesrat: Wenn ein Unternehmer die Wahl zwischen einem jungen und


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einem älteren Arbeitnehmer hat, nimmt er den jüngeren, und zwar nicht deshalb, weil der Jüngere verlässlicher oder gesünder ist – wir haben uns die Zahlen angesehen, die Gesundheitsdaten und so weiter; die älteren Dienstnehmer sind genau so verlässlich, vielleicht sogar verlässlicher (Beifall der Bundesrätin Roth-Halvax), denn sie wissen, welcher Abstieg mit der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses verbunden ist –, sondern deswegen, weil er vom Lohn her billiger ist. Daher setzen wir gezielt mit einer Lohn­nebenkostensenkung ein.

Bereits im nächsten Jahr werden sich diese verschiedensten Maßnahmen auswirken. Bei der Lohnnebenkostensenkung verzichtet der Staat auf 140 Millionen € an Einnah­men. Bei der Einkommensteuer verzichtet er bereits im Jahr 2004 auf 329 Millionen € an Einnahmen.

Selbstverständlich gibt es eine ökologische Steuerreform als Gegensteuerung. Die Umsatzsteuer auf Mineralölsteuer bringt plus 40 Millionen €, die Mineralölsteuer plus 200 Millionen €, die Energieabgaben plus 135 Millionen €.

Letztlich kommt ab dem nächsten Jahr bereits eine steuerliche Entlastung von 169 Mil­lionen €, die sich bis zum Jahr 2006 auf 623 Millionen € pro anno steigert. Das sind umgerechnet 10 Milliarden Schilling, und da kann doch niemand sagen, das sei eine lächerliche Steuerreform. Dazu kommt erst ab 2005 der nächste große Brocken.

Ich wehre mich dagegen, wenn bei einer Steuerreform immer zwischen den Arbeitneh­mern und der Wirtschaft unterschieden wird. Die Wirtschaft wird grundsätzlich als böse bezeichnet, es wird gesagt, man schmeiße ihr Steuerzuckerln nach. Aber der Arbeit­nehmer muss alles bekommen. Bitte, das ist der größte Irrtum. Die Wirtschaft sind wir alle. Wenn es der Wirtschaft gut geht, dann gibt es Arbeitsplätze, und es ist das Beste, wenn man verdienen kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Bundesrat Reisenberger! Sie haben so lange gesprochen, und da ist so viel ge­kommen, darauf muss ich natürlich antworten. Sie haben gesagt, wir hätten uns vom Nulldefizit verabschiedet. Wenn es heißt, dass wir uns vom Nulldefizit verabschiedet haben, dann muss ich Sie fragen: Vor wie langer Zeit haben sich dann sozialdemokra­tische Minister davon verabschiedet? Vor 30 Jahren! Finanzminister Koren hat ein ge­ordnetes Budget übergeben. Es gab damals keine Staatsschulden und keine Defizite. (Bundesrat Manfred Gruber: Ich wart schon wieder nicht dabei!) 30 Jahre lang sozial­demokratische Finanzminister, 144 Milliarden € Staatsschuld und ein jährliches Defizit im 7-Milliarden-€-Bereich. Angesichts dessen ist all das, was wir jetzt an Defiziten haben, lächerlich! (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie haben ständig mehr ausge­geben als eingenommen. Ihr Problem war: Sie haben bei einem Budget immer nur auf die Ausgaben gesehen! Bei Ihnen war wichtig: Die Ausgaben müssen stimmen, egal, ob das Geld eingenommen wird oder nicht!

Es ist doch kein Pappenstiel, wenn wir heute bei einem 60-Milliarden-€-Budget allein an Zinsendienst – da ist die Tilgung noch gar nicht dabei –7 Milliarden € laufend leisten müssen. Allein für den Zinsendienst! Den bekommen die Reichen, die Anleihenbesit­zer, das Ausland zu spüren. (Bundesrat Gasteiger: Aber ihr wart doch 14 Jahre lang dabei!?) Das habt Ihr uns eingebrockt, und zwar 30 Jahre lang! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger: Ihr wart doch 14 Jahre lang dabei! Oder?)

Sie glauben, 30 Jahre sozialistische budgetäre Fehlpolitik kann man in drei Jahren un­geschehen machen. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir haben schon viel unge­schehen gemacht, aber alles geht nicht auf einen Schlag. (Bundesrat Manfred Gruber: Das ist ja unerhört!) Ich weiß, die Wahrheit ist immer unerhört. (Bundesrat Gasteiger: 13 Jahre haben Sie mitgemacht! Davon verabschieden Sie sich nun!) Aber wer war der Bundeskanzler? Wer war der Finanzminister? (Zahlreiche lebhafte Zwischenrufe bei


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der SPÖ. – Bundesrat Gasteiger: Regierungsbeschlüsse haben einstimmig stattzufin­den, Herr Staatssekretär! Auch in den letzten 14 Jahren war das so!)

Im Jahr 1999 lag die Ausgabenquote bei 54,1 Prozent, im Jahr 2003, also heuer, liegt die Ausgabenquote bei 52,4 Prozent. (Bundesrat Gasteiger: Das gibt’s ja nicht! Das ist so ein Blödsinn! Ich melde mich gleich noch einmal zu Wort! Das kann man ja so nicht stehen lassen!) Ich werde noch zu den Gründen kommen, wieso die Ausgabenquote gesunken ist.

Die Einnahmenquote – obwohl Sie immer wieder behaupten, wir würden nur Belastun­gen machen; das stimmt auch nicht – lag im Jahr 1999 bei 51,7 Prozent – Sie können alle Daten von mir haben, alles ist nachprüfbar –, im Jahr 2003 liegt sie bei 51,2 Pro­zent. Also wir haben die Ausgabenquote und die Einnahmenquote gesenkt. (Bundesrat Gasteiger: Verkauft habt ihr alles und verscherbelt! – Bundesrat Manfred Gruber: Wir haben eine steigende Arbeitslosigkeit! – Bundesrat Gasteiger: Unsicherheit in der Be­völkerung!)

Die Abgabenbelastungsquote lag im Jahre 1999 bei 44,4 Prozent. (Bundesrat Manfred Gruber: Mehr Arbeitslose! Das müssen Sie auch dazusagen!) Wir haben die höchste Zahl der Beschäftigten! Sie können die Statistiken nicht nur einseitig lesen, Sie müssen auch die Zahl der Beschäftigten mitlesen. Wir haben mit über drei Millionen Arbeitneh­mern eine Rekordbeschäftigung. Das müssen Sie auch dazusagen.

Also im Jahr 1999 lag die Abgabenbelastungsquote bei 44,4 Prozent, jetzt, im Jahr 2003, liegt sie genauso hoch: 44,4 Prozent. Was soll die Aussage, dass wir nur Belastungen machen? (Bundesrat Gasteiger: Sie können nicht nur vier Jahre zurück­gehen! Man muss das vergleichen, was damals gewesen ist!) – Herr Bundesrat Gastei­ger, als Bürgermeister müssen Sie schon mit Zahlen umgehen können. Offensichtlich aber nicht!

Die Staatsverschuldung – es ist so schön, Zahlen zu nennen, der Vergleich macht si­cher (Bundesrat Gasteiger: Und Sie wollen dem Herrn Finanzminister aus der Patsche helfen? Na, mein Gott!) – lag im Jahr 1999 bei 67,5 Prozent, im Jahr 2003 liegt sie bei 67,1 Prozent, also überall gibt es Reduktionen. Wir bringen das Budget wieder in Ord­nung, dass Sie 30 Jahre lang zusammengehaut haben. (Bundesrat Gasteiger: Ich muss mich noch einmal zu Wort melden! Das tut er so nicht! So nicht!) Ja, reden Sie nur!

Wieso konnten wir die Ausgabenquote senken? (Zwischenruf des Bundesrates Man­fred Gruber.) Weil wir eine vernünftige Verwaltungsreform gemacht haben. Ja, wir haben Berater beschäftigt, aber die bringen bei uns etwas – im Gegensatz zu Ihnen!

Früher einmal wollte Herr Bundesminister Streicher in seinem Ressort die Reiserech­nungen zurücknehmen, die Wege kürzer machen. Er hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, das eine Million Schilling gekostet hat, nur dafür, dass man ihm sagt, welche Schritte man streichen könnte. Umgesetzt hat er gar nichts, aber die eine Million Schil­ling war ausgegeben. (Bundesrat Manfred Gruber: Und was macht Ihr Finanzminister? Was gibt er für Beratung aus?)

Wir machen es anders. Wir machen umfassende Verwaltungsreformen. Seit dem Jahr 2000 gab es bereits über 50 Verwaltungsreformprojekte. 11 000 Bedienstete wur­den eingespart, trotzdem gibt es eine wesentliche Leistungsverbesserung. Früher musste man auf einen Führerschein tagelang warten, man mußte auf eine Gewerbe­berechtigung wochenlang warten, und jetzt kann man die Wartezeit mit der Stoppuhr messen. Gehen Sie einmal zu einer Bezirkshauptmannschaft und stoppen Sie, wie lange Sie auf einen Führerschein warten. Ich war dabei. 10, 12 Minuten sind die Best­zeiten. So rasch geht das heute. Wenn man heute eine Arbeitnehmerveranlagung


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macht, bekommt man schon am nächsten Tag den Bescheid, unter einem Minister Lacina hat man noch monatelang warten müssen.

Das gelingt, obwohl wir Beamte einsparen, dank externer Berater – aber das Geld ist gut angelegt (Bundesrat Manfred Gruber: Ihr habt die Kosten auf die Gemeinden ab­gewälzt!), dazu stehen wir gerne und geben gerne darüber Bericht (Bundesrat Gastei­ger: Hinausgeschmissen habt ihr das Geld! Geben Sie es zu!) –, deren Lehren wir annehmen, auf Grund welcher wir dann New Public Management einführen. Dadurch sparen wir nicht nur Kosten, sondern bieten auch eine bessere Leistung als vorher an. Gehen Sie heute zum Finanzamt! Dort werden Sie beraten, dort gibt es moderne Ein­richtungen, dort sehen Sie, wie modernes Bürgerservice gemacht wird.

Wir stehen zu unserer öffentlichen Verwaltung, aber wir wollen eine Verwaltung, die leistungsfähig ist, die etwas kann und die für den Bürger da ist. Dazu können wir ja sagen! (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt komme ich zu einem sehr ernsten Thema. Ich habe mir die Debatte über die Flugzeugbeschaffung sehr genau angehört. (Bundesrat Manfred Gruber: Jetzt ist Mär­chenstunde! – Bundesrat Kraml: Lieber nicht!) Also wo ist die große Sozialdemokra­tische Partei hingekommen, dass sie so eine Diskussion führt? Womit wurde da alles aufgerechnet? Entweder wir brauchen die Flugzeuge (Bundesrat Manfred Gruber: Wir brauchen sie nicht!) – und dazu bekenne ich mich –, weil die Luftraumsicherheit eine Notwendigkeit ist – zumindest seit dem 11. September 2001 sollten auch Sie wissen, dass das eine wichtige Frage ist –, oder wir brauchen sie nicht, dann ist aber über­haupt kein Flugzeug gerechtfertigt. Aber wir brauchen sie, weil sonst ein anderer Staat unsere Sicherheitsbelange wahrnehmen müsste, und ich möchte nicht, dass amerika­nische Flugzeuge oder Flugzeuge aus der Tschechei oder von sonst wo über unserem Luftraum sind.

Wenn wir ein souveräner Staat sein wollen, dann müssen wir auch in der Luft für unsere Sicherheit sorgen. Da können wir nicht sagen, es wäre gescheiter, LKW oder Mannesausrüstung anzuschaffen. Wir müssen jene Aufgaben besorgen, die für eine umfassende Landesverteidigung notwendig sind, und die hört nicht zwei Meter über dem Boden auf.

Wenn Sie jetzt die Flugzeuge vergleichen, so können Sie sehen: Es hat drei Anbieter gegeben, das ist alles klar. Es gab ein Gerät, das sehr gut ist – 4 000 Flugzeuge wurden davon produziert –, aber es hat eine alte Technologie, die ist praktisch am Ende ihrer Periode. Das ist die F-16.

Dann gibt es ein anderes Flugzeug, und zwar den Gripen, von dem überhaupt nur 200 Stück produziert wurden und dessen Produktion jetzt eingestellt wird. Saab stellt die Flugzeugproduktion ein. Ein Gerät, das am Ende seiner Laufbahn ist, soll man kaufen? Da kann ja nicht einmal die eigene Luftwaffe so viel abnehmen, dass man sagen könnte, da hat man eine genügende Stückzahl, damit man die nötigen Erfah­rungen machen kann.

Der Eurofighter ist, abgesehen davon, dass ihn die Expertenkommission als bestes Flugzeug beurteilt hat, das einzige Flugzeug, das ein Doppelstrahler ist. Das wirkt sich im Fall von Gefahr bei der Sicherheit aus, das wirkt sich vor allem in der Steigfähigkeit aus, was ganz entscheidend ist. Es ist ein Unterschied, ob man, wenn ein fremdes Flugobjekt auftaucht, in drei Minuten oben ist – das ist beim Eurofighter der Fall – oder ob man mit einem vergleichbaren anderen Flugzeug 8 Minuten dazu braucht. (Bundes­rat Manfred Gruber: In drei Minuten ist der andere auch über Tirol drüber!) Gerade im alpinen Raum brauchen wir ein derart leistungsfähiges Flugzeug.


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Es ist ein Flugzeug, das von den Kosten her, vom Preis her höchst angemessen ist, es ist ein äußerst günstiger wirtschaftlicher Kauf, und es ist von den Gegengeschäften her einmalig. Das ist der einzige Partner, der Gegengeschäfte im Ausmaß von 200 Prozent angeboten hat. (Bundesrat Manfred Gruber: Von dem noch nichts auf dem Tisch ist!) Das sind 4 Milliarden Euro! Kein anderer hätte dieses Gegengeschäftsausmaß ange­boten. (Bundesrat Gasteiger: Das sind Weihnachtsmärchen!)

Jetzt können Sie sagen: Wozu brauchen wir Gegengeschäfte? – Für einen Staat, der sich als Industriestaat darstellen will, der für seine Jugend attraktive, moderne Arbeits­plätze bieten soll, ist es ein Muss, einen höchst innovativen Auftragsbereich hereinzu­bekommen. Es ist wichtig, in der Flugzeugindustrie, für die Zulieferindustrie arbeiten zu können, und ich bin glücklich, allein schon vom wirtschaftspolitischen Argument her, dass diese Entscheidung von der Expertenkommission bestätigt wurde. Wir werden ein Finanzierungsinstrument schaffen mit einer Finanzierung auf neun Jahre, beginnend ab 2007. Wir werden auch eine Finanzierungsform finden, die leistungsfähig ist. (Bun­desrat Manfred Gruber: Da ist dann die nächste Pensionsreform! Da machen wir dann die nächste Pensionsreform, damit wir wieder Geld haben!)

Weil Sie heute immer wieder betont haben, es sei so wichtig, dass in die Wirtschaft in­vestiert wird, darf ich Ihnen sagen: Mit dieser Flugzeugbeschaffung und mit den damit verbundenen Gegengeschäften leisten wir einen wichtigen Beitrag für die österrei­chische Wirtschaft und vor allem für ein europäisches Produkt, das die nächsten Jahr­zehnte weiterhin erzeugt werden wird. Das war für die europäische Integration der ganz richtige Schritt. Hoffentlich werden auch Sie, wenn jetzt das Ganze vorbei ist und der Populismus erledigt ist, noch den Wert dessen erkennen, was diese österrei­chische Bundesregierung gerade auf diesem Gebiet geleistet hat. Hoffentlich werden Sie anerkennen, dass sie den Mut gehabt hat, trotz schwierigsten Umfeldes eine der­artige Entscheidung zu treffen. Zu einer solchen Entscheidung gehört wirklich Mut. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger: Sie müssen es ja dann nicht verantwor­ten! – Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Ich bekenne mich dazu, dass die Wirtschaft das Thema schlechthin wird. Bei jedem ECOFIN-Treffen, bei jeder Versammlung der europäischen Finanzminister ist die Wirt­schaft, ist die Belebung der Wirtschaft der Hauptgegenstand. Wirtschaft braucht sehr viel Psychologie. (Bundesrat Manfred Gruber: Nur merkt man nichts davon, Herr Finanzstaatssekretär! Sie müssen die Ursachen bekämpfen, aber es passiert nichts!)

Wenn Sie Österreichs Wachstumszahlen mit jenen anderer Länder vergleichen, dann werden Sie sehen können: Wir stehen sehr gut da. Vergleichen Sie doch Österreichs Wirtschaftsdaten mit jenen Italiens, vergleichen Sie Österreichs Wirtschaftsdaten – Deutschland möchte ich gar nicht mehr erwähnen, die Wirtschaftsdaten dort schrump­fen bereits (Bundesrat Manfred Gruber: Weil Sie von Haus aus gute Grundlagen über­nommen haben!) – mit jenen Frankreichs oder mit jenen Portugals, dann werden Sie draufkommen, dass wir zu den führenden Nationen gehören. (Bundesrat Manfred Gru­ber: Wie lange noch?)

Gerade aus diesem Grund ist es wichtig, dass wir die Abgabenbelastungsquote sen­ken, dass wir eine Steuerreform machen, bei der auch die Wirtschaft entsprechend berücksichtigt wird. Wir müssen die Situation nützen, dass wir im Zuge der EU-Er­weiterung inmitten von Europa stehen. Wir müssen wettbewerbsfähig sein, denn wir haben die Situation, dass mit den neuen Beitrittsländern natürlich Länder in die EU kommen, die zwar hohe Defizite, die aber auch tolle Steuersätze haben. Aus diesem Grund ist es extrem notwendig, dass wir diese Steuerreform machen.

So wie wir den ersten großen Schritt in dieser Bundesregierung jetzt angegangen sind, werden wir auch die weiteren Probleme lösen. Wir laden Sie zu Gesprächen ein.


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Machen Sie mit! Beschließen Sie Gesetze mit! Im Trotzwinkerl zu stehen, wie das jetzt bei der Pensionsreform der Fall war, zahlt sich nicht aus. Am Schluss bleibt man übrig. Ich bin überzeugt davon, dass Sie auch heute übrig bleiben werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.40

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich als Nächster Herr Bundesrat Todt. – Bitte.

19.40

 


Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Zum letzten Thema, das Sie angesprochen haben, zur Frage des Wirtschaftswachstums möchte ich einige Daten vorlesen: Im Jahr 2001 – da haben schon Sie regiert – betrug der EU-Durchschnitt 1,5 Prozent plus, der Wert für Österreich war 0,7 Prozent plus. Im Jahr 2002 betrug der EU-Durchschnitt 1 Prozent, der Wert für Österreich war 0,9 Pro­zent. Der Herr Staatssekretär hat behauptet, Österreichs Wirtschaft sei besser als die der anderen europäischen Länder. Im Jahr 2003 beträgt die Prognose für das Wirt­schaftswachstum in Österreich 1,1 Prozent, für den EU-Durchschnitt jedoch 2 Pro­zent. – Soviel zu den Zahlen, die Sie hier genannt haben, damit das richtiggestellt ist.

Zu ein paar anderen Dinge, die Sie erwähnt haben: Das Wichtigste bei der Privatisie­rung von Post und Bahn war die Frage, wie man entsprechend Stellen abbaut. Dann kamen die Vorstände auf die Idee, die Leute in Frühpension zu schicken. Sie haben das Frühpensionsalter auf 61,5 Jahre erhöht und dann die Beamten in Frühpension ge­schickt. Genau so ist das bei der Verwaltungsreform passiert. Sie sprechen das eine, tun aber etwas anderes.

Wenn Sie künftig eine Verwaltungsreform durchführen, wird dasselbe wieder passie­ren, denn wie werden Sie denn die Beamten los? Was machen Sie denn mit den Leu­ten, wenn Sie 20 000 oder auch 5 000 einsparen wollen? Was tun Sie dann? – Darauf hätte ich gerne eine Antwort! Was tut man mit 5 000 Leuten, die man einsparen will? (Staatssekretär Dr. Finz: Nicht nachbesetzen!) – Nicht nachbesetzen! Wissen Sie, wie lange es dauert, bis das geschieht? Wenn Sie 20 000 Posten einsparen wollen, wie lange brauchen Sie, wenn Sie das dadurch erreichen wollen, die Stellen nicht nachzu­besetzen? (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.)

Zu den Eurofightern und zu all den Kampfflugzeuggeschichten: Ich werde den Ver­dacht nicht los, dass es darum geht, mit diesem Fluggerät die entsprechende Kompati­bilität zur NATO zu erreichen. Daher hat man sich für dieses Gerät entschieden.

Ich hätte noch folgende Frage: Wenn die Flugzeuge erst 2007 geliefert werden, wie ist das dann mit der Technologie? Ist sie dann noch immer neu, oder gibt es dann viel­leicht schon eine neuere?

Ich möchte aber zu einem anderen Kapital der Budgetbegleitgesetze sprechen, näm­lich zum Thema ÖIAG. Die „Oberösterreichischen Nachrichten“ haben gestern damit begonnen, zu berichten, dass es geheime Pläne zur Zerschlagung der VOEST-Alpine gibt. Daher ist das Thema sehr interessant geworden.

Es gibt einen Regierungsauftrag, dass sich die ÖIAG bis zum Ende der Legislaturperi­ode aus allen Beteiligungen zurückzieht. Meine Befürchtung ist ganz einfach, dass hier wieder eine Verschleuderung von Staatsvermögen passiert. Wenn Sie Volksvermögen verschleudern, dann heißt das ja nichts anderes, als dass Sie die schlechte Finanzpoli­tik des Herrn Finanzministers damit verschleiern wollen.

Es gibt da noch ein paar Ungereimtheiten – unsinnige Maßnahmen, die in diesem Bud­getbegleitgesetz enthalten sind. Bei der ÖIAG wird befürwortet, dass sie eine „Loch-


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auf-Loch-zu-Politik“ betreiben soll, denn wenn der Finanzminister 300 Millionen € aus dem Bilanzgewinn in das Budget abzieht, bedeutet das, dass die ÖIAG kein Geld zur Tilgung der Schulden hat. Wer wird denn dann diese Schulden bezahlen? Die Republik haftet doch grundsätzlich dafür. – Das heißt, das Geld zur Tilgung dieser Schulden muss aufgebracht werden. Sie zwingen dadurch die ÖIAG, neue Schulden aufzuneh­men, weil sie die Schulden tilgen muss.

Es gibt ja auch einige sinnvolle Möglichkeiten, was die ÖIAG betrifft. Zum Beispiel wäre es sinnvoll, die ÖIAG zu einer aktiven Beteiligungsholding umzuwandeln. Die ÖIAG würde dazu Mittel brauchen, um bei einer entsprechenden Kapitalerhöhung in einer Gesellschaft mitziehen zu können. Eine gemischte Eigentümerstruktur mit der öffent­lichen Hand als Kernaktionär muss bei den von der ÖIAG gehaltenen Unternehmen erhalten bleiben. Ein Ausverkauf, wie ihn der Finanzminister und die Regierung planen, ist industrie-, wirtschafts- und standortpolitisch im Prinzip der falsche Weg.

Die Teilprivatisierung, die vor vielen Jahren schon begonnen wurde, ist an sich eine Er­folgsgeschichte. Der Staat ist zwar als Unternehmer nicht geeignet, das sehen auch wir ein, aber als Eigentümer unbedingt notwendig. Gemischte Eigentümerstrukturen, ein öffentlicher Kernaktionär und private Beteiligungsformen haben die ÖIAG-Betriebe zu höchst erfolgreichen Unternehmen gemacht. (Bundesrat Kneifel: Sehr gut! Genau das ist die Erklärung des Landeshauptmannes Pühringer!) – Ja, das ist ja in Ordnung, Kollege Kneifel!

Das öffentliche Kerneigentum ist wichtig für die beste Versorgung Österreichs mit Infra­struktur, für die Haltung der Headquarters am Standort Österreich, für die Beschäfti­gungsentwicklung, für das Beschäftigungsniveau und für die Ausbildung von Lehrlin­gen und von Facharbeitskräften. Angesichts der EU-Erweiterung ist eine zentrale Kern­funktion in Österreich einfach notwendig. Die Rolle der ÖIAG sollte die einer profes­sionell agierenden, offensiv ausgerichteten Beteiligungsholding sein. – Das ist unsere Meinung dazu. (Bundesrat Kneifel: Auch unsere!) – Wenn es auch Ihre ist, Kollege Kneifel, freue ich mich darüber.

Im Zusammenhang mit dem geplanten VOEST-Alpine-Verkauf und dem Interesse des Magna Konzerns an Teilen des Unternehmens – jetzt geht es wieder an das Finanz­ministerium! – ist die Personalentscheidung, dass der Europa-Chef des Magna-Kon­zerns Siegfried Wolf in den ÖIAG-Aufsichtsrat entsendet wurde, eine falsche. Die hat aber der Herr Finanzminister getroffen, auch wenn er jetzt die Gespräche wieder ge­stoppt hat. Es ist deshalb eine falsche Entscheidung, weil der Herr Siegfried Wolf als Aufsichtsrat eine Menge an Informationen bekommt, die eine bestimmte Gruppe bevorzugt. – Ich verstehe ganz einfach nicht, dass man da so vorgeht!

Beim Verkauf von ÖIAG-Unternehmen ist auch mit zu bedenken, dass es in Österreich gar keine Unternehmer gibt, die in der Lage wären, österreichisches Eigentum zu kau­fen. Es würden nur Teilbereiche gekauft werden. Das wäre ja jetzt der Fall gewesen, siehe die Filetierung der VOEST. Es geht darum, dass diese Unternehmen billiger werden, wenn sie niedriger bewertet werden, und wenn man sie filetiert, werden sie niedriger bewertet. Der Gewinn, der gemacht wird, fließt dann nicht in die Kasse des Finanzministers, sondern ist eine Verschleuderung von Volksvermögen.

Herr Kollege Kneifel! Ich bin an sich sehr froh darüber, dass Sie sich hier eindeutig gegen die Filetierung der VOEST ausgesprochen haben. Es freut mich auch sehr, dass sich, wie ich in den Zeitungen nachlesen konnte, auch alle anderen Parteien dagegen aussprechen.

Die Alarmglocken haben allerdings geläutet, wie der Kollege das genannt hat, denn wenn man die „Oberösterreichischen Nachrichten“ liest, muss man schon Angst davor bekommen, was da passiert und passieren könnte.


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Ich bin auch sehr froh darüber, dass die Zeitungen sich jetzt auch gegen diesen Ver­kauf aussprechen. Den beiden Zeitungen, deren morgige Ausgabe bereits erschienen ist, kann man klar entnehmen, dass die Österreicherinnen und Österreicher nicht wollen, dass die VOEST verkauft und filetiert wird.

Ich empfehle Ihnen, die entsprechenden Artikel zu lesen. – Ich kann sie Ihnen auch vorlesen, aber ich möchte Zeit sparen. Herr Wailand schreibt zum Beispiel in seinem Artikel klar und deutlich, dass dieses traditionelle österreichische Unternehmen erhal­ten bleiben muss und dass man andere Formen der Privatisierung finden muss. Es gibt, soweit ich weiß, auch aus dem oberösterreichischen Raum genügend Vor­schläge – einige davon sind ja schon sehr erfolgreich umgesetzt. Man sollte diesen Weg weitergehen und die VOEST nicht an Magna Austria verschleudern. Ich Sie bitten, das heute mitzunehmen.

Abschließend möchte ich sagen, dass der Herr Finanzminister den Herrn Wolf zwar in den Aufsichtsrat bestellt hat, dass er ihn von dort aber wieder abberufen soll! (Zwi­schenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.)

Er sagt im „Kurier“ zwar – siehe die morgige Schlagzeile –, dass er das gestoppt hat. Ich habe allerdings meine Bedenken, dass das wirklich so hält, und hoffe, dass alle dafür kämpfen, dass die VOEST und die österreichischen Betriebe in österreichischer Hand bleiben. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Kerschbaum.)

19.50

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Kritzinger. – Bitte.

 


19.50

Bundesrat Helmut Kritzinger (ÖVP, Tirol): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Lassen Sie mich ein paar Sätze zu den Äußerungen des Herrn Kollegen Reisenberger tätigen, der nach meinem kurzen Redebeitrag allen Ernstes festgestellt hat, man habe mit den Sozialisten nie geredet. (Bundesrat Gasteiger: Sozialdemokraten!) – Sozial­demokraten. Du hast mich schon das letzte Mal korrigiert, korrigiere mich doch auch noch einmal im Landtag! (Bundesrat Gasteiger: Nicht vergessen!) Ich wünsche dir viel Glück, dass dir das gelingt. Da kannst du auch immer Zwischenrufe machen, da kommst du auch besser heran und hast mehr Echo, denn da sind mehr Leute, die alles besser können. (Bundesrat Manfred Gruber: Was’s wiegt, das hat’s! – Bundesrat Gas­teiger: Ich werde meine Stimme erheben, wo es notwendig ist!)

Es geht mir um die Äußerung des Herrn Reisenberger. Es hat eben glaubhaft geklun­gen, und in seinem Gesicht war ja die Kränkung zu sehen, dass man so etwas nicht weiß. – Ich muss sagen: Wir haben es alle gesehen, wie Sie diskutiert haben! Das war am Runden Tisch, mit Gusenbauer, mit Verzetnitsch, da waren ja die Sozialdemokra­ten alle beisammen! Das war ja wirklich eine Diskussion, und immer wieder sind sie eingeladen und gebeten worden, zur Pensionsreformen Stellung zu nehmen. (Bundes­rat Manfred Gruber: Das stimmt ja nicht!)

Auch heute hat unser Staatssekretär Finz wieder eine Einladung ausgesprochen. (Bun­desrat Manfred Gruber: Aber geh!) Wir diskutieren gerne und sind froh, eure Vor­schläge zu hören. (Bundesrat Manfred Gruber die Hände von sich wegstreckend –: Der Herr Schüssel streckt auch die Hand aus, aber so!)

Lange Zeit habe ich überhaupt keine Vorschläge gehört. Es waren keine da. Bei der „Hackler-Regelung“, bei der Frühpension und so weiter: Überall hat man die Meinung der Opposition berücksichtigt (Bundesrat Manfred Gruber: Das kann man so nicht be­haupten!) – mit Recht, das macht ja nichts, und es ist uns ja auch recht gewesen, denn


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wir hätten ja gerne eine Pensionsreform, die auch von der Opposition getragen wird. (Bundesrätin Kainz: Ja, das wäre recht!)

Das ist eine Utopie, das wird nie der Fall sein, aber zumindest in einigen Bereichen kann die Opposition vielleicht auch mitgehen. (Bundesrat Manfred Gruber: Da müssen Sie uns einladen!) Wir möchten jedoch vermeiden, dass diese Reform verwässert wird (Bundesrat Manfred Gruber: Sie ist schon verwässert!) und dass von einer Reform nichts mehr übrig bleibt und nicht mehr von einer Reform zu reden ist. (Bundesrat Man­fred Gruber: Ja, ja!) – Das haben wir bedauerlicherweise schon etliche Male erlebt: Immer wieder wurde etwas groß angekündigt, und es ist dann nichts daraus geworden.

Diesmal hat man erstmals den Mut gehabt, auch das Thema Frühpensionen einmal anzuschneiden. Das ist ein ganz entscheidender Faktor. Ich bin gespannt, wie das weitergeht. Es werden noch andere Diskussionen folgen.

Bitte, machen Sie Vorschläge! Ich bin gespannt, welche Vorschläge Sie da einbringen werden. (Bundesrat Binna: Es liegt ja eh alles auf dem Tisch!) Es interessiert uns, wir werden diese Vorschläge diskutieren und sie – ich möchte sagen – nach ihrem Ge­wicht messen. (Bundesrat Kraml: Da sind sie spät dran!) Vielleicht ist da wirklich etwas dran. Sie sind ja auch mit vielen Personen in Verbindung und mit Leuten konfrontiert, die in Schwierigkeiten sind, die sich sozial auf derselben Ebene bewegen und die Hilfe brauchen.

Wir sind interessiert an eurer Teilnahme und wir sind interessiert, eure Gedanken zu hören. (Bundesrätin Kainz: Ob das der Schüssel weiß?) Hinzu kommt ja noch das Kapitel über die so genannte private Versicherung und über die Gesundheit, das uns auch beschäftigen wird. Die private Versicherung – das ist heute in diesem Hohen Haus schon gesagt worden – betrachten wir hier auch mit kritischen Blicken, weil wir genau wissen, dass es da hauptsächlich um den Verdienst geht. (Bundesrat Gastei­ger: Sag das deinen Mindestpensionisten, Seniorenbundobmann Kritzinger! Die den­ken nicht so wie du, der ein Bundesratsgehalt bekommt!)

Wenn eine Versicherung rote Zahlen schreibt, dann werden Leistungen gekürzt oder Beiträge erhöht. – Das wissen wir auch genau. (Bundesrat Gasteiger: Das ist ja bei euch auch nicht anders!) Wir werden uns das genau anschauen und mit großer Auf­merksamkeit verfolgen und zur gegebenen Zeit auch dazu Stellung nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.55

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Stadler. – Bitte.

 


19.55

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Die Herren Staatssekretäre! Herr Kollege Kritzinger, ich glaube, das war ein Wunschdenken! Den Ausführungen des Herrn Staatssekretärs habe ich zwar entnommen, dass die Sozial­partner eingeladen waren, aber ich habe ihn nicht sagen gehört, dass die Oppositions­parteien eingeladen werden, mitzuverhandeln. – Da haben Sie wahrscheinlich etwas anderes gehört.

Im Zusammenhang mit den Pensionen sind ja heute schon einige Dinge erwähnt worden, auch bezüglich Privilegien und Neidgenossenschaft. Das passt ganz gut zu meinem Redebeitrag, geschätzte Damen und Herren! Wenn es den Regierungspar­teien auch nicht gelungen ist, eine wirklich sozial gerechte Pensionsreform auf die Beine zu stellen, eines haben Sie wiederum geschafft, meine Damen und Herren von der FPÖ und von der ÖVP: einzelne Berufsgruppen gegen andere auszuspielen!


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Da werden von Ihnen – und das sehr oft zu Unrecht, meine Damen und Herren! – ein­zelne Berufsgruppen als Privilegienritter bezeichnet, Bürgerinnen und Bürger, Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer, die oft unter schwersten Bedingungen – Schicht­dienst, Dienstbeginn und Dienstende zu den verschiedensten Tages- und Nachtzeiten, ob Sonn- oder Feiertag – ihren Dienst vorschriftsgemäß und pflichtbewusst versehen.

Als Beispiel möchte ich das bestehende Pensionsrecht der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner nehmen: Es verging in den letzten Wochen kaum ein Tag, an welchem Sie nicht die Gruppe der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner erwähnten und diese Gruppe gegenüber der Bevölkerung von Österreich so darstellten, als seien die Eisen­bahner die großen Privilegienritter.

Meine Damen und Herren! Das ist nicht die feine Art, mit Leuten umzugehen, die – wie ich schon vorher erwähnte – unter schwersten Bedingungen ihren Dienst versehen. (Bundesrat Mag. Himmer: Und was, glauben Sie, ist mit den anderen Menschen im Land?) – Die machen das auch so, aber die stehen nicht so im Rampenlicht. Die machen ihre Arbeit genauso.

Da Sie über das Pensionssystem der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner oft so nega­tiv sprechen, muss ich annehmen, dass Ihnen so manche wichtigen Fakten und Tat­sachen bezüglich des Pensionsrechts der Eisenbahner nicht bekannt sind, die aber für eine faire Diskussion sehr wichtig wären. Daher will ich Ihnen heute einige aufzählen:

Die Eisenbahner vollzogen mit dem neuen Dienstrecht, das ab 1. Jänner 1995 für alle neu Eintretenden gilt, das Angestelltengesetz und das ASVG. Um ihr System zu erhal­ten, haben sich die Regierung und die Sozialpartner 1997 darauf geeinigt, dass die Eisenbahner einen höheren Pensionsbeitrag als die ASVG-Versicherten zahlen. Wäh­rend der Pensionsbeitrag bei den ASVG-Versicherten 10,25 Prozent beträgt, macht er bei den Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern 15,05 Prozent aus.

Das bedeutet, dass ein Eisenbahner mit einem Monatseinkommen von zirka 1 917 € um 101 € monatlich mehr als ein ASVG-Versicherter zahlt. (Bundesrätin Giesinger: Bei der ASVG zahlt der Arbeitgeber ...!) Die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner – und das ist wohl einzigartig in Österreich, liebe Kollegin! – zahlen eine Arbeitslosenver­sicherung, obwohl sie davon im Regelfall gar nichts haben – und das alles, geschätzte Damen und Herren, bei einer 40-Stunden-Woche, die ja bei den Eisenbahnern noch immer der Regelfall ist.

In Summe sorgen die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner mit 23,65 Prozent ihres Bruttogehaltes für ihre soziale Absicherung, für Krankenversicherung, Pensionsvor­sorge und Arbeitslosenversicherung. Als „kleines Dankeschön“ dürfen sie jetzt bis 61,5 Jahre arbeiten.

Geschätzte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP-Fraktion: Bleiben Sie gegenüber den einzelnen Berufsgruppen in der Argumentation und in der Diskussion fair – und legen Sie bitte immer alle Fakten auf den Tisch! Picken Sie sich nicht einzelne Elemente eines Pensionssystems heraus, und sagen Sie nicht immer nur, die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner hätten das Privileg, mit 48, 49 oder 53 Jahren in den Ruhestand treten zu können! Halten Sie sich doch bei Ihren Aus­sagen immer das Gesamtsystem vor Augen!

Ich habe Ihnen heute am Beispiel der Eisenbahner aufgezeigt, wie sich ein Pensions­system als Ganzes zusammensetzt, welche persönlichen Leistungen eines jeden Ver­sicherten notwendig sind, um all das erreichen zu können.

Sie von der ÖVP reden immer nur von den Versicherungs- oder Beitragsjahren, die notwendig sind, um in den Ruhestand treten zu können, leider jedoch nie von den per­sönlichen Leistungen des Versicherten! So schaffen Sie eine Neidgesellschaft unter


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den Bürgerinnen und Bürgern und spielen somit die einzelnen Berufsgruppen gegen­einander aus. Sie nutzen das aus, spielen diese gegeneinander aus, um davon abzu­lenken, dass die heute zur Abstimmung vorliegende unsoziale Pensionsreform lediglich einer kurzfristigen Geldbeschaffung dient!

Abschließend möchte ich noch eine Kleinigkeit über die Abfangjäger sagen, und zwar über die Argumente dafür. Es wurde ja hier auch von „Kampfjets“, „Fotojets“ bezie­hungsweise „fliegenden Fotoapparaten“ gesprochen. (Ruf bei der ÖVP: „Luftraumüber­wachungsflugzeuge“ ist der richtige Ausdruck!) „Luftraumüberwachungsflugzeuge“ ist der richtige Ausdruck, ja.

In diesem Zusammenhang erinnere ich an eine Veranstaltung in Linz, Herr Kollege Tusek, an der wir gemeinsam teilgenommen haben. Sie wurden darauf angesprochen, warum wir ... (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Tusek.) – Das war nicht in Schär­ding, sondern diese Veranstaltung war in Linz! Und Sie, Kollege Tusek, wurden darauf angesprochen, warum wir Abfangjäger brauchen. Und was war Ihr Argument? (Neuer­licher Zwischenruf des Bundesrates Mag. Tusek.) – Sie haben nur ein Argument ge­bracht, Herr Kollege Tusek, indem Sie gesagt haben: Das Flugzeug steigt auf und macht Fotos! Das war bei einer Veranstaltung bezüglich Oberösterreich-Konvent, wo Sie Herr Landeshauptmann-Stellvertreter Erich Haider gefragt hat, warum wir über­haupt Abfangjäger oder Luftraumüberwachungsflugzeuge brauchen. (Bundesrat Mag. Tusek: Das war ein Argument ...!) – Das war ein Argument, ein weiteres hatten Sie leider nicht! (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Mag. Tusek.)

Noch ein Wort zu den Ausführungen des Kärntner Landeshauptmannes Haider, des­sen Worten hier alle ganz ruhig gelauscht haben. Mich hat es wirklich gewundert, dass es hier im Plenarsaal ganz ruhig war, als er eine sehr harte Aussage hier getroffen hat: Landeshauptmann Haider hat den Ärzten, als er das Thema Beamte, Pensionen, Frühpensionen angesprochen hat, unterstellt, es würden medizinische Gutachten aus­gestellt, um kerngesunde Menschen früher in Pension schicken zu können. – Ich glaube, das war wieder einmal einer der berühmten Sager von Herrn Landeshaupt­mann Haider, mit denen er in den Bierzelten sehr berühmt wurde. – Aber, meine Damen und Herren, diese Argumente glaubt ihm keiner mehr!

Zum Schluss bitte ich alle, sich die Entscheidung nicht leicht zu machen und gegen dieses unsoziale Pensionssystem zu stimmen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.04

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Tusek zu Wort gemeldet. 5 Minuten – und der Hinweis auf die Geschäftsordnung. – Bitte. (Bundesrat Mag. Tusek – auf dem Weg zum Rednerpult –: Danke, ich kenne die GO-Bestimmungen!)

 


20.04

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek (ÖVP, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Meine Herren Staatssekretäre! Geschätzte Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Stadler, es ist richtig, dass ich beim Oberösterreich-Konvent im Ursulinen-Hof zum Thema „Ab­fangjäger“ Argumente auf den Tisch gelegt habe.

Es stimmt aber Ihre Behauptung nicht, Kollege Stadler, dass das nur ein Argument war. – Es könnte jedoch sein, dass Sie sich, Kollege Stadler, nur dieses eine Argument gemerkt haben. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Stadler: Glaube ich nicht!)

Ich habe klar und deutlich gesagt – das ist im Protokoll nachzulesen, so es eines über diesen Oberösterreich-Konvent gibt; ich weiß das noch sehr genau –: Wir können unsere Souveränität nicht einen Meter über dem Boden aufgeben! Aus diesem Grund, um eben den Luftraum entsprechend abzusichern, brauchen wir die Abfangjäger!


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Wir brauchen diese auch bei sportlichen Großveranstaltungen, war ein zweites Argu­ment, ebenso bei internationalen Konferenzen, denn auch da wird gefordert, dass der Luftraum ... (Bundesrat Manfred Gruber: Das ist aber ein teurer Spaß, um 2 Milliar­den € Kampfflugzeuge drüberfliegen zu lassen ...!) – Es gehört auch das zur Aufgabe der Abfangjäger! Ich berichtige nur; weitere Zwischenrufe könnte ich im Rahmen einer Wortmeldung gerne behandeln.

Ich habe dieses zweite Argument auch noch gebracht, und ich habe auch klar und deutlich gesagt, dass es nach den Gesetzmäßigkeiten der Luftfahrt bestimmte inter­nationale Regeln gibt, wie Flugzeuge abgefangen werden können. Auf die Zwi­schenfrage, ob das praktisch auch gemacht wird, habe ich gesagt: Es ist gescheiter, dass man auch fotografiert. – Das war ein Argument, das sicher von mir gekommen ist – aber nicht, wie Sie fälschlicherweise behauptet haben, das einzige!

Das Wort „Luftraumsicherung“ ist von mir mit Sicherheit gefallen. Es sind von mir wei­ters das Abfangen von Flugzeugen, die Sicherung von Sportveranstaltungen und inter­nationalen Großereignissen und terroristische Bedrohungen genannt worden. Diese Argumente habe ich auf jeden Fall in Linz gebracht. – Das ist die ganze Wahrheit! (Beifall bei der ÖVP.)

20.07

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Giesinger. – Bitte.

 


20.07

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesrat Stadler, wenn Sie sagen, dass die Bediensteten der ÖBB zirka 15 Prozent Pensions­beitrag zahlen, so können Sie doch nicht Äpfel mit Birnen vergleichen und sagen, dass der ASVG-Versicherte nur 10,25 Prozent zahlt. Beim ASVG ist es nämlich so, dass die Angestellten und Arbeiter als Dienstnehmerbeitrag 10,25 Prozent zahlen, und der Unternehmer zahlt als Dienstgeberbeitrag noch 12,55 Prozent dazu. Das sind dann insgesamt 22,8 Prozent; aber diese Menschen können nicht mit 52 Jahren in Pension gehen.

Ein Gewerbetreibender zahlt für sich in der GSVG-Pension zirka 15 Prozent Pensions­beitrag – und kann auch nicht mit 52 Jahren in Pension gehen.

Daher möchte ich das richtig stellen und Ihnen sagen, dass man nicht Äpfel mit Birnen vergleichen kann. Es ist trotz allem eine Ungerechtigkeit, dass es solche Systeme gibt, denn auch Unternehmer und Arbeitnehmer müssen schwer und unter schwierigen Be­dingungen arbeiten – da sind die ÖBBler nicht alleine!

Führen Sie, Kollege Stadler, doch einmal einen kleinen Betrieb – und dann werden Sie sehen, wie nervenaufreibend und schwierig es ist, erstens einmal genügend Arbeit zu haben und auch die Arbeitsplätze zu halten und im Betrieb selbst ein gutes Klima zu haben! – Ich möchte also das, was Sie hier gesagt haben, richtig stellen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.08

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bun­desrat Molzbichler. – Bitte.

 


20.09

Bundesrat Günther Molzbichler (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Meine Herren Staatssekretäre! Werte Kolleginnen und Kollegen! Über das Gesundheitswesen ist im Zuge dieses Budgetbegleitgesetzes meiner Meinung nach einfach viel zu wenig gere-


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det worden; einzig Kollegin Hlavac aus unseren Reihen hat dieses Thema angespro­chen. Ich möchte darauf auch noch ganz kurz eingehen.

Wenn ich Bekannte aus Lateinamerika frage, wie es ihnen geht, dann erhalte ich meist die Antwort: Danke, gut, alle sind gesund! – Die Begründung dafür ist offensichtlich: Eine Gesundheitsvorsorge ist in den meisten Staaten der Welt nicht existent oder aber marod. Und dazu gibt es leider auch genügend Beispiele aus dem europäischen Raum, so zum Beispiel das Gesundheitssystem in Großbritannien.

Insgesamt werden 8,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in die Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher investiert. Das ist im internationalen Vergleich – und vor allem für die Leistung – ein ausgezeichneter Wert, den wir nicht immer ständig krank reden sollten. Während beispielsweise die Schweiz oder Deutschland zirka 10 bis 11 Prozent des BIP in die Gesundheit investieren, werden in den USA 13 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für den Gesundheitsbereich verwendet – jedoch können nur 50 Prozent der Bevölkerung dies in Anspruch nehmen.

Wie wir alle wissen, wurde das Gesundheitssystem ursprünglich über Beiträge und Steuern finanziert. In den letzten Jahren wurden vermehrt Selbstbehalte eingeführt, das heißt, die Einführung von Selbstbehalten ist wahrlich nichts Neues. Neu hingegen ist, dass generelle Selbstbehalte ab Januar 2005 in Österreich Realität werden sollen, so zumindest nach Ansicht dieser Regierung.

Patientinnen und Patienten zahlen somit auf einem dritten Weg „Eintrittskosten“ in das Gesundheitssystem: einmal über Beiträge, einmal über Steuern und einmal über die Selbstbehalte. Dabei ist die Höhe der Selbstbehalte ungleich verteilt, denn jede Kran­kenversicherung legt ihre Selbstbehalte selbst fest. Ab 1. Jänner 2004 soll der Beitrag für die Krankenversicherung nach dem ASVG für Angestellte und Arbeiter einheitlich 7,3 Prozent betragen. Eine Angleichung wird zwar sehr begrüßt, dennoch kommt es insgesamt zu einer Beitragserhöhung, einer Erhöhung, die von der Bundesregierung bis vor kurzem noch ausgeschlossen wurde.

Dasselbe gilt für den Ergänzungsbeitrag: Erhöhung auf 0,1 Prozent der allgemeinen Beitragsgrundlage für die in der Krankenversicherung pflichtversicherten erwerbstäti­gen Personen, Erhöhung für die freiwillig Versicherten, für die Pensionistinnen und Pensionisten und auch für die Bezieher von Übergangsgeld. Zusätzlich werden auch bei den Pensionistinnen und Pensionisten die Krankenversicherungsbeiträge auf 4,75 Prozent erhöht! Gleichzeitig wird jedoch der Bundesbeitrag – sprich: der Hebe­satz – gesenkt!

Bereits zahlreiche Vorrednerinnen und Vorredner haben hier von einer Geldbeschaf­fungsaktion gesprochen – und dem kann ich mich nur vollinhaltlich anschließen.

Auf welchem Wege sich die momentane Regierung befindet, wird noch offensichtlicher, wenn man sich mit den bald nicht mehr existierenden Unfallversicherungsbeiträgen für die über 60-jährigen Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer beschäftigt. Damit würden sich Dienstgeberinnen und Dienstgeber 9 Millionen € jährlich ersparen. 9 Millionen €! Die Hoffnung der Regierung, dass damit die Beschäftigungsquote erhöht werden kann, ist äußerst fraglich und wird von vielen Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsexperten bezwei­felt.

Anstelle der Krankenscheingebühr wird ein einheitlicher Kostenbeitrag gesetzt, der nun auch für zahnärztliche Leistungen und Leistungen in Spitalsambulanzen zu zahlen ist. Damit wird in Österreich ein gewaltiger Schritt in eine Richtung gesetzt, die man im Vergleich zu weltweiten Gesundheits- und Krankenversicherungssystemen nicht gut­heißen kann. Kranke Menschen werden dadurch finanziell verstärkt unter Druck


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gesetzt, auch im Bereich der Vorsorgeuntersuchungen; eben auf Grund dieser einheit­lichen Kostenbeitragsrückgänge.

Gerade der Vorsorgebereich sollte doch verstärkt ausgebaut – und nicht abgebaut wer­den! Dazu ein Beispiel: Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt beweist seit Jahr­zehnten, dass durchgängige Unfallheilbehandlungen und Primärprävention am Arbeits­platz die Kosten minimieren und die Invalidität senken hilft, also die Effektivität durch Qualität gesteigert wird – und nicht umgekehrt!

Die Verantwortung der Festsetzung der Höhe der Selbstbehalte tragen weiterhin die Krankenversicherungsträger. Das heißt, es gibt seitens der Regierung keine einheit­liche bundesweite Regelung, was sehr zu kritisieren ist.

Die Verlagerung von Kosten im Bereich des Gesundheitswesens auf private Haushalte kann man auch als versteckte oder ungerechte Privatisierung bezeichnen. Dazu zählt etwa auch der Anstieg privater Zusatzversicherungen bei gleichzeitiger Leistungs­reduktion der öffentlichen Versicherungen, aber auch Direktzahlungen wie Selbstbe­halte, Zusatzzahlungen zu Medikamenten, Ambulanz- oder auch Arztgebühren.

Wer dies vehement verneint, sollte sich bitte die internationalen Statistiken und Bei­spiele zu Gemüte führen und ein wenig über den österreichischen Tellerrand blicken. Die Fakten, meine Damen und Herren, schauen bei Ländern, die bereits in den siebzi­ger Jahren diese Richtung eingeschlagen haben, folgendermaßen aus – Großbritan­nien ist das hervorstechendste Beispiel für die Privatisierung der Gesundheitskosten –: Zwischen 1970 und dem Jahre 2000 ist das Ausmaß der privaten Versicherungen um das Vierzigfache – ich wiederhole: um das Vierzigfache! – gestiegen. Die privaten großen Versicherungskonzerne sind dabei die großen Gewinner.

Steuerliche Anreize und sinkendes Vertrauen der Menschen in die staatlichen Gesund­heitssysteme, eben wegen der geradezu zermürbenden Diskussionen um das Finan­zierungsproblem, lassen die private Versicherungsbranche boomen. In Bezug auf die Zusatzversicherungen in Großbritannien ist interessant, meine Damen und Herren, dass 25 Prozent der hoch qualifizierten Beschäftigten eine solche Versicherung haben, jedoch nur 3 Prozent der Facharbeiterinnen und Facharbeiter – und schließlich nur 1 Prozent der ungelernten Arbeitskräfte. Zu Recht wird daher die Entstehung einer Zwei-Klassen-Medizin befürchtet. Man muss es sich dann auch leisten können, krank zu sein, meine Damen und Herren!

Die Herausforderung, nicht nur für Österreich, sondern für den gesamten europäischen Raum, besteht heute darin, dass Gesundheitsleistungen allen Menschen zugänglich bleiben, und zwar unabhängig von ihren finanziellen Möglichkeiten, von ihrem Alter, ihrem Geschlecht oder ihrem Gesundheitszustand.

Heute, meine sehr verehrten Damen und Herren, tragen wir die Mitverantwortung dafür, ob sich alle Österreicherinnen und Österreicher auch in Zukunft dieses Gesund­heitssystem leisten können. – Wie wir dieses System umbauen, das ist also die Frage.

Abschließend zu meinem Kollegen von der ÖVP, der an die Vernunft in unseren Reihen, in den Reihen der sozialdemokratischen Fraktion appelliert hat. Ich gebe Ihnen da absolut Recht: Die Vernunft sollte walten! Seien Sie von der ÖVP daher vernünftig, und stimmen Sie – so wie auch viele Kollegen der Freiheitlichen Partei – gegen dieses Budgetbegleitgesetz. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.17

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bun­desrätin Ebner. – Bitte.

 



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20.17

Bundesrätin Adelheid Ebner (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Hoher Bundesrat! Geschätzte Damen und Herren! Wenn man als einer der letzten Redner drankommt, dann ist es eben so, dass schon vieles gesagt worden ist. Gestatten Sie mir jedoch, einiges zur Pensionsreform hinzuzufügen beziehungsweise anzumerken.

Die Notwendigkeit einer Pensionsreform war wohl allen klar – und wurde von keinem Bürger unseres Landes angezweifelt. Lediglich das Ergebnis und das Produkt zahlrei­cher Verhandlungen ist nicht zu akzeptieren: Länger arbeiten, weniger Pension, keine Zukunftsaussichten für die Jungen, das ist unserer Überzeugung nach keine sinnvolle und nachhaltige Sicherung der Altersvorsorge.

Die von der Regierungsmehrheit von ÖVP und FPÖ im Nationalrat am 11. Juni be­schlossenen Änderungen im Pensionsrecht bedeuten, dass auch die künftigen Bezie­herinnen und Bezieher kleiner Pensionen voll von Verlusten getroffen werden, dass es keine ausreichenden Maßnahmen für eine eigenständige Alterssicherung für Frauen geben wird, dass „Hackler“ enorm viel Pension verlieren, dass es keine Erleichterun­gen für Schwerarbeiter geben wird, dass das Pensionsalter ohne jede Wahlmöglichkeit erhöht wird – und das alles ohne Rücksicht darauf, ob sich die Betroffenen in den nächsten und darauf folgenden Jahren überhaupt auf diese Änderungen einstellen können.

Diese im Nationalrat beschlossenen Änderungen im Pensionsrecht entsprechen nicht den Vorstellungen der sozialdemokratischen Parlamentarierinnen und Parlamentarier von einer sinnvollen und nachhaltigen Sicherung der Altersvorsorge.

Die tiefen und sofortigen Einschnitte im ASVG-Bereich, also bei den Arbeitern und An­gestellten, setzen an der falschen Stelle an und können auch nicht mit einer ungünsti­gen Entwicklung der Pensionsaufwendungen gerechtfertigt werden. Das beweisen so­gar die von der Regierung selbst vorgelegten Zahlen: Die Zahlungen aus dem Budget zu den ASVG-Pensionen sinken in den nächsten Jahren auch ohne diese massiven Einschnitte im Pensionsrecht.

Ursprünglich hätten die Pensionspläne der Regierung überfallsartig bereits ab dem nächsten Jahr bis zu 18 Prozent weniger Pension bedeutet! In wenigen Jahren wären diese Verluste auf deutlich über 20 Prozent angewachsen; junge Menschen hätten 40 Prozent und mehr verloren! Experten haben die Folgen dieser Pläne immer klar und deutlich aufgezeigt. – Die Reaktion der Regierung: Es wurden gewisse Entschärfungen angekündigt, wie etwa die zeitlich befristete Begrenzung der Verluste aus der verlän­gerten Durchrechnung.

Am Ergebnis änderte das nur sehr wenig: 18 Prozent weniger Pension bereits 2004, bis zu 40 Prozent weniger Pension für die Jungen.

Die Sozialdemokraten waren und sind bereit, an einer sozial verträglichen Pensionsre­form unter folgenden Grundsätzen mitzuarbeiten:

Änderungen bei den Pensionen müssen so gestaltet sein, dass der Vertrauensschutz gewährleistet ist, man sich darauf verlassen kann, dass nicht überfallsartig in die Lebensplanung eingegriffen wird und man sich auf Änderungen einstellen kann, der Lebensstandard weiter gesichert ist, wie es das bestehende Pensionssystem erfüllt, alle Gruppen – die ASVG-versicherten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Ge­werbetreibenden und die Bauern und die Beschäftigten im öffentlichen Dienst – gleich und gerecht behandelt werden und dafür gesorgt wird, dass, wer länger arbeiten soll, auch Arbeit hat und arbeiten kann.


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Die Regierung ist auf das sozialdemokratische Angebot einer wirklichen Sicherung der Pensionen und Harmonisierung der Pensionssysteme nicht eingegangen. Die Folge? – Es wurde gestreikt. Die Regierung hat daraufhin zu mehreren Runden Tischen eingela­den, zu grundlegenden Änderungen ihrer Pensionspläne war die Regierung jedoch nicht bereit.

Die Pensionsverluste sollten zwar mit maximal 12 Prozent begrenzt werden, die Ab­schaffung der vorzeitigen Alterspension wegen langer Versicherungsdauer sollte etwas langsamer erfolgen. Hinsichtlich einer echten Sicherung der Pensionen und einer gleichzeitigen Harmonisierung der Pensionssysteme, an der mitzuarbeiten die Sozial­partner immer bereit waren, war die Regierung nicht gesprächsbereit. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Das Verhandlungsergebnis ist niederschmetternd: der Verlust von eineinhalb Monats­pensionen bereits im nächsten Jahr, Zehntausende Arbeitslose zusätzlich durch die Abschaffung der vorzeitigen Alterspension, massive Verluste und Verschlechterungen für die so genannten Hackler, Schwerarbeiter und Bezieher von sehr niedrigen Pensio­nen, keine Ansätze für eine ausreichende eigenständige Alterssicherung für Frauen, keine Harmonisierung der Pensionssysteme, keine Sicherheit für Junge auf Pensionen, von denen sie einmal leben können.

Die ASVG-versicherten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind die Verlierer dieser massiven Änderungen im Pensionsrecht.

Die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist dramatisch: Noch nie in der Zweiten Republik haben so viele Menschen Arbeit gesucht wie jetzt. Trotzdem wird in einem Zeitraum von zehn Jahren die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer abge­schafft. Damit wird – anders als in den meisten europäischen Ländern – in Österreich den Menschen jede Wahlmöglichkeit genommen, vor 65 die Männer betreffend bezie­hungsweise vor 60 die Frauen betreffend in Pension zu gehen, auch wenn sie bereit wären, entsprechende Abschläge hinzunehmen.

Damit diese Menschen, die nicht in Pension gehen können, auch Arbeit haben und die Jungen nicht vom Arbeitsmarkt verdrängt werden, werden in den nächsten Jahren mehr als 140 000 zusätzliche Arbeitsplätze notwendig sein.

Die vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit wird mit 1. Jänner 2004 abgeschafft. Das bedeutet jährlich für rund 2 600 Frauen und 600 Männer, dass sie nicht in Pension gehen können. Für diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird es besonders schwer sein, einen Arbeitsplatz zu finden. Das zum teilweisen Ausgleich eingeführte Altersübergangsgeld gibt es nur für Personen, die bis spätestens 2006 das bisherige Pensionsantrittsalter 61,5 beziehungsweise 56,5 erreichen. Danach gibt es nur Not­standshilfe oder – wegen der Anrechnung des Einkommens des Partners – gar keine Leistung.

Die ohnehin schon sehr schlechte Lage auf dem Arbeitsmarkt wird durch das Hinaus­schieben des Pensionsantrittes noch weiter verschärft. Viele, die im nächsten Jahr in Pension gehen, verlieren bereits 12 Prozent ihrer Pension. Keiner der Betroffenen kann so kurzfristig darauf reagieren und diese Pensionskürzungen ausgleichen.

Der zunächst errechnete Pensionsverlust wird zwar mit 10 Prozent begrenzt, aber dazu kommt ab dem dem Pensionsantritt folgenden Jahr ein lebenslanger zusätzlicher Verlust von rund 2 Prozent durch die Streichung der ersten Pensionsanpassung. Diese insgesamt rund 12-prozentige Pensionskürzung betrifft viele schon bei Pensionsantritt ab 2004. Ab 2008 verlieren fast alle diese 12 Prozent, mehr als eineinhalb Monatspen­sionen!


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Eine Sicherheit dafür, dass diese Verlustbegrenzung tatsächlich länger bestehen bleibt, gibt es nicht. Wenn der Verlustdeckel aufgehoben wird, bedeutet das Pensions­verluste von 20, 30 oder 40 Prozent.

Die so genannte Hackler-Regelung ermöglicht für wenige Jahre weiter einen Pensions­antritt mit 60 oder 55, ab 2008 mit 61,5 oder 56,5, wenn 45 beziehungsweise 40 Bei­tragsjahre vorliegen. Zeiten von Arbeitslosigkeit und längeren Krankenständen gelten nicht als Beitragszeiten, daher haben in Wahrheit von dieser Regelung nur wenige etwas. Nur die wenigsten können sie nützen, weil die dafür erforderlichen 45 Beitrags­jahre mit begrenzter Ersatzzeitanrechnung selten jemand erreicht.

Gerade die typischen „Hackler“, also Menschen, die etwa als Bauarbeiter, im Fremden­verkehr oder am Fließband schwer arbeiten, haben kaum eine Chance, weil sie wegen Zeiten der Arbeitslosigkeit oder wegen längerer Krankheit gar nicht auf die erforder­lichen Beitragszeiten kommen. Ein Beispiel: Von allen Bauarbeitern, die in Pension gehen, schaffen es gerade vier von 100, unter die Hackler-Regelung zu fallen.

Auch die wenigen, die auf Grund der „Hackler-Regelung“ früher gehen können, werden von den Pensionskürzungen voll getroffen. Damit verlieren Männer, die mit 60 Jahren nach 45 Beitragsjahren auf Grund der so genannten Hackler-Regelung in Pension gehen, die vollen 12 Prozent. Für sie sind die Ankündigungen von Arbeitnehmervertre­tern der Regierungsparteien, dass es für sie keine Verschlechterungen und Kürzungen geben wird, nicht umgesetzt worden. Sie werden als Bittsteller an den Härtefonds verwiesen.

Ebenso verlieren Männer, die die „Hackler-Regelung“ wegen Arbeitslosigkeit oder Krankheit trotz 45 Versicherungsjahren nicht in Anspruch nehmen können, schon 2004, Pensionsantrittsalter 61 Jahre und sechs bis acht Monate, volle 12 Prozent.

Auch für Schwerarbeiter gibt es keinerlei Verbesserungen gegenüber der Regierungs­vorlage. Die Möglichkeit, mit 60 beziehungsweise 55 auf Grund einer Schwerarbeiter-Sonderregelung in Pension zu gehen, besteht weiterhin erst ab 2007 und wird nur wenigen Schwerarbeitern nützen, denn auch hier sind die gerade für Schwerarbeiter kaum erreichbaren 45 beziehungsweise 40 Beitragsjahre Voraussetzung.

Bezieher niedriger Pensionen sind von den Kürzungen ebenso betroffen wie alle ande­ren. Auf Leistungen aus dem Härteausgleichsfonds, der als einzige spezielle Maß­nahme für kleine Pensionen vorgesehen ist, besteht kein Rechtsanspruch. Die Betref­fenden werden also zu Bittstellern gemacht. Über Ansuchen kann das Bundessozial­amt eine Einmalzahlung zum Ausgleich der lebenslangen Verluste leisten.

Für die Arbeitnehmervertretungen sind solche Einmalzahlungen völlig ungenügend, um die lebenslangen Pensionsverluste auszugleichen. Aber selbst dabei gibt es große Hürden: Die Bezieher niedriger Pensionen kommen für diese Einmalzahlung nur in Frage, wenn sie mindestens 30 Beitragsjahre oder 40 Versicherungsjahre aufweisen können. Damit sind viele Frauen von vornherein vom Härteausgleich ausgeschlossen.

Außerdem müssen sich die Bezieher niedriger Pensionen die Fondsmittel mit Perso­nen teilen, die besonders lang Beiträge zur Pensionssicherung entrichtet haben. Da es sich in Summe jährlich um rund 36 000 Personen handeln wird, bleibt für den Einzel­nen fast nichts.

 


Das Budget für den Härteausgleichsfonds erreicht im Jahr 2006 das Höchstausmaß von 18 Millionen €. Sollen wirklich alle, deren Pensionsverluste laut Gesetz aus dem Fonds ausgeglichen werden sollen, etwas erhalten, entfallen auf den Einzelnen nur rund 500 €.


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach (das Glockenzeichen gebend): Darf ich nur um eines bitten: Wir sind selten so gut besucht wie heute, daher ist ein ziemlich hoher Lärmpegel in diesem Raum. Ich würde wirklich bitten, der Rednerin zuzuhören!

 


Bundesrätin Adelheid Ebner (fortsetzend): Das ist kein Problem. – Ich bin gleich fertig.

Diese Mini-Einmalzahlung kann nicht einmal annähernd die Pensionskürzungen im ersten Jahr ausgleichen, geschweige denn die lebenslangen Einbußen.

Besonders gravierend sind die massiven Verschlechterungen für uns Frauen. Für eine eigenständige Alterssicherung für Frauen gibt es praktisch keine wirksamen Maßnah­men. Die so genannten Maßnahmen der Regierung für die Frauen reichen nicht einmal aus, um die deutlichen Verluste auch nur annähernd abzumildern. Bereits 2008 trifft die meisten Frauen allein wegen des reduzierten Steigerungsprozentsatzes der maximale Pensionsverlust von zirka 12 Prozent. Ihnen nützt es daher gar nichts, dass Frauen pro Kind drei Jahre vom verlängerten Durchrechnungszeitraum abgezogen werden, sie trifft ohnehin der höchstmögliche Pensionsverlust.

Zusammenfassend muss gesagt werden, dass diese von der Regierung als großer Erfolg propagierte Pensionsreform – das wollen vielleicht jetzt nicht alle hören – als Geldbeschaffungsaktion einzustufen ist (Ruf bei der ÖVP: Das haben wir noch nie ge­hört!), die keinesfalls die versprochene nachhaltige Absicherung des Pensionssystems in Österreich bringen wird. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

20.31

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Giefing. – Bitte.

 


20.31

Bundesrat Johann Giefing (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor einigen Minuten habe ich vom Herrn Staatssekretär Finz hören müssen, dass er seine vernünf­tige Verwaltungsreform lobt, dass er es anpreist, dass 11 000 Bedienstete eingespart wurden. Ihn kümmern anscheinend nicht 11 000 Familienschicksale. Das ist genau Ihre Politik gegen den kleinen Mann! (Beifall bei der SPÖ.) Diese Menschen sind heute zuhause, schade, dass sie das nicht hören können, diese Menschen von der Post. Ihr habt uns kleine Postamterl zugesperrt, aus parteipolitischen Gründen! Erfolgreiche Postämter habt ihr uns zugesperrt! (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.) Das betrifft diejenigen Postbediensteten, die in der Privatwirtschaft vielleicht keine Chance gehabt hätten, einen Arbeitsplatz zu finden. Diese sind aber jetzt zuhause und zahlen keine Beiträge mehr für die Pension und für die Sozialversicherung ein. Das ist Ihre Hacklerpolitik! Heute hat es sich wieder herausgestellt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie kommen daher und freuen sich, dass 11 000 Bedienstete freigestellt worden sind, weil Sie aufräumen müssen, weil kein Geld da ist. Dann höre ich, dass es aus sicherheitspolitischen Gründen notwendig ist, Kampfflugzeuge zu kaufen. Aus meiner Sicht ist der Ankauf von Kampfflugzeugen sicherheitspolitisch sicherlich nicht erforderlich, weil es keine reale militärische Bedro­hung für Österreich gibt. Budgetpolitisch ist es angesichts der schwachen Staatsfinan­zen völlig unverständlich, dass die Bundesregierung um jeden Preis am Ankauf von Abfangjägern festhält. Die Entscheidung zum Ankauf ist auch demokratiepolitisch frag­würdig, weil sie gegen den Willen der österreichischen Bevölkerung erfolgt. Immerhin, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben 600 000 Menschen das Volksbegeh­ren gegen den Ankauf dieser Abfangjäger unterschrieben.


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Um etwas zu rechtfertigen, was nicht zu rechtfertigen ist, betreibt die Regierung seit nunmehr zwei Jahren ein Verwirrspiel um die Stückzahl, um die Art der Flugzeuge, um den Preis, um die Budgetbelastung, um die so genannte Übergangslösung und ein Verwirrspiel um die Gegengeschäfte. Wir meinen, dass eine kluge Außenpolitik den Frieden bei weitem besser sichert als jedes militärische Gerät.

Heute geht es darum, einen europäischen Verbund, ein vernünftiges System von Sicherheit und Verteidigung zu entwickeln. Dabei muss jedes Land einbringen, was es am besten leisten kann. Was wir nicht brauchen, sind sündteure Kampfflugzeuge, die sich die Österreicher mit Sicherheit gar nicht leisten können. (Beifall bei der SPÖ.)

Komischerweise hat beim Abschluss des Geschäftes der Herr Finanzminister erklärt, jeder Euro werde zweimal umgedreht. Tatsächlich haben aber im Jahre 2002 die 24 Eurofighter, die ursprünglich unbedingt notwendig waren, noch 1,79 Milliarden € ge­kostet, heute kosten 18 Eurofighter plötzlich 1,97 Milliarden €. Das ist doch erstaunlich! In diesem Betrag sind die Kosten für die Ausbildung und die Zwischenlösung et cetera noch gar nicht enthalten. Rechnet man diese dazu, kommt man auf Gesamtkosten von mehr als 3 Milliarden €.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Einen kleinen Moment, bitte! Ich ver­stehe die Informationspflicht des ORF durchaus, ich meine aber trotzdem, dass es nicht Sinn macht, wenn Sie mit Ihrem Mikrophon in die Bankreihen hinein fahren, um Zwischengespräche bei den Abgeordneten aufzunehmen. Ich glaube nicht, dass das etwas ist, was wir goutieren. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP, der SPÖ und den Frei­heitlichen.)

Bitte, Herr Bundesrat, setzen Sie bitte fort!

 


Bundesrat Johann Giefing (fortsetzend): Im Zuge des Nationalratswahlkampfes habe ich mehrfach von unserem Herrn Bundeskanzler Schüssel gehört, dass die Abfang­jägerbeschaffung ausgelagert und von einer Wirtschaftsplattform finanziert werde. Ein glatter Wahlkampfgag! Wo ist denn jetzt die Wirtschaftsplattform? Man hat die Öster­reicher nichts anderes als an der Nase herumgeführt.

Sie bekommen die Flugzeuge, die Sie bestellt haben, die von Ihrer Bewertungskom­mission bewertet worden sind – man hat sich mit vier zu eins dafür entschieden –, nicht, denn es gibt sie gar nicht, sie sind nicht serienfertig. Was vorhanden ist, ist ein Eurofighter der ersten Tranche, also ein Eurofighter im Testeinsatz, der nur für Trai­ningszwecke geeignet ist und nicht den österreichischen Bedürfnissen und nicht Ihrer Ausschreibung entspricht. Das steht in krassem Widerspruch zu den Ausschreibungs­kriterien, zu den Vergaberichtlinien, und das war ein Grund dafür, dass das Pflichten­heft, Ihre „Bibel“ der Beschaffung, nachträglich geändert wurde.

Die Zwischenlösung wurde herausgenommen, da sie von der EADS ganz einfach nicht erfüllt werden konnte, und diese teure Zwischenlösung, für die nun 400 Millionen € not­wendig sind, muss jetzt aus dem Budget bezahlt werden. Es ist hier ein sehr leichtferti­ger, fahrlässiger Umgang mit Steuergeldern festzustellen, und die Hauptverantwortung trägt dafür der Finanzminister, der ja ursprünglich ständig behauptet hat, wir brauchen keine Abfangjäger. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geben wir dem Bundesheer jene Mittel, die es braucht, damit es seine Aufgabe erfüllen kann, und investieren wir nicht in Luxus­kampfjets, die niemand braucht, die sicherheitspolitisch nicht notwendig sind und die budgetpolitisch eine Katastrophe darstellen! Es ist natürlich keine gute Entscheidung, diese Kampfflugzeuge zu kaufen. Ich kenne auch keinen Verfassungsrechtler, der sagen würde, dass man aus Neutralitätsgründen solche Kampfflugzeuge anzuschaffen hätte. Und Sie wissen sehr wohl auch, dass dieser Kauf von Kampfflugzeugen nichts


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mit Luftraumüberwachung zu tun hat. Es ist wirklich unglaublich, mit welchem Trick die Bundesregierung hier versucht, diese milliardenschwere Beschaffung noch vor Er­scheinen des Rechnungshofberichtes unter Dach und Fach zu bringen.

Wir, die Sozialdemokratie – das hat ja die Vergangenheit, die Politik der letzten 30 Jahre gezeigt –, bekennen uns zur Exekutive und zum österreichischen Bundes­heer. Es hat unter Kreisky und unter Sinowatz das höchste Budget für Landesverteidi­gung im Vergleich zur Wirtschaftskraft des Landes gegeben. Aus Sorge um die Zukunft des österreichischen Bundesheeres lehnen wir diese sündteure Beschaffung ab. Sie ist nicht erklärbar, sie ist nicht begründbar, und es ist Ihnen heute auch nicht gelungen, sie zu begründen.

Ich darf den Herrn Vizekanzler daran erinnern, dass er gesagt hat, dieser Vertrag werde, wenn überhaupt, nur unterschrieben, wenn der Abschlussbericht des Rech­nungshofes dazu vorliegt. Und nur nach umfassender Prüfung der Nachvollziehbarkeit der Gegengeschäfte werde die Unterschrift unter diesen Vertrag gesetzt. Das gilt jetzt alles plötzlich nicht mehr. Auch hier ist der Herr Vizekanzler wortbrüchig geworden.

Der Herr Finanzminister weiß sehr wohl, dass mit dieser sündteuren Beschaffung das Bundesheer in die Überschuldung und in den finanziellen Ruin getrieben wird. Es ist kein finanzieller Spielraum mehr für andere dringend notwendige und wichtige Be­schaffungen des Bundesheeres vorhanden.

Warum gibt es keine Angebotsgarantie, die international üblich ist? – Eine solche wurde nicht verlangt. Es gibt nur Absichtserklärungen, aber es ist keine Verpflichtung zur Erfüllung vorgeschrieben. Selbst der Rechnungshof findet die Gegengeschäfte pro­blematisch. Bis heute gibt es kein schlüssiges Finanzierungskonzept und keine finan­ziellen Vorsorgen. Der Rechnungshof bestätigt also vollinhaltlich die Kritikpunkte der Sozialdemokraten.

Das Veto des Herrn Finanzministers vom 2. Juli 2002, also an dem Tag, an dem die Ministerratssitzung stattfand, ist schon angesprochen worden. Er hat sich tatsächlich durchgesetzt. Das Veto war entscheidend dafür, dass nicht die kostengünstigen Saab Gripen gekauft werden, sondern dass man nunmehr darangeht, die sündteuren Euro­fighter zu beschaffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage daher konkret: Warum hat sich der Finanzminister so verhalten und sich vehement für die teuerste Variante ausgespro­chen? – Es ist dies ein Kriegsgerät, das er selbst immer wieder abgelehnt hat. Was war der Grund des plötzlichen Sinneswandels? Was war also der Grund dafür, dass bei dieser kostenintensiven Vergabeentscheidung zugunsten von EADS entschieden wurde? – Diese Fragen wurden heute nicht beantwortet.

Herr Finanzminister, Sie wissen es genau: Wir bekommen einen Flieger, den es derzeit überhaupt noch nicht gibt, weil er noch nicht fertig gestellt ist. Er ist nicht serienreif, heute nicht und im Jahr 2007 auch nicht. Das ist mit einem großen Fragezeichen zu versehen. Was die Tranche 2 des Eurofighters, die unsere Bedingungen erfüllen soll, betrifft, so ist bis heute noch nicht beschlossen, dass sie tatsächlich gebaut wird. Das, worüber wir heute diskutieren, ist die Tranche 1, die nicht den österreichischen Bedürf­nissen entspricht und nur für Trainingszwecke bestimmt ist. Es ist dies also ein Euro­fighter im Testeinsatz, den wir probieren. Dieses Probieren kostet mehr als 4 Milliar­den €. Dazu kann ich nur eines sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Diese Einkaufspolitik ist unverantwortlich! Sie findet mit Sicherheit nicht die Zustimmung der Sozialdemokratie. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

 


20.43


Bundesrat
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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Vizepräsident Weiss. – Bitte.

 


20.43

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Meine Herren Staats­sekretäre! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! In der Diskussion, die hier herin­nen und draußen stattgefunden hat, spielt die Frage der Harmonisierung der Pensions­systeme, der damit verbundenen Vorteile und Probleme eine große Rolle. Es ist viel­leicht interessant, einen Erfahrungsbericht aus einem Bundesland zu hören, das im Bereich des öffentlichen Dienstes diese Harmonisierung bereits durchgeführt hat. Ich berichte kurz aus Vorarlberg. Die Kollegen aus Oberösterreich können das vielleicht noch ergänzen, wo man ebenfalls Ähnliches gemacht hat.

Wir führen seit dem Jahre 2001 keine Pragmatisierungen mehr durch. Neue Bediens­tete finden eine attraktive Gehaltskurve verbunden mit einer ASVG-Pension vor. Wir haben auch Abschied genommen von der Bezahlung nach Ausbildung oder Vorbil­dung, sondern bezahlt wird nach dem, was an einem Arbeitsplatz und von dessen Stel­leninhaber erwartet wird und was er als Arbeitsleistung einbringt, unabhängig davon, ob er einen Volksschul- oder Universitätsabschluss hat.

In der Zwischenzeit, nach etwa zwei Jahren, stellen wir fest, dass nur mehr 65 Prozent jener, die es sein könnten, noch im alten System sind, weil die Bediensteten von sich aus – jetzt abgesehen von den Neueintretenden – für das attraktivere neuere System votiert haben. Ähnliche Erfahrungen wird man auch in Oberösterreich gemacht haben und, ich denke, wohl auch in der Steiermark, wo Ähnliches in Angriff genommen wurde.

Das zeigt also, es gibt auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern selbst Interesse an dieser Harmonisierung. Ich weiß selbst von vielen jüngeren Beamten, die sich für dieses neue System entschieden haben, dass sie sagen, mir ist ein interessanter Aktiv­bezug lieber als eine Pension im Jahre 2030, von der ich heute wirklich nicht abschät­zen kann, wie sie dann letztlich aussehen wird.

Eine wichtige Voraussetzung spielt dabei natürlich schon eine Rolle: Das ist die Frage der Investitionen in eine solche Systemumstellung, sofern ich sie nicht nur auf jene be­schränke, die neu eintreten, sondern auch die bestehenden Dienstverhältnisse erfas­sen will. Wenn ich davon ausgehe, dass man die Finanzierung nicht aus dem System selbst heraus machen kann, weil das eine Umverteilung zulasten einzelner Bedienste­tengruppen wäre, dann muss bewusst sein, dass das für den Dienstgeber natürlich Geld kostet, das man aufbringen muss. Und das ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass es soziale Akzeptanz findet und funktioniert. Ich denke, das sollte man auch im Auge behalten, wenn man über die Harmonisierung unter großem Zeitdruck redet.

Wir hatten heute einen – wie das im Bundesrat häufig der Fall ist – durchaus höflichen Austausch von unterschiedlichen Standpunkten, und daher möchte ich am Schluss auch nicht so unhöflich sein, nicht näher zu erläutern, warum wir dem Einspruchsan­trag der SPÖ nicht zustimmen. Er gliedert sich in drei Teile. Der erste Teil ist allgemein politischer Art und bezieht sich auf die Pensionsreform an sich, zu der wir einen unter­schiedlichen Standpunkt haben. Wir halten es für unsozial, die Reform nicht zu machen und weiter aufzuschieben. Zwei andere Punkte sind für die Länderkammer interessant, weil sie Rechte und Interessen der Länder ansprechen, und darauf möchte ich kurz eingehen.

Das Erste ist der Hinweis auf das Begutachtungsverfahren und den Zusammenhang mit dem Konsultationsmechanismus. Nun ist auf den ersten Blick ohne Zweifel zu­nächst einmal verständlich, wenn man die Stellungnahmen der Landesregierungen


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liest, dass Unzufriedenheit mit dem Begutachtungsverfahren herrscht, weil die Um­stände einen großen Zeitdruck erzeugt haben und es den Ländern wie auch anderen begutachtenden Stellen schwer möglich war, wirklich fundiert dazu Stellung zu neh­men. Das ist der Befund auf den ersten Blick.

Wenn man aber sieht, in welcher Weise die Regierungsvorlage verändert wurde, nicht zuletzt auch unter dem politischen Druck guter Argumente der Länder, dann relativiert sich die Kritik im Begutachtungsverfahren ganz erheblich, und sie würde angesichts des Gesetzesbeschlusses des Nationalrates sicherlich nicht mehr in dieser Weise erfolgen, weil sich eben vieles auch von dem durchgesetzt hat, was die Länder als Probleme artikuliert haben. Sie haben gefürchtet, dass die Abfederung nicht mehr im System selbst erfolgen, sondern zulasten der Sozialhilfe gehen wird, ganz abgesehen von anderen Bedenken. – Ich kann daher diesen Einspruchsgrund nicht teilen.

Ein dritter Punkt ist, dass es sich um ein Gesetzespaket handle, das wegen seines Umfangs verfassungsrechtliche Bedenken dadurch auslöse, weil der Gesetzesbe­schluss gegen das freie Mandat verstoße. Den Bundesräten werde sozusagen die Freiheit genommen, zu den einzelnen Punkten des Gesetzesbeschlusses mit ihrem Abstimmungsverhalten Stellung zu nehmen.

Diese Kritik hat durchaus Berechtigung, wobei sie sich in gewisser Weise an sich selbst richtet, denn wer hat denn diese Technik der Budgetbegleitgesetze erfunden? – Es waren anfangs der neunziger Jahre sozialdemokratische Bundeskanzler, Finanz­minister und Nationalratspräsidenten. Damals war aus dem Munde der sozialdemokra­tischen Fraktion ganz anderes zu hören als heute, bedenkenlos hat man damals zuge­stimmt. Ich gebe zu, dass man sich natürlich angesichts des größeren Umfanges auch eines anderen besinnen kann. Ich begrüße das durchaus, dass man diese Diskussion führt, weil Sammelgesetze ohne Frage eine Ausnahmesituation sein müssen.

Wenn wir uns vor Augen führen, dass der Bundesrat im Schnitt im Jahr etwa 100 bis 150 Gesetzesbeschlüsse zu behandeln hat und wir auf einen Satz 90 in ein Gesetz verpacken, dann sieht man schon, welche Qualität das hat und wie sehr damit die Ein­flussnahme der Länder auf einzelne Bundesgesetze eingeschränkt wird. Strittige Sach­verhalte werden durch die Einbindung in das Paket immunisiert, und das ist ohne Frage auch für uns selbst ein Problem.

Ich komme allerdings zu einer anderen Schlussfolgerung aus diesem Problem, als Ein­spruch zu erheben. Sachgerecht wäre wohl etwa, das Bundes-Verfassungsgesetz in der Weise zu ändern, dass der Bundesrat nicht nur gegen den Gesetzesbeschluss als solchen, sondern, wenn er aus mehreren Gesetzesteilen besteht, auch gegen einzelne Teilgesetze Einspruch erheben können sollte, das heißt also, dass für den Bundesrat dieses Paket wieder aufgelöst wird. Das wäre für die Zukunft ein interessanter Ansatz, über den man diskutieren sollte, allenfalls auch in Form eines Gesetzesantrages (Bei­fall bei der ÖVP), aber auf Grund dieses evidenten Problems einen Einspruch fassen zu wollen scheint mir doch völlig unangemessen zu sein.

Dazu kommt noch, dass ich die verfassungsrechtlichen Bedenken im Zusammenhang mit dem freien Mandat überhaupt nicht teilen kann. Im Einspruchsantrag heißt es, dass das freie Mandat auch die Freiheit der Bundesräte beinhaltet, ihr Abstimmungsverhal­ten völlig unabhängig und frei von Anordnungen auszuüben. Nach dem klaren Wortlaut der Bundesverfassung beinhaltet die Immunität nichts anderes als das – ich zitiere –: „Die Mitglieder des Nationalrates und die Mitglieder des Bundesrates sind bei der Aus­übung ihres Berufes an keinen Auftrag gebunden.“

Das ist die Verfassungsdefinition des freien Mandates. Das, was Sie jetzt versuchen, ist, etwas anderes hineinzuinterpretieren, das nicht enthalten ist und dem wir nicht folgen können.


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Dass den Bundesräten das Recht auf differenziertes Stimmverhalten genommen werde, genauso, wie es anderen auch schwer gemacht wird, gegen einzelne Teile, die ihnen vielleicht nicht so gut gefallen, Stellung zu nehmen, ist richtig, aber das hindert keinen Bundesrat daran zu sagen: Dann gefällt mir halt das ganze Paket nicht. Es ist eine Güterabwägung und eine Wahrnehmung politischer Verantwortung, zu beurteilen, was schwerer wiegt: das Unbehagen über einzelne Teile oder die Notwendigkeit, einen Beitrag zum Zustandekommen der Reform zu leisten.

Aus diesen Gründen halte ich auch die auf den ersten Blick länderfreundlich scheinen­den Argumente des Einspruchsantrages aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar, und ich sehe daher auch für uns keinen Anlass, dem Einspruchsantrag zuzustimmen. (Bei­fall bei der ÖVP.)

20.53

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Haunschmid. – Bitte.

 


20.53

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Meine Herren Staatssekretäre! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute ist ein Zwi­schenruf des Kollegen Gasteiger gefallen, der lautete: Dazu sind wir ja da! Meine Frak­tion und ich hätten uns gewünscht, dass Sie, die Damen und Herren der Sozialdemo­kratie, während Ihrer Regierungsjahre den Mut gehabt hätten, für eine harmonisierte Pensionsreform zu sorgen, also da gewesen wären. Das wäre angebracht gewesen. – Dazu sind wir ja da!

Sie waren zu dieser Zeit out, meine Damen und Herren der Sozialdemokratie! Da waren Ihnen die Zukunft aller österreichischen Bürger, die Altersvorsorge, die Sicher­heit, die Familien, die Kinder egal. Es waren Ihnen die Hausfrau und die Mutter egal, weil Sie ihnen die Kindererziehungszeiten nicht anerkannt haben.

Herr Kollege Binna! Als praktizierende Touristikerin kann ich Ihnen versichern, dass Österreich von den Gästen nicht zuletzt als sicherstes Urlaubsland geschätzt wird, dass sich niemand am Militär oder an überwachenden Flugzeugen stößt, sondern dass man sich höchstens von Demonstranten und ausschweifenden radikalen Kundgebun­gen von einem Urlaubsaufenthalt in Österreich abhalten lässt. Das können Sie mir glauben! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Binna: Ich lade Sie ein, kommen Sie zu uns!)

Ihre Doppelzüngigkeit ist schon grotesk: Blockaden auf den Autobahnen, stunden­langer Stau für die Gäste in Österreich, ein Nein Ihrerseits bei der Abstimmung zur Höchststrafe bei Kindesmissbrauch. – Vergessen Sie das nicht! Das sind die Fakten.

Meine Damen und Herren! Den Inhalt der Pensionsreform bejahe ich klar. Lassen wir aber alle persönlichen Befindlichkeiten beiseite und sind wir uns über eines klar: Wir sind nicht hier, um vom Leben so viel wie möglich zu bekommen, sondern wir sind hier, meine Damen und Herren, um das Beste zu geben, dessen wir fähig sind. Dies fordert Entfaltung und ist oder wäre bei vielem unsere praktische Pflicht.

Überzeugt sind meine Fraktion und ich davon, dass seitens der freiheitlichen Minister, Staatssekretäre und Mandatare sowie deren Mitarbeitern alles getan wurde, um best­möglich mit dem Koalitionspartner zu verhandeln. Auch Sie, meine Damen und Herren der Sozialdemokratischen Partei, wären dazu eingeladen gewesen. Nochmals wurde nachverhandelt, um scharfe Kanten, Ecken und Unebenheiten zu schleifen. Man wollte im Sinne der Bürger, vor allem im Sinne der vielen Kleinverdiener, im Sinne der bis jetzt Benachteiligten, im Sinne der Schwachen, Kranken, Behinderten, ein System schaffen, wie es die Sozialdemokraten in all den Jahren nicht einmal angedacht haben.


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Jawohl, es ist vieles noch offen, und für uns freiheitliche Bundesräte (Zwischenruf des Bundesrates Manfred Gruber), meine Damen und Herren, wäre es kein Problem, sich mit den Vorankündigungen einer Harmonisierung und damit, dass die Privilegienritter endgültig zur Kasse gebeten werden und viele Begünstigungen, die dem Bürger uner­klärbar sind, abgeschafft werden, zufrieden zu geben.

Nicht nur im Bund, sondern auch auf Länder- und Gemeindeebene ist dringender Handlungsbedarf gegeben. Keiner hat das Recht, für andere Gesetze zu machen und sich selbst nicht am Sparen und Abspecken zu beteiligen. Uns Freiheitlichen kann nie­mand diese wertvolle und sehr demokratische Art absprechen, auf viele Privilegien wie Dienstautos, Bezüge über 60 000 S schon immer verzichtet zu haben. Es war für uns ein Gebot der ersten Stunde, das war und ist der freiheitliche Weg, meine Damen und Herren! Daher ist niemand geeigneter als unser Sozialminister, mit diesen Privilegien aufzuräumen.

Wir haben die Pensionsreform geschaffen. Dort, wo etwas geschaffen wurde, muss je­mand sein, der es erschafft. Das wissen wir alle. Auch dort, wo Ordnung herrschen und auch gehalten werden soll, muss ein Ordner sein. Deshalb gebührt hier und heute ein Dank dem Landeshauptmann von Kärnten Dr. Jörg Haider, der diesen Ordner heute sehr deutlich praktiziert hat. (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Ich habe im Ausschuss schon deponiert: Wir müssen zwar als kleiner, aber harter und ehrlicher Koalitionspartner das Gefühl und die Sicherheit haben, dass die Österreichische Volkspartei angesichts der schon verhan­delten Ergebnisse wie Harmonisierung, Abschaffung der Privilegien nicht umfällt und bei ihren Zusagen in den Verhandlungen bleibt, auch wenn sie nicht verankert werden. Dazu waren auch bis zur jetzigen Stunde intensive Verhandlungen in unserer Runde notwendig.

Daher sei es uns als Demokraten bei allem Lob für diese Pluspunkte der Pensionsre­form gestattet – wir Freiheitlichen haben ohnehin freie Meinungsäußerung und keinen Klubzwang –, auch Kritik zu üben. Erkennen Sie, dass weder Lob noch Kritik eine Wirklichkeit beinhaltet, sondern nur die Meinung eines anderen darstellt. Lob und Kritik sollen anregen, noch einmal die Realität anzusehen, um zu prüfen, ob man vielleicht etwas übersehen hat, was der andere erkannt hat. Orientieren wir uns also immer an der Realität und nicht an einer Ansicht über die Wirklichkeit, denn weder Lob noch Kritik, meine Damen und Herren, verändern oder schaffen diese Wirklichkeit.

Die Wirklichkeit ist, dass wir dem Bürger die ganze Pensionsreform – und mag sie noch so gute Inhalte haben – erklären müssen. Harmonisierung nur zu versprechen genügt nicht. Die Verhandlungen sind effizient durchzuführen. Privilegienabbau nur zu versprechen genügt nicht. Das muss so rasch wie möglich durchgeführt werden.

Niemandem ist nämlich Folgendes – was ich erst vor kurzem erlebt habe – zu erklären: Eine Frau mit sieben Kindern, von denen zwei noch zu Hause wohnen, wurde mit 36 Jahren Witwe. Sie konnte mit so vielen Kindern natürlich nicht arbeiten gehen. Jetzt muss sie von knapp über 600 € Rente leben und daran denken, das Haus zu verkau­fen, um das Nötigste zum Leben zu haben.

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Wirtschaftskammerpräsident Leitl soll sich endlich hinter die vielen Kleinstunternehmer mit null bis vier Mitarbeitern stellen, die einfach nicht mehr Gewinne erwirtschaften können und die nur eine Sorge haben, nämlich nicht krank zu werden, damit sie am nächsten Tag in der Früh wieder arbeiten können.

70 Prozent der Unternehmer beziehen eine Pension von 750 bis 850 € – zu wenig zum Leben, aber zu viel zum Sterben. Daher ist dieser Wirtschaftskammerpräsident zusam-


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men mit dem Wirtschaftsminister aufgefordert, sich endlich am Runden Tisch für die heimischen Unternehmen einzusetzen. Dringend umzusetzen sind unabdingbare For­derungen wie Verkürzung des Durchrechnungszeitraumes, Erschwernisregelung – zum Beispiel die „Hackler-Regelung“ auch für Gewerbetreibende –, Abschaffung der Frühpensionen, Alternativregelungen und Harmonisierung der Systeme.

Der Eigenfinanzierungsgrad der Selbständigen in der Pensionsversicherung liegt bei 85 Prozent. Im Jahr 2002 war das ein offiziell errechneter Betrag von über 670 Millio­nen €, der Anteil im ASVG liegt bei 12,55 Prozent. Der Beitrag der Selbstständigenver­sicherung zur allgemeinen Pensionsfinanzierung beläuft sich auf 10 Milliarden €. Daher müssen bei einer umfassenden Harmonisierung die Beitragssätze entsprechend be­rücksichtigt werden. Die künftigen Gewerbepensionisten dürfen auf keinen Fall die pro­grammierten Verlierer dieser Reform sein. Sie haben gerade als Kleinstunternehmer wertvollste Arbeitsplätze in Österreich gesichert. (Beifall des Bundesrates Dr. Böhm.)

Ich habe im Ausschuss bereits deponiert: Wir Freiheitliche müssen als zwar kleiner, aber harter und ehrlicher Koalitionspartner das Gefühl haben, dass die Österreichische Volkspartei nicht umfällt und auch bei Zusagen bleibt. Kein Baum, meine Damen und Herren, mag er noch so stark sein, wird auf Dauer dem Schlag der Axt standhalten. Es ist nur eine Frage der Zeit und der Ausdauer der Holzfäller, wann er sich zur Seite neigt und fällt. So werden sich auch unsere Probleme in nichts auflösen, wenn wir wachsam und beständig unser Ziel im Auge behalten und Schlag auf Schlag in die Kerbe hauen. (Vizepräsident Weiss übernimmt wieder den Vorsitz.)

Beständigkeit ist eine der wichtigsten Eigenschaften, die wir brauchen, wenn unser Tun erfolgreich und sinnvoll sein soll. Manchmal müssen wir einsehen, dass unter den ge­gebenen Umständen die Lösung eines Problems nicht möglich ist. Fragen wir uns da­her nochmals, unter welchen Umständen dann eine Lösung möglich wäre, und schaf­fen wir diese Umstände, meine Damen und Herren – und sei es im Zuge eines Refe­rendums! Das Volk hat das Recht, gehört zu werden. Und wir haben die Pflicht, das Volk zu hören. Wenn etwas überhaupt wert ist, getan zu werden, dann ist es auch wert, gut getan zu werden. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie der Bundesrätin Bachner.)

21.04

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Pro­fessor Konecny das Wort. – Bitte.

 


21.04

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Meine Herren Staats­sekretäre! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war ja heute nun zugegebenermaßen eine ziemlich ungewöhnliche Sitzung. In diesem Haus sitzen vier Fraktionen, die üblicherweise in einen regen und kontroversen Meinungsaustausch treten. Heute sind hier drei Fraktionen gesessen, die in einen regen und kontroversen Meinungsaus­tausch getreten sind, denn die drittgrößte Fraktion des Hauses hat im Wesentlichen durch Abwesenheit geglänzt. (Bundesrat Hagen: Stimmt nicht! Ich war fast immer an­wesend! – Bundesrat Dr. Aspöck: Das ist gelebte Demokratie!)

Ich gebe zu, dass vermutlich auch dort rege und kontrovers – um bei meinem eigenen Zitat zu bleiben – diskutiert wurde. Frau Kollegin Haunschmid hat einige Sätze gespro­chen, gegen die in ihrer Allgemeinheit nicht einmal von unserer Seite – außer dort, wo sie uns ein bisschen beschimpft hat, aber gut – etwas einzuwenden ist. Offensichtlich ist das Ergebnis dieser ganztägigen Bemühungen ein Entschließungsantrag, den – wer ist der Erstgenannte? – Kollege Bieringer, der auch nicht da ist, offenbar noch einzu­bringen hat.


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Das, was Kollegin Haunschmid gesagt hat, steht dort jedenfalls nicht drinnen. – Oder ist es nicht beabsichtigt, diesen Entschließungsantrag einzubringen, Kollege Böhm, weil Sie so heftig mit dem Kopf wackeln? Sie stehen auch auf diesem Antrag, darum frage ich Sie. (Bundesrat Dr. Böhm: Ja!) – Was „ja“? Einzubringen oder nicht einzu­bringen? (Bundesrat Dr. Aspöck: Das ist spannend!) Der Antrag liegt bereits am Präsi­dium, daher meine ich, Sie sollten wissen, ob er eingebracht wird. Entschuldigen Sie, ich bin normalerweise nicht so inquisitorisch: War das ein Ja? (Bundesrat Dr. Böhm: Ja!) – Gut. Es war ein zögerliches, aber es war ein Ja.

All das, was Kollegin Haunschmid hier sehr unsicher, aber doch gefordert und ange­kündigt hat, steht da jedenfalls nicht drinnen. Ich bin an und für sich auch ein alter Ver­handler, aber wie man für 17 Zeilen – wenn ich mich in der Geschwindigkeit nicht ver­zählt habe; die Überschriften ausgenommen – einen Tag brauchen kann, verstehe ich nicht ganz.

Ich halte es für ziemlich zurückhaltend, wenn vier Seiten „Text“ – unter Anführungszei­chen – aus dem Entschließungsantrag des Nationalrates zitiert werden und dann der „markante“ Satz kommt: „Der Bundesrat“ – wohl mit Mehrheit und nicht in seiner Ge­samtheit – „schließt sich dieser Auffassung an.“

Nun muss man sich ansehen, was dabei der eigenständige Beitrag des Bundesrates, wenn denn dieser Entschließungsantrag angenommen wird, wäre. Es wird festgestellt, dass Meinungsumfragen eine große Zustimmung der Bevölkerung zur Harmonisierung der Pensionssysteme bestätigen. – Gut.

Weiters: „Der Bundesrat regt an,“ – „starke“ Ansage! – „bei der Umsetzung der Harmo­nisierung die Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger zu erreichen und deren Vor­stellungen und Ideen zu berücksichtigen.“ – Über die Website des Herrn Finanzminis­ters vielleicht? Man kann dort Anregungen machen.

Dann gibt es einen Satz, den man sich, auch was seine Formulierung betrifft, wirklich auf der Zunge zergehen lassen muss. Er lautet:

„Der Bundesrat schlägt weiters vor, die notwendigen verfassungsrechtlich vorgesehe­nen Mittel zur Umsetzung der Harmonisierung der Pensionssysteme heranzuziehen.“

Vielleicht kann dann – ich sage das gleich am Anfang – einer der weiteren Redner der FPÖ sagen, was dieser Satz heißen soll. Zunächst einmal, prima facie, heißt er gar nichts!

Aber noch einmal: Das ist ja noch nicht die Entschließung, das ist lediglich die Begrün­dung. Der Entschließungsantrag umfasst dann nur noch 9,5 Zeilen:

„Der Bundesrat begrüßt die bereits begonnenen Gespräche der Bundesregierung mit den Sozialpartnern am ,runden Tisch‘ und ersucht die Bundesregierung, unter Einbin­dung der Sozialpartner, der Länder und der Pensionsreformkommission die Harmoni­sierung aller Pensionssysteme nach den genannten Prinzipien“ – offenbar jenen, die der Nationalrat genannt hat, denn in den oberen sieben Zeilen sind keine solchen genannt – „unverzüglich in Angriff zu nehmen ...“

Frau Kollegin Haunschmid hat heute mindestens dreimal gesagt, wir seien ja auch eingeladen. Laut Entschließungsantrag, liebe Frau Kollegin Haunschmid, offensichtlich nicht! (Bundesrätin Haunschmid: Ihr wart eingeladen zu den Verhandlungen!) – Sie schließen in dem Text, den Sie hier vorlegen, die politischen Parteien im Parlament ausdrücklich davon aus – nur um das hier klar zu sagen!

Und jetzt wird es wirklich makaber. Vielleicht kann ich mich da als Redaktionshelfer anbieten. Weiter heißt es nämlich:


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„... und jedenfalls bis Ende des Jahres 2003 einen Gesetzesentwurf betreffend ein einheitliches Pensionsrecht für alle Erwerbstätigen zu erarbeiten und dem Parlament bis längstens 31. Dezember 2003 zur Beschlussfassung vorzulegen, ...“ 

Das fällt weit hinter das zurück, was die Bundesregierung bisher als Zeitplan angekün­digt hat! Das, was der Bundesrat darin zu fordern aufgefordert wird, ist, bis 31. Dezem­ber einen Begutachtungsentwurf – würde man in Wirklichkeit sagen – fertig zu bringen. Dann beginnt die Begutachtung, die öffentliche Debatte und das Gesetzgebungsver­fahren. – War nicht einmal von einem Geltungsbeginn 1. Jänner 2004 die Rede? Hat es da nicht Menschen gegeben, die die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen haben, als diese „unverantwortlichen“ Vertreter der Sozialpartner angeboten haben, bis Ende September ein fertiges System auf den Tisch zu legen? – Jetzt kommt die „dra­matische“ Forderung: September muss es nicht sein. Bis 31. Dezember wollen Sie es packen.

Sehen Sie, so vergeudet man, wenn man angeblich so eilig unterwegs ist, die Zeit der Gesellschaft und die Zeit für Lösungen! (Beifall bei der SPÖ.)

Sollte – nach dem schüchternen Ja des Kollegen Böhm darf ich das annehmen – die­ser Entschließungsantrag eingebracht werden, dann werden wir von der SPÖ ihm naheliegenderweise nicht zustimmen – nicht nur, weil wir ja schwer dafür stimmen können, dass die Oppositionsparteien vom Runden Tisch per Auftrag des Bundesrates ausgeschlossen werden, auch wohl nicht deshalb, weil wir nicht guten Mutes sagen können, drei Monate später, als es die Sozialpartner vorgeschlagen haben, ist auch noch immer zeitgerecht, sondern auch deshalb, weil es ein Armutszeugnis ist – das sage ich ganz ehrlich –, wenn nach ganztägigen Beratungen aus Anlass dieser De­batte das als politischer Auftrag der Länderkammer herauskommt.

Ich würde mich als Bundesrat – jedweder Fraktion! – dafür schämen, wenn dieser An­trag als Ausdruck unseres Willens – des Willens der Mehrheit des Hauses, aber nichts­destoweniger dieser Kammer des Parlaments – ernsthaft das Licht der Öffentlichkeit erblicken würde. (Beifall bei der SPÖ.)

21.13

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Klamt. Ich er­teile ihm das Wort.

 


21.13

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe zum Thema Pensionen bereits in meinem ersten Redebeitrag Bedenken angemeldet.

Der Landeshauptmann von Kärnten, Dr. Jörg Haider, hat hier darauf hingewiesen, dass der Konsultationsmechanismus ausgelöst wurde und dass die Sorgen des Lan­des Kärnten nicht ausgeräumt wurden. Allein diese Tatsache würde schon ausreichen, dass ich als Kärntner dem Antrag, keinen Einspruch zu erheben, nicht zustimmen kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe noch weitere Bedenken: Eine Akzeptanz der Pensionsreform durch die breite Bevölkerung kann nur dann gegeben sein, wenn die Harmonisierung aller Pensionssysteme zügig vonstatten geht. Damit ist für mich die Harmonisierung die „schwierige Baustelle“. Die Harmonisierung ist aus meiner Sicht auch der Knackpunkt für eine weitere Pensionsreform, die unbedingt kommen muss.

Die Äußerungen prominenter ÖVP-Funktionäre ließen mich heute Vormittag daran zweifeln, dass der im Nationalrat verabschiedete Entschließungsantrag in Richtung Harmonisierung von der ÖVP wirklich ernst genommen wird. Ich meine – und ich bin


Bundesrat
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auch jetzt noch dieser Meinung –, dass der Bundesrat natürlich eine historische Chance hat. Er kann über sein Stimmverhalten eine Pause erwirken. In dieser Pause müsste meiner Ansicht nach abgesichert werden, dass letztendlich mein Leitspruch zur Pensionsreform, den ich schon am Vormittag zum Ausdruck gebracht habe, in Kraft tritt: Jeder Schilling und jeder Euro, der für die Altersversorgung eingezahlt wurde, muss für alle Österreicherinnen und Österreicher gleich viel wert sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der SPÖ.)

Davon sind wir im Moment noch weit entfernt, das wird ein langer und schwieriger Weg werden. Deshalb meine ich auch, dass der Einsatz direktdemokratischer Mittel ganz einfach vereinbart werden muss. Was passiert denn in dem Fall, dass die Sozialpartner die Harmonisierung aus Gruppenegoismus oder aus anderen Gründen verzögern? – Es muss irgendwo eine Sicherheit geben, dass dann die Bevölkerung mit direktdemo­kratischen Mitteln befragt oder eingebunden wird. Ich bin sicher, dass damit der Weg in Richtung Harmonisierung auch gangbar sein wird. Ich finde auch, dass die Bevölke­rung und vor allem jene, die über die bereits vorhandene Pensionsreform Einbußen hinnehmen mussten, das Recht haben sollen, in diesen Harmonisierungsprozess wirk­lich eingebunden zu sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sowohl die Presse als auch Sie alle und auch Herr Professor Konecny wissen, dass wir um eine entsprechende Formulierung kämpfen. Sie, Herr Professor Konecny, haben festgehalten, dass Sie das, was in die­sem Zusammenhang gemacht wurde, nicht großartig finden. Aber ich finde, es ist ein harter Kampf und es ist ein Kampf, der sich lohnt, damit wir eine Formulierung finden, die wirklich absichert, dass die Einbindung der Bevölkerung mit direktdemokratischen Mitteln gegeben ist.

Ich würde sagen, ich habe als Kärntner kein Problem damit, dem Antrag, keinen Ein­spruch zu erheben, nicht zuzustimmen. Ich habe wirklich kein Problem damit, weil ich sage, diese Atempause hat sich die Regierung und haben sich alle, die hiebei tätig waren, eindeutig verdient.

Ich mache jetzt – schon spät am Abend – mein Stimmverhalten von dem Papier ab­hängig, das hier zwischen ÖVP und FPÖ erarbeitet wird.

Ich bin jetzt knapp vor dem Ende der Verhandlungen ans Rednerpult getreten, und ich weiß nicht, ob die Ergebnisse so sind, dass ich mitstimmen kann, aber für mich ist eines klar: Es muss deutlich zum Ausdruck kommen, dass die Mittel der direkten De­mokratie eingesetzt werden und dass die Bevölkerung in den Prozess der Harmonisie­rung eingebunden wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.20

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Bader. – Bitte.

 


21.21

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist gewiss eine historische De­batte, die heute hier im Bundesrat geführt wird, und ich denke auch, dass die Themen, die heute behandelt werden, auch von historischer Tragweite sind, weil sie für die Zukunft der Bevölkerung in unserem Land eine sehr große Bedeutung haben.

Es hat vorhin Kollege Giefing gemeint, die Entscheidung bei den Abfangjägern sei eine Entscheidung gegen die Bevölkerung. Da möchte ich ihm entgegenhalten, dass sie sehr wohl eine Entscheidung für die Menschen in diesem Land ist, weil sie eine Ent­scheidung für die Sicherheit der Bürger unseres Landes darstellt. Luftraumüber­wachungsflugzeuge waren immer ein unpopuläres Thema, aber ein ganz notwendiges,


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und die Debatte über diese leider unpopuläre Investition in unsere Luftraumsicherung ist auch nicht neu.

Ich denke, dass uns die Sicherheit viel wert sein muss und dass sich die Anforderun­gen an ein erfolgreiches Sicherheitssystem geändert haben. Daher ist es klar, dass es kein Weniger an Sicherheit geben darf, sondern ein Mehr an Sicherheit geben muss.

Ich halte es auch für blauäugig und unverantwortlich, was hier teilweise von der Oppo­sition im Zusammenhang mit der Anschaffung von Luftraumüberwachungsflugzeugen betrieben wird, und zwar auch deswegen, weil von ihr Sicherheit und soziale Leistun­gen gegeneinander aufgerechnet werden. Es geht nicht um die Pensionsreform oder die Luftraumüberwachungsflugzeuge, sondern es kann nur heißen: Sicherung der Pen­sionen und Sicherung der eigenen Souveränität im Luftraum.

Noch ein Wort zur Pensionssicherungsreform: Diese Pensionssicherungsreform ist aus unserer Sicht sozial und gerecht. Es ist aber auch klar, dass der zweite Schritt, die Har­monisierung, auch noch entsprechend gesetzt werden muss. Für uns bedeutet diese Pensionssicherungsreform, Verantwortung zu übernehmen: Verantwortung für Öster­reich, Verantwortung für die Menschen in unserem Land, Verantwortung für die Pen­sionisten, weil es eben bei dieser Reform keine Eingriffe in bestehende Pensionen gibt, aber auch Verantwortung – und diese Verantwortung schätze ich noch höher ein –für die Zukunft unserer Jugend.

Würden wir zuwarten, dann würde das nur bedeuten, dass in absehbarer Zeit in beste­hende Pensionen unbedingt eingegriffen werden müsste und das Risiko für die Jugend, keine Alterssicherung mehr zu haben, extrem wachsen würde.

Ich habe erst vor einigen Tagen mit einem jungen Mann im Alter von zirka 30 Jahren gesprochen, der mir gesagt hat, dass er froh ist, dass diese Pensionssicherungsreform im Nationalrat beschlossen worden ist und dass es die Deckelung von zehn Prozent auch gibt. Er hat gesagt: Wenn ich in 25, in 30 Jahren in Pension gehe, dann werde ich froh sein, dass ich nur zehn Prozent Einbußen habe. Wer weiß, was noch alles kom­men wird! (Bundesrat Manfred Gruber: Dass er nichts kriegt, ist sicher!)

Daher verstehe ich die Debatte und die Plakate nicht, die es bei uns in Niederöster­reich von Seiten der Sozialdemokratischen Partei gibt, auf welchen immer wieder vom „Pensionsraub“ die Rede ist (Bundesrat Manfred Gruber: So ist es, Herr Kollege!), weil das an der Tatsache vorbeigeht. Ich glaube, Sie haben da noch nicht alles gelesen und sich noch nicht genau informiert. Ich kann Ihnen zu Ihrer Information sagen: In beste­hende Pensionen wird nicht eingegriffen! (Bundesrat Manfred Gruber: Fragen Sie einmal nach bei Schüssel!)

Herr Kollege, hören Sie mir jetzt zu! Ich habe Ihnen vorhin auch zugehört und habe nicht dauernd dazwischengequatscht. (Bundesrat Manfred Gruber: Quatschen tun Sie da draußen, nicht ich!)

Nichts zu tun, wie Sie das jetzt vorhaben, das bedeutet, den Menschen Sand in die Augen zu streuen, und das hielte ich eigentlich für den tatsächlichen Raub, weil es ein Raub an der Zukunft der Jugend von heute ist!

Wir nehmen die Verantwortung für die Zukunft wahr. Ich selbst habe auch kein Pro­blem damit, zu sagen, dass ich für diese Pensionssicherungsreform stimmen werde. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

21.25

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Bieringer. – Bitte, Herr Bundesrat.

 



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21.25

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem heute für mein Dafürhalten genug Worte gewechselt wurden, darf ich nun folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Bieringer, Dr. Böhm, Kolleginnen und Kollegen betreffend einheitliches Pensionsrecht für alle Erwerbstätigen (Harmonisierung)

Der Nationalrat hat am 11. Juni 2003 folgende Entschließung gefasst:

„Die Bundesregierung wird ersucht, unter Einbindung der Sozialpartner, der Länder und der Pensionsreformkommission bis Ende des Jahres 2003 einen Gesetzesentwurf betreffend ein einheitliches Pensionsrecht für alle Erwerbstätigen zu erarbeiten und dem Nationalrat bis längstens 31. Dezember 2003 zur Beschlussfassung vorzulegen.“

Dann werden in diesem Entschließungsantrag 19 Punkte angeführt.

Der Bundesrat schließt sich der darin enthaltenen Auffassung an.

Meinungsumfragen bestätigen eine große Zustimmung der Bevölkerung zur Harmoni­sierung der Pensionssysteme.

Der Bundesrat regt an, bei der Umsetzung der Harmonisierung die Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger zu erreichen und deren Vorstellungen und Ideen zu berück­sichtigen.

Der Bundesrat schlägt weiters vor, die notwendigen verfassungsrechtlich vorgesehe­nen Mittel zur Umsetzung der Harmonisierung der Pensionssysteme heranzuziehen.

Die unterfertigten Bundesräte stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Bundesrat wolle beschließen:

Der Bundesrat begrüßt die bereits begonnenen Gespräche der Bundesregierung mit den Sozialpartnern am „runden Tisch“ und ersucht die Bundesregierung, unter Einbin­dung der Sozialpartner, der Länder und der Pensionsreformkommission die Harmoni­sierung aller Pensionssysteme nach den genannten Prinzipien unverzüglich in Angriff zu nehmen und jedenfalls bis Ende des Jahres 2003 einen Gesetzesentwurf betreffend ein einheitliches Pensionsrecht für alle Erwerbstätigen zu erarbeiten und dem Parla­ment bis längstens 31. Dezember 2003 zur Beschlussfassung vorzulegen, um auch in Zukunft das beste soziale Pensionssystem für unsere Bürgerinnen und Bürger sicher­zustellen.

*****

Meine Damen und Herren! Als Fraktionsvorsitzender der ÖVP halte ich ausdrücklich fest, dass unter den verfassungsrechtlich vorgesehenen Mitteln zum Beispiel auch die Beschlussfassung von Verfassungsbestimmungen im breiten Konsens, Artikel-15a-Vereinbarungen, Petitionen und Bürgerinitiativen, Volksbefragungen und Volksabstim­mungen subsumiert sind. Ich glaube, dass wir mit dieser Präzisierung dem Wunsch der freiheitlichen Fraktion Rechnung getragen haben (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), und wir werden diesem Entschließungsantrag gerne die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)

 


21.29


Bundesrat
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Vizepräsident Jürgen Weiss: Der von den Bundesräten Bieringer, Dr. Böhm und Kol­legen eingebrachte und soeben verlesene Entschließungsantrag betreffend einheit­liches Pensionsrecht für alle Erwerbstätigen (Harmonisierung) ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Gasteiger das Wort.

 


21.29

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Herr Präsident! Die Herren Staatssekretäre! Herr Kollege Bieringer, Sie haben gesagt, Meinungsumfragen zeigen eine große Zu­stimmung der Bevölkerung zur Harmonisierung. Herr Kollege Bieringer, bringen Sie mir diese Meinungsumfragen, zeigen Sie sie mir! Wir haben auch Meinungsumfragen, aber da steht etwas anderes drinnen: Da sagt die Bevölkerung, dass es eine sehr große Verunsicherung gibt – und nicht die große Zustimmung.

Zweitens eine Bemerkung zu Ihrem Antrag: So etwas Schwammiges wie das, was jetzt nach zwölf Stunden Verhandlung auf dem Tisch liegt, habe ich in einem Entschlie­ßungsantrag noch nie gelesen. (Bundesrat Bieringer: Na geh!) Da müsst ihr das nächste Mal schon ein bisschen mehr Gas geben, liebe Freunde von der ÖVP und von der freiheitlichen Fraktion, denn das ist wirklich schwammig!

Frau Kollegin Haunschmid – sie ist leider Gottes gerade nicht da – hat gesagt: „Dazu sind wir ja da!“ – Das ist korrekt, das habe ich gesagt, nämlich: Dazu sind wir ja da! Nur, Frau Kollegin Haunschmid: Wenn Sie mich zitieren, dann machen Sie es bitte richtig! „Dazu sind wir ja da!“, diese Aussage ist im Zusammenhang mit dem Zwi­schenspiel zwischen Opposition und Regierung von mir getroffen worden.

Wir, die Oppositionsparteien, sind dazu da, um Misswirtschaft, Fehltritte und Unausge­wogenes an das Licht der Öffentlichkeit zu bringen. Dazu sind wir da! Wenn Sie mich zitieren, Frau Kollegin, dann richtig!

Herr Staatssekretär! Wissen Sie, was mir wirklich auf den Nerv geht? – Wenn Sie meinen, uns, die Opposition, von der Regierungsbank aus am Schmäh führen zu können. Wissen Sie, warum? – Das können Sie verkaufen, wem Sie wollen, aber nicht uns! Sie sind Mitglied der Bundesregierung und wissen, dass wöchentlich einstimmige Regierungsbeschlüsse gefasst werden. Das wird in der Zukunft so sein, das ist in der Gegenwart so, und das war in der Vergangenheit so. Zahlenspiele, Herr Staatssekre­tär, beeindrucken vielleicht Unwissende, uns aber nicht! Wenn Sie Staatssilber brutal verscherbeln, wenn Sie Topmanager, weil sie politisch nicht „korrekt“ sind, an die frische Luft setzen, wenn Sie Spitzenbeamte bei vollen Bezügen spazieren schicken, wenn Sie die finanzielle Verantwortung auf die Länder und auf die Gemeinden abschie­ben, wenn Sie in der österreichischen Bevölkerung tiefstes Misstrauen schüren und er­zeugen und wenn die aktuelle Meinungsumfrage belegt, dass diese Bundesregierung keine Mehrheit mehr hat, dann ist es sehr polemisch, Herr Staatssekretär, wenn Sie sich herstellen und von positiven Zahlen reden und sagen, es sei ohnehin alles paletti.

Ich sage Ihnen, worauf es bei den Herrschenden ankommt: Auf die Prioritäten! Es ist immer eine Frage der Prioritäten. Bei sozialdemokratisch geführten Regierungen lagen die Prioritäten in der sozialen Sicherheit der Generationen und in einer stabilen Wirt­schaftspolitik. (Bundesrat Dr. Aspöck: Ja, auf Staatskosten und mit Verschuldung!) Wir scheuen keinen Vergleich mit den seriösen Zahlen und mit Zahlen, die auf der Priorität der gesamten Stabilität basieren; aber Ihre Daten, Herr Staatssekretär, basie­ren auf Instabilität und auf der Zerschlagung des Systems, basieren auf Verunsiche­rung der Bevölkerung. Reden Sie mit den Menschen, Herr Staatssekretär, so wie wir es jeden Tag draußen tun! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

 


21.33


Bundesrat
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697. Sitzung / Seite 184

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Schennach das Wort.

 


21.33

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Herren Staatssekretäre! Zunächst möchte ich Herrn Vizepräsidenten Weiss einer „bösen“ Pflicht entheben oder einer Pflicht, der er wahrscheinlich gar nicht so gerne nachkommen möchte, nämlich, mir einen Ordnungsruf zu erteilen. Um 17.29 Uhr hatte ich im Zusammenhang mit der Dringlichen Anfrage an den Finanzminister ein Wort ge­braucht, das ich gerne mit Bedauern zurücknehme. Ich habe es auch nicht in dem Duk­tus gemeint, in welchem es hier steht, sondern im Sinne des Umgangssprachlichen. Ich habe Folgendes gemeint: Wahrscheinlich verhindert sein starkes Selbstbewusst­sein, einfach zu sagen: Das ist eine ungute Optik, da haben wir ein bisschen Scheiße gebaut!

Ich habe das im Sinne von „Blödsinn“ oder „Unfug“ gemeint, aber nicht im anderen Sinne. Ich ziehe das gerne zurück!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der heutige Tag zeigt, wie spannend Parla­mentarismus sein kann, wenn tatsächlich um Mehrheiten gerungen wird. Immerhin nimmt das bestehende Koalitionsabkommen der Regierung nicht auf den Bundesrat Bezug, das heißt, es schließt den Bundesrat nicht mit ein. Wenn heute Bundesräte von der Freiheitlichen Partei – begonnen hat es mit der Rede des Herrn Ing. Klamt – zum Ausdruck gebracht haben: Eine Zustimmung tut uns im Herzen, in der Seele weh, wir müssten hier gegen unsere Überzeugung stimmen! – und es hat auch Herr Bundesrat Gudenus hier in einer ähnlichen Weise argumentiert –, so zeigt dies, wie lebendig Demokratie sein kann und welche Chance in der zweiten Kammer beheimatet ist. Noch nie – zumindest seit ich hier bin – gab es so viel Aufmerksamkeit, auch öffentliche Auf­merksamkeit für das politische Geschehen in diesem Haus.

Wenn aber nun am Ende eines langen Ringens ein ungenießbarer „Wackelpudding“ übrig bleibt, dann kann ich nur sagen, Herr Ing. Klamt – er ist jetzt nicht im Raum – oder Herr Bundesrat Gudenus: Auf solch einem „Wackelpudding“ solch einen Tag des parlamentarischen Ringens abzuschließen, das wird der Debatte nicht gerecht.

Ich nehme hier die Worte des Herrn Ing. Klamt noch einmal in den Mund, der gemeint hat: Machen wir eine Pause! – Schon bei Zwentendorf hat vor Jahrzehnten eine Nach­denkpause sehr viel bewirkt, wie Sie sich vielleicht noch erinnern können. Vielleicht kann auch in diesem Fall eine Nachdenkpause viel bewirken. Nehmen wir damit auch eine gemeinsame Chance wahr, zu bewirken, dass der Bundesrat beziehungsweise die Länderkammer im politischen Bewusstsein in einer anderen Weise verankert wird als nur in dem Sinne, dass wir uns in einer Zwangssituation befinden – Herr Vize­präsident Weiss, es ist letztlich eine Zwangssituation! –, dass wir am „end of the pipe“ sind, was das Gesetzwerdungsverfahren betrifft, und eigentlich in der Zwangssituation sind, nur ja oder nein sagen zu können.

Wenn es nun für die FPÖ so schwierig ist, einem oppositionellen Veto zuzustimmen, so muss ich sagen: Ich glaube, die Opposition hätte kein Problem gehabt, wenn Sie selbst das Veto oder den Einspruch formuliert hätten.

Ich selbst habe hier in diesem Saal mindestens schon dreimal anders abgestimmt als meine Fraktion im Nationalrat, und ich stehe auch dazu. Das bezeichne ich auch als Wahrnehmen des freien Mandats. Wenn Sie glauben, jetzt mit diesem „Wackelpud­ding“ einer Zwangssituation gerecht werden zu müssen, in die Sie die ÖVP gebracht hat, die sagt, das sei eine Koalitionsfrage, dann haben Sie damit wahrscheinlich den ersten Kniefall getan, von dem Sie sich in dieser Koalition mit derlei unterschiedlichen Kräfteverhältnissen nicht mehr erholen werden. (Beifall bei der SPÖ.)


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Wer einmal gezwungen wird, wider sein Gewissen beizugeben, nämlich durch jenen, der die überwältigende Macht hat, der wird es immer wieder tun.

Wenn hier in diesem Antrag von Meinungsumfragen und so weiter die Rede ist und darin gleichzeitig auch noch Verfassungsbestimmungen angesprochen werden, gleich­zeitig aber der Opposition die kalte Schulter gezeigt wird, dann können Sie sich aus­rechnen, dass es zu dem, was in diesem Antrag steht, nie kommen wird.

Dieser Deal, den Sie, Herr Kollege Böhm, für Ihre Fraktion da eingehandelt haben, war einfach schlecht, und ich kann nur an jeden Einzelnen aus Ihren Reihen appellieren: Tun Sie das, was Sie offensichtlich in Ihren Verhandlungszimmern heute getan haben, leisten Sie so einer Situation, in welcher die eigene Meinung hinter einer Zwangssitua­tion zurücksteht, Widerstand, indem Sie hier und heute meinetwegen beides ablehnen!

Nicht zuletzt: Die Stimme des Bundesrates in Föderalismusfragen ist unser Vizepräsi­dent, dem wir immer alle sehr beeindruckt lauschen. Aber heute, glaube ich, hat der Vizepräsident mit einem blutenden Herzen gesprochen. Das föderale Herz des Herrn Vizepräsidenten Weiss muss heute wahre Blutströme vergossen haben, als er hier erklären musste, dass die Begutachtungsfrist dieser wenigen Tage vor einem Feiertag ausreichend war, um den föderalen Standpunkt einzubringen. Ich habe mich ein biss­chen erkundigt: Der Magistrat von Linz hatte drei Tage Zeit, um 700 Seiten und 91 Ge­setze zu beantworten! Und vor einer solchen Situation stand nahezu jede Landesregie­rung.

Dass Jürgen Weiss, der hier immer wieder föderale Präzision zum Ausdruck bringt, hierher ans Rednerpult gehen und sagen muss, die Begutachtungsfrist sei letztlich, wenn man alles rundherum irgendwie einrechnet, ausreichend gewesen – Herr Vize­präsident Weiss, in vollem Respekt vor Ihrer Person, ich habe Ihr blutendes Herz dabei gesehen!

Meine Damen und Herren von der FPÖ! Lassen Sie uns diesen Tag doch zu einer Sternstunde für den Bundesrat werden, indem wir diesem Gesetz gemeinsam – das ist die Frage: was wir gemeinsam machen. Wir können juristisches Neuland betreten, in­dem sowohl das eine als auch das andere keine Mehrheit findet – das werden Sie alles heute diskutiert haben – und es dann zu einer verfassungsdienstlichen Frage wird. Aber lassen wir heute eine andere Post von diesem Hause abgehen als diesen „Wackelpudding“, der in den letzten Minuten hier präsentiert wurde. – Ich danke Ihnen. (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum und der SPÖ.)

21.42

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Tusek. Ich erteile ihm das Wort.

 


21.42

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Geschätzte Herren Staatssekretäre! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass diese heutige Debatte schon zwölfeinhalb Stunden beziehungsweise noch län­ger – wenn wir die Debatte über die Dringliche Anfrage von zwei Stunden, die nicht so direkt zum Thema war, obwohl das Thema einige Male angesprochen wurde, dazu­rechnen – dauert, zeigt, dass wir uns alle sehr ernsthaft – Kollege Schennach hat das ja zugegeben – in demokratisch durchaus wichtigen und spannenden Debatten mit den Problemen und in erster Linie mit dem Problem der Pensionssicherung auseinander gesetzt haben.

Das Problem der Pensionssicherung ist selbstverständlich ein Problem, das nicht sehr leicht zu behandeln ist, denn jeder ist betroffen. Wenn wir die demographische Ent-


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wicklung Österreichs betrachten, so erkennen wir, dass es höchst an der Zeit ist, etwas zu tun, beziehungsweise wäre es schon höchst an der Zeit gewesen, etwas zu tun.

Ich möchte allen Fraktionen dieses Hauses zugestehen, dass sie das Problem erkannt haben. Die Fragen und die Meinungsunterschiede liegen nur im Wie.

Kollegin Ebner, ich habe bei Ihren Ausführungen gut aufgepasst und mitgedacht. Wenn wir alle Vorschläge, die Sie gebracht haben – durchaus gut gemeint –, umsetzen, dann bleibt unter dem Strich eigentlich sehr, sehr wenig übrig, und wir werden in einem Jahr, in zwei, in drei Jahren dasselbe Problem haben.

Es ist sicherlich richtig, dass diese Pensionssicherungsreform Härten mit sich bringt. Der Bundesregierung ist dafür zu danken, dass diese Härten abgefedert wurden. Wenn ich mich richtig erinnere, so hat der Vorschlag der Sozialdemokratischen Partei ur­sprünglich gelautet: maximale Einbußen von 15 Prozent. Ich erinnere mich – auch wenn du den Kopf schüttelst, Kollege Konecny –, dass Parteivorsitzender Gusenbauer bei der Präsentation des SPÖ-Modells von 15 Prozent gesprochen hat.

Auch wenn die Deckelung jetzt mit 10 Prozent festgesetzt ist, tun diese Maßnahmen weh, das ist mir völlig klar, aber irgendwann muss man eine Regelung treffen, die auch langfristig eine Sicherung bringt. Wenn wir diese demographischen Zahlen sehen – und das sind keine Phantasiegebilde, nein: die Menschen, die demographisch erfasst sind, leben alle –, wenn wir die geburtenstarken Jahrgänge, die jetzt Gott sei Dank alle im Arbeitsprozess integriert sind, wenn wir diese Zahlen 15, 20 Jahre nach oben wachsen lassen, dann wird es in den Jahren 2025 oder 2030 dazu kommen, dass – ein Unsicherheitsfaktor ist die Lebenserwartung, das können wir heute noch nicht sagen –auf einen im Beruf Stehenden in etwa ein in Pension Befindlicher – was natürlich jeweils im geschlechtsneutralen Sinn gemeint ist – kommen wird.

Deshalb – ich sagte es bereits – geht es um die Zukunftssicherung gerade der Jungen, geht es um die Zukunftssicherung unserer Kinder, denn es ist nicht zumutbar, dass von jenen, die dann im Arbeitsprozess stehen werden, jeder Einzelne für einen Pensionis­ten aufkommt.

Es gibt eben nur diese drei Möglichkeiten: entweder arbeiten bis 70 oder darüber hin­aus, oder die Beiträge für die Pensionsversicherung so anzuheben, dass von jedem Einzelnen ein Pensionist erhalten werden kann, oder – die dritte Möglichkeit – die Pen­sionen so zu kürzen, dass sie noch leistbar sind. Alle drei Extreme halte ich für falsch.

Die Pensionssicherungsreform ist an alle drei Elemente angelehnt. Zum ersten Ele­ment, länger arbeiten, ist zu sagen, wir verlängern eigentlich nichts! Aber mir ist voll­kommen klar, wenn ich heute einen Mitbürger auf der Straße frage, wo das gesetzliche Pensionsalter in Österreich liegt, wird zu 80 Prozent die Antwort „60“ beziehungsweise, für Frauen, „55“ kommen. – Das gesetzliche Pensionsalter, wir wissen es, liegt zumin­dest noch bis zum Jahr 2017 bei 65 beziehungsweise 60. Dieser Schritt dahin ist ge­tan.

Der andere Schritt, der durchaus schmerzhafte Schritt: künftig etwas weniger in der Pension zu haben. Dabei dürfen wir aber nicht vergessen, dass wir vor einem Jahr mit der Abfertigung neu gemeinsam eine weitere Säule des Pensionssystems beschlossen haben. Ich meine, das war ein ganz wichtiger Schritt; es ist an und für sich ein Abferti­gungssystem.

Trotzdem beklagt man, dass alles immer nur weniger wird. Da fällt mir ein altes Sprich­wort ein: Wenn man dir gibt, dann nimm, wenn man dir nimmt, dann schrei! Es hat kaum jemand gesagt, dass diese Abfertigung für alle – beziehungsweise für fast alle – ein Standbein sein kann. Man muss jedem Einzelnen die freie Wahl lassen, ob er das Geld vorzeitig für irgendwelche Überbrückungen herausnimmt oder ob er sich in Eigen-


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verantwortung selbst um die Absicherung seiner Pension kümmert. Durch die Abferti­gung wäre ein zweites Standbein möglich.

Damit bin ich bei der Harmonisierung. Harmonisierung – das klingt sehr gut, ist durch­aus wichtig, aber sie wird sehr, sehr schwierig werden. Es gibt in Österreich sehr viele sehr unterschiedliche und nicht vergleichbare Pensionssysteme.

Ich sagte es schon, die Abfertigung neu gilt für fast alle; Beamte sind davon ausge­nommen. Wenn wir von einer Harmonisierung reden, dann geht es nicht nur darum, etwas wegzunehmen, sondern es geht letztlich darum, eine gerechte Aufteilung der Lasten zu schaffen.

Wir dürfen auch nicht vergessen – Kollegin Giesinger hat das in ihren Ausführungen erwähnt –, dass im ASVG-Bereich der Dienstnehmeranteil genauso hoch ist wie der Dienstgeberanteil. Bei den Beamten ist es so, dass es einen Dienstgeberanteil nicht gibt. Wenn es zu einer Harmonisierung kommt, wird man sich auch überlegen müssen, wie man dieses Problem tatsächlich harmonisiert.

Für die Beamten ist auch das einheitliche Pensionsalter für Frau und Mann Realität, was im ASVG bis zum Jahr 2017 noch nicht der Fall ist. Wenn man harmonisiert, dann müsste man auch hier entsprechend harmonisieren. Heißt das aber, im ASVG das gleiche Pensionsalter wie bei den Beamten festzulegen oder im Beamtensystem ein ungleiches Pensionsalter bis zum Übergangszeitpunkt neu einzuführen?

Diese Harmonisierung wird nicht so einfach sein, aber trotzdem – und das zeigt dieser Entschließungsantrag sehr klar und sehr deutlich – besteht der echte Wille, und zwar, wie ich glaube, auf Seiten aller im Haus Anwesenden, zu einer Harmonisierung der Systeme zu kommen.

Ich sehe den Entschließungsantrag nicht als einen „Wackelpudding“, sondern als einen Schritt in Richtung Zustandebringen der Pensionssicherung, und das ist wichtig, denn gerade bei diesem langfristigen Vorhaben zählt jeder Tag. Wir können es uns nicht erlauben, noch lange zuzuwarten, wenn wir nicht noch stärkere Einschnitte wollen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.52

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Manfred Gruber. Ich erteile ihm das Wort.

 


21.52

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Liebe Kollegen, vor allem von der ÖVP-Seite! Ich frage mich: Wie ernst werden wir, der Bundesrat, von dieser Bun­desregierung eigentlich genommen? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie lesen ja vermutlich auch die Tageszeitungen und Wochenzeitschriften, und ich muss sagen, mir ist aufgefallen, dass diese Bundesregierung unter sehr viel Aufwand, finanziellem Aufwand – die Anzeigen in Zeitungen kosten ja nicht wenig Geld –, diese Pensionsreform bereits seit 12. Juni als das bewirbt, was sie noch nicht ist. Sie ist noch nicht Gesetz, weil hier im Bundesrat noch nicht beschlossen und vom Herrn Bundes­präsidenten noch nicht beurkundet.

Wenn die Bundesregierung seit 12. Juni für die Pensionsreform sehr viel Geld in Werbeangelegenheiten ausgibt, dann muss ich sagen – und einen entsprechenden Appell möchte ich an alle Bundesräte richten –, ich habe das Gefühl, dass wir nicht ernst genommen werden, dass wir als lästiges Anhängsel mitlaufen. Diesen Eindruck habe ich, und wenn wir uns dagegen nicht wehren, dann dürfen wir uns auch nicht wundern, wenn wir nicht ernst genommen werden und wenn uns die Medien diesen


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Rang, diesen Stellenwert zuordnen – was uns, wenn wir uns gegen solche Vorgehens­weisen nicht wehren, auch gebührt. – Das zum Ersten. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Entschließungsantrag, meine Damen und Herren, möchte ich Folgendes sagen: September wäre zu spät gewesen, jetzt reicht Ende Dezember – das finde ich schon sehr eigenartig. Wie man dazu kommt, weiß ich nicht. Aber, Herr Kollege Bieringer – auch sehr eigenartig –, alle hier wissen, für die Harmonisierung müssen Verfassungs­bestimmungen geändert werden, und alle hier im Raum wissen, dass Verfassungsbe­stimmungen nur mit Zustimmung der Opposition, also in diesem Fall der großen Oppo­sitionspartei, möglich sein werden – das möchte ich vor allem den Kollegen der frei­heitlichen Fraktion sagen –, und wenn du dich jetzt hierher ans Rednerpult stellst und Garantien für die Harmonisierung abgibst, ohne dass die Opposition überhaupt mit am Tisch sitzt – sie wurde ausgeladen! –, dann halte ich das für einen sehr überheblichen Akt von dir. Das muss ich dir sagen, lieber Kollege! (Beifall bei der SPÖ.)

Du hast hier vorgelesen, dass die Harmonisierung kommt, dass sie gemacht wird. Das wird der Freiheitlichen Partei hier von dir praktisch garantiert. – Du kannst das nicht garantieren! Die Opposition gehört mit an den Verhandlungstisch, und für Verfassungs­bestimmungen braucht man in diesem Haus immer noch die SPÖ! (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer.) Wer solche Garantien oder Versprechungen abgibt, ist meiner Meinung nach nicht glaubwürdig. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Bierin­ger.) Herr Kollege Bieringer! Wo ist die Opposition an den „runden Tisch“ eingela­den? – Die Opposition ist nicht eingeladen! Es sind die Sozialpartner eingeladen, aber nicht die SPÖ. Wir sitzen nicht am Harmonisierungstisch. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich höre auch immer, die SPÖ hätte keine Vorschläge eingebracht. Meine Damen und Herren! Hier unsere Vorschläge (der Redner hält eine Heftmappe in die Höhe), die sollten Sie einmal lesen, dann könnten wir das Problem ganz anders lösen, dann würden wir eine Pensionsreform für alle Österreicherinnen und Österreicher machen, eine Reform, die sozial gerecht wäre, und nicht eine Pensionsreform nur für die ASVG-Pensionisten und später dann für die Selbständigen, für die Bauern, für die Beamten, für die Politiker. Alle auf einmal! muss das Motto sein und nicht: Die Schwächsten zuerst!

Meine Damen und Herren! Immer diese Selbstverständlichkeit bei der ÖVP: Jeder weiß, dass es zwingend notwendig ist; das weiß man ja schon Jahre! – In der ÖVP-Zentrale weiß man es nicht, da hat man es zwei Tage vor der Nationalratswahl noch nicht gewusst! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf Folgendes zitieren, Titel: „Versprechen gebrochen“:

 „Wie wenig die Vorwahlversprechen der ÖVP wert waren, zeigt die E-Mail-Korrespon­denz der erbosten VP-Wählerin Ingrid K. aus St. Johann in Tirol. ,Ob ich am kommen­den Sonntag der ÖVP meine Stimme gebe, hängt wesentlich davon ab, was die ÖVP mit dem Pensionsalter vorhat‘, schrieb Frau K. zwei Tage vor der Wahl an die ÖVP. Sie habe vor, mit 56,5 Jahren in den Vorruhestand zu gehen, und wolle wissen, ob das weiterhin möglich sein werde. Antwort der ÖVP zwei Tage vor der Nationalratswahl: ,Durch die weit reichende Reform 2000 wurden die Pensionen für die nächsten Jahre gesichert, weshalb aus derzeitiger Sicht keine weiteren Anpassungen notwendig sind.‘“

Meine Damen und Herren! Wenn man der Dame das mitgeteilt hat, dann hat man sie belogen. Dazu stehe ich: dann hat man sie belogen! (Beifall bei der SPÖ.) Sie können mir einen Ordnungsruf erteilen, Herr Präsident, das, was hier steht, wage ich hier auch zu behaupten: dann hat man sie belogen! (Bundesrat Gasteiger: Kein Ordnungsruf! Das steht in der Zeitung!) Ich möchte nicht wissen, wie viele andere man auf die selbe Weise informiert hat.


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Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen nur Folgendes sagen: Mit dieser Pensions­reform, die in solch undemokratischer Weise – das fängt schon bei den Ländern an, es ist heute schon gesagt worden, Speed kills – durchgezogen worden ist und nur neue Ungerechtigkeiten geschaffen hat, werden Sie sicher nicht glücklich werden! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.58

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nachdem Sie die Vermutung schon angesprochen haben, erteile ich Ihnen für den Vorwurf, belogen zu haben, tatsächlich einen Ord­nungsruf.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Bieringer zu Wort ge­meldet. Ich erteile ihm unter Hinweis auf die Geschäftsordnung für 5 Minuten das Wort.

 


21.59

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Herr Kollege Gruber! Sie haben hier erklärt, ich hätte irgendeine Garantie abgegeben. – Ich habe niemals eine Garantie ab­gegeben, sondern ich habe lediglich gesagt:

„Als Fraktionsvorsitzender der ÖVP halte ich ausdrücklich fest, dass unter den verfas­sungsrechtlich vorgesehenen Mitteln zum Beispiel auch die Beschlussfassung von Ver­fassungsbestimmungen im breiten Konsens, Artikel-15a-Vereinbarungen, Petitionen und Bürgerinitiativen, Volksbefragungen und Volksabstimmungen subsumiert sind.“

Woraus Sie da eine Garantie ableiten, weiß ich nicht. Das haben Sie vielleicht vom Himmel heruntergelesen, vielleicht haben Sie eine geistige Erleuchtung gehabt – mehr kann ich dazu nicht sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

22.00

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Stein­bichler das Wort. – Bitte.

 


22.00

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Geschätzte Herren Staatssekretäre! Kolleginnen und Kollegen! Kollege Gruber hat gerade gefragt, welchen Wert der Bundesrat für diese Bundesregierung hat. – Ich glaube, darauf kann man eine ganz klare und deutliche Antwort geben: einen sehr großen Wert.

Ich weiß nicht, Kollege, wie es bei dir in der Fraktion gehalten wird, aber in unserer Fraktion gibt es bei den wesentlichen Themen den so genannten großen Klub, und dort hat jeder (Bundesrat Konecny: Bitte erklären Sie uns nicht das kleine Einmaleins!), egal ob Nationalratsabgeordneter oder Bundesrat, jedes Mitglied der Regierung die Möglichkeit, sich einzubringen. (Bundesrat Manfred Gruber: Den gibt es bei uns auch!) Wenn es bei euch auch so ist, dann weißt du – davon bin ich überzeugt – über den Stellenwert des Bundesrates bestens Bescheid. Dann war das, glaube ich, auch schon die Antwort darauf. (Bundesrat Manfred Gruber: Die Praxis schaut aber anders aus!)

Nur, Herr Kollege: Ich weiß nicht, ob es Zufall war – ich möchte es auf einen Zufall zu­rückführen –, dass Sie jetzt auch unseren Fraktionsobmann Bieringer bewusst falsch verstanden haben. Er hat gerade den Originaltext verlesen. Es war am heutigen Tag ja einige Male so, dass man – und ich gestehe schon ein, dass der Standort natürlich den Standpunkt bestimmt – versucht hat, in vernünftige und notwendige Maßnahmen etwas so hineinzuinterpretieren, als ob es für diese Bundesregierung und besonders auch für den Bundeskanzler geradezu lustig wäre, die Wähler „auszusackeln“, als ob er die Wähler aus Lust und Laune besteuern würde und vielleicht nicht wissentlich, so wie es Wolfgang Schüssel in Linz beim Bundesparteitag richtig gesagt hat (Bundesrat Winter:


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Der weiß schon, warum er die Leute aussackelt!) – ich darf ihn im Folgenden, so glaube ich, wörtlich zitieren –: Wenn es mir um die Macht ginge, dann würde ich nicht diese notwendigen Steuern und diese notwendigen Maßnahmen nennen, sondern ich würde einen großzügigen, großartigen Bundeskanzler spielen und mir die Macht für die nächste Periode sichern. – Das haben wir doch einige Male in Österreich erlebt!

Herr Kollege Gruber, weil du die Pensionisten angesprochen und einen Zeitungsartikel verlesen hast: Ich glaube, es waren sozialistische Bundeskanzler, wenn ich daran erin­nern darf, die mit Pensionistenbriefen, in denen vom Rentenklau und Ähnlichem die Rede war, Wahlen gewonnen haben! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Manfred Gru­ber: Das ist die Unwahrheit, Herr Kollege!)

Diese Objektivität, glaube ich, würde auch dem Bundesrat sehr gut tun: wenn wir man­ches Mal über den fraktionellen Schatten springen und bei vernünftigen Maßnahmen versuchen könnten, das auch der Bevölkerung, dem Wähler zu erklären. (Bundesrat Gasteiger: Das braucht ihr nur zu machen!) Manches Mal sind nämlich die Leute, so glaube ich, weiter als wir hier in der Diskussion.

Nachdem Kollege Tusek hier wirklich hervorragend und in äußerst objektiver Form versucht hat, die notwendigen Eckpunkte darzustellen, darf ich vielleicht noch einen Schritt weiter zurückgehen und die Frage stellen: Warum ist denn diese ganze Pen­sionsthematik, diese ganze Pensionsdiskussion entstanden? – Weil durch den Gebur­tenrückgang die Beitragszahler Jahr für Jahr weniger werden, weil das Lebensalter höher wird, weil die Beitragsjahre im Vergleich zu den Lebensjahren weniger werden! – Da braucht man kein großer Rechenkünstler zu sein, um zu sehen: Diese Rechnung geht sich irgendwann nicht mehr aus!

Und jetzt haben wir die große Aufgabe, in Verantwortung für unsere Kinder, für unsere Enkelkinder, für die uns nachfolgenden Generationen Maßnahmen und Schritte zu set­zen. (Bundesrat Manfred Gruber: Herr Kollege, und warum nur für die ASVG und nicht für alle?)

Ich denke, das ist das Wesentliche. Ich bin überzeugt, Herr Kollege, dass diese Maß­nahmen in allen Bereichen gesetzt gehören (Bundesrat Konecny: Warum geschieht es dann nicht?), und wir werden das bei der Harmonisierung auch erleben. Ich bin überzeugt, dass in den nächsten Monaten für Diskussionsstoff gesorgt ist, wenn es hier gelingt, ein faires Modell zu finden.

Vielleicht ist es auch gestattet, noch einige Worte zu den Abfangjägern zu sagen, weil ich es äußerst unfair finde, diese zwei Themen zu koppeln. (Bundesrat Konecny: Sie sind im selben Set!) Ja, das ist natürlich etwas anderes, dass sie in den Budgetbegleit­gesetzen enthalten sind. (Bundesrat Gasteiger: Ihr macht es ja im Budgetbegleitge­setz! – Bundesrat Konecny: Ihr macht das ja! Ihr habt das dazugeschmissen! ...!) Aber das dann zu vermanschen und zu sagen: Wenn das eine nicht wäre, dann wäre ja das andere viel besser!, das ist, glaube ich, sehr unfair.

Denn: Wir bekennen uns immer wieder – und wir haben Experten in unseren Reihen – zur Autonomie unseres Staates, und ich denke, auch in der heutigen Zeit ist eine Luft­hoheit wahrscheinlich Grundvoraussetzung dafür, im internationalen Konzert überhaupt ernst genommen zu werden und auch unseren Beitrag – einen glaubwürdigen Bei­trag – dazu zu leisten, und uns nicht im Notfall auf die Nachbarn, auf irgendwelche Bitt­gänge oder vielleicht auf die Solidarität verlassen zu müssen.

Ich glaube, dass es zur Glaubwürdigkeit dazugehört, nicht fragen zu müssen, wie heute schon einmal ein Kollege gesagt hat: Na, wer ist denn da gestern über unser Bundesgebiet drübergeflogen?, oder: Wer ist da wo gestartet?, sondern ich glaube,


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das muss man zuerst einmal beweisen können, denn sonst sind diese Fragen relativ nutzlos.

Es ist heute auch über Modernität gesprochen worden: Wenn man bedenkt, dass eine moderne Waffe, ein modernes Gerät so schnell veraltet, wie wir gehört haben, dann muss man sagen: Wir können es uns nicht leisten, von vornherein mit einem veralteten Modell zu starten! – Ich bitte, das in dieser Diskussion auch zu berücksichtigen.

Insgesamt hat der heutige Tag gezeigt, dass es natürlich um politisches Kleingeld geht, weil die Frage aufgeworfen wurde, wie ernst denn der Bundesrat eigentlich genommen wird, wenn die Bundesregierung die Pensionsreform bereits bewirbt. (Bundesrätin Haselbach: Das ist ein Skandal, so etwas!) Ja, natürlich wird die Pensionsreform be­worben! Natürlich wollen die Leute nach dieser langen Diskussion wissen, was heraus­gekommen ist! (Zwischenrufe der Bundesräte Manfred Gruber und Haselbach.) Und wir können bei aller Fairness nicht verlangen, dass man vom Beschluss des National­rates bis zum Beschluss des Bundesrates mit den Medien ein Stillhalteabkommen schließt. (Bundesrätin Schicker – eine Broschüre in die Höhe haltend –: Da steht aber was anderes drinnen! Ohne unsere Zustimmung!) Wenn wir gesehen haben, welches mediale Interesse die heutige Bundesratssitzung geweckt hat, dann wissen wir unge­fähr, Kolleginnen und Kollegen, wie viele Journalisten bei der Nationalratssitzung dabei waren.

In diesem Sinne darf ich wirklich darum bitten, im Sinne der Gesamtlösung, im Sinne der uns nachfolgenden Generationen, im Sinne der jüngeren Generationen die Diskus­sion objektiv zu führen und die Zustimmung zum heute vorliegenden Antrag zu ertei­len. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.06

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Kainz das Wort. – Bitte.

 


22.07

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Steinbichler hat in seinen abschließenden Bemerkungen behauptet, die Vermischung der Pensionssicherungsre­form – eine Bezeichnung, gegen deren Verwendung ich mich wehre, weil ich in den vorliegenden Vorschlägen keine Pensionssicherungsreform sehen kann – mit der Be­schaffung von Abfangjägern wäre nicht zulässig. Das ist für mich genau der springende Punkt:

Ob das nun Abfangjäger sind oder andere Dinge: Es geht hier nicht primär darum, ob bei der Pensionsreform eine Deckelung von 10 Prozent, von 12 Prozent oder von 15 Prozent erfolgt – wobei ich nicht wegdiskutieren möchte, dass es für den einzelnen Betroffenen sehr wohl einen Unterschied macht, 100 € mehr oder weniger zur Verfü­gung zu haben, das ist mir schon klar –, sondern hier geht es um die Frage: In welcher Form trägt diese Bundesregierung und jeder einzelne Abgeordnete die Verantwortung dafür, was mit unseren Staatsfinanzen geschieht und welche Prioritäten dabei gesetzt werden?

Und dann muss ich mich entscheiden: Habe ich das Geld für Abfangjäger – um bei die­sem Beispiel zu bleiben –, oder will ich wirklich eine langfristige Reform, eine sichere Reform durchführen, bei der man sich nicht nur damit beschäftigt, Einzelheiten im System anzudiskutieren – diesbezüglich ist heute hier viel Richtiges und ebenso viel Falsches, viel Emotionelles und viel von Unkenntnis Zeugendes gesagt worden –, son­dern bei der es auch um die Frage gehen muss: Wie kann ich über die Einnahmenseite eine Zukunftssicherung bewerkstelligen?


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Ich sage das hier heute ja nicht zum ersten Mal, aber wir haben heute kaum – ich habe es nicht gehört –, ich behaupte, überhaupt nicht, über die Frage gesprochen: Wie kann ich zu einer anderen, zu einer sicheren Einnahmenverbreiterung kommen? – Dazu liegen schon lange Vorschläge auf dem Tisch! Meine Damen und Herren, Sie machen uns permanent den Vorwurf, wir hätten zu lange geschlafen. Wo waren Sie denn in der großen Koalition, wo es an Ihren Widerständen gescheitert ist, die Finanzierungsgrund­lage zu verändern? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wo waren heute in der Diskussion Vorschläge, die auf dem Arbeitsmarkt eine Verbes­serung bringen, die wegführen von der Situation, dass die Zahlen, die wir immer als so positiv vorgehalten bekommen, in erster Linie den Bereich der Teilzeitbeschäftigten betreffen? Diese Zunahme der Beschäftigten vollzieht sich im Bereich der prekären Dienstverhältnisse, der Teilzeit-Dienstverhältnisse, die auch keine entsprechenden Ein­nahmen für die Pensionsversicherung bringen!

Meine Damen und Herren! Solange wir versuchen, unsere Verantwortung auf Prozent­sätze, auf technische Details eines Systems zu beschränken, werden wir nicht zu einer durchschlagskräftigen Pensionssicherungsreform kommen. Wir werden die größten Probleme bei der Harmonisierung haben, bei der ich auch behaupte, dass es nicht in erster Linie die Verteilung der Beiträge ist, die zu ihrer Notwendigkeit geführt hat, son­dern das politische Verständnis unserer Jugend, die nicht mehr nachvollziehen kann, dass es zu diesen Unterschieden gekommen ist, weil sich diese Unterschiede, die aus unterschiedlichen Rahmenbedingungen heraus entstanden sind, heute auflösen, weil sie wegfallen, weil kein Verständnis mehr für sie da ist.

Es wird der Prüfstein für jede der hier Verantwortung tragenden Parteien sein, da har­monisierte Verhältnisse herzustellen und dabei auch die Entscheidung über die Fragen zu treffen: Wie stelle ich die Finanzierung sicher? Wie muss ich harmonisieren, um den dauerhaften Bestand dieses Systems auch sicherzustellen? – Dabei geht es nicht um Prozentsätze allein, sondern in erster Linie um die politische Verantwortung für die Ent­scheidung, für wen das Geld, das dem Staat zur Verfügung steht, ausgegeben werden soll: für die Sicherung des Lebensabends der Menschen, die diese Beträge erarbeiten, oder für ein Spielzeug, von dem man vielleicht in einzelnen Argumenten noch den Standpunkt vertreten kann, es wäre nützlich, Eurofighter zu haben. – Ich kann keine Begründung für dieses Spielzeug finden. Wenn Sie sagen würden, wir brauchen noch irgendwelche Transporthubschrauber, dann könnten wir vielleicht darüber reden. (Zwi­schenruf des Bundesrates Bieringer.) Aber diese Entscheidung zwischen militäri­schem Spielzeug und Sicherung des Lebensabends für unsere Bevölkerung ist für mich keine Entscheidung, die ich so oder anders treffen könnte. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Kerschbaum.)

22.12

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Aspöck. Ich er­teile ihm das Wort.

 


22.12

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Da ich nicht gerade Spezialist für Pensionsfragen bin – das gebe ich zu –, melde ich mich als Letzter von meiner Fraktion in dieser Debatte zu Wort.

Gestatten Sie mir, selbst auf die Gefahr hin, dass ich mich mehrfach unbeliebt mache, zunächst einmal eine etwas andere Betrachtungsweise dieser gesamten Debatte: Wir haben jetzt viel hin und her diskutiert, wir haben aber nicht über die Frage diskutiert, warum es eigentlich heute so aussieht.


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Die Geschichte unserer Zweiten Republik ist eine ganz großartige. Aber jetzt bitte nicht als Politiker wieder hergehen und sagen: Wir haben das gemacht! – Nein, der Dank gilt hier in erster Linie der österreichischen Bevölkerung, die großartige Aufbauhilfe und Aufbauarbeit geleistet hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP und der SPÖ.)

Erst in zweiter Linie gilt er den Politikern der ersten Stunde, die sicherlich das Ihre dazu beigetragen haben, und auch den späteren Politikergenerationen, auf die ich aber noch zu sprechen kommen möchte.

Ich möchte den führenden Politikern der Aufbauzeit und vor allem danach nicht grund­sätzlich überall böse Absicht unterstellen, ich möchte aber sehr wohl betonen, dass bei allen doch auch sehr grobe Fehler gemacht wurden. Gleichgültig, ob in Zeiten der großen Koalition, der ÖVP-Alleinregierung, der SPÖ-Alleinregierung, und dann nach einem kurzen Intermezzo SP-FP, das ja wirklich nicht lange gedauert hat, wieder der großen Koalition, es gab immer wieder einerseits von Spitzenpolitikern dieser Repub­lik – und ich sage ausdrücklich: von Spitzenpolitikern der SPÖ und der ÖVP – das sichere und ehrliche Bemühen, sozial gerecht zu agieren.

Meine Damen und Herren! Daneben – und das ist der Punkt, auf den es mir an­kommt – gab es aber auch andere Interessen, und diese anderen Interessen haben in dieser Republik wie Wildwuchs immer wieder überhand genommen: Eigeninteressen zu Erhaltung der Macht. Was liegt näher, wenn man die Macht erhalten will, als seine eigene Wählerklientel ganz besonders zu bedienen?

Meine Damen und Herren! In der großen Koalition sah das dann so aus: Bekommst du etwas für die Bauern, bekomme ich etwas für die Eisenbahner! Bekommst du etwas für die Beamten, bekomme ich etwas für die Postler! – Und Sie wissen ganz genau auf der linken und auf der rechten Seite in diesem Haus, dass dieses Spiel in dieser Republik allzu sehr übertrieben wurde. Und es war in diesem Spiel vielen Kräften vollkommen gleichgültig, wie desaströs die finanzielle Situation dieser Republik war. Von 23 Milliar­den Schilling Schulden im Jahr 1970 haben wir uns bis 1999 auf 2 300 Milliarden hin­aufgearbeitet. Es ging nur darum, auszugeben, die eigenen Leute zu bedienen und damit die eigenen Machtansprüche zu sichern.

Meine Damen und Herren! So kam es zu einer Zweiklassengesellschaft. Die einen waren eben im besseren Bereich tätig – ganz egal, wo ich jetzt hinschaue, ob auf die eine oder auf die andere Seite –, und die anderen hatten das Pech, nicht in irgend­welchen von besonderen politischen Interessen geschützten Bereichen zu arbeiten.

Und in den letzten zehn und 15 Jahren, meine Damen und Herren, fand dann kein ein­ziger Spitzenpolitiker, obwohl die Situation jedem von ihnen bekannt sein musste – die Bevölkerungspyramiden wurden nicht erst vorgestern erfunden –, den Mut, der Bevöl­kerung reinen Wein einzuschenken. Und ich möchte auch hier gleich – ich meine, gleichgewichtig und gleichartig – austeilen: Einerseits versandte man Briefe, in denen Pensionen, die, wie wir sehen, gar nicht so sicher sind, als sicher dargestellt wurden, und andererseits sagte man vor laufender Kamera, dass eine laufende Pensionsreform das A & O sei und für die nächsten Jahrzehnte nichts Neues zu erwarten sei.

Meine Damen und Herren! Beides – wir wissen das – war nicht richtig. Es war nicht ehrlich gegenüber der Bevölkerung.

Als wir Freiheitliche in die Regierung kamen, kam zumindest etwas in Bewegung. Mutig wurde eine Reform zumindest einmal in Angriff genommen, die zuvor nur verbal diskutiert wurde. Und es wurde in zähem Ringen, wie ich meine, auch ein gutes Er­gebnis erzielt. Ich glaube, dass das vorliegende Paket für die Bereiche, die es betrifft, durchaus gut ist und durchaus auch gerecht ist. Und ich glaube, dass wir Freiheitliche


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da einiges mit hineingeschrieben haben, geht man vom Ursprungsentwurf aus und schaut man sich an, was jetzt da ist. Wie gesagt, ich verstehe nicht so viel davon, aber ich spreche da die 10-Prozent-Deckelung an und so weiter.

Ich meine, in einer ehrlichen Gesellschaft, in der alle politischen Kräfte meinen, gleich verteilen zu müssen, sollten Vorteile und Lasten aber wirklich möglichst gerecht verteilt werden. Es geht mir nicht in den Kopf, dass ein Universitätsprofessor 5 000 €, 6 000 € Pension bezieht, daneben noch irgendwelche Beraterverträge hat – und ein ASVGler bei einer Höchstpension von 2 300 € die 500 €, die er verdient, noch angeben muss, damit sie ihm dann letztendlich von seiner Pension abgezogen werden. (Beifall bei
den Freiheitlichen, bei Bundesräten der ÖVP und der SPÖ sowie des Bundesra­tes Schennach.)

Meine Damen und Herren! Wir müssen erkennen, dass die Gewichtungen in dieser Republik hier völlig aus dem Lot geraten sind.

Ziel aller politischen Parteien müsste es doch sein, dass diese Republik jeden ihrer Bürger gleich und gerecht behandelt, dass zum Beispiel der Generaldirektor oder der Herr Magistratsdirektor in der Bundeshauptstadt Wien gleich behandelt wird wie der kleine Arbeiter, der kleine Angestellte – gleichgültig, ob sie in der Privatwirtschaft oder ob sie im öffentlichen Dienst tätig sind.

Und deswegen, meine Damen und Herren, halte ich – und mit mir einige meiner Frak­tionskollegen – die Harmonisierung, auch wenn sie schwierig sein wird, für das Um und Auf des Ganzen! Sie werden nämlich keine gerechte Lastenverteilung finden, wenn Sie nicht wirkliche Schritte in Richtung einer gerechten und gerecht Lasten verteilenden Harmonisierung setzen! (Beifall bei den Freiheitlichen und den Grünen.)

Zu diesem Knackpunkt gibt es noch eine ganz besondere Vorstellung seitens meiner Fraktion. Wir meinen, dass man einen so umfassenden Umbau im Pensionssystem in dieser Republik nicht mit dem Argument: Es sitzen ohnehin gewählte Vertreter da! nur im Parlament und nachfolgend dann im Bundesrat lassen sollte, sondern wir glauben, dass die direkte Demokratie, die Instrumente der Volksbefragung und der Volksabstim­mung, dabei jedenfalls zum Zuge kommen müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Einen eigenen Antrag, einen Einspruch zu erheben, wollten wir nicht stellen. Das sage ich ganz bewusst. Wir werden auch einen anderen Antrag, einen Einspruch zu erheben, nicht unterstützen. Wir wollen aber, wie Herr Kollege Schennach zuvor bereits vermutet hat, doch ein wesentliches Zeichen setzen. Wir glauben, dass die Harmonisierung mit garantiert gehört, deshalb werden wir – nicht ge­schlossen, aber ich und einige meiner Kollegen; man wird sehen, wie viele – dem Budgetbegleitgesetz nicht unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen, der SPÖ und den Grünen.)

22.22

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Schnider. Ich erteile ihm das Wort.

 


22.23

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrte Staatssekretäre! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute wurde schon einiges über Chronologien gesprochen. Ich möchte an den Anfang der heutigen Debatte zurückge­hen – Frau Bundesrätin Bachner hat uns schon am Vormittag eine Chronologie vor Augen gehalten – und an Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, konkrete Fra­gen stellen (Bundesrat Gasteiger: Das hätten Sie früher machen sollen! Um 9!), näm­lich was Ihre Chronologie beziehungsweise die Chronologie Ihres Vorsitzenden betrifft:


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Wie kann es sein, dass Alfred Gusenbauer im Jänner dieses Jahres noch ganz deut­lich die Notwendigkeit einer Konsolidierung sieht, was die Pension und die Pensionszu­schüsse betrifft, und im März plötzlich kein dringender Reformbedarf mehr gesehen wird? (Bundesrat Manfred Gruber – die Broschüre „Die Fairness-Pension“ hochhal­tend –: Lesen Sie das! Dann brauchen Sie nicht mehr zu fragen!) Wenn dann plötzlich dieses Papier, genau dieses Papier, das Sie vorhin schon gezeigt haben, vorgestellt wird und darin steht, dass 10 bis 15 Prozent an Verlusten zumutbar sind (Bundesrat Konecny: Bei wem? Lesen Sie das auch!), dann frage ich mich: Warum können Sie sich nicht auch jetzt ein Stück bewegen, Herr Professor, da wir hier doch eigentlich – und mit „wir“ meine ich die beiden Regierungsparteien – beweisen, dass eben diese sich bewegen können? (Bundesrat Konecny: Sind Sie da so sicher?) – Das wäre meine erste Frage. (Bundesrat Konecny: Sie bewegen sich in die Taschen der Leute!)

Der zweite Punkt: Bundesrat Schennach hat uns heute gesagt, die ÖVP sei ein Glau­bensverein. (Bundesrat Schennach: Ja!) Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ich glaube, Sie verwechseln hier zwei Worte: Wir glauben hier nicht an irgendeinen Regie­renden, aber wir vertrauen unseren Leuten in der Regierung, das heißt, wir vertrauen unserem Team! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundes­rätin Schlaffer: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!)

Ich denke, es ist ein Unterschied, ob man an jemanden glaubt – das ist eine Glaubens­frage –, oder ob man jemandem vertraut. Wir vertrauen unserem Regierungsteam von FPÖ und ÖVP. (Bundesrätin Schlaffer: Kontrolle ist besser!) Und ich glaube, dass die­ses Team eine ausgezeichnete Arbeit leistet und dass sich das auch am heutigen Tag hier beweist (Bundesrat Manfred Gruber: Das mag sein, da gehen die Meinungen aus­einander!); denn weil schon die parlamentarische Arbeit angesprochen worden ist, möchte ich hier dazusagen: Auch das Ringen um eine Meinung, wie es hier schon aus­gedrückt wurde, gehört dazu!

Ich freue mich, dass dieses Ringen stattgefunden hat. Allerdings möchte ich an dieser Stelle noch einmal sagen, dass ich mir sicher bin, dass diese beiden Koalitionspartner weiterhin eine gute Arbeit machen und auch heute zeigen werden, dass diese Arbeit ihre gemeinsame Handschrift trägt.

Vorhin wurde nach Umfragen gefragt. Es gibt eine Umfrage, die in der heutigen Aus­gabe des „Standard“ publiziert ist. Darin geht es um die Frage, wer denn politisch ge­sehen die Gewinner dieser Pensionsreform sind. An erster Stelle werden eben jene zwei Namen genannt, die Wesentliches dazu beigetragen haben, nämlich Schüssel und Haupt, der Kanzler und der Vizekanzler! Und es wird auch erklärt, warum das die Menschen so sehen: weil sie sich zu einer Entscheidung durchgerungen haben und zu dieser Entscheidung stehen!

Schauen Sie sich die heutigen Umfragen an! Es gibt eine ganz neue, die wir in der Steiermark gemacht haben. Wir haben 500 Leute gefragt, was ihnen bei Politikerinnen und Politikern am wichtigsten ist. Die Antworten waren (Bundesrat Manfred Gruber: Ehrlich sein!): Dass sie ehrlich sind und dass sie zu den Entscheidungen, zu denen sie sich durchgerungen haben, stehen. Ich bin überzeugt davon, dass uns das auch heute in diesem Sinne gelingen wird.

Noch etwas möchte ich hinzufügen: Diese Umfrage – Ludwig Bieringer hat das vorhin gesagt, und es wurde von Ihnen gleich gefragt, wo es denn da eine Umfrage gebe; da ist sie! – kommt auch zu dem Ergebnis, dass 80 Prozent aller Befragten für eine Har­monisierung sind. Das steht bitte hier drinnen! Und damit ist auch das ein Stück weit belegt, was Sie in Zweifel gezogen haben.

Ein Letztes. Der große Philosoph – Religionsphilosoph möchte ich fast sagen – Martin Buber hat gesagt: „Echte Verantwortung gibt es nur da, wo es wirklich Antworten


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gibt.“ – Und diesbezüglich vermisse ich schon einiges. Wo sind diese Antworten? (Bun­desrat Manfred Gruber – neuerlich die Broschüre „Die Fairness-Pension“ hochhal­tend –: Kollege, hier! Das sollten Sie einmal lesen!) Ich darf wohl behaupten, dass wir als Koalitionspartner unsere Antworten vorgelegt haben. Und ich denke, wir haben nun die große Aufgabe, auch wir hier im Bundesrat, das ehrlich und richtig zu vermitteln.

Sie fordern immer wieder ein: Wo ist unsere parlamentarische Kultur? Rückblickend auf den heutigen Tag muss ich sagen: Heute zeigt sich so ein Stück parlamentarischer Kultur auch hier im Bundesrat. Ich halte es auch für sehr gut, dass sich die Landes­hauptleute einbringen, denn eigentlich wäre es in puncto Österreich-Konvent zu überle­gen, ob nicht innerhalb dieses Bundesrates die Landeshauptleute selbstverständlich fixe Mitglieder sein sollten.

Ich stehe dazu, dass Landeshauptleute hier im Bundesrat Sitz und Stimme haben müs­sen, und heute hat sich von all dem ein Stück gezeigt; ich glaube, es ist ein Stück Vi­sion. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

22.29

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Das Wort wünscht Herr Bundesrat Professor Dr. Böhm. Ich erteile es ihm.

 


22.30

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Verehrte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Es ist heute – zu vorgerückter Stunde! – sehr vieles, und natürlich auch sehr viel Kritisches, zur Pensionsreform gesagt worden. Ich betone vorweg, gar nicht mehr auf die Sache insofern einzugehen, als ich kein Experte des Sozialversicherungsrechts im Allgemeinen oder gar des Pensionsversicherungsrechts im Besonderen bin.

Es ist, wie gesagt, viel Kritisches, und das natürlich primär von der Opposition, aber durchaus auch von Personen aus den eigenen Reihen gesagt worden. Gerade weil ich kein solcher Experte bin, habe ich jedoch volles Vertrauen in unseren höchst kompe­tenten Vizekanzler und Sozialminister Mag. Haupt. Es war auch Herr Landeshaupt­mann Dr. Haider, der heute in vielerlei Hinsicht sehr kritische Worte zu dem ganzen Pensionspaket gefunden hat, nicht zuletzt aus länderspezifischer Sicht, was ja primär in den Bundesrat gehört; das andere ist ja zentral im Nationalrat zu behandeln. (Präsi­dent Hösele übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich verweise allerdings darauf, dass er unserem Sozialminister nicht nur höchste Fach­kompetenz bescheinigt hat, sondern dass er – ich glaube, ich gebe ihn da ziemlich wörtlich wieder – diesem Projekt die so genannten Giftzähne gezogen hat.

Ich möchte auch Herrn Kollegen Professor Konecny darin zustimmen, dass wir uns sicherlich einen früheren Zeitpunkt für die bevorstehende Harmonisierung als einer nächsten entscheidenden Etappe wünschen würden. Sie werden mir aber sicherlich darin Recht geben, dass es sich bei jeder Harmonisierung nicht nur um sehr schwie­rige systemtheoretische Fragen und Systemangleichungsfragen handelt, sondern auch natürlich um sehr schwierige Rechtsfragen, die daher einen entsprechenden Zeitbedarf erkennen lassen.

Ich verweise darauf, dass eine echte Harmonisierung nur dann möglich ist, wenn wir sie nicht nur im Bund einführen, sondern natürlich auch in den Ländern und den Gemeinden. Da jedoch vor einigen Jahren das so genannte Homogenitätsprinzip be­dauerlicherweise aufgegeben wurde und heute nur mit verfassungsändernder Mehrheit wieder eingeführt werden könnte, sind wir, da die derzeitigen Regierungsfraktionen bekanntlich nicht über verfassungsändernde Mehrheiten verfügen, dabei auf die sub­stantielle und konstruktive Mitarbeit der Opposition, insbesondere der großen Opposi-


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tionspartei, voll angewiesen. Ich lade Sie dazu ein, uns bei diesem Vorhaben, bei die­sem Ziel, das Sie – von dem gehe ich aus – teilen, auch zu unterstützen.

Allerdings möchte ich, da Sie den Zeitplan, den „Operationskalender“ kritisch in Frage gestellt haben, am Rande darauf verweisen, dass auch der „runde Tisch“, dessen Ein­berufung wir sehr begrüßen, äußerst zögerlich angelaufen ist. Wenn man bedenkt, dass wir bereits Sommer haben, stellt sich die Frage, wie das in der Zeit, die Sie sich selber wünschen würden, realisierbar sein soll.

Ich glaube, es war Kollege Gasteiger – ich bitte, mich zu entschuldigen, falls ich das jetzt verwechselt haben sollte –, der kritisch vermerkt hat, dass in der Präambel des eingereichten Entschließungsantrages davon die Rede ist, dass Meinungsumfragen eine große Zustimmung der Bevölkerung erkennen ließen. – Es steht aber bitte nicht drinnen: zu dieser Pensionsreform in all ihren Details. Das ist nicht die Behauptung die­ser Präambel, sondern: große Zustimmung der Bevölkerung zur Harmonisierung der Pensionssysteme. (Zwischenruf des Bundesrates Gasteiger.) Ich gehe in der Tat nach wie vor davon aus, dass dem parteienübergreifend so ist und es nicht zuletzt, um die Sozialpartner anzusprechen, auch für den Österreichischen Gewerkschaftsbund gilt.

Ganz entschieden aber möchte ich die Behauptung zurückweisen – und da fühle ich mich wieder besser zu Hause –, die Formulierungen, die in Richtung – nennen wir das Kind beim Namen – direkte Demokratie gehen, seien sehr weich. (Bundesrat Schenn­ach: Genau!) Ich möchte dazu einige offene Worte sagen, auch in Richtung der eige­nen Fraktion (Bundesrat Schennach: Bitte!): Es ist richtig, dass wir uns diesbezüglich sehr klare Aussagen gewünscht haben, weil es uns ein großes Anliegen ist, gegebe­nenfalls auf die Instrumente der direkten Demokratie zurückgreifen zu können. Es ist aber keine Frage, dass in dem Absatz „Der Bundesrat regt an, bei der Umsetzung der Harmonisierung die ... Vorstellungen und Ideen“ „der Bürgerinnen und Bürger“ „zu be­rücksichtigen“ – wenn man darunter nicht Meinungsumfragen verstehen sollte – nichts anderes als die direkte Demokratie angesprochen sein soll.

Wie soll man denn in einem System der an sich repräsentativen Demokratie die Mei­nung der Bürgerinnen und Bürger einholen, wenn nicht durch die Instrumente der direkten Demokratie? (Bundesrat Schennach: ... bei Landeshauptleuten!)

Ferner steht im Antrag: „Der Bundesrat schlägt weiters vor, die notwendigen verfas­sungsrechtlich vorgesehenen Mittel zur Umsetzung der Harmonisierung ... heranzuzie­hen.“ – Mit den verfassungsrechtlich vorgesehenen Mitteln sind, wie bereits klargestellt wurde, nicht nur einfache Gesetze, vor allem auch formelle Verfassungsgesetze, Artikel-15a-Vereinbarungen gemeint, sondern nicht zuletzt die angesprochenen Instru­mente der direkten Demokratie, nämlich Volksbefragung und Volksabstimmung, wobei eine Volksabstimmung bekanntlich einen fertigen Gesetzentwurf voraussetzt.

Ich bin Herrn Kollegem Bieringer gerade angesichts der Skepsis meiner Fraktion, die ich in weiten Teilen erkennen konnte, sehr dankbar für die Klarstellung, dass unser Koalitionspartner das in demselben Sinne wie wir versteht! (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen sowie Beifall bei der ÖVP.)

Wenn es zurückhaltend formuliert worden ist – es wurde das als „Wackelpudding“ be­zeichnet –, so möchte ich etwas offen ansprechen: Gerade weil wir es so begrüßen, dass die Sozialpartner wieder an den „runden Tisch“ zurückgekehrt sind (Bundesrat Gasteiger: Weil ihnen nichts anderes übrig geblieben ist!), und hoffen, dass das im Rahmen des Möglichen auch für die Oppositionsparteien gilt – das wünsche ich mir (Bundesrat Konecny: Wenn man eingeladen wird!) –, ist festzustellen, dass es nicht der üblichen Verhandlungsmethode entspricht, sich in der Hoffnung auf eine konstruk­tive Zusammenarbeit an den Verhandlungstisch zu setzen, aber vorweg die Rute ins Fenster zu stellen und zu sagen: Wenn es nicht so läuft, wie wir uns das vorstellen,


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dann kommt die Drohkulisse! (Bundesrat Konecny: Dieses Stück ist den ganzen Tag gelaufen!)

Natürlich ist für uns der Einsatz der Mittel der direkten Demokratie das notwendige Instrument, gegebenenfalls als ultima ratio, wenn die Sozialpartner nicht konstruktiv mitarbeiten und aus Gruppen-Egoismen nicht bereit sind, eine kooperativ erarbeitete Lösung mit zu tragen. In diesem Fall wird man diese Instrumente als ultima ratio sehr wohl zu nutzen haben, aber das steht nicht am Beginn, sondern am Ende eines hof­fentlich konstruktiven Prozesses, der zu derart konsensualen Ergebnissen führt, dass das gar nicht mehr notwendig ist. (Demonstrativer Beifall bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich habe Vertrauen in den Koalitionspartner und frage mich, ob Sie, wenn Sie das pro­blematisieren, so schlechte Erfahrungen mit früheren Koalitionspartnern hatten, als Sie selbst in der Regierung waren, oder – umgekehrt – ob unser heutiger Koalitionspartner so schlechte Erfahrungen mit Ihnen hatte, dass man sagt: So, wie man in diesen Bah­nen denkt, das unterstellt man anderen! (Bundesrat Gasteiger: Erinnerungslücken haben die da drüben!)

Ich teile diese Einstellung nicht, ich habe Vertrauen in unseren Koalitionspartner. Ich werde daher aus diesem Grund dem Vorhaben zustimmen und hoffe, dass sich der eine oder andere meiner Kollegen auch dazu durchringen kann. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen sowie Beifall bei der ÖVP.)

22.40

 


Präsident Herwig Hösele: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlos­sen.

Wird von der Berichterstattung noch ein Schlusswort gewünscht? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Juni 2003 betreffend Budgetbegleitgesetz 2003.

Hiezu haben die Bundesräte Professor Konecny, Kolleginnen und Kollegen einen Antrag auf Erhebung eines begründeten Einspruchs eingebracht.

Überdies haben die Bundesräte Professor Konecny, Kolleginnen und Kollegen ein Ver­langen auf namentliche Abstimmung gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellt, das sich sowohl auf den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – Einspruch zu erheben, bezieht, als auch auf den Ausschussantrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben.

Ich werde daher zunächst über den Antrag der Bundesräte Professor Konecny, Kolle­ginnen und Kollegen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – Einspruch zu erheben, in namentlicher Abstimmung abstimmen zu lassen.

Im Anschluss daran werde ich über den Ausschussantrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, ebenfalls in namentlicher Abstimmung ab­stimmen lassen.

Wir kommen damit zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Juni 2003 betreffend ein Budgetbegleitgesetz 2003.


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Mir liegt hiezu, wie gesagt, ein Antrag der Bundesräte Professor Konecny, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung vor, gegen den gegenständ­lichen Beschluss – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – Einspruch samt der beigeschlossenen Begründung zu erheben.

Da hiezu namentliche Abstimmung verlangt wurde, ist diese durchzuführen. Die Stimmabgabe erfolgt mündlich mit „Ja“ oder „Nein“.

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesrätinnen und Bun­desräte in alphabetischer Reihenfolge.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Kainz und Giesinger geben die Bun­desrätinnen und Bundesräte mündlich ihr Abstimmungsverhalten bekannt.)

 


Präsident Herwig Hösele: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Nein“.

Die Stimmabgabe ist beendet. Zur Feststellung des Abstimmungsergebnisses unter­breche ich die Sitzung für kurze Zeit.

(Die Sitzung wird um 22.45 Uhr unterbrochen und um 22.46 Uhr wieder aufgenom­men.)

 


Präsident Herwig Hösele: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 62; davon „Ja“-Stimmen: 23, „Nein“-Stimmen: 39.

Der Antrag der Bundesräte Professor Konecny, Kolleginnen und Kollegen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates vom 11. Juni 2003 betreffend Budgetbegleit­gesetz 2003 – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – Ein­spruch zu erheben, ist somit abgelehnt.

Mit „Ja“ stimmten folgende Bundesrätinnen und Bundesräte:

Auer, Bachner, Binna, Boden, Ebner, Gasteiger, Giefing, Gruber Manfred, Haselbach, Hlavac, Kainz, Kaltenbacher, Kerschbaum, Konecny, Kraml, Molzbichler, Reisen­berger, Schennach, Schicker, Schlaffer, Stadler, Todt, Winter.

Mit „Nein“ stimmten folgende Bundesrätinnen und Bundesräte:

Ager, Aspöck, Bader, Bieringer, Böhm, Bogensperger, Diesner-Wais, Fasching, Fös­leitner, Fröhlich, Gansterer, Giesinger, Grissemann, Gruber Franz, Gudenus, Hagen, Haller, Haunschmid, Himmer, Höfinger, Hösele, Kanovsky-Wintermann, Klamt, Kneifel, Kritzinger, Kühnel, Liechtenstein, Nittmann, Pühringer, Roth-Halvax, Saller, Schnider, Steinbichler, Tusek, Weilharter, Weiss, Wimmler, Wolfinger, Zwazl.

*****

 

 


Präsident Herwig Hösele: Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Aus­schussantrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates vom 11. Juni 2003 betreffend Budgetbegleitgesetz 2003 – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bun­desrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben.

Auch zu diesem Antrag liegt mir ein von fünf Bundesräten unterzeichnetes Verlangen gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer namentlichen Ab­stimmung vor. Es ist daher eine namentliche Abstimmung durchzuführen.

Die Stimmabgabe erfolgt wiederum mündlich mit „Ja“ oder „Nein“.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
697. Sitzung / Seite 200

Ich ersuche die Schriftführung um den Aufruf der Bundesrätinnen und Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Kainz und Giesinger geben die Bun­desrätinnen und Bundesräte mündlich ihr Abstimmungsverhalten bekannt.)

 


Präsident Herwig Hösele: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Ja“.

Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche die Sitzung zur Feststellung des Abstimmungsergebnisses.

(Die Sitzung wird um 22.50 Uhr unterbrochen und um 22.51 Uhr wieder aufgenom­men.)

 


Präsident Herwig Hösele: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 62; davon „Ja“-Stimmen: 30, „Nein“-Stimmen: 32.

Der Ausschussantrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates vom 11. Juni 2003 betreffend Budgetbegleitgesetz 2003 – soweit dieser dem Einspruchs­recht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, ist somit abgelehnt. (Bravorufe und lebhafter Beifall bei der SPÖ, den Freiheitlichen und den Grünen.)

Mit „Ja“ stimmten folgende Bundesrätinnen und Bundesräte:

Ager, Bader, Bieringer, Böhm, Bogensperger, Diesner-Wais, Fasching, Fösleitner, Fröhlich, Gansterer, Giesinger, Gruber Franz, Haller, Himmer, Höfinger, Hösele, Kneifel, Kritzinger, Kühnel, Liechtenstein, Pühringer, Roth-Halvax, Saller, Schnider, Steinbichler, Tusek, Weiss, Wimmler, Wolfinger, Zwazl.

Mit „Nein“ stimmten folgende Bundesrätinnen und Bundesräte:

Aspöck, Auer, Bachner, Binna, Boden, Ebner, Gasteiger, Giefing, Grissemann, Gruber Manfred, Gudenus, Hagen, Haselbach, Haunschmid, Hlavac, Kainz, Kaltenbacher, Kanovsky-Wintermann, Kerschbaum, Klamt, Konecny, Kraml, Molzbichler, Nittmann, Reisenberger, Schennach, Schicker, Schlaffer, Stadler, Todt, Weilharter, Winter.

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Präsident Herwig Hösele (das Glockenzeichen gebend): Es liegt mir ein Antrag der Bundesräte Bieringer, Dr. Böhm und Kollegen auf Fassung einer Entschließung be­treffend einheitliches Pensionsrecht für alle Erwerbstätigen – Harmonisierung – vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit. Der Antrag auf Fassung der gegen­ständlichen Entschließung ist daher angenommen. (E 186.)

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Juni 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, und das Bundesbezügegesetz, BGBl. I Nr. 64/1997, geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
697. Sitzung / Seite 201

Einlauf

 

 


Präsident Herwig Hösele: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungs­weise in der heutigen Sitzung insgesamt drei Anfragen, 2074/J bis 2076/J, eingebracht wurden.

Die nächste Sitzung des Bundesrates berufe ich für heute, Montag, 23. Juni 2003, im Anschluss an diese Sitzung ein, und zwar mit folgender Tagesordnung:

1. Beschluss des Nationalrates vom 18. Juni 2003 betreffend ein Bundesgesetz betref­fend die finanzielle und administrative Unterstützung des Österreich-Konvents,

2. Beschluss des Nationalrates vom 18. Juni 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Beschäftigung parlamentarischer Mitarbeiter (Parla­mentsmitarbeitergesetz) geändert wird, sowie

3. Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das zweite Halbjahr 2003.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Es ist dies nicht der Fall. Es bleibt daher bei dieser Tagesordnung.

*****

Die 697. Sitzung des Bundesrates ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 22.54 Uhr

 

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