Stenographisches Protokoll

 

 

 

 

 

740. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

Mittwoch, 20. Dezember 2006

 

 


Stenographisches Protokoll

740. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Mittwoch, 20. Dezember 2006

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 20. Dezember 2006: 12.01 – 14.47 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversor­gungsgesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Pensionsge­setz 1965 und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden (3. Sozialrechts-Än­derungsgesetz 2006 – 3. SRÄG 2006)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Pensionsgesetz (3. Novelle zum APG), das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundes­bahn-Pensionsgesetz und das Bezügegesetz geändert werden

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert werden

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz geändert wird

5. Punkt: Wahl von Vertretern Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates

*****

Inhalt

Bundesrat

Schlussansprache des Präsidenten Gottfried Kneifel ............................................... 5

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der gegenständlichen schriftlichen Ausschussberichte gemäß § 44 (3) GO-BR .................................................................................................... 9

Wortmeldung des Bundesrates Mag. Harald Himmer zur Geschäftsbehandlung                        28

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 5

Ordnungsruf ................................................................................................................... 28


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 2

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ............................................................................ 8

Wahlen in Institutionen

5. Punkt: Wahl von Vertretern Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates     ............................................................................................................................... 47

Ergebnis: Mitglied: Mag. Harald Himmer; Ersatzmitglieder: Hans Ager, Ewald Lindinger und Peter Mitterer

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................... 8

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerb­liche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresver­sorgungsgesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Pen­sionsgesetz 1965 und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden (3. So­zialrechts-Änderungsgesetz 2006 – 3. SRÄG 2006) (12 d.B. und 19 d.B. sowie 7649/BR d.B. und 7651/BR d.B.) ................ 9

Berichterstatterin: Adelheid Ebner ............................................................................... 10

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Pensionsgesetz (3. Novelle zum APG), das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Bezügegesetz geändert werden (28/A und 16 d.B. so­wie 7652/BR d.B.) ........................................................................... 9

Berichterstatterin: Adelheid Ebner ............................................................................... 10

Redner/Rednerinnen:

Mag. Susanne Neuwirth ......................................................................................... ..... 10

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 12

Eva Konrad .............................................................................................................. ..... 13

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ..... 14

Mag. Gertraud Knoll ............................................................................................... ..... 16

Franz Wolfinger ....................................................................................................... ..... 18

Edgar Mayer (tatsächliche Berichtigung) ..................................................................... 19

Staatssekretär Sigisbert Dolinschek .................................................................... ..... 20

Manfred Gruber ...................................................................................................... ..... 22

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 1, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 23

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 2, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 23

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 3

Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert werden (62/A und 20 d.B. sowie 7653/BR d.B.) .......................................................................................... 23

Berichterstatterin: Adelheid Ebner ............................................................................... 23

Redner/Rednerinnen:

Waltraut Hladny ............................................................................................................ 24

Franz Perhab ..........................................................................................................  24, 33

Stefan Schennach .................................................................................................  26, 34

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 28

Staatssekretär Sigisbert Dolinschek .................................................................... ..... 30

Harald Reisenberger .............................................................................................. ..... 32

Eva Konrad ................................................................................................................... 34

Mag. Harald Himmer .................................................................................................... 35

Albrecht Konecny ........................................................................................................ 35

Ludwig Bieringer .......................................................................................................... 37

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 37

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz geändert wird (18/A und 14 d.B. sowie 7650/BR d.B.) ...... 37

Berichterstatter: Erwin Preiner ..................................................................................... 38

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum .........................................................................................  38, 44

Reinhard Todt ......................................................................................................... ..... 42

Martina Diesner-Wais ............................................................................................. ..... 42

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ........................................................................ 45

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 47

Eingebracht wurden

Anfrage der Bundesräte

Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Rechnungshofbericht zum Österreichischen Ar­chäologischen Institut (2466/J-BR/06)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend schlampiges Agieren von Behörden vernichtet die materielle Existenz einer österreichischen Familie (2259/AB-BR/06 zu 2457/J-BR/06)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend etwaige Verwicklung österrei­chischer Unternehmen in den illegalen Rohstoffabbau und -handel in der Demokrati­schen Republik Kongo (2260/AB-BR/06 zu 2454/J-BR/06)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend schlampiges Agieren von Behörden vernichtet die materielle Existenz einer österreichischen Familie (2261/AB-BR/06 zu 2458/J-BR/06)


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 4

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Wolfgang Sodl, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „Vollziehung und Kontrollen nach dem Pyrotechnik­gesetz 2005“ (2262/AB-BR/06 zu 2459/J-BR/06)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Hand­habung der von der Schweiz nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zu leistenden Vergütung (2263/AB-BR/06 zu 2456/J-BR/06)

 


12.01.39


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 5

Beginn der Sitzung: 12.01 Uhr

 


Präsident Gottfried Kneifel: Ich eröffne die 740. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 739. Sitzung des Bundesrates vom 13. Dezember 2006 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Roswitha Bachner, Ing. Reinhold Einwallner, Dr. Erich Gumplmaier, Günther Kaltenbacher, Ewald Lindin­ger, Günther Molzbichler, Werner Stadler, Helmut Wiesenegg, Sonja Zwazl und Dr. Andreas Schnider.

Bevor ich in die Tagesordnung eingehe, gratuliere ich Mitgliedern des Hauses zum Ge­burtstag. Am 19. Dezember feierte unser Kollege Bundesrat Franz Wolfinger – alles Gute! (Allgemeiner Beifall.) Am 24.12. feiert unser Christkind Christine Fröhlich – alles Gute! (Allgemeiner Beifall.) Und am 25. Dezember: Sepp Saller – alles Gute zu deinem Geburtstag! (Allgemeiner Beifall.)

12.03.10Schlussansprache des Präsidenten

 


12.03

Präsident Gottfried Kneifel: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es entspricht einer guten Tradition in diesem Hause, dass ein Präsident nicht nur eine Antrittsrede in seiner ersten Sitzung hält, sondern auch am Ende der Präsidentschaft eine kleine Bilanz der Arbeit der vergangenen Monate zieht, vor allem darüber, inwieweit die Ansprüche, die ein Präsident in der Antrittsrede erho­ben hat, auch eingelöst wurden und wie weit das eine oder andere erledigt oder viel­leicht offen geblieben ist.

Der erste Tag der oberösterreichischen Präsidentschaft war von der Eröffnung eines fast zehn Kilometer langen Bundesstraßenstückes von St. Valentin über die Landes­grenze nach Enns bis zum Autobahnknotenpunkt Asten gekennzeichnet. Ich sage das deshalb, weil das symbolisch eine Verbindung von einem Bundesland in das andere war. Bei dieser Gelegenheit wurde auch der Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz von Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll an Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer über­geben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Besonders erfreulich war die Hissung der oberösterreichischen Landesfahne auf dem Parlamentsdach – eine neue Maßnahme, die in Zukunft für alle folgenden Präsidentschaften gelten wird. Das ist auch eine kon­krete Erledigung unserer Forderung, die wir beim ganztägigen Workshop aller Bundes­räte in Baden bei Wien unter der verdienstvollen Leitung meiner Vorgängerin Sissy Roth-Halvax aufgestellt haben. Ich möchte dir, liebe Sissy, auch für diese Initiative herzlich danken! Ich habe mich bemüht, daran weiterzuarbeiten und deine Initiative fortzusetzen.

Bei dieser Tagung in Baden wurde von den Bundesräten aller Fraktionen einhellig ge­fordert, auch die Öffentlichkeitsarbeit über Funktion, Wirkung und Rolle des Bundesra­tes in der österreichischen Verfassung noch deutlicher darzustellen. Deshalb habe ich gemeinsam mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz das Projekt „Informationsfalter“ umgesetzt. Diese handliche Publikation, die Ihnen heute auch in englischer Ausferti­gung vorliegt, informiert generell, landesspezifisch und auch auf den einzelnen Bun­desrat bezogen in einem eigenen System. Dieser Behelf soll im Kontakt mit Besucher­gruppen im Parlament, bei der Sprechtagstätigkeit, im Staatsbürgerkundeunterricht, bei der Aktion „Schüler und Parlament“ et cetera eingesetzt werden.


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 6

Die Präsidentschaft bietet auch die Möglichkeit, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft des jeweiligen Bundeslandes im Parlament zu präsentieren. Davon habe ich im vergange­nen Halbjahr reichlich Gebrauch gemacht, und manchmal haben mich Mitarbeiterinnen des Bundesratsdienstes gefragt, ob es außer Oberösterreicherinnen und Oberösterrei­chern auch noch andere Menschen in diesem Hause gibt. Ich habe sie beruhigen kön­nen: Es gibt solche, und sehr viele wertvolle!

Es ging damals um das bekannte Oberösterreich-Fest am Beginn meiner Präsident­schaft, um die Veranstaltung „Typisch oberösterreichisch“ am 9. November mit Profes­sor Zauner und Roland Girtler, um die Ausstellung „PreisWert“, bei der wir versucht haben, die oberösterreichischen Kulturpreisträger der letzten Jahre im Palais Epstein zu präsentieren, sowie zuletzt um das Konzert des Linzer Brucknerchores im Reichs­ratssitzungssaal. Ich bedanke mich bei allen Kolleginnen und Kollegen, die daran teilgenommen haben, die bei diesen Veranstaltungen mitgemacht haben und damit ihre Solidarität auch mit dem vorsitzführenden Bundesland bewiesen haben.

Es geht aber nicht nur um Symbole wie die Fahne oder um Veranstaltungen, es geht auch darum, dass wir diese Symbole mit Leben erfüllen. Dazu haben diese Veranstal­tungen beigetragen.

Ein weiterer Schwerpunkt meiner Präsidentschaft war das Thema Nachbarschaftspfle­ge. Dabei habe ich mich bemüht, möglichst viele Kontakte mit Abgeordneten und Re­präsentanten unserer Nachbarländer zu pflegen. Mehrere Auslandsreisen führten mich dabei nach Prag – zur Versammlung der Präsidenten der Senate Europas –, Laibach, Bonn, Berlin, Brüssel und auch Sofia.

In der Europäischen Union wird das Netzwerk der Abgeordneten immer wichtiger wer­den, und es genügt nicht, dass das Thema Europa auf Regierungsebene schwebt – so wie eine Schutzmantelmadonna über den Menschen –, sondern wir müssen dieses Thema, glaube ich, auf die Abgeordnetenebene und damit auf die Ebene der Bevölke­rung herunterholen.

Bei einem Arbeitsgespräch im Parlament vor ungefähr einem Jahr – so hat das ange­fangen – hat der Europasprecher der SPÖ, Abgeordneter Caspar Einem, scherzhaft gemeint, es müsse sich „um einen Betriebsunfall handeln“, wenn der Vorsitzende des EU-Ausschusses des Bundesrates jetzt auch Präsident des Bundesrates werde. Er hat das so gemeint, als sei es ein fundamentaler Widerspruch, dass ein Vertreter einer Region auch Vorsitzender des EU-Ausschusses und zugleich auch Präsident des Bun­desrates sein kann.

Ich habe diese Anregung ernst genommen und versucht, diesen vermeintlichen Wider­spruch aufzulösen. Wir haben damals einhellig vereinbart, dass ich als zukünftiger Prä­sident des Hauses eine parlamentarische Europakonferenz zu dem Thema „Die Zu­kunft Europas miteinander gestalten“ einberufen werde. Ziel war es, erstmals alle Akteure der Europapolitik in Österreich zu einer gemeinsamen Konferenz einzuladen und über das Programm der Kommission zu informieren, über die aktuellen Themen und über den Handlungsbedarf sowie die Rolle der einzelnen Akteure. Dabei sollten die Arbeitsschwerpunkte genau besprochen werden.

Zugegeben: Es war ein Anfang und ein erstes Experiment, eben mit dem Ziel, die Europapolitik von der Regierungsebene auf die parlamentarische Ebene zu bringen. Zugleich ging es mir darum, den Bundesrat als Drehscheibe der Europapolitik zwi­schen den Bundesländern einerseits und der europäischen Ebene andererseits zu pro­filieren.

Bei der Subsidiaritätskonferenz während der österreichischen Ratspräsidentschaft im April dieses Jahres in St. Pölten wurde von allen EU-Mitgliedstaaten einhellig gefordert,


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 7

dass unabhängig vom europäischen Verfassungsvertrag alle EU-Rechtsetzungsakte der Kommission bereits als Entwurf den nationalen Parlamenten zum Zweck der Prü­fung der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit übermittelt werden müssen.

In dieser Präsidentschaft ist dieser Fall auch eingetreten! Seit 1. September werden alle Rechtsetzungsakte, Weißbücher et cetera von der Europäischen Kommission an das Haus übermittelt, und es liegt an uns, das auch operativ zu bearbeiten, zu bewer­ten, darüber zu entscheiden und entsprechende Antworten darauf zu geben. Deshalb haben wir auch in der jüngsten Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrates – wie in der COSAC vereinbart – die Postdienstleistungsrichtlinie bereits einen Tag nach dem EU-Ministerrat in Verhandlung genommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Europa wird uns in Zukunft noch mehr als bisher befassen müssen. Die Subsidiaritätsprüfung wird die Arbeit für uns Ab­geordnete noch fordernder, zeitaufwendiger, intensiver, aber im Dienst für unsere Wählerinnen und Wähler sicher auch befriedigender machen. Denn wenn wir selbst die Materien kennen, können wir kompetent Auskunft geben.

Bei meinen zahlreichen Auslandskontakten war die Zukunft des europäischen Projek­tes stets ein zentrales Thema. Dabei herrschte die übereinstimmende Meinung vor, dass der europäische Zug – wenn ich das so nennen darf – keinesfalls automatisch auf Erfolgskurs fährt. Vielmehr ist es notwendig, das gemeinsame europäische Projekt täg­lich neu zu legitimieren, zu begründen und unseren Wählerinnen und Wählern als Zu­kunftsprojekt und Friedensmodell für unseren Kontinent – dieses Modell, zu dem es keine ernst zu nehmende Alternative gibt – entsprechend zu erklären.

Wer denn sonst, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, als wir Abgeordnete, die wir si­cherlich mehr Einsicht in die oft komplexen Zusammenhänge der europäischen Institu­tionen und der europäischen Gesetzgebung haben, soll informieren, Orientierung und Antworten geben?! – Das wird eine wichtige und spannende Aufgabe werden, auch in den nächsten Monaten.

Es gilt, dabei immer wieder das europäische Projekt auch mit konkretem Nutzwert, mit Symbolen und mit einem möglichst messbaren Ergebnis für die BürgerInnen zu verbin­den. Daher habe ich versucht – Sie wissen, dass ich der Donau sehr nahe stehe, auch von meinem Heimatort her und als engagierter Funktionär in einem Hafenunterneh­men –, anhand des Themas Donau, die den Kontinent verbindet, diese Materie ent­sprechend aufzuarbeiten. Ich habe dies mit dem Thema „Ernennung des Donau-Limes zum Weltkulturerbe“ versucht.

Am 22. November 2006 habe ich im Schloss Ennsegg in meiner Heimatstadt Enns Kul­turträger und Gemeindepolitiker an der bayerischen und österreichischen Donau sowie Wissenschafter und Beamte aus dem Bildungsministerium zu einer Limes-Konferenz eingeladen. Früher war der Limes die Militärgrenze des Römischen Reiches von Eng­land über das Schwarze Meer bis Marokko in Afrika. Mit der Ernennung zum Weltkul­turerbe soll ein „Weltfriedensdenkmal“ den Kontinent verbinden, über die Grenzen hin­aus bis Asien und auch Afrika.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Ende meiner Präsidentschaft bedanke ich mich vor allem bei meinem Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer, der mich auch zu den Landeshauptleutekonferenzen eingeladen hat und meine Arbeit mit Begeiste­rung unterstützt hat.

Ich bedanke mich bei allen Kolleginnen und Kollegen im Hause für Hinweise, gute Vor­schläge und Anregungen, wie der Bundesrat noch bessere Wirkung in der Öffentlich­keit erzielen kann.


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 8

An der Spitze gilt mein Dank der neuen Bundesratsdirektorin Dr. Susanne Bachmann, die mich hervorragend begleitet hat, ebenso wie ihr Vorgänger Dr. Walter Labuda; der Wechsel fiel ja ebenfalls in diese Präsidentschaft. Ein herzliches Dankeschön dir und deinem Team, das wesentlich zum Gelingen dieser Präsidentschaft beigetragen hat! (Allgemeiner Beifall.)

Es war auch eine Präsidentschaft der Übergänge und Wechsel: von einer Präsidentin Sissy Roth-Halvax zu einem Präsidenten, von einem Bundesratsdirektor Labuda zur Bundesratsdirektorin Dr. Susanne Bachmann, von einem Nationalratspräsidenten And­reas Khol – mit dem man ja im Hause immer auch zusammenarbeiten muss – zu einer Nationalratspräsidentin Mag. Barbara Prammer. Ich glaube, auch das ist exzellent ge­lungen (demonstrativer Beifall bei der SPÖ), und ich habe mich bemüht, hier eine gute Zusammenarbeit mit dem Nationalratspräsidium zu pflegen.

Ich wünsche meinem Nachfolger, Herrn Bundesrat Manfred Gruber, für die Zeit seiner Präsidentschaft ab Jänner kommenden Jahres alles Gute. Lieber Manfred, viel Kraft und Energie zum Vorteil unserer Bundesländer, unseres Bundesrates und der Repub­lik!

Ihnen allen, eingeschlossen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses, wünsche ich ruhige Weihnachtstage, viel Glück und vor allem Gesundheit im neuen Jahr. – Ein herzliches Dankeschön! (Allgemeiner Beifall.)

12.17

12.17.23Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Gottfried Kneifel: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und ver­teilten Anfragebeantwortungen sowie jenes Verhandlungsgegenstandes, der gemäß Art. 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesra­tes unterliegt, verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Liste der Anfragebeantwortungen (siehe Seite 3.)

*****

Beschluss des Nationalrates, der gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungs­recht des Bundesrates unterliegt:

Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert wird (7. BFG-Novelle 2006) (80/A und 15/NR der Beilagen)

*****

 


Präsident Gottfried Kneifel: Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zu­gewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates, die jeweils Gegenstand der heu­tigen Tagesordnung sind.

Ebenso bildet die Wahl von Vertretern Österreichs in die Parlamentarische Versamm­lung des Europarates einen Gegenstand der heutigen Tagesordnung.


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 9

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschuss­berichte erstattet.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsident Gottfried Kneifel: Es ist mir der Vorschlag zugekommen, von der 24-stün­digen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussberichte Abstand zu nehmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die mit dem Vorschlag der Abstand­nahme von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussberichte einverstanden sind, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Vor­schlag ist mit der nach § 44 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates erforder­lichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

*****

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Gottfried Kneifel: Auf Grund eines mir zugekommenen Vorschlages beab­sichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 1 und 2 unter einem zu ver­handeln.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.

12.19.261. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2006 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Kriegs­opferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversor­gungsgesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Pensi­onsgesetz 1965 und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden (3. Sozi­alrechts-Änderungsgesetz 2006 – 3. SRÄG 2006) (12 d.B. und 19 d.B. sowie 7649/BR d.B. und 7651/BR d.B.)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2006 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Allgemeine Pensionsgesetz (3. Novelle zum APG), das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pen­sionsgesetz und das Bezügegesetz geändert werden (28/A und 16 d.B. sowie 7652/BR d.B.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelan­gen zu den Punkten 1 und 2, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

 


Berichterstatterin zu den Punkten 1 und 2 ist Frau Bundesrätin Ebner. Ich bitte um die Berichte.

12.20.04


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 10

Berichterstatterin Adelheid Ebner: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumenten­schutz über den Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Kriegsopfer­versorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Pensionsgesetz 1965 und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher beschränke ich mich auf die Antragstellung.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Dezember 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den An­trag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erhe­ben.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Pensionsgesetz, das Pen­sionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsge­setz und das Bezügegesetz geändert werden.

Der Bericht liegt ebenfalls in schriftlicher Form vor, ich beschränke mich wiederum auf die Antragstellung:

Der Ausschuss für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Dezember 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den An­trag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erhe­ben.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Mag. Neuwirth. Ich erteile es ihr.

 


12.22.04

Bundesrätin Mag. Susanne Neuwirth (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich ganz kurz zum Tagesordnungspunkt 2 ein paar Worte sagen, bevor ich zum eigentlichen Inhalt meiner Rede, nämlich dem Tagesordnungspunkt 1, komme.

Im Tagesordnungspunkt 2 geht es heute um ein Gesetz, in dem die Parallelrechnun­gen der Pensionsversicherung aus Gründen der leichteren Administration auch dann entfallen sollen, wenn der Anteil der APG-Versicherungsmonate beziehungsweise der Altersversicherungsmonate an den Gesamtversicherungsmonaten weniger als 36 Mo­nate beträgt. Die SPÖ erteilt diesem Gesetz natürlich heute ihre Zustimmung. Weitere Ausführungen sind dazu nicht notwendig.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir beschließen heute – wie ich annehme, einstimmig – ein Gesetz, das die Ausgleichszulagenrichtsätze mit 1. Jänner 2007 er­höht. Die Erhöhung für Ehepaare entspricht dabei einer Steigerung von 3,33 Prozent, alle anderen Richtsätze sollen um 5,22 Prozent erhöht werden.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es war wohl schon höchst an der Zeit, den rund 230 000 Betroffenen in Österreich zu helfen. Und glauben Sie mir: Für diese Menschen sind 36 € mehr im Monat eine wirkliche Hilfe, eine echte Erhöhung ihres Haushaltseinkommens, eine Verbesserung ihrer Lebensqualität und somit auch eine wichtige Verbesserung ihrer sozialen Umstände!


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 11

Es geht ja vor allen Dingen um Frauen, die diese Mindestpension beziehen. Zwei Drit­tel der Bezugsberechtigten sind Frauen, die auf Grund ihrer Lebensverhältnisse mit einer Pension an oder unter der Armutsgrenze auskommen müssen. Viele von ihnen waren kleine Arbeiterinnen, Bäuerinnen oder kleine Selbstständige.

Es ist ja eine bekannte Tatsache – ich weiß, ich erzähle Ihnen da nichts Neues, aber es tut gut, es hier und da einmal zu erwähnen –, dass bei den Höchstpensionen natür­lich die Männer voran sind: Doppelt so viele Männer wie Frauen beziehen in Österreich die Höchstpension. Umgekehrt sind es bei den Mindestpensionen doppelt so viele Frauen wie Männer, die diese Pension beziehen – und das, sehr geehrte Damen und Herren, obwohl Frauen mit 55 Prozent wesentlich dazu beitragen, dass das Brutto­inlandsprodukt so aussieht, wie es eben aussieht, und Österreich damit zu einem der reichsten Länder auf der Welt machen.

Die Frauen – auch das ist bekannt – tragen immer noch die Hauptlast der Familien­arbeit. Wenn sie dann älter werden, stellt sich die Frage, wie diese Frauen im Alter wirklich abgesichert sind.

In den letzten Jahren sind die Preise doppelt so hoch gestiegen wie die Pensionen, und gerade diese Menschen waren in besonderem Maß von den Auswirkungen betrof­fen, denn einen Werteausgleich der Pensionen hat es in den letzten Jahren ja nicht gegeben, und das hat vor allen Dingen für diese Menschen, die Bezieherinnen und Bezieher der Mindestpension, eine besondere soziale Härte dargestellt.

Daher ist der heute zu setzende Schritt ein erster – ein erster! – wichtiger Meilenstein auf dem Weg, den wir in Österreich in den nächsten Jahren beschreiten müssen, näm­lich Menschen aus der Armutsfalle zu helfen.

Denn, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es geht dabei – wie auch bei anderen Themen, die heute nicht Gegenstand der Debatte sind, nämlich den Themen Grund­sicherung oder Generalkollektivvertrag – um soziale Gerechtigkeit, es geht darum, dass die Reichen in diesem Land nicht immer reicher und die Armen nicht immer ärmer werden. Es geht darum, dass der Wohlstand gerecht verteilt wird – Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP! – und dass jenen Menschen geholfen wird, die unsere Hilfe am nötigsten brauchen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich nehme an, dass Sie mir da wohl zustimmen werden.

Heute machen wir mit der Erhöhung der Ausgleichszulage einen wichtigen Schritt in diese Richtung, und die anderen Schritte werden folgen, denn die politische Lage hat sich verändert – glücklicherweise! Diese Veränderung muss auch zu einem Umdenk­prozess bei denjenigen führen (Zwischenruf der Bundesrätin Roth-Halvax), die in Zu­kunft an der Gestaltung der Politik in diesem Land maßgeblich beteiligt sein wollen. Der soziale Aspekt muss wieder eine höhere Rolle spielen – und das wird er auch! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es gibt noch andere Personengruppen, die auch unter der Armutsgrenze liegen, und das, obwohl sie arbeiten gehen oder – um nur zwei Beispiele zu nennen – obwohl sie noch gar keine Chance hatten, überhaupt in den Arbeitsmarkt integriert zu werden. Auch um diese Menschen werden wir uns kümmern und ihnen faire Chancen in die­sem Land eröffnen. Wer bei dieser Politik dabei sein will, der ist immer herzlich dazu eingeladen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Jemand aber, der bereits in Pension ist, ist völlig davon abhängig, dass der Staat dafür aufkommt, dass es faire Pensionen gibt. Mit der heutigen Erhöhung der Ausgleichszu­lage schaffen wir es endlich, dass kein Pensionist und keine Pensionistin in Österreich mehr eine Pension haben wird, die unter der Armutsgrenze liegt. Das ist ein wesentli­cher sozialpolitischer Meilenstein und ein Akt der Solidarität.


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 12

Deshalb ist es gut, dass wir diesen Beschluss heute gemeinsam fassen können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.27


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mayer. Ich erteile es ihm.

 


12.28.01

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Staatsekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Neuwirth, ich kann Ihrer Argumentation fol­gen, ich kann sie sogar unterstreichen: Wir machen einen sozialpolitischen Quanten­sprung. Das ist mit dieser Anhebung der Mindestpension auf 726 €, 14-mal pro Jahr, was immerhin 230 000 Personen betrifft, sehr wohl angesagt. Davon profitieren natür­lich auch Frauen. – Da kann ich Ihnen also folgen.

Ihre anderen Äußerungen dienen aber nicht gerade dem sozialen Frieden, den wir in vorweihnachtliche Stimmung hätten umsetzen können, und die haben mich doch eini­germaßen gestört; aber ich komme vielleicht noch darauf zu sprechen. Die von Ihnen zitierte Armutsgrenze scheint somit kein politisches Schlagwort mehr zu sein, und die­sen sozialen Frieden, den wir so oft propagieren, möchten wir vielleicht in den nächs­ten Wochen, Monaten und vielleicht auch Jahren gemeinsam zelebrieren.

Ergo dessen befindet sich also die so genannte Mindestpension über der Armutsgren­ze, und das sieht nun plötzlich überhaupt nicht mehr nach sozialer Kälte aus. Rechnen Sie nach: In den letzten sechs Jahren sind die Mindestpensionen um 136 € erhöht worden. Schon bei der letzten Erhöhung auf 690 €, die auch von dieser Bundesregie­rung umgesetzt wurde, gab es eine überproportionale Erhöhung von 4,1 Prozent – bei einer Inflationsrate von 2,5 Prozent. Diese Anpassung von 36 €, die wir heute beschlie­ßen, ist für Alleinstehende sogar eine Erhöhung um 5,22 Prozent!

Natürlich könnten wir noch einen höheren Betrag beschließen. Aber es stellt sich, wie bei allen derartigen Vorhaben, die Frage der Finanzierbarkeit; und die hat die ÖVP in den letzten Jahren sicher nie vergessen.

Haben wir letzte Woche eine Pensionserhöhung im Wert von 400 Millionen € beschlos­sen, sind es heute weitere 76 Millionen € für die Erhöhung der Ausgleichszulagenricht­sätze. Das muss man schon einmal auch in Schilling umrechnen: mehr als 1 Milliarde Schilling zusätzlich – Pappenstiel ist das keiner! Aber das Geld ist richtig eingesetzt, weil eben die Menschen hier besonders bedürftig sind.

Warum ist das möglich, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen? – Weil wir eine ausgezeich­nete Wirtschaft- und Finanzpolitik gemacht haben, um die uns viele europäische Staa­ten beneiden! (Bundesrat Boden: Glaubst du das selber auch?) – Ich wiederhole es für Sie noch einmal: Viele europäische Staaten beneiden uns darum, und damit ist auch entsprechend Geld für eine Sozialpolitik vorhanden – ohne neue Schuldenbelastung! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Gruber: Herr Kollege! ASFINAG, ÖBB ...! – Bundes­rat Mag. Himmer: BAWAG, ÖGB! – Bundesrat Gruber: ASFINAG, ÖBB, auch das sind Schulden! – Weitere Zwischenrufe.)

Herr Kollege Gruber! Es freut mich wirklich, dass Sie sich zu Wort melden, bevor Sie ein halbes Jahr hier auf den Präsidentensessel verbannt sind und keine Zwischenrufe mehr machen können – danke! (Beifall bei der ÖVP.)

Da muss ich Ihnen, wenn Sie diese Sachen zitieren, schon noch einiges über BAWAG und Pensionskürzungen sagen. Bitte, wo sind wir denn da gelandet? – Beim ÖGB, der unsere Pensionsreform in einer derartigen Weise kritisiert hat, werden Pensionen ge­kürzt, lieber Herr Kollege Gruber! Bitte, halten Sie sich das einmal vor Augen! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 13

Wir heben also, wie gesagt, 230 000 Personen aus der Altersarmut. Es ist, zugegeben, dennoch nicht einfach, mit diesem Mindesteinkommen eine Lebenssituation zu meis­tern. Aber es ist – und soll das auch sein – eine kleine Abgeltung für viele Menschen, die wesentlich zum Aufbau dieses Staates nach dem Zweiten Weltkrieg beigetragen haben und immer – ich betone: immer! – mit wenig Geld und geringem Erwerbsein­kommen ihr Leben beispielgebend gemeistert haben. Deshalb zählt gerade bei diesen Einkommensgrößen jeder Euro.

Es sei jedoch in diesem Zusammenhang, gerade im Gedanken an diese Aufbaugene­ration, gestattet, auch darauf hinzuweisen, dass die Absicherung der Lebenssituation und des Lebensstandards mittels eigenen Erwerbseinkommens oberste Priorität vor der Inanspruchnahme sozialer Leistungen von Seiten des Staates haben muss.

Liebe Frau Kollegin Neuwirth! Wir sind also durchaus angehalten, am sozialen Netz zu stricken; da gebe ich Ihnen gerne Recht. Aber wir dürfen uns nicht dem Trugschluss hingeben, jene zu fördern, die arbeiten könnten, aber nicht wollen. Das ist unser An­satz auch in Richtung der derzeit in Diskussion stehenden Grundsicherung. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf uns abschließend doch wunderschöne Weihnachten wünschen, fürs nächste Jahr alles Gute, viel Erfolg, und hoffentlich – das wünschen wir uns alle – bekommen wir eine sparsame Regierung! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundes­räten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

12.33


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Konrad. Ich er­teile es ihr.

 


12.33.27

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schön, wenn sich mein Vorredner vor allem eine sparsame Regierung wünscht. Ich wünsche mir eine, die auf soziale Gerechtigkeit achtet und nicht unbedingt auf Kosten der Ärmsten geht. (Beifall und Bravorufe bei den Grünen und der SPÖ. – Bundesrätin Roth-Halvax: Das schließt das andere nicht aus!)

Die Frage ist natürlich schon, wo man den Schwerpunkt setzt. Wenn es der Schwer­punkt für die Regierung ist, sparsam zu sein – es ist einfach eine Frage der Prioritäten­setzung. Meine Priorität ist eher bei sozialer Gerechtigkeit. Wir werden es ja sehen, ihr könnt das ohnehin ausverhandeln. Ich bin gespannt, was dabei herauskommt, und wir werden das sicher noch öfter diskutieren. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Vorab: Ich bin recht erfreut darüber, dass bei dieser Erhöhung der Ausgleichszulagen­richtsätze auch die Richtsätze für die Witwen- und Waisenpensionen erhöht werden. Es gab von den Grünen im Nationalrat dazu einen Antrag, der damals interessanter­weise abgelehnt wurde; aber es war dann doch noch möglich, diese Regelung umzu­setzen, solange man nur nicht einem grünen Antrag zustimmen musste. Im Endeffekt ist diese Sache gut ausgegangen, und das freut mich.

Diese Erhöhung der Ausgleichszulagenrichtsätze bedeutet, kurz gesagt, eine Anhe­bung der Mindestpensionen auf 726 € pro Monat, 14-mal pro Jahr. Jetzt wurde ständig erwähnt: Das heißt, dass kein Mensch mehr unter die Armutsgefährdungsschwelle fallen wird, wir holen damit Menschen aus der Armut heraus. Es ist natürlich sehr gut, dass das erhöht worden ist, und es wird auch einen Fortschritt mit sich bringen. Aller­dings muss ich jetzt ein Rechenbeispiel bringen, das vielleicht belegen wird, dass die Situation doch nicht so rosig ist.

Es gibt nämlich ein Problem. Die Armutsgefährdungsschwelle, also die Zahl, die jetzt verwendet wird, liegt bei 848 €, 12-mal im Jahr. Diese Zahl ist aus statistischen Grün-


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 14

den rückwirkend auf das Jahr 2004 berechnet. Man hat also die Zahlen von 2004 ver­wendet, um die Armutsgefährdungsschwelle für dieses Jahr zu berechnen.

Da das Leben teurer wird, gibt es Prognosen, die Folgendes besagen: Nach aktuellen Zahlen – also nach dem, was die Menschen jetzt ausgeben müssen – liegt diese Ar­mutsgefährdungsschwelle nicht mehr bei 848 €, sondern bei 885 €. Das ist schon ein schöner Unterschied! Wir haben ja vorhin gehört, dass es hier um Pensionen in einer Höhe geht, in der wirklich jeder Euro zählt, alle 5 € einen Unterschied ausmachen. Da sind dann noch 4,95 Prozent als Abzüge für Krankenversicherungsbeiträge zu zahlen; das heißt also, diesen Bezieherinnen und Beziehern bleiben netto 690 € im Monat.

Das heißt, auf den Punkt gebracht: Wer Ausgleichszulage bezieht, hat im Jahr 2007 im Monat 68,50 € weniger zur Verfügung, als eigentlich die Armutsgefährdungsschwelle betragen würde. Immerhin betrifft das, wenn man auch die Haushaltsangehörigen die­ser Bezieherinnen und Beziehern dazurechnet, 265 000 Menschen in Österreich.

Wir sind sehr dafür, dass diese Zulage erhöht wird. Das ist ein richtiger Schritt. Es ist aber eben nur ein Schritt, und es ist kein Schritt, der die Armut in Österreich tatsächlich beseitigen könnte. Hier wird noch einiges nötig sein. Ich kann nur meinen Ausdruck der Hoffnung vom letzten Mal wiederholen: Ich bin recht gespannt darauf, was wir von der SPÖ hören werden. Wir werden uns das gut anschauen, und wir werden uns auch gut anschauen, was von den Versprechungen, was von den Aussagen in der Praxis übrig bleibt.

Ein Punkt geht aber gar nicht – um das so kurz zu sagen –: Die Einmalzahlung, die wir letztes Mal beschlossen haben, wird für die Bezieherinnen und Bezieher der Aus­gleichszulage nicht gelten. Das spart dem Staat 13,8 Millionen € – aber auf wessen Kosten, muss man sich überlegen! Hier geht es um Menschen, die ganz wenig Geld zur Verfügung haben, hier geht es um die Ärmsten. Hier noch einmal einzusparen, das halte ich nicht für vertretbar.

Das Problem der Einmalzahlung haben wir ja schon letztes Mal diskutiert: Sie wird nicht in die weitere Pensionserhöhung eingerechnet, und das ist schon ein prinzipielles Problem. Aber wenn es schon eine Einmalzahlung gibt, dann sollte es sie für alle ge­ben, auch für diese Bezieherinnen und Bezieher der Ausgleichszulage. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.37


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Kampl. Ich erteile es ihm.

 


12.37.45

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Dass wir diese Erhöhungen machen können, damit sind wir alle sehr, sehr einverstanden und begrüßen es. Herr Staatssekretär, es ist angenehm, als Bürger in Österreich – vor allem als Bürgermeister – mitzuerleben, dass wir in Öster­reich eine Verbesserung der Situation herbeiführen. Auch wenn es nur kleine Schritte sind, aber es geht kontinuierlich voran.

Wir haben festgestellt – und da bin ich bei Frau Kollegin Neuwirth –, dass wir in Öster­reich alle Jahre mehr Millionäre haben. Aber was den untersten Bereich unserer Mit­bürger angeht – vor allem sind das sehr alte oder ältere Mitbürger, die große Ver­dienste haben; wir feiern auch immer die 50- und 60-Jahre-Jubiläen –, liebe Freunde, auf die hat man vergessen! Gerade wir Bürgermeister wissen ganz genau, wo draußen die Probleme sind. Wir versuchen, in unserem Bereich zu helfen, so gut es geht.


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 15

Aber gerade für diejenigen, für die es trotzdem nicht reicht, ist diese Verbesserung sehr positiv. Sie betrifft ja 1,9 Millionen Menschen, die in der gesetzlichen Sozialver­sicherung sind, sie betrifft 210 000 Personen des öffentlichen Dienstes. Für alle diese betroffenen Personen wird es eine Besserstellung geben, in der Höhe von rund 0,3 Prozent einmaliger Abfertigung. Es sind dafür 80 Millionen € vorgesehen und, so­viel ich weiß, auch im Budget für das Jahr 2007 eingebaut.

Die Pensionserhöhungsregelung beträgt bis monatlich 1 920 € brutto 1,6 Prozent; bei Pensionen über 1 920 € macht die Pensionserhöhung einen monatlichen Fixbetrag von 30,72 € aus.

Es ist sehr bedenklich, besonders für mich als einen, der vor allem aus dem bäuer­lichen Bereich kommt, dass da sehr viele bäuerliche Betriebsführer, bäuerliche Men­schen, alte Bauern dabei sind. Wenn ein Landesrat glaubt – nämlich Herr Landesrat Buchinger aus Salzburg –, es soll eine Pensionsbeitragserhöhung von 50 Prozent für die Bauern geben, dann wäre das nur eine Umschichtung. Das, glaube ich, wollen wir ja nicht und das kann es auch nicht sein.

Wir sollten wirklich bei allen Berufsgruppen an den Kern der Sache kommen und sa­gen: Wie schaut es denn wirklich aus? Wo sind die Probleme? – Da muss ich sagen, es gibt sehr große Probleme im kleingewerblichen Bereich; dort haben wir katastro­phale Zustände im Pensionsbereich. Dann haben wir die klein- und mittelbäuerliche Struktur, und natürlich haben wir sehr viele Witwen und alte Mütterlein, die sehr stark benachteiligt sind und bisher waren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es uns gelingt, dass wir in Zukunft ge­meinsam diese Besserstellung erreichen – wenn die große Koalition es will, dann wird es geschehen! Aber ich möchte den Appell an alle Partner der großen Koalition richten, dass sie nicht vom einen ins andere tun, sondern der ganzen Problematik wirklich auf den Grund gehen, weil es da viel zu tun gibt.

Vor allem, was den ländlichen Bereich betrifft – damit bin ich dann schon fertig, es wird ja heuer wahrscheinlich keine Änderung mehr werden –, hört man von der großen Koalitionsverhandlung sehr, sehr wenig. Ich weiß schon, die ÖVP sagt immer, dass vor allem sie für den ländlichen Bereich zuständig ist. Nur: Wo sind wir im ländlichen Be­reich denn alle geblieben, meine sehr geehrten Damen und Herren?

Wo ist zum Beispiel die Kommunalsteuer geblieben? – Wir alle in den umliegenden Gemeinden von zentralen, starken Gemeinden und Städten schauen zu, und zwar mit sehr geteilter Meinung, weil wir das einfach nicht verstehen, dass politisch zuständige, verantwortliche Menschen es nicht wollen: Dort, wo die Kommunalsteuer hinkommt, gehen ja unsere Menschen hin, um zu arbeiten, aber sie haben auch wieder einen angestammten Wohnsitz in ihrer Gemeinde. Dieser Wohnsitz in ihrer Gemeinde wird immer stärker gefährdet, und da muss etwas geschehen.

Die Kommunalsteuer gehört geteilt! Und ich würde wirklich alle Bürgermeister, die hier sind, bitten (Bundesrätin Roth-Halvax: Nein, das ist nicht ...!): Setzen wir uns alle ein­mal zusammen und reden wir darüber! (Bundesrätin Roth-Halvax: Nein!)

Liebe Kollegin! Gerade draußen in Schwechat, mit 32 000 Pendlern ... (Bundesrätin Roth-Halvax: Ich bin nicht aus Schwechat!) – Na ja, aber die Bürgermeisterin einer Nachbargemeinde. In Schwechat sind es 32 000 Pendler, und rundherum sehe ich keine starke Gemeinde mit Ausnahme wie zum Beispiel ihrer Gemeinde, die unmittel­bar an der Grenze zu Schwechat liegt.

Aber wir haben Gemeinden mit einer Abwanderung bis 17 Prozent, liebe Kollegin! Wie lange werden wir da zuschauen? – 17 Prozent Abwanderung! Dafür bringe ich euch Beispiele von Gemeinden in Kärnten. Das ist der Auswuchs einer schlechten bundes-


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 16

einheitlichen Politik bezüglich der Kommunalsteuer. (Bundesrätin Roth-Halvax: Musst schauen, was du abkriegst! Musst du einfach tun ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Liebe Kollegin! Liebe Frau Bürgermeister! Liebe Frau Präsidentin! Vielleicht bist du die Einzige, die als Bürgermeisterin ... Klar, die Städte haben natürlich ihre Patronanzstel­lung, das ist gar keine Frage. Bei Verhandlungen ist der Gemeindebund in der ganzen Situation immer der Benachteiligte gegenüber dem Städtebund. Aber das muss sich ändern, sonst werden unsere Leute in den ländlichen Gemeinden in Massen abwan­dern. – Das möchte ich heute gesagt haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird eine große Koalition geben, aber die große Koalition wird sich bemühen müssen, die Probleme wirklich anzupacken. Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel ist genauso ein System, das ungerecht ist. Und das ganze ländliche Wegenetz: genauso ungerecht, dass die Betroffenen noch dazuzahlen müssen!

Liebe Frau Bürgermeister! Gehen wir der Sache auf den Grund, dann werden wir auch draußen im ländlichen Bereich – zwei Drittel leben nämlich draußen – zufriedene Men­schen haben. – Danke.

Ich wünsche euch allen ein frohes Weihnachtsfest, alles Gute und viel Glück im neuen Jahr! (Beifall des Bundesrates Mitterer.)

12.44


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Knoll. Ich erteile es ihr.

 


12.44.30

Bundesrätin Mag. Gertraud Knoll (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Als vergangenes Jahr die Zweite Republik mit einem runden Geburtstag, dem 60., im Blick war, da wurden zu Recht die Generation in den Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt, die nach dem Zweiten Weltkrieg Österreich aus den Trümmern gehoben hat. Ganz besonders von den „Trüm­merfrauen“ war auch im Ton einer großen Dankbarkeit die Rede.

Meines Erachtens völlig zu Recht haben damals die Pensionistinnenvertreter den Fin­ger in die Wunde gelegt und ein bestehendes Problem eklatanter Doppelmoral aufge­zeigt, und zwar, dass es hier einerseits die großen, jubiläumsträchtigen Dankesworte als Zeichen tiefer Verbundenheit gab – aus dem Bewusstsein, zu wissen, unter wel­chen unvorstellbaren Bedingungen der Wohlstand des zukünftigen Österreichs aufge­baut worden ist –, aber andererseits, so als wäre das völlig ausgeblendet, dass eben viele dieser Betroffenen heute entweder selbst gar keine Pension haben – wie das be­kanntlich bei Frauen gar nicht so selten ist – oder aber mit einer Pension auskommen müssen, die weit unter dem Existenzminimum liegt.

Kollegin Neuwirth hat schon auf dieses sonderbar unanständige Ungleichgewicht hin­gewiesen, dass einerseits Männer mehr als doppelt so oft die Höchstpension haben, während Frauen doppelt so oft die Mindestpension in Anspruch nehmen müssen. Von der einen Million Frauen, die heute über 60 sind, schaffen es gerade einmal 440 000, überhaupt eine eigene Pension zu haben.

Also Ausgleichszulagen-, Ausgleichsrentenbezieherinnen, die immerhin 229 000 Men­schen in Österreich sind, Pensionistinnen unter der Armutsgrenze in einem der reichs­ten Länder der Welt – das ist jetzt bald zu Ende, und es ist höchst notwendig und höchst anständig, dass das endlich passiert, dass dieser sozialen Realität ein neues Gewicht in die positive Richtung gegeben wird. Das ist auch ein wesentlicher Schritt zum Vorankommen in der Armutsbekämpfung, ein ganz notwendiges Projekt, das jetzt


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 17

kommen muss. Denn es sind ja insgesamt eine Million Menschen in Österreich von Armut gefährdet und eine halbe Million akut von Armut betroffen. Aber ein erster Schritt gegen diese Altersarmut wird nun gelingen!

Die Erhöhung der Mindestpension um 36 € auf nunmehr 726 € – das ist prozentuell über 5 Prozent – ist die höchste Erhöhung der Ausgleichszulage seit 1994, seit Einfüh­rung des Pflegegelds. Das bedeutet, dass bei der Mindestpension erstmals – und ich glaube, es ist auch emotionell wichtig, dass hier eine Grenze überschritten wird, wenn man es nämlich in Schilling umrechnet – die 10 000-Schilling-Grenze durchbrochen worden ist!

Ich glaube, das ist kein Geschenk. Da muss man wirklich nicht Weihnachten bedienen, sondern das ist schlicht und einfach für die ältere Generation in unserem Land ein längst fälliger und ein längst verdienter Erfolg. Eine Pflicht und eine Schuldigkeit (Bei­fall bei der SPÖ und den Grünen), wenn man Anerkennung ernst meint und nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten glaubwürdig sein will!

Ich wollte jetzt eigentlich gar keinen Schlenker zur Finanzpolitik machen, aber, Kollege Mayer, es muss einfach sein wegen dieser These, dass man nun gute sozialpolitische Projekte machen kann, weil die Regierung in den letzten Jahren so eine brillante Fi­nanzpolitik hingelegt hat. (Bundesrat Mayer: Eine der besten in Europa!) Ich frage mich: Kann man wirklich so viel vorweihnachtlichen Glitzerflitter in den Augen haben, dass man das einfach so sagen kann? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Kollege Mayer! Es liegt auf dem Tisch, dass das Nulldefizit, auf das man so stolz war, ein einziges Mal geglückt ist und dadurch zustande gekommen ist (Bundesrat Mayer: Der SPÖ nie! – weitere Zwischenrufe), weil man die Währungsreserven der National­bank angezapft hat. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Immerhin 12,5 Milliarden € sind aus den Goldreserven, und fast 6 Milliarden € kamen durch das Verscherbeln von Staatseigentum herein. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn man dann noch Schulden im Infrastrukturbereich auslagert wie bei ÖBB und ASFINAG, dann herzugehen und zu sagen, das ist eine so brillante Finanzpolitik gewe­sen (Bundesrat Mag. Himmer: Aber jetzt tun Sie nicht so, als ob die SPÖ ... gewesen wäre!) – damit wäre ich auch in der Vorweihnachtszeit ein bisschen bescheidener! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Bundesrat Mag. Himmer: Haben Sie sich das einmal angeschaut?)

Wir meinen jedenfalls, dass solche Entscheidungen eine Frage des politischen Willens sind, dass in Zukunft kein Pensionist, keine Pensionistin bei uns mehr unter der Ar­mutsgrenze leben wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht darüber hinaus aber auch noch um ein grundsätzliches Solidaritätsverständnis. Es geht um ein Solidaritätsverständnis, nach dem klar ist, dass bei einer guten Wirtschaftsentwicklung nicht nur die Löhne einen entsprechenden Anteil an der Wertschöpfung haben müssen – und zwar alle Löhne, nicht nur die obersten 5 Prozent, wie das erst jüngst in einer Wifo-Studie belegt worden ist –, sondern es müssen eben auch die Pensionen entsprechend steigen. Denn – auch das war gestern in allen Medien zu lesen – die Kaufkraft ist in den letzten Jahren empfindlich gesunken, gerade bei denen, die am wenigsten im Geldbörsel haben.

In jedem Fall geht es darum, dass es ein Anrecht für Menschen geben muss, dass ihre Pensionen wenigstens wertmäßig gesichert bestehen. Ohne Zweifel muss dafür jener spezielle Index gelten, der auch ihrer im Vergleich unterschiedlichen, besonderen Kaufkraft entspricht. Da sind wir noch nicht am Ziel, aber wir sind voll ambitioniert auf dem Weg dahin, um an dieses Ziel zu kommen. Dafür steht die SPÖ! Und welche sozi-


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 18

alpolitische Handschrift das ist, das sieht man an den bereits erzielten Ergebnissen, zum Beispiel auch an der sozialen Staffelung der Pensionserhöhungen, die wohl un­eingeschränkt heute schon, mit der jetzigen Erhöhung der Ausgleichszulage, ein Zei­chen der Freude sind – und vielleicht, hoffentlich, gewiss auch Vorboten auf noch bes­sere Zeiten in Österreich! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.51


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Wolfinger. Ich er­teile es ihm.

 


12.52.01

Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Wenn ich meinen Vorrednern so zuhöre, weiß ich nicht ganz, ob sie immer Recht haben. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Konecny: Meinen Sie Ihren Kollegen Mayer?)

Ich glaube, dass die Erhöhung der Ausgleichszulagenrichtsätze der richtige Schritt ist. Sie wurden auch in den letzten Jahren schon wesentlich erhöht; ich möchte mir die Zahlen jetzt sparen. Aber wenn man von einem Grundeinkommen spricht, muss man bei den Pensionisten schon unterscheiden: Woher hat er die Pension? Bezieht er eine ASVG-Pension? Hat er eine Bauernpension? Oder bezieht jemand eine Gewerbepen­sion? – Die Ausgleichszulage, die der Staat bezahlt, ist ja nur die Differenz von der Grundpension auf den Ausgleichszulagenrichtsatz. (Ruf bei der ÖVP: Sehr richtig!)

Liebe Frau Kollegin Knoll! Sie haben hier den Eindruck erweckt, dass heute jeder in Österreich die 726 € oder die 1 056 € bekommen wird. Das stimmt ja bei weitem nicht! Ich habe hier zufällig einen Fall: Die Frau hat eine Eigenpension von der PVA und bekommt 615,77 €, abzüglich des Krankenkassenbeitrags von 30,48 €. Sie bekommt keine Ausgleichszulage, weil sie auch Nebeneinkünfte hat. Das heißt, es wird ihr zur Pension ein Ausgedinge zugerechnet, und daher ist es auf Grund der verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen ... (Bundesrat Konecny: Ein Scherz! – Weitere Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Das ist kein Scherz, sondern das sind Tatsachen. (Präsident Kneifel gibt das Glocken­zeichen.) Auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen, die wir im ASVG haben, in der Bauernpension und in der gewerbliche Selbstständigenpension, haben wir verschie­dene Auslegungen. Daher stimmt das eigentlich so nicht!

Grundsätzlich freuen wir uns darüber, dass es hier zu einer Richtsatzerhöhung kommt. Dieser wurde – wie Kollege Mayer schon gesagt hat – auch in den vergangenen Jah­ren wesentlich angehoben, und die Erhöhung führt jetzt neuerlich dazu, dass zirka 230 000 Menschen mehr Geld bekommen, unter ihnen, wie schon gesagt wurde, viele Frauen, die eine Witwenpension haben, die weniger Versicherungsmonate haben und deren Grundpension daher nicht so hoch ist. Wie gesagt, diese Anhebung ist unserer­seits auf jeden Fall sehr zu begrüßen.

Von den Oppositionsparteien wird auch immer wieder kritisiert, dass die normalen Pen­sionserhöhungen und auch die Anhebung der Richtsätze zu gering seien. Vielleicht darf ich hier doch ein bisschen zurückblenden. Wir sollten eines nicht vergessen: Der­zeit müssen wir Steuerzahler – und da gehören wir alle dazu – täglich 20 Millionen € nur an Zinsen für alte Schulden zurückbezahlen. 20 Millionen täglich (Bundesrat Kraml: Nicht nur für alte! – Bundesrat Gruber: Auch für die neuen!), und da ist noch kein Cent an Rückzahlung dabei! (Bundesrat Kraml: Haben Sie die neuen vergessen, Herr Kollege?) Insgesamt macht der Zinsendienst für die Staatsschuld in Österreich im Jahr 7 Milliarden € aus. Was könnte man mit diesem Geld nicht alles finanzieren?!


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 19

Ich möchte es noch einmal sagen: Schulden sind schnell aufgenommen, aber es dauert unendlich lange, bis man sie wieder zurückbezahlt hat. (Bundesrat Reisenber­ger: Das ist der Unterschied: Sie haben verscherbelt! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Das sind aber schon Schulden, die lange zurückliegen.

Aus der Vergangenheit sollten wir daher lernen (Bundesrat Gruber: Bitte, ihr seid 20 Jahre in der Regierung! Da beklagt ihr euch über Schulden?): Höhere Schulden sichern keine Arbeitsplätze, sie gefährden diese sogar. Forderungen nach mehr Leis­tungen des Staates sind schnell aufgestellt, aber eines ist klar: Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen! (Beifall bei der ÖVP.) Wir sollten gerade jetzt und auch in Zukunft alle Forderungen, die aufgestellt werden, auf ihre finanziellen Auswirkungen prüfen, denn ein Rückfall in die Schuldenpolitik ist absolut abzulehnen.

Da ich noch kurz am Wort bin, möchte ich schnell auch ein anderes Thema aufgreifen, das heute vielleicht nicht so sehr hereinpasst. Aber ich möchte es trotzdem anspre­chen.

Für viele ältere Mitbürger wird das Einkaufen in den Supermärkten oft zu einer Tortur, und zwar deshalb: Wenn man die notwendigen Lebensmittel – wie Brot, Butter, Fleisch, Gemüse und was auch immer – kaufen möchte, dann gibt es verschiedene Hindernisse für ältere Menschen. Wir wissen, dass die Altersstruktur hinaufgeht, dass wir immer älter werden und länger leben; das ist erfreulich, aber es bringt auch ge­wisse Probleme mit sich.

In den Preisangaben sind die Preisschilder so klein, dass man sie ohne Brille nicht lesen kann. Man hat oft keine Brille dabei, und so weiter. Es gibt in den Supermärkten für ältere Menschen keinen Platz, dass man sich niedersetzen kann. (Bundesrat Bo­den: ... Zwazl sagen!) Es gibt hohe Regale, schmale Gänge, und wenn man einen Ver­käufer sucht, dann entdeckt man wahrscheinlich oft einen Mitarbeiter im Regalservice, der zwar freundlich ist, aber keine Auskunft geben kann.

Ich möchte daher hier einige Verbesserungsvorschläge einbringen und dazu anregen, hier für die Zukunft vielleicht doch ein bisschen umzudenken. Man könnte auf den Parkplätzen breitere Parkbuchten installieren, sodass man leichter einparken kann. Man könnte bei den Einkaufswägen Sitzflächen montieren, damit man sich auch hin­setzen und in Ruhe einkaufen kann. Man müsste die Gänge rutschfest machen; da passiert manches, gerade jetzt im Winter, wenn man nasse Schuhe hat und auf glit­schiges Terrain geht. (Bundesrat Boden: ... am Samstag nicht fertig werden, dass sie am Sonntag einkaufen können!) Man sollte die Eingänge barrierefrei machen. Und dies wäre vielleicht noch eine Anregung: Es sollte auch das Verkaufpersonal ein gewisses Alter haben, damit es Verständnis für die Anliegen älterer Menschen hat.

Ich sage das aus Sicht des Seniorenbundes, weil ich glaube, dass die Wirtschaft auf diese Dinge bis jetzt noch nicht eingegangen ist. Vielleicht erfolgt hier ein Umdenken. Es gibt in Deutschland bereits gewisse Kaufhäuser, die auf diese Maßnahmen einge­gangen sind, und sie praktizieren das eigentlich mit großem Erfolg. – Das möchte ich hier noch anbringen. Ich hoffe, dass mein Debattenbeitrag auf fruchtbaren Boden fällt, und vielleicht wird man diese Ideen oder einige davon in nächster Zeit auch umsetzen können. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

12.59


Präsident Gottfried Kneifel: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mayer. Ich erteile es ihm. (Bundesrat Kraml: Mayer-Festspiele!)

 


12.59.15

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Lie­be Kolleginnen und Kollegen! Ich melde mich mit einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort.


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 20

Frau Kollegin Knoll! Alles, was Sie gesagt haben, kann man nicht widerlegen, weil ... (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.) Das würde hier zu einer tagesfüllenden Veran­staltung verkommen, denn es gibt allem, was Sie gesagt haben, ein entsprechendes Argument dagegenzusetzen. Ich möchte Ihre Aussage, liebe Frau Kollegin Knoll, kom­mentieren beziehungsweise berichtigen.

Sie haben behauptet, wir haben die Goldreserven verscherbelt, um die Staatsfinanzen zu sanieren. (Demonstrativer Beifall des Bundesrates Konecny.) Das ist, auf gut Ale­mannisch gesagt, ein Schmarren, und ich möchte Ihnen jetzt auch erklären, warum. Was den Goldbestand betrifft, so wurde seit dem Jahr 2000 sogar nur halb so viel da­von verkauft wie vor 2000. Insgesamt wurden von 1999 bis 2006 knapp 105 Tonnen Gold verkauft. In den sieben Jahren davor – 1992 bis 1999 – wurden 238 Tonnen ver­kauft! Wer hat damals den Bundeskanzler gestellt? Wer hat damals den Finanzminister gestellt? Das war doch Ihre Partei! (Bundesrat Reisenberger: Und wer war damals in der Regierung?)

Da kommt mir doch spontan die Frage: Was haben Sie damals mit dem Erlös dieser Goldverkäufe gemacht? Sensationell, Frau Knoll! Doppelt so viel verkauft! Was haben Sie damals mit dem Erlös gemacht? Das frage ich Sie. Darauf haben Sie sicher keine Antwort. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

Letzter Satz, Herr Präsident: Der Abbau der Goldreserven entspricht einem internatio­nalen Trend und wird in einem weltweiten Abkommen zwischen den Zentralbanken ge­regelt und nicht von der ÖVP. Das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl. – Abg. Reisenberger: Jetzt erzählt er uns auch noch, dass sie das Gold verkaufen mussten!)

13.01


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Dolinschek. Ich erteile es ihm.

 


13.01.34

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Geschätzter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Die Ausgleichszulagen sowohl für Alleinstehende als auch für Familien werden erheblich stärker erhöht, als dies bei den Pensionen der Fall ist. Im Prinzip haben sich alle Fraktionen im Hohen Haus dazu bekannt, dass das mehr als gewöhnlich erhöht wird, also nicht mit 1,6 Prozent, auch nicht mit Einmalzahlungen, sondern darüber hinaus. Das hat in den letzten Jahren ja auch schon Tradition in diesem Haus. Ich erinnere nur daran – und das ist heute auch schon von Ihnen gesagt worden –, dass sie seit 1999 wesentlich erhöht worden ist, und zwar beim Familien­richtsatz bis zum heurigen Jahr um 25,5 Prozent und bei den Alleinstehenden um 17 Prozent, und das ist schon etwas. Wenn man den Verbraucherpreisindex heran­zieht, so ist der im selben Zeitraum um 15,7 Prozent gestiegen. Wir haben das also wesentlich angehoben.

Es war auch notwendig, dass wir das stärker angehoben haben, damit bestimmte Summen herauskommen. Wenn ich das hier noch sagen darf: Beim Familienrichtsatz zum Beispiel sind wir jetzt bei 1 091 € gegenüber 841 € im Jahr 1999. Das ist ein Plus von 250 €, wenn man das ausrechnet, und bei den Alleinstehenden ist es ein Plus von 136 € von den 590 € im Jahr 1999 weg.

Es ist auch bereits gesagt worden, dass die stärkste Erhöhung im Jahr 1994 stattfand. Frau Mag. Knoll! Ich darf auch daran erinnern, dass im Jahr 2003 der Familienrichtsatz um 6,8 Prozent erhöht worden ist. Der Satz ist von 900 € im Jahr 2002 auf 965,53 € erhöht worden. Deswegen hat man bei den Alleinstehenden etwas mehr nachgezogen,


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 21

im vorigen Jahr mit 4,1 Prozent und heuer ebenfalls mit den 5,22 Prozent gegenüber den 3,33 Prozent bei den Familien.

Es wird auch immer wieder Kritik daran laut. Ich bin trotzdem froh, dass es hier einen einstimmigen Beschluss dieser Erhöhung geben wird. Es gibt ja Leute, die zwar eine geringe Pension haben, die aber über dem Ausgleichszulagenrichtsatz liegt. Wenn der Ausgleichszulagenrichtsatz jetzt stärker angehoben wird als die Pension, dann fallen natürlich auch mehr Leute darunter, die im Jahr 2006 noch nicht Ausgleichszulagen­empfänger waren. Die werden dann neu als Ausgleichszulagenempfänger geführt, weil das eben stärker angehoben wird. Das ist eben so, aber das wird oft bekrittelt. Das ist eine Tatsache. Das ist ganz normal, dass das geschieht. (Bundesrat Konecny: Ja, und?) Selbstverständlich gibt es da Kritik im Nationalrat, und ich höre das auch über Aussendungen und so weiter, Herr Bundesrat. Das wird kritisiert, und ist auch von Ihrer Fraktion kritisiert worden, möchte ich nur sagen. (Bundesrat Reisenberger: Sicher nicht mit der Begründung! Genau zuhören!) – Ich höre schon sehr gut zu und kenne mich in der Materie auch sehr gut aus, Herr Bundesrat. (Bundesrat Reisenberger: Das bezweifle ich manchmal!)

Außerdem ist es auch so, dass jene Leute, die einen Ausgleichszulagenrichtsatz be­kommen, auch von sämtlichen Gebühren befreit sind. Das ist ein zusätzlicher Vorteil, sodass jene Leute, die um ein paar Euro über den Ausgleichszulagenrichtsatz liegen, im Prinzip schlechter fahren, als jene, die eine Ausgleichszulage bekommen. Das ist so. Dass es Leute gibt – und das ist heute auch angesprochen worden –, die diesen Ausgleichszulagenrichtsatz nicht bekommen, obwohl sie eine noch geringere Rente haben, nur 400 € oder 450 € bekommen, das ist darauf zurückzuführen, dass es im bäuerlichen Bereich noch ein fiktives Ausgedinge gibt. Da wird dann für Kost und Logis etwas abgerechnet, und das ist dann eben so.

Soziale Gerechtigkeit ist eine Sache der Verhandlung. Ich bin auch sehr froh darüber, dass Sie das Thema soziale Gerechtigkeit angeschnitten haben, Frau Bundesrätin. Es gibt die Rechtsprechung, aber Gerechtigkeit ist in vielen Bereichen eine Auffassungs­sache. Ich bin auch für soziale Gerechtigkeit, nur haben die Leute dazu oft einen unter­schiedlichen Zugang, was sozial gerecht ist, aber das ist eben einmal so, und darüber sollte man auch diskutieren. Tatsache ist, dass jetzt 230 Personen von dieser außer­ordentlichen Erhöhung der Ausgleichszulage in Österreich profitieren. Das Ganze ist natürlich auch mit Mehrkosten von 76 Millionen € verbunden. (Bundesrat Schimböck: 230 000 Personen sind es!) – 230 000 Personen sind es! Entschuldigung und danke für die Aufmerksamkeit! Es ist ein Zeichen dafür, dass jemand aufmerksam zuhört. 230 000 Personen sind das richtigerweise bei Kosten von 76 Millionen €. (Bundesrat Reisenberger: Das war also nur ein Test!)

Ich sage Ihnen, es ist ein wichtiger Schritt, der gesetzt worden ist. Es ist Sozialpolitik, und Sozialpolitik ist natürlich auch immer eine Art von Umverteilung. Dazu bekennen sich ja auch alle und das muss auch so sein. Es muss soziale Gerechtigkeit herrschen.

Ich möchte jetzt noch ganz kurz zum 2. Tagesordnungspunkt etwas sagen, und zwar betrifft das die Aufhebung der Parallelrechnung auch bei weniger als 36 Versiche­rungsmonaten. Das betrifft hauptsächlich Invaliditätspensionisten, weil andere ja nicht darunterfallen. Wer bereits vor dem 1. Jänner 2005 50 Jahre alt war, den betrifft das ja nicht. Das sind hauptsächlich Invaliditätspensionisten, die das betrifft, und ich denke, dass das ein wichtiger Schritt ist, der auch die Durchführung erleichtert und bei dem Einstimmigkeit herrscht. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP so­wie der Bundesräte Ing. Kampl und Mitterer.)

13.07



BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 22

Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet ist noch Herr Bundesrat Gruber. Ich erteile es ihm. (Ruf bei der ÖVP – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Bundesrates Gruber –: Das ist aber jetzt die letzte Polemik, Herr Bundesrat!)

 


13.07.36

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erstens möchte ich noch einmal die Gelegenheit wahrnehmen, bevor ich mich quasi nicht mehr zu Wort melden darf, aber ich werde es mir auch als Präsident nicht verbieten lassen, mich zu Wort zu melden, wenn ich denke, dass es notwendig ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Mayer! Sie haben Frau Kollegin Knoll geantwortet. Ich möchte, dass wir bei zwei Themen die Kirche im Dorf lassen. Kollege Wolfinger hat gesagt, und dafür habe ich ja Verständnis: Schulden sind nie gut. Dass du dich aber hier ans Rednerpult stellst und Schulden beklagst, nachdem deine Partei seit 20 Jahren in der Regierung sitzt, 14 Jahre als Juniorpartner und jetzt sechs Jahre in der Hauptverantwortung für dieses Land, dafür fehlt mir, das muss ich ehrlich sagen, das Verständnis. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Wolfinger! Was die Bauernpensionen anbetrifft, da müssten alle Bauern beim Abendgebet sagen: Dank Kreisky haben wir eine Bauernpension, sonst hätten wir wahrscheinlich keine. (Zahlreiche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich kann mich noch erin­nern – ich war damals ein sehr junger Mann –, dass es damals, als Kreisky die Bau­ernpension eingeführt hat, geheißen hat, dass das das Ende der Selbständigkeit der Landwirte ist. Dass es nicht so gekommen ist, sieht man heute. Dass sie niedrig ist oder dass sie nicht diese Höhe hat, Herr Kollege, das wissen wir beide auch genau. Da muss man eben vermutlich einmal über den Einheitswert reden. Dann wird sich auch bei den Pensionen der Landwirte etwas ändern. (Ruf bei der ÖVP: Aha, daher weht der Wind!)

Herr Kollege Mayer! Es ist schon ein bisschen abgehoben – sage ich ganz offen – von dir, wenn du dich da ans Rednerpult stellst und von einer so tollen Wirtschafts- und Finanzpolitik sprichst. Herr Kollege Mayer! Ich habe hier im Bundesrat, und wahr­scheinlich hast du mir damals nicht zugehört, über die ÖIAG gesprochen und über alles, was die ÖIAG aus dem Staatsbesitz verkauft und veräußert hat. (Bundesrat Mag. Klug: Die Austria Tabakwerke!) – Ja, genau! Da sind mir vor allem zwei Betriebe aufgefallen: Der eine war die Austria Tabak und der andere war die Telekom. Die ist auch verkauft worden. Die Erträge, die daraus erwirtschaftet worden sind, waren sehr mickrig. Daran wird man wohl auch Kritik üben dürfen.

Dass man das restliche Eigentum, das Familiensilber, verkauft hat, darüber braucht man nicht mehr zu reden, das ist weg. (Bundesrat Mag. Himmer: Blanker Unsinn!) Das hat Ihnen oder auch dem Herrn Finanzminister aber dazu gedient, einmal in der Ära seiner Tätigkeit eine Null zu schreiben. Einmal! (Ruf bei der ÖVP: Besser wenigstens einmal ausgeglichen bilanzieren, als immer nur Schulden machen!) Dazu hat der Ver­kauf von Währungsreserven beigetragen. Mag schon sein, dass vorher auch welche verkauft worden sind. (Ruf bei der ÖVP: Doppelt so viel!) Sie sind jedoch verkauft worden, und das ist unbestritten. Dann kann man sich nicht hierher ans Rednerpult stellen und nur darüber reden, was früher gewesen ist. Sie sind in dieser Regierungs­zeit verkauft worden. Damit muss man leben, und nur dadurch hat man es geschafft!

Eines, Herr Kollege, ist auch klar: Dass man die ASFINAG und die ÖBB ausgegliedert hat und dass man dort jetzt bereits 18 Milliarden € Schulden angehäuft hat, ist auch ein Faktum. Das sind ja auch Staatsschulden! So kann es ja nicht sein, bitte. So kann es nicht sein! Für diese Schulden haftet die Republik Österreich genauso, wie wenn sie im Budget gestanden wären. Darum geht es! (Heftige Zwischenrufe bei der ÖVP.)


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 23

Darum kann ich auch dem nicht folgen, was Sie sagen, dass nämlich die Sozialleistun­gen, die jetzt endlich und gerechterweise kommen und die wichtig sind, nur möglich sind, weil so gut gewirtschaftet worden ist. (Bundesrat Mayer: So ist es!) Dem kann ich leider nicht folgen, denn da muss ich ganz ehrlich sagen: Das geht leider, Herr Kollege Mayer, und das solltest du dir ein bisschen genauer anschauen, an der Realität vor­bei. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.11


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2006 betreffend 3. Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 15. De­zember 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Pensionsgesetz (3. Novelle zum APG) und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

13.13.363. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2006 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Kinderbetreu­ungsgeldgesetz geändert werden (62/A und 20 d.B. sowie 7653/BR d.B.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nunmehr zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Ebner. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatterin Adelheid Ebner: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit, Generatio­nen und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezem­ber 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsge­setz 1967 und das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, und ich komme zur Antragstellung.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Dezember 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den An­trag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erhe­ben.


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 24

Da bald Weihnachten ist, möchte ich die Gelegenheit wahrnehmen, Ihnen und Ihren Familien zu Hause ein gesegnetes Weihnachtsfest, einige besinnliche Tage, alles Gute und viel Gesundheit für das neue Jahr zu wünschen. (Allgemeiner Beifall.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Hladny. Ich erteile es ihr.

 


13.15.13

Bundesrätin Waltraut Hladny (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! In vier Tagen ist Weihnachten. Wir werden mit unseren Kindern, Enkelkindern voll Erwartungen und Hoffnungen unter dem Weihnachtsbaum stehen. Meine Hoffnung und meine Erwartung wird heute mit der Reparatur eines der unmenschlichsten Erlässe, nämlich des Babyerlasses der Frau Minister Haubner, erfüllt. Es ist für mich unvorstellbar, dass Frau Minister Haub­ner als Mutter mit dieser unsagbar überzogenen Bestimmung jungen Müttern, jungen Familien bewusst so großes Leid zufügen und sie solchen Ängsten aussetzen konnte.

Es kann nicht sein, dass auf Grund der geltenden Gesetzeslage nach dem Familienlas­tenausgleichsgesetz und dem Kinderbetreuungsgeldgesetz Kinder von rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassenen Fremden und Kinder von Asylberechtigten Leistungen erst ab der Ausstellung des Aufenthaltstitels beziehungsweise des Asylzuerkennungs­bescheides erhalten. Nicht nur, dass diesen Kindern finanzielle Hilfe zum Leben vor­enthalten wird, sie sind auch nicht versichert. Jeder von uns weiß, wie verunsichert junge Mütter, junge Familien sind, wenn ein Baby weint, wie oft ärztliche Hilfe in An­spruch genommen wird, getrieben von der Sorge um das Wohlergehen des Kindes. Jeder von uns weiß aber auch, wie teuer Arztbesuche für Nichtversicherte werden kön­nen.

Mit der heutigen Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes und des Kinderbe­treuungsgeldgesetzes korrigieren wir einen großen unsozialen Fehler der Noch-Regie­rung, die eigentlich von den Österreicherinnen und Österreichern bereits abgewählt wurde. Ich freue mich, dass wir mit dieser Korrektur auch ein Zeichen setzen, dass die Phase der politischen Gefühlskälte vorbei ist und dass wir uns als Sozialdemokraten dafür einsetzen, dass die Menschen, die Betroffenen zu ihrem Recht kommen. Ich be­danke mich bei allen, die mitgeholfen haben, die Gerechtigkeit wiederherzustellen.

Auch ich möchte die Gelegenheit wahrnehmen, Ihnen, meine Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, ein friedvolles Weihnachtsfest, alles Gute, Gesundheit und Glück für das Jahr 2007 zu wünschen. (Beifall bei der SPÖ, der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

13.17


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Perhab. Ich erteile es ihm.

 


13.18.08

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir, zu Beginn doch ein bisschen auf meine Vorredner zu replizieren. Die SPÖ-Frak­tion hat dieses Thema hier in die Debatte eingebracht, und natürlich können wir das nicht so im Raum stehen lassen.

Drei Richtigstellungen zur Staatsschuldendebatte: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu behaupten, die ÖVP sei eine Schuldenpartei, ist ja an und für sich schon von Haus aus grotesk. (Bundesrat Kraml: Warum?) Die Schuldenbelastung kann man seriöserweise nur durch die Staatsschuldenquote, also den Prozentanteil der Staats-


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 25

schulden am Bruttoinlandsprodukt messen. Alle anderen Kommentare dazu sind mei­ner Meinung nach überflüssig, und das ist auch genau das Faktum, über das wir reden werden.

In den Jahren der SPÖ-Kanzlerschaft und der SPÖ-Finanzminister ... – Herr Kollege Gruber ist nicht im Saal, Frau Kollegin Knoll ist auch nicht da. Ich stelle überhaupt fest, dass heute die SPÖ-Fraktion etwas dezimiert ist. Das macht uns eigentlich nichts aus, und wir könnten uns daran gewöhnen. (Bundesrat Konecny: Das entscheiden aber die Wähler und nicht die ÖVP!) Ich hoffe, dass nicht irgendein Virus der Grund ist oder Krankheit und auch nicht ein verfrühter Urlaubsantritt, das könnte ja vielleicht auch sein.

In den Jahren der SPÖ-Kanzlerschaft und der SPÖ-Minister von 1970 bis 1999 stiegen die Schulden schneller als das Wachstum. Das ist auch der entscheidende Punkt: Man muss die Schulden dem Wachstum gegenüberstellen, erst dann kann man eine profes­sionelle, solide Finanz- und Wirtschaftspolitik machen. Die Schuldenquote schnellte um ganze 350 Prozent auf 66,5 Prozent des BIP nach oben. Seit dem Jahr 2000 entwi­ckelte sich das Wachstum schneller – erstmalig! – als die Schulden. Die Schulden­quote sank um 6 Prozent auf 62,6 Prozent des BIP, obwohl wir jedes Jahr noch die Zinseszinsen der Schulden aus den Kreisky-Jahren zahlen, das sind rund 7 Milliar­den € pro Jahr.

Hätten wir im Jahre 1986, als die ÖVP wieder Regierungsverantwortung übernahm, was Sie ja schon wiederholt betont haben, die noch gesunde Staatsschuldenquote der Regierung Klaus von höre und sage 18,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts geerbt, dann hätten wir heute ohne den geerbten Kreisky-Schuldenberg und dessen jährliche Zinsen eine Staatsschuldenquote von 14 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. (Bundes­rat Bader: Bravo! Das ist der Punkt! – Bundesrätin Haselbach: Klaus war so gut, dass er nach sieben Jahren abgewählt wurde!)

Meine Damen und Herren! Das ist der große Unterschied zwischen der Wirtschaftspoli­tik der Volkspartei und der SPÖ. Wir können nur hoffen, sollte es je zu einer großen Koalition kommen, dass dieser Weg weiterbeschritten und nicht wieder das Schulden­drama der Republik Österreich auf- und fortgeführt wird.

Die zweite Richtigstellung betrifft die Geschichte von den außerbudgetären Leichen – Kollege Gruber ist wieder nicht herinnen – ASFINAG, ÖIAG und so weiter. Meine Da­men und Herren! Auch inklusive der ausgegliederten Einheiten ASFINAG, ÖBB, Fami­lienlastenausgleichsfonds, BIG und so weiter sind die Staatsschulden in Prozent des BIP seit 1999 gesunken. Von 1999 bis 2006 ist der Schuldenstand der ausgeglieder­ten Einheiten trotz Rekordinvestitionen in Bahn, Schiene, Autobahn und so weiter von 10,2 Prozent des BIP auf 8,9 Prozent des BIP im Jahr 2006 gesunken. Rechnet man die ausgegliederten Einheiten zur Staatsschuldenquote hinzu, was Sie in der Debatte immer verlangen, ist die Staatsschuldenquote von fiktiven 76,7 Prozent 1999 auf 71,4 Prozent 2006 gesunken und wird laut Kassasturz bis 2010 auf 70,3 Prozent des BIP sinken.

Das sind die Fakten, meine Damen und Herren! Auf diesen Fakten können wir auf­bauen, und wenn wir wieder Regierungsverantwortung übernehmen sollten, dann werden wir ohne Wenn und Aber auf diesen Fakten bestehen und auf dieser Kon­sequenz in Finanz- und Wirtschaftspolitik. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundes­rates Ing. Kampl.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit bin ich beim eigentlichen Tagesord­nungspunkt, bei der rückwirkenden Gewährung von Familienbeihilfe und Kinderbetreu­ungsgeld für Kinder von rechtmäßig in Österreich niedergelassenen ausländischen Staatsbürgern. Unsere Fraktion stimmt dem selbstverständlich zu, und wir gestehen


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 26

auch ein, dass es in der Formulierung dieser Verordnung beziehungsweise in der Durchführung natürlich Lücken gegeben hat, aber das passiert ja nicht das erste Mal, meine sehr verehrten Damen und Herren. Oft kommt man bei der praktischen Durch­führung eines Gesetzes drauf, dass Lücken auftreten. Wir gestehen das ein und repa­rieren diese Lücke. (Bundesrat Boden: Es hat tatsächlich genug Lücken gegeben!)

Ich möchte aber trotzdem eine zweite Betrachtungsweise hinzufügen, die von den selbst ernannten Gutmenschen in Österreich immer wieder diskutiert wird. Der Status des so genannten subsidiär Schutzberechtigten ist in dieser Regelung beinhaltet. Das führt natürlich grosso modo zu einigen Problemen. Ich möchte hier nicht die viel zitier­ten Beispiele von Drogendealern und so weiter anführen, das passt nicht in diese Zeit. Trotzdem muss man betonen, das hier dem Missbrauch doch in gewisser Weise Tür und Tor geöffnet ist. (Bundesrat Schennach: Das ist absurd!) Stellen Sie sich vor, Herr Kollege Schennach ... (Bundesrat Schennach: Schämen Sie sich! – Bundesrat Ko­necny: Nein!) Sie wissen, dass die Abschiebungsgründe aus humanitären Gründen oft nicht beweisbar sind. (Bundesrat Schennach: Bitte nicht! Babys sollen abgeschoben werden! – Bundesrat Konecny: Lassen Sie das!) Das betrifft nicht Babys! (Bundesrat Konecny: Lassen Sie es bleiben!) Ich habe gesagt: von erwachsenen sekundär Schutzbestimmten und ... (Bundesrat Schennach: Aufhören!)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Am Wort ist der Redner! (Bundesrat Konecny: Leider!) Ich bitte um Aufmerksamkeit!

 


Bundesrat Franz Perhab (fortsetzend): Herr Kollege Schennach! Weil Sie sich gerade so alterieren: Ich hätte gerne Ihre Aufregung verstanden, wenn Sie sich auch vor 2003 gemeldet und darauf hingewiesen hätten, dass wesentliche Berufsgruppen in Öster­reich – Bäuerinnen, Selbständige, Studentinnen, Frauen – kein Karenzgeld bekommen haben. Wir haben das eingeführt, dass diese Berufsgruppen und diese Menschen ein Karenzgeld bekommen, denn sie sind uns wichtig! (Beifall bei der ÖVP sowie des Bun­desrates Ing. Kampl.)

Ich habe niemals einen Aufschrei der Grünen gehört. Frau Kollegin Konrad! Sie sind ÖH-Vorsitzende der Uni Innsbruck. Habe ich von Ihnen einmal gehört oder gelesen, dass Sie für ein Karenzgeld für Studentinnen eingetreten sind? Niemals gab es da eine Gesetzesinitiative der Grünen! Wir haben das eingeführt, weil wir für diese gesell­schaftlichen Gruppen solidarisch eintreten. (Bundesrat Mag. Klug: Solidarisch? – Ja, ja!) Wenn Sie ein Problem damit haben, dass eine Bäuerin oder eine selbständige Friseurin mit einer Mitarbeiterin heute das Kindergeld bekommt, dann sehen wir, in welche Richtung Sie Ihre gesellschaftspolitischen Vorstellungen vorantreiben.

Herr Kollege Konecny! Sie brauchen sich nicht aufzuregen. Ich weiß zum Beispiel durchaus, wie man sich im Advent und zu Weihnachten zu verhalten hat. (Bundesrat Konecny: Offenbar nicht! Wer geht denn hier auf Säuglinge los?!) Dazu brauche ich sicherlich nicht irgendwelche Belehrungen von Ihnen. Vielleicht können Sie das in Ihren eigenen Reihen in Zukunft besser regeln. – In dem Sinn alles Gute und danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

13.25


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. Ich erteile es ihm.

 


13.25.30

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Lieber Herr Vorredner Perhab, auch wenn man im Irrtum spricht, wird es nicht besser. (Bundesrat Bader: Das gilt jetzt für wen?) 1995 haben die Grünen als erste Partei in diesem Lande ein Grundsicherungsmodell vorgelegt, das


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 27

selbstverständlich einen Kernpunkt hatte. Wir wurden in all den Jahren nie müde, dar­auf hinzuweisen, dass die Situation für die Studentinnen, Bäuerinnen unerträglich ist. Das war eine Forderung der Grünen von Anfang an. (Bundesrat Perhab: Warum ha­ben Sie dann gegen das Kindergeld gestimmt?)

Und jetzt? Es ist ja sehr lustig, dass jetzt im Zuge einer möglichen großen Koalition endlich die Grundsicherung ins Land kommt. Zehn Jahre verspätet! Wie lange diskutie­ren wir schon darüber? Sie haben damals einen Lachkrampf bekommen, als wir von einer Grundsicherung gesprochen haben. Jetzt dürfte es offensichtlich gehen. Wenn Sie heute hier ans Rednerpult kommen und sagen, was das 2003 für eine große sozi­ale Tat war, ist dazu zu bemerken, dass man das wesentlich früher hätte machen kön­nen.

Meine Damen und Herren! Wir sind heute zusammengetreten, um der Republik ein bisschen an Würde und Ehre zurückzugeben, die sie in den letzten Wochen nahezu verloren hätte. Die Reste dieser orangen Chaostruppe haben mit einem Erlass, der nicht anders als als widerwärtig zu bezeichnen ist, Aufmerksamkeit erregt, der zu einem Verlust der Ehre dieser Republik geführt hätte. Dieser Populismus, meine Da­men und Herren, der sich gegen die Armen und Ärmsten und vor allem gegen Neuge­borene richtet, ist eine Niederträchtigkeit. Wenn der Herr Staatssekretär hier sagt, auch er sei für Gerechtigkeit, dann ist das geradezu eine Verhöhnung angesichts dieser Vor­gänge. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Irgendwie funktioniert unser Land, und unser Land erkennt sofort, wenn Ungerechtigkeit gegeben ist. Die Stellungnahmen der österreichischen Bevölkerung, wo auch immer wir sie gehört, gelesen, gesehen haben, die Empörung darüber konnte nicht größer sein. Selbst Kardinal Schönborn oder der Herr Bundesprä­sident haben sich in dieser Sache ganz eindeutig ausgesprochen. Und wenn die Ärztekammer Wien – nicht gerade ein Wohlfahrtsinstitut – alle Ärzte aufruft, diese Neu­geborenen – 6 000 bis 9 000 Menschen betrifft das – angesichts einer skandalösen Verordnung kostenlos zu behandeln, so zeigt das, dass doch noch einiges in unserem Land funktioniert.

Und zu allem Überfluss tritt die Frau Sozialministerin dann auch noch zur absoluten Verhöhnung an und sagt: Man bekommt es rückwirkend, man kann den Anspruch rückwirkend stellen. – Meine Damen und Herren! Wer kann Menschen, die nichts ha­ben, sagen, wie man sechs Monate rückwirkend leben kann? Man kann rückwirkend einen Antrag stellen, aber man kann nicht rückwirkend leben! (Präsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Weiters: Es betrifft Menschen, die tagtäglich damit zu kämpfen haben, wie sie Miete, Strom, Versicherungen, Nahrung und Bekleidung aufbringen, und für die ein Arztbe­such, ein Apothekenbesuch oder das Telefon absolute Luxusgüter sind. Wenn man schon die Frage stellt: Wie kann man rückwirkend leben?, so kann man gleich die nächste Frage stellen: Wie kann man ohne Papiere mit einem Säugling ausreisen, um Papiere zu bekommen? – Meine Damen und Herren! Das ist eine Schande, und ich bin froh, dass wir heute, wenige Tage vor Weihnachten, hier zusammengekommen sind, um dieses Gesetz, diese Verordnung aufzuheben – die auf keinerlei Rechtsgrundlage notwendig gewesen wäre! Schlimmer noch: Sie widerspricht der UN-Kinderrechts­charta gravierend. Wir haben sie noch nicht unterzeichnet, wir wollen sie aber unter­zeichnen, und ich hoffe, dass dieses letzte Aufflackern einer unsäglichen Regierungs­politik, wie das Frau Haubner gezeigt hat, jetzt auch dazu führt, dass wir relativ rasch – wer immer diese Regierung bildet – zur Beschlussfassung dieser UN-Kinderrechts­charta kommen, denn dass es kleine Kinder gibt, die mit Wasser und Mehlbrei gefüttert werden und deren Windeln aus Geschirrtüchern mit Plastiksackerln bestehen, wie sich


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 28

die Realität in der Diskussion der letzten Wochen gezeigt hat, das gehört so schnell wie möglich abgeschafft.

Einer findet das ja lustig – und jetzt werde ich einen Ordnungsruf riskieren, ich sage das aber mit vollem Bewusstsein –: Die größte politische Dumpfbacke dieser Nation, Herr Peter Westenthaler, hat das alles super gefunden und findet, dass das die einzig mögliche Konsequenz ist. Seien wir froh, dass wir hier eine überwältigende Mehrheit zur Reparatur dieses Ausbunds an Unmenschlichkeit finden werden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

13.30


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eingeforderte Ordnungsrufe finden sel­ten statt. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich würde jedoch trotzdem ersuchen, dass wir uns eines Tones befleißigen, der niemanden persönlich kränkt! (Bundesrat Bieringer: Das ist jetzt aber schon ein Ordnungsruf, Frau Kollegin! – Bundesrat Mag. Himmer: Bei allem Respekt, aber das ist ein Ordnungsruf! – Bundesrat Bieringer: Ich bin kein Ver­teidiger des Herrn Westenthaler, aber so lasse ich mit anderen Parlamentariern nicht umgehen! – Bundesrat Mag. Himmer: Zur Geschäftsordnung!)

Bitte, Herr Kollege Himmer.

 


13.31.21

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Ich würde Sie wirklich sehr darum ersuchen, nicht zu unter­scheiden, wer die Person ist, die beleidigt worden ist. Es kann nicht sein, dass Perso­nen, die vielleicht in Summe unpopulärer sind als andere, hier anders behandelt wer­den, wenn sie beleidigt werden. Daher ist hier ein Ordnungsruf zu geben! (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Mitterer und Ing. Kampl.)

13.31


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Kollege, wenn die Forderung nach einem Ordnungsruf besteht, dann werde ich das überlegen. Ich lasse mir aber sicher­lich nicht vorwerfen, dass ich unterschiedlich werte bei Personen, die mir mehr oder weniger sympathisch sind. Also ich denke, das kann man mir nicht vorwerfen, und das weise ich auch wirklich zurück. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Da ein großer Teil des Hauses der Meinung ist, dass ein Ordnungsruf gegeben werden soll, werde ich das auch tun. – Herr Kollege Schennach, bitte, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf für eine persönliche Beleidigung des Abgeordneten Westenthaler. – Was immer dann weiter geschieht, wird man sehen. Der Ordnungsruf ist hiemit erteilt.

Ich erteile jetzt Frau Bundesrätin Mühlwerth das Wort. – Bitte.

 


13.32.55

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss mich jetzt zu Beginn schon wundern. Frau Präsidentin! Ihre Praxis der Ord­nungsrufe kenne ich schon fünf Jahre lang. (Bundesrat Konecny: Sie waren jetzt län­ger nicht da!) Mich hat sie immer schon gewundert, ich habe sie nie ganz verstanden, weil Sie nicht objektiv waren. Und Sie wissen auch, dass, als die FPÖ hier im Bun­desrat eine Fraktion war ... (Bundesrat Konecny: Lang, lang ist’s her!) – Das ist noch nicht so lange her, nicht so lange jedenfalls, wie Sie das vielleicht gerne hätten, Herr Konecny! (Bundesrat Konecny: Ich habe es erwarten können!) – Auf jeden Fall haben wir Sie einige Male nicht gewählt, weil Ihre Vorsitzführung nicht objektiv war.

Es ist wirklich rührend, wie Kollege Schennach sich heute hier um die Asylwerber ge­kümmert hat, wie er auf die Tränendrüsen gedrückt hat und voll in die emotionale


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 29

Trickkiste hineingegriffen hat. Komischerweise hört man da bei den eigenen Leuten kaum etwas. Wir haben heute in der Pensionsdebatte gehört, dass 1 Million Österrei­cher an der Armutsgrenze leben. Das war Ihnen in der Debatte einen Satz oder zwei wert, aber damit hat es sich dann normalerweise. Wir haben Pensionsreformen in Kauf nehmen müssen, weil wir uns dieses System – ich sage: angeblich – nicht mehr leisten können. Wir haben in der Schule Stundenkürzungen hinnehmen müssen, die man als Entrümpelung des Stundenplans bezeichnet hat. Es hat aber jeder gewusst, dass das natürlich eine Kostenfrage ist, weil die Personalkosten in die Höhe schießen, und unter dieser Maßnahme leiden wir heute noch. Sie haben bei der Pensionserhöhung im Nationalrat, die dann auch hier durch den Bundesrat gegangen ist, mit wirklich viel Ach und Weh und viel Zähneknirschen für die Pensionisten, denen nicht einmal die Inflati­onsrate abgegolten worden ist, eine Erhöhung erzielt – nicht in der Höhe, wie die FPÖ sie haben wollte und, soweit ich weiß, auch Grüne und SPÖ, aber doch zumindest in einer vertretbaren Form.

So – das alles können wir uns nicht leisten, aber wir können es uns leisten, den Perso­nenkreis der Bezieher von Kinderbetreuungsgeld und Familienbeihilfe beliebig auszu­dehnen. Wir haben jetzt ein Gesetz, mit dem wir sagen: Die mit einem aufrechten Auf­enthaltstitel bekommen das. Sie bekommen es nicht nur, was wir grundsätzlich falsch finden, nein, sie bekommen es auch rückwirkend bezahlt. Hier kommt dann natürlich dieses: Ja, da geht es doch um die Babys, und da schmilzt sowieso jedem Österrei­cher die Seele dahin. Natürlich sind die Babys arm! Jedem tun sie leid, aber wir müs­sen auch überlegen, ob wir uns das, was wir alles über alle drüberschütten wollen, auch leisten können. Und welche Signale wir damit aussenden! Wir öffnen dem Sozial­tourismus damit Tür und Tor, denn das spricht sich herum, und so etwas macht wahn­sinnig schnell die Runde, dass es ein Land gibt, in dem man auch als Zuwanderer und Asylant selbst dann, wenn man ein abgewiesener Asylwerber ist, mit Sozialleistungen und den Segnungen des Staates übergossen wird. (Bundesrat Reisenberger: Das ist skandalös! Genieren Sie sich!)

Der Skandal ist, dass das so stattfindet. Das ist der Skandal! Das sagen Sie aber nicht, und das wollen Sie auch nicht zugeben. Sie und Ihre Kollegen, die Grünen, wollen ja am liebsten allen alles geben, auch den Zuwanderern, die am besten schon beim Grenzübertritt Anspruch auf alles haben sollten. Wir haben Ausländer hier, die sich nicht integrieren, die sich in Wien, in den Bezirken in selbst gewählten Ghettos zusam­menschließen, weil sie mit Österreichern überhaupt keinen Kontakt haben wollen, die sich weigern, die Sprache zu lernen, und das oft in der dritten Generation – aber wo man einen Antrag stellt, um irgendwelche Leistungen zu bekommen, und wie man ihn stellt, das wissen sie schon, und sie wissen oft besser als jeder Österreicher, auf wel­che Förderungen sie Anspruch haben.

Der Sozialstaat ist aber ein total sensibles System. Wie ich bei der Haushaltskassa nicht ewig rausnehmen kann, ohne etwas hineinzuzahlen, gilt das natürlich für den Sozialstaat auch. Ich kann nicht ewig verteilen und nicht darauf schauen, wo das Geld hereinkommt. Wir wissen, was uns die Zuwanderung kostet. Schauen Sie sich deutsche Studien an! Dort ist das von sehr honorigen Professoren berechnet, die über­haupt nicht in Verdacht stehen, irgendwie FPÖ-nahe zu sein oder überhaupt rechts zu stehen, sondern die das einfach anhand von Zahlen und Fakten berechnet haben. Das fehlt uns hier! Dieser Kostenwahrheit wollen Sie ja gar nicht nachgehen, und darum hat die FPÖ im Nationalrat auch einen entsprechenden Antrag gestellt, dass endlich ein­mal Kostenwahrheit hergestellt wird. Es geht nämlich darum, die Frage zu beantwor­ten, was uns die Zuwanderung eigentlich kostet.

Das Gleichgewicht dieses Sozialstaates ist ja mittlerweile schon aus dem Lot. Ich habe es eingangs bereits gesagt: Wir können uns vieles schon nicht mehr leisten, weil wir


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 30

auf der anderen Seite viel zu viel bezahlen müssen. Dass die Zuwanderer – Ihr Mär­chen, das Sie jahrelang verbreitet haben – unsere Pensionen finanzieren werden, ist nun wirklich ins Märchenland zu verweisen. Sie sagen nämlich dann den eigenen Leu­ten: Wir müssen jetzt eure Beiträge erhöhen – da kommen ja dann auch durchaus kreative Vorschläge von der SPÖ – oder wir müssen euch die Leistungen kürzen. Und die Österreicher, unsere Österreicher stehen dann mit offenem Mund da und schauen zu, weil es oft genug so ist, dass sie gerade diese Grenze verfehlen, wo sie noch ir­gendeine Förderung bekämen. Die schauen dann also zu, während natürlich die türki­sche Familie nebenan mit sieben Kindern und einem entsprechend niedrigen Einkom­men sämtlichen Richtlinien entspricht. Dann steht da die arme Jungfamilie und sagt: Wir bekommen leider keine Gemeindewohnung, aber die türkische Familie bekommt sie natürlich schon. Das müssen Sie Ihren, das müssen Sie unseren Landsleuten wirk­lich einmal erklären, dass das eben so ist und dass Sie das auch richtig finden.

Wir sagen: ein eigenes Versicherungsgesetz für die Gastarbeiter. So muss es sein! Sie sollen ihre Grundversorgung bekommen, wenn jemand arbeitslos geworden ist, soll er auch ein Arbeitslosengeld bekommen, aber wir können nicht jahrzehntelang zugewan­derte Arbeitslose durchfüttern und sagen: Na ja, das ist es uns halt wert. – Wir können einfach nicht alle hereinholen und dann sagen: Jeder kann kommen und jeder kann sich hier niederlassen, und dann schütten wir das goldenen Füllhorn über alle unend­lich lange aus und glauben dann womöglich, dass es den Sozialstaat weiter geben wird, denn abbauen will ihn ja niemand.

Niemand sagt, dass der Sozialstaat ein Unding ist, das keiner braucht. Ganz im Ge­genteil! Es gibt immer wieder Menschen, die unsere Hilfe brauchen, und die sollen sie natürlich auch bekommen. Nach der Methode, die Rot und Grün haben wollen, werden wir aber bald keinen Sozialstaat mehr haben. Dem muss man einen Riegel vorschie­ben, denn: Wenn der Sozialstaat überleben soll, dann muss er den Staatsbürgern vor­behalten bleiben und kann nicht für jeden einfach in Anspruch genommen werden. (Beifall der Bundesräte Ing. Kampl und Mitterer sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

13.40


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Staatssekretär Dolinschek, Sie ha­ben das Wort.

 


13.40.33

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Kinderbetreuungsgeld insgesamt ist im Prinzip ein Erfolgsmodell. 70 000 Beziehern des alten Karenzgeldes mit Berufsverbot stehen 170 000 Empfänge­rinnen des Kinderbetreuungsgeldes mit Zuverdienstmöglichkeiten gegenüber. Über die Zuverdienstgrenze kann man auch geteilter Meinung sein. Meine Fraktion war immer der Meinung, dass die Zuverdienstgrenze aufgehoben gehört, aber dazu braucht sie Partner. Ich hoffe, dass das in Zukunft noch geschehen wird. 1 Milliarde € kommen so direkt den Familien zugute. Eine Familie mit zwei Kindern und dem Alleinverdienerab­setzbetrag zum Beispiel hatte im Jahr 2001 3 900 € pro Jahr an Familienleistungen erhalten. 2006 beläuft sich diese Summe auf 9 200 €! Laut einer OGM-Untersuchung bezeichnen 70 Prozent der unter 30-Jährigen und sich in Karenz Befindlichen das Kin­derbetreuungsgeld gegenüber dem seinerzeitigen Karenzgeldanspruch als vorteilhaft. Das ist ja wesentlich ausgeweitet worden.

Es wundert mich, wie man das von uns eingeführte großartige Kinderbetreuungsgeld unabhängig von einem legalen Aufenthalt fordern und es auf der anderen Seite als Fehlschlag bezeichnen kann, wie das immer wieder gemacht wird. Wenn ich hier dann so Äußerungen einzelner Abgeordneter höre, von Unmenschlichkeit, unmenschlichem


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 31

Erlass, von einem widerwärtigen Erlass gesprochen wird, von Dumpfbacken und so weiter und sofort, muss ich sagen, dass es bedauerlich ist, dass Leute in diesem Ho­hen Haus sitzen, die sich überhaupt nicht auskennen. (Bundesrat Schennach: Das stimmt! – Bundesrat Konecny: Sie haben das Problem erkannt, Herr Staatssekretär!) Die Zuständigkeit ist nämlich im Fremdengesetz gegeben, und die Frau Bundesminis­ter musste einen Erlass erlassen. Das Gesetz können Sie ändern. Das ist einmal das eine. Wenn Sie das richtig reparieren wollen, dann müssen Sie das im Fremdengesetz tun. Ich erinnere die SPÖ daran, dass am 1. Jänner 2006 dieses Fremdengesetz in Kraft getreten ist, das von der ÖVP, der FPÖ mit uns und der SPÖ beschlossen wor­den ist. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe.) – Na ja, ich war ja jahrelang Mitglied der FPÖ. Was ist da so lächerlich daran? (Bundesrat Gruber: Man wechselt ja auch sein Hemd!)

Schauen Sie, hören Sie mit Ihrer Polemik auf! Mir geht es um diese ernste Sache, aber das ist Ihnen ja nicht bewusst, wie ernst das hier ist, dass man hier Minister und ande­re Abgeordnete ganz einfach denunziert. Das ist aber eigentlich so üblich bei der ver­einigten Linken; das ist so. Ich sage nur eines: Man weicht hier ein klares Gesetz auf, der Anspruch auf Familienleistung wird praktisch erweitert. Sie müssen der österreichi­schen Bevölkerung auch sagen, dass sie das bezahlen muss, das ist nämlich auch klar, denn das ist einmal so. Es ist nicht mehr so klar geregelt wie bisher, das sage ich auch gleich einmal. Es gibt Lücken zwischen Geburtstermin und Antragstellung, die Sie auch aufgezeigt haben, die ja der Anlass waren. Da gab es 688 Fälle innerhalb der ersten acht Wochen. In den ersten acht Wochen gilt der Mutterschutz und wird Wo­chengeld bezahlt und nicht Kinderbetreuungsgeld! Und dann geht es um die Antrag­stellung. Ein Österreicher oder eine Österreicherin, die keinen Antrag stellt, bekommt kein Kinderbetreuungsgeld, wenn die Zuverdienstgrenze überschritten ist. Da haben wir das nie gehandhabt, das sage ich auch gleich dazu. Das ist einmal so.

Und jetzt, wo man das so aufweicht, öffnen wir halt Tür und Tor für alle. Es muss einem jeden bewusst sein, dass auch jemand, der als Tourist hereinkommt und hier dann den Antrag stellt, praktisch die Familienbeihilfe bis zu fünf Jahre bekommt und auch das Kinderbetreuungsgeld rückwirkend für sechs Monate. Das ist etwas, was rückwirkend zu bezahlen ist. Das sollte man genau berücksichtigen!

Die Familienleistungen würden auch auf subsidiär Schutzberechtigte ausgedehnt wer­den. Das bedeutet, dass das auch auf Personen ausgedehnt wird, die sich total illegal im Land befinden, also auch auf Leute, die unter dem Vorwand eines Asylanspruchs nach Österreich eingereist sind, die ihre Papiere weggeworfen haben, die nicht in ihren Heimatstaat zurückgesandt werden können und die hier praktisch kriminell tätig sind. (Bundesrat Konecny: Kriminelle Kleinkinder – ja, ja!) Das wird auf alle ausgedehnt, dessen müssen Sie sich bewusst sein.

Das begünstigt natürlich den Sozialtourismus. Jeder weiß, man ist einmal eine gewisse Zeit schwanger. Man hat also Zeit genug, nach Österreich einzureisen. Wunderbar! Fa­milienleistungen, Kinderbetreuungsgeld werden ausgeschüttet, es wird nicht nachge­fragt. Kommen Sie doch alle herein! Wir zahlen das locker aus! – Sehr gut! Erzählen Sie das den Österreicherinnen und Österreichern!

Und außerdem wird auch dem Schlepperunwesen Vorschub geleistet, dessen muss man sich auch bewusst sein. Die werden nämlich animiert, die Leute verstärkt nach Österreich zu schleppen. Wenn Sie das wollen, wünsche ich Ihnen viel Vergnügen. Ich jedenfalls stehe dazu, dass Familienleistungen auch für Ausländer an einen legalen Aufenthalt gekoppelt sind. Wenn Sie dazu stehen, dann wären wir ja einer Meinung, aber das sind Sie ja nicht. So ist es nicht! Ich stehe auch dazu, dass es ein fünfjähriges aufrechtes Beschäftigungsverhältnis gibt als Voraussetzung. Auch das ist wichtig in diesem Bereich.


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 32

Ich sage Ihnen, Sie werden noch draufkommen, dass das der falsche Ansatz ist und die Frau Bundesminister für etwas geprügelt wird, wofür sie eigentlich gar nichts kann, denn das Ganze ist im Fremdengesetz zu regeln. (Bundesrat Gruber: Es ist ohnehin bald vorbei!) Das ist eine Tatsache!

Und jetzt zum Abschluss möchte ich Ihnen doch allen noch besinnliche und frohe Weihnachten wünschen, und rutschen Sie gut ins neue Jahr, und denken Sie auch ein bisschen darüber nach, dass man auch für die Österreicherinnen und Österreicher et­was tun muss und nicht für die Ausländer. (Beifall der Bundesräte Ing. Kampl und Mit­terer sowie bei Bundesräten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

13.47


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Es sind noch einige Wortmeldungen hinzugekommen.

Als Nächster gelangt Herr Kollege Reisenberger zu Wort. – Bitte.

 


13.47.49

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist für mich wirklich mehr als betrüblich, dass ich es jetzt als notwendig empfinden musste, mich zu Wort zu melden. Die Besinnlichkeit, das Nachdenken, Herr Staatssekretär, wäre natürlich vor allem dann sehr sinnvoll, wenn Sie es im eigenen Bereich und für sich selbst in Anspruch nehmen würden. Ich bin sehr stolz darauf, dass ein Großteil der Menschen, die hier in diesem Raum sitzen – ÖVP, SPÖ und Grüne selbstverständlich; die ÖVP mit einigen Ausnahmen, aber bei denen hat es mich nicht gewundert –, es zu diesen Aussagen nicht für angebracht ge­halten haben, zu applaudieren, was ja richtig und eigentlich selbstverständlich ist. Es ist für mich ganz, ganz schlimm, wenn solche Aussagen, wie sie Frau Mühlwerth und der Herr Staatssekretär hier getätigt haben, im Jahr 2006 noch gemacht werden kön­nen. (Staatssekretär Dolinschek: Warum haben Sie das dann voriges Mal mitbe­schlossen?) – Herr Staatssekretär! Sie wissen, das Sie hier in einer Position sitzen, von der aus Zwischenrufe nicht nur nicht sinnvoll sind, sondern Ihnen auch nicht zuste­hen! Also halten Sie sich bitte daran! (Ruf bei der ÖVP: Wie reden Sie mit dem Staats­sekretär?! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich möchte kurz zu dem sprechen, was wir heute schon gehört haben: wie gut es uns geht, wie toll das Realeinkommen ist. – Der „Standard“ ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, ich weiß! Sie waren derjenige, der mitgeklatscht hat. Es hat mich ja auch nicht gewundert, dass Sie das gemacht haben, Herr Kollege. Sie gehören dazu.

Wenn wir im „Standard“ von heute ganz groß lesen: „Realeinkommen niedriger als vor acht Jahren. Zugewinne nur ganz oben – Arbeiter, Pensionisten, Frauen als Verlierer“, dann heißt das, wir brauchen nicht allzu stolz zu sein. Worum es hier tatsächlich geht, darüber brauchen wir nicht zu reden. (Staatssekretär Dolinschek: In meinen Jahren im Sozialbereich ...!) – Wissen Sie was, wollen Sie vielleicht dazwischen reden? Ich gebe Ihnen gerne die Zeit! Ich meine, es ist zwar nicht sehr sinnvoll, die Luft, die Sie hier ausstoßen, aber ich lasse Sie gerne reden. – Bitte! (Der Redner wendet sich mit einer auffordernden Geste an den Staatssekretär. – Staatssekretär Dolinschek: Diese Din­ge werden nicht hier im Haus gemacht, von der Bundesregierung und vom Parlament, sondern von den Sozialpartnern! – Ruf bei der SPÖ: Das ist ja unglaublich! ... – Bun­desrat Ing. Kampl: Das ist eine Beleidigung des Abgeordneten dem Herrn Staatssek­retär gegenüber!) – Frau Präsidentin! Bin ich wieder am Wort? – Danke schön! (Bun­desrat Ing. Kampl: Das war beleidigend!) Wollen Sie auch das Wort ergreifen? Ja? – Ich habe mich jetzt einige Male beleidigt gefühlt durch Aussagen, die hier gekommen sind, und zwar sehr tief beleidigt.


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 33

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will es wirklich kurz machen, denn es bringt nichts, hier lange darüber zu reden, denn der Großteil der Kolleginnen und Kol­legen sind sich, so glaube ich, mit mir einig: Frau Mühlwerth! Wenn man hört, dass im Prinzip wieder verlangt wird, Gastarbeiter zu Menschen zweiter Klasse zu machen, sie wieder in diesen Status zu bringen, dann ist das beschämend und menschenunwürdig. Wenn Sie davon sprechen, dass es selbst gewählte Ghettos in Wien gibt (Bundesrätin Mühlwerth: Ja sicher!), weil sich die Menschen ganz einfach nicht integrieren wollen, dann haben Sie offensichtlich keinen Zugang zu diesen Bereichen. Diese Menschen wollen sich zu einem ganz, ganz großen Teil integrieren. Sie haben auch in Wien – Gott sei Dank! – die Chance, sich integrieren zu können, und zwar mit uns gemeinsam, denn Integration ist keine Einbahn, sie muss von beiden Seiten kommen, da gehören alle zwei Teile dazu, die mithelfen. In Wien machen wir das, das rote Wien macht das nach dem holländischen Bespiel. (Bundesrätin Mühlwerth: Es gibt sehr restriktive Be­stimmungen in Holland!) Es gibt auf dem Gebiet bereits einige gute Vorbilder, die zei­gen, wie es gehen kann und wie es funktioniert. Leider sind wir noch nicht dort, dass wir sagen könnten, es hat schon alles funktioniert. Wir bemühen uns aber wenigstens und gehen nicht den Weg, den Sie verfolgen.

Der Sozialstaat stirbt, wenn er für alle gilt – Herr Staatssekretär, das kann ja wohl nicht Ihr Ernst sein! Und ich möchte noch einmal eines dazu sagen: Der Großteil der Men­schen, die vor Jahren zu uns gekommen sind, als wir noch versucht haben, Arbeits­kräfte nach Österreich zu locken, weil wir sie gebraucht haben, sind ein ganz wichtiger Bestandteil der Österreicherinnen und Österreicher geworden, genauso, wie es vor Jahrzehnten die Tschechen, die Ungarn und dergleichen waren, die gerade in Wien zur Kultur dieses Landes, dieses Staates beigetragen haben, auf das ich stolz bin, das mein Land ist, auf das ich sehr stolz bin.

Und wenn wir uns heute mit Menschen beschäftigen, die aus Not zu uns gekommen sind, die hier versuchen, ein neues Leben zu beginnen – die Umstände, warum sie da sind, werden geprüft, das ist also gar nicht so einfach, dass man das bekommt –, dann ist es unsere Pflicht und Aufgabe, diesen Menschen behilflich zu sein, statt so wie Sie, Frau Mühlwerth, zu sagen: Du bist fremd! Du gehörst nicht zu uns! – Dafür geniere ich mich, dass so etwas im Jahr 2006 in diesem Haus noch gesagt werden darf. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.53


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bun­desrat Perhab. – Bitte.

 


13.53.03

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine kurze Richtigstellung noch zu den Ausführungen der Kollegen Schennach und Konecny. Es ist mir aufgefal­len, dass in all den Beiträgen von SPÖ und Grünen nie erwähnt worden ist, aus wel­chem Fonds diese Familienbeihilfe und das Kindergeld bezahlt werden, nämlich aus dem Familienlastenausgleichsfonds. Ich bin einer von 350 000 Unternehmern in Öster­reich, und nur Unternehmer zahlen diese Beiträge. Herr Kollege Konecny! Vielleicht sollten Sie sich das auch zu Herzen nehmen, denn Sie haben in Ihrem ganzen Leben noch nie einen Cent in den Familienlastenausgleichsfonds eingezahlt. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Kerschbaum: Und deswegen dürfen jetzt nur die darüber bestim­men, oder wie denken Sie sich das?)

13.53


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Konrad. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 34

13.54.00

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Herr Staatssekretär! Sie haben es vorhin für nötig befunden, subsidiär Schutzbedürftige generell und pauschal als Kriminelle zu be­zeichnen. Wer so mit anderen Menschen umgeht, sollte sich dann vielleicht nicht aufre­gen, wenn wir unsererseits das Vorgehen von Frau Haubner kritisieren, die es offenbar nicht der Mühe wert gefunden hat, heute hier selbst einmal mehr etwas zu verteidigen, was man nicht verteidigen kann. Bevor Sie wieder sagen, dass das ohnehin nicht ihre Schuld war: Den Erlass hat sie erlassen, und den hat sie auch unterschrieben, also denke ich, dass wir uns hier schon an die richtige Adresse wenden. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

Frau Mühlwerth hat es vorhin auch nicht der Mühe wert gefunden, einen Unterschied zwischen Asylwerbern und Zuwanderern zu machen. Ich vermute ohnehin, dass alles, was einen nicht-österreichischen Namen hat, für Sie pauschal ein Problem für die ös­terreichische Bevölkerung darstellt, wie auch immer Sie die dann definieren. (Bundes­rat Gruber: „Hojac“ – bei Ihnen muss man sich dann umbenennen! – Bundesrat Schennach: „Konecny“ ist auch schon sehr an der Grenze!) Wenn ich Ihnen zuhöre, dann erinnert mich das daran, dass es genau solche Ansprachen und Aussagen wie diese waren, die mich dazu gebracht haben, in die Politik zu gehen. Ich habe mir ge­dacht, dass es da noch einiges zu tun gibt. Das ist jetzt einige Jahre her. Offenbar hat sich bei manchen noch nicht sehr viel verändert, aber meine Motivation ist dadurch kei­nesfalls geringer geworden, sondern ich denke mir: Gut, es gibt immer noch sehr viel zu tun bei manchen Leuten.

Wenn man Ihnen so zuhört, könnte man meinen – und diese Meinung haben Sie offen­bar auch schon bei manchen Menschen in der Bevölkerung verankern können –, dass es die goldenen Sozialleistungen für die Ausländer gibt, und dann gibt es noch die armen Österreicher, die keine kriegen. Wenn Sie mir jetzt bitte eine einzige Sozialleis­tung nennen, die nur die Ausländer bekommen und nicht die Österreicher, dann könn­te ich Ihnen vielleicht folgen. Ansonsten denke ich, Sie sind einfach sehr polemisch unterwegs.

Wenn Sie der Meinung sind – und es hat ein bisschen danach geklungen, von wegen Sozialtourismus und so –, dass die Menschen in ihrem Heimatland alles stehen und liegen lassen, verkaufen, so sie noch etwas haben, und ihre Wurzeln in der Heimat ab­brechen, um nach Österreich zu kommen, nur weil sie hier Kindergeld kriegen, dann würde ich Ihnen vielleicht im Sinne der Schärfung der Realitätswahrnehmung empfeh­len, dass Sie einmal einen Tag mit Ute Bock verbringen und sich erklären lassen, wie das in Wirklichkeit ausschaut! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

13.56


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Kollege Schennach.

 


13.56.33

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! In Re­spekt vor Ihrer Person und dem Amt habe ich natürlich Ihren Ordnungsruf zur Kenntnis genommen, aber im Respekt vor mir selbst werde ich mich dafür nicht entschuldigen!

Zweitens möchte ich hier zwei Dinge zurückweisen. Punkt eins: Der Herr Staatssekre­tär hat von der vereinigten Linken gesprochen. Ich weise im Namen der „Aktion Leben“ zurück, dass sie zur vereinigten Linken gehört, ich weise im Namen der Caritas zurück, dass sie zur vereinigten Linken gehört, ich weise auch im Namen der Volkshilfe zurück, dass sie dazugezählt wird. (Bundesrat Bieringer: Die gehört aber dazu!) Ich weise im Namen von Kardinal Schönborn zurück, dass er dazugehört, ich weise von der Person


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 35

des Bundespräsidenten zurück, dass sie dazugehört, von der Ärztekammer Wien, dass sie dazugehört. Rüsten Sie ab, Herr Staatssekretär! Wo Sie Mist gebaut haben, haben Sie Mist gebaut!

Ich weise weiters zurück, dass es eine rechtliche Notwendigkeit für diesen Erlass gegeben hätte, was hier aber behauptet wurde. Das Gegenteil ist der Fall! Es gibt mehrere Rechtsgutachten dazu. Summa summarum stelle ich hier in den Worten einer dieser Expertisen fest: Dieser Erlass ist eine rein politische Maßnahme und ist rechtlich nicht nachvollziehbar. – Dies nur, damit die Worte des Herrn Staatssekretärs hier noch zurechtgerückt werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

13.58


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Kollege Himmer, bitte.

 


13.58.07

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte nur festhalten, dass es schon eine Unkultur ist, wenn man hier zu unterscheiden beginnt, welche Personen man untergriffig beleidigen darf und welche nicht. Ich finde es eigentlich sehr arrogant, wenn man hier meint, wenn es politische Gegner betrifft, dass es da eine Kategorie von Personen gibt, für die die Umgangsfor­men des Hauses nicht gelten, die man aber umgekehrt für sich beansprucht. Ich weiß nicht, ob es Kollege Schennach für korrekt halten würde, wenn Kollege Westenthaler ihn irgendwann im Nationalrat auch beschimpfen würde, wie ihm gerade frisch ist. (Bundesrat Schennach: Wenn es Westenthaler tut, ist mir das relativ egal!) Ich halte es auf jeden Fall für eine Unkultur.

Genauso möchte ich ein Faktum festhalten, weil das immer wieder ein bisschen ver­kannt wird: Es ist unbestritten, dass die Sozialdemokratie aus den letzten Wahlen als stärkste Fraktion hervorgegangen ist. Warum Sie noch nicht da sitzen, hängt damit zu­sammen, dass Sie nicht die absolute Mehrheit haben und dass Ihr Parteivorsitzender eingeladen worden ist, eine Mehrheit in diesem Parlament zu bilden, und das ist ihm eben bis jetzt noch nicht gelungen. Deswegen ist diese Regierung noch im Amt, die im Übrigen trotz Verlusten zusammen mehr Mandate im Nationalrat hat als die Sozialde­mokratie alleine. Die von Ihnen, von einzelnen Fans immer wieder propagierte Minder­heitsregierung würde sich also in jedem Fall auf weniger Unterstützung im Nationalrat berufen können als die immer wieder in ihrer Legitimation angezweifelte Regierung.

Ich halte auch das für eine Unkultur, den Staatssekretär in der Weise zu maßregeln, lieber Kollege Harald Reisenberger, dass er überhaupt noch hier sitzen darf. Auch das ist eigentlich eine Unkultur, die ich namens meiner Fraktion aufs Schärfste zurück­weise! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit. – Bun­desrat Reisenberger: Nicht auf Grund der Regierung ...!)

14.00


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gelangt nun Herr Kollege Ko­necny. – Bitte. (Bundesrat Dr. Kühnel: Theatralischer Einsatz!)

 


14.00.38

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Lieber Herr Kollege, fürs Theater sind Sie zuständig, für das Sachliche ich. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es ist eine eigenartige und absolut unweihnachtliche Stim­mung in dieser Sitzung. Wir bekommen in rhythmischen Abständen – nicht nur vom Herrn Staatssekretär, aber er hat sich da gebührend angeschlossen – erzählt, wie großartig die Politik der letzten sechs Jahre war.


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 36

Gut, ich möchte Ihnen Ihren guten Kinderglauben nicht nehmen, schließlich ist Weih­nachten. Aber die Einzigen, die das zu beurteilen hatten, nämlich die österreichischen Wählerinnen und Wähler, haben ihr Urteil abgegeben. Das mag man als wenig befrie­digend, vielleicht sogar als ungerecht empfinden – das steht Ihnen zu; für solche emo­tionale Querlagen habe ich Verständnis, ich habe mich in meinem Leben auch schon ungerecht behandelt gefühlt –, aber es ist trotzdem die Rahmenbedingung, unter der wir heute zum Beispiel missratene Gesetze verbessern oder ändern oder klarstellen.

Ich glaube, es tut der österreichischen Demokratie gut, wenn man sich an diesen Zu­stand gewöhnt, dass eine Politik, die Sie mit Überzeugung vertreten haben – zumin­dest war das verbal immer auch in diesem Haus sehr deutlich –, die Zustimmung der Bevölkerung dieses Landes nicht gefunden hat und dass daher natürlich an dieser Politik wesentliche Veränderungen vorgenommen werden müssen, wenn der Auftrag der Wähler zu erfüllen ist.

Herr Kollege Himmer! Sie haben mit Recht darauf hingewiesen – das ist uns klar, und niemand von uns hat Derartiges je behauptet –, dass die SPÖ aus dem Wahlergebnis selbstverständlich keinen alleinigen Regierungsauftrag ableiten kann, weil sie über keine Mehrheit verfügt. Also bis in die Sechziger hinauf können auch wir gerade noch zählen – obwohl uns das manche Kolleginnen und Kollegen gelegentlich abzusprechen scheinen –, das wissen wir schon.

Es gibt parlamentarische Modelle, in denen sich eine Regierung ihre Unterstützung um den Preis des Kompromisses suchen muss. Jede nächste Regierung wird das tun müssen, auf der Basis einer Vereinbarung zwischen zwei relativ großen Parteien oder eben auch in anderer Form. Nichts davon ist illegitim; es gibt keine Mehrheit einer Par­tei.

Vor allem aber – und daran darf ich schon erinnern – gibt es keine Mehrheit mehr, weil die beiden Parteien, die die vorige Bundesregierung, hier vertreten durch den Herrn Staatssekretär, gebildet haben und die vor dieser Wahl rund 54 Prozent der Wähler­stimmen vertraten, eben auf unter 40 Prozent abgestürzt sind. Wenn das kein Votum über eine Politik ist – was soll es dann sonst sein?! (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen.)

Sie verzeihen uns die Ungeduld, die sich auch gegenüber dem Herrn Staatssekretär ausdrückt. Ja, wir meinen, dass diese Regierung schon mehr als zu lange als ge­schäftsführende Bundesregierung noch im Amt ist! Es gibt einen Zeitplan, zu dem wir stehen, und wir hoffen, dass wir im Jänner auch in diesem Haus eine Regierungs­erklärung vorgelegt bekommen, mit Inhalten, zu denen hoffentlich eine Mehrheit dieses Hauses auch stehen kann.

Nichts an Enttäuschung nehme ich Ihnen übel, aber ich würde Sie dringend einladen, von dieser Glorifizierung der letzten sechs Jahre möglichst rasch Abstand zu nehmen. Das teilt in diesem Land nur eine Minderheit, das ist in diesem Land auch angesichts der deutlicher werdenden Folgen nicht gerade sehr überzeugend. Sie können es uns jederzeit zurufen; es gehört gewissermaßen zu dem Opfer auf dem Altar der Demokra­tie, dass wir uns das anzuhören haben. Wir werden replizieren, ohne besondere Emo­tion, weil wir wissen, dass die Bedeutung – nicht die persönliche, das ist damit nicht gemeint, aber die Relevanz dieses Beschwörens, wie gut die sechs Jahre waren – eine relativ geringe ist.

Herr Staatssekretär! Das Einzige, was wir nicht geduldig ertragen, ist, wenn von der Regierungsbank – und das ist relativ nahe an den Mikrofonen – Zwischenrufe gemacht werden. Das war es im Übrigen, was der Kollege releviert hat; und ich glaube, völlig zu Recht! Herr Kollege Himmer, es bedarf dazu keines Knigges, den Sie aufstellen.


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 37

Wir meinen, diese Regierung ist schon zu lange im Amt: um sechs Jahre zu lang; das ist ein politisches Werturteil. Aber auch um drei Monate zu lang, und das ist ein tech­nisches Werturteil!

Wenn man schon Geschäfte führt, Herr Staatssekretär, dann heißt das nicht, dass man nichts sagen darf – aber dann, wenn einem das Wort erteilt wird! (Beifall bei der SPÖ.) Das möchten wir auch Ihrem allfälligen Nachfolger, in welcher Funktion auch immer, ausrichten. (Staatssekretär Dolinschek: Danke, Herr Oberlehrer!) Und das, Herr Kol­lege Himmer, gehört zur Würde dieses Hauses, dass es sich seine Regeln selbst auf­stellt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.06


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Kollege Bieringer.

 


14.06.45

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, was diese Debatte hier soll. (Bundesrätin Mag. Neuwirth: Wir eigentlich auch nicht!) Nur eines, Kollege Konecny: Wenn sich ein Regierungsmitglied oder ein Staatssekretär zu Wort meldet, wird es niemanden in diesem Haus geben, der ihm das Wort verbieten kann. – Erster Punkt. (Bundesrat Konecny: Zu Wort meldet! Das kann er jederzeit tun!)

Zweiter Punkt: Wenn man jemanden bei einer Rede dauernd provoziert, dann kann man nicht erwarten, dass er dort sitzt, womöglich zuhört und nichts sagt. (Bundesrat Konecny: Doch, das kann man!) Das würdest du, wenn du in der Situation des Herrn Staatssekretärs wärst, als Erster nicht tun! Das möchte ich auch einmal festhalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

Alle, die hier den scheinbaren Mantel der Entrüstung ausdrücken, sollen selber vor der eigenen Haustür kehren. Das ist ein altes Sprichwort. Ich würde Sie bitten, wieder zu dem Ton zurückzukommen, wie wir ihn an und für sich im Bundesrat bisher immer ge­wohnt waren. Wir haben darauf geachtet, dass wir niemanden verletzen und dass wir, auch wenn jemand einer anderen Meinung ist und aus tiefer Überzeugung einer ande­ren Meinung ist, diese Meinung wenigstens respektieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

14.08


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Daher ist die Debatte geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ich sehe, dies ist eben­falls nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.08.584. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2006 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Emissionszertifikategesetz geändert wird (18/A und 14 d.B. sowie 7650/BR d.B.)

 



BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 38

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Ta­gesordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Preiner übernommen. Ich bitte um den Be­richt.

 


14.09.14

Berichterstatter Erwin Preiner: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich lege Ihnen den Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezenter 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz geändert wird, dar.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich beschränke mich daher auf die An­tragstellung.

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Dezember 2006 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich möchte auch noch meine persönlichen Wünsche zum bevorstehenden Weihnachts­fest und zum neuen Jahr 2007 – trotz einiger inhaltlich nicht vorweihnachtlicher Debat­tenbeiträge – allen Kolleginnen und Kollegen übermitteln! (Beifall bei Bundesräten der SPÖ, ÖVP und Grünen.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


14.10.38

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die heutige Abstimmung findet deshalb statt, weil der Herr Nationalratsabgeordnete Kopf einen Antrag gestellt hat: Er hat offenbar als Erster oder Einziger das Problem erkannt, dass 1 Prozent an Reserve der Emissionszertifikate nicht ausreichen könnte, um die neuen Projekte der nächsten fünf Jahre abzudecken.

Ich habe heute im Ausschuss nachgefragt: Offensichtlich gab es auch schon im Um­weltministerium Menschen, die dieses Problem gesehen haben. Dies war aber nicht Anlass genug, einen Gesetzentwurf vorzulegen, sondern man hat eben Herrn Kopf bei seinem Antrag unterstützt. Und warum hat man das so gemacht? Möglicherweise des­halb, weil man sich eine Begutachtung ersparen wollte? Oder warum sonst macht das Ministerium nicht von sich aus einen Vorschlag, sondern wartet darauf, dass Herr Ab­geordneter Kopf das tut? (Bundesrat Schennach – in Richtung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll –: Weil es der Herr Minister dem Herrn Kopf gesagt hat, nicht?)

Vielleicht hat es der Herr Minister dem Herrn Kopf gesagt; ich weiß es nicht. Vielleicht ist auch Herr Kopf selbst draufgekommen. Das möchte ich jetzt gar nicht ausdiskutie­ren. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. – Bundesrat Schenn­ach: Nicht schlecht, hm?) Ich denke, diese Vorgangsweise, dass man Anträge stellt und keine Gesetzesvorlagen mehr vom Minister kommen, nur um sich die Begutach­tung zu ersparen, reißt in letzter Zeit doch ziemlich häufig ein. Das allein wäre schon ein Grund, das Gesetz abzulehnen.

Es gibt aber auch noch andere gute Gründe für die Ablehnung dieser Gesetzesän­derung. Diese Reserve ist nicht berechenbar; in Wirklichkeit wissen wir nicht, wie viel gebraucht wird, wir wissen offensichtlich nur, dass es mehr als 1 Prozent sein soll. Wir wissen auch nicht, welche neue Anlagen diese Emissionszertifikate jetzt mehr oder we­niger geschenkt, also gratis bekommen sollen. Wenn sich die Reserve nicht ausgeht,


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 39

dann wird irgendjemand Zertifikate zukaufen müssen; wer das sein wird, wissen wir auch nicht: ob das jetzt das BMLFUW oder „die zu beauftragende Stelle“ ist, die im Ge­setz auch nicht näher definiert ist. Wie gesagt, das alles wissen wir nicht so genau.

Dass es prinzipiell schon fair wäre, dass neue Anlagen die gleichen Voraussetzungen wie Altanlagen haben, sehen wir ja alle ein, denn alte Anlagen bekommen ihre Emis­sionszertifikate großteils ja auch gratis. In der nächsten Zuteilungsperiode werden alle Anlagen ein bisschen weniger bekommen, mehr oder weniger als Kompensation für das, was vorher mehr verteilt worden ist. (Präsident Kneifel übernimmt den Vorsitz.)

Aber es gibt eben eine ganze Menge an Dingen, die bei dieser neuen Regelung ein­fach unsicher sind. Wir wissen nicht, wie viele zusätzliche Zertifikate wir brauchen; wir wissen nicht, was diese Zertifikate kosten werden; wir wissen nicht, wie der Vertrag mit dieser zu beauftragenden Stelle aussehen wird; wir wissen auch nicht, wer die zu be­auftragende Stelle wirklich sein könnte; und wir wissen nicht, wer das Risiko trägt, wenn durch die Preisänderung der Zertifikate Mehrkosten entstehen. Genau genom­men, kennen wir die Konsequenzen aus dieser Gesetzesänderung meiner Meinung nach nicht. Wir wissen auch nicht, wie der Allokationsplan 2012 ausschauen wird und wovon man dann was wegnehmen soll. (Ruf bei der ÖVP: ... wissen überhaupt nichts!)

Wisst ihr es? – Im Ausschuss haben es heute die Beamten auch nicht gewusst. Mit „wir“ habe ich jetzt uns alle hier gemeint. Aber ihr könnt ja widersprechen und es mir sagen. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Das müssen Sie dann meine Beamten fragen! Die wissen alles!) Wirklich? – Vielleicht können sie dann noch erläutern, wie viel, wieso und warum. Im Ausschuss war es nicht so.

Im Ausschuss hat sich auch herausgestellt – das steht in den Unterlagen –, dass diese Änderung eine Voraussetzung für die Umsetzung des vorgeschlagenen Allokations­plans ist. Für mich läuft da insgesamt einiges verkehrt. Prinzipiell sollte dieser Emis­sionshandel doch dazu dienen ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Entschuldigung, ich bin am Wort!

Es läuft etwas verkehrt: Der Emissionshandel sollte dazu dienen, dass man Emissio­nen eindämmt. Und zwar deshalb, weil sich die Effizienz dann lohnt, weil man weniger für CO2-Äquivalente zahlen muss. Das ist meiner Meinung nach der Grund für den Emissionshandel. Die Erreichung dieses Zieles ist nicht sichtbar. Und die Erreichung dieses Zieles ist auch jetzt beim vorgeschlagenen neuen Allokationsplan nicht sichtbar. (Bundesrat Mayer: Sollen wir den Handel abschaffen, oder wie?)

Nein. – Meine Lösungsvorschläge kommen schon noch. Ich bin jetzt beim Aufriss des Problems. (Bundesrat Dr. Kühnel: Wir werden Sie langsam hinführen zu Lösungsvor­schlägen! – Heiterkeit bei der ÖVP.) – Dazu brauche ich Sie nicht. Ich lasse mich nicht von jedem führen, danke. (Bundesrat Schennach: Es scheint in der ÖVP generelle Unkenntnis da zu sein! Dafür brauchst du mehr Zeit!) – Soll ich es doch näher erläu­tern? (Bundesrat Schennach: Ja! – Bundesrat Dr. Kühnel: Bitte!) Okay. (Bundesrat Dr. Kühnel: Ich bitte darum ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Der neue Allokationsplan sieht mehr oder weniger „Business as usual“ vor, denn im Vergleich zum letzten Allokationsplan werden für etwa 500 000 Tonnen weniger Emis­sionszertifikate ausgegeben. Das heißt, das ist nicht wirklich viel. „Business as usual“ im Energiebereich heißt: Ökostrom ist gebremst, Effizienzsteigerungen sind verschla­fen, und für die neuen Kraftwerke müssen wir jetzt ein bisschen mehr Risikokapital zur Verfügung stellen.

Diese neuen Kraftwerke heißen aber auch: zusätzliche Emissionen. Die Alternative zu diesen neuen Kraftwerken sieht die EU offenbar in der Atomkraft als Lösungsmodell für alle Klimaprobleme. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Wir nicht!) – Die EU, habe ich so-


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 40

eben dazugesagt. Sie dagegen, Herr Minister, treten dann oft als Don Quichotte auf, der sich im Ministerrat gegen alle anderen EU-Minister wehren muss. Sie sind da ganz allein und ohne Strategie, kommt mir vor. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Allein in den letzten Wochen gab es einen Bescheid für eine Betriebsverlängerung von Pakš; das wird dann insgesamt 50 Jahre in Betrieb sein. Es gibt von Krško den zweiten Block, der geplant wird. Es gibt von Mochovce einen dritten und vierten Block, die ge­plant sind. Es gibt für Isar 1 und Philippsburg Sicherheitsanalysen, die mehr oder weni­ger nahe legen, dass man zusperren sollte. Es gibt Belene und Kozloduj, für die es 300 Millionen € an Kredit aus Brüssel geben soll. Es gibt Cernavodă in Rumänien, wo­für auch ein dritter und ein vierter Block in Aussicht genommen werden sollen.

In Österreich hört man aber in Wirklichkeit nur von Temelín – leider! Das ist eines von vielen Problemen, die wir haben. Was man in letzter Zeit über Temelín hört, ist, dass die Melker Protokolle vielleicht doch nicht (Bundesrat Schennach: Der Weisheit letzter Schluss!) der Weisheit letzter Schluss waren – danke! (Bundesrat Dr. Kühnel: Kollege Schennach! Sie haben eine Lösung ...?) –, weil sie möglicherweise völkerrechtlich doch nicht einklagbar sind. Und wenn sie nicht einklagbar sind, wird sich vielleicht auch keiner daran halten.

Zurück nach Österreich. Wir wollen jetzt also eine größere Reserve für neue Projekte, in erster Linie für neue Kraftwerksprojekte, einplanen. Das Kyoto-Protokoll heißt für uns, dass wir eigentlich CO2-Äquivalente einsparen sollten, nämlich, vom Jahr 1990 ausgehend, 13 Prozent. Ich habe das heute mit dem Taschenrechner gerechnet: Das wären 67,5 Tonnen. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Millionen Tonnen!) – Millionen Tonnen, ja, Entschuldigung – danke! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das wäre nett; mit 67,5 Tonnen hätten wir noch einiges mehr zu tun. Aber die Millionen hat der Herr Staatssekretär vorhin auch vergessen. (Ruf bei der ÖVP: Nein, das waren hundert­tausend!) – Die hunderttausend, okay.

Wenn Sie jetzt diese 67,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente mit einem Wert von unge­fähr 10 € je Tonne CO2-Äquivalent rechnen, dann kommen Sie auf 3,38 Milliarden € in fünf Jahren. Ein Drittel davon entfällt auf Energie und Industrie, also wären es 23 Millio­nen Tonnen und ein Gegenwert von ungefähr einer 1 Milliarde € in fünf Jahren CO2-Äquivalente.

Wenn ich mir jetzt anschaue, was die Ökostromförderung pro Jahr ausmacht, denke ich, dass wir in Österreich nach wie vor das Falsche fördern, nämlich den CO2-Ausstoß und nicht die Ökostromförderung; die liegt nämlich meines Wissens bei maximal 100 Millionen € pro Jahr.

Also für Energie und Industrie sind jetzt zugeteilt worden: 32,8 Milliarden €; nein, 32,8 Millionen Tonnen! – Entschuldigung, jetzt bin ich schon ganz durcheinander. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) 32,8 Millionen Tonnen! Aber es sind auch fast Milliarden Euro. (Bundesrat Dr. Kühnel: ... besser vorbereiten! – Weitere Zwischenrufe.) Ich werde das dann korrigieren.

Also für Energie und Industrie sind jetzt 32,8 Millionen Tonnen zugeteilt worden. Wenn man davon ausgeht, dass wir bis 2012 auf insgesamt 67,5 Millionen Tonnen reduziert haben sollten, dann wären für den Sektor Verkehr und Haushalte zuletzt nur noch insgesamt 34,7 Millionen Tonnen vorhanden. Da möchte ich gerne wissen, wie dann die Kyoto-Ziele eingehalten werden sollen; gerade im Sektor Verkehr kenne ich nicht besonders viele Konzepte.

Es gibt eine Aussage von Universitätsprofessor Stefan Schleicher; er sagt: Um das Re­duktionsziel von 13 Prozent zu erreichen, muss Österreich künftig im Rahmen des ETS aus dem Ausland 20 bis 30 Millionen Tonnen CO2-Zertifikate zukaufen. Die Preisent-


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 41

wicklung ist schwer abzuschätzen. Aber selbst bei 10 € pro Tonne wären das 1,5 Milli­arden in fünf Jahren.

Diese 1,5 Milliarden zahlt der Steuerzahler! (Ruf bei der ÖVP: Die werden sich bedan­ken!) – Dafür bedanke ich mich nicht, nein. Da zähle ich mich nämlich dazu. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Ich frage mich, ob diese Bundesregierung beziehungsweise Herr Kopf die Erreichung der Klimaschutzziele wirklich ernst nimmt. Immerhin sind das internationale Verträge, die wir unterzeichnet haben, und es gibt meines Wissens keinen Bereich, in dem Ös­terreich von der EU so oft ermahnt wird wie in der Umsetzung der Klimaschutzziele. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll.) – Vielleicht können Sie es mir dann noch erläutern.

Was mir fehlt, ist eine wirkliche Klimaschutzstrategie, die die Ziele in den einzelnen Be­reichen festlegt. Das wären dann für Energie und Industrie – wenn man vom jetzigen Anteil ausgeht – ein Drittel, also 25 Millionen Tonnen pro Jahr. Eine Strategie wäre auch, dass man die 10 Prozent an Emissionszertifikaten, die man versteigern könnte, auch versteigert; derzeit wird nur ungefähr 1 Prozent versteigert. Mit diesem Geld könnte man dann auch Maßnahmen finanzieren, die einer Effizienzsteigerung zugute kommen.

Zu einer Klimaschutzstrategie würde für mich auch gehören, dass man beim Verkehr Maßnahmen setzt und dass man von der EU aus verbindliche Normen festsetzt. Bis jetzt gibt es ja nur Empfehlungen.

Aber auch in Österreich könnte man einiges tun. Man könnte den Generalverkehrsplan auf seine Klimaverträglichkeit prüfen. Wir haben heute den Bericht des Rechnungshofs zur Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes übermittelt bekommen; da steht auch unter anderem, dass die geringste Anzahl von Projekten in den Bereichen Gleichberechti­gung – kein Wunder! –, Verkehr und internationale Verantwortung durchgeführt wer­den. Der Verkehr ist offensichtlich das Stiefkind, und man bemüht sich da nicht wirk­lich. Das wäre aber doch dringend notwendig.

Auch im Bereich der Haushalte wären Maßnahmen, und zwar verbindliche Maßnah­men, zu setzen: verbindliche Standards im Bereich Wohnbau und verbindliche Stan­dards, auch auf EU-Ebene, bei den Haushaltsgeräten. Die Empfehlungen, die es jetzt gibt, sind zwar nett, aber offensichtlich geht damit nicht wirklich viel weiter. Leider sind auch Effizienzkriterien noch viel zu wenig eine Grundlage für die Kaufentscheidungen der einzelnen BürgerInnen; das hat sich noch zu wenig herumgesprochen.

Es wird derzeit nicht reichen, Effizienz zu predigen. Letztendlich muss man verbind­liche Ziele festsetzen.

Damit möchte ich auch schon enden – ich habe zwar eine Dreiviertelstunde ver­sprochen, aber ich werde sie nicht einhalten –, und zwar noch einmal mit den Worten von Herrn Universitätsprofessor Dipl.-Ing. Dr. Schleicher (Zwischenruf des Bundes­rates Weiss):

„Wie könnte der Klimawandel unsere Gesellschaft verändern? – 1 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung würde ausreichen, um erwartete Schäden durch den Klimawandel abzuwehren, die in 50 Jahren das Fünf- bis Zwanzigfache dieser Investition zur Zu­kunftssicherung ausmachen könnten. Eine solche Versicherungsprämie würde aber schon jetzt reiche Dividenden bringen: von einer sicheren Versorgung mit lokal verfüg­barer Energie bis zu exportfähigen Technologien.“ – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

14.24



BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 42

Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Todt. Ich er­teile es ihm.

 


14.24.23

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Kerschbaum, die Reparatur des Gesetzes ist deswegen notwendig geworden, weil der Verfassungsgerichtshof wesentliche Teile des alten Ge­setzes aufgehoben hat, insbesondere die Zuteilungsverordnung. Daher wurde es not­wendig (Bundesrätin Kerschbaum: Die Reserve aber nicht!), und es ist nicht nur auf dem „Mist“ eines Abgeordneten ... (Bundesrätin Kerschbaum: Die Reserve war aber nicht notwendig, oder?) – Mag sein, aber es ist nicht nur auf dem „Mist“ eines Abge­ordneten gewachsen, sondern es war einfach notwendig, weil es der Verfassungsge­richtshof aufgehoben hat. (Bundesrätin Kerschbaum: Eben! Warum muss es dann ein Abgeordneter einbringen?)

Durch das Gesetz wird ein flexible Reserve geschaffen. Diese flexible Reserve ermög­licht es der Industrie und der E-Wirtschaft, durch einen Vorgriff auf die folgende Peri­ode weiterzuwachsen. Gleichzeitig werden E-Wirtschaft und Industrie CO2-effizienter. (Zwischenruf der Bundesrätin Kerschbaum.)

Das Gesetz ist gut für die Umwelt, daher sagen auch wir ja zu diesem Gesetz. Wir schaffen durch dieses Gesetz eines der besten Systeme bezüglich des Emissionshan­dels. Es ist ja so, dass die EU gerade Österreich – und wir haben das zweitbeste Sys­tem im Bereich des Emissionshandels – auch lobt und nicht nur kritisiert. Es gibt ja auch sehr positive Maßnahmen in diesem Bereich.

Es wird die Gesamtemission weiter abgesenkt und die CO2-Effizienz erhöht; das ist sehr gut für die Umwelt. Darüber hinaus ist dieses Gesetz gut für den Wirtschaftsstand­ort: Es ermöglicht der Industrie, zu modernisieren, und zwar so, dass weniger effiziente Anlagen durch wesentlich effizientere Anlagen ersetzt werden können.

Ich bin als Wiener besonders stolz darauf, dass wir in Wien das effizienteste kalorische Kraftwerk Europas betreiben: Die Effizienz von 86 Prozent gibt es in keinem anderen Land in Europa! Mit der Inbetriebnahme dieses Biomassekraftwerks – es ist übrigens ein so genanntes rot-grünes Projekt, dieses Kraftwerk, das wir jetzt in Betrieb genom­men haben, und es ist das größte Biomassekraftwerk in Europa – wurde ein Meilen­stein in der Umweltpolitik gesetzt. Das ist ein praktisches Beispiel umweltbewusster Politik.

Dieses Gesetz ist ein Beitrag dazu, dass die Energieversorgung ökologisch umgebaut werden kann. Es ist ein Beitrag zur Verbesserung der Umwelt. Wir stimmen daher die­sem Gesetz auch zu. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.27


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Diesner-Wais. Ich erteile es ihr.

 


14.27.35

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Herr Minister! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Ich selbst komme ja aus der Landwirtschaft, und da ist die Nachhaltigkeit einfach das oberste Prinzip und etwas ganz Wichtiges. Denken, leben, handeln und arbeiten für die nächste Genera­tion, das ist eines der obersten Ziele. Dies wird nicht nur im eigenen Betrieb, sondern auch im politischen Leben verwirklicht.

Ich glaube, so handeln wir auch. Wenn wir nur das Kyoto-Ziel hernehmen, das ja ge­setzt worden ist und wofür sich Österreich ein sehr ambitioniertes Ziel vorgenommen


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 43

hat – und zwar die Einsparung von 13 Prozent der Treibhausemissionen von 2008 bis 2012 gegenüber 1990 –, so ist das wirklich ganz vorzüglich im Vergleich zu den ande­ren Ländern in Europa, den übrigen der EU-15, die sich ja nur 8 Prozent vorgenommen haben.

Ich halte es für wichtig, den CO2-Ausstoß zu vermindern. Das kann aber nicht nur durch Worte passieren, sondern das passiert einfach dadurch, dass man dem Ganzen Instrumente gibt. Einen wichtigen Eckpfeiler in diese Richtung hat unsere Regierung geschaffen. Auch wenn Sie heute sagen, dass die Regierung nicht so gute Sachen ge­macht hat, denke ich doch, dass sie schon gute Sachen gemacht hat: Sowohl im wirt­schaftlichen Bereich als auch im umweltpolitischen Bereich hat sie wirkliche Eckpfeiler eingesetzt!

Wir sehen erste Erfolge ja schon dahin gehend, dass wir 2004 die Emissionen um 1,3 Prozent gegenüber 2003 senken konnten. Diese Erfolge können wir eben darauf zurückführen, dass wir die Beimischverordnung geschaffen haben: 2,5 Prozent Alkohol aus Biostoffen werden unserem Benzin beigemischt. Für diese Beimischverordnung können wir unserem Minister wirklich herzlich danken! Er hat es zustande gebracht, nicht nur in diesem Bereich erfolgreich zu sein, sondern – wenn Sie in letzter Zeit die Nachrichten gehört haben, werden Sie alle es wissen – er hat es auch geschafft, für ein kleines Land im Bereich der Genmaisverordnung ein wirklich ambitioniertes Ziel zu erreichen. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Wenn wir jetzt noch bei der Beimischverordnung bleiben: Es soll bis 2008 ein Ausmaß von 5,75 Prozent erreicht werden. Damit ist Österreich Spitzenreiter in ganz Europa, das kann ich behaupten.

(In Richtung Bundesrätin Kerschbaum:) Da du das Ökostromgesetz angesprochen hast: Hier haben wir auch das Ziel, auf 10 Prozent zu gelangen. Wir sind auf gutem Weg dahin. In Niederösterreich haben wir es fast erreicht, und wir denken schon an eine Aufstockung.

Der Emissionshandel ist auch etwas sehr Wichtiges. Da sind wir laut Umweltagentur unter allen 25 EU-Staaten an erster Stelle.

Auch im Bereich der Umweltförderungen haben wir, glaube ich, sehr Nennenswertes geleistet, denn hier haben wir einen klimapolitischen Schwerpunkt von 2000 bis 2005 gesetzt. Es wurden 5 400 Projekte speziell aus den Bereichen Energieeffizienz und er­neuerbare Energie mit 271 Millionen € gefördert.

In der Umwelttechnologie gab es eine Exportoffensive, da haben wir auch sehr viel ge­tan. Denn wir sind auch hier relativ weit vorne, und 20 000 Beschäftigte konnten 4 Milli­arden € für Österreich erwirtschaften. Das ist natürlich eine gute Sache.

Was den Wohnbau betrifft, möchte ich nur unser Bundesland Niederösterreich herneh­men. Dort haben wir im letzten Jahr eine neue Wohnbauförderung geschaffen, diese ist auch speziell auf Umweltaspekte ausgerichtet. Ich erwähne nur den Energieaus­weis, der notwendig geworden ist. Darin ist der Standort – ob die Wohnung nach Sü­den ausgerichtet ist – ein wichtiger Punkt, die Wohnraumlüftung, das Heizsystem und natürlich die gute Dämmung, vom Niedrigenergie- bis zum Passivhaus. In diesem Be­reich sind wir eigentlich Spitzenreiter.

Im industriellen Bereich haben wir mit der Zuteilung der Emissionszertifikate und der Möglichkeit, neue dazuzukaufen, ein marktwirtschaftliches Instrument geschaffen. Wir haben hier erste Erfahrungen gemacht, und es hat sich jetzt gezeigt, dass eine Ab­änderung aus zwei Gründen notwendig ist.


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 44

Der eine Grund ist das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, in dem er gesagt hat, dass eine verfassungskonforme Neuregelung in einem Teilbereich des Emissionszerti­fikategesetzes geschaffen werden muss. Dabei geht es im Kern um die Erhaltung des österreichischen Rechtsquellensystems bei der Erstellung des Zuteilungsplans und der nachfolgenden Zuteilungsverordnung, was eine strukturelle Novellierung im Bereich der diesbezüglich relevanten Bestimmung erfordert.

Der zweite Punkt ist die flexible Reserve, die in Zukunft wiederbefüllbar sein soll. Im Rahmen des Zuteilungsplans für die Periode von 2008 bis 2012 soll eine neue Re­serveregelung getroffen werden, um sicherzustellen, dass geplante Neuanlagen im Verlauf der Handlungsperiode wettbewerbsneutralen Zugang zu kostenfreien Emissi­onszertifikaten aus der Reserve erhalten. Die bisher vorgesehene Reserve von 1 Pro­zent der Gesamtzuteilungsmenge dürfte in den nächsten Jahren nicht ausreichen, da einige Großprojekte, insbesondere im Bereich der Energiewirtschaft, in Planung sind. Nun ist es wichtig, einen Weg zu finden, der die Zuteilung auch an diese Anlagen er­möglicht und gleichzeitig nicht im Widerspruch zur Beschränkung der Zuteilungsmenge im Einklang mit dem Kyoto-Ziel steht.

Ich kann sagen, wir in Österreich sind im Umweltbereich, in der Umwelttechnik und auch in der Umweltförderung (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Musterland!), im Um­weltschutz Vorreiter, hätte ich sagen wollen. Der Herr Minister hat mir das Wort in den Mund gelegt: Musterland, und ich kann es auch bestätigen.

Ich glaube, Alternativenergien sind in Österreich ein Thema, und für Alternativenergie und erneuerbare Energie steht Österreichs Wirtschaft, steht auch Österreichs Landwirt­schaft. Sie sind Garanten dafür, dass wir in Zukunft die Energie, die wir brauchen, aus unserem eigenen Land bereitstellen können – wir sind auf dem Weg dahin – und dass wir nicht immer abhängig sind. Darauf sind wir, glaube ich, besonders stolz.

In diesem Sinne beschließen wir heute auch diese Abänderung für eine gute Umwelt in unserem Land, für unsere künftigen Generationen, denen wir verpflichtet sind, und für eine gesunde Wirtschaft. Diese Basis ist natürlich auch notwendig. (Beifall bei der ÖVP.)

14.35


Präsident Gottfried Kneifel: Eine zweite Wortmeldung zu diesem Tagesordnungs­punkt liegt von Frau Bundesrätin Kerschbaum vor. Ich erteile ihr das Wort.

 


14.35.41

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Frau Kollegin Diesner-Wais, ich weiß schon, der Herr Minister ist euer Don Quichotte, und es liegt offenbar am Namen Pröll, dass man sich ständig bedanken muss. Ich weiß, es sind bei uns in Niederösterreich häufig die Pla­kate an den Straßen zu sehen: Danke, Herr Landeshauptmann, für ...! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Und offenbar muss man auch sagen: Danke, Herr Minister, für ...! – Es liegt vielleicht wirklich am Namen. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Müsste es nicht, aber ich freue mich!)

Danke, Herr Minister, für ..., ich lasse mir dann noch etwas einfallen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Okay, für die Genmais-Geschichte – obwohl Sie beim Genmais auch nicht ganz allein waren. Aber es ist okay.

(In Richtung Bundesrätin Diesner-Wais:) Du hast unsere niederösterreichische Wohn­bauförderung so hervorgehoben. Diese ist im Prinzip ganz gut, es gibt aber österreich­weit auch noch bessere. Vorarlberg zum Beispiel hat einen ganz anderen Standard. (Bundesrat Mayer: Jawohl!) In Vorarlberg hat man einen anderen Standard: Da ist das


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 45

Passivhaus Standard und nicht, wie in Niederösterreich, bestenfalls das Zuckerl. (Bun­desrat Schennach: Jürgen! Applaus!) – Bitte, Applaus!

Wo auch einiges im Argen liegt, das merkt man jedes Mal in diesem Haus: Was die Energieeffizienz bei öffentlichen Gebäuden betrifft, ist noch einiges zu tun und nachzu­holen. Ich denke dabei gerade auch an dieses Haus, in dem es oft zieht wie in einem Vogelhaus. (Bundesrat Schennach: Das stimmt! – Bundesrat Weiss: Das hat aber nichts mit dem Namen Pröll zu tun! – Weitere Zwischenrufe.)

Herr Todt hat gesagt: Der Grund für die Änderung des Emissionszertifikategesetzes war das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs. – Das ist der Grund für einen Teil der Änderung, der andere Teil der Änderung ist ebendiese Reserve.

Was wir kritisieren, ist einfach, dass diese Reserve oder die Ausnutzung dieser Re­serve in Wirklichkeit komplett unklar ist. Es steht drin, dass es mindestens 1 Prozent sein muss, aber nicht „höchstens oder maximal so und so viel Prozent“. Das ist schon etwas, was mich stört, noch dazu, wenn ich nicht weiß, was die Zertifikate kosten wer­den. Natürlich werden sie 2012 zurückgerechnet, aber das ist eben noch lange hin.

Beim Ökostromgesetz ist die Ökoenergie gedeckelt worden. Die Emissionszertifikate sind nicht wirklich gedeckelt, weil bei diesem 1 Prozent ja „mindestens“ steht; und „ma­ximal“ steht nicht dabei.

Herr Kollege Todt hat auch ein Biomasse-Heizkraftwerk erwähnt. Es ist sicherlich ganz sinnvoll, Biomasse-Heizkraftwerke zu bauen, aber meiner Meinung nach hat das nicht viel mit Emissionszertifikaten zu tun. Die Großprojekte, um die es geht, sind andere, würde ich einmal sagen. (Bundesrat Todt: Es ist ein Beitrag zum Klimaschutz!) Ja, das ist ein Beitrag zum Klimaschutz, aber CO2-Emissionen – gerade beim Ökostrom spart man ja auch CO2-Emissionen ein. Aber für Ökostromprojekte brauche ich keine Zertifi­kate. (Beifall bei den Grünen.)

Damit ihr auch noch danke sagen könnt: Schöne Weihnachten wünsche ich euch auch! (Beifall bei den Grünen.)

14.39


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. Ich erteile es ihm.

 


14.39.07

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Da ich, wenn ich es richtig sehe, der letzte Redner an diesem Plenartag bin und sich schon alle auf Weihnachten freuen, möchte ich es nicht mehr überstrapazieren. Aber ein paar Punkte sollen noch angemerkt sein, die ich auch nicht so im Raum stehen lassen kann, vor allem, was die Klärung des Themas betrifft: Wor­um geht es beim EZG, dem Emissionszertifikategesetz?

Vereinfacht gesagt: Wir hatten Handlungsbedarf. Wir haben mit dem Emissionshandel in Europa nur einen Teil unserer Klimastrategie umgesetzt, aber man muss ja das Ganze herabbrechen: Wo stehen wir? Was sind die Verpflichtungen, die wir in Kyoto eingegangen sind? Was sind die Mechanismen, die uns helfen sollen, diese ambitio­nierten Ziele für Österreich, aber auch für Europa insgesamt und für jene Länder, die das auch unterschrieben haben, umzusetzen?

Es gibt mehrere Handlungsfelder. Das gilt es zum einen, im Bereich der Energiewirt­schaft, in der Frage der Raumwärme, in der Frage der Sanierung und des Neubaus von Häusern energieeffizient zu sein, von fossilen Energieträgern auf erneuerbare Energieträger umzurüsten und den CO2-Ausstoß zu minimieren. Es ist zum Zweiten im


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 46

Verkehrsbereich ohne Zweifel ein großes Thema umzusetzen, nämlich die Umlenkung von der Straße auf die Schiene vorzunehmen, und gleichzeitig ist auch zu versuchen, durch umwelttechnologische Fortschritte den Verbrauch zu drosseln und fossile Ener­gieträger sukzessive durch nachwachsende Rohstoffe wie Biodiesel und Ethanol zu er­setzen.

Der dritte Punkt ist der Emissionshandel. Der Emissionshandel ist ein Instrument, um der Industrie einen Deckel zu geben. Wer den zugeordneten Deckel pro Betriebsein­heit durchstößt, hat Zertifikate am Markt zuzukaufen, und wer seine Anlage effizienter fährt, kann Emissionszertifikate verkaufen.

Frau Bundesrätin Kerschbaum! Wenn Sie mir sagen, dass Sie nicht wissen – und das ist ein Kritikpunkt –, wie der Zertifikatspreis zustande kommt: Das ist Marktwirtschaft! (Bundesrätin Kerschbaum: Ja! Aber es ist nicht abschätzbar!) Wir setzen in der Um­weltpolitik erstmals mit einem marktwirtschaftlichen Instrument, nämlich mit einem Zer­tifikatehandel, Anreizsysteme, um effizient zu wirtschaften und damit auch Geld verdie­nen zu können.

Im Übrigen nur ein kleiner Hinweis, Frau Bundesrätin, gerade an die Grünen: Wenn Sie wüssten, was auch die Grünen gerade bei der Zuteilung für die Voest in Linz an Plänen und Zielvorstellungen hatten – wie großzügig man doch vielleicht bei der Voest han­deln sollte, um keine Arbeitsplätze aufs Spiel zu setzen! –, dann würde ich mit ein­seitigem Zuteilen sehr aufpassen. (Bundesrätin Kerschbaum: Das können Sie aber nicht ...!) Ich bin davon ausgegangen, dass alle Anlagen, die betroffen sind, in gleicher Weise behandelt werden.

Das haben wir dann auch – damit bin ich schon wieder weg vom Thema – gemeinsam entwickelt; es waren nicht nur die Grünen in Oberösterreich – um das Thema zu voll­enden –, aber auch die Grünen in Oberösterreich. Es ist uns dies, glaube ich, wirklich gelungen, gerade für ein Unternehmen wie die Voest. –

Wenn es Ausbaupläne gibt, dann werden wir uns Folgendes überlegen: Wie können wir im Emissionshandel mit der Gestaltung einer Reserve-Vorgriffsmöglichkeit und -Be­anspruchung diesen Unternehmen für künftige Investitionen auch eine Perspektive ge­ben? Oder wollen Sie durch diese restriktiven Maßnahmen ohne Reservegestaltung den Wirtschaftsstandort Österreich nachhaltig schädigen und die CO2-Emissionen in der Slowakei produzieren? – Es bringt der Umwelt nichts! Und ich habe es lieber hier, unter unserer Aufsicht, mit einem klaren Emissionshandelsplan für die Zukunft.

Wenn Sie im Übrigen sagen – und das ist mein Abschluss –, dass Österreich in der Frage Klimaschutz immer kritisiert wird, dann übersehen Sie das, was uns die Union auch mitteilt, gerade im Emissionshandel: Wir waren aus Sicht der Industrie das zweitschärfste, aus Sicht der Umwelt das zweitbeste Land bei der Deckelung mit den CO2-Zertifikaten in der ersten Handelsperiode: das zweiteffizienteste Land von 25! (Bundesrat Bieringer: So schaut es aus! – Bundesrätin Kerschbaum: Wer hat das ge­sagt?) – Ich kann Ihnen gerne die Beurteilung der Europäischen Union über die erste Handelsperiode geben: Da liegen wir sensationell gut!

Auf dieser Basis, mit dem Emissionszertifikategesetz nach dem VfGH-Urteil und der notwendigen Reservegestaltung, werden wir jetzt den Nationalen Allokationsplan für die zweite Periode entsprechend in Brüssel ausarbeiten, zusammen mit einer neuen Klimastrategie. Ich habe dafür auch wieder mit einem Oberösterreicher, nämlich mit Erich Haider, im Übereinkommen für eine Koalition – so sie zustande kommt – im Um­welt- und Landwirtschaftsbereich Konsens darüber erzielt, dass wir im Energiebereich, im Klimaschutzbereich und in all diesen Bereichen, die uns helfen, das Klimaschutzziel zu erreichen, zukünftig weiter gemeinsam vorgehen werden.


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 47

Abschließend, Frau Bundesrätin: Ich finde es ein bisschen überraschend, dass Sie von mir einfordern, ich solle quasi eingreifen, wenn ein Abgeordneter des Parlaments mit einem Initiativantrag eine Gesetzesinitiative ergreift. Wissen Sie, da bin ich als Minister sehr demütig: Wenn der höchste Souverän sich bemüht, etwas auf den Weg zu brin­gen, und sich dazu entscheidet (Heiterkeit bei der ÖVP), dann gilt das auch für mich und vor allem für mich!

Herzlichen Glückwünsch für das Neue Jahr, frohe Weihnachten und alles Gute! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

14.44


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.44.505. Punkt

Wahl von Vertretern Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Euro­parates

 


Präsident Gottfried Kneifel: Nunmehr kommen wir zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Einer Vereinbarung der Fraktionen entsprechend sind vom Bundesrat ein Mitglied und drei Ersatzmitglieder in die Parlamentarische Versammlung des Europarates zu wäh­len.

Es liegen mir Wahlvorschläge vor, Herrn Bundesrat Mag. Harald Himmer als Mitglied sowie Herrn Bundesrat Hans Ager, Herrn Bundesrat Ewald Lindinger und Herrn Bun­desrat Peter Mitterer als Ersatzmitglieder in die Parlamentarische Versammlung des Europarates zu wählen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die den von mir bekannt gegebenen Wahlvorschlägen ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stim­meneinhelligkeit. Die Wahlvorschläge sind somit angenommen.

Die von mir genannten Mitglieder des Bundesrates sind somit als Mitglied und Ersatz­mitglieder in die Parlamentarische Versammlung des Europarates gewählt. Ich wün­sche den Gewählten bei ihrer zukünftigen Tätigkeit viel Erfolg!

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

 


Präsident Gottfried Kneifel: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungs­weise in der heutigen Sitzung eine Anfrage eingebracht wurde.

*****


BundesratStenographisches Protokoll740. Sitzung / Seite 48

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht bezie­hungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich be­danke mich bei Ihnen für die konstruktive Mitarbeit in diesem Hause im abgelaufenen Jahr. Insbesondere schließe ich auch den Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Hause ein.

Insbesondere bedanke ich mich als scheidender Präsident für die Mitarbeit in der Prä­sidiale bei meiner Vizepräsidentin, beim Vizepräsidenten und bei allen Fraktionsobleu­ten für die konstruktive Arbeit, wünsche gesegnete Weihnachten, einige ruhige Tage für Sie persönlich, viel Glück und vor allem Gesundheit im neuen Jahr, damit wir im Jahre 2007 wieder mit frischer Kraft an die Arbeit gehen können! Kommen Sie gut nach Hause! (Allgemeiner Beifall.)

Die Sitzung ist geschlossen.

14.47.27Schluss der Sitzung: 14.47 Uhr

 

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien