Stenographisches Protokoll

711. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

 

Donnerstag, 1. Juli 2004

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Stenographisches Protokoll

711. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 1. Juli 2004

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 1. Juli 2004: 9.05 – 18.29 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 2. Halbjahr 2004

2. Punkt: Erklärung des Vizekanzlers gemäß § 37 Abs. 4 GO-BR zum Thema „Perso­nelle Veränderungen in der Bundesregierung“

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzgesetz 1995, das Pflanzen­schutzmittelgesetz 1997, das Saatgutgesetz 1997, das Weingesetz 1999 und das Ge­sundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz – GESG geändert werden, mit dem ein Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten erlassen wird, mit dem ein Bundesforschungs- und Ausbildungszent­rum für Wald, Naturgefahren und Landschaft als Anstalt öffentlichen Rechts errichtet und das Bundesamt für Wald eingerichtet wird – BFWG, und mit dem das Forstge­setz 1975 geändert wird (Agrarrechtsänderungsgesetz 2004)

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesamt für Was­serwirtschaft geändert wird

5. Punkt: Bericht betreffend Nachhaltige Waldwirtschaft in Österreich – Österreichi­scher Waldbericht 2001

6. Punkt: Gewässerschutzbericht 2002 gemäß § 33e WRG

7. Punkt: Wildschadensbericht 2001

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Bauar­beiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957, das Insolvenz-Entgeltsicherungsge­setz, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch und das Jugendausbildungs-Sicherungs­gesetz geändert werden (Arbeitsmarktreformgesetz)

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz, das Bundesgesetz über die Post-Betriebsverfassung und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2004 – 2. SVÄG 2004)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Ergänzung des Abkommens vom 29. März 1961 über die ERP-Counterpart-Regelung

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die zusätzliche Beaufsichti­gung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Fi­nanzkonglomerats (Finanzkonglomerategesetz – FKG) erlassen wird sowie das Versi­cherungsaufsichtsgesetz, das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Börsegesetz und das Pensionskassenge­setz geändert werden

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gebührengesetz 1957, das Bewertungsge­setz 1955, das Bodenschätzungsgesetz 1970 und das Abgabenverwaltungsorganisati­onsgesetz geändert werden

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gebührenanspruchsgesetz 1975 geändert wird

15. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Polen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

16. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Moldau zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Ver­hinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Personalvertretungsgesetz, BGBl. Nr. 133/1967, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 130/2003, geändert wird

18. Punkt: Bundesgesetz zur Bereinigung von Bundeshaftungsgesetzen (Bundeshaf­tungsrechtsbereinigungsgesetz)

19. Punkt: Bundesgesetz zur Errichtung der Österreichischen Forschungsförderungs­gesellschaft mit beschränkter Haftung (Österreichische Forschungsförderungsgesell­schaft mbH-Errichtungsgesetz – FFG-G) und mit dem das Bundesgesetz zur För­derung der Forschung und Technologieentwicklung (Forschungs- und Technologie­förderungsgesetz – FTFG), das Bundesgesetz, mit dem Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen, das Freisetzen und Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen und die Anwendung von Genanalyse und Gentherapie am Menschen geregelt werden (Gentechnikgesetz – GTG), das Bundesgesetz über die Zahl, den Wirkungsbereich und die Einrichtung der Bundesministerien (Bundesminis­teriengesetz 1986 – BMG) und das Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­voranschlages für das Jahr 2004 (Bundesfinanzgesetz 2004 – BFG 2004) geändert werden (Forschungsförderungs-Strukturreformgesetz)

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 1. Juli 1981 über die For­schungsorganisation in Österreich und über die Änderungen des Forschungsförde­rungsgesetzes (Forschungsorganisationsgesetz – FOG) geändert wird

*****

Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Präsidenten des Burgenländischen Landtages betreffend Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern in den Bundesrat ............................................................................... 11


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 3

Schreiben des Präsidenten des Wiener Landtages betreffend Wahl eines Ersatz­mitgliedes in den Bundesrat ......................................................................................................................................... 12

Schreiben des Präsidenten des Wiener Landtages betreffend Mandatsverzicht der Bundesrätin Dr. Elisabeth Hlavac ..................................................................................................... 12

Angelobung der Bundesräte Johann Auer, Angela Lueger und Mag. Georg Pehm                  13

Schreiben des Bundespräsidenten Dr. Thomas Klestil betreffend Einberufung der Bundesversammlung für den 8. Juli 2004 ............................................................................................................... 32

1. Punkt: Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 2. Halbjahr 2004    ............................................................................................................................... 34

Antrittsansprache der Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach .............................. 36

Wortmeldung des Bundesrates Albrecht Konecny zur Geschäftsbehandlung ........ 38

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 11

Fragestunde (104.)

Landesverteidigung .................................................................................................... 13

Karl Bader (1345/M-BR/04); Roland Zellot, Elisabeth Kerschbaum, Harald Rei­senberger

Wolfgang Schimböck (1351/M-BR/04); Ferdinand Tiefnig, Roland Zellot, Dr. Ru­perta Lichtenecker

Mag. John Gudenus (1349/M-BR/04); Stefan Schennach, Karl Bader

Dr. Franz Eduard Kühnel (1346/M-BR/04); Roland Zellot, Dr. Ruperta Lichten­ecker, Harald Reisenberger

Helmut Wiesenegg (1352/M-BR/04); Franz Wolfinger, Mag. John Gudenus, Eli­sabeth Kerschbaum

Stefan Schennach (1350/M-BR/04); Albrecht Konecny, Josef Saller, Christoph Hagen

Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg (1347/M-BR/04); Christoph Hagen, Dr. Ru­perta Lichtenecker, Günther Prutsch

Ewald Lindinger (1353/M-BR/04); Michaela Gansterer, Roland Zellot, Stefan Schennach

Josef Saller (1348/M-BR/04); Engelbert Weilharter, Eva Konrad, Günther Prutsch

Adelheid Ebner (1354/M-BR/04); Martina Diesner-Wais, Engelbert Weilharter, Eva Konrad

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel betreffend Enthebung des Bundesministers für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer sowie des Staatssekre­tärs im Bundesministerium für Gesundheit und Frauen Dr. Reinhart Waneck vom


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 4

Amt sowie Ernennung von Frau Mag. Karin Miklautsch zur Bundesministerin für Justiz sowie Herrn Mag. Eduard Mainoni zum Staatssekretär im Bundesmi­nisterium für Verkehr, Innovation und Technologie durch den Bundespräsidenten .......................................... 33

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 34

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 34

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesmi­nisterin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Rechnungshof-Roh­bericht zum Kunsthistorischen Museum (2211/J-BR/04) .......................................................................................................................... 146

Begründung: Stefan Schennach ................................................................................ 147

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 151

Debatte:

Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 154

Mag. Harald Himmer .................................................................................................. 156

Stefan Schennach (tatsächliche Berichtigung) .......................................................... 158

Albrecht Konecny ...................................................................................................... 158

Dr. Peter Böhm ........................................................................................................... 160

Verhandlungen

2. Punkt: Erklärung des Vizekanzlers gemäß § 37 Abs. 4 GO-BR zum Thema „Personelle Veränderungen in der Bundesregierung“ ..................................................................................................... 38

Vizekanzler Hubert Gorbach ....................................................................................... 39

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 37 Abs. 5 GO-BR ....................... 34

Redner:

Albrecht Konecny ........................................................................................................ 41

Ludwig Bieringer .......................................................................................................... 43

Stefan Schennach ........................................................................................................ 46

Dr. Peter Böhm ............................................................................................................. 49

Reinhard Todt ............................................................................................................... 51

Christoph Hagen .......................................................................................................... 53

Wolfgang Schimböck .................................................................................................. 56

Engelbert Weilharter .................................................................................................... 58

Dr. Ruperta Lichtenecker ............................................................................................ 59

Mag. Harald Himmer .................................................................................................... 60

Dr. Erich Gumplmaier ................................................................................................. 62

Ing. Siegfried Kampl .................................................................................................... 65

Günther Kaltenbacher ................................................................................................. 66

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2004 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Pflanzenschutzgesetz 1995, das Pflanzenschutzmittel­gesetz 1997, das Saatgutgesetz 1997, das Weingesetz 1999 und das Gesund­heits- und Ernährungssicherheitsgesetz – GESG geändert werden, mit dem ein


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 5

Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftli­chen Bundesanstalten erlassen wird, mit dem ein Bundesforschungs- und Aus­bildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft als Anstalt öffentlichen Rechts errichtet und das Bundesamt für Wald eingerichtet wird – BFWG, und mit dem das Forstgesetz 1975 geändert wird (Agrarrechtsänderungsgesetz 2004) (505 d.B. und 529 d.B. sowie 7064/BR d.B.) ..... 67

Berichterstatterin: Christine Fröhlich ........................................................................... 67

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2004 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesamt für Wasserwirtschaft geändert wird (530 d.B. sowie 7065/BR d.B.)           ............................................................................................................................... 67

Berichterstatterin: Christine Fröhlich ........................................................................... 67

Redner:

Johann Kraml ............................................................................................................... 68

Martina Diesner-Wais .................................................................................................. 71

Elisabeth Kerschbaum .........................................................................................  72, 84

Mag. John Gudenus ..................................................................................................... 75

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ........................................................................ 77

Stefan Schennach ........................................................................................................ 80

Ing. Hermann Haller ..................................................................................................... 81

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 3, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 84

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 4, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 84

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Nachhaltige Waldwirtschaft in Österreich – Österrei­chischer Waldbericht 2001 (III-234-BR/2002 d.B. sowie 7066/BR d.B.) ................................................................................ 85

Berichterstatter: Johann Höfinger ................................................................................ 85

6. Punkt: Gewässerschutzbericht 2002 gemäß § 33e WRG des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (III-244-BR/2003 d.B. sowie 7067/BR d.B.)                        85

Berichterstatter: Johann Höfinger ................................................................................ 85

7. Punkt: Wildschadensbericht 2001 des Bundesministers für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (III-245-BR/2003 d.B. sowie 7068/BR d.B.) ...................................... 85

Berichterstatter: Johann Höfinger ................................................................................ 85

Redner:

Christine Fröhlich ........................................................................................................ 86

Adelheid Ebner ............................................................................................................. 87

Mag. John Gudenus ..................................................................................................... 89

Elisabeth Kerschbaum ................................................................................................ 90

Gottfried Kneifel ........................................................................................................... 92

Helmut Wiesenegg ....................................................................................................... 93

Ing. Siegfried Kampl .................................................................................................... 94

Dr. Ruperta Lichtenecker ............................................................................................ 96


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 6

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 5, den Österreichischen Waldbericht 2001 zur Kenntnis zu nehmen ...................................................................................................... 98

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 6, den Gewässerschutz­bericht 2002 zur Kenntnis zu nehmen ........................................................................................................................... 99

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 7, den Wildschadensbe­richt 2001 zur Kenntnis zu nehmen ........................................................................................................................... 99

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarkt­servicegesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957, das Insolvenz-Entgeltsicherungsge­setz, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch und das Jugendausbildungs-Siche­rungsgesetz geändert werden (Arbeitsmarktreformgesetz) (464 d.B. und 543 d.B. sowie 7069/BR d.B.)           ............................................................................................................................... 99

Berichterstatter: Ing. Siegfried Kampl ......................................................................... 99

Redner:

Dr. Ruperta Lichtenecker ............................................................................................ 99

Ilse Giesinger .............................................................................................................. 101

Eva Konrad ................................................................................................................. 102

Roswitha Bachner ...................................................................................................... 104

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................. 106

Engelbert Weilharter .................................................................................................. 111

Sonja Zwazl ................................................................................................................. 111

Mag. Susanne Neuwirth ............................................................................................ 114


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 7

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 117

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz, das Bundesgesetz über die Post-Betriebsverfassung und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden (475 d.B. und 544 d.B. sowie 7070/BR d.B.)                       117

Berichterstatter: Ing. Siegfried Kampl ....................................................................... 117

Redner:

Johann Giefing ........................................................................................................... 117

Hans Ager ................................................................................................................... 118

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 120

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerb­liche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz ge­ändert werden (2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2004 – 2. SVÄG 2004) (469 d.B. und 536 d.B. sowie 7071/BR d.B.) ...................................... 120

Berichterstatter: Mag. John Gudenus ........................................................................ 120

Redner:

Mag. Susanne Neuwirth ............................................................................................ 121

Franz Wolfinger .......................................................................................................... 122

Eva Konrad ................................................................................................................. 123

Bundesminister Mag. Herbert Haupt ....................................................................... 123

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 124

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Ab­kommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Ergänzung des Abkommens vom 29. März 1961 über die ERP-Counterpart-Regelung (473 d.B. und 523 d.B. sowie 7072/BR d.B.) .................................................................................................... 124

Berichterstatter: Johann Giefing ................................................................................ 124

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 124

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanz­konglomerats (Finanzkonglomerategesetz – FKG) erlassen wird sowie das Versi­cherungsaufsichtsgesetz, das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Börsegesetz und das Pensions­kassengesetz geändert werden (456 d.B. und 520 d.B. sowie 7073/BR d.B.) ............................................................... 125

Berichterstatter: Günther Prutsch .............................................................................. 125

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Gebührengesetz 1957, das Bewertungsgesetz 1955, das Bodenschätzungsgesetz 1970 und das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz geändert werden (470 d.B. und 521 d.B. sowie 7074/BR d.B.)           ............................................................................................................................. 125

Berichterstatter: Ing. Hermann Haller ........................................................................ 126

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Gebührenanspruchsgesetz 1975 geändert wird (522 d.B. sowie 7075/BR d.B.) ....... 125

Berichterstatter: Günther Prutsch .............................................................................. 125

Redner:

Ewald Lindinger ......................................................................................................... 126

Staatssekretär Dr. Alfred Finz .................................................................................. 127

Ilse Giesinger .............................................................................................................. 128

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 129

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 12, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 130

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 13, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 130

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 14, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 130

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Ab­kommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Polen zur Vermei-


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 8

dung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (454 d.B. und 524 d.B. sowie 7076/BR d.B.)                   130

Berichterstatter: Helmut Wiesenegg .......................................................................... 131

16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Ab­kommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Moldau zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (494 d.B. und 525 d.B. sowie 7077/BR d.B.)                   130

Berichterstatter: Helmut Wiesenegg .......................................................................... 131

17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundes-Personalvertretungsgesetz, BGBl. Nr. 133/1967, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 130/2003, geändert wird (386/A und 527 d.B. sowie 7060/BR d.B. und 7078/BR d.B.)                            130

Berichterstatter: Helmut Wiesenegg .......................................................................... 131

18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bun­desgesetz zur Bereinigung von Bundeshaftungsgesetzen (Bundeshaftungs­rechtsbereinigungsgesetz) (480 d.B. und 526 d.B. sowie 7061/BR d.B. und 7079/BR d.B.) ................................................................................. 131

Berichterstatter: Helmut Wiesenegg .......................................................................... 132

Redner:

Ilse Giesinger .............................................................................................................. 132

Wolfgang Schimböck ................................................................................................ 132

Staatssekretär Dr. Alfred Finz .................................................................................. 134

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 134

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 15, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ........... ... 135

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 16, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ............... 135

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 17, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 135

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 18, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 135

Gemeinsame Beratung über

19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2004 betreffend ein Bun­desgesetz zur Errichtung der Österreichischen Forschungsförderungsgesell­schaft mit beschränkter Haftung (Österreichische Forschungsförderungsgesell­schaft mbH-Errichtungsgesetz – FFG-G) und mit dem das Bundesgesetz zur Förderung der Forschung und Technologieentwicklung (Forschungs- und Tech­nologieförderungsgesetz – FTFG), das Bundesgesetz, mit dem Arbeiten mit gen­technisch veränderten Organismen, das Freisetzen und Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen und die Anwendung von Genanalyse und


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 9

Gentherapie am Menschen geregelt werden (Gentechnikgesetz – GTG), das Bundesgesetz über die Zahl, den Wirkungsbereich und die Einrichtung der Bun­desministerien (Bundesministeriengesetz 1986 – BMG) und das Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2004 (Bundesfinanz­gesetz 2004 – BFG 2004) geändert werden (Forschungsförderungs-Struktur­reformgesetz) (510 d.B. und 538 d.B. sowie 7062/BR d.B. und 7080/BR d.B.) ........................................................ 136

Berichterstatter: Karl Bader ........................................................................................ 136

20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2004 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 1. Juli 1981 über die Forschungsor­ganisation in Österreich und über die Änderungen des Forschungsförderungsge­setzes (Forschungsorganisationsgesetz – FOG) geändert wird (506 d.B. und 539 d.B. sowie 7063/BR d.B. und 7081/BR d.B.) ........................................................ 136

Berichterstatter: Karl Bader ..................................................................................... ... 136

Redner:

Wolfgang Schimböck ................................................................................................ 136

Staatssekretär Mag. Eduard Mainoni ...................................................................... 138

Mag. Bernhard Baier .................................................................................................. 140

Werner Stadler ............................................................................................................ 141

Dr. Peter Böhm ........................................................................................................... 142

Eva Konrad ................................................................................................................. 143

Dr. Andreas Schnider ................................................................................................ 144

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 145

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 19, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 146

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 20, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 146

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesräte

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung betreffend Kasernen-Standorte und Liegenschaftsverkäufe (2207/J-BR/04)

Ana Blatnik, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend Staatszielbestimmung (2208/J-BR/04)

Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Güterverkehr auf der Donau (2209/J-BR/04)

Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Hochwasserschutzbauten in Österreich (2210/J-BR/04)

Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Rechnungshof-Rohbericht zum Kunsthistorischen Museum (2211/J-BR/04)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend TOP 22 der Tages­ordnung der Ministerratssitzung vom 14. April 2004 (1999/AB-BR/04 zu 2180/J-BR/04)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 10

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend TOP 9 der Tagesordnung der Ministerratssitzung vom 14. April 2004 (2000/AB-BR/04 zu 2178/J-BR/04)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Bundes­räte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend TOP 14 der Tagesord­nung der Ministerratssitzung vom 14. April 2004 (2001/AB-BR/04 zu 2179/J-BR/04)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Christoph Hagen, Jürgen Weiss, Ilse Giesinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Straffälligkeit von Asylwerbern in Vorarlberg (2002/AB-BR/04 zu 2183/J-BR/04)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen, Ilse Giesinger, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Haftung bei Nuklearunfällen (2003/AB-BR/04 zu 2182/J-BR/04)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Sissy Roth-Halvax, Kolleginnen und Kollegen betreffend Feuerschutzsteuer (2004/AB-BR/04 zu 2184/J-BR/04)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend unbeeinflusste Amtsführung des Bundesministers für Finanzen (2005/AB-BR/04 zu 2185/J-BR/04)

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 11

Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich eröffne die 711. Sitzung des Bundesra­tes.

Gestatten Sie mir, dass ich gleich zu Beginn einen lieben Freund des Hauses begrüße, nämlich den Landtagspräsidenten des Burgenländischen Landtages, Herrn Präsiden­ten Walter Prior: Seien Sie ganz herzlich bei uns willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Das Amtliche Protokoll der 710. Sitzung des Bundesrates vom 9. Juni 2004 ist aufge­legen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Manfred Gruber und Andrea Fraunschiel.

Einlauf

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eingelangt ist ein Schreiben des Burgenlän­dischen Landtages betreffend die Wahl der Mitglieder Mag. Georg Pehm und Johan­na Auer in den Bundesrat, wobei Mag. Georg Pehm als erster Vertreter des Landes zu gelten hat, sowie der Ersatzmitglieder Mag. Klaus Mezgolits und Georg Hahn.

Ebenso eingelangt ist ein Schreiben des Wiener Landtages betreffend die Wahl des neuen Ersatzmitgliedes Angela Lueger an die sechste Stelle sowie ein weiteres Schreiben des Wiener Landtages betreffend Mandatsrücklegung des an die sechste Stelle gereihten Mandates im Bundesrat durch Frau Dr. Elisabeth Hlavac mit Ablauf des 30. Juni 2004.

Damit ist Frau Angela Lueger in das Mandat von Frau Dr. Elisabeth Hlavac eingetre­ten.

Hinsichtlich des Wortlautes dieser Schreiben verweise ich auf die im Sitzungssaal ver­teilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Der erste Teil der schriftlichen Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Der Präsident

des Burgenländischen Landtages

Europaplatz 1

7001 Eisenstadt

Tel. 02682/600-2442

E-Mail: post@bgld-landtag.at

Eisenstadt, 24. Juni 2004

Zahl: 1007/9-XVIII,Gp.2004-07-01

Wahl von zwei Mitgliedern und zwei Ersatzmitgliedern des Bundesrates

An den

Präsidenten des Bundesrates

Parlament

Dr.-Karl-Renner-Ring 3

1017 Wien


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 12

Der Burgenländische Landtag hat in seiner 45. Sitzung der XVIII. Gesetzgebungsperi­ode am 24. Juni 2004 Herrn Mag. Georg Pehm, geb. 8. Jänner 1964, 7000 Eisenstadt, Ignaz Till-Straße 8/1/4, und Frau Johanna Auer, geb. 8. Oktober 1950, 2491 Neufeld, Zahornatzkygasse 12, zu Mitgliedern, Herrn Landtagsabgeordneten Mag. Klaus Mezgolits, geb. 9. November 1962, 7035 Steinbrunn, Obere Hauptstraße 53, und Herrn Landtagsabgeordneten Georg Hahn, geb. 11. Oktober 1945, 7311 Neckenmarkt, Königsgasse 17, zu Ersatzmitgliedern des Bundesrates gewählt.

Herr Bundesrat Mag. Georg Pehm hat als erster Vertreter des Landes zu gelten.

Der Landtagspräsident

*****

Johann Hatzl

Erster Präsident

des Wiener Landtages

Herrn

Präsident des Bundesrats

Jürgen Weiss

im Wege der Parlamentsdirektion


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 13

Dr.-Karl-Renner-Ring 3

1017 Wien

Wien, 30. Juni 2004

02765/2004-MDALTG

Wahl eines Ersatzmitglieds des Bundesrats

Sehr geehrter Herr Präsident!

Frau Abgeordnete Martina LUDWIG hat mit Wirkung vom 29. Juni 2004 ihr an sechster Stelle gereihtes Mandat als Ersatzmitglied des Bundesrats zurückgelegt.

Auf Vorschlag der Sozialdemokratischen Fraktion des Wiener Landtags und Gemein­derats wurde in der Sitzung des Wiener Landtags vom 30. Juni 2004 Frau Angela Lue­ger als neues Ersatzmitglied für die sechste Stelle gewählt.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Johann Hatzl

*****

Johann Hatzl

Erster Präsident

des Wiener Landtages

Herrn

Präsident des Bundesrats

Jürgen Weiss

Dr.-Karl-Renner-Ring 3

1017 Wien

Wien, 30. Juni 2004

02913/2004-MDALTG

Mandatsrücklegung

Sehr geehrter Herr Präsident!

Das Mitglied des Bundesrats Dr. Elisabeth Hlavac legt mit Ablauf des 30. Juni 2004 ihr an sechster Stelle gereihtes Mandat im Bundesrat zurück.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Johann Hatzl

*****

Angelobung

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Das neu gewählte Mitglied, das wieder gewählte Mitglied sowie das neu eingetretene Mitglied des Bundesrates sind im Hause anwesend. Ich werde daher sogleich die Angelobung dieser drei Mitglieder vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten sein.

Ich ersuche um die Verlesung der Gelöbnisformel.

 


Schriftführerin des Bundesrates Ilse Giesinger:Sie werden geloben unverbrüch­liche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsge­setze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

Johanna Auer.

 


Bundesrätin Johanna Auer (SPÖ, Burgenland): Ich gelobe.

 


Schriftführerin des Bundesrates Ilse Giesinger: Angela Lueger.

 


Bundesrätin Angela Lueger (SPÖ, Wien): Ich gelobe.

 


Schriftführerin des Bundesrates Ilse Giesinger: Mag. Georg Pehm.

 


Bundesrat Mag. Georg Pehm (SPÖ, Burgenland): Ich gelobe.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich begrüße die neuen Mitglieder des Bun­desrates ganz herzlich in unserer Mitte. Es sind ja teils wieder gewählte Mitglieder, aber auch neue Mitglieder. Ich hoffe, Sie fühlen sich in unserem Kreis wohl. Die Arbeit, die wir hier im Dienste der Republik und ihrer Menschen leisten, ist sicher eine Arbeit, die Ihnen Freude machen wird. (Allgemeiner Beifall.)

Fragestunde

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zur Fragestunde. Bevor ich jetzt, um 9.09 Uhr, mit dem Aufruf der Anfragen beginne, verweise ich dar­auf, dass ich die Fragestunde, um die Behandlung aller mündlichen Anfragen zu ermöglichen, im Einvernehmen mit den beiden Vizepräsidenten auf bis zu 120 Minuten erstrecken werde.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 14

Bundesministerium für Landesverteidigung

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen nun zur 1. Anfrage an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bun­desrat Bader, um die Verlesung seiner Anfrage.

 


Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1345/M-BR/2004

„Wie stellt sich der Bericht der Bundesheerreformkommission aus Ihrer Sicht dar?“

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe am 14. Juni den Bericht der Bundesheerreformkommis­sion aus den Händen des Vorsitzenden Dr. Helmut Zilk bekommen. Es ist dies ein außerordentlich positives Ereignis, weil wir einen breiten Konsens erzielen konnten. Es hat sich bewahrheitet, dass wir die Zusammensetzung dieser Kommission gut gemacht haben – militärische Experten und darüber hinaus auch andere Persönlichkeiten und Experten. Die Wahl des Vorsitzenden war aus meiner Sicht – und ich glaube, das kann man auch sagen, wenn man die Beurteilung der Medienlandschaft sieht – eine ausge­zeichnete.

Ich stehe zu diesem Bericht. Er wird eine sehr bedeutende, wichtige Basis für die Pla­nung der Streitkräftereform darstellen.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

 


Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Wie soll das Heer der Zukunft aussehen?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Das Heer der Zukunft soll effizienter, professioneller und internationaler werden, wobei wir künftig mehr an Aus­landsmissionen, Auslandsaufgaben zu erfüllen haben werden, aber die Inlandsaufga­ben dürfen nicht vernachlässigt werden. Das heißt, dass wir im Inland natürlich für ein bestimmtes Maß der militärischen Landesverteidigung weiterhin zuständig sein wer­den, dass wir die Luftraumüberwachung zu gewährleisten haben werden und im Be­reich der Katastropheneinsätze und im Grenzdienst zur Verfügung stehen müssen. Ich habe im Rahmen verschiedener Aussagen schon zum Ausdruck gebracht – und das wird auch so sein –, dass mindestens 10 000 Soldatinnen und Soldaten für das Inland zur Verfügung stehen werden, dass aber eine Weiterentwicklung in Richtung Aus­landsaufgaben erfolgen wird, weil wir uns mehr an Missionen der Europäischen Union beteiligen sollen.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Zellot zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Roland Zellot (Freiheitliche, Kärnten): Herr Bundesminister! Welche sozi­alpolitischen Maßnahmen für das Kaderpersonal ergeben sich aus Ihrer Sicht aus dem Bericht der Bundesheerreformkommission?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Sie werden vermutlich auch meinen: Wie schaffen wir diesen Wechsel, dass wir von der Grundorganisation


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 15

her weniger Leute haben werden, aber mehr bei der Truppe? – Da gibt es verschie­dene Möglichkeiten, aber wichtig ist, dass wir bei diesem Reformprozess Schritt für Schritt vorgehen. Das heißt, jetzt wird die Planung der Streitkräfte durchgeführt, und daraus leiten wir die Struktur und Organisation des österreichischen Bundesheeres ab, und dann werden wir in diese Überlegungen hineingehen. Das bedeutet also, dass wir auch danach trachten müssen, dass all jene, die im österreichischen Bundesheer sind, auch künftig dort eine Beschäftigung haben werden. Ich sage es gleich, damit man nicht glaubt, dass hier andere Maßnahmen durchgeführt werden: Kündigungen wird es keine geben.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Kerschbaum, bitte.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Das Bundesheer wird reformiert. Als Niederösterreicherin und geborene Waldviertlerin würde mich interessieren: Was passiert mit dem Truppenübungsplatz Allentsteig in nächster und in weiterer Zukunft?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Die Beantwortung ist ähn­lich wie vorher. Es gibt natürlich derzeit viele Anfragen: Wie schaut es mit dieser Kaserne oder mit jenem Standort aus? – Dafür habe ich großes Verständnis. Es ist aber wichtig, dass wir eine seriöse Vorgangsweise wählen. Erst nach Abschluss der Planungen der Streitkräftereform können wir an strukturelle Veränderungen herange­hen, und daher werde ich derzeit auch über keinen Standort und über keinen Truppen­übungsplatz eine Aussage treffen.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Reisenberger, bitte.

 


Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Herr Minister! Sie haben in Ihrer Beantwortung bereits darauf hingewiesen, dass es unterschiedliche Umorganisationen und Auswirkungen geben wird. Was mich interessiert, ist aber Folgendes: Wann wer­den Sie die Bediensteten über die volle Auswirkung dieser Reform informieren?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich habe bereits eine Ministerweisung erlassen, wonach festgelegt wird, dass alle Schritte dieser Reform in Zusammenarbeit mit der Personalvertretung und der Gewerkschaft gemacht werden müssen, damit diese immer informiert werden, welche Schritte getätigt werden. Es ist mir sehr wichtig, dass hier eine entsprechende Transparenz gegeben ist, aber eines möchte ich nicht haben: dass da oder dort immer wieder Verunsicherungen erfolgen, denn Verunsicherung bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist eigentlich der schlechteste Ratgeber.

Daher muss man sich mit Dingen beschäftigen, die kommen werden, und da wird die Einbindung der Gewerkschaft und der Personalvertretung gewährleistet.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Die nächste Anfrage stellt Herr Bundesrat Schimböck. Ich bitte ihn um die Verlesung seiner Frage.

 


Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 16

1351/M-BR/2004

„Welche Erklärung haben Sie dafür, dass Ihr Ressort den Eurofighter zum Stückpreis von 112,5 Millionen € erwirbt, während die deutsche Bundesregierung nach Aushand­lung eines Preisnachlasses nach erfolgter Bestellung nur 65 Millionen € bezahlt?“

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Diese Frage ist immer wieder offen, und ich bin froh, dass ich das auch hier erklären kann: Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen. Klar ist eines: dass wir einen Eurofighter haben, wo man natür­lich bei einem Stückpreis von 112 Millionen € die Simulatoren dazurechnen muss, die Logistik, das System, die Ausbildung der Piloten und dergleichen mehr.

Und zum Zweiten, geschätzte Damen und Herren: Der wichtigste und wesentliche Punkt ist, dass die Betreibernationen Deutschland, England, Spanien und Italien Milli­arden von Euro an Entwicklungskosten bereits bezahlt haben. Daher muss man natür­lich, um eine seriöse Abhandlung zu machen und um einen Vergleich zu ziehen, diese Entwicklungskosten logischerweise dazurechnen. Diese Preise sind also – wie Äpfel und Birnen – nicht vergleichbar.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zusatzfrage? – Bitte.

 


Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Hätte es hier die Möglichkeit gegeben, eine Art Einkaufsgemeinschaft mit einem anderen EU-Land zu bilden und so einen günstigeren Kaufpreis zu erzielen?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Wir haben einen Fixpreis, wir haben einen guten Preis ausverhandelt. Der Rechnungshof hat uns auch einen positiven „Stempel“ gegeben: Es hat geheißen, dass Eurofighter der Bestbieter war. Wenn wir da eine Gemeinschaft gesucht hätten, dann wären wir in die Situation gekommen, dass wir nicht rechtzeitig Eurofighter zur Verfügung gehabt hätten, und ich hätte noch eine längere Überbrückungslösung suchen müssen.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Tiefnig, bitte.

 


Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Bundesminis­ter! Ich möchte noch einmal die Frage stellen: Zahlt Deutschland wirklich 65 Millionen € pro Eurofighter? Könnten Sie mir das bitte noch einmal beantworten? – Danke.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Es ist eindeutig und klar – Fachmedien kann man das auch entnehmen –, dass man bei den Stückpreisnennun­gen immer wissen muss: Was ist hier gemeint? – Die Nationen haben unterschiedliche Luftraumüberwachungsflugzeuge gekauft. Es kommt ja darauf an, wie ein Luftraum­überwachungsflugzeug ausgestattet sein soll. Das ist wie bei einem normalen Fahr­zeug: Hat man eine gute Ausstattung oder eine schlechtere Ausstattung? Daher sind diese Zahlen schon aus diesem Grund nicht seriös vergleichbar. Das Wichtigste aber ist – es sei noch einmal gesagt –: Die Betreibernationen haben Milliarden von Euro an Entwicklungskosten bezahlt, und das ist dazuzurechnen.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

 


Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Zellot, bitte.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 17

Bundesrat Roland Zellot (Freiheitliche, Kärnten): Herr Bundesminister! Wann und in welchem Umfang werden dem österreichischen Bundesheer mit dem Eurofighter die Luftraumüberwachungsflugzeuge zur Verfügung stehen, die tatsächlich militärisch voll einsetzbar sind und ihren Auftrag ohne Abstriche erfüllen können?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Wir haben einen klaren Vertrag, und es deutet auch alles darauf hin, dass dieser Vertrag von unseren Ver­tragspartnern eingehalten wird. Wir werden im Jahre 2007 vier Eurofighter bekommen, im Jahre 2008 zwölf und die restlichen im Jahre 2009, damit wir dann 18 Eurofighter zur Verfügung haben, die eine lückenlose Luftraumüberwachung durchführen werden.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 18

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Herr Bundesminis­ter! Die Preisdifferenz ist mit rund 50 Millionen € dennoch sehr groß, auch wenn es Entwicklungskosten und Sonstiges an Differenzen zu berücksichtigen gibt. Werden Sie versuchen, den Preis für die Republik Österreich weiter zu verhandeln beziehungs­weise zu senken?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Es gibt für uns keine nachvollziehbaren Hinweise, dass wir eine Nachverhandlung machen müssten. Dazu müsste es so sein, dass offensichtlich erkennbar wäre, dass es hier eine Differenz gibt. Das ist unserem Haus nicht bekannt, im Gegenteil: Es wird uns nach den Berechnun­gen beschieden, dass wir einen guten Preis ausgehandelt haben. Und das Zweite und Wichtige ist ja, dass wir einen Fixpreis haben, damit auch entsprechende Steigerun­gen, die da oder dort immer wieder vermutet werden, nicht eintreten.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 3. Anfrage. Ich bitte Herrn Bundesrat Gudenus, sie zu verlesen.

 


Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1349/M-BR/2004

„Ab wann ist mit einem konkreten Entwurf für eine zweckmäßige Umsetzung der Emp­fehlungen der Bundesheerreformkommission im Bereich Gliederung und Struktur des österreichischen Bundesheeres zu rechnen?“

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich bin sehr dankbar für diese Frage, denn in der Öffentlichkeit hat man den Eindruck, dass jetzt die Reform schon gemacht ist. Das, was wir jetzt vorliegen haben, ist eine hervorragende Basis, sind ausgezeichnete Rahmenbedingungen für die Planung der Streitkräfte. Jetzt, im Jahre 2004, wird die Planung der Streitkräfte durchgeführt; im Jahr 2005, am Beginn des Jahres 2005, werden wir uns dann parlamentarisch mit dieser Situation zu beschäftigen haben, dahin gehend, dass wir die gesetzlichen Beschlussfassungen machen; und dann beginnen wir mit der Umsetzung der Reform, schrittweise bis zum Jahr 2010 – wobei das Jahr 2005 zweifellos das Jahr der Reform des österreichischen Bundesheeres sein wird.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Herr Bundesrat, wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

 


Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Welche konkreten Vorstellun­gen gibt es bereits für die Schließung von Kasernen – das ist zweifellos eine Frage, die die Bürgermeister sehr stark interessiert –, wie sie im Bericht der Bundesheerreform­kommission angesprochen wird?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich war selbst zwölf Jahre lang Bürgermeister, ich kenne also ihre Anliegen – der Bürgermeister von Reutte nickt mir ebenfalls zu – und weiß, dass das natürlich eine Frage ist, die jeden Bürgermeister zu interessieren hat, was auch richtig und gut ist.

Aber noch einmal, wir müssen hier schrittweise vorgehen, und ich bitte auch um Ver­ständnis: Wenn man Reformen durchzuführen hat, macht es keinen Sinn, wenn man sich mit einzelnen Standortfragen auseinander setzt. Hier wird es ein Paket geben.

Ich war bei allen Landeshauptleuten und habe mit ihnen ein Gespräch geführt. Wir werden ein Paket für die Länder machen. Ich werde in diesem Zusammenhang die Gespräche mit den Ländern führen, und dann werden wir schlussendlich über Schlie­ßungen von Standorten reden. Ich möchte aber keinen Zweifel daran lassen, dass natürlich nicht alle Standorte gehalten werden können.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Zu einer weiteren Zusatzfrage ist Herr Bundesrat Schennach zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie sagen das so mit einem bedauernden Unterton, dass nicht alle Standorte gehalten werden können. – Es ist ja positiv, wenn es hier zu einem Immobilienverkauf kommt!

Deshalb meine Frage: Die Reform klingt jetzt aus Ihrem Mund so, als handle es sich um eine sehr lang andauernde Reform in den nächsten Monaten. Werden Sie die Pläne des Immobilienverkaufs bereits früher bekannt geben?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Das ist so zu sehen, dass das nicht lang andauernd ist, sondern wichtig ist, dass wir zu einem guten und vernünf­tigen Ergebnis kommen.

Ich kann mich erinnern, als die Bundesheerreformkommission mit ihrer Tätigkeit be­gonnen hat, hat es auch geheißen: Da sind so viele Schritte notwendig, um zu einem Ergebnis zu kommen! – Aber es müssen die einzelnen Schritte richtig gesetzt werden, hervorragend geplant werden – und das können unsere Leute im österreichischen Bundesheer exzellent, das haben sie bereits bewiesen –, dann kommen wir zu einem guten und richtigen Ergebnis. Hier sind natürlich viele Fragestellungen vorhanden, und wir müssen uns etwa überlegen: Wie können wir Liegenschaften bestens veräußern?

Ich habe – um Ihre Frage konkret zu beantworten – bereits Pilotprojekte in Auftrag gegeben, damit wir anhand dieser Pilotprojekte dann ein klares Procedere haben, wie Liegenschaftsveräußerungen durchgeführt werden.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

 


Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Bader, bitte.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 19

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Wie wird die Miliz in der Zukunft aussehen?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Die Miliz ist weiterhin ein wichtiger Bestandteil des österreichischen Bundesheeres und ist unverzichtbar. Ich weise nur etwa darauf hin, dass wir derzeit bei den Auslandsmissionen mindestens 60 Prozent an Milizsoldaten dabei haben. Sie ist daher unverzichtbar.

In Zukunft wird es so sein – und zu diesem Thema habe ich eine separate Arbeits­gruppe installiert –, dass die Miliz einerseits für diverse Strukturen im Bereich Spezial­kräfte zur Verfügung steht, andererseits für Auslandseinsätze, aber auch für die Befül­lung von präsenten Strukturen.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke vielmals, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 4. Anfrage, die Herr Bundesrat Dr. Kühnel stellt. Ich darf ihn um die Verlesung seiner Frage bitten.

 


Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1346/M-BR/2004

„Mit welchen Maßnahmen beabsichtigen Sie die Umsetzung der Empfehlung der Bun­desheerreformkommission sicherzustellen?“

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Hier gilt es, die richtigen Schritte zu setzen, und diese wurden bereits gemacht.

Mir ist es wesentlich, dass wir zu 100 Prozent jenen Wissensstand erhalten, den die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Ressorts bei der Bundesheerreformkommis­sion erhalten haben.

Daher habe ich ein eigenes Planungsprojekt installiert, welches „Management 2010“ heißt und unter der Leitung des Herrn Generalmajors Commenda steht, der ja auch operativ bei der Bundesheerreformkommission tätig war. Dieses Team, diese Projekt­organisation ist direkt dem Generalstabschef und mir zugeordnet, damit einerseits die Linie damit befasst werden kann, aber andererseits wir rasche Entscheidungen treffen können. Das ist bereits eingeleitet worden, und sie haben bereits mit der Arbeit begon­nen.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 20

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Herr Bundesrat, wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

 


Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Bundesminister! Wie viele Soldaten im Aktivstand wird das Heer in Zukunft haben?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Wir haben derzeit unge­fähr 24 500 Soldatinnen und Soldaten und Bedienstete des österreichischen Bundes­heeres. Zielsetzung der Reform ist es nicht, hier eine enorme Reduktion durchzufüh­ren. Eine Reduktion wird bei der Mobilmachungsstärke durchgeführt, und zwar von derzeit zirka 110 000 auf ungefähr 50 000 bis 55 000. Daher strebe ich an, dass wir vom derzeitigen Stand ausgehen und auf dieser Basis die Planungen durchführen werden.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Zellot, bitte.

 


Bundesrat Roland Zellot (Freiheitliche, Kärnten): Herr Bundesminister! Ab wann ist im Zusammenhang mit dem geplanten Postenabbau mit einem verbindlichen Streit­kräfteplan zu rechnen?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Das hat mit dieser Pla­nung der Streitkräfte zu tun. Das heißt, die Planung erfolgt 2004. Dann folgen Be­schlussfassungen und gesetzliche Maßnahmen; sofern das auch besoldungsrechtlich notwendig ist, muss damit natürlich das Parlament, natürlich auch der Bundesrat, befasst werden. Und dann kommen einzelne Schritte.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Weitere Zusatzfrage? – Frau Dr. Lichtenecker, bitte.

 


Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Herr Bundesminis­ter! Gibt es konkrete Empfehlungen der Bundesheerreformkommission, die Sie nicht umsetzen werden?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich habe eingangs ge­sagt, dass ich zu diesem Bericht stehe, dass diese Empfehlungen eine hervorragende Basis für die Entwicklung der Streitkräfte sind, und das ist die wesentlichste Aussage. Das heißt, dass die von der Bundesheerreformkommission erarbeiteten Rahmenbe­dingungen Basis für die Streitkräfteplanung sein werden. Zu sagen, dass man jeden Punkt oder Beistrich übernimmt, das wäre ja auch falsch.

Wir müssen jetzt in der Planung beurteilen, ob die einzelnen Empfehlungen zu 100 Prozent zu übernehmen sein werden. Das ist unsere Zielsetzung, aber dezidiert festlegen werde ich mich da noch nicht.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke.

Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Reisenberger, bitte.

 


Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! Sie haben heute bereits Fachmedien zitiert, und in diese Richtung geht auch meine Frage. Gerade in Fachmedien wird dieser „fliegende Fotoapparat“, auch Eurofighter genannt, ja nicht gerade als das Prunkstück, was die Verhandlungen betrifft, und als etwas ganz Tolles im Hinblick auf den Preis angesehen. – Offensichtlich lesen wir unterschiedliche Fach­blätter.

Konkret lautet meine Frage wie folgt: Die Beschaffung der unnötigen und sündteuren Eurofighter bedroht die Umsetzung der Reform. Gibt es im Vertrag eine Ausstiegsklau­sel im Falle der Nichtlieferung bis ins Jahr 2007?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Wir streben keinen Aus­stieg an – das wäre der völlig falsche Weg. Wir brauchen diese Luftraumüberwa­chungsflugzeuge! Dazu stehe ich zu 100 Prozent. Alles andere wäre nur Populismus, und es würde dadurch mit Sicherheit eine Verunsicherung in der Bevölkerung entste­hen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 21

Eines sage ich Ihnen auch: Wir reden so locker und diskutieren, weil es populär ist. Aber wenn etwas passiert, wer trägt dann die Verantwortung? – Nicht Sie, sondern die Bundesregierung und der Bundesminister für Landesverteidigung!

Daher halte ich hier ganz klar fest: Natürlich brauchen wir künftig Luftraumüberwa­chungsflugzeuge, so wie auch andere Staaten solche brauchen! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen zur 5. Anfrage, die Herr Bun­desrat Wiesenegg stellt. Ich bitte um die Verlesung.

 


Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lieber Herr Minister! Meine Frage lautet:

1352/M-BR/2004

„Wann wird der Wehrdienst tatsächlich auf sechs Monate verkürzt?“

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Es ist in den Empfehlun­gen zu lesen, dass eine Senkung der Wehrpflicht auf sechs Monate denkbar wäre.

Ich möchte hier zwei Punkte nennen, die Voraussetzung dafür sind, dass wir eine Reduktion der Wehrpflicht vornehmen können: Einerseits ist ausschlaggebend, wie und in welchem Ausmaß das österreichische Bundesheer künftig an der Grenze tätig sein wird müssen; und zum Zweiten kommt es auch darauf an, wie der Fortschritt der Reform weitergeht.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

 


Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Herr Minister, wir sind ja zwei Tiroler und schätzen das Bundesheer sehr – ganz besonders im Katastrophenfall. Können Sie ausschließen, dass es bei einer Reduktion der Wehrdienstzeit personelle Engpässe bei den verschiedenen Einheiten des Bundesheeres – für uns äußerst wichtig: bei den Pionieren – geben wird? So jedenfalls wurde mir bei meinem Besuch in der Schwar­zenberg-Kaserne berichtet.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Katastropheneinsätze sind ein wichtiger Punkt bei den Aufgaben des österreichischen Bundesheeres – natür­lich nicht ausschließlich die Aufgabe des Bundesheeres, aber ein besonders wichtiger Punkt. In allen Gesprächen mit den Landeshauptleuten habe ich diese Erfahrung gemacht und aus meiner persönlichen Erfahrung weiß ich ebenfalls, dass das österrei­chische Bundesheer vor allem dann vor Ort sein muss, wenn andere nicht mehr helfen können, vor allem dann präsent sein muss, wenn die Durchhaltefähigkeit der frei­willigen Kräfte nicht mehr gegeben ist. Daher garantiere ich, dass wir mindestens 10 000 Soldatinnen und Soldaten zur Verfügung haben, falls solche Einsätze notwen­dig sein werden.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zu einer weiteren Zusatzfrage, die Herr Bundesrat Wolfinger stellt.

 


Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Bundesminister! Wie viele Grundwehrdiener werden wir in Zukunft benötigen? Sie haben das zwar teil­weise schon beantwortet, ich möchte aber trotzdem noch einmal nachfragen.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 22

Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Wie viele Grundwehrdie­ner wir benötigen werden, kommt auf die Struktur an. Wir planen jetzt die Streitkräfte, und daraus resultiert die Organisation, aber auch die Struktur. Daraus können wir dann Schlüsse ziehen, wie sich der Grundwehrdienst künftig gestalten soll. Darum geht es, und das war auch eine Forderung von mir: bei der Reduktion der Wehrdienstzeit auch den Fortschritt der Reform zu berücksichtigen.

Aber ich halte fest, dass wir derzeit die Wehrpflicht brauchen, und daher werden wir auch in den nächsten Jahren Grundwehrdiener zur Verfügung haben müssen.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke.

Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Gudenus, bitte.

 


Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Wie kön­nen Sie eine Verkürzung des Grundwehrdienstes, trotz der Empfehlung der Bundes­heerreformkommission, dass dies erst nach dem Wegfall des Assistenzeinsatzes an der Staatsgrenze erfolgen kann, rechtfertigen?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich habe hier die klare Aussage getätigt, dass zwei Punkte ausschlaggebend sind. Ganz oben steht, wie und in welchem Ausmaß und wie lange wir noch unseren Dienst an der Grenze leisten müssen. – Das österreichische Bundesheer leistet hervorragende Dienste, 2 200 Kräf­te sind derzeit im Einsatz. Das sei an dieser Stelle erwähnt.

Zweiter Punkt: der Fortschritt der Reform.

Ich habe es offen gelassen, ich habe gesagt, die Entscheidung, ob die Kürzung vor dem Jahr 2007 oder nach dem Jahre 2007 erfolgen wird, wird von diesen beiden Para­metern abhängig sein.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Nächste Zusatzfrage: Frau Bundesrätin Kerschbaum, bitte.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Können Sie sich vorstellen, dass der Wehrdienst überhaupt irgendwann ein­mal gänzlich abgeschafft wird?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Wenn wir den Wehrdienst abschaffen möchten, dann müssten wir eine völlig andere Planung durchführen. Dann müssten wir eine Diskussion darüber führen: Behalten wir die Wehrpflicht bei oder nicht? – Das ist nicht der Weg. Es gibt ein klares Bekenntnis zur Wehrpflicht, eine Reduktion ist machbar. Diese zwei Parameter sind notwendig. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 6. Anfrage, die Herr Bundesrat Schennach stellt. Ich bitte um die Ver­lesung.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 23

1350/M-BR/2004

„Wann erwarten Sie, dass die EADS-Eurofighter Typhoon alle für den Normalbetrieb notwendigen 780 Leistungsnachweise erbringen können, von denen bisher nur ganze 59 erbracht wurden?“

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Das stimmt so nicht, der Entwicklungsstand ist wesentlich weiter. Sie werden vermutlich Informationen diverser Medien haben – deutscher Rechnungshofbericht und dergleichen mehr –, aber man muss sich immer wieder das Datum anschauen, wann die Prüfung durchgeführt wurde.

Jetzt schaut die Situation so aus, dass bereits 18 Eurofighter an die Betreiber-Nationen Deutschland, England, Spanien und Italien ausgeliefert wurden und dass diese 18 Eurofighter für die fliegerische Erstausbildung und für den Truppenversuch im Ein­satz stehen, und zwar ohne jegliche Einschränkung für den Flugbetrieb.

Es gibt momentan auch abenteuerliche Diskussionen, etwa darüber, dass der Euro­fighter bei einer Temperatur von unter 5 Grad nicht fliegen würde. Ich darf auf Folgen­des hinweisen: Ich habe im Jänner Abgeordnete zu einer Veranstaltung in Manching eingeladen, und die haben sich von der Leistungsfähigkeit des Eurofighters überzeu­gen können – trotz sehr niedriger Temperaturen! Leider war von der Opposition nie­mand dabei.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Herr Bundesminister! Hätte eine nicht fristgerechte Auslieferung der Eurofighter Pönalzahlungen zur Folge oder auch die Möglichkeit des Rücktritts vom Vertrag?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich habe überhaupt keine Hinweise darauf, dass das so sein wird. Ich gehe davon aus, dass der Vertrag ein­gehalten wird. Sollte es tatsächlich zu Problemen kommen, so haben wir ganz klare vertragliche Regelungen in Bezug auf Vertragsstrafen, Rücktritt vom Kauf bis hin zu einem Deckungskauf.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Konecny, bitte.

 


Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! Es wäre außeror­dentlich interessant, diese angeblich sehr genauen Pönalezahlungen und Rücktritts­rechte einmal kennen zu lernen. Sind Sie bereit, die entsprechenden Vertragsklau­seln – endlich – auch öffentlich zu machen?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Herr Bundesrat! Sie sind ein Profi, Sie wissen Bescheid über all diese Angelegenheiten. Gerade bei Verträgen ist es ganz besonders wichtig, dass Details, die man militärisch auch geheim halten muss, nicht in die Öffentlichkeit kommen. (Bundesrat Konecny: Pönalzahlungen sind militärisch geheim zu halten!?) – Ich habe Sie ausreden lassen. Wenn Sie mir ebenfalls die Gelegenheit geben würden, auszureden, wäre ich Ihnen sehr dankbar.

Eben aus diesen Geheimhaltungsgründen werde ich den gesamten Vertrag natürlich nicht der Öffentlichkeit zugänglich machen. (Bundesrat Konecny: Nach diesen Teilen


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 24

habe ich gefragt, Herr Minister! – Zwischenruf der Bundesrätin Roth-Halvax. – Bun­desrat Reisenberger: Aber Sie hat überhaupt niemand gefragt, Frau Kollegin!)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, am Wort ist der Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter (fortsetzend): Ich habe die Frage beantwortet. (Bundesrat Konecny: Nein!)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Bundes­rat Saller. – Bitte.

 


Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wie ist der Stand betreffend Übergangslösung?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich bedanke mich für diese Frage, weil es doch wichtig ist, wie es weiter geht. Betreffend die Übergangs­lösung beginnen wir jetzt mit dem F-5-Betrieb. Ich habe das angekündigt, und es wurde punktgenau eingehalten. Wir werden jetzt, im Juli, vier F-5 von der Schweiz bekommen und werden damit mit der Luftraumüberwachung beginnen; die Piloten wer­den bereits ausgebildet. Im Jänner 2005 kommen die nächsten vier und Mitte Juli 2005 die letzten vier.

Somit ist eine perfekte Überbrückung gewährleistet, bis die Eurofighter in den Jah­ren 2007, 2008 und 2009 zulaufen werden.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 25

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Nächste Zusatzfrage: Herr Bundesrat Hagen, bitte.

 


Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Inwieweit rechnen Sie mit Problemen im Bereich des Leistungsnachweises bei unseren Fliegern der zweiten Tranche?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich rechne mit keinen Problemen! Man muss doch offen und ehrlich auch einmal eines sagen: Die Firma EADS, die damit beschäftigt ist, ist mit über hunderttausend Mitarbeiterinnen und Mit­arbeitern der zweitgrößte Konzern in Entwicklung und Erzeugung von Luft- und Raum­fahrttechnologie. Dass die Firma EADS die Lieferungen perfekt abwickeln wird, davon bin ich zutiefst überzeugt. – Das ist der erste Punkt, und daher gehe ich nicht davon aus, dass Mängel auftreten werden.

Bei einem neuen Produkt muss man zu Beginn natürlich auch bestimmte Verbesse­rungen durchführen. Das ist überall so. Bei neu entwickelten Fahrzeugen ist es sogar oft notwendig gewesen, sie einzuziehen und Verbesserungen zu machen. – Ich möchte jetzt nicht die Type nennen, Sie kennen sie vielleicht. – Daher habe ich über­haupt keine Sorge, dass wir in Tranche zwei ausgezeichnete Flugzeuge bekommen.

Nur zur Information: Es ist in den Medien in der letzten Zeit kolportiert worden, dass die Tranche zwei durch Deutschland gestoppt wurde. – Dem ist nicht so! Gestern hat der Verteidigungsausschuss in Deutschland dem Kauf von 68 Eurofightern der Tranche zwei die Zustimmung erteilt, und der Budgetausschuss kann über den Sommer im Rahmen eines Umlaufbeschlusses die Entscheidungen treffen.

 


Wir sind ganz klar auf dem richtigen Weg. Die Zeitpläne sind bisher eingehalten worden.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 7. Anfrage, die Herr Bundesrat Dr. Spiegelfeld-Schneeburg stellen wird. Ich bitte um die Verlesung.

 


Bundesrat Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ein ganz anderes Thema:

1347/M-BR/2004

„Wie sieht der aktuelle Stand bei den KIOP aus?“

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: KIOP – Kräfte für Interna­tionale Operationen –, das ist ein sehr, sehr wichtiges Thema, weil eigentlich ein Mei­lenstein, was das österreichische Bundesheer betrifft. Die Einsatzkräfte müssen gut ausgebildet sein und jederzeit für EU-Einsätze bereitstehen.

Zum Entwicklungsstand: Wir haben 1 866 freiwillige Meldungen. 1 866 freiwillige Mel­dungen! Jetzt werden die gesamten Überprüfungen durchgeführt. Wichtig ist, dass auch die Leistungsnachweise erbracht werden, denn diese Kräfte für Auslandseinsätze müssen hervorragend ausgebildet sein.

Wir sind auf einem sehr guten Weg, und ich gehe davon aus, dass wir Ende des Jah­res 2005 850 KIOP-Soldaten und Ende des Jahres 2007 rund um 15 000 haben wer­den.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke vielmals.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

 


Bundesrat Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg (ÖVP, Oberösterreich): Meine Zu­satzfrage wurde eigentlich schon beantwortet. – Danke.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eine weitere Zusatzfrage: Herr Bundesrat Hagen, bitte.

 


Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Wie hoch ist der Anteil der Milizsoldaten am KIOP-Kontingent?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Das wird jetzt im Zuge der gesamten Reform zu entwickeln sein. Wir haben derzeit keine Milizsoldaten vorge­sehen. Vorgesehen für den Einsatz bei KIOP sind einerseits die Berufssoldaten und andererseits militärische Personen auf Zeit, und zwar auf drei bis sechs Jahre, die natürlich ebenfalls dem Milizkaderpersonal zur Verfügung stehen. Wir werden aber im Zuge der Evaluierung Überlegungen anstellen, inwieweit die Miliz in die KIOP-Organi­sation miteingebunden wird.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Weitere Zusatzfrage? – Frau Dr. Lichtenecker, bitte.

 


Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Herr Minister! Wie hoch ist der Anteil der Frauen bei dieser Gruppe? Sind Sie mit der Anzahl der Bewer­bungen und dem Ausbildungsstand der Frauen zufrieden?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 26

Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich bin sehr froh darüber, dass wir für Frauen zum Heer verschiedene Initiativen gesetzt haben. Es ist eine eigene Gruppe installiert, die Anreizmöglichkeiten überlegt, um künftig mehr Frauen im Bundesheer zu haben. Die Möglichkeit, KIOP-Soldat zu werden, steht natürlich auch den Frauen offen. Die genaue Zahl weiß ich nicht, ich kann Sie Ihnen aber nachliefern; das mache ich sehr gerne.

Es ist natürlich in meinem Interesse, dass wir auch KIOP-Soldatinnen zur Verfügung haben werden.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Prutsch, bitte.

 


Bundesrat Günther Prutsch (SPÖ, Steiermark): Herr Minister! Fehlen noch SoldatIn­nen – großes I – gegenüber dem geplanten KIOP-Sollstand? Wenn ja, welche Gründe machen Sie dafür verantwortlich?

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 27

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Wir haben hinsichtlich der KIOP-Kräfte im Dezember des letzten Jahres eine Beschlussfassung herbeigeführt und sind nach einem halben Jahr schon auf einem sehr, sehr guten Weg. Ich habe bereits erwähnt, dass 1 866 freiwillige Meldungen vorliegen. Auch den Frauen steht der Zu­gang offen. Wir werden gerade im Hinblick darauf, dass wir mehr Frauen im Bundes­heer haben wollen, in Bälde eine Information bekommen, welche Anreize wir den Frauen noch geben können.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen jetzt zur 8. Anfrage. Ich bitte Herrn Bundesrat Lindinger, die Frage zu verlesen.

 


Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Herr Minister! Meine Frage wurde schon beantwortet, und zwar im Zuge der Beantwortung einer Zusatzfrage des Kolle­gen Gudenus. Ich darf sie ein bisschen umformulieren, wenn dies gestattet ist:

Nach welchen Kriterien wird bei den Kasernenschließungen vorgegangen? (Bundesrat Weiss: Nein, das geht nicht!)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Kollege Lindinger! Umformulieren könnten Sie Ihre vorgesehene Zusatzfrage. Es heißt in der Geschäftsordnung eindeu­tig: Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Ewald Lindinger (fortsetzend): Wird für das betroffene Kasernenpersonal ein Sozialplan ausgearbeitet beziehungsweise kommt es zu Frühpensionierungen nach Kasernenschließungen?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Kollege, es tut mir Leid. Die Frage, die eingebracht wurde, lautet: „Welche Kasernen werden im Zuge der Umsetzung der Bundesheerreform geschlossen beziehungsweise verkauft?“

Wenn der Herr Bundesminister freundlicherweise zunächst darauf Antwort gibt, können Sie die Zusatzfrage stellen.

 


Bundesrat Ewald Lindinger (fortsetzend): Herr Minister!

1353/M-BR/2004

 


„Welche Kasernen werden im Zuge der Umsetzung der Bundesheerreform geschlos­sen beziehungsweise verkauft?“

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich beantworte die Frage sehr gerne. Sie konnten natürlich nicht wissen, dass diese Frage schon gestellt und auch beantwortet wurde.

Ich bitte Sie um Verständnis – ich würde Sie auch einladen, das in den Regionen so zu vertreten –, wenn ich sage, dass es völlig unkorrekt und unseriös wäre, jetzt einzelne Standorte in Frage zu stellen. Das ist jetzt ein Zeitraum der Unschärfe, und so lange ein Zeitraum der Unschärfe ist, soll man keine Verunsicherung betreiben.

Lassen Sie uns jetzt, im Jahr 2004, die Planung durchführen, und dann werden wir die Standortfragen vor allem mit den Ländern zu diskutieren haben.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Zusatzfrage? – Bitte.

 


Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Wird für das betroffene Kader­personal ein Sozialplan ausgearbeitet beziehungsweise kommt es zu Frühpensionie­rungen?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Das hat jetzt nicht unmit­telbar mit der Hauptfrage zu tun, aber ich werde die Frage beantworten.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Unser Ziel ist es, dass alle Bediensteten und Sol­daten im österreichischen Bundesheer auch in der neuen Organisation und Struktur ihren Arbeitsplatz haben werden. – Das ist Zielsetzung Nummer 1.

Zweitens werden wir, wenn auf Grund von Kasernenschließungen Versetzungen not­wendig sind, über alle anderen Schritte das Einvernehmen mit Personalvertretung und Gewerkschaft herstellen.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Der letzte Satz des Herrn Bundesministers hat es ermöglicht, dass ich sagen kann, die Zusatzfrage hat doch einen Bezug auf die erstgestellte Frage. – Herzlichen Dank, Herr Bundesminister!

Ich darf die Gelegenheit gleich nutzen und sagen: Wenn Zusatzfragen gestellt werden, dann müssen sie natürlich in Bezug auf die gestellte Erstfrage stehen.

Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Gansterer, bitte.

 


Bundesrätin Michaela Gansterer (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minis­ter! Wenn Liegenschaften verkauft werden müssen, was wird dann mit den Einnahmen passieren?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Wir haben ein ehrgeizi­ges Ziel: Es kann nicht sein, dass wir Liegenschaften veräußern und das österrei­chische Bundesheer keinen Mehrwert, keinen finanziellen Mehrwert hat! Daher meine engagierte Zielsetzung, dass wir die Erlöse aus den Liegenschaften für die Reform, für die Anschubreform zur Verfügung haben werden. Diesbezüglich gibt es derzeit Ge­spräche mit dem Finanzministerium.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

 


Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Zellot, bitte.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 28

Bundesrat Roland Zellot (Freiheitliche, Kärnten): Herr Bundesminister! Noch einmal zu den Kasernenschließungen, die nicht ausgeschlossen sind: Welche grundlegenden Auswahl- und Prüfkriterien sind für die geplanten Standortschließungen relevant?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Relevant sind die neuen Strukturen und die Organisationsabläufe des österreichischen Bundesheeres, die oberstes Ziel sind, damit wir eine Struktur einnehmen können, die das österreichische Bundesheer in eine Richtung lenkt, die es effizienter, internationaler und professionel­ler werden lässt. Das ist auch im Interesse der Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher und hat daher ganz oben zu stehen.

Das sind die zu erbringenden Parameter, und dann werden wir die Verhandlungen auch mit den Ländern führen und Entscheidungen treffen.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Die dritte Zusatzfrage stellt Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Herr Minister, es dreht sich heute alles wie ein Ringelspiel um die einzelnen Fragen, und deshalb versuche ich es jetzt wieder einmal von einer anderen Seite. Ich verstehe Ihre Prioritäten in Richtung Sicherheit, aber am Beispiel Salzburg oder am Beispiel Stockerau, wo das nicht gelungen ist, haben wir ja gesehen, dass es hier offensichtlich noch anderer Prioritäten bedarf.

Abgesehen von der Sicherheit – kennen Sie noch andere Prioritäten, die Sie dafür her­anziehen?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Als Verteidigungsminister bin ich für die Sicherheit zuständig, nicht nur in Österreich, sondern vor allem auch für die Sicherheit im Umfeld Österreichs, und ein Mehr an Sicherheit im Umfeld Öster­reichs bedeutet auch ein Mehr an Sicherheit für Österreich. Und das – das ist meine absolute Zielsetzung – ist die Kernaufgabe des österreichischen Bundesheeres, und mit dieser Kernaufgabe des österreichischen Bundesheeres werden wir uns insbeson­dere zu beschäftigen haben.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 9. Anfrage, die Herr Bundesrat Saller stellt. Ich bitte um die Verle­sung.

 


Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1348/M-BR/2004

„Bei welchen Missionen ist das österreichische Bundesheer zurzeit im Ausland vertre­ten?“

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich habe mir das heute noch genau angesehen, damit ich eine exakte Zahl nennen kann. Heute, mit Stand 1. Juli 2007 – nein, 2004; ich bin schon viel weiter, ich habe die Nationalratswahlen bereits vorbeigehen lassen (Heiterkeit) –, also mit Stand 1. Juli 2004 haben wir exakt 1 086 Soldaten im Auslandseinsatz, wobei wir den Schwerpunkt Südosteuropa gewählt haben. Ich habe vorhin gesagt, ein sicheres Umfeld ist für Österreich notwendig.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 29

Im Kosovo sind derzeit 538 österreichische Soldatinnen und Soldaten im Einsatz – es wird eine Aufstockung auf 600 erfolgen –; weiters 149 in Bosnien-Herzegowina, wohin ich erst kürzlich, genau vorige Woche, 135 Soldaten verabschiedet habe.

Darüber hinaus ist Österreich beteiligt an Missionen in Syrien, auf dem Golan: 370 ös­terreichische Soldatinnen und Soldaten sind dort, wobei wir heuer eine 30-Jahr-Feier haben: Österreichische Soldaten sind bereits 30 Jahre lang auf dem Golan im Einsatz. Darüber hinaus: In Afghanistan haben wir 4 Stabsmitglieder im Hauptquartier; in Zypern 6 Stabsmitglieder – und darüber hinaus hat Österreich in verschiedenen Län­dern 19 Militärbeobachter.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage, Herr Bundesrat? – Bitte.

 


Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wie werden die Erfahrungen österreichischer Soldaten bei Auslandseinsätzen international bewertet?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Die Qualität unserer Sol­datinnen und Soldaten ist hervorragend. Ich konnte bei vielen internationalen Besu­chen und Kontakten feststellen, dass Österreich und seine Soldaten hohes Ansehen haben.

Man darf nicht vergessen: Durch diese besondere Qualität unserer Soldaten – öster­reichische Soldaten sind ja seit über 40 Jahren bei internationalen Missionen dabei – erfährt unser Land hohes internationales Ansehen, und daher: Ich kann den Soldatin­nen und Soldaten Österreichs nur das beste Zeugnis ausstellen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Weilharter. – Bitte.

 


Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Welche speziellen sicherheitstechnischen Maßnahmen wurden in letzter Zeit für unse­re Soldaten im Auslandseinsatz geschaffen?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Das ist überhaupt bei­nahe die wichtigste Frage, denn klar ist: Wenn Österreich Soldatinnen und Soldaten zu Friedensmissionen, zu Auslandseinsätzen entsendet, haben wir, und zwar nicht nur das österreichische Bundesheer, sondern die gesamte Republik Österreich, dafür Sorge zu tragen, dass unsere Soldatinnen und Soldaten das beste Gerät, die beste Ausrüstung haben. Aus diesem Grund habe ich mit dem Herrn Finanzminister die Ver­einbarung getroffen, dass wir 2003 und 2004 17 Millionen € zusätzlich zur Verfügung gestellt bekommen, damit eben Österreichs Soldatinnen und Soldaten eine noch bessere Ausrüstung, noch besseres Gerät haben werden, gerade auch im Hinblick auf die Schwerpunktsetzung Südosteuropa – mehr österreichische Soldatinnen und Solda­ten im Kosovo beziehungsweise in Bosnien.

Zur Beschaffung: Über 10 000 neue Kampfanzüge werden angeschafft, und wir wer­den gut gepanzerte und wendige Fahrzeuge zur Verfügung haben, damit die bestmög­liche Sicherheit für unsere Soldatinnen und Soldaten im Ausland gegeben ist.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

 


Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Konrad, bitte.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 30

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Streben Sie mehrere Missionen insbesondere in Kriseneinsatzgebieten, wie zum Beispiel in Afghanistan, an?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Sowohl die Frau Außen­ministerin als auch ich als Verteidigungsminister haben bereits mehrmals klar zum Ausdruck gebracht, dass Priorität die Weiterentwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik haben wird, dass unsere Priorität Südosteuropa heißt, also Kosovo und Bosnien-Herzegowina, wofür auch mehr österreichische Soldaten zur Ver­fügung stehen werden. Das ist die absolute Priorität, die wir haben.

Natürlich wird Österreich da und dort auch bei anderen Missionen dabei sein, und das ist auch notwendig. Voraussetzung ist selbstverständlich ein UN- beziehungsweise ein OSZE-Mandat. Wichtig ist jedenfalls, dass ein Einsatz im Einzelfall national entschie­den wird – und dass selbstverständlich auch in Hinkunft der Gesetzgeber über einen solchen Einsatz zu entscheiden hat. Und wichtig ist darüber hinaus, rasche politische Entscheidungen zu treffen, damit in einem Krisenfall so rasch wie möglich Verstär­kungskräfte zu solchen Auslandseinsätzen entsendet werden können.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Prutsch, bitte.

 


Bundesrat Günther Prutsch (SPÖ, Steiermark): Herr Minister, dazu meine Frage: Planen Sie eine Teilnahme an der ständig strukturierten Zusammenarbeit und der engeren Zusammenarbeit im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidi­gungspolitik? (Vizekanzler Gorbach betritt den Saal.)

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 31

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich begrüße den Herrn Vizekanzler!

Was Ihre Frage anlangt, Herr Bundesrat, muss man folgende Unterscheidung treffen: Strukturierte Zusammenarbeit ist nicht gleich engere Zusammenarbeit! Strukturierte Zusammenarbeit heißt, dass man bei anspruchsvolleren Einsätzen vorwiegend im EU-Ausland mit dabei sein wird. Da geht es natürlich immer wieder um die Mandatie­rungen – Punkt 1 –, und zweitens muss stets die nationale Gesetzgebung damit befasst sowie die Verfassungslage eingehalten werden.

Zur engeren Zusammenarbeit: Bei der engeren Zusammenarbeit geht es um die so genannte Beistandsverpflichtung, was richtig und gut ist – wir erwarten uns ja ebenfalls Beistand, wenn wir in eine schwierige Situation geraten sollten –, wobei dazu in der EU-Verfassung vorgesehen ist, dass dabei die einzelnen nationalen Kriterien sowie die jeweilige Gesetzeslage berücksichtigt werden müssen.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 10. Anfrage, die Frau Bundesrätin Ebner stellt. Ich bitte um die Formulierung der Frage.

 


Bundesrätin Adelheid Ebner (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesmi­nister, meine Frage lautet:

1354/M-BR/2004

 


„Planen Sie eine Beteiligung von österreichischen Soldaten an ,internationalen Einsät­zen‘ ohne UNO- oder OSZE-Mandat?“

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Nein!

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zusatzfrage, Frau Bundesrätin Ebner? – Wird nicht gewünscht.

Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Diesner-Wais, bitte.

 


Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sind Mandate der internationalen Organisationen Grundlage für die Entsendung österreichischer Soldaten gemäß dem Bundesverfassungsgesetz über Kooperation und Solidarität?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ja! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen zur nächsten Zusatzfrage, die Herr Bundesrat Weilharter stellt.

 


Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Wird es im Rahmen der umfassenden Sicherheitsvorsorge zu einer vermehrten Teil­nahme an internationalen Einsätzen kommen?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich wollte ganz bewusst auf diese beiden Fragen eine klare Antwort geben, denn ein klares Ja oder ein klares Nein sagen oft mehr aus als tausend Worte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.) Gerade in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik sind klare Aussagen not­wendig!

Die nächste klare Antwort: Ja, weil Österreich eine völlig andere Bedrohungslage hat, als das früher der Fall war, als unser Land sozusagen zwischen den Fronten, zwischen dem Ost-West-Konflikt stand. – Jetzt ist eine Bedrohung in die Richtung zu sehen, dass es terroristische Angriffe, dass es Ordnungs- und Staatsverfall geben könnte und dass eben Krisen zu erwarten sind, die es früher nicht gab.

Das heißt weiters, dass Österreich seine Verteidigungspolitik ändern muss: Neben den wichtigen Aufgaben im Inland müssen wir vermehrt – im Konzert der Europäischen Union – die Umgebung, das Umfeld perfekt absichern. Und: Auslandseinsätze in Bos­nien-Herzegowina etwa bedeuten mehr Sicherheit in Österreich! Wenn wir das nicht machen, dann werden wir beispielsweise Probleme in der Flüchtlingsfrage bekommen, Probleme, die jeder Bürger/jede Bürgerin Österreichs zu spüren bekäme.

Daher bitte ich um Verständnis dafür, dass mehr Auslandseinsätze – wobei selbst­verständlich Aufgaben im Inland nicht vernachlässigt werden dürfen – von enormer Bedeutung für die Sicherheit Österreichs sind.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur letzten Zusatzfrage, die Frau Bundesrätin Konrad stellt.

 


Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Planen Sie, im gesamten Spektrum der Petersberg-Aufgaben SoldatInnen einzusetzen?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich plane, dass österrei­chische Soldatinnen und Soldaten eben im Rahmen verfassungsrechtlicher Möglichkei­ten bei diversen Einsätzen mit dabei sind, wobei man sich auch da natürlich stets an


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 32

die Verfassung zu halten hat, konkret an den Artikel 23f B-VG, sodass da schon die Möglichkeit besteht, dass wir uns sozusagen im gesamten Spektrum der Petersberg-Aufgaben bewegen können.

Wenn anspruchsvollere Einsätze notwendig sind und diesbezügliche Anfragen an Österreich gerichtet werden – nochmals: sofern die entsprechenden Mandatierungen gegeben sind –, wird die österreichische Politik zu überlegen haben, ob dieser oder jener Einsatz Sinn macht. Mein Ziel ist es, gerade bei solchen Auslandsmissionen eine breite Zustimmung seitens des Gesetzgebers zu bekommen.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister. Wir sind damit am Ende der Fragestunde, die sogar weniger als eine Stunde gedauert hat. Vorgese­hen hatten wir 120 Minuten. Aber bei derart präzisen Antworten kommt man auch mit einer Stunde aus. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben damit die Fragestunde beendet.

Einlauf

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Hinsichtlich der eingelangten, entsprechend vervielfältigten und verteilten Anfragebeantwortungen mit den Zahlen 1999/AB bis 2005/AB beziehungsweise jenes eingelangten Verhandlungsgegenstandes, der gemäß Artikel 42 Abs. 5 des Bundes-Verfassungsgesetzes nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegt, sowie des Schreibens des Bundespräsidenten betreffend seine Entschließung gemäß Artikel 39 Abs. 1 B-VG und eines weiteren Schreibens des Bundeskanzlers betreffend Amtsenthebung eines Mitgliedes der Bundesregierung und eines Staatssekretärs unter gleichzeitiger Ernennung eines Mitgliedes der Bundes­regierung und eines Staatssekretärs verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Der 2. Teil der schriftlichen Mitteilungen hat folgenden Wortlaut:

Beschluss des Nationalrates, der gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwir­kungsrecht des Bundesrates unterliegt:

Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Garantiegesetz 1977 geändert wird (388/A und 528/NR der Beilagen).

Schreiben des Bundespräsidenten betreffend seine Entschließung gemäß Arti­kel 39 Abs. 1 B-VG:

„Der Bundespräsident

Wien, am 22. Juni 2004

Sehr geehrter Herr Vorsitzender!

Anbei übermittle ich die Abschrift meiner Entschließung, mit der ich gemäß Artikel 39 Absatz 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes die Bundesversammlung für den 8. Juli 2004 um 11.00 Uhr einberufen habe. U.e. habe ich den Präsidenten des Nationalrates Dr. Andreas Khol informiert.

Das Original der Entschließung wurde dem Herrn Bundeskanzler zur Gegenzeichnung übermittelt.

Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung

Thomas Klestil

*****


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 33

Herrn

Präsidenten Jürgen Weiss

Vorsitzender der Bundesversammlung

Parlament

1017 Wien

GZ 102.0001l-BEV/2004

Auf Vorschlag der Bundesregierung vom 15. Juni 2004 berufe ich gemäß Artikel 39 Absatz 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes die Bundesversammlung für den 8. Juli 2004 um 11.00 Uhr mit der Tagesordnung „Angelobung des neu gewählten Bundes­präsidenten" ein.

Wien, am 22. Juni 2004

Klestil“

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Amtsenthebung eines Mitgliedes der Bundesregierung und eines Staatssekretärs unter gleichzeitiger Ernennung eines Mitgliedes der Bundesregierung und eines Staatssekretärs:

„Republik Österreich

Dr. Wolfgang Schüssel

Bundeskanzler

An den

Präsidenten des Bundesrates

Jürgen Weiss

Parlament

1017 Wien

Wien, am 25. Juni 2004

GZ 350.000/0002-IV/8/04

Sehr geehrter Herr Präsident!

Ich beehre mich mitzuteilen, dass der Herr Bundespräsident mit Entschließung vom 25. Juni 2004, Zl. 300.000/1-BEV/04, gemäß Artikel 74 Absatz 3 Bundes-Verfassungs­gesetz den Bundesminister für Justiz Dr. Dieter BÖHMDORFER sowie den Staatssek­retär im Bundesministerium für Gesundheit und Frauen Universitätsprofessor Dr. Rein­hart WANECK vom Amt enthoben hat.

Gleichzeitig hat der Herr Bundespräsident auf meinen Vorschlag gemäß Artikel 70 Absatz 1 Bundes-Verfassungsgesetz Frau Mag. Karin MIKLAUTSCH zur Bundesminis­terin für Justiz und Herrn Mag. Eduard MAINONI zum Staatssekretär im Bundesminis­terium für Verkehr, Innovation und Technologie ernannt.

Mit besten Grüßen

Wolfgang Schüssel“

*****

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 34

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters gebe ich bekannt, dass der Herr Vizekanzler gemäß § 37 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Bundesrates seine Absicht bekundet hat, eine Erklärung zum Thema „Personelle Veränderungen in der Bundes­regierung“ abzugeben. Diese steht als Punkt 2 auf der Tagesordnung.

Es liegt mir ein von fünf Bundesräten unterzeichnetes schriftliches Verlangen im Sinne des § 37 Abs. 5 der Geschäftsordnung des Bundesrates vor, im Anschluss an die vom Herrn Vizekanzler abgegebene Erklärung eine Debatte durchzuführen. Da dieses Ver­langen genügend unterstützt ist, werde ich ihm ohne weiteres stattgeben.

Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eingelangt und von mir zugewiesen sind jene Beschlüsse des Nationalrates sowie jene Vorlagen der Bundesregierung oder ihrer Mitglieder, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet. Ich habe diese Vorlagen und die Wahl der beiden Vize­präsidenten sowie der Schriftführer und Ordner für das zweite Halbjahr 2004 auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Auf Grund eines mir zugekommenen Vor­schlages beabsichtige ich, die Debatte über die Punkte 3 und 4, 5 bis 7, 12 bis 14, 15 bis 18 sowie 19 und 20 der Tagesordnung jeweils unter einem zu verhandeln.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Dies ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorge­hen.

1. Punkt

Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 2. Halbjahr 2004

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt.

Nachdem mit 1. Juli 2004 der Vorsitz im Bundesrat auf das Bundesland Wien überge­gangen und gemäß Artikel 36 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die an erster Stelle entsandte Vertreterin dieses Bundeslandes zum Vorsitz berufen ist, sind die übrigen Mitglieder des Präsidiums des Bundesrates gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates für das kommende Halbjahr neu zu wählen.

Ich werde die Wahl der beiden Vizepräsidenten durch Erheben von den Sitzen vor­nehmen lassen.

Wir gehen nunmehr in den Wahlvorgang ein und kommen zur Wahl des ersten zu wäh­lenden Vizepräsidenten des Bundesrates.

Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hiefür der ÖVP-Fraktion das Vorschlagsrecht zu.

Es liegt hiefür ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrat Jürgen Weiss lautet.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 35

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahlvor­schlag ist somit angenommen.

Ich darf den Gewählten fragen, ob er die Wahl annimmt.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich nehme die Wahl an und bedanke mich bei Ihnen für das Vertrauen. (Allgemeiner Beifall.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke vielmals, Herr Vizepräsident. Ich möchte aber gleich anschließen, dass wir nicht nur dafür danken, dass Sie die Wahl als Vizepräsident angenommen haben, sondern wir danken auch für all das, was Sie als Präsident dieses Hauses geleistet haben. (Allgemeiner Beifall.)

Wir kommen nunmehr zur Wahl des zweiten Vizepräsidenten des Bundesrates.

Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hiefür der SPÖ-Fraktion das Vorschlagsrecht zu.

Es liegt hiefür ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrat Mag. Georg Pehm lautet.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Ich stelle die Stimmeneinhelligkeit fest. Der Wahl­vorschlag ist somit angenommen.

Ich frage den Gewählten, ob er die Wahl annimmt.

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Ja, ich nehme die Wahl gerne an und danke Ihnen allen für das Vertrauen. (Allgemeiner Beifall.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke Ihnen für die Annahme der Wahl und freue mich auf eine gute Zusammenarbeit.

Wir kommen nun zur Wahl der Schriftführer.

Es liegt mir der Wahlvorschlag vor, die Bundesrätinnen Ilse Giesinger, Johanna Auer und Sissy Roth-Halvax für das zweite Halbjahr 2004 zu Schriftführerinnen des Bun­desrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich diese Wahl unter einem vor und bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit.

Ich darf die drei Genannten fragen, ob sie die Wahl annehmen. – Ich beginne mit Frau Ilse Giesinger.

 


Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Ich nehme die Wahl gerne an und danke Ihnen allen für das Vertrauen. (Allgemeiner Beifall.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke. – Frau Bundesrätin Auer.

 


Bundesrätin Johanna Auer (SPÖ, Burgenland): Ich schließe mich Ilse Giesinger an: Ich nehme die Wahl an und danke gleichfalls für das Vertrauen. (Allgemeiner Beifall.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke. – Frau Bundesrätin Roth-Halvax.

 


Bundesrätin Sissy Roth-Halvax (ÖVP, Niederösterreich): Ich nehme die Wahl gerne an und danke für Ihr Votum. (Allgemeiner Beifall.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke vielmals.

Wir kommen nunmehr zur Wahl der Ordner.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 36

Es liegt mir der Wahlvorschlag vor, die Mitglieder des Bundesrates Dr. Franz Eduard Kühnel, Karl Boden, Engelbert Weilharter und Elisabeth Kerschbaum für das zweite Halbjahr 2004 zu Ordnern des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich auch diese Wahl unter einem vor.

Ich bitte jetzt jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich darf die Gewählten fragen, ob sie die Wahl annehmen. – Herr Dr. Kühnel.

 


Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Ich danke für das Vertrauen und nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke. – Herr Bundesrat Boden.

 


Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Ich danke und nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke. – Herr Bundesrat Weilharter.

 


Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Ich danke für die Zustim­mung und nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke. – Frau Bundesrätin Kerschbaum.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Ich danke für das Vertrauen und nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke. – Wir haben somit alle unsere Ver­pflichtungen, um unser Haus zu bestellen, wahrgenommen und verfügen nun über ein voll handlungsfähiges Präsidium.

Ich darf Sie noch kurz um Aufmerksamkeit bitten.

Antrittsansprache der Präsidentin

 


10.09

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Gestern vor einem Jahr ist der Österreich-Konvent konstitu­iert worden. Die Bandbreite der Erwartungen ist Ihnen so bekannt wie mir. Ob die Zwi­schenberichte, die jetzt vorliegen, den verschiedenen Erwartungen entgegenkommen, ist schwer zu beurteilen, sind es doch in vielen Fällen nur Auflistungen der mannigfalti­gen Vorschläge.

Es gibt Vorschläge, mit denen wir uns auseinander setzen müssen, deren Konsequen­zen wir genau bedenken müssen, denn Regelungen, die unser demokratisches Sys­tem betreffen, betreffen doch in Wirklichkeit jeden Einzelnen.

Mitbestimmung, meine Damen und Herren, ist das zentrale Element der Demokratie. Ich frage daher: Ist es unter diesem Gesichtspunkt vertretbar, zum Beispiel für kleinere Vertretungskörper einzutreten? Die Frage, die sich hier stellt, ist: Will ich, dass sich die pluralistische Gesellschaft in parlamentarischen Gremien widerspiegelt, oder bevor­zuge ich ein System, das von vornherein auf starker Mehrheit beruht? Letzteres setzt hohe demokratische Reife voraus, gepaart mit der Gewissheit, bei nächsten Wahlen die Mehrheitsverhältnisse komplett umdrehen zu können – ein System, das im anglika­nischen Parlamentarismus selbstverständlich ist.

Wir aber und die große Mehrheit demokratischer Staaten bevorzugen das proportio­nale System. Das verlangt aber logischerweise faire Chancen für kleine wahlwerbende


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 37

Gruppen, es braucht eine niedrige Einstiegsschwelle und eine entsprechende Anzahl von zu vergebenden Mandaten.

Meine Damen und Herren! Für den Bundesrat werden immer verschiedenste Konzepte in Diskussion gebracht. Eines davon besagt, dass der Bundesrat in seiner Meinungs­bildung an andere Gremien gebunden werden soll. Es wird Sie nicht überraschen, wenn ich hier zum wiederholten Male dem in aller Deutlichkeit widerspreche, denn per­sönlich – und das ist jetzt meine persönliche Sichtweise – sehe ich die Zukunft des Bundesrates darin, dass die Bundesräte zum Beispiel im Rahmen einer Landtagswahl direkt gewählt werden, denn dieses verstärkte Persönlichkeitselement bedingt natürlich die Beibehaltung des Grundsatzes des freien Mandats.

Um jedoch die Verbundenheit der Bundesräte mit dem jeweiligen Land zu stärken, sind neue Formen der Zusammenarbeit mit den Landtagen wünschenswert. Hier sollten wir überlegen, wie wir gemeinsam Vorschläge ausarbeiten können, nicht zuletzt im Hin­blick auf das vorgesehene Subsidiaritätstestverfahren, das im Entwurf der EU-Verfas­sung festgelegt ist.

Meine Damen und Herren! Nicht nur innerösterreichisch müssen Überlegungen über unsere zukünftige Stellung angestellt werden, sondern auch im europäischen Kontext ist unsere Stellung zu definieren. Der letzte Europäische Rat hat sich auf einen Verfas­sungsentwurf für die Europäische Union geeinigt. Davon sind auch die nationalen Par­lamente betroffen, denen ein Mehr an Mitwirkung ermöglicht werden soll. Der Bundes­rat muss diese Chance nützen, und wir sollten uns rechtzeitig darüber im Klaren sein, welche der beiden Kammern unseres Parlaments welchen Beitrag zum Nutzen der Republik Österreich dazu leisten kann.

So könnten wir zum Beispiel einen ständigen Gedankenaustausch mit dem Ausschuss der Regionen pflegen, denn rasche Informationen über politische Schwerpunkte der Europäischen Union im Bereich der Regionen sind wichtig für eventuelle Entscheidun­gen im Bundesrat beziehungsweise in seinem EU-Ausschuss.

Neben der zu klärenden Frage des Ratifikationsmodus für die zukünftige EU-Ver­fassung ist vor allem rasch eine Regelung zu finden, die die vorgesehenen Stel­lungnahmerechte der nationalen Parlamente auch handhabbar macht. Wieweit Mög­lichkeiten, die durch Artikel 23e Bundes-Verfassungsgesetz gegeben sind, ausreichen, ist raschest zu überprüfen. Eine daraus resultierende vorurteilsfreie Zusammenarbeit der Fraktionen für beide Häuser, um beste Lösungen zu finden, wäre aus meiner Sicht sehr zu begrüßen.

Um die beste Lösung zu finden, bedarf es nicht nur einer innerstaatlichen Diskussion, es braucht auch Kontakte mit den Nachbarn und gleichgesinnten EU-Mitgliedsländern.

Der Bundesrat, vertreten durch Präsidenten, Ausschussvorsitzende oder entsprechen­de Delegierte, nimmt diese Möglichkeiten durch Teilnahme an den verschiedensten Konferenzen ja bereits wahr.

Wir müssen einen Weg finden, wie wir rascher zu Informationen kommen, die euro­päische Vorhaben betreffen. Das gegenwärtige System der Information seitens der Regierung ist nicht befriedigend, denn unser System nimmt nicht Rücksicht darauf, was von Wichtigkeit beziehungsweise was bereits in der Pipeline ist und daher als dringend einzustufen ist. Eine Verstärkung des interparlamentarischen Informations­systems hat sich als notwendig erwiesen und ist dankenswerterweise seitens unserer Parlamentsverwaltung bereits in Vorbereitung.

Meine Damen und Herren! Neben der europäischen Dimension möchte ich aber auch ausdrücklich auf unser Verlangen nach früher Einbindung des Bundesrates in das innerstaatliche Gesetzgebungsverfahren hinweisen. Wir fordern zum wiederholten


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 38

Male das so genannte Stellungnahmeverfahren. Dieses Verfahren könnte so manche gesetzliche Regelung, die zu Lasten der Länder geht, im Sinne eines ernst gemeinten Föderalismus verhindern oder zumindest entschärfen. (Allgemeiner Beifall.)

Leider müssen wir immer wieder feststellen, dass sich die Einrichtung des Konsultati­onsmechanismus als zahnlos herausgestellt hat, denn das partnerschaftliche Element in der Vereinbarung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden wird seitens des Bundes oft nicht beachtet. Daher meine ich, dass das Stellungnahmeverfahren für den Bundes­rat eine echte Bereicherung unseres demokratischen Systems wäre.

Meine Damen und Herren! Jedes Mehr an Demokratie ist zu wagen, denn nur so wer­den wir die Menschen überzeugen können, dass es sich lohnt, an Entscheidungen mitzuwirken. Niedrige Wahlbeteiligungen zu beklagen ist zu wenig. Wir müssen den Menschen beweisen, dass es direkte oder indirekte glaubhafte Möglichkeiten zur Mit­gestaltung unseres Gemeinwesens gibt und dass es sich lohnt, sich zu beteiligen.

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, verspreche ich, im kommenden Halbjahr den Wiener Vorsitz gemeinsam mit den Vizepräsidenten und den Mitgliedern der Prä­sidiale und der bewährten Unterstützung des Bundesratsdienstes gewissenhaft auszu­üben. – Ich danke Ihnen. (Allgemeiner Beifall. – Bundesrat Konecny: Zur Geschäfts­behandlung!)

10.18

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesrat Konecny.

 


10.18

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsi­dentin! Hoher Bundesrat! Ich möchte Sie darüber informieren – und das ist ein zufälli­ges Zusammentreffen –, dass der Verfassungsausschuss des Nationalrates auf Initia­tive seines Vorsitzenden Dr. Peter Wittmann dankenswerterweise in seiner Sitzung am Dienstag die beiden von uns einstimmig getragenen Anträge Stellungnahmeverfahren und Teileinspruchsrecht sowie den von mir und meinen Fraktionskollegen eingebrach­ten Gesetzesantrag Verbot der Geschenkannahme von Regierungsmitgliedern in Ver­handlung genommen hat.

Ich möchte aber gleichzeitig den Bundesrat darüber informieren, dass ein Antrag der sozialdemokratischen Fraktion, je einem Mitglied der Fraktionen des Bundesrates die Möglichkeit zu geben, dort als Auskunftspersonen an den Verhandlungen des Verfas­sungsausschusses teilzunehmen, von der Regierungsmehrheit in diesem Ausschuss niedergestimmt wurde. Ich betrachte das als Ausdruck einer Missachtung der zweiten parlamentarischen Kammer durch die Mehrheit des Nationalrates und werde mir gestatten, die Präsidialkonferenz mit diesem Skandal zu befassen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Uh-Rufe bei der SPÖ.)

10.20

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesrat Konecny! Es hat sich hier durchaus um interessante und wichtige Informationen gehandelt. Was es mit der Geschäftsordnung zu tun hatte, werden wir noch überprüfen, sage ich einmal so. (Bun­desrat Bieringer: Nichts!) Wir werden bei der nächsten Präsidiale die Meinungen ein­holen.

2. Punkt

Erklärung des Vizekanzlers gemäß § 37 Abs. 4 GO-BR zum Thema „Personelle Veränderungen in der Bundesregierung“

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 39

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tages­ordnung.

Ich begrüße dazu Herrn Vizekanzler Hubert Gorbach und erteile dem Herrn Vizekanz­ler zur Abgabe seiner Erklärung zur Regierungsumbildung das Wort. – Bitte.

 


10.20

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses hier im österreichischen Bundesrat! Ich wollte es mir nicht nehmen lassen, gleich in der ersten Sitzung des Bundesrates nach der Umbildung der Bundesregie­rung eine kurze Erklärung hier abzugeben, möchte aber vorweg die Gelegenheit dazu nützen, allen heute hier im Bundesrat Gewählten, insbesondere den beiden Vizepräsi­denten, aber auch den Schriftführerinnen und Ordnern recht herzlich zu ihrer Wahl zu gratulieren, und viel Spaß und Freude – das gehört auch dazu – und damit Erfolg für Rotweißrot, für unsere Republik bei dieser ihrer Tätigkeit zu wünschen! (Allgemeiner Beifall.)

Als Vizekanzler der Republik Österreich freut es mich, Ihnen eine Erklärung abgeben zu dürfen über die Umbildung der Bundesregierung, die notwendig geworden ist durch den Rücktritt von Justizminister Dr. Böhmdorfer. (Auf dem Dach des Bundesratssaales werden Bohrgeräusche laut. – Bundesrat Konecny: Ist das der Stadler?)

Wir haben innerhalb unseres Teams ein Feintuning vorgenommen – mit dem Ziel, in der Mitte dieser Legislaturperiode Schwerpunkte neu zu definieren beziehungsweise zu setzen. Ich bedauere sehr – sie selbst tut das auch –, dass die neue Justizministerin Mag. Karin Miklautsch heute nicht hier im Bundesrat sein kann, weil sie bei einem Festakt anlässlich der 150-Jahrfeier des Oberlandesgerichtes Linz ihre Justizkollegen kennen lernen möchte beziehungsweise dort als neue Justizministerin vorgestellt wird. Ich bitte also – auch im Namen der Frau Bundesministerin – um Verständnis dafür! Mag. Miklautsch hat mir aber mitgeteilt, dass sie sich sehr gerne bei der nächsten Bundesratssitzung persönlich bei Ihnen vorstellen und für Fragen ihr Ressort betref­fend zur Verfügung stehen wird.

Frau Justizministerin Mag. Karin Miklautsch stellt das dar, was deren Vorgänger sich gewünscht hat, nämlich eine Verjüngung innerhalb des freiheitlichen Regierungs­teams, und sie ist, wie Sie wissen, die erste weibliche Justizministerin unserer Repub­lik; damit übrigens die siebente innerhalb der Europäischen Union.

Wie meine Kollegin, Frau Staatssekretärin Ursula Haubner, richtig gesagt hat, ist das ein starkes Signal auch an die Frauen, die dadurch eine wichtige Position in unserer Republik, eben in Person der Justizministerin, einnehmen.

Kurze Vorstellung: Karin Miklautsch studierte Rechtswissenschaften an der Uni Inns­bruck, beschäftigt sich seit einigen Jahren mit dem Thema „New Public Management“, ein Fachwissen, welches für eine nunmehrige leitende Position innerhalb unserer Republik sicherlich von Vorteil ist, wie das ja auch in der bisherigen Tätigkeit von Frau Mag. Miklautsch der Fall war.

Karin Miklautsch war nach ihrem Gerichtsjahr drei Jahre lang in einer Rechtsanwalts­kanzlei tätig – in der freien Wirtschaft also –, war dann 13 Jahre lang in leitender Posi­tion in der Kärntner Landesregierung tätig und hat sich dort besonders dem Umwelt­recht und der Verwaltungsreform gewidmet. Karin Miklautsch hat, wenn Sie so wollen, Verwaltungsrecht ge- und erlebt und wird sicherlich einen Schwerpunkt ihrer Tätigkeit diesem für die Bürgerinnen und Bürger Österreichs wichtigen Bereich widmen. Ich kann das nur unterstützen und freue mich, dass Mag. Miklautsch in ihren ersten State­ments als Justizministerin ausgeführt hat, dass sie die Juristerei leichter verständlich


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 40

und transparent für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes machen möchte. Ins­besondere möchte sich die neue Justizministerin für eine Beschleunigung der Verwal­tungsabläufe einsetzen.

Zu erwähnen ist weiters, dass Karin Miklautsch, die nunmehrige Justizministerin Öster­reichs, unser Land in verschiedenen internationalen Projekten vertreten hat; auch die­se internationale Erfahrung wird ihr sicherlich in ihrer neuen Tätigkeit zugute kommen.

Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte es nicht verabsäumen, auch hier im Bun­desrat dem bisherigen Justizminister Dr. Dieter Böhmdorfer für seine Leistungen recht herzlich zu danken (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP), aber nicht nur zu dan­ken, sondern ich möchte ihm auch dazu gratulieren, dass er sehr viele Dinge, die wich­tig sind, durch- und umgesetzt hat, so etwa die drastische Verschärfung des Sexual­strafrechtes, die Möglichkeit einer lebenslangen Haft für Drogenbosse, die Modernisie­rung des Außerstreitgesetzes, weiters die Verbesserung des Opferschutzes im Straf­prozess, ein neues Gesetz gegen Sozialbetrug durch Scheinfirmen, das in der Amts­zeit von Bundesminister Dr. Böhmdorfer geschaffen wurde – und vieles andere mehr.

Bundesminister Dr. Böhmdorfer hat gute Arbeit geleistet und, wenn man will, die Latte für seine Nachfolgerin hoch gelegt. Wiewohl die wichtigsten Dinge, die wir uns in dieser Regierungsperiode vorgenommen haben, durch Dieter Böhmdorfer, wie bereits er­wähnt, schon erledigt wurden, wird das für die neue Justizministerin natürlich Anlass und Anreiz sein, ähnlich gut wie ihr Vorgänger Dr. Böhmdorfer ihre Arbeit zu leisten: zum Wohle unserer Republik.

Lassen Sie mich aber, wenn ich schon beim Danken bin, diesen Dank auch ausweiten auf den bisherigen Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck. Dr. Reinhart Waneck war und ist ein Fachmann auf seinem Gebiet, er ist Röntgen-Facharzt, und er hat diese seine Kenntnisse immer eingebracht und die Gesundheitsministerin optimal unterstützt. Die Patienten waren Nutznießer davon, dass Dr. Waneck stets gewusst hat, wo diese der Schuh drückt, was die Patienten brauchen. Staatssekretär Dr. Waneck konnte sowohl im organisatorischen Bereich als auch im Bereich der Kostenreduktion einige sehr positive Dinge erreichen, und er hat seine Funktion als Staatssekretär im Gesundheits­ministerium optimal ausgefüllt. Herzlichen Dank auch an Dr. Reinhart Waneck! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Herrn Staatssekretär Mag. Eduard Mainoni in diesem Hause vorzustellen ist wohl nicht erforderlich, zumindest nicht im Detail. Eduard Mai­noni ist ja, wie Sie alle wissen, seit mehreren Jahren als Abgeordneter im Nationalrat tätig, auch als Verkehrssprecher der Freiheitlichen Partei. Eduard Mainoni kommt aus der Privatwirtschaft, war dort ein erfolgreicher Manager. Ich darf Ihnen sagen, dass dieses Profil gerade für mich sehr wichtig war, denn ich meine, dass in diesem umfang­reichen Ressort mit sehr vielen operativen Tätigkeiten, also nicht nur Gesetzgebung, Verordnungen und Ähnliches mehr, Erfahrungen im Management, Erfahrungen aus der Privatwirtschaft sehr positiv sind.

Ich freue mich, dass sich mit Staatssekretär Eduard Mainoni ein einerseits erfolgreicher Manager aus der Privatwirtschaft, andererseits aber ein sehr politischer Mensch mit dem notwendigen politischen Rüstzeug und dem notwendigen Engagement in meinem Ministerium, im Infrastrukturministerium, in nächster Zeit insbesondere den Themen Forschung und Entwicklung widmen wird. Sie wissen, meine Damen und Herren, dass der Nationalrat diesbezüglich eine Reform beschlossen hat, die es umzusetzen gilt, und diese Umsetzung wird Staatssekretär Mainoni ganz besonders verfolgen, wiewohl er aber auch in Verkehrsfragen unterstützend für mich als hiefür zuständigen Minister tätig sein wird.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 41

Ich freue mich, dass Mag. Mainoni auch in Bezug auf die wichtigen Fragen der Infra­struktur und gerade auch vor dem Hintergrund des größeren, des wachsenden Euro­pas mit vielen neuen Aufgaben, die da auf uns zukommen, in meinem Ressort unter­stützend tätig sein wird und dass Österreich eine deutliche Verstärkung einerseits im Forschungs- und Entwicklungsbereich, andererseits im Infrastrukturbereich und im Verkehrsbereich generell erfahren kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Wir werden ja noch Gelegenheit haben, über dieses Thema beziehungsweise auch über andere hier im Hohen Hause zu debattieren; Staatssekretär Mag. Eduard Mainoni steht jedenfalls schon heute, wenn es gewünscht wird, Ihnen hier im Bundesrat zur Verfügung.

Abschließend bitte ich Sie, meine Damen und Herren des Hohen Bundesrates, noch­mals um Verständnis dafür, dass Frau Justizministerin Mag. Miklautsch heute nicht hier im Bundesrat anwesend sein kann, aber ich dachte, dass es wirklich wichtig ist, dass sie in Linz den Richtern vorgestellt wird, und bin davon ausgegangen, dass ich hier bei Ihnen Verständnis dafür finden werde.

Nochmals: Frau Bundesministerin Mag. Miklautsch wird sehr gerne bei nächster Gele­genheit, bei der nächsten Bundesratssitzung persönlich da sein. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.30

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke dem Herrn Vizekanzler.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Konecny. – Bitte.

 


10.30

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Wie ich schon vorher scherzhaft gesagt habe: Herr Altbundesrat! Meine Damen und Her­ren! Ich habe vor eineinhalb Jahren von diesem Pult aus feststellen können – ich glau­be, nicht ganz unrichtig –, dass die neue Regierung, die Regierung Schüssel II, besser sei als die Regierung Schüssel I, und zwar deshalb, weil die Regierung Schüssel I im Chaos untergegangen ist, während die Regierung Schüssel II bereits im Chaos begon­nen hat! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Bundesrat Dr. Böhm: Finstere Pole­mik!)

Diese damalige Regierungsbildung ist jetzt eindeutig noch übertroffen worden. Die deutsche Sprache gibt Steigerungsformen von „Chaos“ nicht her, „Chaosissimus“ oder so etwas gibt es nicht, aber man braucht in der österreichischen Innenpolitik eine gewisse sprachschöpferische Fähigkeit, um mit der Entwicklung der FPÖ Schritt halten zu können. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Der Herr Vizekanzler hat uns heute – und das ist das, was man aus einem solchen An­lass auch machen kann – die beiden neuen Regierungsmitglieder vorgestellt. Selbst­verständlich, das möchte ich gleich vorweg sagen, akzeptieren wir, dass die Frau Justizministerin bei einer anderen Gelegenheit zum ersten Mal in diesem Haus sein wird. Ich halte das auch für eine ganz gute Idee, da sie in den Wochen bis zu unserer nächsten Sitzung Gelegenheit haben wird, ihr Haus und seine Probleme kennen zu lernen, was die Auseinandersetzung und Debatte mit ihr sicher fruchtbarer machen wird – gar keine Frage. Daran wollen wir also keine Kritik knüpfen. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Man hat uns und vor allem der österreichischen Bevölkerung erzählt, dass diese Regierungsumbildung sein musste, damit zumindest der FPÖ-Teil der Regierungs­mannschaft eine neue Vision verkörpert, damit eine Erneuerung – wie heißen all diese


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 42

schrecklichen Worte? –, ein Neuanfang stattfindet. Ich halte es für sehr charakteris­tisch, dass in den Ausführungen des Herrn Vizekanzlers davon mit keinem Wort die Rede war.

Es sind zwei Personen ausgetauscht worden. Die Hoffnungen, der ÖVP ein Staatssek­retariat im Finanzministerium abknöpfen zu können, sind an der standhaften Bewah­rung des Regierungsübereinkommens durch den Herrn Bundeskanzler gescheitert. Die Hoffnungen, gleich die ganze Regierungsmannschaft, ausgenommen den Herrn Vize­kanzler und Frau Staatssekretärin Haubner, loswerden zu können, sind an innerpartei­lichen Querelen in der FPÖ gescheitert. Und damit ist dieser Neuanfang relativ klein­formatig geraten, etwa in jenem Kleinformat, das dem inzwischen erreichten Stimmen­anteil der FPÖ entspricht. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Kollege Böhm! Sie können ruhig wieder dazwischenrufen „Finstere Polemik!“ – ja, das ist es natürlich! Aber es ist eine finstere Polemik, die sich von Realitäten ableitet.

Ich habe es sehr geschätzt, als eine österreichische Tageszeitung Zitate zu dieser Regierungsumbildung und insbesondere zur Person der neuen Justizministerin gesam­melt hat.

Ich zitiere: Eine Riesenherausforderung, jubelte die Neue. Es geht nicht um Regie­rungserfahrung, es geht um die Frage des Zugangs zu Sachthemen. Diese Bestellung ist – Anführungszeichen – „ein Signal einer zukunftsorientierten Politik von Frauen für Frauen“, meint Frau Staatssekretärin Haubner. Für die Gesamtpartei eine optimale Lösung, meint Herr Vizekanzler Gorbach und fügt hinzu: Ein Sonnenschein mehr in der Regierung. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Frau Maria Rauch-Kallat freut sich – Anführungszeichen –, „dass das Ministerium mit einer kompetenten Frau besetzt wird“. Jörg Haider lobt die tolle Zusammenarbeit und sagt, im Übrigen sei – Anführungszeichen – „meine Schwester die Erfinderin und politi­sche Ziehmutter der neuen Ministerin“. – Ein schönes Bukett von Meinungen. Das Lus­tige daran ist, dass sie sich nicht auf die Frau Justizminister beziehen. All das ist O-Ton aus einer Zeit, als eine gewisse Frau Forstinger zur Ministerin im Infrastrukturminis­terium ernannt wurde. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich will jetzt nicht behaupten, dass die Redenschreiber der Regierungsfraktionen nur einen begrenzten Wortschatz haben – das mit dem Sonnenschein hat diesmal fast auch so geklungen, in diesem Fall aus dem Mund der Frau Haubner –, aber die Neu­anfänge finden offenbar in einem immer kürzeren Rhythmus statt. Auch das war ein Neuanfang, und all diese Vokabeln haben wir wieder gehört. Ich glaube, Sie selbst wissen, wie schal der politische Anspruch ist, der dahinter steht.

Ich weiß nicht, wie groß die Leidensfähigkeit des Herrn Bundeskanzlers und der ÖVP ist. Es ist auch nicht meine Aufgabe, hier einen hohen oder einen niedrigen Grad an Leidensfähigkeit einzufordern, aber eines ist klar – und das interessiert mich und, so glaube ich, auch die Österreicherinnen und Österreicher –: Diese Regierung ist in wei­ten Strecken mit sich selbst und nicht mit den Problemen des Landes beschäftigt. (Bei­fall bei der SPÖ und den Grünen.)

Die eine Regierungspartei verschränkt die Arme, schaut weg und tut so, als ginge sie all das nichts an, und die andere Regierungspartei zerfleischt sich im Streit um das, was sie behauptet finden zu wollen, den richtigen Kurs. Und darunter leidet die Hand­lungsfähigkeit der Regierung, darunter leidet das Finden von Lösungsmöglichkeiten für Probleme, die dieses Land quälen.

Ich ziehe nur eines heran – ich möchte das nicht herunterdeklinieren, es war keine Regierungserklärung, und ich möchte daher auch keine Debatte über eine Regie­rungserklärung daraus machen, aber –: Wenn das, was wir heute erfahren haben,


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 43

wahr ist, nämlich dass täglich 25 Firmen in Österreich Pleite gehen, was immer auch den Verlust von Arbeitsplätzen und die Vernichtung von Existenzen dieser Betriebsin­haber bedeutet, dann ist doch die Regierung hier zum Handeln aufgefordert und nicht zum Umbilden, dann ist sie aufgefordert, Maßnahmen zu setzen, nicht mit Posten zu schachern. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Politik ist natürlich das gegenseitige Inszenieren von Konkurrenz, gar keine Frage. Aber über diesen Versuch, die eigene politische Gruppierung, die eigenen Vertreter ins beste Licht zu rücken und die manchmal notwendige Debatte über den richtigen Kurs zu führen, haben Regierungsparteien die Verantwortung für unser Land nicht so zur Seite zu schieben, wie dies derzeit geschieht.

Ich habe nicht die Absicht, mich in großer Breite mit dem für Samstag bevorstehenden Parteitag der FPÖ zu beschäftigen. Kollege Vizepräsident Weiss hat auf meine rhetori­sche Frage angesichts der Geräusche während der Erklärung des Herrn Vizekanzlers, ob das jetzt Herr Stadler sei, korrekterweise gemeint: Der bohrt nicht, der sägt! (Heiter­keit sowie Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aber natürlich ist es eine tief greifende und zerreißende Auseinandersetzung, die der FPÖ bevorsteht. Ich habe keine Ratschläge zu geben – sie wären auch mit Vorsicht zu genießen, Herr Professor Böhm; der Gesundheitszustand der FPÖ ist nicht mein pri­märes Anliegen, ich gebe das in offener Selbstkritik freimütig zu –, aber wir müssen schon sagen, und das an die Adresse dieser Bundesregierung gerichtet: Ich glaube nicht, dass es sich eine Republik leisten kann, eine Regierung zu haben, in der eine der beiden Parteien Amtsträger hat, die wirklich am Grundverständnis dieser Republik rütteln, an der Tatsache, dass dieses Land seine Freiheit dem Jahr 1945 und damit seiner Befreiung verdankt, die daran rütteln, dass es eine Geschichte gegeben hat, die nazistisch verlaufen ist und die Opfer dieser Zeit in Österreich verursacht hat, um die wir heute noch zu trauern haben, und die unter anderem auch die bevölkerungsmäßige Zusammensetzung dieses Landes völlig verändert hat. Ich glaube nicht, dass es sich eine Republik leisten kann, Menschen in der Regierung zu haben, die wirklich am poli­tischen Grundverständnis unseres Gemeinwesens, an dem, was in der Unabhängig­keitserklärung des Jahres 1945 zum Ausdruck gekommen ist und wozu wir stehen, in einer derart provokanten Form rütteln. Ich glaube nicht, dass eine Koalition mit solchen Kräften intellektuell redlich ist, politisch redlich ist, auch wenn sie zur Mehrheitsbe­schaffung taugt.

Ich habe kein Problem damit festzustellen, dass es in jeder der hier in diesem Haus vertretenen Parteien – und gerade in der FPÖ – Menschen gibt, an deren demokrati­scher Haltung, an deren rechtsstaatlicher Haltung ich keinen Grund habe zu zweifeln und die ich vollinhaltlich respektiere, auch wenn uns Parteizugehörigkeit und politische Ansichten trennen. Aber das, was hier an die Spitze der FPÖ drängt, betrachte ich als persönliche Herausforderung all dessen, was für mich diese Republik Österreich ist. Und wir werden entsprechend reagieren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.43

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Bie­ringer das Wort.

 


10.43

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Geschätzter Herr Präsident! Sehr ver­ehrter Herr Vizekanzler! Lieber Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es freut mich sehr, dass du, Herr Kollege Konecny, dir Gedanken über die Leidensfähigkeit der ÖVP machst. (Bundesrat Schennach: Des Bundeskanzlers!) Das ist ja sehr nett, und wir danken dir dafür, aber unser Verständnis für deine Leidensfä­higkeit ist sehr bescheiden, hält sich sehr in Grenzen. Wir brauchen dieses Verständnis


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 44

nicht, denn die ÖVP hat mit ihrem Partner keine Leidensfähigkeit zu ertragen. – Erste Feststellung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Boden: Jeder sieht es anders!)

Zweite Feststellung: Herr Kollege Konecny, du hast gesagt, diese Regierung habe im Chaos begonnen. – Du hast anscheinend die Wirtschaftsdaten dieser österreichischen Bundesregierung nicht gehört.

In dieser unserer Republik wurden 1994 zum Beispiel 14 306 neue Unternehmen gegründet. (Bundesrätin Auer: Wie viele gibt es noch?) Im Jahr 2003 waren es 28 237 Neugründungen. Daher muss die Frage erlaubt sein: Wo ist hier das Chaos?

In diesem Land wird der Wirtschaft wieder Hoffnung gegeben – dank der Politik einer Bundesregierung, die das richtige Augenmaß für die Wirtschaft dieses Landes hat. Dafür dürfen wir uns sehr herzlich bedanken! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. – Ruf bei der SPÖ: Geschenke für die Wirtschaft! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Ein extremes Problem in Europa ist die Jugendarbeitslosigkeit. (Bundesrätin Dr. Lich­tenecker: Das ist richtig!) Damit ich ja nicht missverstanden werde: Jeder jugendliche Arbeitslose ist einer zu viel. Aber ein Vergleich: Der Durchschnitt der Jugendarbeits­losigkeit aller 15 EU-Staaten – bis zum 1. Mai – lag bei 15,5 Prozent, in Österreich lag die Jugendarbeitslosigkeit bei 7,2 Prozent. (Bundesrat Kraml: Das hilft den Arbeits­losen ... nichts!) Das sind um 7,2 Prozent zu viel, liebe Frau Kollegin Neuwirth, aber Österreich liegt damit an erster Stelle. Mir wäre lieber, die Rate läge bei 0,0, aber es ist eine Tatsache, die geringste Jugendarbeitslosigkeit innerhalb der EU ist in der Re­publik Österreich zu verzeichnen. – Ist das das Chaos? Ich meine, diese Regierung beweist auch hier wieder, dass sie mit Augenmaß vorgeht und im Sinne der Zukunft der Jugend und der Beschäftigten denkt.

Oder: In Österreich lag im Jahr 1999 die Zahl der unselbständig Beschäftigten bei 3 107 898, 2003 waren es 3 184 759. So viele unselbständig Beschäftigte hat es in die­sem Land vorher nie gegeben. Und da frage ich Sie, Herr Kollege Konecny: Von wel­chem Chaos sprechen Sie? – Ich denke, wir können der Regierung Schüssel/Gorbach dafür danken, dass sie solche Wirtschaftszahlen liefert! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Konecny! Die Opposition war gegen die Steuerreform. Die Maßnahmen und Ergebnisse der ersten Etappe der Steuerreform im Jahr 2004 liegen nunmehr auf dem Tisch: Steuerfreistellung für Bruttojahreseinkommen bis zu 14 500 € – 2,4 Millio­nen Lohnsteuerpflichtige zahlen keine Steuer mehr –; begünstigte Besteuerung für nicht entnommene Gewinne; Senkung der Lohnnebenkosten für ältere Arbeitnehmer; Ökologisierung, zum Beispiel im Zusammenhang mit schwefelfreien Treibstoffen, und die Abschaffung der 13. Umsatzsteuervorauszahlung seit 2003. – Da frage ich Sie, Herr Kollege Konecny: Sind das nicht enorme Leistungen, die diese Regierung für die Bevölkerung, für die Arbeitnehmer und für die Wirtschaft erbracht hat? Ich meine, es ist Zeit, der Regierung Schüssel/Gorbach für diese Leistungen zu danken! (Bundesrat Konecny: Das tun die Österreicher eh bei jeder Wahl: „Danke!“)

Herr Kollege, ich kenne das schon. Sie haben uns das in den Jahren 2000, 2001 und so weiter gesagt. 2002 waren dann die Wahlen – und was die Bevölkerung dazu ge­sagt hat, haben Sie ja am Ergebnis dieser Nationalratswahlen gesehen. Und daran gibt es auch nichts zu rütteln und zu deuteln. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Die Opposition hat Stimmen gewonnen!)

Herr Kollege Konecny, ich weiß nicht, sitzt hier auf der Regierungsbank ein Herr Gu­senbauer? Ich sehe ihn weit und breit nicht. (Bundesrat Kraml: Kommt schon noch!)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 45

Herr Gusenbauer ist im Nationalrat sehr gut aufgehoben, dort kann er ruhig in der ersten Reihe der Abgeordneten sitzen. Auf die Regierungsbank hier werden wir ihn nicht aufnehmen (Bundesrat Konecny: Mit Ihnen nicht! Nein!) und – ich bin sehr zu­versichtlich – auch niemals aufnehmen müssen. Und das ist, glaube ich, gut für dieses Land. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese Regierung, meine Kolleginnen und Kollegen, wird die zweite Etappe der Steuer­reform durchziehen. (Bundesrat Kraml: „Durchziehen“ ist richtig!) Und ich bin davon überzeugt, und zwar felsenfest überzeugt: Nach dem 1. Jänner 2005 wird der Zu­spruch der Bevölkerung, wenn sie sieht, was diese Regierung geleistet hat, und wenn jeder in seinem Geldbörsel die Auswirkungen spüren wird, noch größer sein, und dann werden Ihre Schmährufe nicht mehr gehört werden!

Oder: Wenn ich nur daran denke, was diese Regierung familienpolitisch geleistet hat oder für die Arbeitnehmer. (Bundesrat Reisenberger: Was sie sich geleistet hat, das ist richtig!) – Herr Kollege, Sie werden zur Kenntnis nehmen müssen, dass Sie immer gegen die Abfertigung-Neu gewesen sind – eine Forderung des ÖAAB. (Zwischenruf des Bundesrates Konecny.) Eine Forderung, die diese Regierung umgesetzt hat.

Die Abfertigung-Neu ist ein Meilenstein in der Sozialgeschichte unserer Republik! Sie von der SPÖ waren immer dagegen, mussten jedoch schließlich zugeben, dass die Abfertigung-Neu gut ist! Das ist Ihre Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Es muss Ihnen etwas Neues einfallen, denn so geht es nicht weiter! Und Sie werden auch sehen, dass diese Bundesregierung ihre Reformpolitik fortsetzen wird, und das ist gut so für unser Land und dessen Bevölkerung!

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir auch, ein paar Worte des Dankes an Jus­tizminister Dr. Dieter Böhmdorfer zu sagen. Als Dr. Böhmdorfer zurückgetreten ist, hörte man da und dort auch von Oppositionsseite gute Worte über Böhmdorfers Jus­tizpolitik, über die ein maßgeblicher Sozialdemokrat gesagt hat, dass sie nicht die schlechteste war.

Wie war aber die Realität, meine Damen und Herren von SPÖ und Grünen? – Im Nati­onalrat haben Sie sieben Misstrauensanträge gegen Dieter Böhmdorfer gestellt. Jetzt aber, da Dr. Böhmdorfer zurückgetreten ist, haben Sie das offensichtlich „vergessen“. Da sieht man, wie schnelllebig die heutige Zeit ist.

Ich stehe jedenfalls nicht an, Herrn Dr. Dieter Böhmdorfer, den wir hier immer wieder unterstützt haben, im Namen der ÖVP-Bundesratsfraktion ein aufrichtiges Dankeschön zu sagen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herzlich bedanken möchte ich mich auch bei Herrn Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck, der es in Gesundheitsfragen nicht immer leicht gehabt hat, obwohl er als Röntgen-Facharzt ein wirklich exzellenter Fachmann ist. Herr Dr. Waneck hat auch in der Gesundheitspolitik Meilensteine gesetzt, hat die Gesundheitsreform vorbereitet und mitgetragen. Auch Herrn Dr. Waneck sei ein aufrichtiges Dankeschön gesagt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich darf nun sehr herzlich die beiden neuen Mitglieder der Bundesregierung begrüßen. Gestatten Sie mir als Salzburger zu sagen, dass ich mich besonders darüber freue, dass Mag. Eduard Mainoni Staatssekretär im Verkehrs- und Innovationsministerium geworden ist. Lieber Herr Staatssekretär, ich hoffe sehr, dass du in diesem Ministerium all das einbringen kannst, was wir von dir erwarten (Ruf bei der SPÖ: Was die anderen versäumt haben!), und ich hoffe sehr, dass du als Salzburger – diese Bitte darf ich äußern – auch die Salzburger Interessen besonders vertrittst. (Bundesrätin Dr. Lich­tenecker: Was ist mit Oberösterreich?)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 46

Herr Staatssekretär Mainoni, wir wünschen dir für deine Tätigkeit alles Gute, viel Glück – und eine gute Hand zum Wohle unserer Republik und zum Wohle unseres Landes Salzburg! Ein herzliches Glückauf, Herr Staatssekretär! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein bisschen Patriotismus darf auch der Frak­tionsobmann der ÖVP hier in diesem Hause äußern: Für einen Salzburger ist es natür­lich schön, wenn nach langer Zeit endlich wieder einmal ein echter Salzburger in der Bundesregierung sitzt, und daher darf ich Herrn Mag. Mainoni alles Gute wünschen!

Abschließend: Ich wünsche der Regierung Schüssel/Gorbach für die Zukunft alles Gute – und ich darf hier die Versicherung abgeben: Was wir dazu beitragen können, dass diese Regierung auch weiterhin gute Arbeit leistet, werden wir gerne tun! Glück­auf der Regierung Schüssel/Gorbach! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.54

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schennach. Ich erteile ihm das Wort.

 


10.54

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Debatten über Regierungsumbildungen sind wir ja be­reits seit dem Jahre 2000 gewöhnt. Ich habe hier einmal gesagt, dass diese Bundesre­gierung aus dem Verkehrs- und Innovationsbereich offensichtlich eine „aktive Lehr­werkstätte“ gemacht hat. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie der SPÖ.)

Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: In vier Jahren Regierungszeit jedes Jahr ein neuer Minister; ich sage nur: Schmid, Forstinger, Reichhold, Gorbach! Das ist ja wie eine Schnellkursausbildung im Verkehrsministerium! Im Justizminis­terium drei neue Minister in dieser Zeit: Krüger, Böhmdorfer, Miklautsch. – Krüger ist da überhaupt ein Spezialfall gewesen, einsamer „Weltrekord“ in Bezug auf die kürzeste Zeit, die je jemand Minister war!

Frau Kollegin Bachner und ich haben uns während der Rede des Herrn Vizekanzlers ein bisschen unterhalten und sind eigentlich zum selben Schluss gekommen: Die „Zeche“ für die EU-Wahl ist jetzt irgendwie gekommen, Herr Kollege Böhm! Die FPÖ hat letztlich Macht eingebüßt – und deshalb ist ja Kollege Bieringer nahezu freude­strahlend hier beim Rednerpult gestanden: nicht, weil ein Salzburger in die Bundes­regierung gekommen ist, sondern weil die Machtverhältnisse eklatant zur ÖVP ver­schoben wurden!

Man lässt jetzt noch ein paar Ministern und Staatssekretären der FPÖ sozusagen das Ausgedinge fristen, aber die echten Kompetenzen sind noch einmal ein Stückchen mehr in Richtung ÖVP gewandert. Schüssel ist in dieser Regierung nach dieser Umbil­dung stärker denn je! Von den Damen und Herren der FPÖ, die damals in diese Regie­rung gegangen sind, ist niemand mehr vertreten!

Herr Kollege Bieringer, ich habe das nicht vergessen: Wir von den Grünen waren, ge­nauso wie die Sozialdemokraten, federführend bei den Misstrauensanträgen an Herrn Justizminister Böhmdorfer! Und warum? – Weil Bundesminister Böhmdorfer damals schweigend neben einem Landeshauptmann Haider saß, der im frühen Mussolini-Stil von „Landesverrätern“ und „Hochverratsprozessen“ geredet hat. Und dazu meinte der damalige Justizminister Böhmdorfer: Die Idee sei ganz gut, das sollte man einmal prü­fen! Das war der Sündenfall des jungen Böhmdorfer! (Rufe: „Jung“?) – In der Regie­rung jung! Dass Böhmdorfer dann in der Regierung für die ÖVP ein unangenehmer „Brocken“ wurde, ein Widerpart, mit dem sich Schüssel gerieben hat, war für uns von Oppositionsseite aus interessant zu beobachten. Schüssel hat Minister Böhmdorfer


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 47

jetzt weg. Und was ist übrig geblieben? – Man könnte sagen, der einzige Fachminis­ter – auch Gorbach ist ja kein Fachminister – ist weg!

Eigentlich habe ich mir schon gedacht, unser Kollege Böhm als Fachmann wird jetzt in diese Funktion berufen, habe daher gleich am selben Tag am Abend ferngeschaut; Kollege Böhm ist es aber nicht geworden. (Bundesrat Boden: Die Möglichkeit besteht ja noch!) Ja, diese Möglichkeit besteht, es ist durchaus möglich, dass jemand vielleicht nur ein paar Monate in dieser Regierung sitzt. (Zwischenruf der Bundesrätin Giesin­ger.) – Das ist nicht unfair, denken Sie doch nur an das Bisherige!

Frau Kollegin Giesinger, ich persönlich halte mich da ohnehin zurück, und auch die Opposition insgesamt hat sich an diesen Untertönen, die es zur Person der neuen Jus­tizministerin gibt, nicht beteiligt, hat sich da sehr nobel zurückgehalten, denn: Jeder Person, jedem Minister/jeder Ministerin muss man eine Einarbeitungszeit zugestehen.

Dass man aber eine Justizministerin als „Boxenluder“ bezeichnet, nachher noch sagt, das ist ein Umgangston, den man im Sport pflegt – und nicht einmal in dieser Sache zu einer echten und ehrlichen Entschuldigung kommt, da muss ich sagen, der tiefste Untergriff bei dieser ganzen Regierungsumbildung ist von jemandem gekommen, der angeblich diese Ministerin „erfunden“ hat. Um es mit Pechlaner zu sagen: Da hat offen­sichtlich das „Alpha-Männchen“ einmal kurz zeigen müssen, dass sich ihm, dem „Alpha-Männchen“, alle Weibchen zu unterwerfen haben; aber das müssen bei Haider wahrscheinlich sowohl Männchen als auch Weibchen tun. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Nichts anderes als das ist da passiert – und das ist meiner Meinung nach der größte Untergriff, der bei dieser ganzen Regierungsumbildung passiert ist!

Meine Damen und Herren, die ÖVP sagt immer wieder: Wir müssen sparen, sparen und noch einmal sparen!, aber offensichtlich ganz locker wird aus Steuergeldern finan­ziert, dass ein Vizekanzler zwei Staatssekretäre hat, um, wie Gorbach selbst gesagt hat, mehr Zeit für die Parteiarbeit zu haben. Alle Steuerzahler zahlen dafür, dass der Herr Vizekanzler von Ortsgruppe zu Ortsgruppe ziehen kann. Man sieht ja auch, dass Herr Volksanwalt Stadler offensichtlich nichts anderes zu tun hat, als zu irgendwelchen rabiaten Aufmärschen ... (Bundesrat Mag. Himmer: Keine Parteiarbeit, keine Partei­veranstaltung ...!)

Und ich frage mich schon: Was ist das für ein Vizekanzler, Herr Kollege Himmer, der gleich zwei Staatssekretäre braucht? Ich meine, das ist ein großes Ressort, aber so groß, dass man gleich zwei Staatssekretäre braucht, ist es auch nicht. (Bundesrat Boden: Vielleicht ist der erste nicht so kompetent!)

Und immer wieder Tränen um Herrn Waneck! Ich verstehe es nicht. Herr Kollege Böhm, die FPÖ sagt: Die Gesundheit ist ein Zukunftsthema, das Alter ist ein Zukunfts­thema, die Bildung ist ein Zukunftsthema. – Aber nirgendwo ist die FPÖ dabei! Den einzigen Gesundheitsstaatsekretär, den die FPÖ hatte, hat sie ziehen lassen. Er ist nicht großartig aufgefallen, aber die FPÖ hat ihn ziehen lassen und ist eigentlich bei diesen ganzen Themen draußen. Dafür hat man halt ein bisschen einen Sportstaats­sekretär – so, wie es die ÖVP will. Die ÖVP will nämlich, dass die FPÖ eine möglichst harmlose Truppe hat und regiert und gestaltet im Großen und Ganzen alleine, wie sie will.

Meine Damen und Herren, ich brauche das nicht in eigenen Worten zu sagen. Ich brauche nur die „Salzburger Nachrichten“ zu lesen. Immerhin haben die „Salzburger Nachrichten“ einen Staatssekretär bekommen; ich meine das im übertragenen Sinne nach diesem Salzburg-Patriotismus von Herrn Kollegen Bieringer. Die „Salzburger


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 48

Nachrichten“ schreiben: „Das Ende der blauen Regierungsbeteiligung“. – Ja, das sagt deine (in Richtung des Bundesrates Bieringer) politische Leittageszeitung.

Oder: Der „Standard“ schreibt: „die erschöpften Personalreserven“. (Bundesrat Bierin­ger hält ein Exemplar der „Salzburger Volkszeitung“ in die Höhe.) – Das zahlt ihr euch selber. (Heiterkeit des Redners. – Beifall bei den Grünen und der SPÖ). Kollege Mödl­hammer ist dort Chefredakteur und du kommst mit der eigenen Parteizeitung her.

Aber gehen wir es einmal etwas anders an, Herr Kollege Bieringer! Die „Presse“ war – zugegeben, ich glaube, das finden wir so vor – jene Tageszeitung in Österreich, die von Anfang an das Experiment Schwarz-Blau journalistisch untermauert und gestützt hat – von Anfang an! Kollege Andreas Unterberger hat einen markanten Meilenstein nach dem anderen gesetzt.

Was schreibt er jetzt? – Andreas Unterberger schreibt über die FPÖ: „Eine Partei verlor ihren Sinn“. Und zur Regierungsumbildung: ein jammervolles Ergebnis. Zum Schluss meint die „Presse“, schreibt Kollege Unterberger: „Es gibt absolut nichts mehr, was die FPÖ noch zu einer politischen Kraft machen würde.“

Das schreibt jener Chefredakteur, der der schwarz-blauen Regierungskoalition über Monate und Jahre hindurch, durch alle Wind- und Wetterlagen, die Stange gehalten hat – journalistisch. Das ist ein vernichtendes Ergebnis. Man kann es natürlich auch mit anderen Worten sagen: Die Regierungsumbildung, die jetzt vollzogen ist, entspricht wahrscheinlich der Personalnot, die jedes provinzielle Familienunternehmen hat. Dar­auf hat sich die FPÖ mit der Bruder-Schwester-Gruppe, die letztlich das Sagen hat, reduziert.

Und was ich ganz besonders seltsam finde, wenn man an den Organisationsaufbau denkt, ist die derzeitige Situation der Hierarchie in der Regierung. Da gibt es einen Vizekanzler, der kein Parteichef ist. Dann gibt es einen Parteichef, der es aber nur auf Zeit ist. Unter diesem Parteichef gibt es die eigentliche Parteichefin, die aber nur Staatssekretärin ist. Es gibt noch den „Konsulenten“ – oder wie immer man ihn noch nennen will –, der zwar nicht in der Regierung ist, aber alle anderen herumführt.

Dieser ganze Mix zeigt ja – Regieren heißt auch Führen –: So kann man nicht führen, so kann man nicht regieren. Und so schaut letztlich das Ergebnis dieser Regierungs­umbildung und der Tätigkeit der FPÖ in der Regierung aus!

Kollege Bieringer! Sie haben glückselig gefragt: Wie ist das Wahlergebnis ausgefallen? Ja, Sie betrachten das immer nur von der Zuwaage für die ÖVP her. Jetzt haben Sie wieder mehr Kompetenzen, aber die FPÖ wird immer mehr Zuwaage und Zuwaage ... Langsam ist der Kuchen, der noch in Richtung ÖVP zu verteilen ist, immer weniger geworden, und irgendwann, Kollege Bieringer, wird diese Zuwaage Ihnen nicht mehr jenes Lächeln abgewinnen, das Sie jetzt noch haben. (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer. – Bundesrat Konecny: Wie in Salzburg!)

Es wird bald nichts mehr da sein. Aber, Herr Kollege Böhm – ich nehme an, Sie wer­den der nächste Redner sein –, eines muss man schon sagen: Bei aller Krise, bei aller Regierungsohnmacht der FPÖ, in einem ist sie nach wie vor Spitze, nämlich dann, wenn es um Jobs geht, wenn es um Trostpflaster geht.

Wenn man verliert, wenn man eine EU-Wahl bis auf einen einzigen Abgeordneten ver­liert, dann muss die ÖVP, wenn sie mehr Kompetenzen hat, eben einen Job abgeben. Das gilt für eine der wichtigsten Positionen dieser Republik, dieses Hauses, nur damit die FPÖ ein Trostpflaster hat, damit sie nicht ganz in der Irritation wund läuft. Man hat gesagt: Gut, geben wir ihr den Rechnungshofpräsidenten, egal, wie geeignet die Per­son ist.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 49

Das, meine Damen und Herren, ist eine Begleiterscheinung dieser EU-Wahl, dieser Regierungsumbildung, die ich für äußerst bedenklich halte. – Ich danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.06

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Professor Dr. Böhm. – Ich erteile ihm das Wort.

 


11.06

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich bin sehr enttäuscht darüber, dass es den Oppositionsparteien offenbar kein Anliegen war, auf irgendein aktuelles Sachthema im Zusammenhang mit der Regierungstätigkeit einzu­gehen. (Bundesrat Konecny: Wo hätte es Regierungspolitik gegeben?) Ich versage mir, auf diese Polemik – ich sagte „finstere Polemik“ und bleibe dabei – in ähnlicher Gegenpolemik zu reagieren.

Ich weise es insbesondere als Einmischung in innere Angelegenheiten zurück, wenn Sie uns gute Ratschläge erteilen. Überlassen Sie es unserer Partei, wie wir unseren Kurs bestimmen und in welche Positionen wir zu wählende Personen entsenden! Ich gebe auch Ihnen keine guten Ratschläge, wie Sie Ihren Parteivorsitzenden besser positionieren könnten, dass er medial vielleicht besser auch in den eigenen Reihen ankommt. Das ist Ihre Angelegenheit. Bitte überlassen Sie auch die inneren Angele­genheiten unserer Partei uns selbst! Das erwarte ich. (Bundesrat Todt: Gerne! „Boxen­luder“!)

Was ich auch entschieden zurückweise, ist die Unterstellung, dass es beim neuen Rechnungshofpräsidenten um Postenschacher geht, weil da eine angeblich nicht ge­eignete Persönlichkeit gefunden wurde. Ich glaube, das richtet sich von selbst, denn jeder, der Dr. Moser, dessen fachliche Biographie und Fachwissen kennt, weiß, dass das eine hervorragende Wahl war.

Ich kehre daher zur Sache zurück. Eine Regierungsumbildung gibt stets Anlass zur Rückschau, aber auch zur Vorschau. Das gilt im besonderen Maße für ein Ressort wie das Justizministerium. Unserem bisherigen Bundesminister Herrn Dr. Dieter Böhmdor­fer, dessen Ausscheiden aus der Bundesregierung ich ehrlich sehr bedauere – die ihn dazu bestimmenden Motive kenne ich persönlich nicht –, will ich höchsten Dank und volle Anerkennung zollen. Ich bin auch dankbar dafür, dass das im Grunde von allen Seiten geschehen ist (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP), hat er sich doch un­geachtet des großen medialen und politischen Widerstandes gegen ihn zu Beginn sei­ner Amtstätigkeit durch sein sachbezogenes, erfolgreiches und effizientes Wirken zu­nehmend Respekt, nicht nur in den eigenen Reihen, sondern, wie sich heute gezeigt hat, durchaus auch beim politischen Gegner – ich würde gerade auf diesem staatspoli­tisch so sensiblen Gebiet lieber formulieren: beim politischen Mitbewerber – verschafft.

Das liegt auch daran, dass er das von ihm geprägte justizpolitische Arbeitsprogramm der Regierungserklärung bereits vorzeitig erfüllt hat. In dieser Liste der Agenda schei­nen so vorrangige Projekte wie die Reform des Außerstreitverfahrensrechts, des straf­prozessualen Vorverfahrens, einer Jahrhundertreform, und auch materiellrechtlich äußerst bedeutsame Reformvorhaben auf. Ich verweise auf die Verbesserung des Opferschutzes, auch im Bereich des Konsumentenschutzes und dergleichen.

Ich denke, dass es seiner Nachfolgerin gelingen kann und wird, auf dieser rechtspoliti­schen Linie erfolgreich fortzufahren. Dass sie als Persönlichkeit einer jüngeren Gene­ration und auch als Frau zusätzliche, eigenständige Aspekte einbringen wird, versteht sich von selbst und ist auch durchaus zu begrüßen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 50

Sobald sie uns dazu Gelegenheit bietet – wie erwähnt, in der nächsten Sitzung im Juli; sie ist heute aus den Ihnen schon bekannten Gründen verhindert –, werden wir auf ihre rechtspolitischen Zielvorstellungen näher eingehen können.

Nicht minder ist es mir aber auch ein Anliegen, unserem leider ohne Nachfolge aus unseren Reihen bleibenden Staatssekretär Herrn Professor Dr. Reinhart Waneck, einem wirklich anerkannten Fachmann, für seine engagierten Bemühungen um eine grundlegende und nachhaltige Reform des Gesundheitswesens aufrichtig zu danken. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich könnte dazu vieles erwähnen, einiges ist heute auch schon angesprochen worden, aber zu einem drängt es mich besonders. Ganz besonders bin ich ihm dankbar für seine Förderung der Hospizbewegung und seine engagierte Unterstützung der Sterbe­begleitung beziehungsweise der Familienhospizkarenz. Diese Einführung war sicher gesundheitspolitisch, aber auch gesellschaftspolitisch und auch im Sinne des Um­gehens mit schwer kranken Personen – auch im Hinblick auf das oft eingemahnte menschenwürdige Sterben – ein ganz besonderer Meilenstein.

Freilich will ich nicht nur das Ausscheiden unserer bisherigen Regierungsmitglieder bedauern und mich für ihr Wirken bedanken, sondern ich darf mich auch den Neumit­gliedern der Bundesregierung mit begründetem Optimismus zuwenden.

Was den für uns wirklich nur in seiner neuen Funktion neuen Herrn Staatssekretär im Bundesministerium für Infrastruktur und Verkehr anlangt, meinen Kollegen und Freund Eduard Mainoni, so muss ich ihn im Hohen Haus hier erst gar nicht vorstellen, ist er doch als anerkannter Verkehrssprecher unserer Partei im Nationalrat ausreichend bekannt, nicht zuletzt im Zusammenhang mit europarechtlichen Fragen des Transitver­kehrs. Er hat uns auch bisher schon im Europarat vertreten.

Ich bin daher voll davon überzeugt, dass er durch bestmögliche Sachpolitik erfolgreich sein wird und, weil auch das Anlass zur Kritik war, dass er unseren Vizekanzler in sei­nem mehr als umfassenden Ressort in einer geradezu uferlosen Dimension entspre­chend entlasten können wird.

Zur Persönlichkeit und zu den rechtspolitischen Anliegen unserer neuen Frau Justizmi­nisterin will ich bewusst erst dann Stellung nehmen, wenn sie uns im Hohen Haus zur Verfügung steht. Ich darf aber schon heute vorwegnehmen, dass sie folgende pro­grammatische Zielvorstellungen formuliert hat: Sie will größere Bürgernähe im Bereich der Gesetzgebung wie auch seitens der Vollziehung im Rahmen der Rechtsprechung, eine bessere Verständlichkeit der Rechtstexte und auch der Begründungen von Urtei­len erreichen.

Sie will weiters die Beschleunigung der Verfahren und der entsprechenden Verwal­tungsabläufe im Umfeld der Justiz, verbesserten Opferschutz mit klarem Vorrang vor dem Täterschutz und eine Besserstellung allein erziehender Elternteile, insbesondere von Müttern, in Bezug auf die Bevorschussung des Unterhaltes erreichen. Im Einzel­nen werden wir uns mit ihr nach ihrer eigenen Präsentation ihrer rechtspolitischen Ziele im Bundesrat im Juli noch gerne auseinander setzen.

Alles in allem gehe ich und geht meine Fraktion somit davon aus, dass die Reformpoli­tik unserer Bundesregierung weitergeführt werden wird und die neuen Mitglieder aus unseren Reihen dazu erfolgreich beitragen können und werden. In diesem Sinne wün­sche ich ihnen ein herzliches Glückauf! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Der Redner schüttelt Staatssekretär Mag. Mainoni die Hand.)

11.14

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Todt das Wort.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 51

11.15

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Wir haben zur Kenntnis genommen, dass die FPÖ ihr Regierungsteam umge­bildet hat. Neue Gesichter in der Regierung sollten von der Krise in der FPÖ ablenken. In diese Krise ist die FPÖ gekommen, weil sie bei der Europawahl von den Wählerin­nen und Wählern die Antwort auf ihre Politik bekommen hat. Mit neuen Gesichtern wird sich die FPÖ-Krise nicht bereinigen lassen.

Die Politik für die Österreicherinnen und Österreicher bleibt die alte. Sie von der FPÖ werden gemeinsam mit Ihrem Regierungspartner ÖVP weiterhin eine Politik gegen die Mehrheit der Bevölkerung machen.

Sie verschleppen die Pensionsharmonisierung, Sie machen eine klare Klientelpolitik zugunsten der Unternehmer. Das wird auch durch diese Steuerreform sehr deutlich gemacht. Sie schicken einen Bus durch das Land, um Ihre Steuerreform zu verkaufen, doch alle teuren PR-Maßnahmen können nicht verbergen, dass vor allem die ÖVP-Klientel von der Steuerreform profitieren wird. Kleinverdiener und Pensionisten schauen durch die Finger. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es ist so!

Mindestens 300 000 € an Steuergeldern wird die PR-Aktion in eigener Sache, die Sie jetzt durchführen, kosten. Dabei wird mit dem Infobus ein Gesetz beworben, das schon längst beschlossen ist. Diese Road-Show ist wohl eine einzigartige Aktion in der öster­reichischen Politik.

Die Regierung drückt wahrscheinlich ihr schlechtes Gewissen, denn diese Steuerre­form ist vor allem ein großer Wurf für große Unternehmen geworden; für Arbeitnehme­rInnen und PensionistInnen ist diese Reform nur eine Liste an Enttäuschungen. (Bun­desrätin Giesinger: Das stimmt nicht!)

2,2 Millionen Österreicherinnen und Österreicher schauen bei dieser Steuerreform durch die Finger. Ich sage Ihnen das so genau, weil Herr Bieringer die Sachpolitik und diese Dinge sehr gelobt hat. Daher muss man auch eine Antwort geben, die das Ganze von der anderen Seite her betrachtet.

Insgesamt machen die Entlastungen, die ab 1. Jänner 2005 kommen, 2,5 Milliarden € aus. Von diesen 2,5 Milliarden € kommen 1,3 Milliarden € der Wirtschaft zugute und nur 1,18 Milliarden € den rund 5,2 Millionen ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen – das ist Schieflage genug –, und es schauen weitere 2,2 Millionen Arbeitnehmer völlig durch die Finger. Sie verdienen nämlich so wenig, dass sie schon bisher keine Steuern zahlten. (Bundesrat Dr. Böhm: Eben!) – So ist es einfach! (Zwischenruf des Bundesra­tes Mag. Himmer.) Sie machen eine Steuerreform zugunsten der großen Unterneh­men in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Konrad.)

Noch ein Thema, weil Kollege Bieringer das angesprochen hat: Arbeitsmarktpolitik. Bei der Arbeitsmarktpolitik scheint es mir so zu sein, dass Sie meinen, das gehe Sie nichts an. Wir haben die höchste Arbeitslosigkeit in der Geschichte der Zweiten Republik, und das haben Sie zu verantworten. (Bundesrat Weilharter: Das stimmt auch nicht!)

Die Arbeitslosigkeit in Österreich ist weiter hoch. Ich sage Ihnen: Im Mai 2004 waren in Österreich 215 495 Menschen arbeitslos gemeldet. (Bundesrat Dr. Böhm: Wie viele sind beschäftigt? – Bundesrat Weilharter: Falsche Zahl!)

Ich wiederhole gerne die Zahl: Im Mai 2004 waren in Österreich 215 495 Menschen arbeitslos gemeldet. Weitere 42 612 Arbeitslose befanden sich in Schulungen des Ar­beitsmarktservice. Somit waren es in Österreich 258 107 Menschen, die in dieser Zeit arbeitslos waren. Das sind die Fakten!

Zur Jugendarbeitslosigkeit, weil Herr Kollege Bieringer das auch angesprochen hat. Wir haben in Österreich eine sehr hohe Jugendarbeitslosigkeit. Im Mai waren in Öster-


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 52

reich 32 961 junge Menschen bis 24 Jahre arbeitslos. (Bundesrat Tiefnig: Wie viele in Wien?) – Ich werde es Ihnen dann ganz genau sagen. Wenn Sie mich auffordern, nenne ich Ihnen gerne die Zahlen für Wien. Aber ich möchte das jetzt ganz gerne ausführen. (Bundesrat Kneifel: Sagen Sie es genau!) – Ich sage es Ihnen dann genau. Gerne, sehr gerne. (Ruf bei der ÖVP: Das „Erfolgsmodell“ Wien!)

Ich sage jetzt klipp und klar, wir reden hier von Österreich. Außerdem würde ich ganz gerne meine Ausführungen zu Ende bringen. (Bundesrätin Giesinger: Wien gehört auch zu Österreich! – Bundesrat Reisenberger: Sie strotzen vor ...!) Noch einmal: Es gibt 3 392 Lehrstellensuchende, weitere 15 000 arbeitslose junge Menschen befanden sich in Schulungen des Arbeitsmarktservice. Somit waren im Mai 2004 50 000 junge Menschen arbeitslos. (Bundesrat Mag. Himmer: Wie viele in Wien?) – Ich sage es Ihnen dann, Kollege Himmer. Lassen Sie mich ganz kurz fertig ausführen! (Bundesrat Mag. Himmer: Wissen Sie es nicht? Ich frage nur!) – Natürlich weiß ich es, ich sage es Ihnen dann schon.

Herr Kollege Himmer, jugendliche Arbeitslose in Österreich gibt es so viele, wie in das Wiener Stadion passen. Und das sind um 50 000 junge Arbeitslose zu viel! Sie küm­mern sich ganz einfach nicht um sie! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Sie igno­rieren die Tatsache, dass Menschen arbeitslos sind. Das sind die Fakten! (Bundesrätin Giesinger: Das stimmt gar nicht! – Bundesrat Dr. Kühnel: Die Wiener Schulen sind so schlecht, Herr Abgeordneter Todt! Deswegen haben wir in Wien diese ...! – Bundesrat Konecny: Ein Skandal! Das ist das Letzte! – Bundesrat Reisenberger: ...! Das ist sagenhaft!)

Herr Kühnel, ich weiß nicht, was Sie über Wiener Schulen sagen, aber vielleicht sollten Sie sich die Zahlen in Ihrem ersten Bezirk anschauen, die Sie bei der Europawahl ein­gefahren haben, und wie viel Sie dort verloren haben. Ich glaube, dann könnten Sie ... (Bundesrat Konecny: Dann könnten wir sagen, es hat eine Bildungsexkursion stattge­funden!) – Schauen Sie, Herr Kühnel, die Grünen sind Ihnen im ersten Bezirk schon sehr nahe gekommen. Sie von der ÖVP haben als einzige Partei Stimmen verloren, Sie haben im ersten Bezirk 90 Stimmen verloren – und das schon von einer niedrigen Ausgangsbasis. Kollege Kühnel, ich würde sagen, kümmern Sie sich lieber um Ihre Geschichten dort und machen Sie die Schulen in Wien nicht schlecht! (Bundesrat Dr. Kühnel: Ich möchte jetzt endlich, Herr Abgeordneter Todt, etwas über das „Erfolgs­modell“ Wien hören!)

Wir reden hier über die Regierungsumbildung und nicht über diese Fragen. (Bundesrat Dr. Böhm: Sie nicht!) Sie provozieren ständig und fragen ständig nach dem Erfolgs­modell Wien. Das werden die nächsten Landtags- und Gemeinderatswahlen entschei­den. Dort wird der Wähler die Antwort geben. Der Wähler ist der höchste Souverän – und der Wähler wird die Antwort geben. Ich sage Ihnen nur als Beispiel: Bei der Euro­pawahl hat er Sie abgestraft. Das ist ein eindeutiges Faktum. (Beifall bei der SPÖ.)

Die FPÖ wurde marginalisiert, eine Krise ist ausgebrochen, die FPÖ bildet die Regie­rung um. Das sind die Tatsachen! (Bundesrat Dr. Kühnel: Wieso hat dann eigentlich der Abgeordnete Swoboda so wenige Vorzugsstimmen bekommen? – Bundesrat Konecny: Ihre Sorgen möchte ich haben!)

Herr Kühnel, erzählen Sie nicht immer solche Geschichten, wer Vorzugsstimmen und wer keine Vorzugsstimmen bekommen hat oder sonstige Dinge! Es ist doch so, dass ein einziger Vorzugsstimmenwahlkampf geführt wurde, nämlich in der Freiheitlichen Partei. Dieser Vorzugsstimmenwahlkampf hat auch dazu geführt, dass Spitzenkandidat Kronberger, der von den Freiheitlichen aufgestellt wurde, nicht mehr gewählt wurde und Herr Mölzer, der ein Rechtsaußen dieser Partei ist, jetzt neuer EU-Abgeordneter


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 53

ist. Sie von der ÖVP werden viel Vergnügen mit Ihrem Regierungspartner haben. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Vielleicht noch ein paar Punkte zu den Geschehnissen in Wien, weil Sie dieses Thema so gerne ansprechen. Die österreichische Bundesregierung hat ja auch einiges dazu beigetragen, dass die Arbeitslosigkeit in Wien höher geworden ist. Immerhin wurden 12 000 Beamte freigesetzt und auf den Arbeitsmarkt geschickt. (Zwischenruf des Bun­desrates Dr. Kühnel.) – Herr Kühnel, erzählen Sie nicht immer irgendwelche Ge­schichten! Faktum ist ganz einfach, dass wir die höchste ... (Bundesrat Dr. Kühnel: Wir haben neun verschiedene Bundesländer!)

Herr Kühnel, wir haben in Wien die höchste Einpendlerzahl. Die Hälfte aller in Wien ausgebildeten Lehrlinge kommt aus anderen Bundesländern, hauptsächlich aus Nie­derösterreich. Das sind die Fakten! Nehmen Sie doch zur Kenntnis, dass es in Wien eine hohe Einpendlerzahl gibt und dass wir natürlich in Wien von der schlechten Wirt­schaftspolitik am meisten betroffen sind! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir sind davon betroffen, weil diese Bundesregierung die Investitionen zurückge­schraubt hat und daher zum Beispiel Bauarbeiter, Facharbeiter in anderen Bereichen, in den Bauzulieferbetrieben und so weiter betroffen sind. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) – Natürlich ist das so! Wenn Sie die Investitionsleistungen zurückfahren, dann wird das Ganze dazu führen, dass Leute arbeitslos werden. Das ist ein Faktum! (Bundesrätin Giesinger: Aber die anderen Bundesländer würden dann auch ...!)

Frau Kollegin, auch in Vorarlberg ist die Arbeitslosigkeit im Mai in einem hohen Aus­maß gestiegen. Das habe ich in dieser Studie nachgelesen. Das ist einfach so! Und an dieser Arbeitslosigkeit, an dieser Wirtschaftspolitik ist die Regierung schuld, ist diese Bundesregierung schuld, die nichts tut, um etwas zu verändern. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich könnte Ihnen jetzt noch einiges sagen, was diese Bundesregierung alles getan hat. Ich glaube aber, ich erspare mir das jetzt. An der Wirkung dieser Regierung wird sich nichts ändern. Ich möchte mit einem Zitat schließen, das Herr Worm heute im „NEWS“ geschrieben hat: „Die Regierung neu ist eine Zumutung für Österreich.“ – Sie wird es leider bleiben.“ (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Konrad.)

11.26

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Hagen. – Ich ertei­le ihm das Wort. (Zwischenruf des Bundesrates Reisenberger. – Bundesrat Dr. Küh­nel: Für mich ist Bürgermeister Häupl maßgebend und die Wirtschaftspolitik der SPÖ in Wien!)

Am Wort ist jetzt Herr Bundesrat Hagen.

 


11.27

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatsekretär! Hohes Haus! Eigentlich wollte ich mich nicht zu Wort melden, aber da heute hier so viel Unfug geredet wurde – das muss ich sagen, und ich werde auch erklären, warum –, habe ich gedacht, ich muss doch das Wort ergreifen.

Herr Kollege Konecny, Sie haben etwas Richtiges gesagt. Sie haben gesagt, dass die erste schwarz-blaue Regierung im Chaos begonnen hat. – Ja, das ist richtig, aber be­denken Sie einmal, wer dieses Chaos hinterlassen hat! War das nicht Ihre Partei? War die daran nicht maßgeblich beteiligt? Da gebe ich Ihnen Recht. (Bundesrat Konecny: Falsches Zitat! Ich habe gesagt: Die erste Regierung ist im Chaos untergegangen! Die zweite ist besser: Sie hat gleich im Chaos begonnen!)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 54

Sie ist in diesem Chaos untergegangen, das die SPÖ hinterlassen hat! Schreiben Sie sich das einmal hinter die Ohren! Ich werde Ihnen auch an Beispielen erklären, warum es damals zu diesem Chaos gekommen ist.

Denken wir einmal nach! Seit Jahren, seit Jahrzehnten spricht man über eine Pensi­onsreform, diskutiert man über eine Pensionsreform. Man hat immer gesagt, das wird sich für die Zukunft nicht ausgehen. (Bundesrat Konecny: Gemacht!) – Sie haben etwas gemacht, aber keine Reform, sondern ein Reförmchen, eine Augenauswische­rei. (Bundesrat Konecny: Oja! Nein!) Wir sehen, wo wir heute stehen, Herr Kollege. Wir wissen, dass das Pensionssystem nicht mehr finanzierbar war, wir wissen, was alles auf uns zukommen wird. (Bundesrat Konecny: Wieso wissen Sie das?)

Es gibt genügend Wirtschaftsprofessoren und Fachleute, die das ganz klar dargelegt haben. Wenn Ihnen das nicht genügt, wenn Sie bessere Zahlen haben oder wenn die Zahlen des Professor Konecny die einzig wahren und richtigen sind, dann möchte ich Sie gerne einladen, diese hier vorzulegen. Faktum ist, dass ... (Bundesrat Konecny: Nein! Wieso behaupten Sie so etwas? Das ist grob falsch! Woher nehme ich Bei­träge? – Bundesrat Dr. Böhm: Aus Steuermitteln! – Bundesrat Konecny: Von wel­chen?) – Ja, richtig.

Punkt zwei: Diese Pensionsreform geht natürlich aus dem Budget heraus, diese Pen­sionen werden teilweise aus dem Budget bezahlt. Und wer hat ein Budgetloch hinter­lassen, das Unsummen, das schreckliche Löcher hatte? Wer hat das hinterlassen? – Das war die Regierung vor dieser Koalition, vor dieser FPÖ/ÖVP-Regierung. (Bundes­rätin Bachner: Wie schaut das jetzige aus? – Bundesrat Konecny: Also die Löcher sind eher größer geworden!)

Na klar. Das ist ja ganz logisch. Sie haben gesagt, das Chaos wurde hinterlassen. – Da gebe ich Ihnen Recht, und durch dieses Chaos sind die Löcher entstanden.

Kollege Todt, es ist ja herrlich, was Sie hier vortragen. Ich muss immer wieder innerlich grinsen, weil ich denke, so viele Scheuklappen, wie Sie sie vor den Augen zu haben scheinen, hat kaum ein Kutscher auf den Straßen seinen Pferden aufgesetzt.

Faktum ist – Sie haben sich geweigert, über Wien zu sprechen –, dass Wien das Bun­desland mit der höchsten Verschuldung ist. Fakt ist, dass es in Wien die höchsten Ge­bührenerhöhungen seit Ihrem Regierungsantritt in Wien nach der letzten Landtagswahl gibt. Fakt ist auch, dass es die höchste Kriminalitätsrate und den höchsten Ausländer­anteil in Wien gibt. Und das steht schon in einem ursächlichen Zusammenhang. – Sie können sich erinnern: Vor einigen Wochen bin ich hier gestanden und habe über die Asylwerber, über die Straffälligkeit der Asylwerber gesprochen und gesagt, dass ich aus Vorarlberger Sicht nur dagegen sein kann, zu viele Asylwerber aufzunehmen, da die Kriminalität steigen wird. Faktum ist, dass wir heute fast jeden Tag Straftaten mit Asylwerbern in Vorarlberg haben, die es vorher nicht gegeben hat! Das muss ich ein­mal ganz klar festhalten.

Herr Kollege Todt hat auch das AMS, die Umschulungen angesprochen. – Ja, wer hat denn diese Umschulungen eingeführt? Das war Ihre Regierung damals, die diese Um­schulungen eingeführt hat; mit solchen Maßnahmen hat man die Arbeitslosen ver­steckt. – Fakt ist auch, dass das AMS stark in SPÖ-Hand ist und ein Verein ist, der nicht entsprechend geprüft werden kann, aber öffentliche Gelder en masse verschlingt!

Und jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Ich habe mit einigen Arbeitslosen gesprochen, die von diesem AMS zu Umschulungen geschickt wurden. Sie haben gesagt, sie haben null Unterstützung von diesen Leuten bekommen. Eine Frau, eine Österreiche­rin, interessanterweise die Schwester des SPÖ-Vorsitzenden meiner Heimatgemeinde, hat man auf einen Deutschkurs geschickt. Eine gebürtige Österreicherin hat das AMS


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 55

auf einen Deutschkurs geschickt! (Bundesrat Schennach: Das verstehe ich aber in Vorarlberg!) Sie hat gefragt, was sie dort soll. Darauf hat man ihr gesagt, sie habe den Kurs wahrzunehmen, sonst bekomme sie keinen Job. – Faktum. Nur damit Sie wissen, wie es da unter Ihrer Führung zugeht!

Herr Kollege Schennach, es war fast rührend, wie Sie hier gesprochen haben über die FPÖ, dass Ihnen der Untergang oder der Niedergang der FPÖ Leid tut. – Wenn ich Sie nicht kennen würde, ich hätte es Ihnen fast abgenommen! Fakt ist, dass Sie natürlich einen anderen Hintergrund haben.

Aber ich kann Sie auch an etwas erinnern: Sie sind vor nicht allzu langer Zeit hier her­außen gestanden und haben gesagt, dass Forschung, Zukunftstechnologie, Innovation und so weiter ein ganz wichtiges Thema in dieser Bundesregierung sind. – Diese Regierung hat gehandelt! Mit Staatssekretär Mainoni wird genau dieses Ressort abge­deckt. Hier wird etwas vorwärts gebracht – das ist unsere Zukunft! Sie haben das gefordert, und jetzt kritisieren Sie es. Halten Sie sich bitte einen Spiegel vor! Was Sie hier betreiben, ist reine Polemik und nichts anderes, das sage ich Ihnen ganz offen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Auch ich möchte Herrn Ex-Justizminister Böhmdorfer dan­ken. Er war sicher einer der besten Fachminister, die es in der Zweiten Republik gege­ben hat, ein Minister, der so viel vorwärts gebracht hat wie keiner vor ihm – das muss man ganz klar festhalten –, ein Minister, der sich etwas getraut hat. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Warum musste er dann gehen?) Ich erinnere etwa an den Bau von Gefängnissen in Rumänien – ich habe das vor einigen Wochen auch hier heraußen gesagt –, wodurch Kosten reduziert werden, die Leute zurückgeführt und nicht hier so­zusagen auf dem goldenen Sessel herumgeschoben werden. Dieser Minister hat sich etwas getraut, der hat etwas vorwärts gebracht, und mir tut es außerordentlich Leid, dass Herr Dr. Böhmdorfer zurückgetreten ist. (Beifall des Bundesrates Dr. Böhm. – Bundesrat Schennach: Wir haben ihn aber nicht zurückgetreten! – Bundesrätin Bachner: Wir sind nicht daran schuld!) Es war seine persönliche Entscheidung.

Aber ich sage Ihnen etwas: Mich freut es umso mehr, dass Herr Minister Böhmdorfer nun als Abgeordneter im Nationalrat sein Fachwissen einbringen kann und auch dort wieder einiges bewegen wird; davon bin ich überzeugt. Ich persönlich möchte ihm dafür recht herzlich danken. (Beifall des Bundesrates Dr. Böhm.)

Mein Dank richtet sich auch an Herrn Staatssekretär außer Dienst Reinhart Waneck. Er ist persönlich ein wunderbarer Mensch, wirklich ein Mensch mit Handschlagsquali­tät, sehr angenehm, sehr geschätzt, auch von den Fachleuten geschätzt. Auch dieser Mann hat sehr, sehr viel geleistet in dieser Regierung, und es gilt ihm herzlich zu dan­ken. (Beifall des Bundesrates Dr. Böhm.)

Und jetzt komme ich noch zu den Neuen. Die Frau Justizministerin ist nicht da – sie wird es sehr schwer haben, in die Fußstapfen des Herrn Böhmdorfer zu treten, aber ich glaube, sie wird ihr Bestes tun, und dazu wünsche ich ihr recht viel Erfolg.

Unseren lieben Edi Mainoni, unseren Herrn Staatssekretär, habe ich ohnehin schon angesprochen. Es freut mich sehr, dass hier ein engagierter Mensch – ich kenne Edi Mainoni schon sehr lange –, ein Mensch mit Power, wie man so sagt, in einem Power-Ministerium, in einem Power-Ressort etwas vorwärts bringen wird. Davon bin ich über­zeugt, und ich wünsche dir persönlich alles Gute. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.35

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Wolfgang Schim­böck. – Ich erteile ihm das Wort.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 56

11.35

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Es hat heute Kollege Bieringer – jetzt ist er nicht da – versucht, hier ein wirtschaftliches Erfolgsszenarium der kurzen Entwicklungsgeschichte dieser Bundesregierung zu zeichnen. Ich weiß nicht, woher er dieses Zahlenmaterial hat, für mich verbindlich sind die Zahlen der öffentlich-rechtlichen Interessenvertretung, die die diesbezüglichen Auf­zeichnungen sehr penibel führt. Da schauen die Zahlen ganz anders aus.

Ich glaube, man muss das in einem etwas größeren Zusammenhang sehen. Ich gehe jetzt ganz bewusst nicht auf die Zahlen ein, die in den letzten Wochen veröffentlicht wurden, denn nach diesen sind wir ja bekanntlich im EU-Raum – da wurden acht Län­der ausgewertet – an vorletzter Stelle gelandet, was das Wirtschaftswachstum betrifft. Ich gestehe aber zu, dass einige wenige Monate durchaus als Momentaufnahme bezeichnet werden können.

Schauen wir uns aber den Zeitraum von 2000 bis 2004 an, eine offizielle Statistik der Wirtschaftskammer Österreich – vielleicht kann es Kollege Bieringer dann im Protokoll nachlesen –: ein Beschäftigten-Minus in diesem Land von 10 826 Arbeitnehmern. Das Interessante daran ist, dass wir bei den Flaggschiffen in dieser Republik, nämlich den großen Industriebetrieben mit 1 000 Mitarbeitern und mehr, die ganz großen Einbrüche erleben. Dort sind 42 097 Arbeitsplätze verloren gegangen!

Das ist sehr schlimm, denn diese Flaggschiffe, diese Leitbetriebe ziehen natürlich unglaublich viel hintennach, geben vielen Menschen rundherum, in kleineren Unterneh­mungen Beschäftigung. Und diese kleineren Unternehmungen werden von dieser Bundesregierung – das sei jetzt gleich an unser neues Regierungsmitglied, den Infra­struktur-Staatssekretär, gerichtet, der aus meiner Sicht sehr viel für die Wirtschaft ein­zubringen hat – eigentlich doppelt gestraft. Die haben den Beschäftigtenstand nicht nur gehalten – ich rede jetzt von Betrieben mit bis zu 99 Mitarbeitern –, sondern sie beschäftigten in diesem Vergleichszeitraum immerhin um 3 406 Mitarbeiter mehr.

Dass in diesem Bereich die Bedingungen sehr schlecht geworden sind, ist offensicht­lich; ich sage nur das Stichwort Entgeltfortzahlungsfonds. – Wenn ein großer Konzern mit Tausenden Mitarbeitern plötzlich auf Grund einer lokalen Krankheitsepidemie nur mehr die Hälfte an Mitarbeitern im Werk hätte, es wäre ein nationaler Notstand, und – ich glaube, Dr. Kühnel wird mir da sogar Recht geben – man würde auf das Bundes­heer zurückgreifen und dort Hochöfen besetzen und so weiter. Wenn aber der kleine Malereibetrieb mit drei Mitarbeitern zwei Mitarbeiter nicht im Haus hat, dann wird es dort dramatisch. Dann hat der Unternehmer nämlich die Löhne für zwei Arbeitnehmer selbst zu berappen. Also diese Regelung war wirklich ein Tiefschlag für die vielen klei­nen Unternehmen, die in diesem Land Beschäftigung sichern und uns Wirtschaftskraft geben.

Mich wundert es eigentlich nicht – diese Zahl ist relativ neu –, dass die Eigenkapital­decke weiter dünner wird. Da schaue ich ganz besonders Kollegen Ager an, der ja aus einer besonders krisengeschüttelten Branche kommt, was das betrifft, nämlich aus der Tourismusbranche. 32,2 Prozent der Betriebe haben weniger als 10 Prozent Eigen­kapital! Kollege Ager könnte hier als Vertreter der Tourismusbranche sicherlich noch mehr dazu sagen, denn ich glaube, in deiner Branche schaut das noch viel schlimmer aus. In diesem Bereich würden wir Unterstützung brauchen, aber das wird von dieser Bundesregierung sträflich vernachlässigt. (Bundesrat Ager: Sie können sich für einen Staatssekretär für Tourismus einsetzen!) Dieses Amt ist ja zeitweilig von der FPÖ besetzt gewesen – wir haben ja hier die Erfolgsgeschichte auf dem Tisch liegen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 57

Aber jetzt komme ich noch zu einem Punkt, der, wenn ich von einer Erfolgsgeschichte dieser Bundesregierung sprechen will, eine ganz wesentliche Dynamik hat: die Aus­höhlung der Gemeindekassen. Wer ist denn eigentlich der Impulsgeber für die Wirt­schaft? – Das sind die regionalen Gemeinden, das sind die Orte, die Städte!

Ich nehme jetzt einmal ganz bewusst nicht unsere Landeshauptstadt Linz her – das nimmt uns Kollege Bader immer so übel –, sondern bleiben wir einmal in einer Be­zirkshauptstadt: Nehmen wir die oberösterreichische Bezirkshauptstadt Wels her. Das ist eine Bezirkshauptstadt mit etwa 56 000 Einwohnern. Was passiert dort auf Grund von Maßnahmen dieser Bundesregierung? – Denen werden heuer durch die Steuerre­form 3,3 Millionen € abhanden kommen. Und es spielt eigentlich keine Rolle, ob dort ein sozialdemokratischer oder ein ÖVP-Bürgermeister an der Spitze steht, es würden sich alle sehr „bedanken“, dass ihnen diese 3,3 Millionen € in diesem Jahr abhanden kommen.

Wenn ich das umrechne, dann kommt heraus, dass der Stadt Wels jetzt 60 € pro Gemeindebürger fehlen. So schaut es aus! Das sind die Verhältnisse, das sind die Bedingungen, unter denen hier gearbeitet werden muss.

Ich bitte Sie, Herr Staatssekretär, das mit auf den Weg zu nehmen. Sie nehmen ja schon an den Sitzungen des Ministerrates teil, bitte tragen Sie das hinein! Hier sitzen viele Bürgermeister, und ich weiß, ein Teil davon nimmt das kommentarlos aus einer gewissen Parteiraison heraus zur Kenntnis. Ich bitte Sie wirklich, diese Frage in den Ministerrat hineinzutragen. Sie waren, glaube ich, auch einmal in der Kommunalpolitik tätig, so wie viele hier herinnen. Wir rechnen also hier mit Ihrer Unterstützung.

Ich komme nun zu einem abschließenden Punkt. Es fehlt uns heute die Frau Justizmi­nisterin. Ich will jetzt gar nicht auf diesen „Fun-Faktor“ eingehen, auf den sich hier ein Landeshauptmann aus einem südlichen Bundesland mit seinen Wortspenden einlässt. Herr Professor Böhm! Was mich wirklich erschüttert hat, war eigentlich Ihr Parteifreund und Volksanwalt Stadler im gestrigen „Morgenjournal“. Er hat dort im Originalton er­klärt, der politische Kurs, auf den er jetzt seine Partei bringen will, die immerhin Regie­rungspartei ist, schaut so aus, dass er das Zerreiben der anderen politischen konserva­tiven Partei anstrebt. Er hat als Vorbild die Democrazia Cristiana, der es auch so ergangen ist, wie er sich das für die Österreichische Volkspartei wünscht.

Wenn jemand sagt, er wolle eine politische Gruppierung zerreiben, meine Damen und Herren, dann ist das eine Stalingrad-Diktion, die wir uns in diesem Haus verbitten soll­ten. Wenn Herr Mag. Stadler nicht den Anstand hat, in seiner Partei die entsprechen­den Worte zu wählen, dann ist das, so glaube ich, nicht einfach so hinzunehmen. Herr Professor Böhm, Sie sind Verfassungsrechtler: Die Volksanwaltschaft ist ein Organ dieses Hauses, und ich glaube, wir haben es nicht notwendig, so einen Ton zu akzep­tieren. Wenn die ÖVP das hinnehmen muss, dann ist das ihre Sache. Wir, meine Damen und Herren, sind jedenfalls nicht bereit, das zu akzeptieren. – Mag. Stadler beruft sich da auf ungefähr 20 000 Wähler. Wenn ich nachrechne, dann sind das rund 3 Promille der 6 Millionen EU-Wahlberechtigten. Er meint damit, glaube ich, jene, die Herrn Mölzer eine Vorzugsstimme gegeben haben.

Meine Damen und Herren! Diesen Ton verbitten wir uns, und wir erwarten uns, dass der Präsident des Parlaments, aber auch unsere Präsidentin ganz energisch gegen diesen Niedergang in der Wortwahl protestieren. (Bundesrat Ager: ... Broukal! – Wei­tere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

An die Frau Justizministerin noch ein Ersuchen. Sie wissen, dass eine Reihe von neuen Formen in der Rechtsprechung Platz greift. Ich denke hier an das neue Nach­barschaftsrecht, wodurch jetzt noch ein ganzer Berufsstand aktiv werden kann, nämlich die Notare; viele Dinge werden vom streitigen Verfahren in ein quasi außerstreitiges


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 58

Verfahren übergeleitet. Auch das bitte ich den Herrn Staatssekretär mitzunehmen. Ich glaube, diesen Weg muss die Justiz weiter gehen, wenn man effizienter, wenn man kostengünstiger arbeiten will. Das will ich Ihnen mit auf den Weg geben. Ansonsten ersuche ich Sie um eine Politik, die sich wirklich wieder um einen Aufschwung für die Wirtschaft und insbesondere für die kleinen Betriebe in diesem Staat annimmt. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

11.44

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Weilharter das Wort.

 


11.44

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Damen und Herren! Der Fraktionschef der SPÖ ist leider nicht im Saale. (Bundesrat Dr. Böhm: Wie so oft!) Wie so oft. Gestatten Sie mir aber trotz­dem, dass ich auf die Ausführungen von Professor Konecny kurz repliziere.

Professor Konecny als Fraktionsführer der SPÖ hat seine Ausführungen damit begon­nen, dass er gesagt hat, dass das Kabinett Schüssel I chaotisch geendet hätte und das Kabinett Schüssel II chaotisch begonnen hätte. Es gebe dazu keine Steigerung mehr.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Ich hätte einen Vorschlag für eine Steigerung: Nennen wir diese Steigerung „sozialistische Verantwortung“, dann hätten wir eine Stei­gerung für den Begriff „Chaos“.

Meine Damen und Herren! Ich sage das ganz bewusst, weil gerade die SPÖ immer wieder mangelnde Wirtschaftskompetenz bei den Regierungsparteien kritisiert, aber dabei immer wieder auf das Schicksal Zehntausender Menschen im „Konsum“ ver­gisst – ein Bereich, für den Sie die Verantwortung getragen haben. (Bundesrätin Bach­ner: Der ist jetzt schon 100 Jahre alt! Fällt euch nichts mehr Neues ein?) Der „Kon­sum“ war doch allein in Ihrer Verantwortung! Ich weiß schon, dass Sie nicht gerne dar­über reden, dass Sie das Schicksal dieser Betroffenen vermutlich nicht mehr berührt.

Meine Damen und Herren! Ich nenne Ihnen ein zweites Beispiel. Es wird von den Sozialdemokraten immer wieder die Staatsverschuldung genannt. Ich habe mich hier der Zahlen der Statistik Austria bedient, damit sie nicht parteipolitisch zugeordnet werden können. Ich lese hier: Im Jahre 1995 betrug der öffentliche Schuldenstand gemessen am BIP 69,2 Prozent. 1996 betrug dieser 69,1 Prozent, und 1999 waren es 67,5 Prozent. Ab 2000 beziehungsweise 2001 ging die Staatsverschuldung rapid zu­rück: 2003, als das Kabinett Schüssel II die Verantwortung hatte, auf 65 Prozent.

Herr Professor Konecny, ich weiß nicht, in welchem Fach Sie die Professur gemacht haben, aber ich glaube, mathematisch werden Sie mir Recht geben: 65 Prozent Staatsverschuldung sind weniger als 69. Ich frage mich wirklich, woher Sie Ihre Zahlen haben. (Bundesrat Konecny: 45 Prozent Steuerbelastung sind auch mehr als 42!)

Herr Kollege Konecny! Sie werden mir daher Recht geben, wenn ich sage, dass gera­de Ihre Argumentation in diesem Bereich – immer und wie so oft zu anderen Themen – ins Leere geht. (Bundesrat Konecny: Wieso? Haben wir diese Steuerbelastung nicht? Die Argumentation geht nicht ins Leere, sondern in die Geldbörseln der Österreicher!)

Herr Kollege Konecny! Ein drittes Beispiel. Auch Kollege Todt hat sich über die Arbeits­losenzahlen beklagt. Auch dazu die Statistik vom AMS Österreich: Im Jahr 1996, in dem sicherlich nicht ein Kabinett Schüssel I oder II die Verantwortung trug, hat die Arbeitslosenzahl 7 Prozent betragen (Bundesrat Konecny: Aber eine Partei davon war, glaube ich, irgendwie dabei!), 1997 7,1 Prozent, 1998 7,2 Prozent. Ab 2000 bezie­hungsweise 2001 lag sie unter 6 Prozent.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 59

Dazu, Herr Kollege Konecny, die Vergleichszahlen der unselbständig Beschäftigten: Im Jahre 1998 gab es 3 076 667, 2003 3 184 759. Das heißt im Klartext: Unter der Ver­antwortung des Kabinetts Schüssel II gibt es um 140 000 unselbständig Beschäftigte mehr.

Meine Damen und Herren! Ich frage mich, woher Sie von der SPÖ die Zahlen nehmen. Vielleicht haben Sie doch die Zahlen aus der Zeit Ihrer Verantwortung und vergessen dabei, die Jahreszahl dazu zu nennen. Dann kann ich mir durchaus vorstellen, dass es sehr traurig aussieht, weil eben 1996/1997 die SPÖ die Verantwortung getragen hat.

Meine Damen und Herren! Nächstes und jüngstes Beispiel; es wurde schon anlässlich der letzten Debatte angesprochen: Umgang mit öffentlichen Geldern. Wie hält es die SPÖ mit dieser Verantwortung, mit der kaufmännischen Sorgfaltspflicht, mit dem Um­gang mit öffentlichen Geldern?

Jüngstes Beispiel: EStAG-Skandal in der Steiermark, der größte Finanzskandal der Steiermark unter der Eigentümerverantwortung von SPÖ-Landesrat Ressl. (Bundesrat Konecny: Ah so? Sehr interessant! – Lebhafte ironische Heiterkeit des Bundesrates Konecny.) Sie reden nicht darüber, Sie wollen nicht darüber reden, meine Damen und Herren von der SPÖ! Herr Kollege Konecny, Ihr Problem ist in Wahrheit (Bundesrat Konecny: Mein Problem ist, dass ich vor lauter Lachen nicht reden kann!): Sie verkraf­ten den Machtverlust nicht! Sie verkraften nicht, dass Sie in Opposition sind, und Sie haben diese Oppositionsrolle sehr schlecht gelernt.

Meine Damen und Herren! Ich bin überzeugt davon, die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung hat Vertrauen in diese Regierung, in das Kabinett Schüssel II. (Bundesrat Konecny: Woher haben Sie diese Weisheit? Das ist eine sehr kühne Behauptung! Sie haben schon lange nicht mehr mit dem normalen Bürger geredet!) Herr Kollege Konecny, ich bin überzeugt davon, die Mehrheit hat Vertrauen in diese Regierung, und zwar schon aus dem einen Grund: weil die internationale Reputation unserer Republik das Kabinett Schüssel I beziehungsweise Schüssel II wiederhergestellt hat. (Bundesrat Konecny: „Wiederhergestellt“? Vorher waren wir ganz unten durch?)

Herr Kollege Konecny, ersparen Sie mir die Diskussion, wer der österreichischen Reputation auf internationaler Ebene geschadet hat! Ersparen Sie mir, die Position der SPÖ zur Zeit der EU-Sanktionen hier wiederzugeben! Meine Damen und Herren von der SPÖ, ersparen Sie mir, das wiederzugeben – Sie von der Sozialdemokratie wissen ohnehin ganz genau, woran ich da jetzt denke! (Bundesrat Konecny: Erlegen Sie sich doch keinen Zwang auf! Machen Sie sich ruhig so lächerlich, wie Sie wollen!)

Den Machtverlust der SPÖ verkraften Sie nicht, meine Damen und Herren von der So­zialdemokratie! Und dort, wo Sie Macht und Kompetenz hatten, haben Sie ja gezeigt, was Sie können. Ich erwähne da nur: „Konsum“, EStAG und so weiter; alles keine Ruhmesblätter der österreichischen Geschichte! (Bundesrat Konecny: Da hat die SPÖ Aktien gehabt, oder was?)

Abschließend: Bleiben Sie bei Ihren Positionen, denn dadurch werden Sie – hoffent­lich! – recht lange in Opposition bleiben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundes­räten der ÖVP.)

11.51

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Dr. Lichten­ecker. Ich erteile ihr das Wort.

 


11.51

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Weil­harter, da Sie der SPÖ vorgeworfen haben, sie hätte ihre Oppositionsrolle schlecht


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 60

gelernt, möchte ich nur an die Sendung „Offen gesagt“ von vergangenem Sonntag erinnern, in der sich Minister Böhmdorfer lang und breit über die Regierungsunfähigkeit der FPÖ ausgebreitet hat beziehungsweise darüber, wie die FPÖ von der ÖVP in der Regierung über den Tisch gezogen wird! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwi­schenrufe bei den Freiheitlichen.)

Dazu kann ich nur sagen: Diese Offenheit von Minister Böhmdorfer habe ich wirklich beeindruckend gefunden; diese Sendung ist eine spannende und interessante Sache gewesen. Sollten Sie, Herr Kollege Weilharter, das nicht gesehen haben, kann ich Ihnen nur empfehlen: Schauen Sie sich das Video an! Es war hochinteressant, das von Bundesminister Böhmdorfer über die Regierungsfähigkeit der FPÖ zu hören!

Warum ich mich jetzt zu Wort gemeldet habe, ist, dass mich heute in der Früh, als ich die Zeitung aufgeschlagen habe, der Ausdruck „Boxenluder“ wirklich tief betroffen gemacht, ja mich wirklich erschüttert hat. Und was mich jetzt noch einmal betroffen gemacht hat, ist, dass sich niemand von der ÖVP, niemand von der FPÖ hier zu Wort gemeldet und sich vehement gegen derartige Bezeichnungen ausgesprochen hat. Der ORF-Homepage kann entnommen werden, dass Haider die neue freiheitliche Justiz­ministerin „Boxenluder“ nennt. „Sie kann sich darüber gar nicht freuen.“ „Mit den Wor­ten ,Ich bin kein Boxenluder!’ hat die neue FPÖ-Justizministerin Karin Miklautsch am Mittwoch auf die Frage eines Journalisten reagiert, wie sie den diesbezüglichen Aus­spruch von Landeshauptmann Jörg Haider (FPÖ) bei dem Go-Kart-Rennen in Velden sieht.“ – Zitatende.

Das kann es doch nicht sein! Das ist eine unerträgliche Sache! Kollege Hagen – er ist im Moment nicht hier –: Wenn Sie sagen, Frau Ministerin Miklautsch wird es sehr schwer haben, erwidere ich Ihnen: Ja, aber dann sicherlich auf Grund der Tatsache, dass von Ihrem eigenen Landeshauptmann, von Ihrem eigenen Parteikollegen und letztendlich vom – seien wir doch ehrlich! – wirklichen FPÖ-Parteiobmann solche Worte und Bezeichnungen kommen! Das ist unerträglich! (Beifall bei den Grünen sowie bei der SPÖ.)

Letztendlich – damit möchte ich schon schließen – hätte ich mir auch erwartet, dass es auf einen derart widerwärtigen, derart geschmacklosen und sexistischen Übergriff einer Frau gegenüber klare Worte seitens der beiden Fraktionen ÖVP und FPÖ gegeben hätte! – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der SPÖ.)

11.55

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Himmer. Ich erteile ihm das Wort.

 


11.55

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Präsident! Bei einer Regierungsumbildung ist wohl klar, dass dar­über diskutiert wird: Dank wird gesagt jenen, die ausgeschieden sind; man ist gespannt auf die neuen Mitglieder – und dass die einen es als Aufbruch sehen und die anderen meinen (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: ..., dass der Asphalt schon schwarz wird vom Durchstarten!), das seien Zeichen für Instabilität, ist auch klar.

Der SPÖ-Fraktionschef, Herr Kollege Konecny, hat hier jedoch wieder einmal den Ausdruck „intellektuelle Redlichkeit“ strapaziert – und darauf möchte ich schon einge­hen, weil er ja hiermit immer wieder in den Raum stellt, es sei etwas intellektuell Unredliches geschehen, als im Jahre 2000 in unserem Lande eine neue Regierung gebildet worden ist.

Aus der gegenwärtigen Situation heraus kann man wieder anderes hineindiskutieren: Fest steht jedenfalls, dass im Jahre 2002 bei den NR-Wahlen der Wähler Unredlichkeit


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 61

zumindest nicht ausschließlich unserer Fraktion zugebilligt hat. (Bundesrat Konecny: Oh, feine Unterscheidung!) – Diese Wahl ist wirklich ein bissel besser für uns als für den Koalitionspartner ausgegangen; das ist aber nichts statistisch Unerfassbares.

Worum es geht, ist, dass Sie, Kollege Konecny, hier den Eindruck zu erwecken versu­chen, der Begriff „intellektuelle Redlichkeit“ wäre sozusagen für die Sozialdemokratie monopolisiert; man könne das zwar vielleicht kurzweilig mit den Grünen teilen – die anderen Parteien in unserem Lande seien jedoch intellektuell unredlich.

Zweifelsohne gibt es bemerkenswerte Äußerungen von unterschiedlichen Leuten, und zwar in allen Fraktionen, und in diesem Zusammenhang möchte ich schon die liebe Sozialdemokratie daran erinnern, dass die Äußerungen des Abgeordneten Broukal vom Herrn Broukal und von der SPÖ stammen. – Das nur zum Thema „intellektuelle Redlichkeit“! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Aussagen Broukals im Nationalrat sind auch durch die weiteren Ausführungen des Parteivorsitzenden Gusenbauer nicht ernsthaft entschärft worden. Es gibt sehr unter­schiedliche Interpretationen, warum Gusenbauer Broukal so stark verteidigt hat, denn zunächst hat man eigentlich gemeint – das nur zu Ihrem innerparteilichen Kräfte­parallelogramm; Sie von der SPÖ kümmern sich ja sonst auch immer um die anderen Fraktionen; daher reden wir jetzt auch einmal darüber –, Gusenbauer hätte sich eher darüber gefreut, dass sich Broukal sozusagen selbst ein bisschen aus dem Rennen genommen hat. (Bundesrat Konecny: Sehen Sie, so kann man sich täuschen!) Dann allerdings hat Gusenbauer Broukal ganz besonders toll verteidigen müssen.

„Intellektuell redlich“ ist es Ihrer Ansicht nach natürlich, wenn man nach so einem Eklat dieselbe Person zwei Wochen später zum stellvertretenden Vorsitzenden der „intellek­tuell Redlichen“ wählt. Das ist dann natürlich besonders interessant!

Das Zweite, was sich auch aus diesem Punkt „intellektuelle Redlichkeit“ ableitet, ist die von Ihnen ins Spiel gebrachte Thematik, wie in anderen Parteien über Frauen geredet wird. Da sind ja Sie von der Sozialdemokratie besonders empfindlich; auch die Grünen, wobei ich da schon fein unterscheiden möchte, weil das ausschließlich von der Sozial­demokratie gekommen ist.

Forstinger hin oder her: Hätten Redner der Volkspartei, der Freiheitlichen oder von wo auch immer einer Kollegin Dohnal, einer Kollegin Prammer gegenüber oder wie sie alle heißen auch nur in Ansätzen eine solche Wortwahl benutzt, wären sicherlich die wütendsten Zwischenrufe à la „Frauenfeindlichkeit!“ gekommen. (Bundesrat Konecny: Reden Sie jetzt vom Herrn Landeshauptmann?) Wenn es sich jedoch um eine nicht „rote“ Dame handelt – intellektuelle Redlichkeit! –, dann ist es Ihrer Ansicht nach natür­lich wieder etwas ganz anderes. Und das ist dann Ihrer Ansicht nach auch keine Frau, die die Frauen wirklich repräsentiert, und es ist ja auch Ihrer Ansicht nach kein Zeichen von Emanzipation, wenn eine keine „rote“ Emanze ist. (Beifall bei der ÖVP. – Zwi­schenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Das gehört auch zur intellektuellen Redlichkeit dazu: Es gibt genügend Beispiele dafür aus der Vergangenheit – egal, ob das die Frau Kollegin Forstinger war oder die Frau Außenministerin Ferrero-Waldner ist. Heute haben Sie bei jemandem, der nicht einmal noch einmal hier auf der Regierungsbank gesessen ist, den Verdacht, dass es eine schwache Darbietung dieser Person geben könnte. (Bundesrat Konecny: Wer hat das gesagt, bitte? Von welcher Debatte reden Sie jetzt? Das wäre interessant! Reden Sie von Ihren Debatten im Klub?)

Herr Professor Konecny, ich kann es Ihnen beantworten. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Konecny.) Sie haben in Ihren – wie üblich – zweifellos sehr doppelbödi­gen Ausführungen über die neue Justizministerin nicht gesagt, dass Sie sie für


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 62

schwach halten, sondern Sie haben sozusagen sicherheitshalber einen Vergleich mit der Frau Forstinger, die Sie hier in ich weiß nicht wie viel Reden kritisiert haben (Bun­desrat Konecny: Die war schwach! Das ist eine objektive Tatsache!), gemacht. (Bun­desrat Konecny: Der Vergleich ist gut!) Unterliegen Sie nicht dem Irrtum, dass jetzt alle glauben, dass von Ihnen der Vergleich zufällig angestellt worden ist! (Vizepräsident Mag. Pehm übernimmt den Vorsitz.)

Nun komme ich zu einem dritten Thema, wo ich auf den Kollegen Todt Bezug nehme. Bundesrat Todt weiß zwar nicht, wie es in Wien mit der Arbeitslosigkeit ausschaut, aber sonst ist er sehr besorgt. In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen einen Rat geben: Vielleicht könnten Sie sich einmal sozusagen bilateral mit dem Kollegen Schim­böck abstimmen, wie es sich damit eigentlich verhält, denn Sie sind derjenige, der hier immer auftritt und sagt: Da gibt es die „bösen“ Unternehmer, das ist eine Klientel der ÖVP, und die ÖVP macht nur Klientel-Politik! Danach kommt der Kollege Schimböck hier heraus und sagt: Es ist zu wenig für die Großunternehmen gemacht worden, denn da hängen die ganzen Klein- und Mittelbetriebe dran, und das ist volkswirtschaftlich sehr bedeutend! Ich hoffe, dass der Kollege Schimböck damit auch meint, dass die Senkung des Körperschaftsteuersatzes ein sehr wichtiger standortpolitischer Schritt, eine sehr wichtige wirtschaftspolitische Maßnahme war.

Herr Kollege Schimböck, vielleicht könnten Sie dem Kollegen Todt diesbezüglich auch ein wenig Information geben und ihm dahin gehend aufklären, dass das dazu dient, dass wir den Wirtschaftsstandort sichern.

Weil man immer davon spricht, bei monetären Leistungen sei zu unterscheiden zwi­schen solchen für die Unternehmen und solchen für die Leute: Es sind die Unterneh­men, die auf Grund dieser politischen Entscheidungen Arbeitsplätze in Österreich sichern, und zwar auch in Wien, wo allerdings, wie wir alle wissen, die Wiener Stadtre­gierung viel zu wenig macht, um etwas Attraktives für den Wirtschaftsstandort auf die Reihe zu bringen.

Ist Ihnen schon aufgefallen, dass dann die Leute Arbeitsplätze haben? Ist Ihnen schon aufgefallen, dass diese „bösen“ Unternehmen den Mitarbeitern dieser Unternehmen ihr Gehalt bezahlen? (Bundesrat Kraml: Die arbeiten dafür! Die Unternehmen schenken es nicht her!) Ist Ihnen das schon einmal bewusst gewesen bei Ihrer Unterscheidung zwischen Steuern für die Unternehmen und Steuern für den Einzelnen? Die Körper­schaftsteuersenkung ist Ihrer Meinung nach für irgendwelche abstrakten „bösen“ Un­ternehmen gemacht worden.

Sie sollten wissen: Es geht dabei um Wirtschaftskörper, in denen Menschen arbeiten, in denen Menschen ihr Geld verdienen, von dem sie leben. Das möchte ich auch ein­mal der Sozialdemokratie zu bedenken geben, damit sie das auch einmal versteht! (Beifall bei der ÖVP.)

12.03

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Gumplmaier. Ich erteile ihm dieses.

 


12.03

Bundesrat Dr. Erich Gumplmaier (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen Bundesräte! Wir sollten nicht vergessen, aus welchem Grund wir diese Debatte zur Erklärung des Vizekanzlers abführen. (Bundesrat Dr. Böhm: Eben! Man macht es nur nicht! – Oh-Rufe bei der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: Ihr missbraucht es ja!)

Es ist ja diese Regierungsumbildung nicht deshalb erfolgt, weil man Bessere gefunden hätte, sondern man hat – und die Argumente wurden ja dafür geliefert – die Besten


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 63

ausgetauscht und man betreibt Kosmetik nach fünf Wahlniederlagen. Also der eigent­liche Zweck dieser Regierungsumbildung ist, den Schein zu wahren, man erneuere sich, man habe den Spruch des Wählers verstanden und man schicke nun Bessere in die Regierung oder man korrigiere seine Politik.

Nichts von dem ist angekündigt, nichts von dem ist auch zu erwarten! Wir können uns vielleicht irgendwann eines Besseren belehren lassen, aber an Wunder zu glauben, habe ich schon lange aufgehört.

Es gibt also eine Regierungsumbildung, die wir erdulden müssen, mit der die FPÖ ver­sucht, ihre Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit zu reparieren. Das ist auch der Grund, warum sich der zweite Regierungspartner sehr, sehr schwer tut, diese Umbildung auch nur irgendwie zu begründen oder ihr etwas Gutes abzugewinnen.

Sie werden Ihre Glaubwürdigkeit nach wie vor nicht verbessern, denn Sie sind klarer­weise – und das sollte die ÖVP nicht vergessen – gefangen, und zwar gefangen in zwei Gruppierungen. Das ist mit den Aussagen des Herrn Stadler manifest geworden. Die deutschnationale Knittelfelder Seite – oder wie auch immer dieser Flügel heißt – darf nicht zu laut werden, denn sonst würde man europaweit diskreditiert werden und die ÖVP hätte noch ein größeres Problem mit dem „lieben“ kleinen Regierungspartner.

Die zweite Gruppe, bei der man die Glaubwürdigkeit permanent verliert, sind die so genannten kleinen Leute, die irgendwann einmal von der SPÖ, als diese sich bei ihrer Regierungsverantwortung zu sehr in Widersprüche in ihrer Politik verwickelt hat, zur FPÖ gewandert sind. Die Stimmen dieser so genannten kleinen Leute verlieren Sie auch laufend.

Das Problem ist: Sie sind gebunden, angekettet an die Regierungsverantwortung, und die ÖVP braucht Sie, weil Sie natürlich der bequemere Partner sind. Sie sind als FPÖ der bequeme Partner, der beim Vollzug einer meiner Meinung nach verwerflichen Poli­tik, bei der man sich unverblümt auf christliche oder soziale Moralbegriffe bezieht, den Steigbügel hält.

Dafür kann ich den Beweis antreten: Bei der breiten Bevölkerung wird permanent der Sparstift angesetzt, die Armutsraten steigen – ich beziehe mich dabei auf Ergebnisse der Österreichischen Armutskonferenz – die Pensionen werden gekürzt – aber die FPÖ macht trotz allem den Steigbügelhalter für diese Politik.

Da können Sie noch so sehr ablenken, aus diesem Widerspruch werden Sie nicht her­auskommen! Sie werden ein Problem haben: Die ÖVP wird dann nie dabei gewesen sein. – Die eine Partei hat einen Obmann, der sagt: Ich bin schon weg! (Bundesrat Dr. Böhm: Der Haupt ist noch da!), und die ÖVP, die größere Regierungspartei, ist nie dabei gewesen – auch bei der massiven Umverteilungspolitik nicht.

Weil heute der Fraktionssprecher der ÖVP vom „Augenmaß für die Wirtschaft“ gespro­chen hat, darf ich sagen: Das Augenmaß verliert man, wenn man sich einmal die Namensliste der hundert reichsten Österreicher – diese Woche erschienen – anschaut. Es gibt vermutlich kaum ein Land, in welchem so direkt und so offensichtlich die Reichsten ihre Politik in der Regierung vollziehen und selbst in der Regierung sitzen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

Selbst in den USA, dem großkapitalistischen Land ... (Bundesrat Dr. Böhm: Androsch ist nicht in der Regierung! – Weitere anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich komme noch dazu, werden Sie nicht ungeduldig! – In den USA, im Paradeland des Privatkapitalismus, bedienen sich die reichsten Handlanger und Lobbyisten und zahlen sich Ihre Regierungsmitglieder – wohlgemerkt: immer veröffentlicht.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 64

Einige Herrn verlieren das Augenmaß derartig, dass sie zum selben Zeitpunkt, zu dem sie unter den hundert reichsten Österreichern genannt werden, wie etwa der Herr Bar­tenstein, der Herr Mitterbauer, der Herr Prinzhorn, um nur drei zu nennen ... (Bundes­rat Weilharter: Setzen Sie fort: Androsch, Haselsteiner! – Ruf bei der ÖVP: Seit wann ist der Herr Mitterbauer in der Regierung?) Diese Herren verlieren das Augenmaß in demselben Augenblick, in dem veröffentlicht wird, dass allein die hundert reichsten Österreicher im Jahre 2003 einen – sehr milde geschätzten; ich zitiere „trend“ – Ver­mögenszuwachs von 2 200 Millionen € im Jahr erzielt haben. Eine Finanzagentur, die Merrill Lynch, schätzt das Doppelte: also 4 400 Millionen € Vermögenszuwachs im Jah­re 2003 – in jenem Jahr, in welchem Sie die Vermögenssteuersenkung, Körperschaft­steuersenkung konzipiert haben!

Das Augenmaß wird verloren von diesen Herren ... (Bundesrätin Giesinger: Wo hat er es verloren?) Indem er im selben Augenblick begründet, die Wirtschaft sei so danieder­liegend, dass die Arbeitnehmer einen Lohnverzicht, eine Lohnkürzung hinnehmen müssten. Das will man den Arbeitnehmern einreden! (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Giesinger.) Das sagt man aber nicht deutlich, weil man weiß, was entste­hen würde – nämlich ein Volksaufstand darüber, dass diese Leute die Taschen nicht voll bekommen können, während sie von den Arbeitnehmern eine Arbeitszeitverlänge­rung verlangen.

Das ist eine Scheinheiligkeit sondergleichen! Es ist nichts anderes als eine Lohnkür­zung, wenn man heute eine Arbeitszeitverlängerung verlangt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Herren von der FPÖ! Genau darum braucht Sie die ÖVP – um diese Tatsachen zu verschleiern! Sie werden von der ÖVP benutzt, um diese Tatsachen zu verschlei­ern – und da können Sie die Regierung umbilden, so viel Sie wollen! (Bundesrat Weil­harter: Sie haben keine gute Meinung über Schröder!)

Wer heute Lohnkürzungen verlangen würde, der würde sehr rasch von allen verant­wortlichen Ämtern verjagt, und insofern sucht man nach anderen Begriffen, weil sich das die Bevölkerung natürlich nicht gefallen lassen würde.

Die Umverteilung geht weiter. Gestern hat es einen Protest der Postbus- und Bahn­busbeschäftigten gegeben. Der Widerstand formiert sich auch in Unternehmerkreisen. In Oberösterreich haben sich ein Dutzend Kleinunternehmer zusammengefunden, die sich gegen diese Privatisierung, gegen diesen Ausverkauf wehren, der nichts anderes bewirkt, als dass sich die drei größten Busunternehmer Österreichs, Privatunterneh­mer, die fetten Happen holen werden und der öffentliche Verkehr die defizitären Linien wird abdecken müssen. Dann sagt man wieder, der Staat könne nicht wirtschaften, und glaubt, den Leuten einreden zu können, es sei eine Privatisierung notwendig, obwohl Postbus und Bahnbus schwarze Zahlen schreiben.

Noch dickere und fettere Gewinnzahlen schreibt die Telekom, die ganz still und leise privatisiert worden ist, wo die nächsten Schritte eingeleitet wurden. Für Sie, meine Her­ren von der FPÖ, die sehr national orientiert sind, nur ein paar Fakten, geschildert von den Beschäftigten der Telekom, was allein die österreichische Wirtschaft durch den Verkauf der Aktien an die Italienische Telekom verloren hat: Sofort wurden die Aufträge bei der Computerausstattung der Firma Olivetti zugeschanzt. Sofort wurde Druck aus­geübt, den größten Fuhrpark, den man in Österreich hatte, den die Post damals hatte, auf Fiat umzustellen. Für die Münzautomaten in Telefonhäusern wurden italienische Firmen beauftragt. Die Beschäftigten der Telekom erzählen, dass viele davon bis heute nicht funktionieren. Was die Bevölkerung Österreichs an Vermögen verloren hat da­durch, dass sich die italienischen Eigentümer wieder aus dem Staub machten, das muss erst ausgerechnet werden. Es finden sich leider keine Medien, die diese Tatsa-


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 65

chen veröffentlichen. Das ist Ihr Glück! Da sind nämlich einige unter den hundert reichsten Österreichern dabei, die die Macht haben, die Meinung zu veröffentlichen.

Man kann sich trösten, die ÖVP und die FPÖ haben sich anscheinend schon darauf vorbereitet, dass zumindest die FPÖ in Opposition gehen wird, denn anders kann man die Tatsache nicht verstehen, dass entgegen allen Usancen in demokratischen Län­dern, wo man eine Einrichtung des Parlaments – ich rede jetzt vom Rechnungshof – immer den jeweiligen Oppositionsparteien zugesteht, dieses Mal die kleine Regie­rungspartei den Rechnungshofpräsidenten stellt. Wenn da die Vorbereitung mehr oder weniger schon die Einsicht ist, dass man ohnehin bald in Opposition sein wird, soll es mir recht sein. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.17

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Ing. Kampl. Ich erteile ihm dieses.

 


12.17

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Es ist schade, dass wir solch ein negatives Bild von Österreich hier im Hohen Hause malen. Ich glaube, wir sollten auch ein bisschen stolz sein: auf unsere Leistungen, auf unser hohes internationales Ansehen und auf die Sicherung unserer Zukunft, zu der wir alle mit beigetragen haben. Alle haben wir mitgewirkt: alle Arbeit­nehmer, alle Bauern und auch alle Unselbständigen und Freiberuflichen. Das sollte uns stolz machen! Wir sollten hier vom Rednerpult aus nicht immer nur das Negative auf­zeigen, das Negative in die Medien bringen. Da frage ich mich: Wer soll sich denn da in Österreich noch niederlassen? Wer soll denn von Österreich überzeugt werden, wenn wir selber immer nur das Negative hervorstreichen? (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun zur Steuerreform: In der Zweiten Repub­lik ist das die größte Steuerreform, die wir uns jemals haben vorstellen können – mit einer Größenordnung von 3 Milliarden €! Das sollte man doch anerkennen! Dabei wur­den die Gelder auch ausgewogen verteilt. Profitiert davon haben die Bezieher kleiner Einkommen, die Familien, die Frauen mit Kindern, die Unternehmen, vor allem die klein- und mittleren Unternehmen, wo es um die Sicherung der Arbeitsplätze geht. Die Mittel wurden so schwerpunktmäßig verteilt.

Meine Damen und Herren! Wenn jeder Österreicher in seiner Brieftasche dann letzten Endes um 500 € mehr im Jahr ab 1. Jänner 2005 haben wird, dann werden wir es erst richtig spüren. Dann werden, liebe Kolleginnen und Kollegen von der linken Reichs­hälfte, vielleicht auch Ihre Wählerinnen und Wähler überzeugt sein davon, dass die derzeitige Bundesregierung auf dem richtigen Weg ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich möchte nur ein paar Beispiele anführen. Zu nennen wäre einmal der Kinderzu­schlag: für das erste Kind 130 €, für das zweite Kind 175 €, für das dritte Kind 220 €.

Bei den größeren Einheiten schaut es folgendermaßen aus: 2,6 Millionen Arbeitnehmer in Österreich werden um 990 Millionen € entlastet, 1 050 000 Pensionisten um 450 Mil­lionen €, 900 000 Alleinverdiener um 230 Millionen €. Auch für die 130 000 Bauern gibt es Entlastungen, und das ist die Rückvergütung der Mineralölsteuer, zu der ich wirklich sagen muss, dass die, wie jeder von uns einsehen sollte, eigentlich von Haus aus nicht hätte sein dürfen. Oder: Für 100 000 Einzelunternehmer gibt es Entlastungen im Aus­maß von 400 000 € und für die 100 000 GesmbHs 1,1 Milliarden €.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 66

Ich muss sagen: Ich und meine Fraktion haben einen großen Respekt vor dem Mut und vor der Verantwortung, die diese Bundesregierung gewagt hat, denn das gesamte Staatsziel und die gesamte Staatsreform so zu steuern, dass wir auch in Zukunft inter­national konkurrenzfähig sind, dass wir international mithalten können, und dann auch noch eine Steuerentlastung vorzunehmen, das ist beachtlich. Darüber sollten auch Sie von der Opposition einmal nachdenken!

Lieber Kollege Dr. Gumplmaier, ich verstehe deine Sorge schon, aber ich würde sagen: Jeder von uns hat in seiner eigenen Partei genug Sorgen. Du sollst dir nicht Sorgen machen um die FPÖ. Ich kann dir versichern: Wir werden am Samstag eine geschlossene FPÖ, die in die Zukunft blickt, präsentieren. (Beifall bei den Freiheit­lichen. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Liebe Freunde! Ich verabscheue diese Personenhatz, die es da gibt. Egal, welche Bundesregierungsmitglieder wir stellen, Sie betreiben immer eine Hatz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schaut euch einmal an, wie respektlos teil­weise unseren Regierungsmitgliedern von Seiten der SPÖ und der Grünen und von den Medien begegnet wird! (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Von den eigenen Obleu­ten!) Ob von den eigenen Leuten, das lassen Sie unsere Sache sein! (Ironische Heiter­keit bei der SPÖ und den Grünen.) Wir mischen uns nicht in die Angelegenheiten der SPÖ und in Verhältnisse der Grünen. Aber einer Sache können Sie versichert sein: Die Österreicher werden die Aussagen vom Broukal und von eurem „großen“ Parteichef Gusenbauer sicher nicht so hinnehmen, wie Ihr es vielleicht glauben mögt! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.23

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kaltenbacher. Ich erteile es ihm.

 


12.23

Bundesrat Günther Kaltenbacher (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Ich möchte eingangs nur kurz dem Kollegen Weilharter aus der Steiermark etwas sagen, der hier herauskam und behauptete, auch die SPÖ sei für das Dilemma bei der EStAG verantwortlich. In diesem Zusammenhang eine Klarstel­lung: Als Eigentümervertreter war seit 1945 immer die ÖVP am Ruder! (Zwischenruf bei der ÖVP.) Die ÖVP ist verantwortlich für dieses Dilemma dort.

Ich frage Sie: Warum musste Landesrat Paierl zurücktreten, und was kam beim Unter­suchungsausschuss heraus? – Niemand anderer als Landeshauptfrau Klasnic und Landesrat Paierl waren es, die über die Beteiligungen, die nicht rechtens waren, Bescheid wussten, und deshalb musste Landesrat Paierl gehen. Das ist die Wahrheit!

Warum hat der Aufsichtsrat die Vorstandsmitglieder entlassen? (Bundesrat Dr. Böhm: Mit Ihren Stimmen!) Warum hat Hirschmann die Machenschaften aufgezeigt? (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Wie sehen die Vorstandsverhältnisse aus? – Zehn zu zwei: zehn ÖVP und der Rest andere Parteien. Wer hat die Mehrheit dort? (Ruf bei der ÖVP: Der Vorstand!) Der Aufsichtsrat! (Bundesrat Dr. Böhm: Sie haben mitgestimmt!) – Da­her muss man sagen: Wo liegen die Verantwortlichkeiten? In Anbetracht dessen, Bertl, hier herauszugehen und zu sagen, da sei die SPÖ verantwortlich, ist schon verwunder­lich. Da bist du eindeutig auf dem falschen Dampfer! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir konnten froh sein, dass die Dividenden, die gefordert wurden, und zwar sowohl vom Unternehmen als auch von der Frau Landeshauptmann, nicht ausbezahlt wurden und dass die dreiprozentige Strompreiserhöhung dank unserer Initiative nicht auf die


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 67

Kunden umgeschlagen wird. Ich glaube, dass ist die Vertretung, die wir machen, und nicht eine solche wie die der Regierungspartei. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

12.25

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzgesetz 1995, das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, das Saatgutgesetz 1997, das Weingesetz 1999 und das Gesundheits- und Ernäh­rungssicherheitsgesetz – GESG geändert werden, mit dem ein Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundes­anstalten erlassen wird, mit dem ein Bundesforschungs- und Ausbildungszent­rum für Wald, Naturgefahren und Landschaft als Anstalt öffentlichen Rechts er­richtet und das Bundesamt für Wald eingerichtet wird – BFWG, und mit dem das Forstgesetz 1975 geändert wird (Agrarrechtsänderungsgesetz 2004) (505 d.B. und 529 d.B. sowie 7064/BR d.B.)

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesamt für Wasserwirtschaft geändert wird (530 d.B. sowie 7065/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Wir gelangen nun zum 3. und 4. Punkt der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Bevor wir in die Debatte eingehen, möchte ich den Herrn Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll sehr herzlich hier im Bundesrat begrüßen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Berichterstatterin zum Tagesordnungspunkt 3 ist Frau Bundesrätin Christine Fröhlich. Sie erstattet auch den Bericht zum Tagesordnungspunkt 4. – Ich bitte um die Bericht­erstattung.

 


Berichterstatterin Christine Fröhlich: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzgesetz 1995, das Pflanzen­schutzmittelgesetz 1997, das Saatgutgesetz 1997, das Weingesetz 1999 und das Ge­sundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz – GESG geändert werden, mit dem ein Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten erlassen wird, mit dem ein Bundesforschungs- und Ausbildungszent­rum für Wald, Naturgefahren und Landschaft als Anstalt öffentlichen Rechts errichtet und das Bundesamt für Wald eingerichtet wird – BFWG, und mit dem das Forstgesetz 1975 geändert wird (Agrarrechtsänderungsgesetz 2004).

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, es erübrigt sich daher dessen Verle­sung.

Ich komme sogleich zur Verlesung des Ausschussantrages.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 68

Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Des Weiteren erstatte ich den Bericht des Ausschusses für Land-, Forst- und Wasser­wirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesamt für Wasserwirtschaft geändert wird.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, und es erübrigt sich daher dessen Verlesung.

Ich komme sogleich zur Verlesung des Ausschussantrages.

Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 2004 den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Danke schön.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Bundesrat Kraml. Ich erteile ihm dieses.

 


12.28

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Agrar­rechtsänderungsgesetz 2004 ist eine Sammelgesetznovelle, die sowohl der Rech­nungshof als auch der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes in den Begutach­tungsstellungnahmen heftig kritisiert hat.

Dieser Kritik kann ich mich anschließen, weil damit weder bei der Vollziehung noch den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber Rechtssicherheit gewährt wird, und da geht es meiner Meinung nach auch um Rechtssicherheit.

Es ist schade, dass die einzelnen Gesetze, Herr Bundesminister, nicht separat und ausführlich begutachtet und diskutiert wurden. Jedenfalls wird dadurch sowohl die Transparenz als auch die Verständlichkeit der Legislative weiter ausgehöhlt.

Solche Sammelgesetzesänderungen nähren immer den Verdacht, dass etwas durch­gepeitscht, verschleiert oder versteckt werden soll. Wir lehnen solch eine Vorgangs­weise ab, und zwar nicht nur bei Gesetzen, die die Landwirtschaft betreffen, sondern in allen übrigen Bereichen auch.

Meine Damen und Herren! Das Pflanzenschutzgesetz und das Pflanzenschutzmittel­gesetz betreffen die Kontrolle, die Probenahmen sowie die Kennzeichnung und die Verpackung von Pflanzenschutzmitteln. In dieser Hinsicht geht unserer Meinung nach die vorliegende Regelung zu wenig weit, und das ist nicht im Sinne der Konsumentin­nen und Konsumenten, denn da geht es um unser aller Gesundheit. Wenn weltweit an die 200 000 Menschen an akuten Vergiftungen durch Pflanzenschutzmittel sterben und schwere Krankheiten eindeutig mit Pestiziden zusammenhängen, dann muss uns das alle nachdenklich machen.

Erinnern wir uns: Es hat vor einigen Monaten auch einen EU-Kontrollbericht gegeben, und der hat gravierende Mängel im Bereich der Pestizidkontrolle in Österreich festge­stellt. Auch „Global 2000“ hat bei Untersuchungen gefährlich hohe Pestizidgehalte bei Tomaten festgestellt. Das Magazin „profil“ hat dann auch noch von „Killertomaten“ geschrieben.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 69

Für die Einrichtung des Feinkostladens Österreich war das alles nicht sehr dienlich. Allerdings hätte „profil“ das nicht schreiben können, wenn es diese Untersuchungen nicht gegeben hätte, Herr Bundesminister. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Killertoma­ten?) Wenn zu viel Pestizide in den Tomaten drinnen waren, schreiben Medien „Killer­tomaten“, das ist halt einmal so. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Das muss man aber genau lesen!) Na ja, sie sind „Killertomaten“ genannt worden.

Meine Damen und Herren! Wir haben ein kleines Durcheinander bei der Zulassung der Pestizide, die aus Holland oder Deutschland eingeführt werden. In diesem Zusammen­hang wurden mehrere umfangreiche Anfragen an die Bundesregierung gerichtet, es gab ein monatelanges Rätselraten um die Pestizid-Höchstwerte. Man hat gehört, dass die Ernährungsagentur neue Pestizide noch nicht nachweisen konnte. Das ist ein klei­nes Durcheinander und das sollte es einfach nicht geben.

Meine Damen und Herren! Auf den Zigarettenpackungen gibt es jetzt diese großen Warnhinweise, dass Rauchen gesundheitsschädlich ist. Ich kann aber selbst entschei­den, ob ich rauche oder nicht. Dass man die Pflanzenschutzmittel nicht anführt, ist ein großer Fehler. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wirkt sich natürlich auch auf die Beschaffenheit des Grundwassers aus. Das ist eine Wirkungskette, die sich nicht tren­nen lässt. Im Nationalrat hat Kollege Kurt Gaßner darauf hingewiesen, dass nach der Ausschwemmung der Gifte durch das letzte Hochwasser die Belastung mit Atrazin schon wieder die Grenzwerte erreicht hat. Das heißt für mich, das sich die Grundbelas­tung durch Pestizide nicht geändert hat. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Stimmt nicht!)

Herr Bundesminister! Ich weiß schon, dass Sie das anders sehen. Allerdings gibt es diese Belastung im Wasser. Wenn es im Wasser nachweisbar war, dann muss es im Laufe der letzten zwei Jahre wieder hineingekommen sein, denn vor zwei Jahren ist es ausgewaschen worden. Da müssen Sie mir schon erklären, wie das sonst gehen soll.

Meine Damen und Herren! Zur Saatgutgesetz-Novelle: Mit dieser schaffen Sie sich eine Generalklausel zur Ermächtigung bei den Anmelde- und Zulassungsverfahren. Die Kontroll- und Mitbestimmungsrechte des Parlaments sind dann nicht mehr gege­ben, und ich meine auch, dass die Bundesländer mit ihren gentechnikfreien Zonen in Zukunft damit Probleme bekommen werden.

Meine Damen und Herren! 80 Prozent der europäischen Bevölkerung lehnt gentech­nisch verändertes Saatgut ab. 80 Prozent wollen gesunde Lebensmittel haben. 80 Pro­zent der Leute wollen keine Gifte in den Stoffen haben. Da müssen wir absolut etwas tun.

Der wichtigste Partner der Landwirtschaft – Herr Bundesminister, da werden Sie mir Recht geben – ist nun einmal der Konsument, und der Konsument braucht so viel Schutz wie nur irgend möglich. Es ist auch immer wieder dasselbe Spiel: Wenn es um Gesetze im Bereich der Landwirtschaft geht, dann wird der Konsument zum Schulter­schluss eingeladen. Doch von der Diskussion alleine hat der Konsument aber nur sehr, sehr wenig, er braucht die entsprechenden Gesetze.

Sie, Herr Bundesminister, ziehen konsequent und beinhart die Linie für die Landwirt­schaft und eigentlich gegen die Konsumenten durch. Von Partnerschaft ist da wenig zu spüren. Ihr Ministerium bezeichnet sich ja auch als Lebensministerium, damit sind Sie unser aller Lebensminister. Sie sollten daher auch in dieser Hinsicht die entsprechende Konsequenz an den Tag legen.

Mir ist schon klar, meine Damen und Herren, dass die Landwirte unter schwierigen Bedingungen produzieren. Mir ist auch klar, dass es hiebei um Arbeitsplätze geht, mir ist klar, dass es insgesamt auch um die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit der Land­wirtschaft geht, und mir ist auch klar, dass sich die Konsumenten in ihrem Kaufverhal-


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 70

ten nicht immer so loyal verhalten, wie sich das mancher wünscht. Wenn wir auf der einen Seite vom Feinkostladen Österreich sprechen und auf der anderen Seite die Werbeaktionen der Handelskonzerne sehen, die ihre Geburtstagsfeiern auf dem Rücken der bäuerlichen Produzenten und der Lebensmittelindustrie austragen – Milch, Brot, Fleisch zu Dumpingpreisen, um die Kunden in den Supermarkt zu locken –, so ist zu sagen: Das ist eine absolut falsche Strategie! (Bundesrat Dr. Kühnel: Sie müssen das ja nicht kaufen!) – Ich komme da nicht in Verlegenheit, das zu kaufen, weil ich nicht in Supermärkte gehe, sondern das auf dem Markt einkaufe, lieber Kollege Kühnel!

Genauso falsch ist es auch, dass Lebensmittel Tausende von Kilometern quer durch Europa transportiert werden, bis sie bei uns ins Regal kommen, nur weil sie dort viel­leicht um ein paar Cent billiger eingekauft werden können und weil vielleicht auch noch – und das ist ja das Fatale an der ganzen Sache – die Transporte von der EU gefördert werden. Das bringt Druck auf die bäuerlichen Erzeuger, und damit verbes­sern wir unsere Situation insgesamt nicht.

Ich weiß schon, dass wir uns in diesem sensiblen Bereich nicht zur Gänze abschotten können. Es gibt die internationalen Handelsgesetze, die da nicht immer zum Vorteil gereichen. Aber dort, wo wir mit der nationalen Gesetzgebung eingreifen können, müs­sen wir das auch tun.

Meine Damen und Herren! All das braucht natürlich auch Kontrolle, und ich wundere mich sehr oft darüber, dass sich die Landwirtschaft über die Kontrolle aufregt. Ich denke, Kontrolle ist etwas ganz Gutes und Kontrolle ist auch nicht Schikane, wie es sehr oft heißt, und wenn es wirklich Schikane sein sollte, dann muss man mit den Kon­trollstellen ein ernstes Wort reden, denn so kann es auch nicht sein. Die genaue Kontrolle soll eigentlich Sicherheit bringen. Sie soll Sicherheit bringen für den Konsu­menten und auch für den Erzeuger. Ich sage es so: Eine strenge Kontrolle dort, wo es um die Gesundheit der Bevölkerung geht, und eine Entbürokratisierung der Kontrolle überall dort, wo die Bereiche nicht so wichtig sind.

Meine Damen und Herren! Das Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald wird ausgegliedert. Wenn man sich die Waldberichte der letzten Jahre ansieht, dann kommt man zu dem Schluss, dass die Regierung die anwachsenden Mängel und Pro­bleme in diesem Bereich schlicht und einfach nur verwaltet. Der Zustand des Waldes, speziell des Schutzwaldes, verschlechtert sich laufend. Ich habe gestern am Abend im Fernsehen gesehen, dass zum Beispiel der Schutzwald im südlichen Oberösterreich, im Salzkammergut – da geht es um an die zehntausend Hektar –, zur Gänze zu sanie­ren ist, weil da viele, viele Jahre lang nichts getan worden ist. Wir alle wissen auch, dass Schutzwald immer noch der billigste Schutz ist, und zwar um das Zehnfache billi­ger als jeder Lawinenschutzverbau.

Meine Damen und Herren! Noch kurz zum Forst: Vor zirka zwei Jahren wurde das Forstgesetz novelliert und der Begriff „Objektschutzwald“ eingeführt. Genau diesem Objektschutzwald soll nun die Wohlfahrtswirkung genommen werden. Da geht es um den freien Zugang zum Wald. Ich hoffe, dass der auch weiterhin gewährleistet bleibt, Herr Bundesminister!

Auch eine positive Anmerkung habe ich hier zu machen: Die Änderungen im Weinge­setz, die sind okay! (Heiterkeit und Oho-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenbemerkung des Bundesministers Dipl.-Ing. Pröll.) Ich muss ja auch etwas Positives sagen, Herr Bundesminister, ich kann ja nicht immer nur die negativen Sachen heranziehen. Wenn es etwas Gutes gibt, dann werde ich das natürlich auch sagen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 71

Meine Damen und Herren! Wir wären bei diesen Gesetzesänderungen gerne mitge­gangen, es hat auch entsprechende Diskussionen in den Ausschüssen des National­rats gegeben, aber wir haben uns dort leider nicht durchsetzen können, und wir können daher diesem Gesetzeskonglomerat unsere Zustimmung nicht geben. (Beifall bei der SPÖ und der Bundesrätin Kerschbaum.)

12.39

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Bundesrätin Diesner-Wais. Ich erteile es ihr.

 


12.39

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kraml, wenn Sie behaup­ten, den Bürgern werde durch diese Gesetznovelle keine Rechtssicherheit gewährt, dann sehen Sie das meiner Meinung nach ganz falsch. (Bundesrat Kraml: Nicht so viel Rechtssicherheit, wie sie brauchen!) Ich sehe das so, dass gerade diese Änderungen dem Bürger, dem Konsumenten und auch den Bauern neue Rechtssicherheit gewäh­ren, und das ist wichtig. Wenn Sie sagen, es werde etwas durchgepeitscht, dann kann ich Ihnen nur erwidern: Das stimmt nicht! Es wird nichts durchgepeitscht, jedes ein­zelne Gesetz ist genau aufgegliedert und auch transparent. Wenn Sie jedes davon genau anschauen, dann können Sie sehen, dass es nur Kleinigkeiten sind, und daher hat man das als ein Sammelkonvolut gemacht.

Sie haben auch die Pestizide aus Holland und Deutschland angesprochen. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Österreich ist das einzige Land, das jene Importe nochmals über­prüft, und gerade zu Deutschland sollten wir doch ein bisschen Vertrauen haben, denn dort gibt es eine grüne Ministerin, und die wird ja ... (Bundesrat Kraml: Jetzt sollen wir wieder Vertrauen haben! Vor einer halben Stunde hat es noch geheißen, wir könnten kein Vertrauen haben!) Ja, teilweise schon. Man gibt für nichts eine Generalabsolution. Es kommt darauf an, um welche Fragen und um welche Dinge es sich handelt. (Bun­desrat Kraml: Das heißt also, wie es einem passt!)

Da Sie auch Atrazin angesprochen haben, darf ich Ihnen sagen: Das ist in Österreich schon sehr lange verboten. (Bundesrat Kraml: Woher kommen dann die Rückstände im Wasser?) Die Rückstände halten eben länger vor, aber jetzt wird es nicht mehr gespritzt und ist schon seit Jahren verboten.

Wenn Sie behaupten, dass der Minister Gesetze durchzieht, die gegen die Konsumen­ten sind, dann muss ich Ihnen widersprechen. Gerade unserem Bundesminister und Lebensminister können wir danken, dass das in dieser Form abgewickelt wird, sprich, dass die Gesetze so sind, dass der Konsument und der Bürger Vertrauen haben kön­nen, dass jene Produkte, die in Österreich erzeugt werden, wirklich der Qualität ent­sprechen und auch stimmen. Darauf sind wir stolz!

Kontrolle ist wichtig! Da stimme ich Ihnen zu. Ich muss Ihnen jedoch sagen, dass ge­rade der Sektor Landwirtschaft einer der am meisten kontrollierten Bereiche ist, die wir haben, und wir sind stolz darauf. Wir getrauen uns aber auch zu sagen, dass wir schon sehr kontrolliert werden und dass da eigentlich alles stimmt.

Die wichtigsten Punkte des Agrarrechtsänderungsgesetzes 2004 betreffen die Ände­rung des Pflanzenschutzgesetzes in Bezug auf die Harmonisierung der Probeverfah­ren, denn da hat es bis jetzt noch Unklarheiten gegeben, und die sind mit diesem Gesetz nun beseitigt, sowie die Novelle des Pflanzenschutzmittelgesetzes, mit der es zu einer Zusammenführung des Pflanzenschutzmittelverzeichnisses und des Pflanzen­schutzmittelregisters kommt und die auch einige Umsetzungen von EU-Richtlinien ent­hält. Es kommt zu klaren Bestimmungen über das Inverkehrbringen der Importe aus


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 72

Deutschland und Holland, die wir schon angesprochen haben, und auch im Futtermit­telrecht wird eine Anpassung an die EU-Vorschriften vorgenommen. Gerade weil, wie Sie sagten, Kontrolle wichtig ist, soll nun auch neu eine Art Schutz und eine Warn­pflicht für die Gesundheit gefährdende Futtermittel im § 3a festgelegt werden. Es geht dabei darum, dass ein Probeplan zur flächendeckenden Kontrolle festgelegt wird.

Ein Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Land­schaft wird nun als Anstalt öffentlichen Rechts entstehen. Das dient einfach dazu, die Qualität zu steigern. Es besteht in Zukunft auch die Möglichkeit, Dienstleistungen der nicht öffentlichen Hand zu ermöglichen. Ich denke, das ist die richtige Entscheidung.

Die Änderung des Wasserwirtschaftsgesetzes befasst sich mit der Erweiterung des Bundesamts für Wasserwirtschaft um die ökologische Station Waldviertel. Der sind durch die EU-Erweiterung im Bereich der Evaluierung und Überprüfung der Einfluss­faktoren im Gewässerbereich besondere Aufgaben zugewachsen. Das ist für mich ein sehr wichtiger Punkt, denn für unsere Teichwirte im Waldviertel ist dieses Zentrum ein Zentrum der Beratung, der Konzepterstellung und der Wasserüberprüfung, und das soll auch in Zukunft so bleiben. Unsere Teichwirte sollen auch in Zukunft dort ihre Wasserproben zu einem erschwinglichen Preis überprüfen lassen können. Gerade diese Station hilft allen Teichwirten, bei problematischen Situationen rasch über Maß­nahmen zur Abhilfe zu erfahren.

Zusammenfassend darf ich Ihnen nun noch sagen: Es geht bei all diesen Gesetzen um Rechtssicherheit für unsere Bauern, aber auch um Rechtssicherheit für unsere Kon­sumenten und um die Stärkung des Vertrauens in die bäuerlichen Produkte. Es ist wichtig, dass der österreichische Konsument unsere Produkte erkennt und Vertrauen in das Produkt hat. Das Wichtigste ist natürlich, dass er es auch kauft, damit der Kreis­lauf geschlossen wird. Mit dem Kauf österreichischer Produkte sichert er den Arbeits­platz Bauernhof und unsere Kulturlandschaft.

Wir haben eine klein strukturierte Landwirtschaft und legen großes Augenmerk auf Qualität und Sicherheit. Österreich hat EU-weit den größten Anteil an Biobauern und an biologischer Landwirtschaft. Darauf sind wir sehr stolz!

Schon in der letzten Sitzung im Bundesrat, als wir das Tierschutzgesetz beschlossen haben, habe ich darauf hingewiesen, dass es sehr wichtig ist, europaweit einheitliche Regelungen zu haben, damit die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft in unserem eigenen Land auch zukünftig gewährleistet ist.

Zum Schluss darf ich noch sagen: Unsere Bauern sind sich ihrer Verantwortung für Mensch, Tier, Wasser und Umwelt bewusst und praktizieren täglich einen würdevollen Umgang damit. Daher ist es unsere Aufgabe, ihnen die Rahmenbedingungen dafür zu geben und auch den Konsumenten Rechtssicherheit zu geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

12.46

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Bundesrätin Kerschbaum. Ich erteile es ihr.

 


12.46

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Agrarrechtsände­rungsgesetz umfasst Änderungen von acht Gesetzen. Solche Dinge verärgern, denn es hat den Anschein, dass Sie der Diskussion ausweichen wollen. Warum kann man nicht jedes Gesetz einzeln diskutieren? Wir hätten einigen gerne zugestimmt. In die­sem Fall, wenn wir alles auf einmal serviert bekommen, können wir leider nur nein sagen. Ich weiß an Ihnen zu schätzen, dass Sie üblicherweise zuhören und auch Ant-


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 73

worten geben und dass man mit Ihnen diskutieren und reden kann. In diesem Fall ärgert es mich einfach, dass acht Gesetze auf einmal beschlossen werden, wovon wir vier gerne mitgetragen hätten, jetzt aber alle acht ablehnen müssen.

Diese Änderungen sind doch ein ganz schönes Konvolut, und man könnte dazu sehr viel sagen. Kollegin Diesner-Wais hat die positiven Aspekte schon herausgestrichen, so halte ich mich eben an die negativen Aspekte. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Da sind Sie dann aber gleich fertig!) Nein!

Kollegin Diesner-Wais hat gesagt: Die Landwirtschaft ist der Bereich, der am meisten kontrolliert beziehungsweise besonders intensiv kontrolliert wird. Das hängt vielleicht auch mit folgendem Faktor zusammen: Die Landwirtschaft produziert unsere Lebens­mittel, diese Lebensmittel sind einfach für jeden von uns wirklich sehr wichtig, und des­halb ist auch die Kontrolle enorm wichtig.

Eines der Gesetze, die wir im Nationalrat abgelehnt haben, war das Pflanzenschutzmit­telgesetz. Ich als Konsumentin würde es eher als „Pestizidgesetz“ bezeichnen. Herr Kraml hat schon die Aspekte aus der Sicht des Konsumenten unter die Lupe genom­men, ich denke jedoch, es besteht nicht nur eine Gefahr für den Konsumenten, wenn jetzt zusätzliche Pestizide ungeprüft bei uns zugelassen werden, sondern letztendlich besteht auch eine gewisse Gefahr für die Landwirte, denn als Landwirt muss ich diese Pestizide ja wohl oder übel auf dem Feld ausbringen, wenn ich sie einsetzen will. Das bringt eine gewisse Gefährdung mit sich. Ich glaube nicht, dass die Landwirte, vor allem jene aus der klein strukturierten Landwirtschaft, jetzt ein Chemiestudium auf sich nehmen wollen, um sich mit all diesen neu zugelassenen Pestiziden qualifiziert aus­einander setzen zu können.

Dazu kommt noch, dass diese Pestizide zwar zugelassen worden sind, es aber meines Wissens noch nicht ganz klar ist, welche Grenzwerte für diese Pestizide jetzt bei uns gelten werden, ob es die niederländischen, deutschen oder die österreichischen Grenzwerte sein werden. Das heißt, der Landwirt bringt diese Mittel auf seinem Feld aus und hält sich dabei an den Beipacktext, und wenn dann kontrolliert wird, stellt er fest, dass er damit Grenzwerte überschreitet. Das ist an und für sich sicherlich auch nicht das, was der Landwirt letztendlich will. (Bundesrat Ing. Haller: Der Wettbewerb zwingt dazu!)

Auf der anderen Seite – in diesem Fall würde ich gar nicht unbedingt von der anderen Seite sprechen wollen, denn eigentlich sollten Landwirtschaft und Konsumenten in Österreich ja an einem Strang ziehen – steht der Konsument. Wir sprechen immer vom Feinkostladen Österreich, und ich denke, daran sollten wir alle Interesse haben, und zwar sowohl die Landwirte als auch die Konsumenten. Es geht um die Ernährungssi­cherheit, und in diesem Zusammenhang ist leider zu sagen, dass – wie Global 2000 in einer Presseinformation festgestellt hat – ein großer Teil der Pestizide, die wir in Öster­reich einsetzen dürfen, von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit gar nicht einmal nachgewiesen werden können. Sie hat dazu einfach nicht die nötigen Laborgeräte! Es fehlen dazu die finanziellen Mittel, und es fehlen, wie gesagt, leider auch die Laborgeräte. 86 Prozent der neuen Pestizide können von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit gar nicht nachgewiesen werden. Das heißt, sie werden ausgebracht, aber wenn ich als Konsument überprüfen lassen will, ob es Grenzwertüberschreitungen gibt, kann mir das die Agentur für Gesundheit und Ernäh­rungssicherheit nicht mitteilen, weil sie das nicht überprüfen kann. (Bundesrat Dr. Küh­nel: Global 2000 behauptet das! – Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll – in Richtung des Bundesrates Dr. Kühnel –: Sicher!) Das können Sie, Herr Minister, mir dann vielleicht noch genauer erklären. Meines Wissens hat das auch der Rechnungshof kritisiert.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 74

Folgendes ist mir in diesem Zusammenhang noch aufgefallen: In den Unterlagen stand zu lesen, dass die Änderung des Pflanzenschutzmittelgesetzes keine finanziellen Aus­wirkungen haben wird, weil es nur eine technische Änderung ist. Meines Erachtens müssten, wenn neue Pflanzenschutzmittel in Verkehr gebracht werden, die landwirt­schaftlichen Produkte dann auch auf diese Pflanzenschutzmittel untersucht werden können. Das heißt, es müsste sehr wohl finanzielle Auswirkungen haben, zwar nicht unbedingt auf den betreffenden Budgetposten, so doch wohl auf den Budgetposten Ernährungssicherheit, auf den Posten also, wo das Geld dafür ausgegeben wird, dass sich der Konsument sicher sein kann, dass Produkte, die in Österreich produziert wer­den, nicht übermäßig mit Pflanzenschutzmitteln belastet sind.

Wie gesagt: Ich schätze, dass Sie zuhören, und würde mich auch freuen, wenn Sie mir heute ein paar Antworten geben würden. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Sicher!)

Die EU-Richtlinie besagt meines Wissens nicht, dass diese Zulassung von Pflanzen­schutzmitteln, die in den Niederlanden und in Deutschland zugelassen sind, für uns unbedingt notwendig ist. Es handelt sich also meines Wissens nicht um eine Umset­zung der EU-Richtlinie. Daher würde ich gerne von Ihnen wissen: Warum machen wir das? Warum sagen wir als Österreicher nicht: Wir überprüfen auch die Pflanzen­schutzmittel, die in den Niederlanden und Deutschland zugelassen sind, nehmen sie dann in unser Register auf und lassen sie zu! (Bundesrat Ing. Haller: Der Wettbewerb verlangt es!)

Meine nächste Frage ist: Wer ist zuständig dafür, welche Grenzwerte bei diesen neuen Mitteln einzuhalten sind? Dazu gab es zwei schriftliche Anfragen, und einmal hat es geheißen, Sie seien zuständig, und ein anderes Mal gab man zur Antwort, Sie gemein­sam mit der Frau Gesundheitsministerin seinen zuständig. Es würde mich einfach in­teressieren, wer jetzt wirklich zuständig ist.

Dann würde ich natürlich auch gerne wissen, welche Grenzwerte es sein werden, die niederländischen oder holländischen oder unsere. Bei Paprika gibt es meines Wissens so ein Mittelchen, für das bei uns der Grenzwert um die Hälfte niedriger ist als in Hol­land. Das heißt also, es ist schon ausschlaggebend, und zwar sowohl für den Landwirt als auch für den Konsumenten, welche Grenzwerte hier gelten. Wenn ein Landwirt also laut Anweisung im Beipacktext dieses Pestizid wie ein holländischer Landwirt aus­bringt, dann hat er das Problem, dass er in Österreich damit die Grenzwerte um das Doppelte überschreitet.

Dazu möchte ich Ihnen noch sagen: Gerade beim Paprika habe ich meinen Kindern immer gesagt, dass wir diese drei verschiedenfärbigen Paprika aus Spanien, Holland oder woher auch immer nicht kaufen. Die wurden einmal überprüft und haben sich dabei als ganz fürchterlich pestizidbelastet herausgestellt. Wenn ich bedenke, dass wir jetzt die gleichen Pestizide zulassen, dann finde ich das traurig. Bisher habe ich immer geglaubt, dass ich mich darauf verlassen kann, dass wir in Österreich doch bessere Standards haben.

Meine nächste Frage wäre, wann es möglich sein wird, dass die entsprechenden Labortests wirklich umfassend durchgeführt werden. Wann wird es möglich sein, dass die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit wirklich alle Pestizide austesten kann? Wer wird diese Überprüfung finanzieren?

Meine letzte Frage ist: Habe ich als Konsument ein Anrecht darauf, zu wissen, welche Pestizide in einem Nahrungsmittel enthalten sind oder nicht, oder muss ich mich darauf freuen, dass Global 2000 oder etwa die Arbeiterkammer hin und wieder einmal Tests macht und mir sagt, ob irgendeine Gemüsesorte in Österreich belastet ist oder nicht? Ich würde mir wünschen, dass ich da von offizieller Stelle Informationen bekäme und mich nicht auf NGOs verlassen müsste. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Sie können


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 75

sich auf die österreichische Landwirtschaft verlassen!) Warum gibt es dann immer diese eher doch negativ ausfallenden Tests von Global 2000 und von der Arbeiterkam­mer? (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Mit ausländischer Ware!) Nein, in diesem Fall nicht! Ich kann Ihnen dann gerne die Presseaussendung von Global 2000 überlassen, da geht es um Rispenparadeiser, zwei österreichische und drei spanische. Es wurden Pestizidrückstände auf vier Proben festgestellt, wobei auch ein österreichischer Para­deiser mit dem hormonell wirksamen Fungizid Pyrimethanil Grenzwerte überschritten hat. Es sind also nicht nur die ausländischen Waren, leider. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Haben Sie zu den Erdbeeren auch etwas von Global 2000? Die österreichi­schen haben nämlich keine Belastung aufzuweisen!) Ja, das stimmt. Ich kaufe auch in erster Linie österreichische Waren, und es wäre mir auch wichtig, dass es so bleibt. (Bundesrat Dr. Kühnel: Und in zweiter Linie?) Aber diese Gesetzesänderung verhin­dert leider nicht, dass sich die Qualität ändert. Und das wäre schade! Ich denke, es ist sehr gut und recht und schön, dass ich, wenn ich österreichische Ware kaufe, mich darauf verlassen kann, dass sie besser ist als beispielsweise holländische Paradeiser. Das kann ich auch meinen Kinder relativ leicht erklären. Das hätte ich gerne so beibe­halten.

Was das Saatgutgesetz betrifft – Herr Kraml hat bereits einiges zur Gentechnik-Verord­nung ausgeführt –, möchte ich den Herrn Minister loben: Er war sehr aktiv im EU-Ministerrat und hat sich da auch sehr dafür eingesetzt, dass Österreich in dieser Hin­sicht gut vertreten ist. Herr Minister, Sie waren da sehr motiviert und haben diverse Studien erstellen lassen. Es gibt angeblich eine Studie der AGES bezüglich Koexis­tenz, es gibt eine Studie vom Umweltbundesamt bezüglich gentechnikfreien Zonen, es gibt einen Arbeitskreis der Bundesländer und des Bundes bezüglich einheitlicher Rege­lungen, um die Koexistenz und Gentechnikfreiheit zu gewährleisten. Es gibt angeblich irgendwann einmal eine Neuauflage des Gentechnikgesetzes, und in diesem Gesetz beschließen wir, dass Sie eine Verordnung über Begleitmaßnahmen erlassen werden. Das klingt alles sehr motiviert, gefällt mir alles sehr gut. Ich hätte das nur gerne auch gesehen. Das heißt, es wird immer wieder erwähnt, dass ohnehin so viel gemacht wird. Ich glaube Ihnen auch, dass Sie es machen. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Sie wer­den staunen!)

Herr Minister! Ich gestehe Ihnen auch wirklich zu, guten Willens zu sein. Es wäre je­doch auch wichtig, dass wir, die anderen zwei Parlamentsfraktionen, diese Unterlagen auch zur Verfügung gestellt bekämen, aber das ist leider nicht so. Vielleicht können Sie mir auch sagen, ob es diese Studien schon gibt und ob beziehungsweise wann wir sie bekommen werden. Das würde mich interessieren. Wie gesagt, das klingt alles sehr motiviert, und wir hätten gerne, dass Sie uns an Ihrem Wissen teilhaben lassen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.57

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Mag. Gudenus. Ich erteile es ihm.

 


12.57

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier ein Gesetz vorliegen, welches aus acht Untergesetzen besteht. Kollege Kraml hat kritisiert, dass der Rechnungshof und der Verwaltungsgerichtshof solch ein Sammelgesetz vor einem Jahr schon einmal kriti­siert haben.

Der Zusammenhang zwischen dem heutigen Gesetz und dem damaligen Gesetz ist für mich nicht erkennbar. Ich denke, in diesem Fall ist es sogar sehr verantwortungsbe­wusst von den Gesetzgebern, von jenen, die dieses Gesetz gemeinsam erarbeitet


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 76

haben, also von der Koalitionsregierung, dass sie dieses Gesetz in Kraft setzen. Es ist verantwortungsbewusst dem Konsumenten gegenüber, und es ist dementsprechend auch mit verantwortungsvollem Ethos vom Gesetzgeber beraten worden. Es ist natür­lich so, wie es Kollege Kraml sagt, aber auch Kollegin Konrad, nämlich: Man kann über den einen oder anderen Punkt kritischer und anderer Meinung sein. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Kerschbaum!) Unbestritten! Dennoch meine ich, dass hiemit sehr viel geleistet wurde. Dass zum Beispiel das Pflanzenschutzgesetz und der Konsumen­tenschutz zu wenig weit gehen, wie es Kollege Konrad angedeutet hat, trifft meiner Meinung nach nicht zu. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Kollegin Kerschbaum!) Sie reichen weit genug, denn es werden bei uns nur wenige Bürger mit Lebensmittelkrank­heiten in Spitäler eingeliefert oder zu den Ärzten gebracht, und wir haben eine sehr hochwertige Qualität der Güter, die verkauft werden.

Das, was vielleicht auf der Strecke bleibt – und das ist nicht diesem Gesetz anzulas­ten –, ist das, was ich als Kritik einbringe, nämlich dass wir eben offene Grenzen haben und der Feinkostladen Österreich durch Lebensmitteltransporte, die zu höchst günstigen Bedingungen nach Österreich hereingelangen können, zerstört wird. Der österreichische Produzent, der österreichische Bauer bleibt dadurch wahrscheinlich mehr oder minder immer mehr auf der Strecke.

Ich bin ein Anhänger einer sehr antiquierten Anschauung. Schon um 1800 hat ... (Bun­desrat Schennach: Das wissen wir! – Heiterkeit.) Schon um 1800 hat Johann Fichte den „geschlossenen Handelsstaat“ propagiert und damit ausdrücken wollen – Sie kön­nen es in der Bibliothek ausheben lassen, ein Reclam-Heftchen –, dass jeder Staat, jede Gebietskörperschaft die Produkte, die er/sie benötigt, im eigenen Rahmen, in der eigenen Gebietskörperschaft produzieren soll. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Küh­nel.) – Ja, Kollege Kühnel, wir wissen schon, dass die Zeit weitergegangen ist. Aber ich glaube und bin überzeugt davon, dass die österreichischen Bauern – so gut es auch vom Gesetzgeber versucht wird – auf Grund europäischer Richtlinien nicht den leichtesten Stand haben.

Ich möchte das Pflanzenschutzmittelgesetz herausnehmen und feststellen, dass wir Richtlinien umsetzen werden, die sehr wichtig sind. Zum Beispiel die Richtlinie 1999/45 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Zubereitung ist in Bezug auf Pflanzenschutzmittel bis zum 30. Juli dieses Jahres umzusetzen. Oder die Richtli­nie 2003/82 hinsichtlich der Standardsätze für besondere Gefahren- und Sicherheits­hinweise für Pflanzenschutzmittel ist ebenso umzusetzen.

Wir erkennen also, dass hier auch die EU durchaus für die Konsumenten, für die Verbraucher wichtige Hinweise gibt. Natürlich sind moderne technische Mittel nicht gefahrlos. Aber diese Gefahren werden bei jeder Gesetzesnovelle, die hier gemacht wird und die uns zum Teil auch von der EU vorgegeben wird, eingeschränkt.

80 Prozent lehnen gentechnisch veränderte Lebensmittel ab. Wir haben die Möglich­keit, gentechnisch nicht veränderte Lebensmittel zu kaufen; niemand ist gezwungen, Lebensmittel zu kaufen, die er nicht will. Die Verpackung wird es aufzeigen, und lassen wir dem Konsumenten – wir sprechen vom mündigen Bürger – doch die Wahl, was er kaufen will. Sicherlich wird er sich einerseits nach seinen Bedürfnissen richten, ande­rerseits in sein Portemonnaie schauen und dann die Wahl treffen, die für seine Bedürf­nisse, für seine Finanzsituation die entsprechende ist. Ich habe keine Angst, dass große Vergiftungserscheinungen in Form einer Seuche in der Republik ausbrechen werden. Das Gegenteil wird der Fall sein, die Bürger werden sich entsprechend ver­nünftig zu verhalten wissen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 77

Wichtig scheint mir auch zu sein, dass die Klarstellung hinsichtlich der Kostentragung der Probeuntersuchung bei der Änderung des Gesundheits- und Ernährungssicher­heitsgesetzes endlich aufgegriffen und durchgeführt wird. Es sind Unklarheiten, die heute in einigen dieser acht Gesetze bereinigt werden, und diese acht Gesetze bringen es mit sich, dass man sie zusammen in einem Gesetz darstellt.

Ich kann Ihnen eines sagen, lieber Kollege Kraml. Sie können sich erinnern, wie auch wir Freiheitliche vor einem Jahr hier ein Gesetz eine Zeit lang gestoppt haben. Das war ein Gesetz, auf Grund dessen Sie gesagt haben, der Verfassungsgerichtshof und der Rechnungshof haben da auch ihre Bedenken gehabt, so wie wir sie hatten.

Diesmal haben wir keine Bedenken. Wir stimmen nicht nur aus Koalitionstreue, son­dern im Bewusstsein der Güte der Gesetze sehr gerne zu. (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

13.03

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminis­ter. – Bitte.

 


13.04

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu ein paar Vorwürfen oder Bedenken Stellung nehmen, die geäu­ßert wurden zu einer, wie ich glaube, sowohl was die Konsumenten, aber auch was die Landwirtschaft betrifft, wichtigen Gesetzesänderung,.

Herr Bundesrat Kraml, Sie haben hier „durchpeitschen“, „verschleiern“ und sonstige Ausdrücke im Zusammenhang mit dem Agrarrechtsänderungsgesetz vorgebracht. Ich sage Ihnen ganz offen: Wir hatten alle Gesetze getrennt in Begutachtung, mit einer ausgiebigen Begutachtungsfrist – ich glaube, sechs Wochen pro Gesetz! Ich vertraue schon darauf, dass natürlich auch die Opposition mit ihren Experten, mit ihren Fach­kräften die Möglichkeit hat, innerhalb von sechs Wochen jedes einzelne Gesetz zu begutachten und Stellung zu nehmen. Wir haben dann im Sinne der Verwandtschaft der einzelnen Gesetze, weil nämlich alle im Agrarrecht angesiedelt sind, diese Gesetze als eine Gesetzesmaterie zusammengefasst. Klare Transparenz, klare Begutachtungs­frist und Nachbegutachtungsfrist, Zusammenfassung in einer Sammelnovelle – ich sehe also nicht, dass man hier von „durchpeitschen“ oder „verschleiern“ auch nur im Ansatz reden kann.

Was sind die Ziele des Agrarrechtsänderungsgesetzes und der darin enthaltenen Ge­setze? – Zwei Dinge stehen im Vordergrund: erstens, den Konsumenten Vertrauen und Sicherheit zu geben, zweitens aber auch den Bauern klare Rahmenbedingungen dafür zu geben, wie sie in Zukunft in den einzelnen Bereichen, zugegebenermaßen in sehr sensiblen Bereichen, wirtschaften können. Das Gesetz erfüllt diese politischen Ansprü­che ganz klar und deutlich.

Was ist enthalten? Was sind die Eckpunkte? – Mit dem Pflanzenschutzgesetz wird im Wesentlichen eine Harmonisierung der Probenahmeverfahren herbeigeführt, was zu einer klaren Effizienzsteigerung führen wird!

Was das Pflanzenschutzmittelgesetz betrifft, so möchte ich hier auch etwas sagen. Da werden in den Debatten Äpfel mit Birnen verglichen, Kraut und Rüben vermischt. Wenn Sie „Killertomaten“ zitieren, Herr Bundesrat Kraml, dann müssen Sie auch dazusagen, dass der Agentur für Ernährungssicherheit zum Teil auch Tomaten vorgelegt wurden, die bewusst mit Pestiziden belastet waren, die zu Testzwecken auch mit solchen Pes­tiziden belastet waren, die üblicherweise im Tomatenanbau auch nach der niederländi­schen Zulassung nicht angewandt werden, die zum Beispiel nur auf den Boden aufge-


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 78

bracht werden, aber niemals auf die Frucht. Dass dann die Agentur für Ernährungssi­cherheit dieses Mittel nicht finden konnte, meine sehr geehrten Damen und Herren, liegt nicht an der Agentur für Ernährungssicherheit, sondern liegt an dem atypischen Aufbringen von Pestiziden in einem Anwendungsbereich, in dem sie nicht zugelassen sind.

Auch das muss man ganz klar und deutlich sagen. Man muss in der Diskussion immer sehr genau voneinander trennen. Ich sage auch, es ist nicht angebracht, angesichts unserer Dichte an Kontrollen den Konsumenten unnötig zu verunsichern.

Wenn Sie, Frau Bundesrätin Kerschbaum, mich nach den Höchstwerten fragen, so wissen Sie, dass die österreichischen Höchstwerte gelten, dass für jene Wirkstoffe, die in Holland und Deutschland zugelassen sind, die österreichischen Grenzwerte gelten. Dort, wo Wirkstoffe neu zugelassen werden, wird die Agentur für Ernährungssicher­heit – zuständig ist das Bundesministerium für Soziales und Generationen – die ent­sprechenden Grenzwerte in einem klaren Verfahren festzulegen haben. Ich denke, das ist eine ganz klare Kommunikation zu den Konsumenten. Ich sage auch dazu, wir haben natürlich – das zeigen auch manche Proben, vor allem bei ausländischer Ware; das war auch mein Einwurf während Ihrer Rede – bei ausländischer Ware oftmals Mengenüberschreitungen.

Eines muss ich Ihnen auch sagen, wenn Sie mich fragen, warum es die Zulassung von niederländischen Pflanzenschutzmitteln in Österreich gibt. Klar ist, dass holländische Tomaten, niederländische Tomaten seit Jahren mit den dort zugelassenen Pflanzen­schutzmitteln in Österreich angeboten werden. Daher frage ich Sie: Warum sollten wir unseren Bäuerinnen und Bauern nicht den Wettbewerb auf gleicher Augenhöhe er­möglichen? – Aber mit unseren Vorrausetzungen, mit unseren Grenzwerten! Das ist das Angebot, das ist die Botschaft: Wettbewerbsgleichheit in der Produktion und nicht nur bei den Produkten im Regal. Das ist seit Jahren bereits der Fall.

Was die Frage Saatgutgesetz und Gentechnik betrifft, weise ich darauf hin, dass ich auch in diesem Rahmen, hier im Bundesrat, mehrmals ganz klar meine skeptische und ablehnende Stellung zur Gentechnik geäußert habe. Im Bereich Pflanzen und Aussaat von gentechnisch verändertem Saatgut hat sich nichts verändert. Ich habe in Brüssel, ich habe in allen Bereichen, in denen ich dafür verantwortlich bin, dies auch entspre­chend klargemacht. Was hier im Saatgutgesetz vorgesehen ist, ist eine Verordnungs­ermächtigung, die es ermöglicht, dann, wenn die Zulassung kommt – es ist noch nicht so weit –, rasch und effizient die Antwort, die politische Antwort auch rechtlich zu geben. Damit ist Vorsorge dafür getroffen, dass wir unsere Skepsis zum gegebenen Zeitpunkt klar und deutlich, effizient und schnell darbringen können.

Was die Frage der Gentechnik insgesamt betrifft, haben Sie von Studien gesprochen: Umweltbundesamt, Agentur für Ernährungssicherheit, Koexistenz. – Ja, diese Studien gibt es. Wir sind in einer Arbeitsgruppe mit den Bundesländern übereingekommen, dass die Bundesländer in jenen Gesetzebereichen, in denen sie Antworten auf die Gentechnik-Herausforderung geben können – zum Beispiel Bodenschutzgesetz, Natur­schutzgesetze, andere Gesetzesmaterien –, Antworten geben. Das Gentechnikvorsor­gegesetz in Kärnten ist ein Beispiel, Salzburg wird nächste Woche im Landtag intensiv ein Landesgesetz beraten, und Maria Rauch-Kallat – ich bin ja für die Gentechnik nicht zuständig – wird auch, was die Frage Gentechnikgesetz-Umsetzung betrifft, dement­sprechend eine Antwort geben.

Alles insgesamt – Ländergesetze, die Bundesmaterie mit der Frage der Haftung und Regelung der Koexistenz, meine Verordnungsermächtigung im Saatgutgesetz – wird ein rundes Bild ergeben, damit wir die Herausforderung der gentechnisch veränderten Pflanzen in Zukunft gemeinsam effizient bewältigen. (Bundesrätin Kerschbaum: Wann


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 79

werden wir das Bild sehen?) – Sie werden das Bild in Kürze sehen. Es reimt sich bereits zusammen: Die ersten Bundesländer – Kärnten, Salzburg – beginnen effizient mit der Umsetzung, Niederösterreich ist in der Vorbereitungsphase.

Sie dürfen auch eines nicht vergessen – das möchte ich für diejenigen sagen, die nicht unmittelbar im landwirtschaftlichen Bereich beschäftigt sind –: Mit dem heurigen An­bau, der für das ganze Jahr abgeschlossen ist, hat sich die Frage der Gentechnik für heuer erledigt. Frühestens im Frühjahr des nächsten Jahres, nämlich zur Aussaat, wird dieses Problem schlagend werden. Wir haben Zeit, und bis dahin werden wir kluge Entscheidungen auf Länder- und auf Bundesebene getroffen haben.

Was die Frage Weingesetz betrifft, haben Sie übereinstimmend gesagt: ein wichtiger und richtiger Schritt zur Effizienzsteigerung, auch was Erntemeldungen und viele andere Bereiche betrifft.

Zwei Dinge oder drei Dinge, die ich noch ansprechen wollte: Erstens ist die Frage der Ausgliederung von Bundesamt und Forschungszentrum für Wald – darüber gab es heute keine Debatte – ein wichtiger Teil auch in der Strategie des Hauses. Dies ist eine Ausgliederung, die nicht von der Spitze, vom Minister, gewünscht und durchgezogen wurde, sondern eine Ausgliederung eines Amtes, in dem die Belegschaft, die Füh­rungsspitze dieser Forschungsanstalt von sich aus Vorschläge und Wünsche geäußert hat, in die Selbstständigkeit entlassen zu werden. Das ist ein wichtiger, richtiger Punkt, es ist gut vorbereitet, die Budgets sind vorgesehen. Ich denke, auch das ist ein Meilen­stein auf dem Weg in die Zukunft, was diese Anstalt betrifft.

Forstgesetz: Herr Bundesrat Kraml, glaube ich, hat gesagt: Die Wohlfahrtswirkung wird über Bord geworfen. – Keine Rede davon! Wenn Sie sich in der Begutachtung mit die­sem Gesetz sechs Wochen lang auseinander gesetzt hätten, hätten Sie gesehen, wel­chen Inhalt das Forstgesetz hat. Die Wohlfahrtswirkung wird nicht berührt, sondern wir müssen eine verbale Bereinigung herbeiführen, was die Objektschutzwälder betrifft, weil das dort keinen Sinn hat. Die Wohlfahrtswirkung des Waldes ist im Forstgesetz ganz woanders geregelt und gilt für alle Wälder dieses Landes unverändert weiter. – Dies erstens.

Zweitens denke ich, was das Forstgesetz betrifft, dass wir mit der Forstgesetz-Novelle den richtigen Schritt in die richtige Richtung schon vor ein, zwei Jahren getan haben. Es steht bei dieser Gesetzesnovelle die Frage der freien Begehbarkeit des Waldes überhaupt nicht zur Diskussion! Das ist eine Unterstellung, die sehr gefährlich ist. Nie­mand denkt daran, die freie Begehbarkeit und die Rechte zu schmälern. Aber ich sage auch dazu – im Sinne der Grundeigentümer –, es denkt auch niemand daran, den un­gehinderten Zugang, Befahrbarkeit und Sonstiges im Wald zu öffnen. Das ist der Punkt, was den Zugang betrifft, und das werden wir auch entsprechend klarmachen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zu Frau Bundesrätin Kerschbaum, weil Sie gesagt haben, einzelnen Punkten könnten Sie zustimmen – aber vielleicht sagt das noch Herr Bundesrat Schennach –: Sie haben auf das vergessen, was wir im Hinblick auf das Bundesamt für Wasserwirtschaft tun. Das Institut Ökostation Waldviertel wird erstmals rechtlich abgesichert. Allein schon aus diesem Grund könnten Sie wohl diesem Sammelgesetz Ihre Zustimmung geben. Ein wichtiger Punkt: Die Ökostation Waldviertel wird nach langer Diskussion, nach vie­len Jahren, erstmals rechtlich abgesichert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.13

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schenn­ach. Ich erteile es ihm. (Bundesrat Schennach – auf dem Weg zum Rednerpult –: Wie die Dinge durch Zufall aufeinander treffen!)

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 80

13.14

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident, ich gratu­liere zur ersten Vorsitzübernahme! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das ist ja ein richtiger Stafettenlauf: Der Bundesminister ruft mich – ich komme. Das gefällt ihm wahrscheinlich. Dabei muss ich ehrlich sagen, ich habe ja ... (Ruf bei der ÖVP: Er kommt auch immer, wenn wir rufen!) – Ach so. Na gut, das ist dann praktisch ein Geben und Nehmen. Man sagt ja, ein diskursiver Minister ist er.

Ich war jetzt ganz irritiert, weil ich mir von der grünen Fraktion immer das Privileg her­ausgenommen habe, dass nur ich es sein darf, der den Minister lobt. Jetzt habe ich hier Frau Kerschbaum zugehört und bin in eine leichte Krise verfallen, sodass ich mir gedacht habe: Moment, wenn jetzt auch Frau Kerschbaum, und dann vielleicht noch Frau Lichtenecker das tun, wie sieht das Ganze dann beim Herrn Bundesminister aus? (Heiterkeit bei den Grünen.)

Jetzt muss ich den Sack wieder ein bisschen einfangen, Herr Bundesminister, und Ihnen sagen: Man hat es Ihnen vielleicht nicht gesagt, aber Sie haben wahnsinnig viel Glück gehabt, dass Sie dieses Gesetz, die Agrarrechtsänderung, heute durchbekom­men. Denn dieses Haus hier mag etwas nicht und hat das auch einstimmig gegenüber dem Nationalrat festgehalten: Dieses Haus hat einstimmig festgehalten, keine Sam­melgesetze vorgelegt zu bekommen. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Der Bundes­rat?) – Der Bundesrat, ja. Und zwar ist das eine Initiative, die Herr Präsident Jürgen Weiss gemacht hat.

Nun aber haben wir hier ein Sammelgesetz, oder man kann es im weitesten Sinne ... (Bundesrat Dr. Kühnel: Aber wir haben nicht gesagt: Keine Sammelgesetze, niemals!) Deshalb springen Sie wahrscheinlich dem Herrn Minister jetzt bei, sind großzügig und helfen ihm heute über die Runden. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) Wir sagen, wir halten uns an den ursprünglichen Beschluss: keine Sam­melgesetze! Deshalb sind wir nicht überall dabei, obwohl Sie in vielen Bereichen, Herr Bundesminister, wahrscheinlich ohnedies die Intention aller Parteien hier im Haus getroffen haben.

Aber eines muss ich schon sagen: Ein Pflanzenschutzmittelgesetz in einer Sammelge­setz-Novelle, in einem Agrarrechtsänderungsgesetz zu verstecken, da unterschätzen Sie die Bedeutung des gesamten Pflanzenschutzmittelgesetzbereiches. Das sehen wir ja auch an der Diskussion, die seit ungefähr April läuft und von den NGOs angezogen wurde. Da ist vom Chaos im Pestizidbereich die Rede und, und, und; da ist tatsächlich eine große Sorge entstanden. Dies drückt auch aus, dass das ein Gesetz ist, das nicht irgendwo hineingehört, sondern das offen hinausgestellt werden muss, auch für die interessierten Menschen. Bei Lebensmittelsicherheit und bei Lebensmitteln generell wissen Sie, wie hoch sensibel dies ist: Die Leute wollen nicht eine juristische Grund­ausbildung bekommen, damit sie wissen, wo sie das zu finden haben.

Sie haben natürlich, was diese ganze Diskussion betrifft, schwer am Erbe Ihres Vor­gängers zu tragen. Es war leider der Kollege Molterer, der hier, glaube ich, den ersten Sündenfall gemacht hat, indem er bei dem vorhergehenden Agrarrechtsänderungsge­setz diese Gleichstellungsverordnungen erwirkt hat, jene Gleichstellungsverordnungen, die die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, von Pestiziden vor allem in Holland jener in Österreich gleichstellen.

Jetzt wissen wir aber alle, dass Holland eines der industrialisiertesten und mit Pflan­zenschutzmitteln am bedenkenlosesten umgehenden Länder ist. Es ist die Agrarindust­rienation schlechthin, und diesbezüglich sind wir jetzt gleichgestellt. Und dann sind auch noch – wir reden ja heute von Konsumentensicherheit, wie auch Kollege Kraml schon gesagt hat – die Definitionen oder die Richtwerte – wenn die Bauern, die das


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 81

einsetzen, versuchen, die Bestimmungen zu lesen – holländisch! (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Darf nicht in Verkehr gebracht werden!) Ja, darf nicht in Verkehr ge­bracht werden – aber sie sind im Verkehr. Sonst hätte man sie ja auch derzeit in Öster­reich nicht kontrollieren können.

Herr Minister, ich weiß ja, Frau Kollegin Kerschbaum hat immer gesagt: Sie hören zu, Sie hören zu. – Jetzt sage ich Ihnen, was mir von der Optik her immer auffällt. Wir beide haben draußen gewitzelt, dass die Umwelt nicht mehr dem natürlichen Feind, der Landwirtschaft, ausgeliefert ist und dass Sie jetzt alle Interessengegensätze aus­gleichen. Aber ein Problem bleibt schon bestehen. Wenn wir Lebensmittelsicherheit und Konsumentensicherheit immer nur durch den Produzenten definieren lassen, wenn wir sie durch den Landwirtschaftsminister, durch Landwirtschaftsgesetze, durch Land­wirtschaftsausschüsse, durch Landwirtschaftsgremien definieren lassen – das wäre ungefähr so, wie wenn die Weinbauern in Österreich die Promilleregelungen festlegen, das wäre ungefähr so, wie wenn die Automobilindustrie die Höchstgeschwindigkeiten festlegt. Sie können sich noch Dutzende andere Beispiele vorstellen.

Ich möchte das jetzt nicht ins Lächerliche ziehen; Frau Kollegin Diesner-Wais, Sie schauen mich so streng an. Aber ich möchte Sie ja nur bitten, den prinzipiell philoso­phischen oder den anderen Ansatz darin zu sehen, wenn der Produzent die Sicherheit festlegt: Wie schaut denn das dann aus? Wie schaut das in der Aufzugsindustrie aus? – Sie können jeden einzelnen Bereich hernehmen. Das ist ja das Wichtige, dass es in diesen Bereichen jemand anderen gibt, der in einer gleichwertigen Form involviert ist. Aber das ist hier bei diesen Gesetzen nicht der Fall.

Es ist zwar vieles sehr gut geregelt. Weder Herr Kraml noch ich noch Frau Kersch­baum gehen hier heraus und reden etwas krank, was nicht krankzureden ist. Es sind hier Dinge sehr gut geregelt. Aber es ist ein prinzipiell anderer Ansatz, und die Konsu­menten nur über die Produzenten zu regeln ist uns zu wenig.

Meine Damen und Herren! Es ist dies eine Zweitmeldung, daher möchte ich es nicht zu lang machen. Was die Agentur betrifft, habe ich gelesen, dass Sie gesagt haben: Die Lebensmittelkontrolle, also auch die Agentur, wird oder soll finanziell besser dotiert werden, Sie gehen in Verhandlungen mit dem Finanzminister. Die Ergebnisse kenne ich nicht, vielleicht können Sie diese noch in einer zweiten Stellungnahme mitteilen. Wird es in der Lebensmittelkontrolle mehr Geld geben oder nicht? – Das wäre etwas, was heute noch eine wichtige Information hier wäre.

In diesem Sinne: Versuchen Sie, unseren Ansatz auch zu verstehen, Herr Bundesmi­nister, dass wir eben die Interessen der Produzenten und die Interessen der Konsu­menten nicht automatisch als ein und dasselbe Stück sehen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

13.21

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Haller. Ich erteile es ihm.

 


13.21

Bundesrat Ing. Hermann Haller (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Minister! Liebe Bundesratskolleginnen und -kollegen! Prinzipiell möchte ich einmal sagen, die Positionierung auf dem Markt braucht gerade im Fall Österreich mit seiner klein strukturierten Landwirtschaft unbedingt Marken, Marketing und Marketing­mittel. Die Konsumenten und der Handel hätten in Bezug auf den Feinkostenladen Europa – ich möchte das nicht nur auf Österreich beziehen, sondern auf Europa – den Schlüssel in der Hand.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 82

Statt Qualität setzen aber vielfach Schleuderpreisaktionen die Produzenten unter Druck. Das Problem in Österreich ist die große Konzentration insbesondere von zwei Handelsketten, das darf man in der Praxis nicht übersehen. Statt Qualität wird oft ge­schleudert. Gegenüber dem Jahr 2002 schaut der Konsument gemäß Umfragen mehr auf den Preis als auf die Qualität, wohingegen für die Produzenten durch zusätzliche Auflagen die Kosten steigen würden.

Es gälte, die klein strukturierte Landwirtschaft Österreichs zu beachten. Ich möchte darauf hinweisen, dass 60 Prozent der österreichischen Landwirte im Nebenerwerb tätig sind. Das zeugt eigentlich schon von großer Gefahr. Man muss einfach auch auf die Praxis schauen und nicht philosophieren, muss ich ehrlich sagen. Ich schätze die Feinfühligkeit der Grünen, aber philosophieren ist zu wenig. Es stimmt zum Beispiel einfach nicht, dass es Vier-Augen-Gespräche sind oder dass Herr Minister Pröll zu den Produzenten hält. Gerade Sie, Herr Schennach, müssten wissen, dass das Gesund­heitsministerium Rauch-Kallat in die meisten Gesetze involviert ist und dass die Gesundheitsministerin auch genau darauf schaut. (Bundesrat Schennach: Ja!)

Sie verwechseln oft eines: Ein Pflanzenschutzmittelgesetz ist ein Schutz für die Kon­sumenten und nicht von den Bauern gemacht. Das ist ein wesentlicher Unterschied. Gerade hier passiert der Fehler, zwischen Ideologie, Thematiken, Techniken und der Praxis. Bei diesem Landwirtschaftsanteil, dass also 60 Prozent der Landwirte Neben­erwerbslandwirte sind, muss man einfach darauf achten, dass Wertschöpfung in Öster­reich bleibt und dass Fairness da ist.

Sie werden vielleicht nicht wissen, dass der Markt der Pflanzenschutzmittel in Öster­reich minimalst ist. Gerade unter Minister Pröll, unter dieser Regierung ist der Bioland­bau stark ausgeweitet worden. Sie können ja nicht so weltfremd sein, dass Sie glau­ben, dass die große Pflanzenschutzmittel-Lobby diesen schweren und müßigen Weg geht, einzelne Pflanzenschutzmittel nur für Österreich zu registrieren. (Bundesrat Schennach: Eh nicht!) Das macht sie nicht, das liegt auf der Hand. (Bundesrat Schennach: Aber Pflanzenschutzmittel dienen schon dem Mehrertrag, oder?)

Pflanzenschutzmittel sind ein Schutz für die Konsumenten. (Bundesrat Schennach: Wenn ich meinen Marillenbaum spritzen tue, dann tue ich meinen Marillenbaum sprit­zen, damit mir mehr Marillen übrig bleiben!) – Schauen Sie, es kommt immer darauf an. Sie haben vielleicht nicht die Ausbildung. (Heiterkeit.) Es gibt manche Jahre ... (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Er ist sicher kein Bauer!) Ganz unter Freun­den (Heiterkeit): Ich bin zum Beispiel Weinhauer; voriges Jahr war ein trockenes Jahr. Glauben Sie mir, Landwirte sind auch Fachkräfte! (Bundesrat Schennach: Ja, das glaube ich eh!) Man kann das beurteilen, gerade durch große Aufzeichnungspflicht, ÖPUL-Gesetze, Biolandbaugesetze, Förderungsrichtlinien werden nur bei Aufzeich­nungen und fachkundigem Handeln gegeben.

Jetzt zu Ihrem Marillenbaum: Es gibt Jahre, da brauchen Sie ihn gar nicht zu spritzen. Es gibt aber Jahre, da können Sie ihn spritzen, und Sie bekommen trotzdem keine Marille, also nur als Werterhöhung oder Wertschöpfung. (Bundesrätin Dr. Lichten­ecker: Dann war es das falsche Mittel!) – Nein, die Mittel wirken oft gar nicht mehr, weil die Pilze resistent sind. Haben Sie davon auch schon gehört? (Ruf bei der ÖVP: Hermann, die kennen sich nicht aus! – Bundesrat Schennach: Aber unter dem Strich bleibt übrig: Ich spritze nicht den Baum, um selber gesünder zu leben! – Weitere Zwischenrufe.) Das ist richtig! (Demonstrativer Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Schennach: Das haben Sie aber gesagt!)

Kommen wir wieder auf den Punkt: Die österreichischen Landwirte produzieren teuer in einer Umgebung, in der eigentlich billiger produziert werden könnte. Es geht aber in der Landwirtschaft, gerade in der österreichischen Landwirtschaft, nicht allein um die


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 83

Kosten, sondern sicher auch um die Arbeitsplätze, um die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards. Das können Sie auf keinen Fall vergessen.

In Österreich geschieht sehr viel, und ich glaube, Österreich hat Vorbildwirkung in Europa, und wir machen etwas daraus. Das sollte – und das würde ich einfordern – auch die Opposition einmal gutheißen, dass Österreich hier weltweit und in Europa führend ist. Warum kommt immer nur Kritik und wird nicht auch einmal eingestanden: Danke, Österreich, ihr seid führend!? (Beifall bei der ÖVP.)

Wir brauchen unbedingt – da muss man aufpassen, bei allen Genauigkeiten und Sen­sibilitäten, die in einer Gesellschaft sicher hoch anzusetzen sind – Wettbewerbsgleich­heit, Sicherheit, Verlässlichkeit und klare Rahmenbedingungen, so, wie es der Minister oft erwähnt. Die Konsumenten brauchen Vertrauen, Sicherheit und Qualität, da gebe ich Ihnen vollkommen Recht. Verunsicherungen sind aber angesichts dieser Novelle, glaube ich, überhaupt nicht angebracht und schaffen kein Vertrauen und keine Sicher­heit.

Das gilt auch bei diesem Agrarrechtsänderungsgesetz mit Novellen, die oft minimal sind und – Sie haben Recht – keine Sammelgesetze sind. Bitte, dieses Sammelgesetz, wenn Sie es so bezeichnen wollen, ist eine Materie! Man sollte nicht kleinlicher wer­den ... (Bundesrat Schennach: So wie das Budgetbegleitgesetz, meinen Sie?) – Das Budgetbegleitgesetz, genau, ist im Vergleich zu diesem Gesetz ein anderes Thema – war aber auch ein gutes, bitte! (Heiterkeit des Bundesrates Schennach.)

Ich muss wirklich sagen, die Sensibilität der „Kronen Zeitung“ oder die Sensibilität mancher wirklich gescheiter Leute, wie ich zum Beispiel die zwei Redner der Grünen einschätze (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Heute bekommen wir wieder Rosen!) – da muss ich wirklich sagen: Bitte akzeptieren Sie das, kein Bauer verwendet gern Pflan­zenschutzmittel! (Bundesrat Schennach: Ja, ja!) Ihr Einsatz ist aber oft notwendig. Mittel aus den Niederlanden oder aus Deutschland brauchen ein eigenes Zulassungs­verfahren – es sei nochmals darauf hingewiesen.

Sehr erfreut bin ich aber trotzdem darüber, dass der biologische Landbau in Österreich federführend in ganz Europa ist.

Zu meinem Lieblingsthema, zur Novelle im Weingesetz: Hier haben wir ungefähr den gleichen Fall. Das Weingesetz hat die Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Qualitäts­weine gestärkt und sichergestellt, dass österreichische Weine auf den ausländischen Märkten punkten können – mit großem Erfolg, wie wir sehen. Was aber zunehmend auffällt, ist Folgendes. Während ausländische Weine in ihrer Werbung den Eindruck von Familienbetrieben erwecken, entspricht dieses Bild viel eher den österreichischen Realitäten. Genauso ist hier aufzupassen, dass man nicht den kleinen Betrieb mit unnötigen Gesetzen irgendwo zu Tode martert.

Weine zum Beispiel aus Australien, Neuseeland, Chile oder Kalifornien, die so ge­nannten Überseeweine, drängen in mittlerweile durchaus annehmbaren Qualitäten zu äußerst niedrigen Preisen in immer höherem Ausmaß auf unseren heimischen Markt, vor allem über die beiden Handelsketten. Ermöglicht wird dies insbesondere durch durchwegs großzügige rechtliche Rahmenbedingungen in den Ursprungsländern.

Vor diesem Hintergrund ist die österreichische Weinwirtschaft in großer Gefahr und sind gesetzliche Vorgaben zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit zu schaffen. Ich denke, bei dieser Novelle ist das gelungen. Die Alternative wäre die Beibehaltung der bisherigen Rechtslage ohne Erlangung der oben dargestellten Vorteile gewesen.

Daher begrüße ich diese Novellierungen, denn sie bestärken den österreichischen Weg: einen Weg der Kostensenkung, wie er notwendig ist, und gegen die Industriali­sierung des Weinbaus und der Landwirtschaft.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 84

Ich weiß, die Fraktionen Rot und Grün haben es ausgemacht, aber vielleicht überlegen sie es sich fünf Minuten vor zwölf doch noch, hier mitzugehen und mitzustimmen. Die­ses Sammelgesetz ist wahrhaft ein gutes! Ich danke der Regierung für diesen Weg. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

13.30

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte. (Präsidentin Haselbach übernimmt wieder den Vor­sitz.)

 


13.30

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Nur noch kurz einige Worte in Richtung des Kollegen Haller, dessen Wein ich wirklich sehr schätze, auch wenn es leider kein Biowein ist – vielleicht kannst du das auch noch irgendwann einmal überlegen, ob du das nicht doch angehst. (Beifall der Bundesrätin Dr. Lichtenecker. – Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Ja, das ist eine gute Idee!)

Ich denke, dir als Weinbauer ist es ja auch wichtig, dass wir in Österreich nicht alles machen dürfen, was die Übersee-Weinbauern machen dürfen. Das ist dir wichtig, und ich denke, das ist auch dem österreichischen Weinkonsumenten wichtig. Ich trinke deshalb österreichischen Wein, weil ich weiß, das ist Qualität, die ich wahrscheinlich in den USA und in Australien nicht bekomme. (Beifall bei den Grünen und der ÖVP. – Abg. Mag. Himmer: Bravo! – Ruf bei der ÖVP: Prost!)

Was wir wollen, ist, dass diese Qualität bei uns nicht verwässert wird. Durch die Zulas­sung von weiteren Pestiziden, die man bisher eben nur in Holland und in Deutschland zugelassen hat und bei uns nicht, besteht nämlich die Gefahr, dass wir uns dann auch so entwickeln wie die holländischen und deutschen Produzenten. Bei den Deutschen ist es ja nicht so tragisch, wohl aber bei der holländischen Landwirtschaft, wo die Struk­turen andere sind. Und ich verstehe nicht, warum das so sein muss. Auf diese Frage fehlt übrigens meiner Meinung nach auch die Antwort – oder habe ich sie überhört? – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Bundesrates Prutsch.)

13.32

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Daher ist die Debatte geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die Beschlüsse des Nationalrates getrennt erfolgt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2004 betreffend ein Agrarrechtsänderungsgesetz 2004.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesamt für Wasserwirtschaft geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 85

5. Punkt

Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Was­serwirtschaft betreffend Nachhaltige Waldwirtschaft in Österreich – Österreichi­scher Waldbericht 2001 (III-234-BR/2002 d.B. sowie 7066/BR d.B.)

6. Punkt

Gewässerschutzbericht 2002 gemäß § 33e WRG des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (III-244-BR/2003 d.B. sowie 7067/BR d.B.)

7. Punkt

Wildschadensbericht 2001 des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (III-245-BR/2003 d.B. sowie 7068/BR d.B.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 5 bis 7 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem geführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 5 bis 7 ist Herr Bundesrat Höfinger. Ich bitte um die Berichte.

 


Berichterstatter Johann Höfinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft über den Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Nachhaltige Waldwirt­schaft in Österreich – Österreichischer Waldbericht 2001.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher zum Antrag:

Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Bericht des Bundesminis­ters für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Nach­haltige Waldwirtschaft in Österreich – Österreichischer Waldbericht 2001 zur Kenntnis zu nehmen.

Als Nächstes bringe ich den Bericht des Ausschusses für Land-, Forst- und Wasser­wirtschaft über den Gewässerschutzbericht 2002 gemäß § 33e WRG des Bundesmi­nisters für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor. Ich komme daher zum Antrag:

Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Gewässerschutzbe­richt 2002 gemäß § 33e WRG


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 86

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zur Kenntnis zu nehmen.

Schließlich komme ich zum Bericht des Ausschusses für Land-, Forst- und Wasser­wirtschaft über den Wildschadensbericht 2001 des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen vor. Ich komme daher zum Antrag:

Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Wildschadensbericht 2001 des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zur Kenntnis zu nehmen.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Fröhlich. – Bitte.

 


13.35

Bundesrätin Christine Fröhlich (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich darf heute über den Österreichischen Waldbericht 2001 sprechen. Der Zustand des Waldes war und ist für den Lebens- und Wirtschaftsraum Österreich von entscheidender Bedeutung. Für den Zustand des Wal­des sind drei Faktoren ausschlaggebend: der Einfluss der gesellschaftlichen Wertent­wicklung, gesetzliche Lenkungsmaßnahmen und eine gezielte Förderungspolitik.

Erklärtes politisches Ziel unserer Partei ist es, die Bewirtschaftung des Gebirgswaldes abzusichern, um dessen vielfältige Funktionen und Leistungen nachhaltig zu erhalten. Basierte die Waldwirtschaft früher oft auf reinen Expertenentscheidungen, wollen die Besitzer heute wesentlich mehr Informationen, damit sie sich mit der Arbeit im eigenen Wald identifizieren können.

Auch die Ansprüche der Öffentlichkeit an den Wald sind vielfältiger geworden. Die So­zialfunktionen des Waldes, wie etwa als Schutz vor Naturgefahren und als Erholungs­raum, werden örtlich immer bedeutender und bewusster wahrgenommen.

Über die im Vorjahr gegründete Schutzwaldplattform soll der allgemeine Nutzen unse­res Schutzwaldes für das Gemeinwohl nicht nur besser sichtbar gemacht werden, son­dern bei vielfältigen Nutznießern auch Verständnis erreicht werden. So steht zum Bei­spiel die Tiroler Waldordnung, die die Waldbewirtschaftung in Tirol regelt, in dieser Legislaturperiode zur Novellierung an. Alle Interessengruppen sind eingeladen, bei der Neuformulierung tatkräftig mitzuwirken.

Die Sicherung unseres Lebensraumes wird darin genauso zu berücksichtigen sein wie die verstärkte Eigenverantwortlichkeit der Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer. Die öffentliche Hand soll nur mehr dort regelnd eingreifen, wo langfristige Gefährdun­gen drohen. Wo dies nicht der Fall ist, hat sich die Verwaltung auf Beratung und Förde­rung zu beschränken.

Die Politik will mit einer zielgerechten Förderung wünschenswerte Entwicklungen unterstützen. Daher haben bei Schutzwaldbewirtschaftungen mit Beteiligungen öffentli­cher Mittel vor allem Waldgebiete Vorrang, die dem direkten Schutz von Siedlungen sowie Straßen und so weiter dienen.

Die Zusammenarbeit zwischen Waldbesitzern und Privatpersonen, Betrieben und der öffentlichen Hand soll verstärkt werden. Synergien sind zu nutzen, um eine nachhaltige Entwicklung bestmöglich zu erreichen.

Ich kann Ihnen noch einige eindrucksvolle Zahlen über die Bedeutung des Waldes aus Tirol präsentieren: In Tirol sind zirka 40 Prozent der Landesfläche mit Wald bedeckt. 60 Prozent davon sind Schutzwald. Dieser schützt den Boden vor Verkarstung und Erosion, den Siedlungsraum vor Lawinen, Steinschlag und Muren. Aber nur gesunde und ökologisch stabile Schutzwaldbestände können ihre Aufgaben erfüllen. Auf Grund von flächiger Überalterung, mangelnder Verjüngung, Schädigung durch Immissionen und Nebennutzungen, zum Beispiel Wild und Weide, ist der derzeitige Zustand der Tiroler Schutzwälder unbefriedigend.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 87

In Tirol gibt es derzeit 9 800 Kilometer Wege, die der Erschließung des Waldes dienen und damit im Wald verlaufen. Jährlich werden 70 Kilometer neue Wege gebaut und 40 Kilometer Wege auf modernen Stand gebracht.

Im Tiroler Wald stehen derzeit 100 Millionen Festmeter Holz. Seit den fünfziger Jahren hat der Holzvorrat stetig zugenommen. Unsere Wälder haben damit in den vergange­nen Jahrzehnten bedeutende Mengen von CO2 gebunden. Nachhaltig könnten 1,5 bis 1,7 Millionen Erntefestmeter genutzt werden, ohne die Zuwachskraft der Wälder zu gefährden. Die Holzindustrie in Österreich erwirtschaftet mit 1,2 Milliarden € den zweit­größten Handelsbilanzüberschuss hinter dem Tourismus. Der Wald in ganz Österreich und speziell auch in Tirol ist sowohl ein Wirtschaftsfaktor als auch eine wesentliche Schutzkomponente. Er hat eine wichtige Freizeit- und Erholungsfunktion und ist für den Erhalt der Luftgüte unerlässlich.

Machen wir alle Anstrengungen, um die österreichischen Wälder in dieser Funktion zu erhalten! – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

13.41

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich gebe bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behand­lung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechnungshof-Rohbericht zum Kunsthistorischen Museum an die Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vorliegt.

Die Behandlung dieser Dringlichen Anfrage wird nach Erledigung der Tagesordnung erfolgen.

*****

Wir setzen nun in der Debatte fort.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Ebner. – Bitte.

 


13.42

Bundesrätin Adelheid Ebner (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Eine Bemerkung zu Ihnen, Herr Kollege Kampl: Sie sprechen immer wieder davon, dass von unserer Seite verbale Angriffe auf Ihre Partei erfolgen. Dazu darf ich Ihnen Folgendes sagen: Der Landtagsabgeordnete Gottfried Waldhäusl hat in der letzten Ausgabe der „NÖN“ (Zwischenrufe der Bundesrätinnen Roth-Halvax und Diesner-Wais) die ÖVP- und SPÖ-Wähler als „dummes Stimmvieh“ bezeichnet. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) – Das darf ich hiezu nur einbringen. (Bundesrat Konecny: Wir kennen den Kollegen Waldhäusl!)

Und jetzt zu meinen Ausführungen: Österreich ist nach Slowenien das am dichtesten bewaldete Land Mitteleuropas, Kärnten und die Steiermark sind die waldreichsten Bundesländer in Österreich. Fast die Hälfte der Fläche der Republik Österreich, näm­lich 47 Prozent, nimmt der Wald ein, und er ist somit auch ein wichtiger Einkommens­zweig unserer bäuerlichen Betriebe. Auch der Handel mit Holz und Holzprodukten ist für unser Land wirtschaftlich von großer Bedeutung.

Nach Ausführungen des vorliegenden Waldberichtes hat es wieder einen Zuwachs an Waldflächen gegeben. Leider wächst dieser aber nicht immer dort, wo man ihn aus gesellschaftspolitischer beziehungsweise volkswirtschaftlicher Sicht haben will, denn


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 88

vor allem im Schutzwaldbereich gibt es regional große Probleme – und die Probleme werden größer werden, wenn die Politik nicht stärker und effizienter eingreift.

Verglichen mit der Situation in Europa laut dem Europäischen Waldzustandsbericht sind die Probleme in unserem Land nicht dramatisch. Es gibt aber auch nicht gerade Grund zum Jubeln, denn im Vergleich zum Jahr 2000 verschlechterte sich der Zustand der rot-weiß-roten Baumkronen: Mit einem Anteil von fast 10 Prozent geschädigten Bäumen sind wir 2001 wieder auf das Niveau von Anfang der neunziger Jahre zurück­gefallen. Erfreulicherweise zeigt der Österreichische Waldbericht 2001 aber auch, dass auf über 50 Prozent der Waldfläche mit Naturverjüngung gearbeitet wird und zwei Drit­tel des österreichischen Waldes als naturnah eingestuft werden.

Zum Gewässerschutzbericht 2002: Vorab ist auf die gute Qualität und den hohen In­formationsgehalt des vorliegenden Gewässerschutzberichtes, der den Berichtszeit­raum 1999 bis 2001 umfasst, hinzuweisen. In diesem Zusammenhang möchte ich vor allem auf die nützliche Zusammenfassung wesentlicher Weichenstellungen im Bereich der österreichischen Wasserpolitik am Beginn des Berichtes hinweisen, was ich sehr gelungen finde. Hervorzuheben ist im Rahmen eines Befundes über die österrei­chische Gewässersituation der vergleichsweise große Wasserreichtum sowie die Tat­sache, dass Österreich sein Trinkwasser zu 99 Prozent aus Grund- und Quellwasser bezieht. Nicht unerwähnt bleiben soll im Rahmen einer vollständigen Situationsauf­nahme auch der mit 86 Prozent sehr hohe Anteil der Einwohner, die an öffentliche Abwasserbeseitigungsanlagen angeschlossen sind.

Zu den potentiellen Gefährdungsquellen: Vor dem Hintergrund einer über weite Berei­che zufrieden stellenden Wasserqualität österreichischer Gewässer gibt es allerdings auch flächenhafte Überschreitungen der Grundwasserschwellenwerte betreffend Nitrat und Atrazin, wobei sich dies auf die landwirtschaftlich intensiv genutzten Ackerbau­regionen im Südwesten und Osten Österreichs sowie auf die Tallandschaften entlang der Donau konzentriert. Dies macht wiederum deutlich, dass es zwischen Landwirt­schaft und Umwelt Interessenkonflikte gibt, die nicht nur die teilweise hohen Nitratwerte betreffen, sondern auch den Bereich der Hausbrunnen. Unerfreulich ist auch der Rück­gang der Güteklasse 1 sowie der langsame Rückgang bei der Nitratsituation im Allge­meinen.

Der Wildschadensbericht 2001 liegt vor und wird sicherlich noch Anlass zu Diskussio­nen geben. Das Wild, aber auch das Weidevieh können den Wald durch Verbeißen der Keimlinge, der Terminal- oder Seitentriebe, durch Verfegen der jungen Bäume, aber auch durch das Schälen der Rinde schädigen. In manchen Teilen Österreichs kann dies vielleicht durch überhöhten Schalenwildbestand, möglicherweise aber auch durch den einen oder anderen Fehler in der Wildfütterung – hier sei vielleicht das ganzjährige Füttern des Schalenwildes angesprochen – entstehen, oder aber auch in der Waldbe­wirtschaftung, wo nicht genügend Äsungsangebot für das Wild vorhanden ist und übrig bleibt.

An dieser Stelle möchte ich die Kommassierungen erwähnen, wo sämtliche Sträucher und Hecken entfernt wurden, die dann mit zusätzlichem Aufwand angepflanzt und der Natur sowie dem Wild wieder zugeführt werden müssen.

Nicht unerwähnt möchte ich lassen, dass das Wild durch den weiter ausgebauten Tou­rismus, den steigenden Verkehrslärm, aber auch durch die Erschließung neuer Wohn­gebiete immer mehr beunruhigt und sein Lebensraum stark eingeschränkt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als passionierte Jägerin, auch mit dem Be­wusstsein für die Wichtigkeit der Hegemaßnahmen ausgestattet (Bundesrätin Dr. Lich­tenecker: Oh, oh, oh!) – Weidmannsheil! –, möchte ich mich ausdrücklich dagegen verwahren, dass das Wild möglicherweise die alleinige Schuld an der Schadens-


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 89

situation unseres Waldes trägt. Hier spielen mehrere Faktoren, wie zum Beispiel die Ozonbelastung, aber auch größere Trockenperioden eine bestimmte Rolle. Durch die Anpassung der Wilddichte an den jeweiligen Lebensraum sowie die Berücksichtigung der Bedürfnisse des Wildes und der Jagd bei der Waldbewirtschaftung, unter anderem durch Biotop-Verbesserungen, kann der Wald unseren Wildtieren ein größeres Habitat bieten.

Hohes Haus! Dem Wildschadensbericht ist zu entnehmen, dass weder bei der Verbiss- noch bei der Schälsituation eine Verbesserung gegenüber dem Jahr 2000 eingetreten ist. Ich komme aus dem Waldviertel, wo in meinem Bezirk Zwettl die Schadenssituation nicht so unzufrieden stellend ausfällt. Schälschäden treten ausschließlich in jenen Bereichen auf, die das Rotwild als Standwild ausweisen, sowie in den Randbereichen dieser Zonen. Es handelt sich hiebei um den großen Weinsberger Wald, der zirka 8 000 Hektar umfasst – er ist das größte geschlossene Waldgebiet Europas –, sowie um das Gebiet südlich von Allentsteig, den Truppenübungsplatz. Die Restfläche kann als rotwildfreie Zone bezeichnet werden. Das Rotwildvorkommen umfasst rund ein Viertel der Waldfläche unseres Bezirkes. Im Bereich von Fütterungen und für Rotwild günstigen Standorten – Südhänge und Deckungsbestände – kommt es auch hier immer wieder zu stärkeren Schäden. Die Tendenz der Rotwildpopulation ist steigend. Eine flächenhafte Gefährdung des forstlichen Bewuchses durch jagdbare Tiere, insbe­sondere durch Rotwild, liegt jedoch nicht vor.

Zu den Verbissschäden: Im Zuge der Forstaufsicht werden laufend die Waldflächen hinsichtlich ihrer Verjüngungspotenz überprüft. Hiebei kann festgehalten werden, dass die natürliche Verjüngung großteils ausreichend hochkommt, und zwar insbesondere die standorttauglichen Baumarten. Die standortgerechte Baumartenmischung muss jedoch in fast allen Fällen vorsichtshalber geschützt werden.

Meine geschätzten Damen und Herren! Das Gespräch sowie die Zusammenarbeit aller in diesem Verantwortungsbereich beteiligten Rechtsträger, Personen und verschiede­nen Gruppen wäre auf jeden Fall in Zukunft noch mehr zu suchen, um den Einklang zwischen unserem schützenswerten Wald, aber auch den darin lebenden Wildtieren zu gewährleisten. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.50

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Gudenus. – Bitte.

 


13.51

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Wir behandeln heute drei Berichte: den Waldbericht, den Gewässer­schutzbericht und den Wildschadensbericht. Ich bin sehr froh, dass meine Vorrednerin aus dem Waldviertel, Kollegin Ebner, sehr intensiv und fachkundig auf die drei Berichte eingegangen ist.

Wenn wir die drei Berichte rein im Hinblick auf ihre materielle Qualität, Aufmachung und inhaltliche Darstellung betrachten, so möchte ich sagen: Ja, das sind gute Berich­te! Es sind Berichte, mit denen man sehr gut arbeiten kann, aber sie lassen auch den Rückschluss zu – das ist meines Erachtens etwas, was sehr selten vorkommt –, dass sich die Qualität der betroffenen Materien in den letzten Jahren auch in der Natur nachhaltig verbessert hat, sozusagen parallel mit der Qualität der Berichte. Und das ist eigentlich etwas, worüber man sagen kann: Es kann fast nichts Besseres zu berichten geben über die Entwicklung auf diesen Gebieten – die nicht nur du, Herr Bundesminis­ter, sondern auch deine Vorgänger, welcher Art auch immer, zu vertreten haben, zum Nutzen unserer schönen Landschaft.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 90

Schauen wir uns den Waldbericht ein bisschen an – ich will gar nicht zu sehr in die Tiefe gehen, sonst erinnert sich die Frau Präsidentin in ein paar Jahren auch noch dar­an, dass ich wieder so lange darüber rede wie vor einigen Jahren –: Es gibt ja das Wort „Waldsterben“. Wer nimmt heute noch den Begriff „Waldsterben“ in den Mund? Vor ein paar Jahren aber war dieser Begriff fast in einer hysterischen Art und Weise von allen, die dazu berufen waren oder sich auch nur dazu berufen fühlten, in den Mund genommen worden. – Es stirbt der Wald nicht! In Österreich wachsen jährlich rund 5 200 Hektar Landesfläche mit Wald zu – erfreulicherweise in den meisten Fällen. Rund 31 Millionen Festmeter beträgt der Holzzuwachs, von denen nur rund 20 Millio­nen Festmeter auch wirtschaftlich genutzt werden. Es gibt also eine ständige Vermeh­rung von Holz.

Wenn wir uns das Waldviertel vor etwa 150 Jahren anschauen – wir können das nicht, aber wir haben Bilder, Gravierungen, Malereien und so weiter –, dann sehen wir, dass damals bestenfalls ein Drittel des Waldviertels mit Wald bedeckt war, und derzeit ist es eben so, wie es ist: Jetzt verdient es diesen Namen. Auch der Kahlenberg in Wien heißt natürlich mit Recht Kahlenberg, denn er war kahl, und jetzt ist er mit herrlichem Wald bewachsen. Daran hat auch Herr Schlögl, nein, Schöggl (Ruf bei den Grünen: Schöffl!) einen großen Anteil, dass der Waldzuwachs überall wiederum da ist. (Bundes­rat Konecny: Der Schlögl hat auch einen Anteil!)

Was den Gewässerschutzbericht anbelangt – und wir sehen hier auf dieser Karte (der Redner zeigt eine Graphik), wie sich die Wasserqualität verbessert hat –, so verglei­chen wir doch allein dieses Bild mit den Ausführungen, sagen wir, vor zehn Jahren: Es ist alles prachtvoll geworden! Mir hat ein Fischer gesagt, es ist heutzutage schon so, dass manche Gewässer so sauber sind, dass den Fischen die Nahrung ausgeht – und das will etwas besagen! (Heiterkeit. – Bundesrat Kneifel: Das ist eine Katastrophe! Furchtbar!) Das ist eigentlich, könnte man sagen, fast schon zu viel des Guten.

Liebe Kollegen und Kolleginnen! Was den Wildschadensbericht anbelangt, so haben wir hier von einer Jägerin, aus profundem Munde, vernommen, wie es mit dem Wild­schaden ist. Es gibt einige Gebiete, die wirklich noch unter dem Wildschaden leiden, aber ein Großteil der Gebiete hat in verantwortungsvollem Zusammenwirken der örtli­chen Jägerschaft, der Pächter, aber auch der Landwirte ein gutes Gleichgewicht gefunden. Es sind Verbesserungen möglich – dafür besprechen wir ja die Dinge –, aber ich muss noch einmal sagen, diese drei Berichte sprechen für sich: Das, was berichtet wird, ist besser geworden! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Bundes­rates Ing. Haller.)

13.55

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


13.56

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich) (die Höhe des Mikro­phons einstellend): Mein Vorredner ist nicht nur groß, sondern auch euphorisch gewe­sen!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Wir nehmen Ihre Berichte beziehungs­weise die Berichte Ihres Vorgängers sehr ernst, und deshalb befasse ich mich jetzt nur mit dem Waldbericht. Die anderen Berichte werden dann Frau Kollegin Lichtenecker und Herr Kollege Schennach übernehmen.

Der Waldbericht ist ein wunderschön aufbereitetes und tolles Werk. Ich möchte mich aber an einem Punkt, der mir persönlich ein bisschen wehtut, ein wenig festnageln. Ich


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 91

habe es schon im Ausschuss angesprochen: Es geht um die Luftschadstoffbelastung und um den Zustand der Baumkronen.

Ich bin im Ausschuss darauf aufmerksam gemacht worden, dass das mit der Verlich­tung der Baumkronen ja nicht so schlimm sei, weil ich gesagt habe, 5 Prozent weniger nicht verlichtete Baumkronen in einem Jahr erscheinen mir doch als ziemlich viel. Ich bin dann auf diese schöne Graphik im Bericht aufmerksam gemacht worden. Aber auf dieser Graphik sehe ich letztendlich genau dasselbe: Innerhalb von einem Jahr gibt es 5 Prozent weniger nicht verlichtete Baumkronen. Auch bei den stark verlichteten Baumkronen gibt es eine Erhöhung von 0,7 Prozent auf 1,2 Prozent seit 1995. Also man kann nicht davon sprechen, dass sich der Zustand des Waldes besonders ver­bessert hätte. – Im Gegenteil!

Natürlich, vom Waldsterben reden wir jetzt nicht mehr so oft. Die Belastung mit SO2 und Schwefel ist zurückgegangen, das stimmt. Wir haben aber neue Belastungen dazubekommen: Die Ozonbelastung ist im Vorjahr sicher schwer zum Tragen gekom­men. Ich denke, dass wir gerade bei den Luftschadstoffen doch auch etwas tun müss­ten, dass wir also nicht nur die Schädigungen aufzeichnen, sondern auch etwas gegen diese Schädigungen unternehmen müssten.

Als Forstminister kann man nicht so besonders viel darauf einwirken, dass weniger Luftschadstoffe in die Umwelt gelangen; allerdings sind Sie meines Wissens auch Umweltminister. Gerade in der Umweltpolitik gibt es aus meiner Sicht zwei Beispiele, wo man sehr wohl noch etwas unternehmen könnte, damit diese Luftschadstoffe – hier in erster Linie das Ozon – abnehmen.

Ein kleines Beispiel, beziehungsweise zwei Beispiele, habe ich parat: Wir haben be­kanntlich in Korneuburg die A 22. Es wurde zuletzt bei uns im Gemeinderat beschlos­sen, dass diese A 22 ausgebaut wird, ohne eine Umweltverträglichkeitsprüfung durch­zuführen. Ich habe mir die Unterlagen genau angeschaut und habe dann unter ande­rem bemerkt, dass die Korneuburger Au von den Messungen betreffend sowohl Lärm als auch Luftschadstoffe komplett ausgenommen war. Und die ASFINAG hat mir erklärt: Solange es keine UVP gibt, brauchen wir das auch nicht zu untersuchen! – Ge­nau so haben die Herren von der ASFINAG es mir mitgeteilt. (Ruf: ... Ländersache!) – Ja, Ländersache. Darauf will ich ja hinaus.

Es wäre nun so, dass es in der Bevölkerung sehr viele Menschen gibt, die diese Um­weltverträglichkeitsprüfung gerne in Anspruch nehmen, gerne beantragen würden. Lei­der hat aber nur die Gemeinde die Möglichkeit, diese Umweltverträglichkeitsprüfung beziehungsweise ein Feststellungsverfahren zu beantragen. Meines Wissens gab es jetzt einen Fall bezüglich einer Schottergrube, zu dem es auch ein EuGH-Urteil gibt, in dem festgestellt wird, dass es doch so sein sollte, dass auch ein Anrainer eine Umwelt­verträglichkeitsprüfung beantragen kann, und nicht nur die Gemeinde.

Ich denke, das wäre ein Bereich, wo es wirklich wichtig wäre, dass man auch als Um­weltminister das Anliegen unterstützt, dass eben nicht nur die Gemeinde dieses Fest­stellungsverfahren beantragen kann, sondern auch die Anrainer, die ja auch betroffen sind.

Letztendlich ist es so: Auf Grund dieses Ausbaues der A 22, im Zuge dessen es jetzt keinerlei Schutzmaßnahmen für die Korneuburger Au geben wird, weder Lärm- – gut, Lärm schädigt vielleicht die Baumkronen nicht so sehr – noch Emissionsschutzmaß­nahmen, werden ungefähr doppelt so viele Fahrzeuge direkt an der Korneuburger Au, direkt an dem Natura-2000-Gebiet vorbeibrausen. Dadurch werden natürlich auch die Ozonwerte steigen, und das wiederum wird sich auch auf die Bäume, auf die Baum­kronen, die ja ohnehin immer stärkere Schädigungen aufweisen, nicht besonders gut auswirken.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 92

Ein zweiter Punkt, auch wieder Schadstoffminimierung betreffend: Ich habe vor länge­rer Zeit ein Interview von Ihnen, Herr Minister, in der Umweltzeitung der „Umweltbera­tung“ gelesen, wo Sie versichern, Sie werden sich dafür einsetzen, dass das Öko­stromgesetz nicht geändert wird. – Meines Wissens gibt es jetzt eine Vorlage für ein neues Ökostromgesetz. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Nicht von mir!) Nicht von Ihnen. Ich glaube Ihnen schon, dass das nicht von Ihnen ist. Ich wollte jetzt auch von Ihnen wissen, in welcher Form Sie sich dafür einsetzen werden, dass dieses neue Ökostromgesetz nicht diese Auswirkungen hat, vor denen sich viele Ökostromerzeuger fürchten.

Wie Sie vielleicht wissen, war gestern der Ökostrom-Tag. Es gab auf dem Stephans­platz eine große Kundgebung, aber ich habe Sie dort vermisst, Herr Bundesminister. Ich habe Sie gesucht, aber Sie waren leider nicht dort. Sie haben sich auch nicht zum Entwurf des neuen Ökostromgesetzes geäußert. Vielleicht äußern Sie sich im Rahmen dieser Debatte noch. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Ich war bei einer Biolandwirt­schaftskonferenz und habe für die Biobauern gekämpft!)

Vielleicht können Sie noch eine schriftliche Notiz für die Ökostromerzeuger losfaxen, damit die wissen, dass es doch auch in der Regierung einen Mann gibt, der ihre Anlie­gen unterstützt, dass die Ökostromförderung nicht in diesem Ausmaß zurückgenom­men wird, wie das jetzt geplant ist. Ich würde sehr gerne von Ihnen wissen, zumal Sie versprochen haben, sich dafür einzusetzen, wie dieser Einsatz Ihrerseits aussehen wird.

Dem Waldbericht werden wir natürlich zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

14.02

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Knei­fel. – Bitte.

 


14.02

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Gewässer­schutzbericht wurde bereits von Frau Kollegin Ebner gewürdigt. Im Bereich Gewässer­aufsicht und Gewässerqualität wurde durchaus ein Fortschritt erzielt. Das Schutzziel soll dabei nicht aus dem Auge verloren werden.

Es gibt ein Schutzziel gemäß der EU-Wasserrahmenrichtlinie, in der es heißt, dass unsere Gewässer in einem guten ökologischen Gesamtzustand erhalten werden sol­len. Aber es gibt eben verschiedene Wege, die zu diesem Ziel führen. Ich glaube, dass wir in Österreich einen sehr guten Weg gehen und sehr gute Methoden haben, um dieses Ziel zu erreichen, nämlich die lösungsorientierte Gewässeraufsicht, die gemein­sam mit dem Bundesministerium und den Wasserrechtsabteilungen der Landesregie­rungen ihre Aufgaben positiv erfüllt.

Ich denke, dass die Untersuchungsinstrumentarien, um die Erreichung dieser Ziele besser bewerkstelligen zu können, ausreichend sensibel sein müssen, griffig, aber auch rechtsfähig, um entsprechende Missstände auch wirklich greifbar und handhab­bar und verfolgbar zu machen. Wir brauchen trotz der EU-Wasserrahmenrichtlinie auch die im österreichischen Wasserrecht verankerten Regelungen wie zum Beispiel die Donauverordnung, Immissionsrichtlinien und so weiter.

Ich möchte aber generell, trotz dieser positiven Bewertungen, sagen, dass wir nicht in Selbstgefälligkeit verfallen sollen, auch wenn uns diese Berichte Gutes übermitteln und sagen, dass sich der Gesamtzustand der Gewässer verbessert hat und wir in diesem


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 93

Bereich Fortschritte erzielen. Es gilt, hier noch etwas nachzusetzen. Man kann durch­aus noch Verbesserungen anfügen. Konkret möchte ich zwei Punkte anführen.

Erstens: Im Gewässerschutzbericht werden die Folgen aus der Hochwasserkatastro­phe nicht registriert. Ich meine, dass es sehr wohl sinnvoll ist, wenn solche Katastro­phen auftreten, auch die Konsequenzen und die Auswirkungen einer derartigen Kata­strophe auf die Gewässer und die Gewässerqualität entsprechend festzuhalten.

Zweitens können wir meiner Meinung nach insbesondere bei unserem größten öster­reichischen Gewässer, nämlich der Donau, im Bereich der Abfallentsorgung und der Abfallbeseitigung bei der Donauschifffahrt noch etwas tun. Ich glaube, dass diesbezüg­lich bereits eine Arbeitsgruppe im Ministerium eingesetzt und ein Projekt ausgearbeitet wurde, um die Abfallbeseitigung der Donauschifffahrt – sowohl der Personenschifffahrt als auch der Güterschifffahrt – entsprechend zu regeln und Möglichkeiten zu schaffen, dass diese überhaupt gewährleistet und auch durchgeführt werden kann. Da muss es nämlich auch Angebote für die Schifffahrt geben.

Wir wissen, dass durch die EU-Erweiterung und das Road-Pricing einerseits und die Plafondierung der Kapazitäten der Bahn und der Straße andererseits die Schifffahrt expandiert und erweitert wird. Daher ist es notwendig, wenn wir von Gewässerschutz sprechen, auch diesen Aspekt in die Überlegungen einzubeziehen.

Ich bitte Sie, Herr Minister, möglichst rasch die entsprechenden Maßnahmen zu set­zen. Ich weiß, dass auch die anderen Länder eingeladen werden müssen, dass man Finanzierungsmodelle suchen muss, zum Beispiel auch europäische Finanzierungs­töpfe für diese Einrichtungen anzapfen muss.

Am Rhein wurde das in der Art gelöst, dass es Abfallschiffe gibt, die angefordert werden können, sodass die Abfälle während der Fahrt von eben diesen Abfallschiffen übernommen werden können. Ich meine, das ist ein Modell, das auch für die Donau sinnvoll und praktikabel ist, das auch leistbar ist für die Schifffahrtsbetreiber – egal, ob es sich um Personen- oder Güterschiffe handelt.

Wir sind auf jeden Fall gefordert, um eben eine Verschmutzung hintanzuhalten. Gele­genheit dazu ist natürlich gegeben, wenn Schiffe auf der Donau unterwegs sind. Wir brauchen eine Art „nationalen Schifffahrts-Abfallwirtschaftsplan“, wir brauchen dazu auch internationale Finanzierungsmodelle, und dann werden in weiterer Folge auch die anderen EU-Länder, insbesondere die Unterlieger nach Österreich, bereit sein, an die­sem Projekt mitzuarbeiten, weil es hilft, unsere Gewässer und hier vor allem unser Hauptgewässer, die österreichische Donau, auch für die Zukunft sauber, intakt und rein zu halten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.08

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Wiesenegg. – Bitte.

 


14.08

Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Als Vertreter einer Region, die doch einen wesentlichen Anteil –mehr als 100 Quadratkilometer – an bejagbarer Fläche vorweisen kann, sind der vor­liegende Waldbericht 2001 und besonders der Waldschadensbericht 2001 für mich von besonderer Bedeutung, und, meine geschätzten Damen und Herren des Hohen Hau­ses, diese Berichte lassen keine Entwarnung zu! Man kann mit den Berichten in keiner Weise zufrieden sein, zumal die darin aufgezeigte Problematik klare Defizite festhält. Ich meine, wir können uns angesichts dieser Berichte beileibe nicht zurücklehnen.

Obwohl, wie heute bereits mehrmals aufgezeigt wurde, die Waldflächen aus dem na­türlichen Einflug zunehmen – in Schutzwaldbereichen ist dies, lieber Kollege Gudenus,


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 94

nicht der Fall; er ist jetzt leider draußen –, verzeichnen wir auch eine Zunahme der Schadstoffbelastung im Nordraum und im Nordstauraum zu Bayern. Die Beeinträchti­gungen auf der anderen Seite durch differenzierte Jagdpolitik tragen das Übrige dazu bei.

Hier hat, davon bin ich überzeugt, gerade im Schadstoffbereich die internationale Poli­tik Handlungsbedarf. Die Kyoto-Ziele, Herr Minister, werden in den Industriestaaten nicht ernsthaft verfolgt, und mir fehlt der massive Druck seitens der Bundesregierung auf EU-Ebene und darüber hinaus.

Schadstoffe, meine geschätzten Damen und Herren – und da können Sie den Kopf schütteln, wie Sie wollen –, machen an der Grenze nicht Halt. Wir müssen aber auch – und das halte ich an dieser Stelle natürlich fest – im eigenen Land unsere Hausaufga­ben machen, wenn wir wollen, dass unser Wald weiterhin unser Lebenselixier bleibt. Denken wir, bitte – das sei auch als Appell verstanden –, an unser eigenes Umweltver­halten!

So ist auch mit sozialdemokratischer Umweltpolitik verbunden, dass wir eine Priorität für den öffentlichen Verkehr setzen. Es darf keine Politik geben, meine geschätzten Damen und Herren – und ich bedauere, dass die Tiroler Mitglieder der ÖVP-Fraktion jetzt nicht im Raume sind –, die tatenlos zusieht, wie die rollende Landstraße in Tirol eingestellt und schubladiert wird. Diese Maßnahme, meine Damen und Herren, trägt nicht zur Verbesserung unseres Waldzustandes bei (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen) und ist zudem, meine geschätzten Damen und Herren von der Volkspartei – gerichtet auch an den Landeshauptmann von Tirol –, der falsche Weg und somit auch das falsche Signal einer gezielten Umweltpolitik.

Auch die Forderung umweltgerechter Heizsysteme wird nach unserem Politikverständ­nis viel Balsam für unseren Wald und damit auch eine Hilfe sein.

Meine geschätzten Damen und Herren! Ich halte es auch für richtig, dass in diesem Waldschadensbericht 2001 der Jagd keine Kollektivschuld zugeordnet wird. Vielmehr ist es wichtig, dass die Jagdwirtschaft und die Forstwirtschaft – und ich weiß, wovon ich hier rede – in einem gemeinsamen Dialog das Problem Wildschaden lösen müs­sen. Das Jagdrecht, meine geschätzten Damen und Herren, das wissen Sie besser als ich, ist Ländersache, und es wäre ein Teil gemeinsamer Zusammenarbeit zwischen Ihnen, Herr Minister, und den Ländern, auch diese Probleme zu lösen.

Daher mein Appell: die Sorge um den Zustand des Waldes nicht nur im Wildschadens­bericht ernst zu nehmen, sondern auch politisch danach zu handeln! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.12

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Kampl. – Bitte.

 


14.13

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (Freiheitliche, Kärnten): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Geschätzte Damen und Herren! Im vorliegenden Bericht gibt es sehr viele positive Ansätze, was Wildschaden anlangt, was Forstwirtschaft, Umwelt, Wasserwirt­schaft anlangt. Österreich hat diesbezüglich eine besondere Bedeutung in Europa: Österreich ist das zweitgrößte Land, in dem der forstwirtschaftliche Anteil größer ist als der Anteil der eigentlichen Landwirtschaft.

Wir haben in Österreich aber auch das Glück, dass wir es mit einem Gesetz zu tun haben, das seit 1864 Gültigkeit hat, in dem die Bedeutung des Waldes schon derart hervorgehoben wurde, sodass diese Nachhaltigkeit überhaupt möglich ist.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 95

Der Wald – Schutz, Wasserspeicher, Wohnqualität, Energieträger, Arbeitsplätze, Erho­lungsraum, viele Faktoren spielen hier eine Rolle. Es muss das Ziel der Bundesregie­rung sein – und aus diesem Bericht zu schließen, wird es sicher auch so sein –, dass die Nachhaltigkeit des österreichischen Waldes gesichert ist. Es wird aber auch not­wendig sein, Herr Bundesminister, mehr Aufklärung zu betreiben, mehr Öffentlichkeits­arbeit in Schulen, im Tourismusbereich, auch in der Baubranche. Hier haben wir ge­meinsam noch viel zu tun, denn wir wissen, welche Rolle zum Beispiel Holz im Bereich Wohnen spielt.

Zum Verhältnis Wald : Wild: Wie meine Vorredner bin auch ich der Meinung, dass die Waldbesitzer und die Jäger gemeinsam eine hohe Verantwortung tragen. Wildverbiss-, Fege- und Schälschäden wären eigentlich nicht notwendig. Wir wissen alle, die wir Jäger sind, dass sich das Wild in gewissen konzentrierten Bereichen aufhält und dort vermehrt Schäden verursacht. Daher sollte man der Jägerschaft die Möglichkeit geben, eben in diesen Bereichen verstärkt einzugreifen.

Zum Schutzwald: Laut Bericht haben wir in Österreich allgemein eine Veralterung des Schutzwaldes zu verzeichnen, und diese Veralterung ist natürlich darauf zurückzufüh­ren, dass die Schlägerung und die Bringung einfach nicht kostendeckend sind. – Sehr geehrter Herr Bundesminister, hier werden wir gemeinsam etwas tun müssen! Eine natürliche Verjüngung mit einer Plenterung, der Einzelstammentnahme, ist anzustre­ben. Diese würde wahrscheinlich das ganze Problem in unserem Sinne lösen können.

Die Erhaltung des Waldes, wie eingangs gesagt, hat eine hohe Funktion als Wohl­fahrtseinrichtung; auch für die Arbeitsplätze in Österreich im Bereich der Industrie, Wassersicherheit, Fremdenverkehr, Umwelt, Energie und so weiter ist sie von großer Bedeutung. Gemeinsam sind wir dafür verantwortlich. Es wird an uns liegen, wie weit wir eine intakte österreichische Waldwirtschaft auch der Zukunft weitergeben können.

Eine interessante Feststellung möchte ich hier noch anbringen, Herr Bundesminister: Es geht sowohl um den Holzpreis als auch um den Wildpreis, die in diesem Zusam­menhang unmittelbar eine Rolle spielen.

Zum Holzpreis: Wir könnten gegen die Problematik rund um die exotischen Hölzer – wir wissen, welche Problematik wir da weltweit unterstützen – mit einer besseren Auf­klärung und mehr Werbung für die heimische Holzbranche, für das heimische Holz ankämpfen. Wir haben von der Lärche über die Eiche bis hin zur Buche hohe Qualität anzubieten, nur ist es einfach Mode geworden, dass wir in Österreich glauben, exoti­sches Holz verwenden zu müssen, das um ein Vielfaches teurer ist – obwohl wir wis­sen, welch große Not und welches Elend in der Welt wir damit teilweise unterstützen!

Zweitens zum Wildpreis. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll.) – Herr Bundesminister! Wenn für das Rehwild derzeit 1,70 € bis 3,20 € bezahlt werden und wir aber genau wissen, dass der Konsument um bis das Zehnfache mehr dafür bezahlen muss, dann, muss ich Ihnen sagen, stimmt da etwas nicht. Ich bin der Mei­nung, der Konsument würde ab und zu gerne auf ein Stückerl Wildfleisch auswei­chen – nur der Preis müsste stimmen!

Der Preis, Herr Bundesminister, stimmt auch deshalb nicht, weil wir so viel Wildfleisch importieren.

Wild, Holz und so weiter, auch das gehört zur Waldwirtschaft. Ich möchte Sie wirklich bitten, die Wildfleischimporte einmal zu prüfen. Die kommen nämlich von Übersee und nicht von Europa. Ich denke, wir könnten auch in diesem Bereich politische Weichen­stellungen vornehmen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

 


14.18


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 96

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


14.19

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Vorab ein großes Dankeschön an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesministeriums für die Erstellung dieser Berichte, nicht nur für die Erstellung des Gewässerschutzberich­tes 2002, sondern ebenso für die Erhebung der Wassergüte in Österreich, Jahresbe­richt 2002, die alle regelmäßig erarbeitet und erstellt werden.

Ich weiß diese Berichte und deren Qualität sehr zu schätzen, da ich mich selbst wäh­rend meiner Studienzeit sehr viel mit dem Thema Wasser befasst und viele Tage und Wochen im Ministerium verbracht habe, um die entsprechenden Daten zu erheben – zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine automatisierten Daten in dieser Form –, und auch miterlebt habe, wie die Entwicklung in diesem Bereich vorangeschritten ist.

Der vorliegende Gewässerschutzbericht 2002 zählt den Status quo auf, die gültigen Rechtsnormen, die Rahmenbedingungen in der österreichischen Wasserwirtschaft. Was ich vorab aber anmerken möchte, ist, dass ich bei den Berichten immer wieder eine sozusagen vergleichende Zeitanalyse, um auch die Entwicklung selbst besser ablesen zu können, vermisse.

Das gelingt zwar, wenn man die Berichte etwa über ein volles Jahrzehnt hat, aber sozusagen mit dem singulären Bericht allein ist das äußerst schwierig. Das wäre ein großer Fortschritt: bei der Berichterstattung Jahresvergleiche anzustellen.

Wir wissen, dass Wasserressourcen, qualitativ hochwertige Wasserressourcen einen ganz zentralen Wert in der Ökonomie darstellen. Wasser ist einerseits natürlich ökolo­gisch und biologisch erforderlich für die verschiedenen Stoffwechselprozesse in der Natur, beim Menschen und Sonstiges, aber andererseits natürlich auch für Industrie­prozesse oder – wie das Kollege Kneifel schon angeführt hat – für die Schifffahrt ein zentraler Punkt; ebenso für die Energiegewinnung.

Insofern gilt es auch, sorgsam damit umzugehen – sowohl mit den unter- als auch den oberirdischen Wasserressourcen. Insbesondere die oberirdischen Wasserressourcen sind ein zentraler Faktor in der Tourismuswirtschaft. Reine Seen, gute Wasserqualität sichern auch die Entwicklung des Tourismus in bestimmten Gebieten.

Der zentrale Wert des Wassers ist auch darin begründet, dass man es durch nichts ersetzen kann. Diese Nichtsubstituierbarkeit macht es zu einem besonderen Gut im normalen Leben und in der Wirtschaft im Allgemeinen. Insofern ist der Schutz des Wassers ein zentrales Thema, damit sich eine Gesellschaft auch gesamtwirtschaftlich und gesamtgesellschaftlich weiterentwickeln kann.

Wir haben in Österreich relativ selten beziehungsweise nur in wenigen Regionen mit Quantitätsproblemen zu kämpfen, dennoch soll nicht darüber hinweggetäuscht werden, dass es sie zum Teil bereits gibt und sie auch zunehmen werden, weil es eben Dinge wie Landversiegelung, Regulierungen von Flüssen, Drainagierungsmaßnahmen in der Landwirtschaft gibt, einen Rückgang der Niederschläge oder auch ein Zuviel, was sich aber nicht auswirkt in Bereichen, die ohnehin schon ein Problem haben. – Hier gilt dasselbe wie bei der Qualitätssicherung.

Bevor ich auf die Qualität zu sprechen komme, noch ganz kurz ein Stück weg von Österreich, sondern auch global gesehen: Es gibt Analysen, die besagen, dass im Jahr 2025 die Hälfte der Weltbevölkerung an Wasserknappheit leiden wird. – Auch das sollte einem zu denken geben, auch im Kontext mit dem gesamten Klimawandel und


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 97

im Hinblick darauf, was das für ein Bedrohungspotential für diese Bevölkerung dar­stellt.

Aber jetzt zu den qualitativen Problemen. Wassergefährdende Stoffe – wir haben es heute schon in großer Ausführlichkeit im Zusammenhang mit den Pestiziden gehört – stellen eine große Bedrohung manchmal für ganze Grundwasserkörper dar. Ein Bei­spiel ist die Mitterndorfer Senke, eines der größten Grundwasserreservoirs Mitteleuro­pas, die durch Altlasten so weit verschmutzt wurde, dass die Aufbereitung Hunderte Millionen Schilling gekostet hat. Das waren volkswirtschaftliche Kosten, die von allen in der gesamten Gesellschaft zu tragen waren – nicht von den Verursachern!

Daher ist besonders Acht zu geben auf die Verursacher, auf deren Aktivitäten, und dazu gehört natürlich in einem gewissen Ausmaß auch die Landwirtschaft, wenn auch nicht beabsichtigt und direkt gewollt. Aber Fakt ist nun einmal, dass Nitrate und Pesti­zide Probleme verursachen. Aus dem industriellen Bereich kommen auch noch die chlorierten Kohlenwasserstoffe dazu.

Laut Jahresbericht 2002 über die Wassergüte ist es Tatsache, dass bei 10,5 Prozent der Messstellen der Grenzwert der Trinkwasserverordnung in Bezug auf die Nitratbe­lastung überschritten wird. Das hat zur Folge, meine Damen und Herren, dass bei­spielsweise Hausbrunnen geschlossen, neu erschlossen werden müssen. Da kann der Einzelne noch so gut wirtschaften, die Einträge gehen sozusagen zahlreiche Kilometer, bis sie ins Grundwasser kommen. – Das sind Bereiche, in denen Vorsorge getroffen werden muss.

Das Gleiche gilt für die Belastungsschwerpunkte bei den Pestiziden. Die Belastung durch den Einsatz von Atrazin ist zwar zurückgegangen, aber nicht in dem Ausmaß, wie das beabsichtigt war. Zusätzliche belastende Stoffe, insbesondere auch Hormone, werden zunehmend in den Grundwasserkörpern gemessen. – Auch hier gilt es, zu reagieren.

In Bezug auf die Güte der Fließgewässer möchte ich Folgendes sagen – Herr Mag. Gudenus ist gerade nicht anwesend, aber Herr Professor Böhm wird so freund­lich sein, ihm das mitzuteilen –: Die Gütekarte, die Herr Mag. Gudenus mitgehabt und die grünen Flächen darauf gelobt hat – grün ist immer gut, das gebe ich zu –, zeigt nicht die beste Qualität, sondern es handelt sich dabei um Güteklasse II. Die blaue Fläche weist Güteklasse I auf, und diese ist bedauerlicherweise teilweise zurückge­gangen. Das muss man offen und ehrlich sagen, und daher gilt es, auch in diesem Bereich sehr wohl weitere Maßnahmen zu setzen. (Zwischenruf des Bundesra­tes Dr. Kühnel.)

In Bezug auf die Seengebiete: Sie wissen, dass wir Anfang der siebziger Jahre unter anderem in Oberösterreich, aber besonders auch in Kärnten massive Probleme bei den Seengebieten gehabt haben. Die Seen waren kurz davor, zu kippen, und nur durch enorme Investitionen konnten die Seen gerettet und die Qualität wiederherge­stellt werden, sodass jetzt wieder intakte Seen vorhanden sind. Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Seen, die in die Energienutzung einbezogen werden, zunehmend schlechte Wasserqualität aufweisen. – Dies gilt es zu beachten und ent­sprechende Verbesserungsmaßnahmen zu überlegen.

Herr Minister! Welche Maßnahmen gilt es, vorrangig im vorsorgenden Wasserschutz zu setzen? – Die Pestizide waren heute schon einmal Thema, aber es geht nicht nur darum, sondern generell um das Verbot von wassergefährdenden Stoffen, um die Im­plementierung ökonomischer Lenkungsinstrumentarien, und da ist durchaus auch an so etwas wie Pestizid-Steuern zu denken.

Die Ökologisierung der Landwirtschaft ist voranzutreiben.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 98

Anhand des Organigramms, das Sie dem Bericht angefügt haben, Herr Minister, ist zu erkennen, dass viele Bereiche und Kompetenzen über die verschiedensten Ministerien verstreut sind. Es gilt, diese Kompetenzen zusammenzuführen, dann ist auch ein effi­zientes Arbeiten in diesem Bereich möglich; es gilt, eine Vereinheitlichung der Kompe­tenzen der Wasserwirtschaft herbeizuführen.

Es gilt ebenso, die Schaffung eines Umwelt-Gesetzbuches zu initiieren, in dem das Umweltrecht vereinheitlicht wird, um tatsächlich auch ein effizientes Umwelt- und Umwelthaftungsrecht implementieren zu können.

Die Informations- und Messsysteme sind in den letzten zehn Jahren wahrlich gut aus­gebaut worden, aber auch hier gilt es, noch weitere wichtige Maßnahmen zu setzen.

Generell – und das abschließend – ist in Bezug auf die Wasserrahmenrichtlinie auch das System der Förderungen in Österreich zu überdenken. Förderungen müssen wirk­lich gestärkt werden, und ich denke, das ist auch ein Auftrag an Sie, Herr Minister: dafür zu kämpfen und die derzeitige Abhängigkeit vom Finanzausgleich vielleicht etwas abzuschwächen.

Damit möchte ich meine Ausführungen dazu schließen.

Es gibt ein zentrales Werk zum Thema „Wasserpolitik“, Herr Minister (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Jetzt kann ich bald eine Bibliothek aufmachen!) – es freut mich, dass Sie endlich eine Bibliothek einrichten können –, und dieses darf ich Ihnen überreichen. Es heißt  „Elemente und Allokationsverfahren für die nachhaltige Entwicklung der Was­serressourcen“, die Autorin heißt Ruperta Lichtenecker, die Dissertation ist auch im Peter-Lang-Verlag erschienen, und ich denke, es ist ein ausgezeichneter Klassiker. (Die Rednerin überreicht Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll besagtes Buch. – Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Auch die Fraktionsvorsitzenden sowie der neue Vorsitzende des Umweltausschusses werden ein Exemplar davon erhalten. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Sie haben aber nicht abgeschrieben von unseren Publikationen? – Heiterkeit bei der ÖVP.) Nein, natürlich nicht, und wenn, dann ist es immer zitiert. Herr Minister, Sie müssten mit den wissenschaftlichen Gepflogenheiten vertraut sein. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ. – Die Rednerin verteilt, wie angekündigt, weitere Exemplare ihres Buches.)

14.29

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlos­sen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Berichte getrennt erfolgt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Österreichischen Waldbericht 2001.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 99

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gewässerschutzbericht 2002 gemäß § 33e WRG.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Ich stelle ebenfalls die Einhelligkeit fest. Der Antrag ist angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Wildschadensbericht 2001.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist wieder Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

8. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Bauarbeiter-Schlechtwetter­entschädigungsgesetz 1957, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Allge­meine Bürgerliche Gesetzbuch und das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz geändert werden (Arbeitsmarktreformgesetz) (464 d.B. und 543 d.B. sowie 7069/BR d.B.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ing. Kampl. Ich darf ihn um den Bericht bitten.

 


Berichterstatter Ing. Siegfried Kampl: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend das Arbeitsmarktreformgesetz.

Der schriftliche Ausschussbericht liegt Ihnen vor.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zum Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker. (Bundesrat Schennach: Da hätte sie gleich draußen bleiben können!)

Ich darf vorher noch kurz mitteilen: Es ist das ein Verhandlungsgegenstand, der Bun­desminister Bartenstein betrifft. Und Bundesminister Dr. Bartenstein hat uns wissen lassen, dass er auf dem Weg ist, sich aber einige Minuten verspäten wird. Ich ersuche Sie um Kenntnisnahme beziehungsweise Rücksicht darauf, dass der Herr Bundesmi­nister ein bisschen später kommt.

Bitte, Frau Dr. Lichtenecker.

 


14.33

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist nicht zum ersten Mal, es war schon mehrmals in letz­ter Zeit der Fall, dass wir das Arbeitsmarktgesetz, das Arbeitslosenversicherungsge­setz auf dem Tapet gehabt haben. Es sind in der Regel keine erfreulichen Tatsachen. Und wenn auch die vorliegende Fassung einige wenige Verbesserungen in sich birgt, so ist es trotz allem in Summe und abschließend bewertet eine Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 100

Wenn Sie die Daten in Europa analysieren, sehen Sie, dass Österreich in Bezug auf die Höhe der Leistungen in der Arbeitslosenversicherung im unteren Drittel liegt, bei der Dauer der Nutzung ebenfalls im unteren Drittel und in Bezug auf die Zumutbar­keitsregelungen im Mittelfeld – die Regierungsparteien preisen die Zumutbarkeitsrege­lungen ja immer als so liberal.

Vorab sei eines bemerkt: Das Ganze heißt „Arbeitslosenversicherungsgesetz“ – darin ist das Wort „Versicherung“ enthalten. Das heißt, die Arbeitnehmer zahlen in einen Topf ein dafür, dass sie, wenn der missliche Fall eintritt, dass sie arbeitslos werden, entsprechend abgesichert sind. – Dasselbe, wie Sie es bei Ihrem Kraftfahrzeug ma­chen: Sie zahlen ein, um abgesichert zu sein, wenn tatsächlich ein Schadensfall ein­tritt.

Jetzt aber stellt man die Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, so hin, als wären sie Bittsteller. Das ist schon ein total falsches Herangehen, und das finde ich sehr bedauerlich.

Ein wesentlicher Faktor und gleichzeitig eine Zumutung ist es, dass dieser Topf regel­recht geplündert und für andere Sachen verwendet wird. – Wir reden immer von Kostenwahrheit, von Kostentransparenz. Und was wird getan? Dieser Bereich wird geplündert, und das Geld wird für andere Sachen verwendet. Das ist nicht in Ordnung, das ist nicht sauber! – Da werde ich dann noch auf einen anderen Punkt zu sprechen kommen, nämlich auf das Thema aktive Arbeitsmarktpolitik.

Die Verschärfung der Zumutbarkeitsregelungen wirkt sich beispielsweise darauf aus, wie lange es möglich ist, Arbeitslosengeld zu beziehen, dass man noch Berufsschutz hat, wie viel Prozent Entgelteinbuße man hinnehmen muss, welche Wegstrecken zu­mutbar sind. Das sind mehrere Punkte, die den Menschen das Leben in dieser tatsäch­lich schwierigen Situation sicher nicht vereinfachen.

Der richtige Weg, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, wäre, dass Sie sich anschauen, wo das Problem liegt. Und das Problem liegt sehr häufig in ande­ren Faktoren, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Es liegt nämlich einerseits in der Qualifikation der Menschen, andererseits aber auch in Rahmenbedingungen, bei Eltern mit Kinderbetreuungspflichten etwa darin, dass sie mangelnde Kinderbetreu­ungseinrichtungen haben oder diese nur zu Zeiten nützen können, die es ihnen de facto nicht ermöglichen, der Arbeit in dem Ausmaß nachzugehen, wie sie es eigentlich gerne wollten oder müssten.

Insofern ist die Regierung angehalten, tatsächlich Arbeitsplätze beziehungsweise Rah­menbedingungen zu schaffen, die dies ermöglichen; Rahmenbedingungen gesetzlicher und ökonomischer Natur – genauso im Sozialbereich, im Gesundheitsbereich, im Um­weltbereich, ganz zentral aber auch in der Ausbildung.

Frau Präsidentin Zwazl wird mir vermutlich Recht geben, wenn sie ihren Bezirk heran­zieht: Die Unternehmen in den metallverarbeitenden Bereichen leiden darunter, dass sie keine entsprechend qualifizierten Arbeitskräfte bekommen.

De facto geht es darum, dass seitens der Anbieter von Qualifikationen Kurse und Aus­bildungen konzipiert werden, die dem Anspruch des Arbeitsmarktes entsprechen, und die Leute in jenen Bereichen ausgebildet werden, wo Nachfrage gegeben ist und die den Intentionen, den Wünschen und Bedürfnissen der Arbeitslosen entsprechen. Ge­nau hier ist jedoch der Mangel zu orten.

Auch wenn das vorliegende Gesetz einige Verbesserungen mit sich bringt, so müsste es aus unserer Sicht doch auch andere Signale geben. Diese Signale sind in der akti­ven Arbeitsmarktpolitik zu suchen. Die finanziellen Mittel dafür werden zunehmend ver­knappt. Es gibt hier mehrere Kolleginnen und Kollegen, die aus dem Bereich Arbeits-


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 101

marktservice kommen und die Ihnen erzählen können, dass sie damit konfrontiert sind, auf Grund dessen, dass es dafür sehr wenig Geld gibt, lediglich Mickymaus-Maßnah­men zu konzipieren.

Die Zeiten, in denen man seitens des Arbeitsmarktservices ordentliche Qualifikationen finanzieren konnte, sind längst vorbei, weil die Ressourcen nicht vorhanden sind – und daran krankt es. Es kann nicht so sein, dass diese Töpfe, in die die arbeitslosen Men­schen eingezahlt haben, für andere Bereiche geplündert werden und diese Menschen dann keine Qualifikationsmaßnahmen in Anspruch nehmen können.

Es stimmt schon: Wiedereinstiegskurse und Coachingkurse können hilfreich sein, aber es muss die Qualität stimmen.

Es ist auch nicht richtig, alle Maßnahmen in diesen Bereichen in Bausch und Bogen zu verteufeln, denn da gibt es viele qualitativ gute Angebote. Besuchen Sie derartige Qua­lifikationsmaßnahmen, Sie werden merken, woran es tatsächlich krankt!

Es ist, das gebe ich zu, nicht leicht, von der Regierungsbank aus hier im Bundesrat zu werten, wie diese Maßnahmen laufen. Nehmen Sie sich daher die Zeit, und besuchen Sie entsprechende Maßnahmen, reden Sie mit den arbeitslosen Menschen, und Sie werden sehen, wo tatsächlich die Crux liegt.

Die Crux liegt sicher nicht dort, wo Sie jetzt das Gesetz verschärfen, sondern darin, dass man Visionen haben und Ressourcen in die Hand nehmen muss, um das Pro­blem Arbeitslosigkeit in unserer Republik tatsächlich in den Griff zu bekommen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

14.40

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Giesinger. – Bitte.

 


14.40

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Frau Bundesrätin Lichtenecker, Sie haben gesagt, dass der richtige Weg ist, zu schauen, wo das Problem liegt. Ich möchte diese Aussage ergänzen: Gerade dieses Gesetz wurde so gemacht, weil Probleme gegeben waren.

Und wenn Sie sagen, man müsse den Wünschen der Arbeitslosen entsprechen, muss ich Folgendes sagen: Man muss das gesamtheitlich sehen. Das ist immer ein gegen­seitiges Geben und Nehmen, und für das Arbeitslosengeld wird von allen eingezahlt, nicht nur von jenen, die aus diesem Topf dann auch tatsächlich etwas bekommen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Es ist aber eine Versicherung, ein Versicherungsprinzip!)

Ich bin davon überzeugt, dass durch das heute zu beschließende Arbeitsmarktreform­gesetz mit 1. August des heurigen Jahres wichtige Änderungen wirksam werden. Einige davon möchte ich detailliert anführen.

Erstens: Das AMS erstellt einen individuellen Betreuungsplan für jeden Arbeitsuchen­den, bei dem mit dem Arbeitsuchenden das Einvernehmen anzustreben ist. Ein Rechtsanspruch besteht allerdings nicht. – Das ist ein sehr großer Fortschritt, denn da wird gemeinsam versucht, für den Arbeitslosen einen individuellen Plan zu erstellen. (Bundesrat Prutsch: Das macht man schon jetzt, das ist nichts Neues!)

Zweitens: Die Wegzeiten zwischen Arbeitsplatz und Wohnung werden geregelt. So sind zum Beispiel bei einer Vollzeitbeschäftigung täglich für Hin- und Rückfahrt zwei Stunden zumutbar, bei einer Wochenarbeitszeit von mindestens 20 Stunden ist eine tägliche Wegzeit von eineinhalb Stunden zumutbar. (Bundesrat Schennach: Was ist, wenn ich aber nur drei Stunden arbeite am Tag?)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 102

Drittens ist es für einen Arbeitsuchenden zumutbar, sofern er oder sie nicht im selben oder ähnlichen Bereich vermittelbar sind, in den ersten vier Monaten des Bezuges von Arbeitslosengeld eine andere Beschäftigung anzunehmen, sofern diese mit 80 Prozent der Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld bezahlt wird. Beim Bezug von Arbeitslosengeld nach vier Monaten sind auch 75 Prozent Bezahlung des Entgelts des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses zumutbar. Dies gilt auch für die Teilzeitbeschäf­tigung. Die Teilzeitbeschäftigung muss allerdings durch eine Bestätigung des ehemali­gen Arbeitgebers nachgewiesen werden.

Viertens: Wenn sich der Arbeitslose weigert, eine zumutbare Beschäftigung anzuneh­men, oder wenn er sich ohne wichtigen Grund weigert, eine Nach- oder Umschulung zu machen, was in der Praxis leider auch vorkommt, und zwar immer häufiger, verliert der Arbeitslose für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für sechs Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Bei jeder weiteren Pflichtverletzung ist das Arbeits­losengeld für weitere zwei Wochen verloren.

Ich möchte dazu sagen: Es gibt in den Stellen des AMS viele gute Leute, die jetzt schon versuchen, gemeinsam mit den Arbeitslosen Lösungen zu finden. (Bundesrat Schennach – in Richtung des Bundesrates Kaltenbacher –: Da sitzt einer!) Aber es gibt in den Stellen des AMS leider auch Leute, die das nicht tun. Und die Erfahrung zeigt auch ... (Rufe bei der SPÖ: Wo? Beispiele!) – Ich möchte das nicht jetzt hier öffentlich sagen, aber es gibt solche.

Fünftens: Nach diesem Gesetz geht bei der Pflege eines nahen Angehörigen bereits ab Pflegestufe 3 die Anwartschaft für das Arbeitslosengeld nicht verloren. – Bisher war es ab Pflegestufe 4. Das ist eine ganz wichtige Neuerung, da bei der Pflege eines nahen Angehörigen oft das Dienstverhältnis gelöst wird und dann die Gefahr besteht oder bestünde, keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld zu haben.

Diese Maßnahme, bereits ab Pflegestufe 3 den Anspruch nicht zu verlieren, bedeutet auch, dass diese Regierung die Pflege naher Angehöriger schätzt und anerkennt. Ebenso ist damit die Möglichkeit gegeben, dass Kranke und alte Menschen sowie deren Familien zwischen dem Daheimbleiben oder In-ein-Heim-Gehen mehr oder weniger wählen können. Dies ist auch soziale Wärme.

Dieses Arbeitsmarktreformgesetz ist, wie ich vorhin schon gesagt habe, angepasst an die Erfahrungen, die bisher gemacht wurden. Den Mut zu haben, Gesetze zu ändern, wenn dies notwendig ist, finde ich sehr positiv.

Abschließend möchte ich erwähnen, dass ich es auch besonders wichtig finde, verant­wortungsvoll gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die zumutbar sind – und dies wurde mit diesem Gesetz gemacht. (Beifall bei der ÖVP.)

14.45

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Konrad. – Bitte.

 


14.45

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Gesetz enthält ja die eine oder andere Verbesserung, das hat auch meine Kollegin vorhin gesagt, aber das Problem ist – und das kommt vor allem beim Beispiel Wegzeiten, die jetzt begrenzt sind, sehr gut heraus –: Die Bedingungen sind nicht hundertprozentig klar. Zum Beispiel bei den Wegzeiten, die ich zur Arbeit benötige, ist ja nicht festgelegt, ob das mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Auto ist. Sie wissen, es macht einen riesigen Unter­schied, ob ich zwei Stunden lang mit dem Auto fahre oder mit den öffentlichen Ver­kehrsmitteln; mit dem Auto kann ich ganz andere Strecken zurücklegen. Dadurch


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 103

ergeben sich dann in manchen Fällen Rechtsunsicherheiten, die nicht unbedingt zum Vorteil der Arbeitslosen sein werden.

Aber eigentlich wollte ich über etwas anderes reden. Dieses Gesetz trägt den Titel „Arbeitsmarktreformgesetz“, und es könnte der Anschein entstehen, dass darin Maß­nahmen enthalten sind, die die momentanen Probleme auf dem Arbeitsmarkt, also die Arbeitslosigkeit lösen. So ist es aber leider nicht.

Ein Problem, von dem immer wieder erwähnt wird, dass es eines der größten ist und dass man etwas dagegen unternehmen muss – worin sich alle einig sind –, ist die Jugendarbeitslosigkeit. Ich glaube, einem jungen Menschen kann kaum etwas Schlim­meres passieren, als keine Anstellung oder keine Lehrstelle zu finden. Ich trenne das jetzt, denn es gibt ja einerseits Jugendliche, die eine Lehrstelle suchen und keine fin­den und dann eben mit Kursen diese Wartezeit überbrücken, andererseits gibt es aber auch junge Menschen, die die Schule verlassen und dann einen Beruf suchen, und die haben oft Wartezeiten von mindestens einem halben Jahr oder weit darüber hinaus, schreiben endlos Bewerbungen.

Es ist so ziemlich das Frustrierendste, glaube ich, was beim Einstieg in das Berufsle­ben passieren kann, wenn man so lange ohne Beruf ist, wenn man nicht weiß, wie man dann weitergehen soll, was man mit seinem Leben anfangen soll. Auf jeden Fall hat das massive Auswirkungen auf das Selbstbewusstsein dieser jungen Menschen, und es ist sicher der denkbar schlechteste Start in das Berufsleben.

Früher hat man die Kinder gefragt: Was willst du denn werden, wenn du groß bist? – Ich fürchte, inzwischen hat sich diese Frage ein bisschen umgedreht, inzwischen fra­gen sich die jungen Menschen eher: Was werde ich denn werden? In welchem Beruf finde ich denn einen Arbeitsplatz? Denn so, dass man sich einen Traumberuf aussucht und dann eine entsprechende Lehrstelle oder Stellung annimmt, ist es ja in den meis­ten Fällen nicht mehr. Ich glaube, vor allem bei Lehrlingen ist es so – ich kenne das aus Tirol sehr gut –, dass das Angebot sehr begrenzt ist. Und wenn jemand kein Inter­esse hat, zum Beispiel im Tourismus zu arbeiten, nach einem halben Jahr jedoch noch immer keine Lehrstelle hat, dann wird er trotzdem eine Lehrstelle im Tourismusbereich annehmen, obwohl das Interesse vielleicht ganz woanders liegt. Er wird die Ausbildung machen, wird sich danach aber etwas Neues suchen müssen. – Das ist auch keine besonders gute Situation.

Die meisten Menschen sind schon froh, wenn sie überhaupt eine Anstellung oder eine Lehrstelle finden. Aber das ist dann auch nicht unbedingt ein guter Start für eine Karrie­replanung, wenn Sie so wollen.

Und obwohl alle immer betonen, dass Jugendarbeitslosigkeit ein großes Problem ist und dass jeder arbeitslose Jugendliche zu viel ist, finden wir in diesem Gesetz keine Maßnahmen, die dieses Problem beseitigen könnten. Es braucht aber Maßnahmen.

Ich möchte jetzt ein paar Zitate von Egon Blum, der der Regierungsbeauftragte für Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung ist, bringen. Er hat anlässlich hundert Tage seiner Dienste einen Bericht verfasst, der einige sehr interessante Anregungen enthält.

Zum Beispiel sagt er, dass eine Entspannung dieser Situation erst ab zirka 2010 zu erwarten ist. Weiters: „Die aufgezeigten Vergleichszahlen wurden unter der Annahme errechnet, dass die derzeit angebotenen Lehrstellen in der gleichen Größenordnung erhalten bleiben. Den Glauben an zusätzliche Lehrstellen, die aus einem konjunktur­bedingten Aufwärtstrend der Wirtschaft resultieren, könnte ich derzeit nicht begrün­den“, sagt Blum.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 104

Es ist eigentlich ganz klar: Wir können nicht darauf hoffen, dass es besser wird; es braucht daher Maßnahmen, um die Situation zu verbessern.

Blum hat auch ein Beispiel angeführt: Der Stellenstopp im öffentlichen Dienst hat sich ja auch auf Lehrstellen bezogen. Und Blum ist der Meinung, dass dieser Personalstopp die Einstellung von Lehrlingen nicht betreffen dürfte, solange sich die Lehrlingssituation nicht verbessert hat, und dass man das für Lehrlinge wieder öffnen sollte.

Egon Blum meint weiters: „Es reicht nicht aus, den Jugendlichen irgendeine Ausbil­dung anzubieten, die nur im Sinne der Unterbringung ausgedacht ist. Es geht um Eig­nung und Neigung der Betroffenen, damit auch eine Lernmotivation möglich ist. Und es geht in hohem Maße darum, dass die Jugendlichen in ihrem zu erlernenden Beruf eine Chance auf einen Arbeitsplatz erkennen können.“ – Das ist genau das, was ich vorhin in meinem Beispiel angeführt habe, was aber in sehr vielen Fällen leider nicht zutrifft.

Besonders interessant fand ich aber jene Stelle in diesem Bericht, an der Blum meint, „dass es bisher wenige sind, die von der tatsächlichen Größenordnung des bestehen­den Handlungsbedarfes Kenntnis haben“. – Vielleicht ist das ja auch der Grund dafür, dass heute wieder keine Maßnahmen in diesem Gesetz zu finden sind, obwohl ständig betont wird, es bedürfe vieler Maßnahmen, Handlungsbedarf würde bestehen.

Dieses vorliegende Gesetz löst Probleme nicht, vor allem nicht die Probleme der Jugendbeschäftigung. Wenn uns einmal ein solches vorliegen würde, dann würde ich gerne zustimmen. Heute kann ich das leider nicht. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grü­nen und der SPÖ.)

14.50

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Bachner. – Bitte.

 


14.51

Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich schließe mich gleich der ersten Diagnose meiner Vorrednerin an: Der Begriff „Arbeitsmarktreformgesetz“ ist irrefüh­rend, und ich fürchte auch, dass das, was hier beschlossen wird, nicht wirklich zu einer Reform des derzeitigen Arbeitsmarktes beitragen wird. – Das ist das eine.

Dazusagen möchte ich aber schon – unsere Fraktion wird ja dann die Zustimmung dazu erteilen –, dass es natürlich einige Punkte gibt, auch was die Zumutbarkeitsbe­stimmungen anlangt, zu denen es auch eine Sozialpartner-Einigung gegeben hat, Punkte, die zumindest marginal zu Verbesserungen beitragen und die von uns begrüßt werden, weil sie doch einen Schritt in die richtige Richtung anzeigen. Das heißt aber nicht, dass alle Schritte als richtige Schritte bezeichnet werden könnten!

Positiv möchte ich zum Beispiel hervorheben, dass dann auch die Entgeltsicherung bei Teilzeitbeschäftigung möglich ist; sicher ein Punkt, der, gerade was die Armutsvermei­dung und das Einkommen von Frauen anlangt, zu begrüßen ist. Als weitere Maß­nahme ist zum Beispiel die Berücksichtigung der Betreuungspflichten auch bei Vermitt­lung innerhalb des Wohnortes zu begrüßen.

Natürlich schaut es, was auch Kollegin Giesinger gesagt hat, sehr, sehr attraktiv aus, wenn es heißt, dass ein individueller Betreuungsplan für jeden Arbeitslosen/für jede Arbeitslose erstellt wird; das kann man tatsächlich nur begrüßen, aber meines Wissens wurde das bis dato – aber das wissen die Experten des AMS, von denen auch welche hier im Saal sitzen, besser – auch schon gemacht.

Faktum ist – und da bin ich jetzt bei Kollegin Lichtenecker; da möchte ich schon auch in diese Kritik mit einsteigen –: Wenn es in zunehmendem Maße, eben auf Grund


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 105

gestiegener Arbeitslosenzahlen keine ausreichenden Mittel dafür gibt, solche Betreu­ungspläne, entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen zu machen, dann werden uns die besten Vorhaben nichts nützen, auch nicht die einzelnen individuellen Betreuungs­pläne, wenn letztendlich das Geld für die Maßnahmen nicht da ist. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wie gesagt: Wir von der SPÖ werden diesem Gesetzesbeschluss unsere Zustimmung erteilen, und ich sehe darin sehr wohl einige positive Punkte, aber: Zum Jubeln veran­lasst mich das wirklich nicht!

Sie haben das selbst gesagt; Sie waren ja bei uns bei der Konstituierenden Sitzung der Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien dabei, wo Sie diese Problematik aufge­zeigt und gesagt haben, dass das – das hat mir sehr gefallen, weil das in dieselbe Richtung geht, wie wir sie betont haben – den Arbeitsmarkt noch nicht reformieren wird, sondern eben einmal ein Versuch ist, wobei nicht all diese Maßnahmen, die auf­gezeigt wurden, in die richtige Richtung führen werden.

Mein Problem dabei ist: Wie schaut es mit dem Arbeitsmarkt generell aus? – Dazu habe ich mir einen „profil“-Artikel vom 28. Juni, einen Bericht von Sebastian Heinzl an­geschaut, ein sehr interessanter Bericht, in dem angeführt wird, dass noch beim Wirt­schaftsbericht im Jahre 2003 vom Herrn Bundeskanzler – und auch von Ihnen – groß­artig prognostiziert wurde, dass zum Beispiel in den Handy-Technologien und so weiter ein großer Arbeitsmarkt zu erwarten sei. Es wurden damals zirka 15 000 neue Arbeits­plätze prognostiziert; das wurde so quasi als „kleines Arbeitsplatz-Wunder“ betitelt.

Ich habe mir diesen Bericht von Sebastian Heinzl angeschaut, der das aufgelistet hat. Daraus kann man erkennen, dass diese Prognosen, die im Jahre 2003 gemacht wur­den – so lange ist das ja noch nicht her –, in keinster Weise eingetroffen sind. Mittler­weile wissen wir alle, dass in vielen Bereichen Arbeitsplätze sogar wieder verloren gehen; so zum Beispiel bei T-Mobile im laufenden Jahr 200 Planposten, bei One waren es 225 Posten, die verloren gingen.

In diesem Artikel bezieht man sich aber nicht nur auf den Handy- und Technolo­giebereich, sondern auch auf viele andere Bereiche: Kodak etwa baut 150 Mitarbeiter ab, Carrera-Optyl-Brillenwerk 220 Mitarbeiter. Glashersteller Pilkington baut gleich 473 Personen ab, und so geht es weiter. – In diesem Artikel wird angeführt, was aktuell an Arbeitsplatzverlusten zu erwarten ist.

Das große Problem ist: Welche Maßnahmen setzen wir dagegen? – Wir können oft über Reformen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes reden, wir können auch in Zu­kunft über Zumutbarkeitsbestimmungen sprechen, das Problem ist: Wenn es uns nicht wirklich gelingt, gegen die derzeit herrschende und steigende Arbeitslosigkeit anzu­kämpfen, werden alle anderen Maßnahmen vergebens sein.

Da bin ich jetzt bei meinen Vorrednern, und da speziell, was die Jugendarbeitslosigkeit betrifft, wobei auch hier ein Lob meinerseits erfolgt: Es hat Verbesserungen beim JASG gegeben; das anerkenne ich sehr wohl, aber nichtsdestotrotz: Das sind doch nicht wirklich die Alternativen, die sich die jungen Menschen erwarten, aber nicht nur die jungen, sondern auch die mittleren und älteren, die derzeit keine Stelle auf dem Arbeitsmarkt finden.

Ein weiteres Problem ist – und das möchte ich noch an Kritik anbringen –, dass bei diesem Beschluss, den wir dann durchführen werden, auf einen großen Bereich, der mir sehr am Herzen liegt, vergessen wurde. Heute wurde schon bei der Arbeitsmarkt-Diskussion am Vormittag in die Debatte geworfen: Wir haben zwar soundso viele Arbeitslose, aber es gibt auch ein Mehr an Beschäftigung. – Ja, es gibt ein Mehr an Beschäftigung, aber jetzt müssen wir wirklich ganz ehrlich sein: Wie schauen denn


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 106

diese Arbeitsplätze aus? – Ein Großteil sind entweder Teilzeitbeschäftigte oder gering­fügig Beschäftigte beziehungsweise ein Großteil fällt unter die so genannten atypisch Beschäftigten.

Dazu ein Beispiel: Im Mai 2004 wurden 25 331 Freie Dienstverträge über der Gering­fügigkeitsgrenze registriert, dazu kommen noch 45 731 Freie Dienstverträge unter der Geringfügigkeitsgrenze und an die 32 400 Personen, die als Neue Selbständige wer­ken. Das sind über 100 000 Menschen, für die das Arbeitsrecht nicht gilt und die nur mangelhaft sozialversichert sind.

Herr Minister! Immer mehr Unternehmen – Sie wissen das sowohl als Wirtschafts- als auch als Arbeitsminister – vergeben anstelle von normalen Anstellungen eben solche Dienst- oder Werkverträge. Diese Unternehmen sparen sowohl bei der sozialen Sicher­heit als auch was die Rechte dieser Menschen anlangt.

Folgenden Vorwurf muss ich Ihnen, Herr Minister Bartenstein, schon machen: Als Arbeitsminister schauen Sie meiner Ansicht nach dieser Entwicklung etwas zu taten­los zu!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es uns nicht gelingt, der derzeitigen Entwicklung, gerade was die Entwicklung der Freien Dienstnehmer und Neuen Selb­ständigen betrifft, Einhalt zu gebieten, dann werden wir ein noch viel, viel größeres Problem bekommen. Wir alle in diesem Saale wissen, dass, wenn es Arbeitsplätze gibt, von denen aus nichts in die Sozialtöpfe einbezahlt wird, das eine Kettenreaktion bei den Folgeversicherungen nach sich zieht: bei der Krankenversicherung, der Arbeitslosenversicherung und in weiterer Folge auch bei der Altersversicherung.

Das heißt, wir müssen dem Einhalt gebieten, denn letztendlich bekommen wir alle die fehlenden Beiträge zu spüren. Ich möchte jetzt wirklich nicht alle Unternehmerinnen und Unternehmer in einen Topf werfen, ganz im Gegenteil: Ich bin der Meinung, dass jene Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich ordentlich verhalten, die Arbeit­nehmer zu ordentlichen Konditionen beschäftigen und auch ihre Beiträge leisten, im Wettbewerb wesentlich benachteiligt sind. Ich weiß das von vielen Unternehmerinnen und Unternehmern, die darunter leiden, dass es eben immer wieder auch Gruppierun­gen bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gibt, die so genannte Auswege suchen.

Ich meine, es wäre höchst an der Zeit, dass wir dem Einhalt gebieten. Ich sage das hier ganz dezidiert. Es gibt schon längst ausreichende Entwürfe dafür, wie man das Schwarzunternehmertum bekämpfen könnte. Das hier wäre ein Beitrag dazu. Ich denke, wenn wir wirklich den Arbeitsmarkt reformieren wollen, wenn wir wirklich mehr Menschen von der Arbeitslosigkeit weg hin zur Beschäftigung bringen wollen, was natürlich die Wirtschaft beleben würde und somit den gesamten Kreislauf in Österreich, dann haben wir hier einiges zu tun, und zwar sehr rasch zu tun. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.01

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister! Sie haben das Wort.

 


15.01

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Bundesrates! Zuerst darf ich mich für meine Verspätung entschuldigen, aber Sie haben einfach schneller debattiert, als ich den Weg zum Bundesrat vom Stubenring Nr. 1 gefunden habe.

Diese Entschuldigung gesagt habend möchte ich an Sie, Frau Bundesrätin Bachner, gleich einmal die Frage richten: Wie kommen Sie zu der Meinung, dass freie Dienst­nehmer, dass neue Selbstständige, dass geringfügig Beschäftigte, dass Zeitarbeiter,


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 107

dass Teilzeitbeschäftigte keine Einzahlungen in Sozialtöpfe leisten? (Bundesrätin Bachner: Nein, das habe ich nicht gesagt!) – Das ist doch nicht so!

Es waren Ihre Sozialminister, die eine sehr großzügige, für manche zu großzügige Lösung im Bereich der geringfügig Beschäftigten getroffen haben, wo man nämlich sehr günstig Pensionsversicherungsmonate zukaufen kann und sich auch recht günstig in eine Krankenversicherung hinein optieren kann. (Bundesrätin Bachner: Da gibt es die freiwillige Versicherung nicht!) Unfallversicherung war immer schon obligatorisch bei diesen. Wenn es sich um Dienstverhältnisse oder um unternehmerische Tätigkeiten handelt, dann sind überall Sozialversicherungsbeiträge fällig.

Davon abzugrenzen – aber um diese Unterscheidung bitte ich Sie – ist die Schwarz­arbeit, ist die illegale Beschäftigung. Das hat allerdings mit Beschäftigungsformen nichts zu tun. Aber wenn Sie über flexible atypische Beschäftigungsformen sprechen, dann muss ich sagen, dass diese per definitionem irgendwo bekannt, gemeldet sind, und somit werden auch Sozialversicherungsbeiträge geleistet.

Ich bin grundsätzlich anderer Auffassung als Sie, aber das ist kein Geheimnis, was jetzt die Arbeitsmarktwirksamkeit dieser flexiblen Beschäftigungsformen anbelangt. Ganz abgesehen davon ist auch laut diesem Gesetz, das Sie jetzt beschließen wer­den, die Vorlage eines Dienstzettels bei freien Dienstnehmern vorgesehen. Es gibt also eine Veränderung. Das ist eine Kleinigkeit, aber trotzdem.

Ich und andere sind der Auffassung, dass wir, wenn wir jetzt diese flexiblen Beschäfti­gungsformen in die Regeln des regulären Dienstverhältnisses einstufen, genau eines erreichen: dass wir nämlich diese Geschichten kaputt machen, dass wir das abwürgen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich war am Samstag Vormittag in meinem Wahlkreis bei der Firma EPCOS, früher Siemens Matsushita, noch früher Siemens Bauelemente, und dort sieht es folgendermaßen aus: 2 000 Mitarbeiter, 1 500 Mitarbei­ter fix angestellt, 400 Zeitarbeiter. Im Übrigen haben wir, Sozialpartner beider Seiten und das AMS, heute gemeinsam beim 10-Jahresjubiläum des AMS die gute Zusam­menarbeit mit Zeitarbeitsfirmen und privaten Arbeitsvermittlern gelobt. Da ist etwas weiter gegangen.

Sie können jetzt diese Zeitarbeit verbieten, aber damit würden Sie wahrscheinlich eine Reihe anderer Arbeitsplätze gefährden, denn anders geht es offensichtlich nicht. Sie würden jedenfalls diesen 400 Menschen, die in Deutschlandsberg als Zeitarbeitnehmer ihr Brot verdienen, dieses Brot wegnehmen. Das wollen Sie nicht, das will ich nicht. Also tun wir nicht so, als ob wir diese neuen Pflänzchen, die sich auf dem Arbeitsmarkt entwickeln, jetzt beliebig in volle Dienstverhältnisse umwandeln könnten, ohne sie zu gefährden. Letzteres wäre nämlich der Fall.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Darüber hinaus hat Frau Bundesrätin Bach­ner gemeint, Arbeitsmarktreformgesetz sei der falsche Begriff. – Da verweise ich schon darauf, dass, wie Sie das auch gesagt haben, die prinzipielle und wesentlichste Be­stimmung dieses Reformgesetzes, die Neufassung der Zumutbarkeitsbestimmungen, auf einer Sozialpartnereinigung beruht.

Ich bin froh, dass es diese gibt, ich bin froh, dass es zu dieser Weichenstellung kommt, das ist ein gewisser Paradigmenwechsel, nämlich vom festen Berufsschutz wegzuge­hen und auf eine Mischung aus Berufsschutz zuerst und dann Entgeltschutz überzu­gehen, und die Arbeitswelt ist flexibler. Ich kann eben nicht Arbeitslose immer nur dort vermitteln, wo sie schon waren. Bevor sie uns in die Langzeitarbeitslosigkeit abgleiten und zu Notstandshilfebeziehern werden, ist es allemal gescheiter, zu sagen: Der Ent­geltschutz ist da, aber im Rahmen dessen können Sie, kannst du dann vermittelt wer­den!


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 108

Zu diesem Arbeitsmarktreformpaket nur einige weitere Anmerkungen, weil es mir we­sentlich erscheint, dass man nicht nur die Zumutbarkeitsbestimmungen in Neufassung diskutiert. Es ist zum Beispiel die Verbesserung drinnen, dass pflegende Angehörige ab Pflegestufe 3 bereits arbeitslosenversichert bleiben. Es ist das freiwillige Frühwarn­system für Arbeitnehmer enthalten. Ganz wichtig, keine Verpflichtung. Aber das Früh­warnsystem hat bisher – das wissen nur wenige – nur für Arbeitgeber gegolten. Jetzt können auch Arbeitnehmer von sich aus, wenn eine Kündigung ausgesprochen ist oder wie immer, kein neuer Job in Sicht ist, von sich aus zum AMS gehen, was gescheit ist, umso früher kann das AMS auf der Basis eines Betreuungsplanes zu arbeiten beginnen. Das AMS steht dem durchaus kritisch gegenüber. Aber wissen Sie, wer den Betreuungsplan nachhaltig gefordert hat? – AK und ÖGB. Keine unsinnige Forderung, aber diese Forderung kam jedenfalls von Ihrer Seite. Sie haben es ein wenig kritisiert. (Bundesrätin Bachner: Ja, ich bin ja auch dafür! Ich habe nichts ande­res gesagt! Ich bin ja für den Betreuungsplan!) – Dann habe ich Sie vielleicht missver­standen. Aber sei es drum. Es ist möglich, dass das AMS gerne mehr Geld gehabt hätte. Fast alle, vielleicht nicht alle, aber die allermeisten wollen immer mehr Geld, aber es geht halt nicht, man muss sich nach der Decke strecken. Es soll jetzt für jeden Arbeitslosen ein derartiger Betreuungsplan erstellt werden.

Es werden Härtefälle beim Pensionsvorschuss beseitigt. Es wird zum Beispiel eine mögliche Lücke in der Krankenversicherung geschlossen, die bisher darin bestehen konnte, dass jemand an sich eine dreiwöchige Schutzfrist gehabt hat, aber bei Selbst­kündigung vier Wochen warten musste, bis er das Arbeitslosengeld bekommen hat und theoretisch und in Einzelfällen plötzlich eine Woche – ohne es zu wissen – nicht kran­kenversichert war. – Das sind Peanuts, aber doch wertvolle Peanuts in der Optimie­rung unserer Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik und soll erwähnt sein.

Etwas, was Ihnen bisher entgangen sein dürfte, sehr geschätzte Frau Bundesrätin Konrad, ist Folgendes: Es sind massive Verbesserungen in Sachen Jugendausbil­dungssicherungsgesetz drinnen. Sie haben gesagt, Sie würden dem Gesetz gerne Ihre Zustimmung geben, gäbe es da Verbesserungen. (Bundesrätin Konrad: Verbesserun­gen wie zum Beispiel mehr Lehrstellen!) Vielleicht überlegt es sich die grüne Fraktion im Bundesrat noch. Sie haben ausdrücklich gesagt, es gebe keine Maßnahmen im Gesetz. Frau Bundesrätin Bachner hat das offensichtlich gelesen und weiß, dass es Maßnahmen im Gesetz gibt. (Weiterer Zwischenruf von Bundesrätin Konrad.) – Ich zitiere Sie nur, sehr geehrte Frau Bundesrätin.

Sehr geehrte Frau Bundesrätin Bachner! Sie haben hier richtig die einzelnen Maßnah­men angesprochen. Ich darf dem hinzufügen: Das hat letztlich auch die Basis in Gesprächen mit Sozialpartnern der Arbeitnehmerseite, dass Lehrgänge bis zu zwölf Monate dauern können. Zur Frage, warum sie bis zu zwölf Monate dauern können und nicht müssen: Weil einzelne AMS in den Ländern sagen, dass sie das fakultativ haben wollen. Das sollen auch zehn Monate sein können. Gut, jetzt sollen es die Experten so einteilen, wie sie es für richtig halten, entweder zehn oder bis zu zwölf Monate.

Es ist ein viertes Modul möglich. Das heißt, Jugendliche, die wirklich während der gesamten Phase keinen regulären Lehrplatz finden, können dann lückenlos über die Lehrgänge bis zur Lehrabschlussprüfung kommen. Es kann dieses vierte Modul, meine sehr verehrten Damen und Herren, ausschließlich zur Vorbereitung für die Lehrab­schlussprüfung eingesetzt werden. Außerdem wird das Jugendausbildungssicherungs­gesetz um zwei Jahre verlängert. – Also auch das sind wichtige Maßnahmen, die ich schon erwähnt haben wollte.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Konrad! Das Vermeiden von Jugendarbeitslosigkeit ist unser gemeinsames Ziel, das steht außer Frage.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 109

Darf ich Sie aber hier konfrontieren mit der Position Österreichs im europäischen Kon­text, wie sie heute Vormittag von Eurostat kommuniziert wurde, und zwar hinsichtlich Jugendarbeitslosigkeitsraten, Jugendliche unter 25 Jahren. Wie sieht es da in Europa aus? – Das wird den Bundesrat sicher interessieren.

In der Eurozone haben wir im Mai 2004 eine Jugendarbeitslosigkeit von 17,4 Prozent gehabt, in der Zone der EU der 15 immerhin noch 16 Prozent, der EU der 25 18,2 Pro­zent – also irgendwo zwischen 16 und 18,2 Prozent. Österreich ist da mit Abstand, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Land mit der niedrigsten Jugendarbeits­losenrate laut Eurostat – also keine Daten, die ich Ihnen womöglich unrichtig berichten würde, sondern Eurostat weist das aus – mit 6,9 Prozent!

Das zweite Land ist Irland mit 8,1 Prozent, und das Land, das uns in vielerlei Hinsicht am nächsten ist, nämlich Deutschland, liegt bei immerhin 11,1 Prozent – also trotz des Lehrlingsausbildungswesens, das in Deutschland sehr ähnlich strukturiert ist, eine deutlich höhere Jugendarbeitslosigkeit als bei uns. Ein Land wie Polen, neues EU-Mitgliedsland, liegt bei 39,6 Prozent, also bei fast 40 Prozent, und unsere Nachbarn, die Tschechen, liegen bei 20 Prozent.

Wir sind also mit 6,9 Prozent sehr gut situiert und somit das Land Nummer eins in der Europäischen Union. Da wird es Sie dann weiters interessieren, dass wir zwar insge­samt nach wie vor einen leichten, aber doch Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verzeich­nen haben. Es waren im Juni jetzt plus 0,9 Prozent, das ist jedenfalls über null, aber auch das bedrückt. Wir haben die Trendwende leider noch nicht erreicht. Das Wirt­schaftswachstum ist in den ersten Monaten des Jahres 2004 noch nicht ausreichend gewesen, aber die Jugendarbeitslosigkeit ist seit einigen Monaten rückläufig, und das ist ein deutlicher Unterschied zur Entwicklung der Arbeitslosigkeit bei 25- bis 50-Jährigen. Das heißt, die aktive Arbeitsmarktpolitik, die Maßnahmen des Jugendausbil­dungssicherungsgesetzes, das Lehrgangsnetz, die Jobs-for-You-Initiative – allesamt Maßnahmen, die Geld kosten, die nicht billig sind – greifen. Es sank die Jugendarbeits­losigkeit im Jahresabstand im Juni 2004 um 5,4 Prozent oder um 1 761 Jugendliche auf 30 673.

Jetzt sind mir 30 673 auch noch zu viel. Aber die Zahl von 150 000, die der mittlerweile zum stellvertretenden Klubobmann aufgestiegene ehemalige und immer noch Medien­mann – Sie wissen schon – im Nationalrat genannt hat, dürfte wohl nicht stimmen. 30 000 sind es, minus 5,4 Prozent im Jahresabstand!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird Sie auch interessieren, wie Öster­reich jetzt insgesamt in Sachen Arbeitslosigkeit liegt. Jemand, der in diesem Hohen Haus viele Jahre verbracht hat, nämlich Abgeordneter Feurstein, ein Statistiker, wie wir wissen, hat einmal folgenden Spruch geprägt: Glaube nie einer Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast! – Das ist, glaube ich, ein alter Berufswitz unter Statistikern.

Ich sage das deswegen, weil uns Eurostat mitgeteilt hat, dass sie unsere Arbeitsmarkt­daten einer Revision unterziehen mussten. Also ohne dass Österreich etwas davon wusste, hat Eurostat unsere Arbeitsmarktdaten einer Revision unterzogen. Wir hatten bisher im Laufe dieses Jahres Arbeitslosenzahlen von 4,4 Prozent bis 4,5 Prozent nach EU-Methode. Viele von Ihnen werden das wissen. Nunmehr sagt Eurostat: Wir haben uns verrechnet!, es wird aber nicht gesagt, warum, und kommt auf Arbeitslosen­zahlen von 4,2 Prozent für Österreich, und das beschert uns nicht mehr und nicht weni­ger als Platz Nummer eins. Eurostat meint im Übrigen, dass das seit November des letzten Jahres schon so gewesen sei. Somit sind wir schon seit November 2003 das Land Nummer eins in Sachen niedriger Arbeitslosigkeit, und zwar nicht nur bei der Jugend, sondern insgesamt innerhalb der Europäischen Union.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 110

Wir teilen diesen Platz Nummer eins mit zwei wahrhaft großen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, nämlich mit Luxemburg und Zypern. Luxemburg geht im Übrigen in Sachen Arbeitslosigkeit recht stark nach oben, die waren da deutlich drunter, und Zypern ist ein neues Mitgliedsland, touristisch, sehr klein. Ich denke, unter den tatsäch­lichen Industrieländern der Europäischen Union, die ein bisserl größer sind und mehr als nur ein paar hunderttausend Einwohner haben, ist Österreich da mit einigem Ab­stand das Land Nummer eins, und darüber freue ich mich und darüber freut sich auch sicherlich der soeben eingetroffene Sozialminister, mein geschätzter Kollege Herbert Haupt. Das wollte ich Ihnen schon noch mitgeteilt haben. (Vizepräsident Weiss über­nimmt den Vorsitz.)

Jeder Arbeitslose, jede Arbeitslose ist einer/eine zu viel, egal, ob es sich dabei um Ältere oder Jugendliche handelt. Aber halten wir an dieser Stelle auch einmal fest, dass wir insgesamt nur mehr sehr leicht steigende Arbeitslosenzahlen haben. Ich halte übrigens eine Trendwende im Laufe des Jahres 2004 für möglich, weil ein Wachstum von 2 Prozent ja doch ante portas ist. Die Exporte werden im heurigen Jahr um 7 Pro­zent zunehmen. Es schaut ja nicht schlecht aus. Aber ich sage, es ist möglich, und innerhalb der Europäischen Union sind wir jetzt sowohl in Sachen Jugendarbeitslosig­keit als auch in Sachen allgemeine Arbeitslosigkeit die Besten.

Ein letzter Satz, Frau Präsidentin (der Redner bemerkt, dass am Präsidium mittlerweile Vizepräsident Weiss den Vorsitz übernommen hat) –, Herr Präsident, man hat sich hier verändert, ich schätze beide außerordentlich.

Herr Präsident! Ein Letztes noch, weil wir heute zehn Jahre AMS feiern konnten und weil ja nicht wenige Vertreter auch der Sozialpartnerschaft hier im Bundesrat sitzen. In Wirklichkeit herrscht ein hohes Maß an Gemeinsamkeit in Sachen Arbeitsmarktpolitik in diesem Land und für dieses Land. Zehn Jahre lang haben wir jetzt drittelparitätisch, nämlich ein Drittel die Arbeitgeber, ein Drittel die Arbeitnehmer, ein Drittel der jeweilige Arbeitsminister, an Verantwortung für das AMS getragen. Ich würde mich auch hier getrauen, zu sagen, dass das AMS das beste Arbeitsmarktservice Europas ist, da würde ich so weit gehen.

Wir wissen, dass die Deutschen zur Vorbereitung ihrer Hartz-Berichte in Österreich nicht nur antichambriert haben, sondern sich vieles angeschaut und auch nachge­macht haben. Aber das soll auch so sein.

Was ich mir an diesem Tag auch wünschen würde, ist, dass diese Gemeinsamkeit, die auch in vielen gemeinsamen Beschlüssen und in der gemeinsamen Arbeit des AMS zutage tritt, dann in der öffentlichen Artikulation auch so dargestellt wird, denn da ist es öfter einmal nicht so, da geht es dann durchaus kritischer zu.

In diesem Sinne, Herr Präsident, freut es mich, hier dem Bundesrat im Wege des Nationalrates ein sehr weitgehendes Arbeitsmarktreformpaket vorgelegt zu haben. Ich bedanke mich ausdrücklich bei der sozialdemokratischen Fraktion, die diesem Paket ihre Zustimmung geben wird. Im Wesentlichen basiert es ja auf einer Sozialpartnereini­gung, aber es gibt auch eine Reihe von Bestimmungen, die dann in ganz normalen Begutachtungs- und anderen Prozessen dazugekommen sind. Sie stimmen ihm zu. Das ist gut so. Die Grünen stimmen dem nicht zu. Das müssen die Grünen Österreichs Arbeitnehmern dann eben erklären. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

15.17

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Weilharter. Ich erteile ihm das Wort.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 111

15.17

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Werte Herren Bundesminister! Frau Kollegin Dr. Lichtenecker hat zu erklären versucht, war­um die Grünen der vorliegenden Gesetzesmaterie nicht zustimmen. Frau Kollegin, Sie haben als Begründung das Beispiel Kfz-Versicherung genannt.

Frau Kollegin! Ich will Sie nicht belehren, in keiner Weise, aber ich darf Ihnen Folgen­des sagen: Ihr Beispiel ist falsch, und zwar deshalb, weil eine Kraftfahrzeughaftpflicht­versicherung immer an Zweite oder Dritte leistet, das heißt, die Leistung nie an den Beitragszahler erfolgt, und das ist eben ... (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Vollkasko­versicherung!)

Frau Kollegin! Würde die Bundesregierung Ihrer Begründung und Ihrem Beispiel fol­gen, dann würden die Beitragszahler in die Arbeitslosenversicherung, wenn sie arbeits­los sind, nie ein Entgelt bekommen. Daher ist diese Gesetzesvorlage sicherlich der richtige und, wie ich meine, der bessere Weg. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Das ist eine falsche Begründung!)

Meine Damen und Herren! Folgendes ist dem Bericht auch zu entnehmen: Es geht um eine Neuorientierung der Arbeitsvermittlung, dann geht es weiters um die Verankerung des Betreuungsplanes, nämlich für alle Arbeitslosen, und, was mir auch wesentlich erscheint, um die Absicherung pflegender Angehöriger in der Arbeitslosenversiche­rung – also durchaus positive Ziele. Ich sage auch dazu: Ich bin sehr froh darüber, dass mit Ausnahme der Grünen Parteienkonsens herrscht, und würde mich freuen, wenn es eine einhellige Materie wäre. Es gehört nämlich Arbeitslosigkeit bekämpft, aber nicht die Arbeitslosen.

Es tut mir daher Leid, dass sich die Grünen in dieser Frage diesem Ziel verschließen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.19

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Bundesrätin Zwazl das Wort.

 


15.19

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Geschätzte Her­ren Minister! Sehr geehrte Kollegin Bachner! Ich bedanke mich recht herzlich bei Ihnen dafür, dass Sie gesagt haben, dass Sie nicht alle Unternehmerinnen und Unternehmer in einen Topf werfen. Das unterscheidet Sie sehr stark vom Kollegen Konecny, der das letzte Mal die Unternehmer mit schwarzen Schafen verglichen und gesagt hat, er kenne kein weißes. – Dies hat mich sehr getroffen. Die entsprechende Antwort konnte ich ihm nicht geben, weil er nach diesem seinem Sager hinausgegangen ist.

Aber es stört mich, muss ich ehrlich sagen, wenn Sie von „Schwarzunternehmertum“ sprechen. Könnten wir uns nicht auf das Wort „Schwarzarbeit“ einigen? (Bundesrätin Bachner: Nein, sicher nicht!) Es gibt genauso Pfuscherpartien, die ganz schön, wie man so sagt, abheben, aber keine Beiträge zahlen, auch nicht in die Gebietskranken­kasse, wo wir sie wirklich sehr dringend notwendig haben. Daher meine ich, dass jeder, der in der Arbeitswelt etwas Ungesetzliches macht, der keine Beiträge zahlt, der zu einer Wettbewerbsverzerrung beiträgt, unter den Begriff „Schwarzarbeit“ fallen soll­te. Dafür wäre ich Ihnen sehr dankbar, denn der Begriff „Schwarzunternehmertum“ würde sich ja alleine auf die Unternehmer beziehen. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Arbeitsmarkt muss sich ebenso auf die lau­fenden Veränderungen unserer Zeit einstellen wie eben die Wirtschaft auch. Die Zu­mutbarkeitsbestimmungen als wesentlicher Punkt dieses Gesetzes sind eine notwen-


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 112

dige und richtige Maßnahme. Jeder von uns kennt Erwerbstätige, die weit mehr als zwei Stunden Wegstrecke auf sich nehmen müssen. Viele benötigen sogar zwei Stun­den für eine Strecke. Bei dieser Wegzeit ist gemeint, dass das Zurücklegen der Stre­cke mit einem öffentlichen Verkehrsmittel erfolgt. Das ist ganz klar.

Wie lange, frage ich Sie, brauchen Sie selber von Ihrem Wohnort hierher ins Parla­ment? Wie lange brauchen Sie in Ihr Büro? Wie lange brauchen Sie in Ihr Geschäft? – In der Regel kommen Sie, kommen wir mit zwei Stunden nicht aus.

Die nun getroffene Regelung mit einer zumutbaren Wegzeit von insgesamt zwei Stun­den für die Hin- und die Rückfahrt ist für mich eine durchaus akzeptable Regelung, weil sie fair ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.) Sie ist fair und stellt Arbeitslose und Erwerbstätige gleich. Natürlich sollte der Anfahrtsweg im Idealfall kürzer sein, insbesondere für Mütter.

Ebenso zu begrüßen ist die Regelung für Teilzeitbeschäftigte bis zu einer Wochen­arbeitszeit von mindestens 20 Stunden. Da ist die Zumutbarkeit mit eineinhalb Stunden für die Hin- und die Rückfahrt ebenso gut gelöst. Eine Untergrenze einzuziehen, von der viele erwerbstätige Menschen nur träumen können, ist völlig gerechtfertigt.

Probleme sehe ich jedenfalls bei Personen mit einer Wochenarbeitszeit von weniger als 20 Stunden, zum Beispiel bei 15 Stunden verteilt auf fünf Arbeitstage pro Woche. Nach dem Gesetz wäre nur eine Wegzeit von 45 Minuten für Hin- und Rückweg zumut­bar, somit nur 22,5 Minuten pro Wegstrecke. Da kann und da muss auch das AMS be­urteilen, ob die besonderen Umstände für eine Überschreitung der Wegzeit sprechen. Beispielsweise kann ein entlegener Wohnort des Arbeitslosen für eine Überschreitung sprechen. Aber es geht ja vielen Erwerbstätigen nicht anders. Wir alle wissen, dass es in Österreich wenige Arbeitsplätze gibt, die in 22,5 Minuten vom Wohnort erreichbar sind. Bei all diesen Regelungen geht es um die Anpassung an die Wirklichkeit der modernen Arbeitswelt. Wenn wir nach einem Jahr feststellen, dass diese Regelungen nicht entsprechen, nicht ausreichen, dann wird man eben evaluieren und anpassen müssen.

Ein weiterer Punkt, der heute schon sehr oft angesprochen wurde, ist der Berufs­schutz, der nunmehr mit 100 Tagen festgelegt wird. Abgefedert wird diese Beschrän­kung ohnehin durch einen gleichzeitig eingeführten Entgeltschutz. Viele Menschen müssen sich regelmäßig beruflich neu orientieren. Viele haben Jobs, die mit ihrer Aus­bildung oder mit ihrem vorigen Job nichts zu tun haben. Viele müssen bei einem Job­wechsel auch Abstriche vom Gehalt machen, sodass das Einkommen oft bei unter 80 Prozent des vorherigen Verdienstes liegt, wie es für die Arbeitslosen gilt. Aber die meisten Arbeitslosen zeigen auch Veränderungsbereitschaft. Von dieser Regelung erhoffe ich mir in erster Linie, dass die Zahl der Langzeitarbeitslosen zurückgeht.

Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Als Wirtschaftsvertreterin begrüße ich auch die Einführung und die konkrete Ausgestaltung des Betreuungsplans. Für einen funktionierenden Arbeitsmarkt ist entscheidend, dass die Qualifikation Arbeitslo­ser mit den Bedürfnissen Arbeitskräfte suchender Betriebe abgestimmt wird. Dafür werden die Betreuungspläne eine wichtige Unterstützung bilden.

Diesen Montag haben wir in Niederösterreich den Beschäftigungspakt 2005 bis 2006 abgeschlossen. Auch in diesem haben wir Maßnahmen vereinbart, die den Anforde­rungen der Betriebe entsprechen. Für die Erholung des Arbeitsmarktes sind all diese Maßnahmen notwendig. Doch eines dürfen wir dabei nicht vergessen: Der Arbeits­markt ist konjunkturabhängig. Die Erholung der Konjunktur fällt nach den derzeitigen Analysen zwar schwächer aus als erwartet, doch gibt sie unseren Klein- und Mittelbe­trieben den nötigen Optimismus, und dieser Optimismus sichert Arbeitsplätze, und bei wachsender Konjunktur schaffen unsere Betriebe dann auch weitere Arbeitsplätze.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 113

Es wird hier immer wieder angesprochen, dass ich die Betriebshilfe führe. Das ist ein Verein zur Unterstützung von Kleinstbetrieben. Wenn eine Unternehmerin ein Baby bekommt, bekommt sie acht Wochen vorher, acht Wochen nachher eine Betriebshilfe. Oder wenn in einem Kleinstbetrieb der Unternehmer, die Unternehmerin durch Krank­heit oder Unfall ausfällt, bekommt sie eine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt. Ich muss Ihnen sagen: Ich nehme durchwegs ältere Arbeitskräfte, weil es sehr schwierige Arbeitseinsätze sind, weil die Arbeitskräfte immer wieder in einen neuen Betrieb kom­men, und es ist nicht sehr einfach, sich immer wieder auf einen anderen Betrieb umzu­stellen.

Ich muss Ihnen auch sagen: Ich habe immer Probleme, die nötigen Arbeitskräfte für diese Einsätze zu bekommen. Ich habe derzeit 46 Facharbeitskräfte fix angestellt, und ich suche laufend Fachkräfte nicht nur für die Gastronomie, sondern ältere Friseurin­nen, Kosmetikerinnen, Schlosser, Fachkräfte aus allen Berufen, und es ist wahnsinnig schwierig. Ich bekomme diese Leute nicht über das AMS, mit dem wir gute Kontakte haben, ich bekomme sie nicht über Personalleasingfirmen. Ich muss immer wieder auch Kollegen und Kolleginnen ansprechen und ersuchen, dass sie mir eine Zeit lang helfen, diese Einsätze zu machen, denn bei Unfall kann man sich den Zeitpunkt eben nicht aussuchen. Daher frage ich mich: Wo sind dann die vielen Leute?

Meine Bitte heute, weil ich schon die Gelegenheit habe und weil ich das angesprochen habe, ist: Wenn Sie eine ältere Arbeitskraft kennen, die eine Fachausbildung hat, dann, bitte, soll sie sich an die niederösterreichische Betriebshilfe wenden, und wir werden sie aufnehmen. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich Ihnen das nächste Mal schon darüber berichten könnte und wir sie in der Wirtschaft einsetzen könnten. Wir haben ein sehr gutes Betriebsklima. Ich habe sehr viel Kontakt mit unseren Arbeitskräften. Ich setze mich alle vier bis fünf Wochen mit ihnen an einem Samstagnachmittag zusam­men und bespreche die Art und Weise der Einsätze. Es sind schon sehr viele – ich mache das jetzt seit zehn Jahren – nach ihrer Tätigkeit bei der Betriebshilfe in Pension gegangen sind. Viele, auch Langzeitarbeitslose, haben durch ihre Tätigkeit bei der Betriebshilfe wieder Freude gefunden und auch eine positivere Lebenseinstellung.

Durch das vorliegende Gesetz, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden auch die Maßnahmen des Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes verlängert. Ende dieser Woche ist Schulschluss, und für viele Jugendliche beginnt mit dem Berufseinstieg ein neuer Lebensabschnitt. Doch viele Jugendliche haben enorme Schwierigkeiten, den Einstieg ins Berufsleben zu schaffen. Wir in Niederösterreich haben hervorragende Erfahrungen mit Maßnahmen der Jugendausbildungssicherung gemacht. Ich bin auch sehr stolz auf die wirklich gut funktionierende Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern, mit dem AMS und dem Land, denn die Sicherung der Jugendausbildung geht uns, wie wir wissen, alle an. Daher begrüße ich auch die Verlängerung der JASG-Maßnahmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe in den letzten Wochen zahlreiche Betriebsbesuche durchgeführt und mit unzähligen Wirtschaftsvertretern gesprochen. Immer wieder werde ich auf die Lehrlingsausbildung angesprochen, oft auch auf das Ausbildungsniveau. Unsere Kinder werden vielfach auf die Erfordernisse des Berufes, der Lehrberufe nicht vorbereitet. Maler oder Tischler erzählen mir immer wieder: Du, die Jugendlichen kommen, können aber ganz einfach keine Fläche ausrechnen. Sie können zwar die Mengenlehre, aber wenn ich Ihnen sage: Rechnen Sie bei dem Raum die Sesselleisten aus, rechnen Sie die Grundflächen aus!, dann fällt es ihnen nicht auf, ob sie 16 Quadratmeter, 16 000 oder irgendwas anderes herausbekommen. Sie kön­nen das ganz einfach nicht. Das liegt, wie ich meine, in der Verantwortung der Pflicht­schullehrer, und da sollten wir sie auch wirklich mehr in die Pflicht nehmen und ge­meinsam schauen, dass die Jugendlichen bessere Chancen haben. Diese Ausbildung kann wirklich nicht der Betrieb machen. Die Klein- und Mittelbetriebe sorgen, wie ich


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 114

meine, wirklich für eine ausgezeichnete Fachkräfteausbildung, und wir können auf unsere duale Ausbildung sehr stolz sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber wenn ich schon die Lehrstellenproblematik anspreche, so ist es mir auch immer ein Anliegen, darauf hinzuweisen, dass wir die Eltern nicht aus der Pflicht nehmen können. Es rufen mich sehr viele Eltern an und sagen: Bitte schön, ich brauche eine Lehrstelle für mein Kind. Und wenn ich frage: Welchen Beruf?, dann sagen sie ganz einfach: Es ist vollkommen egal. Irgendeinen!

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ich finde diese Einstellung schlichtweg fahrlässig. Man muss wirklich auf die Talente, auf die Fähigkeiten der Jugendlichen Rücksicht nehmen. Da macht die Wirtschaft sehr viel. Ich finde es wichtig, dass wir schauen, dass die jungen Leute in Berufsinformationszentren gehen, dass wir sie auf ihre Talen­te und Fähigkeiten hin testen und dass wir ihnen die ganze Palette der Berufe vorstel­len. Wir alle wissen, dass es ein Dilemma ist, dass die Jugendlichen vor allem fünf Berufe anstreben. Wir wissen ganz genau, dass sie dann in ihrem Berufsleben gar nicht solche Erfolge haben können. Und es ist schon sehr wichtig, dass die richtige Berufswahl getroffen wird.

Ich bitte Sie darum, dass wir alle, kraft unserer Funktionen, auf die Einrichtungen, die es gibt, die wirklich Hilfe schaffen, bei unseren Veranstaltungen im Kontakt mit den Mitbürgern hinweisen und dass wir den Leuten ganz einfach Zuversicht und Vertrauen in unsere Lehrlingsausbildung geben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

15.31

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Mag. Neuwirth das Wort.

 


15.32

Bundesrätin Mag. Susanne Neuwirth (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wehrt sich ein Arbeitsloser, einen Job anzunehmen, so spielt die Höhe des angebotenen Lohns jetzt eine Rolle. Findet er in seinem erlernten Beruf keine Arbeit, darf er nach 100 Tagen Arbeitslosig­keit auch in einen anderen vermittelt werden. Eine Arbeitszeit, die mit einer Pendelzeit von täglich mehr als zwei Stunden bei acht Stunden Arbeitszeit verbunden ist, ist unzu­mutbar. – Das sind, kurz gefasst, die wesentlichen Neuerungen, die dieses Gesetz, die diese Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose vorsehen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir von der SPÖ stimmen heute hier einem Gesetz zu, das wohl eines der wichtigsten Themen der Innenpolitik betrifft, nämlich das Thema Arbeitslosigkeit. Das hat die Debatte des heutigen Tages schon zu einem anderen Tagesordnungspunkt gezeigt. Insofern ist natürlich jeder Schritt zu begrüßen und auch jedes Gesetz, das zu einer Verbesserung der Situation arbeitsloser Menschen führt – arbeitsloser Menschen in jeder Altersgruppe.

Einige dieser Verbesserungen finden sich durchaus in diesem Gesetz. Es ist schon ausführlich darauf eingegangen worden, deshalb nur mehr kurz: Mit der Neuregelung der Zumutbarkeit erfolgt ein erster wichtiger Schritt in Richtung Vermittlung, die auf die Qualifikation der Arbeitsuchenden zumindest für eine gewisse Zeit, nämlich für 100 Ta­ge, Rücksicht nimmt. Bestehende Qualifikationen der Arbeitsuchenden, die auf dem Arbeitsmarkt verwertbar sind, sollen nicht nur erhalten werden, sondern es ist aus­drücklich auch der Anspruch normiert, diese sogar zu erweitern. – Das ist durchaus positiv zu sehen.

Positiv ist auch die Erstellung des individuellen Betreuungsplanes, der derzeit schon in den meisten AMS-Stellen erstellt wird. Dass die Betreuungspflichten für Kinder erst-


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 115

mals auch bei einer Vermittlung innerhalb des Wohnortes Berücksichtigung finden, ist positiv zu vermerken, vor allen Dingen im Sinne der Arbeit suchenden Frauen, bei de­nen schließlich die Betreuungspflichten immer noch hauptsächlich eine Rolle spielen.

Auch die Berücksichtigung der Teilzeitbeschäftigung beim Entgeltschutz ist ein wichti­ger Schritt zur Einkommenssicherung, der vor allem wieder den Frauen zugute kom­men wird.

Was die Angemessenheit der Wegzeit betrifft, die heute schon mehrmals angespro­chen wurde, so stellt die nun vorgesehene Regelung, was das Verhältnis der Wegzeit zur Normalarbeitszeit betrifft, eine wirkliche Verbesserung zum Status quo dar. Was die Frage allerdings bei der Teilzeit betrifft, so wird sich zeigen, wie die Praxis gehand­habt wird, wie der Vollzug gehandhabt wird. Meiner Meinung nach ist es schon ein großer Unterschied, ob man eineinhalb Stunden zur Arbeit hin und zurück braucht und dann nur drei, vier oder fünf Stunden an diesem Arbeitsplatz verbringt. Eines aller­dings, so glaube ich, ist nicht gerechtfertigt, nämlich unsere Wegzeit, die wir zwei-, dreimal im Monat zurücklegen, irgendwie mit der Normalarbeitszeit eines arbeitenden Menschen zu vergleichen, der täglich zur Arbeit hin und zurück fahren muss. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz hat also diese durchaus positiven Seiten. Das ist auch der Grund dafür, warum es heute die Zustimmung der SPÖ findet. Ich warne allerdings davor zu glauben, dass dieses Gesetz auch nur irgendwie ein Allheilmittel für die Probleme der Arbeitslosigkeit und des Arbeitsmarktes sein kann. Dazu sind die Probleme viel zu vielseitig und auch zu vielschichtig.

Arbeitslosigkeit betrifft heute nahezu alle Berufsgruppen. Statistisch gesehen ist jeder dritte Arbeitnehmer und jede dritte Arbeitnehmerin zumindest einmal im Jahr von Arbeitslosigkeit betroffen. Meine Damen und Herren! Und jeder Arbeitslose, egal, in welchem Alter, ist ein Arbeitsloser zu viel! Schließlich geht es neben der individuellen Problematik immer auch um Familienschicksale. Arbeitslosigkeit bedeutet für den betroffenen Menschen immer auch einen Verlust des Selbstbewusstseins, Arbeitslosig­keit, vor allen Dingen wenn sie länger dauert, bedeutet auch immer öfter den Eintritt in die Schuldenfalle.

Deshalb muss eine menschenwürdige Existenzsicherung für arbeitslose Menschen ein Ziel der Zukunft sein, denn die durchschnittliche Arbeitslosenunterstützung beträgt für Frauen 610 € und für Männer 780 € im Monat. Meine Damen und Herren! Damit kann wohl niemand auf Dauer seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommen.

Das vorliegende Arbeitsmarktreformgesetz ist sicher zu wenig, um der Lösung dieser Problematik einen großen Schritt näher zu kommen. Der beste Betreuungsplan, die am meisten zumutbare Wegzeitregelung und die detailliertesten Berufsschutz- und Ent­geltschutzregelungen lösen das Beschäftigungsproblem in Österreich nicht, denn was fehlt, meine Damen und Herren, sind die Arbeitsplätze! Um mehr Arbeitsplätze zu schaffen, braucht es aber verbesserte Rahmenbedingungen. Und da sehe ich wenige Initiativen von Seiten der Regierungsparteien.

Meine Damen und Herren! Es fehlen nach wie vor konjunktur- und beschäftigungspoli­tische Maßnahmen. Es fehlen familienpolitische Maßnahmen. Es fehlen immer noch Kinderbetreuungseinrichtungen mit den für den Arbeitsmarkt bedarfsgerechten Öff­nungszeiten. Es fehlen qualifizierte Teilzeitstellen, und es fehlen speziell im ländlichen Raum öffentliche Nahverkehrsangebote. Wir sind nicht bereit, diese Entwicklung, diese Zahl der Arbeitslosigkeit und diese Rahmenbedingungen so zur Kenntnis zu nehmen, und werden das auch in Zukunft nicht tun.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 116

Herr Bundesminister! In Österreich hat es im Schnitt – und das sind die mir vorliegen­den statistischen Zahlen – jeden durchschnittlichen Monat 240 000 Arbeitslose gege­ben. Und heuer, so zeigen die Statistiken, ist die Situation noch schlechter. Ich glaube nicht, dass diese Zahlen jetzt im Nachhinein von Ihnen oder von irgendeinem anderen Institut anders dargestellt werden.

Arbeitslosigkeit ist nämlich längst kein Randgruppenthema mehr. Es ist ein Problem, das jeden treffen kann. Wenn man tatsächlich etwas für die arbeitslosen Menschen tun will, so sollten ein paar Dinge schnellstens in Angriff genommen werden. Unter ande­rem – und da bin ich mir sicher – müsste man dem AMS mehr Mittel und Personalres­sourcen zur Verfügung stellen. Wir haben das auch im Ausschuss diskutiert, Herr Bun­desminister, und das ist dort bestätigt worden. Sonst werden all diese schönen Pläne leider nur im Gesetz oder auf dem Papier stehen, aber nicht realisiert werden können.

Weil ich schon bei den Finanzen bin, so gestatten Sie mir noch ein Wort zu den derzeit laufenden Finanzausgleichsverhandlungen, denn diese scheinen, was die Bedürfnisse der Länder und Kommunen betrifft – und denen fühle ich mich hier auch verpflichtet –, beim Finanzminister auf taube Ohren zu stoßen.

Herr Minister Bartenstein! Ich möchte Sie daran erinnern, dass es nicht zuletzt diese Körperschaften sind, die maßgeblich zur Konjunkturlage in Österreich beitragen. Wenn den Ländern, wenn den Städten, wenn den Gemeinden keine Mittel zur Verfügung stehen, um Projekte durchführen zu können, wenn Investitionen und Baumaßnahmen auf die lange Bank geschoben werden müssen, wenn Institutionen und Vereine immer weniger Subventionen bekommen und somit Personal entlassen müssen, wenn Per­sonalabbau überall zwingend notwendig ist, um handlungsfähig zu bleiben, so wird das weitere negative Folgen auf dem Arbeitsmarkt nach sich ziehen. Und das kann wohl auch nicht in Ihrem Sinne sein, denn dann wäre das schöne Gesetz, das wir heute verabschieden, beinahe sinnlos.

Herr Bundesminister! Ich fordere Sie deshalb auf, sich beim Finanzminister dafür ein­zusetzen, dass es zu einem Ausgleich für die Einnahmenentfälle kommt, die durch die Steuerreform verursacht werden. Das Ziel ist, mehr Beschäftigung für alle Altersgrup­pen zu finden und nicht die Verwaltung von Arbeitslosen. Die Einnahmenentfälle aus der Steuerreform, einer Steuerreform, die heute in Kraft tritt, meine Damen und Herren, tragen auch nicht dazu bei, mehr Arbeitsplätze zu schaffen oder Arbeitsplätze zu sichern. (Bundesrat Dr. Kühnel: Das stimmt doch nicht!)

Das stimmt sehr wohl. Ich kann es Ihnen natürlich auch beweisen, aber Sie sehen, das rote Licht blinkt schon, deshalb werde ich nicht mehr die Zeit dafür haben.

Aber ich habe die Zeit, Ihnen zu sagen, dass im Land Salzburg alleine im nächsten Jahr 31 Millionen € und im übernächsten Jahr 39 Millionen fehlen werden. Wo diese eingespart werden müssen, das ist natürlich Sache des Landes. Aber dass das be­schäftigungsmäßig auch Auswirkungen haben wird, dessen können Sie sich sicher sein. (Beifall bei der SPÖ.) Dazu kommen natürlich auch noch die Einnahmenentfälle infolge der schwachen Konjunkturlage, die wir zu beklagen haben.

Wenn also, sehr geehrte Damen und Herren, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wirk­lich das oberste Ziel dieser Regierung ist, dann müssen auch Maßnahmen gesetzt werden, die weit über das vorliegende Gesetz hinausgehen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.41

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 117

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz, das Bundesgesetz über die Post-Betriebs­verfassung und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden (475 d.B. und 544 d.B. sowie 7070/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist wieder Herr Bundesrat Ing. Kampl. Ich bitte ihn um den Bericht.

 


Berichterstatter Ing. Siegfried Kampl: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz, das Bundesgesetz über die Post-Betriebsverfassung und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Giefing das Wort.

 


15.42

Bundesrat Johann Giefing (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Änderung dieses Gesetzes geht es vor allem darum, die diesbezügliche EU-Richtlinie, in der die Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Europäischen Ge­sellschaften geregelt ist, bis spätestens 8. Oktober 2004 umzusetzen.

Im Wesentlichen geht es um größere Unternehmungen, die infolge dieses Gesetzes in allen Ländern mit den gleichen Spielregeln konfrontiert sind. Der Versuch einer Kosten­reduktion ist das Ziel dieser Erfindung und somit die Steigerung der immer in den Vor­dergrund gestellten Wettbewerbsfähigkeit.

Schenkt man den Aussagen der Europäischen Union Glauben, so könnten damit tat­sächlich Einsparungseffekte von bis zu 30 Milliarden € erzielt werden, die der Wirt­schaft zugute kämen. Aber diese 30 Milliarden € können nicht nur durch den Wegfall von beispielsweise Verwaltungsabgaben erzielt werden, es wird sich daher um einen Abbau von Bürokräften, den Abbau von Rechtsabteilungen und den Abbau von Bera­tern handeln. Betriebe sind mit gleichen Spielregeln konfrontiert und können somit jeweils auf unterschiedliche nationale Rahmenbedingungen verzichten. Das ist also eine klare Verbesserung für die Wirtschaft. – So weit, so gut.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 118

Wir in Österreich haben rechtzeitig begonnen, konkrete Überlegungen über die zu er­folgende Umsetzung dieser Vorschriften anzustellen. In anderen Staaten Europas, wie zum Beispiel in Spanien, in Italien, in Griechenland, wird diese Frist mit Oktober 2004 wahrscheinlich nicht ausreichen.

In zwei Punkten sind wir jedoch mit der Auffassung, dass diese Richtlinie gänzlich umgesetzt ist, nicht einig. Dies war auch der Grund dafür, warum die Sozialdemokraten im Nationalrat einen Abänderungsantrag eingebracht haben, der leider abgeschmettert wurde.

Erstens: Es gibt gravierende und nicht hinnehmbare Defizite bei den Rechten der Arbeitnehmervertreter im Verhältnis zu den Rechten der Kapitalvertreter. Wir fordern gleiche Rechte in diesen Gesellschaften, wie sie für die Kapitalsteuer gelten, bezie­hungsweise insbesondere bei Personalentscheidungen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch an unsere vormittägige Debatte anschlie­ßen. Wir hätten im Wesentlichen gerne zugestimmt, aber es waren Daten und Fakten vorhanden, die die Regierungskoalition abgeschmettert hat. Es ist vormittags schon angesprochen worden, dass man offenbar glaubt, dass, wenn man Leute austauscht, wenn die Suppe ein wenig zu dünn wird, Sonnenschein eintritt und es wieder besser weitergeht. Es ist nicht so!

Natürlich kann und will ich nicht Einfluss auf irgendeine Regierungsbeteiligung neh­men, weil ich von den Sozialdemokraten komme. Ich möchte aber nur anmerken: Wenn man mich gefragt hätte, dann hätte ich vielleicht Herrn Rosenstingl zum Justiz­minister gemacht, der sehr gute Erfahrungen hat. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Sein Freund und Parteifreund hat ihn ja zur rechten Zeit von dort herausgeholt, wo er lange drinnen war. Aus Krankheitsgründen! Ich habe aber in der Folge im „NEWS“ gesehen, dass er tänzerisch irgendwo an einem Wettbewerb teilgenommen hat.

Oder hätte ich vielleicht Frau Forstinger reaktiviert? – Man hätte sich 3 Millionen Schil­ling für neues Coaching erspart. (Bundesrat Mag. Gudenus: Nicht! Nicht!) Man hätte damit den österreichischen Pensionisten ein Zeichen geben können, wie man einspart, nämlich nicht auf der einen Seite in Sachen Pensionen den Sack ausräumen und auf der anderen Seite wieder neue Leute coachen. Gegen das müssen wir uns natürlich aussprechen!

Ich komme zurück zum Thema. Zweitens können wir deshalb nicht zustimmen, weil in § 230 vorgeschrieben wird, dass zum Beispiel Häufigkeit, Dauer und Ort der Betriebs­ratssitzungen schon im Vorhinein festgelegt werden müssen. Dies ist natürlich reine Theorie, denn wir alle wissen, dass Sitzungsorte und -termine jeweils den Ereignissen und Erfordernissen angepasst werden müssen.

Zum Schluss, meine sehr geehrten Damen und Herren, bedauere ich es persönlich sehr, dass es nicht gelungen ist, auf europäischer Ebene ein einheitliches Betriebsver­fassungsgesetz zu gestalten. Es sind sicher einige positive Aspekte in diesem Gesetz enthalten. Wir hätten auch gerne zugestimmt. Da aber die Arbeitnehmerrechte, die Mitbestimmungsrechte nicht die Qualität aufweisen, die wir uns vorstellen, können wir diesem Gesetz nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.48

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Ager das Wort.

 


15.48

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Herren Minister! Geschätzte Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Lieber Kollege Giefing!


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 119

Man kann von hier heraußen alles machen. Diese Macht hat man hier am Mikrophon. Ich glaube, wir sollten uns aber doch an die Punkte der Tagesordnung halten. Das will ich versuchen.

Ich möchte zu Beginn gleich sagen, es ist immer zu hören – und das tut ja schon fast weh –, die Wirtschaft habe einen Vorteil gehabt. Hat man sich einmal überlegt, was die Wirtschaft das ganze Jahr über eigentlich für das Land alles tut? – Ich nehme jetzt die vernünftige Wirtschaft, nicht ein paar Einzelne, die es vereinzelt vielleicht auch geben mag; die gibt es in jeder Branche. Darauf haben wir uns letzthin geeinigt. Es gab sogar einen Richter, der irgendetwas im Ausland angestellt hat. Er ist jetzt in Haft. Das soll es auch geben, das wird es geben, solange sich die Welt dreht.

Aber wir sollten uns dahin gehend einigen, dass die Wirtschaft einfach wichtig ist und dass Wirtschaft und Gewinne-Machen in der Wirtschaft nichts Verwerfliches ist, son­dern eine Notwendigkeit, um ein Land überhaupt überleben zu lassen. – Das, so glaube ich, ist einmal das Erste. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Damit komme ich zu dem Punkt, den wir angesprochen haben. Wenn es so ist, dass die Wirtschaft einen Vorteil gehabt hat, dann gebe ich den gleich weiter, denn wenn diese Betriebe Vorteile gehabt haben, haben auch die dortigen Mitarbeiter einen Vor­teil: Sie haben einen sicheren Arbeitsplatz, sie haben ein sicheres Einkommen, und sie haben eine gesicherte Zukunft, wenn man das so sagen darf. Ich glaube, darauf müs­sen wir uns irgendwann einigen. Wir müssen aufhören zu sagen: Dort haben wir erfragt, dass der den ausgebeutet hat!, und so weiter.

Punkt 9 der Tagesordnung betrifft ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungs­gesetz, das Bundesgesetz über die Post-Betriebsverfassung und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden. Diese Gesetzesmaterien sind – darüber sind wir uns, glaube ich, einig – wichtige Instrumente der Arbeitnehmervertretung auf euro­päischer Ebene. Ich bin nicht ganz der Meinung meines Vorredners, und ich möchte dazu zumindest so viel sagen: Auf europäischer Ebene werden wir ein bisschen Geduld haben müssen; das ist noch keine g’mahte Wies’n, dass das von heute auf morgen 1 : 1 vom Inland auf die EU umgelegt werden kann.

Erinnern wir uns: Rund 100 Jahre lang haben sich die Leute gegenseitig die Schädel eingeschlagen, daher: Dass das jetzt nicht mehr der Fall ist, ist doch schon als Vorteil zu sehen. Und was das andere betrifft: Da werden wir ein bisschen Geduld brauchen, bis all diese Dinge umgesetzt sein werden.

Die Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes im Zusammenhang mit der Möglichkeit zur Errichtung so genannter Europäischer Gesellschaften ist ein Fortschritt. Und dazu möchte ich sagen: Das ist nicht nur etwas für große Betriebe; da haben wir vielleicht alle miteinander einen Gedankenfehler im Kopf: Es können sich genauso zwei kleine Betriebe in der Europäischen Union zusammentun – und für diese gibt es diese Mög­lichkeit genauso. Selbstverständlich werden das aber mehr große Betriebe tun; keine Frage. Einen Fortschritt stellt das jedenfalls auch dar in Bezug auf das Zusammenspiel zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern – und das, das muss man auch sagen, kommt jedem zugute.

Meines Wissens ist die SPÖ im Nationalrat grundsätzlich für diese Regierungsvorlage gewesen, ist jedoch meiner Meinung nach dann ein bisschen beleidigt gewesen, weil sie ihren eigenen Vorschlag nicht durchgebracht hat; ansonsten aber liegen wir bei diesem Gesetz nicht sehr weit auseinander. Im Großen und Ganzen ist das in zufrie­den stellender Weise umgesetzt worden.

Ferner stellt dieses Gesetz ein taugliches Instrument sozusagen zum Interessenaus­gleich zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern dar.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 120

Die Verordnung sieht auch vor, dass Handelsgesellschaften im Gebiet der Gemein­schaft in der Rechtsform Europäischer Gesellschaften gegründet werden können. Die Beteiligung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gesellschaft wird durch die Richt­linie des Rates vom 8. Oktober 2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Ge­sellschaft geregelt, die bis zum 8. Oktober dieses Jahres von Österreich umzusetzen ist; das hat ja bereits mein Vorredner gesagt.

Durch die im Artikel II der Regierungsvorlage enthaltene Novelle zum Post-Betriebs­verfassungsgesetz sollen die Bestimmungen des Arbeitsverfassungsgesetzes über die Beteiligung der Arbeitnehmer an der Europäischen Gesellschaft für Unternehmen, die dem Post-Betriebsverfassungsgesetz unterliegen, für anwendbar erklärt werden – und ich glaube, das wird auch gelingen.

Durch die in der Regierungsvorlage enthaltene Novelle zum Arbeits- und Sozialge­richtsgesetz soll ein Gerichtsstand am Sitz der Europäischen Gesellschaft für Rechts­streitigkeiten geschaffen werden.

Zusammenfassend: Es ist ein gutes Gesetz; es wurde im Nationalrat mit Stimmen­mehrheit angenommen. Wir sollten das auch tun. Wir von der ÖVP werden diesem Gesetzesbeschluss jedenfalls gerne zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.54

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Von der Berichterstattung wird auch kein Schlusswort gewünscht.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversi­cherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2004 – 2. SVÄG 2004) (469 d.B. und 536 d.B. sowie 7071/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Mag. Gudenus. Ich bitte ihn um den Bericht.

 


Berichterstatter Mag. John Gudenus: Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bau­ern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 121

Wir gehen in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mag. Neuwirth. Ich erteile ihr das Wort.

 


15.55

Bundesrätin Mag. Susanne Neuwirth (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Beschlussfassung über das 2. Sozialversicherungs-Ände­rungsgesetz erfolgt ziemlich spät, wenn man bedenkt, dass die Aufhebung über den Berechnungsmodus seitens des Verfassungsgerichtshofes gestern in Kraft getreten ist. Heute ist es ziemlich genau auf den Tag ein Jahr her, dass der Verfassungsgerichtshof festgestellt hat, dass die derzeitige Regelung gegen den Gleichheitsgrundsatz ver­stößt. – Irgendwie, Herr Bundesminister, scheint es aber geradezu eine Methode der Regierungsparteien zu sein, so wichtige Gesetzesänderungen immer erst in letzter Minute vorzulegen; Absicht will ich da gar nicht unterstellen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Im Jahre 2003 gab es immerhin 430 000 Menschen, die von diesem Gesetz betroffen waren, die meisten davon Frauen. Es ging dem Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis darum, die Versorgungsstandards zu sichern. – Dem wird unserer Meinung nach mit diesem Modell nicht Rechnung getra­gen!

Die SPÖ lehnt diesen Gesetzesvorschlag ab, und zwar aus zwei Gründen: Über die Höhe der Witwer- beziehungsweise Witwenpension entscheiden künftig ausschließ­lich die Einkommensverhältnisse der letzten zwei Jahre vor dem Tod. Dass damit eine dem zuletzt erworbenen Lebensstandard nahe kommende Versorgung gesichert ist, wie das der Verfassungsgerichtshof verlangt, kann in vielen Fällen bezweifelt werden. Die Pensionshöhe ist damit abhängig von den Zufälligkeiten, die in diesen beiden letz­ten Jahren da sind.

Wer die Situation der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf dem Arbeits­markt kennt – darüber haben wir ja heute schon ausführlich diskutiert –, weiß, dass die Umstände nicht von den Betroffenen selbst beeinflusst werden können. Gerade ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind besonders oft von Arbeitslosigkeit, und zwar von länger dauernder Arbeitslosigkeit betroffen. Dazu kommt, dass die Abschaffung der vorzeitigen Alterspension die Situation auch noch verschärft, denn viele ältere Frauen, die arbeitslos sind, stehen dann ohne jede öffentliche Unterstützung da, eben durch die Anrechnung des Partnereinkommens. Da stellt sich schon die Frage, wie die Sicherung des Lebensstandards dieser Frauen in Zukunft ausschauen wird.

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch das Justizministerium hat immerhin darauf hin­gewiesen, dass bei der Ausdehnung des Bemessungszeitraumes auf zwei Jahre die besten zwölf Monate berücksichtigt werden sollen, was leider nicht in dieses Gesetz eingeflossen ist.

Unverständlich ist auch, dass einerseits das Bruttoeinkommen als Berechnungsgrund­lage herangezogen werden soll, andererseits Nettoarbeitslosengeld, Nettoleistungen der Krankenversicherung und Leistungen aus der Unfallversicherung, die ja Schaden­ersatzleistungen sind und meiner Meinung nach sicher nicht als Einkommen gesehen werden können, während Pensionskassen nicht berücksichtigt werden. Diese Berech­nungsgrundlagen sind meiner Meinung nach ungeheuerlich, und deshalb sehen wir uns auch außerstande, einem in dieser Hinsicht derart ungerechten Gesetz zuzustim­men. (Beifall bei der SPÖ.)

Punkt 2 unserer Ablehnung betrifft die Ermittlung der Berechnungsgrundlagen. Derzeit ist es ja so, dass dafür die von der Versicherungsdatei des Hauptverbandes gespei­cherten Beitragsgrundlagen von Bedeutung sind. In Zukunft obliegt es der Witwe/dem Witwer, die neu heranzuziehenden Einkommensarten, die weitgehend nicht gespei-


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 122

chert sind, beizubringen, und zwar lückenlos. Sämtliche Nachweise, die zeigen, was der/die Verstorbene verdient hat: Einkommensnachweise, Lohnzettel und so weiter, müssen beigebracht werden. Das wird zwangsläufig die Verfahrensdauer merklich er­höhen. Dazu kommt, dass eine Vorschussgewährung in diesen Fällen im Prinzip völlig verunmöglicht wird und so die Hinterbliebenen monatelang in ein finanzielles Loch fal­len. Das ist nicht unsere Vorstellung von Bürgernähe beziehungsweise vereinfachter Verwaltung im Sinne der Bürgerinnen und Bürger.

Zusammenfassend muss also festgestellt werden, dass dieses Gesetz weder dem Ver­langen des Verfassungsgerichtshofs nachkommt noch etwas mit Fairness und Gerech­tigkeit zu tun hat, weil es wiederum Zufälligkeiten nicht ausschließt. Deshalb wird die­ses Gesetz von uns abgelehnt. (Beifall bei der SPÖ.)

16.00

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Bundesrat Franz Wolfinger das Wort.

 


16.01

Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte nur ein paar kurze Anmerkungen zum 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz machen.

Beim vorliegenden Gesetz geht es um die Sanierung der Regelung der Hinterbliebe­nenpensionen auf Grund eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 2004. Zur Vorbereitung dieser Neuregelung wurde eine Arbeitsgruppe einge­setzt, in der unter anderem die Sozialpartner, der Hauptverband, die Sozialversiche­rungsträger und die zuständigen Ministerien vertreten waren. Diese Arbeitsgruppe hat mehrere Lösungsvorschläge ausgearbeitet, von denen nunmehr jene Variante realisiert werden soll, welche auf dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes unter Beibehal­tung der bisherigen Grundsätze für die Ermittlung der Witwen‑ und Witwerpension basiert.

Maßgebend für die Höhe der Witwen‑ und Witwerpension soll in Zukunft die Relation der Einkommen des Verstorbenen und des überlebenden Ehepartners in den letzten zwei Kalenderjahren vor dem Zeitpunkt des Todes des oder der Versicherten sein. Dabei bleibt insbesondere die Pensionsberechnungsformel unverändert. Die Band­breite der Pensionshöhe soll weiterhin zwischen 0 und 60 Prozent des Verstorbenen betragen, wobei es auch weiterhin eine untere Schutzgrenze für Hinterbliebene von 1 500 € pro Monat gibt, damit Härtefälle vermieden werden, aber auch eine Leistungs­obergrenze bei hohen Einkommen von 1 609 € monatlich.

Bei gleich hoher Bemessungsgrundlage wird die Witwen‑ und die Witwerpension 40 Prozent betragen. Bei unterschiedlicher Bemessungsgrundlage erhöht oder ver­mindert sich diese Pension natürlich. Die Obergrenze wird wie bisher mit 60 Prozent der Pension des Verstorbenen festgesetzt. Im Jahre 2002 gab es in Österreich
rund 25 000 Neuzuerkennungen an Witwer‑ und Witwenpensionen, davon waren 21 000 Frauen und 4 000 Männer betroffen.

Wenn man jetzt diese Neuregelung Gesetz werden lässt, dann wird es immerhin zu einer – wenn auch nicht sehr großen – Erhöhung der Witwer- und Witwenpension kommen, die besonders Frauen zugute kommen wird, und daher kann unsere Fraktion diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheit­lichen.)

16.03

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Eva Konrad. – Ich erteile ihr das Wort.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 123

16.03

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Inhaltlich ist eigentlich von meiner Vor­rednerin von der SPÖ zum Thema Witwen- und Witwerpension schon alles gesagt worden.

Wir teilen auch die Kritikpunkte im Großen und Ganzen. Es wird jetzt etwas repariert, was man in der Vergangenheit falsch gemacht hat. Die Frage ist, ob diese Reparatur auch halten wird. An diesem Gesetz war kritisiert worden, dass die Berechnungsgrund­lagen, die bisher verglichen wurden, in vielen Fällen im Ergebnis nicht die tatsächliche Versorgungslage der Betroffenen widerspiegelten. Jetzt wird die Grundlage dieses Vergleichs das tatsächliche Einkommen der letzten zwei Jahre sein, das bildet aber auch nicht unbedingt den tatsächlichen Lebensstandard ab. Das hat die Kollegin von der SPÖ schon ausgeführt. Damit wurden die Kritikpunkte eigentlich nicht wirklich aus­geräumt, denn kritisiert hatte man ja, dass die Grundlagen für die Berechnung eher willkürliche Datenbasen sind.

Ich möchte jetzt aber noch die Gelegenheit nützen und darauf hinweisen, dass es nach wie vor keine eigenständige Altersabsicherung für Frauen gibt. Ich habe eine Zahl aus dem Jahr 2000 gefunden, dass 16 Prozent der Frauen keine Pension erhalten haben. Diese Frauen haben ihr Leben lang gearbeitet, sie haben nur – wenn man es so aus­drücken will – den „Fehler“ gemacht, dass sie eben keine Erwerbsarbeit geleistet haben, sondern unbezahlte Arbeit: Sie haben sich um die Kinder gekümmert, haben kranke Verwandte gepflegt, haben den Haushalt geführt und so weiter.

Nicht genug, dass sie für diese Arbeit nicht bezahlt wurden, nein, sie stehen jetzt ohne eine Pension im Alter da! Das ist nicht gerecht, und ich will nur einmal mehr darauf hinweisen, dass es höchst an der Zeit wäre, das zu reparieren! (Beifall bei den Grü­nen.)

16.05

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Mag. Herbert Haupt das Wort.

 


16.05

Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zum vorliegenden Gesetz nur zwei Dinge anmerken.

Es war nicht Absicht, dass die Beschlussfassung erst relativ knapp vor Ende der ver­fassungsmäßigen Frist erfolgte, sondern das hatte auch mit der Terminplanung und Ausschussplanung des Hohen Hauses, mit der dortigen Beschlussfassung und auch mit der Dauer der eingesetzten Arbeitskreise zu tun.

Ich darf noch einmal nachvollziehbar machen: Das Gesetz wurde vor knapp einem Jahr aufgehoben. Zu dieser Zeit waren für Ministerien ebenso wie für die Sozialpartner Sommerferien, und daher hat es bis zum Herbst gedauert, bis die entsprechenden Arbeitsgruppen eingerichtet wurden.

Ich möchte die genannten Zahlen auch insofern korrigieren, als mehr als 80 Prozent der betroffenen Pensionen nicht erfasst sind, weil sie unter den eingezogenen Sozial­grenzen liegen, und daher dem Argument, das auch immer wieder im Nationalrat zu hören war, dass das ein Gesetz ist, das alle Frauen betrifft, eindeutig und klar wider­sprechen. – Es ist dies ein Gesetz, das nur Frauen in guten und in sehr guten Ein­kommensverhältnissen betrifft. Die anderen sind wie bisher im Hinblick auf die ent­sprechenden Einkommensgrenzen von dieser Neuregelung ausgenommen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 124

Es erscheint mir auch wichtig, darauf hinzuweisen, weil das in der Öffentlichkeit immer anders dargestellt wird: Das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 wurde von der sozial­demokratischen Fraktion angefochten, und in der Folge wurde eine Regelung aufge­hoben, die in den Grundzügen aus den Jahren 1995/1997 stammt. Und ich darf die Kolleginnen und Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion auch daran erinnern, dass der Einkommensbegriff, der nunmehr kritisiert wird, im Jahr 1997 durch eine von der sozialistisch geführten Regierung initiierte Änderung herbeigeführt wurde. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.07

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Offenkundig auch nicht.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Ergänzung des Abkommens vom 29. März 1961 über die ERP-Counterpart-Regelung (473 d.B. und 523 d.B. sowie 7072/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Bundesrat Johann Giefing. Ich bitte ihn um den Bericht.

 


Berichterstatter Johann Giefing: Verehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Ergänzung des Abkommens vom 29. März 1961 über die ERP-Counterpart-Regelung.

Dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme somit zum Antrag.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 2004 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen somit zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 125

12. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats (Finanzkonglomerategesetz – FKG) erlassen wird sowie das Versicherungsauf­sichtsgesetz, das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Finanz­marktaufsichtsbehördengesetz, das Börsegesetz und das Pensionskassengesetz geändert werden (456 d.B. und 520 d.B. sowie 7073/BR d.B.)

13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gebührengesetz 1957, das Bewertungsgesetz 1955, das Bodenschät­zungsgesetz 1970 und das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz geändert werden (470 d.B. und 521 d.B. sowie 7074/BR d.B.)

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gebührenanspruchsgesetz 1975 geändert wird (522 d.B. sowie 7075/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zu den Punkten 12 bis 14 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu Punkt 12 ist Herr Bundesrat Günther Prutsch. Ich bitte ihn um den Bericht.

 


Berichterstatter Günther Prutsch: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Da­men und Herren! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bun­desgesetz über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsun­ternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats (Finanzkonglomeratege­setz – FKG) erlassen wird sowie das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Bankwesen­gesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Börsegesetz und das Pensionskassengesetz geändert werden.

Der Bericht liegt schriftlich vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 2004 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 126

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Ich bitte, auch gleich den Bericht zum Punkt 14 zu erstatten, zu dem auch Sie, Herr Prutsch, Berichterstatter sind.

 


Berichterstatter Günther Prutsch: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gebührenanspruchsgesetz 1975 geändert wird.

Dieses dient lediglich der Beseitigung eines Redaktionsversehens.

 


Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 2004 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Berichterstatter zu Punkt 13 ist Herr Bundesrat Ing. Hermann Haller. – Ich bitte ihn um den Bericht.

 


Berichterstatter Ing. Hermann Haller: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit das Gebührengesetz 1957, das Bewertungsgesetz 1955, das Bodenschätzungsge­setz 1970 und das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich darf daher gleich zum Antrag kom­men.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 2004 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Bescheid des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Ewald Lindinger das Wort.

 


16.12

Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Geschätzte Damen und Herren! Im Juni dieses Jahres besuchte eine Delegation des Völkerhauses von Bosnien-Herzegowina mit Parlamentspräsidenten Goran Milo­jevic an der Spitze Österreich. Im Rahmen dieses Besuches kam es zu einem Gespräch mit den Mitgliedern des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten im Bundesrat und den Mitgliedern der parlamentarischen Freundschaftsgruppe Öster­reich‑Bosnien‑Herzegowina.

Bei diesem Treffen erläuterte der Präsident des bosnischen Völkerhauses die größten Sorgen und Probleme des jungen Staates. Ich war persönlich dabei, und eines der Anliegen war die Erleichterung bei der Visaerteilung für Bürger Bosnien-Herzegowinas. Die anwesenden Bundesräte sahen diesbezüglich ebenso Handlungsbedarf wie alle Teilnehmer. In einer Presseaussendung der Pressestelle unter dem Titel „Besuch des bosnischen Parlamentspräsidenten Goran Milojevic“ ist davon die Rede, dass Bosnien-Herzegowina viele Freunde in Österreich hat. – Ich zitiere: „Präsident Khol würdigte die politischen Fortschritte in Bosnien-Herzegowina und wies seine Gäste auf die große Sympathie hin, die ihr Land in Österreich genieße. Khol sagte Milojevic Unterstützung bei ... Erleichterungen bei der Visaerteilung für Bürger Bosnien-Herzegowinas zu.“

Geschätzte Damen und Herren! Wer sind hier die Freunde, die am selben Tag in der Nationalratssitzung eine Erhöhung der Visagebühren beschließen? Eine Erhöhung um das Dreifache, geschätzte Damen und Herren! Da frage ich mich: Wie lange dauert eine Freundschaft? Drei Stunden, fünf Stunden, oder war es nur ein Lippenbekennt­nis?

Heute wird die schwarz-blaue Mehrheit mit der Erhöhung der Visagebühren um das Dreifache Erschwernisse für diese Länder und deren Bürger beschließen! – Dies steht in Presseaussendung Nummer 458, welche die zitierte Erklärung des Nationalratsprä­sidenten beinhaltet. Laut Presseaussendung 460, also nur zwei Nummern weiter, wur­de diese Erhöhung mit „Verwaltungsvereinfachung“ begründet. Wenn eine Erhöhung um das Dreifache mit Verwaltungsvereinfachung begründet wird, meine Damen und Herren dieses Hohen Hauses, dann weiß ich nicht: Wenn es in Österreich nur mehr Verwaltungsvereinfachungen mit solchen Erhöhungen gibt, wie einfach muss dann die Verwaltung hier in Österreich sein? Das ist die Frage, die wir uns in Zukunft stellen müssen! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der Grünen.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 127

Es könnte der Verdacht entstehen – und das wurde auch bei der Debatte im National­rat erwähnt –, dass diese schwarz-blaue Regierung mit dieser Erhöhung den Besuch von Staatsbürgern aus den visapflichtigen Ländern erschweren will. Man sollte sich vielleicht mit dem Gedanken vertraut machen, dass diese Regierung beabsichtigt, Bür­gern aus jenen Ländern, die der Visapflicht unterliegen, die Reise in das EU-Land Österreich zu erschweren. Die Tourismuswirtschaft in Österreich wird sich sicherlich für diese Erschwernisse betreffend die Einreise nach Österreich bedanken. Aus diesem Grund wird die SPÖ gegen die Änderung des Gebührengesetzes stimmen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Zum Bodenschätzungsgesetz ist dieser Bundesregierung eine besondere Änderung gelungen: In Zukunft dürfen die österreichischen Staatsbürger zur Erledigung von Anliegen beziehungsweise Angelegenheiten in Sachen Bodenschätzungen nach Wien reisen. Ich würde die Dienststelle gleich in die Himmelpfortgasse verlegen, damit sich der Herr Staatssekretär, der hier ist, damit befassen kann. Den Herrn Finanzminister sehen wir sehr selten hier im Hohen Haus. (Zwischenruf des Bundesrates Konecny.) Ich schätze, dass immer der Herr Staatssekretär hier anwesend ist, wenn es um Anlie­gen des Finanzministeriums geht. Der Herr Finanzminister ist nur anwesend, wenn es um seine Homepage geht, aber nicht, wenn es um Gesetze geht! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Kühnel: Sie sind leicht zu unterhalten! – Bundesrat Konecny: Sagen Sie etwas, wir lachen sofort!)

Geschätzte Damen und Herren! Mit dieser Änderung des Bodenschätzungsgesetzes erfolgt ein weiterer Anschlag auf den ländlichen Raum. Nach der Schließung von Post­stellen, Gendarmerieposten und Bezirksgerichten nehmen Sie noch den Finanzämtern die Kompetenzen. Mich wundert nur, dass sich hier in diesem Raum keiner der Bun­desräte aus den westlichen Bundesländern Vorarlberg und Tirol dagegen ausspricht.

Nehmen wir ein Beispiel: Ein Bergbauer wird hinkünftig, wenn er in Sachen Boden­schätzung zu tun hat, in Innsbruck entweder in eine Maschine der Tyrolean Airways oder in einen Nachtzug einsteigen, um nach Wien zu reisen und seine Angelegenhei­ten hier zu erledigen.

Meine Damen und Herren! Diese schwarz-blaue Bundesregierung spricht immer von den schlanken Strukturen, die eine moderne Verwaltung braucht. Diesfalls werden aber Schritte zurück im Schnellzugstempo unter dem Motto „speed kills“ gemacht! Und diese Schritte werden so schnell gemacht, dass Mitglieder des Bundesrates, die hier Verantwortung für den ländlichen Raum übernehmen sollten, schon ohnmächtig sind, weil sie mit diesen Schritten nicht mehr mitkommen.

Dieser Politik der Zentralisierung können wir Sozialdemokraten sicherlich nicht zustim­men, und darum werden wir auch gegen diese Vorlage des Bodenschätzungsgesetzes stimmen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.19

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Staatssekretär Dr. Alfred Finz das Wort.

 


16.20

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Herr Bundesrat! Ich darf Sie beruhigen: Nach dem Beschluss dieses Bodenschätzungsgesetzes braucht niemand nach Wien zu fahren! Die Schätzer bleiben dort, wo sie bisher waren! Allerdings haben wir eine Neuregelung der gesamten Finanzorganisationen. Es gibt keine Finanzlandesdirektionen mehr, da­her war eine gesetzliche Änderung notwendig.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 128

Das heißt: Sie bleiben vor Ort, im so genannten Regionalmanagement, welches jetzt an die Stelle der bisherigen Finanzlandesdirektionen tritt. Organisatorisch gehören sie aber zum so genannten Fachbereich als einer Abteilung des Ministeriums. Das ist not­wendig geworden durch die Auflösung der Finanzlandesdirektionen. Aber vor Ort und an der Entfernung ändert sich nichts.

Zu den Visagebühren möchte ich sagen: Das ist eine Vorgabe des EU-Rechts, es han­delt sich hiebei um zwingendes EU-Recht. Durch diese Vereinheitlichung tritt teilweise eine Senkung, in anderen Fällen aber eine Erhöhung der Gebühren ein. Im Wesentli­chen bleibt es aber bei den Gebühren. Bei Einreisevisa wird in Zukunft einheitlich eine Gebühr von 35 € eingehoben, bisher waren Gebühren von 10, 25 €, bis zu 50 € fällig, je nach Dauer des Aufenthalts. An diese Stelle tritt jetzt eine Einheitsgebühr von 35 €. Das beinhaltet unter anderem auch eine Verwaltungsvereinheitlichung. Das ist aber nicht von uns ausgegangen.

Ebenso gibt es eine Neuregelung bei Aufenthaltstiteln und dergleichen mehr.

Bei Personalausweisen ist eine Erhöhung von 30,5 € auf 35 € eingetreten, allerdings auf Grund einer technischen Neuerung. Es gibt keine Personalausweise im herkömmli­chen Sinn mehr, sondern sie haben jetzt Scheckkartenformat, und diese kosten in der Herstellung mehr. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Frei­heitlichen.)

16.22

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Ilse Giesinger das Wort.

 


16.22

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesrat Lindinger! Wenn Sie hier jetzt davon gesprochen haben, dass man bezüglich der Visa­gebühren praktisch Wasser predigt und Wein trinkt, dann möchte ich Sie doch bitten, nicht nur Teile herauszunehmen, sondern bei den Realitäten und Tatsachen zu blei­ben.

Ich möchte das noch ergänzen, was Staatssekretär Finz gesagt hat: Bisher wurden für die Erteilung eines Einreisevisums B 10 € eingehoben, jetzt sind es 35 €, das stimmt. Das Einreisevisum für einen Aufenthalt bis zu 30 Tagen kostete 25 €, jetzt sind es 35 €, es handelt sich also um eine Erhöhung um 40 Prozent. Das ist auch richtig. Für den Aufenthalt bis zu 90 Tagen betrug die Gebühr 30,50 €, das ist eine Erhöhung von 11 Prozent. Das ist ebenfalls richtig. Für einen Aufenthalt bis zu 90 Tagen mit mehre­ren Einreisen waren es, beginnend mit der zweiten Einreise, 35,6 €. Dafür werden jetzt 35 € eingehoben, das ist ein Minus von 2 Prozent. (Zwischenruf des Bundesrates Rei­senberger.) Für mehrmalige Einreisen mit einer Gültigkeitsdauer bis zu fünf Jahren hat ein Visum 50 € gekostet, jetzt kostet es 35 €. (Bundesrat Konecny: Das ist aber noch nie ausgestellt worden! Ich möchte den Bosnier kennen, der ein Fünfjahresvisum hat!) Das ist ein Minus von 30 Prozent. (Bundesrat Konecny: Ein solches Visum wird nicht erteilt! Das ist Fiktion! Davon haben die Bosnier nichts!) Ich möchte Sie also bitten, hier nicht nur etwas herauszupicken, sondern, wenn Sie schon etwas sagen, es so zu sagen, wie es im Gesetz steht! (Zwischenruf des Bundesrates Reisenberger.)

Nun möchte ich aber zum Tagesordnungspunkt zurückkommen. Der Europäische Rat hat ein gemeinsames Handbuch betreffend Visumgebühren sowie gemeinsame konsu­larische Instruktionen beschlossen. Für Österreich ist es daher wichtig, diese Neurege­lung umzusetzen, weil die Visumgebühren hier eben teilweise niedriger waren, womit dann auch die Gefahr bestand, dass bei den österreichischen Behörden eine erhöhte


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 129

Zahl von Antragstellungen vorgenommen wird, was wiederum Kosten verursacht, die praktisch die Allgemeinheit tragen muss. Mit diesem Gesetz wird daher an die entspre­chende EU-Regelung angepasst, und ich persönlich finde es richtig, wenn innerhalb der EU in allen Staaten die gleichen Visumgebühren bestehen. Ich glaube, das ist grundsätzlich richtig.

Im Nationalrat wurde dann noch ein Abänderungsantrag angenommen, der vorsieht, dass Eingaben um Ausstellung von Strafregisterbescheinigungen und die Bescheini­gung selbst gebührenbefreit sind, wenn sie als Nachweis der Vertrauenswürdigkeit für die Tätigkeit als ehrenamtlicher Sanitäter dienen. Dies halte ich persönlich für eine wertvolle Ergänzung, weil dadurch das Ehrenamt positiv bewertet wird, denn es ist unbestritten, dass eine Gesellschaft auch Menschen benötigt, die ehrenamtlich für das allgemeine Wohl tätig sind. Gerade auch die Vorarlberger Landesregierung und unser Landeshauptmann Dr. Sausgruber bringen dies immer wieder tatkräftig zum Ausdruck.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich das Finanzministerium noch einmal fragen – und ich möchte das Ihnen, Herr Staatssekretär, wärmstens ans Herz legen, ich habe das schon mehrmals im Bundesrat gesagt –, ob es nicht doch möglich ist, die Kreditsteuer von 0,8 Prozent sowie die grundbücherliche Sicherstellung von 1,5 Prozent aufzuhe­ben. Dies ist meiner Meinung nach eine Notwendigkeit für die Wirtschaft.

Ich möchte hier jetzt noch einmal etwas bewusst sagen, weil vorher auch darüber ge­redet wurde: Wenn es der Wirtschaft gut geht, dann geht es auch den Arbeitnehmern beziehungsweise der ganzen Bevölkerung gut. Ebenso geht es aber auch der Wirt­schaft gut, wenn es den Arbeitnehmern gut geht. Dies bedingt sich gegenseitig, und ich meine, dessen sollten wir alle uns einmal wirklich bewusst sein! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

16.26

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker. – Ich erteile ihr das Wort.

 


16.27

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte die drei Punkte ganz kurz auflisten.

Wir werden Punkt 12, der die Finanzmarktaufsicht bei Finanzkonglomeraten betrifft, zustimmen. Wir begrüßen diesen Regierungsentwurf und denken, dass es wichtig ist, sowohl im Sinne des KonsumentInnenschutzes als auch im Sinne des Schutzes der Wirtschaft die Finanzmarktaufsicht zu stärken. Hiebei geht es um Eigenkapitalrück­lagenausstattung, aber auch um die Zuverlässigkeit und fachliche Eignung der Ge­schäftsführung. Wir werden diesem Punkt 12, wie gesagt, zustimmen.

Zu Tagesordnungspunkt 13 hat es schon Ausführungen gegeben. Frau Kollegin Gie­singer! Wenn Sie eine Auflistung anführen, wo es jetzt Erhöhungen beziehungsweise – wie bei den Fünfjahresvisa – Reduktionen gibt, dann wäre es wünschenswert, dass auch entsprechende Zahlen und Daten genannt werden, in welchem Verhältnis die Ströme der Ansuchenden beziehungsweise die Finanzierungsströme tatsächlich ste­hen, damit im Endeffekt ein Kosten-Nutzen-Vergleich gezogen werden kann. Da wir aber befürchten, dass das nachteilig für die Bürger und Bürgerinnen ist, die um ein Visum ansuchen und meist aus Ländern mit einem wesentlich geringeren Einkom­mensniveau kommen, können wir diesem Punkt nicht zustimmen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 130

Tagesordnungspunkt 14 betrifft eine Druckfehlerberichtigung, welcher wir natürlich in dieser Form zustimmen werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

16.28

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von den Berichterstattern ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse erfolgt getrennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Finanzkonglomerategesetz.

Ich bitte jene Bundesräte und Bundesrätinnen, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gebührengesetz 1957 und weitere Gesetze geändert werden.

Ich bitte jene Bundesräte und Bundesrätinnen, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gebührenanspruchsgesetz 1975 geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

15. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und der Republik Polen zur Vermeidung der Dop­pelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermö­gen samt Protokoll (454 d.B. und 524 d.B. sowie 7076/BR d.B.)

16. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Moldau zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steu­erumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (494 d.B. und 525 d.B. sowie 7077/BR d.B.)

17. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Personalvertretungsgesetz, BGBl. Nr. 133/1967, zuletzt geän-


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 131

dert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 130/2003, geändert wird (386/A und 527 d.B. sowie 7060/BR d.B. und 7078/BR d.B.)

18. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz zur Bereinigung von Bundeshaftungsgesetzen (Bundeshaftungsrechtsbereinigungs­gesetz) (480 d.B. und 526 d.B. sowie 7061/BR d.B. und 7079/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zu den Punkten 15 bis 18 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 15 bis 18 ist Herr Bundesrat Wiesenegg. Ich bitte ihn um die Erstattung der Berichte.

 


Berichterstatter Helmut Wiesenegg: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Be­schluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Polen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll.

Der Beschluss liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 2004 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag,

1. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben;

2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Abs. 1 zweiter Satz Bun­des-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich bitte, mit der Berichterstattung fortzufahren.

 


Berichterstatter Helmut Wiesenegg: Danke, Herr Präsident, für die Aufforderung.

Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betref­fend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regie­rung der Republik Moldau zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinde­rung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 2004 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag,

1. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben;

2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Abs. 1 zweiter Satz Bun­des-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte sehr.

 


Berichterstatter Helmut Wiesenegg: Danke, Herr Präsident.

Ich komme zum Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Personalvertretungsgesetz, BGBl. Nr. 133/1967, zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 130/2003, geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 132

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 2004 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke und bitte noch um den vierten Bericht.

 


Berichterstatter Helmut Wiesenegg: Ich komme zum vierten und letzten Bericht, und zwar über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bundes­gesetz zur Bereinigung von Bundeshaftungsgesetzen, das so genannte Bundeshaf­tungsrechtsbereinigungsgesetz.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 2004 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich darf mich bei dieser Gelegenheit bei den Mitarbeitern des Bundesministeriums für Finanzen recht herzlich für die Vorbereitung dieser Vorlagen bedanken.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Giesinger das Wort.

 


16.33

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich möchte zum Tagesordnungspunkt 15 Folgendes sagen: Österreich hat schon mit vielen Ländern Abkommen zur Vermeidung von Dop­pelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen abge­schlossen. Zwischen Polen und Österreich besteht bereits ein Abkommen aus dem Jahre 1974. Mit diesem Abkommen mit Polen wird den internationalen Rechtsentwick­lungen des internationalen Steuerrechts Rechnung getragen. Am 4. Oktober 2000 sind daher in Wien Verhandlungen aufgenommen worden.

Zum Tagesordnungspunkt 16 – dem Abkommen mit der Republik Moldau: Da besteht bisher noch kein Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung. Die wirtschaft­liche Entwicklung zwischen Österreich und Moldau macht nun ein Abkommen zur Ver­meidung von Doppelbesteuerung und zur Verhinderung von Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen notwendig.

Die Novelle zum Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz ist mit 1. Mai 2004 in Kraft getreten. Durch dieses Gesetz werden nun die notwendigen Änderungen bei der Per­sonalvertretung vorgenommen. Die nächste Wahl findet im Herbst 2004 statt, sodass die neuen Bestimmungen bereits bei der Vorbereitung und Durchführung der Perso­nalvertretungswahl zum Tragen kommen können. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

16.35

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm (den Vorsitz übernehmend): Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schimböck. – Ich erteile dieses.

 


16.35

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Ich glaube, die bereits von meiner Vorrednerin angesproche­nen Doppelbesteuerungsabkommen können wir durchaus begrüßen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 133

Herr Staatssekretär! § 48 der Bundesabgabenordnung war ja ein bisschen ein Behelf, schon auf dem Verordnungswege einiges zu tun. Ich denke, diese Abkommen werden unserer Wirtschaft, aber vor allen Dingen auch einerseits Arbeitnehmern, die in Öster­reich tätig sind, und andererseits Bundesbürgern, die im Ausland tätig sind, sehr hilf­reich sein.

Ich möchte aber diese eher positive Sache wirklich auch einmal dazu nützen, aufzu­zeigen, dass es dringend notwendig ist – heute ist das vielfach auch schon angezogen worden –, mit Augenmaß die internationale steuerpolitische Entwicklung zu betrachten. Es ist sehr schade, dass gerade jetzt Kollege Himmer nicht hier ist, der heute gemeint hat, zwischen dem, was Kollege Todt gesagt hat, und dem, was ich hier meine, gäbe es irgendwie eine gewisse Diskrepanz.

Es ist eigentlich genau das Gegenteil der Fall, denn bedenken wir: Die internationale steuerliche Entwicklung bekommt natürlich durch die Europa-AG eine ganz andere Dynamik. Das war ja, wie Sie sich bestimmt erinnern können, die Umsetzung einer EU-Richtlinie, der wir hier zugestimmt haben, weil sicherlich kein Weg daran vorbei führen wird. Was bedeutet das aber eigentlich unter dem Strich für uns? – Das bedeutet nichts anderes, als dass sich künftig multinational tätige Konzerne quasi eine Begüns­tigung holen. Sie können sich eine gesellschaftsrechtliche Flexibilität angedeihen las­sen, die unter dem Strich eigentlich dazu führen wird, dass sich eben jede dieser Euro­päischen Gesellschaften – dieser Europa-AGs – Steuerstandorte auswählen wird und wir dann quasi auf den Verlusten sitzen bleiben.

Das ist genau das, was Kollege Todt meint und was auch ich meine: dass da à la longue oder auch schon kurzfristig ein Riegel vorgeschoben werden muss, denn sonst werden wir hier in den Bilanzen der großen Konzerne nur mehr Verluste finden, und der österreichische Steuerzahler wird dann das berappen, was anderswo als Anlauf­schwierigkeiten verbucht wird.

Ich sehe da wirklich eine große Dramatik auf uns zukommen. Ich spreche hier auch wieder für die vielen kleinen Betriebe, die – wie heute schon erwähnt – Arbeitsplätze geschaffen haben und in diesem Land pünktlich ihre Steuern, Kommunalabgaben an ihre Bürgermeister, an ihre Gemeindevertretungen und so weiter zahlen.

Herr Staatssekretär! Wenn von Ihrer Bundesregierung ein Instrument eingeführt wurde, das in dieser so ausgeprägten Form international sicherlich einzigartig ist – nämlich das System der Gruppenbesteuerung –, dann ist es eigentlich so, dass wir unsere Steuern künftig entrichten werden, um ein System zu fördern, das auf den großen Finanzmärkten abgehandelt wird und durch das hier in Österreich nicht ein einziger Arbeitsplatz entstehen wird. Das bitte ich bei dieser Entwicklung zu berücksichtigen!

Ich glaube – vielleicht kann es Kollege Himmer dann im Protokoll nachlesen –, das ist überhaupt kein Widerspruch, sondern uns geht es darum, dass jene Betriebe in dieser Republik belohnt werden, die hier Arbeitsplätze schaffen und hier etwas ausrichten. – Man kann sicher nachher beim Bereich der Forschungsförderung dazu auch noch etwas anmerken. – Ich muss mich entschuldigen: Kollege Himmer ist schon da.

Ich muss wirklich sagen: Es ist ganz wichtig, das auseinander zu halten. Es kann nicht sein, dass einerseits der Steuerflucht der großen Konzerne das Wort geredet wird und andererseits Klein- und Kleinstunternehmen die „Übriggebliebenen“ sind. Herr Staats­sekretär! Das vielleicht als kleine Anmerkung zu diesem sicher guten Gesetzeswerk zur Doppelbesteuerung. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

 


16.39


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 134

Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet ist der Herr Staatssekretär. – Ich erteile dieses.

 


16.39

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Mit der gesamten Steuerreform haben wir einerseits für den Wirtschaftsstandort wichtige Schritte gesetzt und andererseits bei den Lohn­steuerpflichtigen und sonstigen Einkommensteuerpflichtigen ebenfalls Schwerpunkte gesetzt – mit jeweils ungefähr 1 Milliarde €.

Die Gruppenbesteuerung in dieser neuen Form ist attraktiv. Damit wollen wir neue Unternehmen und Konzernzentralen für Österreich gewinnen, und das hat Vorteile. Wir können entscheiden, ob die Konzernzentralen im Ausland verbleiben oder woanders hingehen oder ob wir sie in Österreich haben, damit attraktive Arbeitsplätze schaffen und in diesem Fall natürlich auch für entsprechende Steuereinnahmen sorgen.

Außerdem befinden sich dann auch die Forschungszentralen in Österreich, weil mit den Konzernzentralen meist auch die Standorte von Forschungszentralen verbunden sind.

Wir erachten die Maßnahme, dass wir eine attraktive Form gefunden haben, als äußerst wichtig. Zweitens muss man dazusagen, dass die europäische Rechtsentwick­lung in die Richtung geht, dass der Europäische Gerichtshof eine derartige Gruppen­besteuerung über die Ländergrenzen hinweg zulässt. – Es gibt ja schon einschlägige Prozesse vor dem Europäischen Gerichtshof.

In Wirklichkeit haben wir also die Rechtsprechung schon vorweggenommen und haben den Standortvorteil, dass wir neue Unternehmen gewinnen, bevor wir auf Grund von europäischen Erkenntnissen ohnehin zu diesen Regelungen gezwungen werden. Gruppenbesteuerungsformen gibt es in allen europäischen Ländern. Diese ist aller­dings die attraktivste Form.

Hinsichtlich der gesamtwirtschaftspolitischen Wirkung betrachten wir das als äußerst interessant, denn mit einer Konzernzentrale, mit einem großen Unternehmen in Öster­reich gibt es natürlich bei der Zulieferindustrie auch für die so genannten KMUs etliche Chancen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.41

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Lichten­ecker. Ich erteile dieses. – Bitte.

 


16.42

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich hoffe, ich verwöhne Sie mit dem nachfolgenden Satz nicht allzu sehr: Wir Grünen werden bei TOP 15, 16, 17 und 18 zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen, der SPÖ und der ÖVP.)

16.42

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist daher ge­schlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 135

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Polen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kommen und vom Vermögen samt Protokoll.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Moldau zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Personalvertretungsgesetz, BGBl. Nr. 133/1967, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 130/2003, geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2004 betreffend ein Bundeshaftungsrechtsbereinigungsgesetz.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 136

19. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz zur Errichtung der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft mit be­schränkter Haftung (Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft mbH-Errichtungsgesetz – FFG-G) und mit dem das Bundesgesetz zur Förderung der Forschung und Technologieentwicklung (Forschungs- und Technologieförde­rungsgesetz – FTFG), das Bundesgesetz, mit dem Arbeiten mit gentechnisch ver­änderten Organismen, das Freisetzen und Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen und die Anwendung von Genanalyse und Gentherapie am Menschen geregelt werden (Gentechnikgesetz – GTG), das Bundesgesetz über die Zahl, den Wirkungsbereich und die Einrichtung der Bundesministerien (Bundesministeriengesetz 1986 – BMG) und das Bundesgesetz über die Bewilli­gung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2004 (Bundesfinanzgesetz 2004 – BFG 2004) geändert werden (Forschungsförderungs-Strukturreformgesetz) (510 d.B. und 538 d.B. sowie 7062/BR d.B. und 7080/BR d.B.)

20. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 1. Juli 1981 über die Forschungsorganisation in Österreich und über die Änderungen des Forschungsförderungsgesetzes (For­schungsorganisationsgesetz – FOG) geändert wird (506 d.B. und 539 d.B. sowie 7063/BR d.B. und 7081/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 19 und 20 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 19 und 20 ist Herr Bundesrat Bader. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Karl Bader: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zum Forschungsförderungs-Strukturreformgesetz.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich kann mich daher auf die Antragstel­lung beschränken.

Der Ausschuss für Bildung und Wissenschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Des Weiteren bringe ich den Bericht des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zum Forschungsorganisationsgesetz, das hier geändert wird.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Bildung und Wissenschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Ich danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schimböck. Ich erteile dieses.

 


16.47

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube,


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 137

dass gerade der Forschungsbereich ein ganz wesentlicher Aspekt für eine positive Entwicklung der Wirtschaft in diesem Land ist. Umso betrüblicher stimmt es eigentlich, dass der Präsident der Akademie der Wissenschaften im Februar des Vorjahres sagen musste – ich zitiere aus einem Artikel der „Presse“

„‚Der Staat schadet sich selbst.‘ Werner Welzig, Präsident der Akademie der Wissen­schaften weist auf die zurzeit rückläufige Forschungsfinanzierung – nach dem Budget­provisorium minus 5 Prozent – hin.“ Meine Damen und Herren! Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: minus 5 Prozent! „Wenn Akademieinstitutionen wie das Institut für Demographie (...), der Aufbau des Instituts für Molekulare Biotechnologie oder die Einrichtung für angewandte Mathematik“ – das Institut gibt es jetzt in meiner Heimatstadt in Linz – „mit Einschränkungen leben müssen, dann sei dies zum Schaden Österreichs.“

Das, meine Damen und Herren, angesichts einer Bundesregierung – für Sie gilt das jetzt nicht, Herr Staatssekretär, Sie haben noch den Neustart gut! –, die damit angetre­ten ist, die Forschungsquote von derzeit 1,9 Prozent im Laufe der Zeit auf 3 Prozent anzuheben. – Das sind die Fakten.

Ich möchte das jetzt mit einem ganz praktischen betrieblichen Beispiel, nämlich aus dem Philips-Unternehmen, veranschaulichen. Dort hat man die Fakten vor wenigen Tagen auf den Tisch gelegt und erklärt, dass von den etwa 100 000 Philips-Patenten 3 000 ihre Wiege in der Republik Österreich haben. – Das muss man sich einmal vor­stellen – bei einem Unternehmen, das weltweit tätig ist!

Rund 63 Millionen hat dieses Unternehmen im Vorjahr in die Forschung investiert, und von diesen 63 Millionen sind 2 Prozent aus den staatlichen Förderungstöpfen Öster­reichs eingeflossen. Man muss sagen, die Bescheidenheit dieser Wirtschaftsunter­nehmungen ist eigentlich sensationell!

Schade, dass jetzt der Herr Staatssekretär Finz nicht mehr hier ist. (Bundesrat Mag. Himmer: Stellen Sie sich einmal vor, Sie würden für alle Industriebetriebe Förde­rungen zahlen!) – Ich glaube, wenn wir so viele Unternehmen mit so vielen Patenten hätten, wenn das mit den hier tätigen Unternehmungen so aussehen würde, dann wäre wahrscheinlich die Weltwirtschaft in Österreich angesiedelt.

Aber stellen Sie sich vor: Im selben Zeitraum, in dem Ihr Staatssekretär-Kollege ge­meinsam mit seinem Finanzminister angekündigt hat, dass diese Gruppenbesteuerung kommt, um Forschungszentralen in dieser Republik zu halten, hat sich ein großes Tiro­ler Pharmaunternehmen mit der Forschung eigentlich aus Österreich verabschiedet. Und das stimmt mich traurig, denn offensichtlich wäre hier ein enormer Handlungsbe­darf zu gewärtigen.

Ich glaube, es wird ganz wichtig sein, da ein wenig mehr zu tun, als nur irgendwelche Steuergeschenke zu verteilen. Es soll dort unterstützt und gefördert werden, wo es wirklich Sinn macht, wo es auch einen Rückfluss gibt und wo es zu einer Wertschöp­fung in dieser Republik kommt.

Es geht, denke ich, wirklich nicht an, dass quasi nur mit der Gießkanne drübergefahren wird. Wir werden daher dem einen Tagesordnungspunkt die Zustimmung nicht erteilen können, denn unserer Ansicht nach ist diese Konstruktion schon wieder etwas filigran angelegt. Denken Sie nur an den „Schwestertopf“, den Wirtschaftsförderungsfonds: Dort erleben wir unter dieser Bundesregierung nichts anderes als ein „Durchhaus“ für Geschäftsführer, Herr Staatssekretär. Die Effizienz ist dort sehr gering. Ich habe das schon einmal kritisiert: Es reicht ja nicht einmal zum Reservieren einer Domain. Wenn man AWS – Austria Wirtschaftsservice – anklickt, landet man bei der Abfallwirtschaft Schwechat. – Das sind nur ganz simple Dinge.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 138

Ich will jetzt gar nicht auf die reichliche Kritik des Rechnungshofes eingehen, die es gegeben hat. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, warum sich der Herr Staatssekre­tär, früher ein engagierter Mitarbeiter dieser parlamentarischen Kontrollinstitution, jetzt schon entfernt hat. Es wurde ja vom Rechnungshof aufgezeigt, welche Mängel die Wirtschafts- und Forschungsförderungseinrichtungen in dieser Republik aufweisen.

Ich würde also wirklich darum ersuchen, effizient zu arbeiten und vor allem auch ein sinnvolles Nebeneinander von Austria Wirtschaftsservice und Forschungsförderung auf die Beine zu stellen, Herr Staatssekretär! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen.)

16.52

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Staatssekre­tär. – Bitte schön.

 


16.53

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Eduard Mainoni: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Vorab einmal darf ich Ihnen sagen, dass ich mich sehr, sehr freue, hier vor Ihnen sprechen zu dürfen, unter anderem auch deshalb, weil ich vor einigen Jahren hier im Bundesrat meine bundespolitische Erfahrung gesammelt habe und es für mich eine hoch interessante Zeit war (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP) und mir natürlich einige Damen und Herren hier im Hause bekannt sind.

Ich darf nun zuerst zu meinem Ressortbereich kommen. Dieses Staatssekretariat be­trifft im Wesentlichen vor allem Forschung und Entwicklung, Technologie und Innova­tion. Ich darf Sie alle sehr herzlich einladen: Mein Verständnis von der Führung dieses Staatssekretariates beinhaltet, dass es ein offenes Haus ist. Das bedeutet, wann immer Sie Fragen oder Anliegen zu diesem Bereich haben, finden Sie bei mir selbst­verständlich offene Türen, und ich würde mich freuen, wenn Sie mein Angebot auch nützen würden.

Meine Damen und Herren! Nun zu der Gesetzesvorlage: Was verbirgt sich hinter die­sem sperrigen Begriff Forschungsförderungs-Strukturreformgesetz? Die Forschungs­förderungslandschaft wird damit vollkommen neu strukturiert. Bis jetzt war einfach auch historisch gesehen eine vollkommene Zersplitterung dieser Forschungsförderungs­landschaft in Österreich gegeben. Mit diesem vorliegenden Gesetz gelingt es uns jetzt, dies unter ein Dach zu bekommen.

Außerdem haben die Rechnungshofberichte der Jahre 2000 und 2001 darauf hinge­wiesen, dass die Forschungsförderungslandschaft unzureichend ist. Es waren die Empfehlungen des Rates für Forschung und Technologieentwicklung und letztendlich auch die Ergebnisse der internationalen Fondsevaluierung des Jahres 2003, die diesen Mangel festgestellt haben, was schließlich dazu geführt hat, dass dieses Gesetz nun­mehr dem Bundesrat vorliegt.

Diese Reform ist eben notwendig geworden. Es ist dies die größte Reform seit 40 Jah­ren, was die Forschungsförderung in Österreich betrifft. Ich kann die Ansicht des Herrn Bundesrates Schimböck nicht teilen, dass es sich dabei um eine „filigrane“ Konstruk­tion handle, sondern sie besitzt ganz im Gegenteil eine wohl fundierte Struktur.

Es ist eine zentrale Einrichtung zur Förderung der wirtschaftsnahen Forschung. Ich darf hier auch noch einige Zahlen nennen, die aus unserer Sicht völlig anders sind, als sie der Herr Bundesrat dargestellt hat: Das Budget für das Jahr 2004 – das laufende Jahr – beträgt 300 Millionen € zur Dotation dieser Gesellschaft und der Forschungsför­derung. Bis ins Jahr 2006 sollen es rund 350 Millionen € jährlich sein.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 139

Ich glaube, ich brauche nicht gesondert darauf hinzuweisen, möchte aber trotzdem noch einmal den Schwerpunkt darauf legen, weil die Forschung in Österreich eine sehr große Bedeutung hat, die in der Öffentlichkeit nicht immer das Interesse findet, das sie eigentlich finden sollte: Österreichs Zukunft steht und fällt mit der Forschung. – Eine etwas provokante Formulierung, die aber doch tatsächlich stimmt. Ich darf eine Zahl nennen, die sich durch Erhebungen der Statistik Austria ergeben hat: Die Forschungs­quote in Österreich beträgt 2,27 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Bis ins Jahr 2010 werden wir laut Plan insgesamt 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes als Forschungs­quote erreicht haben.

Wir liegen hier im internationalen Vergleich nicht schlecht, wiewohl ich auch zugebe, dass es natürlich europäische Staaten gibt, die eine um vieles größere Forschungs­quote haben. Ich zähle sie auch gerne auf: Finnland hatte im Jahr 2001 schon 3,42 Prozent, und Schweden hatte sogar 4,27 Prozent. – Das muss man dazusagen. Wir liegen aber über dem Schnitt der Europäischen Union. Betrachtet man die Euro­päische Union mit ihren 25 Ländern, so ist der Schnitt 1,77 Prozent, während unsere Forschungsquote heuer immerhin 2,27 Prozent des Bruttoinlandsproduktes beträgt.

Forschung und Entwicklung sind auch wichtig für die Standortfrage in Österreich. Der Standort ist natürlich unweigerlich auch mit Arbeitsplätzen und mit der Gründung von Unternehmen verbunden. Es gibt drei wichtige Faktoren in der Standortfrage, das sind Bildung, Infrastruktur und Forschung und Entwicklung. Deshalb streiche ich noch ein­mal heraus, wie wichtig die Forschung für Österreich ist, welch doch große Bedeutung sie hat. Letztendlich ist der Weg der Förderung der Forschung hier in Österreich auch ein Weg zu einer wissensbasierten Wirtschaft. Das ist auch sehr wichtig für die Festi­gung von Arbeitsplätzen, meine Damen und Herren.

Ich möchte zu dieser Forschungsförderungsgesellschaft zurückkommen, die mit 1. September dieses Jahres gegründet wird. Sie wird klare und schlanke Strukturen haben. Es kommen vier Gesellschaften unter ein Dach, und zwar die ASA – die Aust­rian Space Agency –, das BIT – das Büro für internationale Technologiekooperation –, der FFF – der Forschungsförderungsfonds der gewerblichen Wirtschaft – und schließ­lich die Technologie Impulse Gesellschaft. Diese vier Gesellschaften werden unter dem Dach dieser Gesellschaft zusammengefasst, um eben organisatorisch schlanker und auch effizienter arbeiten zu können – effizienter deshalb, weil dadurch auch Mehrjah­resplanungen möglich sein werden und damit natürlich eine größere Vorhersehbarkeit in diesem Bereich gegeben ist.

Noch zur Gesellschaft selbst: Die Organisation sieht zwei Geschäftsführer vor. Deren Bestellung und Abberufung – hier bemühen wir uns wirklich um Entpolitisierung und Objektivierung – erfolgt durch Zustimmung des Aufsichtsrates, kann also nicht selb­ständig von den Ministerien durchgeführt werden. Die Politik darf und kann sich bei der Vergabe von Förderprojekten nicht einmischen. Was noch sehr wichtig ist, damit nicht auch nur annähernd der Verdacht ruchbar werden könnte, die Politik nehme Einfluss auf die Förderung von Forschungsprojekten: Die Projekte werden durch einen Beirat ausgewählt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie Sie sehen, ist das alles in allem ein sehr wichtiger Bereich, der für Österreichs Zukunft maßgeblich und ausschlaggebend ist. Ich ersuche eben wegen der Wichtigkeit dieses Gesetzes um Ihre Zustimmung. – Ich danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.00

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Baier. Ich erteile dieses.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 140

17.00

Bundesrat Mag. Bernhard Baier (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Frau Bun­desminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Nachdem schon viele Fakten erläutert wurden, darf ich mir erlauben, dennoch auf ein paar Dinge einzugehen, die mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Forschungsförderung zu tun haben. Das grundsätz­liche Ziel dieses Gesetzes ist es, eine schlanke, transparente Struktur im Forschungs­förderungsbereich zu schaffen. Neben den zusätzlichen Investitionen, die wir ja bereits vor einiger Zeit in diesem Haus diskutiert haben, ist selbstverständlich auch eine der Zeit entsprechende effiziente und kundenorientierte Neustrukturierung, eine Reform der Forschungsförderungslandschaft, wenn Sie so wollen, notwendig.

Die bisher bestehende Landschaft stammt aus einer Zeit, wo sie sich durchaus be­währt hat, nämlich aus den sechziger Jahren, aber ich denke, nunmehr ist es an der Zeit, auch hier eine Reform durchzuführen.

Die Eckpunkte sagen schon sehr viel aus über das Ziel und die zielgerichtete Vor­gangsweise dieser Materie: die Errichtung der österreichischen Forschungsförde­rungsgesellschaft, die organisatorische Änderung beim Fonds zur Förderung der wis­senschaftlichen Forschung und die Umwandlung des Rats für Forschung und Techno­logieentwicklung in eine juristische Person öffentlichen Rechts und damit auch eine entsprechende Finanzplanungssicherheit und ein einheitlicher Ansprechpartner.

Das hat, Herr Kollege Schimböck, nichts mit einer filigranen Struktur zu tun, wenn man ein paar Töpfe oder Ansprechpartner zu einer Gesellschaft zusammenfasst. Ganz im Gegenteil, ich würde eher meinen, dass das relativ klar ist und eigentlich etwas Gutes ist, wenn man hier eine Reform durchführt. Es dürfte Ihrer Aufmerksamkeit entgangen sein, dass der derzeitige Präsident der Akademie der Wissenschaften Herr Universi­tätsprofessor Dr. Mang ist, den Sie zitiert haben. Ich weiß nicht, ob sein Abgang damit zusammenhängt, wie er auch die Forschungslandschaft in Österreich bewertet hat.

Die 1,9 Prozent, die Sie angesprochen haben, sind auch nicht mehr ganz aktuell. Das war der Wert aus dem Jahr 2000. Ich darf Sie nur darauf hinweisen, weil es offenbar Ihrer Aufmerksamkeit entgangen ist.

Und weil der Rechnungshof angesprochen wurde: Der Rechnungshof ist ja grundsätz­lich unverfänglich und eigentlich über jeden Zweifel erhaben. Darüber dürften wir uns einig sein. Ich zitiere aus dem Bericht des Rechnungshofes zur Forschungsförderungs­landschaft; da heißt es: Die forschungsspezifischen Aufgaben sollten zusammen­geführt werden. Eine Konzentration auf eine strategische Ausrichtung der Forschungs­angelegenheiten wird empfohlen. Ein strategisches und operatives Controlling von Förderungsprogrammen und -einrichtungen ist anzustreben. Die Anzahl der Förde­rungseinrichtungen wäre zu verringern. Eine Zusammenlegung der finanziellen bezie­hungsweise organisatorischen Ressourcen und die bestehenden Zersplitterungen und Überschneidungen wären durch eine gezielte Abstimmung der Forschungspolitik sowie ein Zusammenlegen der Förderungsprogramme zu beseitigen. – Soweit der Rech­nungshofbericht.

Also lassen wir die Kirche im Dorf! Es handelt sich dabei um einen guten Vorschlag, es handelt sich dabei um eine zeitgemäße Reform der Förderungslandschaft, der Sie eigentlich auch zustimmen könnten, weil ich mir sicher bin, dass Sie auch größtes In­teresse daran haben, dass dies auf Basis dieses Rechnungshofberichtes auch so um­gesetzt wird. Darum würde ich Sie bitten, einmal die Oppositionspolitik etwas beiseite zu lassen und sich den sachlichen Dingen zuzuwenden.

Mit den 2,27 Prozent, das heißt 5,3 Milliarden €, die voraussichtlich 2004 erreicht wer­den können, sind wir auf einem guten Weg, und dies trotz relativ geringen Wirtschafts­wachstums. Die Volkswirtschaftler in unserer Runde werden das auch bestätigen. Das


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 141

entspricht nicht nur einer Steigerung von 7,6 Prozent – das wissen Sie auch, denn Sie haben intensiv recherchiert, davon gehe ich aus, aber Sie haben es halt nicht ange­sprochen; ich tue es. Damit sind wir auf gutem Wege dazu, dass wir die 2,5 Prozent bis 2006 und die 3 Prozent für Lissabon im Jahre 2010 erreichen können. Das ist ein ambitioniertes Ziel, das ist richtig, aber kein unerreichbares Ziel. Ich denke, mit einer konzentrierten Forschungsarbeit in den nächsten Jahren kann es gelingen, es zu errei­chen.

Mit dieser Strukturreform im Bereich der Förderungslandschaft insgesamt sind wir auf einem guten Weg. (Beifall bei der ÖVP.)

17.05

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Stadler. Ich erteile dieses.

 


17.05

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Staatssekretär! Über die Prioritäten, glaube ich, ist schon sehr viel gesagt worden, auch über die neue Forschungsförderungsgesellschaft und die Zusammenlegung der vielen Spezialgesellschaften. Aber ich glaube, es gehören doch noch ein paar Worte über die Art und Weise gesagt, wie diese Zusammenlegung erfolgte.

Wie wir aus der Regierungsvorlage herauslesen können, sind auch in Zukunft nach wie vor vier Ministerien für Forschung und Entwicklung zuständig. Weiters kommt noch hin­zu der Rat für Forschung und Technologieentwicklung – wieder viele Köche, die einen Brei machen. Das ist ein wesentlicher Kritikpunkt unsererseits, denn diese Aufteilung der Kompetenzen für die Forschungsförderung auf vier Ministerien und den Rat bedeu­tet sicher keine Neustrukturierung.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die zukünftige Finanzierung. In der Ausschusssitzung – jene Kollegen, die im Ausschuss waren, haben es ja gehört – mussten wir auf Anfrage an die anwesende Beamtin erfahren, dass es bis jetzt noch keine Gespräche über die zukünftige Finanzierung und über eine längerfristige Finanzierung gegeben hat. Ich glaube, eine Forschung ohne Geld kann man sich nicht vorstellen, auch nicht bei uns in Österreich. Das ist zu bedauern und ist sicher ein großer Mangel.

Meine geschätzten Damen und Herren! Es ist zwar nicht immer üblich, aber in diesem Fall haben die Regierungsparteien zu Gesprächen eingeladen; sehr spät, aber doch. Die SPÖ hat bei diesen Gesprächen eine Reihe von Vorschlägen gemacht. Ich möchte Ihnen zwei Beispiele nennen, die dann auch von der Regierung aufgenommen wurden.

Die SPÖ forderte, dass beim Wissenschaftsfonds die Vertreter der Wissenschaft nicht von den Vertretern der Ministerien überstimmt werden können. Das ist, glaube ich, sehr wichtig. Diese Forderung ist auch angenommen worden.

Zweitens forderte die SPÖ, dass grundlegende Ziele im Bereich der österreichischen Forschung und Technologie nicht in der Regierung, sondern im Nationalrat besprochen werden. Beide Punkte haben die Regierungsparteien aufgenommen, was sehr positiv zu erwähnen ist.

Leider gibt es noch eine Sache, wo es keine Einigung in den Verhandlungen gab. Das wäre aber für unsere Fraktion ein sehr wichtiger Punkt gewesen: Es geht um die Zu­sammensetzung des Aufsichtsrates. Es ist doch eine Provokation von Ihnen zu sagen: Wir konstruieren einen Aufsichtsrat, wobei wir die Wirtschaftskammer, die Industriellen­vereinigung und die Wirtschaftspartner in vollem Ausmaß berücksichtigen. – Ich frage Sie, geschätzte Damen und Herren: Wo bleiben die Vertreter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer? Auf die haben Sie vorerst gänzlich vergessen. Erst sehr spät sind Sie darauf gekommen, dass es sehr viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gibt,


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 142

und waren dann gnadenhalber bereit, auch diese Gruppe im Aufsichtsrat zu verankern. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Baier.) Nicht einmal dem bescheidenen Wunsch der SPÖ, Herr Kollege Mag. Baier, zwei überbetriebliche Arbeitnehmervertreter dort zu installieren, wurde stattgegeben. (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Mag. Baier.)

Zum Schluss kommend. Geschätzte Damen und Herren! Es ist zu wenig, die für uns alle wichtige österreichische Forschungslandschaft in ein neues Haus zu stecken. Auch das Innenleben des Hauses hätte nachhaltig verändert werden müssen. Da dies nicht ausreichend geschehen ist, werden wir diesem Gesetz nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.10

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Böhm. Ich erteile dieses.

 


17.10

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Ver­ehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Die vorliegende Novelle des Forschungsorganisati­onsgesetzes passt dessen Bestimmungen an jene des Universitätsgesetzes 2002 und, soweit die Bundesmuseen betroffen sind, an jene des Bundesmuseengesetzes 2002 an.

Das heute schon bestehende Aufgriffsrecht des Bundes in Bezug auf Diensterfindun­gen wird auf die Geologische Bundesanstalt übertragen. Sie soll künftig die an ihr gemachten Erfindungen patentrechtlich verwerten können.

Ferner ermöglichen es Verordnungsermächtigungen künftighin, auch die Organisati­onsstruktur am österreichischen Archäologischen Institut und am Institut für Ge­schichtsforschung zu flexibilisieren.

Noch weitaus bedeutsamer ist zweifellos das Forschungsförderungs-Strukturreform­gesetz, ist doch sein Ziel, wie schon heute mehrfach erwähnt, die Zusammenführung des Forschungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft, FFF, der Technologie­impulse Gesellschaft zur Planung und Entwicklung von Technologiezentren GesmbH, TIG, der Österreichischen Gesellschaft für Weltraumfragen GmbH, ASA, sowie des Büros für internationale Forschungs- und Technologiekooperation, BIT, in eine neue Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die so genannte Österreichische Forschungs­förderungsgesellschaft mbH.

Das alles hat schwierige Rechts- und Vermögensnachfolgefragen aufgeworfen und mit sich gebracht, die aber von der Legistik des Ressorts in hervorragender Weise gelöst worden sind. Auch dafür sind wir zu Dank verpflichtet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die neue Rechtsform wird das Fördersystem in Zukunft transparenter gestalten, und es werden Synergieeffekte im Verwaltungsbereich genützt werden können.

Der fortbestehende Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung wird inso­fern neu organisiert, als er einen Aufsichtsrat erhalten soll. Und selbstverständlich sind dort Arbeitnehmervertreter repräsentiert! Im Gegenzug wird das Kuratorium ver­kleinert. Die Aufgabenstellung wird über auftragsorientierte Forschung künftig auch zur Forschungsförderung beziehungsweise Durchführung von Programmen auf vertragli­cher Basis im Namen und auf Rechnung des Bundes erweitert. Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung, der FTE-Rat, wird schließlich in eine juristische Person des öffentlichen Rechts umgewandelt.

All diese rechtlich verbesserten Rahmenbedingungen für die Forschungsförderung, die in ihrer bisherigen Struktur äußerst zersplittert und durch wechselseitige Überschnei-


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 143

dungen belastet war, insbesondere auch die finanzielle Mehrjahresplanung, die jetzt möglich wird, veranlassen unsere Fraktion, beiden Gesetzesvorhaben gerne ihre Zu­stimmung zu erteilen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.13

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Kon­rad. Ich erteile dieses.

 


17.13

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Was mir bei diesem Gesetz als am schönsten aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass es hier tatsächlich ehrliche Verhandlungen gegeben hat. Erlauben Sie mir den Seitenhieb: Das hätten wir uns zum Beispiel auch beim Universitätsgesetz gewünscht.

Inhaltlich ist in diesem Gesetz zu begrüßen, dass jetzt durch diese Beschlussfassung administrative Querelen endlich vorbei sind. Wie sehr das nachhaltig wirkt, wird aber auch davon abhängen, wie viel Einfluss die Ministerien letztendlich nehmen werden. Der Herr Staatssekretär hat vorhin schon gesagt, es werde hier natürlich keinen politi­schen Einfluss geben. Ich hoffe es. Das wäre auf jeden Fall im Sinne der Sache.

Es gibt eine Reihe von positiven Aspekten, die auch der Grund dafür sind, dass wir diesem Gesetz nun zustimmen können. Was mich sehr freut: Es ist im Gesetz die ver­stärkte Repräsentanz von Frauen in den Organen festgehalten. Das ist bisher nicht selbstverständlich gewesen. Der Bereich Wissenschaft und Forschung ist nach wie vor noch sehr männlich dominiert, und es ist nötig, alles zu unternehmen, dass Frauen hier auch verstärkt eingebunden werden und verstärkt in diesen Positionen zu finden sind.

Ein weiterer Punkt, der auch für die Grünen sehr wichtig war, ist, dass die Themen Forschung und Technologie auch weiterhin im Parlament diskutiert werden. Auch das ist durch dieses Gesetz jetzt sichergestellt. Das Thema ist derart wichtig, dass ich glaube, dass eine Diskussion im Parlament unverzichtbar ist. Das wird auf jeden Fall auch dazu führen, dass das Thema weiterhin in Behandlung bleibt und vor allem auch in den Köpfen der Zuständigen bleibt.

Auch die Tatsache, dass die Bundesländer in Zukunft hier einbezogen werden, ist be­grüßenswert. Eine sinnvolle Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den verschie­denen Bundesländern kann hier zu Synergieeffekten führen und Zweigleisigkeiten ver­meiden. Alles, was in diesem Punkt zu Synergieeffekten führt, führt letztendlich auch dazu, dass mehr Geld da ist, das dann sinnvoll für die jeweiligen Projekte verwendet werden kann – es ist dringend nötig.

Etwas, was meiner Meinung nach noch einen ziemlich großen Kritikpunkt darstellt: Es ist nach dem Gesetz, zumindest theoretisch, eine Mehrjährigkeit in der Finanzierungs­sicherheit möglich. Das wird aber – und das ist der Kritikpunkt – sehr stark davon ab­hängen, wie dann die Finanzverhandlungen ausschauen. Generell wird einiges in die­sem Gesetz, und zwar sehr viel von dem, was eigentlich das Positive daran wäre, vom Goodwill des Finanzministers abhängen. Jetzt können wir nur hoffen, dass er der Mei­nung ist, dass diese Themen wichtig sind und dass Forschung Geld braucht. Garantie haben wir keine. Wir haben schon in sehr vielen wichtigen Fällen gehört, dass das Nulldefizit doch bevor geht und das Wichtigste in seiner Arbeit ist. Deshalb habe ich doch leise Zweifel, dass die mehrjährigen Entwicklungspläne, die hier entwickelt und vorgelegt werden, sinnvoll sein werden, wenn einfach die Finanzierung nicht sicherge­stellt ist.

Das ist ein Punkt, den ich noch anmerken wollte. Ich hoffe, dass auch die Zuständigen in den Ministerien, von denen es ja durchaus genug gibt, dann auf den Finanzminister


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 144

einwirken werden, dass in den jeweiligen Budgetverhandlungen auch dafür genug Geld vorhanden ist.

Wie gesagt, die Grünen werden in diesem Fall zustimmen. Das begründet sich unter anderem dadurch, dass es eben Verhandlungen gegeben hat, die ernst genommen wurden, in denen die verschiedenen Fraktionen wirklich Punkte einbringen und auch durchbringen konnten. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

17.17

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Schnider. Ich erteile dieses.

 


17.17

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es steht außer Zweifel, dass dort, wo mehr geforscht wird, mehr Kreativität und auch mehr Pro­duktivität vorhanden sind. Das ist keine Frage. (Durch das Glasdach des Sitzungssaa­les regnet es an einer Stelle leicht herein.)

Auf der anderen Seite, wenn wir politisch die Forschungsförderung betrachten, gibt es – da regnet es schon herein – unterschiedliche Standbeine, auf denen diese zu ste­hen hat. Und das eine – das möchte ich schon gleich an den Anfang stellen – sind die Finanzen. Der Herr Staatssekretär hat bereits die Dotationen angesprochen. Ich möchte hinzufügen, dass es meines Wissens eine Forschungs- und Entwicklungsoffen­sive dieser Bundesregierung gibt, die bis 2006 600 Millionen € zusätzlich dafür dotiert hat. Das muss man auch einmal hier sagen, wenn hier immer nur geraunzt wird, dass es dafür kein Geld in diesem Land gibt.

Das Zweite: Wenn man schon von Effizienz redet, dann soll man aber mit großer Dankbarkeit gerade auf das schauen, was wir hier mit beschließen, nämlich dass es in Zukunft entsprechende Strukturen geben wird, dass es eine neue Organisation geben wird, die festlegt, wie diese Forschungsförderungsgesellschaften und -vereinigungen zusammenarbeiten. Das ist sehr wichtig und ist auch sehr richtig.

Warum ist das so wesentlich? Gerade dann, wenn man international oder auch nur EU-weit zusammenarbeiten will, ist es sehr wichtig, dass diese Gremien gut koordi­niert, gut durchorganisiert auftreten. Denn nur eine gebündelte Forschungsförderung ist wirklich eine, die Doppeltes leisten kann.

Weil vorher auch der Aufsichtsrat angesprochen worden ist: Es ist doch keine Frage, dass im Aufsichtsrat auch Arbeitnehmervertreter drinnen sind! Das steht doch im Arbeitsverfassungsgesetz. Darüber brauchen wir doch nicht zu diskutieren, das ist ja wohl selbstverständlich. An diesem Gesetz und diesen gesetzlichen Auffassungen will doch überhaupt niemand rütteln.

Aber ich möchte auch dazusagen, warum es neue organisationsgesetzliche Rahmen­bedingungen gibt. – Ja klar, wir haben ein großartiges Universitätsgesetz, und dafür möchte ich der Frau Ministerin auch danken, nur muss man mit diesem Universitätsge­setz auch umgehen können.

Und weil hier alle zur Decke hinauf schauen: Wenn man mit dem Universitätsgesetz so umgeht, dass man sagt, man lässt es einfach überall hineinregnen, weil man selber nicht managen und organisieren kann, ist man selber schuld. Ich kann nur als einer, der selber an der Uni tätig ist, sagen, dass diejenigen, die mit der Unabhängigkeit umgehen können, dies auch großartig schaffen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 145

Außerdem möchte ich bemerken, dass gerade aus dem Ausland ganz positive Rück­meldungen gekommen sind und kommen, und dass man uns zu diesem Gesetz wirk­lich gratuliert.

Also müssen zu einem neuen Universitätsgesetz und zu neuen Rahmenbedingungen natürlich auch die gesetzlichen Bestimmungen die Forschungsförderungsorganisation betreffend passen, weil ja sonst wirklich eine Rechtsunsicherheit entsteht, und dafür können wir wohl nicht sein.

Ich möchte abschließend Frau Konrad vollkommen zustimmen, und ich habe mir das auch notiert. Wenn man auf der einen Seite sagt, die EU soll eine Union werden, die die wettbewerbsfähigste, die dynamischste und am meisten wissensbasierte ist, was den Wirtschaftsraum und den Wissensraum betrifft, dann müssen da und dort auch Maßnahmen gesetzt werden. Gerade was die Anzahl der Frauen an Universitäten und in der Forschung betrifft, schaut es bei uns eher mager aus, denn in wissenschaftlichen Gremien finden sich nur 10,8 Prozent Frauen – nur in Luxemburg und Belgien ist der Wert noch niedriger. Aber es studieren bereits 50,1 Prozent der Frauen. Der Frauen­anteil an den Doktoratsabschlüssen lag aber nur noch bei 37,1 Prozent. Und Uni-Professuren sind gerade noch zu 6,6 Prozent an Frauen vergeben worden. Ich glaube, darüber müssen wir nachdenken, und der Bereich, wo es um dieses menschliche Kapi­tal geht, muss uns wohl am wichtigsten sein.

Ich möchte abschließend wirklich herzlich gratulieren dazu, dass man hier versucht, nicht nur mehrere Häuser irgendwo zu bauen, sondern die Häuser auch aufeinander abstimmt und sie mit Wegen zueinander versieht. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

17.22

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesminis­terin. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


17.23

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte mich zuerst einmal bedanken für die vielen zustim­menden Worte und die Ausführungen zu diesem Forschungsorganisationsgesetz.

Forschung ist eine wichtige Zielsetzung der österreichischen Bundesregierung. For­schung ist die Grundlage für die Entwicklung des Landes, für die Entwicklung der Wirt­schaft und damit für die Sicherung der Arbeitsplätze. Deshalb hat die österreichische Bundesregierung auch diese Forschungsbestrebungen als Schwerpunkt in ihr Regie­rungsprogramm aufgenommen.

Meine Damen und Herren! Wenn da gesagt wird, wir hängen vom Goodwill des Finanzministers ab, so möchte ich doch einmal klar aufzeigen, wie eine Regierung zusammenarbeitet. Da gibt es ein gemeinsames Regierungsprogramm, und in dem gibt es Schwerpunkte. Diese Schwerpunkte werden sowohl vom Finanzminister als auch von den Koalitionspartnern getragen. Bei diesen Schwerpunkten steht für uns der Mensch im Mittelpunkt, der Mensch mit seinen Bedürfnissen, der Mensch mit seinen Notwendigkeiten.

Wie vielleicht alle heute dem Radio entnommen haben, gilt seit 1. Juli eine Erhöhung der Kinderabsetzbeträge für Alleinverdiener. Das haben wir mit dem Finanzminister ge­macht! Es gibt eine Erhöhung der Pendlerpauschale. Das haben wir für die Menschen, für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen gemacht! Es wird ab 1. Jänner 2005 eine Freistellung kleiner Bezüge von der Lohnsteuer geben. Über zwei Millionen Menschen in Österreich werden das merken: die einen, indem sie überhaupt keine Lohnsteuer mehr zahlen, und die anderen, indem sie weniger bezahlen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 146

Das heißt, die Schwerpunkte der Regierung werden gemeinsam festgelegt, und diese Schwerpunkte der Regierung werden dann auch gemeinsam ins Budget aufgenom­men. Da braucht es kein Goodwill des Finanzministers, das ist eine Vereinbarung zwi­schen Koalitionspartnern.

Eines möchte ich vielleicht noch anmerken: Das Universitätsgesetz 2002 wurde in einer Art und Weise verhandelt, wie es das vorher noch nie gegeben hat: im Rahmen einer breiten Diskussion, einer offenen Planung mit allen Beteiligten, in einer Form also, wie es sie vorher bei der Erarbeitung von Gesetzen unter sozialdemokratischen Regierungschefs überhaupt noch nie gegeben hat. Es waren alle daran beteiligt!

Es tut mir Leid, dass die sozialdemokratische Fraktion nicht zustimmt, denn, meine Damen und Herren: Wir haben konstruktive Diskussionen gehabt. Wir haben einen Vertreter der Arbeiterkammer zusätzlich ins Gesetz aufgenommen – so, wie es Ihre ursprüngliche Bedingung war. Es tut mir Leid, dass, wenn man eine Bedingung erfüllt, gleich die zweite Bedingung nachkommt. So kann es halt einfach nicht sein!

Ich meine aber, dass wir mit diesem Gesetz eine gute Grundlage geschaffen haben. Durch die Nationalstiftung sind 125 Millionen € auf Dauer sichergestellt, und die ande­ren Budgetnotwendigkeiten werden im nächsten Doppelbudget 2005/2006 und in den weiteren Budgets ebenfalls berücksichtigt werden. Forschung ist ein Schwerpunkt der österreichischen Bundesregierung und wird auch im erforderlichen Ausmaß finanziert werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

17.26

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist daher ge­schlossen.

Wird von der Berichterstattung noch ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2004 betreffend ein Forschungsförderungs-Strukturreformgesetz.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2004 betreffend ein Forschungsorganisationsgesetz.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Die Tagesordnung ist damit erschöpft.

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesmi­nisterin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Rechnungshof-Roh­bericht zum Kunsthistorischen Museum (2211/J-BR/04)

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 147

Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die Dringliche Anfrage der Bundesräte Schennach, Kolleginnen und Kollegen an die Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur.

Da diese inzwischen allen Bundesräten und Bundesrätinnen zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Schennach als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort.

 


17.28

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie zu später Stunde noch eine dringliche Erörterung einer Anfrage an die Frau Bundesministerin, die einfach notwendig ist.

Frau Bundesministerin! Ich habe mir Ihre Reaktionen der letzten Monate durchgelesen, und mir ist dabei aufgefallen, dass Sie vielfach in eine Argumentation geflüchtet sind, die den Weg der Sachlichkeit mitunter verlassen hat, würde ich sagen. Ich möchte Ihnen das heute nicht so leicht ermöglichen, indem ich nämlich von vornherein fest­stelle, Frau Bundesministerin, dass der Direktor des Kunsthistorischen Museums ein exzellenter Experte seiner Materie ist, dass er auch ein schillernder Museumsdirektor ist, der wie kaum ein anderer ein Haus geöffnet, durchgewirbelt hat und ein Museum in einer modernen Form geführt hat. Er hat 1998 mit der BruegelAusstellung sicher den Sensationsrekord von 1,8 Millionen Besuchern geschafft. Er hat ein Haus wachge­küsst.

Aber das Haus blieb nicht ein Haus. Das Haus wurde ein Reich. Und es handelte sich nicht immer um eine friedliche Übernahme, sondern die Gebietsgewinne dieses Rei­ches haben jene, die übernommen wurden, durchaus des Öfteren als eine feindliche Übernahme erlebt.

Aber er hatte wichtige Herolde in diesem Bereich, nämlich den amtierenden Bundes­kanzler und – und das ist dabei die wichtigste Person, und die erörtert heute mit uns diese Dringliche Anfrage – die Frau Bundesministerin Gehrer. (Bundesrat Bieringer: ..., und das freut mich, dass Sie auch draufgekommen sind!)

Herr Kollege Bieringer! Wenn man so ein Reich hat, dann werden für einen manchmal die Zahlen, die Funktionen unübersichtlich. Dass diese Diskussion in den letzten Wo­chen und Monaten so ins Rollen gekommen ist, hängt vielleicht auch mit den mannig­faltigen Funktionen eines einzelnen Menschen, der für die Frau Bundesministerin wahrscheinlich die zentrale Figur ihrer Museumspolitik ist, zusammen. Er ist Herr über das Kunsthistorische Museum, Herr über die Schatzkammer, Herr über den Theseus-Tempel, Herr über die Sammlung Alter Musikinstrumente, Herr über die Hofjagd- und Rüstkammer, Herr über das Lipizzaner Museum, Herr über das Theatermuseum, Chef des Völkerkundemuseums, Chef des Innsbrucker Schlosses Ambras. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Er ist ORF-Stiftungsrat. Er ist ORF-Publikumsrat. Er ist Akademie- und Universitätsrat. Er ist Geschäftsführer der Museumskollektion. Er ist Präsident der Fritz-Wotruba-Stiftung, und so weiter und so fort. Sie sehen, dass sein Reich ein umfangreiches ist.

Die Medien haben auf Grund ... (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.) Kollege Himmer, denken Sie zurück an die Zeit Ihrer Präsidentschaft, da waren Sie irgend­wie ... (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.) Gut, jetzt sind Sie wieder voll da als Bundesrat. Es freut mich ja ohnehin, denn nur präsidial zu agieren, das ist auf die Dauer auch nicht Ihres.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 148

Die Medien haben den Herrn Direktor Seipel als „Museumszampano“, als „Majestät“, als „Hofratgeneral“ bezeichnet. Ich vergleiche ihn mit Pechlaner in seiner Wirkung. Nämlich: Was der eine in der Museumswelt ist, das ist der andere in einem ganz ande­ren Bereich – nur: Die Machtfülle ist eine andere!

Frau Bundesministerin! Wo viel Licht ist, ist viel Schatten. Und heute haben wir ein­mal ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Damit Sie, Frau Bundesministerin, heute nicht einfach sagen können, es sei die Oppo­sition, die Ihren wichtigsten Mann hier so heftig kritisiert, habe ich das einmal vorweg­gestellt, denn die Leistungen sind unbestritten. Aber jetzt geht es um den Schatten, und der Schatten ist in zwei Rechnungshofberichten und auch in einem Polizeibericht festgestellt worden, und als Hauptproblem wurde aufgezeigt, dass Geben und Nehmen da zu eng beieinander liegen.

Mir ist nicht bekannt, dass der Direktor des Schönbrunner Zoos eine private Sammlung artgeschützter Tiere hat, aber der Herr Direktor des Kunsthistorischen Museums hat, wie wir alle wissen, da er diese Diskussion im Vorfeld selbst ausgelöst hat, gewisse Leidenschaften. Diese Diskussion ist schon sehr alt. Sie geht auf das Jahr 1979 zurück, als es um Skarabäen ging, obwohl die Ausfuhr antiker Objekte streng verboten war.

Herr Direktor Seipel meinte 1990, ja wenn man gewisse Neigungen hat ... Ich sage dazu: Dann – so kann man vielleicht diesen Satz vervollständigen – nimmt man es vielleicht manchmal auch mit Gesetzen nicht so genau. Damals hat der ägyptische Botschafter extra darauf hingewiesen, dass es sich da um eine widerrechtliche Ausfuhr und Aufstellung von Antiquitäten handle. Der in wenigen Tagen von uns anzulobende neue Bundespräsident hat seinerzeit, 1979, gemeint, und zwar am Tag der Inaugura­tion des Direktors Seipel: Das ist eine moralische „Hypothek für das renommierte Insti­tut“.

1999 bricht Seipels Zuneigung zu ägyptischen Altertümern neuerlich aus. Seipel er­wirbt im Sechserpack zwei ägyptische Grabbeigaben, so genannte Uschebtis, und da beginnt folgende Diskussion: Unter Vollrechtsfähigkeit ist nicht gemeint, dass das Mu­seum etwas kauft und dann an den eigenen Direktor verkauft. Das ist gesetzlich nicht gedeckt!

Wir haben seither diese Diskussion, und die Frau Bundesministerin wird sagen: Ja das ist gar nicht inventarisiert worden. Nur: Es hat sehr lange gedauert: Das Gutachten dazu entstand erst im Jahre 2002. Man hat drei Jahre benötigt, um diese Sache zu klären. Geklärt ist sie bis heute nicht. Das ist eben ein bedenklicher Graubereich zwi­schen Museumstätigkeit und Sammlertätigkeit. Das Erkennen, dass es da klare Gren­zen geben muss, scheint in Vergessenheit geraten zu sein.

Als der Herr Direktor Seipel noch in Oberösterreich tätig war, galten für ihn die Statuten des Oberösterreichischen Landesmuseums, und in diesen Statuten heißt es – und das hat der Herr Präsident Peter Assmann vom Österreichischen Museumsbund erklärt und bestätigt –, dass niemand, der im Oberösterreichischen Museum angestellt ist, im Rahmen seiner Tätigkeit sich eine private Sammlung anlegen darf. – Aber genau eine solche private Sammlung ist angelegt worden.

Meine Damen und Herren! Jetzt könnte man sagen – und das wird vielleicht die Frau Bundesministerin machen –: Mein Gott, warum sucht denn da die Opposition unbe­dingt ein Haar in der Suppe? Oder es kommt der Satz, der zur Berühmtheit gelangt ist: Die Suppe ist zu dünn!

Über die Tätigkeit der Person, über die wir heute hier diskutieren, gibt es zwei Rech­nungshofberichte und einen Polizeibericht. Es ist notwendig, die Frage zu klären – und


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 149

ich hoffe, dass in der Anfragebeantwortung der Frau Bundesministerin hier endlich diese Schatten erhellt werden –: Wie kam es zum Erwerb dieser Kunstgegenstände? Wie konnte es dazu kommen, dass 1998, als eigentlich die rechtliche Grundlage noch nicht gegeben war, eine Sphinx auf Mallorca gekauft wurde, obwohl diese Unterschrift beziehungsweise dieser Vorvertrag eigentlich nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprach? – Das hat auch der Rechnungshof kritisiert.

Alles, was hier seitens meiner Person, seitens der Opposition im Laufe der letzten Mo­nate vorgebracht wurde, ist kein Originalrecherchezertifikat, sondern all diese Kritik, die wir hier formulieren, sind Dinge, die der Rechnungshof und die Polizei, was die Saliera betrifft, festgestellt haben.

Meine Damen und Herren! Gerade in der Diskussion um die Nachfolge des neuen Rechnungshofpräsidenten hat man einmal mehr die Notwendigkeit und die Wichtigkeit des Rechnungshofes als Kontrollinstitution des Nationalrates hervorgehoben und in der Würdigung des mittlerweile geschiedenen Rechnungshofpräsidenten dessen tadellose Amtsführung in den Vordergrund gestellt – und all diese Dinge sind Aussagen des Rechnungshofpräsidenten Fiedler.

Da stellt sich die Frage – und die Frau Ministerin hat dazu einige Anfragen bekom­men –: Wie ist es möglich, dass sich ein Gehalt durch eine Ausgliederung dermaßen explosiv erhöht, nämlich von 90 000 € zusammengerechnet auf 230 000 €? Dazu kom­men noch Spesen von 30 000 € bis 60 000 €. Das ist bei weitem mehr, als die Frau Ministerin an Spesen hat.

Auch was die Uschebtis betrifft, die im Sechserpack angeblich günstig gekauft wur­den – wir kennen das ja vom Billa: Wenn noch zwei Flaschen dazu sind, dann ist es äußerst günstig –, sind noch Fragen offen. Es gibt Schätzungen, dass Uschebtis, auch wenn es sich um Duplikate handelt, durchaus einen Marktwert haben, der von 500 € pro Stück bis zu 500 000 € hinaufgeht. Um 430 € sind diese, an das Viererpack dran­gehängt, äußerst günstig.

Es passierte leider öfters, dass Seipel mit Seipel Geschäfte gemacht hat, nämlich: Seipel kauft es an und verkauft es an Seipel. Seipel nimmt das Leasing-Auto von ihm, verkauft es dem Museum und gibt es vom Museum wieder an sich zurück.

All das sind Dinge, Frau Bundesministerin, angesichts derer ich Sie heute hier frage: Hat man denn bei dieser Ausgliederung nicht eine Minute länger darüber nachdenken können, was das Sinnvollste ist, wenn man solch ein Riesenreich um eine Person kreiert? – Ein fürstliches Reich, würde Bundesrat Spiegelfeld-Schneeburg wahrschein­lich sagen. – In diesem Reich muss es auch eine Kontrolle geben! Warum hat man da nicht zum Beispiel zwei gleichwertige Geschäftsführer bestellt? (Zwischenruf des Bun­desrates Bieringer.)

Kontrolle, lieber Kollege Bieringer, ist immer wichtig, und Kontrolle soll – genauso wie die demokratische Mitbestimmung – auch nicht eingeschränkt werden. Und die Frage ist, ob uns nicht solche Entwicklungen zu denken geben sollten. Der Rechnungshof sagt nämlich, dass die Erweiterung dieses Reiches wirtschaftlich nicht nachvollziehbar ist.

Ich komme noch zu einem weiteren Punkt, nämlich dem wichtigsten oder teuersten Kunstgegenstand Österreichs, zur Saliera von Benvenuto Cellini, zu dem ganzen Salz­fässchen-Drama. Auch da kritisiert der Rechnungshof die Sicherheitsvorkehrungen. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) Auch die polizeilichen Ermittlungsakten, Kollege Kühnel aus dem 1. Bezirk – von dort ist auch das Museum nicht weit –, spre­chen von „mangelhaften Sicherheitsvorkehrungen“. (Neuerlicher Zwischenruf des Bun-


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 150

desrates Dr. Kühnel.) Herr Kühnel, ich weiß nicht, ob Sie das alles wissen, aber ich erzähle es Ihnen nachher auch gerne noch einmal.

Rechnungshofpräsident Fiedler meint, in Sicherheit wurde zu wenig investiert. – Es wurde in Versicherungen investiert, aber nicht in Sicherheit!

Ich bin neugierig, ob die Frau Bundesministerin – sozusagen außer Konkurrenz der Fragen – hier folgende Frage klären kann: Ist jetzt dieses teuerste Stück der Republik unter einem Fensterglassturz oder unter einem Sicherheitsglassturz gestanden? Da widersprechen sich nämlich die beiden Untersuchungsberichte. Der Direktor meint, dass es ein Sicherheitsglas war, aber die Polizei sagt, dass es bestenfalls ein Fenster­glas war.

50 Millionen € ist die Saliera vermutlich wert. Es bedurfte einer halben Minute, um sie zu entfernen.

Dazu kommt noch das, Frau Bundesministerin, worüber dann halb Österreich gelacht hat – Stichwort: Cosa-Nostra-Bosse –: Die Fahrt nach Italien, wo der Museumszam­pano einen Frühpensionisten traf, um dieses wertvolle Stück zurückzukaufen; „Ge­heimoperation“ hat der „Kurier“ das genannt. (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.) Ich frage mich, ob das in die Spesenabrechnung gegangen ist. Man hätte da den ord­nungsgemäß agierenden Sicherheitskräften mehr vertrauen sollen.

Meine Damen und Herren! All die Gründe, die ich hier jetzt genannt habe, wurden bis­her nur medial erörtert. Die Opposition im Nationalrat war der Meinung, dass das ge­nug Gründe sind, um die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Nationalrat zu rechtfertigen, um Missstände aufzuklären, Beschönigungen aufzuklären, die politi­sche Verantwortung in der Museumspolitik aufzuklären, die Vernachlässigung der Auf­sichtspflicht aufzuklären und über die Sinnhaftigkeit eines solchen Riesenreiches nachzudenken. Diese Sinnhaftigkeit bezweifelt nämlich, wie ich schon erwähnt habe, der Rechnungshof massiv.

Ein Untersuchungsausschuss würde auch die Chance bieten, die Sonderhonorarge­staltung zu klären. Wir haben auch da wiederum die Situation: Seipel gibt an Seipel. Direktor Seipel war nämlich auch Geschäftsführer der Museumskollektion; Mehrheits­eigentümer ist das Kunsthistorische Museum. Das Kunsthistorische Museum als Mehr­heitseigentümer erteilt dem Geschäftsführer die Entlastung, aber das ist immer wieder dieselbe Person. Auch da wäre eine saubere Trennung von Anfang an besser gewe­sen. Das ist wie beim Auto und bei den Uschebtis.

Frau Bundesministerin! Ich habe immer wieder gelesen – und dagegen verwahre ich mich –, dass Sie sagen, das sei eine unqualifizierte kulturpolitische Attacke, die hier geritten wird. – Das hat mit Kulturpolitik gar nichts zu tun, sondern ... (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Nein, es hat damit gar nichts zu tun, Herr Kollege Kühnel. Niemand, Herr Kollege Küh­nel – und das sage ich auch an die Adresse der Frau Bundesministerin – stellt die Sinnhaftigkeit, die Notwendigkeit des Kunsthistorischen Museums und aller anderen Einrichtungen in Frage. Niemand stellt die Sammeltätigkeit, die Schautätigkeit, die Ausstellungstätigkeit, die wissenschaftliche Forschungstätigkeit in Frage. Es hat auch niemand die Qualifikation des Direktors Seipel in Frage gestellt. Es standen lediglich die Fragen zur Diskussion: Sind da Fehler passiert? Können wir diese Fehler erhellen? Hat dieses Riesenreich einen Sinn? Wo ist die Kontrolle in dieser Riesenmacht­konglomeration? – Da sollte man es sich nicht so einfach machen, zu sagen, dass das alles nur eine unseriöse kulturpolitische Attacke ist.

Ich zitiere jetzt aus einer Zeitung, die ganz weit von Wien entfernt erscheint, nämlich aus der „Kleinen Zeitung“, und da heißt es über Seipel:


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 151

„Bürokratische Bußpfade und falsche Bescheidenheit sind ihm fremd.“

Jetzt wörtlich Frido Hütter: „In der Tat wäre der Direktor aber bereits vor einem Jahr rücktrittsreif gewesen.“

Eine „Bastion“ nannte Seipel damals das Kunsthistorische Museum. Heute ist es ein Durchhaus!

Das sind Fragen, Frau Bundesministerin, die man in einem Untersuchungsausschuss hätte intensiver erörtern können. Das wäre für alle Betroffenen fairer. So bestand nach wochenlangem Schweigen Ihrerseits nur die Möglichkeit, nachdem die Rohberichte bereits das Licht der Öffentlichkeit erblickt haben (Zwischenruf des Bundesrates Bie­ringer) und Sie nicht bereit waren, den Medien Einsicht zu gewähren, Sie zu ersuchen, diese unsere Dringliche Anfrage zu beantworten. Es soll auch der Kollege Bieringer von diesem Drama etwas mitbekommen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.47

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich Frau Bundesministerin Gehrer zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.

 


17.47

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Zuerst einige grundsätzliche Feststellungen: Das 1891 ge­gründete Kunsthistorische Museum gehört zu den fünf bedeutendsten Museen der Welt. Neben dem Louvre, der Eremitage, der National Gallery und dem Metropolitan ist dieses Kunsthistorische Museum mit 7 000 Gemälden das Flaggschiff des österreichi­schen Museumswesens.

Wir haben mit diesem Kunsthistorischen Museum eine bedeutende Einrichtung für Ös­terreichs Kultur, für Österreichs Geschichte und für den Kulturtourismus aus aller Welt. Das Österreichische Kunsthistorische Museum ist 1999 in die Vollrechtsfähigkeit über­führt worden. Herr Generaldirektor Seipel ist seit 1990 Direktor, also seit 14 Jahren.

Herr Generaldirektor Seipel war maßgeblich daran beteiligt, dass dieses neue Muse­umsgesetz in Österreich geschaffen wurde – ein Museumsgesetz, nach dem die Mu­seen ein garantiertes Budget erhalten, nach dem sie aber eigenständige Handlungsfä­higkeit haben. Dieses Museumsgesetz ist europaweit einzigartig, so ein Gesetz gibt es in keinem anderen europäischen Land.

Dieses Museumgesetz sieht vor, dass das Museum als wissenschaftliche Einrichtung von einem Wissenschafter, der auch ein Manager sein muss, geführt werden kann. Es können zwei Führungskräfte sein, aber es kann auch nur eine Führungskraft sein; das kommt immer auf die Persönlichkeit an.

Herr Generaldirektor Seipel hat als Erster die Überführung in die Vollrechtsfähigkeit ge­macht. Wir haben dann in den anderen Museen verschiedene Schwierigkeiten gehabt, und zwar Schwierigkeiten budgetärer Natur, Schwierigkeiten vom Aufwand her. So wurde zum Beispiel in Bezug auf das Theatermuseum diskutiert, für die Leute, die dort beschäftigt sind, eine eigene Buchhaltung zu machen, dort alles selbst aufzuziehen.

Eine wissenschaftliche Anstalt, die eigenständig ist, bedingt ja, dass ein eigenes Buch­haltungswesen aufgebaut wird, dass eine eigene Personalverrechnung aufgebaut wird, dass alles selbstständig gemacht wird. Wir haben deswegen das, was in der Wirtschaft durchaus üblich ist, gemacht: Um Synergieeffekte zu gewinnen, haben wir das Thea­termuseum und das Völkerkundemuseum wirtschaftlich miteinander verbunden, aber künstlerisch eigenständig belassen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 152

Der Gewinn daraus ist deutlich sichtbar: Es können auch im Theatermuseum Ausstel­lungen gemacht werden, und zwar bedeutende Ausstellungen, weil wir im Bereich der Verwaltung Synergieeffekte erzielt haben, indem durch die gute bestehende Verwal­tung des Kunsthistorischen Museums, die Personalverwaltung, die Budgetverwaltung, das ganze Abrechnungswesen mit übernommen worden ist.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist schon im Sinne des Steuerzahlers, Spar­potentiale dort zu nutzen, wo es möglich ist. Das machen sogar große Wirtschafts­betriebe: dass sie sich in verschiedenen Bereichen, ob das die EDV ist oder ob das die Buchhaltung ist, zusammenschließen, dass sie versuchen, das gemeinsam zu machen. Das macht sogar die Bundesregierung, indem eine gemeinsame Bibliothek gemacht wird. Ich glaube, es ist vernünftig und dem Steuerzahler gegenüber eine Ver­pflichtung, dass wir diese Sparpotentiale nutzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Wir haben im Theatermuseum ein eigenen wissenschaftlichen Direktor bestellt, Herrn Direktor Dr. Thomas Trabitsch, der die wissenschaftliche Arbeit, das Ausstellungswe­sen, sehr gut führt.

Wir haben im Völkerkundemuseum einen eigenen Direktor bestellt, Herrn Dr. Christian Feest. Er war zehn Jahre Ordinarius und hatte den Lehrstuhl für Völkerkunde in Frank­furt inne.

Das sind die wissenschaftlichen Leiter, die die inhaltlichen, wissenschaftlichen Arbeiten durchführen.

Das Völkerkundemuseum ist eines der drei bedeutendsten Völkerkundemuseen Euro­pas, und es wird gerade um 20 Millionen € renoviert und wird dann feierlich wieder eröffnet werden.

Ich meine also: Was von Herrn Generaldirektor Seipel geschaffen wurde, was von ihm auch verantwortet wird, das sind ernorm wichtige Bereiche des österreichischen Muse­umswesens, und wir sind froh, dass wir da einen guten Manager haben.

Bevor ich die Fragen jetzt im Einzelnen beantworte, möchte ich auf einige Bemerkun­gen von Ihnen eingehen.

Die zentrale Figur in der Museumspolitik ist die Sektionschefin Dr. Brigitte Böck von der Sektion IV. Sie ist verantwortlich für Zukunftsplanungen, sie ist verantwortlich für die Museumspolitik, sie ist verantwortlich für all diese Bereiche.

Ich weise es zurück, dass Seipel ein „schillernder“ Museumsdirektor ist, ich sage: Seipel ist ein guter Wissenschafter und ein guter Manager. Ich meine, dass wir derzeit in einem Zeitalter der Aufregungen leben, wo man eigentlich nicht mehr die Leistungen der Menschen sieht, sondern wo man in der Verhältnismäßigkeit bei Kritikpunkten, die in der Öffentlichkeit geäußert werden, die aber in keinem Verhältnis zu den Leistungen stehen, die ein Mensch erbringt, die größtmöglichste Aufregung erzeugt, um der betref­fenden Person größtmöglichsten Schaden zuzufügen, nämlich in ihrem Image und in ihrem Standing.

Nun komme ich zur Beantwortung der einzelnen Frage, die Sie an mich gerichtet haben. – Soll ich die Fragen vorlesen? – Nein.

Zur Frage Nummer 1:

Zwei Jahre hat der Rechnungshof geprüft. Der Rohbericht wird nie dem Nationalrat oder dem Bundesrat zugewiesen. Ein Rohbericht ist ein Rohbericht, er ist roh, und des­wegen hat derjenige, der geprüft worden ist, die Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen, und der Rechnungshof als echter Darsteller von wirklichen Missständen hat natürlich


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 153

auch die Aufklärungen und die Darstellungen, die vom Geprüften gegeben werden, in seinen Endbericht einzuarbeiten. Die Stellungnahme des Kunsthistorischen Museums muss bis 29. Juli abgegeben werden, und das wird auch zeitgerecht gemacht werden.

Zur Frage Nummer 2:

Die Verbindlichkeiten für den Ankauf der Sphinx sind in den jeweiligen Jahresabschlüs­sen als Ratenzahlungen enthalten. Sie werden vom Museumskuratorium geprüft, von einem eigenen Wirtschaftsprüfer geprüft, und vom Museumskuratorium wird dann der Rechnungsabschluss auch genehmigt.

Ich möchte nur ein Wort dazu bemerken: Man kann sicher als echten Kritikpunkt sehen, dass Herr Generaldirektor Seipel diesen Ankauf der Sphinx unterschrieben hat, bevor er vollrechtsfähig war. Das sagt der Herr Generaldirektor auch selber. Nur: Wenn er es nicht gemacht hätte, dann wäre die Sphinx nicht mehr anzukaufen gewesen. Ich möchte Sie bitten, doch die Leistung zu sehen, dass aus dem eigenen Budget – ich betone: aus dem eigenen Budget! – dieser Kunstgegenstand angekauft wurde. Das ist ein wichtiger Teil und eine wichtige Vervollständigung unserer Ausstellung. – Da ist ein kleiner Kritikpunkt gegeben, aber ich glaube, man sollte auf Grund dieses kleinen Kri­tikpunktes auf keinen Fall das Kind mit dem Bade ausgießen.

Zu den so genannten Uschebtis, den Originalen oder Dubletten, hat der Herr General­direktor Seipel in der Öffentlichkeit bereits Stellung genommen. Er wird das dem Rech­nungshof auch erklären. Er hat festgestellt, es waren sechs zu kaufen, zwei waren beschädigt und Dubletten. Man hat das Konvolut nur im Ganzen kaufen können, und er hat die zwei beschädigten Dubletten, die für das Museum uninteressant sind, über­nommen.

Gut, der Rechnungshof mag das nun bewerten! Da hat es keine Inventarnummer ge­geben.

Ich bitte wirklich, damit aufzuhören, zu sagen, das Museum habe etwas an den Direk­tor Seipel verkauft oder der Direktor Seipel habe etwas vom Museum gekauft. Das ist erworben worden, und es war von vornherein klar, dass zwei für das Museum un­brauchbar sind, weil sie nicht wertvoll sind, weil es keine Ausstellungsgegenstände sind. Da ist auch keine Inventarnummer geändert worden, überhaupt nichts. – Herr Generaldirektor Seipel hat das bereits in der „Presse“ erklärt. Ich kann nur das wieder­holen, was in der „Presse“ steht.

Zur Frage Nummer 6:

Da müssen Sie den Rechnungshof fragen. Ich war bei der Rechnungshofprüfung nicht dabei. Es ist mir aber nicht bekannt, dass es ein Gesetz gibt, das vorschreibt, dass man alle elektronischen Daten dem Rechnungshof übermitteln muss. Ich weiß es nicht! Das müssen Sie den Rechnungshof fragen.

Zur Frage Nummer 7:

Es gibt diesen Erlass aus dem Jahre 1971. Damals war das Museum eine nachgeord­nete Dienststelle des Bundes. Seit 1999 ist das Museum keine nachgeordnete Dienst­stelle des Bundes, daher gilt dieser Erlass auch nicht mehr.

Ich bin froh und stolz, dass auf aller Welt Leihgaben aus unserem Kunsthistorischen Museum angefordert werden. Im Jahr sind es über tausend Leihgaben. Ich bin auch deswegen froh, weil wir durch diese gute, weltweite Zusammenarbeit auch Leihgaben für wichtige Ausstellungen bekommen.

Wenn man sich anschaut, welch wichtige Ausstellungen derzeit laufen, dann muss man froh sein, dass man so eine gute Partnerschaft mit den anderen Museen hat.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 154

Nun zur Frage nach dem Gehalt des Herrn Generaldirektor Seipel.

Ich habe diese Frage schon mehrmals in parlamentarischen Anfragen beantwortet. Das alles könnte man dort nachlesen, aber ich trage es gerne noch einmal vor.

Die Bezüge des Herrn Generaldirektor Seipel als Beamter von 1998 bis 2002 betragen 93 732 € brutto, sie sind dann gestiegen auf 96 818 €. Im Jahre 1999 bekommt er einen Zuschlag, nachdem er die Geschäftsführung übernommen hat und als er dann selbst die Haftung hat – er ist nicht mehr ein Angestellter oder ein Beamter in einer nachgeordneten Dienststelle, wo es eine Amtshaftung gibt, sondern er hat selbständig zu wirtschaften und hat aus seinen Entscheidungen heraus auch das Risiko zu tra­gen –, und dieser Zuschlag macht jährlich 58 698 € aus. Das hat er nach der Ausglie­derung, mit Übernahme der Geschäftsführung des Kunsthistorischen Museums.

Bei der Übernahme des Völkerkundemuseums und des Theatermuseums wurde diese jährliche Entschädigung auf 101 000 € erhöht. Hätte man für das Völkerkundemuseum und das Theatermuseum einen eigenen Geschäftsführer bestellt, so würden sich deren Bezüge auf je rund 123 000 € jährlich belaufen. Die Kosten wären damit mehr als dop­pelt so hoch wie der Zuschlag, den Generaldirektor Seipel bezieht.

Es gibt außerdem eine Leistungsprämie von 30 523 € jährlich.

Das ist es, was am Gehaltszettel des Herrn Generaldirektors Seipel steht; selbstver­ständlich alles brutto, mit den entsprechenden Abzügen.

Zur Frage Nummer 9:

Seit der Überführung in die Vollrechtsfähigkeit wurden keine Reisekosten mehr vorge­legt. Es gibt somit auch keine Tages- oder Nächtigungsgelder, die beansprucht wer­den. All diese Kosten müssen selbstverständlich im Rahmen des eigenen Budgets übernommen werden, und die detaillierte Aufstellung seit 1999 wurde dem Rech­nungshof vorgelegt. Ich habe diesen Rechnungshofbericht noch nicht, es wird nach der Stellungnahme durch den Herrn Generaldirektor eine Endausfertigung übermittelt wer­den.

Zur Frage Nummer 10:

Der Herr Generaldirektor hat nichts verkauft. Das war ein Leasingfahrzeug. Das kann höchstens die Leasingfirma verkaufen. Ich glaube, jemand, der ein Leasingfahrzeug verkauft, macht sich strafrechtlich schuldig, weil es ja nicht ihm gehört. Das heißt, es wurde ein billiges Fahrzeug erworben. Andere Generaldirektoren haben andere Fahr­zeuge.

Zur Frage Nummer 11: Es gibt bei einem privaten Unternehmen, bei einer wissen­schaftlichen Anstalt keine Amtsverschwiegenheit, weil sie kein Amt ist. Der Geschäfts­führer hat selbst zu entscheiden, was er kommuniziert und was nicht.

Zur Frage Nummer 12: Nein. (Beifall bei der ÖVP.)

18.00

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit eines jeden Bundesrates, einer jeden Bundesrätin mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Kerschbaum. Ich erteile dieses.

 


18.01

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich habe jetzt ziemlich schnell Ihre Antworten mitstenogra-


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 155

phiert. Für mich führen diese Antworten leider großteils wieder zu einigen neuen Fra­gen. Sie haben es jetzt so dargestellt, dass Herr Seipel der große und gute Manager ist, dass es sich mehr oder weniger um ein Privatunternehmen handelt und dass es in jedem Privatunternehmen so läuft, wie es auch hier gelaufen ist. – So ist das bei mir jedenfalls angekommen. Seipel sei ein guter Manager, und prinzipiell habe das alles mit Politik nichts mehr zu tun. (Vizepräsident Weiss übernimmt wieder den Vorsitz.)

Auf die Frage „Wo in den Bilanzen scheinen die Verbindlichkeiten in kolportierter Höhe von 4 Millionen US-Dollar aus dem Ankauf einer Sphinx im Jahre 1998 auf?“ haben Sie geantwortet – wenn ich das richtig verstanden habe, denn Sie haben sehr schnell gesprochen –, die Ratenzahlungen seien in den Jahresabschlüssen enthalten und diese würden geprüft. Üblicherweise – ich war bei einigen Privatunternehmen tätig und komme selbst aus einer Bäckerei – werden bei einem Unternehmen die Bilanzen nicht fünf Jahre danach geprüft, sondern doch laufend. (Bundesrat Ager: Das ist nicht zu vergleichen!) Das ist nicht vergleichbar, aber eine jährliche Prüfung ist doch wohl trotz­dem üblich. Sie haben gesagt, sie werden geprüft. Also ich weiß nicht, sind sie schon geprüft worden, oder werden sie erst geprüft? (Bundesministerin Gehrer: Die werden jedes Jahr geprüft! – Das ist nicht zukunfts..., sondern ...!) Okay, das ist in der Vergan­genheit gewesen, sie sind also geprüft worden. (Bundesministerin Gehrer: Sie werden jedes Jahr geprüft!) Also die 1998er-Bilanzen sind geprüft worden? (Bundesministerin Gehrer: Die werden nicht geprüft werden, sondern die sind geprüft worden!)

Bezüglich der Grabbeigaben haben Sie gesagt, dass Seipel in der Öffentlichkeit bereits Stellung genommen habe und das reichen müsse. Ich denke da wieder an einen Pri­vatunternehmer. Wenn ich sechs Grabbeigaben, oder was auch immer im Sechser-Pack, kaufe, bekomme ich eine Rechnung für die Firma, auf der diese sechs Dinge angeführt sind. Wenn ich zwei als Privatentnahme wieder herausnehme, dann muss ich üblicherweise eine Rechnung dafür stellen, die auch nachvollziehbar ist. Ich kann nicht so tun, als hätte ich nie über die Firma etwas gemacht. Wenn ich also sechs Stück von der Firma aus kaufe und mir zwei Stück davon behalte, dann gibt es in der Privatwirtschaft üblicherweise einen Eingang und einen Ausgang, und man kann nicht behaupten, die Firma hätte damit nichts zu tun. (Beifall bei den Grünen und bei Bun­desräten der SPÖ.)

Selbiges gilt für die elektronische Buchhaltung. Ich habe selbst die Buchhaltung ge­macht und weiß, dass man dem Finanzamt üblicherweise auch Zugang zur elektroni­schen Buchhaltung gestatten muss, wenn sie vorhanden ist. Sie dagegen haben ge­meint, das sei unüblich und Sie wüssten nicht, wo es ein solches Gesetz gebe. (Bun­desministerin Gehrer: So etwas habe ich nicht gesagt!) Üblicherweise muss man als Privatfirma diese Daten schon auch dem Finanzamt zur Verfügung stellen. Es ist nicht so ganz abwegig, nach diesen Daten zu fragen.

Zu den Leistungen und Zahlungen, die Herr Seipel erbracht und erhalten hat: Es sind natürlich einzelne Posten, und im Einzelnen betrachtet haben Sie durch ihn vielleicht fünf andere Direktoren eingespart. Ich denke mir nur, wenn die entsprechenden Leis­tungen wirklich so günstig erbracht worden wären, dann müsste Herr Seipel mindes­tens einen 60-Stunden-Tag haben, um dieses Einkommen auch zu rechtfertigen. Ich weiß nicht, wie er das macht, aber ich denke mir, dass es nicht gerechtfertigt ist, auch wenn es sich aus drei oder vier Geschäftsführungstätigkeiten zusammensetzt. Letzt­endlich hat ein Mensch üblicherweise nur 24 Stunden am Tag zur Verfügung, und des­halb ist die Entlohnung mit 230 000 € pro Jahr doch ganz schön erklecklich.

Was den Privat-PKW beziehungsweise den Leasing-PKW betrifft, haben Sie uns zwar jetzt gesagt, dass es ein Leasing-Fahrzeug gewesen sei und das Museum es so güns­tig übernommen hätte. Sie haben aber die Frage im Prinzip nicht beantwortet, um wel­ches Fahrzeug es sich handelt, und das hätte mich schon interessiert. Haben Sie es


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 156

wirklich günstig gekauft? War es ein altes Auto oder war es ein neues Auto? Haben Sie viel oder wenig dafür bezahlt? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wenn mir das die Frau Minister sagt, werde ich das auch wieder mitschreiben und notieren, denn ich kann ja gut stenographieren. (Bundesrat Bieringer: Sicher ein altes Auto!)

Die letzte Antwort kam ziemlich knapp und schnell: Sie haben bisher keine disziplinar­rechtlichen Untersuchungen eingeleitet.

Ich möchte zum Abschluss noch gerne wissen, ob Sie sich schon überlegt haben, wie Sie solche Vorgänge in Zukunft verhindern können, wenn sich die Dinge, die in den Zeitungen und in den Medien herumgeistern, als wahr herausstellen und großteils nicht entkräftet werden können. Dass es jemanden gibt, der seinen eigenen Rechnungsab­schluss unterschreibt, wenn sich jemand selbst prüft, ist das in jedem Fall unpassend. Mich würde interessieren, ob Sie sich schon etwas überlegt haben, wie Sie das in Zukunft ändern. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

18.06

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Himmer. Ich erteile ihm das Wort.

 


18.07

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Dankenswerterweise ist vom Kollegen Schennach in seiner Einleitung ausgeführt worden, dass es eine Reihe von Dingen gibt, die außer Streit stehen, nämlich dass dieses Museum von Professor Wilfried Seipel hervorragend geführt worden ist. Er hat neue Wege eingeschlagen. Er hat das übrigens bereits in Oberösterreich getan. Es ist bereits erwähnt worden, dass er sozu­sagen der Vater der Teilrechtsfähigkeit ist. Er hat auch mit einer Reihe von Ausstellun­gen – das ist auch schon erwähnt worden –, wie Breughel, El Greco, Das Gold der Pharaonen, sehr wesentlich dazu beigetragen, dass wieder viele Menschen in das Museum gegangen sind. Wir alle, die wir diese Museen in Wien kennen, wissen ja auch, wie sich der Trend davor über viele Jahre hinweg entwickelt hat. Da ist wirklich ein ganz wesentlicher Impuls gesetzt worden für diese Stadt, in der manche von uns leben und andere immer wieder zu Gast sind. Die Kultur in dieser Stadt, die Kultur in diesem Land ist ja auch ein ganz wichtiger wirtschaftlicher Faktor, und daher kann ich schon sehr gut verstehen, wenn die Frau Bundesminister darauf hinweist, dass man die Person schon auch in diesem Gesamtzusammenhang sehen und bewerten sollte.

Unbestreitbar ist ja auch, dass insbesondere Kollege Schennach intellektuell absolut in der Lage dazu ist, das nachzuvollziehen. Daher verstehe ich eigentlich überhaupt nicht, was denn an dem Ganzen der mördergroße Hammer sein soll, den Kollege Schennach hier aufgedeckt zu haben glaubt. (Bundesrat Schennach: Ich habe über­haupt nichts aufgedeckt!)

Es ist ja an sich so, und dazu bekennen wir uns ja alle, dass wir einen Rechnungshof haben. Heute bekennen sich auch alle dazu, dass wir einen guten scheidenden Präsi­denten haben. Das war ja auch nicht immer so. (Bundesrat Bieringer: Vor zwölf Jah­ren war das noch anders!) In zwölf Jahren werden sich auch wieder alle auf den Boden werfen und beteuern, wie großartig der Moser gewesen ist, und der Nächste wird wie­der der Böse sein. Daran hege ich überhaupt keinen Zweifel. Auch Böhmdorfer war heute nach Aussage der Opposition schon gut; als er noch da war, war er es nie. Das haben wir also alles schon erlebt.

Wir kennen ja alle die Spielregeln: Wir haben einen Rechnungshof, der prüft. – Es ist ja nicht so, dass Kollege Schennach das geprüft hat und da draufgekommen ist, sondern es gibt einen Rechnungshof, der prüft. – Und dann gibt es einen Rohbericht, der, wie


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 157

die Frau Ministerin gesagt hat, zunächst einmal roh ist. Ganz wesentlich ist allerdings, dass derjenige, der untersucht wird, die Möglichkeit zur Stellungnahme hat.

Ich verstehe nicht, warum die Kollegen von den Grünen nicht einfach den Prozess abwarten, in dem etwas analysiert wird, wo euch doch alles interessiert: wie alt das Auto ist, wie viele Kilometer es hat und was weiß ich was alles. Wenn ihr wirklich alles, was insgesamt in dieser Republik passiert, bis in diese Tiefe nachfragen würdet, dann wäre der Tag ob solch weit reichender strategischer Fragen ausgefüllt. Warum, frage ich mich, erspart ihr euch das nicht und warum wartet ihr nicht einfach den Bericht ab? – Dann würdet ihr zum Beispiel auch wissen, wie viele Räder das Auto hat, und dann könntet ihr auch sonstige Details entsprechend nachlesen.

Ich habe den Eindruck, man möchte hier etwas aufdecken, was ja ohnehin der ganz natürlichen Kontrolle unterliegt und – soweit von Seiten der Geschäftsführung Fehler begangen worden sind – dann auch aufgedeckt wird. Es ist ja nicht so, dass es bei diesem System keine Kontrolle gäbe.

Ich kann in diesem Zusammenhang auch die lustvolle Aufzählung durch Kollegen Schennach nicht ganz nachvollziehen, was Professor Seipel alles zu verantworten hat. Ich habe nicht den Eindruck, dass zum Beispiel Kollege Schennach selbst nicht auch bereit ist, mehrere Dinge gleichzeitig zu verantworten oder mehrere Funktionen wahr­zunehmen. Er war für vieles schon im Gespräch und ist es noch immer. Also ich kann nicht ganz nachvollziehen, was daran so verwerflich sein soll, wenn ein Kunstmanager eine breite Verantwortung wahrnimmt.

Dann, Frau Kollegin, das Auto-Thema, das finde ich – um es in der Sprache der Jünge­ren zu sagen – wirklich „echt scharf“. (Bundesrat Konecny: Sie formulieren aber sehr zurückhaltend heute!) Es kommen da immer solche Vergleiche aus der Privatwirt­schaft. – Ich glaube nicht, dass das Unternehmen, wo ich arbeite, ein schlechtes Un­ternehmen ist, wir haben ganz gute Jahre hinter uns. – Ich muss sagen, es ist nichts Abnormales, dass man ein Auto, das ein Mitarbeiter im Privat-Leasing hat, in das Fir­men-Leasing übernimmt. Das hat überhaupt keine negative Auswirkung. Im Gegenteil: Es ist in der Regel günstiger, weil der Leasing-Vertrag bereits im Laufen ist. Ansonsten wird eben ersatzweise ein neues Auto angeschafft.

Die Grundfrage, die sich dabei stellt, ist ja nur: Ordnet man als Unternehmen diesem Mitarbeiter das Recht zu, ein Firmenauto zu haben? Dann kann man eine pragma­tische Lösung finden und übereinkommen, ob er gleich das nimmt, das er hat, oder ob ein neues angeschafft und ihm zur Verfügung gestellt wird. – Ich weiß nicht genau, wie es in diesem Fall gewesen ist, aber der Verdacht liegt hier sehr nahe, dass eben die­ses Auto, das er schon im Leasing gehabt hat, übernommen worden ist.

Wir haben heute hier im Zusammenhang mit dem Forschungsbericht darüber disku­tiert, was dieses Land wirklich bewegt. Da seid auch ihr von eurer Fraktion ans Red­nerpult gegangen und habt gesagt, wie wichtig Forschung und Bildung für die Zukunft sind. Und dann nehmt ihr euch für eine Dringliche Anfrage ein Thema her, wo ihr euch in Details hinunterbegebt, wo ich mich frage, ob euch eigentlich nicht leid um die Zeit ist.

Vielleicht sollte man auch noch einen Untersuchungsausschuss einsetzen, um noch einmal auf parlamentarischer Ebene genau zu „checken“, wie viele Räder das Auto hat und ob man das in der Privatwirtschaft auch wirklich so machen kann. (Bundesrätin Kerschbaum: Danach habe ich auch nicht gefragt!) Ich muss schon sagen, da gibt es spannendere Themen!

Kollege Schennach sagt ja immer, er sei ein Tiroler, aber ich möchte ihn daran erin­nern, dass er ein Wiener Bundesrat ist. Und da gibt es etliche spannende Themen, wo


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 158

viel, viel mehr Geld ausgegeben wird, wo es aber keine dem Rechnungshof ähnliche Kontrolle gibt. Wien ist nämlich das einzige Land, das keinen Landes-Rechnungshof hat! Alle, die im Kontrollamt arbeiten, sind nämlich Beamte des Herrn Bürgermeisters! Das ist ein Wiener Spezifikum, das sind Sachen, die man einmal aufdecken sollte!

Oder denken wir daran, was zum Beispiel mit den AVZ-Anteilen passiert ist, Herr Kol­lege: Da geht es wirklich um „Kohle“! Da geht es um mehr als um drei oder vier Räder! – Das sind Dinge, die wir, wenn es um harte Kontrolle geht, auch aufgreifen sollten. Es wundert mich einfach, dass ihr hier nicht griffigere Dinge in Angriff nehmt, die eigentlich wirklich von Bedeutung sind.

Daher meine ich zusammenfassend: Kontrolle ist wichtig. Es gibt eben die Kontrolle durch den Rechnungshof, diese ist gut und richtig und soll auch ausgeübt werden. Besonders wichtig ist auch parlamentarische Kontrolle, aber ich hielte es für nicht schlecht, wenn eine Dringliche Anfrage erstens einmal dringlich, zweitens wichtig wäre und drittens wirklich mit der Zukunft dieses Landes zu tun hätte, damit es sich nicht immer nur um Lippenbekenntnisse handelt, wenn gesagt wird, dass wir uns da um die wirklich wichtigen Dinge kümmern wollen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.16

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Schennach zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm unter Hinweis auf die ihm be­kannten Bestimmungen der Geschäftsordnung das Wort.

 


18.17

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Lieber Herr Kollege Himmer! Ich muss Ihre Ausführungen insofern tatsächlich berichtigen, als Sie gesagt haben: Der Schenn­ach hat geglaubt, er hat hier etwas aufgedeckt.

Ich habe in meiner Rede sogar wörtlich gesagt, dass ich hier überhaupt nichts auf­decke, sondern dass ich lediglich die Zahlen des Rechnungshofes aus zwei verschie­denen Rohberichten und jene der Polizeidirektion wiedergebe. Ich habe hier keine eigenen Recherchen geltend gemacht.

Weiters haben Sie gesagt, wir hätten nach dem Kilometerstand, dem Baujahr und der Anzahl der Räder gefragt. – Das haben wir nicht! Wir haben lediglich hinsichtlich Seipel-zu-Seipel-Geschäften in mindestens drei Bereichen nachgefragt und nicht das, was Sie hier genannt haben.

Ich bitte, diese Berichtigung zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.18

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Professor Konec­ny. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Bun­desrates Konecny: Das dauert wieder lange!)

 


18.18

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Nein, ich darf nur 20 Minuten, keine Sorge.

Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich kann gerne noch eine Dringliche Anfrage einbringen, da darf ich dann länger sprechen, wenn Ihnen das jetzt zu kurz ist.

Kontrolle ist offenbar etwas, was in der ÖVP-Fraktion nicht auf viel Freude stößt. (Bun­desrat Bieringer: Na geh!) Es hat eine Dringliche Anfrage der Grünen gegeben, auf die im Wesentlichen keine Antworten gegeben wurden. Kollege Himmer hat seine


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 159

20 Minuten dazu verwendet, den Grünen vorzuwerfen, dass sie die falsche Dringliche Anfrage, nämlich keine zukunftsorientierte Dringliche Anfrage, stellen. – Das Wort „Kontrolle“ ist ganz offensichtlich ein ziemliches Fremdwort und fast ein „Pfui-gack-Wort“. (Rufe bei der ÖVP: In Wien!)

Sehen Sie, und genau damit sind wir auch beim Thema: Wir haben es hier mit einer Struktur zu tun – nein, nicht in Wien, ich spreche vom Kunsthistorischen Museum; das Kontrollamt der Stadt Wien lässt sich in Wien nirgends hinauskomplimentieren, wo es kontrollieren will; ich glaube auch nicht, dass es sich den Zugang zu den elektroni­schen Buchhaltungen verwehren lässt –, hier wurde eine Konstruktion gewählt, die einen zweifellos exzellenten Fachmann in eine Position bringt, die ein Wirtschaftsun­ternehmen dieser Größe – und Sie privatisieren ja so gerne – mit Sicherheit keinem Geschäftsführer zumuten würde.

Die elterliche Bäckerei, die mag ja nun einer führen – das ist bei kleinen Gewerbebe­trieben so –, aber ein Konzern dieser Bedeutung – ich würde einmal sagen, mit diesem Grundkapital und diesen Reserven – wird üblicherweise von einem Vorstand geführt oder zumindest nach dem wohlbewährten Vier-Augen-Prinzip.

Man muss eine solche Position nicht missbrauchen, aber es ist mit Sicherheit falsch, selbst die Möglichkeit dieser umfassenden Selbstbestimmung – ob sie jetzt in Geschäf­ten mit sich selbst, in einem, sagen wir, exzessiven Gebrauch von Machtmöglichkeiten besteht oder ob das jemand nicht tut, das ist dann eine persönliche Entscheidung –, die zu einem sehr viel größeren Missbrauch einlädt, als er hier diskutiert wurde, institu­tionell zu schaffen.

Wenn wir schon von der Zukunft reden, Herr Kollege Himmer, dann muss ich sagen, ich würde mir an der Stelle der Frau Bundesminister sehr ernsthaft überlegen, ob es vorstellbar ist, bei einem Haus dieser Größe, dieser Menge des Personals, dieser gro­ßen Zahl von Standorten und dem Wert der Gegenstände tatsächlich ein monokrati­sches System weiter bestehen zu lassen, wie es in der öffentlichen, also beamtenmä­ßigen Zeit davor der Fall war.

Die Möglichkeit zur Bestellung zweier Verantwortlicher ist in den gesetzlichen Bestim­mungen gegeben, und ich denke, dass man, so wie wir es aus guten Gründen von der Wirtschaft, die Kollege Himmer kennt, lernen, in diesem Fall mindestens ein Vier-Augen-Prinzip einhalten sollte. – Das ist die eine Lehre, die wir, und zwar sehr wohl für die Zukunft, aus dieser Affäre ziehen sollten.

Das Zweite ist – und das kam bisher nicht zur Sprache, und das geht auch sehr viel mehr in Ihre Richtung, Frau Bundesminister, obwohl Sie vermutlich mit Recht darauf hingewiesen haben, dass wesentliche Passagen dieses Gesetzes über die Vollrechts­fähigkeit von Herrn Hofrat Seipel initiiert oder auch textiert wurden –: Der Rechnungs­hof hat – und auch das ist eine zukunftsorientierte Frage – in seinem Rohbericht ganz klar kritisiert, dass weder für den – sozusagen – Auftraggeber Bund und Geldgeber Bund noch für die neue Einrichtung in dieser gesetzlichen Bestimmung hinlänglich klargestellt wird, was sie voneinander zu erwarten haben, was das Ziel dieser Opera­tion ist, wie die Entwicklung verlaufen soll.

Ich erinnere mich sehr gut, auch wenn wir damals noch in einer gemeinsamen Regie­rung verbunden waren, dieses Element hat damals schon zu heftigen Diskussionen geführt. Die notwendige Klarheit der Grundlage für diese Ausgliederung im Rahmen der Vollrechtsfähigkeit war nicht gegeben, und auch das rächt sich.

Kollege Himmer hat es für notwendig gehalten, dieser Anfrage die Zukunftsrelevanz abzusprechen. – Oh nein, ganz im Gegenteil: Wenn die Frau Bundesminister sich viel­leicht dazu entschließen könnte, eben andere Entscheidungsstrukturen zu ermögli-


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 160

chen, und wenn wir vielleicht noch einmal darüber diskutieren, welche Erwartungen wir seitens des Bundes formulieren und welche Aufträge wir damit an die ausgegliederten Museen in Vollrechtsfähigkeit erteilen, dann könnten wir für die Zukunft dieses Berei­ches einen ganz entscheidenden Beitrag leisten. (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen.)

18.24

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Pro­fessor Dr. Böhm das Wort.

 


18.24

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Bundesminister! Sehr geschätzte Damen und Herren des Hohen Hau­ses! Ich kann mich in der Sache sehr kurz fassen, denn die Frau Bundesminister hat in ihren grundsätzlichen Ausführungen, die sie einleitend formuliert hat, das Nötige ge­sagt, insbesondere zur Qualifikation, zur Professionalität des Generaldirektors – es wurde auch von Oppositionsseite nicht in Frage gestellt, dass es sich um einen exzel­lenten Fachmann handelt –, und sie hat die gestellten Fragen höchst konkret und prä­zise beantwortet.

Ich möchte mich daher darauf beschränken, da mir der Bericht nicht vorliegt und das für mich daher nur Behauptungen sind, grundsätzlich zur vorliegenden Dringlichen Anfrage der Partei der Grünen dasselbe kritisch anzumerken, was auch auf eine ganz bestimmte Dringliche Anfrage der Sozialdemokratischen Partei – eine ihrer vielen An­fragen – zum Eurofighter-Beschaffungsvorgang zugetroffen hat. (Bundesrat Konecny: Ihnen hat der Herr Hofrat den Bericht also auch nicht gegeben?)

Zunächst einmal – darauf ist zu Recht schon hingewiesen worden – ist jeder Rohbe­richt des Rechnungshofes absolut vertraulich zu behandeln. Es ist daher evident gesetzeswidrig und rechtswidrig, ihn in eigener Verantwortung an die Öffentlichkeit zu bringen. (Bundesrat Konecny: Genau das hat aber Seipel gemacht! Wir sind ja ein Rechtsstaat!) Allerdings haben Sie auf der einen Seite kritisiert, dass er das selektiv getan habe, das war Ihre Kritik. (Bundesrat Konecny: Sollen wir einen Entschlie­ßungsantrag einbringen? Er gibt es ja zu!) Ich muss davon ausgehen, dass Sie eine umfassendere Kenntnis dieses Rohberichtes haben, sonst müsste ich Ihnen unterstel­len, dass Sie die Tatsachen, die Sie zum Gegenstand Ihrer Frage gemacht haben, aus der Luft gegriffen haben. Zum anderen haben Sie ja gehört, dass der Herr Generaldi­rektor in dieser Eigenschaft seit der Ausgliederung nicht der Amtsverschwiegenheit unterliegt – wir allerdings schon.

Weiters ist in diesem Zusammenhang in Erinnerung zu rufen – Sie wissen das alle –, dass es im Wesen eines Rohberichtes liegt, dass er keine abschließenden Feststel­lungen trifft. Vielmehr steht es der geprüften, mit allfälligen kritischen Hinweisen be­fassten Einrichtung und ihrer Leitung frei, dazu aus ihrer Sicht Stellung zu nehmen und gegebenenfalls unrichtige Vorwürfe richtig zu stellen.

Allein das entspricht den rechtsstaatlichen Grundsätzen eines fairen Verfahrens und dem fundamentalen Anspruch auf rechtliches Gehör. Wenn Sie daher solche Stellung­nahmen und Äußerungen zum Rohbericht nicht abwarten, sondern vielmehr Vorverur­teilungen, zum Teil sogar gravierende Unterstellungen von Rechtswidrigkeiten jenseits der Grenzen des Amtsmissbrauchs aussprechen, dann entspricht das nicht unseren Vorstellungen von einer rechtsstaatlichen Verfahrensweise.

Das wird bei aller von mir betonten Anerkennung der parlamentarischen Kontrollrechte insbesondere und gerade auch der Opposition nicht dem verfassungsrechtlichen Rah-


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
711. Sitzung / Seite 161

men des Parlamentarismus gerecht. – Ich danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.28

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Einlauf

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten bezie­hungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt fünf Anfragen, 2207/J bis 2211/J, einge­bracht wurden.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin ist Donnerstag, der 22. Juli 2004, 9 Uhr in Aussicht ge­nommen.

Für die Tagesordnung kommen jene Vorlagen in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zu­stimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, 20. Juli 2004, ab 14 Uhr vorgesehen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 18.29 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien