Stenographisches Protokoll

699. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

 

Freitag, 11. Juli 2003

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Stenographisches Protokoll

699. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Freitag, 11. Juli 2003

Dauer der Sitzung

Freitag, 11. Juli 2003: 10.01 – 20.29 Uhr

*****

Inhalt

Bundesrat

Erklärung des Präsidenten Hans Ager auf Grund schriftlich erhobener Ein­wen­dungen gegen das Amtliche Protokoll der 697. Sitzung des Bundesrates .................................................................... 5


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
699. Sitzung / Seite 2

Einwendungen des Bundesrates Albrecht Konecny gegen die Tagesordnung ........... 6

Wortmeldungen in diesem Zusammenhang:

Ludwig Bieringer ............................................................................................................ 7

Dr. Peter Böhm ............................................................................................................... 8

Stefan Schennach .......................................................................................................... 9

Dr. Peter Böhm (tatsächliche Berichtigung) ................................................................ 11

Albrecht Konecny (tatsächliche Berichtigung) ............................................................ 11

Stefan Schennach (tatsächliche Berichtigung) ............................................................ 12

Antrag der Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach gemäß § 49 GOG auf Durchführung einer Debatte – Ablehnung ................................................................................................................  10, 10

Antrag des Bundesrates Albrecht Konecny gemäß § 49 GOG auf Durchführung einer Debatte          ............................................................................................................................... 12

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung:

Ludwig Bieringer .......................................................................................................... 12

Ing. Gerd Klamt ............................................................................................................ 13

Klaus Gasteiger ............................................................................................................ 15

Albrecht Konecny .................................................................................................  15, 17

Stefan Schennach ........................................................................................................ 16

Jürgen Weiss ................................................................................................................ 16

Zurückweisung der Einwendungen gegen die Tagesordnung durch Präsi­den­ten Hans Ager               18

Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung:

Albrecht Konecny ........................................................................................................ 19

Unterbrechungen der Sitzung .........................................................................  19, 24, 68

Einwendungen des Bundesrates Albrecht Konecny gegen die Tagesordnung finden keine Mehrheit (namentliche Abstimmung) ............................................................................................ 19

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ...................................... 20

Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung:

Dr. Peter Böhm ............................................................................................................. 20

Dr. Klaus Peter Nittmann ............................................................................................ 21

Schreiben des Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel betreffend Nominierung eines Mitgliedes in den Ausschuss der Regionen gemäß Artikel 23c Abs. 5 Bun­des-Verfassungsgesetz ....... 22

Ersuchen des Bundesrates Dr. Peter Böhm auf Erteilung eines Ordnungsrufes ...... 89

Personalien

Krankmeldung .................................................................................................................. 6

Entschuldigung ................................................................................................................. 6

Ordnungsrufe ..........................................................................................................  15, 94

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 21

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .................................................................  22, 114

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 22

Dringliche Anfragen

der Bundesräte Hedda Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend kein Ausverkauf der VOEST-ALPINE (2077/J-BR/03) ........................................................... 25

Begründung: Hedda Kainz ............................................................................................ 25

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser ................................................................ 29

Debatte:

Johann Kraml ............................................................................................................... 39

Gottfried Kneifel ........................................................................................................... 41

Albrecht Konecny (tatsächliche Berichtigung) ............................................................ 46

Johanna Schicker ......................................................................................................... 46

Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (tatsächliche Berichtigung) ................................ 49

Johanna Schicker (tatsächliche Berichtigung) ............................................................ 50

Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer .................................................................... 50

Engelbert Weilharter .................................................................................................... 54

Stefan Schennach ........................................................................................................ 55

Herta Wimmler ............................................................................................................. 58

Werner Stadler .............................................................................................................. 61

Ulrike Haunschmid ...................................................................................................... 63

Mag. Gerhard Tusek .................................................................................................... 64

Mag. John Gudenus ..................................................................................................... 66

Albrecht Konecny ........................................................................................................ 66


Bundesrat
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699. Sitzung / Seite 3

Entschließungsantrag der Bundesräte Johann Kraml, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Absicherung des Industriestandortes Österreich durch Verbleib der ÖIAG als Kernaktionär – Ablehnung (namentliche Abstimmung) ...........................................................................................................  40, 69

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ...................................... 69

der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­des­minister für Landesverteidigung betreffend falsche Grundsatzentscheidung bei der Ausschreibung der Abfangjäger, volle Transparenz über den Vertragsinhalt, Konsequenzen der vorzeitigen Unterschriftsleistung und Offenlegung aller Gut­achten (2078/J-BR/03) ............................................................................................................... 69

Begründung: Albrecht Konecny ................................................................................... 69

Bundesminister Günther Platter ................................................................................ 74

Debatte:

Johann Giefing ............................................................................................................. 84

Dr. Vincenz Liechtenstein ........................................................................................... 87

Klaus Gasteiger ............................................................................................................ 89

Mag. John Gudenus ..................................................................................................... 90

Stefan Schennach ........................................................................................................ 94

Dr. Franz-Eduard Kühnel ............................................................................................ 97

Stefan Schennach (tatsächliche Berichtigung) .......................................................... 100

Günther Kaltenbacher ............................................................................................... 101

Dr. Renate Kanovsky-Wintermann .......................................................................... 102

Ulrike Haunschmid .................................................................................................... 103

Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 106

Ing. Gerd Klamt .......................................................................................................... 106

Albrecht Konecny ...................................................................................................... 107

Christoph Hagen ........................................................................................................ 109

Ludwig Bieringer ........................................................................................................ 111

Wilhelm Grissemann ................................................................................................. 113

Eingebracht wurden

Berichte ......................................................................................................................... 22

III-247: Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gemäß § 44 UVP-G 2000 über die Vollziehung der Umwelt­ver­träglichkeitsprüfung

III-248: Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2002)

Anfragen der Bundesräte

Hedda Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­tref­fend kein Ausverkauf der VOEST-ALPINE (2077/J-BR/03)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend falsche Grundsatzentscheidung bei der Ausschreibung der Ab­fangjäger, volle Transparenz über den Vertragsinhalt, Konsequenzen der vorzeitigen Unterschriftsleistung und Offenlegung aller Gutachten (2078/J-BR/03)

Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend lange Wartezeiten bei Donauschleusen (2078/J-BR/03)


Bundesrat
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699. Sitzung / Seite 4

Anna Elisabeth Haselbach, Dr. Vincenz Liechtenstein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Erhaltung der Gedenkstätte des KZ-Neben­lagers Mauthausens beim Loiblpass (2080/J-BR/03)

Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Mineralölsteuerbefreiung für Flugzeugtreibstoffe (2081/J-BR/03)

Anfragebeantwortung

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (1899/AB-BR/03 zu 2069/J-BR/03)

 



Bundesrat
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699. Sitzung / Seite 5

Beginn der Sitzung: 10.01 Uhr

 


Präsident Hans Ager: Ich eröffne die 699. Sitzung des Bundesrates, die ich auf Grund eines ausreichend unterstützten schriftlichen Verlangens von mindestens einem Viertel der Mitglieder des Bundesrates gemäß § 40 Abs. 1 der Geschäftsordnung für heute einberufen habe.

Sehr herzlich begrüßen darf ich den Präsidenten des Nationalrates – auch ein Tiroler – Professor Dr. Andreas Khol. Schön, dass du da bist! (Allgemeiner Beifall.)

Einwendungen gegen das Amtliche Protokoll der 697. Sitzung

Präsident Hans Ager: Das Amtliche Protokoll der 697. Sitzung des Bundesrates ist in der Parlamentsdirektion aufgelegen. Der Fraktionsvorsitzende der sozialdemo­krati­schen Parlamentsfraktion, Professor Albrecht Konecny, hat dagegen schriftliche Ein­wendungen erhoben, deren Wortlaut ich allen Mitgliedern der Präsidialkonferenz zur Kenntnis gebracht habe.

In den erhobenen Einwendungen wurden im Wesentlichen ausgeführt, dass der Geset­zesbeschluss des Nationalrates vom 11. Juni 2003 betreffend Budgetbegleit­ge­setz 2003 nicht in Entsprechung der Bestimmungen des § 18 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung in Verbindung mit § 16 Abs. 1 litera a der Geschäftsordnung vervielfältigt und verteilt worden sei, und die aus diesem Umstand erfließenden Konsequenzen.

Ich habe die erhobenen Einwendungen sorgfältig geprüft, ihnen nicht Rechnung ge­tragen und dies wie folgt begründet:

Gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung hat das Amtliche Protokoll die in Ver­handlung genommenen Gegenstände, die im Verlauf der Sitzung gestellten Anträge – also Vorschläge – zum Verhandlungsgegenstand, die Art ihrer Erledigung, das Ergeb­nis der Abstimmungen und die gefassten Beschlüsse zu verzeichnen, wobei damit ab­schließend dessen Inhalt normiert wird.

Die vom Fraktionsvorsitzenden der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion, Profes­sor Konecny, erhobenen Einwendungen gegen das Amtliche Protokoll beziehen sich nicht auf den Vorwurf der Unrichtigkeit oder der Unvollständigkeit.

Die erhobenen Einwendungen beziehen sich ausschließlich auf Fragen der Verviel­fältigung und Verteilung des Verhandlungsgegenstandes gemäß § 18 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung in Verbindung mit § 16 Abs. 1 litera a der Geschäftsordnung, verbun­den mit dem Vorwurf, dass mit der gewählten Vorgangsweise gegen den Grundsatz des freien Mandats im Sinne des Artikel 56 Bundes-Verfassungsgesetz verstoßen wor­den sei.

Dieser Vorwurf geht ins Leere, da feststeht, dass den Mitgliedern des Bundesrates zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Wortlaut des Gesetzesbeschlusses des Nationalrates vom 11. Juni 2003 betreffend Budgetbegleitgesetz 2003 zufolge Über­mittlung der entsprechender Materialien – Regierungsvorlage 59 der Beilagen, Bericht des Budgetausschusses 111 der Beilagen, in zweiter Lesung beschlossene Abän­de­rungen 6788/BR der Beilagen sowie der entsprechende Ausschussbericht des Finanz­ausschusses des Bundesrates 6790/BR der Beilagen – bekannt war. Als zusätzliche Serviceleistung der Parlamentsdirektion wurde überdies der genannte Gesetzes­be­schluss des Nationalrates am Tag nach dem Einlangen im Bundesrat ins Internet ge­stellt und war damit im Volltext abrufbar.


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699. Sitzung / Seite 6

Den Mitgliedern des Bundesrates wurde somit durch die Verteilung der Materialien in Papierform und zusätzlich auch durch die Abrufbarkeit des vollständigen Beschlusses auf elektronischem Wege seitens der Parlamentsdirektion die bestmögliche Information geboten.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch darauf hinweisen, dass der Verfassungs­gerichtshof in seinem Erkenntnis Nr. 6725 vom 7. Juni 1972 eine Beschwerde abge­wiesen hat, in welcher der Beschwerdeführer behauptet hatte, dass den Mitgliedern des Bundesrates der Inhalt eines Gesetzesbeschlusses zum Zeitpunkt der Beschluss­fassung gar nicht bekannt gewesen sei, weil ihnen keine geschlossene Ausfertigung vorlag.

In diesem Verfahren hat der Vorsitzende des Bundesrates mitgeteilt, „dass die Mit­glieder des Bundesrates über diesen Gesetzesbeschluss des Nationalrates durch Übermittlung der Beilagen Nr. 1432 (Regierungsvorlage) und 1443 (Bericht des Finanz- und Budgetausschusses zur Regierungsvorlage) zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, XI. Gesetzgebungsperiode, sowie Nr. 313 d. B. zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates (Bericht des Finanzausschusses) unterrichtet worden seien“.

Er hat ferner bemerkt, „dass in gleicher Weise auch hinsichtlich aller anderen Geset­zesbeschlüsse (Beschlüsse des Nationalrates) vorgegangen wird“.

Abschließend halte ich fest, dass ein derartiger Einwand im Sinne eines Vorwurfes des Verstoßes gegen § 18 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 litera a der Geschäfts­ord­nung beziehungsweise des Artikel 56 Bundes-Verfassungsgesetz vor Eingang in die Tagesordnung im Rahmen einer Einwendung gegen diese gemäß § 39 Abs. 4 der Ge­schäftsordnung geltend zu machen gewesen wäre. Dies ist jedoch nicht geschehen.

Das Amtliche Protokoll der 697. Sitzung des Bundesrates vom 23. Juni 2003 gilt somit gemäß § 64 Abs. 6 der Geschäftsordnung als genehmigt.

*****

Das Amtliche Protokoll der 698. Sitzung des Bundesrates vom 23. Juni 2003 ist ebenfalls in der Parlamentsdirektion aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Krank gemeldet hat sich das Mitglied des Bundesrates Germana Fösleitner.

Entschuldigt ist Herr Bundesrat Dr. Robert Aspöck.

Zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Professor Albrecht Konecny. – Bitte.

Einwendungen gegen die Tagesordnung

 


10.09

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent! Ich erhebe gegen die von Ihnen ausgegebene Tagesordnung im Sinne des § 39 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Bundesrates eine Einwendung.

Wie Sie alle wissen, findet diese Sitzung auf Grund eines Verlangens der sozialde­mo­kratischen Bundesräte statt. In diesem Verlangen ist mit hinlänglicher Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht worden, dass von uns innerhalb offener Frist eine weitere Beratung zum Gesetzesbeschluss des Nationalrates betreffend das Budgetbegleitgesetz 2003 gefordert wurde.


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699. Sitzung / Seite 7

Im Kommentar zur Geschäftsordnung des Bundesrates von Dr. Zögernitz, den ich aus diesem Anlass sehr herzlich bei uns begrüße, ist mit hinlänglicher Deutlichkeit – und ich zitiere diese Formulierung – festgehalten:

„Fasst der Bundesrat bei der Verhandlung über einen Gesetzesbeschluss des Na­tionalrates weder den Beschluss, einen Einspruch zu erheben, noch den Beschluss, keinen Einspruch zu erheben“ – genau das war der Fall –, kann er – da einer solchen Vorgangsweise weder Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes noch der Ge­schäftsordnung entgegenstehen – innerhalb der Frist von 8 Wochen denselben Ge­set­zesbeschluss neuerlich in Verhandlung ziehen und einen der obgenannten Be­schlüsse fassen.“

Ich möchte daher meine Einwendung gegen die Tagesordnung wie folgt konkretisieren: Sie richtet sich ausdrücklich gegen die Nicht-Aufnahme des Gesetzesbeschlusses des Nationalrates betreffend das Budgetbegleitgesetz 2003. Es erscheint mir für das Ansehen des Bundesrates unbedingt notwendig, dass dieser – wie auch Zögernitz ausführt – alle verfassungsrechtlichen Möglichkeiten wahrnimmt, um seine ihm durch die Bundesverfassung übertragenen Pflichten zu erfüllen.

Ich appelliere zunächst einmal an Sie, Herr Präsident, dem Bundesrat die Chance zu geben, seine Aufgaben wahrzunehmen. Sollten Sie meinen Einwendungen nicht selbst Rechnung tragen, dann ersuche ich Sie, die in der Geschäftsordnung vorgesehene Abstimmung einzuleiten.

Gleichzeitig nehme ich das zum Anlass, alle meine Kolleginnen und Kollegen in die­sem Haus aufzufordern und an sie zu appellieren, unserem Bundesrat, dessen Exis­tenz von Präsidenten anderer parlamentarischer Körperschaften in Frage gestellt wird, eine Chance zu geben, zu demonstrieren, wie ernst wir unsere Aufgaben nehmen und wie sehr wir im Kräfteverhältnis dieser Republik eine Rolle zu spielen haben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.12

 


Präsident Hans Ager: Danke, Herr Professor. Einer Usance entsprechend, wie Sie wissen, werde ich auch je einen Vertreter der anderen im Bundesrat vertretenen Par­teien hören. Ich erteile Herrn Bundesrat Ludwig Bieringer das Wort.

 


10.13

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Prä­sident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Namens der ÖVP-Fraktion darf ich festhalten, dass das Gesetzgebungsverfahren zum Budgetbegleitgesetz, soweit es den Bundesrat betrifft, als abgeschlossen gilt.

Herr Kollege Konecny hat freundlicher Weise den Geschäftsordnungsexperten in die­sem Haus, den Geschäftsordnungsexperten für beide Kammern dieses Hauses, näm­lich unseren Klubdirektor Professor Dr. Zögernitz zitiert. Ich darf ebenfalls Zögernitz zitieren, was er dazu zu sagen hat. Er bezieht sich auf seinen Kommentar und sagt:

 „,Da dies allerdings nicht der Fall war‘“ – Einwendungen während der letzten Sitzung haben nicht stattgefunden, ein Antrag auf Vertagung oder Rückverweisung wurde nicht gestellt und auch nicht beschlossen –, „,sondern der Bundesrat in der Sache selbst entschieden hat – dies ist auch dann der Fall, wenn weder der Beschluss, Einspruch zu erheben, noch der Beschluss, keinen Einspruch zu erheben, die Mehrheit gefunden hat –, halte ich mangels Verhandlungsgegenstand eine weitere Beratung im Plenum des Bundesrates für nicht mehr möglich‘, so Zögernitz. Es sei vielmehr davon auszu­gehen, dass das Gesetzgebungsverfahren im Bundesrat durch die Abstimmung abge­schlossen ist.


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699. Sitzung / Seite 8

Der Bundesrat habe grundsätzlich drei Möglichkeiten, auf Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates zu reagieren: Er kann Einspruch erheben, er kann beschließen, keinen Einspruch zu erheben, und er kann die für einen Einspruch offene Frist von acht Wo­chen verstreichen lassen. In allen drei genannten Fällen sei damit das Gesetz­gebungs­verfahren in den beiden Kammern des Parlaments beendet. ,In der gestrigen‘ – er be­zieht sich da auf die Bundesrats-Sitzung vom 23. Juni – ,Bundesrats-Sitzung kam es zu der seltenen Situation, dass weder der Antrag, Einspruch zu erheben, noch der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, eine Mehrheit fand. Im Zuge der Debatte wurde auch kein Verfahrensantrag – nämlich Vertagung oder Ausschussrückverweisung – ge­stellt beziehungsweise angenommen. Somit kann davon ausgegangen werden, dass sich der Bundesrat verschweigen wollte‘, meint Zögernitz.“ (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Das, Herr Kollege Konecny, ist unsere Rechtsauffassung. Der Bundesrat hat sich mit seinem Abstimmungsvorgang verschwiegen. Das können Sie noch so sehr belächeln, es ist so. Nach Ablauf der 8-Wochen-Frist wird das Gesetz vom Präsidenten des Bun­desrates an den Bundeskanzler weitergeleitet werden müssen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.16

 


Präsident Hans Ager: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Professor Böhm.

 


10.16

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Wir führen hier eine Debatte zur Geschäftsordnung. Daher versage ich mir in diesem Rah­men jede Stellungnahme zu der an sich kontroversiellen politischen Frage, ob das Budgetbegleitgesetz 2003 und die darin enthaltene Teilreform des Pensionssystems sowie auch ganz andere Themen, wie der Ankauf von Abfangjägern, noch weiterer parlamentarischer Auseinandersetzung bedürften.

Zur Frage nach der Auslegung des Geschäftsordnungsgesetzes halte ich Folgendes fest – das Wesentliche ist bereits gesagt worden –: Konsens zwischen allen Parteien besteht meines Erachtens darin, dass der Bundesrat in seiner 697. Plenarsitzung am 23. Juni dieses Jahres weder einen Beschluss auf Erhebung eines Einspruchs noch einen solchen auf Nicht-Erhebung eines Einspruches gefasst hat.

Nach allgemeiner Auffassung in Lehre und Praxis läuft das im Ergebnis – ich betone: aber nur im Ergebnis! – auf dasselbe hinaus, als hätte der Bundesrat formell gar kei­nen Beschluss gefasst, sei es, dass er innerhalb von acht Wochen keine Sitzung an­beraumt hätte oder bis zum Ablauf dieser Frist zu keiner Entscheidung gelangt wäre. Somit wäre sein Vorgehen als Verschweigung, besser: als Verzicht auf sein Ein­spruchsrecht zu werten, sieht doch der maßgebliche Artikel 42 des B-VG vor, dass der Gesetzesbeschluss des Nationalrates ohne weiteres in Kraft tritt, wenn der Bundesrat nicht innerhalb von acht Wochen einen begründeten Einspruch erhebt.

Eben das trifft im vorliegenden Fall zweifellos zu. Jede Auslegung des Geschäftsord­nungsgesetzes des Bundesrates muss im Lichte dieser Bestimmung im Zweifel ver­fassungskonform ausgelegt werden.

Dissens hingegen besteht zwischen uns offenbar darin, dass es bedeutungslos wäre, dass der Bundesrat durchaus nicht untätig geblieben ist, sondern sehr wohl einen Beschluss gefasst hat. Unbestritten hat er nämlich über den Antrag des zuständigen Ausschusses, keinen Einspruch zu erheben, abgestimmt und insofern eine, wenn auch negative, Entscheidung darüber getroffen. Somit ist dieser Verhandlungsgegenstand


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der Tagesordnung völlig ordnungsgemäß behandelt und erledigt worden. Demnach ist das Gesetzgebungsverfahren beider Kammern insofern beendet.

Das Ergebnis der mehrheitlich negativen Abstimmung bedeutet in der Sache selbst da­her zweifellos, dass der Bundesrat dem Gesetzesbeschluss des Nationalrates nicht zugestimmt hat. Eine darüber hinaus gehende Interpretation dieses Beschlusses – sie wurde auch von niemandem vertreten –, dass damit allein bereits ein Einspruch erfolgt sei, wäre ebenso unhaltbar. Dies zum einen deshalb, weil dafür ja keine Begründung geboten worden ist, und zum anderen auch aus der Erwägung, dass es dann ja rück­blickend betrachtet keinen Raum für die Abstimmung des von der Opposition ein­gebrachten Antrags auf Erhebung eines Einspruchs gegeben hätte. Eben dieser wurde aber zuvor gleichfalls mit Stimmenmehrheit abgelehnt.

Dem gegenüber gehe ich daher, wie schon ausgeführt, davon aus, dass der betref­fende Tagesordnungspunkt durchaus geschäftsordnungsmäßig erledigt worden ist und somit nicht erneut auf die Tagesordnung einer nachfolgenden Sitzung gesetzt werden kann. Anders wäre es gewesen, wäre in dieser 697. Plenarsitzung – allenfalls in Ver­bindung mit einem neuen Einspruchantrag in der Sache – ein Antrag auf Vertagung der Sitzung oder auf Rückverweisung in den zuständigen Ausschuss gestellt worden. All das ist aber unterblieben.

Wenn der Bundesrat, zusammenfassend bewertet, einen gültigen Beschluss fasst, der materiell weder auf die Erhebung noch auf die Nichterhebung eines Einspruchs lautet, so hat er damit dennoch den Tagesordnungspunkt im Sinne der Geschäftsordnung for­mell erledigt.

Das kann daher nicht mit einem bloßen Nichthandeln gleichgesetzt werden. Wie prob­lematisch das aus politischen Erwägungen auch sein mag, so hat der Bundesrat damit letztendlich zum Ausdruck gebracht, dass er zu dem Gesetzesbeschluss des National­rates weder positiv – weil im Sinne der Ablehnung des Ausschussantrages – noch ne­gativ – weil im Sinne der Ablehnung des Antrages auf Einspruchserhebung – Stellung nehmen wollte.

Aus all diesen Gründen vermag ich namens meiner Fraktion dem Antrag auf Aufnahme dieses in der letzten Sitzung erledigten Tagesordnungspunktes in die heutige Sonder­sitzung nicht zuzustimmen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei Abgeordneten der Frei­heitlichen und bei der ÖVP.)

10.21

 


Präsident Hans Ager: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schennach.

 


10.21

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Professor Böhm! Ich würde sagen, Sie haben jetzt versucht, einen juristischen Hochseilakt zu vollziehen, aber Sie haben das Netz ganz schön hoch gehängt, damit Ihnen dabei ja nichts pas­siert, denn Sie wissen, dass dieser Hochseilakt nicht der Geschäftsordnung und auch nicht dem gesetzlichen Buchstaben entspricht.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sie haben heute hier den Vorsitz hier übernommen. Es ist ein Tiroler Vorsitz, und die Tiroler sind bekannt dafür, dass sie um Minder­heiten­rechte immer gekämpft haben und Minderheitenrechte immer zu wahren wussten. Ihre heutige Entscheidung verletzt Minderheitenrecht in diesem Haus: Erstens ist es ein Minderheitsrecht, eine Sondersitzung zu fordern; und wenn dann jene Partei oder Frak­tion oder jene Gruppe der Abgeordneten, die diese Sondersitzung fordert, einen be­stimm­ten Tagesordnungspunkt dazu begehrt, so war es parlamentarischer Usus, dass


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das nicht eine Sache der Entscheidung der Mehrheit ist, sondern dass dem stattge­geben wird.

Sie brechen damit, Herr Präsident, und ich bedauere es sehr, dass Sie das gleich in der ersten Sitzung Ihrer Amtszeit tun.

Im Übrigen vermerke ich: Sie haben heute im Zusammenhang mit Ihrer Entscheidung ausgeführt, dass ein Einspruch in der Präsidiale verteilt wurde. Nachdem nicht alle Mitglieder des Hauses in der Präsidiale sitzen und ich diesen Einspruch nicht kenne, kann ich daher auch Ihre Ausführungen nicht würdigen, weil mir nicht bekannt ist, auf welchen Einspruch Sie sich beziehen. Ich ersuche Sie daher dringend, diesen Ein­spruch allen Mitgliedern dieses Hauses hier zur Kenntnis zu bringen, und zwar im An­schluss an diese Einwendungsdebatte.

Im Übrigen verweise ich dennoch auf den § 20, welcher klar Folgendes besagt:

„Fasst der Bundesrat bei der Verhandlung über einen Gesetzesbeschluss des Na­tionalrates weder den Beschluss, einen Einspruch zu erheben, noch den Beschluss, keinen Einspruch zu erheben, kann er – da einer solchen Vorgangsweise weder Be­stimmungen der Bundes-Verfassungsgesetzes noch der Geschäftsordnung entgegen­stehen – innerhalb der Frist von 8 Wochen denselben Gesetzesbeschluss neuerlich in Verhandlung ziehen ...“

Meine Damen und Herren! Wir haben heute alle Herrn Professor Zögernitz zitiert, aber es sind auch andere Rechtsgelehrte dieser Meinung, wie zum Beispiel der Verfas­sungsrechtler Theo Öhlinger, der gemeint hat, dass dieses Gesetz selbstverständlich, da bei der Freiheitlichen Partei keine Willensbildung erkennbar war, jederzeit in Ver­handlung zu nehmen ist. Somit ist eine Nicht-Zulassung dieser Debatte meiner Mei­nung nach ein Willkürakt.

Weil Herr Nationalratspräsident Professor Khol meinte, der Bundesrat habe in seiner damaligen Sitzung sein Mitwirkungsrecht „konsumiert“, möchte ich schon betonen, meine Damen und Herren: Wir sind hier nicht auf einer Party (Heiterkeit der Bundes­rätin Schicker – Bundesrat Dr. Böhm: Das ist Rechtssprache!), wo man, wenn die Sandwichbrötchen gegessen sind, konsumiert hat und abtreten kann! – Es geht hier wohl insofern auch um das Ansehen, Herr Professor Khol, und um dieses Ansehen sollte sich vor allem die Freiheitliche Partei jetzt sehr bemühen. Nachdem sie sich weder zu einem Ja noch zu einem Nein durchringen konnte und das ganze Haus in der öffentlichen Debatte einen Schaden erlitten hat (Bundesrätin Schicker: So ist es! So ist es!), wäre es hoch an der Zeit, dass auch jene geschätzten neun Bundesräte – Sie sind ausgenommen, Herr Professor Böhm, weil Sie ja eine andere Meinung zum Ausdruck brachten – nun ebenfalls ihre Meinung hier zum Ausdruck bringen, damit heute und hier eine ordentlichen Debatte über das abzuführen ist, was seither die Me­dien beschäftigt und was dem Bundesrat in seinem Ansehen mehr als geschadet hat.

Ich ersuche daher um Zulassung beziehungsweise um Aufnahme dieses Tagesord­nungs­punktes. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Kerschbaum.)

10.26

 


Präsident Hans Ager: Danke schön. – Frau Vizepräsidentin Haselbach hat gemäß § 49 den Antrag auf Durchführung einer Debatte gestellt.

Ich lasse sogleich über diesen Antrag, eine Debatte durchzuführen, abstimmen und bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Minderheit. (Rufe bei der SPÖ: Wo? Wo?) Der Antrag ist somit abgelehnt.


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Es findet daher keine Debatte statt. (Bundesrat Konecny: Das ist ungeheuerlich! – Bun­desrat Gasteiger: Auszählen! – Ruf bei der SPÖ: Da müssen wir schon aus­zählen!)

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Professor Böhm zu Wort gemeldet.

 


10.27

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Der geschätzte Herr Kollege Schennach hat mir einen „juristischen Hochseilakt“ vorgeworfen und in diesem Zusammenhang die Be­hauptung aufgestellt, ich wisse, dass meine Auslegung im Geschäftsordnungs­ge­setz nicht gedeckt sei.

Nun handelt es sich bei Auslegungsfragen natürlich um Wertungsfragen, aber die Aus­sage, ich wisse, dass meine Ansicht im Gesetz nicht gedeckt sei, ist die Unterstellung, dass ich eine Rechtsauslegung wider besseres Wissen erstattet hätte.

Das weise ich in aller gebotenen Schärfe zurück! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.28

 


Präsident Hans Ager: Danke schön. – Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Professor Konecny zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


10.28

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Professor Böhm hat hier in seiner Darstellung der letzten Sitzung, wie sich anhand des Protokolls leicht verifizieren lässt, die Abfolge der Abstimmungen vertauscht: Er hat gemeint, es sei zunächst über den Ausschussantrag und dann über den Einspruch abgestimmt worden.

Darf ich Sie diskret daran erinnern: Es war genau umgekehrt! (Bundesrat Gasteiger: Bravo!) Hätte nämlich der Einspruchsantrag eine Mehrheit gefunden, dann wäre ja die zweite Abstimmung nicht erforderlich gewesen. (Bundesrat Gasteiger: So ist es!)

Damit ist aber auch klar, dass der Einspruchsantrag als solcher konsumiert ist – mit oder ohne Party. Es ist auch der Zustimmungsantrag, also Nichteinspruchs-Antrag, konsumiert. Aber es ist völlig klar, dass ein anderer Einspruchsantrag innerhalb of­fener Frist der gesamten 8 Wochen von diesem Haus auf die Tagesordnung gesetzt werden kann!

Es gehört zu den Kuriosa dieser Diskussion, dass Professor Funk mit der Ansage zitiert wurde, der Bundesrat könne sich nicht zwei Mal mit der Vorlage beschäftigen, obwohl er das genaue Gegenteil gesagt hat: Der Bundesrat kann natürlich nicht zwei Mal über denselben Antrag abstimmen. – Bitte schön, das ist etwas anderes!

Der Antrag, den wir, in zahlreichen Punkten, gestellt haben, hat keine Mehrheit gefun­den. Es gibt aber aus unserer Sicht eine Reihe von Gründen, um gegen diesen Geset­zesbeschluss des Nationalrates Einspruch zu erheben. Das lässt sich in vielfältiger Hinsicht anders formulieren.

Herr Präsident! Ich darf damit zu meinen Ausführungen zur Geschäftsbehandlung übergehen:

Ich meine nicht, dass Sie den Willen des Hauses bei der vorangehenden Abstimmung richtig erkannt haben, und ersuche Sie, die Abstimmung unter Auszählung der Stim­men nochmals vorzunehmen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Gasteiger – auf den mit Bundesrat Mag. Gudenus sprechenden Bundesrat Dr. Böhm weisend –: Schau, wie


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der Böhm nervös wird! – Schau! Schau! Schau! – Siehst du, wie der Böhm nervös wird?!)

10.30

 


Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung – der letzten in dieser Runde – hat sich Herr Bundesrat Schennach zu Wort gemeldet.

 


10.30

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Ich berichtige mich im Folgenden selbst, wenn Herr Professor Böhm das wünscht.

Ich habe gesagt, Herr Professor Böhm, Sie haben es wissend getan. Ich habe nicht gewusst, dass Sie jetzt auf den Begriff „unwissend“ Wert legen.

Ich berichtige mich daher: Herr Professor Böhm hat nicht wissend, sondern unwissend diesen juristischen Hochseiltanz gemacht! (Heiterkeit und Beifall der Bundesrätin Kerschbaum sowie bei der SPÖ.)

10.31

 


Präsident Hans Ager: Danke schön. – Zu Professor Konecny: Ich bin der Auffassung, die Abstimmung ist ordnungsgemäß über die Bühne gegangen (Rufe bei der SPÖ: Nein! Nein!), und sie wird mit Sicherheit nicht wiederholt. (Widerspruch bei der SPÖ.)

Ich darf in der Sitzung fortfahren: Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Bundesrat Pro­fessor Konecny zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


10.31

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Ich will, Herr Präsident, an Ihrer Fähigkeit, mit einem Blick das Haus zu überschauen, keinen Zwei­fel üben.

Um es Ihnen einfacher zu machen, stelle ich erneut den Antrag – der erste war von Frau Bundesrätin Haselbach gestellt worden; dieser ist offenbar nach Meinung des Präsidenten negativ abgestimmt worden; jetzt stellt Bundesrat Konecny den Antrag –, eine Debatte über diesen Geschäftsordnungsantrag, den ich ursprünglich gestellt ha­be, zu führen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.32

 


Präsident Hans Ager: Zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet hat sich weiters Herr Professor ... – Entschuldigung, „Professor“ haben wir unter den zu Wort Gemeldeten jetzt keinen mehr –, Herr Bundesrat Bieringer. (Bundesrätin Schicker: Was nicht ist, kann noch werden!) – Bitte.

 


10.32

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Prä­sident! Ich bin kein Professor und werde auch niemals einer werden. (Oh-Rufe. – Bun­desrat Gasteiger: Wer weiß? „Professor h. c.“, das könnte schon noch drinnen sein!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem Antrag des Kollegen Konecny kann ich mich beim besten Willen nicht anschließen. Es ist über den Antrag abgestimmt worden. Der Herr Präsident hat das Abstimmungsergebnis festgestellt. Damit ist der Abstim­mungs­vorgang als erledigt anzusehen. (Beifall bei der ÖVP.)

10.33

 


Präsident Hans Ager: Zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet hat sich weiters Herr Bundesrat Klamt. Ich erteile es ihm. (Ruf bei der SPÖ: Wir sind eh schon in der Debatte! – Bundesrat Konecny: Das ist eine „illegale Debatte“!)

 



Bundesrat
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10.33

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Bundesrates! Ich melde mich zur Geschäftsordnung zu Wort und darf zunächst festhalten, dass ich mich schon zu Wort gemeldet habe, bevor es zur Abstimmung gekommen ist (Ruf bei der SPÖ: Das ist richtig! – Bundesrat Gasteiger: Ja!), und damit, so meine ich, bin ich jetzt auf jeden Fall am Wort. (Allgemeine Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen, der SPÖ und den Grünen. – Bundesrätin Schicker: Herrlich!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Diskussion um die Geschäftsordnung schließe ich mich den fundierten Ausführungen unseres Fraktionsobmannes Univer­sitätsprofessor Dr. Peter Böhm durchaus an. (Ruf bei der SPÖ: Wissend oder unwis­send?)

Auch nach meiner persönlichen Logik kann es nicht so sein, dass ein Verhandlungs­gegenstand so oft in Verhandlung genommen wird, bis der einen oder anderen Frak­tion das Abstimmungsverhalten passt. (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen und bei der ÖVP.)

Ich finde es richtig und auch sehr wichtig, dass in einer Koalitionspartnerschaft im Sin­ne der Sache durchaus Streitkultur gelebt wird. Man muss bereit sein, auch als klei­nerer Koalitionspartner Flagge zu zeigen, wenn es darum geht, den größeren Koali­tionspartner vor Fehleinschätzungen zu bewahren. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit des Bundesrates Konecny. – Bundesrat Gasteiger: Bra­vo! Bravo! – Bundesrat Konecny: Das gefährdet den Koalitionsfrieden!)

Die freiheitlichen Bundesräte haben mit ihrem klaren Nein zum Antrag, gegen das Bud­getbegleitgesetz 2003 keinen Einspruch zu erheben, ein sehr deutliches Zeichen ge­setzt. Wir sind bewusst das Risiko eingegangen, das Koalitionsklima zu belasten, um andererseits die Chance zu nutzen, vorgefasste Meinungen zu ändern. (Bundesrätin Schicker: Sie sind nur auf halbem Weg stecken geblieben, Herr Kollege!)

Den freiheitlichen Bundesräten ist es darum gegangen, deutlich zu machen, dass die Harmonisierung der bestehenden Pensionssysteme wichtiger Bestandteil einer zu­kunfts­orientierten Pensionsreform sein muss und die zur Verhandlung gestandene Pen­sionsreform nur als Teilreform zu betrachten ist, die ohne Harmonisierung der Pen­sionssysteme nur bedingt Sinn macht und daher von breiten Bevölkerungsschichten nicht mitgetragen werden kann.

Die Einbindung der Österreicherinnen und Österreicher in die Thematik Harmoni­sie­rung der Pensionssysteme ist aus meiner Sicht ein absolutes Muss. Einschnitte in Pen­sionen, die nicht beitrags- und leistungsgedeckt sind und über der ASVG-Höchst­be­mes­sungsgrundlage liegen (Ruf bei der SPÖ: Das war eine Wortmeldung zur Ge­schäfts­ordnungsdebatte! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), dürfen im Zuge einer sozial ausgewogenen Harmonisierung der Pensionssysteme kein Tabuthema sein. (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrätin Schicker: Sind wir schon in der Debatte?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Ringen um einen gemeinsamen Ent­schließungsantrag mit der ÖVP haben die freiheitlichen Bundesräte nicht das Endziel, aber doch Teilerfolge erzielt. Die Formulierung im Entschließungsantrag, dass die not­wendigen verfassungsrechtlich ...

 


Präsident Hans Ager (das Glockenzeichen gebend): Herr Bundesrat! Sie haben sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. (Rufe: Nein, zur Geschäfts­ord­nung! Zur Geschäftsordnungsdebatte!) – Pardon: Sie haben sich zur Geschäfts-


Bundesrat
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ordnung zu Wort gemeldet. (Abg. Dr. Nittmann: Was ist das für eine Vorsitzführung?) Bitte kommen Sie zum Schluss!

 


Bundesrat Ing. Gerd Klamt (fortsetzend): Ich habe zu Beginn meiner Ausführungen klar festgehalten, dass ich am Wort bin – und ich bin am Wort! (Beifall bei den Frei­heitlichen. – Bundesrat Manfred Gruber: Ein Willkürakt nach dem anderen!)

Die Formulierung in dem gemeinsam mit der ÖVP vorgelegten Entschließungsantrag, dass die notwendigen verfassungsrechtlich vorgesehenen Mittel zur Umsetzung der Har­monisierung der Pensionssysteme heranzuziehen sind (Bundesrat Manfred Gru­ber: Zur Tagesordnung, Herr Kollege!), verbunden mit den Ausführungen von Frak­tions­obmann Ludwig Bieringer in der letzten Bundesratssitzung (Bundesrat Konecny: Herr Präsident, wir haben beschlossen, keine Debatte zu führen!), lässt hoffen, dass die Einbindung der Bevölkerung über direktdemokratische Mittel auch für die ÖVP kein Problem darstellt. (Bundesrätin Schicker: Haben wir jetzt eine Debatte, oder nicht? – Bundesrat Konecny: Jetzt geh ich auch hinaus und sage, ich bin am Wort!)

Lassen Sie mich noch eines sagen (Bundesrat Konecny: Nein!): Ein aus meiner Sicht wichtiges Thema ist der Abfangjägerkauf. (Lebhafte ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Es ist uns Bundesräten (Bundesrat Manfred Gruber: ... über die ÖIAG! – weitere Zwi­schenrufe bei der SPÖ) – und ich meine jetzt alle Bundesräte – über unser Stimm­verhalten in der letzten Bundesratssitzung gelungen, das In-Kraft-Treten des Kaufver­trages ...

 


Präsident Hans Ager (das Glockenzeihen gebend): Herr Kollege! Das ist keine De­batte. Sie haben sich zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet. Kommen Sie bitte zum Schluss! Wenn Sie einen Antrag zu stellen haben, dann stellen Sie ihn bitte!

 


Bundesrat Ing. Gerd Klamt (fortsetzend): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kurz noch ein Wort! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Ein paar kurze Worte zu den Abfangjägern! (Bundesrat Manfred Gruber: Und zur ÖIAG!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die vom Bundesrat (Bundesrat Manfred Gruber: Oder zum Telekom-Gesetz! – ironische Heiterkeit bei der SPÖ) erreichte Atem­pause muss im Sinne der Österreicherinnen und Österreicher genutzt werden.

Eine Kritik noch zum Rechnungshof, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Neuer­liche Zwischenrufe und ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Es kann nicht sein, dass der Rechnungshof nicht noch vor dem Wirksamwerden des Kaufvertrages einen Roh­bericht über den Beschaffungsprozess der Abfangjäger vorlegen kann. (Präsident Ager gibt das Glockenzeichen.)

Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir ...

 


Präsident Hans Ager: Herr Kollege! Kommen Sie bitte zum Schluss! (Bundesrat Man­fred Gruber: Und jetzt zur Geschäftsordnung, oder?)

 


Bundesrat Ing. Gerd Klamt (fortsetzend): ... sind in den letzten Wochen sehr kritisiert worden, auch vom Rechnungshofpräsidenten. (Zwischenruf des Bundesrates Winter.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit derselben Berechtigung, mit der der Rechnungshofpräsident den Bundesrat in Frage stellt (Bundesrat Manfred Gruber: Herr Präsident!), gestatte auch ich mir in diesem Zusammenhang, den Rechnungshof in Frage zu stellen! (Bundesrat Manfred Gruber: Gibt es in diesem Haus einen Prä­sidenten?) Wenn der Rechnungshof bei einem derzeit so sensiblen Beschaffungs­prozess wie dem Abfangjägerkauf nicht jederzeit begleitend aussagefähig ist, besteht aus meiner Sicht für den Rechnungshof genauso Reformbedarf wie für den Bundesrat! (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)


Bundesrat
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Zum Abschluss, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPÖ-Fraktion! (Bun­desrat Manfred Gruber: Herr Kollege! Koralmtunnel! Den Koralmtunnel haben Sie noch nicht erwähnt!) Ich finde, dass das Abstimmungsverhalten in der letzten Bundes­ratssitzung völlig in Ordnung war. Der Bundesrat ist nicht der „Wurmfortsatz“ des Na­tionalrates, und er muss (Beifall bei den Freiheitlichen sowie demonstrativer Beifall bei der SPÖ) als Zweite Kammer die Möglichkeit haben, eigene Meinungen deutlich und klar zu vertreten! (Bundesrätin Schicker: Ab heute!) – Ich danke für die Aufmerk­samkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

10.43

 


Präsident Hans Ager: Herr Kollege Klamt! Sie sind auch einmal Präsident gewesen, sind auch einmal als neuer Präsident hier auf diesem Platz gesessen. Ich empfinde es als Missachtung des Präsidiums und des Präsidenten, die Wortmeldung dermaßen auszuweiten, wenn es keine Debatte gibt.

Ich erteile Ihnen deshalb einen Ordnungsruf. Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Bun­des­rat Ing. Klamt nickt.) – Danke schön.

Als Nächster ist Herr Bundesrat Gasteiger zur Geschäftsordnung – keine Debatte! (Bundesrat Gasteiger: Ich verspreche es!) – zu Wort gemeldet.

 


10.43

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Kurz zwei Dinge zur Geschäftsordnung.

Ich muss feststellen, dass der Koalitionsfriede hier im Bundesrat offensichtlich nicht so gut ist, wie es oftmals dargestellt wird. – Herr Kollege Klamt, wenn Sie schon Probleme mit Ihrem Koalitionspartner haben, machen Sie sich das woanders aus, aber nicht hier im Bundesratsplenum!

Zweitens muss ich feststellen: Sie als ehemaliger Präsident (Bundesrätin Dr. Ka­novsky-Wintermann: ... Geschäftsordnung ...!) missachten das Abstimmungsverhält­nis, missachten die Geschäftsordnung. Ich finde das einfach skandalös!

Und drittens, Herr Präsident (Rufe bei der ÖVP: Zur Geschäftsordnung!), an Sie als „gestandenen“ Tiroler, der Freiheit, Demokratie, Oppositionsrechte immer so lobt: Las­sen Sie die Debatte zu! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.44

 


Präsident Hans Ager: Herr Kollege! Wir haben über die Frage, ob es eine Debatte gibt oder nicht, abgestimmt, und zwar ordnungsgemäß abgestimmt. Wir haben genau gesehen, dass es dafür keine Mehrheit gegeben hat! (Bundesrat Konecny: Zur Ge­schäftsordnung!) Es gibt darüber keine zweite Abstimmung. (Bundesrat Manfred Gruber: Kollege Klamt ... Debatte vorweggenommen!) Das nehme ich so nicht zur Kenntnis.

Zur Geschäftsordnung: Herr Kollege Konecny.

 


10.45

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent! Ich habe einen erneuten Antrag auf Abwicklung einer Debatte gestellt. Sie haben es zugelassen. Ich will das gar nicht werten, dass eine Debatte bereits stattgefunden hat, halte es aber für ein selbstverständliches Gesetz parlamentarischer Fairness, dass zu politischen Standpunkten in einer Debatte Stellung genommen werden kann, und zwar von allen drei anderen Fraktionen – die freiheitliche Fraktion hat bereits eine Stel­lungnahme abgegeben, wenn auch um den Preis eines Ordnungsrufes!


Bundesrat
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Da es der freiheitlichen Fraktion offenbar wichtig ist, eine inhaltliche Debatte zu führen, kann ich am Ausgang dieser Abstimmung keine Zweifel hegen. Ich ersuche Sie daher dringend, Herr Präsident, diese Abstimmung zu ermöglichen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.46

 


Präsident Hans Ager: Zur Geschäftsordnung hat sich Bundesrat Schennach ge­meldet.

 


10.46

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Sie haben vorhin eine Abstimmung durchführen lassen, ohne auf meinen Wunsch einzugehen, dass der Einspruch einer Fraktion allen hier im Hohen Haus zur Kenntnis gebracht wird. Ich ersuche Sie daher, erstens den Einspruch hier zur Kenntnis zu bringen und dann die Abstimmung vorzunehmen, ob es zu einer Debatte kommt oder nicht. Es ist eine unmögliche Situation, dass nicht alle politischen Parteien hier den Einspruch kennen. Sie haben diese Abstimmung vorher durchführen lassen!

Ich verstehe zweitens, Herr Präsident, Ihre unterschiedliche Art von Toleranz nicht! So lassen Sie es etwa zu, dass Ihr Koalitionspartner hier – wahrscheinlich aus Gründen des Koalitionsfriedens, um noch irgendetwas zu kitten, was kaum zu kitten ist – eine Rede hält, die nichts mit der Geschäftsordnung zu tun hat. Da üben Sie große Tole­ranz! Aber wenn es darum geht, Minderheitenrechte hier im Haus zu wahren, haben Sie keine Toleranz. Sie haben ja nicht einmal die Abstimmung ausgezählt feststellen lassen.

Also, ich ersuche Sie dringend, erstens ... (Bundesrat Bieringer: Er hat keinen Antrag gestellt! – Bundesrat Konecny: Selbstverständlich!) – Ich habe in meiner ersten Wort­meldung, Herr Kollege Bieringer, den Antrag gestellt, den begründeten Einspruch vor­her zu kennen (Bundesrat Mag. Himmer: Das ist ein völliger Unsinn, was Sie da re­den!), damit man nachher auch wirklich abstimmen kann. (Bundesrat Mag. Himmer: Es gibt keine Geschäftsordnung à la Schennach!) – Herr Kollege! Es wird wahrschein­lich auch für Sie interessant werden, denn vermutlich wissen Sie gar nicht, worüber Sie abgestimmt haben! (Bundesrat Mag. Himmer: Das glauben Sie!) – Ja, das glaube ich! (Bundesrat Mag. Himmer: Das ist eine Ungeheuerlichkeit! – Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, wenn Sie den Einspruch kennen, ist das wunderbar! Herr Kollege Himmer wird uns den Einspruch der Sozialdemokratischen Partei hier erklären. Dann können wir ja gleich feststellen, wieweit er darüber Kenntnisse hat.

Aber ich ersuche trotzdem – ich verzichte auf Kollegen Himmer –, dass das der Herr Präsident macht. – Danke. (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum und bei der SPÖ.)

10.48

 


Präsident Hans Ager: Zu Wort gemeldet ist nun Bundesrat Weiss.

 


10.48

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Prä­sident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben ohne Frage eine lebhafte Diskussion, offenkundig aber weniger lebhaftes Nachdenken, weil wir doch einige Dinge miteinander vermischen.

Zunächst einmal werden die Einwendungen thematisiert, die die sozialdemokratische Bundesratsfraktion gegen das Amtliche Protokoll der letzten Sitzung vorgebracht hat. Herr Kollege Schennach hat – was ich verstehe – Informationsbedürfnis artikuliert. Er möchte gerne den Inhalt der Einwendungen kennen, auf die sich der Herr Präsident zu Beginn der Sitzung ablehnend bezogen hat. Das verstehe ich.


Bundesrat
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Nicht verstehe ich aber, eine Abstimmung von der Kenntnis dieser Einwendungen ab­hängig zu machen, denn in § 64 der Geschäftsordnung ist ganz klar geregelt, dass der Präsident über Einwendungen gegen das Amtliche Protokoll selbst entscheidet, ohne Debatte und ohne Abstimmung im Plenum, und das vor der Sitzung! Das hat er getan, und er hat auch begründet, warum er es getan hat. Man mag anderer Meinung sein, aber man kann, wenn man auf dem Boden der Geschäftsordnung bleiben will, die Rechtmäßigkeit des Vorganges, nämlich den Umgang mit diesen Einwendungen, nicht in Zweifel ziehen, weil ganz klar in der Geschäftsordnung verankert ist: Zu Einwen­dun­gen gegen das Amtliche Protokoll gibt es keine Debatte, gibt es keine Abstimmung. – Das ist das eine.

Das Zweite sind die Einwendungen gegen die Tagesordnung, die nicht, was auch mög­lich wäre, mit einem konkreten Antrag, etwas auf die Tagesordnung zu setzen, ver­bunden waren. Ich verstehe auch warum, denn ein rechtliches Nullum kann man nicht zum Gegenstand der Tagesordnung machen. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich frage Sie: Was hätte der Herr Präsident auf die Tagesordnung setzen sollen? Einen Antrag eines Ausschusses, den es nicht gibt, einen sonstigen Antrag, den es auch nicht gibt? (Bundesrat Konecny: Den es gäbe!) Man muss davon wieder die Frage trennen, ob das Beschlussrecht des Bundesrates durch Nichtbeschluss konsumiert sein kann; das ist aber eine andere Frage. Heute geht es lediglich darum, über die Ein­wendung zu entscheiden, der Herr Präsident hätte etwas auf die Tagesordnung setzen sollen. Ich sage dazu: Er konnte gar nichts auf die Tagesordnung setzen, weil rechtlich letztlich nichts vorlag.

Ich sage ganz offen, das ist durchaus eine interessante Debatte, die man führen kann, aber ich wundere mich schon, dass man glaubt, auf diesem Weg, der eigentlich in der Geschäftsordnung ganz klar vorgezeichnet ist, zu einem anderen Ergebnis als der Herr Präsident kommen zu können. (Beifall bei der ÖVP.)

10.52

 


Präsident Hans Ager: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Professor Konecny. – Bitte.

 


10.52

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent! Wir haben eine eigenartige Situation: Wir führen eine Debatte, nachdem nach Ihrer Meinung die Mehrheit des Bundesrates beschlossen hat, keine Debatte zu füh­ren. Wir sagen alle, dass wir zur Geschäftsordnung reden – und es war nicht Kollege Klamt allein, der das, sagen wir einmal, weitherzig interpretiert hat. Ich verzichte auch darauf, Herr Präsident, meine Ausführungen mit der Feststellung: „Ich bin am Wort“ einzuleiten. (Heiterkeit.) Das war genial, Herr Kollege Klamt! Das war sozusagen die körperliche Außerkraftsetzung der Geschäftsordnung.

Ich darf aber in aller Bescheidenheit daran erinnern, dass ich eine Einwendung gegen die Tagesordnung erhoben habe. Irgendwann sollte man über einen Geschäfts­ord­nungsantrag eigentlich auch abstimmen. Ich kann die Rechtsmeinung des Herrn Vize­präsidenten Weiss – Klammer auf: naturgemäß! Klammer geschlossen – nicht teilen, und ich sehe es als außerordentlich unergiebig an, wenn vom Fraktionsvorsitzenden der ÖVP der mündliche Zögernitz gegen den schriftlichen Zögernitz ins Feld geführt wird. (Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.) Er ist noch anwesend. Ich sage ganz offen: Ich halte den hochgradigen Juristen Zögernitz für ungleich glaubwürdiger als den ÖVP-Klubdirektor. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Beim Tarockieren sagt man: Was liegt, das pickt! Und geschrieben hat er es. (Bun­des­rat Steinbichler: ... hineininterpretieren! Das sind Sie!) – Aber lieber Kollege, ich inter­pretiere überhaupt nichts hinein! Falls Sie die Geschäftsordnung schon einmal in der


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Hand hatten, rate ich Ihnen: Lesen Sie sie noch einmal! (Bundesrat Steinbichler: Ge­gen welche Tagesordnung haben Sie berufen?) Herr Kollege Zögernitz hat aus nahe liegenden politischen Bedürfnissen – ich habe ja Verständnis dafür, für Sie nicht, aber für Kollegen Zögernitz habe ich Verständnis – in einer klaren politischen Notwendigkeit sich selber interpretiert.

Ich bin ja kein Unmensch und sage nicht, das darf man nicht. Wenn man im Neben­beruf ÖVP-Klubdirektor ist, dann wird man an den eigenen wissenschaftlichen Arbeiten ja noch ein bisschen herumfeilen dürfen. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Wie gesagt: kolle­giales Verständnis dafür – nicht als Klubdirektor, aber als jemand, der auch schon ein­mal in die Situation gekommen ist, sich umzuinterpretieren! Damit habe ich kein Prob­lem.

Herr Präsident! Im Widerspruch zu Herrn Vizepräsidenten Weiss ... (Bundesrat Stein­bichler – Herrn Bundesrat Boden eine A3-Kopie überreichend –: Bitte sehr! Lesen! „Kann“ steht da!) – Natürlich „kann“, müssen tut er nicht! (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Herr Kollege, bevor Sie sich in juridischen Fragen exponieren, würde ich bitten, den Rat des Herrn Fraktionsvorsitzenden oder des Herrn Vizepräsidenten in Anspruch zu nehmen: „Kann“ ist genau das, worum es geht! (Bundesrat Steinbichler: Wunderbar!) Darüber diskutieren wir jetzt seit geraumer Zeit. Wenn Sie es nach 55 Minuten schon erkannt haben, dann gratuliere ich Ihnen. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Ich komme zurück: Ich bin nicht der Meinung des Herrn Vizepräsidenten Weiss, dass es hier um ein Nullum geht. Ich bin auch nicht seiner Meinung, dass kein entsprechen­der Antrag mit meiner Einwendung verbunden ist. Ich wiederhole: Der Antrag oder das Er­suchen, das Begehren der sozialdemokratischen Bundesräte, diese Sondersitzung abzuhalten, geschah mit dem Ziel – und das ist schriftlich in unserem Begehren, unter­schrieben von 21 Mitgliedern des Bundesrates, festgehalten; das liegt in irgendeinem Ordner der Bundesratskanzlei und kann von jedem eingesehen werden, auch von der grünen Gruppe, wenn man nachfragt – einer neuerlichen Behandlung des Budgetbe­gleit­gesetzes.

Gestützt auf seine Rechtsmeinung – ich kritisiere das jetzt nicht! – hat der Herr Prä­sident ... (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.) – Bitte, Herr Kollege, seien Sie so lieb und versuchen Sie ein bisschen bei der Geschäftsordnungsdebatte zu bleiben. Wir bieten Ihnen nachher noch Dringliche, da können Sie Ihr urtümliches Schimpfen gerne ausleben.

Ich glaube, dass es zulässig ist, dass der Herr Präsident meint, dem auf Grund der Ta­gesordnung nicht Rechnung tragen zu können. Aber es ist ebenso zulässig, dass der Bundesrat – und darum ersuche ich jetzt endlich um Abstimmung – durch seinen Beschluss festhält, dass der ursprüngliche, von 21 Bundesräten verlangte Tagesord­nungsentwurf zur Anwendung kommt.

Es verlangt die Geschäftsordnung, dass wir einer von uns verlangten Sondersitzung einen Inhalt geben. Das haben wir getan. Das ist kein freundlicher Vorschlag, sondern ein durch die Geschäftsordnung gedecktes Begehr. Ich ersuche, durch Beschluss des Bundesrates den Zustand herzustellen, dass diese Sondersitzung mit der beantragten Tagesordnung stattfindet. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.58

 


Präsident Hans Ager: Danke schön, Herr Professor.

Zu Ihrer Wortmeldung möchte ich Folgendes sagen: Das Verfahren der Verhandlung des Gegenstandes Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 11. Juni 2003 betreffend Budgetbegleitgesetz 2003 wurde mit den beiden ohne Mehrheit gebliebenen Abstim­mungen in der 698. Sitzung des Bundesrates am 23. Juni 2003 beendet.


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Ein neuerlicher Eintritt in das Verfahren beziehungsweise eine Wiederaufnahme der Verhandlung über den gegenständlichen Gesetzesbeschluss des Nationalrates ist da­her nicht zulässig. (Bundesrat Konecny: Zur Geschäftsordnung!) Ich weise deshalb die von Herrn Bundesrat Professor Konecny erhobene Einwendung als nicht zulässig zurück und werde daher auch keine Abstimmung durchführen. Wir haben schon ab­gestimmt und das ist abgeschlossen. – Bitte, Herr Kollege.

 


10.59

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Ich weiß nicht, worüber Sie meinen, dass wir abgestimmt haben. Wir haben darüber abge­stimmt, und zwar nach Ihrer Auffassung negativ, ob wir das, was wir seither eine Stunde debattieren, debattieren sollen. Diese kleine Inkorrektheit will ich gar nicht rügen. Herr Präsident, ich sage noch einmal, dass Ihre Rechtsauffassung eine denk­mögliche ist. Ich kritisiere nicht, dass Sie sie haben, aber ich kritisiere in aller Schärfe, dass Sie diese Rechtsauffassung zur Grundlage der Tatsache machen, über eine Ein­wendung hier im Haus nicht abstimmen zu lassen.

Die Auffassung, dass der Bundesrat konsumiert oder, wie Kollege Bieringer in einer Art Psychotherapie der freiheitlichen Bundesräte gesagt hat, sich verschwiegen hat – eine Rechtsmeinung, der sich Prof. Böhm, der näher am psychotherapeutischen Gegen­stand dran ist, angeschlossen hat –, meine Damen und Herren, das ist keine aus­rei­chende Grundlage. Ich darf dem Herrn Präsidenten nochmals, trotz der hier zitierten mündlichen Abweichung des Kollegen Zögernitz – immer noch da?, Sie warten, wie das ausgeht, gell? (Heiterkeit) –, diese an Eindeutigkeit nicht zu überbietende Unter­lage, die ich nochmals zitieren werde, überreichen:

„Fasst der Bundesrat bei der Verhandlung über einen Gesetzesbeschluss des Na­tional­rates weder den Beschluss, einen Einspruch zu erheben, noch den Beschluss, keinen Einspruch zu erheben, kann er – da einer solchen Vorgangsweise weder Be­stimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes noch der Geschäftsordnung entgegen­stehen – innerhalb der Frist von 8 Wochen denselben Gesetzesbeschluss neuerlich in Verhandlung ziehen und einen der obgenannten Beschlüsse fassen.“

Herr Präsident! Ich darf Sie ersuchen, sich diesen Formulierungen gemäß zu verhal­ten. (Abg. Konecny überreicht Präsident Ager ein Papier, auf dem die von ihm zitierte Passage abgedruckt ist. – Die übrigen Bundesräte der SPÖ begeben sich ebenfalls zum Präsidenten und überreichen diesem auch je einen solchen Zettel.)

 


Präsident Hans Ager: Danke schön.

Nachdem ich jetzt ein ganzes Konvolut bekommen habe, unterbreche ich die Sitzung für eine Präsidiale.

(Die Sitzung wird um 11.02 Uhr unterbrochen und um 12.09 Uhr wieder aufge­nom­men.)

 


Präsident Hans Ager: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich halte fest, dass das Gesetzgebungsverfahren im Bundesrat über den Gesetzes­be­schluss des Nationalrates vom 11. Juni 2003 betreffend Budgetbegleitgesetz 2003 ab­ge­schlossen ist und ich daher der von Professor Konecny erhobenen Einwendung gegen die Tagesordnung nicht beitreten kann.

Nach Beratung der Präsidialkonferenz werde ich aber über die von Professor Konecny erhobene Einwendung gegen die Tagesordnung auf Behandlung des Gesetzesbe­schlus­ses des Nationalrates vom 11. Juni 2003 betreffend Budgetbegleitgesetz 2003 sofort abstimmen lassen.


Bundesrat
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Hiefür ist namentliche Abstimmung verlangt worden – auch dem haben wir statt­ge­geben. Ich gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit „Ja“ oder „Nein“. Ich bitte um eine deutliche Stimmabgabe. (Ruf: Böhm zur Geschäftsordnung! – Bundesrat Konecny: Nach Einge­hen in den Abstimmungsvorgang geht das nicht! – Bundesrat Dr. Böhm: Es war aber angemeldet!) – Wir stimmen jetzt ab.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Kainz und den Schriftführer Hager ge­ben die Bundesrätinnen und Bundesräte mündlich ihr Abstimmungsverhalten bekannt.)

 


Präsident Hans Ager: Ich gebe nunmehr das Abstimmungsergebnis bekannt: „Ja“-Stimmen: 24, „Nein“-Stimmen: 34.

Der Antrag auf Zustimmung zur Einwendung ist somit abgelehnt.

Mit „Ja“ stimmten folgende Bundesrätinnen und Bundesräte:

Auer, Bachner, Binna, Boden, Ebner, Gasteiger, Giefing, Gruber Manfred, Gudenus, Haselbach, Hlavac, Kainz, Kaltenbacher, Kerschbaum, Konecny, Kraml, Molzbichler, Reisenberger, Schennach, Schicker, Schlaffer, Stadler, Todt, Winter.

Mit „Nein“ stimmten folgende Bundesrätinnen und Bundesräte:

Ager, Bader, Bieringer, Böhm, Bogensperger, Diesner-Wais, Fasching, Fröhlich, Gansterer, Giesinger, Gruber Franz, Hagen, Haller, Himmer, Höfinger, Hösele, Kanovsky-Wintermann, Klamt, Kneifel, Kritzinger, Kühnel, Liechtenstein, Nittmann, Pühringer, Roth-Halvax, Saller, Schnider, Steinbichler, Tusek, Weilharter, Weiss, Wimmler, Wolfinger, Zwazl.

*****

Professor Böhm hat sich zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet.


12.18

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Es ist zwar nach vollzogener Abstimmung vielleicht nicht mehr sinnvoll, zur Geschäfts­ord­nung zu sprechen, es geht mir aber um die Klarlegung der Motivation des Abstim­mungsverhaltens meiner Fraktion. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesrat Konecny: Das ist keine Geschäftsordnungsfrage gewesen! Sie haben dafür gestimmt, dass es keine Debatte gibt!) – Ich wurde vorhin daran gehindert! (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Bin ich jetzt am Wort?

 


Präsident Hans Ager: Sie sind am Wort, zur Geschäftsordnung.

 


Bundesrat Dr. Peter Böhm (fortsetzend): Ich sage offen, dass ich grundsätzliche geschäftsordnungsmäßige Bedenken gegen die Abstimmung als solche gehabt habe, weil ich auf dem Standpunkt stehe, dass es keine Tagesordnung gab, gegen die Einwendungen hätten erhoben werden können.

Ich habe mich aber einerseits im Hinblick auf die ausdrückliche Formulierung im Ge­schäftsordnungsgesetz, dass über Einwendungen abzustimmen ist, andererseits auch aus Gründen der Fairness, aber vor allem im Hinblick auf das in der letzten Sitzung abweichende Abstimmungsverhalten meiner Fraktionskollegen, die nicht den Eindruck erwecken wollten, dass sie sich heute einer neuerlichen politischen Sachdebatte ent­ziehen, der Meinung angeschlossen, dass darüber abzustimmen ist.


Bundesrat
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Meine Fraktion hat sich aber weitestgehend meiner schon vorher geschäfts­ordnungs­mäßig dargelegten Ausführung angeschlossen, dass die Aufnahme eines schon erle­digten Tagesordnungspunktes einer früheren Plenarsitzung in die Tagesordnung einer neuen Sitzung rechtlich nicht möglich ist, und sie hat daher aus diesem Grund den Ein­wendungsantrag abgelehnt. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.20

 


Präsident Hans Ager: Danke schön. (Bundesrat Dr. Nittmann: Ich habe mich auch zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet!)

Wir haben in der Präsidiale vereinbart, dass es keine Wortmeldungen zur Geschäfts­ord­nung mehr geben soll. Ich habe jetzt eine zugelassen und würde Sie bitten, dass wir im Programm fortfahren.

Bitte zur Geschäftsordnung, ganz kurz: Dr. Nittmann. – Sie wissen, was das heißt.

 


12.21

Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann (Freiheitliche, Oberösterreich) (zur Geschäfts­behandlung): Ich wollte nur sagen, dass ich es außerordentlich bedauere, dass dem Antrag auf Diskussionsführung keine Mehrheit zuteil wurde. Für uns Freiheitliche ist die Sache schon vor der Abstimmung insofern erledigt gewesen, als wir bei der letzten Sit­zung des Bundesrates in Richtung ÖVP ein Zeichen setzen wollten. Ich hoffe, dieses Zeichen wurde verstanden.

Wenn die Harmonisierung der Pensionssysteme bis Ende dieses Jahres nicht spruch­reif ist, dann kann sich der Nationalrat, was die freiheitliche Bundesratsfraktion be­trifft ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

12.21

 


Präsident Hans Ager: Herr Kollege, nur zur Geschäftsordnung, bitte! Kommen Sie zum Schluss! – Danke.

Ich komme zu den geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen.

Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Hans Ager: Eingelangt ist ein Schreiben des Bundeskanzleramtes betref­fend eine Ministervertretung. Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieses Schrei­bens.

 


Schriftführer Christoph Hagen:

„Bundeskanzleramt

An den Präsidenten des Bundesrates

Parlament, 1017 Wien

Der Herr Bundespräsident hat mit 4. Juli 2003, Zl. 300.100/30-BEV/03, folgende Ent­schließung gefasst:

Auf Vorschlag des Bundeskanzlers betraue ich für die Dauer der Verhinderung des Bun­desministers für Inneres Dr. Ernst Strasser innerhalb des Zeitraumes vom 10. bis 14. Juli 2003 den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Was­serwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll mit der Vertretung.

Hievon beehre ich mich mit dem Ersuchen um gefällige Kenntnisnahme Mitteilung zu machen.“

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
699. Sitzung / Seite 22

Präsident Hans Ager: Eingelangt ist weiters die Anfragebeantwortung 1899/AB, die dem Anfragesteller übermittelt wurde.

Die Anfragebeantwortung wurde vervielfältigt und ist bereits allen Mitgliedern des Bun­desrates zugegangen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die im Saal verteilte Liste der eingelangten Anfragebeantwortungen.

Ich gebe überdies bekannt, dass ein Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Nomi­nierung eines Mitgliedes des Ausschusses der Regionen gemäß Artikel 23c Abs. 4 B-VG eingelangt ist.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieses Schreibens.

 


Schriftführer Christoph Hagen:

„An den Präsidenten des Bundesrates

Herrn Hans Ager

Parlament, 1017 Wien

„Sehr geehrter Herr Präsident!

Nach dem Ausscheiden von Herrn Bürgermeister a.D. Alfred Stingl als Mitglied im Aus­schuss der Regionen war für die verbleibende Amtsperiode bis 2006 ein Nachfolger zu ernennen.

Gemäß Artikel 23c Abs. 5 B-VG kann ich Ihnen mitteilen, dass die Bundesregierung bei ihrer Sitzung vom 1. Juli 2003 beschlossen hat, aufgrund eines gemäß Artikel 23c Abs. 4 B-VG erfolgten Vorschlages des Österreichischen Städtebundes Herrn Bürger­meister Dr. Heinz Schaden als Mitglied des Ausschusses der Regionen zu nominieren.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Schüssel“

 


Präsident Hans Ager: Danke.

Ferner eingelangt sind zwei Beschlüsse des Nationalrates vom 8. Juli 2003 über ein Bundesgesetz betreffend Verwertung der Bundeswohnbaugesellschaften und ein Bun­desgesetz über österreichische Beiträge zu internationalen Finanzinstitutionen (IFI-Bei­tragsgesetz 2003).

Diese Beschlüsse unterliegen im Sinne des Artikels 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwir­kungsrecht des Bundesrates. Eine weitere geschäftsordnungsmäßige Behandlung der vorliegenden Beschlüsse durch den Bundesrat ist daher nicht vorgesehen.

Eingelangt sind ein Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gemäß § 44 UVP-G 2000 über die Vollziehung der Umwelt­verträglichkeitsprüfung und ein Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2002).

Ich habe diese Berichte dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft beziehungsweise dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur weiteren geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zugewiesen.

Eingelangt sind auch Beschlüsse des Nationalrates vom 8. Juli 2003, und zwar:

ein Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 2003 erlassen wird und die Gewerbeordnung 1994, das Arbeitsruhegesetz und das Sonn- und Feiertags-Betriebs­zeitengesetz geändert werden,


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
699. Sitzung / Seite 23

ein Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz, das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 und das Bäckereiarbeiter/in­nengesetz 1996 geändert werden,

ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 geändert wird,

eine Musterschutzgesetz-Novelle 2003,

Vorbehalt der Republik Österreich zu Anhang III des Übereinkommens über den inter­nationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen,

ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert wird,

ein Übereinkommen über die Errichtung des Joint Vienna Institute,

ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Immobilienfonds (Immobilien-In­vest­mentfondsgesetz – ImmolnvFG) erlassen und mit dem das Bankwesengesetz, das Investmentfondsgesetz 1993, das Kapitalmarktgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz, das Pensionskassengesetz, das Finanz­marktaufsichtsbehördengesetz, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Körper­schaftsteuergesetz 1988 geändert werden,

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik der Philippinen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen,

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Malta über die För­derung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen,

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Großen Sozialistischen Libysch-Arabischen Volk-Dschamahirija über die Förderung und den Schutz von Investitionen,

ein Abkommen zwischen Österreich und Belize auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kommen und vom Vermögen,

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Marokko zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen,

eine UIG-Novelle 2003,

ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Armenien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll,

ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Kuwait zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Belebung der wirtschaftlichen Beziehungen samt Protokoll,

ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Islamischen Republik Iran zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Ge­biete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen,

eine Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Steier­mark zur Errichtung und zum Betrieb eines Nationalparks Gesäuse,

ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Aserbaidschan über gegenseitige Amtshilfe und Zusammenarbeit in Zoll­sachen,


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
699. Sitzung / Seite 24

ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 und das Wasserbauten­förderungsgesetz 1985 geändert werden sowie das Hydrografiegesetz aufgehoben wird,

Agrarrechtsänderungsgesetz 2003,

ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz – LLDG 1985 geändert wird,

ein Übereinkommen zur Gründung der Internationalen Organisation für Rebe und Wein samt Note und

ein Bundesgesetz, mit dem das Weingesetz 1999 geändert wird.

Ich habe diese Beschlüsse den in Betracht kommenden Ausschüssen zur Vorberatung zugewiesen. Soweit die Ausschüsse ihre Vorberatungen darüber abschließen, werden sie Gegenstand der nächsten, also der 700. Sitzung des Bundesrates am 24. Juli 2003 sein.

Ankündigung von Dringlichen Anfragen

 


Präsident Hans Ager: Ich gebe bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schrift­lichen Anfrage der Bundesräte Hedda Kainz, Kolleginnen und Kollegen betreffend kein Ausverkauf der VOEST-Alpine an den Herrn Bundesminister für Finanzen vorliegt.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung dieser dringlichen Anfrage an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus. (Bun­desrat Konecny: 14 Uhr, Herr Präsident!) – Da haben wir eine Änderung: Die dring­liche Anfrage wird um 14 Uhr zur Behandlung aufgerufen. Der Finanzminister ist um 14 Uhr hier; die Zustimmung des Finanzministers haben wir.

Weiters gebe ich bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Ge­schäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen An­frage der Bundesräte Professor Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betref­fend falsche Grundsatzentscheidung bei der Ausschreibung der Abfangjäger, volle Trans­parenz über den Vertragsinhalt, Konsequenzen der vorzeitigen Unterschrifts­leis­tung und Offenlegung aller Gutachten an den Herrn Bundesminister für Landes­ver­tei­digung vorliegt.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung dieser dringlichen Anfrage an den Schluss der Sitzung, sie wird im unmittelbaren Anschluss an die Behandlung der dringlichen Anfrage an den Herrn Bundesminister für Finanzen aufgerufen werden.

Ich unterbreche die Sitzung bis 14 Uhr.

(Die Sitzung wird um 12.33 Uhr unterbrochen und um 14.04 Uhr wieder aufge­nom­men.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Meine Damen und Herren! Wir nehmen die unterbrochene Sitzung wieder auf.


Bundesrat
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699. Sitzung / Seite 25

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Hedda Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend kein Ausverkauf der VOEST-ALPINE (2077/J-BR/03)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die dringliche Anfrage der Bundesräte Hedda Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Herrn Bundesminister für Finanzen. (Auf den Bänken der SPÖ-Bundesräte stehen kleine Tafeln mit folgender Aufschrift: „KH geh!“)

Da diese Anfrage inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Frau Bundesrätin Kainz als erster Anfragestellerin zur Begründung der Anfrage das Wort. – Bitte.

 


14.05

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Es tut mir sehr Leid, dass der Landeshauptmann von Oberösterreich – nachdem angekündigt wurde, dass er an dieser Debatte sein Interesse bekunden wird (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler) – noch nicht anwesend beziehungsweise nicht anwesend ist. Ich hätte im Hinblick auf den Antrag, der im Oberösterreichischen Landtag ohne die Stimmen der ÖVP beschlossen wurde, heute sein Interesse gerne interpretiert oder zur Kenntnis genommen. Da der Herr Landeshauptmann aber, wie schon gesagt, nicht hier ist, darf ich meine Worte an Sie richten.

Wir haben heute eine dringliche Anfrage an den Herrn Bundesminister für Finanzen for­muliert, die sich in erster Linie mit dem Ausverkauf – ich möchte bei diesem Schlag­wort bleiben – der voest, der voestalpine, beschäftigt. Wir hoffen, dass der Herr Bun­des­minister die Fragen beantwortet, wobei ich eingangs jedoch gleich darauf hin­weisen möchte, dass die voest nur die Spitze eines Eisberges darstellt.

Die ÖVP-FPÖ-Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren alles daran gesetzt, so viel Staatseigentum wie möglich zu „verscherbeln“. Sie hat dabei wiederholt in Kauf genommen, dass Arbeitsplätze verloren gingen und Volksvermögen vernichtet wurde. Die Regierung will offensichtlich ihr Credo „mehr privat, weniger Staat“ wider jede wirtschaftliche Vernunft durchsetzen. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. Bundesrat Gasteiger: Red keinen Blödsinn, Steinbichler!) Die jüngst bekannt gewor­denen Geheimverhandlungen über einen Verkauf der voestalpine sind also nur ein Glied in einer langen Kette.

Ich darf Sie nur an die bereits abgewickelte Maßnahme bei der Telekom Austria erin­nern. Der Verkauf eines Viertels der Telekom Austria an der Börse wurde überhastet durchgeführt, und dabei wurden 1,4 Milliarden € verschleudert. Das Unternehmen war auf diesen Börsengang bei weitem noch nicht vorbereitet. Der Zeitpunkt war auf Grund der sinkenden Börsekurse völlig falsch. Hätte ein privater Unternehmer solche Maß­nah­men gesetzt, wäre er möglicherweise von seinen Kontrollorganen zur Rechen­schaft gezogen worden.

Die Folge dieser Maßnahme war, dass Tausende Kleinanleger dadurch finanzielle Ver­luste hinnehmen mussten. Als Folge dieses Börsengangs haben rund 5 000 Menschen ihren Arbeitsplatz verloren (Bundesrat Mag. Himmer: HVB-Aktien!), und das Unterneh­men muss massiv sparen. Investitionen – etwas, was für die Zukunft jedes Unterneh­mens unerlässlich ist – mussten zurückgestellt werden.

Zur Tabak Austria: Ich glaube, im Zusammenhang mit der ATW von einem totalen Flop zu sprechen, ist sicher nicht falsch. Das Unternehmen war bereits an der Wiener Börse


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699. Sitzung / Seite 26

notiert, dennoch wurde es ins Ausland verkauft und hat dadurch seine Unabhängigkeit verloren. Herr Finanzminister! Sie wissen sehr gut, dass noch im Jahr 2000 von der ATW umgerechnet 81 Millionen € Dividende und Ertragsteuer in Ihre Kassen geflossen sind. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.)

Nach dem Verkauf fließen diese Beträge, die da zu lukrieren sind, in die Kassen der Eigentümer – das ist ein Umstand, der bei solchen Transaktionen üblich ist –, der Staat jedoch geht leer aus. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. Bundesrat Gasteiger: Geh, Steinbichler, gib jetzt Ruhe!) – Auf die Zwischenrufe des Herrn Kollegen Steinbichler werde ich sicher in keiner Weise reagieren.

Meine Damen und Herren! Aber diesen angeführten Beispielen ist noch eine ganze Rei­he hinzuzufügen. Es sind über den Ladentisch gegangen – erlauben Sie mir ange­sichts eines durchaus nicht lockeren Umstandes diese lockere Formulierung –: die Liegenschaften der Bundesforste, in Oberösterreich zum Beispiel der Attersee, die PSK, Anteile am Flughafen Wien, das Dorotheum und die Österreichische Staats­druckerei. Bis zum Jahr 2006 stehen uns nach dem Willen der Regierung noch weitere geplante Verkäufe ins Haus, und zwar sollen die Post AG, die Austrian Airlines, die Böhler-Uddeholm, ÖMV und die voestalpine privatisiert werden.

Das ist aber noch nicht alles! Ich glaube, die großen Gefahren liegen darüber hinaus auch noch in dem Umstand, dass Teile der öffentlichen Infrastruktur privatisiert werden sollen, und auch die Privatisierungen, die sich jetzt im Bereich des Sozial-, Gesund­heits- und Bildungswesens zum Teil schon abspielen oder sich bereits ankündigen, stellen ganz massive Gefahren dar.

Meine Damen und Herren! Um all das bewerkstelligen zu können, war es natürlich notwendig, im Bereich der ÖIAG Umfärbeaktionen in personeller Hinsicht durch­zuführen. Der Herr Bundeskanzler hat gestern im ORF behauptet, dass das weniger Parteieinfluss im Bereich der österreichischen Industriepolitik bedeute. Ich behaupte jedoch, dass das nicht das Zurückziehen des Staates und der Parteipolitik aus der österreichischen Industriepolitik bedeutet, sondern das Zurückziehen aus der Verant­wortung im Bereich der österreichischen Industriepolitik. (Beifall bei der SPÖ.)

Dass es auch anders geht und andere Länder Vorgangsweisen wählen, die dem ent­gegenstehen, darf ich Ihnen nur anhand einiger weniger Beispiele erläutern. In Frank­reich gibt es starke Tendenzen dahin gehend, dass sich der Staat den Einfluss auf die Wirtschaft nicht aus der Hand nehmen lässt. Selbst die Schweiz, die sich zumindest nach außen hin sehr wenig in die wirtschaftlichen Vorgänge einmengt, nimmt Einfluss auf Transaktionen, die in der Wirtschaft, in der Industrie passieren.

Werfen wir einen Blick nach Bayern. Dort kann man wirklich nicht abstreiten, dass eine konservative Regierung am Werk ist, und auch dort begründet die Regierung ihre Un­ternehmensbeteiligung damit, dass es nicht nur das Recht, sondern geradezu die Verpflichtung des Staates ist, Standortinteressen im Wettbewerbgeschehen zu vertre­ten, soweit das bei Kapitalbeteiligungen überhaupt möglich ist. Und im Beteiligungs­bericht 1999 führt der Freistaat Bayern ganz konkret an, dass der größte Einzelaktionär des Mischkonzerns E.ON mit 108 000 Beschäftigten im Bereich der Energie, Chemie und Telekommunikation eben die bayrische Staatregierung ist.

Mit den Beteiligungen an der HypoVereinsbank, mit denen ein weiterer Einfluss auf die Wirtschaft genommen wird, ist ebenso der staatliche Einfluss gesichert. Baden-Württemberg zum Beispiel – dort gibt es ebenfalls eine konservative Landesre­gie­rung – besitzt über eine Beteiligungsholding und Banken zahlreiche Industrie- und Dienstleistungsunternehmen, wie zum Beispiel die Schwäbischen Hüttenwerke, die Südwestdeutschen Salzwerke oder die Energie Baden-Württemberg . Fast 40 Prozent


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699. Sitzung / Seite 27

der Landesbank Baden-Württemberg sind im Besitz der öffentlichen Hand, im Besitz des Landes.

Nächstes Beispiel: Niedersachsen. Über eine eigene Industrie- und Dienstleistungs­gesellschaft hält das Land Anteile an der Salzgitter AG und am Volkswagen-Konzern. Die Beteiligung am Volkswagen-Konzern wird zum Beispiel damit begründet: Die Volkswagen-AG ist mit der Konzernleitung und den Produktionsstandorten mit über 80 000 Arbeitnehmern der Abstand wichtigste Arbeitgeber in Niedersachsen – ein Um­stand, der auch in Österreich ganz wesentlich auf die Bundesländer Oberösterreich und die Steiermark im Zusammenhang mit der voestalpine zutrifft. Und in diese Rich­tung ging auch der Antrag, der im Oberösterreichischen Landtag gegen die Stimmen der ÖVP angenommen wurde

Ich darf jetzt wieder die Brücke schlagen zum Nein zum Verkauf und zur Zerschlagung der voestalpine. Den Landtagsbeschluss habe ich eben angeführt, und es hätte mich sehr interessiert, wie die Haltung des oberösterreichischen Landeshauptmannes aus­ge­sehen hätte, wenn er heute hier an der Debatte teilgenommen hätte. Auf der einen Seite gibt es den Widerstand der ÖVP im Landtag, auf der anderen Seite das inzwi­schen wahrscheinlich abgeflaute Interesse. Ich hätte ihm auch gern unser Nein zum Verkauf der voestalpine übermittelt, aber, wie gesagt, er hat sich dieser Debatte aus welchen Gründen auch immer entzogen, und das tut mir Leid. (Zwischenruf des Bun­desrates Bieringer.)

Es tut mir Leid, er ist jetzt nicht da. Ich bin jetzt am Wort, also muss ich heute ... (Zwi­schenruf des Bundesrates Steinbichler.) Ich habe nicht die Absicht, mit dem Herrn Lan­deshauptmann zu diesem Thema ein Privatissimum abzuführen. Ich bin jetzt am Rednerpult am Wort und bedauere es, seine Gegenwart vermissen zu müssen. (Bundesrat Gasteiger: Versteckt hat er sich, zu feig war er!)

Meine Damen und Herren! Die voestalpine braucht einen berechenbaren und ver­lässlichen Eigentümer. Das Schicksal von 250 000 Menschen hängt direkt oder indi­rekt – es sind ja auch die Zulieferfirmen betroffen – vom wirtschaftlichen Erfolg dieses Unternehmens ab, und dieser wirtschaftliche Erfolg und die damit zusammenhängen­den Interessen der Menschen dürfen nicht in Gefahr gebracht werden. Die derzeitige Eigentümerstruktur hat sich sehr zum Vorteil des Unternehmens und auch der be­troffenen Menschen ausgewirkt. Es zeigt sich, dass unter der derzeitigen Eigentümer­struktur der wirtschaftliche Erfolg für die Zukunft sichergestellt ist, vor allem wenn wir davon ausgehen, dass sich in den nächsten drei Jahren der Wert dieses Unterneh­mens verdoppeln wird.

Meine Damen und Herren! Wenn man solche Zahlen von allen Fachleuten bestätigt findet, dann erhebt sich ernsthaft die Frage, warum in der derzeitigen Situation ein Ver­kauf begründet ist.

Wie gesagt, ich muss noch einmal auf den Landtagsbeschluss zurückkommen, der fest­schreiben wollte, dass die ÖIAG für die voestalpine AG über eine Sperrminorität von 25 Prozent plus einer Aktie verfügen muss, um als Kernaktionär den staatlichen Einfluss auf dieses Unternehmen sicherzustellen.

Wenn der Herr Finanzminister vor einiger Zeit im Zusammenhang mit seiner Budget­politik und dem angepeilten Nulldefizit gesagt hat, bei ihm beginnt ein erfolgreicher Tag – wenn ich Sie jetzt frei zitieren darf – mit einem ausgeglichenen Budget, dann muss ich einmal feststellen, dass dieses ausgeglichene Budget und das angepeilte Null­defizit gar nicht erreichbar waren. So, wie sich das Budget nach meiner Ein­schätzung derzeit darstellt, wie sich die kommenden Budgets darstellen, ist dies nur mehr ein technisches Zahlenwerk, denn für mich bedeuten Budgets die politische Ver­antwortung für den Umgang mit den Staatsfinanzen. Ich frage mich, wie die Zukunft


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699. Sitzung / Seite 28

finanziert werden kann, wenn sich der Staat beim Budget aus der politischen Ver­antwortung zurückzieht, wie die Bedürfnisse des Staates, der nicht abstrakt ist, son­dern aus Menschen besteht, gedeckt werden können.

Wir stellen einen massiven Ausverkauf der österreichischen Betriebe fest, und ich fra­ge mich, wie Kaufkraft erhalten werden wird können, wenn in Zukunft der finanzielle Er­folg nicht mehr in die Staatskassen fließt, sondern ausländischen oder durchaus auch inländischen Konzernen zur Verfügung gestellt wird. Wir betreiben kaum mehr aktive Arbeitsmarktpolitik. Wo soll also die Kaufkraft der Menschen in diesem Land her­kommen, und wo sollen die Mittel zur Verfügung gestellt werden, die im Rahmen eines Budgets politisch verwaltet und verteilt werden können?

Wir haben gerade heute wieder die Diskussion – egal, ob in Kraft gesetzt oder noch nicht in Kraft gesetzt – um die Budgetbegleitgesetze erlebt. In diesen Budget­begleit­ge­setzen geht es um die finanziellen Möglichkeiten von Menschen, die im Rahmen ihres Lebensabends massive Kürzungen hinnehmen müssen, und damit tritt auch wieder ein ganz wesentlicher Kaufkraftverlust ein.

Ich frage mich wirklich, wo in Zukunft die Einkommen, die finanziellen Möglichkeiten herkommen sollen, um das zu tun, was meiner Meinung nach der Staat im Rahmen des Budgets tun muss, um die Lebenssituation der Menschen, die in diesem Staat le­ben, auch zu finanzieren.

Meine Damen und Herren! Wir werden Eurofighter bekommen. Wenn hier behauptet wird, dass im Zusammenhang mit den Eurofightern nicht nur Kosten entstehen, son­dern dass Gegengeschäfte einen gewissen Ausgleich bedeuten können, dann darf ich im Lichte dessen, was nach meiner Einschätzung – und nicht nur nach meiner, son­dern unterstützt von vielen Fachleuten – passieren wird, sagen, dass das, was wir jetzt durch den Ausverkauf der österreichischen Wirtschaft erleben müssen, dass diese an­gekündigten Gegengeschäfte, deren Zustandekommen wahrscheinlich nicht einmal si­cher ist, bestenfalls nur Peanuts sein können. (Zwischenruf des Bundesrates Stein­bichler.)

Meine Damen und Herren! Deshalb ist all diesen Maßnahmen, die den Ausverkauf der österreichischen Wirtschaft, den Rückzug aus der Verantwortung im öffentlichen Be­reich bedeuten, ganz entschieden entgegenzutreten; das betrifft die Gemeinwirt­schaft, die öffentliche Infrastruktur, all das, was ich bereits versucht habe, nur kurso­risch und in Schlagworten anzuführen. Wenn das bedeutet, dass sich der österrei­chi­sche Staat komplett aus seiner Verantwortung zurückzieht und nur mehr ein Budget zur Verfügung stellen kann, das aus technischen Maßnahmen besteht, so ist das meiner Meinung nach nicht das, was Verantwortung, politische Verantwortung bedeutet – und zwar nicht nur des Finanzministers. Ich weiß schon, dass der Finanzminister auch das zu exekutieren hat, was ihm in der Regierung an anderen Aufgaben übertragen wird.

Ich gehe aber davon aus, dass der Finanzminister in der Regierung derjenige ist, der Rat­schläge und Leitlinien zu erstellen hat, wie verantwortungsvoll mit Staatsfinanzen umzugehen und wie vor allem sicherzustellen ist, dass diese Finanzen auch in aus­reichendem Ausmaß vorhanden sind.

All diese Sorgen und Bedenken haben dazu geführt, heute an Sie, Herr Finanzminister, diese dringliche Anfrage zu stellen, und ich hoffe, dass Sie in der Beantwortung auch die Möglichkeit haben, diese Bedenken vielleicht in dem einen oder anderen Fall aus­zuräumen. Es wird nicht in jedem Fall gelingen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


14.23


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
699. Sitzung / Seite 29

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Meine Damen und Herren! Ich möchte die Kolleginnen und Kollegen von der linken Seite des Hauses ersuchen, die Schilder von den Pulten zu nehmen.

Herr Bundesminister, bitte.

 


14.23

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Sie verzeihen meine Stimme, sie ist ein wenig eingeschränkt, aber ich glaube, sie wird doch ausreichen, um all diese Fragen, die Sie aufgeworfen haben, erstens zu beantworten und Ihnen zweitens Ihre Sorgen, Frau Bundesrätin, zu nehmen, die Sie jetzt artikuliert haben.

Industriepolitik ist nichts anderes als Standortpolitik. Moderne Industriepolitik hat Standortpolitik zu sein, und es geht nicht ... (Bundesrat Gasteiger: Semperit!) – Semperit wurde, glaube ich, von Hannes Androsch verkauft, wenn ich es richtig sehe. Daher ist es gut, wenn Sie gleich das erste Beispiel eines Flops aus sozialde­mokra­tischer Zeit nennen. Wir machen es anders! Wir machen es besser, das darf ich Ihnen versichern. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Steinbichler: ...voest ...! – Bundesrat Gasteiger: ...! Weil du nicht weißt, dass es ein Blödsinn ist!)

Moderne Industriepolitik ist also sicherlich Standortpolitik. Meine Damen und Herren! Öffentliches Eigentum an Betrieben, die private Güter produzieren, ist aus unserer Sicht ganz klar überholt.

Der Bundesregierung wird von Ihrer Seite manchmal vorgeworfen, dass wir kein industriepolitisches Konzept hätten; Präsident Verzetnitsch hat das öfter gemacht. Meine Damen und Herren von der SPÖ! Ich habe das ernst genommen, und wir haben uns angesehen, wo es im klassischen Sinn tatsächlich noch industriepolitische Kon­zepte gibt.

Es ist sehr interessant: Man landet bei dirigistischen, bei planwirtschaftlich, bei sozialis­tisch geprägten Wirtschaftssystemen, bei denen man den Eindruck hat, eine Regierung muss sich offensichtlich darum kümmern, was Schlüsselindustrie ist, muss festlegen, welcher Wirtschaftssektor tatsächlich funktioniert, muss sich um Versorgungssicherheit kümmern.

Meine Damen und Herren! Eine solche Auffassung über politische Verantwortung im Sinne eines klassischen industriepolitischen Konzepts findet sich wirklich nur noch in Ent­wicklungsländern, in Volksrepubliken und offensichtlich bei der Opposition in Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir wissen, dass Politiker keine Entscheidung darüber treffen können, ob ein Unternehmen, ob eine Industrie Zukunft hat oder nicht. Wir le­ben im dritten Jahrtausend, in einer globalisierten Wirtschaft, in einer vernetzten Welt. Da entscheidet der Unternehmer, da entscheidet der Markt darüber, wer erfolg­reich sein wird oder nicht!

Es ist Ihnen vielleicht entgangen, aber wir sind seit nunmehr vielen Jahren Mitglied der Europäischen Union. Diese geht von einer Wirtschafts- und Währungsunion aus. Wir haben den Euro, wir reden von einem Binnenmarkt. Allein da zu differenzieren, was In­land und was Ausland in einem solchen Markt ist, der im nächsten Jahr ein Markt der 25 sein wird, ist wirklich ein Anachronismus, sodass ich Ihnen ganz grundlegend nur noch einmal sagen kann: Unser Ziel der Industriepolitik ist nichts anderes, als moderne Rahmenbedingungen zu schaffen, sodass Unternehmen nach Österreich kommen, weil sie wissen, dass unser Land ein attraktiver Wirtschaftsstandort, ein attraktiver Ar­beitsstandort ist, damit Investitionen in unser Land kommen und damit für mehr Be­schäftigung, für mehr Wertschöpfung, für mehr Wohlstand in Österreich gesorgt wird.


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Das ist uns bisher sehr, sehr gut gelungen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Manfred Gruber: Man merkt nichts! 300 000 Arbeitslose! Das ist Ihre „erfolgreiche“ Politik!)

Ich darf Ihnen sagen: Wir haben zurzeit Rekordbeschäftigung in Österreich (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), und wir sind, was die Arbeitslosigkeit betrifft ... (Bundesrat Gasteiger: Der glaubt noch, was er sagt!) Noch nie in der Geschichte der Republik Österreich hat es mehr Beschäftigte gegeben als zurzeit! (Bundesrat Manfred Gruber: Rekordarbeitslosigkeit haben wir! – Bundesrätin Bachner: Das sagen Sie den 300 000 Betroffenen!)

Sie haben Recht, die Arbeitslosigkeit ist auch uns zu hoch, aber, meine Damen und Herren, die Arbeitslosigkeit in Österreich ist die zweitniedrigste von 15 Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Auch daran sehen Sie, dass wir eine gute Politik machen. (Bundesrat Manfred Gruber: Aber mit der höchsten Steigerungsrate in Prozenten!)

Herr Bundesrat! Ich wollte Ihnen gerade ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Meine Damen und Herren! Sie haben alle gehört, dass die Stimme des Herrn Bundesministers nicht in Ordnung ist. Ich wür­de wirklich darum bitten, darauf Rücksicht zu nehmen. Das gilt für beide Seiten des Hauses. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger: Aber dann keinen Zynismus, bitte! – Bundesrat Manfred Gruber: Dann soll er keine ätzenden Bemerkungen machen!)

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser (fortsetzend): Danke viel­mals, Frau Präsidentin.

Hoher Bundesrat! Ich mache keine „ätzenden Bemerkungen“, ich versuche, Ihnen noch einige Fakten – auch historisch – zur Privatisierungspolitik, aufzulisten. Wenn Sie von Arbeitslosigkeit sprechen, dann kann ich Ihnen nicht die Daten aus einem Rechnungs­hofbericht ersparen.

Ich zitiere den Rechnungshof: Von 1981 bis 1990 mussten der verstaatlichten Industrie in Österreich 4,3 Milliarden € zugeschossen werden, das sind in etwa 59 000 Millionen Schilling. (Ruf bei der ÖVP: Wer war da Finanzminister?) – Ich glaube, es hat andere Finanzminister zu dieser Zeit gegeben, auch andere Bundeskanzler (Bundesrat Mag. Tusek: Hört, hört!) Nicht zuletzt deswegen ist es überraschend, dass im gleichen Zeitraum, meine Damen und Herren, mehr als 50 000 Arbeitsplätze verloren gegangen sind.

Daher: Wenn wir von Beschäftigung sprechen, dann sollten wir nicht vergessen, wel­che Historie es auch in Bezug auf verstaatlichte Politik und verstaatlichte Wirtschafts­politik in Österreich gegeben hat.

Das ist mit ein Punkt, bei dem ich zugute halte, dass Sie, ja wir alle in Österreich aus dieser Erfahrung gelernt haben. Es war unter der Führung eines sozialdemokratischen Bundeskanzlers und Finanzministers, dass allein zwischen 1993 und 1998 mehr als zehn Unternehmen zu 100 Prozent privatisiert worden sind. (Bundesrätin Kainz: Unter ganz anderen Rahmenbedingungen!)

Meine Damen und Herren! Ich würde hier gerne sagen, die Privatisierung in Österreich war unsere Erfindung, unsere Innovation. Das kann ich nicht, weil auch Sie aus den achtziger Jahren gelernt haben, dass Privatisierung etwas Gescheites ist. (Bundesrat Gasteiger: Nicht verscherbeln, Herr Minister! – Bundesrätin Bachner: Nicht Ausver­kauf! – Bundesrätin Schicker: Nicht um jeden Preis!)

Die Frage ist: Was ist Ausverkauf? Wenn Sie zwölf, 13 Unternehmen in den neunziger Jahren zu 100 Prozent verkauft haben (Bundesrätin Schlaffer: Austria Tabakwerke!), dann will ich nicht unterstellen, dass es für Sie einen Unterschied macht, wer der


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699. Sitzung / Seite 31

Käufer ist, zum Beispiel im Fall der AT&S. Wenn Hannes Androsch dort zum Zug ge­kommen ist, so bin ich mir sicher, dass das für Sie keinen Unterschied gemacht hat, sondern Sie haben wahrscheinlich aus grundsätzlicher Überlegung gesagt: Privatisie­ren ist klug, privatisieren erhöht die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen. Sie wollten dem Steuerzahler natürlich auch etwas Gutes tun, damit wir hier nicht mehr öffentliches Geld zuschießen müssen.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich, bevor ich zu den Beantwortungen kom­me, noch festhalten: Diese österreichische Bundesregierung ist stolz auf die Bilanz, die sie in der ÖIAG zustande gebracht hat!

Meine Damen und Herren! Wir haben 6,3 Milliarden € Schulden – 6,3 Milliarden € Schulden! – in der ÖIAG übernommen, die Sie uns hinterlassen haben. Wir haben diese Schulden innerhalb von drei Jahren auf unter 2 Milliarden € zurückgeführt – auf unter 2 Milliarden! Wir haben damit erstmals eine Situation erreicht, in der die Dividen­den der Beteiligungsunternehmen in den letzten drei Jahren auf 850 Millionen € ange­wachsen sind. In der Legislaturperiode davor unter Rudolf Edlinger haben die Divi­dendeneinnahmen in Summe in etwa 270 Millionen € betragen. Das ist Wert-Manage­ment, meine Damen und Herren! 33 Jahre lang war die rote Parteifarbe auch die Farbe der Bilanz der ÖIAG, nämlich rote Zahlen! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Manfred Gruber: Ihre Parteifreunde ...!)

Das erste Mal seit 33 Jahren ist die ÖIAG betriebswirtschaftlich saniert. Es ist uns gelungen, eine Situation zustande zu bringen, wobei die ÖIAG aus den Dividenden­zahlungen die Tilgungen und die Zinsen bedienen kann. Ich mache darauf aufmerk­sam – wiederum Rechnungshofbericht –, dass vorher Verkäufe von Unternehmen, von Beteiligungen, die dem Steuerzahler gehören, dazu genutzt worden sind, um Zinsen zu bezahlen, aber die Schulden stehen zu lassen. Das ist eine Politik, die wir nicht ma­chen wollen und nicht gemacht haben.

Ich darf Ihnen nochmals diese Polarität vor Augen führen – ich zitiere wiederum den Rechnungshof –, nur damit Sie ein Bild davon haben, wie in Österreich privatisiert worden ist. Unter Punkt 11.1 schreibt der Rechnungshof:

Vor dem Verkauf der Unternehmungen oder Beteiligungen veranlasste die ÖIAG grund­sätzlich keine unabhängigen Bewertungen der zu privatisierenden Unterneh­mun­gen. – Eher ungewöhnlich, würde ich sagen. – Dies führte beispielsweise dazu, dass ein Unternehmensberater bei der voestalpine Bergtechnik GmbH, deren Buchwert 145 Millionen Schilling betrug, den zu erzielenden Verkaufspreis zwischen 200 und 500 Millionen Schilling schätzte. Die ÖIAG wertete sechs Monate später den Buchwert auf 1 Schilling ab und bezahlte zur Verlustabdeckung weitere 489 Millionen Schilling, um diesen Verkaufspreis von 1 S zu lukrieren. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Das ist Privatisierungspolitik, wie wir sie nie machen werden, dafür haben Sie die Verantwortung zu tragen!

Zweites Beispiel – wiederum Rechnungshofzitat –:

Die ÖIAG beschäftigte bei der Veräußerung der Austria Metall AG den Vorstands­vor­sitzenden unbeschränkt weiter, obwohl er Mitbieter war. Dies gewährleistete keinen gleichen Informationszugang für alle Bieter, sodass ein Interessenkonflikt nicht auszu­schließen war. – Zitatende. (Bundesrätin Schicker: Das ist jetzt genauso, Herr Bun­des­minister!)

Der Rechnungshof sagt weiter:

Die 1996 verkaufte Austria Metall AG – verkauft übrigens wiederum um 1 S – hat be­reits zwei Jahre nach der Privatisierung ein positives Ergebnis der gewöhnlichen Ge-


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schäftstätigkeit von 412 Millionen Schilling aufgewiesen. Die ÖIAG zahlte noch 1996 einen Zuschuss von 1 200 Millionen Schilling. – Zitatende.

Und ich ergänze: Sie zahlte 1994 einen Zuschuss von weiteren 1 453 Millionen Schil­ling.

Meine Damen und Herren! Der Steuerzahler hat dort 1994 und 1996 in Summe 2 653 Millionen Schilling gezahlt, der Buchwert hat 1993 800 Millionen Schilling be­tra­gen, verkauft wurde dieses Unternehmen um 1 S. – Diese Politik ersparen wir dem Steuerzahler, meine Damen und Herren von der SPÖ! Wir gehen klug mit dem Vermögen der Österreicherinnen und Österreicher um. (Beifall bei der ÖVP.)

Damit darf ich zur Beantwortung der Fragestellungen kommen.

Zur Frage 1:

Die Bundesregierung hat der ÖIAG für die Privatisierung der voestalpine AG einen klaren Privatisierungsauftrag erteilt und diesen in einer zweiten Phase auch konkre­tisiert. Dieser Auftrag lautet auf eine 100-prozentige Privatisierung des Unternehmens, wobei die ÖIAG zwei Optionen der Privatisierung zu prüfen hat, nämlich über die Börse und im Wege von Finanzinvestoren, was die voestalpine betrifft.

Das Ziel im konkretisierten Privatisierungsauftrag ist sehr klar festgehalten und auch nach einem Gespräch mit dem Bundeskanzler und mit dem Landeshauptmann von Oberösterreich festgehalten, denn der Herr Landeshauptmann hat sowohl dem Bun­deskanzler als auch mir vermittelt, dass es hier um vitale oberösterreichische Inter­essen geht. Der Herr Landeshauptmann wird ja später hier noch anwesend sein und Ihnen von diesem Gespräch und vom grundsätzlichen Zugang der oberösterrei­chi­schen Politik berichten. Ich kann also nur sagen, wir sind auch in dieser Frage in Abstimmung mit dem Landeshauptmann vorgegangen.

Mit ein Ausfluss dieses Gesprächs war es, dass vier ganz wesentliche Kriterien zur zusätzlichen Konkretisierung ergänzt wurden, und zwar erstens, dass das Unterneh­men eine österreichische Kernaktionärstruktur behält. Zweitens ist die Wahrung der Ein­heit des Unternehmens vorgesehen, das heißt, es wird weder eine Filetierung noch eine Zerschlagung der voest geben. Drittens gibt es die Erhaltung und den Ausbau der Forschungs- und Entwicklungskapazitäten und viertens die Aufrechterhaltung der Ent­scheidungszentrale in Österreich.

Das Ziel der Bundesregierung ist die Privatisierung des Unternehmens und nicht die Aufrechterhaltung eines bestimmenden öffentlichen Eigentums. Der Privatisierungs­auftrag entspricht somit aus unserer Sicht weitgehend auch den Bedingungen, die im Oberösterreichischen Landtag beschlossen worden sind; ich gebe zu, mit einem we­sentlichen Unterschied: Bei diesen Beispielen, die ich gebracht habe, halten wir nichts davon, wie es zum Beispiel Erich Haider in Oberösterreich formuliert hat, dass dann das Land die Anteile übernehmen muss.

Meine Damen und Herren! Privatisierung ist Privatisierung, und es ist klüger, wenn Private Anteile halten. Die Geschichte der Industrie in Österreich hat bewiesen, dass dann die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen steigt, dass die Beschäftigung steigt, dass die Wertschöpfung steigt und dass Österreich als Standort profitiert. Das ist eine kluge Politik, und daher bleiben wir natürlich bei der 100-prozentigen Privatisierung. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, dass sich damit auch die Frage 2 von selbst beantwortet hat.

Was die Frage 3 betrifft, möchte ich sagen, dass wir gemäß dem konkretisierten Pri­vatisierungsauftrag zur voestalpine AG, den ich bereits angesprochen habe, für die Pri­vatisierung zwei Optionen vorgesehen haben: erstens die Börse, zweitens Privati-


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sierung über einen Finanzinvestor. Ein strategischer Investor scheidet damit defini­tionsgemäß laut diesem Privatisierungsauftrag aus.

Ich möchte betonen, dass wir auch nicht, wie von Ihnen in Ihrer Frage suggeriert wird, unsere Meinung mehrfach geändert haben – das ist nicht richtig –, sondern wir haben von Beginn an der ÖIAG die Freiheit gegeben, hier die bestmöglichen Varianten zu prüfen und vorzulegen. Das Einzige, was wir gemacht haben, war, eine Konkre­tisie­rung auf zwei Varianten im Detail zu ergänzen.

Zur Frage 4:

Die Verpflichtung der ÖIAG-Organe zur Umsetzung der Privatisierungsaufträge der Bun­desregierung ergibt sich aus dem ÖIAG-Gesetz. Ich gehe davon aus, dass die ÖIAG-Organe dieser Verpflichtung selbstverständlich auch nachkommen werden.

Zur Frage 5:

Wie ich bereits unter Frage 3 ausgeführt habe, ist gemäß dem konkretisierten Pri­vatisierungsauftrag der Bundesregierung betreffend die voestalpine ein strategischer Investor als Käufer laut Privatisierungsauftrag ausgeschlossen.

Zur Frage 6:

Die Frage bezieht sich auf den volkswirtschaftlichen Sinn, jetzt Anteile an diesem Unternehmen zu verkaufen, wo Sie sagen, Österreich sei in einer Rezession.

Ich bin von einem Dreier-Treffen der Finanzminister der Schweiz, Deutschlands und Österreichs, das vorgestern in Berlin stattgefunden hat, zurückgekommen. Wenn Sie Deutschland mit Österreich vergleichen, meine Damen und Herren von der SPÖ, dann kann ich nur sagen: Österreich hat eine positive Handelsbilanz, eine positive Leis­tungsbilanz, eine Wachstumsrate über dem Durchschnitt der Europäischen Union, Re­kordbeschäftigung, die zweitniedrigste Arbeitslosigkeit in der Europäischen Union und Rekorde bei den Exporten. Wenn Sie hier von einer Rezession sprechen, dann ist das offensichtlich Ihre virtuelle Kreativität, hat aber nichts mit der Realität in Österreich zu tun. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte Ihnen zum Zweiten sagen: Es gibt aus unserer Sicht überhaupt keinen Zeit­druck für die Privatisierung. Wir hatten heute in der Früh von 8 bis 10 Uhr einen Pri­vatisierungsausschuss – konkreter Name: Industrieausschuss – hier im Parlament. Wir haben in diesem Industriepolitischen Ausschuss auch darlegen und erklären können, dass es von Seiten der Politik keinen Zeitdruck auf Privatisierungen gibt.

Ich war in hohem Maße fasziniert, Frau Bundesrätin, dass Sie es fertig bringen zu sa­gen, die Telekom-Privatisierung war ein Flop. (Bundesrat Gasteiger: Ja was denn sonst?) – Ja was denn sonst? – Wenn Sie zuhören, dann sage ich Ihnen, was sonst. Gerne!

Die Telekom-Aktien wurden unter Inkludierung der Gratisaktien beim IPO, beim Initial Public Offering, für 7,65 € an 92 000 Kleinaktionäre begeben.

Meine Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass zurzeit der Kurs – ich habe den heutigen Kurs nicht parat – über 10 € liegt. Das heißt: Wenn Sie eine simple Rechnung anstellen, dann kommen Sie drauf, dass die 92 000 Kleinaktionäre in relativ kurzer Zeit einen Gewinn in der Größenordnung zwischen 30 und 40 Prozent gemacht haben.

Meine Damen und Herren! Die meisten anderen internationalen Telekom-Unternehmen haben im gleichen Zeitraum 50, 60, 70, 80 Prozent ihres Wertes eingebüßt. Sie haben also nicht den Beweis für einen Flop geliefert, sondern Sie haben den Beweis für eine der erfolgreichsten Telekom-Privatisierungen überhaupt in Europa geliefert, die wir zustande gebracht haben – zum Wohl der Mitarbeiter, die Aktien halten, zum Wohl der


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vielen tausend Kleinaktionäre, die in diesem Unternehmen auch investiert haben. Und wir werden weiterhin dafür sorgen, dass die Telekom eine positive Entwicklung nimmt. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Gasteiger: Er glaubt auch noch, was er sagt!)

Gerade die Telekom ist das beste Beispiel dafür, dass es keinen Zeitdruck bei unserem Privatisierungsvorgang gibt. Sie wissen sicherlich, dass beim letzten Privati­sierungsauftrag in der letzten Legislaturperiode vorgesehen war, eine Privatisierung der Österreichischen Telekom zu 100 Prozent durchzuführen. Wenn die Bundesre­gie­rung sagen würde, die Privatisierung hat zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfolgen – Sie würden wahrscheinlich auch noch sagen: um jeden Preis! –, dann wären die Telekom-Anteile, die wir noch halten, schon in der letzten Legislaturperiode verkauft worden.

Wir haben das nicht getan, weil die Finanzmärkte und die gesamte weltwirtschaftliche Situation es in der letzten Legislaturperiode nicht geboten hat, weitere Telekom-Aktien zu verkaufen. Daher ist in dieser Gesetzgebungsperiode die Telekom im Privatisie­rungsauftrag bis zu 100 Prozent vorgesehen.

Ich sage Ihnen das auch auf die voestalpine umgelegt: Es gibt keinen Druck, den die Bundesregierung in ihrem Privatisierungsauftrag macht. Ganz im Gegenteil: Wir nen­nen keinen Zeitpunkt und auch keinen Zeitraum, zu dem beziehungsweise in welchem privatisiert werden muss. Herr des Verfahrens der Privatisierung sind wir, wie Sie wissen. Wir bestimmen die Vorgangsweise, es gibt einen Privatisierungsauftrag von der Bundesregierung.

Der zweite Punkt ist ein Privatisierungsprogramm, das von Seiten des ÖIAG-Vorstands erstellt wird, und dann ist der Aufsichtsrat an der Reihe.

Der dritte Punkt ist ein Privatisierungskonzept: wiederum Vorstand, danach Aufsichts­rat. Erst dann beginnt die konkrete Privatisierung. Jetzt befinden wir uns in der Phase des Privatisierungsprogramms, beziehungsweise es ist gerade beschlossen worden, und es wird das Konzept erstellt. Das heißt: Wir sind bei weitem noch nicht bei kon­kreten Privatisierungshandlungen in dieser Frage.

Insofern ist klar: Die ÖIAG ist am Zug, die ÖIAG ist Herr des Verfahrens. Wir haben eine klare Aufgabenteilung: Politik – strategische Zielsetzungen. Das haben wir am Beispiel der voest mit den vier Kriterien gemacht, die ich Ihnen nennen konnte, und jetzt geht es um die operative Umsetzung, um die Prüfung, wie wir diese vier Kriterien: österreichischer Kernaktionär, Einheit des Unternehmens, Forschung und Entwicklung und Entscheidungszentrale, bestmöglich umsetzen können.

Eine letzte Bemerkung zu dieser Frage sei mir gestattet. – Wenn Sie sagen: Warum gerade jetzt, wenn ein Unternehmen das zweitbeste Ergebnis in der Geschichte seiner Unternehmensgeschichte schreibt, verkaufen?, dann frage ich Sie: Wann sonst verkaufen? (Bundesrätin Kainz: Überhaupt nicht! – Bundesrätin Schicker: Es besteht kein Anlass dazu!)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie haben ja genau diesen Fehler gemacht! Sie haben nämlich bei der AMAG verkauft, als die AMAG daniedergelegen ist und Verluste gemacht hat. Zwei Jahre später hat sie wieder Gewinne gemacht. Sie haben bei der voestalpine Bergtechnik verkauft, als sie daniedergelegen ist. Wir sagen: Unter­nehmen herrichten, Wertmanagement, Dividendensteigerung und dann verkaufen, wenn das Unternehmen wirklich etwas wert ist, bestmöglich in den Markt entlassen, gute Voraussetzungen schaffen! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Schicker: Wir brauchen überhaupt nicht zu verkaufen! – Zwischenrufe bei der SPÖ und Gegenrufe bei der ÖVP.)


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Zur Frage 7:

Die Dividendenausschüttungen der voestalpine erfolgten nicht an den Bund, sondern sie erfolgten an die ÖIAG, und sie wurden ab dem Jahr 2000 zur Schuldentilgung ver­wendet. Die Dividendenausschüttungen, die mir bekannt gegeben worden sind, betru­gen im Jahr 2000 15,36 Millionen €, im Jahr 2001 23,7 Millionen € und im Jahr 2002 16,5 Millionen €.

Zur Frage 8:

Da fragen Sie, welchen Veräußerungserlös ich mir als Finanzminister von den Bundes­anteilen aus der voestalpine erwarte.

Ich glaube, dass es Ihnen völlig klar ist, dass man bei börsennotierten Unternehmen diese Frage nicht beantworten kann; das wäre weder seriös noch rechtlich geboten oder sinnvoll.

Zur Frage 9:

Da stellen Sie die Frage: Wie hoch war der Verkaufserlös aus dem Verkauf der ATW-Anteile?

Dazu darf ich Ihnen sagen: Das ist ein besonders interessantes Thema, weil die Be­grün­derin der dringlichen Anfrage meinte, dass auch die ATW fraglos ein Flop gewesen wäre – sofern ich sie richtig verstanden habe.

Erster Punkt: Die ÖIAG hat aus dem Verkauf der Anteile an der Austria Tabak einen Ver­kaufserlös von 769 Millionen € erzielt; das sind etwa 10 585 Millionen Schilling. Ich darf Ihnen sagen, dass die Austria Tabak im Jahr 1997 an die Börse gebracht worden ist, und zwar nicht von uns, sondern von meinem Vorgänger. Ich glaube, dass wir da­mals einen Börsenkurs von ungefähr 35 € gehabt haben; ich kann Ihnen aber die genaue Zahl gerne nachliefern. Die Austria Tabak wurde für etwa 35 € emittiert.

Jetzt, zum Veräußerungszeitpunkt, haben wir von Gallaher 85 € pro Aktie bekommen. Das heißt, meine Damen und Herren: Sie haben Vermögen des Steuerzahlers für weniger als die Hälfte an die Börse gebracht. Wir haben nur vier Jahre später – im August 2001 – dieses Unternehmen zum doppelten Preis von dem verkauft, was Sie an Vermögen der Steuerzahler abgegeben haben.

Das heißt: Wenn von erfolgreicher Privatisierung gesprochen werden kann, dann im Falle der Austria Tabak, und zwar auch deshalb, meine Damen und Herren, weil wir klare Kriterien mit dieser Privatisierung verbunden haben. Diese Kriterien waren folgen­de: Standorterhaltung in Österreich, Sicherung von Arbeitsplätzen.

Wenn Sie sich das anschauen und mit dem Vorstand der Austria Tabak jetzt Ge­spräche führen, dann kommen Sie drauf, dass Sie vier Standorte hatten. Ein Standort war von der Schließung bedroht. Es wurde kein österreichische Standort geschlossen, sondern es wurde der schwedische Standort geschlossen. Alle österreichischen Stand­orte sind erhalten geblieben, meine Damen und Herren! Die Austria Tabak hat profi­tiert, weil sie von Gallaher das gesamte Osteuropamanagement mit auf den Weg be­kommen hat. Reden Sie mit den Betriebsräten dort, reden Sie mit dem Vorstand! Die sagen: Das ist erfolgreiche Privatisierung zum Wohle des Unternehmens, zum Wohle der Beschäftigten, gerade am Beispiel der Austria Tabak. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Frage 10:

Ich finde es gut, dass das gefragt wird. Ich bin dankbar dafür, denn im Industrie­politi­schen Ausschuss hat man heute auch gesagt: In vier Jahren ist das Ganze, ist der Kaufpreis mit der Dividende zurückgezahlt, und daher ist es völlig absurd, dass ihr das Unternehmen verkauft!


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Meine Damen und Herren! Die Dividendeneinnahmen, und zwar nicht der Republik Österreich, sondern der ÖIAG, beliefen sich im Jahre 1997 auf 28 Millionen €, im Jahre 1998 auf 34,4 Millionen €, im Jahre 1999 auf 29 Millionen € und im Jahre 2000 auf 34,4 Millionen €.

Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass der Verkaufserlös über 700 Millionen € be­tragen hat. Und damit komme ich zur Frage 11: Wann wäre der Verkaufspreis der ATW-Anteile erreicht gewesen bei einer Fortschreibung der Dividendenentwicklung aus den Jahren 1998 bis 2000?

Meine Damen und Herren! Bei etwa 30 Millionen € Dividende pro Jahr hätten wir mehr als 25 Jahre gebraucht, um den Verkaufspreis durch Dividendeneinnahmen hereinzu­bekommen. 25 Jahre! – und nicht, wie von Ihrer Seite oft behauptet wird, drei, vier, fünf Jahre, und dann sei das Ganze schon wieder zurückgezahlt. – Wirklich ein Unsinn, meine Damen und Herren!

Zu den Fragen 12 und 13:

Auf die Frage 12, ob die Überlegungen, dass kein Verkauf an strategische Investoren geplant ist, auch für andere zu privatisierende Unternehmen gelten, möchte ich ant­worten: Nein für Böhler-Uddeholm, VA Technologie AG , wie Sie es anführen. Für ÖIAG-Bergbauholding und Telekom Austria gilt der erste Privatisierungsauftrag, so wie er erteilt worden ist.

Zur Frage 12: Welche Privatisierungsschritte werden Sie bei den laut Ministerrats­vor­trag zur Privatisierung anstehenden Unternehmen wann vornehmen? möchte ich sa­gen: Wir haben, wie ich bereits ausgeführt habe, den Privatisierungsauftrag erteilt, und jetzt ist die ÖIAG am Zug. Das Verfahren wird folgendes sein: Privatisierungs­pro­gramm, danach Privatisierungskonzept und dann Vornahme der bestmöglichen Privati­sierung.

Zu den Fragen 14 und 15:

Dazu möchte ich sagen: Erstens verweise ich auf die schriftliche Anfrage vom 30.4.2003, Nummer 359/J. Ich möchte einleitend festhalten, dass im Sinne des Rück­zuges des Staates auf seine unmittelbaren Kernaufgaben bereits in der abgelaufenen Legislaturperiode die Verwertung der Wohnbaugesellschaften begonnen hat. Da das Regierungsprogramm der XXII. Gesetzgebungsperiode die Fortführung der Privatisie­rung der Bundeswohnbaugesellschaften vorsieht, waren jetzt weitere Schritte zu set­zen.

Zu diesem Zweck haben wir eine entsprechende Beratungsleistung ausgeschrieben, wir haben ein entsprechendes Privatisierungskonzept erarbeiten lassen, und wir ha­ben – das möchte ich betonen! – unter höchstmöglicher Transparenz und unter Be­achtung der einschlägigen vergaberechtlichen Bestimmungen gehandelt. Wir haben alle Akten und Unterlagen in diesem Zusammenhang auch während des Verfahrens dem Rechnungshof übergeben.

Im Vergabeverfahren zur Auswahl des Beraterteams für die Privatisierung der Bundes­wohnbaugesellschaften waren aufgrund der Komplexität des Verfahrens drei externe Experten beratend tätig. Es handelte sich dabei um eine auf EU-weite Ausschrei­bungen spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei, einen Universitätsprofessor für Vertrags­recht und einen Universitätsprofessor für Betriebswirtschaft. Die Honorarkosten belie­fen sich bei Professor Bogner  auf 77 000 €, bei Professor Kletecka auf 102 000 € und bei Rechtsanwalt Dr. Schramm auf 506 000 €. Professor Bogner wurde auf Emp­fehlung von Rechtsanwalt Dr. Schramm als Berater beigezogen.


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Es ist der Gegenstand des Auftrages an Lehman Brothers hinterfragt worden. Lehman war Bestbieter. Ich habe das bereits im Nationalrat, und ich habe das heute im Rech­nungshofunterausschuss sehr detailliert ausgeführt.

Der Gegenstand des Auftrags ist erstens die Beratung beim Verkauf der Bundes­wohn­baugesellschaften zur vollständigen Verwertung und Erlösmaximierung.

Zweiter Punkt: Leistungsgegenstand ist eine Ist-Analyse, eine due diligence, die Abklä­rung von Vorkaufsrechten, Zwergenanteilen, Marktuntersuchungen.

Dritter Punkt: Komplette Unternehmensbewertung, Ausarbeitung eines Gesamtverwer­tungskonzeptes.

Vierter Punkt: Erstellung eines Privatisierungskonzeptes.

Fünfter Punkt: Erarbeitung der Entscheidungsgrundlagen für die weitere Vorgangs­weise.

Sechster Punkt: Übertragung von Vermögensteilen.

Siebenter Punkt: Die Durchführung der Verwertung von Vermögen auf dem Markt, die Umstrukturierung der bestehenden Gesellschaften und die ergänzende Bewertung der neu gebildeten Gesellschaftsstrukturen.

Achter Punkt: Die Definition und die Ansprache potentieller Käufer.

Neunter Punkt: Die Reihung der Kaufangebote.

Zehnter Punkt: Vertragsverhandlungen zu führen, abzuschließen und weitere Leistun­gen in diesem Zusammenhang.

Zum Honorar beziehungsweise zu den Kosten. – Erste Variante: Anteilsveräußerung. Da beläuft sich das Honorar auf 8,25 Millionen €. Zweite Variante, nämlich die Ver­briefungsvariante: 10,23 Millionen €.

Ich habe an anderer Stelle schon darauf hingewiesen, ohne dass ich das präjudizieren möchte: Bei einem Veräußerungserlös in der Größenordnung von 600 Millionen € bis 1 Milliarde €, vielleicht sogar über 1 Milliarde €, werden das Beratungskosten zwischen 0,8 Prozent und 1,3 Prozent des Veräußerungserlöses sein.

Das ist, glaube ich, mehr als gerechtfertigt. Ich könnte Ihnen viele Beispiele dafür brin­gen, wie in anderen Ländern, etwa in England, in Italien, in Deutschland, ähnliche Im­mobilienportefeuilles verkauft worden sind. Selbstverständlich hat das niemand ohne einen externen Berater gemacht. Das wäre denkunmöglich! Wenn wir das ohne einen externen Berater gemacht hätten, dann hätten Sie uns zu Recht vorwerfen können, es sei unverantwortlich, quasi handgestrickt ein Vermögen in der Größenordnung von bis zu 1 Milliarde € zu verwerten.

Es ist schon im Nationalrat die Frage gestellt worden, ob Karl-Heinz Muhr Provisionen erhalten hat. Ich schließe aus, dass Karl-Heinz Muhr von der Republik Österreich Provisionen bekommen hat. (Bundesrat Konecny: Was heißt „von der Republik“? Von wem sonst? – Bundesrat Gasteiger: Das ist von der Firma, die ihn vermittelt hat!)

Ich darf Ihnen im Zusammenhang mit Privatisierungen auch an dieser Stelle von Woh­nungen, von Wohnungsgesellschaften einen Fall nahe bringen, meine Damen und Herren, um auch da den Unterschied herauszuarbeiten, wie wir vorgehen und wie in Ihrer Zeit vorgegangen wurde.

Meine Damen und Herren! Es gibt einen Antrag der Abgeordneten Kurt Eder und Genossen aus der letzten Legislaturperiode, in welchem es um das Thema gegangen ist, dass der Bundesminister für Finanzen ermächtigt werden sollte, im Namen des


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Bundes drei Wohnbaugesellschaften zu veräußern, und zwar außerhalb des Besitzes der Republik, zu anderen Wohnbaugesellschaften, die – ich sage es einmal so – der Sozialdemokratie sehr nahe stehen. Es war so, dass man zum Nennwert veräußern wollte. Das heißt, man wollte drei Gesellschaften zum Nennwert der Anteile verkaufen. Das waren damals 180 Millionen Schilling. In einer Anfragebeantwortung hat mein Vor­gänger Rudolf Edlinger bekannt gegeben, dass diese drei Gesellschaften einen Ver­kehrswert von – ich glaube, er ist zu hoch, aber das war seine Angabe – 12,2 Mil­liarden Schilling haben.

Meine Damen und Herren! Ich halte fest, dass Abgeordnete von der Sozialdemokratie offensichtlich einen Antrag auf Veräußerung von drei Wohnbaugesellschaften außer­halb des Vermögens und der Einflusssphäre des Bundes um 180 Millionen Schilling anstatt eines Verkehrswertes von – laut Rudolf Edlinger – 12,2 Milliarden Schilling ge­stellt haben.

Meine Damen und Herren! Wenn man zusätzlich weiß, dass der Geschäftsführer die­ser Wohnbaugesellschaft die kaufen wollte, dass er gleichzeitig der Aufsichts­rats­vor­sitzende einer Gesellschaft war, die hätte verkauft werden sollen, dann muss ich sagen: Man sollte hier einmal darüber nachdenken, welche Unvereinbarkeiten, welche Freunderlwirtschaft es in Ihrer Zeit gegeben hat, wie schlecht damals mit dem Ver­mögen des Steuerzahlers umgegangen wurde! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundes­räten der Freiheitlichen.)

Zu den Fragen 16 und 17 darf ich Folgendes sagen:

Ich stelle fest, dass ich für keine Auftritte oder Vorträge Honorare erhalten habe oder mir habe versprechen lassen. Ich stehe in keinerlei Geschäftsbeziehungen zu den ge­nannten Agenturen. Nachdem gestern der Abgeordnete Pilz anlässlich der Debatte einer dringlichen Anfrage im Plenum des Nationalrates diese ungeheuerliche Behaup­tung aufgestellt hat, langte in meinem Büro eine E-Mail von der Firma Trimedia, die vom Herrn Abgeordneten Pilz in die Ziehung genommen worden ist, ein. Ich darf das wörtlich zitieren:

Bezug nehmend auf die dringliche Anfrage im Parlament heute Nachmittag an Bun­des­minister Grasser können wir Ihnen bestätigen, dass von Seiten des Herrn Bun­des­mi­nisters oder seiner Mitarbeiter keinerlei Honorarforderungen für den Auftritt bei einer Veranstaltung der Firma Immorent,  für die wir beziehungsweise unsere Tochter Spea­kers’ Lounge Referenten vermitteln sollten, erhoben wurden. Eine Vermittlung ist darüber hinaus nicht zustande gekommen. Mit freundlichen Grüßen – Sepp Tscher­nutter, Geschäftsführer von Trimedia.

Ich mache in diesem Zusammenhang auch noch auf Folgendes aufmerksam, um auch Ihnen das vor Augen zu führen; ich habe das gestern in der Beantwortung der dring­lichen Anfrage im Nationalrat schon so gesagt. Der Abgeordnete Pilz hat danach eine tatsächliche Berichtigung gemacht, in welcher er gesagt hat, er wisse aber, dass das so ist. Ich konnte ihm die E-Mail gestern nicht mehr vorlesen, weil ich der letzte Redner im Parlament gewesen wäre, und Sie wissen, dass das den Usancen der Abwicklung einer Tagesordnung widerspricht. Daher habe ich es heute im Ausschuss gemacht und mache es auch hier, damit man klar und deutlich sieht, welcher Zugang in dieser Kampagne, von der Politikwissenschaftler sagen, das es eine „Dirty Campaigning“, eine schmutzige Politkampagne, ist, gefunden wird. (Bundesrat Konecny: Welche Politikwissenschafter sind denn das?)

Herr Abgeordneter! Das war zum Beispiel der Herr Peter Filzmaier aus Tirol.


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Zur Frage 18, die da lautet: Bei welchen Auftritten oder Vorträgen haben Sie sich für karitative Zwecke Geldmittel in welcher Höhe überweisen lassen?, darf ich Ihnen Folgendes sagen:

Erstens verweise ich auf die Beantwortung der Fragen 27, 29 und 30 der Dringlichen Anfrage 658/J, die ich gestern beantworten konnte.

Zweitens sage ich nochmals: Ich habe während meiner Amtszeit keinerlei Honorare oder Entgelte angenommen beziehungsweise mir versprechen lassen!

Meine Damen und Herren! In wenigen Fällen habe ich Unternehmer dazu aufgerufen, Spenden für Sozialprojekte zu überlegen. Es war den Unternehmen immer freigestellt, ob sie spenden wollen, in welcher Höhe sie spenden wollen, für welche Projekte sie spenden wollen.

Meine Damen und Herren! Ich könnte Ihnen jetzt vorlesen, für welche Zwecke dann diese Unternehmen nicht an mich, sondern direkt an die Betroffenen gespendet ha­ben, und Sie würden draufkommen, meine Damen und Herren, dass es sich zum Beispiel um Familien mit behinderten Kindern gehandelt hat, dass es sich um Familien gehandelt hat, wo eine Frau mit Aneurysma über Monate ans Bett gefesselt war – ein Beitrag, der in der „Help-TV“-Sendung von Barbara Stöckl  gebracht worden ist –, dass es sich um einen Fall gehandelt hat, wo ein Mann den Job aufgegeben hat, weil er zwei kleine Kinder zu erziehen gehabt hat.

In all diesen Fällen haben wir versucht, soziales Engagement an den Tag zu legen. Ich weise Ihren Vorwurf massiv zurück und muss sagen: Ich bin wirklich erstaunt, dass die Sozialdemokratie – ich betone: die Sozialdemokratie! – sich dazu hergibt, einem Finanzminister soziales Engagement vorzuwerfen. Ich finde es wirklich letztklassig, dass Sie das tun! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

14.59

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kraml. – Bitte, Herr Bundesrat.

 

 


15.00

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe heute zum zweiten Mal den Herrn Bundesminister bei einer Dringlichen Anfrage im Bundesrat gehört. Ich glaube da immer, ich bin in einer ganz anderen Welt, nämlich in der Welt des Karl-Heinz Grasser. Da läuft immer alles nach demselben Schema ab: Alles ist nicht wahr, alles ist völlig korrekt, und überhaupt: Was leistet sich eigentlich die Op­position, dass sie da auch noch anfragt!? (Bundesrat Ing. Franz Gruber: ... wisst ihr genau! – Bundesrat Gasteiger: Geh, Gruber!) – Genauso läuft es immer ab.

Wenn ich dann höre, dass der Herr Staatssekretär momentan in der Funktion eines „Weißen Riesen“ unterwegs ist, damit er die Weste des Herrn Bundesministers wa­schen kann, dann wissen wir auch alle, was das heißt. (Beifall bei der SPÖ.) Es läuft eben momentan nicht so gut, Herr Bundesminister, und Sie beide haben alle Hände voll zu tun, dass Sie über die Runden kommen! Es kommen einfach zu viele Dinge zusammen: Zuerst war es die Homepage, dann war es der angeblich gemeinnützige Verein, dann waren es die Spenden der Industriellenvereinigung, und dann kam das großzügige Umgehen mit dem Steuergeld für Beratungs- und Gutachtertätigkeiten. 26 Millionen € in zwei Jahren sind ja keine kleine Summe. (Bundesrat Ing. Franz Gru­ber: Werden wir den Edlinger einmal anschauen!)

Herr Bundesminister! Jetzt sind Sie auch noch als karitativer Redner unterwegs, und da ist es ebenfalls nicht anders gewesen: Zuerst ist überhaupt kein Geld geflossen; als


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dann diese Argumentation nicht mehr zu halten war, hat man die Not leidenden Fa­milien gefunden. Das war dann auch nicht das Richtige – und so ist es zur Königsidee dieser Sozialstiftung gekommen. Nur haben Sie diese Stiftung leider noch nicht ge­gründet, weil Sie noch zu wenig Geld beisammen haben. Da würde ich Ihnen einen Rat geben, Herr Bundesminister: Sie müssen mehr Reden halten, dann haben Sie für die Stiftung mehr Geld! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie immer wieder von „Letztklassigkeit“ sprechen – und ich höre das jetzt schon einige Male –, dann denke ich mir, dass, wenn ich Argumente für eine Sozialstiftung brauche und dann auf die Tränendrüse drücke, dies eigentlich auch etwas Letzt­klas­siges ist und eines Bundesministers sicher unwürdig ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich verstehe schon, dass man auch eine Sozialstiftung gründet: Bei der Politik, die die Bundesregierung derzeit macht, wird es in absehbarer Zeit großen Zulauf zu den Erträgen aus solchen Stiftungen geben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Nun zur voestalpine: Ich bedauere, dass der Herr Landeshauptmann noch nicht hier ist. Ich habe in der letzten Rede auf jenen Artikel in den „Oberösterreichischen Nach­richten“ hingewiesen, in dem das erste Mal dieses Thema voest abgehandelt worden ist. Herr Kollege Kneifel hat sich dann gleich zu einer tatsächlichen Berichtigung ge­mel­det und den Landeshauptmann verteidigt. Ich habe gehofft, dass er das heute nicht mehr zu tun braucht, weil der Landeshauptmann hier ist und sich selbst zu Wort mel­den kann.

Gestern Abend hat es kurz und bündig geheißen: 34 Prozent Anteile, die die ÖIAG an der voest noch hält, sollen oder müssen in einem EU-konformen Tenderverfahren aus­geschrieben werden. Das heißt für mich eine völlige Trennung vom Staat. Meine Damen und Herren, ich bin erschüttert darüber, was rund um die voest in den letzten Wochen alles passiert ist! Ich bin auch erschüttert darüber, wie mit diesem öster­reichischen Paradebetrieb schlechthin und daher auch mit allen dort Beschäftigten um­gegangen wird. Verscherbeln, zerschlagen, filetieren – all das hat man in den letzten Wochen in den Medien als Schlagzeile lesen können.

Meine Damen und Herren! Der Oberösterreichische Landtag hat sich in seiner letzten Sitzung mehrheitlich für die Variante von 25 Prozent und 1 Aktie der voest bei der ÖIAG ausgesprochen. Ich bringe jetzt einen Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Kraml, Hedda Kainz, Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ab­sicherung des Industriestandortes Österreich durch Verbleib der ÖIAG als Kernaktionär

Entschließung:

Der Bundesrat hat beschlossen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, auf die vollständige Privatisierung der voest Alpine AG zu verzichten und weiterhin 25 Prozent plus 1 Aktie im öffentlichen Eigen­tum zu halten, um so wie bisher sehr erfolgreich als Kernaktionär die wesentlichen Entscheidungen für die weitere Entwicklung dieses Unternehmens mitgestalten zu können.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, vom jetzigen ÖIAG-Anteil in Höhe von zirka 34,7 Prozent im Einvernehmen mit dem Vorstand der Belegschaftsvertretung einen Anteil von zirka 9,5 Prozent an oberösterreichisch-österreichische Unternehmen beziehungsweise in Form einer weiteren Mitarbeiterbeteiligung abzugeben.


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Da eine längerfristige Diskussion über die Eigentümerstruktur dem Unternehmen scha­det, sind für die Umsetzung der beiden angeführten Forderungen notwendige Be­schlüsse ehestmöglich zu fassen.

*****

So weit der Entschließungsantrag.

Meine Damen und Herren! Bei der viel diskutierten Bietergruppe in Oberösterreich rund um Generaldirektor Ludwig Scharinger habe ich auch so meine Bedenken. Wir alle wissen nicht, wie es weitergeht. Es kann schon sein, dass sich diese Bietergruppe jetzt einkauft, aber was machen Sie dann, wenn in einigen Jahren Teile davon verkauft werden? Das ist möglich, das passiert immer wieder. Wir haben ja auch schon die Beispiele dafür, dass das so durchgeführt wird.

Es hat mich auch etwas erschüttert, als ich gehört habe, dass Generaldirektor Scha­ringer gesagt hat: Er macht das für den Landeshauptmann, damit es dem Landes­hauptmann besser geht. – Er hat nicht gesagt, er macht das, damit es den voest-Arbeitern besser geht, nein, er hat gesagt, es muss dem Landeshauptmann gut gehen! Da meine ich, dass das alles nicht ganz so ernst gemeint ist.

Meine Damen und Herren! Bei der voest geht es nicht darum, eine kleine Schlosserei zu verkaufen. Es ist ein Paradebetrieb, einer der profitabelsten Stahlbetriebe Europas, der jetzt verscherbelt werden soll, weil der Herr Bundesminister Geld für sein Budget braucht!

Wir Österreicher sind stolz auf die voest. Die voest ist keine Ware, die man einfach auf den Markt wirft. Die Oberösterreicher identifizieren sich mit ihrer voest, und die Oberösterreicher sind auch gegen eine Total-Privatisierung. 25 Prozent und 1 Stimme für die ÖIAG, das muss unser Ziel sein! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.07

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kneifel.

Ich möchte aber noch bekannt geben, dass der von den Bundesräten Kraml, Kolle­ginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag mit dem Titel „Absicherung des Industriestandortes Österreich durch Verbleib der ÖIAG als Kernaktionär“ genü­gend unterstützt ist und demnach mit in Verhandlung steht.

Bitte, Herr Kollege Kneifel.

 


15.08

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Frau Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Kollege Kraml, ich bin auch erschüttert, muss ich sagen. (Bundesrat Dr. Nittmann: Geh, geh, so schaust aus!) Ich bin auch erschüttert darüber, wie polemisch und emotional, fast hysterisch diese Diskussion um die voest von deiner Seite und von deiner Gesin­nungsgemeinschaft geführt wird! (Bundesrätin Kainz: Das ist die Sorge um die Menschen und den Wirtschaftsstandort!)

Ich gebe dir Recht, die voest ... (Bundesrat Kraml: 20 000 Familien! 17 000 Zulieferer!) Nein, das ist nicht die Hauptsache, die Zulieferer. Die sind auch wichtig, aber in erster Linie geht es um die Schicksale und um die Menschen, die dort arbeiten. Das ist das Hauptargument! (Bundesrat Dr. Nittmann: Willkommen bei der Erkenntnis!) Das soll unsere Sorge sein: diejenigen, die dort arbeiten, die Zigtausenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter! (Bundesrätin Kainz: Da trennt uns nichts!) Da geht es um Existenzen von


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Familien, wenn wir über die voest reden. (Bundesrat Dr. Nittmann: No na!) Darum sollten wir hier nicht eine polemische Diktion aufziehen, dazu ist das Thema viel zu ernst. Das muss ich auch sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Kainz: Da haben wir keinen Auffassungsunterschied!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die voest hat Hochs erlebt, hohe Zeiten, und sie hat tiefe Zeiten erlebt. Wissen Sie, wann die tiefen Zeiten der voest waren? – In der Zeit der SPÖ-Alleinregierung waren die Tiefen, da waren die tiefen Zeiten (Beifall bei der ÖVP – Zwischenrufe bei der SPÖ), da haben Zigtausende – ich habe das selbst miterlebt! – ihren Arbeitsplatz verloren! (Bundesrat Dr. Nittmann: Wo war da die ÖVP? – Bundesrätin Kainz: ... nicht im Aufsichtsrat befunden hat!) In dieser Zeit haben Zigtausende in der voest ihren Arbeitsplatz verloren (Bundesrat Kraml: Politischer Alz­heimer!), hat es – wir leiden heute noch darunter (Bundesrätin Kainz: Wo wart ihr Ende der achtziger Jahre?) – eine Aktion 53 und 55 gegeben und sind Mitarbeiter im Vollbesitz ihrer Kräfte in Pension geschickt worden. (Bundesrat Konecny: Das gibt es immer noch, aber jetzt im öffentlichen Dienst! – Bundesrätin Kainz: Damals hat man es aufgefangen, aber heute ...!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind Zeiten, aus denen wir die Lehren ziehen sollen. (Bundesrat Konecny: Heute stehen sie auf der Straße!) Daraus sollten wir lernen und nicht das Allheilmittel im Staatseigentum suchen, wo der Staat dann bezahlen muss! Finanzminister Grasser hat es erwähnt: Es sind in dieser Zeit 6,3 Mil­liarden € an Schulden angehäuft worden, die in den letzten Jahren auf unter 2 Milliar­den reduziert worden sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung hat ein ganz klares Ziel (Bundesrat Konecny: Oje!), ein ganz klares Ziel der ÖIAG gesetzt. (Bundesrat Kraml: Das ist gefährlich!) Hören Sie mir einmal zu, dann kann ich es Ihnen erklären! (Bun­desrat Konecny: Das ist eine gefährliche Drohung, wenn diese Bundesregierung ein Ziel hat!)

Ziel ist erstens, dass das Unternehmen eine österreichische Kernaktionärsstruktur be­hält und der Standort in Österreich und in Linz erhalten wird. Zweitens: Die Wahrung der Einheit des Unternehmens, also keine Zerstückelung – ein ganz klarer Auftrag der Bundesregierung! Drittens: Erhaltung und Ausbau der Forschungs- und Entwicklungs­kapazitäten! (Bundesrätin Kainz: Das kann man sicherstellen!) Wissen Sie, wie wichtig Forschung und Entwicklung sind? Das sichert nämlich ... (Bundesrat Konecny: Ja, wissen wir! Mehr wollen wir ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Schauen Sie, Sie wollen haben, dass der Standort der voest gesichert wird. Ich sage Ihnen, was die Re­gierung in diesem Bereich tun will. (Bundesrätin Schicker: Wir haben es gesichert, dass heute dieses voest-Werk zur Diskussion steht! Wir haben es gesichert!) Nämlich Erhaltung und Ausbau der Forschungs- und Entwicklungskapazitäten, weil das in Wirk­lichkeit die Arbeitsplätze für die Zukunft sichert – das ist wichtig! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Kainz: Wenn strategische Entscheidungen im Ausland getroffen werden!)

Ziel dieser Bundesregierung ist die Privatisierung des Unternehmens und nicht die Aufrechterhaltung eines bestimmten öffentlichen Eigentums.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind klare und bindende Handlungs­vor­gaben an den ÖIAG-Vorstand und an seinen Aufsichtsrat (Bundesrat Konecny: Miner­va!), die allerdings nun auch von den potenziellen österreichischen Kernaktionären durch entsprechende Kaufangebote genutzt werden müssen. Hier gibt es ganz klare Bestrebungen, dass wir zu diesem Ziel kommen und dieses Ziel auch erreichen. Ich bin sehr optimistisch, dass das gelingt – aber das gelingt nicht mit Panikmache, mit Hysterie, mit Emotionalisierung dieses Themas, sondern das geht nur mit einer


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sachlichen Diskussion! (Bundesrat Dr. Nittmann: Aber auch nicht mit frommen Wün­schen!)

Schauen Sie: Wer in diesen Bereichen noch immer auf Verstaatlichung beharrt, der hat nichts dazugelernt! (Bundesrat Kraml: Schauen Sie nach Bayern!) Kollege Kraml, ich darf dir ein konkretes Beispiel nennen. Ich komme aus Enns, dort gibt es ein großes Industriegebiet. (Bundesrat Kraml: Das ist nicht Bayern!) 350 Hektar sind gewidmet; kaum woanders ist so etwas in diesem Ausmaß gewidmet. Dort hat die Verstaatlichte, in dem Fall damals noch die Stickstoffwerke, im Jahr 1975 ein Acrylnitril-Werk – ein Rohstoff für die Fasererzeugung – hingestellt. Die Investition für dieses Unternehmen betrug damals 1,3 Milliarden Schilling. Zehn Jahre war es in Betrieb, und 300 Be­schäftigte gab es dort. Während dieser zehn Jahre wurde in keinem Jahr eine positive Bilanz gelegt, sondern es gab Verluste zwischen 100 und 300 Millionen pro Jahr. Nach zehn Jahren hat man sich entschlossen, dieses Werk, das ursprünglich 1,3 Milliarden Schilling gekostet hatte, um – halte dich jetzt gut fest! – 130 Millionen Schilling nach Südafrika zu verkaufen. Wenn das nicht eine Steuergeldvernichtungs-Maschine im Bereich der verstaatlichten Industrie ist, dann wundere ich mich! Wir leiden heute noch darunter, weil dort die Ruinen teilweise noch heute stehen. Ich finde, daraus muss man eben die Lehren ziehen und es in Zukunft besser machen! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Kainz: Lehren ziehen und Verscherbeln sind zwei verschiedene Dinge!)

Nein, das ist eine ganz konsequente Fortsetzung und eine Lehre daraus, das ist kein verschiedenes Ding! Ich glaube, wenn es uns ernst ist mit der Erhaltung der Arbeits­plätze und mit der Existenzsicherung der Familien in diesen Betrieben (Bun­desrätin Schicker: Genau darum geht es uns!), dann müssen wir der Sache auf den Grund gehen, warum das so gelaufen ist! (Bundesrätin Schicker: Es läuft jetzt eh gut!) Die voest-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter sind nicht dümmer als in anderen Betrieben (Bundesrätin Schicker: Die können nichts dafür!), die können überhaupt nichts dafür. (Bundesrätin Schicker: Da gebe ich Ihnen vollkommen Recht!) Ich danke Ihnen für die Bestätigung, ich danke vielmals! – Die können überhaupt nichts dafür, der Fehler lag im System, im damaligen Management, das war der Grund! (Bundesrätin Schicker: Und in der Stahlkrise allgemein!) Das war der Grund! (Bundesrätin Schicker: Und nicht nur in Österreich! Das muss man dazusagen! – Bundesrätin Kainz: Und was wird ein ausländischer Eigentümer in der nächsten Stahlkrise tun?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer heute nicht die Lehren daraus gezogen hat, der betreibt einfach ideologische Denkmalpflege. Das muss ich einmal ganz klar sagen. Das ist Ideologie aus der Steinzeit, die vielleicht unter Denkmalschutz eine gewisse Berechtigung hat, für eine politische Konzeption, die ihre wirtschaftliche Bewährungsprobe einfach nicht bestanden hat! Das muss man sagen, dass sich dieser Weg nicht bewährt hat. (Bundesrätin Schicker: Wer sagt denn das?) Dieser Weg hat sich nicht bewährt! (Bundesrätin Schicker: Man sieht es ja jetzt!)

Schauen Sie: Als die ersten Privatisierungsschritte der voest gemacht wurden, hat das Unternehmen einen Höhenflug genommen. Voriges Jahr war die Bilanz der voest die zweitbeste in ihrer Geschichte, weil wir eben diese Fesselung an den Staat gelockert haben und weil sie sich entsprechend entwickeln konnten. Weil sie dort in Forschung und Entwicklung investieren konnten, ist dieses Unternehmen enorm gewachsen und erfolgreich geworden. (Bundesrätin Kainz: Ist ja keine Frage des Eigentums, sondern des Managements!) Darum geht es in erster Linie.

Frau Kollegin Kainz, wenn Sie sagen, dass Tausende Arbeitsplätze vernichtet worden sind, dann können Sie nur diese Phase meinen, die ich erwähnt habe, nämlich die Kri­senphase der voest. Damals sind Arbeitsplätze vernichtet worden. Aber heute haben wir mehr Arbeitsplätze denn je! Wir haben – das wissen Sie als oberösterreichische Mandatarin ganz genau – einen Beschäftigungsrekord; so viele Beschäftigte wie heute


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hat es in Oberösterreich noch nie gegeben! (Bundesrätin Kainz: Zu welchen Bedin­gungen und in welchen Branchen?) Die voest hat daran einen wesentlichen Anteil, auch die Zulieferbetriebe, Kollege Kraml, weil eben die Wirtschaft sehr vernetzt ist. Deshalb trete ich auch für diese Lösung ein, weil nicht nur im Unternehmen selbst, sondern auch in Tausenden Zulieferbetrieben Arbeitsplätze, Existenzen, Familien ab­hän­gig sind von diesem Leitbetrieb in Oberösterreich. (Bundesrätin Kainz: 10 000 Arbeitsplätze in Linz mehr im tertiären Bereich!) Ja, richtig, freilich! (Bundesrätin Kainz: Findet Ihre Zustimmung? Meine nicht!) Durch die Ausstrahlung dieses Unternehmens (Bundesrätin Kainz: ... ganz andere Bedingungen!), durch dieses Unternehmen!

Die voest trägt wesentlich dazu bei, dass Oberösterreich heute das Export-Bundesland Nummer eins ist. (Bundesrätin Kainz: Ja, und das wollen wir auch beibehalten!) 25 Prozent der gesamtösterreichischen Exporte erfolgen aus Oberösterreich, und daran hat die voest einen erheblichen Anteil. (Bundesrätin Kainz: Und das wollen wir nicht gefährden!) Deshalb ist dieses Unternehmen so wichtig! (Zwischenruf des Bun­desrates Reisenberger.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt besteht wirklich die Chance, dass die voest mehrheitlich in oberösterreichische Hände kommt! Im Oberösterreich-Fonds sind hervorragende heimische Unternehmen versammelt, die ein massives, vitales In­teresse an der Weiterentwicklung der voest an diesem Standort in Oberösterreich haben.

Sie haben darauf hingewiesen, Herr Kollege Kraml, dass Dr. Scharinger, General­direk­tor der Raiffeisen-Landesbank, sagt, er will dem Landeshauptmann helfen. (Bundesrat Kraml: Hat er gesagt!) Ja, glauben Sie, der Landeshauptmann kann das ganz allein machen?! Da braucht er Helfer! Es ist doch richtig, wenn sich der Landeshauptmann Leute sucht, die ihm helfen, dieses Ziel zu verwirklichen! (Bundesrat Kraml: Bei was hilft er ihm denn?) Das ist doch das Natürlichste von der Welt, dass ich mir Leute hole, die das verwirklichen, und das ist auch gut so! (Bundesrätin Kainz: ... nur mitzustim­men brauchen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sehen uns damit ja nicht in schlechter Gesell­schaft. Sie wissen ganz genau, dass es hier auch um einen Schulterschluss des Landeshauptmannes mit dem Vorstand und Aufsichtsrat der voestalpine geht. Gene­raldirektor Dkfm. Franz Struzl hat diesen Weg befürwortet, er steht voll hinter diesem Konzept. (Bundesrat Kraml: Was soll er sonst tun?) Ich vertraue, ehrlich gesagt, mehr dem Herrn Generaldirektor Struzl, wie er die voest weiterentwickeln will, weil er operativ jeden Tag damit beschäftigt ist, als irgendeinem Ideologen der österreichi­schen Sozialdemokratie. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Schicker: Das sagt er nicht! Total falsch!)

Ich halte etwas von Herrn Dkfm. Struzl (Bundesrätin Schicker: Ja!), der sagt, er habe ein Konzept „VOEST 2010“, mit dem er neuerlich 1 000 Arbeitsplätze – und damit abgesicherte Existenzen für Familien – für Oberösterreich gewinnen kann. (Bun­desrätin Schicker: Das gibt es dann morgen nicht mehr!) Übrigens nicht nur für Ober­österreich (Bundesrätin Schicker: Danke!), es pendeln ja auch manche Niederöster­reicher dorthin. (Bundesrätin Schicker: Gibt es die Steiermark auch? Nehmen Sie die Steiermark auch noch dazu?) – Die Steiermark auch, selbstverständlich. (Bundesrätin Schicker: Danke!) Der Sitz des Unternehmens ist aber eben in Linz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Landeshauptmann Pühringer hat den Weg vor­gegeben, wie es mit der voest weitergehen soll. (Bundesrat Konecny: Oh! Er hat mit seiner Fraktion nicht dafür gestimmt!) Er hat den Weg vorgegeben, und dieses Konzept bedeutet eine klare Chance für eine Oberösterreich-Lösung, mit der die


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voestalpine weiterleben kann. (Bundesrätin Kainz: Die Industriepolitik der ... haben wir ja zur Genüge kennen gelernt! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Eine Privatisierung kommt nur dann in Frage, wenn klare Rahmenbedingungen erfüllt werden. – Das ist wichtig! Klare Rahmenbedingungen sollen erfüllt werden. Die Ziele des Privatisierungsauftrages der Bundesregierung sind sonnenklar herausgearbeitet: kein strategischer Partner, keine Filetierung, keine Zerstückelung, ein österreichischer Kern­aktionär, die Entscheidungszentrale muss in Linz bleiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie können mir glauben: Wer die Beharr­lichkeit und die Konsequenz des oberösterreichischen Landeshauptmannes kennt – Sie werden ihn ja in wenigen Minuten im Hause erleben –, der weiß, dass dieser Weg auch verwirklicht werden wird.

Zuerst war die Rede von Fairness: Wissen Sie, was gut und fair ist? – Fair ist das, was der voest gut tut! Das ist fair, und dem sollten wir uns verpflichtet fühlen. Die voest Alpine braucht einen stabilen Kernaktionär, der die Verantwortung in Oberösterreich, in der Steiermark und am Standort Krems wahrnimmt und trägt. Die voestalpine als be­deutendes Leitunternehmen für diese Bundesländer eignet sich nicht für eine Ver­steigerung, wie es kürzlich der Herr Stronach vorgeschlagen hat. Für eine Verstei­gerung eignet sich die voest überhaupt nicht! Auch dem ist klar entgegenzutreten, wenn man die Sache objektiv und klar angeht. (Bundesrätin Kainz: Ich frage mich, warum es dann nicht zu einem gemeinsamen Beschluss gekommen ist!)

Ich glaube also, dass die Angelegenheit voest und die Zukunft der voest durch den kla­ren Auftrag der Bundesregierung an den ÖIAG-Vorstand und -Aufsichtsrat und die tatkräftige Mithilfe des oberösterreichischen Landeshauptmannes Dr. Josef Pühringer in sehr guten Händen liegt. (Bundesrat Dr. Nittmann: Amen!) – So sei es, heißt das. So sei es! – Danke für die Zustimmung! „Amen“ heißt „so sei es“. (Beifall bei der ÖVP.)

Wer sich heute noch wirklich gegen diesen Weg wehrt, der betreibt einfach Realitäts­verweigerung, oder er hat andere parteipolitische oder ideologische Motive. Es ist Panikmache, wenn da von Ausverkauf und anderen Dingen gesprochen wird, weil der Regierungsauftrag ganz klar formuliert ist. (Bundesrat Reisenberger: Verantwortungs­bewusstsein!)

Genauso untergriffig wie absurd ist auch der gern strapazierte Vorwurf, die ÖVP gefährde Jobs. Ich habe das schon erwähnt: Jobs werden dadurch gesichert und er­halten und nicht gefährdet. – Das ist die Wahrheit!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bemühen wir uns um eine Entemotiona­lisie­rung und um ein sachliches Herangehen, was die Zukunft der voest betrifft. (Bun­desrätin Kainz: Sachlich ist, was die ÖVP sagt! Das ist sachlich!)

Sie lesen ja selber auch Zeitungen. (Bundesrätin Schicker: Ab und zu!) Vor dieser Wahl ist ein Wirtschaftsexperte in Erscheinung getreten, der Hannes Androsch heißt und nicht unserer Partei angehört, der ein enger Berater Ihres Parteivorsitzenden, des Herrn Alfred Gusenbauer, ist und der in der heutigen Ausgabe der „Presse“ sagt, die voestalpine soll nach Vollübernahme zurück an die Börse. – Ihr Wirtschaftsexperte ist gegen ein Beibehalten und gegen ein Beharren auf dem bisherigen Staatsanteil der voest.

Versachlichen wir die Diskussion also: Es gibt hüben und drüben Vertreter, die dieser Meinung sind und sie auch mittragen wollen. Bemühen wir uns doch, einen guten Weg für die voest zu gehen. Ich glaube, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in diesem Unternehmen erwarten das von uns. (Beifall bei der ÖVP.)


15.25


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Konecny gemeldet. – Ich gehe davon aus, dass ihm die Be­stimmungen der Geschäftsordnung bekannt sind. – Bitte.

 


15.25

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister hat es für notwendig gehalten, in seiner Anfrage­be­antwortung gegen den Abgeordneten Kurt Eder den Vorwurf vorzubringen, dieser habe mit einem Antrag versucht, Bundesvermögen gewissermaßen unter der Hand zu ver­schleudern.

Ich gehe davon aus, dass der Herr Finanzminister, dem ich im Übrigen zur Behebung seiner psychosomatischen Stimmprobleme alles Gute wünsche, in der Lage ist, den wahren Sachverhalt zu erkennen. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.) Es ging dabei um drei Wohnungsgesellschaften, die für Bedienstete der Österreichischen Bundesbahnen Wohnungen errichtet hatten. Daneben gibt es eine große Wohnungs­genossenschaft, die demselben Zweck dient. In einem gemeinsamen Vorstoß – ich sage das, damit Sie jetzt nicht schreien – des Kollegen Stummvoll und des Kollegen Eder wurde der Versuch unternommen, diese Bereiche zusammenzuführen und tat­sächlich diese drei Gesellschaften der großen Genossenschaft zum Nominalwert zu über­tragen.

Dieser Vorstoß ist an der Auffassung der damaligen Bundesregierung, die mit der jetzi­gen zumindest in den Spitzenpositionen identisch ist, gescheitert. Ziel dieses Vor­stoßes war es, Tausenden Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen ihre Wohnrechte zu dem Preis, zu dem sie sie angetreten haben, weiterhin zu sichern; das war somit eine mehr als berechtigte soziale Maßnahme. Tatsächlich ist dieser Vorstoß unter anderem am Herrn Finanzminister gescheitert. Sie können daran erkennen, wo die Prioritäten einerseits des Finanzministers und andererseits des Abgeordneten Eder liegen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.27

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Schicker. – Bitte.

 


15.28

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Lieber Kollege Kneifel! Ich sage „lieber Kollege“ (Bundesrat Ko­necny: Du bist aber heute besonders großzügig!), denn mit dem Schlusssatz hat er mir aus dem Herzen gesprochen (Bundesrat Konecny: Okay, gut!) – aber nur mit dem Schlusssatz, muss ich sagen! –, als er gemeint hat, im Sinne der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der voest müssen wir uns alle anstrengen, das Beste daraus zu machen. – Da bin ich vollkommen Ihrer Meinung.

Schade, dass Ihr Landeshauptmann Pühringer noch nicht da ist und Ihre Rede nicht hören konnte. (Ruf bei der ÖVP: Der kommt noch! – Bundesrat Steinbichler: Wir freu­en uns, dass Sie sich so freuen auf ihn!) – So ist es! Ich hätte mir auch gewünscht, dass unsere Frau Landeshauptmann Klasnic aus der Steiermark hier wäre, denn auch in der Steiermark gibt es Arbeitsplätze der voest. Sehr viele Arbeitsplätze und viele Fa­milienschicksale sind in der Vergangenheit an der voest in der Obersteiermark ge­hangen, und das wird auch in Zukunft noch so sein. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenruf des Bundesrates Steinbichler.)

Wir Obersteirer wissen aber, dass die Industriepolitik der Obersteiermark nie das große Anliegen unserer Frau Landeshauptmann war, weil dort eben eine – unter An­füh­rungszeichen – „rote Übermacht“ besteht und man dies ja nicht will. Das wissen wir


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ja alle. (Bundesrat Steinbichler: Wie lange noch? – Bundesrat Konecny: Lange! Länger, als Sie im Bundesrat sitzen! – Bundesrat Steinbichler: Wirklich? – Heiterkeit bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Lieber Kollege! Es wird Ihnen auch Ihre Kollegin Wimmler bestätigen, dass das trotz des Abbaus vieler Arbeitsplätze in den vergangenen Jahren – auch in der voest – so ist. Wir wissen das alle. Wir haben alle das gleiche Schicksal erlitten, aber nicht, weil die Mitarbeiter oder die Politiker dort schlecht waren, sondern weil es vielleicht unter anderem auch Managementfehler gegeben hat, ich getraue mir das nicht zu beurteilen. Jedenfalls gab es eine Krise in der Stahlindustrie, die ganz Europa betroffen hat. Wir wissen aber alle – Herr Staats­sekretär, Sie werden das bestätigen können –, dass in anderen Ländern seitens der Re­gierungen in die Stahlindustrie um das Vierfache mehr investiert worden ist, zuge­schossen wurde als in Österreich. (Bundesrat Steinbichler: Sicher nicht!)

Uns wird immer vorgeworfen, wir hätten Geld in die Verstaatlichte hineingeschossen, hätten Geld verpulvert und so weiter. (Bundesrat Steinbichler: Das ist aber so!) In anderen Ländern ist das Vierfache zugeschossen worden. Wir alle wissen, dass auch in anderen Ländern diese Umstrukturierung vor sich gehen musste. (Bundesrat Stein­bichler: Sicher nicht! Das war das Liebkind des Bruno Kreisky! – Weitere Zwischen­rufe bei der ÖVP.) – Herr Kollege! Die Stahlkrise ist ja kein österreichisches Problem: Schauen Sie das Ruhrgebiet an, Belgien, Holland: Überall dort ist die Umstrukturierung im Gange. Man will von der großen Stahlindustrie ein bisschen zu einem sanften Tou­rismus übergehen. Man hat sich da einiges einfallen lassen, weil es ja nicht so einfach ist, diese Werke von heute auf morgen stillzulegen – auch Bergwerke, Kohlegruben und so weiter. (Bundesrat Steinbichler: Dann macht man eine Ausstellung, eine Lan­desausstellung, aber dann kommen die Leute vom VolxTheater und beleidigen den Landeshauptmann!)

Ich komme jetzt wieder zum Thema zurück, da ich die Leute in unserem Bezirk und in der Steiermark einfach verteidigen muss und möchte, weil es gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind. Sie müssen mir Recht geben, dass wir alle in Sorge sind, wenn es Zeitungsmeldungen wie „Großer Wirbel um die VOEST“, „VOEST-Lunte brennt weiter“ et cetera gibt. – Wir kennen das seit vielen Jahrzehnten zur Genüge, dass es immer wieder diese Debatte um die Arbeitsplätze in der verstaatlichten Industrie gibt. (Vize­präsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Liebe Frau Kollegin Kanovsky-Wintermann! Da Sie gerade in meinem Blickfeld sitzen: Ihr Landeshauptmann war vor einigen Jahren in Donawitz und hat gesagt, das gehört auch zugesperrt oder zugedreht – ich weiß seine genaue Wortwahl nicht. Schauen Sie sich diesen Betrieb heute an: Dort wird die modernste Schiene erzeugt! (Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann: Sie können nicht irgendetwas behaupten, wenn Sie nicht sagen können, wann er das gesagt hat, das genaue Zitat! – Widerspruch bei der SPÖ.) Tausende von Mitarbeitern haben das mitbekommen. (Weiterer Zwischenruf der Bun­desrätin Dr. Kanovsky-Wintermann.) Er hat dort sozusagen ein Zugangsverbot be­kom­men, denn so kann man über Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wirklich nicht drü­berfahren und einfach sagen, dieser Betrieb gehört zugesperrt! (Beifall bei der SPÖ.)

Nun werden Sie auch verstehen, dass solche Schlagzeilen natürlich wieder Verun­si­cherung unter die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und unter die ganze Bevölkerung bringen – nicht nur in meinem Bezirk, in der Steiermark allgemein. Zu Recht, so meine ich, haben dann die Belegschaftsvertreter und auch die zuständigen Mandatare von Beginn der Diskussion über den Verkauf des ÖIAG-Anteils der voest an massiv darauf hingewiesen, dass dadurch wieder einmal die Gefahr bestehe, die voest wieder einmal filetieren zu wollen und damit ein gut funktionierendes und Gewinn bringendes Unter­nehmen zu zerschlagen.


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Durch gutes Management und wirklich hoch motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist es in den letzten Jahren gelungen, die voest zu einem Gewinn bringenden Unter­nehmen umzustrukturieren. Die in der Steiermark ansässige Division, die „Bahn­systeme“ – allen bekannt –, mit ihren 4 870 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist sogar Weltmeister – und da übertreibe ich wirklich nicht! – im Schienen- und im Weichenbau und erbringt diese Erfolge durch den großartigen Einsatz der gesamten Belegschaft und des Managements. Da gebe ich Ihnen Recht, Herr Kollege Kneifel: Dkfm. Struzl steht außer Frage. Er ist ein sehr guter, ein toller Vorstandsdirektor, der viel weiterge­bracht hat und auch in Zukunft noch vieles vorhat. Ich werde darauf später noch zu­rückkommen.

Es wäre daher unverantwortlich, so meine ich und so meinen wir alle, würde man nun dieses traditionsreiche Unternehmen ohne entsprechende Absicherungen auf den Markt werfen, damit sich dann Interessierte – wie sagt man so schön? – die Rosinen herauspicken können. Ich denke, das kann nicht der Dank dafür sein, dass wir jahr­zehntelang für diese Standorte, für die Arbeitsplätze und für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen Regionen gekämpft haben.

Ich bin ja schon einige Jahre in diesem Haus und konnte schon viele Debatten miter­leben. Herr Finanzstaatssekretär! Ich weiß nicht, ob Sie sich noch erinnern können, nicht als Staatssekretär, sondern als Beamter im Rechnungshof, als es um die Flüssig­phase gegangen ist, als es geheißen hat, die Flüssigphase in Donawitz werde abge­stellt. Das wäre das Aus für Donawitz, für den ganzen Bezirk Leoben und für viele Zulieferfirmen und Familien gewesen.

Wir haben es durchgesetzt – da waren Ihre Kollegen auch schon in der Regierung –, dass diese Flüssigphase erhalten bleiben konnte, dass das Werk Donawitz moder­ni­siert werden konnte und zu diesem Standort geworden ist, der heute eben Weltruf hat. Heute erzeugen wir dort die modernste und die längste Schiene der Welt – also wirk­lich ein Herzeigeprodukt im wahrsten Sinne des Wortes!

Anfang Juni hat nun der Aufsichtsrat grünes Licht für den Bau des 66 Millionen € teu­ren Schienenwalzwerkes gegeben. Ab Dezember 2005 wird es am Standort des jetzigen Walzwerkes errichtet werden. Mit dem neuen Walzwerk ist die „Division Bahn­systeme“ dann wirklich einsame Spitze.

Jetzt komme ich auch noch einmal auf Dkfm. Struzl zu sprechen, Herr Kollege Kneifel: Um die Investitionen, die er jetzt für die nächsten Jahre plant, noch in diesem Rahmen unterzubringen, plädiert Vorstandsdirektor Struzl auch dafür, die ÖIAG möge zumin­dest so lange 25 Prozent und eine Aktie an der voest behalten, bis diese Investitionen getätigt sind, bis dieses Investitionsprogramm abgeschlossen ist, bis eben der Stahl­konzern seine Expansion sozusagen abgeschlossen hat.

Dem brauche ich nichts hinzuzufügen. Das ist der Wunsch. Ich glaube, einem Dkfm. Struzl, der so viel Gutes in der voest weitergebracht hat, kann ich mich nur an­schließen. Ich bin kein Fachmann, aber das ist ein Wunsch, den auch ich hier depo­nieren möchte. Wir sind daher gegen jegliche totale Verkäufe und geplante Verscher­belungen und erinnern daran, dass die Politik auch eine volkswirtschaftliche und vor allem eine regionalpolitische Verantwortung hat. – Wir in der Obersteiermark können ein Lied davon singen.

Es ist angesprochen worden – ich glaube, der Herr Finanzminister selbst hat es noch gesagt –, dass auch während unserer Alleinregierung oder ab den siebziger Jahren Privatisierungen erfolgt sind. – Ja, natürlich haben auch wir begonnen zu privatisieren, aber mit dem großen Unterschied, dass wir nicht verkauft haben, sondern die verstaat­lichten Betriebe für neue Firmen geöffnet haben, damit sie einsteigen können. – Das ist


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aber ein Unterschied! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Stein­bich­ler.)

Herr Kollege! Wir sehen die ÖIAG als Beteiligungsfirma, und das ist gut so! – Die jet­zige Regierung sieht die ÖIAG als reine Verkaufsfirma. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenruf des Bundesrates Steinbichler.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus diesem Grund fordern wir – die SPÖ-Fraktion – die Bundesregierung auf, vom jetzigen ÖIAG-Anteil in Höhe von zirka 34,7 Pro­zent im Einvernehmen mit dem Vorstand und der Belegschaftsvertretung nur einen Anteil von 9,5 Prozent an österreichische Unternehmen – Kollege Kneifel, Sie haben gemeint, nur an oberösterreichische Unternehmen, aber ich möchte die anderen Bundesländer hier nicht ausschließen – beziehungsweise in Form einer weiteren Mit­arbeiterbeteiligung abzugeben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Kneifel: Ich habe auch deines genannt, die Steiermark!)

15.39

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu einer tatsächlichen Berichtigung unter den be­kannten Bedingungen der Geschäftsordnung erteile ich Frau Bundesrätin Dr. Ka­novsky-Wintermann das Wort. – Bitte.

 


15.39

Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Selbst­ver­ständlich werde ich mich an die Geschäftsordnung und an deren Regulativ halten.

Zur Kollegin Frau Johanna Schicker muss ich Folgendes sagen: Frau Kollegin Schicker! Ich schätze Sie sonst immer als sehr korrekt und fair ein. Ich bin daher schon überrascht und befremdet, dass Sie hier einen Vorwurf in den Raum stellen, der durch nichts von Ihnen belegt wurde. Sie können und konnten keinen Wahrheitsbeweis antre­ten. Sie haben einfach behauptet, dass der Landeshauptmann von Kärnten die Dona­witz-Mitarbeiter beschimpft und verunglimpft habe. (Bundesrätin Kainz: Das habe ich nicht gesagt! Das haben Sie jetzt gesagt!) In dieser Art haben Sie das vorgetragen.

Das ist ein unerhörter Vorwurf, den ich auf das Schärfste zurückweise! (Bundesrat Ko­necny: Wo ist die Berichtigung? Das ist keine tatsächliche Berichtigung!)

Ich möchte darauf hinweisen, dass der Vorwurf von falschen Tatsachen auch gemäß Straf­gesetzbuch als Ehrenbeleidigung gilt und sogar sanktioniert werden kann. (Bundesrat Konecny: Also bitte!) Ich hoffe, dass es nicht so weit kommt, bitte aber, in Zukunft die Dinge, die man hier sagt, doch tatsächlich auf den Wahrheitsgehalt zu über­prüfen, bevor man so etwas behauptet. (Zwischenruf des Bundesrates Boden. Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen.)

Ich möchte abschließend darauf hinweisen, dass gerade der Landeshauptmann von Kärnten dem Aufblühen des Wirtschaftsstandortes Kärnten und der Mitarbeiter­beschäf­tigung einen sehr hohen Stellenwert einräumt. Das beweist zum Beispiel auch die Tat­sache, dass wir derzeit in Kärnten ...

15.41

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Frau Kollegin! Ich bitte Sie nochmals, sich an die Be­stimmungen der Geschäftsordnung hinsichtlich einer tatsächlichen Berichtigung zu halten! Diese muss den zu berichtigenden Sachverhalt und den tatsächlichen Sachver­halt umfassen!

Bevor ich Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer das Wort erteile, gelangt noch Frau Bun­desrätin Schicker zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort. Es muss sich aber um eine wirkliche tatsächliche Berichtigung handeln! – Bitte sehr.

 



Bundesrat
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699. Sitzung / Seite 50

15.41

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich danke für Ihr Entgegenkommen! Ich bringe eine ganz kurze Berich­tigung.

Liebe Frau Kollegin! Sie haben mich jetzt total falsch interpretiert. Ich habe nie gesagt, dass der Landeshauptmann von Kärnten die Mitarbeiter beschimpft hätte. Das haben Sie mir jetzt in den Mund gelegt! Das stimmt nicht! Bitte, nehmen Sie das zurück!

Die anderen Beweise, dass nämlich der Herr Landeshauptmann gesagt hat, dass die­ses Werk zugesperrt gehört, werde ich Ihnen noch im Laufe der Sitzung bringen. Ich werde es recherchieren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.42

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Zu Wort gelangt nunmehr der Herr Landeshauptmann von Oberösterreich Dr. Josef Pühringer.

 


15.42

Landeshauptmann von Oberösterreich Dr. Josef Pühringer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich war heute Vor­mittag mit Kommissar Barnier, der für die Regionalentwicklung im oberösterreichischen Grenzraum zuständig ist, unterwegs und habe dann erfahren, dass sich der Bundesrat heute auch mit der voest beschäftigen wird.

Nachdem ich heute um 16.15 Uhr ohnedies einen Termin beim Herrn Bundeskanzler in dieser Angelegenheit habe, habe ich mein Tagesprogramm verändert und bin eine Dreiviertelstunde früher nach Wien gekommen, weil mir die Sache sehr wichtig ist. Ich bitte Sie, das auch so zu sehen. Wenn ich anschließend relativ bald die Sitzung verlas­sen muss, dann deswegen, weil beim Bundeskanzler ein lang vereinbarter Termin in dieser Sache stattfindet. (Bundesrat Konecny: Müssen Sie ihn noch überzeugen?) Nein, da habe ich kein Problem mit dem Überzeugen, das werde ich jetzt bei Ihnen ver­suchen, sehr geehrter Herr Kollege! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die voestalpine ist nicht nur eines der traditionsreichsten Unternehmen mit allen Höhen und Tiefen, die uns alle noch in Erinnerung sind, sie ist vor allem jetzt unter der Führung von Kommerzialrat Struzl und seinem leider früh ver­storbenen Vorgänger Peter Strahammer, den ich ausdrücklich erwähnen möchte, ein Herzeige- und Vorzeigeunternehmen für Österreich und weit darüber hinaus geworden.

Es geht daher bei der Frage nach der Zukunft der voestalpine vor allem um folgende Ziele:

Erstens geht es um die Sicherung der Arbeitsplätze, auch der Arbeitsplätze im vor- und nachgelagerten Bereich, denn die voestalpine löst beachtliche Arbeitsplatzeffekte im gesamten Zentralraum und in ganz Oberösterreich aus.

Zweitens: Es geht darüber hinaus um den Wirtschaftsstandort Oberösterreich, denn das Vorhandensein starker Leitbetriebe ist für die Qualität einer ganzen Region von entscheidender Bedeutung.

Drittens: Es geht um die Entwicklung des Unternehmens, insbesondere darum, dass das vom Vorstand entwickelte Konzept „VOEST 2010“ mit einem Investvolumen von 2 Milliarden € und weiteren 800 bis 1 000 Arbeitsplätzen tatsächlich umgesetzt werden kann und nicht durch das Eingreifen möglicher strategischer Partner verändert wird.

Als am 22. Juni über das „profil“ bekannt wurde, dass mögliche strategische Partner ihre Hand in Richtung voest strecken, bin ich noch am nächsten Tag, also am 23.,


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sowohl zum Bundeskanzler als auch zum Finanzminister gefahren und habe die ober­österreichischen Interessen, wie ich sie einleitend geschildert habe, sehr eindeutig klargestellt.

Meine Damen und Herren! Ich stehe hinter der voest, und ich stehe hinter einer guten Zukunft für dieses Vorzeigeunternehmen! (Beifall bei der ÖVP und den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

Ich möchte mir das ein wenig als Erfolg anrechnen. Oberchristl, der Betriebs­rats­vor­sitzende, hat in einer Aussprache sogar auch betont, dass ich am selben Abend des 23. Juni noch eine gewaltige Veränderung des bis dahin bestanden habenden Priva­tisierungsauftrages erreicht habe, und zwar in der Form, dass aus dem Privati­sierungsauftrag herausgenommen wurde, dass ein strategischer Partner eine mögliche Alternative bei der Privatisierung wäre. Der strategische Partner war an diesem Abend weg, wofür ich dem Bundeskanzler und dem Finanzminister danke. (Beifall bei der ÖVP.)

Stattdessen wurde Folgendes in den Privatisierungsauftrag aufgenommen: Erstens der österreichische Kernaktionär, zweitens die Wahrung der Einheit des Unternehmens; die voest ist heute ein integriertes Unternehmen, ein klares Nein zur Filetierung und Zerschlagung (Beifall bei der ÖVP und den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ); drittens die Erhaltung des Standortes Linz für die Unternehmensleitung und für die For­schungs- und Entwicklungstätigkeit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Oberchristl hat wörtlich erklärt: Dass der stra­tegische Partner weg ist durch die Verhandlungen des Landeshauptmanns, war schon sicher eine Leistung. Das möchte ich überhaupt nicht schmälern.

Meine Damen und Herren! Ich habe damals von der ersten Stunde an klargemacht, dass ich nur für vernünftige Lösungen im Zusammenhang mit der voest zu haben bin!

Wie können solche vernünftigen Lösungen ausschauen? – Für mich gibt es zwei Sze­narien. Das eine ist das Beibehalten der derzeitigen Struktur. Dagegen habe ich nichts einzuwenden. Der Antrag, den meine Fraktion eingebracht hat, hat diese Alternative auch enthalten, das wird nicht gesagt. Ich verhehle aber nicht, dass mir für die Zukunft der voestalpine eine starke oberösterreichisch-österreichische Kernaktionärslösung si­cherer erscheint als das Halten der Anteile durch die ÖIAG, und ich werde das auch begründen.

Der erfolgreiche Weg der voestalpine hat erst mit der Entstaatlichung 1985 begonnen. Die Jahre davor, als mit einem Zuschuss von 105 Milliarden Schilling gearbeitet wurde, möchte ich gar nicht in Erinnerung rufen, sie sind uns allen bekannt. Natürlich hat auch die internationale Stahlkrise und so weiter eine Rolle gespielt. Das ist uns allen be­kannt. Jedenfalls hat der erfolgreiche Weg 1985 mit der Teilprivatisierung der voest be­gonnen, und man befindet sich jetzt auf einem besonderen Höhepunkt, weil die Unter­nehmensleitung, wie sie derzeit besteht – und es kann keinen Verdacht geben, dass das unsere Parteifunktionäre wären –, den Weg konsequent weitergegangen ist.

Ich würde nie hier stehen und sagen: Ich plädiere eher für den Weg der weiteren Teil­privatisierung!, würde der Generaldirektor der voest nicht sagen: Bitte, schnell und ganz privatisieren, weil das für das Unternehmen, für die Sicherheit der Arbeitsplätze und für die Zukunft der voestalpine der bessere Weg ist! (Bundesrätin Schicker: Das hat er nicht gesagt!) Ich kann Ihnen das belegen! Würde die Unternehmensleitung das nicht sagen, dann würde ich bei dem Erfolg, den die voest heute hat, diese Forderung nie als eine der zwei Möglichkeiten unterstreichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich zitiere Herrn Generaldirektor Struzl. – Er hat gesagt, dass es keine Frage ist, dass er den Weg eines oberösterreichisch-öster-


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699. Sitzung / Seite 52

reichischen Kernaktionärs proaktiv unterstützt. Wörtlich erklärte er: „Die ganze letzte Diskussion beflügelt uns geradezu, endgültig privatisiert zu werden. Es ist ja kein Ge­heimnis, dass ich den Oberösterreich-Fonds proaktiv unterstütze.“ – Ende des Zitats.

Meine Damen und Herren! Ich kann das nachvollziehen! Wissen Sie, warum? Die ÖIAG ist mit ihrem jetzigen Auftrag ein Anteilsverwalter, aber kein Gestalter. Von ihr werden keine Initiativen, etwa im Forschungsbereich, ausgehen. Von ihr wird in Zu­kunft niemals eine Kapitalzufuhr zu erwarten sein. Sie ist nämlich letztlich als Priva­tisierungsagentur konzipiert. Die voest braucht aber einen starken Eigentümer. Sie braucht keinen strategischen Partner, weil die Unternehmensleitung stark ist, weil das Konzept stimmt und weil man nicht auf halber Strecke jetzt das Konzept verändern soll. Daher wäre ein strategischer Partner falsch. (Beifall bei der ÖVP.) Ein guter Eigen­tümer wäre hingegen wichtig.

Ich sage Ihnen als oberösterreichischer Landeshauptmann ganz offen: Ich habe zu un­se­ren Unternehmungen – und ich kenne jene, die sich in diesem Oberösterreich-Fonds zusammenschließen – ganz großes Vertrauen, dass sie es ernst meinen und dass sie mit der voest das Beste vorhaben. Ich glaube, dass es für die voest, für die Arbeits­plätze und für die Mitarbeiter der bessere Weg wäre, diese starken Eigentümer zu haben, die sich mit Oberösterreich identifizieren und die in ihren Betrieben schon ge­zeigt haben, dass sie es können.

Ich erinnere daran: Generaldirektor Scharinger hat mit Raiffeisen 49 Prozent der Lan­deshypothekenbank gekauft. Damals hat man gesagt: Na ja, die werden zusam­men­führen, die werden entlassen, die werden Arbeitsplätze vernichten. – Nein! Beide Un­ternehmungen sind heute stärker, und die Zahl der Arbeitsplätze ist gewaltig gestiegen.

Das ist ja auch das Problem, das wir mit Magna haben. Ich bin kein Magna-Hasser! Aber der ist nach Steyr gekommen und hat sich nach zwei Jahren und nach großen Wor­ten dort wieder verabschiedet. Wir haben mit dem jetzigen Eigentümer Glück gehabt, denn er macht aus dem Unternehmen das Beste, das sei überhaupt nicht bestritten. Aber ein Verdacht besteht natürlich: Es könnte einer kommen, egal, wie er heißt, der nur Interesse an einer Division des Unternehmens hat, und dann könnte es zu einer Filetierung kommen. Die voest würde wieder in die Stahlabhängigkeit und in die Abhängigkeit des internationalen Stahlpreises kommen. Heute macht der Stahlteil nur 47 Prozent aus. Die anderen Divisionen sind stärker geworden, und damit ist die voest als integriertes Unternehmen auch stabiler auf dem internationalen Markt gewor­den. Darum geht es uns!

Ich meine, wir sollten die Fragen rund um die voest wirklich entparteipolitisieren, denn es tut dem Unternehmen ungeheuer schlecht, dass es jeden Tag parteipolitisch in den Gazetten ist. Ich sage Ihnen ganz offen: Das ist nicht gut! Ich bin natürlich froh über jede Initiative, die sich pro voest entwickelt hat, aber die Unternehmensleitung sagt mir: Haltet uns mehr aus der Politik heraus, das ist für uns international nicht gut!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir wurde der Vorwurf der Frau Bundesrätin Hedda Kainz mitgeteilt, dass die ÖVP Arbeitsplätze in Oberösterreich vernichtet. – Dazu möchte ich in aller Klarheit sagen, dass ich von der ersten Stunde an wie ein Löwe um die Arbeitsplätze in der voest kämpfe; mich wundert ein derartiger Vorwurf, weil ich mit der Frau Bundesrätin eigentlich immer ein sehr korrektes, gutes Verhältnis gehabt habe. Wenn Sie sagen, dass Arbeitsplätze vernichtet werden, muss ich darauf erwidern: So einen Wahnsinnigen, der in Zeiten wie diesen Arbeitsplätze vernichtet, werden Sie sich wohl nicht vorstellen können! Wenn darüber gesprochen wird, dann ist es eine Diskussion um den besseren Weg, wie Arbeitsplätze gesichert werden können, und eine solche Diskussion wird in der Demokratie immer erlaubt und legitim sein. Das muss sie sogar! (Beifall bei der ÖVP.)


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Nach der gestrigen ÖIAG-Sitzung müssen wir halt zur Kenntnis nehmen: Der Eigen­tümer hat eine Entscheidung getroffen, und auf der Basis dieser Entscheidung müssen wir jetzt gemeinsam das Beste für die voest machen. Und dem Scharinger, Herr Kollege Kraml, geht es absolut nicht um den Pühringer, sondern ihm geht es um eine gute Lösung. (Bundesrat Kraml: Dann hat er sich falsch ausgedrückt!) Glauben Sie mir: Um mich braucht sich der Scharinger keine Sorgen zu machen, ganz sicher nicht! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielmehr geht es darum, dass wir jetzt eine Chance haben. Und ich sage es noch einmal: Das ist nicht meine Entscheidung und nicht die Entscheidung des Bundeslandes Oberösterreich. (Bundesrat Gasteiger: Aber die Ihrer Parteifreunde!) Aber wenn verkauft wird, dann haben wir jetzt eine Chance: Wenn wir durchsetzen, dass ein oberösterreichischer Kernaktionär am Ende des Ta­ges mehr als 50 Prozent der voest-Aktien hat, denn rund 20 Prozent sind schon in oberösterreichschen Händen – in Händen der Belegschaft und der Oberbank, bei Kleinaktionären und bei der Raiffeisenlandesbank –, wenn also jetzt etwa 28 Prozent dieser 34 in Richtung Oberösterreich gehen, sei es durch Finanzinvestoren, durch Börsegang, durch Aufstockung der Mitarbeiterbeteiligung – und die Mitarbeiter sind dazu bereit –, dann ist die voest mit über 50 Prozent in den Händen der Ober­öster­reicher, und etwas Besseres kann ich der voest ehrlich gesagt aus meiner Sicht nicht wünschen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Abschluss möchte ich in aller Klarheit sagen, wofür ich stehe: Ich stehe nicht für Reverstaatlichung, damit das einmal klar ist! Zweitens stehe ich absolut für keinen Auslandsverkauf und drittens für keine Filetie­rung des Unternehmens und für keine Verlagerung des Entscheidungsstandortes Linz. Für einen Auslandsverkauf, für eine Filetierung oder für eine Verlagerung der Entschei­dungen weg von Linz bin ich also nicht zu haben. Und wofür ich auch nicht zu haben bin, ist eine so genannte „hatscherte Lösung“. Ich sage Ihnen ganz offen: Dass die ÖIAG sagt: Gestalten werden wir nichts mehr, aber wenn es nicht anders geht, dann las­sen wir das halt noch in unseren Büchern stehen! – davon hat das Unternehmen nichts. Es muss einen gestaltenden Eigentümer geben, aber keinen strategischen Partner, das braucht dieses Unternehmen nicht!

Meine Damen und Herren! Ich versuche immer, vom positiven Ansatz auszugehen. Ich glaube, uns alle – und das nehme ich jetzt einmal für alle Fraktionen an – eint die Sorge um die Zukunft der voestalpine. Uns eint die Sorge um die Arbeitsplätze, um die Unternehmenszukunft und um den Wirtschaftsstandort. Ich bedaure, dass es nicht gelungen ist, im ersten Anlauf auf breiter Basis einen oberösterreichischen Standpunkt zu vertreten. Ich habe ganz bewusst in unserem Antrag, im Antrag der ÖVP-Fraktion beide Varianten offen gelassen: ÖIAG-Anteilsbesitz oder oberösterreichisch-österrei­chischer Aktionär. Ich freue mich, dass diese Position im Wiener Parlament, im Na­tionalrat eine Mehrheit gefunden hat. Ich sehe, dass sich dafür jetzt auch eine Mehrheit in der öffentlichen Diskussion findet.

Glauben Sie mir: In einem für unser Bundesland so entscheidenden und wichtigen Thema würde ich nie die Position beziehen, dass es zur Alternative eins auch eine Alternative zwei geben kann, wenn ich nicht zutiefst davon überzeugt wäre, dass auch die Alternative zwei ein guter Weg für das Unternehmen ist. Tun wir alles! Wir Ober­österreicher stehen zur voest, wir stehen zu diesem Leitbetrieb, und wir wollen auch, dass in Zukunft die Oberösterreicher an diesem Unternehmen eine Mehrheit haben. Dann ist das Unternehmen nämlich – Sie werden verzeihen, wenn ich das als ober­österreichischer Landeshauptmann so sage – sicherlich in guten Händen, und nichts


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699. Sitzung / Seite 54

anderes möchte ich. Ich bitte die Länderkammer, uns dabei zu unterstützen! (Beifall bei der ÖVP und des Bundesrates Hagen.)

15.58

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Engelbert Weil­har­ter. – Ich erteile ihm das Wort.

 


15.59

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Landeshauptmann! Werte Damen und Herren! Ich widerspreche Kol­legin Schicker diesmal nicht, denn sie hat in ihren Ausführungen sinngemäß ge­meint, dass die Obersteiermark – und es war damit die steirische Industrie- und Ver­staatlichtenregion, das Mürz- und Murtal und der Bereich um Liezen gemeint – in der Vergangenheit immer sehr sträflich behandelt beziehungsweise vernachlässigt wurde, um in ihrer Diktion zu bleiben.

Wir befinden uns diesbezüglich im Konsens. Allerdings, Frau Kollegin Schicker, fällt mir dazu natürlich auch ein Name ein: Es gab einen Bundesminister Streicher, der auch für die Verstaatlichte und für diese Region verantwortlich war. Daher – wir sind da, glaube ich, einer Meinung, wenn ich Sie richtig verstanden habe – waren es auch die Sozial­demokraten, die die Anliegen der Obersteiermark in der Vergangenheit nicht ernst ge­nommen haben.

Meine Damen und Herren! Herr Landeshauptmann Pühringer hat in seiner Erklärung auf drei Punkte hingewiesen und in seinen Schlussbemerkungen noch einmal darauf ver­wiesen, dass ein Punkt für ihn ein ganz wesentlicher sei, nämlich die voestalpine. Es darf keinen Auslandsverkauf geben. Das heißt aber auch, Herr Landeshauptmann, dass Sie sich mit Ihrer Position gegen das EU-Grundrecht der Kapital- und Warenfrei­heit richten. Sagen Sie das bitte auch dazu, dass Sie jetzt in der Europäischen Unions­frage eine andere Position einnehmen!

Meine Damen und Herren! Nun zur Dringlichen Anfrage der sozialdemokratischen Fraktion. In dieser wird gleich auf Seite 1 – Sie gestatten, Herr Präsident, dass ich zitiere – in der Begründung auf Folgendes hingewiesen: 

„Im Bereich der Industriepolitik müssen – aufgrund der Bedingungen der neuen Welt­wirtschaft im Zeichen der Globalisierung – dementsprechend offensive, dem Standort Österreich und nicht kurzfristiger Geldbeschaffungsaktionen verpflichtete, politische Entscheidungen gesetzt werden.“– Zitatende. So gut und schön.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Das heißt aber auch – wenn ich umformuliere oder letztlich interpretiere –, Sie legen den Stil oder das Motto an den Tag: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass! Das aus folgendem Grund: Einerseits reden Sie der Globalisierung das Wort, und andererseits versuchen Sie in dieser Frage doch auch den Kantönligeist hervorzuheben.

Es steht dann weiter in Ihrer Dringlichen Anfrage auf Seite 2 zu lesen – ich darf wieder zitieren –: „Zur Geldbeschaffung werden gutgehende Industriebetriebe beziehungswei­se Anteile an diesen von der Bundesregierung verscherbelt, das Familiensilber ver­kauft. Und gerade die besten Stücke oft zu nicht marktkonformen, niedrigen Preisen ver­schleudert.“ – Zitatende.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie sagen: verkauft. Meine Information, un­sere Information ist: Es ist noch nicht verkauft! Ich frage Sie: Was ist bisher im Bereich der voestalpine verkauft? Es müsste da viel eher heißen: Es ist in der Vergangenheit verwirtschaftet worden.


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War es die SPÖ/ÖVP-Regierung? Es ist verschuldet worden im Bereich der Verstaat­lichten, in Milliardenhöhe, der Herr Landeshauptmann hat darauf hingewiesen. Es war eine SPÖ/ÖVP-Regierung verantwortlich, und es ist in diesem Bereich abgewirt­schaf­tet worden, das könnte man auch sagen – aber es ist in der Verantwortung einer SPÖ/ÖVP-Regierung gelegen!

Sie sprechen in Ihrer Dringlichen Anfrage davon, dass da Familiensilber verkauft wür­de. Sie wissen wahrscheinlich, Frau Kollegin Schicker, wovon Ihre Fraktion redet. 30 Jah­re SPÖ-Politik hat viel Familiensilber gekostet, 30 Jahre Schuldenpolitik hat viel Familiensilber gekostet. (Bundesrätin Schicker: Wir haben damit auch viel Familien­silber geschaffen!) Diese Hypothek wird jetzt leider auch im Bereich der Verstaatlichten durch Ihre Budgetpolitik in der Vergangenheit schlagend.

Ein Schlagwort, wo Sie die alleinige Verantwortung tragen: „Konsum“. War es auch Fa­miliensilber?

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie wollen die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung arg in Misskredit bringen. Ich meine vielmehr, die Saat ist aus­gebracht worden in jener Zeit, als Sie die Verantwortung getragen haben. Das Ergeb­nis schlägt sich jetzt leider sehr schwer zu Buche. Es gibt nichts zu ernten in diesem Bereich, denn die Saat, die Sie damals ausgebracht haben, war nicht vorhanden, son­dern wir dürfen vielmehr die Schulden verwalten, versuchen, zu konsolidieren, und weiterhin für Ihre Politik Zinsen zahlen.

Meine Damen und Herren! Die Schuldenpolitik der voestalpine hat jetzt bei weitem die Bonität, den Wert des Unternehmens überschritten. Sie erklären auf Seite 3 in Ihrer Dringlichen Anfrage – und ich darf wieder daraus zitieren –, weshalb Sie diese Dring­liche Anfrage heute stellen: „Dies deswegen, da der Verkauf der voestalpine-Anteile tausende Arbeitsplätze in den betroffenen Bundesländern gefährdet, aber auch das Industrie- und Standortklima in diesen Regionen schädigt.“ – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Diese Argumentation erinnert mich an jene Diskussion, die wir in der Steiermark zu führen hatten, als es um den Verkauf des Puch-Werkes ging, als es darum ging, die Steyr-Fahrzeugtechnik anderen Eigentümern zu übertragen. Fak­tum ist aber auch, dass durch die neuen Eigentümerstrukturen im Bereich der Steyr-Fahrzeugtechnik, Steyr-Puch, Tausende neue Arbeitsplätze geschaffen wurden und eine wirtschaftliche Entwicklung, die sich sehen lassen kann, erreicht wurde.

Auf Seite 5, erster Absatz, in Ihrer Dringlichen Anfrage verweisen Sie darauf – Frau Kollegin Kainz hat das in der Begründung der Dringlichen auch getan –, dass sich mit diesem Thema auch der Steiermärkische Landtag auseinander gesetzt hat. – Das ist richtig. Das Ergebnis dieser Landtagsdebatte sollten Sie auch kennen, meine Damen und Herren!

In dieser Debatte im Steiermärkischen Landtag kam zutage, dass den Niedergang der Verstaatlichten in der Steiermark, dass die „Konsum“-Pleite die SPÖ zu verantworten hat. Wenn es auch schon einige Zeit zurückliegt, Tausende Betroffene, im negativen Sinne, gibt es heute noch. – Das sollten Sie sich für Ihre Begründung in Zukunft zu Herzen nehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.05

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Stefan Schennach das Wort.

 


16.06

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Herr Präsident, ich würde Sie ersuchen, gerade als un­seren Gralshüter der BR-Geschäftsordnung und Befasser anderer Fragen, in der


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Präsidiale einmal die Problematik anzuschneiden, dass es sich bei Nationalrat und Bundesrat, bei Nationalrat und Bundesrat doch um zwei getrennte Kammern in einem Haus handelt und dass vielleicht in Hinkunft von Regierungsmitgliedern so viel Respekt gegenüber der zweiten Kammer zu erwarten ist, dass diese nicht nur auf Antworten, die im Nationalrat gegeben wurden, verweisen – insbesondere bei dringlichen De­batten –, sondern auch auf bei dringlichen Debatten im Bundesrat gegebene Antworten Bezug nehmen.

Das, was Finanzminister Grasser heute getan hat, nämlich ständig nur auf Beant­wortungen im Nationalrat zu verweisen, entspricht nicht dem Selbstverständnis der zweiten Kammer. Das sollte man in der Präsidiale einmal prinzipiell diskutieren. (Beifall bei der SPÖ und der Bundesrätin Kerschbaum. – Bundesrat Dr. Böhm: Das war ges­tern inhaltsgleich! Es war gestern alles inhaltsgleich!)

Nichtsdestotrotz, Herr Klubobmann Böhm, ist der Anspruch darauf, dass sich die zweite Kammer auf eine Zitierung in sich selbst stützen kann, durchaus berechtigt, ebenso auf eine Zitierung in Richtung Nationalrat, die man dann hier zur Ausführung bringt. (Bundesrat Weilharter: Herr Kollege! Für ein Kommunikationsmanko in Ihrer Partei können Sie nicht ...!) – Herr Weilharter, ich will Ihnen ja nur helfen. Sie haben mit Ihrem Abstimmungsverhalten zum Budgetbegleitgesetz dem Bundesrat auf Wochen hinaus in den Medien ohnedies nicht das beste Bild beschert. Jetzt würde ich Ihnen einmal vorschlagen, dass wir gemeinsam an jenem Strang ziehen, der dieser zweiten Kammer jene Achtung wieder zurückerkämpft, die sie verdient. (Bundesrat Hagen: Sie beschmutzen den Bundesrat mit diesen Aussagen, Herr Kollege!)

Sprechen wir über die Beantwortung der Anfragen. – Herr Minister Grasser ist bereits gegangen. Verständlich, bedenkt man die Stimmung. Es gab auch andere Zeiten, als alles Wonne und Waschtrog für ihn war, vom Gokart bis zum Sunnyboy, vom Applaus via Medien bis zum Villacher Fasching und Wörthersee, bis zum Nulldefizit-Chiffre. Das Leben hat sich für ihn, seit er die Chiffre KHG gefunden hat, irgendwie dramatisch ver­ändert. Selbst der Applaus kommt nur mehr von einer Seite. Seine frühere Fraktion hat ihm heute kein einziges Mal Applaus gespendet. (Bundesrat Dr. Böhm: Das ist nicht wahr! – Bundesrat Gasteiger: Wohl, wohl! Wir haben es gesehen!) Ich habe gesagt: von der Fraktion. Herr Böhm, wenn Sie sich als Fraktion sehen, gut. Ich würde das nicht tun. (Beifall bei der SPÖ und der Bundesrätin Kerschbaum. – Bundesrat Dr. Böhm: Als Vorsitzender ...!) Sie haben den Vorsitz, aber wenn Ihnen das letzte Mal neun Abgeordnete nicht gefolgt sind, so ist das halt mit dem Vorsitz auch so eine Sache. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.)

Das Problem, Herr Kollege Himmer, ist, dass sie einmal mit Ihnen abgestimmt haben und einmal mit uns, und somit hat sich das Ganze auf einer Schräge befunden.

Nun, wir haben heute ein Network KHG von Spendenfonds, Stiftungen, Vereinen, und all diese Dinge sind aufzuklären, auch wenn sich der Herr Finanzminister heute auf dieses Schreiben von Trimedia beruft. Letztlich hat Trimedia nur gesagt: Der Vortrag ist nicht zustande gekommen, es ist kein Honorar geflossen. – Mehr ist da nicht heraus­zulesen.

Mir kommt das irgendwie vor wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde: Auf der einen Seite führt der Finanzminister doch wohl die massivsten Gebührenerhöhungen, Steuer- und Abgaben­erhöhungen, die massivsten Abgabenerhöhungen, enorm schmerzhaft, durch, und auf der anderen Seite ist er der beste Fundraiser im sozialen Bereich. Das muss man einmal zusammenbringen! Ich werde ihn einmal bitten – ich meine, es gibt offen­sichtlich in diesem Land keinen besseren Fundraiser –, für so wohltätige Organisa­tionen wie die Kinderdörfer, die Aids-Hilfe, Asyl in Not ein Fundraising-Seminar abzu­halten – unentgeltlich, hoffentlich! (Beifall bei der SPÖ und der Bundesrätin Kersch-


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baum.) Dann wäre in seiner Nominierung wahrscheinlich einmal etwas Positives zu sehen.

Der geschätzte Herr Landeshauptmann aus Oberösterreich hat hier und heute deutlich gemacht, dass er die Notbremse gezogen hat, die Notbremse gegenüber dem Finanz­minister. Das heißt es nämlich, wenn man die diplomatischen Worte des Herrn Lan­deshauptmannes interpretiert. Durch seine Initiative nämlich – wenn es so ist, wie auch Oberchristl bestätigt – ist der strategische Partner rausgekommen. Das heißt, er hat dem Netzwerk KHG, Freundeswerk, was auch immer, offensichtlich einen ganz emp­findlichen Dolchstoß versetzt. Der 24.6.2003 mit der neuerlichen – wie sagt man das jetzt? – Präzisierung des Privatisierungsauftrages ist ja letztlich nichts anderes als eine Notbremse, eine Notbremse in Bezug darauf, was sich hier bereits abgespielt hat.

Kollege Kneifel – er ist jetzt nicht da –! Es geht jetzt nicht um die Eigentümerstruktur, nicht darum, ob der Staat Eigentümer ist oder eine Privatisierung besser ist, es geht nicht darum, ob heilige Kühe oder nicht. Der Staat kann in dem einen oder anderen Fall ein sehr guter Unternehmer sein, er kann aber auch ein sehr schlechter Unter­nehmer sein, insbesondere dann, wenn Parteien in sehr massiver Form über die Mütze Staat hineinregieren. Herr Struzl hat gemeint, die Politik solle sich heraushalten, aber er hat auch gemeint: So schlimm, wie die Politik in den letzten Jahren hineinregiert hat, so schlimm war es noch nie!

Ich verstehe Herrn Landeshauptmann Pühringer. Er lässt ja zwei Varianten offen, und diese zwei Varianten enthalten auch jene Möglichkeiten, die meiner Meinung nach die richtigen sind, nämlich: Bis zum Jahr 2006 lassen wir, bitte, die Finger von der voest­alpine, bis zum Jahr 2006 soll sich das Unternehmen umstrukturieren, die Politik soll sich möglichst heraushalten, 25 Prozent plus eine Aktie bis zum Jahr 2006. – Das ist, glaube ich, im Sinne des oberösterreichischen Landeshauptmannes.

Die jetzige Debatte bringt für die Privatisierung nichts! Sie schadet den Gewinnen, Sie schadet dem Preis und sie schadet dem Image des Unternehmens. Wichtig wäre – da ist jetzt die Politik gefragt –, dass man genau jene Aufsichtsräte – jetzt sage ich wieder in Klammern KHG-Network dazu – entfernt, die selbst Kaufinteressen haben, und das sind Herr Wolf von der ÖIAG und Herr Grupp, der sehr wohl eigene Kaufinteressen hat.

Als Herr Stronach sogar gemeint hat, wir sollten das Ganze versteigern, bin ich sehr froh gewesen über die klaren Worte des Herrn Landeshauptmannes. Aber so, wie es uns der Herr Landeshauptmann heute dargestellt hat – nach dem, sagen wir einmal, seltsamen Entree Stronachs bei Steyr; es dauert zwei Jahre, und dann ist die Sache weg –, scheint es nicht zu sein, denn Grasser brachte Magna sehr wohl wieder ins Spiel, und zwar heute; und das, Herr Weilharter, ist in der anderen Kammer dieses Hauses geschehen, nämlich im Industrieausschuss. Der Finanzminister hat sich nicht dazu bekannt, dass der strategische Partner Stronach ad acta gelegt wurde. – Nein! Im Gegenteil: Grasser hat nach wie vor im Kopf, dass es eine Möglichkeit in Richtung Magna als strategischen Partner geben könnte.

Also da wird Herr Landeshauptmann Pühringer noch einiges zu tun haben – vielleicht gleich jetzt, wenn er beim Bundeskanzler ist –, um die hier von sehr vielen geäußerte Kritik und auch seine Kritik tatsächlich in eine Politik umzusetzen. Aber dass das mit dem Finanzminister geht, liebe Leute, das bezweifle ich, denn der Herr Finanzminister ist eben vielen verpflichtet. Diesen gegenüber ist er offensichtlich sehr treu, aber mir wäre es lieber, er wäre treu gegenüber den Leuten, die bei der voestalpine arbeiten, gegenüber dem Unternehmen, treu aber auch im Sinne der Industriepolitik, damit der Staat industriepolitisch noch Lenkungsaufgaben hat.


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Wenn man sagt, die ÖIAG ist ein Anteilsverwalter und kein guter Gestalter, so mag das stimmen, aber den Umstrukturierungsprozess, der – unter Struzl, Strahammer einge­leitet – ein erfolgreicher für das Unternehmen ist, jetzt durch eine komplette Eigentü­mer­veränderung zu verunsichern, wäre für das österreichische Vorzeigeunternehmen schlechthin fatal. (Beifall bei der SPÖ.)

Kommen wir nun zu jenem Bereich der Dringlichen Anfrage, der die Privatisierung der Bundeswohnbaugesellschaften betrifft. Minister Bartenstein hat gemeint, der Herr Finanzminister hat es heute wiederholt: Mit 1 Milliarde Schilling, also mit umgerechnet 70 Millionen € wäre er zufrieden.

Meine Damen und Herren! Wir sprechen von 3 Millionen Quadratmetern Wohnfläche, von 5 Millionen Quadratmetern unbebaute Grundstücke, von 432 Gewerbeeinheiten, von 41 Sonderimmobilien! Wer sich dafür heute mit einer Summe von 70 Millionen € zufrieden gibt, der verzichtet auf die Erreichung des Fünfundzwanzigfachen, was tat­sächlich möglich wäre. (Demonstrativer Beifall des Bundesrates Mag. Gudenus. –Staatssekretär Dr. Finz: 600 000 Millionen € ...!) – Wenn wir derzeit davon ausgehen, dass es ein österreichisches Kaufinteresse gibt, das in etwa 1,8 Milliarden € ausmacht, dann sind auch die 600 Millionen, von denen Sie jetzt sprechen, Herr Staatssekretär, ein Minimum, dann könnten Sie sich bei Ihrer Abfangjäger-Finanzierung wahrscheinlich hundertmal leichter tun.

Ich frage mich: Welches Interesse steht dahinter, die Bundeswohnbau-Anteile der­maßen billig und nicht eigentumsbildend für jene, die darin wohnen, in den verschie­densten Varianten zu veräußern? Ich hege hier massiv die Befürchtung, dass diese Unterschreitung der Einkommen – und das ist übrigens auch eine Verschleuderung von Gemeinschaftsvermögen – allen Möglichen zugute kommt, nicht aber dem Staat, nicht den Leuten, die darin wohnen. Diese schaffen kein Eigentum, schaffen aber auch nicht jene Erlöse, die dadurch erzielt werden könnten.

Was die Bundeswohnbaugesellschaften betrifft, so sind dazu dermaßen viele Fragen offen und ist der Kurs, der derzeit eingeschlagen worden ist, dermaßen fatal, dass ich Sie bitte, Herr Staatssekretär, heute und hier auch dazu Auskunft zu geben, denn es gibt Prognosen und Berechnungen, die die 600 Millionen € dermaßen weit überschreiten, nämlich bis auf 2,1 Milliarden Schilling, dass es an der Zeit ist (Bun­desrat Dipl.-Ing. Bogensperger: Euro!) – Euro natürlich; habe ich Schilling gesagt? – dann bitte ich um Entschuldigung –, dass ein Regierungsmitglied heute und hier dazu Stellung nimmt. Ich betrachte das nämlich als einen unglaublich skandalösen Vorgang.

Meine Damen und Herren! Der Herr Finanzminister ist derzeit nicht da. Er kann uns auch die Fragen, die an ihn direkt gerichtet wurden, nicht beantworten. Ich nehme an, dass wir das bei Gelegenheit mit ihm nachholen müssen. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Kerschbaum.)

16.20

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Wimmler das Wort.

 


16.21

Bundesrätin Herta Wimmler (ÖVP, Steiermark): Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Weil Frau Kollegin Schicker die Industriepolitik unserer Frau Landeshauptmann eher negativ apostrophiert hat, möchte ich ihr sagen, dass ich sehr wohl weiß, wie viele Einzelgespräche die Frau Landes­hauptmann mit führenden Personen aus der damaligen Verstaatlichten und den nun­mehrigen Betrieben geführt hat und noch immer führt. (Bundesrätin Schicker: Jetzt ist sie in der voest-Frage nicht präsent!) Aber auch ihre Vorgänger haben sich damals


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wirklich bemüht (Bundesrätin Schicker: Jetzt ist sie nicht präsent!) – nur nicht in Be­triebsversammlungen so wie Ihre Politiker, sondern in Einzelgesprächen, wo sie ver­sucht haben, doch etwas Positives zu erreichen und zu leisten. (Bundesrätin Schicker: Sie ist jetzt nicht präsent! Ich höre nichts von ihr!) – Sie schreibt auch nicht immer und geht auch nicht an die Öffentlichkeit, sondern sie macht vieles in Einzelgesprächen, und auch mit dem Herrn Landeshauptmann von Oberösterreich ist sie immer in engster Verbindung. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Schicker: Man merkt das aber nicht! Man merkt das nicht!)

Wie gesagt – ich möchte das noch einmal betonen –: Sie macht das in Einzel­gesprä­chen und nicht in Betriebsversammlungen so wie Ihre Politiker, denn dort kommen wir ja gar nicht zu den Leuten. (Oh-Rufe bei der SPÖ. – Bundesrätin Schicker: Alle Fabrikstore sind offen, Frau Kollegin! Kommen Sie nach Donawitz!)

Ich möchte ein wenig aus der Erfahrung meiner Tätigkeit in der Verstaatlichten oder der Böhler-Ges.m.b.H. sprechen, wo ich als Mitarbeiterin und Betriebsrätin tätig war, weshalb ich Ihnen schon sagen kann, wie es damals zugegangen ist.

Ich bin froh, dass der voestalpine bei der Privatisierung jetzt solche Vorgaben gegeben werden, dass sie nicht in Sparten aufgeteilt wird (Bundesrätin Schicker: Richtig!), obwohl es auch bei uns, bei Böhler, diese Zerschlagung gegeben hat (Bundesrätin Schicker: Hat es auch schon gegeben!) und wir heute sehr wohl sagen können, dass diese Betriebe als privatisierte Betriebe hervorragend funktionieren und in Ordnung sind. Natürlich ist es so, dass das Lohnniveau nicht immer das gleiche war wie in der ehemaligen Firma Böhler, aber die Betriebe, die gute Leute brauchen, müssen diese auch entsprechend bezahlen, sonst bekommen sie sie ja gar nicht.

Ich möchte schon sagen: Hie und da kommt es mir jetzt bei der voestalpine auch so vor, als würden – so wie damals – Pfründe verteidigt werden müssen, Pfründe von Be­triebsräten (Zwischenruf des Bundesrates Molzbichler) und Pfründe von Beleg­schafts­vertretern. (Bundesrat Reisenberger: Wissen Sie, was Sie da jetzt sagen? – Bun­desrat Hösele: Das weiß sie, ja! Das weiß sie!) Im Zusammenhang mit Böhler fällt mir dabei nur etwa der Name Rechberger ein. (Bundesrat Reisenberger: Das ist unglaub­lich!)

Weil Frau Kollegin Kainz gesagt hat, es gehe um die Kaufkraft, es gehe um die Kür­zung von Löhnen, es gehe um die Lebensplanung, möchte ich Ihnen nur sagen: Wir haben damals auch keine Lebensplanung machen können, als wir mit 50 bezie­hungs­weise 55 in die Arbeitslosigkeit beziehungsweise in die SUG geschickt worden sind. (Bundesrat Kaltenbacher: In die SUG ... in Pension! Jetzt gibt es sie nicht mehr!) So manche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben damals noch Kinder in der Ausbildung gehabt! Weil wir jetzt gerade das Pensionssicherungsgesetz beschlossen haben (Zwi­schen­ruf des Bundesrates Reisenberger), möchte ich Ihnen sagen (weitere anhal­tende Zwischenrufe bei der SPÖ – Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen), dass es sehr wohl auch uns so ergangen ist (Bundesrat Kaltenbacher: Wissen Sie, was sich da jetzt abspielt? Unwahrscheinlich!), dass wir nicht so viel Pension, nicht so hohe Pensionen bekommen konnten, weil wir eben viel früher gehen mussten – muss­ten, muss ich sagen. (Bundesrat Kaltenbacher: In die SUG sind Sie gegangen und dann in Pension! Jetzt gehen die Leute in die Arbeitslosigkeit!) – Ich habe aber viel weniger Jahre. Sie müssen einmal meine Pension mit anderen Pensionen verglei­chen – das dürfen Sie auch nicht vergessen, bitte!

Deshalb bin ich sehr froh, wenn ich das mit unserem jetzigen Betrieb Böhler-Uddeholm mit einem Vorstandsdirektor Dr. Claus Raidl vergleiche: wie dieser Betrieb jetzt funk­tioniert und wie viele Mitarbeiter dort motiviert sind, mitzutun! Natürlich ist die Zeit der


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Verstaatlichten auch bei den Mitarbeitern längst vorbei und kommt nicht wieder. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

Wenn jetzt beschlossen wird, dass das Unternehmen eine Struktur mit einem öster­reichischen Kernaktionär bekommt, dass die Einheit der voestalpine bewahrt wird und dass Forschungs- und Entwicklungskapazitäten ausgebaut werden, so finde ich wich­tig, dass das schriftlich festgehalten ist, und ich halte das auch für eines der wesent­lichen Dinge, die eine Regierung in diesem Zusammenhang tun kann.

Wie der Herr Bundesminister schon gesagt hat, hat die ÖIAG seit dem Jahr 2000 durch die Privatisierungen ihre Schulden von 6,3 Milliarden € auf 2 Milliarden € reduzieren können. Ich denke, das ist auch etwas, was ganz wichtig war, denn ich weiß, dass die ÖIAG diesbezüglich keinen Handlungsbedarf gesehen hat oder einen solchen auch nicht zeigen konnte. Daher hat die Bundesregierung ja beschlossen, diesen Privati­sie­rungsauftrag für die laufende Legislaturperiode zu erteilen, wobei ich auch sehr froh bin, dass es, wie dies heute auch der Herr Landeshauptmann und der Herr Bundes­minister gesagt haben, keine Eile hat. Man braucht heute nicht nach dem Nächst­besten Ausschau zu halten, der bereit ist, uns die voestalpine abzukaufen, sondern die voestalpine ist ein Superunternehmen mit guten Mitarbeitern, und wir können uns Zeit lassen.

Ich habe nur immer etwas dagegen, wenn den Familien gegenüber Angstmache betrie­ben wird. Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, gehen auf die Straße (Bun­desrat Molzbichler: Gott sei Dank geht jemand auf die Straße!), Sie sagen, es werde weniger Mitarbeiter geben, sie würden abgebaut, die Familien würden dann kein Einkommen haben oder sich der Armutsgrenze nähern. – Das finde ich nicht richtig, und es würde mir nie einfallen, dass ich eine solche Angsthetze gegenüber Menschen betreibe, die ja doch verunsichert sind, wenn sie so etwas hören! (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann sowie Bravorufe bei der ÖVP.)

Ich kann Ihnen nur sagen, dass es dasselbe damals auch in der Verstaatlichten und bei Böhler gegeben hat, und es hat sich dann – Gott sei Dank – alles als ganz anders herausgestellt. Allerdings waren diese Leute, die mit 50, beziehungsweise die Herren mit 55, dann freigesetzt waren, die dann auf der Straße standen, die größeren Motsch­kerer – und die haben alle eigentlich Ihrer Partei angehört! Leider Gottes hat es das auch gegeben.

Ich möchte Ihnen sagen: In Kapfenberg gibt es derzeit wesentlich mehr Beschäftigte, als es damals in der Verstaatlichten gegeben hat – Gott sei Dank! Leider haben wir einen Facharbeitermangel. Wir hoffen, dass es irgendwie einmal möglich sein wird, diesen auszugleichen. (Ruf bei der SPÖ: Ausbilden!) Ja, ausbilden, ausbilden, aus­bilden! (Bundesrat Gasteiger: ... alles verschachern und verschleudern!) Dann müssen sich aber auch andere Dinge ändern! Es muss dann aber auch so sein, dass nicht jeder sagt: Mein Kind ist so gut, es geht in eine höhere Schule und ist zu schlecht für einen Facharbeiter! (Bundesrätin Schlaffer: 55 000 Jugendliche sind arbeitslos! – Ruf bei der ÖVP: Wo?)

Da können Sie unheimlich viel dazu beitragen (Bundesrätin Schlaffer: 55 000 Jugend­liche sind arbeitslos! Die gehen in keine Schule!), dass diese Angst genommen wird, indem auch Sie sagen, wie wichtig und wie wertvoll Facharbeiter sind. Ich weiß es selbst: Ich habe nach der Matura eine Ausbildung zum Facharbeiter gemacht – also das ist überhaupt kein Problem. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Dr. Ka­novsky-Wintermann sowie Bravoruf bei der ÖVP.)

Ich wünsche mir für die voestalpine sowohl in Oberösterreich als auch in der Steier­mark einen guten Eigentümer. Ich wünsche mir für die Menschen, für die Mitarbei­terinnen und Mitarbeiter gesicherte Arbeitsplätze und einen gesunden Privatbetrieb.


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Dann sind alle Menschen wieder froh. (Ironische Oh-Rufe bei der SPÖ.) Ich denke, dass das auf diese Art und Weise möglich sein wird! (Beifall bei der ÖVP. – Bun­desrätin Schlaffer: „Alle sind glücklich“!)

16.30

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Stadler. Ich erteile ihm das Wort.

 


16.30

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Geschätzte Damen und Herren! Es ist schon sehr interessant, dass Herr Kollege Kneifel – er ist momentan nicht im Saal (Bundesrat Konecny: Der hat sich ver­ausgabt!), er hat sich in seinen Ausführungen verausgabt – uns vorwirft, hier eine pole­mische Diskussion zu führen oder polemische Ausführungen zu machen und Panik­mache zu betreiben. (Bundesrätin Roth-Halvax: Na stimmt es nicht?) Ich glaube, da müssen wir uns wirklich an die letzte Bundesratssitzung zurückerinnern, Frau Kollegin, als Kollege Kraml damals diesen Zeitungsbericht zur Kenntnis gebracht hat. Ich glau­be, es war gerade Kollege Kneifel, der in einer tatsächlichen Berichtigung (Bundesrat Konecny: Oh!), nach seinen Aussagen nach Rücksprache mit Herrn Landes­haupt­mann Pühringer – der aber leider auch schon wieder weg musste –, diese ­Zeitungs­meldung dementiert hat. (Bundesrat Konecny: Oh! – Bundesrat Gasteiger: Oh! He!) Ich glaube, das ist aus Ihren Reihen gekommen – von Zeitungsenten und Sonstigem. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Es ist hat sich näm­lich nach einigen Tagen schon Folgendes herausgestellt: Es ist die Wahrheit ans Ta­geslicht gekommen: In Geheimverhandlungen – Stichwort „Minerva“ –, von denen Finanz­minister Grasser anscheinend nichts gewusst hat, wurde zwischen Freuden des Finanzministers, den Vertretern von Magna und der ÖIAG über den Ankauf der voest­alpine-Bundesanteile verhandelt. – Ich glaube, das, was von unserer Seite kommt, ist nicht Panikmache, sondern das ist die Wahrheit – und die Wahrheit wird von Ihnen als Panikmache bezeichnet! (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Kerschbaum.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Auch Zeitungen haben manchmal Recht und schreiben manchmal auch die Wahrheit. (Ruf bei der ÖVP: „Manchmal auch“ ...!)

Aber jetzt zum Thema ÖIAG. – Geschätzte Damen und Herren! Durch den totalen Pri­vatisierungsauftrag von Finanzminister Grasser als Eigentümervertreter wurde der Abverkauf unserer gewinnbringenden Betriebe zu Schleuderpreisen eingeleitet. Der Wirt­schaftspolitik dieser schwarz-blauen Bundesregierung fehlt jede Zukunftsper­spek­tive. Zur momentanen Geldbeschaffung, Herr Staatssekretär, werden gut gehende In­dustriebetriebe beziehungsweise Anteile verscherbelt, Familiensilber wird verkauft. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Ausverkaufsorgie von Kanzler Schüssel und Finanzminister Grasser bei der ÖIAG gefährdet nicht nur unsere Konzernzentralen, sondern auch die für die Industrie lebensnotwendige Forschung und Entwicklung und damit letztendlich auch die Be­triebsstandorte und Arbeitsplätze. (Ruf bei der ÖVP: Das hat sich überholt, dein Konzept da!) – Das hat sich noch nicht überholt, glaube ich. Das ist keine Panikmache, und das hat sich auch nicht überholt. (Bundesrätin Schicker: Das kann man nicht oft genug sagen!)

Es sei hier auch noch festgehalten, dass es bei den Betrieben, die da zur Gänze ver­schleudert werden sollen, um hervorragende Betriebe geht, so wie zum Beispiel bei der voestalpine: Sie ist ein Paradebetrieb der oberösterreichischen Industrie. (Bun­des­rätin Schicker: Und der steirischen!) Im Geschäftsjahr 2002/2003 wurde das zweit-


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beste Ergebnis der Unternehmensgeschichte erzielt. Der Umsatz ist um 31 Prozent gestiegen! – Herr Kollege Steinbichler, das wirst du sicher wissen, weil du auch aus dem schönen Bundesland Oberösterreich kommst. – Der Vorstand der voestalpine steuert das industrielle Flaggschiff Oberösterreichs auf Erfolgskurs und sichert damit auch Tausenden Menschen ihren Arbeitsplatz. (Ruf bei der ÖVP: Das ist eh unbe­stritten!) – Das ist unbestritten? Das kommt aber bei Ihnen nicht so sehr zum Aus­druck!

Die einzige Lösung, die den in der voestalpine arbeitenden Menschen und ihren Fa­milien Sicherheit gibt, ist ein Veräußerungsstopp der Bundesregierung und ein Verbleib von 25 Prozent plus einer Aktie in der öffentlichen Hand – was heute schon sehr oft ge­fordert wurde, womit Sie aber einfach nicht leben können –, denn nur damit ist die Zukunft dieses oberösterreichischen Paradeunternehmens gesichert.

Geschätzte Damen und Herren! Wie wichtig ein Kernaktionär in staatlicher Hand ist, zeigt sich derzeit bei der VA Tech. Das Schicksal dieses ehemaligen voestalpine-Schwesternbetriebes hängt nun auf Grund undurchsichtiger Börsengeschäfte völlig in der Luft. Das neoliberale Privatisierungsprinzip der Bundesregierung ist kein Allheil­mittel, meine Damen und Herren, im Gegenteil: Es birgt viele Gefahren und Probleme in sich, denn wer alle seine Leitbetriebe verscherbelt, der wird in Hinkunft kaum mehr als der Spielball internationaler Finanzjongleure und Konzerne sein.

Sehr geschätzte Damen und Herren von den Regierungsparteien! Herr Staatssekretär! Sie degradieren mit Ihrer neoliberalen Ausverkaufspolitik die hervorragenden öster­reichi­schen Betriebe zu Filialen ausländischer Konzerne, die über Wohl und Weh gan­zer Betriebe sowie über Beschäftigtenzahlen und Arbeitslosenquoten in Österreich bestimmen werden. Wir werden letztendlich tatenlos zuschauen müssen, weil uns nichts mehr gehört. Denken Sie an die arbeitenden Menschen und ihre Familien in Österreich!

Abschließend noch einige Bemerkungen zu unserem Herrn Landeshauptmann Pührin­ger, der immer davon spricht, dass die Opposition, die SPÖ in Oberösterreich Verun­sicherung betreibe. (Ruf bei der ÖVP: Ja!) Ich glaube, er selbst trägt durch seine widersprüchlichen Aussagen in Sachen voestalpine-Privatisierung entscheidend zur Verunsicherung der Bevölkerung bei und schadet damit auch dem Unternehmen! (Beifall bei der SPÖ.)

Es war nämlich Herr Pühringer, unser Landeshauptmann, der nach einem voest-Gipfel erklärt hat – bei uns in Oberösterreich hat er das zumindest erklärt –, dass es in den nächsten zwei Jahren zu keinen Veränderungen bei der voestalpine kommen werde und dass damit die Diskussion beendet sei. (Bundesrat Konecny: Oh! – Das haben sie ihm halt nicht erzählt!) – Ein paar Tage später beschloss der Ministerrat den Totalaus­verkauf der ÖIAG, meine Damen und Herren! – Das ist Verunsicherung! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Konecny: Das ist der Einfluss von Herrn Pühringer, ja! – Bundesrat Steinbichler: Deswegen hat er ja so schlechte Umfragewerte, Herr Kollege, weil er so viel Einfluss hat!)

Genau, ja. Das ist ja ein besonderer Freund von dir, der Herr Pühringer, und du wirst seine Umfragewerte genau wissen!

Der Herr Landeshauptmann von Oberösterreich versucht, sich mit Schönreden und Be­schwichtigungen irgendwie über den Wahltag hinausretten zu können. Das ist die Wahrheit! – Wer aus rein wahltaktischen Gründen vernebelt und verschleiert, der hat die Wirtschaftskompetenz endgültig verspielt, meine Damen und Herren! (Beifall bei Bun­desräten der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei Bundesräten der ÖVP.) – Das ist die Wahrheit!


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Liebe Kollegen von der ÖVP! Herr Kollege Steinbichler, du wirst sicher noch die eine oder andere Möglichkeit haben, mit dem Herrn Landeshauptmann Pühringer zu spre­chen. Richte ihm bitte aus, er soll nicht nur an den Wahltag, den 28. September den­ken, sondern er soll auch an die voestalpine und an die Familien, die dahinter stehen, denken! (Bundesrat Konecny: Sehr richtig!) – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Kerschbaum.)

16.38

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Haunschmid. Ich erteile ihr das Wort.

 


16.38

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die voest ist ein Stück meiner Heimat. Sie bildet eigentlich das Hauptstück des Arbeitsmarktes und damit auch einen wichtigen Bereich des Lebens in Oberösterreich. So wie Schönbrunn mit Wien, so ist die voest mit Oberösterreich untrennbar verbunden.

Daher ist die Linie der Freiheitlichen Partei Oberösterreichs und somit auch meine Linie unverändert und eindeutig: Die voest und die über 20 000 Arbeitsplätze sind zu erhalten! Das heißt, die ÖIAG soll 25 Prozent plus eine Aktie behalten, so lange, bis sich ein verlässlicher und dauerhafter österreichischer oder oberösterreichischer Kern­aktionär bilden kann, bei dem auch klare Garantien für Arbeitsplätze und Standort­si­cher­heit gegeben sind.

Die voestalpine AG wird allerdings nur dann weiterhin ein starker österreichischer Leitbetrieb sein, wenn gewährleistet ist, dass es zu keinem Verkauf an einen Groß­konzern kommt, der im Sinne seines Konzernergebnisses in erster Linie seine eigenen Interessen und nicht die Interessen des Wirtschaftsstandortes Österreich vertritt.

In diesem Zusammenhang bedauere ich, bedauert unsere Fraktion in Oberösterreich, dass es in Oberösterreich nicht gelungen ist, mit einer Stimme zu sprechen, da sich die ÖVP im Landtag unserer Forderung nicht anschließen wollte. Bei einer Vier-Parteien-Einigung in Oberösterreich wäre der Ruf, die Stimme unseres Bundeslandes in Wien entsprechend lauter gewesen. (Ruf bei der SPÖ: Hört, hört!)

Meine Damen und Herren! Es wäre mir wirklich wichtig gewesen, hätte mir der Herr Landeshauptmann Pühringer heute eine Antwort darauf gegeben, mir erklärt, warum die ÖVP nicht mit uns mitgestimmt hat, warum die ÖVP in Oberösterreich nicht gegen eine übereilte Veräußerung von über 25 Prozent plus eine Aktie – nur zur Sicher­stellung, bis zu einer klärenden Lösung – stimmen konnte, um eben die absolute Sicherheit vor einer Zerschlagung des Unternehmens, um eben eine Sicherheit für die Aufrechterhaltung der Zentrale in Österreich zu gewährleisten.

Aber erklären Sie mir, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, doch bitte Ihr auf einmal so großes Engagement für viele kleine und mittelständische Unterneh­mungen! Das passt einfach nicht zu Ihnen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie können mir erklären, dass Sie sich für die Arbeitsplätze und für die Arbeiter dort einsetzen, aber es passt wirklich nicht in Ihr Konzept, dass Sie auf einmal die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmungen, die Sie eigentlich nur immer in den Dreck gezogen und immer nur beschuldigt haben, ihre Arbeiter nicht gut genug zu behandeln und so weiter, so hervorheben und als Schutzschild vor die voest stellen.

Meine Damen und Herren! Es wäre besser, würden Sie da Farbe bekennen, denn ich brauche nur Ihren Kollegen Cap zitieren, der uns Wirtschaftstreibende, vor allem die der Koalitionsparteien, als nicht einmal fähig, eine Würstelbude zu betreiben, be­zeichnet. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.)


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Erklären Sie mir also, warum Sie diese vielen kleinen und mittelständischen Unterneh­men, die die Arbeitsplätze vieler Arbeiter, die Sie ja so in Schutz nehmen, sichern, jetzt, bei dieser voest-Geschichte, auf einmal so hervorheben! (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ich glaube, dass es in Ihren Köpfen um ganz etwas anderes geht: Sie haben Angst, dass Ihnen bei einer Privatisierung viele Posten, die Sie sich in diesen vielen Jahren in der Verstaatlichung gesichert, die Sie besetzt haben, einfach abhanden kommen. (Rufe bei der SPÖ: Hauptverband!) Es ist kein Ausverkauf. (Anhaltende Rufe bei der SPÖ: Hauptverband!) – Ja, wenn Sie Ihre Postenbesetzungen als Kauf bezeichnen, dann wird es aber ganz schlimm, meine Damen und Herren! Wenn Sie das jetzt als Kauf bezeichnen, dann haben auch Sie sich Ihre Posten gekauft. Dann ist es ganz schlimm! Dann wird es aber ganz kritisch, das muss ich Ihnen schon sagen! (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Das schlägt aber jetzt wirklich dem Fass den Boden aus, das kann es ja wirklich nicht sein. Jetzt geben Sie direkt zu, dass Sie sich Ihre Posten gekauft haben! Also das ist jetzt wohl der Gipfel der Frechheit! (Bundesrat Reisenberger: Wer sagt das?) Also seien Sie mir nicht bös! Das ist jetzt ein Verrat an dem österreichischen Volk par excellence. (Rufe bei der SPÖ: Na, na, na!) Das muss ich Ihnen sagen!

Dann geben Sie mir, bitte, eine Antwort auf Ihre so widersprüchlichen Aussagen. Sie haben Angst, dass Ihr Privilegiendschungel zu Ende ist.

Die Aussagen Ihres voest-Gewerkschafters Oberchristl, der sich auch für eine hundert­prozentige Privatisierung ausgesprochen hat, können Sie mir auch erklären. Das erwarte ich von Ihnen. Bitte erklären Sie mir das in der nächsten Rede! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.45

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Tusek. Ich erteile ihm das Wort.

 


16.45

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich ausdrücklich ganz herzlich bei Hedda Kainz und GenossInnen bedan­ken für die Einbringung dieser Dringlichen Anfrage, denn diese Dringliche Anfrage hat die Möglichkeit beziehungsweise die Gelegenheit dafür geboten, dass sowohl der Herr Finanzminister als auch der Herr Landeshauptmann von Oberösterreich erklären konn­ten – und sie taten dies in sehr klarer, profunder und überzeugender Weise –, worum es bei dieser voest-Geschichte geht.

Für mich als Oberösterreicher ist die voest nicht nur wichtig, sondern ein Symbol unseres Landes. Diese voest muss erhalten bleiben und noch leistungsfähiger werden! Das ist völlig klar. Daher geht es nicht zuletzt auch um mehr als 20 000 Arbeitsplätze im Betrieb sowie um einige Tausend Arbeitsplätze im Umfeld dieses oberösterreichi­schen Paradeunternehmens.

Die Meldungen über die voestalpine waren nicht immer so rosig wie gerade in den letzten zwei, drei Jahren. Ich erinnere mich noch an Zeiten in den siebziger und achtziger Jahren, als kaum eine Sitzung im Nationalrat oder auch hier im Bundesrat verging, ohne dass man über die Stahlkrise und die Probleme in der Verstaatlichten gesprochen hat. Immerhin waren es 105 Milliarden Schilling, die im Laufe der Zeit – zu Recht! – in diese Betriebe geflossen sind.

Es gab zudem – und auch das wurde heute schon angesprochen – Frühpensionie­run­gen im Alter von 50, 53 Jahren. Es gab in Oberösterreich die Stahlstiftung. Kollege


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Kraml, du wirst dich noch sehr genau daran erinnern, dass das obere Mühlviertel, das zu großen Teilen von der voestalpine und der Linzer Industrie abhängig ist, in dieser Zeit bis Anfang der neunziger Jahre ein Notstandsgebiet war, und wir dort größte Probleme hatten: Arbeitslosenzahlen von über 9 Prozent waren an der Tagesordnung. Heute hat dieselbe Region Arbeitslosenzahlen von unter 2 Prozent und damit Vollbe­schäftigung.

Oberösterreich hat mit 3,2 Prozent die geringste Arbeitslosenrate in Österreich und die höchste Zahl an Beschäftigten, die es jemals gegeben hat. (Bundesrat Ing. Franz Gruber: Das ist auch gut so!) Das ist ein gewaltiger Erfolg! Doch dieser Erfolg wurde mit der Teilprivatisierung im Jahre 1985 begonnen, und dieser Weg ist weiterzugehen!

Generaldirektoren von Unternehmen sollte man doch die Fähigkeit zutrauen, dass sie das Beste für ihr Unternehmen wollen. Der Herr Landeshauptmann hat es bereits zitiert, voest-Generaldirektor Dkfm. Struzl hat sehr klar und deutlich gesagt – ich zitiere –: „Die ganze letzte Diskussion beflügelt uns geradezu, endgültig privatisiert zu werden.“ – Zitatende. Wenn der Generaldirektor diesen Weg gehen will, dann sollten wir ihn dabei unterstützen!

Der Kollegin Haunschmid – sie ist auch nicht anwesend, nachdem sie ihre Wortspende abgegeben hat – würde ihr sehr gerne entgegnen: Es gab im Oberösterreichischen Landtag nicht nur den Antrag der Sozialdemokraten, den die freiheitliche Fraktion in Oberösterreich und auch die Grünen unterstützten, es gab auch einen sehr klaren und deutlichen Antrag der ÖVP-Fraktion, in dem heißt es – ich zitiere wieder –:

„Der Oberösterreichische Landtag möge beschließen: Die Landesregierung wird er­sucht, das mit oberösterreichischen Banken und Unternehmen in Abstimmung mit der Voestunternehmensleitung entwickelte Konzept zur Bildung eines starken heimischen Kernaktionärs (Oberösterreich-Fonds) mit Nachdruck weiter zu verfolgen und damit das Mehrheitseigentum an der voestalpine AG nach Oberösterreich zu holen.“ – Zitatende.

Es folgt dann noch eine Begründung, aber ich glaube, dass das bereits sehr klar alles aussagt. Es geht nicht darum, dass die ÖIAG diese restlichen Prozente behalten muss, denn – und das hat der Herr Landeshauptmann Pühringer sehr klar und deutlich gesagt – die ÖIAG ist nichts anderes als ein Anteilsverwalter. Was aber unsere In­dustrie braucht, das sind Gestalter. Die Chance, solche Gestalter direkt vor Ort in Oberösterreich zu haben, gibt es dank des gewaltigen Einsatzes unseres Landes­hauptmannes Dr. Josef Pühringer.

Es geht darum – und auch das wurde heute schon mehrmals gesagt –, dass entspre­chende Kernaktionäre vorhanden sind, dass es nicht nur um strategische Partner geht. Das halte ich für wichtig! Es geht um die Wahrung der Einheit des Unternehmens! Keine Zerstückelung! Keine Filetierung! Wenn ein Unternehmen Zukunft haben soll, dann muss es um die Erhaltung und den Ausbau von Forschungs- und Entwick­lungs­kapazitäten gehen. Letztlich geht es gerade für Oberösterreich und unser Musterunter­nehmen um die Aufrechterhaltung der Entscheidungsstruktur im Land. Ein oberöster­reichi­sches Konsortium wird dieser Verantwortung sicher gerecht werden!

In diesem Sinne ist der Vorgang, den Herr Finanzminister Grasser und Landeshaupt­mann Dr. Pühringer klar dargelegt haben, der richtige Weg. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.52

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Gudenus. Ich erteile ihm das Wort.

 



Bundesrat
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699. Sitzung / Seite 66

16.52

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Beim heutigen Anfragethema möchte ich nur zwei Punkte, näm­lich 14 und 15, herausnehmen. Es handelt sich dabei um die Ermächtigung der Ver­äußerung der BUWOG – Bauen und Wohnen GesmbH, der Wohnungsanlagen GesmbH, der ESG Wohnungsgesellschaft mbH, der WBG Wohnen und Bauen GesmbH und der EBS Wohnungsgesellschaft mbH in Linz. 

Minister Bartenstein wurde also ermächtigt, diese fünf Gesellschaften zu veräußern. Angesichts dessen, dass schon im Jahre 1997 drei Wohnbaugesellschaften veräußert worden sind – man ist heute schon darauf zu sprechen gekommen –, welche eine No­minale von 180 Millionen Schilling hatten und zu einem Preis von 12 Milliarden Schil­ling, das heißt um das ungefähr 67fache, verkauft worden sind, können wir bei halb­wegs günstiger Verhandlungsweise des Herrn Bundesministers Bartenstein – und ich billige ihm absolut die Fähigkeit zu, tüchtig zu verhandeln – für das, was nun zum Verkauf vorgesehen ist und einen nominalen Wert von 70 Millionen € hat, auch wenn wir nicht das 67fache, sondern nur das 25fache erreichen, 1,8 Milliarden € erwarten.

Wenn wir das 67fache erreichen wollen – ich nenne die Zahl nicht, das möge jeder selbst multiplizieren –, dann wäre das wahrscheinlich ein Griff nach den Sternen, Herr Staatssekretär! Das wissen wir beide. Aber wenn wir das in der notwendigen und zur Verfügung stehenden Zeit zumindest versuchen – es eilt ja nicht; der Herr Bundes­minister ist ja nur dazu ermächtigt, er ist nicht gezwungen, innerhalb der nächsten 14 Tage zu verkaufen –, dann könnten wir ein ungeheuerliches – wenn ich sage wir, meine ich uns alle, nämlich die Republik Österreich, in diesem Fall vertreten durch Bundesminister Bartenstein – Geschäft, ein Bombengeschäft machen!

Mein Aufruf geht dahin: Ermutigen Sie Herrn Bundesminister Bartenstein, das Geschäft seines Lebens für die Republik Österreich zu machen! Lukriere er, wenn möglich, zumindest das 25fache, um auf 1,8 Milliarden € zu kommen, da schon im Jahre 1997 das 67fache der Nominale möglich war!

Das gibt den derzeitigen Mietern die Möglichkeit, Eigentum zu erwerben, zu einem bil­ligeren Mietzins, als sie derzeit als Mieter haben, aber sie haben die Möglichkeit, diese Liegenschaft, diese Wohnungen als Eigentum zu vererben oder zu verkaufen.

Machen wir dem Herrn Bundesminister Mut! Ich glaube, er ist der richtige Mann dazu! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der SPÖ. – Rufe bei der SPÖ: Wow! Hö!)

16.56

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. (Bundesrat Konecny: O ja!) – Herr Professor Konecny, ich erteile Ihnen das Wort.

 


16.56

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! (Staatssekretär Dr. Finz ist im Begriff, den Saal zu verlassen!) Herr abeundender Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Das war eine bemerkenswerte Vorstellung, die von Regierungsseite heute hier geboten wurde.

Der Herr Finanzminister hat sich, wie stets, redlich bemüht, wenig zu antworten. Das ist sein gutes Recht, aber er wird schon seine Gründe dafür haben. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.) Es haben dann – mit der lobenswerten Ausnahme des Kollegen Tusek, dem nicht ich dafür zu danken habe – die Sprecher der Regierungs­parteien in der dann anlaufenden Debatte freundlich ausgespart, dass es sich um eine Anfrage an einen gewissen Finanzminister Grasser gehandelt hat, der, soweit ich weiß, augenblicklich noch im Amt ist, und haben über die voest gesprochen, auch über


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Kollegen Bartenstein beziehungsweise über die Erwartungen an ihn. Nur Kollege Tusek – Ehre seiner Rede! – hat ein paar freundliche Worte über jenen Herrn verloren, der uns kurz die Ehre seiner Anwesenheit bot. – Ich halte das für zutiefst charakte­ris­tisch!

Da gibt es also einen Finanzminister, der sich mit jeder Antwort, die er gibt, ein Stück­chen tiefer in den Sumpf versenkt. Dazu braucht man gar keine Dringlichen Anfragen zu stellen, das schafft er ganz eigenständig. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Gut, also er versinkt im Schlamassel, ich ziehe die Bezeichnung „Sumpf“ zurück, er versinkt im Schlamassel! Auf den Ausdruck „Sumpf“ kommt es mir nicht an. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.)

Dann stellt sich dieser Finanzminister her und sagt, er habe nichts davon gewusst, dass im Schoße der voest – ganz im Gegensatz zu dem, was jetzt in der Öffentlichkeit vom Eigentümer von Magna gesagt wird – unter der Budel die Verschleuderung der voestalpine an die Magna vorbereitet wurde. Jetzt kann es sich der Herr Finanzminister natürlich aussuchen – es ist vielleicht nicht sehr glaubhaft, aber das ist ein absolut subjektives Urteil von meiner Seite! –, ob er es entweder wirklich nicht gewusst hat – dann hat er halt keine Ahnung von dem, was in seinem Laden so läuft, was nicht wirklich seine Qualifikation unterstreicht – oder ob er, als die Operation „Minerva“ nicht gerade akten-, aber zeitungskundig geworden ist, halt nur schnell in aller Eile seine Hände in Unschuld gewaschen hat. Dass ihm der Herr Staatssekretär freundlicher­weise dabei die Seife gereicht hat, ist diesem hoch anzurechnen – nicht von mir, aber vom Herrn Finanzminister!

Den merkwürdigen Freispruch, den der Herr Staatssekretär heute verkündet hat, wer­de ich mir gut merken. Einen Verein zu gründen, der angeblich gemeinnützig ist, und in das Vereinsstatut hineinzuschreiben, um den jeweiligen Vereinszweck habe sich Herr Konecny – nur beispielhaft genannt – große Verdienste erworben, und damit schon zu rechtfertigen, dass man ihm irgendetwas finanzieren darf, dieser Trick ist wirklich epochal! Wenn das die Finanzbehörde akzeptiert, dann sorge ich mich ernsthaft um die Gerechtigkeit in diesem Staat, der seinen Bürgern wahrlich genug, nämlich mehr als jemals zuvor, an Steuerlast aufbürdet.

Und dann gibt es den Herrn Landeshauptmann, der zu uns gekommen ist und eine Formulierung verwendet hat, die ich sehr bemerkenswert finde. Er hat nämlich davon gesprochen, dass er die Notbremse gezogen hat. – Ja gegen wen denn eigentlich? Gegen die Opposition sicher nicht! Er hat also ganz offensichtlich die Notbremse ge­genüber dem Finanzminister ziehen müssen.

Ich fühle mich nicht kompetent, die Vielfalt der Regierungsfraktionen zu interpretieren. Wir haben es sehr begrüßt, dass es im oberösterreichischen Landtag zu einer sehr kla­ren und sehr präzisen Drei-Parteien-Einigung über einen Entschließungsantrag gekom­men ist, der von Grünen, Freiheitlichen und Sozialdemokraten getragen und beschlos­sen wurde. Da hat dann auch der Herr Landeshauptmann erkannt, dass da die Züge abzufahren beginnen, und hat dementsprechend begonnen, Notbremsen zu ziehen. (Ruf bei der ÖVP: Nein, es war umgekehrt!)

Das wissen Sie ganz genau?! – Also er hat die Notbremse gezogen, bevor der Zug abgefahren ist? – Bitte, das ist eisenbahntechnisch verblüffend, aber wenn der Herr Landeshauptmann agiert, kann er bekanntlich alles – zumindest Ihrer Meinung nach. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Nun weiß ich ja nicht, über wie viele verschiedene Hände diese Regierungskoalition verfügt – bei der Göttin Shiva sind es sechs –, aber ganz offensichtlich wissen die wirk­lich nicht mehr voneinander, was sie tun. Die eine Hand, die des Herrn Finanzminis­ters, versucht, entweder wegzuschauen, während in der ÖIAG die Operation „Minerva“


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läuft, oder – das wissen wir nicht – er stößt die Operation „Minerva“ an, deren Ergebnis das genaue Gegenteil von dem gewesen wäre, was der oberösterreichische Landtag gefordert hat und was nach Meinung des Herrn Landeshauptmannes, wie er uns heute erklärt hat, das Richtige ist.

Das sind also schon zumindest zwei dieser vielen Hände, und ein paar andere, habe ich den Verdacht, stecken noch in irgendwelchen Taschen.

Meine Damen und Herren! Es war zugegebenermaßen ein Randthema dieser Dring­lichen Anfrage, aber wir haben erneut und unter Berufungen auf Antworten, die der Herr Finanzminister gegeben hat, klare Anfragen zu seiner finanziellen Gebarung ge­stellt. Es ist in der Geschichte der Republik einmalig, dass ein Finanzminister, der die Bankenaufsicht führt, sich von Banken Beträge – ich will jetzt das Wort Honorare nicht in den Mund nehmen – für Vorträge überweisen lässt, auf welches Konto auch immer. Diese Republik hat viele Finanzminister aus unterschiedlichen Parteien gehabt. Man­che waren Sozialdemokraten, viele waren auch von der ÖVP, aber keiner ist auf die Idee gekommen, solche Gegengeschäfte zu initiieren.

Ich habe mir das Taferl, das eine Neuinterpretation der Initialen des Herrn Finanz­ministers beinhaltet (eine Tafel mit der Aufschrift „KH geh“! vorweisend), mitgenom­men, aber ich gebe zu ... (Ruf bei den Freiheitlichen: Das habt ihr im Nationalrat schon gehabt! Dass Ihnen nichts Neues einfällt?!) – Aber, Herr Kollege! Machen Sie sich keine Sorgen: Dieser Slogan wird weiter auf der Tagesordnung bleiben.

Mein Problem besteht darin, dass ich nicht weiß, ob ich es Ihnen zeigen soll, denn da wohnen naturgemäß zwei Herzen in meiner Brust: Jeder Tag KHG schadet dieser Re­gierung, aber jeder Tag KHG schadet auch diesem Land. Und wenn ich mich ent­scheiden muss, ob ich dieser Regierung oder diesem Land schaden will, dann ent­scheide ich mich doch dafür, das Land zu beschützen, und daher halte ich es jetzt noch einmal hoch (besagte Tafel in die Höhe haltend), und es wird so lange aufrecht bleiben, bis – wie der Herr Staatssekretär das ja bereits tut – Kollege Finz seine Partei davon überzeugt hat, dass er es ohnehin auch kann. (Beifall bei der SPÖ.)

17.04

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Kraml, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Absicherung des Industriestandortes Österreich durch Ver­bleib der ÖIAG als Kernaktionär vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von fünf Bun­desräten gestellt wurde, ist eine solche namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit „Ja“ oder „Nein“. Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Kainz und den Schriftführer Hager ge­ben die Bundesrätinnen und Bundesräte mündlich ihr Abstimmungsverhalten be­kannt.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Die Stimmabgabe ist beendet. Ich bitte, die Stimmen auszuzählen, und unterbreche die Sitzung.

(Die Sitzung wird um 17.09 Uhr unterbrochen und um 17.15 Uhr wieder aufge­nom­men.)

 



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Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt: „Ja“-Stimmen: 22, „Nein“-Stimmen: 33.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Mit „Ja“ stimmten folgende Bundesrätinnen und Bundesräte:

Auer, Bachner, Binna, Boden, Ebner, Gasteiger, Giefing, Haselbach, Hlavac, Kainz, Kaltenbacher, Kerschbaum, Konecny, Kraml, Molzbichler, Reisenberger, Schennach, Schicker, Schlaffer, Stadler, Todt, Winter.

Mit „Nein“ stimmten folgende Bundesrätinnen und Bundesräte:

Ager, Bader, Bieringer, Böhm, Bogensperger, Diesner-Wais, Fasching, Fröhlich, Gansterer, Giesinger, Gruber Franz, Gudenus, Hagen, Haller, Himmer, Höfinger, Hösele, Kanovsky-Wintermann, Klamt, Kneifel, Kritzinger, Kühnel, Liechtenstein, Püh­ringer, Roth-Halvax, Saller, Schnider, Steinbichler, Tusek, Weilharter, Wimmler, Wolfin­ger, Zwazl.

*****

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesmi­nister für Landesverteidigung betreffend falsche Grundsatzentscheidung bei der Ausschreibung der Abfangjäger, volle Transparenz über den Vertragsinhalt, Kon­sequenzen der vorzeitigen Unterschriftsleistung und Offenlegung aller Gutach­ten (2078/J-BR/03)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zur Verhandlung über die dringliche An­frage der Bundesräte Professor Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­desminister für Landesverteidigung.

Da diese inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Professor Albrecht Konecny als erstem Anfragesteller zur Be­gründung der Anfrage das Wort.

 


17.15

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Seit Monaten, ja seit zwei Jahren in Wirklichkeit, beschäftigt die Frage der Beschaffung von Kampfflugzeugen für das österreichische Bundesheer – und sagen Sie mir jetzt nicht, dass es nur Überwachungsflugzeuge sind; ich war in Englisch nie der Beste, aber „Fighter“, hat mir mein Englischlehrer beigebracht, heißt jedenfalls nicht Überwacher – die österreichische Öffentlichkeit, und das auf mehreren verschiedenen Ebenen.

Da ist zunächst einmal die grundsätzliche Frage, die ich einfach stellen muss, auch wenn sie nicht Gegenstand unserer Anfrage ist, in welcher Art und Weise sich in einer geopolitisch völlig veränderten Situation die österreichische Verteidigungspolitik mit der Frage der Luftraumüberwachung zu beschäftigen hat.

Ich halte fest, und dabei lasse ich es schon bewenden, dass nicht ernsthaft nach Alter­nativen gesucht wurde, dass der Frage, inwieweit hier Verbundlösungen denkbar sind, inwieweit das Denken in den Kategorien des Kalten Krieges weit mehr als zehn Jahre nach dem Ende der Ost-West-Konfrontation überholt ist, dass all dem nicht nachge­gangen wurde. (Präsident Ager übernimmt den Vorsitz.)


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Es gibt eine zweite Dimension der Landesverteidigung, und zwar eine durchaus sys­tem­immanente, nämlich die Frage, ob bei den begrenzten Mitteln, über die unser Land verfügt, die Beschaffung dieser Flugzeuge die richtige Priorität zum Ausdruck bringt, unabhängig davon, ob man grundsätzlich die mögliche Bestellung solcher Flugzeuge bejaht oder verneint.

Es ist kein Argument der Sozialdemokraten, es ist ein Argument, das Tag für Tag aus dem Bereich des Bundesheeres zu hören ist: dass mit dieser Beschaffung jegliche verfügbare Mittel aus dem Bundesheer abgezogen werden, dass hier eine einseitige Prioritätenbildung erfolgt zu Gunsten von Flugzeugen, deren Sinnhaftigkeit höchst zweifelhaft ist, und dass dort, wo wir in den nächsten Jahren und – so steht zu be­fürchten – Jahrzehnten tatsächlich Investitionsbedarf im Bundesheer haben, die Mittel fehlen werden.

Da gibt es – und wir fragen Sie danach, Herr Bundesminister – höchst widersprüch­liche Angaben darüber, was Ihnen der Herr Finanzminister jetzt eigentlich zur Ab­deckung der horrenden Betriebskosten der Eurofighter versprochen hat: also ganz of­fensichtlich nicht die Abdeckung der gesamten Mehrkosten, sondern nur eines limitier­ten Teiles. Wo wollen Sie denn in einem zugegebenermaßen schmalen Budget die restlichen Mittel aufbringen? Gibt es dann kein Gemüse mehr in den Kantinen? Oder wird das Fleisch gestrichen? Oder dürfen die Infanterieeinheiten überhaupt nur mehr mit Platzpatronen üben, was militärisch relevanter ist als die Ernährung? (Bundesrat Mag. Gudenus: Wir sparen bei der Heeresfilm- und Lichtbildstelle  ein!)

Danke, Herr Kollege, das ist ein sehr seriöser Vorschlag: Wir sparen die Mittel bei der Heereslichtbildstelle ein. Da gäbe es offensichtlich tatsächlich eine beträchtliche Ein­sparungsmöglichkeit, aber der Herr Verteidigungsminister wird uns sicherlich sagen, wie er hier vorzugehen gedenkt.

Zur dritten Ebene dieser Debatte, und ich will mich da jetzt gar nicht groß in die Positur des beleidigten Musterdemokraten werfen: Herr Bundesminister! Die Bestellung, auch wenn sie bedingt ist auf den 6. August, muss einfach als eine Brüskierung des öster­reichischen Parlamentarismus und im Besonderen des Bundesrates angesehen wer­den. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Sie hatten keine Ermächtigung, und Sie haben auch im Augen­blick keine Ermächtigung, diesen Vertrag zu unterschreiben. Die Bedingung auf einen zukünftigen – jetzt geklärten – Inkrafttretungszeitpunkt ist, freundlich formuliert, unge­wöhnlich, etwas härter formuliert: unzulässig!

Die Argumentation, dass es hier um eine Zinsersparnis gehe, haben Sie bis jetzt nie­mandem erklären können. Denn: Es mag schon sein, dass der Lieferant ein be­stimmtes Zinsniveau heute garantiert. Aber ob das ein Gewinn oder ein Verlust für die Republik ist, wird sich erst dann herausstellen, wenn wir den vertraglich vereinbarten Zinssatz mit dem realen Zinssatz in den Jahren 2007 Folgende werden vergleichen können; das können wir heute nicht. Ihre Behauptung, wir hätten uns damit Millionen Euro erspart, ist finanzpolitisch unsinnig und politisch kühn.

Es gibt aber noch eine vierte Ebene. Ich verstehe schon, dass der Herr Finanzminister sich nicht freiwillig aufdrängt, aber es gibt natürlich die Ebene, wo wir gerne mit ihm – aber die Ressortzuständigkeit liegt natürlich bei Ihnen, Herr Minister Platter – darüber diskutiert hätten, wie denn das eigentlich alles zustande gekommen ist. Und ich gebe offen zu, je länger diese Debatte dauert, desto unerquicklicher wird sie.

Da hat der Herr Finanzminister – es tut mir Leid, dass wir schon wieder von ihm spre­chen müssen, aber das ist seine, nicht meine Schuld – zunächst einmal dafür gesorgt, dass in einer sehr späten Phase des Bewertungsverfahrens ausgerechnet neun Jahre


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der relevante Zeitraum für die Bewertung wurden, also neun Jahre Zahlungsziel in Raten.

Wenn man sich die Daten anschaut, dann sieht man: Der Herr Finanzminister hat als der für die Kassa des Bundes Verantwortliche naturgemäß weit in den Bereich des Verteidigungsministeriums hinein gewirkt. Und es gibt bei der Zusammenführung der Nutz- und der Kostenwerte folgende originelle Rangordnung zwischen den beiden im Wettbewerb verbliebenen Modellen Gripen und Typhoon.

Bei Zahlung bei Lieferung ist der Gripen Bester, Platz eins, Typhoon mit einem relativ deutlichen Abstand Zweiter. – Zahlungsziel fünf Jahre: Gripen mit einem etwas knapperen Abstand, korrekterweise angeführt, Erster, Typhoon Zweiter. Und bei neun Jahren – woher die auch immer gekommen sind, aber darüber kann man ja noch sprechen – rutscht dann der Typhoon – nur in diesem Fall – um einen Hundertstel Koeffizienten vor den Gripen.

Warum sind nicht sieben oder acht oder elf Jahre bewertet worden? Warum nicht vier? Beliebige Zahlen zwischen eins und zehn hätte man sich heraussuchen können. Es mussten aber neun Jahre sein. Ich verfüge nur über die Unterlage, wie sich die Po­sitionen bei fünf Jahren und neun Jahren verhalten, stelle mir aber vor, dass es bei zehn Jahren schon wieder schlecht für den Typhoon ausgegangen wäre, daher muss­ten es neun Jahre sein.

Meine Damen und Herren! Das ist in höchstem Maße aufmerksamkeitserregend, um einen Begriff zu verwenden, der nicht mit dem Strafrecht in Verbindung steht.

Der Herr Finanzminister hat in einer Anfragebeantwortung an den SPÖ-Abgeordneten Gaál im Nationalrat ausdrücklich gesagt, er habe den EADS-Aufsichtsratsvorsitzenden Bischoff in Sachen Abfangjäger das erste Mal im Juni 2001 getroffen, das zweite Mal im März 2003. – Das war nicht die Wahrheit.

Es hat ein weiteres Treffen gegeben. Dieses Treffen hat am 23. April 2002 stattge­funden. Gestern im Nationalrat hat sich das Erinnerungsvermögen des Herrn Finanz­ministers etwas aufgehellt, und er hat nun bestätigt, dass es dieses Treffen gegeben hat.

Ich zitiere aus dem Protokoll – so führt der Finanzminister aus; das ist keine bösartige Unterstellung –: „Was die Frage 9 betrifft, so möchte ich zu diesem Treffen festhalten, dass neben dem Vorstandsmitglied von Daimler-Chrysler und dem Board Member von Mitsubishi Motors, Herrn Bischoff“ – Besagter ist auch EADS-Aufsichtsratsvorsitzender; diese Funktion übergeht er diskret in seiner Antwort –, „auch ein Vorstandsmitglied von Magna- Steyr, nämlich Herr Hödl, sowie mein Mitarbeiter Josef Christl teilgenommen haben.“ – Zitatende. Herr Christl wurde wegen treuer Mitarbeit inzwischen in die Nationalbank hinaufbefördert.

Darf ich noch einmal sagen: Dieses Gespräch hat am 23. April 2002 stattgefunden. Am 25. Juni hat dann die Abteilung Luftzeugwesen des Bundesministeriums für Landes­verteidigung, Bewertungskommission Abfangjäger, bereits gewusst, dass neun Jahre das einzig vorstellbare Bewertungskriterium für die Finanzierung sind.

Ich verstehe natürlich, warum der Herr Finanzminister zunächst gemeint hat, 2001 habe er mit EADS gesprochen – und 2003, denn da war das alles schon vorbei. Aber ein Gespräch ganz knapp vor der Entscheidung über die Rangordnung in der Be­wertung mit einem völlig künstlichen Kriterium geführt zu haben, das war natürlich sehr, sehr peinlich, und er gab es erst zu, als er es nicht mehr abstreiten konnte. – Sehen Sie, meine Damen und Herren, da wird man schon sehr misstrauisch.


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Man kann auch durchaus misstrauisch bleiben. Herr Minister Platter hat bei der letzten derartigen Anfrage emphatisch hier und auch in der Öffentlichkeit nach dem Vertrags­abschluss bekundet, welch großartige Preisvereinbarung der Herr Finanzminister da herausverhandeln konnte.

Es ist schon zitiert worden – wo ist der Kollege? Ach, jetzt ist er nicht da, ich hätte mich so gefreut auf den Zwischenruf! Im Nationalrat ist die „Financial Times“ vom 1. Juli 2003 zitiert worden, wo in einem Artikel unter dem Titel „UK urges Eurofighter project overhaul“ – das heißt, Großbritannien verlangt eine Reform des Eurofighterprojekts – folgender Absatz enthalten ist. Ich bringe ihn gleich auf Deutsch – aber meine Überset­zung lässt sich mit dem Originaltext in Einklang bringen; so schlecht habe ich im Mittel­schulunterricht auch wieder nicht aufgepasst:

Das britische Verteidigungsministerium ist der Auffassung, dass es die Möglichkeit gibt, die Kosten um 10 bis 20 Prozent zu senken, indem man einige der zahlreichen Mehr­fachausstattungen im Programm eliminiert, gleichzeitig die Triebwerke verbessert und die Organisation, die notwendig ist, um das Flugzeug zu erhalten, zurückschraubt. – Zitatende.

Dieses Thema hat – und das ist ja wohl auf diesem Gebiet eine der bekanntesten Zeit­schriften – „Jane’s Defence Weekly“ vom 9. Juli erneut aufgegriffen. Angesichts der offiziellen Indienststellung – das heißt ja nicht, dass die schon Flieger haben – des Eurofighter in Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien beschäftigt sich dieses angesehene Magazin in einem Artikel ihres Flugexperten ebenfalls mit den Kosten, die ganz offensichtlich als zu hoch empfunden werden.

Auch hier wird Sir Peter Spencer, der Leiter der Verteidigungsbeschaffung Groß­britan­niens, mit folgender Aussage zitiert: Es gibt eine breite Möglichkeit, das Eurofighter-Programm schlanker und wirksamer zu machen. Die Herabsetzung der Kosten pro Flugzeug ist ein zentrales Ziel in diesem Prozess. – Und er fügt hinzu: Die Einsparung zwischen 10 und 20 Prozent der Kosten sollte und muss möglich sein. – Zitatende.

Sehen Sie, meine Damen und Herren: Wir haben den Preis, den auch andere für die erste Tranche gezahlt haben – 108 Millionen € pro Stück –, auf den Tisch des Hauses gelegt. Aber gleichzeitig sagen die vier Nationen, die dieses Programm betreuen, in die Wege geleitet und davon auch Arbeitsplätze, Wertschöpfung und so weiter haben: Dieses Flugzeug ist um 10 bis 20 Prozent zu teuer, und bevor wir ernsthaft etwas be­stellen und bevor wir das am Weltmarkt verkaufen können, muss der Preis gesenkt werden!

Herr Bundesminister! Das alles betrifft nicht Sie persönlich, aber Sie haben Zugang zu den Akten und Sie können uns natürlich helfen, die Wahrheit aufzudecken. Ihnen einen Vorwurf zu machen, außer zum Thema Nummer 3, der Unterschriftsleistung, wäre völlig ungerechtfertigt, und ich tue das auch nicht.

Aber ist es wirklich notwendig, dass wir 100 Prozent zahlen, während die künftigen Hauptabnehmer sagen: Nein, wir zahlen höchstens 80 Prozent!?

Es kommt noch etwas dazu, und das ist dem dieswöchigen „Spiegel“ zu entnehmen, auch nicht gerade ein Sensationsblättchen, sondern ein gründlich recherchierendes Magazin. Uns wurde – ich glaube sogar, von Ihnen – mitgeteilt, dass wir – es ist schwierig, das auszudrücken – vier Bewaffnungen für 18 Flugzeuge bestellen. – Das kann nicht ganz stimmen, denn es gibt von EADS vorläufig keine Raketen.

Die Deutsche Bundeswehr hat anlässlich der offiziellen Übernahme und Inbetrieb­stellung der ersten Eurofighter moniert, dass das Fehlen von passenden Raketen, die im heutigen Luftkampf die einzig sinnvolle Waffe sind, die Indienststellung ein bisschen


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papieren macht. Und der deutsche Verteidigungsminister Struck hat größte Anstren­gungen der Erzeuger in dieser Richtung verlangt.

Also was kaufen wir jetzt eigentlich? – Viermal die Aufhängungen für Raketen, die es noch nicht gibt? Oder haben wir irgendwo noch Gebrauchtraketen von einem anderen Flugzeug, von der MiG oder etwas in der Art gekriegt?

Das Argument: Sie sind ja bewaffnet, weil sie Maschinenkanonen haben! ist, und das habe ich schon im Ausschuss erklärt, ungefähr so, als ob man uns sagen würde: Der kann ja auch mit Wasser gefüllte Plastiksackerln aus der Kanzel abwerfen! (Heiterkeit bei der SPÖ.) – Das ist halt nicht das, womit ich heute im Luftkampf reüssieren kann. Das ist ein militärisches Alibi – wobei ich persönlich durchaus für die Plastiksackerln wäre.

Sehen Sie, das sind die Ungereimtheiten dieses Projekts, und diese Ungereimtheiten gehen weiter. Ich bin nach wie vor sehr gespannt auf eine Antwort, wie denn nun die Lücke zwischen der Außerdienststellung der Draken und der Inbetriebstellung der ersten Eurofighter geschlossen werden wird. Ich bin sogar noch mehr an Folgendem interessiert, und diese Frage ist ja seit heute neu zu stellen: Wann beginnt denn die Lücke?

Ich entnehme der heutigen Tagespresse, Sie werden dazu sicherlich erschöpfend Aus­kunft geben, dass die schwedische Luftwaffe beziehungsweise deren Abteilung für Ma­terialwirtschaft dem österreichischen Bundesheer freundlich mitgeteilt hat – ich hoffe, der Brief war freundlich –, dass eine Verlängerung des Servicevertrages über den 31. Dezember des heurigen Jahres hinaus nicht möglich ist. Und es wurde hinzuge­fügt – das war dann nicht so freundlich –, dass das österreichische Bundesheer das immer gewusst hat.

Also Herr Brigadier Wolf hat das offenbar nicht gewusst, sonst hätte er dort nicht hingeschrieben und um Verlängerung ersucht. Die schwedische Luftwaffe ist vom Draken auf den Gripen umgestiegen. Mit Ende dieses Jahres steigt sie auch aus der Instandhaltung für eigene, aber natürlich erst recht für fremde Flugzeuge aus.

Ich freue mich natürlich über das Selbstvertrauen des Brigadiers Wolf, der diese Infor­mation mit der Mitteilung kommentiert hat: Macht nichts, können wir alles selber! – Ich weiß nur nicht, weshalb er dann den Brief nach Schweden geschickt hat. Also ent­weder brauchen wir die Schweden – denn die machen das ja nicht gratis, sie haben es auch bisher nicht gratis gemacht, das haben wir ja gezahlt –, also entweder brauchen wir die Instandhaltung durch die Schweden, dann ist die Ansage, das könnten wir auch selber, eine kühne – ich hoffe nicht zu Lasten der körperlichen Integrität der Piloten und der Bevölkerung, der die dann vielleicht verunglückenden Flugzeuge auf den Kopf und auf die Häuser fallen –, oder es hat bisher eine sinnlose Geldverschwendung gegeben, indem wir für etwas, was wir selber machen könnten, sinnloserweise und leichtfertigerweise den Schweden Geld gegeben haben. Ich gehe davon aus, dass der Herr Minister uns diesen evidenten Widerspruch erklären wird.

Ich habe sehr bewusst nur versucht, die Themen, die sich in diesem Zusammenhang einfach aufdrängen, ein bisschen zu erläutern. Ich habe mich nicht in den Bereich der Polemik begeben und schon gar nicht gegen Sie, Herr Bundesminister. Das Wort von der Jungfrau, die zum Kind kommt, ist ziemlich abgedroschen, aber natürlich ist das bei Ihnen so – bei allen biologischen Problemen mit dem Vergleich.

Sie haben ein Projekt geerbt, von dem ich nicht weiß, ob es Ihres gewesen wäre, und das ist eine Frage, auf die ich mir wirklich keine Antwort von Ihnen erwarte. Die können und werden Sie mir nicht geben. Was Sie gemacht hätten, wenn Sie schon im


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Jahr 2002 Verteidigungsminister gewesen wären, das werden Sie mir auch draußen in der Cafeteria nicht erzählen, und das verstehe ich auch.

Also wie gesagt, Herr Bundesminister: Sie haben dieses Projekt in der finalen Phase geerbt. Der einzige Sündenfall, den ich Ihnen vorwerfe, ist die sehr frühzeitige und sehr leichtfertige Unterschrift, allerdings unter einen Vertrag, der lange ausgebangt war, bevor Sie im Ministerbüro Platz genommen haben.

Vielleicht ist es nicht zu spät, Ihnen zu sagen: Sie sollten sich diese Angelegenheit noch einmal gründlich überlegen. Wir haben den Rohbericht des Rechnungshofes für den Sommer angekündigt bekommen. Nun ist der Rohbericht kein Gegenstand für öffentliche Erörterungen. Aber, Herr Minister, auf Ihren Schreibtisch kommt er auf legitime Weise. Alle Ministerien, alle Behörden pflegen Rohberichte des Rechnungs­hofes nach dem Grundsatz zu behandeln: Verdammt, was haben denn die schon wieder herausgefunden?

Ich schlage Ihnen vor, Herr Bundesminister, Ihre Energie und die Energie Ihres Hauses nicht darauf zu konzentrieren, jede Feststellung des Rechnungshofes, so wie das sonst immer ist, zu widerlegen und ein Argument anzuführen, warum das nicht so ist. Lesen Sie diesen Bericht unvoreingenommen und mit offenem Herzen! Ich bezweifle, dass Sie danach an dieser Typenentscheidung und an dieser Bestellung festhalten können. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.41

 


Präsident Hans Ager: Zur Beantwortung hat sich Herr Bundesminister für Landes­verteidigung Günther Platter zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.

 


17.41

Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich zur Beantwortung dieser 53 Fragen komme, werde ich einige allgemeine Bemerkungen machen, von denen ich glaube, dass sie sehr wichtig sind.

Es sind hier einige Fragen gestellt worden, und es ist die Äußerung gemacht worden, ich werde darauf keine Antwort geben. Ganz klare Antwort: Nach dem Wissen, das ich jetzt habe, hätte ich mich auch vor einem Jahr für Eurofighter entschieden, weil das zweifellos das beste Gerät ist. Ich weiß, dass alles – im Nationalrat haben das einige Abgeordnete nicht gerne gehört – sauber und korrekt über die Bühne gegangen ist.

Aber gestatten Sie mir jetzt ganz kurz auf die Chronologie einzugehen, denn mir scheint das sehr wichtig zu sein, dass man weiß, wie es zu diesem Beschaffungs­vorgang, der natürlich noch nicht abgeschlossen ist, gekommen ist.

Die Chronologie beginnt mit dem Jahr 1985, als die Draken angekauft wurden. Zur Wahrung der Lufthoheit hat man dazumal die Draken angeschafft. Interessant war, dass sich der Landesverteidigungsrat damals schon über die Nachbeschaffung Gedan­ken gemacht und Überlegungen angestellt hat, wie es ausschauen wird, wenn Draken nicht mehr zur Verfügung stehen werden, und der Ankauf welcher Type sinnvoll sein wird.

In den neunziger Jahren hat man auf politischer Ebene sehr intensiv über diese Frage­stellung diskutiert. Soweit ich mich erinnern kann, war die SPÖ eigentlich immer dabei und hat sich für eine aktive Luftraumüberwachung und aktive Luftraumsicherung aus­gesprochen. Ich könnte hier einige Zitate von Persönlichkeiten der SPÖ bringen, die sich in besonderem Maße für diese aktive Luftraumüberwachung und aktive Luftraum­sicherung ausgesprochen haben.


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Im Juli 2001 wurden dann auf Grund der Empfehlung des Landesverteidigungsrates drei Angebote eingeholt, einerseits F-16, andererseits Saab-Gripen und auch Euro­fighter. Wie Sie alle wissen, haben wir eine hervorragende Bewertungskommission mit 33 Leuten gehabt, die zum Ergebnis gekommen sind, dass Eurofighter Bestbieter ist. Darauf werde ich dann schlussendlich noch zurückkommen.

Am 2. Juli 2002 hat man auf Grund dieser Bewertung im Ministerrat den Beschluss gefasst, dass mit der Firma Eurofighter GmbH die Verhandlungen fortzusetzen und schlussendlich auch abzuschließen sind.

Ich als neuer Minister – ich habe das bereits einige Male, auch hier, mitgeteilt – habe mich sehr intensiv informieren lassen. Zum Zweiten war es mir sehr wesentlich, dass wir diese Verhandlungen auf einer guten Rechtsgrundlage weiterführen und ab­schließen. Schlussendlich ist es zu der Vertragsunterzeichnung gekommen, die heute hier kritisiert worden ist.

Ich bedanke mich bei Ihnen, geschätzter Herr Bundesrat, dass Sie es so gesagt ha­ben, wie es auch tatsächlich ist, nicht so wie gestern im Nationalrat. Im Nationalrat ist vermieden worden, zu sagen, dass diese Vertragsunterfertigung nur unter der auf­schiebenden Bedingung gemacht wurde: Wenn dieses Gesetz in Kraft getreten ist, wird auch dieser Vertrag Gültigkeit haben. Das haben Sie sehr korrekt ausgeführt, und so ist es.

Ich bin der Meinung, dass diese Vorgangsweise ebenfalls sehr seriös und richtig war. Im Wirtschaftsleben ist es eine Selbstverständlichkeit, dass man Verträge mit einer aufschiebenden Bedingung abschließt. Es kann überhaupt nichts passieren. Man weiß ja nie, was passieren kann, daher muss man als Politiker sorgsam vorgehen, wenn man Verantwortung trägt. Es ist also so, dass dieser Vertrag erst dann Gültigkeit hat, wenn dieses Gesetz in Kraft getreten ist. – Daher ebenfalls eine saubere und korrekte Vorgangsweise.

Warum ist es zu dieser Vertragsunterfertigung mit dieser aufschiebenden Bedingung gekommen?– Zum Ersten – und das ist wesentlich, das sage ich natürlich als Verteidi­gungsminister – habe ich im Hinblick auf die Sicherheit und den Schutz der Bevölke­rung großes Interesse daran, dass wir nicht nur auf dem Boden eine absolute Si­cherheit bieten können, sondern darüber hinaus natürlich auch in der Luft.

Schauen wir uns die Situation, schauen wir uns die Bedrohungslage an. (Bundesrat Konecny: Genau!) Es hat sich in der letzten Zeit einiges verändert. Der 11. September 2001 ist uns allen noch sehr gut in Erinnerung.

Ich als Verteidigungsminister trete an, dass diese Sicherheit und dieser Schutz nicht nur auf dem Boden gewährleistet sind, sondern diese Sicherheit und dieser Schutz wer­den natürlich auch in der Luft notwendig sein.

Schauen Sie sich die verschiedenen Einsätze an! Erst vorgestern hatten wir einen Alpha-Einsatz. Da haben wir die Information bekommen, dass von Deutschland ein unangemeldetes Flugzeug unterwegs ist. Ich als Verteidigungsminister bin daran interessiert, zu erfahren, was sich da abspielt. Die Draken sind hochgestiegen, sind hin zu diesem unangemeldeten Flugzeug und versuchten, Kontakt aufzunehmen. Es war kein Funkkontakt möglich, so wurde dieses unangemeldete Flugzeug begleitet. Da­durch wurde sichergestellt, dass nichts passiert.

Ich glaube, dass solch eine Vorgangsweise auch hinkünftig für die Souveränität eines Landes, nämlich der Republik Österreich, ganz besonders wichtig ist. Daher ist durch diese Unterschriftsleistung gewährleistet, dass wir in den nächsten 40 Jahren eine lückenlose Luftraumüberwachung und Luftraumsicherung haben werden.


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Zum Zweiten dazu, dass die Konditionen bei der Firma Eurofighter GmbH gehalten werden konnten. Es hat sich immer alles verzögert, und es war nicht so einfach, diese Konditionen zu halten. Nur mit dieser Textierung, mit der Unterfertigung mit der auf­schiebenden Bedingung – ich habe das natürlich auch schriftlich zur Verfügung – war es möglich, die Konditionen zu halten, wodurch es zu keinen zusätzlichen Belas­tungen für die Republik Österreich kommt. (Bundesrat Konecny: Herr Minister! Das ist schlichtweg falsch!)

Zum Dritten, zur Zinssicherung. Alle Experten werden mir Recht geben, dass die Zins­entwicklung so war, dass in den letzten Tagen der Zins hinuntergegangen ist, während er jetzt sehr stark im Steigen begriffen ist. Bei solch einer Summe muss man danach trachten, den richtigen Zeitpunkt zu wählen, einerseits die Konditionen mit der Firma Eurofighter Gmbh zu halten, andererseits aber auch einen günstigen Zinssatz zu suchen, wodurch wir den österreichischen Bürgerinnen und Bürgern 10 Millionen € ersparen konnten.

Zum Vierten – und das ist für mich auch sehr wesentlich –: Durch diese Unterschrifts­leistung ist es nun möglich, dass diese Gegengeschäfte gemacht werden. Durch diese Unterschriftsleistung, natürlich mit dieser aufschiebenden Bedingung, 4 Milliarden € für die Wirtschaft unter Dach und Fach zu bringen, ist eine wichtige Angelegenheit. Ich sage noch einmal: Es ist sensationell, dass es dem Wirtschaftsminister gelungen ist, diese Gegengeschäfte abzuschließen.

Ich kann Ihnen durchaus eine Information geben, wie zum Beispiel Herr Gerhard Mar­schall vom „WirtschaftsBlatt“ denkt. Er schreibt:

„Wenn sich dank dieser größten Rüstungsinvestition aller Zeiten tatsächlich Gegenge­schäfte in Milliardenhöhe auftun sollten, ... ist es grob fahrlässig, sie zu verschleppen und womöglich zu gefährden. Irgendwann wird sich der Eurofighter-Lieferant EADS fragen, wie lange er sich wegen 18 Fliegern foppen lassen soll.“ – Also nicht mein Zitat, sondern Zitat von Gerhard Marschall im „WirtschaftsBlatt“ vom 26. Juni 2003.

Ich habe darüber hinaus ein sehr interessantes Schreiben auch mit einer Aussendung vom Wirtschaftsminister Wiesheu aus Bayern bekommen. Er schreibt Folgendes:

„Die Beschaffung von 18 Maschinen im Gesamtwert von rund 2 Milliarden Euro leistet einen wichtigen Beitrag zur Sicherung von High-Tech-Arbeitsplätzen in Bayern, Öster­reich und weiteren Ländern Europas. ... Minister Wiesheu ist fest davon überzeugt, daß mit dem Eurofighter den traditionell sehr engen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Republik Österreich und dem Freistaat Bayern ein weiteres Erfolgskapitel hinzu­gefügt wird.“

Ich bin daran interessiert, dass diese gute Zusammenarbeit mit der Wirtschaft im Frei­staat Bayern und darüber hinaus mit Deutschland, aber auch mit den Betreiberstaaten Großbritannien, Spanien, Italien und Deutschland eine gute ist. Es ist eine hervorra­gende Firma. Und wir sind durch diese Beschaffungsmaßnahme mit dabei, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Nochmals zu der Typenentscheidung. Ich habe bereits die Information gegeben, dass eine 33-köpfige Bewertungskommission zu diesem Ergebnis gekommen ist. Unab­hängig davon scheint es mir sehr wesentlich zu sein, dass wir bei diesem euro­päischen Zukunftsprojekt mit dabei sind.

Es ist das beste Gerät. Und ich kann Ihnen hier eine Information geben – es werden hier manchmal Äpfel mit Birnen verglichen –: Wenn man sich die Steigleistung im Ver­gleich anschaut: Draken 19 000 Fuß, Eurofighter in derselben Zeit 30 000 Fuß (Bun­desrat Konecny: Darum saugt er ja so viel!), dann sieht man, dass da Klassenunter­schiede gegeben sind, dass es das Spitzengerät, das europäische Spitzengerät ist.


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Man kann sich das sehr gut vorstellen. Wenn man eine Beschaffung vornimmt, die natürlich sehr viel Geld kostet, werden ja alle daran interessiert sein, dass sie sehr zukunftsorientiert ist.

Darüber hinaus würde es auch Sinn machen, im Rahmen einer europäischen Rüs­tungsgemeinschaft ebenfalls diesen Zukunftsweg zu gehen.

Es haben diese Betreibernationen – England, Spanien, Italien, Deutschland – bereits 620 Stück Eurofighter bestellt (Bundesrat Konecny: Vorreserviert!), und ich kann Ihnen sagen, wie das ausschauen wird: Es werden im Jahre 2003 31 ausgeliefert, im Jahre 2004 34, im Jahre 2005 47, im Jahre 2006 38, im Jahre 2007 – da sind wir mit vier Stück dabei – 69, im Jahre 2008 55, und so geht es weiter, meine Damen und Her­ren. Das ist das europäische Spitzengerät, und es ist eine wichtige Entscheidung, dass wir hier ebenfalls mit dabei sind und gerade im Rahmen der europäischen Rüstungsge­meinschaft einen Zukunftsweg gehen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe gestern im Nationalrat einen Vergleich gezogen, ich möchte ihn hier ebenfalls bringen: Es ist sehr, sehr viel Geld – das ist richtig. Sicherheit kostet Geld, auch die private Sicherheit kostet Geld, und man ist bereit, dafür auch Geld aufzuwenden. Ich habe zum Beispiel einen Vergleich mit dem Defizit der Österreichischen Bundes­bah­nen in einem Jahr gezogen. Was glauben Sie, wie hoch dieses Defizit ist? Ich kritisiere das nicht. (Bundesrat Konecny: Haben Sie vorher gesagt, man soll nicht Birnen mit Äpfeln vergleichen?) Nein, nein, noch einen Moment! – Das Defizit der Österreichi­schen Bundesbahnen beträgt im Jahr 4,4 Milliarden €. (Rufe bei der ÖVP: Hört! Hört!) 18 Stück Eurofighter, die uns eine Luftraumsicherung für 40 Jahre gewährleisten, kosten knapp unter 2 Milliarden €. Also der Betrag, der der Hälfte des Defizits der ÖBB von einem Jahr entspricht, gewährleistet uns eine Luftraumsicherung für 40 Jahre! Man soll einmal diese Relationen zum Ausdruck bringen, damit man weiß, wovon man spricht.

Nun, meine Damen und Herren, zur Beantwortung Ihrer 53 Fragen. Ich möchte mich auch bei den Offizieren, bei meinen Mitarbeitern im Büro und bei den Bediensteten recht herzlich bedanken, dass es in dieser Kürze möglich war, diese Fragen zu beant­worten und die Antworten auch zu Papier zu bringen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ und der Freiheitlichen.)

Zu Frage 1:

Selbstverständlich gibt es Ministerratsvorträge. Ich verweise auf den Inhalt des Minis­terratsvortrages vom 2. Juli 2002 – dort ist ja die Typenentscheidung gefallen – und auf den Ministerratsvortrag vom 1. Juli 2003, weil selbstverständlich vor Unterzeichnung die­ses Vertrages der Ministerrat damit befasst wurde, was für mich eine Selbstver­ständlichkeit war. (Bundesrat Konecny: „Wenn ja, wie lautet dieser?“ lautet die Frage!)

Zu Frage 2:

Das Vertragswerk wurde am 1. Juli 2003 abgeschlossen. Eine Bekanntgabe der Na­men kann aus datenschutzrechtlichen Gründen und aus Gründen des Schutzes der Privatsphäre nicht erfolgen.

Zu den Fragen 3 und 4:

Basierend auf den Bezug habenden Ministerratsvortrag wurde durch das Bundesminis­terium für Landesverteidigung der Abschluss des Vertrages in die Wege geleitet.

Zu Frage 5:

Der Lieferplan schaut so aus, dass wir im Jahre 2007 vier Stück Eurofighter bekommen (Bundesrat Konecny: Die Frage 4 lautet: „Wie lautet diese Anordnung?“), im Jah-


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re 2008 zwölf Stück Eurofighter, im Jahre 2009 zwei Stück Eurofighter. Herr Bundesrat, ich habe Ihnen zugehört, ich würde bitten, dass Sie auch mir zuhören. (Bundesrat Konecny: Sie beantworten die Fragen nicht!) Ich bemühe mich sehr, Ihre Fragen ... (Bundesrat Konecny: Was haben Sie auf die Frage 4 geantwortet? – Nichts!) Ich würde bitten, dass Sie mir zuhören, sonst habe ich keine Chance, Ihre Fragen zu beantworten. (Bundesrat Konecny: Sie sind schon bei der Frage 5 und haben die Frage 4 nicht beantwortet!)

Zu Frage 6:

Die endgültige Ausstattung der Eurofighter umfasst im Wesentlichen folgende Kom­ponenten: Flugzeuge inklusive Bordkanone, Logistik und Ausbildung. Und ich sage Ihnen Folgendes dazu: Sie haben auch gesagt, der Eurofighter sei natürlich ein Kampf­flugzeug. Glauben Sie, dass Saab-Gripen kein Kampfflugzeug ist? – Natürlich hat auch Saab-Gripen Bordkanonen, natürlich sind auch da Lenkwaffen zur Verfügung und dergleichen mehr.

Zu Frage 7:

Die Gesamthöhe der vertraglich vereinbarten Kosten für Anschaffung und Ausstattung beträgt 1 959 Millionen €. Im Regierungsantrag hatten wir 1 969 Millionen €, wir haben also 10 Millionen € durch diese Zinssicherung eingespart. (Bundesrat Konecny: Toll!)

Zu Frage 8:

Der Bericht in einem Medium aus England bezieht sich auf eine Aussage aus dem Be­reich des britischen Verteidigungsministeriums. Die angestrebte Kostenreduktion be­trifft im Wesentlichen nur die Aufwendungen im Rahmen der Weiterentwicklung. Ziel ist nicht die Reduzierung des Stückpreises für einen Flugzeugkäufer, sondern das Nied­righalten von zukünftigen Kosten zur Weiterentwicklung des Eurofighters.

Der britische Rüstungsdirektor Lord Bach hat mir persönlich einen Brief geschrieben und dazu mitgeteilt – ich zitiere –, dass das Gerede über Einsparungen von 10 bis 20 Prozent der Kosten völlig spekulativ sei und nicht den geplanten oder verfolgten Zielvorstellungen der vier Betreibernationen entsprechen würde.

Das heißt, hier geht es lediglich darum, dass die Betreibernationen England, Spanien, Italien und Deutschland die Forschungs- und Entwicklungskosten auf Grund ihrer na­tionalen Budgets reduzieren wollen. Das hat aber mit den Herstellungskosten über­haupt nichts zu tun. Und im Übrigen, wenn Sie nachrechnen, wie viel ein Stück Euro­fighter kostet, so werden Sie draufkommen, das sind ohne Finanzierungskosten, Aus­bildung, System und Logistik 62,9 Millionen €.

Zu Frage 9:

Es werden laufend durch die Betreiberländer Maßnahmen gesetzt, um Betriebskosten senken zu können. Österreich wird sich selbstverständlich an diesen Programmen be­tei­ligen.

Zu Frage 10:

Es gibt keine Nebenabreden oder sonstigen Nebenleistungen. Die notwendigen Vor­aussetzungen für Ausbildung und Logistik sind im Vertragswerk und in den Gesamt­kosten von 1 959 Millionen € enthalten.

Zu Frage 11:

Es gibt keine rechtlichen Nebenabreden. Vertragsinhalt ist eine allgemeine Verhaltens­regel betreffend die Geschäftstätigkeit von zur Angebotslegung eingeladenen Unter­neh­men. Darin wird vereinbart, dass Zahlungen zur Vorteilsgewinnung im Sinne des


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§ 304 Strafgesetzbuch ausnahmslos verboten sind und zur Auflösung des Vertrages führen können. Dies gilt auch für die Abwicklung von Gegengeschäften. – Ich bedanke mich, dass auch das berücksichtigt wurde.

Zu Frage 12:

Für Vertragsstörungen wurden Vertragsstrafen bis 10 Prozent der nicht erbrachten Leistungen und die Möglichkeit des Rücktritts vom Vertrag verbunden mit einem Deckungskauf vertraglich vereinbart.

Zu Frage 13:

Der Gesamtvertrag wurde durch die Interne Revision des Bundesministeriums für Lan­desverteidigung und des Bundesministeriums für Finanzen eingesehen und geprüft. Der Vertrag wird nicht veröffentlicht, weil das schutzwürdige Interesse der Lieferfirma auf Geheimhaltung verletzt würde. Dem steht eine Prüfung durch den Rechnungshof nicht entgegen. Es ist auszuschließen, dass „NEWS“ Einblick in das Vertragswerk hatte.

Zu Frage 14:

Die für die Luftraumüberwachung mit dem Eurofighter erforderlichen Lenkwaffen sind auf dem Markt erhältlich. Für den Eurofighter werden auch neue Lenkwaffen ent­wickelt. – Also dieses Bild, das Sie gezeichnet haben, gibt es nicht. (Bundesrat Ko­necny: Oh ja!)

Zu den Fragen 15 und 16:

Durch das Bundesministerium für Finanzen werden für diesen Zweck 5,3 Millionen € bereitgestellt. Diese Lenkwaffen stehen für die gesamte Eurofighter-Flotte zur Ver­fügung.

Zu den Fragen 17 und 18:

Die Beschaffung der Lenkwaffen ist ein eigenes Vorhaben im Zuge der System­einführung und wird nach den bestehenden Vergaberichtlinien des Bundesministe­riums für Landesverteidigung abgewickelt werden.

Ich fasse die Fragen 19 bis 25 zusammen:

Der Rohbericht des Rechnungshofes liegt nicht vor. Er liegt nicht im Bun­des­minis­terium für Landesverteidigung und ist mir auch nicht übergeben worden. Laut Aussage des Rechnungshofpräsidenten Fiedler ist beabsichtigt, den Rohbericht im Laufe des Monats Juli dem Bundesministerium für Landesverteidigung zu übermitteln.

Die Bindefrist des Angebotes endete am 1. Juli 2003 um 24 Uhr. Bis dahin konnte nicht einmal der Rohbericht vorliegen. Endgültig abgeschlossen wird der Bericht erst nach einer Stellungnahme des Verteidigungsministeriums. Es ist ja sehr seriös, dass man die­sen Rohbericht zur Besichtigung bekommt und dass jede Stelle, die geprüft wurde, eine Darstellung machen kann, damit schlussendlich ein endgültiger Bericht zur Ver­fügung steht. Dieser Bericht wird – nach Angaben des Präsidenten Fiedler – aller Voraussicht nach Ende des Jahres vorliegen und dann im ersten Quartal 2004 dem Parlament zur Verfügung stehen.

Das ist jedenfalls zu spät, meine sehr geehrten Damen und Herren, da dadurch der her­vorragende, mit der Eurofighter GmbH ausverhandelte Preis nicht gehalten hätte werden können, das sage ich hier ganz deutlich. (Bundesrat Konecny: Er hätte ja sinken können!) Durch die Verhandlungen konnte eine Reduktion des Gesamtbetrages um über 200 Millionen € erreicht werden.


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Ich lasse es mir nicht nehmen, hier in aller Deutlichkeit darauf hinzuweisen, dass die Verhandlungen vor allem von Seiten des Finanzministers sehr professionell und gut geführt wurden.

Es ist damit, wie bereits erwähnt, gewährleistet, dass wir die 10 Millionen € eingespart haben und außerdem keine Lücke im Bereich der Luftraumüberwachung entsteht.

Ich möchte darüber hinaus Folgendes sagen, was den Rechnungshofbericht betrifft: Ich habe natürlich mit Präsidenten Fiedler Gespräche geführt, er sieht das auch ganz klar und eindeutig so, dass der Rechnungshof für die nachträgliche Kontrolle zustän­dig ist. Er legt Wert darauf, nachträglich zu kontrollieren. Wenn immer eine begleiten­de Kontrolle durchgeführt würde, so wäre das nicht die Intention des Nationalrates.

Unabhängig davon haben wir im Haus eine interne, eine begleitende Kontrolle installiert, damit dieser Beschaffungsvorgang ganz genau überprüft wird, dass er gut über die Bühne geht. Ich habe höchstes Interesse daran, dass das auch so läuft und gelaufen ist.

Eine weitere Information vom Präsidenten des Rechnungshofes – er hat mir gesagt, dass ich sie in der öffentlichen Diskussion verwenden kann –: Diese begleitende Kon­trolle innerhalb des Bundesministeriums für Landesverteidigung zählt zu den bes­ten Kontrollmechanismen im Verwaltungsbereich. – Das ist eine große Auszeich­nung. Und ich bedanke mich dafür, dass hier sehr, sehr seriös gearbeitet wird.

Zu Frage 26:

Beantwortung: Durch Fixierung des Zinssatzes.

Zu Frage 27:

Das sind 3,42 Prozent.

Zu Frage 28:

Die Zwischenfinanzierung ist ein Teil des Vertragswerkes und kann auf Grund der schutzwürdigen Interessen der Vertragspartner nicht veröffentlicht werden.

Zu Frage 29:

Die Bezahlung erfolgt in 18 Halbjahresraten zu jeweils 108,9 Millionen €, beginnend ab dem Jahr 2007.

Ich weise darauf hin, dass in der Regierungserklärung ebenfalls das Jahr 2007 als jenes Jahr genannt wurde, ab dem die Kosten für die Luftraumüberwachung bezie­hungs­weise Luftraumüberwachungsflugzeuge aufgebracht werden müssen.

Zu Frage 30:

Zusätzlich zu den Halbjahresraten entstehen ab dem Vollbetrieb jährliche Betriebskos­ten von knapp unter 50 Millionen €.

Zu Frage 31:

Der Bundesminister für Finanzen hat zugesagt, ab 2007 die Kosten, die über den Draken-Betrieb hinausgehen, bereitzustellen.

Auch dazu ein Wort: Mir war es erstens sehr wichtig, dass der Betrag für die gesamte Beschaffungsmaßnahme in Höhe von 1 959 Millionen € vom Finanzministerium zur Verfügung gestellt wird. – Es wurde auch gefragt, wo das steht: Das steht selbstver­ständlich im Ministerratsvortrag.

Zweitens war es mir wichtig, dass wir auch im Bereich des Betriebes keine zusätz­lichen Aufwendungen haben werden. Das heißt: Jene Aufwendungen, die wir jetzt für


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den Draken haben, werden wir auch künftig aufbringen müssen, die darüber hinaus gehenden Ausgaben im Rahmen der Betriebskosten werden vom Bundesminister für Finanzen zur Verfügung gestellt, mit einer Deckelung von knapp unter 50 Millionen €.

Zu Frage 32 – ich habe sie eigentlich schon beantwortet –:

Ich verweise in diesem Zusammenhang auf den Ministerratsvortrag vom 2. Juli 2002 und vom 1. Juli 2003.

Zu den Fragen 33 und 34:

Diesen Aussagen liegt offensichtlich ein Irrtum zu Grunde.

Es ist gemäß Ministerratsvortrag festgelegt, dass die Anschaffungs- und Betriebs­kosten – im Sinne der Beantwortung der Frage 31 – für den Eurofighter dem Bun­desministerium für Landesverteidigung zusätzlich zur Verfügung gestellt werden.

Tatsächlich stehen dem österreichischen Bundesheer bereits in den Jahren 2003 und 2004 jeweils zusätzlich 60 Millionen € zur Verfügung.

Mit diesen zusätzlichen Mitteln können wir ein klares Signal in Richtung Truppe, in Richtung Soldaten setzen. Es war auch in diesen Verhandlungen immer mein be­sonderes Bestreben, dass einerseits die Finanzierung der Luftraumüberwachungs­flugzeuge vom Finanzministerium vorgenommen wird und andererseits neben dieser wichtigen Beschaffungsmaßnahme gleichzeitig ein klares Signal in Richtung Truppe gesetzt wird.

Wenn Sie sich mit den Soldatinnen und Soldaten unterhalten, werden Sie erfahren: Es ist sehr gut angekommen, dass wir jetzt 10 000 Kampfanzüge anschaffen – Ausliefe­rungen werden derzeit schon durchgeführt –, dass wir im Bereich des Fuhrparks einiges tun, dass wir eine Sanierung der Kasernen, auch der Nassräumlichkeiten durch­führen.

Wir gehen hier wirklich einen ausgezeichneten Weg mit dem Signal, für eine hervor­ragende Luftraumsicherung vorzusorgen, und mit dem klaren Signal in Richtung Truppe.

Zu den Fragen 35 bis 37:

Ich habe die Anordnung gegeben, dass die entsprechenden Verhandlungen umgehend nach Rechtswirksamkeit des Vertrages aufgenommen werden sollen. Eine Beant­wortung dieser Fragen zum derzeitigen Zeitpunkt ist daher nicht möglich.

Zu Frage 38:

Gutachten wurden von Universitätsprofessor Dr. Lang, Universitätsprofessor DDr. Gra­ben­warter, Universitätsprofessor Dr. Aicher, Universitätsprofessor Dr. Zögernitz und Bun­desratsdirektor Dr. Labuda zur Frage der Zulässigkeit der Unterzeichnung und des Standes des Gesetzgebungsverfahrens erstellt.

Zu Frage 39:

Die wörtliche Wiedergabe der Gutachten würde den zeitlichen Rahmen der Anfra­gebeantwortung bei weitem sprengen. (Bundesrat Konecny: Sie können sie ja schicken!) Sie werden mir Recht geben, dass es unmöglich wäre, hier die gesamten Gutachten vorzulesen. (Bundesrat Konecny: Sie können sie uns übergeben, wir nehmen sie auch schriftlich!)

Als wesentlicher Inhalt wird in den Gutachten über die Rechtswirkung der Beschluss­fassung im Bundesrat am 23. Juni 2003 festgestellt, dass der Präsident des Bundes­rates wegen Erledigung des Verhandlungsgegenstandes „Gesetzesbeschluss des Na-


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tionalrates über ein Budgetbegleitgesetz 2003“ diesen nicht neuerlich auf die Tages­ordnung setzen darf.

Zur aufschiebenden Wirkung des Vertrages wird festgehalten, dass in dieser kein ÖNORM-Verstoß zu erblicken ist. – Das haben wir natürlich ebenfalls über Gutachten abgesichert, wobei es eine Selbstverständlichkeit ist, dass Verträge mit einer aufschie­benden Bedingung abgeschlossen werden können.

Zu Frage 40:

Das durch das Bundesministerium für Landesverteidigung in Auftrag gegebene Gut­ach­ten Professor Aicher ist noch nicht abgerechnet. (Bundesrat Konecny: Und die anderen vier? Herr Minister, bitte, es sind fünf Gutachten, nur eines ist nicht abge­rechnet! Was haben die anderen vier gekostet? – Das sind ja keine Antworten! Das ist unerhört!)

Ich möchte mit der Beantwortung der Fragen fortsetzen – ich komme ja noch auf Ihre Frage zurück.

Zu den Fragen 41 und 42:

Die wörtliche Wiedergabe der Gutachten würde den zeitlichen Rahmen der Anfrage­beantwortung bei weitem sprengen.

Als wesentlicher Inhalt der Gutachten ist festzuhalten, dass eine Reduktion der Stück­zahl vergaberechtlich zulässig ist, wenn durch diese Reduktion keine einseitige Bevor­zugung des Bestbieters stattfindet. Eine solche ist nicht erfolgt.

Insgesamt wurden – jetzt beantworte ich Ihre Frage; ich bitte Sie um etwas Geduld, es werden alle Fragen beantwortet – für die eingeholten Gutachten durch das Bundes­ministerium für Landesverteidigung 30 600 € ausgegeben.

Lassen Sie mich dazu noch eine Bemerkung machen: Bei einem solch großen Be­schaf­fungs­vorhaben, dem größten Geschäft, das seit Bestehen der Zweiten Republik abgewickelt wird, werden diese Kosten von 30 600 € gerechtfertigt sein, damit wir uns auf einem sehr guten rechtlichen Boden befinden.

Zu Frage 43:

Der Inhalt des von den Anfragestellern angesprochenen Gutachtens ist mir nicht be­kannt. (Bundesrat Konecny: Was?!)

Zu Frage 44:

Die wörtliche Wiedergabe der Gutachten würde den zeitlichen Rahmen der Anfrage­beantwortung bei weitem sprengen.

Dieses Gutachten bekräftigt die Zulässigkeit der Reduktion der Stückzahl von 24 auf 18 Stück.

Für dieses Gutachten der Finanzprokuratur sind dem Bundesministerium für Landes­verteidigung keine Ausgaben entstanden.

Zu Frage 45:

Nein. Diesen Vorwurf hat auch der Rechnungshof nicht erhoben.

Der Rechnungshof merkte kritisch an, dass von den Gesamtaufträgen zirka 6 Prozent zu Zwecken erstellt wurden, die nicht überwiegend der militärischen Öffentlichkeits­arbeit zuordenbar sind.


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Zu Frage 46:

Nach Kenntnis dieses Umstandes habe ich die Weisung erteilt, die Aufgabenstellung und die Abläufe innerhalb der Heeresbild- und -filmstelle kritisch zu überprüfen, Maß­nahmen zur Reorganisation einzuleiten und eine Kostenrechnung einzuführen.

Ich muss sagen, dass das mit diesem Beschaffungsvorgang jetzt natürlich überhaupt nichts zu tun hat, aber es ist am Rande mit erwähnt und ich bin gerne bereit, auch diese Fragen zu beantworten. (Bundesrat Konecny: Sie sind verpflichtet!) Ich bin auch dazu verpflichtet, selbstverständlich.

Zu Frage 47:

Dies ist derzeit noch Gegenstand ressortinterner Prüfungen. Ich habe jedoch die Wei­sung erteilt, alle erforderlichen Maßnahmen im Rahmen des Dienstrechtes durchzu­führen; unter anderem wurden bereits eine Straf- und eine Disziplinaranzeige erstattet.

Zu Frage 48:

Für die Einrichtung und den Aufbau der Mediathek wurden im Zeitraum von 1997 bis 2001 im Durchschnitt zirka 7 700 € pro Jahr ausgegeben.

Zu Frage 49:

Grundwehrdiener im Großraum Wien und Personal im Amtsgebäude Stiftgasse sowie die im Ausland eingesetzten Teile des Bundesheeres sind berechtigt, Entlehnungen vorzunehmen.

Es ist beabsichtigt, den Benutzerkreis auf alle Angehörigen des Bundesheeres auszu­dehnen.

Zu Frage 50:

Ein Mitarbeiter ist in etwa halbtags mit dem Verleih beschäftigt. Die Mediathek selbst verfügt über kein eigenes Budget.

Zu Frage 51:

Beantwortung: keine.

Mit der Firma Saab besteht ein Rahmenvertrag. Dieser Vertrag legt grundsätzlich Be­dingungen und Verfahrensabläufe für die technische Unterstützung bis Ende 2005 fest. Durch jeweils abzuschließende Jahresprogramme werden die von Saab zu erbrin­genden Leistungen konkretisiert und dem aktuellen Bedarf angepasst.

Zu Frage 52:

Die Einsatzbereitschaft der Draken ist nach heutigem Wissensstand und eingehender technisch-logistischer Überprüfung bis zum Jahresende 2005 gewährleistet.

Zu Frage 53:

Eine Zwischenlösung ist daher unverändert für den Zeitraum zwischen dem Ende der Draken-Verwendung und der Einführung des Eurofighter vorzusehen.

Ich habe hier schon mehrmals mitgeteilt, dass ich diesbezüglich folgende Vorgangs­wei­se wähle: Der Vertrag muss Gültigkeit haben, dann werden wir mit den benach­barten Streitkräften intensivst Kontakt aufnehmen, damit wir hier eine gute Lösung haben werden und eine lückenlose Luftraumüberwachung und Luftraumsicherung ge­geben ist.

Zum Schluss meiner jetzigen Ausführungen zu Ihrer Presseaussendung, Herr Bun­desrat Konecny! Ich würde Sie wirklich bitten – Sie haben eine seriöse Begründung abgegeben, ich bedanke mich dafür sehr; ich bin ebenfalls sehr bemüht, seriöse


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Antworten zu geben –: Verwenden Sie nie mehr wieder das Wort „Bananenrepublik“, und bringen Sie damit nicht unsere Republik Österreich in Verbindung! – Ich möchte Sie bitten, das nie mehr zu tun! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwi­schenruf des Bundesrates Steinbichler.)

Was Ihre Presseaussendung betrifft, darf ich Ihnen außerdem berichten – weil Sie hier sozusagen behaupten, dass ich dadurch auch mit dem Bundespräsidenten gröbere Probleme bekomme –: Selbstverständlich habe ich, bevor ich den Ministerratsvortrag eingebracht habe, den Bundespräsidenten verständigt, und ich habe auch Präsidenten Fiedler verständigt, damit sie wissen, wie die weitere Vorgangsweise sein wird. Ich glaube, dass damit ebenfalls eine sehr gute Vorgangsweise gewählt wurde.

Ich habe es gestern im Nationalrat schon gesagt: Es wird hier von der Opposition im­mer wieder Misstrauen geschürt – ich schaffe Vertrauen, auf mich können sich die Österreicherinnen und Österreicher im Bereich der Sicherheit zu 100 Prozent verlas­sen! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Meine letzte Aussage jetzt dazu: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seien wir ehrlich: Würden wir jetzt eine Debatte darüber führen, dass SAAB-Gripen angeschafft werden, würde man mit Sicherheit eine andere Schublade ziehen und genauso Argu­mente bringen, warum dieser Beschaffungsvorgang aus Ihrer Sicht nicht in Ordnung ist. (Zwischenruf des Bundesrates Konecny.)

Sagen wir es klar, sagen wir es eindeutig: Sie sind gegen eine aktive Luftraum­überwa­chung (Bundesrat Konecny: Wir sind für eine zeitgemäße ...!), Sie sind gegen eine aktive Luftraumsicherung, und Sie verabschieden sich von einer aktiven Sicherheits- und Verteidigungspolitik! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heit­lichen.)

18.15

 


Präsident Hans Ager: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit eines jeden Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Giefing. Ich erteile ihm dieses.

 


18.15

Bundesrat Johann Giefing (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Bundesminister, Sie haben ausgeführt, dass die Sozialdemokraten 1989 doch dem Ankauf der Draken zugestimmt haben. (Ruf: 1985!) 1985, Entschuldigung. Aber Sie haben nicht gleichzeitig dazugesagt, welche Voraussetzungen es damals gab, und Sie haben diese nicht den heutigen gegenüber­gestellt. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! 1985 waren wir an der Ostgrenze, damals gab es den Eisernen Vorhang – diesen gibt es heute nicht mehr. Wir hören ständig, dass wir in Österreich uns im Herzen Europas befinden. (Bundesrat Dr. Nittmann: Aber die Neutralität gibt es noch!)

Wir sind mitten in Europa. (Bundesrat Steinbichler: Das Herz ...!) Ich frage mich heute daher: Wer – von links, von rechts, von oben, von unten? – soll uns denn heute angreifen? (Bundesrat Dr. Nittmann: Neutralitätsgesetz!)

Die SPÖ verabschiedet sich nicht von der Sicherheitspolitik! Wir verabschieden uns allerdings vom Gedanken des Ankaufs dieser sündteuren Kampfflugzeuge (Zwischen­ruf des Bundesrates Steinbichler), die Österreich gleichzeitig mit der Pensionsreform schon überhaupt nicht braucht! (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich möchte vorerst einmal zu den heutigen Ausführungen des Bundesministers für Finanzen Stellung nehmen. Im ersten Moment, als ich zugehört habe, habe ich schon befürchtet, dass ihm aus seinen Schultern Flügel wachsen, denn diese milden Zungenausführungen kennen wir aus dem Mittelalter aus den Sakristeien, wo die Engel noch mit Flügeln drauf sind.

Aber ich möchte Ihnen sagen: Dass der Finanzminister unserer Republik Österreich nun im Mittelpunkt der politischen Kritik wegen des Kaufs der Eurofighter steht, hat er vor allem seiner „wundersamen“ Wandlung zuzuschreiben und sich selbst zu ver­danken: Derzeit ist er Verteidiger des Kaufs der teuersten Fluggeräte. (Bundesrat Steinbichler: Der besten!) Der teuersten Fluggeräte. Vor einigen Monaten noch war er Mahner, der sich für eine möglichst kostengünstige Variante stark gemacht hat. Und ursprünglich – das wissen Sie alle – war er doch strikter Gegner eines Kaufs neuer Kampfflugzeuge. Noch im Juni 2001 erklärte der Finanzminister, dass die Gemein­same Außen- und Sicherheitspolitik der EU Österreich den Kauf von Abfangjägern erspare, es werde zu einer militärischen Arbeitsteilung kommen. Und genau für diese militärische Arbeitsteilung sind wir auch. (Bundesrat Steinbichler: Wieso haben wir einen Verteidigungs- und einen Außenminister?)

Mich wundert ja, dass von Ihrer Seite niemand auf die Idee kommt, man solle für die Donau Kriegsschiffe anschaffen. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Arbeitsteilung: Derjenige, der das kann, soll das machen. Aber glauben Sie, dass wir in Österreich mit – ursprünglich hat es geheißen: 24 Kampfflugzeuge; jetzt sind es 18, die teurer sind als die ursprünglich 24! – 18 Kampfflugzeugen den österreichischen Luft­raum überwachen können (Bundesrat Steinbichler: Na sicher!), obwohl es, wie Kolle­ge Konecny schon ausgeführt hat, die Bordkanonen noch nicht gibt?

Gehen wir in der Chronologie weiter: Im Februar 2002 meinte der Finanzminister, Abfangjäger seien aus finanzieller Sicht nicht leistbar. Die geschätzten Gesamtkosten lagen damals bei 1,5 Milliarden bis 1,8 Milliarden € für 24 Flugzeuge – nun kosten 18 Stück 1,97 Milliarden €!

Das Dritte: Noch im Juni vergangenen Jahres hat der Finanzminister im Gespräch mit der „Presse“ erklärt, dass er generalüberholte amerikanische F-16 bevorzugen würde, denn diese würden maximal die Hälfte neuer Flugzeuge kosten.

Bei diesen drei Aussagen ist mir ein weltberühmter Schifahrer eingefallen, der uns Österreicher, obwohl wir ein sehr, sehr gutes Nationalteam haben, immer eineg’haut hat: der Ingemar Stenmark. Er war der beste Slalomfahrer der Welt. Zum Finanz­minister „Weltmeister im Slalomfahren“ zu sagen wäre untertrieben. Ich meine, er wäre Universum-Meister, denn sonst kann es das nicht geben, dass er einmal so sagt und einmal so. Die Österreicher haben sich anfangs darauf verlassen, dass er die Euro­fighter nicht ankauft – und plötzlich kam der Sinneswandel. Ob zu diesem Sinnes­wandel seine ursprüngliche Beschäftigung bei Stronach beigetragen hat, wage ich nicht zu beurteilen. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Auf alle Fälle stimmt er im Juni 2002 für den Kauf des Eurofighters und damit für den Kauf der teuersten Flugzeuge – eine Entscheidung, die er heute vehement verteidigt. Für die höheren Betriebskosten des Eurofighters werden nochmals 50 Millionen € pro Jahr zusätzlich zum Verteidigungsbudget notwendig sein. Ich frage mich: Wie werden wir uns das in Zukunft leisten können? Aber wir werden vielleicht die Antworten noch bekommen.

Abgesehen von dieser Rolle des Finanzministers gibt es beim Eurofighter eine ganze Reihe von Ungereimtheiten, etwa: warum 18 Stück vom teuersten Gerät? Offiziell werden die 18 Stück mit den Einsparungen auf Grund der Hochwasserkatastrophe


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begründet – ein sehr, sehr gutes Thema, das uns in den Schoß gefallen ist: Wir können uns nicht 24 leisten, wir müssen zuerst die Hochwasserkatastrophe finanziell ausgleichen. – Ursprünglich hätten es 24 sein sollen, denn nur mit diesen 24 sei eine lückenlose Überwachung des österreichischen Luftraumes von zwei Standorten aus gesichert, hat der Kommandant der heimischen Luftstreitkräfte Erich Wolf immer betont.

Bei der Bewertung der auf dieser Basis erstellten Angebote gewann der Eurofighter die Kosten/Nutzen-Bewertung, wie unser Klubobmann schon gesagt hat, nur unter der einzigen Voraussetzung des neunjährigen Zahlungszieles. Und ich stelle mir natürlich auch die Frage: warum nicht fünf Jahre, warum nicht zwölf Jahre, warum genau die neun Jahre? (Bundesrat Dr. Nittmann: Und zu welcher Antwort kommen Sie?) Bei allen anderen Kriterien lag der SAAB Gripen vorne. Nicht bewertet wurden obendrein die Betriebskosten.

Die nun erfolgte Bestellung hat mit der ursprünglichen Bewertung nur am Rande zu tun. Von den 18 Stück sind nur jeweils vier kampffähig mit Raketen und Infrarot-Nacht­sichtgeräten ausgestattet, alle anderen sind im Wesentlichen „nackte“ Flugzeuge mit einer Bordkanone. Ich behaupte, diesen ist jeder Uraltdraken im derzeitigen Zustand im Luftkampf überlegen. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für mich ist auch Herr Bundesminister Platter dafür verantwortlich, dass das Vergabeverfahren unerlaubt in Richtung Euro­fighter beeinflusst wurde. Unter anderem müssen die Steuerzahlerinnen und Steuer­zahler Österreichs neben dem überhöhten Kaufpreis auch noch für eine Übergangs­lö­sung viele Millionen Euro pro Jahr zusätzlich zahlen.

Der Rechnungshofpräsident hat bekannt gegeben, dass der Bericht, in welchem die Wirtschaftlichkeit, die Sparsamkeit, die Zweckmäßigkeit und die Rechtmäßigkeit des Kampfflugzeugdeals beurteilt wird, noch im Juli 2003 vorliegen wird. Minister Platter hat jedoch, ohne die Ergebnisse dieses Berichtes des Rechnungshofes abzuwarten, den Vertrag unterschrieben. Eine sehr markante Geschichte für mich persönlich! Herr Bundesminister, Sie haben damit, mit Ihrer Unterschrift, das Herzass für weitere Verhandlungen, für weitere Preisverhandlungen, für weitere Reduzierungen der Kosten aus der Hand gegeben. Diese Unterschrift hat die Österreicher viele Millionen Euro gekostet! (Beifall bei der SPÖ.)

Am selben Tag wurde bekannt, dass die Wartungs- und Erhaltungskosten – man weiß auch einiges – für die Eurofighter ab 2007 um 10 bis 20 Prozent niedriger sein werden. Am selben Tag war das; es ist heute aus dieser englischen Zeitung zitiert worden.

Wir können auf Grund dieser Unterschrift jetzt leider nicht mehr preisverhandeln.

Ich komme damit zum Schluss meiner Ausführungen. – 600 000 Unterschriften, die die Österreicher geleistet haben, interessieren Sie wahrscheinlich nicht. Die Österreiche­rinnen und Österreicher sind über diese ungeheure Vorgangsweise von Bundesminis­ter Platter empört.

Ganz, ganz wichtig für mich heute: In einer Umfrage der „Neuen Kronen Zeitung“ vom Freitag, dem 4. Juli, kommen die Menschen zur Schlussfolgerung, die auf Seite 8 die­ser Ausgabe publiziert ist, unter der großen Überschrift: „Abfangjäger-Kauf ist Be­trug am Volk!“. – Ich habe dem nichts hinzuzufügen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundes­rat Dr. Böhm: Zur Geschäftsordnung!)

18.26

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Liechtenstein. – Bitte.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
699. Sitzung / Seite 87

18.26

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf zunächst einmal ganz kurz auf die Ausführungen meines Vorredners Johann Giefing eingehen, vor allem was das Thema Draken 1985 betrifft. Ich bin Steirer, ich wohne in dem Bezirk Graz-Um­gebung, ich habe das alles live miterlebt. Auf der anderen Seite muss ich sagen: Für die damaligen Verhältnisse, mit der Roten Armee vor der Tür, waren 24 damals bereits alte Flugzeuge absolut zu wenig. Also das mit den heutigen Zahlen zu ver­gleichen ist sicherlich nicht richtig.

Das Zweite ist, wir kriegen die ersten Eurofighter im Jahr 2007. Bis dahin wird nicht nur eine Bordkanone an Bord sein – da verstehe ich die Kritik, eine Bordkanone entspricht einem Luftkampf in der heutigen Zeit wirklich nicht mehr –, sondern es werden auch Luftraketen mit dabei sein. Also wir haben die Rote Armee nicht mehr unmittelbar vor der Tür, wir haben dann modernes Gerät.

Wenn ich ein paar Worte, weil das auch erwähnt wurde, zu den anderen zwei Be­reichen sagen darf: Der Gripen ist sicherlich ein gutes Flugzeug, nehme ich an, aber es gibt davon 200 in etwa; ich kann die genaue Zahl nicht nennen. Vor allem wird er von der schwedischen Armee verwendet. Es gibt dazu keine Erfahrungswerte in dem Sinn, wie es sie zum Beispiel beim F-16 der Amerikaner gibt. Von diesem Flugzeug gibt es weltweit 4 200, und damit sind auch entsprechende Erfahrungswerte vorhanden, was, wie ich glaube, bei einem Flugzeug wesentlich ist.

Ich komme dann noch darauf zu sprechen, dass wir 2007 erst bei der zweiten Tranche der Eurofighter dabei sein werden und nicht schon bei der ersten.

Ich glaube, wir müssen auch sehen – und das ist auch vom Herrn Minister erwähnt worden –, dass man jetzt zum Beispiel 10 000 Kampfanzüge anschafft, die Sanierung der Kasernen durchführt, eine Stärkung der Truppen vornimmt. Wir werden erst 2007 dafür zahlen müssen, denn wir werden – und das ist klar, denn der europäische Eini­gungsprozess schreitet irrsinnig rasch voran, Gott sei Dank! – auch in eine gemein­same europäische Verteidigungs- und Sicherheitspolitik hineinkommen, deshalb brau­chen wir auch eine EU-konforme Ausstattung unserer Armee.

Wenn man daran denkt, dass wir vor wenigen Jahren nicht gedacht hätten, in die EU zu kommen, dass man vor vier, fünf Jahren nie geglaubt hätte, dass wir heute einen Euro haben, wenn wir daran denken, was bereits im Polizeibereich mit Europol be­steht, dann müssen wir sehen, dass natürlich der Weg in die europäische Verteidigung ein ganz klarer ist.

Ich muss an dieser Stelle sagen – ich war zwölf Jahre im Landesverteidigungsrat –, dass auch nach dem Ende der Roten Armee die Sozialdemokraten stets dafür waren, dass wir eine starke Luftraumüberwachung haben, und damit für die Abfangjäger ge­wesen sind.

Vieles ist vom Herrn Minister oder auch von Albrecht Konecny bereits erwähnt worden, aber ich will noch einiges zu diesem Thema sagen.

Es handelt sich bei diesem Eurofighter um ein Projekt, dessen Entwicklung von vier Staaten vorfinanziert wurde: von Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien. Dass Österreich mit seiner Bestellung erst in die zweite Tranche hineinfällt, hat den Vorteil, dass dann eventuelle Fehler oder Ähnliches bereits durch eine Weiterent­wick­lung beseitigt sind.

Für den Eurofighter spricht sehr viel, weil er nicht nur ein europäisches Gerät ist, son­dern auch ein ganz modernes. Die Eurofighter haben eine sehr starke Beschleuni­gungs-, Steig- und Kurvenleistung, die Sichtidentifizierung anderer Flugzeuge durch


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Infrarotgeräte auch in der Nacht ist vorhanden. Wenn wir in die Verteidigungs­gemein­schaft hineingehen, dann brauchen wir auf diesem Sektor etwas, was zeitgemäß ist. Ich habe an sich sehr viel für die F-16 übrig gehabt und war sehr dafür, diese anzu­schaffen. Die F-16 ist ein sehr bewährtes Flugzeug der Amerikaner. Es hat uns die belgische und die amerikanische Armee angeboten, sie zu leasen. Nur stellt sich na­türlich dann die Frage, ob wir sie selbst haben wollen oder ob wir sie nicht selbst haben wollen. Es liegt, glaube ich, darin eine der wesentlichen Entscheidungen.

Wir müssen uns ganz klar darüber sein: Wir brauchen weiterhin die Luftraumüberwa­chung! Mir persönlich tut es Leid – ich habe es hier im Haus schon ein paar Mal ge­sagt –, dass wir nicht schon vor ein paar Jahren in die NATO gegangen sind, wie es bis heute schon ein Großteil des europäischen Raums getan hat, vor allem die Länder östlich und südlich unseres Landes in der letzten Zeit. Jetzt wollen auch Bulgarien und Rumänien in die NATO kommen. Ich glaube, dass wir gerade auch in dieser Hinsicht ein paar Punkte einbringen müssen.

Erstens: Wir haben die Piloten. Wir brauchen diese Piloten, wir können diese jetzt nicht ausscheiden lassen.

Das Zweite ist natürlich, dass wir danach trachten müssen, wenn wir in die euro­päische Verteidigungsgemeinschaft hineinkommen, das zu haben, was wir wirklich brau­chen. Wir müssen uns auch ganz klar darüber sein, dass wir uns heute auch gewissen Gefahren gegenübersehen, vor denen wir uns in den nächsten Jahren – hoffentlich geht es rascher – sichern müssen, ob es jetzt der Terrorismus ist, ob es die organisierte Kriminalität ist, Waffen, die vernichten können. Wir haben ja erlebt, welche Probleme es noch vor wenigen Jahren am Balkan, in unserer unmittelbaren Nähe, gegeben hat. Aber denken wir an das, was heutzutage in Zentralasien, im Mittleren Osten et cetera entsteht!

Ich glaube, wir haben eines zu machen: Wir müssen schauen, dass wir in die euro­päische Großraumverteidigung hineinkommen, und wir müssen dabei mehr sein als nur ein militärischer Traditionsverband; vielmehr müssen wir danach streben, dass un­sere Stärke in diese gemeinsame Verteidigung involviert wird. Es reicht sicherlich nicht, wenn wir als Österreicher nur den Radetzkymarsch einbringen.

Es müssen unsere Soldaten – und wir haben sehr gute Soldaten – in der europäischen Verteidigungsgemeinschaft mitwirken können. Wir haben da als Österreicher eine Tradition, ob es am Golan oder wo immer gewesen ist. Natürlich haben manch andere europäische Staaten aus ihrer Geschichte heraus Verantwortung, die auch außerhalb Europas liegt, wenn Hilfe notwendig ist. Man sieht das ja leider immer wieder. Wir müssen ganz ehrlich sagen, dass wir es am Beispiel des Balkans gesehen haben, dass wir Europäer uns wirklich zusammenschließen müssen, auch in der Verteidigung, denn dass in diesem Gebiet halbwegs Frieden eingekehrt ist, ist dem Eingreifen der US-Armee zu verdanken.

Ich glaube also, es ist sehr wichtig, dass wir diese Angelegenheit als Europäer sehen, und meine, dass es eine gute Entscheidung ist, wenn wir uns dafür entscheiden, un­sere Luftraumverteidigung – das ist heute vielleicht das falsche Wort –, unsere Luft­raumsicherung aufrechtzuerhalten bis zu dem Moment, wo es eine europäische Ver­teidigungsgemeinschaft gibt. Aber in diese müssen wir auch etwas einbringen, wir Österreicher dürfen nicht ständig Trittbrettfahrer sein, als die wir dann natürlich nur mit einem leichten Lächeln oder mit Verachtung „bedankt“ werden. Das, glaube ich, gilt es zu vermeiden, und deswegen bin ich dafür, dass wir dieser Sache zustimmen. – Ich danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

18.35

 



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Stenographisches Protokoll
699. Sitzung / Seite 89

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Professor Böhm, bitte, zur Ge­schäftsbehandlung.

 


18.35

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr verehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Herr Kollege Giefing hat es für nötig befunden, im Schlusssatz in die Formulierung, Abfang­jägeranschaffung sei Betrug am Volk seitens der Regierung, einzumünden.

Betrug ist bekanntlich vorsätzliche Irreführung zu vorsätzlicher Vermögensschädigung, also ein schweres Verbrechen nach dem Strafgesetzbuch. Ich denke daher, dass das eine absolut unzulässige Etikettierung, noch dazu im Sinne einer reinen Vorverurtei­lung, ist, und ich rege daher an, dafür einen Ordnungsruf zu erteilen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrätin Kainz: Er hat zitiert! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

18.36

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Da die Schlussworte des Kollegen Giefing zu einem Zeitpunkt gesprochen wurden, als der Vorsitzwechsel stattfand, würde ich bitten, das Stenographische Protokoll zu bekommen, und werde dann eine Ent­scheidung treffen.

Zum Wort gemeldet ist Herr Kollege Gasteiger. – Bitte.

 


18.36

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Auch wenn es der Herr Minister Grasser dementiert, dass er zu Magna zurückkehrt ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Lasst mich doch ausreden! Aber so überzeugend, wie der Herr Minister Platter heute für die Eurofighter geredet hat, wäre er der beste Chefverkäufer bei EADS, muss ich sagen. Also die Qualifikationen dafür hätte er! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister! Ich möchte Sie in der ganzen Causa Kampfjets, Eurofighter gar nicht per­sönlich dafür verantwortlich machen. Ich denke, Ihr Vorgänger, der Herr Bun­desminister Scheibner, und der Herr Bundeskanzler beziehungsweise auch der Herr Finanzminister haben Ihnen eine Suppe eingebrockt, die Sie leider Gottes auslöffeln müssen. Aber denken Sie einmal daran, was das für ein nationaler Heuler gewesen wäre, wenn Sie gesagt hätten: Schluss, stopp, aus! Fangen wir von vorne an! Schauen wir, wo wir die 2 Milliarden anders parken können! Wenn wir Geräte kaufen müssen, kaufen wir etwas Billigeres! Wir haben ja gehört, die F-16 oder die Gripen wären auch qualifiziert. Was glauben Sie, Herr Minister, welche Sympathiewerte Sie da hätten! Sie wären der Superstar der Regierung, hundertprozentig!

Wenn aber laut einer Meinungsumfrage 77 Prozent der österreichischen Bevölkerung den Ankauf der Kampfjets als Provokation empfinden und lediglich 47 Prozent der ÖVP-Sympathisanten dem Ankauf zustimmen, wundert es mich, mit welcher Beharrlichkeit die Bundesregierung diesem Ankauf zustimmt. (Bundesrat Bieringer: Das ist eben der Unterschied zur Regierung Kreisky! ...!) Es drängt sich die Frage auf, ob Sie, Herr Minister, mit dem raschen Vertragsabschluss im Interesse der Steuerzah­ler gehandelt haben.

Wenn ich das „Schwarzbuch 2003“ vom Bund der Steuerzahler – zufälligerweise heute in meinem Fach; die Abfangjäger sind auch schon abgebildet – in die Hand nehme, lese ich auf Seite 37: 2 Milliarden € beträgt der Preis für die Abfangjäger – das ist ja nichts Unbekanntes, aber: Der Steuerzahler muss dafür 24 Tage arbeiten! Oder: Pro Kopf sind das 238 Krügel Bier – das wäre ein satter Rausch –, oder: 8 000 Einfamilien-


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häuser, eine ganze Stadt kann man damit bauen! – Herr Minister, das ist ja nicht ge­rade ein Honiglecken.

Warum haben Sie nicht bis Ende Juli den avisierten Rechnungshofbericht abgewartet, Herr Minister? Wäre mit den Eurofighter-Herstellern nicht eine Fristerstreckung auszu­verhandeln gewesen? Ich denke, wenn ich das Eurofighter-Konsortium wäre und einen 2-Milliarden-Auftrag in greifbarer Nähe hätte, dann käme es mir auf ein paar Tage mehr oder weniger nicht an, also das wäre schon auszuverhandeln gewesen. Ich den­ke, dass vielleicht das eine oder andere noch billiger geworden wäre, ich weiß es nicht. Ein bisschen etwas wäre sicherlich noch drinnen gewesen.

Mit der jetzigen Lösung schaffen Sie, Herr Minister, vollendete Tatsachen. Selbst wenn der Rechnungshof die Typenentscheidung in der Luft zerreißen sollte: Der Kaufvertrag bleibt rechtswirksam! Vermutlich ist das aber die politische Absicht der ÖVP: möglichst rasch vollendete Tatsachen schaffen, weil man ja nicht weiß, wie lange der freiheitliche Koalitionspartner als Mehrheitsbeschaffer noch zur Verfügung steht.

Bei der FPÖ gilt eines: Nix ist fix, und verlassen kann man sich auf sie am wenigsten.

In ein paar Tagen wird wahrscheinlich der Rechnungshofbericht über die Typenent­schei­dung fertig sein. Laut Gesetz hat der Rechnungshof die Kriterien der Spar­samkeit, der Wirtschaftlichkeit und der Zweckmäßigkeit zu prüfen. Bestätigt der Rech­nungshofbericht die Typenauswahl als beste Variante im Sinne der Sparsamkeit, der Wirtschaftlichkeit und der Zweckmäßigkeit, dann hätten Sie einen Persilschein par excellence von einer unabhängigen Instanz. Zeigt der Bericht aber, dass der Rech­nungs­hof gravierende Mängel findet, dann hätte man natürlich diesen Deal noch stoppen können. Nicht wirklich nachvollziehbar sind auch die Argumente zur möglichen Preisreduktion des Eurofighters auf Druck der Hauptabnehmerländer.

Das hat wohl auch ein bisschen mit Prestigedenken zu tun, so nehme ich einmal an: Wenn am Tag nach der Unterzeichnung des Vertrages samt der Kaufsumme bekannt wird, dass es ein bisschen billiger sein hätte können, dann könnte man ja auf den Ge­danken kommen, wenn man nicht schlecht denken würde, dass schlecht verhandelt worden ist. Bisher kann man der Regierung ankreiden, dass sie beim Abfangjägerkauf ungeschickt agiert hat – was die Art und Weise betrifft, wie dieses Thema in die Öffentlichkeit gekommen ist und wie es im Zusammenhang mit der Pensionsreform, dem Spargesinnungsgedanken, dem Nulldefizit und den ganzen Grauslichkeiten, die kommen, verkauft worden ist.

Sollten allerdings die Vorwürfe der Kritiker bezüglich falsche und zu teure Typen­aus­wahl bei den Abfangjägern vom Rechnungshof bestätigt werden, dann wäre das aller­dings mehr als ungeschickt. Ich denke, das wäre wohl ein satter Skandal, der nach der Vertragsunterzeichnung mit 1. Juli nur schwer zu bereinigen wäre.

Herr Minister! Ich fordere im Namen meiner Fraktion Sie und alle Ihre Kollegen in der Regierung auf, die zukünftige Generation nicht unnötig zu verschulden, und ich fordere Sie auf, diesen Vorgang zu stoppen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.42

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Gudenus. – Bitte.

 


18.42

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Zuallererst möchte ich dem Herrn Bundesminister meine persönliche Wert­schätzung ausdrücken. (Bundesrat Bieringer: Das ist eine gefährliche Drohung! – Heiterkeit.) – Nein, nein, das soll keineswegs eine gefährliche Drohung sein! Ich ver­trete zwar, wie allgemein bekannt ist, in einigen Punkten von der Linie des Ministe-


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riums, vielleicht auch von der Linie der Regierungskoalition abweichende Ansichten, bin aber der Meinung, dass man unbeschadet dessen, dass man unterschiedliche Mei­nungen haben kann und wahrscheinlich auch haben soll – denn nur so ist ein Gedankenaustausch zweckmäßig –, den Herrn Bundesminister und sein Team beson­ders schätzen kann. (Beifall des Bundesrates Dr. Böhm.) Ich tue das umso mehr, da ich ja selbst zwar nicht aus dieser Waffengattung, aber aus diesem Minis­terium resul­tiere.

Wir führen über dieses Thema eine Diskussion, die vor wenigen Tagen auch in den europäischen Staaten, die den Eurofighter als zukünftiges Flugzeug bestellen, statt­gefunden hat. So waren, als am Sonntag vorletzte Woche in Maching bei München der so genannte erste Eurofighter aus der Halle rollte und die verschiedensten euro­päischen Verteidigungsminister und Luftwaffenchefs dabei waren, doch einige nach­denkliche Bemerkungen zu vernehmen. Diese wurden sehr verkürzt in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zusammengefasst und lauten ungefähr wie folgt: Zur Kontrolle des eigenen Luftraums hätten auch die bisher schon vorhandenen Flugzeuge genügt, und zur Bewahrung der politischen Lufthoheit sind Jagdflugzeuge derzeit ungeeignet.

Das Konzept – das wurde heute schon angesprochen – dieser Flugzeuge liegt 20 Jah­re zurück, wobei in den ersten 10 dieser 20 Jahre grob gesprochen noch der Kalte Krieg und eine sehr starke Ost-West-Konfrontation gegeben waren. Aber – und diese Bemerkung war auch in Maching unter den Ministern zu vernehmen –: Derzeit ist in der Nachbarschaft niemand, vor dem man sich zu schützen braucht und speziell nicht mit diesen Flugzeugen zu schützen braucht.

Das ist das Problem dieses Flugzeugs. (Demonstrativer Beifall bei Bundesräten der SPÖ und bei den Grünen.) Es ist multifunktional nur im internationalen Kriegseinsatz zweckmäßig. Es ist seekampfkriegsfähig, und es ist erdkampfkriegsfähig – das Erste trifft auf keinen Fall für Österreich zu, und das Zweite hoffentlich nicht so bald. – Es hat leider keinen Zwischenruf aus dem Publikum gegeben, sonst würde ich wahrscheinlich bestärkt oder positiv korrigiert werden. – Es kann mehrere Ziele, so sage ich einmal, zugleich bekämpfen. Es sichert also den österreichischen Luftraum, aber – das wurde schon gesagt – dazu sind andere und alle möglichen älteren Modelle auch in der Lage.

Herr Bundeskanzler Schüssel hat hier am 13. März gesagt, wir brauchen eine Luft­polizei. Der Herr Bundesminister hat heute davon geredet, dass wir eine Luftraum­sicherung benötigen. Brauchen wir dann wirklich diese Kampfmaschine? – Sie ist eine für uns unterbewaffnete Kampfmaschine! Das ist das Problem, an dem auch die ÖVP in der Regierungskoalition, wenn wir ehrlich sind, herumkiefeln muss. Andere Maschi­nen zu geringerem Preis hätten die Aufgabe auch erfüllt – ob sie sie so erfüllt hätten oder anders, ist eine andere Frage.

Es wird dann erzählt: Wir brauchen sie zur Überwachung, um gegen Terroristen vor­gehen zu können. Diese Maschine gegen Terroristen? – Ich meine, Terroristen be­kämpft man am wenigsten mit Abfangjägern und am wenigsten mit Kampfmaschinen. Das hat auch ein Planspiel im Frühjahr 2002 ergeben, als über Madrid eine Situation simuliert wurde, in der ein Personenflugzeug als fliegende Bombe kommt. Und damals wurde von NATO-Offizieren festgestellt, dass es gegen solch eine Attacke keine Hilfe gibt. Das ist nicht möglich.

Oder es wurde gesagt, man braucht sie zur Verhinderung des in der Luft befindlichen Rauschgiftverkehrs. – Das Rauschgift fliegt entweder in ganz kleinen Fliegern eng am Tal, damit es im Radarschatten fliegt, oder es fliegt mit in einem Personenflugzeug, und dann nützt es auch nichts. – Die Terroristen habe ich bereits erwähnt.

Sehen Sie, jetzt haben wir das Problem, dass wir eine Maschine kaufen, die sehr wohl – davon bin ich überzeugt – eine der besten Maschinen ist. Daran gibt es keine


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Kritik. Sie ist derzeit die technisch perfekteste Maschine, die es am Weltmarkt, grosso modo gesehen, gibt; die F-22 gibt es noch nicht. Es stellt sich aber die Frage: Brauchen wir sie wirklich? – Diese wurde schon angesprochen.

Ich habe einmal gesagt: 24 Maschinen sind für den Krieg zu wenig und für den Frieden zu viel. Jetzt haben wir uns auf 18 festgelegt, und ich traue es mich schon fast nicht mehr zu sagen: für den Krieg auf jeden Fall zu wenig – sie sind ja auch nicht bewaffnet – und für den Frieden noch immer zu viel. Daher war meine Überlegung – ich weiß nicht, warum sie nicht aufgegriffen worden ist –: Nehmen wir doch gebrauchte Maschinen, welche auch immer. Am Weltmarkt und auch im europäischen Raum sind genügend vorhanden.

Ich will jetzt keine Reklame für Firmen oder Geräte machen, aber ich verschweige nicht, dass ich mit Herren von der MiG, mit Herren von F-16, mit Herren von SAAB und von EADS gesprochen, gegessen und getrunken habe. Ich verschweige das nicht, und ich finde es sehr wichtig, dass man solche Gespräche mit Herstellern oder Vertretern dieser Firmen führt, weil man dann auch ein bisschen Einblick in die Firmenphilosophie bekommt.

Ich lese auch die Zeitung „Jane’s Defence Weekly“. In einer Nummer wurden eben die MiG-29 geschildert, die die Bundesrepublik Deutschland NATO-kompatibel für 1 € an Polen liefert. Ich glaube, es sind 23 oder 24 Stück. Ich habe hier schon darüber gesprochen. Auch uns, der Republik Österreich, wurden 23 Stück zum gleichen Preis von 1 € angeboten. Natürlich gibt es bei jeder Einführung eines Gerätes irgendwelche Probleme, das lässt sich nicht verleugnen. Aber einem geschenkten Gaul sollte man nicht zu tief ins Maul schauen. – Aber darum geht es gar nicht mehr.

Es gibt natürlich auch moderne Flugzeuge, die jetzt noch nicht auf dem Markt sind: Das sind die Home Defense Interceptoren, die die Vereinigten Staaten schon in Erprobung haben, und auch EADS bringt in ungefähr fünf, sechs Jahren ein Modell heraus, ein bewaffnetes Schulflugzeug, das aber für die Luftraumüberwachung bestens geeignet ist, genannt „Mako“.

Dann denkt man also darüber nach, dass wir eigentlich sehr viel haben, und dann wird uns gesagt: Wenn wir das Flugzeug kaufen, ist eine Muss-Komponente der Zeitpunkt der Lieferung! Und der war für 2005 vorgesehen. Auf einmal aber wurde diese Muss-Komponente in eine Soll-Komponente geändert, und von den 1 000 erreichbaren Punkten wurde dieser Zeitfaktor – der immerhin entscheidend ist für Österreich, weil wir eine Lücke haben – mit nur 10,38 Punkten von 1 000 bewertet. Das stimmt mich etwas nachdenklich, denn es ist wichtig, dass wir sie haben.

Ich möchte jetzt Folgendes gerne wissen – Herr Bundesminister, Sie haben diese Frage, die für mich die einzig wichtige ist, nicht ganz überzeugend beantwortet –: Die Schweden hören Ende dieses Jahres auf, unser Flugzeug technisch zu betreuen. Das ist seit dem Jahre 1998 bekannt – ein Vorgang, der schon den Vor-Vor-Minister betroffen hat. Die Schweden haben sich in der Zwischenzeit gedehnt und gestreckt, um die Versorgung unserer Flugzeuge sicherzustellen.

Nun höre ich, dass wir trotzdem diese Maschinen bis Ende 2005 betreiben wollen. Es ist auch vom Bundesminister für Landesverteidigung ein Dienstzettel ausgegeben worden, der das festlegt, allerdings noch zu einem Zeitpunkt, als nicht öffentlich be­kannt war, dass man diese Flugzeuge nicht mehr von Schweden betreuen lassen will. Auch der Brief an Erich Wolf war noch nicht öffentlich bekannt. – Aus Schweden be­kommt man aber diese Unterlagen, weil diese Dinge nicht geheim sind. Was in Österreich geheim ist, ist in Schweden meistens öffentlich, außer es betrifft die Sicherheit in besonderer Weise. – Es steht darin, dass sie nicht mehr bereit sind, uns zu betreuen.


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Sind wir selbst wirklich in der Lage, unsere Draken einsatzbereit zu halten? Bist du, Herr Bundesminister, bereit, die Verantwortung zu tragen? Schon der Schleudersitz, der jetzt in der Maschine ist, wird von den Schweden als veraltet und nicht mehr ver­antwortbar angesehen. Wir haben Luftshows, bei denen Oldtimer-Maschinen fliegen, wie die DC3 und die Junkers. Alles Mögliche fliegt noch irgendwo, aber bei Flugshows. Aber bei einem Gerät der Republik Österreich ist das etwas anderes. Ich bin nicht der Überzeugung, dass wir den richtigen Weg gehen – oder sagen wir so: ich bin der Überzeugung, dass wir den falschen Weg gehen, wenn wir, nachdem unser technisch fliegendes Gerät viele Jahre lang von den Schweden betreut wurde, jetzt sagen, das machen wir selbst.

Haben wir überhaupt die Ersatzteile? Ersatzteile laufen nach einer Zeit ab, auch wenn sie nicht benützt werden. Wie viele Flugzeuge werden noch brauchbar sein bis Ende 2005? Es ist möglich, dass meine Worte, Herr Bundesminister, und der Zweifel manch anderer keine Wirkung haben. Ich hoffe nicht, dass etwas passiert, das hoffen wir alle nicht, aber Sie tragen ein großes Risiko.

Wenn ich weiß, dass uns verschiedene Firmen zum Teil sehr preisgünstige Geräte anbieten, dann frage ich mich, ob unser Handeln richtig ist.

Nun stehen Sie, Herr Bundesminister, dazwischen. Ich weiß nicht, ob ein Verteidi­gungs­minister manchmal nicht auch Wirtschaftsminister spielt. Wenn der Verteidi­gungs­minister Wirtschaftsminister spielt, dann verstehe ich langsam, warum man den Eurofighter nimmt. Er ist sicherlich auf Grund des technischen Impulses, den er in Österreich zu leisten in der Lage ist, die Maschine, die es machen kann. Aber ein Wort ist heute erstaunlicherweise – und zum Glück – nicht gefallen, und zwar das Wort „Gegengeschäfte“.

Gegengeschäfte gibt es nur dann, wenn keine Ausschreibung erfolgt. Dort, wo eine Ausschreibung erfolgt, gibt es keine Gegengeschäfte! Und diese – manchmal habe ich fast den Eindruck – die Öffentlichkeit in einen Rausch versetzende Meinung, hier gibt es Gegengeschäfte, hier wird die österreichische Wirtschaft einspringen, zweifle ich an. Auch Herr Stronach von Magna hat zurückgewiesen, dass er Gegengeschäfte braucht, um am Weltmarkt zu reüssieren, weil er sehr richtig sagt, er macht so gute Produkte, dass man diese mit oder ohne irgendwelche andere Geschäftskontakte nimmt.

Dieser Überzeugung bin ich auch: Die österreichische Industrie erzeugt in vielen Fällen so gute Produkte, dass man die Vorgabe eines Gegengeschäftes nicht braucht. Das ist der Punkt, bei dem ich total widerspreche und der Herr Bundesminister eigentlich sa­gen müsste, er ist Verteidigungsminister und hat nicht nur 6 000 Mann der Luftstreit­kräfte zu betreuen, sondern auch rund 35 000 andere Soldaten, die nicht benachteiligt werden sollen, nur weil wir uns ein teures Gerät anschaffen.

35 000 Mann der österreichischen Streitkräfte haben das Recht, zumindest ebenso gut ausgerüstet zu werden wie diejenigen, die zu einer fast schon fliegenden Elite gehören sollen, nämlich den Luftstreitkräften. Diese haben jetzt die C-130 bekommen, sie be­kommen die Black Hawk und jetzt, wie wir hören, den Eurofighter.

Wenn der Herr Bundesminister sagt, er sei eigentlich lieber Wirtschaftsminister, weil das für die österreichische Industrie den einen oder anderen – und hoffentlich nicht den geringsten – Impuls gibt, dann sage ich: Bitte, Herr Wirtschaftsminister, Sie haben wahrscheinlich eine richtige Wahl getroffen. Haben Sie aber als Verteidigungsminister gehandelt, so bin ich davon überzeugt, dass wir die Luftraumsicherung billiger genauso gut betreiben könnten. Wir brauchen keine Kampfmaschine zur Luftraumsicherung! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


18.57


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699. Sitzung / Seite 94

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mir auf Grund des Hinweises von Professor Böhm, der meinte, Kollegem Giefing sei ein Ordnungsruf zu erteilen, das Stenographische Protokoll kommen lassen. Kolle­ge Giefing zitiert aus der „Kronen Zeitung“ die Aussage einer Leserin, einer Passantin, was immer. Das wird also von der „Kronen Zeitung“ als Überschrift genommen. Kollege Giefing hat das zitiert. Er hat dem Ganzen hinzugefügt, dass er dem nichts hinzufügen könne.

Das ist als eine ganz persönliche Identifikation mit dieser Aussage auszulegen. Herr Kollege Giefing! Ich schließe mich der Meinung des Professors Böhm an, dass es sich hiebei um den Vorwurf einer strafrechtlich zu verfolgenden Sache handelt, und erteile daher einen Ordnungsruf.

Ich möchte das aber gleich zum Anlass nehmen, um wieder generell darum zu bitten, in der Wahl der Worte vorsichtig zu sein. Eine Meinung als Politiker, als Mandatar aus­zudrücken ist nur recht und billig, aber ich glaube, wir sollten immer versuchen, die Form so zu wahren, dass keine persönlichen Diffamierungen dabei herauskommen. Hier handelt es sich aber doch um den Vorwurf einer zu verfolgenden Tat der Re­gierung gegenüber.

Ich würde also bitten: Legen wir unsere Worte ein bisschen mehr auf die Waagschale! Trotzdem muss ich sagen: Zuerst einmal war das Zitat – und zwar ein Zitat, das nicht strafrechtlich verfolgt wurde. Aber da hier die Forderung nach einem Ordnungsruf gekommen ist, gebe ich dem statt. – Ich würde bitten, dass wir uns auf einen guten Umgangston besinnen.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


19.00

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Lieber John Gudenus! Wenn man versucht, die Eurofighter militärisch zu begründen, hat man das Problem, dass man sie nicht begründen kann. Sie haben als „alter Soldat“, der Sie ja sind, versucht, eine militärische Begründung herauszufinden, die Sie aber nicht gefunden haben. Da haben Sie ja völlig Recht.

Ich habe Ihnen das letzte Mal schon bei der Debatte gesagt, dass es nicht um die Poesie der Landesverteidigung geht, sondern eigentlich um harte Fakten, nämlich darum, Finanzkreisläufe in Gang zu setzen. Allerdings werden Sie immer wieder be­müht – auch der Herr Minister hat das heute gemacht – von der Poesie der Landes­verteidigung und der Poesie der Luftraumpolizei.

Herr Minister! Sie haben heute einen Satz gesagt, der mir bei Politikern, wenn sie so anfangen, ein bisschen gefährlich vorkommt. Sie haben gesagt: Sagen wir es doch ehrlich, ...! – Das impliziert, dass man etwas auch nicht ehrlich sagt. Ich will Ihnen das nicht vorhalten, aber Sie haben gesagt: Sagen wir es doch ehrlich, wenn wir uns für die Gripen entschieden hätten, gäbe es hier auch Kritik!

Jetzt sage ich Ihnen – Herr Minister, ich sage es Ihnen ehrlich –: Hätten Sie sich für die Gripen entschieden, stünde ich auch hier und würde kritisieren. Der einzige Unter­schied ist, es würde die Österreicher um 50 Prozent weniger kosten. (Beifall der Bun­desrätin Kerschbaum, bei der SPÖ sowie des Bundesrates Mag. Gudenus.)

Generell hatte ich ja ein bisschen den Eindruck – das hängt vielleicht mit anderem zusammen –, dass Sie heute hier wieder den Finanzminister unterstützt haben. Ich habe das damals bei Ihrem Interview in der „ZiB 2“ auch gedacht und mich gefragt: Sitzt da der Ehrenpräsident des New Economy Clubs des Karl-Heinz Grasser? So, wie Sie heute wieder mit Begeisterung vom Verhandlungsgeschick des Finanzministers


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berichtet haben. Von 1 569 Millionen € sind es 10 Millionen € weniger! Wo da das große Verhandlungsgeschick ist, das frage ich mich bei diesen Summen, die sich hier gegenüberstehen!

Zum Zweiten: Sie haben gesagt: Auf dem Boden können wir die absolute Sicherheit bieten und jetzt auch in der Luft. – Ich nehme nun den früheren Oberst des Ge­neralstabs her, der das bezweifelt. Außerdem ist das wieder diese Form der Poesie. Wo können wir auf dem Boden die absolute Sicherheit bieten? Militärisch? Gegen wen? Für wen? Wo? Können wir die Sicherheit bei einem Atomkraftunfall, bei ökolo­gischen Krisen bieten? Das sind ja wohl Fragen, die sich stellen, wenn es heißt, dass wir auf dem Boden die absolute Sicherheit bieten können. Militärisch, auf dem Boden, mitten im Herzen der NATO, sehe ich keine Bedrohung.

Dann sind zwei Aussagen von Ihnen gekommen, bei denen haben regelrecht die Augen zu glänzen begonnen: Wir sind mit dem Eurofighter bei den Hightech-Arbeits­plätzen der Zukunft dabei, wir sind bei einem europäischen Zukunftsprojekt dabei. – Wiederum: Wer spricht diese Worte? – Darf ich das zitieren, Herr Gudenus? – Spricht da der Wirtschaftsminister, der Technologieminister oder der Verteidigungsminister? Wenn der Technologie- oder Wissenschaftsminister spricht, dann möchte ich – denn Sie haben den Satz gesagt: Da sind wir mit dabei! – bei anderen Technikprojekten mit dabei sein, aber nicht bei den Kampfflugzeugen.

Wenn wir zum Beispiel den Ein-Liter-Motor umsetzen oder flächendeckend Solar­energie einführen oder das Kyoto-Protokoll umsetzen, da könnte man glänzende Au­gen bekommen, wenn wir mit dabei sind. Aber das mit den Hightech-Arbeitsplätzen und dem europäischen Zukunftsprojekt, bitte, das war kein Verteidigungsminister, denn ein solcher hat sich den Fragen des Herrn Gudenus zu stellen. Das war ein Wirt­schafts- oder ein Innovationsminister.

Die Seifenblase ist ja schon einmal geplatzt, sie ist wiederholt geplatzt, nämlich damals beim Gripen. Damals hat man uns von den Gegengeschäften erzählt – auch jetzt, im Vorfeld der neuen Generation der Abfangjäger. Ich habe Schüssel damals genau zu­gehört und habe mir gedacht: Ja bitte, warum kaufen wir denn nicht 200 Stück, wenn wir damit langsam in ein wirtschaftliches Paradies kommen? Stellen wir sie eben irgendwo in Garagen, in Hangars – wie das bei den Flugzeugen heißt –, und ganz Österreich blüht wirtschaftlich auf, denn ein Flugzeug bedeutet Tausende Arbeitsplätze und bringt Tausende Gegengeschäfte! Von dem verabschieden wir uns langsam, denn auch Billa und Bipa bezahlen keine Abfangjäger, und auch der Merkur macht nicht mit; also kann das Ganze mit den Gegengeschäften so nicht funktionieren.

Meine Damen und Herren! Was ist Fakt? – Wir haben dem Schlechtestbieter den Zuschlag gegeben. Das ist Faktum. Darum kommt auch der Herr Minister nicht herum. Wir haben dem schlechtesten Anbieter den Zuschlag gegeben. Er ist der teuerste, und er hat vor allem die Ausschreibungsbedingungen in zwei wesentlichen Punkten nicht eingehalten, wegen derer die anderen ausgeschieden wurden: Das sind der Liefertermin und die Übergangsfristen.

Ich habe die Mahnung der Frau Präsidentin gehört, deshalb versuche ich, das jetzt ein bisschen wolkiger zu beschreiben, weil ohnedies so viel Poesie im Raum hängt. Aber bei solch einer krassen Verzerrung von Ausschreibungsbedingungen, die eine andere Entscheidung nach sich zieht, schwingt schon ein Verdacht mit. Und jetzt sage ich nichts mehr, denn sonst wird mich die Frau Präsidentin rügen. Es lässt jedoch einiges an Poesie zu.

Eurofighter wurde zum Nachbessern aufgefordert. Dieses Nachbessern hat ja für den Eurofighter den Vorteil gebracht, dass er nicht mehr mit den anderen Typen ver­gleichbar war. Das Interessante war, dass gleichzeitig noch von 24 auf 18 Stück


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zurückgegangen wurde. Und wenn man nicht mehr vergleichbar ist, kann man auch den gleichen Preis halten.

Ganz am Anfang – da wird mir Herr Gudenus Recht geben, er war ja immer dabei – lautete die Aufforderung, ein leichtes Kampfflugzeug zu finden. Was haben wir be­kommen? – Ein schweres Kriegsgerät, das als bewaffneter Fotoapparat, wie Herr Minister Haupt hier von diesem Platz aus gemeint hat, herumfliegt! Warum haben wir statt eines leichten Kampfflugzeuges nun ein schweres Kriegsgerät, das eine erhöhte Eindringtiefe und eine erhöhte Waffenzuladefähigkeit besitzt? Was sind hier ... (Bun­desrat Steinbichler: ... über die Zukunft diskutieren!)

Kollege Steinbichler! Wir können schon über die Zukunft diskutieren, aber das sind Dinge, die wir anschauen müssen. Die Aufgabe der Opposition ist es, wenn solche Verdachtsmomente im Raum stehen, wenn so viel Kritik an einem solchen Beschaf­fungsvorgang geübt wird, das aufzuzeigen.

Mein lieber Kollege Steinbichler! Ich erinnere dich an deine Kritik im Zusammenhang mit gewissen Einrichtungen in Oberösterreich. Du hast dich auch dagegen gewehrt, was dir hier entgegengehalten wurde, als du solche Kritik geübt hast.

Nun: Der frühere Luftwaffenchef hat auf jeden Fall zwei Typen von der Anschaffung ausgeschlossen. Die eine war die F-18 und die Zweite jene, auf die sich die Regierung jetzt geeinigt hat. Da muss etwas passiert sein, Kollege Steinbichler! Und das muss auch von der politischen Verantwortung her und vom Rechnungshof angeschaut werden. Und es gibt auch eine rechtliche Verantwortung.

Die Änderung der Ausschreibungsbedingungen kann einen übergangenen oder aus­geschiedenen Anbieter wie SAAB in eine gewisse rechtliche Position hieven, bietet die Möglichkeit der Klage. Ob das eine wahrscheinliche Form ist, das lassen wir einmal beiseite, aber SAAB hat de facto das Recht, jetzt gegen diesen Zuschlag an EADS Klage zu führen.

Aber es könnte noch schlimmer kommen: SAAB könnte sogar erwirken, dass von ihrer Seite auch 18 Stück angekauft werden müssen, dann hätten wir 18 Gripen und 18 Euro­fighter. Das könnte im Extremfall passieren, wenn diese Klage auf Grund der einseitigen Änderungen von Ausschreibbedingungen durchgeht.

Herr Minister! Ich nehme ja nicht an – wir kennen uns nicht, aber so viel Vertrauen oder Vertrauensvorschuss gebe ich Ihnen –, dass es Ihre Idee war, diesen Vertrag vorzeitig, nämlich vor Gesetzwerdung zu unterschreiben. Ich glaube das einfach nicht. Ich halte das für einen Akt, der erstens ohne Not war und zweitens eine Eigenmächtigkeit der Bundesregierung, die wusste, dass es noch kein Gesetz gibt. Zur Argumentation der Bundesregierung, in der Wirtschaft sei das normal, bitte: Man soll die Republik Österreich hier nicht mit der Wirtschaft verwechseln.

Ich halte das glattweg für eine Desavouierung dieses Hauses und insgesamt für un­zulässig. Und das mit der Zinsersparnis zu begründen – mit allem Respekt, Herr Minister –, das halte ich einfach für finanzpolitischen Nonsens.

Ich habe mit Finanzexperten geredet, habe gefragt: Wie sieht das mit den 10 Millionen auf Grund der Summe von 1 969 Millionen in diesem Bereich in sieben Jahren aus? – Jeder hat gesagt: Das ist Schabernack! Die Finanzmärkte purzeln, die Zinsentwicklung ist derzeit nicht abzusehen. Die Aussage zu treffen: Jetzt haben wir das gemacht, weil wir uns 2007 die Zinsen sichern!, hält nicht. Es ist auch die Frage – ich weiß nicht, ein Vorredner hat das gesagt –, ob das nicht auf Grund der jetzigen Zinseszusage später sogar zu einem Nachteil für unser Land wird.


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Herr Minister! Sie haben gesagt, es sei eine Leistung, dass wir erst 2007 zahlen müs­sen. – Entschuldigung, bis 2007 bekommen wir ja auch nichts! Warum sollten wir etwas zahlen, wenn wir nichts bekommen? (Heiterkeit bei der SPÖ.) Das kann man doch nicht als Leistung betrachten.

Aber warum wurde vor Gesetzwerdung, bevor das Gesetz seine Gültigkeit hat, unter­schrieben? – Doch offensichtlich, um vollendete Tatsachen zu schaffen, einem Bericht des Rechnungshofes, weiteren Ungereimtheiten und auch einer internationalen Dis­kus­sion zuvorzukommen.

Herr Minister! Nur mit einem Schreiben des britischen Verteidigungsministeriums, das ja auch seine Interessen hat, wird es nicht vom Tisch zu wischen sein, dass es eine Diskussion auf Grund der Doppelgleisigkeit gibt, dass nämlich die Eurofighter der zweiten Generation billiger werden. Bereits jetzt sagen die Briten, der Eurofighter frisst ein Fünftel ihres Heeresbudgets auf. Und sie jammern über diese Entwicklung.

Es bleibt daher als Faktum: Sie müssen als neuer Minister, der hier einiges geerbt hat, und zwar ein schlechtes Verhandlungsergebnis, ein fragwürdiges, vor allem auch ein militärisch fragwürdiges Verhandlungsergebnis, jetzt rechtfertigen, dass das vielfach in einem wahren Bienenstock von Lobbyisten zustande gekommen ist – rechtfertigen, wer denn aller so seine Interessen hat, welche Phantasiezahlen im Gespräch waren und welche Finanzkreisläufe beschrieben waren.

Herr Gudenus hat gesagt, dass das vor allem auch militärisch unsinnig und unnötig ist. Ist da nicht vielleicht auch eine andere Idee dahinter, nämlich die Entwicklung des Bun­desheeres für eine European Rapid Reaction Force in etwa, der wir dann die Abfangjäger beisteuern? Das hat alles nichts mit der österreichischen Luftraumüber­wachung zu tun. All diese Fragen müssen wir uns stellen: Warum wurde hier so viel Geld im wahrsten Sinne des Wortes vernichtet?

Es geht nicht nur darum, dass das ein Prestigeprojekt der Bundesregierung ist. Es geht auch nicht um die Arbeitsplatzsicherung von18 Piloten – oder sagen wir großzügig 18 und 8, denn es werden ja welche in Ausbildung sein.

Aber tun Sie mir einen Gefallen, Herr Minister: Beenden Sie die Poesie – die Poesie, dass diese Maschinen, die Sie jetzt wahrscheinlich ankaufen werden – Herr Gasteiger, ich glaube ja nicht, dass das noch gestoppt wird –, erstens der österreichischen Luft­raumüberwachung dienen und zweitens ausschließlich aus verteidigungspolitischen Gründen angeschafft wurden, bei aller Missachtung des Haushaltsrechtes, des Ver­gaberechtes und selbst der eigenen internen militärischen Planung. Bitte, vermeiden Sie diese Poesie! Kommen wir da ein Stück mehr auf die Wirklichkeit und auf die Wahrheit zurück, dann ist vielleicht doch noch ein Gespräch im Sinne von Gasteiger, ob dieses Projekt nicht zu stoppen wäre, möglich! – Danke. (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum, bei der SPÖ sowie des Bundesrates Mag. Gudenus.)

19.15

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte.

 


19.15

Bundesrat Dr. Franz-Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Wenn man dem Abgeordneten Schennach so zuhört, stellt man fest: Es ist sicher, dass er kein glühender Verteidiger der militärischen Landesverteidigung ist. Aber eines möchte ich schon erwähnen: Wenn wir in 12 oder 13 Tagen über die EU-Beitritts­verträge reden werden, dann werden die Sozialdemokraten, aber auch die Grünen dieses Jahrhundertwerk sicher in den Vordergrund stellen. Eines ist jedoch schon


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festzustellen: Die Konsequenzen aus dieser Lobpreisung, die dann sicher erfolgen wird, die ist man nicht bereit zu ziehen – darauf werde ich später noch eingehen.

Das Zweite, das ich zu den Grünen Alternativen im Allgemeinen sagen möchte, ist: In der Opposition sind sie immer sehr angriffig; wenn ich mir allerdings die Bundes­re­publik Deutschland anschaue, muss ich sagen, dort haben die Grünen zum Beispiel dem Kosovo-Einsatz, dem Afghanistan-Einsatz und so weiter durchaus zugestimmt. (Bundesrat Konecny: Und das sagen Sie? Sie, der ... der Landesverteidigung?) Daher ist die Hoffnung gegeben, dass sie dann, wenn sie einmal in der Regierung sein wer­den – Herr Professor, lassen Sie mich bitte ausreden (Bundesrat Konecny: Aber natürlich dürfen Sie ausreden, aber nicht so daneben!) –, durchaus bereit sein werden, Landesverteidigungsfragen mitzutragen.

Wenn ich die Diskussion beobachte, stelle ich fest, dass hier immer wieder der geo­politische Wandel erwähnt und gefragt wird: Brauchen wir die Abfangjäger? Könnte es nicht etwas billiger sein? Der Verbund in Europa wäre eine sinnvolle Sache. Und dann gibt es natürlich die echten Gegner der Landesverteidigung, die in der Regel aus dem grün-alternativen Bereich beziehungsweise bedauerlicherweise aus dem linken Flügel der Sozialdemokratie kommen. (Ironische Heiterkeit des Bundesrates Konecny.) Die­se versuchen natürlich, mit Argumenten, mit Scheinargumenten das Ganze madig zu machen. (Bundesrat Konecny: Sie Armer!)

Ich bin noch nicht sehr lange Bundesrat, aber wir haben in der Zwischenzeit, nämlich seit März, die Abfangjäger-Frage dreimal ausführlichst diskutiert. Da möchte ich schon erwähnen: Wir sollten einmal überlegen, wie diese Diskussion über die Abfangjäger-Frage im Ausland gesehen wird und welchen Beitrag Österreich für eine Landes­verteidigung bereit ist zu erbringen. Ich sage Ihnen: Im Ausland werden diese Dis­kussionen einerseits genau verfolgt, andererseits haben wir aber oft den Titel des klassischen Trittbrettfahrers. Und das, bitte, ist für ein Land, das zu den zehn reichsten Ländern der Welt gehört, sicher kein Ehrentitel.

Auch wenn man immer wieder hört, die geopolitische Lage hätte sich geändert, steht außer Diskussion, dass Österreich ein souveräner Staat ist. (Bundesrat Konecny: Das waren wir vorher auch schon!)

Zweitens: Wir sind ein neutraler Staat. Das waren wir auch vorher schon, nämlich seit 1955, aber es scheint verschiedenen Leuten entgangen zu sein, dass zwar 1989 der Eiserne Vorhang gefallen ist, dass wir aber mit 1. Jänner 1995 der EU beigetreten sind. Die EU ist eine dynamische Vereinigung. Da geht etwas weiter, was sehr erfreulich ist. Manche sagen, es gehe zu langsam, aber es geht etwas weiter.

Es gibt in der EU die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, es gibt die Soli­darität. Der EU-Konvent hat Weichen für die Zukunft gestellt, nämlich dass die Ge­mein­same Außen- und Sicherheitspolitik vertieft, vereinheitlicht werden soll. Ich darf an die Analyse des Javier Solana über die strategischen Ausrichtungen Europas in den nächsten 10 bis 15 Jahren erinnern.

Es hat am 21. Mai hier in diesem Saal im Rahmen des Hauptausschusses eine Dis­kussion über den Europa-Konvent stattgefunden. Da war – zumindest sehr interessant für mich – zu hören, dass Abgeordneter Einem durch seine Tätigkeit im Europa-Kon­vent durchaus einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik das Wort redet, dass er eine Vertiefung möchte und dass er zum Beispiel die Zusammenlegung der euro­päischen Geheimdienste vorgeschlagen hat.

Aber auch die Grünen sind für eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik einge­treten, allerdings für eine mit diplomatischen Mitteln. (Bundesrat Konecny: Haben die Abfangjäger etwas mit den Geheimdiensten zu tun? Das wäre eine neue Wende!)


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Herr Professor! Wenn wir souverän und neutral sein wollen, dann hat, wie Sie wissen, die Luftverteidigung stattzufinden. Die Landesverteidigung darf nicht einen Meter über dem Boden aufhören. (Bundesrat Konecny: Das ist ein absoluter Unsinn!)

Man muss eines sagen: Hätte Österreich entscheidend früher aus dem Ganzen die Schlüsse gezogen, dann würden wir zum Beispiel die Zwischenregelung, die jetzt heftig kritisiert wird, nicht brauchen. Wir wissen: 1985 sind die Abfangjäger gekommen, damals hat man versprochen, dass 1995 die Entscheidung über das Nachfolgemodell getroffen wird, aber erst 2002/2003 ist dann die Entscheidung gefallen. Das heißt, es ist auf das Verschulden der früheren Jahre zurückzuführen, dass die Zwischenlösung notwendig ist.

Warum hat man sich für den Eurofighter entschieden? – Der Eurofighter ist eindeutig ein europäisches Flugzeug, er hat die meisten Europa-Komponenten in sich. Da kommt der Gripen nicht mit; von der F-16, der MiG und so weiter wollen wir jetzt nicht unbedingt reden. (Bundesrat Konecny: Tun Sie es!)

Das Zweite ist: Bei den Eurofightern sind bisher an die 650 Bestellungen eingegangen. Das heißt, es ist auch ein in Europa geordertes Flugzeug. Vor allem sind sehr wichtige Länder integriert: Großbritannien – sozialdemokratische Regierung –, Spanien, Deutsch­land – ebenfalls sozialdemokratisch regiert – und Italien, und diese Länder haben am Eurofighter-Projekt nicht nur festgehalten, sondern auch die entsprechenden Orders getätigt.

Außerdem ist der Eurofighter ein Flugzeug, das sich schon oberhalb der vierten Gene­ration befindet und als Flugzeug einsatzbereit ist, denn am 30.6.2003 wurde in Manching bei München diese Maschine von den vier Ländern Deutschland, Groß­britan­nien, Spanien und Italien abgenommen. Wir Österreicher, die der EU verbunden sind, haben uns für dieses Flugzeug entschieden.

Was ist ein weiterer Vorteil des Eurofighters gegenüber dem Gripen? – Sie sprechen immer wieder davon, dass die Luftverteidigung national organisiert werden soll. Der Gripen ist zweifelsohne ein gutes Flugzeug, aber bei weitem nicht so stark geordert wie der Eurofighter. Er ist eindeutig ein Flugzeug der vierten Generation, während der Eurofighter darüber liegt.

Später dann, bei der Ersatzteil-Versorgung, ist es sicher auch besser, wenn eine größere Stückzahl verkauft worden ist als eine kleinere.

Das Letzte, das für den Eurofighter spricht, ist der Umstand, dass wir wahrscheinlich in den nächsten 40 Jahren in der politischen Diskussion einigermaßen Ruhe haben wer­den, wenn diese Anschaffung endlich getätigt ist. Ich wünsche der nächsten Ge­neration keine derart lange Diskussion, wie sie bei uns nun stattgefunden hat.

Zur F-16, die auch immer wieder angepriesen wird, ist zu sagen: Da hätten wir in 15 Jahren die nächste Debatte.

In Ihrer dringlichen Anfrage schreiben Sie unter anderem auf Seite 4, dass Sie jetzt mit den Amerikanern wegen der billigeren Lösung unbedingt ins Geschäft kommen wollen. Dazu muss ich eines sagen: Dass jetzt für Sie die Amerikaner so wichtig sind, freut mich, aber wenn ich mich zwei oder drei Monate zurückerinnere, dann muss ich fest­stellen: Das war mehr oder weniger der Gottseibeiuns für die Sozialdemokraten.

Als Nächstes darf gesagt werden – der Herr Bundesminister hat es schon erwähnt –, dass die Unterschrift eine der besten Ideen ist, die die Bundesregierung seit langem hatte, denn sie erspart uns 10 Millionen €. (Bundesrat Konecny: Wenn das die beste Idee ist, was sind denn dann die anderen?) „Eine der besten Ideen“, habe ich gesagt! –


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Ich wiederhole: Diese Idee erspart uns 10 Millionen €, und daher kann man sagen, da wird sparsam und wirtschaftlich umgegangen.

Dass eine Unterschrift unter einer aufschiebenden Bedingung gegeben wird, ist in der Wirtschaft durchaus üblich, zumindest in der normalen Wirtschaft.

Nun zu den Gegengeschäften, die Sie immer gerne beiseite schieben: 4 Milliarden € sind ein ungemein großer Beitrag zur Sicherung des wirtschaftlichen und vor allem auch des industriellen Standortes Österreich, zum Beispiel in der Steiermark. Inter­essant ist in diesem Zusammenhang, dass die „Tiroler Tageszeitung“ letztes Wochen­ende, glaube ich, berichtet hat, welches Gerangel in Tirol bereits eintritt, und man solle doch Landeshauptmann Van Staa entsprechend mobilisieren, dass viele Aufträge aus den Gegengeschäften an Land gezogen werden.

Abschließend: Die Beschaffung des Eurofighter Typhoon ist eine Entscheidung, die zukunftsorientiert ist. Die ÖVP bekennt sich zur Zukunft, nämlich dazu, dass die Sicherheit zu Lande und in der Luft gegeben ist.

Diese Entscheidung ist aber auch im Sinne der Europäischen Union, des Europäischen Konvents und der strategischen Analysen des Javier Solana und ist ein Kontrapunkt zur Kirchturmspolitik der Sozialdemokraten. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.26

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Schennach zu Wort gemeldet. Ich darf daran erinnern: 5 Minu­ten Redezeit sind das Limit für eine tatsächliche Berichtigung. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


19.26

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich werde mich an die Geschäftsordnung halten.

Sehr geehrter Herr Kollege Kühnel! Ich muss leider Ihre Aussagen bezüglich Verteidi­gungs­bereitschaft oder Verteidigungswillen der Grünen berichtigen, und ich tue das deswegen, damit nicht wieder der „Zwangs-Vegetarismus“ herauskommt, den die ÖVP ja schon einmal uns unterstellt hat, und damit da nicht wieder eine Mär entsteht.

Erstens, Herr Kollege Kühnel: Fast alle – ich glaube, an die 99 Prozent – Entschei­dungen des Hauptausschusses über militärische Entsendungen sind im österreichi­schen Parlament einstimmig gefällt worden. Falls Sie das nicht wissen, würde ich Sie bitten, sich das einmal zu notieren. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) Weil Sie vorhin Deutschland als Vorbild und so weiter angeführt haben.

Zweitens möchte ich Ihnen in diesem Zusammenhang sagen – auch das können Sie nicht wissen –, dass die Grünen in ihrem Grundsatzprogramm den Ausbau einer flexi­blen Miliz, den Ausbau des Katastropheneinsatzbereichs des Bundesheeres und vor allem den Einsatz für friedenssichernde Maßnahmen im Ausland verankert haben.

Das wollte ich Ihnen gesagt haben, nur damit nicht wieder, wie bei den letzten Wahlen, die Geschichte verbreitet wird, dass die Grünen alle Österreicher zu Zwangs-Vege­taristen machen wollen. Deshalb wollte ich hier Ihre Aussagen korrigieren.

Zum Zweiten: Wir sprechen hier nicht über die Luftraumverteidigung als Ganzes, sondern über eine Typenentscheidung, und das sollte doch jetzt langsam, nach zwei Stunden Debatte, bekannt sein. Soweit die Berichtigung. (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum sowie bei der SPÖ.)

19.28

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet hat sich als Nächster Herr Bundesrat Kaltenbacher. – Bitte, Herr Bundesrat.

 



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19.28

Bundesrat Günther Kaltenbacher (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Vorgänge rund um den Ankauf des Eurofighters werden immer undurchschaubarer und sind nicht mehr nachvollziehbar. So ist auch das Stimmungsbild in der Bevölkerung.

Ursprünglich war es unbedingt notwendig – das haben wir schon von mehreren Vorrednern gehört –, für die Luftraumüberwachung 24 Flugzeuge zu kaufen, doch jetzt tun es 18. – Okay! Aber warum gerade dieses Flugzeug und kein anderes?

Als einer, der aus der Region kommt, in der diese 18 Flugzeuge stationiert werden, nämlich aus Zeltweg, wo ich beruflich zu tun habe, konnte ich erst vor kurzem bei der Airpower 2003 viele Flugbewegungen miterleben, aber nicht in der Faszination dem Eurofighter gegenüber, sondern in der Faszination des Hobby-Fliegers. Aber ich fliege nicht Jets, sondern umweltfreundliche Segelflieger und teilweise Flieger mit Motoren.

Es war auch Generalmajor Wolf bei der Airpower 2003 dabei. Ich war zwar nur kurz im VIP-Bereich, konnte aber sehen, wie sich die EADS präsentiert hat, und da war schon zu erkennen, was da dahintersteckt.

Viel mehr interessierte mich, was die Zuschauer so denken. Ich wollte aber auch die Meinung der Soldaten, etwa über die Transporthubschrauber, hören. Sie waren natürlich fasziniert von der Bewegung, die sich da abspielte. Aber letztendlich waren sie wegen der Kosten mit der Anschaffung dieses Geräts, das dort zur Schau gestellt wurde, nicht einverstanden.

Ich habe im Rahmen der Debatte über die Budgetbegleitgesetze im Ausschuss an die Militärs und an den zuständigen verantwortlichen Minister die Frage gerichtet, wie viele fotografische Festhaltungen es seit dem Irak-Krieg gegeben hat, bei welchen die Draken zum Alarmstart aufgestiegen sind. Die Antwort lautete: 15 in Summe wurden fotografiert, letztendlich waren aber alle 15 bewilligt worden. Das heißt, die Koor­dination zwischen jenen, die bestimmen und bewilligen, und jenen, die dann aufstei­gen, hat nicht funktioniert.

Der Eurofighter ist vom Fliegerischen her sicherlich beeindruckend, vom Bedarf für un­sere Region ist seine Anschaffung allerdings nicht nachvollziehbar. Gerade seine multi­funktionalen Fähigkeiten kann der Eurofighter nur in internationalen Einsätzen zur Wirkung bringen. Im Fall Österreich, wo er für die Luftraumüberwachung dienen sollte, ist er so wie ein Ferrari, der auf einer Autobahn 200 km/h fahren könnte, aber nur 100 km/h fahren darf. Das heißt, dass er immer gegen das Gesetz verstoßen müsste.

Was die Kosten und die Bezahlung betrifft, ist es auch spannend. Sie praktizieren genau das, was Ihnen scheinbar so zuwider ist: Sie finanzieren auf Pump. Sie bestellen jetzt, und bezahlen soll man Jahre später, und zwar unabhängig davon, wer dann die Entscheidungen trifft.

Zur Frage der gebrauchten Flugzeuge – mehrere Kollegen haben das schon ange­sprochen –, nämlich zur F-16, gibt es auch in unseren sehr kleinen Fliegerkreisen, wo sehr viele hauptberufliche Piloten, aber auch Kollegen des Bundesheeres fliegen, unter­schiedliche Meinungsbilder. Gerade im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung, mit der Verschiebung der EU-Grenzen, wo Österreich im Mittelpunkt steht, könnten auch andere Flugzeuge, die wesentlich kostengünstiger wären, zum Beispiel die F-16 oder die Gripen, als mögliche Variante herangezogen werden.

Sie, Herr Verteidigungsminister, und diese Bundesregierung machen aber genau das Gegenteil: Sie kaufen für ein paar Leute ein Luxusgerät. Ich möchte in diesem Zusammenhang Herrn Haider zitieren, der einen Brief an Bundespräsidenten Klestil


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geschrieben hat, in welchem er auffordert, mit dem Kaufvertrag – der aber schon unter­schrieben wurde – abzuwarten. Er schreibt wörtlich:

Angesichts des finanziellen Volumens der gegenständlichen Beschaffung und der damit im Zusammenhang stehenden Bedeutung für den Etat der Republik sollte ein Abschluss erst dann erfolgen, wenn Zweifel – und darüber ist heute schon sehr viel diskutiert worden – über allfällige Ungereimtheiten definitiv ausgeräumt sind. Bei aller genannten Dringlichkeit der Beschaffung sollte dennoch der endgültigen Ausräumung dieser Zweifel unbedingt höchste Priorität eingeräumt werden. – Zitatende.

Zum Abschluss meiner Ausführungen möchte ich eine Aussage von Andreas Unter­berger in der „Presse“ zitieren. Was schreibt dieser über die ÖVP? Ich zitiere:

„Auch bei ihr ist nichts mehr vom strahlenden Schüssel-Wahlverein zu merken. Wohl ist die Partei noch überraschend geschlossen, aber unter der Oberfläche sind die Schwächen offenkundig. So etwa in der Person des Herrn Verteidigungsministers. Ein so artikulationsschwaches Mitglied hat es wohl schon lange nicht in der Regierung gegeben. Platters Performance leidet zusätzlich darunter, dass Österreich einfach die falschen Abfangjäger kauft. Sie sind doppelt so teuer wie gute, wenn auch unspek­takuläre Alternativen. Es gibt nur zwei Erklärungen: Entweder es war Korruption im Spiel, wie die Opposition immer wieder insinuiert. Oder die Fliegeroffiziere haben die Formulierung der Ausschreibung so manipuliert, dass billigere Varianten unmöglich gemacht worden sind. Und die Politik wagte nicht dagegen aufzumucken – und konnte nur zwischen zwei sehr teuren Varianten wählen.“

Das ist die Meinung des bürgerlichen Chefredakteurs der „Presse“. (Beifall bei der SPÖ.)

19.36

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann. – Bitte, Frau Bundesrätin.

 


19.36

Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Herr Minis­ter! Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Grundsätzlich ist zu sagen, dass wir uns sehr wohl zur Landesverteidigung und zur Luftraumüberwachung beken­nen. Wir bekennen uns auf jeden Fall dazu, so lange wir uns auf dem Boden der Neu­tralität bewegen, so lange wir uns zur Neutralität bekennen. Ich glaube, das ist eine Verpflichtung des österreichischen Staates, welche eingehalten werden muss.

Es ist klar, dass die Luftraumüberwachung und die gesamten Beschaffungsvorgänge ein Nährboden für die oppositionellen Politik sind. Ich werde mich nicht darauf be­wegen, aber es muss auch jenseits der allgemeinen Polemik möglich sein, gewisse Fra­gen zu artikulieren, deren Beantwortung noch nicht lückenlos erfolgt ist.

Minister Platter hat darauf hingewiesen, was wichtig ist, was alles im Zusammenhang mit dem Eurofighter positiv gemacht wurde, wie etwa die aufschiebende Bedingung des Vertrages, das niedrige Zinsniveau oder auch die Gegengeschäfte in der Höhe von 4 Milliarden €. Dennoch stört mich – und das darf ich hier einmal sagen –, dass wir noch nicht den Rechnungshofbericht haben. Es stellt sich nicht nur die Frage des fehlenden Rechnungshofberichtes in Sachen Abfangjäger, sondern es stellt sich mei­ner Meinung nach überhaupt die Frage, wie weit der Bundesrat nicht die Möglichkeit haben sollte, auch auf das Instrumentarium Rechnungshof zugreifen zu können. (De­monstrativer Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Laut den einschlägigen Bestimmungen der österreichischen Bundesverfassung ist der Rechnungshof ein Hilfsinstrument des Nationalrates, er kann gegebenenfalls auch vor den Ländern seine Ausführungen machen beziehungsweise auch dort die Rech-


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nungshofberichte erläutern, auch bei den Gemeinden kann er das machen, aber dem Bundesrat ist er eigentlich nicht unterstellt. (Bundesrätin Schicker: Das ist eine Dis­kriminierung!)

Ich erachte das als einen Mangel und möchte alle, die im Österreich-Konvent tätig sind, darauf hinweisen, denn der Bundesrat kann seine Verpflichtung zur Kontrolle nur so gut erfüllen, so weit ihm auch Instrumentarien zur Verfügung gestellt werden. Das möchte ich allen mitgeben, die im Österreich-Konvent mitsprechen und auch Wünsche vorbringen können.

Ich wüsste noch einige andere Punkte, aber ich erspare mir jetzt eine diesbezügliche Bundesratsdiskussion und eine Diskussion über die Reform beziehungsweise die Aufwertung des Bundesrates. Das ist aber ein Punkt, der mir sehr wichtig erscheint, und ich hätte mir gewünscht, zu einem so wichtigen Thema auch einmal einen infor­mierten Beamten des Rechnungshofes oder den Präsidenten selbst hier im Bundesrat zu hören.

Eine offene Frage sind für mich noch immer die Gegengeschäfte. Es ist zwar gesagt worden, dass wir irgendwann einmal eine Liste im Internet vorfinden werden, aber mich würde auch interessieren, welche Firmen hier Geschäfte bekommen: Sind es die großen Unternehmen? Sind es auch kleine? – Ich melde auch gleich den Wunsch von Kärnten an: Wir würden uns freuen, wenn die Hälfte der Gegengeschäfte nach Kärnten kommt. Ich hoffe, dass sich dies noch entsprechend auswirken wird.

Man kann die Kosten nicht von der Beschaffung trennen. Ich weiß, es wird immer ge­sagt, dass man zum Beispiel das Sozialbudget nicht mit dem Verteidigungsbudget vergleichen darf. Das ist mir schon klar, nur sind die Kosten der Beschaffung und dann natürlich auch der Betriebsführung ein wesentlicher Faktor, den man nicht so einfach negieren kann. Daher wundere ich mich auch, warum nie mehr die Frage aufgeworfen wird, ob es dieses Wirtschaftskonsortium, von dem einmal die Rede war, geben wird, welches vielleicht einen Teil der Kosten mit übernimmt. Ich höre davon nichts mehr. (Bundesrätin Schicker: Das hat der Herr Bundeskanzler abgesagt! Das ist schon vorbei! Der Zug ist abgefahren!) Es würde mich freuen, wenn ich irgendwann in den nächsten Tagen in der Zeitung lese, dass dieses Konsortium zustande kommt. Bis jetzt habe ich nichts davon gehört. Das sind Dinge, die mir wichtig erscheinen.

Zuletzt ist für mich etwas noch immer nicht ganz geklärt – das sage ich jetzt als Nicht-Militärfachfrau oder Nicht-Militärexpertin, Herr Minister –: Es ist für mich wirklich nicht ganz geklärt, warum wir nicht einen VW Golf, sondern einen Mercedes gekauft haben – obwohl mir ein Mercedes sehr gut gefällt. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei der SPÖ und den Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Weil die nicht fliegen können! – Heiterkeit bei der ÖVP.)

19.41

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bun­desrätin Haunschmid. – Bitte.

 


19.41

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Minister! Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! So wichtig das Thema Eurofighter die ganze Zeit über war, so wichtig es uns auch bei den Budgetbegleitgesetzen war, so wird es langsam doch zu einem Thema, das uns jetzt bei der Arbeit, die für die österrei­chi­schen Bürger ansteht, merklich behindert. Wir hatten vorgestern das Thema Euro­fighter mit irgendeinem Minister, wir hatten gestern das Thema Eurofighter mit Grasser, wir haben heute das Thema Eurofighter wieder mit dem Herrn Verteidigungsminister – ich bin schon dafür, dass wir dem sehr kritisch gegenüberstehen, aber irgendwie artet


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es jetzt so aus, dass wir schon auf Gerüchte aufmerksam werden und diese als bare Münze nehmen.

Bei aller Kritik an dem, was passiert ist, auch an der Unterschrift und an der Art, wie diese Unterschrift getätigt wurde, die uns als Bundesrat ein bisschen weh getan hat (Bun­desrätin Schicker: Habt ihr umsonst gekämpft!) – das muss ich ehrlich sagen, dass wir das nicht so akzeptiert haben, wie es ausgeschaut hat; ich habe mir gedacht, wir hätten wenigstens davon unterrichtet werden sollen oder müssen –, muss man dann doch hergehen und wirklich darüber nachdenken, dass es sehr gefährlich wird, nur Tageszeitungen und Zeitschriften zu zitieren und die Pflicht eines Volksvertreters zu vergessen, nämlich dass man sich eigentlich auf professionelle Weise informieren müsste.

Ich glaube, gerade wir vom Wirtschaftsausschuss haben den ersten Schritt gesetzt, indem wir auf Einladung von Herrn Generalmajor Wolf in Langenlebarn waren, wo wir alle die Möglichkeit hatten, sehr intensiv und sehr deutlich mit ihm zu reden, und zwar auch die Damen und Herren von der Opposition. Darum sind mir jetzt manche Anschuldigungen gerade von Seiten der Opposition wirklich schon zuwider und widerlich, weil Sie erstens einmal immer für die Luftraumüberwachung waren – Sie waren immer für Abfangjäger, und jetzt auf einmal ist alles vergessen! (Bundesrat Kal­tenbacher: Wenn wir es uns leisten können! – Bundesrat Molzbichler: Weil wir es uns nicht leisten können! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Dieses Thema war kein merkliches Nein-Thema. Es war kein Nein-Thema bei Generalmajor Wolf, auch von Ihren Damen und Herren nicht, die mit uns dort waren!

Das ist meine Kritik: Sie haben Gelegenheit gehabt, mit ihm und auch mit den Vertre­tern von EADS sehr kritisch und sehr deutlich zu diskutieren. Und es ist jetzt bei allem Drumherum einmal ein Schlussstrich zu ziehen, weil es einfach so ist: Wir wissen, es ist unterschrieben, und es ist soweit, dass wir die Entscheidung unserer Bun­desre­gierung wahrscheinlich nicht unterstützen, aber rechtfertigen müssen, und zwar alle gemeinsam, weil wir es einfach nicht zulassen können, dass in den Medien unser Österreich ständig in den Dreck gezogen wird. (Bundesrätin Bachner: Wir müssen es nicht rechtfertigen!) Meine Damen und Herren, es ist einmal Schluss! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es gibt so viele Gerüchte, die keine Nahrung haben, und Gerüchte sollten hier im Par­lament keine Heimat finden, meine Damen und Herren! Das ist einmal ganz, ganz wichtig. Bei allem Drumherum ist es auch wichtig, dass Sie sich wirklich intensiv infor­mieren. Ich habe mich gerade auf Grund dieses Vertragsabschlusses noch einmal sehr genau informiert, und zwar, wie es mir zusteht, auf wirtschaftlicher Seite.

Ich sage jetzt als Oberösterreicherin, dass ich von Firmen die Bestätigung bekommen habe, von ganz kleinen Firmen mit fünf, sechs Mitarbeitern, dass sie bereits Aufträge erteilt bekommen haben (Widerspruch bei der SPÖ) – nämlich nicht Aufträge, nicht Aufträge für diese ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Sie unterscheiden jetzt endlich einmal, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, zwischen einem Projekt Euro­fighter und dem Typhoon, der bestellt worden ist. Das müssen Sie jetzt schon einmal unterscheiden! (Bundesrat Konecny – mit angewinkelten Armen Flugbewe­gun­gen andeutend –: Das ist aber schon der mit den Flügeln?) Nein, das ist ein Projekt, und von dort aus für die Zukunft beauftragt, das ist ein Unterschied gegenüber den Einzelnen. Sie glauben immer, dass Österreich jetzt für diese 18 Eurofighter einen Auftrag an irgendeine kleine Firma gibt, aber so ist es ja nicht. (Bundesrat Konecny: Das glaube ich nicht!) Reden wir also einmal ganz objektiv. (Bundesrat Konecny: Weil man einer relativ großen Firma einen Auftrag gibt!) Nein, so ist es wirklich nicht.


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Meine Damen und Herren von der Opposition, jetzt werden wir einmal ganz ehrlich. (Bundesrätin Auer: Wir sind immer ehrlich!) Sie wissen genau, wie diese Ausschrei­bung vonstatten gegangen ist. Diese haben wir oft genug kritisiert, aber wir müssen jetzt ein für alle Mal sehen, dass das abgeschlossen ist. Die Vergaberichtlinien sind erfüllt worden, und die Angebote, die im Nachhinein – wie jetzt der Abgeordnete Pilz mit Angeboten durch die Gegend wachelt – publik gemacht werden, sind daher ohne Relevanz. Das Verhalten des Herrn Kollegen Pilz ist sogar unverantwortlich, weil das einfach abgeschlossen ist.

Die Vorgehensweise ist per EU-Gesetz und per nationalem Recht geregelt. Es gibt eine Frist, bis zu derem Ablauf man ein Angebot abgeben kann, wenn man berück­sichtigt werden will. Dieses Angebot ist die Grundlage für die Bewertung. Die Bewertung erfolgt, wie Sie wissen und wie sicher bekannt ist, nach einem Punkte­schema; auch das ist oftmals gesagt worden. Es ist dies aber nicht das ausschließliche Kriterium, da auch Qualität, Service und Ausbildung bewertet werden müssen. All das haben wir dort von Herrn Generalmajor Wolf und von den Herren von EADS gehört. Daher noch einmal: Es wundert mich, dass dort von Ihrer Seite keine starke Kritik gekommen ist, obwohl wir Ihnen vom Wirtschaftsausschuss die Möglichkeit gegeben haben.

Meine Damen und Herren! Wenn wir jetzt ganz ehrlich über die Gegengeschäfte reden: Mit der Entscheidung für ein europäisches High-Tech-Produkt stärkt Österreich die europäische und die österreichische Industrie. England, Deutschland, Italien und Spanien sind die „Komponisten“ dieses Projektes Eurofighter und – das ist der Unterschied – EADS ist der von ihnen beauftragte Produzent, das Produkt Typhoon zu bauen.

Österreich hat nun als Abnehmer von 18 Stück die Möglichkeit, ein großes Maß an Eigen­interessen in der Form von Kompensationsgeschäften einzubringen. (Bundesrat Konecny: ... „Jäger 90“!) Neben den zugesagten Kompensationsgeschäften sind, meine Damen und Herren, bereits Partnerschaften wie zum Beispiel mit der FACC entstanden, die als Zulieferer für den Typhoon fixer Bestandteil des Projektes Eurofighter ist. Auch die Kapsch AG wird mit ihren Partnern und Lieferanten – das habe ich von Seiten der Firma persönlich bestätigt bekommen – durch die Unterstüt­zung der EADS nach den bereits abgeschlossenen Tests am Mautprojekt Deutschland mitwirken. Es ist also wirklich nicht so, dass wir nichts zurückbekommen! (Bundesrätin Kainz: Peanuts!)

Jetzt sollten wir einmal ... (Bundesrat Konecny: Da wird EADS ...!) Genau so ist es. (Bundesrat Konecny: Oh!) Tun Sie daher nicht so, als würde Österreich kein Geschäft machen. Erkundigen Sie sich bei der Firma Kapsch, wie das geht!

Der Inhalt des Artikels in der „Financial Times“ wurde von Herrn Gusenbauer nach mei­ner Meinung – ich habe mir das noch einmal genau durchgesehen – unvollständig und missverständlich interpretiert. Hätte er den Inhalt richtig verstehen wollen – wollen! –, dann hätte er herausgelesen, dass das Produkt Typhoon, das Österreich kaufen wird, einen fixen Preis hat. Die Nationen England, Deutschland, Spanien und Italien haben nicht in das Produkt investiert, sondern in das Projekt, und das veranschlagte Budget dieser vier Nationen für ihr Projekt kann auf Grund optimal verlaufender Ent­wick­lungen in der Forschung um 10 bis 20 Prozent unterboten werden. – Mich hat das nämlich genauso gestört wie Sie, als ich das erfahren habe.

Das heißt, das Budget muss nicht voll ausgeschöpft werden; das hat aber nichts mit der Produktion des Produktes und auch nichts mit dem Produktpreis zu tun. Der Preis bleibt gleich, meine Damen und Herren! (Bundesrat Konecny: Frau Kollegin, bleiben Sie bei Ihren Leisten!) Wenn sich die Mutternationen des Projektes das eine oder


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andere Prozent an Rabatt herausholen – das hat mich wirklich genauso gestört wie Sie! –, dann muss man schon auch die Investitionen dieser Länder sehen, die sie im Vorfeld getätigt haben.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass es jetzt Zeit wird, dass wir uns an anderen Themen orientieren, an Themen, die dem österreichischen Bürger jetzt sehr wohl an die Nieren gehen – es gibt genug davon –, dass Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, einmal ein bisschen darüber nachdenken, was vor Jahren geschehen ist, als Sie um Ihre Abfangjäger gekämpft haben, und jetzt nicht sagen sollten: Wir brau­chen sie nicht, wir brauchen das alles nicht!

Wie auch immer, meine Damen und Herren, und sollten es Kampfflugzeuge sein: Seien wir froh und danken wir dem Herrgott, wenn wir sie nie brauchen! (Beifall der Bundesräte Dr. Böhm und Dr. Nittmann.)

19.51

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


19.52

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich zunächst geglaubt hatte, dass die Frauen in der Debatte überhaupt nicht repräsentiert seien. Dann bin ich draufgekommen, dass es offensichtlich nur so ist, dass die Frauen gerne das letzte Wort haben. (Heiterkeit und allgemeiner Beifall. – Bundesrat Dr. Böhm: Ja, meistens!)

Bei dem Thema an sich bin ich sicher keine Expertin, und ich möchte das deshalb nicht so sehr von der technischen, sondern mehr von der polemischen Seite betrachten. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich gebe es wenigstens zu, oder?

Ich habe mir von Ihrer großen Rede den einen Satz gemerkt: dass wir uns von der aktiven Sicherheits- und Verteidigungspolitik abwenden, wenn wir keine Abfangjäger kaufen, oder zumindest nicht diese. Dazu Folgendes: Zum Beispiel die USA haben sicher viel mehr Kampfjets oder Abfangjäger als wir, inwieweit das bisher zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik beigetragen hat, weiß ich nicht – am 11. Septem­ber hat das eindeutig überhaupt nicht geholfen!

Deshalb wäre mein Vorschlag: Sparen wir bei diesen Kampfjets, und investieren wir lieber in eine aktive Friedenspolitik! – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

19.53

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters ist Herr Bundesrat Klamt zu Wort gemeldet. – Bitte. (Unruhe im Saal. – Vizepräsidentin Haselbach gibt das Glockenzeichen.)

 


19.53

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Frau Kollegin Kerschbaum, im Bundesrat weiß man eben nie, wer das letzte Wort hat. (Heiterkeit. – Bundesrätin Schicker: Sie war am Wort! – Ruf bei den Freiheitlichen: Die Frau Präsidentin! – Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Präsident! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Bun­desrates! Wer kostenbewusst denkt, muss bei der Nachbeschaffung technischer Geräte die zu erfüllende Arbeitsaufgabe klar beschreiben und kommt um folgende Ent­scheidung nicht herum: Soll die Arbeitsaufgabe so gut wie möglich oder doch nur so gut wie notwendig erfüllt werden?


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Im Falle der Nachbeschaffung der Luftraumüberwachungsflugzeuge hat man sich sehr stark nach dem Motto „Erfüllung der Aufgabe nach dem letzten Stand der Technik“ entschieden. Damit setzt man sich sehr leicht dem Vorwurf aus, die für den Steuerzahler wichtige Kostenfrage hintanzustellen. Eine Bewertung, wie sie durchge­führt wurde – mit mehr als 300 Muss- und mehr als 200 Sollkriterien –, ist eine sehr schwierige Aufgabe, die für den in die Bewertung nicht direkt Eingebundenen kaum nachvollziehbar ist.

Deshalb wäre es sehr wichtig gewesen, die Vertraulichkeit des Rechnungshofes aufzuheben und den Rohbericht des Rechnungshofes abzuwarten. Die über den Bun­desrat ermöglichte Atempause für das Inkrafttreten des Kaufvertrages wäre dann aus meiner Sicht sehr gut genutzt gewesen. Wenn der Rechnungshof zu dem Schluss kommt, dass mit relativ geringen Kosten zukunftsorientiert die nach dem letzten Stand der Technik optimale Luftraumüberwachung sichergestellt wird, könnten wir vor der österreichischen Bevölkerung besser argumentieren.

Die Möglichkeit – und die ist ja wirklich gegeben –, über Gegengeschäfte Arbeitsplätze zu sichern und im High-Tech-Bereich ganz nach vorne zu kommen, würde zusätzlich positive Stimmung für die österreichische Luftraumüberwachung erzeugen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In diesem Sinne lautet meine abschließende Forderung: Der Rohbericht des Rechnungshofes muss so schnell wie möglich vorgelegt werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.57

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wünscht noch jemand das Wort? – Zu Wort gelangt Herr Professor Konecny. (Oh-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Bitte.

 


19.57

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist für jemanden, der auftritt, natürlich begeisternd, mit so viel Zustimmung begrüßt zu werden. (Widerspruch bei der ÖVP. – Bundesrat Schennach: Mit Chorgesang! – Ruf: So war das nicht gemeint!) – Ach, war das anders gemeint? (Heiterkeit.)

Die Debatte – nein, ich fange anders an: Ich gebe ja zu, sehr oft bin ich mit Kollegin Haunschmid nicht wirklich einer Meinung; das gestehe ich ernstlich. Aber sie hat in einem Satz, auf einen Satz beschränkt, natürlich wirklich Recht: Wir werden erst erleben, wie sehr uns die Anschaffung der Abfangjäger bei der wirklichen Arbeit behindert. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Haunschmid: Ich habe gesagt ...!) Ich habe Sie ein bisschen interpretiert.

Die Kollegen im Bundesheer werden das dramatisch erleben, die Kollegen in der Finanzverwaltung werden das dramatisch erleben, und die Kolleginnen und Kollegen in der Wirtschaft werden das enttäuscht erleben.

Wissen Sie, wenn ich Ihrer Argumentation folge, dann sollten wir Pensionszahlungen einstellen, die Bundesbahn einstellen, alles einstellen, was Geld kostet (Bundesrat Dr. Böhm: Nein, nein!) – und Abfangjäger bestellen, weil uns das jede Wirtschafts­politik erspart. (Bundesrat Molzbichler: Wir brauchen die Bundesbahn ...!) Offensicht­lich ist es erforderlich, möglichst viele Abfangjäger zu bestellen, damit riesige Gegen­geschäfte zustande kommen (Ruf bei der ÖVP: Dann kann die Eisenbahner­gewerk­schaft zusperren!), und dann ist jegliche Wirtschaftspolitik von staatlicher Seite ent­behrlich.

Wenn es so wäre, dann würden wir das jetzt nicht zu debattieren brauchen. Dann gäbe es ja die Wirtschaftsplattform, die uns Herr Bundeskanzler Schüssel versprochen hat.


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Dann brauchte sich der Herr Verteidigungsminister nicht über den Vertrag und der Herr Finanzminister nicht über die Kosten den Kopf zu zerbrechen. Aber ganz offensichtlich ist der Herr Bundeskanzler einem vergleichbaren Trugschluss aufgesessen wie Sie: Ganz so läuft das nämlich nicht! Das wäre sonst die Neuerfindung des Perpetuum mobile oder, wie man auch sagen könnte, der Kettenbriefe in der Wehrpolitik.

Die Wahrheit ist, dass wir uns hier mit einem ziemlich ungedeckten Wechsel auf ein Feld begeben haben, auf dem – und da muss ich Ihnen auch widersprechen; Ihnen ebenfalls, Herr Minister – diejenigen, die das Projekt erfunden haben, von tiefen Zweifeln gequält sind.

Es ist natürlich nicht wahr, dass das ein Vier-Staaten-Projekt ist – aber das nur am Rande. (Ruf bei der ÖVP: Sondern?) – Das ist ein Messerschmidt-Projekt, stammt aus der Mitte der 60er-Jahre und hieß damals Jäger 90. Es ist der damaligen Bundes­republik gelungen, Partner zu finden, wobei es im Wesentlichen ein deutsches Projekt geblieben ist, weshalb zu Beginn der neunziger Jahre die Franzosen tief ergrimmt ausgestiegen sind. – Aber es würde zu weit führen, die sehr schmerzhafte Geschichte dieses Flugzeuges, das schon verschiedene Namen getragen hat, zu erzählen.

Herr Minister! Ich weiß nicht, wo Sie die Statistik herhaben, die Sie uns da so stolz ge­zeigt haben. Ich fürchte, sie ist von der EADS-Werbeabteilung. Wahr ist jedenfalls Fol­gendes: Mit den Bestellungen durch die vier Staaten ist es überhaupt nicht so, wie es dargestellt wird. Diese haben eine erste Tranche von 148 Flugzeugen bestellt – ohne Zweifel. – Oje, die Kollegin Haunschmid ist gegangen; das tut mir aber Leid. (Bun­desrätin Schicker: Da ist sie!) – Aha, sie hat sich in einen anderen Winkel zurückge­zogen und holt sich neue Munition.

Es ist natürlich nicht wahr, dass die Entwicklungskosten mit dem Kaufpreis – so wie es versucht wurde – gegenverrechnet wurden. Frau Kollegin! Ich nehme an, Sie wissen das für Ihren Bereich sehr genau: Zuerst investiert man etwas – ganz egal, ob in ein Gasthaus oder in einen Abfangjäger –, und wenn man richtig investiert hat, kommt dann das Geld zurück. – Der Unterschied zwischen Ihnen und der deutschen Regie­rung ist: Sie müssen sich Ihre Schnitzel nicht selber abkaufen. Die deutsche Regierung kauft sich ihre Schnitzel – Verzeihung, ihre Abfangjäger! – selbst ab und sorgt so dafür, dass sich die Investition rentiert. (Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid.)

Noch einmal: 148 Flugzeuge sind von den vier Nationen bestellt. Außer den 18 an Österreich ist kein einziges Flugzeug außerhalb dieser vier Nationen verkauft. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass der Erzeuger heftige Probleme hat, andere Käu­fer zu dem Preis zu finden. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Die entsprechenden Trägernationen – bleiben wir einmal bei diesem Ausdruck – haben sich tentativ dahin orientiert, weitere 236 Stück zu kaufen. Das besagte „Jane’s De­fense Weekly“ berichtet, dass von den entsprechenden Bestellerländern kräftige Redu­zierungen überlegt werden, beziehungsweise diese 20-prozentige Preisreduktion mit der Erpressung – das kann man ruhig so sagen – durchgesetzt wird, dass man dann eben weniger oder gar keine mehr bestellt. (Bundesrat Mag. Gudenus: Oder weniger Stück geliefert werden!) – Ja, richtig: um dasselbe Geld weniger Stück, nicht?

Wie gesagt: So reibungslos, wie uns das der Herr Minister mit Sachkompetenz – und die Frau Kollegin nicht ganz so – versucht hat, zu erklären, läuft es auch zwischen den vier Trägernationen nicht.

Es ist bemerkenswert, wie heute hier die Propheten angetreten sind. Herr Minister! Ich gebe ja zu, Bundesminister ist ein sehr ehrenvoller Job. Wenn Sie aber das Zinsniveau des Jahres 2007 vorhersagen können, dann wüsste ich einen lukrativeren Beruf für Sie: Das gesamte Bankgewerbe wäre außerordentlich dankbar, wenn ihm irgendje-


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mand sagen könnte, ob die Zinsen im Jahr 2007 höher oder niedriger sind als heute und um wie viel!

Den Kollegen Kühnel, der uns versprochen hat, dass das Thema jetzt 40 Jahre lang nicht mehr diskutiert werden wird, werde ich aus physischen Gründen nicht mehr in der Lage sein, zur Rede zu stellen. Ich schwöre Ihnen aber, Herr Kollege: Sie haben nicht Recht! (Rufe bei der ÖVP: Sie schwören?) – Ich schwöre Ihnen, dass Sie nicht Recht haben. Ich weiß auch nicht, ob Sie alt genug werden, um herauszufinden, dass Sie damals, im Jahre 2003, grob geirrt haben.

Lassen Sie mich zum Schluss aber noch etwas erwähnen, das zu einem Zeitpunkt, zu dem die Unterschrift schon geleistet ist, tatsächlich eine der wenigen Fragen ist, die zur Diskussion offen bleiben:

Herr Bundesminister! (Bundesrat Bieringer steht an der Regierungsbank und unterhält sich mit Bundesminister Platter.) Sie verzeihen – bei aller Liebe zu meinem ÖVP Kollegen –, wenn ich Sie noch um drei Minuten Gehör ersuche. (Zwischenruf des Bun­desrates Steinbichler.) – Dass er zuhört, das müssen Sie sich mit dem Herrn Minister ausmachen. Ich würde es nie wagen, eine solche Behauptung über den Herrn Ver­teidigungsminister aufzustellen. (Bundesrates Steinbichler: Sie wissen ja nicht einmal, worum es geht! Sie haben das Konzept vergessen!)

Der Herr Finanzminister – ich habe ihn heute schon ein paar Mal zitiert, wenn auch nicht in wohlmeinender Absicht – hat gestern im Nationalrat folgende Auskunft gege­ben: Er hat auf die Frage, warum er noch keine genaue Zinshöhe und keine Gesamt­belastung für die SteuerzahlerInnen nennen könne, geantwortet, dass es letztgültig zum Abschluss des Finanzierungsgeschäftes erst kurz vor dem Abschluss des Ver­trages, der mit aufschiebender Wirkung durch den Verteidigungsminister beziehungs­weise seine Beamten unterzeichnet worden ist, gekommen ist.

Und diesen Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Die Bewer­tungs­kommission stellt im Juni 2002 fest, dass auf ein Finanzierungsziel von 9 Jahren der Eurofighter der billigste ist. Der auch damals bereits im Amt befindliche Finanzminister teilt uns im Juli 2003, also mehr als ein Jahr später, mit – oder behauptet das, vielleicht stimmt es ja nicht, Herr Minister! –, dass man die wirkliche Belastung erst jetzt, beim Vertragsabschluss, kennt.

Ich hätte so gern gewusst, mit welchen Zahlen die Bewertungskommission operiert hat. Das ist die nächste Gruppe von Propheten: Die haben doch tatsächlich bei der Rei­hung der Angebote im Juni 2002 schon gewusst, was man im Juli 2003 für eine Verein­barung schließen wird! Es ist dies tatsächlich ein in die Zukunft weisendes Projekt: Die Bewertungskommission weiß ein Jahr vorher, was die EADS anbieten wird. Der Kollege Kühnel verspricht, wir werden das 40 Jahre lang nicht diskutieren müssen. Und der Herr Minister hat uns versprochen, dass wir uns – gerechnet auf das Jahr 2007 – bei unseren Zinsentwicklungen 10 Millionen € ersparen.

Meine Damen und Herren! Wissen Sie, bei so viel Prophetie habe ich meine Zweifel, ob die handelnden Personen noch fest genug auf dem Boden der Tatsachen stehen! (Beifall bei der SPÖ.)

20.08

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Der nächste Redner ist Herr Bundesrat Hagen. – Bitte.

 


20.08

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Der Herr Kollege Professor Konecny meint immer, er müsse das letzte Wort haben. (Bundesrat Konecny: Ich gebe es gerne weiter!) Ich habe Ihnen da ein Schnippchen geschlagen, und zwar aus gutem Grunde: Es ist vorhin


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zitiert worden, Sie hätten Österreich als eine Bananenrepublik bezeichnet. (Bundesrat Konecny: Es wird zu einer solchen werden, habe ich gesagt!) Ich darf Ihnen vielleicht vorschlagen, bei der nächsten 1. Mai-Demonstration der SPÖ statt der roten Fahne eine Banane an der Stange zu tragen. – Das vielleicht als kleiner Hinweis. (Bundesrat Konecny: Wenn ich damit jemanden locken kann!)

Nun im Ernst: Jeder kennt meine Einstellung zu den Abfangjägern. Ich stehe zu Öster­reich als neutralem Staat. Die Neutralität und deren Erhaltung ist mir persönlich sehr wichtig. (Beifall der Bundesräte Mag. Gudenus, Dr. Böhm und Haunschmid.)

Österreich muss als neutraler Staat seine Lufthoheit natürlich überwachen. Dazu brauchen wir das nötige Gerät, die Frage ist nur: Welches Modell? Was ist ausrei­chend? (Beifall des Bundesrates Mag. Gudenus.) Meine Meinung dazu kennt man auch. Ich habe entsprechende schriftliche Anfragen gestellt und mich des Öfteren dazu geäußert, dass es für mich nicht das teuerste und modernste Projekt sein muss, sondern dass es für mich auch eine günstigere Variante tun würde. Hierzu stehe ich nach wie vor.

Was mich aber heute persönlich sehr gestört hat – darum stehe ich hier, ich wollte eigentlich heute nicht dazu sprechen –, das waren die Ausführungen des Kollegen Schennach von den Grünen; der hat mich heute persönlich sehr enttäuscht, muss ich sagen. (Bundesrat Schennach: Was?)

Er ist hier gestanden, hat Medienpropaganda von irgendeiner Seite über das Abstim­mungsverhalten der Freiheitlichen Partei bei der letzten Sitzung nachgeplappert und hat den Bundesrat als unnötige, schlechte Substanz hingestellt. (Bundesrat Schen­nach: Stimmt nicht!) Der Herr Kollege Konecny weiß, warum wir diese Entscheidung getroffen haben, und er hat es sehr gut dargestellt. – Da muss ich wirklich sagen: Hut ab! Sie haben erkannt, worum es uns gegangen ist.

Wir hatten ein Problem mit gewissen Punkten in diesen 99 Budgetbegleitgesetzen. Die­se Sorge haben wir zum Ausdruck gebracht. Es ging uns in erster Linie um die Har­monisierung, aber auch die Abfangjäger waren ein Thema. Hier möchte ich schon klar sagen: Die Freiheitliche Partei steht zum Koalitionsabkommen. Deshalb ist es zu keinem Koalitionsbruch gekommen und haben wir so entschieden, wie es vom Gesetz her möglich ist.

Wir haben drei Möglichkeiten, im Bundesrat zu entscheiden: Wir können ein Gesetz ablehnen und zurück an den Nationalrat schicken; wir können einem Gesetz zustim­men, oder wir entscheiden uns für keine der Varianten. – Das ist in der Geschäfts­ordnung vorgesehen, und wir haben uns für letztere Variante entschieden.

Ich glaube, dass die Leute, die die Bundesverfassung erstellt haben, sich etwas dabei gedacht haben, dass diese Aufschiebefrist von acht Wochen möglich ist, und dass sie das deshalb eingeführt haben. (Beifall der Bundesrätin Haunschmid. – Bundesrätin Schicker: Nur, so ist es nicht zum Tragen gekommen!)

Herr Kollege Schennach hat hier die Propaganda von gewissen Medien, die vielleicht meiner Fraktion nicht so gut gesinnt sind, nachgeplaudert und hat gesagt, wir hätten den Bundesrat desavouiert, wir hätten ein schlechtes Bild abgegeben. – Da kann ich nur sagen: Das ist nicht so! Das war eine bewusste Handlung, und die Leute, denen man das erklärt, verstehen das.

Sie, Herr Kollege Schennach, treten hier zweimal ans Rednerpult und sagen, wir hät­ten uns dumm verhalten. –Das ist nicht so. Ich muss Ihnen sagen: Sie haben mir am Anfang imponiert. Sie haben den Bundesrat sehr hoch gehalten, obwohl das nicht die grüne Linie war. Sie sind hier oft für die Länderrechte und für diese Kammer eingetreten. Und heute tun Sie so – ich will es jetzt nicht mit Ihren Worten sagen, aber


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es ist so herausgekommen –, als ob dieses Gremium überflüssig wäre. (Bundesrat Schennach: Das stimmt aber nicht!) Das hat mich sehr geschmerzt, das muss ich Ihnen sagen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Schennach: Das ist ein Miss­verständnis, Herr Kollege! Das ist ein völliges Missverständnis! Es tut mir Leid!)

Ich bin immer für eine Stärkung dieses Gremiums eingetreten, für mehr Rechte. – Der Herr Kollege Konecny hat mir auch hier Recht gegeben. (Bundesrat Schennach: Habe ich heute gesagt!) Ich bin für eine Direktwahl der Bundesräte, auch wenn das nicht meine Landeslinie ist – das muss ich dazusagen. Ich habe mich hier aber durchgesetzt (Beifall bei den Freiheitlichen), um diesem Gremium mehr Gewicht zu geben. – Darum ist es mir gegangen.

Wenn Sie hier nicht mitkönnen und sagen, dieses Gremium ist – auf gut Deutsch gesagt – ein Kasperltheater, dann darf ich Ihnen empfehlen: Gehen Sie zu einem Me­dium, schreiben Sie darüber – das mag Ihr Recht sein –, aber bitte überlassen Sie dann Ihren Platz hier herinnen jemandem, der zu diesem Gremium steht und der die­ses Gremium zu schätzen weiß! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Schen­nach: Sie haben mich komplett missverstanden!)

20.13

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Bieringer. – Ich erteile ihm das Wort.

 


20.13

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Hochgeschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte ein paar Klarstellungen treffen.

Zum einen: Herr Kollege Hagen! Ich gebe Ihnen Recht. – Das Stimmverhalten der frei­heitlichen Fraktion bei der letzten Sitzung war geschäftsordnungskonform. Wie der Herr Nationalratspräsident Fischer hier von einem Pallawatsch sprechen kann, das möge er uns erklären. – Ich habe ihn bisher immer für einen ausgezeichneten Verfas­sungs­rechtler gehalten.

Nächster Punkt: Mir kommt die Scheinheiligkeit der SPÖ-Fraktion in der Causa Ab­fangjäger schon ungeheuer groß vor. Als Bundeskanzler Wolfgang Schüssel einmal gesagt hat, man müsse die Neutralität in diesem Lande überdenken, kam von Seiten der Sozialdemokraten ein Aufschrei. Wenn ich neutral sein will, dann muss ich (Bun­desrätin Schicker: ... nicht die teuersten kaufen!) – lieber Albrecht Konecny, da kannst du deinen Kopf schütteln, so viel zu willst (Bundesrat Konecny: Ich geb’ nur dem Kollegen Recht!) – zu Land und zu Luft das Staatsgebiet Österreich verteidigen. Da gibt es kein Wenn und Aber! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Zu Wasser!)

Herr Kollege Konecny! Ich kann mich noch genau erinnern: Als 1985 die Draken ge­kauft beziehungsweise in Österreich eingeführt wurden, haben viele kritisiert, dass man altes Gerät kauft, dass man sündteures Geld für altes Gerät ausgibt. – Jetzt sagt diese Bundesregierung bewusst in ihrer Verantwortung – Kollege Gudenus, hören Sie gut zu, denn von einem Offizier würde ich mir diesbezüglich eine klarere Linie erwarten! –, man muss ordentliches Gerät kaufen, das auf Jahre hinaus diesen Luftraum ein­wandfrei überwacht.

Kommen Sie mir bitte ja nicht damit, dass der Eiserne Vorhang gefallen ist. Was hat sich im Jahr 1992 an der Südgrenze Österreichs abgespielt, obwohl es keinen Eiser­nen Vorhang mehr gegeben hat? (Bundesrat Mag. Gudenus: Aber jetzt haben wir NATO-Mitglieder!) Reden Sie doch einmal mit den Leuten dort unten darüber, wie froh


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sie gewesen sind, dass die Draken damals aufgestiegen sind und den Luftraum in Österreich überwacht haben!

Wenn wir jetzt diese Eurofighter ankaufen, dann stehen wir dazu. Wir stehen deshalb dazu, weil wir Verantwortung für dieses Land übernehmen und nicht billigen Populis­mus nachäffen wollen. Ich halte nichts davon, aufzurechnen: Für einen Eurofighter kann man dieses und jenes kaufen, kann man dieses und jenes für Pensionen aus­geben. (Zwischenruf des Bundesrates Konecny.)

Meine Damen und Herren! Das ist billigste Polemik, und Sie haben dabei heute die Unterstützung der „Kronen Zeitung“, und vielleicht haben Sie sie morgen auch. – Ich brauche diese Unterstützung nicht, darum sage ich das mit aller Deutlichkeit. Wenn man Politik betreibt wie in der Ära Kreisky, indem man Meinungsumfragen durchführen lässt und dann nach den Meinungsumfragen abstimmt, dann ist das nicht die Politik der Österreichischen Volkspartei, und sie wird es auch nie sein.

Ich drücke dem Verteidigungsminister mein ausdrückliches Kompliment dafür aus, dass er dazu steht und dass er nicht zittert, sondern diese Sache auch durchbringen wird. Er hat die vollste Unterstützung der Österreichischen Volkspartei. (Bravorufe und Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Herr Minister! Das ist eine gefährliche Drohung!) – Was ist eine gefährliche Drohung? (Bundesrat Konecny: Wenn du sagst, er hat die Unterstützung der ÖVP!) – Die hat er mit hundertprozentiger Sicherheit, Herr Kollege! Landauf und landab hat er die! (Bundesrat Konecny: Vor allem landab! – Ruf bei der ÖVP: Zu Luft und zu Land!) Wir sind stolz darauf, einen Verteidigungsminister vom Format eines Günther Platter zu haben! (Bravorufe und Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich bin davon überzeugt, dass auch die Militärs genau so denken wie ich. – Ich bin schließlich nach wie vor Angehöriger des Österreichischen Bundesheeres, und wenn ich mit meinen Kameraden spreche, höre ich nur die höchsten Töne des Lobes für den neuen Verteidigungsminister. (Rufe bei der SPÖ: Jetzt wissen wir es!) Dieses Lob werden wir auch in Zukunft weitertragen. (Ruf bei der SPÖ: ... auch einen Verteidi­gungsminister!) – Das habe ich ja nicht gesagt. Ich rede vom jetzigen Verteidigungs­minister und davon, dass wir froh sind, so einen guten Verteidigungsminister zu haben! – Das werde ich wohl sagen dürfen. (Rufe bei der SPÖ: Natürlich!)

Herr Kollege! Sie haben den Herrn Finanzminister zitiert, wonach er im Vorjahr etwas anderes gesagt hat. (Bundesrat Konecny: Sind Sie auch stolz, dass Sie den Finanzminister haben, den besten?) – Nein. (Bundesrat Konecny: Nicht?) – Davon rede ich nicht. (Bundesrat Konecny: Hinter dem steht die ÖVP nicht!) – Sie müssen mich ausreden lassen, Herr Kollege Konecny! Im vergangenen Jahr, als Grasser diese Aussage getätigt hat, war der Zinssatz ein anderer, als er heute ist. (Bundesrat Konecny: Die Aussage war von gestern, bitte!) – Nein! (Bundesrat Konecny: Ja!) – Warte ein bisschen!

Die erste Behauptung, die du über das Vorjahr aufgestellt hast, dass sich die Aussage des Finanzministers bis gestern geändert hat, ist richtig: Die hat sich geändert, und zwar deshalb, weil der Zinssatz ein anderer ist. (Ironische Heiterkeit des Bundesrates Konecny.)

Herr Kollege Konecny! Da kannst du lachen, so viel du willst! Herr Kollege, glaube es mir! (Bundesrat Konecny: Nein, ich glaube es dir nicht!) So viel verstehe ich auch, dass das Gerät, wenn der Zinssatz sinkt, billiger wird. So einfach ist das! (Bundesrat Konecny: Bei der Sparkasse wurde kein Kredit aufgenommen! Das ist ein Angebot des Unternehmens!) Ja, Herr Kollege, aber mit anderen Voraussetzungen! (Bundesrat Konecny: Es steht nirgends geschrieben, dass Saab dasselbe Angebot macht!)


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Herr Kollege Konecny! Du kannst versichert sein, dass hier alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Du kannst versichert sein, dass eure Sudelküche und die Gerüchte, die ihr am laufenden Band vortragt, nichts fruchten! Ihr habt uns vor dem 24. No­vember gesagt, dass wir Schiffbruch erleiden! Die Bevölkerung von Österreich hat et­was anderes festgestellt. (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Konecny.)

Ihr könnt weiter Meinungsumfragen zitieren, so viele ihr wollt! Zahltag ist in der Politik der Wahltag, und dem Wahltag schauen wir ganz korrekt entgegen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Mit Ministern wie Günther Platter und Karl-Heinz Grasser braucht der ÖVP in der Zukunft nicht bange sein! (Beifall bei der ÖVP.)

20.22


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Bundesrat Wilhelm Grissemann. – Ich erteile ihm das Wort.

20.22


Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Herr Kollege Bieringer hat manches vorweggenommen. Ich bin einverstanden mit den Erklärungen unseres Bundesministers. Mir erscheint mir das meiste, was er gesagt hat, schlüssig.

Es ist natürlich für einen Laien schwer verständlich, warum man zum Beispiel das geradezu interessante Angebot betreffend einen Euro für eine MiG-29 nicht näher in Beratung gezogen hat. Ich muss das glauben, was der Herr Bundesminister sagt! (Bundesrat Mag. Gudenus: Du musst nichts glauben!) Er sagt, es sei das beste Gerät für Österreich. – Es möge so sein!

Herr Bundesminister! Es hat mich dabei nur etwas gestört: Warum haben Sie sofort unterschrieben? Warum haben Sie sich nicht ein paar Tage mehr Zeit gelassen? Aber auch das, Herr Minister, werden Sie verantworten, und Sie werden dafür gerade­ste­hen! Ich habe keine Angst, dass ein Tiroler Bundesminister auch dafür geradestehen und die Verantwortung übernehmen wird. – Das zu dieser Sache.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute viel von technischem Gerät ge­sprochen. Wir haben diese Eurofighter-Maschinen von dieser Seite in höchsten Tönen gelobt. Von sozialdemokratischer Seite ist manches in Zweifel gezogen worden. Ich möchte jetzt zum letzten Glied in der Kette der Eurofighter-Diskussion kommen, nämlich zu jenen Männern, die diese Maschine auch fliegen sollten.

Welche Wertschätzung solchen Männern von sozialdemokratischer Seite entgegen­gebracht wird, wissen wir spätestens seit der Aberkennung eines Ehrengrabes auf dem Wiener Zentralfriedhof. (Zwischenruf des Bundesrates Konecny.) Ja, ja, Herr Kollege, ich will Sie ganz gerne reizen! Ich will nicht bewerten, in welche Nähe ... (Bundesrat Konecny: Wenn Sie jetzt einen Nazipiloten mit einem Eurofighterpiloten vergleichen, dann ist das wirklich zu viel!) Ich nehme gerade zur Kenntnis, dass Sie einen öster­reichischen Piloten (Bundesrat Konecny: Sie vergleichen einen Nazimörder mit unse­ren Bundesheerpiloten!) Ich nehme mit großem Interesse zur Kenntnis, dass Sie einen österreichischen Piloten, der unsere Heimat geschützt hat, als Naziverbrecher bezeich­nen! (Bundesrat Konecny: Er war Nazi und NSDAP-Mitglied!) Damit müssen Sie vor der österreichischen Bevölkerung umgehen! (Bundesrat Konecny: Das müs­sen sich unsere Bundesheerpiloten nicht gefallen lassen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege Konecny! Warum regen Sie sich so auf? Ich habe großes Interesse daran, dass auch dieser Aspekt auf die Tagesordnung des Bundesrates kommt, und ich will Ihnen sagen, Herr Kollege Konecny, warum: Wir haben heute hier alle von tech­nischem Gerät gesprochen. Man hat heute darüber gesprochen, welche Ma­schinen zu


Bundesrat
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fliegen sind. Man hat jedoch mit keinem Wort von jenen Männern gespro­chen, die diese Maschinen zu fliegen haben.

Herr Kollege Konecny! (Zwischenruf des Bundesrates Konecny.) Wenn Sie sich ein­mal abgeregt haben ... (Bundesrat Konecny: Ich rege mich nicht ab, denn diese Beleidigung des Bundesheers kann ich nicht hinnehmen!) Dann haben Sie vielleicht die Güte, mir zuzuhören! Ich will keine Bewertung abgeben, in welcher Funktion sich der Jagdflieger Walter Nowotny befunden hat. Ich weiß jedoch: Es kann keinerlei Ge­nug­tuung sein, auf einen jungen grünen Wiener Gemeinderat hereinzufallen, dessen Namen nicht einmal der Herr Bundesratskollege Schennach weiß. (Bundesrat Ko­necny: Was heißt „hineinfallen“?) Mich hätte sein Name auch interessiert. Er ist be­merkenswerterweise ein ganz junger Gemeinderat der Grünen, der den Antrag eingebracht hat. Und ich verstehe die Wiener Sozialdemokraten nicht, ich verstehe nicht, warum man Tote nicht in Frieden ruhen lassen kann! Das verstehe ich nicht! (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) Und das versteht auch der größte Teil der Wiener Bevölkerung nicht! (Bundesrat Konecny: Das ist ungeheuerlich! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Hätten Sie sich nicht so erregt, dann wäre ich wirklich mit drei Sätzen ausgekommen. Ich hätte nur gesagt: Denken Sie immer nur an das letzte Glied der Kette! (Bundesrat Konecny: Das war nicht Herr Nowotny!) Heute wurde nur von Gerät und von tech­nischen Eigenschaften gesprochen, und kein Mensch hat von den österreichischen Piloten gesprochen, die diese Maschinen fliegen. Im Hinblick darauf wollte ich nur anmerken, und zwar eher milde anmerken, welche Wertschätzung diesen Menschen entgegengebracht wird. Ich habe jedenfalls ein ganz komisches Gefühl im Bauch, wenn ich daran denke, wie man einen österreichischen Piloten behandelt! Ich sage das bewusst, denn Walter Nowotny war ein Österreicher, der nichts anderes gemacht hat, als seine Soldatenpflicht zu erfüllen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir wissen sehr genau: Sie wollten diesen Mann exhumieren und irgendwo anders verscharren. Jetzt hört man, dass er nur nicht mehr in der Betreuung der Ehrengräber bleiben soll. Und es ist ja ganz logisch, warum Sie das jetzt sagen: Weil Ihnen die Empörung der österreichischen Bevölkerung in diesem Zusammenhang zu groß war! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

20.28

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Ich gebe bekannt, dass heute die vom Nationalrat am 9. Juli 2003 gefassten Geset­zesbeschlüsse eingelangt sind. Der Herr Präsident hat diese den in Betracht kommen­den Ausschüssen zur Vorberatung zugewiesen. Soweit die Ausschüsse ihre Vorbe­ratungen darüber abgeschlossen haben, werden sie Gegenstand der nächsten, der 700. Sitzung des Bundesrates am 24. Juli 2003 sein.

Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt fünf Anfragen – 2077/J bis 2081/J – eingebracht wurden.

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin ist Mittwoch, der 23. Juli 2003, 9 Uhr in Aussicht genom­men, wobei ich festhalte, dass geplant ist, die Sitzung um 17 Uhr zu unterbrechen und am nächsten Tag, Donnerstag, den 24. Juli 2003, 9 Uhr wieder aufzunehmen.


Bundesrat
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Für die Tagesordnung kommen jene Vorlagen in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Zustimmungsrecht beziehungsweise Ein­spruchs­recht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Montag, den 21. Juli 2003, ab 14 Uhr vorge­sehen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 20.29 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien