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768. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

Donnerstag, 26. März 2009

 

 


Stenographisches Protokoll

768. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 26. März 2009

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 26. März 2009: 9.02 – 18.41 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geän­dert, und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird

2. Punkt: Bundesverfassungsgesetz, mit dem besondere Bestimmungen für die Neu­ermittlung der Verteilung von nach der Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments 2009 zu vergebenden Mandaten durch die Bundeswahlbehörde erlassen werden

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizei­ge­setz 2005 und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden

4. Punkt: Bericht der Bundesministerin für Inneres an das österreichische Parlament zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2009 und zum Achtzehnmonatsprogramm des französischen, tschechischen und schwedischen Vorsitzes

5. Punkt: Bundesgesetz über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (Bundes-Umwelthaftungsgesetz – B-UHG)

6. Punkt: Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Ver­bringung gefährlicher Abfälle und ihre Entsorgung; Entscheidungen der Vertrags­parteien VI/35 und VII/19 über die Änderung oder Anpassung der Abfalllisten, die in den Anhängen VIII und IX enthalten sind

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Klima- und Energiefondsgesetz (KLI.EN-FondsG) geändert wird

8. Punkt: Jahresvorschau des BMLFUW 2009 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission sowie des operativen Jahrespro­gramms des Rates

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird – Steuerreformgesetz 2009 (StRefG 2009)

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und das Bankwesengesetz geändert werden


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird – Konjunkturbelebungsgesetz 2009

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem eine Ökoprämie für Fahrzeugtausch eingeführt wird (Ökoprämiengesetz)

13. Punkt: EU-Jahresvorschau 2009 des Bundesministeriums für Finanzen

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Strafgesetz­buch, die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Tilgungs­ge­setz 1972, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Straf­regis­tergesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (Zweites Gewaltschutzgesetz – 2. GeSchG)

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Jurisdiktionsnorm, das Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung, die Zivilprozessordnung, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Außerstreitgesetz, die Exekutionsordnung, die Konkursordnung, das Gerichts­organisationsgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gebührenanspruchsgesetz, das Sachverständigen- und Dolmetschergesetz, das Gerichtsgebührengesetz und das Mietrechtsgesetz geändert werden (Zivilverfahrens-Novelle 2009 – ZVN 2009)

17. Punkt: Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts des Commonwealth der Bahamas zum Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung

18. Punkt: Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts der Republik San Marino zum Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte inter­nationaler Kindesentführung

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz, das Richtwertgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und das Heizkostenabrechnungsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2009 – WRN 2009)

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz geändert wird

21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 ge­ändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2009 – SRÄG 2009)

22. Punkt: Bericht des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumen­tenschutz zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission und des Rates für das Jahr 2009

23. Punkt: Übereinkommen über Streumunition

24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Verbot von Streu­munition geändert wird

25. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Tschechischen Republik über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, Bildung, Wissenschaft, Jugend und des Sports

26. Punkt: Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes

27. Punkt: Erklärung europäischer Regierungen über die Phase des Einsatzes der Träger Ariane, Vega und Sojus vom Raumfahrtzentrum Guayana aus


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 3

28. Punkt: Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Ange­legenheiten an das österreichische Parlament betreffend EU-Arbeitsprogramm 2009

*****

Inhalt

Bundesrat

Antrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Ludwig Bieringer, Kolleginnen und Kollegen, den Bericht der Bundesministerin für Inneres an das österreichische Parlament zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2009 und zum Achtzehnmonatsprogramm des französischen, tschechischen und schwedischen Vorsitzes (III-366-BR/2009 d.B.),

die Jahresvorschau des BMLFUW 2009 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission sowie des operativen Jahres­programms des Rates (III-368-BR/2009 d.B.),

die EU-Jahresvorschau 2009 des Bundesministeriums für Finanzen (III-364-BR/2009 d.B.),

den Bericht des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumen­ten­schutz zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission und des Rates für das Jahr 2009 (III-365-BR/2009 d.B.) und

den Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegen­heiten an das österreichische Parlament betreffend EU-Arbeitsprogramm 2009 (III-362-BR/2009 d.B.)

gemäß § 16 Abs. 3 GO-BR ohne Vorberatung durch einen Ausschuss unmit­telbar in Verhandlung zu nehmen – Annahme ................................................................................................  35, 35

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 12

Fragestunde (139.)

Bundeskanzleramt ....................................................................................................... 12

Mag. Gerald Klug (1655/M-BR/09); Josef Saller, Stefan Schennach

Martin Preineder (1651/M-BR/09); Elisabeth Grimling, Monika Mühlwerth

Monika Mühlwerth (1658/M-BR/09); Ferdinand Tiefnig, Reinhard Todt, Peter Mitterer

Monika Kemperle (1656/M-BR/09); Johannes Peinsteiner, Stefan Schennach

Elisabeth Greiderer (1652/M-BR/09); Elisabeth Grimling

Ing. Siegfried Kampl (1654/M-BR/09); Günther Kaltenbacher, Martina Diesner-Wais, Elisabeth Kerschbaum

Erwin Preiner (1657/M-BR/09); Franz Wolfinger, Monika Mühlwerth

Gottfried Kneifel (1653/M-BR/09); Albrecht Konecny, Peter Mitterer


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 4

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 35

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 35

Verhandlungen

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert, und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (487/A und 94 d.B. sowie 8079/BR d.B.) ...................................................................................................... 36

Berichterstatter: Franz Perhab ...................................................................................... 36

Redner:

Stefan Schennach ........................................................................................................ 37


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 5

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 38

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Bun­desverfassungsgesetz, mit dem besondere Bestimmungen für die Neuermittlung der Verteilung von nach der Wahl der Mitglieder des Europäischen Parla­ments 2009 zu vergebenden Mandaten durch die Bundeswahlbehörde erlassen werden (506/A und 121 d.B. sowie 8074/BR d.B. und 8080/BR d.B.) ........................................ 38

Berichterstatter: Franz Perhab ...................................................................................... 38

Redner/Rednerinnen:

Albrecht Konecny ................................................................................................... ..... 38

Dr. Franz Eduard Kühnel ....................................................................................... ..... 39

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter .................................................. 40

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 41

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005 und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden (88 d.B. und 116 d.B. sowie 8084/BR d.B.) ...................................................... 41

Berichterstatter: Kurt Strohmayer-Dangl .................................................................... 41

Redner/Rednerinnen:

Efgani Dönmez ........................................................................................................ ..... 41

Günther Molzbichler ............................................................................................... ..... 42

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ..... 44

Christoph Kainz ...................................................................................................... ..... 45

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 48

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ............................................. ..... 50

Dr. Erich Gumplmaier ............................................................................................ ..... 52

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 53

Dr. Franz Eduard Kühnel ....................................................................................... ..... 56

Josef Kalina .................................................................................................................. 58

Edgar Mayer .................................................................................................................. 61

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 63

4. Punkt: Bericht der Bundesministerin für Inneres an das österreichische Parlament zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2009 und zum Achtzehnmonatsprogramm des französischen, tschechischen und schwedischen Vorsitzes (III-366-BR/2009 d.B.)                        63

Redner/Rednerinnen:

Albrecht Konecny ................................................................................................... ..... 63

Dr. Franz Eduard Kühnel ....................................................................................... ..... 66

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 67

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ..... 68

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ............................................. ..... 69

Annahme des Antrages, den Bericht III-366-BR/09 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ...... 72

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bun­desgesetz über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Um­weltschäden (Bundes-Umwelthaftungsgesetz – B-UHG) (464/A und 96 und Zu 96 d.B. sowie 8071/BR d.B. und 8081/BR d.B.) ........................................... 72

Berichterstatter: Ing. Hans-Peter Bock ........................................................................ 72

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 73

Erwin Preiner .......................................................................................................... ..... 74

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ..... 76

Reinhard Jany ......................................................................................................... ..... 76

Martin Preineder ..................................................................................................... ..... 77

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ..... 78

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 80

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung ge­fähr­licher Abfälle und ihre Entsorgung; Entscheidungen der Vertragspar­teien VI/35 und VII/19 über die Änderung oder Anpassung der Abfalllisten, die in den Anhängen VIII und IX enthalten sind (52 d.B. und 98 d.B. sowie 8082/BR d.B.) ............ 80

Berichterstatter: Ing. Hans-Peter Bock ........................................................................ 80

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum .........................................................................................  80, 84

Werner Stadler ........................................................................................................ ..... 81

Günther Köberl ....................................................................................................... ..... 82

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ..... 84

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ............................................................................................... ..... 85

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Klima- und Energiefondsgesetz (KLI.EN-FondsG) geändert wird (36 d.B. und 99 d.B. sowie 8083/BR d.B.)     ............................................................................................................................... 86


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 6

Berichterstatter: Ing. Hans-Peter Bock ........................................................................ 86

8. Punkt: Jahresvorschau des BMLFUW 2009 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-368-BR/2009 d.B.)              ............................................................................................................................... 86

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 86

Erwin Preiner .......................................................................................................... ..... 87

Martina Diesner-Wais ............................................................................................. ..... 89

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ..... 91

Martin Preineder ..................................................................................................... ..... 92

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 7, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 93

Annahme des Antrages, den Bericht III-368-BR/09 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ...... 93

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird – Steuer­reformgesetz 2009 (StRefG 2009) (54 d.B. und 124 d.B. sowie 8069/BR d.B. und 8075/BR d.B.) .......................................................... 94

Berichterstatterin: Christa Vladyka ............................................................................... 94

Redner/Rednerinnen:

Peter Mitterer .......................................................................................................... ..... 94

Mag. Gerald Klug .................................................................................................... ..... 95

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 97

Elisabeth Greiderer ................................................................................................ ..... 99

Efgani Dönmez ........................................................................................................ ... 101

Erwin Preiner .......................................................................................................... ... 102

Anneliese Junker .................................................................................................... ... 104

Wolfgang Schimböck, MSc ................................................................................... ... 105

Franz Perhab ........................................................................................................... ... 107

Stefan Schennach ................................................................................................... ... 108

Staatssekretär Dr. Reinhold Lopatka ................................................................... ... 110

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 112

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und das Bankwesen­gesetz geändert werden (48 d.B. und 130 d.B. sowie 8076/BR d.B.) ............................................................................................................... 112

Berichterstatterin: Christa Vladyka ............................................................................. 112

Redner/Rednerinnen:

Johann Kraml .......................................................................................................... ... 112

Edgar Mayer ................................................................................................................ 113

Efgani Dönmez ........................................................................................................... 114

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 115

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird – Konjunkturbelebungsgesetz 2009 (91 d.B. und 134 d.B. sowie 8077/BR d.B.) ............................................................................................................... 115


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 7

Berichterstatter: Wolfgang Sodl ................................................................................. 115

Redner/Rednerinnen:

Peter Mitterer .......................................................................................................... ... 116

Mag. Gerald Klug .................................................................................................... ... 117

Anneliese Junker .................................................................................................... ... 118

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 119

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem eine Ökoprämie für Fahrzeugtausch eingeführt wird (Öko­prämiengesetz) (92 d.B. und 137 d.B. sowie 8070/BR d.B. und 8078/BR d.B.) ................................................................................. 119

Berichterstatter: Wolfgang Sodl ................................................................................. 119

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ... 120

Wolfgang Beer ........................................................................................................ ... 121

Peter Mitterer .......................................................................................................... ... 122

Friedrich Hensler .................................................................................................... ... 123

Stefan Schennach ................................................................................................... ... 124

Kurt Strohmayer-Dangl ......................................................................................... ... 125

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 126

13. Punkt: EU-Jahresvorschau 2009 des Bundesministeriums für Finanzen (III-364-BR/2009 d.B.)      ............................................................................................................................. 126

Annahme des Antrages, den Bericht III-364-BR/09 d.B. zur Kenntnis zu nehmen .... 127

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Strafgesetz­buch, die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Tilgungs­gesetz 1972, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Strafregistergesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (Zweites Gewaltschutzgesetz – 2. GeSchG) (271/A, 82/A, 81/A und 106 d.B. sowie 8072/BR d.B. und 8085/BR d.B.)    ............................................................................................................................. 127

Berichterstatter: Günther Kaltenbacher .................................................................... 127

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird (107 d.B. sowie 8086/BR d.B.)                   127

Berichterstatter: Günther Kaltenbacher .................................................................... 127

Redner/Rednerinnen:

Peter Mitterer .......................................................................................................... ... 128

Ana Blatnik .............................................................................................................. ... 128

Kurt Strohmayer-Dangl ......................................................................................... ... 129

Stefan Schennach ................................................................................................... ... 131

Bundesministerin Mag. Claudia Bandion-Ortner ............................................... ... 132


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 8

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 14, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 133

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 15, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 133

16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem die Jurisdiktionsnorm, das Einführungsgesetz zur Zivil­pro­zess­ordnung, die Zivilprozessordnung, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Außerstreitgesetz, die Exekutionsordnung, die Konkursordnung, das Ge­richtsorganisationsgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gebührenanspruchs­gesetz, das Sachverständigen- und Dolmetschergesetz, das Gerichts­gebühren­gesetz und das Mietrechtsgesetz geändert werden (Zivilverfahrens-No­velle 2009 – ZVN 2009) (89 d.B. und 114 d.B. sowie 8073/BR d.B. und 8087/BR d.B.)          ............................................................................................................................. 134

Berichterstatter: Günther Kaltenbacher .................................................................... 134

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 134

17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts des Commonwealth der Bahamas zum Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (12 d.B. und 115 d.B. sowie 8088/BR d.B.)    ............................................................................................................................. 134

Berichterstatterin: Elisabeth Grimling ....................................................................... 134

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 135

18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend eine Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts der Republik San Marino zum Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (49 d.B. sowie 8089/BR d.B.)                135

Berichterstatterin: Elisabeth Grimling ....................................................................... 135

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 135

19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz, das Richtwertgesetz, das Wohnungs­eigentumsgesetz 2002, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und das Heiz­kosten­abrechnungsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2009 – WRN 2009) (513/A und 122 d.B. sowie 8090/BR d.B.)                         136

Berichterstatterin: Elisabeth Grimling ....................................................................... 136

Redner/Rednerinnen:

Maria Mosbacher .................................................................................................... ... 136

Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg ...................................................................... ... 137

Ing. Hans-Peter Bock .............................................................................................. ... 139

Bundesministerin Mag. Claudia Bandion-Ortner ............................................... ... 140

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 141


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 9

20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz geändert wird (159/A und 138 d.B. sowie 8092/BR d.B.)                   141

Berichterstatterin: Elisabeth Greiderer ...................................................................... 141

Redner/Rednerinnen:

Werner Stadler ........................................................................................................ ... 141

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 142

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 143

21. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geän­dert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2009 – SRÄG 2009) (160/A und 139 d.B. sowie 8091/BR d.B.) ................................................................... 143

Berichterstatterin: Monika Kemperle ......................................................................... 143

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 144

22. Punkt: Bericht des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumen­tenschutz zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission und des Rates für das Jahr 2009 (III-365-BR/2009 d.B.)                       144

Annahme des Antrages, den Bericht III-365-BR/09 d.B. zur Kenntnis zu nehmen .... 144

Gemeinsame Beratung über

23. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend Über­einkommen über Streumunition (77 d.B. und 100 d.B. sowie 8093/BR d.B.) ................................................................. 144

Berichterstatterin: Mag. Bettina Rausch .................................................................... 144

24. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Verbot von Streumunition geändert wird (75 d.B. und 101 d.B. sowie 8094/BR d.B.)   ............................................................................................................................. 144

Berichterstatterin: Mag. Bettina Rausch .................................................................... 144

Redner/Rednerinnen:

Mag. Wolfgang Erlitz .............................................................................................. ... 145

Dr. Franz Eduard Kühnel ....................................................................................... ... 146

Stefan Schennach ................................................................................................... ... 147

Bundesminister Dr. Michael Spindelegger ......................................................... ... 148

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 23, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 150

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 24, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 150

Gemeinsame Beratung über

25. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend Abkom­men zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Tschechischen Republik über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur,


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 10

Bildung, Wissenschaft, Jugend und des Sports (23 d.B. und 102 d.B. sowie 8095/BR d.B.) ............................................................................................................... 150

Berichterstatterin: Mag. Bettina Rausch .................................................................... 150

26. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend Über­einkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes (24 d.B. und 103 d.B. sowie 8096/BR d.B.) ....................... 150

Berichterstatterin: Mag. Bettina Rausch .................................................................... 150

27. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend Erklärung europäischer Regierungen über die Phase des Einsatzes der Träger Ariane, Vega und Sojus vom Raumfahrtzentrum Guayana aus (26 d.B. und 104 d.B. sowie 8097/BR d.B.) ................................................................. 150

Berichterstatterin: Mag. Bettina Rausch .................................................................... 150

28. Punkt: Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten an das österreichische Parlament betreffend EU-Arbeits­programm 2009 (III-362-BR/2009 d.B.)                             150

Redner/Rednerinnen:

Monika Kemperle .................................................................................................... ... 151

Reinhard Jany ......................................................................................................... ... 153

Stefan Schennach ................................................................................................... ... 153

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ... 155

Johannes Peinsteiner ............................................................................................. ... 156

Dr. Andreas Schnider ............................................................................................. ... 157

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 25, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z. 2 B-VG die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen ........................................ 159

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 26 1. gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, 2. dem Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z. 2 B-VG die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen und 3. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z. 3 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben ................................................... 160

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 27, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 160

Annahme des Antrages, den Bericht III-362-BR/09 d.B. zur Kenntnis zu nehmen .... 160

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesräte


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 11

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Doppelstaatsbürgerschaften Österreich-Türkei (2662/J-BR/09)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Abendschulen des Bundes (2663/J-BR/09)

Anfragebeantwortung

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Bun­desräte Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie (2452/AB-BR/09 zu 2655/J-BR/09)


09.01.32


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 12

Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

 


Präsident Harald Reisenberger: Ich eröffne die 768. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 767. Sitzung des Bundesrates vom 13. März 2009 ist auf­gelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Johann Ertl, Waltraut Hladny, Georg Keuschnigg, Juliane Lugsteiner, Reinhard Winterauer und Sonja Zwazl.

09.02.27 Fragestunde

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir gelangen nun zur Fragestunde.

Ich darf in unserer Mitte recht herzlich Herrn Bundeskanzler Werner Faymann be­grüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Bevor ich nun – um 9.02 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen beginne, weise ich darauf hin, dass ich die Fragestunde im Einvernehmen mit den beiden Vizepräsidenten, um die Behandlung aller mündlichen Anfragen zu ermöglichen, auf bis zu 120 Minuten erstrecken kann.

Bundeskanzleramt

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir kommen nun zur 1. Anfrage an den Herrn Bundeskanzler.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Mag. Klug, um seine Frage.

 


Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Der österreichische Arbeitsmarkt steht im Moment unter einem besonderen Druck. Daher meine Frage:

1655/M-BR/2009

„Welche Maßnahmen plant die österreichische Bundesregierung zur Sicherung eines hohen Beschäftigungsniveaus am österreichischen Arbeitsmarkt?“

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Mitglieder des Bundesrates! Sehr verehrter Herr Bundesrat Klug, ich weiß, dass Sie, wie wir alle gemeinsam, versuchen, in einer Krise möglichst mit den Möglichkeiten, die es national gibt, gegenzusteuern, ohne deshalb die Illusion zu haben, dass man mit Maßnahmen eine Krise, die aus den Vereinigten Staaten gekommen ist und die eine besondere Wucht erreicht hat, mit der sie auch Europa und auch unser Land erfasst hat, einfach wie mit einem Schwamm wegwischen könnte.

Es geht also um Maßnahmen, die zur Gegensteuerung der Krise gedacht sind. Wir haben mit der Senkung der Steuern für Tarife, mit Investitionen in wesentlichen Be­reichen – der Schiene, der Straße, der Forschung, der Schulen, der Universitäten, des Hochbaus –, mit dem Vorziehen von Maßnahmen, die geplant waren, ein Konjunk­turpaket mit Finanzmitteln geschnürt, durch die es in Summe, wenn man auch die Leistungen der Bundesländer dazuzählt – gerade bei Ihnen ist es ja wichtig, den Föderalismus besonders hervorzustreichen! –, eindeutig zu den stärksten Konjunk­turprogrammen in Europa gehört.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 13

Es sagen einige, das sei das zweitstärkste Konjunkturprogramm. Ganz gleich, ob es das stärkste oder zweitstärkste Konjunkturprogramm ist: Es ist jetzt unsere Arbeit, diese Punkte der Investition, der Steuersenkung, der Familienförderung, also in allen Bereichen, die wir gemeinsam beschlossen und vereinbart haben, bis hin zur Unter­stützung der Banken und des Finanzmarktes – ich betone: keine Subvention, sondern Haftung, für die bezahlt wird, Partizipationskapital, für das mit Zinsen bezahlt wird! –, Schritt für Schritt umsetzen.

Zwischen einem Beschluss und der Umsetzung liegt ein gewisser Zeitraum. Ich kann Ihnen daher zwar mit Stolz sagen, dass wir im Bereich der Steuerreform, im Bereich der genannten Maßnahmen für Familien völlig im Zeitplan liegen. Der Großteil der Maßnahmen wird aber erst etwa Mitte des Jahres in einem großen Umfang entweder in Form von Aufträgen oder in Form von Senkungen, die der einzelne spürt und merkt, bei den Leuten sein. Dann lässt sich auch überprüfen, welche Wirkung wir damit erzielen.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bun­desrat.

 


Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Auch wenn wir in dieser Woche schon im „Kurier“ lesen durften, dass einiges auch in der Auftragsvergabe hinsichtlich der Gemeinden in Bewegung ist, sind wir als gelernte Politiker mit den Informationen aus den Zeitungen verständlicherweise immer sehr, sehr vorsichtig. Und wenn wir schon die Gelegenheit haben, so einen kompetenten Ansprechpartner zu finden, möchte ich daher meine Zusatzfrage stellen:

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Plant die Bundesregierung im Bereich der öffent­lichen Auftragsvergabe, insbesondere bei den Gemeinden, zur Stärkung der regio­nalen Arbeitsmärkte Veränderungen?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Es hat im Europäischen Rat, insbesondere bei den informellen Treffen der Regierungsverantwortlichen, eine große Rolle gespielt, zu betonen, dass wir mit Unterstützung der europäischen Gesetzgebung und vor allem der Kommissionen daran interessiert sind, unsere Beschlüsse so umzusetzen, dass wir nicht auf der einen Seite eine Vorziehung von Maßnahmen beschließen – vielen kleinen, aber wichtigen Baumaßnahmen, die besonders die Gemeinden betreffen – und auf der anderen Seite mit Vergaberichtlinien konfrontiert sind, die das oftmals gar nicht ermöglichen. Das heißt, man will schnell sein, und auf der anderen Seite ist das rechtlich oft aus ganz anderen Gründen, die damals eine Rolle gespielt haben, als diese Grenzen geschaffen wurden, in der Schnelligkeit, wie es sich die Bürgerinnen und Bürger erwarten, gar nicht möglich.

Daher nützen wir jene Spielräume, die durch Verordnung von mir erlassen werden können, die allerdings für das Inkrafttreten die Zustimmung der Bundesregierung erfor­derlich machen. Daher wäre es möglich, diese Schwellenwerte und Grenzen anzu­heben, wenn die Bundesländer, wovon ich ausgehe und wo ich auch sehr positive Rückmeldungen habe, zustimmen. In diesem Fall wäre das Inkrafttreten bereits mit Mai möglich.

Wir planen, die Grenze für die freie Vergabe auf 100 000 € anzuheben und die Grenze im nicht offenen Verfahren auf 1 Million €. Das soll nicht gegen die Sparsamkeit oder die ordentliche Vergabe gerichtet sein, sondern es soll ermöglichen, diese Schnellig­keit, die beim Gegensteuern in der Krise eine Bedeutung hat, durch diese Maßnahme zu unterstützen.

 


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Saller.

 



BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 14

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Wie stehen Sie zu dem Vorschlag, eine mit 20 Millionen € dotierte AMS-Stiftung für jugend­liche Arbeitslose einzurichten, um so den Jugendlichen eine Chance auf dem Arbeits­markt zu geben?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich unterstütze sehr die Vorschläge der Sozial­partner, in diesen Bereichen Arbeitsstiftungen einzurichten. Ich weiß, dass gerade in Krisenzeiten Jugendbeschäftigung eines der auch emotional wichtigsten Themen einer Gesellschaft ist. Es gibt natürlich gar keinen Arbeitslosen, bei dem man sagen könnte, da ist es gleichgültig. Es ist jeder Arbeitslose einer zu viel. Egal, wie alt ein Arbeitsloser ist: Es ist ein schweres Schicksal für die davon Betroffenen.

Trotzdem ist das Signal, unser Augenmerk besonders auf die Ausbildungsgarantie für Jugendliche zu richten, Stiftungen zu schaffen, mit den Betrieben gemeinsame Lösungen zu suchen, dort auch über die aktive Arbeitsmarktverwaltung unterstützend tätig zu sein, auch im kommenden Budget für genau diese Maßnahmen in Zusam­menarbeit mit den Sozialpartnern Mittel zur Verfügung zu stellen, von besonderer Wichtigkeit.

Ich unterstütze diese Maßnahmen, weil ich glaube, dass es besser ist, aktiv zu sein als ausschließlich über die Stabilisationsfaktoren dann Arbeitslosengelder zu bezahlen.

 


Präsident Harald Reisenberger: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bun­desrat Schennach zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Die Arbeitslosigkeit gerade bei den jungen Menschen bedrückt die Regierung. Das wissen wir aus den Erläuterungen. Sie wirkt derzeit ganz massiv, insbesondere im Bereich der 19- bis 24-Jährigen.

Welche konkreten Maßnahmen werden Sie zur Bewältigung der Arbeitslosigkeit gerade in dieser Bevölkerungsgruppe setzen, die ja auch durch die Leiharbeitsverträge und die Freisetzungen wiederum doppelt betroffen sind?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Geschätzter Herr Bundesrat! Das ist unsere Hauptsorge, und deshalb wollen wir durch Ausbildungsgarantien erreichen – auch durch die Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze, die wir finanziell im Budget für Herbst vorbereitet haben –, dass wir Menschen, die eine Ausbildung antreten, die also im Alter von 16 bis 19 oder 20 Jahre sind, recht gut erfassen. So, wie Sie sagen, ist dann unsere Sorge die – die auch berechtigt ist –: Wenn ein Betrieb sogar mit öffent­licher Förderung mehr Menschen ausbildet, als er selbst behalten kann – vor allem in diesen schwierigen Zeiten –, dann verschiebt sich das Problem natürlich. Viele Be­triebe können, weil sie derzeit keine zusätzlichen Arbeitsplätze schaffen können, weil die Auftragslage nicht demgemäß ist, es sich dann natürlich auch nach der Aus­bildung – auch wenn es eine gute Ausbildung ist – in der jetzigen wirtschaftlichen Situation nicht leisten, diese jungen Menschen auch aufzunehmen.

Daher ist das unsere Hauptsorge. Man soll aber nicht sagen: Dann streichen wir auch die Ausbildungsgarantien! – Nein, es ist wichtig, dass die Jugendlichen und jungen Menschen eine gute Ausbildung bekommen. Ich meine aber, dass neben dem Ausbau von weiteren Bildungsmaßnahmen dort, wo 19- oder 20-Jährige Defizite haben, nur die Möglichkeiten der allgemeinen Arbeitsmarktmaßnahmen greifen können.

Ich kann mir nicht vorstellen, wie wir außer dem Ausgleich von Defiziten, wenn sie im Bildungsbereich bestehen – da hat der Sozialminister einige Maßnahmen angekündigt


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 15

und auch vorbereitet –, ein spezielles Beschäftigungsprogramm für 20- bis 25-Jährige machen sollten. Das sehe ich nicht! Man kann nicht Betrieben in Form von Einstel­lungs­gesetzen oder anderen genau für diese Altersgruppe eine Vorgabe machen. Diese hätte ja keinen Sinn, weil sich auf der anderen Seite Betriebe entweder von bestehenden Mitarbeitern trennen müssten oder überhaupt eine derartige Bürokratisie­rung in wirtschaftlich schwierigen Zeiten völlig kontraproduktiv wäre.

Daher sind die Möglichkeiten in diesem Bereich nur zusätzliche Bildungsmaßnahmen zur Beseitigung vorhandener Defizite und allgemeine Beschäftigungsmaßnahmen.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir gelangen nun zur 2. Anfrage, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Preineder, um die Verlesung seiner Anfrage.

 


Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Bundeskanz­ler! Die ORF-Landesstudios stellen einen wesentlichen Beitrag zur regionalen Infor­mation und auch zur Landesidentität dar.

Meine Frage:

1651/M-BR/2009

„Wie wollen Sie im künftigen ORF-Gesetz sicherstellen, dass der Österreichische Rundfunk einen angemessenen Teil seiner Finanzmittel für die Tätigkeiten der neun Landesstudios vorbehält, wie dies in § 5 Abs. 6 des ORF-Gesetzes vorgesehen ist?“

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Herr Bundesrat! Wie Sie selbst erwähnt haben, ist in der Bundesverfassung, die die Unabhängigkeit des ORF schützt, auch die Auto­nomie in finanzieller Hinsicht geregelt.

Auch das ORF-Gesetz, das immer wieder durch Rechnungshofkritik und auch durch allge­meine politische Diskussionen unter Beschuss gerät – ob dort zu viele Menschen im Stiftungsrat über die Geschicke des Unternehmens bestimmen –, ist Grundlage einer Diskussion, der wir uns wie allen anderen Vorschlägen, die der Rechnungshof macht, auch im Bereich des ORF zu stellen haben. Wie kann man wirtschaftlich ein Unternehmen dabei unterstützen, nicht nur unabhängig zu sein, sondern auch wirt­schaftlich zu überleben. Unabhängigkeit hilft ja nur dann, wenn auch die finanzielle Basis vorhanden ist. Dasselbe gilt natürlich auch für die Landesstudios.

Ich stehe selbstverständlich zu der Bedeutung der Landesstudios. Ich habe sie ja in meiner langjährigen Landesregierungszeit als besonders nahe am Bürger agierendes gewünschtes Service für die Bürgerinnen und Bürger, das dazu da ist, aus dem eigenen Bundesland direkt Information zu bekommen, kennengelernt. Es gibt sicher auch dort Möglichkeiten der Effektivitätssteigerung – wie überall im Leben –, das wird auch für Landesstudios gelten.

Prinzipiell sind die Landesstudios am besten dadurch zu sichern, dass man dafür sorgt, dass der ORF in seiner mittel- und langfristigen Planung ein gesichertes Unternehmen ist.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wird eine Zusatzfrage gewünscht?  – Bitte.

 


Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Wir hoffen, dass der ORF ein gesichertes Unternehmen ist. Deshalb die Zusatzfrage:

Wie können Sie in Hinkunft kontrollieren, dass es nicht wie in der Vergangenheit so ist, dass die Landesstudios nicht jene Mittel erhalten, die ihnen eigentlich per Gesetz zustehen? Der Bundeskommunikationssenat hat am 17. November 2008 festgestellt,


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 16

dass der ORF notwendigerweise Zusatzeinnahmen in den Landesstudios über zusätz­liche Werbeeinnahmen generieren musste, weil diese Mittel nicht geflossen sind.

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich bin nicht der Finanzverantwortliche des ORF – dieser hätte sicher die Aufgabe, Ihnen das detaillierter zu beantworten. Ich habe aber persönlich das Gefühl, wenn ich mir die Ausstattung der Landesstudios ansehe, dass die Ausstattung der Landesstudios nicht so schlecht ist.

Ich bin im Detail sicher kein guter Zeuge für das eine oder andere konkrete, im operativen Bereich Liegende, aber generell ist mein Eindruck über die Ausstattung und auf der anderen Seite die Sendezeiten, die ihnen zur Verfügung stehen, gar nicht so ein schlechter.

 


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Grimling.

 


Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Werden sich auf Grund der geplanten ORF-Gesetznovelle die Rahmenbedingungen für Landesstudios ändern?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich weiß natürlich nie, ob bei parlamentarischen Diskussionen über Gesetze Parlamentarier Ideen und Initiativen setzen, die mir zur Stunde nicht bekannt sind. Es wäre auch vermessen, das vorhersehen zu wollen. Aber ich gestehe Ihnen: Ich selbst habe nicht vor, Änderungen in diesem Bereich vorzu­schlagen.

 


Präsident Harald Reisenberger: Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Mühlwerth, bitte.

 


Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Der ORF ist mittlerweile seit Monaten schon im Gespräch – und das nicht unbedingt positiv. Und gestern im „Club 2“ hat der ehemalige General­intendant des ORF Gerd Bacher noch ein bisschen nachgelegt und wird heute im „Standard“ zitiert: „Wrabetz“ – also der jetzige Intendant – „habe sich ‚von den Parteien die schlechteste Mannschaft aufs Auge drücken lassen, die der ORF je hatte‘.“

Und er sagt weiter: „Die Koalition von ÖVP und SPÖ zeige eine gewisse ‚Kolonisie­rungstendenz‘“, die die Unabhängigkeit, die Sie heute betont haben, eindeutig gefähr­det.

Wie sehen Sie das, Herr Bundeskanzler? Hat Gerd Bacher recht?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Gerd Bacher hat in seiner Zeit sicher gewusst, welche Maßnahmen er vorschlägt. Daraus stammt ja auch sein guter Ruf; aber ich glaube, das betrifft seine Zeit von damals.

Jetzt sind die Verantwortlichen dort tätig, die damals durch den Stiftungsrat eingesetzt wurden.

Tatsächlich gibt es ein Problem der finanziellen Sicherheit der Zukunft des ORF. Und das ist auch jenes Problem – und das spreche ich immer offen an –, dem wir uns nicht verschließen dürfen.

Wenn Sie sich die Berichterstattung des ORF anschauen, dann werden Sie sehen, dass wir keinen Grund haben, dort einzugreifen, denn die Berichterstattung ist viel­fältig, informativ, objektiv. Manches Mal ärgert sie uns, wenn etwas nicht so ist wie wir


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 17

es uns wünschen, aber das gehört zum objektiven ORF dazu. Da besteht also kein Handlungsbedarf für die Politik selbst.

Ein Handlungsbedarf ist natürlich bei der Frage gegeben, wie der ORF finanziell ge­sichert werden soll! Es geht auf der einen Seite um Rücklagen, die vorhanden sind, oder das Stiftungsvermögen und andererseits um Rücklagen, die für Abfertigungen und gesetzlich bestimmte Faktoren zu bilden sind. Zu dem, was übrig bleibt, kann man sich wie bei einer Schneeschmelze ausrechnen: Wenn jedes Jahr Defizite entstehen, wie lange dauert es, bis die vorhandenen Mittel nicht mehr vorhanden sind?

Daher muss man die Frage rechtzeitig beantworten und nicht zu spät, nicht dann, wenn nichts mehr da ist, sondern in einer Zeit, wo wir sehen, dass jedes Jahr Verluste gemacht werden, dass die Werbeeinnahmen nicht steigen, sondern sinken, dass die Konkurrenz bei der Werbung durch ausländische, deutschsprachige – selbstver­ständ­lich in erster Linie deutschsprachige – Werbefenster natürlich eine ernsthafte Konkur­renz auch im Preis ist, nämlich bei den Preisen, die der ORF in der Vergangenheit für seine Werbung im Vergleich zur ausländischen Konkurrenz erzielt hat.

Das alles gilt es zu sehen! Manchmal kommen auch Vorschläge: Soll der ORF über­haupt Werbung machen? Dann bleiben aber nur mehr die Gebühren. Zu den Ge­bühren wissen wir, dass die Konsumentinnen und Konsumenten das Gefühl haben, dass sie prozentuell – nicht jeder Einzelne, aber in Summe – eher weniger von den Programmen des ORF in Anspruch nehmen als noch vor einigen Jahren, dass sie zeitlich gesehen nicht zusätzlich Angebote des ORF, sondern eher andere Angebote verstärkt annehmen.

Also immer zu sagen: Wir erhöhen die Gebühren!, das wäre auch keine richtige Antwort. Daher bleibt uns gemeinsam gar nichts anderes übrig – ohne die Objektivität da auch nur im Geringsten in Frage zu stellen –, als zu fragen, wie das Unternehmen so geführt werden kann, dass es einen eigenständigen, unabhängigen und möglichst an niemanden abverkauften ORF auch noch in einigen Jahren gibt. Je früher man das anspricht – und mir scheint, zurzeit ist das keine Frage von Stunden oder Tagen, sondern von Monaten –, desto eher ist es der richtige Moment, noch im heurigen Jahr eine Entscheidung darüber zu treffen, wie der ORF nicht nur die Unabhängigkeit auf dem Papier, sondern auch die finanzielle Sicherheit dahingehend behalten kann, ein eigenständiges Unternehmen zu bleiben.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir gelangen nun zur 3. Anfrage. Ich bitte die An­fragestellerin, Frau Bundesrätin Mühlwerth, um deren Verlesung.

 


Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, meine Frage lautet:

1658/M-BR/2009

„Werden Sie im Sinne des allgemeinen, freien, persönlichen Wahlrechts verfassungs­rechtliche Schritte setzen, um bei zukünftigen Wahlen die Briefwahl zu verbessern und das E-Voting zu verhindern?“

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Verehrte Frau Bundesrätin! Ich darf noch einmal in Erinnerung rufen, dass wir, wie Sie wissen, betreffend Briefwahl in der letzten Novelle zur Europawahlordnung die Stimmabgabe mittels Brief wesentlich vereinfacht haben – etwa die eidesstattliche Erklärung, die Übermittlung der Wahlkarten, die Portofreiheit et cetera –, um die Maßnahmen für die Briefwahl generell zu verbessern.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 18

Zum Kern Ihrer Frage, zum E-Voting ist festzuhalten – wir haben da noch viele offene Fragen hinsichtlich einer verlässlichen und geheimen Wahl, auch einer überprüfbar geheimen Wahl und fairer Bedingungen einer Wahl zu beantworten, die nicht auf die leichte Schulter genommen werden dürfen –, dass wir daher im Regierungsüberein­kom­men keine Aussage über das E-Voting getroffen haben, weil es bei allgemeinen Wahlen nicht vorgesehen ist.

Sie wissen, dass es bei den Hochschülerschaftswahlen – also außerhalb der National­ratswahlen und der von uns direkt zu bestimmenden Wahlen – so eine Möglichkeit gibt. Wir werden sehen, ob das zu mehr Wahlbeteiligung führt und welche Erfahrungen dort gewonnen werden können. Zur Stunde ist sich die Regierung darüber einig, dass E-Voting bei Nationalratswahlen oder anderen allgemeinen Wahlen in unserem Land nicht eingeführt werden sollte.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Frau Bun­desrätin.

 


Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Ich hätte noch eine Zusatzfrage bezüglich der Zuständigkeiten. In Bezug auf die Briefwahl haben ja auch Verfassungsexperten hinsichtlich der von Ihnen jetzt genannten Verbesserung Bedenken geäußert.

In einer Anfragebeantwortung, Herr Bundeskanzler, haben Sie uns, die freiheitlichen Nationalratsabgeordneten, an das Bundesministerium für Inneres verwiesen. Dieselbe Anfrage an das BMI hat ergeben, dass sich auch das BMI für nicht zuständig erklärt hat. Wer ist also jetzt zuständig?

 



BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 19

Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Neben der politischen Zuständigkeit in der Regie­rung, die immer gesamt gilt, dass wir also gemeinsam eine Antwort geben, auch wenn verschiedene Bereiche zuständig sind, werde ich meinen Verfassungsdienst befragen und Ihnen eine detaillierte, auch rechtliche Zuständigkeit zukommen lassen.

 


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Tiefnig.

 


Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundeskanzler! Mit der Einführung der Briefwahl in Österreich wurde erstmals sichergestellt, dass alle Bür­gerinnen und Bürger vom Wahlrecht Gebrauch machen können. Dies war früher bei Landtagswahlen nicht möglich, wenn sich die Staatsbürgerinnen und Staatsbürger nicht im selben Bundesland aufhielten.

Daher meine Frage: Welchen Stellenwert hat für Sie die Sicherstellung des Prinzips des allgemeinen Wahlrechts bei allen Wahlen?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Herr Bundesrat, ich bin davon überzeugt: den­selben wie für Sie. Es ist undenkbar, eine andere Position als die Ihre und unsere einzunehmen, nämlich alles zu unternehmen, um die Grundsätze und damit auch die rechtlichen Grundlagen und auch Werte in unserer Republik zu schützen. Und dazu gehört auch das allgemeine und geheime Wahlrecht.

 


Präsident Harald Reisenberger: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Todt.

 


Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Herr Bundeskanzler, können Sie mir sagen, ob vonseiten der Bundesregierung die Information über die Briefwahl, insbesondere für ältere Menschen, verbessert wird?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Herr Bundesrat, ich bin Ihrer Meinung, dass wir, obwohl wir als Regierung, als Bundesräte, als Abgeordnete oft das Gefühl haben, dass wir einen Ablauf schon kennen, weil wir selber schon so oft darüber diskutiert haben, dann den falschen Eindruck haben, dass das schon bei jenen Menschen angekommen ist, für die es eigentlich gedacht ist. Das ist in der Politik ein generelles Problem, aber das gilt auch bei der Briefwahl. Ich unterstreiche, dass wir mit den Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit, die uns zur Verfügung stehen – da fühle ich mich auch mit dem Bundeskanzleramt direkt und natürlich auch mit den anderen Regierungsmitgliedern politisch zuständig –, diese Information verbessern müssen.

Wer einmal, völlig unabhängig von der Politik, im Freundeskreis gefragt hat: Wie kennst du dich bei der Briefwahl aus?, wundert sich, wie viele Menschen, nicht nur ältere, aber auch ältere – ich habe aber auch schon jüngere erlebt, die nicht gewusst haben, wie das abläuft –, sich nicht auskennen. Da müssen wir sicher etwas tun, auch wenn es uns selbst manches Mal schon ausreichend vorkommt, aber gerade bei der Briefwahl müssen wir die Information verstärken.

 


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Mitterer.

 


Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler, werden Sie sich dafür einsetzen, dass das E-Voting-System nicht weiter verfolgt wird?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Wir beobachten natürlich schon bei der ÖH-Wahl, welche Auswirkungen es hat. Aber ich habe keine Absicht – ich sehe auch von den anderen Partnern der Regierung keine Absicht in diese Richtung –, das E-Voting-System etwa für die Nationalratswahlen oder andere Wahlen weiter zu verfolgen.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir gelangen nun zur 4. Anfrage. Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Kemperle, um die Verlesung ihrer Anfrage.

 


Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Herr Bundeskanzler, meine Frage lautet:

1656/M-BR/2009

„Welche Maßnahmen wurden auf Ebene der Europäischen Union zur Ankurbelung der Konjunktur vereinbart?“

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Erfreulich ist, dass auf Ebene der Europäischen Union, im Europäischen Rat, aber auch durchaus begleitend, vorbereitend und auch nachher mit den nötigen Beschlüssen des Europäischen Parlaments Maßnahmen gesetzt wurden. Im ersten Schritt sind Maßnahmen gesetzt worden, um die Finanz­marktkrise so zu stabilisieren, dass nicht etwa durch den Konkurs einer Bank andere in die Insolvenz mitgerissen werden.

Es ist uns bisher nicht gelungen, in der öffentlichen Diskussion klarzumachen, dass ein ausreichendes Haftungspaket in allen wesentlichen Ländern der Europäischen Union – damals am selben Tag verlautbart und dann auch schrittweise noch vor Weihnachten überall so weit umgesetzt – und eine Stabilisierung des Finanzmarkts einen Wert haben, den man nicht unterschätzen darf.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 20

Ich bringe da immer eine Maßnahme aus Österreich als Beispiel. Als damals die Regierung gesagt hat, jeder Sparer kann sich darauf verlassen, dass sein Sparbuch abgesichert ist, weil die Republik die Haftung dafür übernimmt, sind viele Verun­sicherungen, die man gar nicht kleinreden darf, doch mit einem Schlag bei den Men­schen beseitigt gewesen.

Es haben damals viele gemeint: Na ja, wer wird schon sein Geld abheben und was soll er dann machen? Soll er es zuhause aufbewahren? Das ist sicher schlechter, als es auf dem Sparbuch zu lassen! – Aber man darf nicht unterschätzen, wie in dieser unsicheren Zeit, in diesen Tagen doch in den Bankfilialen sichtbar war, dass es mehr Menschen als sonst gab, die sich Sorgen gemacht haben, die nachgefragt haben, und auch manche, die ihr Geld abgehoben haben.

Also Haftungen für Bürgerinnen und Bürger, Haftungen für wirtschaftliche Kreisläufe, für Betriebe über den Weg des Finanzmarkts und der Banken und der Verantwortung der Banken zu übernehmen, das ist nicht ein Geschenk für Bankdirektoren, sondern das ist ein wichtiger Faktor der Stabilisierung, um nicht quasi in einem Sturm völlig Unbetroffene und Unbeteiligte mitzureißen.

Wären Banken in England oder in Österreich in dieser Zeit insolvent geworden – mit unabsehbaren Folgen für andere Banken, Betriebe, Unternehmer und betroffene Menschen –, hätte die Finanzmarktkrise durchaus, nach den Erfahrungen der dreißiger Jahre oder den Erfahrungen aus der Asienkrise, viele in einem Ausmaß hinunter­gerissen, wie wir es uns jetzt Gott sei Dank nicht vorstellen können; denn jede Ka­tastrophe, die nicht eintritt, will man sich ja gar nicht mehr vorstellen. Das ist ja ein durchaus menschlich richtiger Zugang.

Aber ich betone ausdrücklich, dass dieses Auffangnetz an Haftungen für Banken für uns und in ganz Europa deshalb so wichtig und daher wahrscheinlich der erste wich­tige Ansatz für ein Konjunkturpaket und für Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit war, weil die betroffenen Bereiche, wie etwa die Automobilindustrie und andere Sektoren durch eine zusätzliche Insolvenzgefahr von Banken unabsehbaren, katastrophalen Folgen ausgesetzt gewesen wären. Also diese Stabilisierung ist noch nicht zu Ende, sie ist Teil des Konjunkturpaketes. Es gibt einen Zusammenhang zwischen Arbeits­plätzen und funktionierenden Banken, weil wir es noch nicht erreicht haben, dass wieder ausreichend Finanzierungen, und zwar leistbare Finanzierungen, vorhanden sind.

Der erste Schritt gegen die völlige Gefährdung beziehungsweise den Zusammenbruch wie bei einem Kartenhaus ist schon gelungen, aber der nächste Schritt ist, dass der Finanzmarkt der Industrie, aber auch vielen Klein- und Mittelbetrieben, wenn sie Auf­träge haben, wieder zu leistbaren Konditionen die Mittel möglichst verantwortungs­bewusst, aber unkompliziert und leistbar zur Verfügung stellt. Das ist noch nicht erreicht. Daher erachte ich auch diesen Prozess, der in ganz Europa das Hauptthema ist und wo die Koordinierung derzeit vorgenommen wird, als zweiten wichtigen Punkt.

Weitere wichtige Punkte sind natürlich die vielen Konjunkturprogramme, wo wir auf unseres sehr stolz sind, wie ich heute schon ausführen durfte, weil wir vom Umfang und von der Qualität her ein herzeigbares und in der Reihenfolge an der Spitze befind­liches Konjunkturpaket gemeinsam hier beschlossen und auch mit Ihrer Unterstützung vorangetrieben haben.

Aber ich möchte den Zusammenhang zwischen Sicherung von Finanzmärkten und Einzelmaßnahmen wie der Verbesserung der Forschung, der Bildung, dem Vorziehen von Neubauprojekten bewusst sehen. Bevor nicht dieses sogenannte Bankenpaket in Europa – außer der Netzwirkung, das Schlimmste zu verhindern – wieder in eine positive Rolle gebracht wird, kann ich mir nicht vorstellen, welches Konjunkturpaket


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 21

diese notwendige Tätigkeit von Finanzierungen ersetzen könnte. Da ich glaube, dass man das nicht ersetzen kann, brauchen wir ein weiteres Vorantreiben, zu funktionie­renden Banken und zu funktionierenden Finanzmärkten in Europa, auch in Ost- und Südosteuropa, zu kommen, weil das die Voraussetzung dafür ist, dass Konjunktur­pakete auch greifen können.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Frau Bun­desrätin Kemperle.

 


Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Herr Bundeskanzler, Sie haben bereits erwähnt, dass Österreich in der Europäischen Union sehr aktiv ist, was man ja von einigen anderen Ländern nur als sehr schleppend wahrnehmen kann.

Daher meine Zusatzfrage: Was wurde im letzten Europäischen Rat vom 19. und 20. März überhaupt dazu vereinbart?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Natürlich kann man anderen Ländern und Regie­rungen deshalb nicht einfach einen Vorschlag unterbreiten und sagen: Beschließt bitte auch dieses oder ein anderes Konjunkturpaket! Viele Länder der Europäischen Union müssen sich natürlich wegen ihrer strengen Budgetkriterien, um überhaupt Geld zur Bezahlung ihrer Staatsschulden, um überhaupt Kredite zu bekommen, sehr strengen Regeln des Finanzmarktes oder des Internationalen Währungsfonds, wenn sie außer­halb der Eurozone sind, unterwerfen. Es ist politisch für mich nahezu unvorstellbar – auch wenn es diese Diskussion etwa in Ungarn und in Rumänien gibt –, dass Regie­rungschefs mit Verantwortlichen des Internationalen Währungsfonds gemeinsam dar­über nachdenken müssen, welche Budgetrestriktionen sie vornehmen müssen, um überhaupt Geld zur Bezahlung ihrer Staatsschulden oder zur Bezahlung ihrer Aktivi­täten zu bekommen.

Es darf sich niemals – und wir sind da glücklicherweise sehr weit weg und mit dem Triple-A-Rating außerhalb der Gefahrenzone – ein Land, wenn es die Möglichkeit dazu gibt – wie es etwa in Österreich die Möglichkeit gibt, diese Situation zu verhindern –, in so eine Situation begeben. Daher war unser Ansatz, beim letzten Europäischen Rat zu fragen: Wie sichern wir diese Länder, insbesondere Ost- und Südosteuropas, und auch Griechenland, dass sie, wenn sie etwas von der Europäischen Union brauchen, dann auch die nötigen Mittel, etwa im Zahlungsbilanzausgleichsfonds oder im Inter­nationalen Währungsfonds vorfinden?

So wurden für beide, nämlich sowohl für den Zahlungsbilanzausgleichsfonds als auch für den Internationalen Währungsfonds, die Mittel massiv erhöht, und zwar für den Zahlungsbilanzausgleichsfonds von 25 auf 50 Milliarden € und für den Internationalen Währungsfonds von 250 auf 500 Milliarden US-Dollar, von denen die Europäische Union 100 Milliarden US-Dollar beziehungsweise 75 Milliarden € vorbereitet, um in diesem Paket auch die eigenen Mittel aufzustocken. Das ist deshalb so entscheidend, weil die Länder, die vom Währungsrisiko und vom Verfall der Währung besonders betroffen sind, erst dann, wenn sie diese Sicherheiten haben, in ihrem Land durch diese vorhandenen Instrumente Kreditaufnahmen ermöglichen können, und erst dann gelingt es auch dort, so etwas wie Konjunkturprogramme voranzutreiben.

Also auch da ist der direkte Zusammenhang zwischen wirksamen Maßnahmen und funktionierenden Instrumenten des Finanzmarktes der, welche Spielräume überhaupt vorhanden sind. So handelt die Europäische Union neben dem Zusammenzählen von Konjunkturprogrammen und dem ständen Motivieren und Vorantreiben und Ver­gleichen von Konjunkturprogrammen in Europa in eigenen Sitzungen, wo nur darüber


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geredet wird, welche Maßnahme jetzt gegriffen hat und welche Maßnahme man noch in den anderen Ländern vorantreiben könnte.

Sie wissen, dass wir uns da etwa bei der Verschrottungsprämie in so eine Detail­maßnahme sozusagen eingeordnet haben, obwohl das nicht unsere Idee war, sondern eine Idee, die in Europa als gemeinsame Vorgangsweise, mittlerweile von den Auto­produzenten akzeptiert, positiv dargestellt wurde. Es ist gut, dass es auch Maßnahmen gibt, die man im eigenen Land nicht erfunden hat, wo man aber gemeinsam, um in einem Bereich eine gewisse Ankurbelung zu schaffen, etwas unternimmt.

Hier geht es sehr um das Detail, aber natürlich auch um das grundsätzliche politische Vorantreiben von Konjunkturmaßnahmen. Eine ist beschlossen worden, ein 5 Milliar­den €-Konjunkturpaket; das ist aber im Vergleich zu den 200 Milliarden wahrlich nicht der größte Puzzlestein. Aber auch bei diesem 5 Milliarden-Konjunkturpaket hat Öster­reich recht gut abgeschnitten, weil es mit jenen Mitteln finanziert wird, die wir sonst wegen nicht verbrauchter Mittel ja zurückzufordern hätten.

Auch die anderen Länder, nicht nur Österreich, konnten eine Einigung finden, beson­ders für den Bereich der ländlichen Entwicklung und für den Bereich des Breitbands mehr als 1 Milliarde zur Verfügung zu stellen.

Nun zur Finanzierung von Energieprojekten: Sie wissen, es ist für uns immer wichtig, auch Gasleitungen, die für unsere Gasversorgung eine große Bedeutung haben, dezidiert mit einzubeziehen. Es gibt auch andere Projekte, wie etwa die Energie­versorgung nach Györ, wo auch Geld von diesen 5 Milliarden nachrechenbar für Öster­reich vereinbart wurde. Also insofern ist auch dieser Teil der Maßnahmen, die beim letzten Rat der Europäischen Union beschlossen wurden, für uns positiv zu beurteilen.

 


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Peinsteiner.

 


Bundesrat Johannes Peinsteiner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bun­deskanzler! Wir merken vermehrt, dass unsere KMUs, aber vor allem auch EPUs von den Banken nicht mehr im notwendigen Ausmaß bedient werden und mit Zwischen­abschlüssen und dergleichen immer mehr unter Druck gesetzt werden.

Welche konkreten Maßnahmen wurden von der österreichischen Bundesregierung zur Liquiditätsverbesserung der österreichischen Klein- und Mittelbetriebe beschlossen?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Wir sind hier im ständigen Kontakt mit der Wirt­schafts­kammer. Auch der Finanzminister und das Finanzministerium, die verantwort­lichen Beamten in diesem Bereich, haben ständigen Kontakt, um jedem Einzelfall nachzugehen. Die Wahrnehmungen des Finanzministeriums und der Wirtschaftskam­mer hinsichtlich der Einzelbeispiele stimmen nicht ganz so überein, wie man manchmal insbesondere in den Medien liest.

Die Wirtschaftskammer hat bei ihren Untersuchungen festgestellt – natürlich muss es gerechtfertigt sein, man hat ja auch in der Vergangenheit nicht einfach sagen können, man sichert jeden Kredit; es muss also die nötigen Sicherheiten geben –, dass sie der Meinung ist, dass es zwar Verbesserungen geben sollte, aber dass kleinere und mittlere Betriebe durchaus in der Lage sind, von Banken dementsprechende Finan­zierungen zu bekommen. Sie haben eine Stelle eingerichtet und gehen im Kontakt mit dem Finanzministerium wirklich dem Einzelfall nach. Das scheint mir sehr wichtig zu sein, denn es ist ja wie in jedem Bereich sinnhaft, wenn man dort etwas verbessert, wo man es verbessern muss, und nicht eine Bausch- und Bogenmaßnahme daraus macht.


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Anders sieht es aus im Bereich der Industrie, insbesondere wenn es um langfristige Finanzierungen für höhere Mittel geht; das sagen sowohl Kammer als auch Indus­triellenvereinigung. Durch die Probleme, die die Banken selbst haben, langfristiges Geld günstig aufzunehmen, entsteht hier der größte Engpass. Die letzte Anleihe, die platziert wurde, und zwar im Bereich der Voest, und auch andere zeigen, dass diese Situation eine Spur besser geworden ist. Aber unsere Aufgabe ist es – wonach Sie zu Recht fragen –, also die Aufgabe der Bundesregierung ist es, mit diesem Paket aus 100 Milliarden Haftungs- und Partizipationskapital jede Bank dort, wo sie es benötigt, in eine Vereinbarung zu bringen, dass sie dafür, dass sie Partizipationskapital erhält, im Gegenzug im selben Ausmaß Kredite für kleinere und mittlere Betriebe, aber durchaus auch für Industriebetriebe zur Verfügung stellt.

Es sind ja oft auch kleine und mittlere Betriebe betroffen, wenn ein Industriebetrieb die Finanzierung nicht bekommt. Es gibt viele Bereiche der Industrie, die erfreulicherweise direkt mit Klein- und Mittelbetrieben zusammen Aufträge bearbeiten. Also es ist für uns notwendig, die unserer Meinung nach größte Schwachstelle zu beseitigen, indem wir längerfristige Finanzierungen von größeren Beträgen zustande bringen.

Ich bin hier involviert, weil hier das Vier-Augen-Prinzip gilt und demgemäß Finanz­minister und Bundeskanzler damit befasst sind, und ich weiß daher, dass sehr enga­giert von der Finanzprokuratur und vom Finanzministerium die Gespräche direkt mit den Bankverantwortlichen geführt werden, weil auch meine Leute hier direkt dabei sind. Ich kann das aus eigener Wahrnehmung sagen und weiß, dass die Banken es sich nicht leichtmachen, einfach die 15 Milliarden sozusagen abzuholen. An über­wiesenen Beträgen sind es ja erst 2 Milliarden von diesem Partizipationskapital. Von den Gesamthaftungen, wo immer 100 Milliarden in den Raum gestellt werden, sind 10 Milliarden an Haftungen überwiesen worden.

Warum ist das so? – Weil wir natürlich für diesen Schutzschirm etwas verlangen: erstens die höchstmögliche Sicherheit, das Geld wieder zurückzubekommen, Zinsen von 8 bis 9 Prozent, und natürlich darüber hinaus auch die Einhaltung von Ver­einbarungen wie etwa die Weitergabe der Kredite.

 


Präsident Harald Reisenberger: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Schennach.

 


Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! In welchem Umsetzungsstand befinden sich derzeit die Konjunk­turpakete, was die Ausnutzung durch die österreichischen Unternehmen betrifft?

 


Präsident Harald Reisenberger: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Das im Nationalrat und von Ihnen gemeinsam vorangetriebene Konjunkturpaket, das eine Steuersenkung und eine Entlastung für die Familien beinhaltet, hat eine Größenordnung von 3 Milliarden €. In den der Beschluss­fassung nachfolgenden Wochen ist dann umgehend die Auszahlung von den jeweili­gen Betrieben an die Beschäftigten, an die Betroffenen vorzunehmen. Das betrifft auch die Familienpakete. Ich gehe davon aus, dass bis zum Juni alle davon betroffenen Menschen und möglichst viele davon rund um Ostern die Gelder bekommen, die ihnen rückwirkend mit 1. Jänner aufgrund der Tarifsenkung zustehen.

Das wird aus meiner Sicht auch indirekt kleineren und mittleren Betrieben zugute­kommen, denn wenn man den Bürgern Geld in der Größenordnung von 3 Milliarden € zurückgibt – und das ist ja zurückgegebenes Geld, nur, um es richtig zu sehen –, dann ist das natürlich für viele auch ein Grund, die eine oder andere Anschaffung zu tätigen, vielleicht die Wohnung zu sanieren, vielleicht im Haus etwas auszubauen. Daher kommt diese Tarifsenkung auch indirekt den kleineren und mittleren Betrieben zugute.


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Wir sind ja stolz darauf, ein Land mit einer großen und starken Struktur an Klein- und Mittelbetrieben zu sein, gerade im Handwerk, im Handel, im Tourismus.

Das heißt, ich gehe schon davon aus, dass diese Tarifsenkung einen Hauptanteil in der Umsetzung des Konjunkturprogramms auch für kleinere und mittlere Betriebe dar­stellt.

Das Zweite sind jene Maßnahmen, die den Hochbau betreffen. Hier sehe ich die beste Umsetzung etwa im Schulbereich, wo die Programme bereits so hochgefahren waren, dass es leicht war, das durchzusetzen. Die zuständige Ministerin und die BIG, also die dafür Verantwortlichen im Wirtschaftsministerium, haben hier sehr detailliert vorgelegt, sodass man das auch nachrechnen kann, wann welcher Auftrag vergeben wird. Hier ist der Umsetzungsgrad sehr gut.

Schwieriger ist es natürlich, Maßnahmen im Bereich des Tiefbaus durchzuführen, wie etwa die Koralmstrecke oder andere Projekte betreffend, denn da gibt es ja oft nicht nur in der Ausschreibung das Hindernis, etwas rascher in die Wege zu leiten, sondern da gibt es natürlich auch sehr viele geologisch relevante und umweltrechtliche Beteili­gungsverfahren im Rahmen des UVP-Verfahrens, wo man manches Mal gestoppt wird. Das hat durchaus ehrenwerte Gründe, die ja von den hohen Parlamentariern und Bundesräten beschlossen wurden, aber es ist doch so, dass es bei der Umsetzung, je größer die Projekte werden, die geringste Garantie gibt und man nicht sagen kann, dass da der Umsetzungsgrad über 50 Prozent beträgt, und zwar deshalb, weil diese Projekte sehr stark abhängig sind von Einsprüchen und vom Ergebnis der Behandlung von Einsprüchen und von höchstgerichtlichen Entscheidungen, sodass man davon ausgehen muss, dass es neben der Umsetzung im Bereich der Tarifreform eher zu Umsetzungen im Bereich des Hochbaus und im Bereich der Bahn, Stichwort: Bahn­höfe, oder im Bereich der Straße kommt. Die ganz großen Projekte haben vom Umsetzungsgrad und vom Zeitplan her sicher den längsten Vorlauf; in diesem Bereich sind die geringsten Prozentsätze bei der Umsetzung zu verzeichnen.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir gelangen nun zur 5. Anfrage, und ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Greiderer, um die Verlesung ihrer Anfrage.

 


Bundesrätin Elisabeth Greiderer (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, meine Frage lautet:

1652/M-BR/2009

„Welches Einsparungspotenzial im Zuge einer Verwaltungsreform sehen Sie in Anbe­tracht der aktuellen Diskussion über die Lehrverpflichtung alternativ in der Schul­ver­waltung?“

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich gehe davon aus, dass in allen Bereichen, die wir bei der sogenannten Verwaltungs- und Staatsreform festgelegt haben, Einspa­rungs­potentiale existieren. Es soll also nicht der falsche Eindruck entstehen, dass wir uns jetzt dafür die Lehrer oder die Schule ausgesucht haben und dass das schon das Einsparungspotential ist, das wir sehen. Wir wissen sehr genau durch den Rech­nungshof und durch andere kontrollierende Einrichtungen unserer Republik, natürlich auch durch die eigenen Ministerien, die ja auch so etwas wie Revision und Analyse betreiben, dass es sich hier nicht um eine Diskussion nur im Bereich der Schule handelt. Das ist deshalb wichtig zu sagen, weil ich in den letzten Wochen immer wieder auch von Lehrerinnen und Lehrern gefragt wurde: Wieso geht es beim Einsparen da immer nur um uns? Das hat jetzt in der öffentlichen Diskussion durch die Budget-


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verhandlungen ein besonderes Gewicht bekommen, aber es wäre völlig falsch, die Einsparungspotentiale der Republik auf den Bereich der Lehrer zu reduzieren. Das darf auch uns nicht passieren, und daher sage ich es auch so ausführlich am Anfang.

Diese ins Auge gefasste Mehrleistung der Lehrer hat heftige kontroversielle Diskus­sionen und harte Verhandlungen zwischen Interessenvertretern und Ministerium und Ministerin ausgelöst. Es geht dabei um Mehrleistungen in der Klasse im Rahmen der Unterrichtsverpflichtung. Vonseiten der Lehrer wird argumentiert, das löse Gesamt­mehr­arbeit aus, wenn man mehr in der Klasse sei. Diese sehr kontroversielle Diskussion kann aus meiner Sicht überhaupt nur dann zu einem guten Ergebnis führen, wenn man gleichzeitig auch die Bürokratie und die Abläufe in der Schule den Beschäftigten gegenüber offen darlegt und sagt: Wo können wir hier einsparen, wo können wir generell in den Abläufen, in den organisatorischen und bürokratischen Abläufen, die die Lehrer ja sehr genau kennen und täglich erleben, einsparen? Wo können wir durch gezieltere organisatorische Maßnahmen Wünschen und Anregungen der engagierten Lehrerinnen und Lehrern entgegenkommen?

Durch den Wegfall von organisatorisch vielleicht manches Mal überbordenden oder nicht mehr zeitgemäßen Abläufen ist es ja dann auch leichter, mehr Zeit direkt in der Klasse zu verbringen, dort, wo wir die Lehrer sehr dringend brauchen, und zur Ver­besserung des Unterrichts beizutragen, etwa durch kleinere Gruppen, durch verbes­serten Sprachunterricht und durch all das, was wir gemeinsam so dringend als Verbesserung der Leistung in der Schule anstreben.

Ich sehe diese Potenziale, ich bin kein Schulspezialist, um Ihnen von der Schul­milchaktion bis zu den Abläufen und dem Berichtswesen der Schule jetzt die Formulare selbst auszuarbeiten, aber ich bin überzeugt, wenn es zu einer Lösung im Zuge dieser Verhandlungen kommt, ist die Entbürokratisierung in der Schule ein wichtiger Ansatz.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Frau Bundesrätin Greiderer.

 


Bundesrätin Elisabeth Greiderer (ÖVP, Tirol): Ich habe heute in der Früh im Radio gehört, dass Sie gerne bis 20. April eine Lösung hätten. Es gibt doch diese Verwal­tungs­reformexpertengruppe. Hat diese schon irgendwelche konkreten Vorschläge in dieser Richtung vorgelegt?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ja, es gibt im Bereich der Konsolidierungs­maßnahmen eine Arbeitsgruppe, die generell eingesetzt wurde zur Verwaltungsreform, der der Rechnungshof, Ländervertreter, WIFO, IHS, Professor Felderer angehören. Es wurden insgesamt elf Arbeitspakete definiert, und Bildung ist eines davon.

Ich erwarte mir aber für den 20. oder 21. April den Ministerrat, wo das Budget mög­licherweise beschlossen werden soll. Das muss man jetzt nicht auf den Tag genau festlegen, aber etwa in dieser Zeit soll im Ministerrat das Budget beschlossen werden, um es dann dorthin zu leiten, wo der tatsächliche Beschluss fällt, nämlich in den Nationalrat. Und wenn dieser Beschluss etwa Mitte/Ende April erfolgt, dann muss es gleichzeitig Budgetbegleitgesetze geben, also über die Ergebnisse dieser Arbeits­gruppe hinaus. Die können auch mittelfristig sein, also da kann man durchaus auch sagen, man schlägt Maßnahmen vor, vertieft zu bearbeiten, um sie in drei Jahren oder in vier Jahren wirksam werden zu lassen.

Die Maßnahme, die wir aber beim Budgetbeschluss brauchen, ist die: Wie können wir die nächsten zwei Jahre in dem Doppelbudget, das vor uns liegt, die kleineren Gruppen finanzieren, die Sprachförderung, die mit den Bundesländern zugesagten Beträge zur Verbesserung der Schule? Da muss im Zuge eines Budgetbegleitgesetzes


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eine Art Kompromiss entstehen zwischen LehrervertreterInnen, Gewerkschaft und Ministerin. Es ist natürlich schon dann unsere Aufgabe als Regierung insgesamt, nicht nur ein Budget zu beschließen, sondern auch zu wissen, dass die Ziele, die man in der Schule so dringend braucht, die beschlossen, im Regierungsprogramm festgelegt wur­den, nicht geopfert werden.

Daher wird die Entscheidung in zwei Bereichen zu treffen sein: einerseits im Rahmen der Vorbereitung des Ministerrats, durch starke und intensive Verhandlungen der Sozial­partner, und andererseits durch Maßnahmen, die möglicherweise mehr mittel­fristige Bedeutung haben, der von Ihnen und mir jetzt ausgeführten Gruppe der Verwaltungs- und Staatsreform.

 


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Grimling.

 


Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Welche Maßnahmen zur Steigerung der Qualität im Bildungssystem sind geplant oder bereits in Umsetzung?

 


Präsident Harald Reisenberger: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Wie ich schon sagen durfte, hat sich bezüglich unseres Bildungssystems in vielen Rankings gezeigt – man soll auch Rankings nicht überbewerten, in keiner Disziplin, auch nicht in der des Bildungsvergleiches –, dass es gegenüber jenen Ländern Verbesserungen geben sollte, die nicht ein deutlich bes­seres Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern haben, da sind wir schon recht gut. Auch bei der Bezahlung der Lehrer sind wir in Europa unter den Besseren. Also der Hauptmangel besteht nicht im Lehrer/Schüler-Verhältnis, sondern in der tatsäch­lichen Gruppengröße und, im Unterschied zu jenen Ländern, die besser sind als wir, auch im freiwilligen – das muss ich unterstreichen: freiwilligen – Angebot an ganz­tägigen Schulbetreuungen, und zwar dort, wo sie gewünscht werden. Also es geht hier nicht um Zwang, sondern um Freiwilligkeit.

Es gibt ja viele Menschen, auch im ländlichen Raum, in allen Bundesländern, im städtischen Raum, die sich eine ganztägige Betreuungsform wünschen und die oft ausweichen müssen, wenn sie es sich leisten können, auf die Privatschule, weil das die einzige ist, die diese ganztägige Form überhaupt anbietet. Daher konzentrieren sich die Verbesserungen – vergleicht man, wer besser ist als wir – ganz stark auf den Bereich Sprachförderung, Kleingruppen und ganztägige Schulformen.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir gelangen nun zur 6. Anfrage, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Ing. Kampl, um die Verlesung seiner Anfrage.

 


Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundeskanzler! Eine der größten Sorgen bereitet uns ja der Arbeitsmarkt in Österreich.

Meine Frage daher:

1654/M-BR/2009

„Welche Maßnahmen setzt die Bundesregierung für den von der derzeitigen Krise besonders betroffenen Arbeitsmarkt?“

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Ich durfte heute ja schon einiges über den Arbeitsmarkt und den Zusammenhang unserer diversen Finanzmarkt- und Konjunkturpakete hervorstreichen. Ich möchte noch eine für uns


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wesentliche Maßnahme ergänzend erwähnen: Neben der aktiven Arbeitsmarkt­ver­waltung, der ich eine besondere Bedeutung beimesse und der auch, ausverhandelt zwischen Sozialminister und Finanzminister, im kommenden Budget ein besonderer Schwerpunkt gewidmet wird, ist die Frage der Kurzarbeit, die eher eine defensive Maß­nahme ist, auch als eine Maßnahme im Hinblick auf den Arbeitsmarkt zu erwähnen.

Wenn man sagt, die Kosten für einen Arbeitslosen sind genauso hoch wie für drei Verträge der Kurzarbeit, dann ist es doch viel sinnvoller, dass wir die Kurzarbeit nicht behindern, sondern weiter fördern, das heißt, nicht durch irgendwelche Budgetober­grenzen die Industrie oder andere Teile der Wirtschaft behindern, dort, wo es not­wendig ist, Kurzarbeit – die Alternative davon ist Arbeitslosigkeit – einzuführen. Die Flexibilisierung, die Ausdehnung auf 18 Monate haben wir beschlossen. Und es darf auch keine Höchstgrenzen geben, wie viele Betriebe das in Anspruch nehmen dürfen, wohl wissend, dass, wenn das 20 000, 30 000, 50 000 oder mehr sein werden, wie manche sagen, das mit einer großen Budgetbelastung einhergeht.

Es muss deshalb ohne Deckel wie ein Stabilisator sein, diese Kurzarbeit flexibel einzu­setzen, Verlängerungen zu ermöglichen, weil viele hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die heute in den Betrieben tätig sind, im Falle einer Kurzarbeit vielleicht sogar mit Weiterbildungsmaßnahmen unterstützt werden können, wo der Betrieb dann sehr froh darüber sein wird, in der Zeit eines Konjunkturaufschwungs über dieses Kapital seiner guten Mitarbeiter zu verfügen. Daher schätze ich die Maßnahme der Kurzarbeit, obwohl sie eine defensive Maßnahme ist und mir ein funktionierender Arbeitsmarkt mir immer lieber ist als alle diese Maßnahmen, als eines der besten Instrumente ein zur Überbrückung für einen Betrieb und für betroffene Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer und damit auch zur Stärkung der Beschäftigung in der Krise.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bun­desrat.

 


Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Herr Bun­deskanzler, was werden Sie speziell unternehmen, um der stark steigenden Arbeits­losigkeit bei Jugendlichen Herr zu werden? Das ist eine besondere Sorge, die, glaube ich, uns alle angeht.

 


Präsident Harald Reisenberger: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Wir müssen für den Bereich der Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz suchen, die eine Lehre suchen im heurigen Jahr, die jetzt schon beginnen, gemeinsam mit den Eltern eine Lehrstelle zu suchen – im Herbst zeigt sich natürlich, wie viele keine Lehrstelle in einem Betrieb gefunden haben –, Vorsorge treffen, dass es ausreichend, Stichwort Ausbildungsgarantie, Lehrstellen gibt, nämlich in Form von zusätzlichen, überbetrieblichen oder in Privatbetrieben organisierten, von uns finanzierten Ausbildungsstellen für Jugendliche. Daran arbeitet der Sozialminister, jetzt bei den Budgetverhandlungen natürlich gemeinsam mit der gesamten Regierung, auf Hochdruck. Es darf nämlich nicht sein, dass ein junger Mensch, der eine Aus­bildung machen will, keine Chance hat, weil ja auch dann, wenn die Konjunktur wieder besser wird, dieses Ausbildungsdefizit nicht wieder gutzumachen ist.

Also für diesen Sektor sind wir gut vorbereitet. Die meisten Sorgen machen uns jedoch Menschen, die aufgrund der derzeit schwierigen wirtschaftlichen Situation nach Ihrer Ausbildung Schwierigkeiten haben, einen Arbeitsplatz zu finden, obwohl sie gut ausgebildet sind

 


Präsident Harald Reisenberger: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Kaltenbacher.

 



BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 28

Bundesrat Günther Kaltenbacher (SPÖ, Steiermark): Herr Bundeskanzler! Obwohl schon vieles betreffend Arbeitsmarkt und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen gesagt wurde, nichtsdestotrotz noch eine Frage dazu: Welche Bundesländer und Branchen sind besonders stark vom Anstieg der Arbeitslosigkeit in Österreich betroffen?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Herr Bundesrat! Oberösterreich und Salzburg sind, was den Anstieg der Arbeitslosigkeit betrifft, am stärksten betroffen. Aber man muss gleich dazusagen, dass Salzburg mit 5,6 Prozent die österreichweit niedrigste Arbeits­losenquote und Oberösterreich mit 6,1 Prozent nach Tirol die drittniedrigste Arbeits­losenquote aufweist. Diese beiden Bundesländer sind derzeit vom Anstieg der Arbeitslosigkeit besonders stark betroffen, sie haben aber im Vergleich mit den anderen Bundesländern nicht die höchsten Arbeitslosenquoten. Im Durchschnitt haben die anderen Bundesländer deutlich höhere Arbeitslosenquoten, wie etwa Wien und das Burgenland, die zwar beim Anstieg der Arbeitslosigkeit derzeit besser liegen, die aber – wie beispielsweise Wien mit 9,1 Prozent – noch lange nicht den Stand bei der Arbeitslosigkeit erreicht haben, wo etwa Salzburg mit seiner Arbeitslosenquote zu liegen kommt.

Wir hoffen, dass es wieder einen Wettbewerb in die Richtung gibt, wo es um die Frage geht: Wer ist beim Rückgang der Arbeitslosigkeit, wer ist beim Ankurbeln der Wirt­schaft, wer ist bei der Schaffung zusätzlicher Beschäftigung vorne? Aber wir dürfen da den Menschen nicht zu viele Illusionen machen. Kraft, Beharrlichkeit und Opti­mismus sind in diesen Zeiten wichtig, wir werden uns auch dafür einsetzen, in der Bevölkerung Optimismus zu verbreiten, aber man darf den Leuten nicht vormachen, dass die Konjunktur heuer noch so anspringen wird, dass diese Probleme beseitigt sind. Wir haben heuer ein hartes Jahr, und die meisten Wirtschaftsforscher sagen auch für das nächste Jahr ein gar nicht leichtes voraus.

 


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Diesner-Wais.

 


Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, meine Zusatzfrage haben Sie eigentlich im Vorfeld schon behandelt, denn dabei wäre es speziell um die Lehrlingsproblematik gegangen, darum, wie Sie diese angehen wollen, aber da haben Sie schon geschildert, welche Ansätze Sie da durchführen wollen.

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie diese Prob­lematik ansprechen, weil gerade das Thema Lehrlinge für uns auch eine politische Bedeutung hat. Wir wollen nicht, dass in Krisenzeiten das duale Ausbildungssystem, auf das wir so stolz sind, zum Opfer fällt. Daher wollen wir zusätzlich im Rahmen einer Regierungskampagne im Herbst – ganz unabhängig von Parteien und Personen und Regierungsmitgliedern – jene Betriebe, die Lehrlinge aufnehmen, besonders unter­stützen, ihnen Auszeichnungen verleihen, sie sozusagen vor den Vorhang holen. In schwierigen Zeiten die Förderung der Lehrlingsausbildung zu streichen, wäre ein völlig falsches Signal für junge Menschen und für deren Zukunft. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

 


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Kerschbaum.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Herr Bundeskanzler! Auch die Baubranche ist stark betroffen von der Arbeitslosigkeit.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 29

Dazu meine Frage – bekanntlich ist die Gebäudesanierung eine der arbeitsplatz­intensivsten Sparten in der Baubranche –: Sind Sie der Meinung, dass die 100 Mil­lionen, die für den SanierungsCheck geplant sind, wirklich ausreichen, um die Sanie­rungsrate zu erhöhen?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich bin davon überzeugt, dass die Wohnbauför­derungsmittel, die mit Artikel-15a-Vereinbarungen bei den Finanzausgleichsver­hand­lungen festgelegt wurden und wo vereinbart wurde, diese auch in den Bundesländern für den Bereich der Energieeinsparung und anderer sinnhafter ökologischer Maß­nahmen einzusetzen, vom Betrag her und in Summe viel mehr an Wirkung bezie­hungsweise an Hebelwirkung erzeugen. Ich würde mich daher sehr darüber freuen, wenn es uns gelänge – man muss das natürlich einen gewissen Zeitraum lang beob­achten, etwa bis Herbst –, die mit der Artikel-15a-Vereinbarung festgelegten Mittel bewusst in Sanierung und in Energieeinsparung und in Energieeffizienz gemeinsam mit den Bundesländern so zu investieren, dass uns dann im Herbst ein positiver Bericht darüber vorliegt, denn die Energieeffizienz kann nicht allein durch die 100 Millionen, die für den SanierungsCheck geplant sind, erreicht werden.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir gelangen nun zur 7. Anfrage, gestellt vom Bundesrat Preiner. Ich ersuche um deren Verlesung.

 


Bundesrat Erwin Preiner (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Vor Kurzem hat der Nationalrat das Steuerreformgesetz 2009 beschlossen. Das steht heute auch bei uns im Bundesrat zur Beschlussfassung an.

Daher meine Frage:

1657/M-BR2009

„Welche Auswirkungen hat die Steuerreform 2009 auf die ArbeitnehmerInnen Österreichs?“

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Werter Herr Bundesrat! Die Steuerreform ist, wie geplant war, eine Steuerreform, die möglichst vielen Menschen zugute kommen wird. Man hatte nicht die Absicht, eine auf besonders sozial schwache Menschen aus­gerichtete Steuerreform zu machen. Das haben wir mit einer vorgezogenen Maß­nahme im Vorjahr gemacht. Ich darf erinnern: Wir haben zweckgebunden 300 Mil­lionen € an Arbeitslosenversicherungsgeld gestrichen, um die Menschen, die sehr wenig verdienen, zu entlasten.

Die jetzige Tarifreform zielt ab auf eine breite Unterstützung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, daher auch von Mittelschichten. Die Zielsetzung, dass 88 Prozent des gesamten Entlastungsvolumens auf Einkommen unter 4 000 € entfallen, zeigt, dass diese breite Unterstützung – 88 Prozent im Mittelschichtbereich – sehr gut gelungen ist.

Einige Beispiele dazu:

Eine Arbeiterin zum Beispiel mit einem durchschnittlichen Monatsbruttogehalt von 1 357 und einem Jahresgehalt von 19 000 € zahlt statt 1 000 € nur noch 591 € Steuern und hat damit 425 € Ersparnis.

Oder: Ein Arbeiter mit einem Durchschnittsbruttogehalt von 2 200 € hat eine Steuer­ersparnis von 574 €.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 30

Auch das Familienpaket sei hier erwähnt, das mit 500 Millionen speziell Familien mit Kindern unterstützt.

Infolgedessen meine ich, dass diese Tarifreform sehr ausgewogen ist und somit den Ansprüchen, die wir vereinbart haben, und den Zielen, die wir uns gesetzt haben, entspricht. Wir gehen davon aus, dass es dadurch zu einer zusätzlichen Kaufkraft­steigerung kommt. Dabei weiß ich sehr wohl, dass das für die einzelnen Familien nicht Millionenbeträge, übertrieben dargestellt, sind, aber in Summe sind es immerhin drei Milliarden. Gerechnet auf den Einzelnen sind es Beträge in der Größenordnung von 300, 400, 500, 600 €, die da mehr für die Familien zur Verfügung stehen. Das ist doch für viele Menschen ein entscheidender und auch für die Wirtschaft ein wichtiger Beitrag. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

 


Präsident Harald Reisenberger: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Preiner.

 


Bundesrat Erwin Preiner (SPÖ, Burgenland): Wann werden die Unternehmen die Auszahlungen für die rückwirkend in Kraft getretene Steuerreform leisten?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Die richtige Antwort ist: Vereinbart ist – und das ist auch so vorgesehen –, dass das erstens rückwirkend mit Jänner und zweitens ehestens, das heißt spätestens bis 30. Juni 2009, zu erfolgen hat.

 


Präsident Harald Reisenberger: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Wolfinger.

 


Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundeskanzler, welchen volkswirtschaftlichen Nutzen erwarten Sie durch die steuerliche Absetzbarkeit der Spenden, die durch die Steuerreform 2009 eingeführt wurde?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Absetzbarkeit hat natürlich immer den Effekt, dass es Gruppen gibt, die der Meinung sind, dass ihre Aktivität in unserer Gesellschaft eigentlich auch darunter fallen würde. Daher ist die positive Auswirkung immer begleitet von einer Diskussion über eine Ausweitung.

Ich bin froh darüber, dass wir zunächst einmal in einem Bereich die Absetzbarkeit eingeführt haben, und zwar dort, wo wir alle der Meinung waren, dass sie unter­stützend dort eingreift, wo gesetzliche Verpflichtungen, Sicherheiten, gesetzliche Rechte des Einzelnen ergänzt werden durch Maßnahmen im Charity-Bereich, im Bereich von Organisationen, die Menschen in den verschiedensten Notlagen helfen und unterstützen. Daher glaube ich, dass dies eine sozial gute Maßnahme ist.

Diese Absetzbarkeit ermöglicht es auch, Institutionen, Organisationen, Vereine bei ihrer Tätigkeit zu unterstützen, die letztendlich darauf gerichtet ist, dass sich Menschen etwas leisten können, nämlich ein würdiges Leben. Damit verbunden ist natürlich auch eine gewisse Kaufkraft, die notwendig ist, um sich eine menschenwürdiges Leben leisten zu können. Daher sehe ich auch da durchaus eine positive Stimulierung der Wirtschaft.

 


Präsident Harald Reisenberger: Gibt es eine weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Mühlwerth.

 


Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, es gibt nach wie vor Ungerechtigkeiten im Steuersystem. Zum Beispiel beträgt die Steuerdifferenz zwischen einem Alleinverdienerhaushalt und einem Doppelverdienerhaushalt bei gleichem Einkommen im Jahr 5 500 €. Damit wird die Alleinverdienerfamilie eindeutig diskriminiert. Wir müssen aber auch Respekt vor jenen


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haben, die sich dafür entscheiden, einige Jahre zu Hause zu bleiben und ihre Kinder selbst zu betreuen.

Was werden Sie tun, um diese Ungerechtigkeit zu beseitigen?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Sie wissen, dass diese Diskussion immer zwei Seiten hat: Das eine ist der Aspekt, den Sie angesprochen haben, und das andere ist der Aspekt, dass Maßnahmen auch nicht so gerichtet sein sollen, dass Frauen das Gefühl haben, dass es besser ist, wenn sie zu Hause bleiben, weil von der steuerlichen Behandlung her und von den Kosten, die sonst auf die Familie zukommen, sich für manche dann die Diskussion stellt, ob es sich überhaupt auszahlt.

Die Berufstätigkeit von Frauen und Männern hat ja nicht nur die Funktion, für das Familieneinkommen zu sorgen, das ist für viele sehr wichtig und wahrscheinlich auch der Hauptgrund, aber gesellschaftlich gibt es einen zweiten Hauptgrund, nämlich den, dass jemand, der eine Ausbildung macht und der dann in einem Beruf tätig ist, auch unterstützt wird in seiner Eigenständigkeit, unterstützt wird in seinem Selbstwertgefühl, unterstützt wird in seinem Beitrag zur Gesellschaft. Daher muss es eine Ent­scheidungsfreiheit geben, ob jemand zu Hause bleibt – auch das ist eine Ent­scheidungsfreiheit – oder ob jemand berufstätig ist. Für beides muss in unserem Land eine Möglichkeit bestehen, wo sich möglichst niemand diskriminiert fühlt, wobei ich sagen muss, dass der goldene Schnittpunkt, wo alle zufrieden sind, in keinem Steuer­system der Welt existiert. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir gelangen nun zur 8. Anfrage, und ich bitte Herrn Bundesrat Kneifel um deren Verlesung.

 


Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundeskanzler, Sie haben in Ihren bisherigen Antworten schon das eine oder andere über die Ergebnisse der letzten Ratsitzung in Brüssel angedeutet.

Meine Frage:

1653/M-BR/2009

„Was haben die Regierungsvertreter beim Europäischen Rat am 19. und 20. März 2009 für Österreich erreicht?“

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Der Herr Außenminister, der Herr Finanzminister und ich haben uns gemeinsam bei dieser Ratsitzung – das ist eine Ratsitzung mit Besetzung der Finanzminister und der Außenminister gewesen – sehr dafür engagiert, dass im Rahmen des 5 Milliarden-Konjunkturpaketes auch die Nabucco-Leitung, ein Projekt, das für die Sicherheit bei der Versorgung mit Erdgas eine Rolle spielt, aber auch für unsere Betriebe und bei Investitionen eine Rolle spielt, dezidiert in das Konjunkturpaket mit aufgenommen wird und dass im Bereich von Breitbandför­derungen im ländlichen Raum Beträge aufgenommen werden, die sich umrechnen lassen für Anträge, die wir Österreich in diesem Zusammenhang stellen können, und dass eine Starkstrom-Verbindung von Wien nach Györ errichtet werden soll.

Aber es gibt auch über diese sehr konkreten, nachrechenbaren baureifen und beleg­baren Einzelprojekte schon einen gemeinsamen politischen Nutzen für Österreich, wenn es etwa gelungen ist, die Aufstockung der Kreditmittel des Internationalen Währungsfonds durch die Europäische Union und die Aufstockung der Mittel des Zahlungsbilanzausgleichsfonds zu erreichen.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 32

Man darf nicht übersehen, dass unsere Banken mit einem Exposure von mehr als 200 Milliarden € in diesen Ländern investiert haben und dass es mehrere Gründe gibt, warum diese Stabilität für unser Land so wichtig ist.

Es ist aus sozialen Gründen wichtig, Europa nicht auseinanderreißen zu lassen in jene Staaten, die die Krise gut, und in jene Staaten, die die Krise gar nicht bewältigen können. Das wäre ein dauerhafter Schaden für die Glaubwürdigkeit der Europa-Politik bei der betroffenen Bevölkerung, die sich sehr genau merken würde, dass sie in guten Zeiten als Märkte gesehen werden und in schlechten Zeiten vergessen werden.

Daher ist diese Stabilität, die soziale und wirtschaftliche Stabilität ein Wert an sich. Es ist aber für Österreich auch ein wichtiger Wert, da wir derzeit allein bei dem Spread zu Deutschland für unsere Staatsschulden um mehr als ein Prozent höhere Zinsen bezahlen, obwohl wir die besseren Wirtschaftsprognosen haben, obwohl wir die gerin­gere Arbeitslosigkeit haben und auch in Bezug auf die Budgetdisziplin bessere Daten haben als unser deutscher Nachbar.

Dieser Unterschied, diese höheren Kosten, die rund 300 Millionen € nur in diesem Spread ausmachen, entsteht durch die Bewertung unserer Rating-Agenturen, die wir erstens übertrieben finden und die zweitens mit dem Exposure im Osten etwas zu tun hat. Also Stabilität im Osten hat für uns auch einen tatsächlichen Wert, wenn auch in der Einschätzung dieses Risiko zurückgeht.

Wichtig wäre es, in der Europäischen Union dafür zu sorgen, dass es europäische Rating-Agenturen gibt, damit wir nicht so abhängig sind von Bewertungen, die wir mit unseren Sachargumenten entkräften könnten, und damit wir innerhalb der Euro­päischen Union und in Europa eine bessere Position hätten.

Also die Stabilität in Ost- und Südosteuropa zu fördern, die Konjunkturprogramme in Europa generell anzuregen, ganz konkrete Projekte für Österreich nachrechenbar zu machen, stand bei diesem Europäischen Rat im Vordergrund. Und beim nächsten Treffen mit Barack Obama wird für uns im Vordergrund stehen, gemeinsam weitere Programme voranzutreiben und Konsequenzen aus der Wirtschaftskrise zu ziehen.

Eines werden die Menschen sicher nicht verstehen: dass man dasselbe Karten­gebäude wieder ohne Kontrolle neu aufbaut! Denn: Für die Beseitigung der Schäden werden noch viele Volkswirtschaften sehr lange zu bezahlen haben. Daher ist es eine Voraussetzung, dass wir Österreicher uns im Europäischen Rat stark machen für Finanzmarktkontrollen, für kontrollierte Märkte und für jene Maßnahmen, die es ermög­lichen, den Wettbewerb zu begünstigen, aber in einem kontrollierten Ausmaß, wo dann nicht die Unschuldigen draufzahlen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

 


Präsident Harald Reisenberger: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bun­desrat Kneifel.

 


Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundeskanzler! Eine wesentliche Rolle in unserem Finanzsystem spielt die Basel II-Regelung, die unsere Banken verpflichtet, ihr Eigenkapital ständig den Gegebenheiten anzupassen. Derzeit läuft die Tendenz eher darauf hinaus, dass zwar das öffentliche Kapital, das den Ban­ken zur Verfügung gestellt wird, in die Eigenkapitalsicherung der Banken fließt, aber die Hebelwirkung für die Klein- und Mittelbetriebe noch nicht im entsprechenden Aus­maß sichtbar ist.

Haben Sie eine Perspektive oder eine Strategie, wie wir dieses Problem lösen können? Oder, anders gesagt: Bestehen Überlegungen, die Basel II-Regelung auszusetzen, oder gibt es andere Perspektiven?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 



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Bundeskanzler Werner Faymann: Kurzfristig hat die Aufstockung des Eigenkapitals einer Bank durch die Risken, die unsere Banken speziell in den Ländern Osteuropas haben, hat also die verbesserte Eigenkapitalausstattung der Bank eine Hebelwirkung, weil sie selbst auf dem Kapitalmarkt günstigere Zinsen bekommt. Das heißt, bei der Bewertung einer Bank und bei den Möglichkeiten, selbst bei der Geldaufnahme zu besseren Konditionen zu kommen, die natürlich dann in der Weitergabe vorhanden sein müssen, spielt diese Hebelwirkung eine gute Rolle.

Ich werde oft gefragt: Wenn die Banken 8 Prozent zahlen, wie können sie dann um 6 Prozent Geld herborgen, wenn das Eigenkapital nur 9  oder 10 Prozent des Kredit­wertes ausmacht? Das ist deshalb so, weil dieser Hebel verbesserte Konditionen bei der Geldaufnahme ermöglicht. Also es hat die verbesserte Eigenkapitalausstattung eine aktuelle, kurzfristige Wirkung.

Zum zweiten Thema, das Sie richtigerweise in den Vordergrund gestellt haben, zu Basel II, möchte ich noch die Bilanzrichtlinien IFRS ergänzen. Die Bilanzrichtlinien, die aus den Vereinigten Staaten für Europa gekommen sind – Basel II, IFRS –, sind schon ein Hindernis geworden, die Realwirtschaft zu stärken. Es geht um diese Art von Bilanzierung, wo das reale Wirtschaften nicht die Gewichtung bekommt, die es unserer Meinung nach verdient, auch in Zukunft, zur Verhinderung weiterer Finanzmarktkrisen. Das wird durch Basel II und die Bilanzrichtlinien, die existieren, geschwächt und in manchen Bereichen sogar verhindert.

Wir haben diese Frage gemeinsam mit Frankreich und Deutschland im informellen Rat – das ist der, der nicht in dem Umfang publiziert wird, weil er nicht öffentlich statt­findet – sehr intensiv angesprochen, und ich habe den Eindruck, dass diesbe­züglich durchaus eine eigenständige Haltung Europas entsteht. Die, die noch vor Kurzem Basel II und IFRS verteidigt haben – also auch diese doch sehr starken Länder der Europäischen Union –, sehen jetzt, dass auch sie in der Bewältigung der Krise und bei der Ankurbelung der Konjunktur durch Basel II und die IFRS-Richtlinien der Bilan­zierung behindert werden.

Daher gibt es da Vorstöße der Länder – wir sind da voll dabei –, die sagen: Wenn wir in der Krise wieder schneller auf die Beine kommen wollen und wenn wir die Zukunft realwirtschaftlicher gestalten wollen, dann sind diese beiden Richtlinien nicht generell, aber doch in vielen Bereichen im Weg und gehören reformiert. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

 


Präsident Harald Reisenberger: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Konecny.

 


Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Bundeskanzler, Sie haben zu den Finanzfragen sehr ausführlich Stellung genommen. Welche anderen Themen wurden beim Europäischen Rat behandelt, und welche Beschlüsse gab es dazu?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Es sind natürlich vom Europäischen Rat noch weitere Fragen des Finanzbereichs in den Vordergrund zu stellen. Eine Frage, die uns Österreicher besonders bewegt, ist das sogenannte Bankgeheimnis.

Es war notwendig, im Europäischen Rat einige Klarstellungen zu treffen. Zu diesen Klarstellungen gehört auch, dass unser Bankgeheimnis einen Datenschutz für Bür­gerin­nen und Bürger darstellt und dass dieser Datenschutz nicht dazu da ist, illegale Geldströme zu vertuschen oder gar zu verteidigen.

Österreich ist weder eine Steueroase – im Gegenteil, es befindet sich bei den Steuern, bei der Steuerquote eher im oberen Mittelfeld – noch ein Steuerparadies. Und Öster­reich ist auch in der öffentlichen Diskussion zum Bankgeheimnis dafür eingetreten,


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 34

dass wir selbstverständlich bei ausländischen Geldströmen nach gewissen Regeln der OECD-Richtlinien und -Standards Auskunft im Falle von Verdachtsmomenten geben. Dafür ist es aber notwendig, im österreichischen Parlament ein entsprechendes Ab­kommen mit Zweidrittelmehrheit zu beschließen. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass jemand die Absicht hat – und zwar im Zusammenhang mit gar keiner Partei kann ich mir das vorstellen –, ausländische Geldflüsse zu vertuschen. Im Gegenteil. Daten­schutz ist nicht dazu da, ausländische illegale Geldflüsse zu verbergen, sondern Daten­schutz ist dazu da, dass die Bürger und Bürgerinnen unseres Landes das Gefühl haben, dass der Staat oder eine Behörde nicht überall mit dem Röntgenblick hineinschaut, sondern dass es auch so etwas wie einen Schutz für die eigenen Daten gibt.

 


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Mitterer.

 


Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler, wir wollen keine Gleichbehandlung aller Energieträger in Österreich, sondern eine Bevorzugung erneuerbarer Energie.

Ich frage Sie daher: Warum haben Sie einer Schlussfolgerung des Europäischen Rates, die die optimale Nutzung von erneuerbarer Energie, fossiler Energie und Nukle­arenergie gleichsetzt, zugestimmt?

 


Präsident Harald Reisenberger: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Weil die richtige Formulierung die gesamte For­mulierung ist, und in dieser ist dezidiert zur Nuklearenergie festgehalten, dass die Länder völlig autonom ihre eigene Position vorantreiben und auch in Zukunft das Recht behalten, sie selbst zu bestimmen.

Diese sogenannte differenzierte Position zur Atomenergie ist uns deshalb so wichtig, weil wir uns im eigenen Land von niemandem vorschreiben lassen, dass Atomenergie zu den erneuerbaren Energien gehört, auch nicht zu den ökologisch sinnvollen Ener­gien, und weil wir in unserem Land eine klare Beschlussfassung haben, die wir uns auch durch keine europäische Energierichtlinie ändern ließen. Einer Kompetenzver­schiebung, durch die uns verboten wird, im eigenen Land Atomenergie zu verhindern, würden wir nie zustimmen. Daher verlangen wir das immer in den Formulierungen.

Ich bin aber umgekehrt der Überzeugung, dass es uns zwar mit unseren Argumenten in Europa nicht schlecht geht, über die Themen der Endlagerung, der Gesamtkosten, der wirtschaftlichen Gefahren, der Risken der Atomenergie zu reden – also unsere Argumente sind gut! –, aber die reale politische Entscheidung in Frankreich etwa, aber auch in Nachbarländern, möglicherweise auch in Slowenien und in anderen Ländern, die das anders bewerten und die auf Atomenergie setzen, werden wir in einem Euro­päischen Rat nicht verhindern können.

Es gibt nur zwei Länder, die uns in unserer Position unterstützen, dass die einzig sinnvollen und nachhaltig richtigen ökologischen Energieformen die der erneuerbaren Energien sind – und zu den ökologisch sinnvollen gehört die Atomenergie nicht, weil sie nicht nachhaltig und mit vielen Risken verbunden ist.

Also, für diesen differenzierten Beschluss gibt es eine Mehrheit – dieser wird in den Vereinbarungen auch immer eingesetzt; das ist auch da eingesetzt worden –, aber für ein Zurückdrängen der Atomenergie in den Formulierungen gibt es bestenfalls zwei bis drei Länder, die unseren Standpunkt unterstützen.

Präsident Harald Reisenberger: Danke schön. Die Fragestunde ist beendet.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 35

10.26.55Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Harald Reisenberger: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteilten Anfragebeantwortung 2452/AB verweise ich auf die im Sitzungssaal ver­teilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Anfragebeantwortung (siehe S. 11)

*****

 


Präsident Harald Reisenberger: Eingelangt ist der Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Fortschreibung des Drei­jahres­programms der österreichischen Entwicklungspolitik 2008 – 2010, der dem Aus­schuss für auswärtige Angelegenheiten zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Eingelangt und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates, die jeweils Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind. Die Aus­schüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

10.28.01 Antrag gemäß § 16 Abs. 3 GO-BR

 


Präsident Harald Reisenberger: Ich gebe bekannt, dass von den Bundesräten Albrecht Konecny, Ludwig Bieringer, Kolleginnen und Kollegen der Antrag vorliegt,

den Bericht der Bundesministerin für Inneres an das österreichische Parlament zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2009 und zum Achtzehnmonatsprogramm des französischen, tschechischen und schwedischen Vor­sitzes beziehungsweise

die Jahresvorschau des BMLFUW 2009 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeits­programms der Europäischen Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates sowie

die EU-Jahresvorschau 2009 des Bundesministeriums für Finanzen und

den Bericht des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission und des Rates für das Jahr 2009 beziehungsweise

den Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten an das österreichische Parlament betreffend EU-Arbeitsprogramm 2009

gemäß § 16 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates ohne Ausschuss­vor­bera­tun­gen in Verhandlung zu nehmen.

Hiezu ist eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erfor­derlich.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem vorliegenden Antrag der Bundesräte Konecny, Bieringer, Kolleginnen und Kollegen ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, den Bericht der Bundesministerin für Inneres für 2009, die Jahresvorschau des BMLFUW 2009, die EU-Jahresvorschau 2009 des Bundesministeriums für Finan­zen, den Bericht des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 36

für 2009 und den Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten für 2009 jeweils ohne Vorberatungen durch einen Ausschuss unmit­telbar in Verhandlung zu nehmen, ist somit mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Ich werde daher den Bericht der Bundesministerin für Inneres für 2009 als 4.,

die Jahresvorschau des BMLFUW 2009 als 8.,

die EU-Jahresvorschau 2009 des Bundesministeriums für Finanzen als 13.,

den Bericht des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz für 2009 als 22. und

den Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten für 2009 als 28. Tagesordnungspunkt jeweils in Verhandlung nehmen.

*****

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände sowie die genannten Berich­te auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Harald Reisenberger: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beabsichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 7 und 8, 14 und 15, 23 und 24 sowie 25 bis 28 jeweils unter einem abzuführen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.

10.30.351. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Bundesver­fas­sungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert, und ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (487/A und 94 d.B. sowie 8079/BR d.B.)

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir gehen in die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Perhab. Ich bitte um den Bericht.

 


10.30.57

Berichterstatter Franz Perhab: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Werte BesucherInnen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungs­gesetz geändert, und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 37

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 24. März 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


10.31.52

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Die Änderung der Geschäfts­ordnung des Nationalrates nehmen wir logischerweise zur Kenntnis. Der Grund dafür, dass ich mich doch zu Wort gemeldet habe, ist, dass da etwas sehr Spezielles dabei ist. Ich gehe jetzt nicht auf die einzelnen Punkte ein, sondern auf etwas, wo ich mich frage, warum das so lange gedauert hat.

Ich erinnere mich daran: Schon Anfang der neunziger Jahre wurde immer wieder die Forderung erhoben, dass Volksbegehren, parlamentarische Initiativen von Bürgern nicht dadurch verfallen sollen, dass zum Beispiel ein Willi Molterer sagt: Es reicht! – Und damit fällt auch alles, was vorher gemacht wurde, weg.

Zur Durchbrechung des Diskontinuitätsprinzips bedarf es einer Verfassungsmehrheit, die ja durch die Zustimmung aller Fraktionen vorliegt.

Es gab Volksbegehren, für die politische Parteien oder Initiativen mühsam Unter­schriften gesammelt haben, das Innenministerium dann das Volksbegehren zur Unter­schrift aufgelegt hat – eine Woche in allen Gemeinden Österreichs –, dann kam es zum Beispiel zu vorgezogenen Nationalratswahlen, und das Volksbegehren, das sehr, sehr viel gekostet hat, ist einfach verfallen!

Ähnliches gilt für Initiativen, aber auch für Rechnungshofberichte und Berichte der Volksanwaltschaft. Die Volksanwaltschaft erstattet Berichte – und durch eine etwaige Neuwahl oder das Auslaufen der Legislaturperiode verfällt der Bericht, wird nicht mehr behandelt.

Das ändert sich jetzt! Das heißt, diese Berichte verfallen nicht – übrigens: Auch der Bundesrechnungsabschluss hat dazugehört! –, und das halte ich für einen wirklichen Fortschritt, auf den wir jetzt 18 lange Jahre – 1991, glaube ich, war die erste Dis­kussion darüber – gewartet haben. Deshalb begrüße ich das umso mehr.

Wichtig ist, dass wir auch in diesem Bereich der Geschäftsordnung der anderen Kammer etwas nachziehen. Wenn schon Wählen ab 16 Jahren erlaubt ist, dann muss es auch möglich sein, parlamentarische Bürgerinitiativen ab diesem Alter, ab 16 Jahren zu unterschreiben. Auch das kommt mit dieser Änderung dieser Bestimmung. Insofern ist das jedenfalls zu begrüßen. Es ist das eine sehr bürgerfreundliche und für die Bevölkerung verständliche Änderung.

Niemand hat verstanden, dass ein Volksbegehren mit dem Abschluss der Legislatur­periode einfach verfällt. Das hat kein Mensch verstanden! Man hat viel Geld dafür ausgegeben – und dann verfällt es einfach! In Zukunft gibt es die Möglichkeit, dass sie als eine Agenda in die nächste Legislaturperiode mit hinübergenommen werden. Und das ist heute für die österreichische Demokratie ein sehr wichtiger Schritt. – Danke. (Beifall der Bundesräte Dönmez und Kerschbaum.)

10.35


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 38

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

10.35.382. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz, mit dem besondere Bestimmungen für die Neuermittlung der Ver­teilung von nach der Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments 2009 zu vergebenden Mandaten durch die Bundeswahlbehörde erlassen werden (506/A und 121 d.B. sowie 8074/BR d.B. und 8080/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist wieder Herr Bundesrat Perhab. – Bitte.

 


10.36.05

Berichterstatter Franz Perhab: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betref­fend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem besondere Bestimmungen für die Neu­ermittlung der Verteilung von nach der Wahl der Mitglieder des Europäischen Par­laments 2009 zu vergebenden Mandaten durch die Bundeswahlbehörde erlassen werden.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 24. März 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Professor Konecny. Ich erteile ihm das Wort.

 


10.36.55

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die EU macht es uns ja nicht immer ganz einfach. Wir wählen jetzt nach einem Wahlrecht, vor allem nach einer Verteilung der Mandate auf die einzelnen Mitgliedstaaten nach dem Vertrag von Nizza. Wir haben bisher 18 Sitze gehabt, wir wählen jetzt nach dem Verteilungsschlüssel des Vertrags von Nizza. Das bedeutet, dass Österreich um einen Sitz weniger hat.

Der Vertrag von Lissabon sieht eine andere Verteilung der Sitze vor. Österreich gehört zu den relativ Begünstigten dieser Regelung. Wenn der Lissabon-Vertrag – und ich sage an dieser Stelle: hoffentlich – in Kraft tritt, dann wird Österreich 19 Sitze im Europäischen Parlament haben.

Die Wahl findet im Juni statt. Es sind 17 Vertreter nach Brüssel zu wählen. Der Euro­päische Rat hat schon im Dezember des Vorjahres festgehalten, dass daran gedacht ist – ein entsprechender Rechtsakt hat noch zu erfolgen –, dass, wenn der Lissabon-Vertrag in Kraft tritt, während der Legislaturperiode des Europäischen Parlaments diese Veränderungen in der Zusammensetzung schlagend werden sollen.


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Das bedeutet aber, dass es zwei Möglichkeiten gibt: Entweder man macht neue Wahlen zum Europäischen Parlament – dann für 19 Sitze –, oder man entscheidet sich für eine innerstaatliche rechtliche Regelung – und die liegt uns vor –, wie man die dann hoffentlich in Kraft getretenen 19 Sitze anhand der Stimmverteilung vom Juni 2009 auf die wahlwerbenden Gruppen aufteilt.

Ich glaube nicht, dass es ein substanzieller Beitrag zum Europagedanken in Österreich wäre, wenn wir irgendwann im Herbst 2010 nach eineinviertel Jahren neuerlich Europawahlen abhalten würden; die Wahlbeteiligung wäre noch „atemberaubender“ als sonst. Das Argument: Wählen Sie auch Nummer 18 und 19!, ist wahrscheinlich nicht wirklich mitreißend.

Daher ist das eine vernünftige Regelung; eine Lösung für ein Problem, wo die andere Lösung praktisch ausfällt.

Ich sage noch einmal, es ist von größter Bedeutung für die Europäische Union und für ihre Mitgliedstaaten, dass dieser Lissabon-Vertrag in Kraft tritt. Gerade die Krise hat – nicht uns, aber großen Teilen der europäischen Bevölkerung – vor Augen geführt, wie wichtig diese Gemeinsamkeit in der Europäischen Union ist – bei allen Mängeln und bei allen Einschränkungen –, und die ausstehenden Ratifizierungen sind von größter Bedeutung.

Es steht zu hoffen, und die Umfragen – aber in Bezug auf Umfragen bin ich sehr skeptisch geworden – stehen jedenfalls günstig, dass sich unter dem Eindruck der Krise, die ja Irland ganz besonders schwer erwischt hat, auch eine Mehrheit der irischen Bevölkerung für die Ratifizierung des Lissabon-Vertrages entscheiden wird.

Ich hoffe, dass das deutsche Bundesverfassungsgericht keinen Widerspruch zwischen dem Grundgesetz und dem Lissabon-Vertrag statuiert. Und ich hoffe – das sage ich jetzt persönlich so –, dass die Ratifizierung in unserem tschechischen Bruderparlament im Senat ohne das jetzt angedachte Junktim mit den Raketen über die Bühne geht – denn es wäre ja nun wirklich das Absurdeste, was man sich vorstellen kann, dass eine Regierung, die gestürzt ist, und eine Partei, die vom Zerfall bedroht ist, jetzt ein Junktim herstellt: Wir stimmen dem Lissabon-Vertrag nur zu, wenn die Opposition, die die Mehrheit hält, auch dem Raketenvertrag mit der sogenannten Frühwarnstation in Tschechien zustimmt. So kann man nicht Europapolitik machen – das sei in aller Bescheidenheit und bei allem Respekt vor dem tschechischen Parlament und dem tschechischen Senat gesagt.

Unsere kleine Frage: Wie kommen wir von 17 auf 19 gerecht und unter Berück­sichtigung eines bestehenden Wahlergebnisses?, haben wir gelöst. Es bleibt nur zu hoffen, dass wir diese Bestimmung auch brauchen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

10.42


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Dr. Kühnel zu Wort. – Bitte.

 


10.42.34

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Zahlen 18, 17 und 19, die Herr Professor Konecny schon erwähnt hat, brauche ich jetzt nicht noch einmal zu erklären.

Auch ich teile Ihre Hoffnungen, dass der Lissabon-Vertrag in Kraft treten wird. Wie gesagt, das hängt noch von verschiedenen Unwägbarkeiten im Norden Wiens ab – wobei ich sagen muss, dass ich oft die tschechische Europapolitik nicht verstehe, aber


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 40

es ist eben leider ein Faktum, dass man dort Verschiedenes in den Hinterzimmern verhandelt, was nicht unbedingt immer transparent ist.

Eines ist aber meiner Ansicht nach sehr wichtig, und das möchte ich herausheben: dass die EU eigentlich dafür nicht verantwortlich gemacht werden kann, sondern das liegt eben bei den Einzelstaaten, die nun einmal den Ratifikationsprozess durchführen müssen.

Die Lösung, die jetzt vorgeschlagen wird und im Nationalrat mit großer Mehrheit verabschiedet worden ist – wir werden sehen, wie das bei uns im Bundesrat sein wird; ich hoffe auch, dass die Freiheitlichen dem zustimmen können –, halte ich für eine grundvernünftige: dass wir nicht, wie Sie angedeutet haben, im Jahre 2010 vielleicht dann noch einmal zur Urne schreiten, sondern dass wir das Ergebnis zur Kenntnis nehmen und die Bundeswahlbehörde dann eben die 19 Mandate entsprechend, wie das in Österreich üblich ist, verteilt.

Eines ist uns nämlich schon wichtig: dass die Europawahl mit einer ordentlichen Wahlbeteiligung stattfindet und dass wir nicht vielleicht nur um die 20, 25 Prozent zu den Urnen bringen. Das wäre ein schlechtes Zeichen international, aber auch kein gutes Zeichen für unsere lebendige Demokratie, die wir in Österreich haben.

Daher ist die vorliegende Lösung wirklich gut, und meine Fraktion erteilt dieser Lösung vorbehaltlos die Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

10.44


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Frau Bundesministerin Dr. Fekter das Wort.

 


10.44.42

Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Herr Präsident! Wer­te Damen und Herren! Um sicherstellen zu können, dass Österreich nach Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon tatsächlich statt 17 dann 19 Mitglieder entsenden kann, muss das Wahlergebnis der Europawahl neu ausgezählt werden, und die zwei neu hinzugekommenen Mandate müssen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verteilt werden.

Die Erhöhung der Anzahl der zu entsendenden Mitglieder führt aber auch zu einer Änderung der Wahlzahl, und aus dieser Änderung der Wahlzahl resultiert die Notwendigkeit der Verfassungsbestimmung.

Ich möchte das daher auch erläutern: Gemäß Artikel 23a Bundes-Verfassungsgesetz werden die Mitglieder des Europäischen Parlaments nach den Grundsätzen der Ver­hältniswahl gewählt. Die Anzahl der Mitglieder ergibt sich für die Europawahl nicht aus der Verfassung, sondern aus dem geltenden Primärrecht, und das geltende Primär­recht sagt: 17. Daher ist es nicht so einfach, dass wir dann plötzlich die Wahlzahl ändern und sagen: Doch 19!

Diese Änderung der Wahlzahl macht die Verfassungsbestimmung notwendig, denn die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes geht davon aus, dass eine Wahlzahl für eine Wahl festgestellt werden muss – und nicht zwei Wahlzahlen für eine Wahl. Daher ist es notwendig gewesen, Vorkehrung zu treffen für diese Änderung – die zwar voraus­sichtlich stattfinden wird, aber ich stimme auch den Vorrednern zu, die gesagt haben, sie hoffen, dass wir sie auch brauchen werden, denn das heißt, dass der Lissabon-Vertrag in Kraft tritt und dass wir dann mehr Vertreter im Europäischen Parlament haben werden.

Es ist daher unbestritten – und das hat eben auch dazu geführt, dass wir eine sehr große Mehrheit für dieses Gesetz haben –, dass für diese Vorgangsweise, dass näm-


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lich die Wahlbehörde neu ermitteln muss und mit einer neuen Wahlzahl die Mandate neu verteilt, eine verfassungsgesetzliche Grundlage notwendig ist. Ich bedanke mich für diese große Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

10.47


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? (Bundesrat Perhab: Nein!) – Danke. Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

10.47.383. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005 und das Nieder­lassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden (88 d.B. und 116 d.B. sowie 8084/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Strohmayer-Dangl. Ich bitte um den Bericht.

 


10.48.05

Berichterstatter Kurt Strohmayer-Dangl: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Geschätzte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005 und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 24. März mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.

 


10.49.02

Bundesrat Efgani Dönmez (ohne Fraktionszugehörigkeit, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer! Dieser Tag wird, glaube ich, in die Geschichte der österreichischen Innenpolitik eingehen, denn FPÖ, BZÖ und die Grünen werden bei einem Thema, in dem sie diametral auseinan­der liegen, das gleiche Abstimmungsverhalten an den Tag legen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Diese Gründe möchte ich kurz anführen: Aus unserer Sicht wird die Bleiberechts­problematik und -thematik mit dieser Gesetzesvorlage sicher nicht gelöst. Es wird ein Bleiberechtsverhinderungsgesetz werden. Es ist zwar der Forderung der Höchst­gerichte, hier ein Antragsrecht zu schaffen, Rechnung getragen worden, aber man hat nicht einmal die Möglichkeit, Berufung einzulegen.


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Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin in die Politik gegangen – und ich nehme an, Sie auch –, um Probleme, die es gibt, zu lösen – und nicht, um sie vor uns her­zuschieben oder weiterhin zu verschärfen. Und ich kann Ihnen garantieren, dass mit diesem Gesetz die Problematik sicher nicht gelöst wird, denn die Menschen, die in diesem Land schon seit Jahren ansässig sind, lösen sich nicht in Luft auf. Die NGOs werden weiterhin heftig damit beschäftigt sein, und auch die Behörden.

Das Problem hat sich abgezeichnet: Die Asylbehörden waren jahrelang, eigentlich jahr­zehntelang unterbesetzt, und so kam es zu einem Rückstau. Die erste Instanz wurde ja, glaube ich, für 10 000 Fälle konzipiert, aber es sind dann phasenweise 30 000 Fälle im Jahr geworden. Dann den Betroffenen den Vorwurf zu machen, dass sie den Instanzenzug voll ausschöpfen, ist zwar amüsant, aber, so glaube ich, nicht ange­bracht.

Was auch zu kritisieren ist, sind die unverhältnismäßigen Folgen einer nicht recht­zeitigen Antragstellung bei Verlängerungsanträgen. Ein Antrag auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels wird als Erstantrag gewertet, wenn er nicht vor Ablauf des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels gestellt wird. Da werden Menschen, die schon lange in diesem Land sind, integriert sind, Freunde haben, zu Illegalen, sie müssen ausreisen, einen Erstantrag stellen. Das ist eine massive Schlechterstellung! Da können und werden wir nicht mitgehen, denn eine weitere Illegalisierungswelle wird die Problematik sicher nicht lösen; im Gegenteil, sie wird sie verschärfen.

Dieses Bleiberechtsgesetz wird aus unserer Sicht weitere Härtefälle produzieren. Das ist zwar gut für NGOs, weil sie dadurch mehr Arbeit haben, aber den Betroffenen wird damit nicht geholfen. Ich hoffe, dass wir in Zukunft in diesem Haus die gesamte Integrationsthematik und Asylproblematik wirklich neu diskutieren werden, um die Probleme, die wir gegenwärtig haben und auch in Zukunft noch haben werden, auf einen besseren Weg zu bringen. – Danke. (Beifall der Bundesräte Kerschbaum und Schennach.)

10.52


Vizepräsident Jürgen Weiss: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Salz­burger Landtag hat kürzlich eine neue Präsidentin gewählt. Ich freue mich, dass Frau Präsidentin Gudrun Mosler-Törnström heute bei uns ist und auf diese Art und Weise dokumentiert, dass ihr eine Fortsetzung der guten Zusammenarbeit mit dem Salz­burger Landtag ein Anliegen ist. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Nächster Redner ist Herr Bundesrat Molzbichler. – Bitte.

 


10.53.28

Bundesrat Günther Molzbichler (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Frau Ministerin! Frau Landtagspräsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Endlich wird das Frem­denrechtspaket repariert! Während meiner Tätigkeit im Bundesrat habe ich dem Fremdenrechtspaket damals nicht zugestimmt, da ich es menschenrechtlich und auch verfassungsrechtlich problematisch fand und damals mit meinem Gewissen nicht vereinbaren konnte. Dass ich heute hier stehe, werte Kolleginnen und Kollegen, und über die Reparatur dieses Gesetzes genau zu diesen Aspekten rede, bestärkt mich in meiner damaligen Sichtweise. Sie können sich vorstellen, welche Diskussionen damals nicht nur in den eigenen Reihen, sondern auch mit Kolleginnen und Kollegen anderer Parteien geführt wurden.

Was bringt nun diese Reparatur? – Aufgrund der Aufhebung der bestehenden Rege­lung des humanitären Aufenthaltsrechts seitens des Verfassungsgerichtshofes muss bis 1. April dieses Jahres eine Neuregelung getroffen werden, die nun endlich auch dem Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention entspricht. Allein die


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Tatsache, dass Betroffene selbst keinen Antrag auf humanitären Aufenthalt stellen konnten, wurde zu Recht vom Verfassungsgerichtshof kritisiert und soll jetzt geändert werden.

So können nun Betroffene, die sich seit dem 1. Mai 2004 in Österreich aufhalten und zumindest während der Hälfte des Aufenthaltszeitraumes rechtmäßig im Land waren, gut integriert sind und über ein ausreichendes Einkommen verfügen oder eine Paten­schaftserklärung besitzen, auf Antrag eine beschränkte Niederlassungsbewilligung er­halten.

Da liegt die Letztentscheidung über ein Bleiberecht bei der Frau Innenministerin, die ja doch von einem Beirat beraten wird, dem auch VertreterInnen von Nichtregierungs­organisationen angehören. Es ist zwar noch immer nicht der Weisheit letzter Schluss, aber eine Korrektur, meine Damen und Herren, die meiner Meinung nach dringend notwendig war. Und auch die Tatsache, dass in allen laufenden Fremdenrechts- und Asylverfahren nun auch ein Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen geprüft wird, sehe ich als eine positive Veränderung der derzeit bestehenden Situation. Dass hierbei auch dem Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention Beachtung geschenkt wird, erfreut mich.

Bezüglich der Regelung beziehungsweise der Klarheit darüber, was nun beispiels­weise Patenschaft genau bedeutet oder welche Auswirkungen die Veränderung der Verlängerung des Aufenthaltstitels in praktischer Umsetzung hat, wird sich noch zeigen, ob diese Reparaturmaßnahmen ausreichen werden. Wollen wir beispielsweise eine faire Integration, ist es auch unumgänglich, dass das Bleiberecht mit einem Zugang zum Arbeitsmarkt ohne Beschränkungen verbunden wird.

Positiv hervorheben möchte ich auch, dass Opfern von Gewaltverbrechen nun endlich besserer Schutz gewährt werden kann. Dieser Punkt wurde schon lange gefordert und findet sich nun auch in dieser Gesetzgebung wieder.

Die Diskussion über die Einrichtung eines „Kompetenzzentrums für aufenthaltsbeen­dende Maßnahmen“ wie in Leoben und eines Erstaufnahmezentrums in Kärnten, in Tirol oder im Burgenland finde ich aufgrund mehrerer Aspekte katastrophal: zum einen aufgrund des Angstschürens in der Bevölkerung, vor allem seitens rechtspopulistischer Personen verschiedener Couleurs, meine Damen und Herren, und zum anderen aufgrund einer menschenverachtenden Sprache, die es in sich hat und mich an Zeiten erinnert, die zumindest ich nicht mehr haben möchte.

Es fehlt hier häufig an einer sachpolitischen Auseinandersetzung. Ich frage mich immer wieder, welche Kompetenz dieses „Kompetenzzentrum“ vorweisen muss und ob wir ein solches Zentrum überhaupt benötigen. Immerhin, und laut Innenministerin Fekter, sind diese Überlegungen nicht neu, und ihre Vorgänger haben sich damit schon intensiv beschäftigt. Jedoch ist mittlerweile die Zahl der Schubhäftlinge auch drastisch gesunken.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich werde heute dieser Gesetzgebung zustimmen, nicht weil ich sie perfekt finde, sondern weil sie Verbesserungen mit sich bringt, die mich trotz allem hoffen lassen, dass mehr Vernunft in die Köpfe einkehrt.

Meine Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Da dies meine letzte Rede in diesem Hohen Haus ist, gestatten Sie mir zum Abschluss ein paar persönliche Bemerkungen.

Die Idee des Österreich-Konvents, den Bundesrat aufzuwerten, halte ich nach wie vor für sehr, sehr wichtig, vor allem im Sinne der Kontrollfunktion und des Föderalismus. Auch die Idee, dass die Länderkammer bereits in der Werdung der Gesetzgebung eingebunden wird, sehe ich als absolute Bereicherung an. Der Bundesrat hat sein


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Mauerblümchen-Image nicht verdient, und wenn ich an die Arbeit, vor allem an die vielen Gespräche auf europäischer Ebene, auf Bundes- und besonders auf Regional­ebene denke, entspricht dies auch nicht der Realität. Eine Aufwertung des Bundes­rates würde meiner Meinung nach dem österreichischen Parlamentarismus sehr guttun.

Was ich mich in den letzten Jahren vor allem seit der Regierungsbeteiligung der Sozial­demokratie immer wieder gefragt habe, ist Folgendes: Wollen wir auf den Zug der Angstmacherei und der Dummheit, wie ich meine, und der Verunsicherung mit den rechtspopulistischen Schreihälsen aufspringen, oder wollen wir menschenrechts­kon­form, inhaltlich und der Sache wegen in diesem Hause arbeiten? Inhalte und sachliche Themen sind immer schwerer zu vermitteln, werte Kolleginnen und Kollegen. Das braucht Zeit, Energie, aber auch Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die genau diese Verantwortung für die Bevölkerung in Österreich ernst nehmen. Jeder Mensch kann polemisieren, aber es ist das Ernstnehmen der Anliegen der Bevölkerung in Kombination mit einer sachlichen Auseinandersetzung, das das Wesen einer inhaltlich guten Politik für ein Land ausmacht.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich wünsche allen hier, die die Menschenrechte achten und sich auf inhaltliche Arbeit konzentrieren, viel Erfolg und vor allem Elan für diese sehr, sehr spannende Aufgabe. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

11.01


Vizepräsident Jürgen Weiss: Herr Kollege Molzbichler, wir danken Ihnen dafür, dass Sie stets im Bundesrat auch eigenständige Meinungen vertreten haben. Das ist wich­tig. Das ist für das Bundesland Kärnten und für andere Bundesländer vielleicht ein bisschen eine Besonderheit, aber das gehört eben zu einer lebendigen Auseinander­set­zung dazu.

Wir wünschen Ihnen für Ihren weiteren Lebensweg alles Gute und für Sie persönlich weiterhin Wohlergehen. (Allgemeiner Beifall. – Bundesrat Molzbichler: Danke, Herr Präsident!)

Zu Wort kommt der nächste Kärntner, Herr Bundesrat Ing. Kampl. – Bitte.

 


11.02.17

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Geschätzte Frau Landtagspräsident aus dem schönen Salz­bur­gerland! Wir haben heute Änderungen des Fremdenpolizeigesetzes und des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes zur Beurteilung vor uns liegen. Der Verfas­sungs­gerichtshof hat sich bei seinem Erkenntnis hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit sicher etwas gedacht, denn – und darin sind wir, glaube ich, alle einer Meinung – es waren viele Dinge enthalten, die der menschlichen Zusammenführung nicht gedient haben. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn nun dieses neue Gesetz auf die Länder zukommt und die Länder keine Mitsprache- und Mitgestaltungs­mög­lichkeit haben, so fehlt auch bei diesem neuen Gesetz etwas.

Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Kärnten hat rechtzeitig für die Beschluss­fassung im Nationalrat diesbezüglich eine Eingabe gemacht, auf diese Problematik hingewiesen und argumentiert, weshalb es keine Zustimmung geben sollte. Die gleiche Aufforderung ist auch an den Bundesrat ergangen, und zwar nicht nur von Kärnten, meine Damen und Herren, sondern von mehreren Bundesländern. Bei der Landes­hauptleutekonferenz wurde auf einige Dinge hingewiesen, die wir nicht zur Kenntnis nehmen sollten, und die Frau Bundesministerin wurde ersucht, für diese ganze Prob­lematik neue Ansätze für die Zukunft zu finden.


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Altfälle, so § 44, sollen zur Gänze bei den Ländern bleiben, die Niederlas­sungsbewil­ligung, § 74, beschränkt bei den Ländern; die Länder haben die Ermittlungen und die Kosten zu tragen; Patenschaftserklärungen bleiben in Hauptverantwortung bei den Ländern; die Fristvorgabe von zwei Monaten, Frau Bundesministerin, gibt es anderswo nirgends, überall sind mindestens sechs Monate vorgesehen; für besondere Fälle gibt es einen Beirat – aber ohne Länder.

Die Zusammensetzung des Beirates, meine Damen und Herren, sieht folgendermaßen aus: ein Vertreter des Österreichischen Integrationsfonds, vier Vertreter von vom Bun­desministerium für Inneres bestimmten kirchlichen und humanitären Verbänden, ein Vertreter des Österreichischen Städtebundes, ein Vertreter des Österreichischen Gemeindebundes – was ich sehr begrüße – und zwei Vertreter des Innenministeriums. Wenn wir zusammenarbeiten und gemeinsam die große Politik und die große Verantwortung für die Menschen, die nach Österreich kommen, bewältigen wollen, dann wäre es sinnvoll – das habe ich schon erwähnt, und ich verstehe das einfach nicht, Frau Bundesministerin –, auch die Länder in ihrer Mitverantwortung einzubinden. (Ruf bei der ÖVP: Die Landeshauptleute!) Ja, auch der Vorarlberger Landeshaupt­mann ist dieser Meinung, und ich hoffe, dass auch die Vertreter von Vorarlberg diese Meinung heute hier im Hause vertreten werden.

Aufgrund der wirtschaftlichen Einbrüche sollten wir sehr genau die Niederlassungs­be­willigungen prüfen. Die Arbeitslosenzahl steigt, steigt, steigt. Ein Einwanderungs­recht und ein Scheinasylantentum passen nicht zu einer steigenden Arbeitslosen­zahl. – Das, meine Damen und Herren, sollten wir einmal ein bisschen näher betrachten.

Es gibt derzeit in Österreich 13 000 kriminelle Asylanten; die Zahlen sind nicht von mir, sondern aus einem Bericht, der uns zugänglich ist. Die jährlichen Kosten für Grund­versorgung für Asylanten belaufen sich auf 82 Millionen €. Es sind nicht die 82 Mil­lionen € – aber, Frau Bundesministerin, die Länder wollen mitreden. Die Länder gehören mit in die Verantwortung, die Länder wollen immer wieder mithelfen, dass es ein Miteinander in Österreich gibt und nicht auf der einen Seite die Bundesregierung, und auf der anderen Seite die Gemeindevertreter und die Vertreter der humanitären Organisationen – und das war’s. Dazu kommen noch die Sozialleistungen, die ja letzten Endes auch von Bund, Ländern und Gemeinden getragen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Offen – das an Sie gerichtet, Frau Bundes­ministerin – sind ja wohl die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen. Solche haben Lan­des­hauptleute am 22. Februar gefordert. Was ist damit geschehen? Da, Frau Bundesminister, sind wir, glaube ich, gemeinsam gefordert, ist vor allem die Bundes­regierung gefordert, festzulegen, wie diese Aufenthaltsbeendigung, die einstimmig von den Landeshauptleuten gefordert wurde, vor sich geht. Wie werden Maßnahmen vollzogen, was wird geschehen, um klare Regelungen zwischen Bund und Ländern herbeizuführen? – Danke. (Beifall des Bundesrates Mitterer.)

11.08


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Kainz. – Bitte.

 


11.08.11

Bundesrat Christoph Kainz (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir beschäftigen uns heute mit dem Beschluss des Nationalrates vom 12. März, mit dem das Asylgesetz und das Fremdenpolizeigesetz 2005 geändert werden. Einen Schwerpunkt dabei stellt die Neuregelung des humanitären Aufenthaltes dar. Ich denke, dass alle, die hier im Raum sitzen, dieses Thema kennen, und glaube, dass vor allem die regionalen Mandatare und Bürgermeister dieses Thema aus eigenen Fällen, eigenem Zugang und eigener


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Betroffenheit besonders gut kennen. Deshalb meine ich, wir sollten hier nicht von einer Aufweichung, sondern von einer Verbesserung des Gesetzes sprechen.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Ausführungen des Kollegen Dönmez von den Grünen eingehen, der meiner Meinung nach heute wieder ein Musterbeispiel von einem Zickzackkurs, den die Grünen da fahren, geliefert hat. Auf der einen Seite draußen zu stehen und für ein Bleiberecht zu demonstrieren, sich für eine Verbes­serung des Bleiberechtes einzusetzen, auf der anderen Seite sich hier herzustellen und auch in der zweiten Kammer, wie schon im Nationalrat, gegen eine Verbesserung des Bleiberechtes zu stimmen, das, muss ich ehrlich sagen, ist nicht verständlich und versteht draußen auch niemand. Das Einzige, wobei die Grünen wirklich Linie halten, ist: im Zickzackkurs-Fahren. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.) Das, muss ich sagen, ist wirklich etwas, das man draußen auch sagen sollte. Es gibt einerseits die Fotos, die wir alle kennen, und jetzt auch das Verhalten hier.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, Österreich ist ein wirklich sehr gastfreundliches Land. Das kennen wir aus dem Tourismus, aber das zeigen wir vor allem auch – und darauf können wir besonders stolz sein, in dieser Frage haben wir sehr großes Herz bewiesen – bei der Gewährung von Asyl für jene, die es wirklich brauchen. „Asyl“, meine sehr geehrten Damen und Herren, bedeutet Aufenthalt auf Zeit. So ist es auch geregelt.

Ich glaube, dass es überhaupt keine Diskussion darüber gibt, dass jene, die es wirklich brauchen, weil sie aus politischen, religiösen oder sonstigen Gründen ihr Land ver­lassen haben – das ist für niemanden leicht! –, Asyl gewährt bekommen. Ziel muss es aber sein, auch den Aufbau einer Existenz im Heimatland wieder zu ermöglichen. Deshalb, glaube ich, ist der Ansatz der Frau Bundesminister, ein Kompetenzzentrum zu schaffen, wo man wirklich fachgerechte Beratung gibt und vielleicht auch noch andere Instrumente einführt, um die Existenzgründung im Heimatland zu ermöglichen – ein sehr vernünftiger und richtiger Ansatz. Wieso man das kritisiert, verstehe ich nicht.

Ich glaube ebenso, dass es ein vernünftiger Ansatz ist, sich in jenen Fällen, wo Men­schen einen sehr langen legalen Aufenthalt in Österreich vorweisen und daher auch schon integriert sind, eine vernünftige Lösung zu überlegen. Ich denke, dass der vorliegende Beschluss zur Gesetzesänderung eine sehr vernünftige Lösung darstellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Asyl- und Fremdenpolitik ist ein Thema, das alle berührt. Es berührt die Österreicherinnen und Österreicher, aber es berührt vor allem auch die Menschen, die bei uns um Asyl angesucht haben. Ich denke daher, gerade in dieser Materie brauchen wir einen sehr sachlichen und vernünftigen Zugang. Da brauchen wir nicht die rechten Hetzer und auch nicht die linken Träumer, sondern da brauchen wir einen sehr vernünftigen Zugang und eine sehr vernünftige Auseinan­dersetzung mit dieser Materie, eine Politik mit Augenmaß, eine Politik auch mit der Mitte, und ich glaube, dass sich Augenmaß, Konsequenz und auch Fach­kompetenz und Hausverstand in dieser Gesetzesmaterie widerspiegeln.

Ziel muss es sein, eine menschliche, rechtsstaatliche Lösung im Sinne der Republik, im Sinne der Österreicherinnen und Österreicher, aber vor allem auch im Sinne jener Menschen, die unsere Hilfe benötigen, zu ermöglichen.

Zum Asylverfahren grundsätzlich: Ich glaube, dass wir auch damit auf dem richtigen Weg sind, die Asylverfahren zu beschleunigen, was wir auch durch die Einrichtung des Asylgerichtshofs erreicht haben. Ich denke, dass Fach- und Sachberatung jenen, die um Asyl ansuchen, natürlich zusteht, das sollte man ihnen auch gewähren, aber in einem Rechtsstaat mit einer extrem linken Position, wenn ich das so sagen darf, alle Möglichkeiten ausnutzen zu können, das, glaube ich, ist der falsche Zugang.


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Ich meine, dass Österreich gerade in der Asylpolitik in den letzten Jahren auf dem richtigen Weg ist: einerseits ist das Herz wirklich am richtigen Fleck, andererseits wird mit der neuen Asylgesetzgebung eine Überinanspruchnahme unserer Gastfreund­schaft in die richtige Bahn gelenkt. Wenn ich bedenke, dass wir im Jahr 2001 30 127 Asylanträge hatten und im Jahr 2007 nur noch 11 921 Asylanträge, so ist das, glaube ich, einerseits zurückzuführen auf eine vernünftige Asylgesetzgebung, anderer­seits aber auch darauf, dass wir gemeinsam mit unseren sicheren Nachbarländern mit einer vernünftigen europäischen Politik argumentieren können und mit dem Mechanis­mus der Dublin-Fälle sehr gut Möglichkeiten ausschöpfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme auf einen sensiblen Punkt dieses Gesetzes zu sprechen, nämlich auf jene, die sich wirklich legal in Österreich über einen längeren Zeitraum aufhalten, die gut integriert sind, die im Vereinsleben integriert sind. Wir kennen viele Beispiele dafür, dass sich Bürgermeister, Vereinsvertreter, Eltern­vereinsvertreter für den Verbleib von Menschen einsetzen, weil sie vor allem straf­rechtlich unbescholten sind. Die Möglichkeit zu schaffen, dem Wunsch der Bevöl­kerung, der auch zu Recht kommt, entsprechen zu können, ist sehr gut. Das war, wenn ich mich an die letzte Nationalratswahl, auch an die Niederösterreichische Landtags­wahl zurückerinnere, auch Thema.

Auch die Patenschaft, die nicht zwingend vorgeschrieben ist, ist eine Möglichkeit für den Verbleib, nämlich dann, wenn jemand „gutsteht“, der die Familie besonders gut kennt, damit eben nicht der Steuerzahler zur Kassa gebeten wird, sondern jene, die die Patenschaft übernehmen. Ich glaube, dass dies eine rechtsstaatliche Möglichkeit vor allem im Sinne der betroffenen Menschen darstellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch ganz kurz auf ein anderes Thema eingehen, weil mir das gerade in dieser Debatte wichtig ist, weil das die Bürger draußen nicht immer so sehen, weil das die Medien nicht immer so berichten. Man muss zwischen Asyl und einem anderen Aufenthaltstitel unterscheiden. Durch viele Fälle, die wir aus den Medien kennen, ergibt sich eine Unverhältnismäßigkeit. Wenn ich an die Diskussionen über die Schulsituation in Wiener Bezirken denke, wenn ich an die Situation in einzelnen Wiener Bezirken denke, so möchte ich sagen, das sind keine Asylwerber, dass sind Personen und Menschen, die einen anderen Aufenthaltstitel haben. Aber gerade in dieser Frage ist die Verhältnismäßigkeit eine ganz wichtige Voraussetzung für das wirklich friktionsfreie Miteinander- und Nebeneinander-Leben.

Eine ganz wichtige Voraussetzung stellt zweifellos die Sprache dar. Ich denke, dass der neue Zugang der Frau Bundesministerin, nämlich die Sprachkompetenz noch stärker als Voraussetzung zu nehmen, der vollkommen richtige Ansatz ist. Das sehen auch die Bürger draußen so. Ich glaube, das ist notwendig.

Einen abschließenden Gedanken von mir, weil ich als regionaler Mandatar aus Nieder­österreich, aus dem Bezirk Baden natürlich vor allem auch mit dem Thema Flüchtlings­lager in Traiskirchen konfrontiert bin, das jetzt dankenswerterweise als „Erstaufnahme­stelle Ost“ geführt wird, damit diese Stadt, die ja seit 1945 die Hauptlast der Asylpolitik in Österreich trägt, nicht übergebührlich beansprucht und auch entlastet wird.

Ich denke, dass in diesem Zusammenhang auch die Solidarität der anderen Bundes­länder gefordert ist, denn wenn ich mir die Asylsituation im Bundesländervergleich anschaue, dann kann ich sagen, dass es nur drei Bundesländer gibt, die die Quote erfüllen, nämlich Wien über Gebühr, mit plus 30 Prozent – als Niederösterreicher und aus dem Bezirk Baden kommend sage ich: Danke!; Probleme gibt es in Wien deswegen nicht weniger, wahrscheinlich mehr –, Oberösterreich und Niederösterreich. Das ist aber nicht die Mehrzahl der Bundesländer, denn wir haben neun. Burgenland, Steiermark, Salzburg, Kärnten erfüllen diese Quote nicht.


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Auch da ist Solidarität gefragt, denn es kann nicht auf dem Rücken einiger weniger Bundesländer die Asylpolitik des Staates getragen werden. Ich meine, wir sollten hier vernünftiger und auch solidarischer miteinander umgehen. Wir im Bezirk Baden haben nicht nur die Erstaufnahmestelle in Traiskirchen, sondern noch zusätzlich 431 Per­sonen, die im organisierten Wohnbereich unterkommen, wobei auch wieder nur einige Gemeinden, nämlich Heiligenkreuz, Altenmarkt, Unterwaltersdorf und Baden, die Haupt­last tragen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie merken: ein sehr umfassendes Thema. Ich wollte es ansprechen, weil das ein Thema ist, das die Bürger draußen zu Recht beschäftigt. Auch wir beschäftigen uns zu Recht sehr ausführlich und sehr, sehr sachlich damit. Gerade diese Gesetzesänderung zeigt, wie man Asyl- und Fremden­rechtspolitik mit Augenmaß betreibt, mit dem Herz am richtigen Fleck, aber auch mit der Härte gegen jene, die die Situation ausnützen wollen, und mit der Möglichkeit für jene, die integriert sind, einen berechtigten und gerechtfertigten Aufenthaltstitel zu erhalten.

Wir werden dieser Gesetzesvorlage gerne zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.18


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

 


11.18.37

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ja wirklich interessant, wenn man Fehlentwicklungen aufzeigt und Fehlentwicklungen, die auch die Bevölkerung wahrnimmt, anspricht, dass dann immer der Reflex von SPÖ und ÖVP kommt: man verhetzt, man schürt Angst und so weiter, was auch immer da aus Ihren Reihen kommt. (Bundesrat Stadler: Stimmt das nicht? Haben Sie den Strache in Ried nicht gehört?) – Nein, das tun wir nicht! Wir sprechen die angstvollen Sorgen der Bevölkerung an, und wir sprechen auch jene negativen Erfahrungen an, die die Bevölkerung schon mit Zuwanderern gemacht hat.

Heute wollen Sie hier ein Gesetz beschließen, das unter dem Titel „Humanitäres Bleiberecht“ den Scheinasylanten Tür und Tor öffnet und sie legalisiert. Da fragen wir uns, und wir fragen uns zu Recht, wie ein Rechtsstaat es zulassen kann, dass jemand hierher kommt, unter falschen Voraussetzungen, die Behörden anschwindelt und es dann heißt: Na ja, jetzt sind sie schon so lange da, jetzt können wir nicht so sein, jetzt legalisieren wir sie halt und lassen sie hier im Lande! Und wenn sie die Sprache auch schon können, dann ist das alles noch viel leichter.

Wir sagen, wer illegal hier ist, hat hier nichts verloren und muss wieder gehen. Dazu stehen wir, und dabei bleiben wir auch. Wir haben es gerade beim Fall Arigona gesehen. Das ist ja in den Medien sehr breitgetreten worden. Man nehme ein hübsch aussehendes 15-jähriges Mädchen, das kann die Sprache gut, hat schon so einen oberösterreichischen Einschlag, dann droht dieses Mädchen mit Selbstmord, wenn die Familie, die illegal eingereist ist und die relativ schnell einen negativen Bescheid bekommen hat, abgeschoben wird. Die Medien drücken auf die Tränendrüse, und schon geben alle nach und sagen, da können wir nicht so sein, das wäre wirklich äußerst inhuman. (Bundesrat Mag. Himmer: Wer hat denn aller nachgegeben?)

Wir sagen: Nein, das geht nicht! Man kann sich das Bleiberecht nicht erschwindeln, ertrotzen und ersitzen. Das ist einfach nicht in Ordnung, und es sind oft nicht die Behörden, die die Verfahren verschleppen, sondern da ist eine ganze Industrie, die vor allem links orientiert ist, am Werkeln – NGOs, Anwälte, die diese Aufenthalte mit immer


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wieder neuen Vorbringungen verlängern, indem immer neue Gründe vorgebracht werden, warum doch Asyl. Dann kommt der Nigerianer eben nicht aus Nigeria, son­dern aus Liberia, das kann ja auch ein Hörfehler sein, und so schleppt man es dahin, bis dann irgendwann einmal jemand kommt und sagt, jetzt lassen wir ihn halt da.

Das sind Scheinasylanten, die ja in Wirklichkeit Wirtschaftsflüchtlinge sind und es hier besser haben wollen, was ja aus ihrer Sicht verständlich ist, aber wir können nicht sagen, wir machen die Tore auf und jeder, der irgendeinen Scheinasylgrund vorbringt, soll kommen, um hier als Wirtschaftsflüchtling bleiben zu können. Noch dazu zeigt die Kriminalstatistik, die auch noch zu diskutieren sein wird, dass die Überzahl der Asylanten hier kriminell ist. Viele Österreicherinnen und Österreicher haben das leider schon am eigenen Leib verspürt, wenn in ihre Wohnung eingebrochen und ihnen alles ausgeräumt worden ist.

Statt dagegen vorzugehen, jetzt eine sogenannte Humanisierung zu machen und das Ganze zu legalisieren, statt sie abzuschieben, das finden wir eben falsch. Wir finden diese Scheinzuwanderung falsch, und es ist eines Rechtsstaates absolut unwürdig, da nicht einen Riegel vorzuschieben. (Bundesrat Kalina: Das ist der Ton, der die Musik macht!)

Sie können es sich im Internet anschauen, da gibt für diese Scheinasylanten wirklich jede Menge Tipps, was man vorbringen muss, was man sagen muss, was man tun muss, damit man nicht sofort über die Grenze abgeschoben wird, sondern damit überhaupt einmal der Asylgrund überprüft wird.

Wir halten es, wie gesagt, für falsch, wenn es eine Reihe von Anwälten gibt, die dazu beitragen, dass immer neue Gründe vorgebracht werden, und wir schauen dabei zu  und jetzt legalisieren wir das Ganze noch. Da fragt sich wirklich jeder Österreicher und jede Österreicherin, was mit dieser Regierung los ist, vor allem jene Österreicher, die heute von Kurzarbeit bedroht sind, von Arbeitslosigkeit bedroht sind, jeden Cent zweimal umdrehen müssen. Der Steuerzahler zahlt das nämlich alles. Das zahlt nicht die Regierung aus ihrer Privatschatulle, denn diese Asylanten, die hier sind, müssen von uns versorgt werden und werden auch versorgt. (Bundesrat Dönmez: 150 € pro Monat!) Das ist Geld des Steuerzahlers!

Wir reden hier nicht von jenen Asylanten – das möchte ich immer wieder betonen, ich habe das an dieser Stelle schon öfter getan –, von jenen Asylsuchenden, die tat­sächlich Asyl brauchen. Die sind nicht gemeint, sondern wir meinen nur jene, die dies unter falschen Voraussetzungen tun.

Daher meinen wir, Frau Minister, dass dieses Gesetz kein gutes Gesetz ist. Es entspricht in keiner Weise unseren Intentionen. Wir sagen schon seit Langem zu Recht, wir müssen die Zuwanderung jetzt einmal stoppen. Wir haben genügend Prob­leme mit jenen, die schon hier sind, die legal hier sind, die zum Teil auch schon die österreichische Staatsbürgerschaft haben und trotzdem Probleme mit der Integration haben, deren Kinder in die Schule kommen und nicht Deutsch können und die nicht bereit sind, unsere Gesetze, was Frauenrechte, Gewalt in der Familie, Genitalverstüm­melung und so weiter anbelangt, zu akzeptieren und sich danach zu richten. (Bun­desrat Dr. Kühnel: Kein Thema auslassen!) Da müssen wir unserer Ansicht nach ansetzen und schauen, dass jene, die hier sind, integriert werden und uns nicht noch zusätzlich welche holen, mit denen sich die Probleme dann vervielfachen.

Daher werden wir dieser Gesetzesvorlage nicht zustimmen, weil wir das für ein schlechtes Gesetz halten. (Bundesrat Stadler: Das war aber zum Schluss jetzt über­raschend!)

11.24



BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 50

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Dr. Fekter. – Bitte.

 


11.24.48

Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Sehr geehrte Frau Mühlwerth! Auch wenn man es immer wieder wiederholt, wird es deshalb nicht wahrer. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesräte Dönmez und Kerschbaum.) Wir legalisieren keine Scheinasylanten. Und jeder, der das immer wieder behauptet, schickt die falschen Signale an die Schlepperorganisationen. (Bundesrätin Mühlwerth: Wie war das denn mit der Arigona?) Wenn nämlich medial ständig transportiert wird, Österreich legalisiere ohnehin die Illegalen, man habe ein Bleiberecht, dann sind das Signale an Schlepperorganisationen, die ich zurückweisen möchte, weil wir das nicht tun und dieses Gesetz es auch nicht hergibt. Sie müssen wissen, was Sie damit anstellen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)

Es gibt in Österreich kein Bleiberecht durch Fristablauf für Illegale, und es gibt in Österreich auch keine Legalisierung von Illegalen, aber es gibt in Österreich eine rechtsstaatliche, menschenrechtskonforme Vorgangsweise im Umgang mit Menschen, die sich hier aufhalten. Das haben wir im Hinblick auf das Antragsrecht repariert. Der große Vorteil dieser Novelle ist aber – das ist den meisten wahrscheinlich noch überhaupt nicht aufgefallen –, dass wir mit dieser Novelle auch zu einer enormen Beschleunigung der Verfahren kommen.

Wir verhindern pro futuro Kettenanträge – einen sogenannten Antragsmarathon –, und wir beschleunigen die Verfahren dadurch, dass die humanitären Gründe nicht in einem Extraverfahren hinterher geprüft werden, sondern in den jeweiligen Regelverfahren miterledigt werden. Wenn diese Miterledigung erfolgt ist, dann wird eben der Nieder­lassungsbehörde gesagt, jawohl, der darf bleiben, und er bekommt einen Aufenthalts­titel, oder es wird an die Fremdenrechtsbehörde gemeldet, nein, die dürfen nicht dableiben, da liegen keine Gründe vor, auch keine humanitären, und dann schreitet die Fremdenpolizei ein.

Ich bin gefragt worden, meine sehr verehrten Damen und Herren – beispielsweise von Bundesrat Ing. Kampl –, was ich denn bezüglich des einstimmigen Beschlusses der Landeshauptleute im Hinblick auf die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen tue. Was ich tue, ist, ein Kompetenzzentrum für aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu bauen, um den Wünschen der Landeshauptleute gerecht zu werden, dass es da effizienter zugeht.

Ich bin auch gefragt worden, ob wir das noch brauchen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir müssen bei den aufenthaltsbeendenden Maßnahmen, das heißt, beim Außerlandesbringen jener, die nicht hierbleiben dürfen, mehr Effizienz an den Tag legen. Es ist inhuman, wenn es nach allen negativen Entscheidungen dann noch Monate – manchmal ein Jahr oder länger – dauert, bis die Maßnahmen der Aufent­halts­beendigung tatsächlich greifen.

Der überwiegende Teil der Asylwerber darf nicht bleiben, das wissen wir. Das heißt erstens: Da sind alle Verfahren negativ, und die haben auch keine humanitären Gründe. Das heißt, sie müssen zurück in ihr Herkunftsland.

Zweitens: Alle Dublin-Fälle – das sind jene, die ihr Asylverfahren in einem sicheren Drittstaat abzuwickeln haben und nicht bei uns – müssen in diesen sicheren Drittstaat gebracht werden.

Drittens: Auch bei den straffälligen Fremden, die nach Verbüßung der Haft ebenfalls in ihr Herkunftsland abgeschoben werden müssen, ist der Aufenthalt hier in Österreich so rasch wie möglich zu beenden.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 51

Dafür brauchen wir ein Kompetenzzentrum, denn es ist bürokratisch enorm aufwendig, diese Personen in ihr Herkunftsland zu bringen. Wir brauchen dafür Rückübernahme-Zertifikate, Rückübernahme-Abkommen; wir brauchen Kontakt mit den Herkunfts­ländern; wir müssen eine Bestätigung dafür haben, dass sie zurückgenommen werden; und wir brauchen auch Bewilligungen zur Transitierung. Wenn wir beispielsweise Tschetschenen nach Polen zurückbringen, müssen die Tschechen erlauben, dass sie durch deren Land transitieren, weil die ja keine tschechischen Visa haben. Dasselbe gilt für die Slowakei, je nachdem, welche Route gewählt wird. Das heißt, diese Rückübernahme-Bürokratie erfordert enorme Kompetenz und gehört in Österreich gebündelt.

Daher hat bereits mein Vorgänger so ein Kompetenzzentrum geplant. Das ist not­wendig, damit wir mehr Effizienz, mehr Schnelligkeit an den Tag legen und das rechtsstaatlich rasch abwickeln können.

All diejenigen, die auf der einen Seite laut rufen, dass die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen so schnell wie möglich abgewickelt werden müssen, und dann aber gegen so ein Kompetenzzentrum mobilisieren, denen möchte ich schon ins Stamm­buch schreiben: Wer gegen das Kompetenzzentrum mobilisiert, der will, dass diese Personen, die ich genannt habe, die nicht hierbleiben dürfen, aber schon da sind, illegal untertauchen – der begünstigt dieses illegale Untertauchen.

Wenn man gegen das Kompetenzzentrum mobilisiert, dann ist man in Wirklichkeit gegen das Außerlandesbringen derer, die nicht hierbleiben dürfen. Es ist also nicht schlüssig, auf der einen Seite zu rufen, so schnell wie möglich heim ins Herkunftsland, und auf der anderen Seite Mobilisierungskampagnen gegen ein Kompetenzzentrum zu starten. Das sei nur all jenen ins Stammbuch geschrieben, die sich in jüngster Vergangenheit gar so laut geäußert haben.

Ich glaube, dass das vorliegende Gesetz ein gelungener Entwurf ist, dass wir zu einer Beschleunigung der Verfahren kommen, dass wir schneller Rechtssicherheit her­stellen, denn es ist inhuman, wenn man Menschen in einen Antragsmarathon hinein­berät, der von vornherein nicht auf Erfolg ausgerichtet ist. – Auch das sei all den rechtsberatenden Infrastrukturen ins Stammbuch geschrieben.

Wir werden pro futuro im Ministerium die Gelder, die wir in diesem Bereich ausgeben – und das sind sehr viele Millionen, die wir da bereitstellen –, auch dahin gehend auf Effizienz überprüfen, dass wir jene Einrichtungen für die Rechtsberatung heranziehen, die rasch Rechtssicherheit schaffen – sei es durch einen positiven Bescheid, oder sei es eben durch einen rechtskräftigen negativen Bescheid –, und dass wir jenen Organisationen nicht mehr die Rechtsberatung übertragen werden, die permanent eine lange Verfahrensdauer provozieren und nicht zu einer raschen, effizienten Beratungs­tätigkeit fähig sind.

Das ist etwas, das ich mit der knappen Ressourcenverwendung gewährleisten werde, weil ich es für unmenschlich halte, wenn man Menschen jahrelang suggeriert: Pro­bieren wir es noch und noch, und noch einen Folgeantrag, und noch einen Folge­antrag. Das ist nicht human. Das ist auch den Menschen gegenüber ausgesprochen unfair. Damit wir bei den Folgeanträgen auch mehr Effizienz bekommen, werden wir noch vor dem Sommer ein neues Fremdenrechtspaket in das Hohe Haus bringen. Ich hoffe, dass uns die Mehrheit des Hauses dann diesbezüglich unterstützen wird. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

11.33


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Gumplmaier. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 52

11.33.54

Bundesrat Dr. Erich Gumplmaier (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Verehrte Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Bundesministerin, Sie erklärten im Nationalrat, sich sicher zu sein, das Richtige zu tun, da das Gesetz von rechts – sprich FPÖ und BZÖ – und von links und Grünen gleichermaßen kritisiert wird. Sie seien sich also sicher, einen klassischen Kompromiss gefunden zu haben, einen Kompromiss zwischen: alle ausweisen, niemanden reinlassen oder alle da lassen – überspitzt gesagt.

Offensichtlich stellten Sie sich die Frage, die auch ich mir stelle: Tue ich das Richtige? Ich stelle mir die Frage als Initiator des Netzwerkes „Land der Menschen“ in Ober­österreich, das sich gegen Ausländerfeindlichkeit wendet, und als Mitunterstützer vieler Plattformen für das Bleiberecht.

Nun einen Gradmesser angelegt, ob man das Richtige tut: Mahatma Gandhi gab seinen Freunden den Rat: Wenn ihr nicht wisst, ob ihr das Richtige mit euren Maßnahmen, Gesetzen, Projekten bewirkt, dann stellt euch die Frage und denkt die Antwort zu Ende, bis zur letzten Konsequenz: Wie wird sich eure Maßnahme für die Ärmsten im Dorf auswirken? Wird sie ihr Leben verändern? Wird die Maßnahme das Leben der Ärmsten im Land verändern?

Wenn wir dieser Frage ernsthaft nachgehen, welche Auswirkungen dieses Gesetz für die ärmsten Österreicher hat, dann heißt die Antwort: Es wird ihr Leben nicht ver­ändern. Und das sei gerade jenen deutlich ins Stammbuch geschrieben, Frau Mühlwerth, die ständig unter Vorgabe, für die Schwächsten in Österreich da zu sein, die Schwächsten und die Heimat zu schützen, Verhetzung und Gräuelpropaganda betreiben, mit Begriffen wie „Scheinasylanten“ und „Kriminelle“. Angst schüren und Hetze treiben ermöglicht zwar die Maximierung der Stimmen von unwissenden Wählern, führt aber nicht zur Wahrheit.

Stimmen maximieren können Sie mit Ihren Phrasen nur so lange, solange man nicht aufklärt und wirklich in aller Deutlichkeit darauf hinweist, dass diese Phrasen und dieses Angst-Schüren in Wirklichkeit den Rassengesetzen des Deutschen Reiches entspringen. (Bundesrat Ing. Kampl: Blödsinn!) – Nicht „Blödsinn“! (Bundesrat Ing. Kampl: Das ist ein Blödsinn! Das ist kein Vergleich!)

Da Sie mit dieser ideologischen Substanz sehr alt ausschauen und das auch wissen, kleiden sich Ihre Proponenten zeitgemäß und passen sich in ihrem äußeren Er­scheinungsbild der neuen Zeit an, kleiden sich in moderne, neue Anzüge und tauchen in Diskotheken auf, wenn sie nicht gerade auf Schießplätzen oder Wehrsportübungen sind. (Bundesrat Perhab: Reden wir jetzt zum Asylgesetz?)

Wir hatten leider jahrelang eine vorauseilende Gesetzgebung gegen diese Wähler­stimmen-Maximierung, mit den Stimmen der Angst dieses Lagers. Das hat uns erst in die Lage gebracht, dass wir heute ein Gesetz reparieren müssen, das in einer Bestim­mung vom Verfassungsgesetz aufgehoben wurde.

Unabhängig von dieser verfassungsrechtlichen Notwendigkeit hat dieser Populismus des nationalen Lagers zu der vorauseilenden Gesetzgebung geführt und zu einer Praxis in der Vollziehung, wo man laufend Gefahr lief, Ansprüche der Menschlichkeit zu verletzen. Ganze Dörfer, Schulgemeinschaften, Kirchenräte haben sich mit Familien solidarisiert, die seit Jahren hier sind, deren Kinder in Österreich geboren sind.

Nachdem selbst ausländerfeindliche Bevölkerungsgruppen einsehen mussten, dass man nicht mit Blaulicht bei Nacht und Nebel vorfahren und solche Familien abschieben kann, dass das zu weit führt (Bundesrätin Mühlwerth: ... Unterstellung!), hat die Regierung in ihre Regierungserklärung aufgenommen, die bestehende Regelung über


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 53

das humanitäre Aufenthaltsrecht zu beseitigen und humanitäre Gründe in das reguläre Verfahren einzuführen.

Sehr geehrte Frau Minister, ich gehöre zu jenen, die sagen, die Chance der Reparatur wurde zu zögerlich wahrgenommen. Ich bin auch enttäuscht von Ihrer Äußerung bezüglich „Rehleinaugen“, denn diese lässt Feingefühl für eine ohnehin gepeinigte Familie vermissen.

Dennoch registriere ich Ihre Bemühungen, betroffenen Menschen zu helfen und einen Kompromiss zu finden. Als Verbesserung bezeichne ich insbesondere die Regelung für Altfälle, vor einer Ausweisungsentscheidung in jedem Fall eine Einzelfallprüfung statt­finden zu lassen. Als Verbesserung bezeichne ich es auch, weil diese Prüfung nach einem Kriterienkatalog vorzunehmen ist. Eine Verbesserung ist auch für die soge­nannten binationalen Ehen gegeben. Und der Opferschutz ist ein besonderes Aufent­haltskriterium.

Das vorliegende Gesetz ist nicht der große Wurf; das wurde heute schon gesagt. Allerdings gelang, dem Wunsch des Verfassungsgerichtshofes entsprechend, eine fristgerechte Reparatur. Die Neugestaltung des Fremdenrechts, die von Experten gefordert wurde, ist es nicht.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen: Kriminalität ist nicht mit Asylgesetzen zu beseitigen! Kriminalität ist eine globale Erscheinung in einer globalisierten Wirtschaft und Welt. Es ist gerade in letzter Zeit festzustellen, dass mit den neuen internationalen Fahndungsmethoden hier große Erfolge erzielt werden.

Ich zitiere aus Ihrem Bericht zur Integration, Frau Minister, um welche Größen­ord­nungen es sich bei der Asylproblematik handelt: Wir hatten zwischen 2002 und 2008 in Österreich 156 000 Menschen, die um Asyl angesucht haben. Dieses wurde im gleichen Zeitraum, also innerhalb von sechs Jahren, 27 000 Personen gewährt. – Also sogar in der Zeit, in der Sie, Frau Mühlwerth, in der Regierung waren.

Die Zahl der Asylanträge hat seit 2006 abgenommen und lag 2008 bei 12 000, woge­gen es 2002 knapp 40 000 waren. Mittlerweile sind wir bei knapp 6 000, 2004 lag diese Zahl bei 3 500.

Ich möchte zum Vergleich nur erwähnen, dass wir fast 50 000 Menschen in Kurzarbeit haben. Wenn wir angesichts dieser Zahl 3 500 Asylwerber als Riesenproblem bezeich­nen und da große Angstparolen verbreiten, so meine ich, allein diese Zahl spricht für sich.

Zum Schluss kommend und die Frage beantwortend: Machen wir das Richtige? – Auch wenn nur wenigen Menschen geholfen wird – und das ist offensichtlich –, bin ich überzeugt davon, das Richtige zu tun, wenn ich zustimme. Es bleibt aber noch viel zu tun. Wenn man die Experten der NGOs ernst nimmt, die hier zahlreiche Vorschläge gemacht haben, und entsprechende Zurufe aus dem nationalen Lager zurückweist, wird man sich in Zukunft den politischen Spielraum erobern, um tatsächlich eine Inte­grationspolitik zu betreiben, die menschenwürdig ist und einer modernen, offenen, humanen Gesellschaft entspricht. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesräte Schennach, Dönmez und Kerschbaum.)

11.44


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


11.44.38

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 54

Kollegen! Es ist dies eine Debatte, in der man sehr nachdenklich wird, was die vielen Begrifflichkeiten und Vergleiche, die hier getätigt werden, angeht.

In einem hat die Frau Bundesministerin vollkommen recht (Bundesrat Mayer: Nicht nur in einem!) – in einem Bereich, Kollege Mayer! –, sonst würde sie sich nicht auskennen, denn wir führen ja heute eine Debatte, in der von da und von dort Gutes gesagt wird, und dann ist die Mitte gut. Stellen Sie sich vor, ich würde jetzt sagen, die Frau Bundesministerin hat in allem recht – sie hätte die volle Krise! (Heiterkeit. – Ruf bei der ÖVP: Aber andere auch!) – Möglicherweise andere auch.

Aber sie hat recht, indem sie sagt, das, was wir heute hier reparieren, ist mit Sicherheit kein Legalisierungspaket für Illegale. Da hat sie völlig recht. Aber sie hat auch recht, und auch der Kollege Molzbichler hat recht, dass es hier einige Dinge gibt, die sich verbessern. Das gebe ich zu. Auch wenn man etwas kritisiert, kann man das, was sich verbessert, sehen.

Aber wobei ich jetzt in dieser Diskussion die Krise kriege, ist diese Diskussion, die der Kollege Kainz angefangen hat: Was ist jetzt links, was ist jetzt rechts? Sind die Men­schenrechte prinzipiell etwas Linkes? Sind die Kirchen auf einmal links? Oder sind Hilfsorganisationen der Caritas oder so a priori, da sie Hilfsorganisationen sind, links?

Ich gebe zu, ich war viele, viele Jahre Ministrant. Heißt das, ich bin links? (Heiterkeit.) Oder ist man links, wenn man bei einem anderen Tagesordnungspunkt meint, Fami­lien, die Kinderbetreuung auch privat leisten, sollen das abschreiben dürfen? Ist das links? Was ist links und was ist rechts?

Kollege Molzbichler, ich habe heute gehört, dass zum Beispiel die Ihnen nicht ganz unbekannte Organisation der Volkshilfe massive Kritik geübt hat an dem, was wir heute beschließen.

Vielleicht gehen wir einen Schritt zurück. Wieso müssen wir denn diesen Beschluss fassen? – Wir erinnern uns, dass Landeshauptleute, Bezirkshauptleute, viele, viele Bürgermeister, NGOs, Kirchenmitglieder, kleine Bürgerinitiativen von Gemeinden, Schulen, ganze Schulgemeinschaften auf die Straße gegangen sind und gesagt haben: Es stimmt etwas nicht! Dann kam dieses wunderbare „Morgenjournal“-Inter­view – und das „Morgenjournal“ gilt in dieser Republik gewissermaßen als Heilig­tum –, in dem einige Landeshauptleute ganz erbost in Richtung des Innenministers gedroht haben – und erst im Laufe dieses Interviews draufgekommen sind, dass sie eigentlich schon seit Jahren in erster Instanz zuständig sind.

Diese Debatte – das hat man jetzt beim Kollegen Kampl gesehen – zieht sich immer wieder weiter. Immer wieder vergessen die Länder ihre originäre Zuständigkeit, und dass die Frau Bundesministerin oder ihr Amtsvorgänger ja eigentlich erst in zweiter Linie da sind. Das vergessen die Länder immer. Deshalb braucht man die Länder durchaus nicht in dem Beirat, weil sie ja ohnehin die Ersten sind, die hier tätig sind.

Ich kann mich noch erinnern – Herr Klug, nehmen Sie mir das nicht übel –, es war damals zum Beispiel der Landeshauptmann Voves, der im laufenden Interview plötz­lich seine Zuständigkeit erfahren hat. Es war aber auch der Landeshauptmann Pühringer, dem dieses Ereignis bei diesem „Morgenjournal“-Interview auf die gleiche Weise widerfahren ist. Und es war interessant, wie erschüttert die Herren waren.

Es bleiben aber auch weitere Dinge im Raum. Wenn man zum Beispiel immer wieder diesen Vergleich mit den kommunizierenden Gefäßen anstrengt: Schwierigkeit am Arbeitsmarkt, Arbeitslosigkeit – das muss etwas mit Asylsuchenden zu tun haben. Aber genau das wird hier nicht beschlossen, nämlich ein Bleiberecht, was nämlich all diese Herrschaften, die Landeshauptleute, die Bürgermeister, die Kirchenfürsten und so weiter gefordert haben.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 55

Dieses Bleiberecht – Kerr Kollege Kampl, ich weiß nicht; vielleicht sollten Sie sich das noch einmal durchlesen – bedeutet nicht den Zugang (Bundesrat Ing. Kampl: Weil sie nur einen Vertreter von den Ländern drinnen haben!) – ich bin ja schon woanders: ich bin bei der Arbeitslosigkeit – zum Arbeitsmarkt, bedeutet nicht, dass die Asyl­suchen­den die Menschen am Arbeitsmarkt verdrängen.

Wer ein Bleiberecht bekommt, bekommt heute – was hier beschlossen wird – nicht a priori den Zugang! Du hast gesagt, dass die Zahl der Arbeitslosen steigt.

Man ist ja zum Teil hilflos, wenn man hört, es gibt die guten Asylsuchenden und die bösen. Jetzt gibt es nicht überall die Tauben, die die Guten ins Kröpfchen und die Bösen ins Töpfchen geben können. Was wir dafür brauchen, ist eine rechtstaatliche Grundlage, die einerseits dem Staat ein schnelles Handling ermöglicht, und anderer­seits jenen, die vom Staat eine Entscheidung verlangen, Klarheit gibt und einen Zugang zum Recht ermöglicht. Und Recht muss immer für alle gelten. Es muss für den Inländer wie für den Ausländer auf einem Staatsgebiet gleich sein.

Meine Sorge, meine tiefe Sorge, was diesen heutigen Beschluss angeht – wobei ich durchaus anerkenne, dass es tatsächlich einige Verbesserungen gibt; für den Kollegen Molzbichler genügt es, wenn man sagt, man kann jetzt das humanitäre Bleiberecht beantragen –, meine Sorge ist, dass ich – und das ist schon einmalig, Kollege Molz­bichler – dazu kein Rechtsmittel habe, wenn das vorbei ist.

Oder es ist auch sehr erstaunlich in einem Staat, dass mir das humanitäre Bleiberecht zugesprochen wird, rechtens, ich Integrationsbemühungen vorantreibe, vielleicht einen kleinen Genossenschaftsvertrag oder irgendeinen Ausbildungsvertrag oder, oder, oder unterschreibe, und das Ministerium für Inneres drei Jahre Zeit hat – drei Jahre Zeit hat! –, das zu widerrufen. Das ist auch etwas Einmaliges! Ja, schön, dass wir es beantragen können – aber schlecht, dass es kein Rechtsmittel gibt. Und: Drei Jahre nicht zu wissen, wohin, da das Bleiberecht ja widerrufen werden kann, ist auch nicht „ohne“.

Es gibt da noch einen Punkt, den ich bedenklich finde, denn es geht ja nicht darum, Frau Kollegin Mühlwerth, sich Sorgen in Bezug auf die Illegalität zu machen, sondern ich mache mir auch Sorgen um jene Österreicher und Österreicherinnen, die da wieder kommen werden – und sie werden aus Ihrer Partei (in Richtung SPÖ) sein, sie werden aus Ihrer Partei (in Richtung ÖVP) sein, sie werden von uns sein –, diese Bürger und Bürgerinnen, und die, weil sie mit diesen Menschen leben, Abschiebemaßnahmen, solange ein Bleiberechtsantrag gestellt ist, insofern vereiteln, als sie die Betreffenden vor der Abschiebung einfach verstecken.

Das, Kollege Molzbichler, hätte man ganz einfach machen können, indem man sagt: Solange ein Antrag läuft, so lange gibt es keine Abschiebung. Dadurch hätten wir viele, viele österreichische Familien vor solchen illegalen Maßnahmen – Familien von Ihnen (in Richtung SPÖ), von Ihnen (in Richtung ÖVP), von uns –, vor solchen Schritten der Zivilcourage, wie man sie andererseits auch nennt, bewahrt. Aber leider Gottes ist das nicht der Fall.

Nun kommen wir zu etwas, worüber es heute ja wieder eine große Diskussion gab, nämlich die Tatsache, dass man innerhalb dieser Frist diesen Verlängerungsantrag stellen muss. Sonst kann es sein, dass man, wenn man diese Frist auch nur um einen Tag versäumt – selbst wenn man vier oder fünf Jahre da war –, wie ein Erst­antragsteller behandelt wird, was nicht zur Vertiefung von Integration beiträgt. Ich teile bezüglich dessen, dass das Gesetz hier nicht eine etwas großzügigere Regelung vorsieht, die Meinung der Hilfsorganisationen, die sagen: Man will sie eh nicht. Und vielleicht ist aus diesem Gedankengut heraus das Gesetz formuliert worden.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 56

Der Verfassungsgerichtshof hat eine solche Regelung 1993 als inhuman und men­schenrechtsverletzend tituliert und damals aufgehoben. Jetzt führen wir wieder eine solche ein, wenngleich mit einer anderen Befristung: Man muss nämlich jetzt vor Ablauf diesen Antrag stellen, sonst muss man das Land verlassen – Belgrad lässt grüßen. Das ist ja aufgrund der EU-Staaten, die wir sozusagen rundherum haben, bald die einzige Möglichkeit: Ab nach Belgrad oder nach Sarajevo, um so einen Antrag zu stellen.

Das hätten wir alles mit ein bisschen mehr Verständnis, mit ein bisschen mehr Libe­ralität, mit ein bisschen mehr Grund- und Menschenrechtsverständnis, mit ein bisschen mehr christlicher Nächstenliebe besser lösen können. Wir zelebrieren im Dezember immer die Herbergsuche – nur: die Herbergsuche der heutigen Zeit zelebrieren wir nicht. Da sagen wir: Fahr’ doch nach Belgrad, vielleicht gibt es dort ein Zimmer, und dort kannst du einen Antrag stellen.

Es hätte alles ein bisschen eleganter, ein bisschen menschlicher zugehen können, aber ich konstatiere, Frau Bundesministerin, Schritte der Verbesserung sind auf jeden Fall drinnen. Und, Kollege Molzbichler: Ja, endlich ist die Gnadengeschichte weg, und es ist zumindest auch die Antragsform etwas Positives. – Danke. (Beifall der Bundesräte Kerschbaum und Dönmez.)

11.56


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster kommt Herr Bundesrat Dr. Kühnel zu Wort. – Bitte.

 


11.56.23

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus der Rede des Kollegen Schennach nehme ich mit, dass er das Gesetz in der Richtung gelobt hat, dass es keine Legalisierung der Illegalen gibt. – Ich hoffe, ich habe das richtig verstanden.

Kollege Schennach hat allerdings dann in seiner Rede doch ein paar eigenartige Thesen vertreten – zumindest meiner Ansicht nach –, nämlich etwa, wenn Fristen gesetzt werden, dann braucht man diese eigentlich nicht einzuhalten. (Bundesrat Schennach: Nein! Habe ich das gesagt?) Da muss ich mich dann schon fragen, wie die Rechtssicherheit hergestellt werden soll, wenn Fristen in dem Sinne keine Fristen sind, und ob sich nicht der Staat hier in gewissem Maße ad absurdum führt.

Und zuletzt hat Kollege Schennach von der Nächstenliebe gesprochen. Damit hat er wahrscheinlich an das Christlich-Soziale der ÖVP appelliert. (Bundesrat Schennach: Weiß ich nicht! – Ich glaube, das ist schon längst vorbei, oder? – Heiterkeit. – Bundesrat Gruber: Das gibt es ja gar nicht mehr!) Das heißt, der Satz würde bedeuten: Alles verstehen heißt alles verzeihen. Wie man da nun die Rechtssicherheit sicherstellt, möchte ich Sie fragen, und ich hoffe, dass Sie hier einen für mich nachvollziehbaren Ansatz entwickeln können.

Frau Kollegin Mühlwerth hat in ihrer Rede wieder alle Klischees bemüht, die es bei den Freiheitlichen halt so gibt. Ich würde ihr nur empfehlen, sich die Unterlagen, die uns zur Verfügung stehen, doch ein bisschen zu Gemüte zu führen, damit sie etwas nachdenklicher wird und in der Lage ist, Altfälle von Neufällen und so weiter zu unterscheiden. – Das ist das eine.

Das Zweite ist: Die Gesetzgebung muss natürlich auf verschiedene Entwicklungen reagieren. Daher gibt es immer wieder Novellen, die einfach notwendig sind, denn: Was theoretisch beschlossen wird, muss sich in der Praxis nicht unbedingt bewähren. Und wenn sich etwas in der Praxis nicht bewährt, dann haben, verflixt noch einmal!, der Nationalrat und der Bundesrat entsprechend zu reagieren.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 57

Nun zu den Ausführungen über Schein-Asylanten, Wirtschaftsflüchtlinge, Kriminelle, darüber, dass die Arbeitslosigkeit darauf zurückzuführen sei, dass wir so viele Aus­länder in Österreich haben.

Zum Thema Arbeitslosigkeit: Frau Kollegin Mühlwerth, Sie sind ja Wienerin. Es wäre einmal ganz gut, wenn Sie mit dem Taxi fahren. Da können Sie feststellen, wie viele Menschen mit Migrationshintergrund heute als Chauffeure tätig sind und wie viele „echte Österreicher“ noch Chauffeure sind. Gleiches gilt für den Putzbereich. Das sind typische Arbeiten, die der Durchschnittsösterreicher einfach nicht mehr erledigen will. Das heißt, dann würden sie überhaupt nicht erledigt werden, und ich bin schon der Meinung, dass hier Möglichkeiten gegeben sein müssen, dass Leute, die diese Arbeit machen wollen, diese auch machen können. (Bundesrätin Mühlwerth: Machen sie ja!) Bitte, dann bringen Sie nicht die Arbeitslosigkeit in Konnex mit dem Aufenthaltsgesetz und so weiter.

Zu den „Schein-Asylanten“ möchte ich sagen: Es gibt sicher dieses Phänomen, aber mir fällt halt auf, dass bei Ihnen diese Argumente immer als Erstes angeführt werden, und in einem Nebensatz wird dann erwähnt, dass es vielleicht doch ein paar Menschen gibt, die keine Schein-Asylanten sind. (Bundesrätin Mühlwerth: Nicht in einem Neben­satz! Das war nicht in einem Nebensatz!) Aber es entsteht der Eindruck, dass eigent­lich jeder Fremde ein Schein-Asylant ist. Das möchte ich Ihnen auch mit aller Deut­lichkeit sagen.

Wenn Sie Österreich vorwerfen, dass wir die Illegalität zur Legalität machen, dann, muss ich sagen, ist mir nur ein Land bekannt – vielleicht, wahrscheinlich oder sicher auch Italien –, das im Jahre 2004 zirka 700 000 Illegale plötzlich zu Legalen gemacht hat, nämlich Spanien. Das ist aber, das kann ich Ihnen versichern, in der EU massiv kritisiert worden, und seither hat Spanien das nicht mehr gemacht. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth. – Vizepräsidentin Mag. Neuwirth übernimmt den Vorsitz.)

Nun zum eigentlichen Thema: Es gibt einfach ein Erkenntnis des Verfassungs­gerichts­hofs, wonach bis Ende März – in diesem Erkenntnis wurde natürlich wie bei allen anderen Erkenntnissen eine Frist gesetzt – ein neues Gesetz vorliegen muss, und dem wurde Rechnung getragen. Und das Zweite, was in dieser Materie auch berücksichtigt wird, ist, dass wir in Zukunft Kettenanträge vermeiden wollen.

Ich glaube, im Fall Arigona Zogaj hat es über hundert verschiedene Verfahrensschritte (Bundesministerin Dr. Fekter: 116!), also 116 Verfahrensschritte gegeben, und da kann man ja nicht unbedingt behaupten, dass das eine tolle Entwicklung ist. Es muss angesichts dessen auf jeden Fall eingeschritten werden, und das wird mit dem gegen­ständlichen Gesetzesbeschluss auch gemacht.

Zum heutigen „Morgenjournal“: Es ist etwas eigenartig, dass der ORF jetzt auch wieder in diese Richtung arbeitet. Erinnern wir uns an den Fall Arigona. Ich frage mich: Ist der ORF noch neutral oder ist er Partei? Ich weiß es nicht. (Bundesrat Todt: Was wird das?) Da wurde schon wieder gesäuselt von 160 000 Fällen, zu denen es unter Umständen kommen könnte, wenn die Materie, die wir heute behandeln, in Rechtskraft tritt. Und da gibt es natürlich dann einen entsprechenden Universitätsprofessor, der das gleich bestätigt, und dann noch eine andere Organisation, die auch in diese Rich­tung gehend spricht. (Bundesrat Todt: Das ist unfassbar!)

Da muss ich mich schon fragen: Ist es eigentlich Aufgabe des ORF, in die Richtung zu arbeiten, dass es wieder zu einer Verschleppung der Verfahren kommt? Es wäre doch notwendig, dass auch diese Leute, dass die österreichischen Journalisten die Materie entsprechend studieren, damit sie ordentlich und sachlich Auskunft geben können.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 58

Um Ihnen, Frau Kollegin Mühlwerth, auch ein bisschen Information zu vermitteln, möchte ich Sie nur darauf aufmerksam machen, dass es zum Beispiel bezüglich des Aufenthaltes immerhin einige Punkte gibt, die in ein Verfahren einzufließen haben, und zwar die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war. Es wird also beurteilt, ob er rechtswidrig war oder nicht. Daher ist Ihre Befürchtung nicht angemessen.

Weiters ist Folgendes zu beachten: das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen, die strafgerichtliche Unbescholtenheit – wieder etwas, wo Sie immer hineinstoßen –, dann Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungs­rechtes, und zuletzt die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaats­angehörigen zu einem Zeitpunkt entstand, zu dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Damit kann ich Ihnen also wieder nur sagen, alles, was Sie uns hier erzählt haben, ist im Grunde genommen ausgeräumt. (Bundesrätin Mühlwerth: Nein!)

Daher abschließend: Wichtig ist, die Verfahren werden beschleunigt, die Verfahren werden vereinfacht, und das Jammern, dass es jetzt wieder schlechter wird, ist in jede Richtung gehend unangemessen.

Zuletzt möchte ich noch sagen, dass meine Fraktion, wie schon Kollege Kainz betont hat, selbstverständlich dem Ganzen zustimmen wird. Wir sind optimistisch, dass dies in jede Richtung gehend eine Verbesserung bedeutet. Und einem Erkenntnis des Ver­fassungsgerichtshofes wird auch Rechnung getragen.

Jedenfalls, Frau Bundesministerin, danke, dass Sie diese Initiative auf den Weg ge­bracht haben. (Beifall bei der ÖVP.)

12.04


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kalina. – Bitte.

 


12.05.00

Bundesrat Josef Kalina (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau Minister! Liebe Kollegin­nen! Liebe Kollegen! Mir ist das selber schon fast unheimlich, aber ich bin jetzt schon in zwei Punkten voll auf Ihrer Linie, Frau Minister (Zwischenbemerkung von Bundes­ministerin Dr. Fekter), nämlich was die heutige Materie betrifft und auch den von Ihnen vorgestellten neuen Aktionsplan.

Aber was mich auch freut, Frau Minister, ist auch von Ihnen heute hier und auch im Nationalrat ein aus meiner Sicht neuer, sachlicher Ton, der sich von wenigen Aus­nahmen abgesehen (ironische Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP) durch diese Debatte zieht und der diesem ganz sensiblen Thema, wie ich meine, auch angemessen ist. Es freut mich, das auch von Ihnen, Frau Minister, so zu vernehmen, weil ich glaube, Sie haben in der Sache völlig recht, da hat es ja schon die meiste Zeit Übereinstimmung ge­geben. Aber Sie bemühen sich jetzt auch um den meiner Meinung nach in dieser Frage richtigen Ton.

Zur Debatte insgesamt möchte ich sagen, Kollege Schennach hat sich aus meiner Sicht heute bemüht, sozusagen nicht die grünen Klischees zu bedienen, aber was man merkt, und da teile ich die Meinung des Kollegen Kühnel – auch was Sie heute über den ORF gesagt haben, sehe ich genauso –, das sind zwei Pole, die einander bedürfen: Da der freiheitliche Pol, der ständig Unwahrheiten, ich sage, eigentlich Lügen in die Welt setzt (Bundesrätin Mühlwerth: Hallo!) und dann sozusagen Papp­kameraden aufstellt, um diese dann zu bekämpfen, und auf der anderen Seite die


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 59

überwiegend grüne Argumentation. So tragen die beiden Seiten ständig zur Eskalation bei diesem Thema bei, aber nicht zur Lösung. Wir, die Regierungsparteien, so meine ich, tragen heute ein Stück zur Lösung dieses Themas bei, und das ist gut so.

Zu den Ausführungen des Kollegen Schennach – er ist jetzt leider nicht im Saal, aber das macht nichts, er kann es ja nachlesen –, zu seiner Frage gute, böse Asylsuchende und dazu, dass er das sozusagen so moralisiert. Meiner Meinung nach negiert das eine Veränderung, die seit dem Zusammenbruch des Kommunismus in der Welt, auch in Europa und Österreich eben eingetreten ist, und die Tatsache, dass es die Änderun­gen in den Asylgesetzen eben geben musste. Die österreichischen Gesetze waren ursprünglich so ausgelegt, dass man sie im Rahmen der neuen Mobilität nach dem Zusammenbruch und dem Fall des Eisernen Vorhangs eben ausnutzen konnte, wodurch Leute gekommen sind, die, wie man ja sieht, nicht a priori Asylwerber sind, weil sie keinen Schutz vor Verfolgung aus bestimmten Gründen brauchen, sondern die sich hier niederlassen möchten. Es ist aus ihrer Sicht verständlich, aber das entspricht nicht dem Asylwesen und das entspricht nicht dem Wunsch und nicht den Notwendig­keiten der Republik.

Deshalb sollte man nicht in Gut und Böse teilen, sondern wir müssen genauer schauen – und das tun wir, glaube ich, seit Jahren –, wer wirklich einer Aufnahme hier in Österreich bedarf, weil er aus rassischen, religiösen, politischen Gründen, was auch immer, verfolgt wird, und wer eben hier herkommt und sozusagen die lange öster­reichische Verfahrensdauer nützt und versucht, so hier Fuß zu fassen. Deswegen diese Kette von Maßnahmen, die aus meiner Sicht notwendig sind, um genauer unter­scheiden zu können.

Ich finde auch die in den letzten Jahren gesetzten Maßnahmen richtig, besonders die letzten Änderungen, weil ich der Meinung bin, dass es notwendig ist, jene, die wirklich Schutz brauchen, weil sie verfolgt werden, rasch unter Schutz zu stellen, damit sie auch integriert werden und Arbeit finden können und eine legale Möglichkeit haben zu leben. Dazu gehört aber auch – dazu muss man sich ehrlicherweise bekennen –, dass man jene, die eben aus anderen Gründen hierher gekommen sind, die aus ihrer Sicht legitim sind, aber die nicht den Interessen Österreichs entsprechen, rascher wieder zurück in ihre Heimatländer bringt. Das alles passiert jetzt, wie ich meine, ist im Grundsatz auch richtig und sollte in aller Sachlichkeit diskutiert werden.

Was die Fristen betrifft, die die Grünen und Kollege Schennach heute hier moniert haben, muss ich sagen: Lieber Stefan, wenn du deine Steuer nicht rechtzeitig zahlst, dann zahlst du Strafe hier in Österreich, weil das Finanzamt auf das Einhalten der Frist besteht. Es sind auch andere Dinge von Österreichern einzuhalten. (Bundesrat Schennach: Kann man erstrecken lassen!) Deswegen möchte ich sagen, man sollte hier nicht so tun, als ob man da etwas Besonderes schaffen würde. Fristen sind von allen Bürgern in diesem Lande und auch von allen anderen, die da sind, eben einzuhalten, worauf man Bedacht nehmen muss.

Wenn man hier herkommt und so einen Antrag stellt, dann könnte man darauf achten, dass man diesen rechtzeitig verlängert. Ich finde gar nichts Ungebührliches dabei. Ich möchte daran erinnern – das haben die Kollegen aus dem Innenministerium vorgestern hier im Ausschuss auch gesagt –, dass es mit dieser Änderung erstmals möglich wird, in bestimmten Fällen, Krankheit, familiäre Angelegenheiten und so weiter, einen Antrag auf Fristerstreckung oder Wiedereinsetzung aus dem Inland zu stellen. (Bundesrat Schennach: Wird vorbereitet! Haben wir noch nicht! Wir müssen erst anschauen, ob das kommt!) Das halte ich für gut, und man sollte nicht so tun, als wäre das alles eine Böswilligkeit.


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Das, was aus deinen Ausführungen, Kollege Schennach, etwas hervorgegangen ist, ist ein Negieren dieser Realität, der neuen Mobilität, dass Leute einfach hierher kommen, die halt hier leben wollen, aber nicht wirklich Schutz vor politischer Verfolgung brauchen. Gerade dieser Ansatz, man darf niemanden abschieben, solange ein Verfahren läuft (Bundesrat Schennach: Das ist ein rechtsstaatliches Prinzip!), hat in den letzten Jahren genau zu dieser Situation geführt, in der wir jetzt sind und die wir hiemit beenden wollen. (Bundesrat Schennach: Deshalb wollen wir Verfahren beschleunigen!)

Ich muss trotzdem auch etwas zur FPÖ-Argumentation sagen. Kollegin Mühlwerth war im Ton verträglicher, als es ihre Kollegen im Nationalrat unlängst waren. Es war meiner Meinung nach unerhört, wie dort argumentiert wurde, welch hetzerischer Ton dort angeschlagen wurde. Ich möchte Sie, Kollegin Mühlwerth, fragen, warum man Leute – das müssen Sie oder Ihre Parteikollegen mir erklären –, die hier arbeiten, die hier zur Schule gehen, die hier Steuern zahlen, die unsere Sprache sprechen, die dazu bei­tragen, dass unser Pensionssystem künftig sicher ist, und nichts angestellt haben, zwangsweise irgendwohin abschieben soll. Das sind nützliche Mitglieder unserer Gemeinschaft, und es ist gut und zum Nutzen Österreichs, wenn diese hier bleiben können. Das, was Sie, was die Freiheitlichen hier aufführen – da teile ich genau Ihre Auffassung, Frau Minister –, ist zum Schaden Österreichs, weil es natürlich kein Renommee ist, wenn ein derartiger Ton angeschlagen und gehetzt wird. Das, was Sie machen, ist vor allem – genau wie Sie sagen, Frau Minister – zum Schaden der Sicher­heit Österreichs, weil Leute in der Hoffnung auf eine lange Verfahrensdauer veranlasst werden könnten, hier herzukommen, die wir dann mühsam davon überzeugen müssen, dass sie, weil sie eben keines Schutzes bedürfen, keinen Asylgrund haben. (Bundesrat Schennach: Darf man die umgekehrte Frage stellen: Was macht es für einen Sinn, einen Instanzenzug einzuführen, wenn ich abgeschoben werde?)

Da haben wir das Problem, das, wie ich meine, ohnehin alle kennen: Wenn man es verstehen will, versteht man es. Wir haben Altfälle – ein unschönes Wort, aber das ist halt die Realität –, darum geht es heute hier eigentlich in der Substanz, die aus viel zu langen Verfahren entstanden sind und aus Dutzenden Hintertürln, die es ermöglichten, diese Verfahren zu erstrecken und in diesem Land zu bleiben, obwohl aufgrund des Asylgesetzes kein Asyl zustehen würde. Und da haben wir Tausende Verfahren gehabt.

Da hätte ich eine Anregung, Frau Minister: Es wäre gut, wenn Sie und Ihre Beamten mit den Zahlen mehr herausrückten, die Dinge konkreter darstellten – wir haben das vorgestern im Ausschuss diskutiert. Das wäre erfreulich und würde es ermöglichen, die Dinge auch zu beweisen.

Da meine Redezeit dem Ende zugeht, muss ich etwas kürzen, also weglassen. Wichtig ist, es ist ja kein neues Gesetz, sondern wir reparieren im Auftrag des Verfassungs­gerichtshofes etwas, wovon ich glaube, dass es richtig ist. Wir prüfen im Einzelfall den Grad der Integration, die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische, berufliche Aus­bildung, die Kenntnisse der deutschen Sprache.

Auch da wieder eine glatte Unwahrheit, um da präzise zu sein, der Freiheitlichen. Niemand, der kriminell ist oder sich etwas zuschulden kommen lassen hat, kann aufgrund dieses Gesetzes hier in Österreich bleiben. Wenn Sie etwas anderes behaupten, dann ist das die glatte Unwahrheit, die Sie aber immer wieder in die Welt setzen, um Ihr politisches Süppchen kochen zu können.

Ich möchte noch auf eines hinweisen und das bei diesem Anlass zurechtrücken: Ihr neuer Aktionsplan für Integration geht aus meiner Sicht völlig in die richtige Richtung. Wir sollten tunlichst dorthin kommen, dass wir in viel mehr Fällen, schon bevor jemand


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nach Österreich kommt, wissen, ob er oder sie wirklich integrationswillig ist, wie er oder sie sich in die Gegebenheiten dieses Landes einfügen will oder nicht. Ich finde, das ist völlig richtig.

Als Wiener möchte ich darauf hinweisen, dass aus meiner Sicht in Wien jetzt etwas geschieht, was beispielhaft ist und was sich Ihre Experten, glaube ich, auch ansehen und einfließen lassen sollten: Wien schafft Module der Integration für jene, die schon hier sind, nämlich was Sprache, Arbeit, Bildung, Wohnen, Gesundheit und Recht be­trifft. Wien gibt für Spracherwerb einen Gutschein über 300 € aus, den man allerdings nur dann bekommt, wenn man mindestens drei Module aus diesem System besucht. Ich halte das für grundgescheit, damit die Leute wissen, wie das hier läuft. Es ist, wie ich meine, gut, dass man die Leute dabei fördert, sich hier zu integrieren. Und dazu gehört auch, dass wir darauf hinweisen, dass es in Wien, ja in ganz Österreich eine Hausordnung gibt, von der wir wollen, dass sie eingehalten wird. Es sollen für Inländer, Ausländer, also für alle, die hier leben wollen, klare Spielregeln gelten, die alle akzeptieren sollen. Das heißt, die Leute werden auch darauf hingewiesen, dass man im Zusammenleben gerne einen österreichischen Geräuschpegel in der Wohnhaus­anlage hätte. Sie werden auch darauf hingewiesen, es werden auch neue Regeln eingeführt, wie man sich einen zivilisierten Umgang in öffentlichen Verkehrsmitteln vorstellt, wie man sich da zu benehmen hat. Es gibt jetzt neue Regeln bezüglich der Besuchszeiten im Spital. Wir weisen darauf hin, wie wir uns ein gutes miteinander Auskommen vorstellen und dass das die Leute auch einhalten sollten. Ich denke, das, was Wien diesbezüglich macht, ist Erfolg versprechend.

Wenn wir das kombinieren und die Leute, die legal hier sind, bei ihrer Integration, auch beim Spracherwerb unterstützen und gleichzeitig darauf schauen, dass wir zukünftig vermehrt nur Leute nach Österreich holen, die wir aufgrund ihrer Qualifikation hier brauchen und die sich hier integrieren wollen, dann, so meine ich, gehen wir gemein­sam einen vernünftigen neuen Weg. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.16


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Mayer. – Bitte.

 


12.16.55

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Ministerin! Frau Prä­sidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wurde schon öfters ausgeführt, worum es bei dieser Gesetzesmaterie geht, nämlich um eine sogenannte Reparatur. Es wurde ein Passus abgeändert, was schon mehrfach ausgeführt wurde.

Ich kann auch dem Kollegen Gumplmaier recht geben, wenn er sagt, wir brauchen im Prinzip auch eine Änderung der Fremdengesetze. Die Frau Ministerin hat angekündigt, dass es bis zum Sommer ein neues Fremdenrechtspaket geben wird. Das finde ich auch richtig. Vielleicht können auch Kriterien, wie sie Kollege Kalina erwähnt hat, dort mit einfließen.

Aus Sicht der Opposition ist das Gesetz einerseits zu radikal, andererseits zu liberal. Ich denke, die Sozialdemokratische Partei und die Österreichische Volkspartei haben wirklich als einzige Parteien erkannt, worum es bei diesem Gesetz eigentlich geht. Das ist der entscheidende Punkt. Es ist auch wesentlich, dass es zu keinen neuen Ver­fahren kommt, wie die Ministerin schon ausgeführt hat, nicht zu längeren, sondern zu kürzeren Verfahren. Daher wurde die Prüfung der humanitären Gründe bereits in das Regelverfahren mit einbezogen. Und dann braucht es also keine zusätzlichen Ver­fahren, Herr Kollege Dönmez und Herr Kollege Schennach, keine neuen Antrags­szenarien, keine sogenannten Kettenanträge. So schaut es nämlich aus! Und hören Sie und auch die NGOs, die Ihnen zuzurechnen sind, auf, Menschen in einen Antrags-


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 62

marathon hineinzuberaten, denn es bringt im Prinzip genau das Gegenteil von dem, was wir wollen. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Genau darum geht es! Was haben Sie, Herr Kollege Schennach, in der Sache Arigona für ein Tohuwabohu verursacht! Das sind, wie heute schon erwähnt wurde, Wirtschaftsflüchtlinge, das sind keine Asylanten. Und genau darum geht es. (Zwischenruf des Bundesrates Dönmez.) Es geht einerseits um Skandalisierung der Situation (Beifall des Bundesrates Zangerl), um Medienhetze andererseits. Da ist auch immer wieder unsere Ministerin in der Bredouille, und zwar ungerechtfertigterweise, das muss ich Ihnen ganz klar sagen, Herr Kollege Schennach.

Das ist eben auch immer diese Vermischung von Asyl und Zuwanderung. Das können Sie nicht auseinanderhalten. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Das ist der entscheidende Punkt. Alle, die Asyl brauchen, sollen auch Asyl erhalten. Und das ist der springende Punkt. Die sollen dann auch in Österreich bleiben können, mit entsprechenden Rahmengesetzen, das ist der entscheidende Punkt. All die sogenannten Altfälle, alle, die vor dem 1. Mai 2004 durchgehend in Österreich waren, können einen Antrag stellen, dass ihre humanitären Anträge geprüft werden.

Zur Kompetenz des Herrn Landeshauptmannes. – Herr Kollege Kampl, bitte, genau zuhören, das wurde heute schon einmal gesagt! – Ja, selbstverständlich hat der Herr Landeshauptmann diese Verfahren in erster Instanz zu prüfen. Deshalb braucht es in diesem sogenannten Beirat auch nicht noch zusätzlich Ländervertreter, weil das eben beim Landeshauptmann auf dem Tisch landet. Dort wird es geprüft, und erst dann geht es ins Ministerium und zu diesem Beirat – wo jetzt auch Gemeindebundvertreter und Städtebundvertreter sitzen, was, denke ich, einen wesentlichen Fortschritt für diesen Beirat darstellt. (Bundesrat Ing. Kampl: Es war eine einstimmige Forderung der Lan­deshauptleute !)

Die Landeshauptleute haben unter anderem auch gefordert, dass dieses Bleiberecht und diese Patenschaft entsprechend adaptiert werden. Das ist auch geschehen. Und die Landeshauptleute haben auch entsprechende Kompetenz in diesem Verfahren. Das ist ganz genau normiert – wobei das heute schon erklärt wurde, ich wollte es Ihnen nur noch einmal erklären!

Zur Kollegin Mühlwerth: Frau Kollegin Mühlwerth wurde heute schon des Öfteren auf den richtigen Weg verwiesen, sodass ich mir das sozusagen sparen kann. (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesräte Dönmez, Kerschbaum und Schennach.) Aber ich denke, die Prüfung der Situation im Hinblick auf Erwerbseinkommen, Unter­kunft, Unbescholtenheit, strafrechtliche Relevanz, Deutschkenntnisse, die Ausbildungs­situation et cetera – das ist wichtig; das sind wichtige Entscheidungskriterien, die hier mit eingebaut sind. Außerdem gibt es auch noch die Möglichkeit von Niederlas­sungs­bewilligungen, was dann die Behörde prüft.

Auch die Zuständigkeit der Länder ist inzwischen gegeben, weil in Bezug auf Altfälle die Patenschaften entsprechend geregelt wurden, das habe ich schon erwähnt. Es wurden wesentliche Änderungen vorgenommen, die jetzt auch mit den Ländern akkordiert und von ihnen akzeptiert wurden, was meines Erachtens für uns als Ländervertreter auch ein ganz wichtiger Aspekt ist.

Noch einmal: Wir diskutieren heute auch nicht über das Bleiberecht, sondern über einen humanitären Aufenthalt, das ist eben der entscheidende Punkt. Hiezu gibt es eben entsprechende Kriterien – und nicht die von Ihnen geforderte Automatik!

Wir haben, wie im Ausschuss gehört, mehr als 20 000 Fälle abzuarbeiten. Dazu hätte ich gerne die genauen Zahlen gewusst, aber es wurde uns versprochen, dass das entsprechend nachgeliefert wird. Wir wollen den Stau bei diesen Verfahren rasch


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 63

erledigen, sie sollen aber im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit und im Rahmen eines fairen und humanen Verfahrens erfolgen.

Nur wenige europäische Länder haben in der Asylpolitik so viel geleistet wie Öster­reich. Die Möglichkeiten für einen humanitären Aufenthalt sind eine weitere Bestäti­gung der österreichischen Vorreiterrolle in diesem Bereich. Für die Verbesserungen in diesem Gesetz darf ich mich bei der Frau Ministerin herzlich bedanken. – Vielen Dank! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

12.22


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

12.23.254. Punkt

Bericht der Bundesministerin für Inneres an das österreichische Parlament zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2009 und zum Achtzehnmonatsprogramm des französischen, tschechischen und schwedi­schen Vorsitzes (III-366-BR/2009 d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tages­ordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Konecny. – Bitte.

 


12.23.46

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Wir haben es uns zum Grundsatz gemacht, die Vorhabensprogramme der einzelnen Ressorts mitzuverhandeln, weil sie – und das gilt im gegenständlichen Fall ganz besonders – eine präzise Zusammenfassung der Vorhaben – in diesem Fall im Bereich Inneres, Asyl, Migration und Integration – darstellen; und das ist für uns, die wir im jeweiligen Bereich politisch tätig sind, eine wertvolle Unterlage.

Aber wenn man eine solche Unterlage studiert, dann ist das nicht nur etwas zum Abnicken, sondern gibt durchaus auch Anlass zu Widerspruch und zu Kritik – und das im gegenständlichen Fall in sehr sensiblen Bereichen.

Als ganz zentralen Punkt führe ich das Stockholmer Programm an, das im Bereich Sicherheit und Terrorismusbekämpfung an das ausgelaufene Haager Programm an­schließt und eine Reihe von Maßnahmen im sogenannten „Raum der Sicherheit“ vorschlägt. Es ist ganz klar – das merken wir auch innerstaatlich –, in diesem sensiblen Bereich sind solche Vorhaben immer an der Grenze und in einem ständigen Spannungsverhältnis zwischen europäischen und nationalen Grundrechten und dem angestrebten Verfolgungszweck.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 64

Es wird nur sehr mangelhaft angeführt, warum einzelne Maßnahmen angeblich oder wirklich notwendig sind und aus welchen Gründen ein Eingriff in die Grundrechte statthaft sein soll.

Ein konkretes Beispiel: Mit dem Stockholmer Programm wird der sogenannte Verfüg­bar­keitsgrundsatz angestrebt. Damit soll unionsweit ein Strafverfolgungsbeamter, der in seinem Mitgliedstaat tätig ist und für die Erfüllung seiner Aufgaben Informationen braucht, diese ohne Weiteres aus einem anderen Mitgliedstaat erhalten können. Die Strafverfolgungsbehörden in dem anderen Mitgliedstaat – also zum Beispiel in Öster­reich – müssen die Informationen für den erklärten Zweck bereitstellen.

Um dies effizient zu machen, sollen systematisch alle nationalen Datenbanken ange­glichen werden, damit bei diesen Anfragen die Daten ohne Zwischenschaltung irgendeiner menschlichen Instanz auch online abgerufen werden können. In einem weiteren Schritt soll diese Systematik aus der Strafverfolgung in den präventiven Bereich, also insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus ausgeweitet werden. Da sind wir schon sehr an den Grenzen dessen, was österreichischer Rechtsschutz ist! Hiezu müssen wir sehr ernsthaft nachdenken, ob der mögliche Erfolg bei der Straf­verfolgung eine solche Infragestellung eines fundamentalen Verfassungsgrundsatzes in Österreich rechtfertigen kann.

Einer der wichtigsten Grundsätze bei der Erstellung von Datensammlungen in Öster­reich ist der Grundsatz der Zweckbindung. Die Daten werden zu einem bestimmten Zweck, etwa für die Steuer, gesammelt und dürfen dann nur für diesen Zweck verwendet werden. Diesen Grundsatz müssten wir bei Exekutierung des Stockholmer Programms im Nachhinein schlicht und einfach aufgeben. Was bei uns an Daten gesammelt wird, müsste dann für jeden Zweck auf Anforderung eines Verfolgungs­beamten in einem Mitgliedstaat zur Verfügung gestellt werden beziehungsweise sollte das auch direkt online abrufbar sein!

Innerstaatlich ist dazu zu sagen, dass damit alle Datensammlungen von Behörden eigentlich ihre verfassungsrechtliche Grundlage verlieren würden, weil dieser Zweck­bindungs­grundsatz in jedem einzelnen Fall innerstaatlich aufrechterhalten wird. Das ist also nicht etwas, das man leichtfertig abtun kann, sondern die Konsequenzen eines solchen Schrittes wären in Wirklichkeit gar nicht abschätzbar!

Von noch größerer Tragweite ist jedoch für die österreichische Verfassungsstruktur das so genannte Rechtsstaatlichkeitsprinzip. Ein wichtiges Kriterium dafür bestünde darin, dass die das Gewaltmonopol des Staates repräsentierenden Sicherheitsbehörden durch unabhängige Organe überprüft werden könnten. Diese Überprüfung ist jedoch für den Datenaustausch im Rahmen des Stockholmer Programms nicht vorgesehen. Mögliche Organe, die das leisten könnten, werden seitens dieser Programmplanung weder vorgeschlagen noch angesprochen.

Ebenso zeichnet das österreichische Rechtsstaatsprinzip aus, dass ab einer gewissen Schwere des Eingriffs richterliche Genehmigungen als Voraussetzungen eingeholt werden müssen. Auch dieser Rechtsgrundsatz findet sich im Stockholmer Programm nicht einmal ansatzweise!

Unterm Strich: Die im Stockholmer Programm zusammengefassten Vorhaben würden in Österreich – aber sicher auch in anderen Mitgliedstaaten – die Rechtsstaatlichkeit, wichtige Verfassungsgrundsätze und das österreichische Niveau des Datenschutzes fundamental unterlaufen. Ob das von der Mehrheit der Österreicherinnen und Öster­reicher, aber auch von den politischen Repräsentanten, auch in dieser Kammer, unterstützt werden soll, halte ich für mehr als fraglich.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 65

So sehr die Terrorismusbekämpfung heute von großer Bedeutung im Rahmen der inneren Sicherheit ist, so müssen doch die konkreten Maßnahmen, die vorgeschlagen und letztlich umgesetzt werden, auf ihre Auswirkungen auf die österreichische Verfas­sung und auf die österreichische Grundrechtssituation hin genauestens überprüft werden. Jeder einzelne Eingriff muss individuell bewertet werden können. Eine globale Zustimmung zu so schwerwiegenden Eingriffen ist einfach unvorstellbar.

So verwundert es mich ein wenig, dass die österreichische Position mit folgendem Satz zusammengefasst wird: „Österreich hat sich schon im Rahmen der Future Group erfolgreich in die Vorarbeiten zur Erstellung eines neuen Mehrjahresprogramms eingebracht “. – Eingebracht vielleicht, durchgesetzt offensichtlich nicht!

Da muss ich Sie schon fragen: Wer hat denn eine österreichische Position, die sich dann so auswirkt, formuliert? Und: Werden tatsächlich aus der Sicht Ihres Hauses mittelbar diese Eingriffe in unsere Verfassung und Grundrechtsordnung gebilligt? – Das ist im Übrigen nicht meine Privatmeinung. Der Datenschutzrat hat mit den Stimmen aller in diesem Gremium vertretenen politischen Gruppen eine ziemlich vernichtende Stellungnahme zu diesem Stockholmer Programm abgegeben.

Um Sie darauf aufmerksam zu machen, dass es hier nicht um einen Einzelfall geht, möchte ich Ihnen, ohne Ihnen das jetzt vorzulesen, den heutigen Bericht der Tageszeitung „Die Presse“ zur Lektüre empfehlen. Dieser Bericht handelt davon, was der amerikanische Heimatschutz von einem Partnerland, nämlich Österreich, mit der Drohung, andernfalls die Visumspflicht wieder einzuführen, abfordert. Es handelt sich dabei um Daten, die wirklich das ganze Spektrum umfassen, die dann – weil man ja weiß, dass Terroristen besonders langlebig sind – für die nächsten 99 Jahre ge­speichert werden sollen.

Ich möchte noch zwei andere Aspekte kurz ansprechen. Die Initiativen zur Erreichung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems sind auch von unserer Seite her äußerst zu begrüßen. Es muss einfach zu einem einheitlichen Verfahrensrecht im Bereich Asyl kommen. Und noch viel mehr: Es muss auch zu einem solidarischen Lastenausgleich innerhalb der Mitgliedstaaten der Union bei der Aufnahme von Asylwerbern kommen; auch wenn hier in Klammern anzumerken ist, dass jene Zeit, als Österreich in besonderem Maße von so einem Lastenausgleich profitiert hätte, vermutlich schon der Vergangenheit angehört.

Auf der anderen Seite sehe ich den Vorstoß, die Migration nach Europa auf euro­päischer Ebene zu regeln, als äußerst negativ an. Es muss den Mitgliedstaaten überlassen bleiben, die Zuwanderung – nicht das Asyl – aus Drittstaaten nach eigenen Kriterien zu regeln und insbesondere auch den Zugang zum Arbeitsmarkt unter den jeweiligen, sich durchaus gelegentlich verändernden nationalen Kriterien zu gestalten. Nur so können die Bedürfnisse der österreichischen Gesellschaft im Bereich der Migration vorrangig berücksichtigt werden, wobei die im Regierungsprogramm vorgesehene Rot-Weiß-Rot-Card sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung ist.

Es ist dies, wie gesagt, ein wertvolles Dokument, das auch Denk- und Debatten­anstöße gibt. Ich lade ein, diese Debatte intensiv fortzuführen, weil es hier wirklich um das Eingemachte der österreichischen Verfassungs- und Rechtsordnung geht. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.)

12.35


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 66

12.35.16

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So ganz pessimistisch, wie Professor Konecny all das beleuchtet hat, möchte ich es auf keinen Fall machen. Ich finde die Unterlage, die uns vom Bundesministerium für Inneres zur Verfügung gestellt wurde, sehr interessant und aufschlussreich; sie wird mir für meine praktische Arbeit als Vorsitzender des Innenausschusses von ganz besonders hohem Wert sein.

Das Zweite, das ich sagen möchte: Wir haben ja auch eine Unterlage vom Justiz­ministerium bekommen und in der letzten Sitzung das Programm des Justizminis­teriums studiert. Vergleiche ich die Unterlage des Innenministeriums mit jener des Justizministeriums, so muss ich sagen, dass die Unterlage vom Innenministerium um Klassen besser ist.

Vielleicht habe ich Herrn Professor Konecny falsch verstanden. Er hat ständig vom Stockholmer Programm gesprochen. Dieses soll aber, soweit ich informiert bin, erst im September 2009 vorgestellt werden. Was er im Vorhinein schon alles weiß, weiß ich nicht. Meiner Ansicht nach soll das erst später kommen – und dann soll man es einer abschließenden Beurteilung zuführen.

Was mir an diesem Papier sehr gut gefällt, ist, dass hier auch verschiedene Defini­tionen eingeführt wurden, nämlich über strategische Initiativen, vorrangige Initiativen und Vereinfachungsinitiativen. Es gefällt mir auch, dass man Angelegenheiten und Vorstöße, die sich beim Rat und bei der Kommission nicht bewährt haben, nun zurück­ziehen möchte.

Herr Professor Konecny hat schon den Europäischen Pakt für Migration und Asyl erwähnt. Auch ich bin diesbezüglich der Meinung, dass das eine Materie ist, die auf europäischer Ebene geregelt werden muss. Ich kann mich daher der Auffassung des Kollegen Kampl, der das bei den Ländern oder noch tiefer angesetzt sehen möchte, nicht anschließen, denn wenn ich mich an den Zerfall des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation erinnere, so hatte man damals in jedem Dorf schon ein eigenes Recht – man hat ja gesehen, dass eine solche Entwicklung in einem modernen Staat nicht besonders sinnvoll ist.

Aber was ist im Pakt genau vorgesehen? – Hiezu hat sich Österreich sehr wohl eingebracht, auch wenn das etwas kritisch gesehen wird.

Es sind enthalten: die Steuerung der legalen Einwanderung entsprechend der Auf­nahmekapazität eines Staates; die Kontrolle der illegalen Einwanderung durch Gewährleistung einer effektiven Abschiebung illegal in der EU aufhältiger Ausländer aus der EU; weiters ein besserer Schutz Europas durch Solidarität bei der Kontrolle der Außengrenzen; der Aufbau einer europäischen Asylgemeinschaft sowie der Aufbau von Partnerschaften mit Drittstaaten.

Der letzte Punkt wird wahrscheinlich sehr schwierig zu erreichen sein, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass alle afrikanischen Länder so kooperativ sind auf diesem Sektor, beziehungsweise mag in den Verträgen das eine oder andere durchaus stehen, aber mit der Umsetzung hapert es dann im weitesten Sinne.

Es ist positiv zu sehen, dass man weiter in die Richtung arbeitet, dass bezüglich des Terrorismus entsprechende gemeinsame Maßnahmen gesetzt werden. Ganz besonders schätze ich auch, dass es eine Stärkung von FRONTEX geben soll – das ist jene Einrichtung der Europäischen Union, die sich mit dem Schutz der Außengrenzen beschäftigt – und dass hier mehr Möglichkeiten für sie geschaffen werden.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 67

Außerdem ist geplant, dass das Visa-Informationssystem wieder und besser ausge­baut wird.

Die Tatsache, dass zum Beispiel auch auf dem Sektor der Drogenbekämpfung ein gemeinsames Vorgehen vorgesehen ist, ist in jedem Fall zu unterstützen, denn – wir haben es ja heute in den Nachrichten gehört – auch die Vereinigten Staaten haben erkannt, dass man zum Beispiel Mexiko bei der Drogenbekämpfung helfen muss. In diesem Sinne sollten auch die Europäer gemeinsam den Afrikanern helfen, um die neue Durchzugsroute für Drogen über Westafrika zu unterbinden.

Darüber hinaus finde ich, dass auch das Visa-Informationssystem nicht nur adaptiert, sondern entsprechend verbessert werden muss, damit dem Visa-Missbrauch ent­gegen­getreten werden kann.

Zuletzt möchte ich noch eine kurze Frage an die Frau Bundesministerin richten: Wie schaut es mit dem Schengener Informationssystem II aus? Wann kommt es? Ist man unter Umständen in einem Stadium, dass man die Arbeiten daran abbricht und Schengen I sozusagen verbessert, beziehungsweise was ist der letzte Ratschluss aus Brüssel?

Abschließend noch einmal: Ich halte das für eine sehr gute Unterlage und danke dir, Frau Bundesministerin, dass du sie uns zur Verfügung gestellt hast. (Beifall bei der ÖVP.)

12.40


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Schennach. Ich erteile ihm das Wort.

 


12.40.51

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! In der Tat – wir kennen ja verschiedene Arbeitspapiere der Kommission, deren Umsetzung in Österreich und die Positionierung der einzelnen Ministerien – gibt das Papier des Innenressorts Maß­nahmen Vorschlag für Vorschlag an und bereitet sie, wie Kollege Kühnel gerade gesagt hat, betreffend den Stand der Debatte, das Ziel der Debatte und vor allem die österreichische Positionierung, denn letztlich ist ja das das Interessante, auch entsprechend auf.

Zum Stockholmer Prozess beziehungsweise zum Programm der Future Group kann ich nur das von Kollegem Konecny Gesagte unterstreichen: Bürgerrechte und hier insbesondere der Schutz der eigenen Daten, das ist von ganz zentraler Bedeutung. Und diesbezüglich kann ich nur an die Frau Innenministerin appellieren, mehr denn je auf diesen Bereich zu achten.

Aber es gibt etwas, das noch von keinem der beiden Vorredner angesprochen wurde: die Passenger Name Records, also die Preisgabe der Daten der Fluggäste. Ich bin froh darüber, dass ich bezüglich der österreichischen Positionierung betreffend diese Datensätze lese, dass Österreich dieser Maßnahme gegenüber skeptisch ist. Das Ministerium tut gut daran, hier Skepsis walten zu lassen.

Ich habe das insgesamt nie verstanden – ich habe damals auch im EU-Ausschuss darüber gesprochen, denn ich war bei der Konferenz der nationalen Parlamente und des EU-Parlaments zu der Rahmenrichtlinie Drittstaatsangehöriger. Hier gibt das Papier klar Auskunft in die Richtung, dass es einen Generalvorbehalt Österreichs gibt.

Ähnlich skeptisch beziehungsweise ablehnend war man bei der „Blue Card“, und eines ist klar: Durch diese skeptische Haltung der Österreicher waren bei der „Blue Card“ nun die Nullquote, spezielle Forderungen bezüglich Integration der Familienan­gehöri-


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 68

gen und der Punkt, dass die Verwaltung auch eine Berufungsinstanz ist, was eigentlich europaweit so nicht vorgesehen gewesen wäre, möglich. – Ich entnehme diesem Papier, dass aufgrund dieser Abschwächung, dieser Aufweichung im Hinblick auf die „Blue Card“ die Skepsis Österreichs und des Innenressorts offensichtlich gesunken ist.

Ausdrücklich begrüße ich die Schaffung eines europäischen Asylsystems – es soll ja auch ein europäisches Asylbüro kommen –, die Schengen-Evaluierung und alle Maß­nahmen in Richtung Missbrauch im Internet, wobei hier dasselbe gilt, was Kollege Konecny im Zusammenhang mit den anderen Daten gesagt hat, nämlich dass es hier darum geht, wie bei allen Maßnahmen, dass wir immer wieder daran denken, dass es das Bürgerrecht, aber auch weitere Rechte gibt, die man nicht verletzen sollte.

Ein prinzipielles Ja zur Haltung Österreichs betreffend die Verbesserung des Status von Opfern.

Hervorragend fände ich es, wenn das Aktionsprogramm 2009 bis 2012 zur Bekämp­fung des Drogenhandels in Europa wirklich greifen würde, also das Angebot und die Nachfrage und so weiter vermindert würde, und wenn es uns gelänge, in Österreich selbst möglichst viele Maßnahmen gegen die Beschaffungskriminalität in ihren vielfältigen Arten – und nicht nur der kriminalistischen – zu schaffen.

Interessant ist natürlich, dass die EU und auch die Nationalstaaten davon ausgehen, dass man ein besseres Verständnis der unterschiedlichen Ebenen des realen Drogen­problems braucht.

Auch ich, Herr Kollege Kühnel, habe eine Frage an die Frau Bundesministerin, und auch diese Frage ist kurz. Es ist unser aller Bekenntnis und es ist Linie Österreichs, einen Brückenschluss mit dem Westbalkan herzustellen, der derzeit noch nicht möglich ist. Heute ist mit Herrn Botschafter Inzko wieder ein Österreicher Hoher Vertreter in Sarajevo geworden, aber es ist Ziel der Europäischen Union, es ist Ziel der öster­reichischen Bundesregierung, alles zu tun, um eine möglichst hohe Einbindung des Westbalkans zu erreichen, das betrifft auch Visa-Erleichterungen und Möglichkeiten für Studierende, schneller zu einem Visum zu kommen.

Es ist erschütternd, dass 85 Prozent der serbischen Studierenden noch nie das Land verlassen haben! Wir müssen ihnen Internationalität ermöglichen, wir müssen sie mit Europa in Verbindung bringen, um sie nicht nationalistischen, rechten Tendenzen anheimfallen zu lassen, die es in ihrem Land natürlich auch gibt.

Deshalb meine Frage: Schaffen wir weitere Fortschritte bei der Liberalisierung des Visa-Regimes für die Länder des Westbalkans? – Danke schön. (Beifall der Bun­desräte Kerschbaum und Dönmez.)

12.46


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Kampl. – Bitte.

 


12.46.42

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Zum Bericht des Bundesministeriums für Inneres zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2009 und zum Achtzehnmonatsprogramm des französischen, tschechischen und schwedischen Vorsitzes: Vor Eingang in die Diskussion stellt sich natürlich die große Frage, warum sich der Nationalrat mit dieser Problematik nicht befasst hat. (Bundesrat Schennach: Mit welcher?) – Ich glaube, das wäre gut gewesen und das gehört auch zur großen Verantwortung der demokratischen Verantwortungsträger in Österreich. Ich denke, wir müssen darüber diskutieren.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 69

Auch ich kann, so wie meine Vorredner, sagen, dass sehr viele gute Ansätze notwendig sind und diese in dieser Vorlage auch angesprochen werden, nämlich gute Ansätze bezüglich der organisierten Kriminalität, Hilfe für Opfer, eines Pakets zur Terrorismusbekämpfung unter Hinweis auf die besondere Bedeutung durch die chemi­sche, biologische und atomare Bedrohung, eines Aktionsplans zur Minderung von atomaren Risken und bewährte Verfahren zur Prävention vor chemischen, biolo­gischen und atomare Vorfällen, bezüglich eines Vorschlags für eine einheitliche Visagestaltung und bezüglich Richtlinien über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt hoch qualifizierter Arbeitnehmer.

Kriterien für Zulassungsverfahren sind wichtig und gut. Betreffend Zulassungskriterien für „hoch qualifizierte Beschäftigung“ ist zu sagen: Wann und wie viel, das entscheidet das Land, wie auch über Gültigkeitsdauer des Titels, den Arbeitsmarktzugang und so weiter. – Entscheidend ist und bleibt: Die Kompetenz für den Aufenthalt muss bei dem betroffenen Staat liegen, der diese Anforderung durchführt!

Auch für Saisonarbeiter sollen einheitliche Standards Geltung haben, wie hier im Bericht vorgesehen. Schwerpunkt war auch die Eindämmung der Verwendung des Internets für terroristische Zwecke wie auch die Bekämpfung des Menschenhandels und ein gemeinsamer EU-Aktionsplan.

Frau Bundesministerin, sehr gut ist wohl auch der Drogenhandel mit den in diesem Bericht erwähnten Maßnahmen in den Griff zu bekommen, sehr gut und wichtig sind auch die Grundlagen für Europol, die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Zoll­behörden, gegenseitige Mitteilungen, der Katastrophenschutz, die Verhütung von Katastrophen und so weiter.

Daher sollten wir den Bericht zur Kenntnis nehmen. Er ist wichtig für unsere Zukunft, für ein gutes gemeinsames Europa. – Danke. (Beifall des Bundesrates Mitterer.)

12.50


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundes­ministerin Dr. Fekter. – Bitte.

 


12.50.23

Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Meine sehr verehr­ten Damen und Herren! Ich bedanke mich dafür, dass sich der Bundesrat mit diesen Initiativen auseinandersetzt. Es gehört dies zum Arbeitsprogramm meines Hauses und umfasst auch eine Fülle von Terminen, die ich im Hinblick auf die Internationalität des Innenressorts wahrzunehmen habe. Man mag es nicht glauben: Innenminister waren früher nur in Österreich tätig, heute ist es so, dass wir die Sicherheit Österreichs nur dann gewährleisten können, wenn wir auch mit unseren Nachbarn kooperieren, wenn wir auch eine enge polizeiliche Zusammenarbeit haben, wenn wir schauen, dass wir mit den Staaten des Westbalkans eine gute Informationsschiene aufbauen, und wenn wir schauen, dass wir sie im Hinblick auf ihr Sicherheitsgefüge an unsere Standards heranführen. – Das gelingt sehr gut.

Eine der ersten internationalen Konferenzen, die ich als Ministerin abhalten durfte, waren die Forum-Salzburg- und Westbalkan-Konferenz im vorigen Jahr. Dort wurden die Kooperationen und die polizeiliche Zusammenarbeit intensiviert. – Wie Sie wissen, gibt es mit den Staaten in unserer unmittelbaren Nachbarschaft sehr enge polizeiliche Kooperationen – gemeinsame Streifen, gemeinsame Polizeidienststellen –, und wir bauen eine derartige Kooperation und Zusammenarbeit auch mit den Westbalkan­staaten auf, das sind dann die nächsten Nachbarn außerhalb der EU. Wir haben dort Verbindungsbeamte, und wir lehren sie, Polizeiarbeit, Standards und Rechtsschutz-


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 70

systeme aufzubauen. Es gibt mit den Westbalkanstaaten auch eine eigene Roadmap, wie sie an unsere Standards herangeführt werden.

Solange unsere Standards beispielsweise bei der Dokumentensicherheit, Bekämpfung der Korruption oder in der Kriminalitätsbekämpfung nicht annähernd erreicht sind, sind wir, was eine Visa-Liberalisierung anlangt, sehr, sehr zurückhaltend, aber es ist auch in unserem Sinne, dass diese Länder unsere Standards erreichen, damit wir danach eine etwas größere Reisefreiheit erarbeiten können.

Wenn die Europäische Kommission glaubt, zuerst die Liberalisierung einführen zu können und erst dann die Dokumentensicherheit anzuschauen, dann ist das nicht der österreichische Weg! Wir brauchen zuerst die Dokumentensicherheit, zuerst die Korruptionsbekämpfung, und dann können wir über Visa-Liberalisierung nachdenken.

Zur Frage von Bundesrat Kühnel im Hinblick auf SIS II: Das Schengener Informations­system II, das die Europäischen Kommission betreut, ist auf holprigem Wege, und sein Implementierungszeitraum wurde immer wieder verschoben. Daher hat sich die tschechische Präsidentschaft dieses Themas besonders angenommen und eine eigene Arbeitsgruppe eingerichtet, die abklären soll, ob es sinnvoll ist, an der Neu­erarbeitung eines EDV-Systems, an dem schon jahrelang gearbeitet wird, weiterzu­basteln – ich nenne es jetzt einmal so –, und es kommt in zwei Jahren womöglich noch immer nichts heraus, oder ob es nicht doch zweckmäßiger ist, das bestehende System als Basis zu nehmen und um einige Module aufzurüsten.

Diese Arbeitsgruppe soll bis Ende April ein Papier mit den Für und Wider dieser beiden Szenarien vorlegen – nämlich an der Neuentwicklung weiterarbeiten oder diese schub­ladisieren und Adaptierungen des bestehenden Systems vornehmen –, das im Mai geprüft wird und worüber man dann im Juni-Rat zu einer Endentscheidung kommen soll. Aber, meine werten Damen und Herren Bundesräte, wie Sie wissen, hat der tschechische Vorsitz derzeit größere innenpolitische Probleme.

Wir arbeiten in dieser Arbeitsgruppe mit, und wir sind höchst daran interessiert, rasch zu einer Analyse zu kommen, denn wenn dann die Europawahl stattfindet und sich die Kommission in einem Interregnum befindet, dann verlieren wir wieder Zeit, und wir als Nettozahler haben kein Interesse daran, dass nach wie vor an einem Projekt weitergearbeitet wird, dessen Ende nicht absehbar ist. Es ist aber so, dass sich auch die Schweden dieses Themas besonders annehmen und es dann intensiv fortsetzen wollen.

Durch die diesjährige Europawahl, die Bestellung des Parlaments und die Neube­setzung der Kommission danach ist im Hinblick auf das Arbeitsprogramm ohnehin einiges in Bezug auf die Schwerpunkte verschoben. Die französische Präsidentschaft hat sich ganz intensiv der Migration und der Asylfrage angenommen und hat dort sehr viel weitergebracht. – Wir alle waren enorm überrascht, mit welcher Eloquenz die Franzosen im Finale ihrer Präsidentschaft Dinge durchgebracht haben, die an deren Beginn noch, ich sage es einmal so, scheinbar wie auf Treibsand gebaut ausgesehen haben, und am Ende ist ein echtes Gebäude dagestanden.

Wir haben den Pakt für Migration und Asylfragen beschlossen, wir haben die „Blue Card“ beschlossen, es ist auch das europäische Asylamt weitgehend auf Schiene gebracht worden, bezüglich dessen Österreich, und das möchte ich hier nicht verhehlen, sehr zögerlich war, weil wir keine europäische Asylpolitik wollen, denn wir wollen das sehr wohl im nationalen Entscheidungsbereich behalten. Dieses neue Asylamt soll eine schlanke Behörde sein und keine weitere EU-Tintenburg, aber wir halten es für gerechtfertigt, dass wir ein europäisches Servicierungsinstrument haben, ein Support-Instrument für die nationalen Bundesasylämter, denn – allein an dem


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 71

Faktum können Sie erkennen, wie notwendig es ist – die Standards, nach denen wir Drittstaaten bewerten, müssen europaweit gleich sein.

Es kann nicht so sein, dass Tschetschenen in Österreich Asyl bekommen und in der Slowakei nicht. Das führt zu einem Schlepperunwesen, das dann jenen Staaten zum Schaden gereicht, die andere Standards anwenden als die Mehrheit der europäischen Länder. (Bundesrat Mag. Klug: Das glaube ich auch! So ist es!) – Daher: Eine Support-Einrichtung? – Ja! Ein An-sich-Ziehen der Asylagenda? – Nein!

Die Visa-Erleichterungen betreffend die Westbalkanstaaten habe ich erläutert.

Die SIS-II-Geschichte ist ein Problemkind, in dessen Zusammenhang wir ganz massiv darauf drängen, dass die Kommission endlich die betroffenen Unternehmungen, die nicht geliefert haben, zur Verantwortung zieht und auch Konventionalstrafen verhängt. Es ist aber so, dass das Initiativrecht ausschließlich bei der Kommission liegt. Das heißt, was an Themen behandelt wird, kann nur die Kommission vorlegen. – Wir können der Kommission etwas schmackhaft machen, aber die Nationalstaaten haben kein individuelles Initiativrecht im Hinblick auf die Schwerpunkte.

Daher bringen wir unsere Schwerpunkte in der Arbeit ein, und so haben wir beispiels­weise auch erreicht, dass beim Migrations- und Asylthema die Frage der Integration zum Schwerpunkt gemacht wird. Es hat keinen Sinn, auf Europaebene nur über Zuwanderung und Asyl zu reden und sich mit den Integrationsproblemen, die die Nationalstaaten haben, nicht auseinanderzusetzen. Daher war es ein österreichisches Anliegen, auch das Integrationsthema und die Probleme, die dort vorhanden und in den meisten Ländern ähnlich sind, zum Schwerpunkt zu machen. – Das ist uns gelun­gen.

Sehr begrüßenswert sind die Initiativen im Polizeisektor, im Sicherheitssektor, beim Datenaustausch. Es ist zu begrüßen, dass es uns gelungen ist, die guten Erfahrungen mit dem Prümer Vertrag auf ganz Europa auszuweiten.

Zum heutigen „Presse“-Artikel möchte ich wie folgt Stellung nehmen: Dieser ist nicht falsch, aber er beinhaltet eine Fülle von Halbwahrheiten und ist daher so nicht für bare Münze zu nehmen.

Ich hatte Gelegenheit, bei der Westbalkan-Konferenz im vorigen Jahr mit Mr. Baker ein Gespräch zu führen über den Datenschutz und die Standards, die wir anlegen. Es ist im Ton ziemlich scharf ausgefallen. Amerika, speziell die USA, versucht nämlich, die Strategie zu konterkarieren, dass die europäische Ebene, die Kommission, gemeinsam ein Datenschutzabkommen mit den USA vereinbart und dabei die europäischen Datenschutzstandards für alle gleichermaßen fixiert. Das ist derzeit die Planung, die auf Schiene ist. Dies versuchen aber die USA dadurch zu torpedieren, dass sie mit den einzelnen Ländern eigene bilaterale Ebenen aufmachen. (Bundesrat Schennach: Polen zum Beispiel!)

Tschechen, Polen, Rumänen haben sich das schon abkaufen lassen und damit die europäische Gemeinsamkeit unterlaufen. Das tun wir nicht, sondern wir sagen: Die hohen europäischen Standards müssen eingehalten werden, auch wenn sich Amerika etwas anderes wünscht!

Herr Schennach ist nicht mehr hier, ach, Konecny ist nicht mehr hier – entschuldigen Sie, Herr Schennach! (Bundesrat Schennach: Ein bisserl anders sieht er schon aus!) –, er hat gemeint, er müsse zum Zahnarzt. Das ist wahrscheinlich der unange­nehmere Termin; er wäre sicherlich gerne hier geblieben. Herr Konecny hat erwähnt, dass die Amerikaner von uns eine Fülle von Daten haben wollen, die wir nicht hergeben. So pauschal und polemisch, wie es auch in der „Presse“ dargestellt wurde, kann man es jedoch nicht sehen. Beispielsweise sind wir in der Verbrechens­bekämp-


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 72

fung mit unseren Prüm-Partnern sehr erfolgreich, wenn es um den DNA-Daten­austausch geht. Das heißt, im Hinblick auf die Kriminellen und ihre Netzwerke DNA-Daten auszutauschen halte ich für absolut gerechtfertigt. Wir haben derzeit keinen DNA-Datenaustausch mit den Amerikanern.

Im Drogenbereich würde ich mir das wünschen, dass wir zu einem Datenaustausch kommen oder etwa auch bei der Kinderpornographie. Dazu gibt es derzeit keine Über­einkommen, da haben wir noch Handlungsbedarf. Bei der Kriminalitätsbekämpfung halte ich es für gerechtfertigt, Daten auszutauschen. Es ist nicht gerechtfertigt, pole­mische Zeitungsartikel dazu zu verwenden, die Kriminalitätsbekämpfung zu behindern.

Ich werde mich aber nicht beirren lassen. Ich halte es für gerechtfertigt, zur Krimi­nalitätsbekämpfung auch mit den USA einen Datenaustausch zu pflegen. Was den Datenaustausch im Rahmen des Visa Waiver Programs betrifft, geht es darum, den Amerikanern unsere hohen Datenschutzstandards klarzumachen, und dafür war die Sitzung vorgestern geeignet. Dafür ist sie auch verwendet worden, und Polemik ist in dieser Causa nicht angebracht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Schennach, Dönmez, Kerschbaum, Ing. Kampl und Mitterer.)

13.04


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

13.04.375. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (Bun­des-Umwelthaftungsgesetz – B-UHG) (464/A und 96 und Zu 96 d.B. sowie 8071/BR d.B. und 8081/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Nun gelangen wir zum 5. Punkt der Tages­ordnung betreffend ein Bundes-Umwelthaftungsgesetz.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ing. Bock. Ich bitte um den Bericht.

 


13.04.49

Berichterstatter Ing. Hans-Peter Bock: Hohes Präsidium! Geschätzte Damen und Herren! Der Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (Bundes-Umwelthaftungsgesetz) liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 24. März 2009 mit Stim­men­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 73

13.05.42

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Grüne, Niederösterreich. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn dieses Umwelthaftungsgesetz wirklich eine umfassende Umwelthaftung mit sich brächte, würden wir ja gerne zustimmen. Das tut es aber leider nicht; darum können wir auch nicht zustimmen.

Der Schutz der Umwelt ist für uns der Schutz der Güter Boden, Wasser und Luft und natürlich der Schutz des Lebens. Die Luft kommt im Umwelthaftungsgesetz eigentlich überhaupt nicht vor, der Boden auch nur eingeschränkt und das Wasserrecht war an und für sich immer schon ganz gut geregelt. Es ist natürlich auch gut, wenn es jetzt bezüglich Haftung eine zusätzliche Regelung gibt, aber das Wasserrecht war zuvor schon ein sehr strenges Umweltrecht. Die beiden anderen Themen kommen, wie gesagt, nicht vor. Beim Luft- und Fruchtgenuss, also dem, was man aus dem Boden herausholt, kann man vielleicht noch damit argumentieren, dass das zusammen mit der Gesundheit und dem Leben irgendwie geschützt werden muss. Das wird allerdings bei der Behörde nur sehr schwer nachweisbar sein.

Im Prinzip geht es darum, dass sich von Umweltschäden Betroffene bei der Behörde beschweren können, also eine Umweltbeschwerde einlegen können, wenn ihr Recht auf Leben und Gesundheit gefährdet ist, bestehende Wasserrechte gefährdet sind oder das Bodeneigentum gefährdet ist.

Auch NGOs und die Umweltanwaltschaft dürfen sich an die Behörde wenden und eine Umweltbeschwerde einbringen. Welche Rechte die geltend machen können, das ist im Gesetz nicht so genau definiert. Es steht dort nämlich, sie könnten ihre Rechte auf Gesundheit und ihre Wasserrechte einfordern. Ich weiß nicht, ob NGOs direkt betroffen sein werden, meist werden sie es nicht sein. Meist werden sie es in Vertretung für jemand anderen machen. Es ist also sehr schwer absehbar, ob sie mit einer Umweltbeschwerde in irgendeiner Weise Erfolg haben können. Das wird sich erst dann im Verfahren wirklich zeigen.

Letztendlich ist es so, dass die Bezirksbehörde entscheiden wird, ob einer Umwelt­beschwerde Recht gegeben wird oder nicht Recht gegeben wird, ob sich der Beschwerdeführer überhaupt beschweren darf. Diesen Bescheid kann man dann nur bis zum Unabhängigen Verwaltungssenat bekämpfen. Man kann nicht mehr weiter­gehen bis zum Verwaltungsgerichtshof. Prinzipiell ist es so, dass die Behörde einen sehr großen Entscheidungsspielraum hat, weil das Gesetz relativ weiche Regelungen beinhaltet. Es ist alles nicht so genau beschrieben.

Es ist so, dass es für eine NGO, wenn sie proaktiv wird, zunächst einmal ein Schuss ins Blaue sein wird, weil man eben am Anfang nicht weiß, wie die Behörden ent­scheiden werden.

Dazu kommt noch, dass mit so einer Beschwerde auch Kosten verbunden sind. Wenn ich mich über einen Umweltschaden beschwere, dann muss ich ja nachweisen, dass dieser Schaden vorliegt. Dazu brauche ich wahrscheinlich Gutachten. Dann muss ich möglicherweise noch einen Anwalt hinzuziehen. Sprich, es laufen Kosten an, die eventuell manchmal von den NGOs getragen werden können, wie das auch bei der Umweltverträglichkeitsprüfung oft der Fall ist.

Privatpersonen werden es sich jedenfalls zweimal oder dreimal überlegen, ob sie sich wegen eines Delikts in ihrer Umgebung, in ihrer Nachbarschaft an die Behörde wenden oder nicht, wenn sie Gefahr laufen, dass sie die Kosten für diese Beschwerde, für Gutachten und Gegengutachten selbst tragen werden müssen. Das können so 10 000, 20 000, 30 000 € sein. Das wird man sich sicherlich gründlich überlegen.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 74

Da kann man natürlich sagen: Ja, das ist gut, dann wird sich nicht jeder gleich beschweren. Auf der anderen Seite ist es weniger sinnvoll, ein Gesetz zu schaffen, bei dem sich jeder, der es in Anspruch nehmen will, dreimal überlegt, ob er es in Anspruch nimmt, weil er es sich nicht leisten kann.

Ein weiterer Punkt, der uns an diesem Gesetz nicht gefällt, ist, dass die Behörde den Umweltschaden einem Betreiber nachweisen muss. Wenn mehrere Betreiber von verschiedenen Unternehmen für einen Umweltschaden zuständig sind, dann wird keiner von ihnen zur Kasse gebeten. Das fällt dann meistens unter Pech für den Betroffenen beziehungsweise möglicherweise auch Pech für die Behörde. Das ist auch etwas, was meiner oder unserer Meinung nach sehr wohl auch in einem Umwelthaftungsgesetz geregelt hätte werden können.

Keine Frage, es gibt ein paar Verbesserungen gegenüber der Regierungsvorlage von 2007. Damals, 2007, gab es auch heftige Debatten mit diversen Umweltorgani­sationen, auch mit der Arbeiterkammer meines Wissens. Einiges ist verbessert wor­den, aber letztendlich bleibt diese Fassung, diese relativ schnell durchgezogene Fas­sung des Bundes-Umwelthaftungsgesetzes zunächst einmal eine große Herausfor­derung für die Behörden, die entscheiden werden müssen, wer künftig in welchem Fall welche Rechte wirklich geltend machen kann. Die Novelle bleibt einiges schuldig.

Wie gesagt, es fehlt eine Regelung für die NGOs und die Umweltanwaltschaften. Es gibt diese Summationsschäden nicht. Boden und Luft gibt es offenbar auch nicht als Umweltgut. Ein weiteres Problem ist, dass die Beweislast in erster Linie bei der Behörde liegt und nicht beim möglichen Umweltschädiger.

Prinzipiell ist es so, dass eine Stärkung des Verursacherprinzips, das ein Umwelthaf­tungs­gesetz ja beinhalten sollte, nicht erkennbar ist. Das wäre im Umweltrecht erstrebenswert, weil es dafür sorgen würde, dass Kosten, die Umweltschädigungen mit sich bringen, nicht mehr auf die Allgemeinheit abgewälzt werden, sondern auf den­jenigen, der sie verursacht. Damit wird das Umweltrisiko, das man als Betrieb eingeht, zum Kostenfaktor. Das wäre erstrebenswert, denn auf der anderen Seite ist ja auch das Positive ein Kostenfaktor. Wenn man Positives für die Umwelt tut, dann ist das ja meistens auch mit Kosten verbunden. Und so würde es da zumindest einen Ausgleich geben.

Ein Ausgleich wird aber leider mit diesem Bundes-Umwelthaftungsgesetz nicht ge­schaf­fen – und deshalb werden wir nicht zustimmen. (Beifall der Bundesräte Dönmez und Schennach.)

13.12


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Preiner. – Bitte.

 


13.12.30

Bundesrat Erwin Preiner (SPÖ, Burgenland): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, es ist heute ein interessanter Tag hier im Bundesrat, fast ein Burgenländer-Tag, denn wir haben jetzt zwei Redebeiträge von burgenländischen Bundesräten und einen burgenländischen Minister auf der Minister­bank. – (Richtung Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich) Herzlich willkommen!

Mit dem Initiativantrag zum Bundes-Umwelthaftungsgesetz, der im Nationalrat einge­bracht wurde, ist natürlich auch ein Schritt in die Richtung gesetzt, dass es auch in Österreich zur notwendigen Umsetzung der EU-Umwelthaftungsrichtlinie vom April 2004 kommt, der Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden. Aufgrund der föderalistischen Struktur unseres Landes sind sowohl Bund als auch Länder entsprechend in die Umsetzung der Richtlinie eingebunden.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 75

Leider ist Frau Kollegin Kerschbaum jetzt nicht hier, denn ich sehe es nicht so, dass es zu einer Abwertung der NGOs und der Umweltanwälte kommt. Sie haben nämlich sehr wohl Parteienstellung. Was soll schlecht daran sein, dass sie Parteienstellung beim UVS, beim Unabhängigen Verwaltungssenat der jeweiligen Bundesländer haben?

Die Kostenfrage ist hier genau so geregelt wie auch in sehr vielen anderen Gesetzes­texten unseres Landes.

Kolleginnen und Kollegen, in den Verhandlungen war es immer unser Ziel, den hohen Standard, was die Haftungen betrifft, in unserem österreichischen Umweltrecht zu erhalten. Das ist in der Umsetzung dieser Richtlinie auf nationaler Ebene auch ganz gut gelungen.

Ein wesentliches Ziel ist meiner Meinung nach die Einbindung der von einem Umwelt­schaden betroffenen Personen und die Gewährung des Rechtsschutzes.

Das Gesetz gilt natürlich für Schädigungen von Gewässern und des Bodens und für jede unmittelbare Gefahr solcher Schäden durch die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten, zum Beispiel Beförderung und Verwertung von Abfällen, Überwachung von Deponien nach der Schließung – hier in engem Bezug zum geltenden Abfallwirt­schaftsgesetz 2002 –, aber auch bei sämtlichen Ableitungen, Einleitungen und Was­ser­entnahmen von Gewässern, die einer Bewilligung nach dem Wasserrechts­ge­setz 1959 bedürfen, aber auch die Herstellung, Verwendung und Lagerung gefährlicher Stoffe, Pflanzenschutzmittel und Biozid-Produkte sind hier berücksichtigt, um nur einige zu nennen.

Das Gesetz berücksichtigt ferner, dass das Verursacherprinzip klar weiter bestehen bleibt und nicht unterlaufen wird – ein ganz wesentlicher Punkt, meiner Meinung nach.

Es gibt in Österreich, wie wir wissen, eine jahrzehntelange Tradition, dass jemand, der einen Umweltschaden verursacht, für die Sanierung dieses Schadens selbstver­ständlich aufzukommen hat, und nicht der Steuerzahler. Das möchte ich dezidiert unterstreichen. Auch im § 4 Abs. 1 des Gesetzes wird unter anderem die Schädigung von Gewässern und des Bodens diesbezüglich klar und eindeutig definiert. Vor allem die Regelungen bei erheblichen Gewässerschäden sind im Wasserrechtsgesetz 1959 bereits entsprechend aufgelistet.

Wichtig ist mir, dass es im vorliegenden Gesetz auch keine Haftungsausnahmen für den Normalbetrieb und Entwicklungsrisiken gibt. Im ursprünglichen Gesetzentwurf ist keine finanzielle Wiedergutmachung durch Unternehmen im Falle von möglichen Ent­wicklungspannen vorgesehen gewesen. Das hätte, wenn das umgesetzt worden wäre, bedeutet, dass zum Beispiel, wenn eine neue Technologie verwendet worden und zum Zeitpunkt der Anwendung keine Umweltschäden durch den Einsatz zu erwarten gewesen wären, danach diese aber eingetreten wären, der Bund und damit der Steuer­zahler die Sanierungskosten hätten tragen müssen. So weit kommt es nicht, das ist vom Tisch!

Ein weiterer wesentlicher Punkt ist, dass Haftungen nicht nur schlagend werden im Zuge einer beruflichen Tätigkeit – wie vorhin exemplarisch von mir bereits erwähnt –, sondern auch dann, wenn jemand eine Lizenz oder die Zulassung für gewisse Tätigkeiten, aber auch für ein Produkt hat. Das kann unter Umständen auch dann helfen, wenn es im Bereich der Gentechnik zu Schäden kommen sollte. Dann könnten nicht nur Personen zur Haftung herangezogen werden, die diese Produkte in Umlauf gebracht haben, sondern auch Konzerne, die die Lizenzen dafür haben, denn diese Konzerne gelten im Sinne des vorliegenden Gesetzes als Betreiber.

Weiters konnte sehr wohl erreicht werden – und ich habe das eingangs bereits erwähnt –, dass NGOs, die direkt Betroffenen und die Umweltanwälte bei der


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 76

Sanierung von Umweltschäden Parteienstellung haben und gegen Bescheide, die in Anwendung dieses Gesetzes erlassen werden, beim jeweils zuständigen UVS Be­rufung einbringen können. Selbstverständlich auf ihre Kosten.

Für die im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen ist die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig, wie das bis dato bereits auch beim Wasserrechtsgesetz 1959 gegolten hat. Die BH ordnet entsprechende Sanierungsmaßnahmen an. Die Kosten für den dies­bezüglichen Verwaltungsaufwand sind natürlich auch vom Verursacher zu bezahlen.

Kolleginnen und Kollegen! Die Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben in einem eigenen Bundes-Umwelthaftungsgesetz erfolgt unter dem Gesichtspunkt der bestmöglichen Harmonisierung mit dem bestehenden Anlagenrecht und natürlich auch unter Wahrung des hohen Schutzniveaus, das wir im nationalen Wasserrecht haben.

Ich denke daher, dass dem vorliegenden Bundes-Umwelthaftungsgesetz ein wesent­licher Schritt in puncto mehr Umweltschutz zugrunde liegt, aber auch mehr Schutz vor Umweltschäden, und hoffe, dass die Schäden, deren Behandlung durch dieses Gesetz geregelt wird, nicht eintreten und zum Tragen kommen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

13.19


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Ing. Kampl. – Bitte.

 


13.19.14

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr ge­ehrte Frau Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Her­ren! Liebe Kollegen! Dieses Gesetz, Umweltschäden-, Umwelthaftungsgesetz bringt viele neue Errungenschaften, die europaweit Platz greifen sollen – Umweltschutz kennt ja keine Grenzen. Damit gibt es in Teilbereichen eine nachvollziehbare Ordnung. Für viele Menschen ist das Neuland – und dieses Neuland muss bewältigt werden.

Bei diesem Gesetz geht es um den Schutz von Schutzgütern, unserer Lebens­grundlage – eine Aufgabe, die von uns für alle Zeiten zu sichern sein sollte und müsste.

Das neue Umwelthaftungsgesetz sollte aber auch eine hohe Anforderung für uns alle sein. Zu dem sollten wir uns bekennen. Vieles ist neu, vieles, Herr Bundesminister, ist offen. Offen ist die Frage der Beweislast, was heute schon zur Diskussion gestellt wurde.

Die Firmen oder Unternehmen haben alles zu tun, keine Beeinträchtigungen für Boden, Wasser oder Luft zu verursachen. Die Beweislast, Herr Bundesminister, ist aber – wie ich meine – die Aufgabe der Behörde, der Verwaltung.

Daher stimmen wir diesem Gesetz nicht zu. (Beifall des Bundesrates Mitterer. – Bundesrat Hensler: Zuerst hast du es gelobt!)

13.21


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Jany. – Bitte.

 


13.21.17

Bundesrat Reinhard Jany (ÖVP, Burgenland): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Wir setzen mit dem Bundes-Umwelthaftungsgesetz eine EU-Richtlinie um, die die Vermeidung und die Sanierung von Umweltschäden nach dem Verursacherprinzip regelt. Mit der Umsetzung der Richtlinie europaweit


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 77

werden auch in Ländern, die solche Standards wie wir in Österreich nicht haben, Regelungen getroffen, wie man mit Schadensfällen umgehen soll.

Wir haben in Österreich etwa ein Wasserrechtsgesetz, das den Umgang mit diesem kostbaren Gut regelt. Und auch für unsere Böden gibt es gute Regelungen, zum Beispiel für die Landwirtschaft mit dem ÖPUL-Programm und mit Cross Compliance.

Das Verursacherprinzip sorgt bei Umweltschäden für die Haftung für die Sanierung des Schadens und für die Behördenkosten. Ein Unternehmen beziehungsweise auch ein Landwirt kann unverschuldet in die Haftung gelangen. Es kann immer wieder etwas passieren, etwa durch Unfälle, bei denen Öl, Diesel oder Chemikalien austreten. Für etwaige Schäden sollte es eine Haftpflichtversicherung geben oder abgeschlossen werden, damit diese Schäden gedeckt sind.

Mit diesem Umwelthaftungsgesetz werden EU-weit gleiche Bedingungen geschaffen. Es ist ein weiterer Beitrag zum Schutz der Umwelt.

Herr Minister, ich darf dir zu diesem Gesetz gratulieren! Gratulieren möchte ich dir auch für deine Bemühungen und für deinen Erfolg in Brüssel mit der GVO-Verordnung, dass wir GVO-frei bleiben dürfen. Herzliche Gratulation dazu! (Beifall bei der ÖVP.)

13.23


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Preineder. – Bitte.

 


13.23.14

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Als Nieder­österreicher aus der Grenzregion zum Burgenland darf ich mich heute zu dieser Thematik zu Wort melden.

Das Bundes-Umwelthaftungsgesetz ist eines, das aufgrund einer EU-Verordnung entstanden ist. Es wurde Gott sei Dank rasch umgesetzt. Ich darf damit auch den Kollegen Hermann Schultes und Petra Bayr im Nationalrat dafür danken, dass sie sich engagiert dafür eingebracht haben, dass rasch eine effiziente und professionelle Lösung gefunden werden konnte.

Mit diesem Gesetz schützen wir unsere Lebensgrundlagen Boden und Wasser. Ich glaube, das ist für uns alle sehr wesentlich. Es kommt aber – das ist das Wesen dieses Gesetzes – nur bei erheblichen Schäden zum Tragen und zur Wirkung und sollte einen entsprechenden Schutz vor Großschäden bieten und vielleicht auch für Firmen und Unternehmen, die sich mit umweltschädlichen Produkten beschäftigen, wenn sie ent­sprechende Bewilligungen einholen, wenn sie sich vorher absichern, einen gewissen Schutzfaktor mit sich bringen.

Klar ist, dass der Verursacher die Kosten der Sanierung und auch die Behördenkosten zu tragen hat und dass vor Ort von der Bezirkshauptmannschaft in erster Vollzugs­instanz im Prinzip entschieden werden soll. Jede Person kann Beschwerde führen. Ich glaube, das spricht für eine Bürgergesellschaft.

Was auch interessant ist, ist, dass mit diesem Gesetz auch die Freisetzung von gen­technisch veränderten Organismen geregelt wird. Das wird als Umweltschaden mit anerkannt.

Ich darf dir, Herr Bundesminister Berlakovich, wie mein Kollege Jany ebenfalls herzlich danken, dass es gelungen ist, unsere bis jetzt in Österreich gepflogene Regelung eines Anbauverbotes auch weiterhin erfolgreich zu verteidigen, dass wir keine gentechnisch veränderten Maissorten in Österreich zwangsweise anbauen lassen müssen. Das ist


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 78

ein Erfolg, der mich als Biobauer freut, der die Landwirtschaft freut, der auch Öster­reich freut. – Herzlichen Dank, ich gratuliere dazu. (Beifall bei der ÖVP.)

13.25


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Nächster Redner ist Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich. – Bitte.

 


13.25.41

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Bundes-Umwelthaftungsgesetz: Der gordische Knoten wurde gelöst, denn Sie wissen, dass die Diskussion schon eine längere ist und eigentlich die entsprechende EU-Richtlinie bereits 2007 hätte umgesetzt werden sollen. Aufgrund des großen Spannungsfeldes war es nicht möglich, einerseits die Wirtschaft in die Pflicht zu nehmen und andererseits Konsumenteninteressen, öffentliches Interesse zu wahren.

Es ist ein sehr, sehr schwieriges Thema. Und es ist wirklich angebracht, den Kollegin­nen und Kollegen im Nationalrat, Schultes und Bayr, zu danken, die auf parlamen­tarischer Ebene wesentlich mit dazu beigetragen haben, mit den Sozialpartnern und mit den Beamten meines Hauses, des Lebensministeriums, diese Frage zu lösen und dieses Gesetz letztlich einem Beschluss zuzuführen.

Ich sage deswegen, es ist wichtig, weil wir die Richtlinie bereits im Jahr 2007 hätten umsetzen sollen, was nicht passiert ist und wir diese jetzt umsetzen, aber auch drohende Strafzahlungen hintanstellen, was ja im Raum steht. Daher war dieser Be­schluss wichtig, und es ist auch wesentlich, dass es hier im Bundesrat behandelt wird.

Wir gehen damit meiner Meinung nach einen sehr wichtigen Schritt in Richtung effizienteren Umweltschutz, weil dieses Gesetz sowohl Vorteile für die Umwelt als auch letztendlich für den Steuerzahler bringt. Ich darf sagen, dass es in erster Linie um die Vermeidung und Sanierung von erheblichen Schäden an Wasser, aber auch an Boden geht.

Es wird wiederholt – auch im Nationalrat – die Luft angesprochen. Ich darf sagen, Frau Kollegin Kerschbaum: Die Luft ist in einer eigenen Richtlinie abgehandelt und findet daher hier nicht statt. Das wurde auch im Nationalrat kritisiert. Das wird aber in einer eigenen Richtlinie abgehandelt.

Der Kerngedanke ist schon – das ist ein wichtiger Punkt, und daher der Dank auch an die Wirtschaft, dass sie mitgegangen ist! –, dass das Verursacherprinzip und eine nachhaltige Entwicklung gilt. Das heißt, derjenige, der Umweltschäden verursacht, soll dafür bezahlen, und zwar nicht nur die reinen Sanierungskosten, sondern auch die Behördenkosten – das heißt: sämtliche Kosten! –, und das entlastet den Steuerzahler. Das ist schon ein wichtiger Punkt.

Im Gegenzug bekommen aber die Unternehmen mehr Rechtssicherheit. Das heißt, wenn ein Unternehmen Auflagen einhält, die vorgeschrieben sind, dann hat es keine zusätzlichen Kosten zu tragen – ein wichtiger Punkt im Sinne der Sicherheit für die einzelnen Unternehmen.

Wichtig ist meiner Meinung nach auch, dass die Bezirksverwaltungsbehörde eine einheitliche Zuständigkeit hat, damit es nicht zu inkompatiblen Sanierungsanordnungen kommt. Die Bezirkshauptmannschaft ist dem Fall am nächsten und weiß vor Ort am besten, was gemacht werden muss, was beeinträchtigt ist, wo saniert werden muss und hat das nötige Fachwissen. Im Sinne einer subsidiären Haltung hat das Sinn, dass die Behörde vor Ort agiert.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 79

Die gelegentlich kritisierte oder von manchen kritisierte Umweltbeschwerde ist ein Novum und halte ich für wichtig, weil betroffene Personen und NGOs, aber auch der Umweltanwalt die Behörde zur Sanierung eines Schadens auffordern können! Das ist neu. Das ist schon eine Qualität, über die wir sprechen müssen, weil damit ermöglicht wird, dass derartige Missstände im Gewässer- und Bodenbereich aufgezeigt werden und diese bei einem dann stattfindenden Sanierungsverfahren auch als Partei beteiligt sein können.

Dieses Bundes-Umwelthaftungsgesetz ist natürlich ein Schritt in Richtung Umsetzung der Länder. Die Länder müssen das in ihrem Zuständigkeitsbereich machen. Ich darf Ihnen berichten, dass vom Lebensministerium ein Schreiben an die Bundesländer ergangen ist, wo mitgeteilt wird, dass vorbehaltlich nach Beschluss hier im Bundesrat die Länder in ihren Kompetenzbereichen Umsetzungsmaßnahmen machen müssen, die Ländergesetze entsprechend anpassen müssen, um die volle Umsetzung dieser Richtlinie zu gewährleisten.

In diesem Sinne ein herzliches Danke dafür! Danke auch, dass Sie das Thema Gentechnik erwähnt haben. Es findet im Bundes-Umwelthaftungsgesetz ebenfalls Berücksichtigung.

Es war tatsächlich so, dass unsere Position in der Sitzung des Umweltministerrats in der EU fast aussichtslos war. Sie wissen, man braucht für die beiden Anbauverbote für gentechnisch veränderten Mais, die zur Diskussion gestanden sind, und ein Anbau­verbot Ungarn betreffend eine Dreiviertelmehrheit der Stimmen der EU-Mitgliedstaaten. Als vor ein paar Wochen dieser Antrag der Kommission aufgetaucht ist, haben wir von den 345 Stimmen nicht einmal 150 Stimmen gehabt – Staaten, die uns unterstützen, beispielsweise Ungarn, Slowakei, Slowenien. Wir haben intensiv gearbeitet, mit vielen Ministerkollegen habe ich selbst gesprochen, Botschafter Österreichs waren in den Mitgliedstaaten unterwegs, Beamte waren sehr gut vernetzt und es hat ein wirklicher Kampf eingesetzt, um Staaten auf unsere Seite zu ziehen.

Das Problem war, dass uns bei der vierten Abstimmung diesmal Deutschland nicht unterstützt hat, weil Deutschland in der Bundesregierung unterschiedliche Meinungen hat. Da es unterschiedliche Meinungen gibt, hat Deutschland gesagt, es wird sich der Stimme enthalten, und somit haben uns diese Stimmen gefehlt.

Als ich in die Umweltministerratssitzung gegangen bin, haben wir die Hälfte der Stim­men gehabt – etwas mehr als die Hälfte –, aber niemals eine qualifizierte Mehrheit von 74 Prozent – dieser bedarf es dabei; ein eigens zu diskutierendes Thema! In der Sit­zung selbst ist es mir dann gelungen, den deutschen Umweltminister auf unsere Seite zu bringen und auch andere Staaten, die auf Gentechnik setzen, beispielsweise Spanien und andere.

Jedenfalls haben wir dann bei den Abstimmungen in einem Fall eine 82-prozentige Unterstützung gehabt, im anderen Fall eine 85-prozentige – so hoch wie noch nie! Ich freue mich darüber, das war für uns sehr wichtig! Worüber ich mich besonders freue, ist, dass Europa nicht über einen kleinen Staat drübergefahren ist, sondern dass man sehr wohl unsere Argumente berücksichtigt hat und sogar Staaten, die uns nicht unterstützt haben, wie Holland, gesagt haben: Es hat keinen Sinn, wenn à la longue immer wieder alle Staaten entscheiden, ob ein Staat einen Anbau will oder nicht, sondern es soll ein Selbstbestimmungsrecht der Nationalstaaten geben. Und an dem arbeiten wir aktuell.

Vergangenen Montag war Sitzung des Agrarministerrates, wo wir gemeinsam mit Holland eine Initiative in Richtung Änderungen der Rechtsmaterie der Kommission eingebracht haben. Diese Rechtsmaterien müssen geändert werden, dass zukünftig


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wohl die EU für die Zulassung einer Sorte verantwortlich ist, aber letztendlich über den Anbau jeder Mitgliedstaat selber bestimmen soll.

Dieser Kampf ist noch nicht gewonnen. Da gibt es viele Für und Wider und viele Staaten, die sagen: Nein, das soll nicht so sein! – Wir bleiben auf jeden Fall am Thema, weil mein Ziel und auch das Ziel der Bundesregierung ist es, dass Österreich gentechnikfrei im Anbau bleibt. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.32


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

13.33.106. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend Basler Überein­kommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihre Entsorgung; Entscheidungen der Vertragsparteien VI/35 und VII/19 über die Änderung oder Anpassung der Abfalllisten, die in den Anhängen VIII und IX enthalten sind (52 d.B. und 98 d.B. sowie 8082/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir kommen nunmehr zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ing. Bock. Ich bitte um den Bericht.

 


13.33.42

Berichterstatter Ing. Hans-Peter Bock: Frau Präsident! Geschätzter Herr Bundes­minister! Geschätzte Damen und Herren! Der Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend Basler Überein­kom­men über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihre Entsorgung; Entscheidungen der Vertragsparteien VI/35 und VII/19 über die Änderung oder Anpassung der Abfalllisten, die in den Anhängen VIII und IX enthalten sind, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich darf daher gleich zur Antragstellung kommen. (Präsident Reisenberger übernimmt den Vorsitz.)

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlagen am 24. März 2009 mit Stim­men­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Harald Reisenberger: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Kerschbaum. Ich erteile ihr dieses.

 


13.34.44

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Grüne, Niederösterreich. – Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Diese Änderung des Basler Übereinkommens, die da jetzt so einfach durchgewunken werden soll, ist an und für sich lediglich eine Erleichterung von


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Müllimporten und -exporten. Im Prinzip geht es darum, dass diverse Abfälle als nicht mehr gefährliche Abfälle definiert werden. Damit wird der Export und Import von diesen Abfällen erleichtert.

Es geht da um eine ganze Menge von Stoffen oder Ausgangsmaterialen: Altautos, Chrom­schrott, Teppichböden, Abfälle aus Molybdän-, Wolfram-, Titan-, Tantal-, Niob- und Rheniummetallen und ihre Legierungen; also eine ganze Menge, die da plötzlich sicher nicht gefährlich sind. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Das klingt schon gefährlich!) – Klingen sehr gefährlich! Altautos als nicht gefährlich einzustufen? Das kommt darauf an.

Im Prinzip geht es darum, dass durch diese Ausgliederung, durch dieses als nicht mehr gefährlich Bezeichnen der Export und Import erleichtert wird, dass man dafür nicht mehr derartig viele Papiere innerhalb Europas braucht. Außerhalb Europas gibt es kein Exportverbot mehr.

Im Prinzip geht es den Grünen immer darum, dass wir möglichst darauf achten sollten, dass wir selbst unseren Müll vor unserer eigenen Tür wegkehren können und bei uns selbst auch lagern. Diese Entsorgungsautarkie hat in Österreich offenbar immer wieder nicht die oberste Priorität, denn es ist im Prinzip schon so, dass massiv an Müll­verbrennungsanlagen ausgebaut werden soll. Für welche Kapazitäten, das wissen wir nicht, die Planung läuft über die Länder. Wenn man im Bund nachfragt, verweist der Bund an die Länder, wenn man im Land nachfragt, verweisen die Länder an den Bund. Zahlen bekommt man selten mitgeliefert.

Aufgrund dieser Verwirrung, die da gestiftet wird, befürchten wir, dass Überkapazitäten geschaffen werden und diese Überkapazitäten in erster Linie dazu dienen, dass wir Müllabfall aus anderen Ländern einfach bei uns dann lagern. Ich weiß nicht, ob das wirklich so ein tolles Geschäft ist, aber ich denke, das ist nicht das, was unser Weg ist. Unser Weg ist, jedes Land sollte sich möglichst selbst darum kümmern, seinen Dreck wegzuräumen, seinen Dreck zu lagern, und das sollte auch Österreich so machen. – Danke. (Beifall der Bundesräte Dönmez und Schennach.)

13.37


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stadler. Ich erteile ihm dieses.

 


13.37.39

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wie wir schon gehört haben, beraten wir unter diesem Tagesordnungspunkt eine Adaptierung des sogenannten Basler Überein­kommens, eines Übereinkommens – ich glaube, darauf sollte man in diesen Tagen auch hinweisen –, das fast auf den Tag genau vor 20 Jahren, am 22. März 1989, geschlossen wurde und somit ein kleines Jubiläum feiert.

Ich meine, man darf nicht immer alles so negativ sehen, liebe Frau Kollegin Kerschbaum, Grüne, Niederösterreich, sondern man sollte auch die positiven Aspekte in den Vordergrund ziehen! (Bundesrätin Kerschbaum: Ich würde mich ja bemühen! Ich habe es eh versucht, die positiven Auswirkungen! Ich habe es ja versprochen!) – Du hast im Ausschuss Antworten auf deine Anfragen, die du zu Recht gestellt hast, bekommen. Jede Frage hat irgendeine Berechtigung, aber man muss auch die Antworten akzeptieren, die man dort bekommt. Es kann doch nicht sein, dass man innerhalb von zwei Tagen, von Dienstag auf Donnerstag, zwar die Frage noch weiß, die man am Dienstag gestellt hat, aber am Donnerstag die Antwort, die man bekom­men hat, schon wieder vergessen hat. Von dieser hast du heute nämlich nichts gesagt. Ich will dir damit aber nichts unterstellen, vielleicht will man es auch vergessen.


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Kommen wir wieder zum Tagesordnungspunkt zurück! Wie wir alle wissen, wurde das Basler Übereinkommen, die Konvention zur Kontrolle und Minimierung der grenzüber­schreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung geschlossen. Mit der heutigen Adaptierung werden die Abfalllisten, wie du schon erwähnt hast, die im Basler Übereinkommen in den Anhängen VIII und IX enthalten sind, geändert und angepasst.

Ich glaube, meine geschätzten Damen und Herren, mit dem Basler Übereinkommen und den bis jetzt durchgeführten Änderungen und Anpassungen wurden sicher immer wieder wichtige und richtige Schritte für ein Umdenken in der Umwelt- und Abfallpolitik gemacht. Doch ich glaube, es muss auch in Zukunft immer wieder an Verbesserungen gearbeitet und – da gebe ich dir wiederum recht – die Bewusstseinsbildung bezüglich Abfallvermeidung über alle Grenzen hinweg gestärkt werden.

Erlauben Sie mir noch, dass ich zwei Punkte der Abfallwirtschaft kurz anspreche, die mir persönlich wichtig sind. Und da werde ich wahrscheinlich mit meiner Meinung nicht allein sein. Der erste Punkt ist: Meiner Ansicht nach ist die Reduzierung beziehungs­weise Vermeidung von Abfällen viel wichtiger als die Überlegung hinsichtlich einer sorgfältigen Entsorgung. Als Vorstandsmitglied eines Bezirksabfallverbandes fällt mir immer wieder auf, dass wir, was die Trennung von Abfallstoffen betrifft, in Österreich – wahrscheinlich nicht nur in meinem Bezirk, sondern das wird österreichweit so sein – auf einem sehr guten Weg sind.

Aber leider, und das ist der negative Schluss, den ich daraus ziehe, ist es so, dass die Gesamtmengen an Abfallstoffen in den letzten Jahren leider nicht spürbar weniger geworden sind. Und diese Tatsache soll für uns alle ein Auftrag sein, präventiv einen positiven Beitrag zu leisten, denn ich glaube, das Motto „Abfalltrennung ist gut, Abfallvermeidung ist besser“ sollte immer im Vordergrund stehen.

Der zweite wichtige Punkt, den ich noch kurz zum Schluss ansprechen will, sind die illegalen Abfallexporte. Tatsache ist, meine geschätzten Damen und Herren, dass ein Großteil der illegalen Abfalltransporte in Entwicklungsländern in Afrika und Asien landet, die über keine Kapazitäten und schon gar nicht über gesundheitsverträgliche Entsorgungstechnologien für die Behandlung derartiger Abfälle verfügen.

Ich glaube, hier gibt es sicher noch eine Menge Aufgaben zu erledigen, die wir in Zukunft gemeinsam angehen sollten beziehungsweise müssen. Ich bin der Meinung, nur verschärfte Kontrollen können dieses illegale Ausführen gefährlicher Abfallstoffe verhindern.

Meine geschätzten Damen und Herren! Mit der heutigen Adaptierung des Basler Überein­kommens machen wir wieder einen kleinen, aber wichtigen Schritt in die richtige Richtung.

Unsere Fraktion wird dem Übereinkommen beziehungsweise der Adaptierung dieses Übereinkommens gerne zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Mag. Himmer.)

13.42


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Köberl. Ich erteile ihm dieses.

 


13.42.35

Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich darf mich den Ausführungen meiner Vorredner anschließen, möchte aber trotzdem noch auf ein paar Dinge eingehen. Weil das die Frau Kollegin Kerschbaum angesprochen hat: Dieses Basler Übereinkommen ist etwas, was eigentlich im Sinne der Umwelt sein muss. Es gibt 172 Länder, die bereits beigetreten


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sind. Und wenn man dem wirklich auf den Grund gehen will, dann ist es so, dass es eigentlich weltweit ein umweltgerechtes Abfallmanagement geben sollte. Die Kontrolle der grenzüberschreitenden Transporte für gefährliche Abfälle steht eben im Vorder­grund.

Ein Punkt, der heute noch nicht erwähnt wurde, ist aber einer, der sicherlich ein Wermutstropfen bei diesem Basler Übereinkommen ist, nämlich dass die Vereinigten Staaten von Amerika das einzige Industrieland sind, das die Ratifizierung bislang verweigert hat, was umso schwerwiegender ist, da wir wissen, dass rund 80 Prozent des Elektronikschrotts aus den USA exportiert werden. Das Interessante dabei ist, dass die USA zwar nicht beitreten wollen, aber an den Verhandlungsrunden teil­nehmen – so habe ich gelesen – und dort trotzdem gegen jegliche Verschärfung auf­treten.

Wir haben es gehört: Das Übereinkommen zielt darauf ab, durch die Festlegung von Kontrollverfahren für die Ein- und Ausfuhr sowie die Entsorgung gefährlicher Abfälle zur Verringerung des Handelsvolumens solcher Abfälle und damit zu Gesundheits- und Umweltschutzmaßnahmen beizutragen.

Die Regelung des grenzüberschreitenden Verkehrs von gefährlichen Abfällen und deren umweltgerechte Entsorgung soll – und das hat die Kollegin Kerschbaum ange­sprochen – auch nach dem Basler Übereinkommen quasi möglichst nahe am Entste­hungsort passieren. Das Übereinkommen legt zudem fest – und das muss man sich schon einmal durchlesen –, dass die Ausfuhr gefährlicher Abfälle oder anderer Abfälle an eine Nichtvertragspartei sowie die Einfuhr aus einer Nichtvertragspartei untersagt sind. Zudem dürfen Abfälle nicht ausgeführt werden, wenn der Einfuhrstaat nicht ausdrücklich seine schriftliche Einwilligung für die Einfuhr erteilt – und so weiter. Konkret geht es um diese Stofflisten in den Anhängen VIII und IX, die auch ange­sprochen wurden. Die genannten wertvollen Teile, die Legierungsbestandteile von Elektronikgeräten wurden ebenfalls schon genannt.

Ich darf bei dieser Gelegenheit trotzdem noch auf das Thema des internationalen Elektro- und Elektronikschrotthandels eingehen, denn das ist meines Erachtens ein Bereich, der sicherlich fernab von Europa passiert. Wir wissen aber genau, dass trotz des Basler Übereinkommens auch Elektro- und Elektronikschrott aus Europa dort landet, wo er unter gefährlichsten Bedingungen sozusagen recycelt wird. Für viele Menschen ist die Rückgewinnung von Rohstoffen, vor allem im Bereich des Elektro- und Elektronikschrotts, sehr gefährlich. Wir haben das schon gehört.

Der Großteil wird vornehmlich in Afrika und Asien entsorgt beziehungsweise – unter Anführungszeichen – „recycelt“. Was passiert dort? – In Südostasien findet die Rück­gewinnung der Rohstoffe unter einfachsten Bedingungen statt. Kabel werden einfach verbrannt, um das Kupfer zu gewinnen; Metalle aus Hauptplatinen werden über Bunsenbrenner herausgeschmolzen; Monitore werden mit Hämmern zertrümmert. Die Arbeiter und Arbeiterinnen atmen freigesetzte giftige Dämpfe ein, tragen den toxischen Staub in ihrer Kleidung in die Wohnhäuser und trinken dann häufig auch das durch Schwermetalle vergiftete Grundwasser. Viele wissen nicht einmal um ihre Gefährdung. Sie sehen das einfach als Job, als oft einzige Einnahmequelle. Und wenn sie es wissen, sind sie trotzdem bereit, es zu machen, weil es oft die einzige Einnahmequelle ist.

Das ist eine Entwicklung, die sicherlich auch durch dieses Basler Übereinkommen innerhalb der Mitgliedsländer kontrolliert beziehungsweise dann auch geahndet wird, wenn es Verstöße dagegen gibt. Aber vielleicht gelingt es auch den Vereinigten Staaten, diesen wichtigen Schritt zu setzen, dass sie diesem Basler Übereinkommen beitreten. Österreich hat sich hier gut eingebracht und hat gerade bei der Vorschlags-


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 84

liste für diese Stofflisten, die heute mit dem Beschluss beigefügt werden, Anregungen erteilt.

In diesem Sinne wird auch die Österreichische Volkspartei diesem Übereinkommen zustimmen. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wir wissen, dass aber, wenn wir das international regeln wollen, noch ein langer Weg vor uns liegt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten der SPÖ sowie des Bundesrates Zangerl.)

13.47


Präsident Harald Reisenberger: Ganz überraschend hat sich noch Frau Bundesrätin Kerschbaum zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.

 


13.47.44

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): (Ruf bei der SPÖ: Grüne, Niederösterreich!) Ja, ich sage das immer, weil wir es sonst leider nicht im Protokoll stehen haben. Ich möchte nicht immer ohne Fraktion sein; ich möchte mich einfach ganz gerne zu meiner Fraktion bekennen. Ich habe das gerne im Protokoll dabei stehen. Aber in diesem Fall verzichte ich darauf zu sagen, dass ich eine Grüne aus Niederösterreich bin. (Heiterkeit.)

Unsere Kritik richtete sich jetzt nicht gegen das Basler Übereinkommen allgemein, sondern es geht um die Änderung dieser Liste. Darum geht es im Prinzip und nicht darum, dass wir jetzt sagen, wir wollen dem Basler Übereinkommen nicht beitreten, oder wie auch immer. Das möchte ich zuerst klarstellen.

Da Herr Kollege Stadler vorhin gemeint hat, ich hätte nachgefragt und die Antworten nicht gehört: Ich habe mir die Antworten aufgeschrieben. Also meine Nachfragen im Ausschuss waren dahin gehend, dass ich wissen wollte, ob man auch beim Import von Müll mehr oder weniger außer der Kontrolle noch Kapazitäten hat, ob man für die Genehmigung durch das Bundesministerium irgendetwas braucht. Und darauf war die Antwort: Nein! Im Prinzip geht es darum: Der, der exportiert, muss nachweisen, dass er das nicht daheim unterbringen kann; der, der importiert, braucht nur zu schauen, ob er Platz hat. Und das ist das, was wir kritisiert haben. Das ist einmal so.

Aber wenn wir jetzt gleichzeitig noch die Verbrennungskapazitäten in Österreich der­maßen ausbauen, so ist das einfach kontraproduktiv. Darum geht es. Deshalb lehnen wir Grüne das unter anderem auch ab. Aber beim Basler Übereinkommen geht es um die Auflistung dieser Stoffe. – Danke. (Beifall des Bundesrates Schennach.)

13.49


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich. Ich erteile ihm dieses.

 


13.49.29

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In aller Kürze: Die Ratifikation der Entscheidung der Vertrags­parteien zum Basler Übereinkommen ist ein Formalakt. Wir müssen unmittelbar die EG-Verbringungsverordnung in Österreich anwenden. Das heißt, dass eine technische Anpassung absolut notwendig ist.

Ich möchte aber, weil es andiskutiert wurde, schon sagen, dass sich die Situation der Abfallwirtschaft in Österreich durch die Marktbedingungen geändert hat. War es vor wenigen Monaten noch so, dass beispielsweise Kunststoffe einen enormen Wert hatten und in den asiatischen Raum exportiert wurden – wenn sie entsprechend selek­tiert wurden und reinsortig waren, auch extrem gute Preise erzielten –, so hat sich das jetzt völlig umgedreht. Durch die internationale Wirtschaftskrise, durch die Finanzkrise


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 85

ist Abfall plötzlich fast wertlos geworden, beispielsweise auch wenn Kunststoffe rein­sortig sind.

Das stellt für unsere Abfallwirtschaft in Österreich, aber auch in Europa eine sehr große Herausforderung dar, denn wir wollen den Weg in Österreich weitergehen, wie es bereits diskutiert wurde, dass wir unseren Abfall möglichst flächendeckend erfas­sen, trennen, wieder viel davon in den Kreislauf zurückführen, wiederverwerten und nur das, was nicht mehr zu verwerten ist, deponieren, verbrennen und, und, und; Sie kennen die einschlägigen Bestimmungen. Aber die Preissituation hat sich für Kunst­stoffe, für Altpapier, für Altmetall und andere Abfallsorten dramatisch verschlechtert. All jene, die in dieser Branche arbeiten, wissen das.

Herzlichen Dank in diesem Zusammenhang an die Gemeinden, an die Abfallverbände, die hier wirklich wertvolle Arbeit leisten. Ich möchte sie nur darin bestärken, das auch weiterhin zu tun.

Sie müssen, Frau Kollegin – woher sind Sie?, ich habe das nicht genau gehört (Bun­des­rätin Kerschbaum: Aus Korneuburg, Niederösterreich!), aus Niederösterreich –, schon auch ehrlich in der Debatte sein. Im Zuge des Umweltverträglichkeits­prüfungs­verfahrens sind ganz klar, für jeden einsichtig, die Tonnagen bei Müllverbren­nungs­anlagen angegeben. Das ist ja kein Mirakel, kein Geheimnis. Sie tun so, als ob das niemand erfahren darf oder das irgendjemand im stillen Kämmerlein aushandelt. Das stimmt ja so nicht. Die Vertreterinnen und Vertreter Ihrer Partei sind in den diversen Bundesländern aktiv und wissen ja, was los ist. Aber man muss schon diese Sache auflösen. (Bundesrätin Kerschbaum: Warum brauchen wir eine Verdoppelung der Kapazität?) – Jetzt wissen Sie plötzlich, wie hoch die Kapazitäten sind, wenn Sie von Verdoppelung reden. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Kerschbaum: Das habe ich nicht in Frage gestellt!) Ich meine nur, wir müssen ehrlich diskutieren.

Wenn Sie sagen, den eigenen Dreck im eigenen Land irgendwo deponieren, so ent­gegne ich: Da wird Ihnen jeder applaudieren, aber die technische Frage ist: Wie machen wir das? – Daher gibt es Müllverbrennungsanlagen, um dann eben den Abfall, den Restabfall entsprechend deponieren zu können. Ich war vor Kurzem in Japan, wo der Abfall nur verbrannt und nicht energetisch genutzt wird. Wir in Österreich haben schon als klares Ziel, im weitesten Sinn für einen Teil der erneuerbaren Energie nicht nur Abfall zu verbrennen – das ist auch in den Statistiken so drinnen –, sondern ihn auch energetisch zu nutzen.

Ich bitte hier um Fairness in der Debatte, weil das ein schwieriges Thema ist. Das muss bei der Abfallthematik ja nicht extra erwähnt werden. Wir gehen sehr verant­wortungsvoll damit um und versuchen, im Sinne der Gesellschaft den Abfall ord­nungsgemäß zu deponieren und optimal zu verwerten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Mag. Klug und Zangerl.)

13.53


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 86

13.53.297. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Klima- und Energiefondsgesetz (KLI.EN-FondsG) geändert wird (36 d.B. und 99 d.B. sowie 8083/BR d.B.)

8. Punkt

Jahresvorschau des BMLFUW 2009 auf der Grundlage des Legislativ- und Ar­beitsprogramms der Europäischen Kommission sowie des operativen Jahres­programms des Rates (III-368-BR/2009 d.B.)

 


Präsident Harald Reisenberger: Nun gelangen wir zu den Punkten 7 und 8 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu Punkt 7 ist Herr Bundesrat Ing. Bock. Ich bitte um den Bericht.

 


13.53.59

Berichterstatter Ing. Hans-Peter Bock: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Der Bericht des Umwelt­aus­schusses über den Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Klima- und Energiefondsgesetz geändert wird, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 24. März 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Kerschbaum. Ich erteile Ihr dieses.

 


13.54.47

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Grüne, Niederösterreich! Ich kann es nicht lassen. – Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Nur ganz kurz. Ich habe es dem Herrn Minister jetzt gerade auch gesagt: Ich habe nicht in Frage gestellt, dass wir die geplanten Verbrennungskapazitäten nicht erfahren, aber das, was wir wieder in Bund und Land nicht erfahren, sind die Mengen an Müll, die exportiert oder importiert werden.

Der Klima- und Energiefonds ist ein Projekt, das es seit zwei Jahren gibt, bei dem schon in der Regierungserklärung erwähnt wurde, dass die Evaluierung dieses Klimafonds in dieser Periode durchgeführt werden soll.

Zitat aus dem Regierungsprogramm:

„Maßnahmen:

rasche Evaluierung und Gesetzesänderung mit dem Ziel

Effizienzsteigerung bei Strukturen und Entscheidungsabläufen (...)

Fokussierung der Forschungs-Tätigkeiten des KLI.EN auf Verbesserung der Energieeffizienz und CO2-Einsparung

Vermeidung von Doppelgleisigkeiten“

Jetzt ist es so, dass dieser Klima- und Energiefonds nicht evaluiert wurde, jedenfalls wurde von einer Evaluierung in den Unterlagen nichts erwähnt. Es gibt ein paar per­sonelle Änderungen, das heißt, ein paar Ministerien fallen raus, dafür gibt es ein bisschen weniger Experteneinfluss. Das Hauptproblem, das der Klima- und Energie-


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fonds aber derzeit oder in den letzten beiden Jahren hatte, war die Sicherstellung der Finanzierung, nämlich, ob er 2009, 2010, 2011 noch 150 Millionen € jährlich zur Ver­fügung haben wird, um Projekte, die den Klimaschutz forcieren, zu unterstützen. Wird er das Geld für diese Projekte später noch haben? – Das ist für die Vorplanung natür­lich schon ganz interessant.

Das zweite Problem, das der Klima- und Energiefonds hat, ist, dass viele Dinge, die an und für sich früher woanders abgewickelt wurden, jetzt plötzlich in diesem Klimafonds abgewickelt werden. Ich erinnere an die Photovoltaik-Förderung. Das Programm war super toll. Das war jetzt übrigens ein Lob, Herr Kollege Klug. Es war super toll, wie die Photovoltaik-Förderung über den Klima- und Energiefonds abgewickelt wurde, nämlich die Form und wie rasch und wie unproblematisch das gegangen ist. Die Fördermittel waren in einer Viertelstunde weg; das wissen wir auch.

Das Problem, das ich dabei sehe, ist, dass eigentlich die Photovoltaik-Förderung ins Ökostromgesetz gehören würde. Das wollte man sich nicht mehr leisten, so wurde sie halt in den KLI.EN geschoben. Kleinanlagen sind jetzt im KLI.EN, im Ökostromgesetz gibt es sie nicht mehr. Bei den Ländern gibt es auch noch Förderungen dafür. Letztendlich war das nicht ursprünglich der Sinn und Zweck, wofür man den Klima- und Energiefonds geschaffen hat.

Die zweite Sache, die jetzt wieder in den Klima- und Energiefonds verschoben wurde, wie ich vernommen habe – da ist heute eine OTS-Meldung rausgegangen –, ist, dass jetzt der Sanierungsscheck endlich gesichert ist. – Wunderbar! 50 Millionen € Mehr­einnahmen kommen vom Verbund und 50 Millionen € von Klima- und Energiefonds, wie auch immer, als Anleihe oder irgendwie. Dabei wissen wir noch gar nicht, ob der Klima- und Energiefonds nächstes Jahr auch noch 150 Millionen € haben wird.

Das, was wir am KLI.EN kritisieren – und ich glaube, das ist das Hauptproblem –, ist, dass er zwar dazu geschaffen wurde, neue Technologien zu implementieren oder Dinge irgendwie marktreifer zu machen, dass er aber in Wirklichkeit immer wieder herangezogen wird, um Dinge, die woanders nicht mehr finanziert werden können, weil es sich nicht mehr ausgeht, weil das Ökostromgesetz halt zurückgestutzt worden ist, dann im KLI.EN zu behandeln. Es gibt keine neuen Mittel, es gibt nur einen neuen Namen für einen neuen Fonds.

Deshalb ist es für uns Grüne unzureichend, wenn man jetzt herumdoktert, zwei Ministerien rein, zwei Ministerien raus. Das war jetzt sicher nicht das große Problem beim Klima- und Energiefonds. Das Problem ist, dass er keine wirkliche Richtlinie dahin gehend hat, wie die Förderungen aufzuteilen sind, was in die Forschung gehen soll, was in den Nahverkehr gehen soll, was in die Marktetablierung gehen soll. Das hat er nach wie vor nicht, es gibt auch nach wie vor keine fixe Zusage, dass es ihn noch länger geben wird. Nur so lange, bis es kein Geld mehr gibt – und das ist nicht sicher. (Beifall des Bundesrates Schennach.)

13.59


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Preiner. Ich erteile ihm dieses.

 


13.59.22

Bundesrat Erwin Preiner (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es wird auch kein finanzielles Problem sein, dass wir den Klima- und Energiefonds auf jeden Fall noch bis Ende des Jahres und noch darüber hinaus haben werden.

Die Erfahrungen aus der Vergangenheit haben gezeigt, dass die gesetzlichen Re­gelun­gen nicht unbedingt immer zielführend gewesen sind. Man war ein bisschen


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schwerfällig im Agieren, und vor allem auch was die innere Organisation betrifft, war es notwendig, einiges neu auf die Beine zu stellen. Daher auch die Novellierung des Klima- und Energiefonds.

Das Regierungsprogramm für die laufende Legislaturperiode sieht letzten Endes auch eine Effizienzsteigerung für den Klima- und Energiefonds vor, daher sollen auch in der vorliegenden Novelle die Organe des Fonds umstrukturiert und die Aufgaben neu festgelegt werden. Ziel sind – das möchte ich gleich zu Beginn meiner Ausführungen dezidiert sagen – daher eine Vereinfachung der Arbeitsabläufe innerhalb des Fonds und das rechtzeitige Setzen von notwendigen Modernisierungsimpulsen im Bereich der Energie- und Klimaschutztechnologien.

Der Fonds hat aber auch durch zielgerichtete Investitionen und Förderungen im Bereich des Klimaschutzes und der nachhaltigen Energieversorgung positive Auswir­kungen auf die Konjunktur – ich möchte das Wort auch in Zeiten wie diesen strapa­zieren – und die Beschäftigungssituation in unserem Land, was vor allem in der gegenwärtigen Krise wichtig ist, um die steigende Arbeitslosigkeit etwas abzufedern.

Darüber hinaus wird sich natürlich auch die Umsetzung der durch den Fonds geförderten Projekte positiv auf die CO2-Bilanz unseres Landes auswirken.

Die vorliegende Novelle ist meiner Meinung nach auch ein wichtiger Schritt, um eben diese Effizienzsteigerung zu erreichen. Ein Vorteil ist zweifelsohne, dass die Ent­scheidungsstrukturen gestrafft werden und so auch die Erledigung von Anträgen rascher als in der Vergangenheit erfolgen kann, nicht nur, weil das Präsidium von vier auf zwei Minister geschrumpft ist. Des Weiteren ist es auch nicht mehr zwingend notwendig, dass der Expertenrat in allen Fällen mit den Anträgen befasst werden muss.

Kolleginnen und Kollegen! Der Klima- und Energiefonds hat im vorigen Jahr 2008 zirka 800 Anträge behandelt, davon zirka 200 Projekte allein im Bereich der Forschung und Entwicklung gefördert. Das allein, denke ich, zeigt bereits, wie wichtig er für die zukünftige klima- und energietechnologische Entwicklung unseres Landes ist.

Es geht vor allem auch darum, dass Importe fossiler Energieträger reduziert werden, zum Beispiel Öl und Gas, nicht nur aufgrund der Versorgungsschwierigkeiten mit Gas, die wir zu Beginn dieses Jahres hatten und die uns allen noch in Erinnerung sind.

Wir müssen auch permanent versuchen, die Technologie im Umweltbereich weiter auszubauen, um die Nutzung erneuerbarer Energieträger zu steigern. Es muss unser Ziel sein, auf europäischer Ebene eine Vorreiterrolle in der Umwelttechnologie einzu­nehmen. Wir sind diesbezüglich auf einem guten Weg dazu, wenn ich zum Beispiel nur an das Zentrum für erneuerbare Energie im Südburgenland denke, wo sehr viel Arbeit in Vergangenheit und Gegenwart in die Forschung und Entwicklung investiert wird. Auch sind bereits einige Bezirke des Burgenlandes stromautark durch die Erzeugung von Strom aus Windkrafträdern, wie Sie vielleicht schon gesehen haben, wenn Sie die Ost Autobahn benützen.

Entscheidend ist daher auch, dass wir in Zukunft nachhaltig die Frage der zusätzlichen Finanzierung für thermische Sanierungen im Wohnbereich ins Auge fassen. Die Bundesregierung hat mit einem Konjunkturpaket 100 Millionen € für die thermische Sanierung bereitgestellt. Das ist meiner Meinung nach ein wichtiger erster Schritt. Wichtig dabei ist, dass die entsprechenden Mittel auch in Zukunft zielgerichtet Verwendung finden.

Ich wollte noch an den Herrn Minister einige Fragen richten – leider hat er sich schon verabschiedet –, wir haben aber heute bereits vom Herrn Bundeskanzler gehört, dass es nach wie vor das erklärte Ziel Österreichs ist, an der gegenwärtigen Atomkraftpolitik


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festzuhalten, indem wir dezidiert sagen, Atomkraft ist keine erneuerbare Energie. Das soll auch in Zukunft so sein. Ich denke, dass die Landwirtschaft in Österreich auch zukünftig frei von Gentechnik sein soll.

Gegenwärtig – und damit zum Schluss kommend – ist es so, dass wir EU-intern über die Ausarbeitung neuer Klimaziele in Kopenhagen verhandeln. Wie wir aber auch alle wissen, ist das eine Thematik, die wir weder national noch EU-intern separat und allein lösen können. Hier geht es um wesentliche internationale Fragen, vor allem um die Frage, wie die großen Nationen USA und China der Klimaproblematik gegen­über­stehen.

Kolleginnen und Kollegen, ich möchte betonen, dass in der gegenwärtigen Krise, in der wir uns global befinden, Investitionen in neue Umwelttechnologien auch Arbeitsplätze sichern. Das beweist eine europäische Studie, die feststellt, dass Investitionen in Umwelttechnologien bis zum Jahr 2020 zirka eine Million zusätzliche neue Arbeits­plätze schaffen können.

Kolleginnen und Kollegen, Ziel ist es, eine intakte Umwelt nicht nur in der Gegenwart, sondern auch für unsere künftigen Generationen zu erhalten, und ich glaube, die Novelle zum KLI.EN-Fonds-Gesetz, mit der wir uns heute beschäftigen und über die wir in Kürze abstimmen werden, ist ein richtiger Schritt in diese Richtung. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

14.05


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Diesner-Wais. – Bitte.

 


14.05.57

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Seit zwei Jahren gibt es den Klimafonds, und wir wollen nach den Erfahrungen, die wir in den letzten zwei Jahren geschöpft haben, und natürlich auch im Rahmen der Umsetzung eines Teils des Regie­rungsprogramms mit diesem Gesetz heute eine schlankere Organisation des Klimafonds beschließen.

Sie haben heute schon des Öfteren gehört, dass eine neue schlankere Organisation und Struktur effizienter Entscheidungen verwirklichen kann. Wenn ich an die Projekte denke, die aus dem Klima- und Energiefonds in den letzten zwei Jahren gefördert wurden, so waren das gerade Förderungen für Photovoltaik und Pelletskessel – eine Art der Förderung, die sehr beliebt war und wo der Ansturm sehr groß war.

Wichtig war aber auch im Klima- und Energiefonds der Bereich der Forschung, wobei zu sagen ist, dass die Richtlinienerstellung relativ lange gedauert hat und nicht immer ganz einfach war. Dies, glaube ich, soll durch die Umsetzung der neuen Organi­sationsstrukturen verbessert werden.

Wir haben uns in Österreich ein sehr ambitioniertes Ziel mit 34 Prozent erneuerbarer Energie bis 2020 vorgenommen, und wir sind natürlich sehr bemüht, dieses auch zu erreichen und alle Möglichkeiten auszuschöpfen – ob es sich um Photovoltaik handelt oder um nachwachsende Rohstoffe im Bereich der Energie, des Heizens oder der Mobilität, aber es geht auch um Wärmedämmung, um die Verringerung des tat­sächlichen Energieverbrauchs. Darauf abgestimmt sollen natürlich auch die Förder­richtlinien des Energiefonds sein.

Wenn mein Kollege schon Beispiele aus dem Burgenland genannt hat, so gibt es auch bei mir im Waldviertel ein Beispiel, das sehr gut dazu passt. Das ist das Passiv­hausdorf Großschönau, wo jetzt auch ein Kompetenzzentrum errichtet werden soll, dass wir in diesem Bereich wirklich weiterarbeiten können.


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Ich denke, die strukturellen Maßnahmen, die wir mit diesem Gesetz heute setzen, sind ein guter und schneller Schritt, effiziente Entscheidungen im Klimafonds herbeizu­führen, im Sinne von mehr erneuerbaren Energien in Österreich und weniger Abhän­gigkeit von Europa.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren neben diesem Gesetz jetzt aber noch einen zweiten Punkt, und zwar die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2009 auf Grundlage des Arbeits­programms der Europäischen Kommission und des Rates. Er setzt sich aus sehr vielen Punkten zusammen, aber ich möchte nur einige wenige Schwerpunkte herausnehmen.

Ein wichtiger Punkt ist sicher der Klimawandel und die nachhaltige Entwicklung Euro­pas dazu. Da haben wir im Jahr 2009 – mein Kollege hat es schon angeführt – einen Schwerpunkt mit der Klimakonferenz in Kopenhagen. Da ist es sehr wichtig, dass wir weltweit zu quantitativen Zielen zur Verringerung von Treibhausgas-Emissionen kom­men. In Europa sind wir diesbezüglich, wie ich glaube, Vorreiter. Wir haben uns auf drei weitere Kernziele geeinigt: die Verringerung der Treibhausgas-Emissionen um 20 Prozent, die Steigerung des Anteils an erneuerbaren Energien um 20 Prozent und die Steigerung der Energieeffizienz ebenfalls um 20 Prozent bis 2020.

Wichtig dahin gehend sind natürlich die Beziehungen zu Russland, und von Amerika erhofft man sich durch die neue Regierung in Bezug auf Klimaschutz eine bessere Zusammenarbeit. Wir in Österreich sind bestrebt, all diese Kernziele zu erreichen, ja mit noch besseren Daten überzuerfüllen.

Mir persönlich ist auch die Nachhaltigkeit ein wichtiges Ziel. Die Nachhaltigkeit ist in der heutigen Zeit oft sehr schwierig zu vermitteln, denn wir leben oft über unsere Verhältnisse. Wir konsumieren und produzieren viel mehr, brauchen dadurch viel Energie und viele Ressourcen, und das schafft natürlich auch Abfall und Umwelt­probleme. Und ich denke, da müssen wir in Zukunft auch noch einiges machen. Die Europäische Union ist ja gerade dabei, die EMAS-Verordnung betreffend Umwelt­manage­mentsystem zu verbessern. Ich denke, wir sollten gerade in den Schulen Vermittlungsarbeit leisten, denn die Kinder sollen das auch weitertragen.

Einen Punkt möchte ich noch erwähnen, wo wir in Österreich Vorreiter sind: Das ist die ganze Umwelttechnologie, denn wenn wir in diesem Bereich 2007 einen Umsatz von 6 Milliarden € erwirtschaftet und zwei Drittel davon exportiert haben, so ist das sicher eine gute Branche. Gerade das Lebensministerium hat dahin gehend sehr viel Werbung gemacht und eine Exportinitiative für andere Märkte gestartet, und das soll natürlich auch 2009 fortgesetzt werden. Der Herr Minister hat es schon angesprochen, wir waren heuer auch schon in Japan.

Das Thema Gentechnik ist heute schon von mehreren Kollegen angesprochen wor­den. Gerade im Bereich der Gentechnikfreiheit haben wir in Österreich mit dem Umstand, dass wir die zwei Maissorten nicht anbauen müssen und hier weiterhin Gentechnikfreiheit besteht, sehr viel erreicht. Da können wir unserem Minister wirklich herzlichen Dank sagen, denn es war eine Zerreißprobe gleich am Beginn seiner Amtszeit. Man hat gesehen, durch gutes Lobbying und durch gute Vorbereitung kann man auch in Europa etwas durchsetzen und mitgestalten. Es ist wichtig, dass man hier überzeugt.

Es ist in diesem Punkt natürlich auch die Gemeinsame Agrarpolitik enthalten, und hier ist die Umsetzung des GAP-Gesundheitschecks bis 2010 eine wichtige Sache. Und es wird auch die Weiterführung des GAP-Gesundheitschecks bis 2013 diskutiert. Das ist etwas besonders Wichtiges für unsere Bauern und Bäuerinnen in Österreich, damit wir auch zukünftig eine lebensfähige Landwirtschaft in unserem Land erhalten können.


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Die Diskussion über die benachteiligten Gebiete und Gebietsabgrenzungen ist für unsere Landwirtschaft in Österreich besonders wichtig, denn zwei Drittel unserer Betriebe befinden sich im Berg- und benachteiligten Gebiet. Am Ende der Diskussion soll es natürlich so sein, dass auch jene Betriebe eine Chance haben, lebensfähig weiterzuwirtschaften.

Ich denke, wir sind gut aufgestellt, die Herausforderungen von 2009 in der Land- und Forstwirtschaft und im Umweltbereich anzunehmen und auch bestmöglich zu gestalten. (Beifall bei der ÖVP.)

14.13


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Kampl. Ich erteile ihm dieses.

 


14.13.41

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr ge­schätzter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Ich möchte vorweg feststellen, dass bei einer so wichtigen Frage der Herr Bundesminister für Umwelt und Landwirtschaft eigentlich anwesend sein sollte. Er war ja gerade da. Ich weiß nicht, vielleicht ist er gerade beim Kaffee, aber er sollte sich das jedenfalls anhören. (Bundesrat Konecny: Nein, nein, er ist im Ausschuss des Nationalrates! – Präsident Reisenberger: Er ist in den Ausschuss gegangen! Der Herr Staatssekretär sollte in Kürze kommen!) – Danke, ist in Ordnung.

Frau Kollegin Diesner-Wais hat die Situation der Bauern und die ganze ländliche Problematik sehr, sehr gut geschildert. Liebe Kollegin, herzlichen Dank! Die Bauern haben jetzt geschaut, was eine Bäuerin kann. In Zukunft möchte ich euch da auch sehen, liebe Freunde, und nicht nur die Bäuerin! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Aber, liebe Freunde, nun zur Regierungsvorlage betreffend das Klima- und Energie­fondsgesetz. Die wirtschaftliche Situation in Österreich und der Welt ist von einer großen Herausforderung geprägt. Es gibt große Unsicherheit unter den Menschen wie wahrscheinlich noch nie. In der Ersten und Zweiten Republik haben wir verschiedene Höhen und Tiefen erlebt, aber derzeit steuern wir auf ein Tief zu, das eine ganz besondere Herausforderung für uns darstellen wird.

Die Arbeitslosensituation verschlechtert sich; die Klima- und Energiepolitik könnte eine große Hilfe sein. Der erste Beitrag: Rohstoff Holz für Energie. Fachleute schätzen in Österreich zwischen 30 000 und 40 000 Arbeitsplätze nur bei Energie aus Holz. Und wenn man bedenkt, dass wir auf der einen Seite momentan die Situation beim Holzabsatz haben und auf der anderen Seite so viele Arbeitsplätze damit verbunden wären – man denke an die Industrie und die nachfolgende Wirtschaftskraft, an die Öfen für die Biofernwärme und die ganzen Installationen –, kann man sich vorstellen, was wir da für einen großen Beitrag leisten können.

Der zweite Beitrag ist die Sonnenenergie. Meine Damen und Herren! Wir haben in Kärnten den größten Energieerzeuger im Bereich Sonnenenergie, und zwar Sonnen­energieträger. Der Ein-Mann-Betrieb hat vor 15 Jahren angefangen, hat heute 350 Ar­beits­plätze, aber sage und schreibe 95 Prozent der Erzeugnisse, meine Damen und Herren, gehen ins Ausland! Und das soll für uns Anlass zur Überlegung sein, wie man die Situation verbessern könnte. Wir wissen genau, dass durch die nachfolgenden Aufträge, die Installationen und so weiter im Bereich der gewerblichen Wirtschaft viele Arbeitsplätze geschaffen würden.

Die Wirtschaft, auch in Kärnten, glaubt, dass damit ein großes Arbeitspotential im Sinne der Vollbeschäftigung und letztlich natürlich auch im Sinne der Umwelt verbun-


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 92

den wäre, was gerade in dieser Zeit von besonderer Bedeutung wäre. (Staatssekretär Dr. Lopatka betritt den Saal.) – Guten Tag, Herr Staatssekretär! (Heiterkeit.)

Meine Damen und Herren! Wenn die derzeitige Bundesregierung diese Schwerpunkte in einer konjunkturschwachen Zeit beziehungsweise einer Situation, die momentan von uns alle Kräfte zum Gegensteuern erfordern würde, nicht aufgreift und nicht richtig unterstützt, wie wir das feststellen, dann kann man leider Gottes hier die Zustimmung nicht geben.

Meine Damen und Herren! Wir glauben, dass wir aus dieser Möglichkeit des Energie­trägers Sonne, einer der umweltfreundlichsten Energien, die wir quasi kostenlos ins Haus geliefert kriegen, wesentlich mehr machen sollten. Wasserkraftausbau ist sicher sehr, sehr gut, aber wir stoßen da bald an die Grenzen. Wir wissen, dass es in Österreich zehn große Projekte gibt, die hohe Wirtschaftskraft haben. Ich hoffe, dass die Grünen in Zukunft nicht mehr so dagegen sein werden wie bisher, haben wir doch in der Vergangenheit diesbezüglich die größten Probleme gehabt. Wir hätten in Öster­reich, wenn wir die Wasserkraft wie geplant hätten nützen können, zusätzlich einen großen Erholungsraum gehabt durch die Wasserspeicher und so weiter, aber das haben uns die Grünen vermasselt.

Ich möchte den Herrn Staatssekretär in Bezug auf den Energieträger Holz ersuchen: Jeder Mann, der von Holz etwas versteht, und wir Landwirte, die wir Holz haben und Gott sei Dank besitzen – Österreich hat mehr als 50 Prozent Waldanteil –, haben hier eine große Verpflichtung, und das sollten wir nützen, gerade in dieser Zeit! – Danke. (Beifall des Bundesrates Mitterer.)

14.19


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Preineder. Ich erteile ihm dieses.

 


14.19.39

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Ich darf dem Kollegen Kampl ein Dankeschön sagen, dass er die Arbeit unserer Bäuerinnen schätzt. Wir schätzen sie auch. 42 Prozent der Betriebe in Niederösterreich werden von Frauen geführt, und zwar gut geführt.

Wir dokumentieren auch die Wertschätzung für Frauen als Fraktion der Bundesräte in Niederösterreich, indem wir fast 50 Prozent Damenanteil haben. Also wir wissen, was wir an den Frauen und an den Bäuerinnen haben. Ich danke, dass du diese Wert­schätzung mit uns teilst. (Beifall bei der ÖVP sowie Beifall der Bundesräte Kerschbaum, Mitterer und Ing. Kampl.) – Ich danke auch der Kollegin Kerschbaum für den Applaus.

Nun ein paar Worte zu dem Einwand, dass wir nicht wissen, wie es zum Thema „Klima- und Energiefonds“ weitergeht, ob es diesen Fonds auch weiterhin geben wird, weil wir die Finanzierung noch nicht kennen: Wir kennen das Gesamtbudget zwar noch nicht, aber ich nehme an, dass darin auch für den Klimafonds eine Dotierung enthalten ist, zumal wir im Klimaschutz und in erneuerbarer Energie eines unserer prioritären Ziele sehen. Daher wurde sicher auch im Budget dafür entsprechend Vorsorge ge­troffen.

Der Klima- und Energiefonds dient der Förderabwicklung, er ist dafür seit 2008 zuständig, und von diesem wurden bereits über 17 000 Fälle behandelt. Er soll jetzt einfacher strukturiert werden, indem nur mehr zwei Ministerien zuständig sein sollen und die Zahl der Geschäftsführer auf zwei reduziert werden soll. Unser großes Ziel ist


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es, bis zum Jahr 2020 34 Prozent unseres Energieaufkommens aus erneuerbarer Energie zu decken.

Das ist ein sehr hohes Ziel, das wird nicht leicht erreichbar sein und das bedeutet außerdem, trotzdem noch zu zwei Dritteln von fossiler Energie abhängig zu sein. Da gilt es eben, noch sehr viel zu tun, vor allem sehr viel im Bereich der Wärme­versorgung, und da ist es wichtig, die Förderung von Fernheizwerken auf Hackgutbasis zu forcieren. In Niederösterreich gibt es bereits 450 an der Zahl. Daran sind 11 000 Bauern beteiligt. Pelletskessel, Solarheizungen und dergleichen mehr sind ent­sprechend zu unterstützen.

Beim Treibstoff wurde die Beimengung geregelt. Aber auch da gib es innovative Projekte, die gefördert und unterstützt werden müssen, so beispielsweise die Reinver­wendung von Bioethanol in Form von E85, der Umbau von Motoren auf die Möglichkeit der Reinverwendung von Pflanzenöl oder, wie diese Woche erstmals durchgeführt, die Betankung eines Traktors mit Biogas. Das ist ein Projekt, das in Niederösterreich, und zwar in Margarethen am Moos, durchgeführt wurde.

Bei der Stromproduktion gilt es, auf Photovoltaik umzustellen. Wichtig ist da eine rasche Umsetzung dieser gesetzlichen Maßnahme. Daher mein Appell nach einer raschen Umsetzung des Ökostromgesetzes, das nach wie vor der Realisierung harrt.

Wir sind stolz auf die vielen Projekte, obwohl wir wissen, dass wir noch viel zu tun haben. Wir sind auch deswegen stolz, weil sogar die Regierung Obama momentan Maß an Österreich nimmt. Wir setzen im Klimabereich Maßstäbe, wir setzen Maßstäbe auch im Bereich der Eigenversorgung und damit auch bei der Schaffung von neuen Arbeitsplätzen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.23


Präsident Harald Reisenberger: Es liegen dazu keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Die Abstimmung über den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates beziehungs­weise den gegenständlichen Bericht erfolgt getrennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Klima- und Energiefonds­gesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2009 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission sowie des opera­tiven Jahresprogramms des Rates.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 94

14.24.199. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird – Steuerreform­ge­setz 2009 (StRefG 2009) (54 d.B. und 124 d.B. sowie 8069/BR d.B. und 8075/BR d.B.)

 


Präsident Harald Reisenberger: Nun kommen wir zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Vladyka. Ich bitte um den Bericht.

 


14.24.30

Berichterstatterin Christa Vladyka: Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Staats­sekre­tär! Ich erstatte den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkom­mensteuergesetz 1988 geändert wird – Steuerreformgesetz 2009 (StRefG 2009).

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 24. März 2009 in Verhandlung genommen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich darf daher sogleich zur Antrag­stellung kommen.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 24. März 2009 mit Stim­men­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Bundesrat Mitterer. Ich erteile ihm dieses.

 


14.25.36

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolle­ginnen und Kollegen im Bundesrat! Steuerreformgesetz 2009 – lang ersehnt, lange gefordert! Eine Steuerreform war gerade in Anbetracht der jetzigen Situation in finanzpolitischer und wirtschaftspolitischer Hinsicht eine große Herauforderung. Es war eine große Erwartungshaltung damit verbunden, vor allem seitens der Steuerzahler, aber auch vonseiten der Wirtschaft. Man war gespannt darauf, was diese sogenannte große Koalition nach vielen Monaten des Verhandelns und des Planens zustande bringen würde. Es war eine große Entlastung der Einkommen generell gefragt, einher­gehend mit einer Stärkung der Kaufkraft. Und eine Entlastung, die den Problemen der Wirtschaft entgegensteuert, wäre angesagt gewesen. (Bundesrat Perhab: Passiert!)

Diese Hoffnung, Herr Kollege, erfüllt diese Steuerreform bei Weitem nicht. Ich zitiere dann in meiner kurzen Rede auch noch einen Landsmann, der Ihrer Fraktion angehört und der meiner Meinung ist und nicht Ihrer.

Diese Steuerreform enthält lediglich ein Entlastungsvolumen von 2,3 Milliarden €, und dies in Anbetracht der größten Wirtschaftskrise der Zweiten Republik. Meines Erach­tens stellt das lediglich einen Teil der Abgeltung der kalten Progression der letzten drei Jahre dar, denn man fällt, wie Sie alle wissen, immer dann, wenn man nur inflations­bereinigt die Löhne erhöht, automatisch in höhere Steuerklassen hinein, und ein Teil des zusätzlichen Einkommens wird sofort wieder wegbesteuert.

Niedrigeinkommensbezieher fallen bei dieser Steuerreform überhaupt durch den Rost. (Bundesrat Mag. Klug: Geh!) Ich weiß, dass man da von 11 000 auf 12 000 eine Erhöhung vorgenommen hat. Es ist so: Jene, die bisher keine Steuer gezahlt haben, werden auch jetzt keine zahlen. Und ein paar kommen da noch dazu, das ist keine Frage.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 95

Bei dieser sogenannten großen Steuerreform, bei der 2,5 Millionen Österreicherinnen und Österreicher durchschnittlich um 49 € pro Monat entlastet werden, frage ich mich schon: Ist das die große Steuerreform – bei gleichzeitiger Wegnahme von 400 Mil­lionen bei den Gemeinden?

Umkehrschluss: Was werden da die Gemeinden machen, die, wie wir wissen – vielleicht sind einige Bürgermeister hier herinnen anderer Meinung als ich –, selbst am Limit entlangschlittern? Diese werden natürlich gezwungen sein, Gebühren zu er­höhen, wie etwa Wasser-, Kanal- und Müllgebühren, und bei 49 € monatlicher Entlastung wird wahrscheinlich ein Teil dieses Gelds, wenn nicht sogar der gesamte Betrag, unseren Bürgerinnen und Bürgern wieder aus der Tasche gezogen. Ich finde, das ist fast eine Täuschung des Steuerzahlers.

Ich bringe nun ein paar Zitate zur sogenannten großen Steuerreform:

Dies ist nur ein erster kleiner Hüpfer. – Das kommt nicht von Blau und Grün oder von Orange, sondern das kommt von Androsch.

Das Entlastungsvolumen ist viel zu gering. – Das kommt ebenfalls weder von Blau noch von Grün noch von Orange, sondern das kommt von Schützenhöfer, dem Landeshauptmann-Stellvertreter aus der Steiermark.

In Anbetracht dessen erwarten Sie nun von uns, der Opposition, nachdem mehrere namhafte Experten sowie ehemalige und noch tätige Politiker die Meinung geäußert haben, dass diese Steuerreform nicht gut angelegt ist, dass wir dieser sogenannten großen Steuerreform die Zustimmung erteilen? Würden wir das tun, dann hätten wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, als Mitglieder des Bundesrates und von unseren Ländern entsandte Vertreter unsere Aufgabe falsch verstanden.

Wir fordern eine wirklich umfassende, eine strukturell einfache Steuerreform – und kein Reförmchen! (Beifall des Bundesrates Ing. Kampl.)

14.29


Präsident Harald Reisenberger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Klug. Ich erteile ihm dieses.

 


14.30.18

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Kernstück dieser Steuerreform, Kollege Mitterer, ist zweifelsohne die sogenannte Tarifsenkung. Wir erheben in diesem Zusammenhang keinesfalls den Anspruch, von einer strukturellen Steuerreform auszugehen, und diskutieren sie daher fairerweise nicht in dieser Form. (Bundesrat Ing. Kampl: Eine solche wäre aber wichtig!) Die Kritik, die von Seiten der Opposition bereits zu Beginn der heutigen Debatte zu dieser Steuerreform 2009 geäußert wurde, bleibt unverständlich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie das Volumen betrachten, dann können Sie sehen: Wir reden bei dieser Steuerreform von 2,4 Milliarden € an Lohnsteuersenkung, und wir reden darüber hinaus von 5 Millionen € für das Familienpaket! Das ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, summa summarum ein durchaus beachtlicher Rahmen.

Bei der Frage, ob es sich bei dieser Reform um ein Reförmchen oder um eine Reform oder, was in letzter Zeit von der Opposition besonders gerne gesagt wird, um kein Paket, sondern um ein „Packerl“ handelt, möchte ich Sie alle gerne einladen, daran zu denken, wann und ob überhaupt jemals im Zusammenhang mit einer Steuerreform ein derartiges Volumen bewegt wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, seit 1988, also seit 21 Jahren, gab es keine Steuer­reform, die ein derartiges großes Volumen hatte wie diese heutige Reform. Wenn ich


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das bedenke, dann kann ich – und das muss ich ehrlicherweise sagen – die Kritik der Opposition in diesem Zusammenhang nicht nachvollziehen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Gestatten Sie mir, diese Gelegenheit dazu zu nützen, auf zwei Punkte aufmerksam zu machen, die uns von der sozialdemokratischen Fraktion und von der SPÖ ein großes Anliegen waren.

Punkt eins: der Zeitpunkt dieser Reform.

Wir haben das heute im Rahmen der Fragestunde mit dem Bundeskanzler schon diskutiert: Der Zeitpunkt ist der 1. Jänner 2009; wir beschließen diese Steuerreform heute rückwirkend.

In Wahrheit ist das eine Maßnahme, die dringend notwendig ist. Dass sie mit 1. Jänner 2009 auch tatsächlich umgesetzt wird, war der SPÖ ein großes Anliegen.

Ich möchte diese Gelegenheit auch dazu nützen, uns beim Koalitionspartner dafür zu bedanken, dass letztlich nach vielen Gesprächen die Einsicht gereift ist, dass der Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieser Steuerreform der 1. Jänner 2009 sein muss – und dieser konnte dann auch gehalten werden –, weil es wichtig ist, dass schon ab diesem Zeitpunkt die Österreicherinnen und Österreicher entlastet werden. Es ist wichtig – und wir haben heute noch das Konjunkturbelebungsgesetz auf der Tages­ordnung –, dass sie real eine Entlastung spüren und etwas mehr im Geldtascherl haben. Wie wir heute schon gehört haben, wird der Betrag rückwirkend ausbezahlt, und zwar entweder schon im April oder spätestens im Juni.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die konkrete Entlastung, die in der ersten Hälfte 2009 erfolgt, wirkt sich bei dieser Tarifsenkung so aus, dass wir im Schnitt zwischen 80 € und 200 €, also einen durchschnittlichen Betrag von 150 €, an definitiver Entlastung in der Steuerleistung als herzeigbare Kaufkraftstärkung darstellen können. (Bundesrat Mitterer: Pro Jahr!) Ja selbstverständlich pro Jahr! – Peter, ich werde dann zum Schluss noch einen Vergleich mit den „tollen“ Aktivitäten des BZÖ im Zusammenhang mit der Steuerreform 2004/2005 bringen, damit uns der Vergleich sicher macht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die soziale Treffsicherheit dieser Tarifsenkung war uns von der SPÖ das zweite große Anliegen. Wenn wir uns die Zahlen genau an­schauen, dann können wir sehen, dass wir davon ausgehen können, dass 88 Prozent der Einkommensbezieherinnen und Einkommensbezieher durch diese Tarifsenkung eine tatsächliche Entlastung erfahren. Ich betone: 88 Prozent! Das sind die Bezieher von Bruttoeinkommen bis 4 000 € pro Monat. Weitere 9 Prozent, nämlich die Bezieher von Bruttoeinkommen in der Höhe von 4 000 bis 6 000 €, und lediglich 3 Prozent, nämlich die Bezieher von Bruttoeinkommen in der Höhe von über 6 000 € –auch das wurde gedeckelt – wurden von dieser Steuerreform bedacht. – Soviel zum Thema soziale Treffsicherheit, wenn die SPÖ an einer Steuerreform mitarbeitet! (Beifall bei der SPÖ.)

Lieber Kollege Peter Mitterer, ich war ehrlich gesagt ein wenig überrascht, habe allerdings auch damit gerechnet, dass diese Steuerreform vom BZÖ kritisiert wird, und habe mir daher im Zusammenhang mit der heutigen Steuerreformdebatte einen kleinen Vergleich gegönnt. Nämlich: Zum dem Zeitpunkt, als ihr in der Regierung wart – 2004 und 2005 –, gab es auch eine Steuerreform, und diese möchte ich nun mit der heutigen Steuerreform vergleichen.

Bei der Steuerreform, die unter eurer Regierungsbeteiligung gemacht wurde, gab es für die kleinen Einkommensbezieher null Euro Entlastung.


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Wie sah es bei den mittleren Einkommensbeziehern 2004/2005 aus? – Ihr habt es zusammengebracht, dass die mittleren Einkommensbezieher damals ganze 2 € pro Woche an Entlastung bekommen haben; das sind in Summe 80 € im Jahr. Und jetzt haben wir einen Tarif, der ungefähr fünfmal so hoch ist. (Bundesrat Ing. Kampl: Wir hatten heuer kein Hochwasser!)

In Erinnerung an euren „Sunnyboy“ von damals, 2004 und 2005, und an den politischen Schmäh, der damals gelaufen ist und der da lautete: Das ist die größte Steuerreform aller Zeiten! (Bundesrat Mitterer: Vom ÖVP-Finanzminister! – Bundesrat Gruber – in Richtung des Bundesrates Mitterer –: Das ist Kindesweglegung!), muss ich sagen, Peter Mitterer, dass ich eure Aufregung im Hinblick auf diese Steuerreform nicht verstehe. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Kampl.) Damals, Siegi Kampl, 2004 und 2005, war der politische Schmäh salonfähig, denn damals hieß es: Das ist die größte Steuerreform aller Zeiten! (Bundesrat Ing. Kampl: Trotz Hochwasser!)

Mit dem Volumen der jetzigen Steuerreform, liebe Kolleginnen und Kollegen, be­schließen wir das Fünffache dessen, was damals beschlossen wurde, und zum Fünffachen des Volumens der „größten Steuerreform aller Zeiten“ könntet eigentlich auch ihr eure Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Mayer.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der politische Schmäh ist nicht mehr salonfähig, das beweisen die Zahlen, Daten und Fakten. Das ist eine gemeinsame Kraftanstrengung: eine Tarifsenkung, die rasch kommen muss, weil sie dringend notwendig ist – wir werden beim Konjunkturbelebungsgesetz noch darüber diskutieren (Bundesrat Ing. Kampl: Kärnten haben wir als Vorbild!) – und eine wichtige Entlastung für die Österreicherinnen und Österreicher darstellt! (Beifall bei der SPÖ.)

14.39


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Bundesrätin Mühlwerth. Ich erteile ihr dieses.

 


14.39.26

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Kollege Klug, was heißt, der Politschmäh sei nicht mehr salonfähig? – Sie haben ihn ja gerade wieder salonfähig gemacht! Kein Mensch von der Opposition hat von einer großen Steuerreform gesprochen; das haben schon die Regierungsparteien gemacht.

Aber ich danke Ihnen dafür, dass Sie endlich der Wahrheit die Ehre geben und sagen, es ist eine Tarifentlastung. Ich sehe das tatsächlich auch so – mehr ist es nämlich nicht. Von der großen Reform ist nichts übrig geblieben. Was die Möglichkeit oder die Hoffnung betrifft, dass damit der Konsum und die Dienstleistungen angekurbelt werden, wird dies mit einem Durchschnitt von 30 bis 50 € pro Monat nicht gerade erfüllt werden. Das kann ich Ihnen jetzt schon versprechen.

Auch wenn es schön ist, dass kleine Einkommensbezieher etwas davon haben – ich sage ja immer, es ist besser als gar nichts, und ein bisschen ist immer noch besser als nichts –, werden aber tatsächlich die Hoffungen, die Sie damit geweckt haben, in keiner Weise erfüllt, vor allem, wenn die Leute sehen, dass wir 100 Milliarden für das Bankenpaket zur Verfügung gestellt haben.

Sie sagen dann immer: Na ja, das haben wir noch gar nicht bezahlt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber wenn Sie solche Haftungen übernehmen, müssen Sie auch damit rechnen, dass diese möglicherweise schlagend werden und Sie das möglicherweise ausbezahlen müssen. (Bundesrat Perhab: Das ganze Leben ist lebensgefährlich!) Das zahlen aber immer die Steuerzahler! Diese haften dafür, das tut ja niemand von uns


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mit seinem persönlichen Vermögen. Das Staatsvermögen ist das Vermögen von uns allen, sprich von den Steuerzahlern! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Daher werden die Menschen, die dafür geradestehen müssen, die auch zum Beispiel für die Schulden der ÖBB werden geradestehen müssen, die in den nächsten Jahren, auch im Zuge des Ausbauprogramms, sonder Zahl auf uns zukommen werden, dann sagen: Na gut, da haben wir ganz locker 100 Milliarden, das ist ein schöner Betrag und wird ohne gröbere Diskussionen zur Verfügung gestellt, aber wenn es um uns Steuerzahler geht, dann müssen wir uns mit insgesamt gerade einmal drei Milliarden zufrieden geben, mehr ist leider nicht drinnen.

Alle Vorschläge der Opposition, ob sie von Grün, vom BZÖ oder von der FPÖ gekommen sind, sind natürlich von den Regierungsparteien wie immer negiert worden. Dann kommen aber immer wieder solche Meldungen: Die Opposition legt nichts vor, sie hat ja nichts und sagt auch nichts. – Schauen Sie sich vielleicht einmal die Anträge der Opposition an, da finden Sie schon das eine oder andere, das durchaus verwend­bar wäre!

Brüsten Sie sich also nicht damit, dass Sie jetzt die Steuerzahler, vom Arbeiter bis zum leitenden Angestellten, mit bis zu 670 € im Jahr entlasten und dass das nicht den Vergleich zu scheuen braucht, denn das stimmt nicht! Da kann ich Ihnen sagen, das ist einfach nicht richtig. Es sind in Wirklichkeit ein paar Tropfen auf den heißen Stein, es ist eben kein großer Wurf, und das alles unter den Aussichten, die wahrlich alles andere als rosig sind: bis April 40 000 in Kurzarbeit, wahrscheinlich 500 000 Arbeits­lose im Herbst – damit wird gerechnet –, über eine Million Menschen schon jetzt an der Armutsgrenze. Und dann speisen Sie sie mit 50 € im Monat ab!

Sie geben den Menschen nicht das zurück, was Sie ihnen schon vorher aus der Tasche gezogen haben. Kollege Mitterer hat es völlig richtig gesagt: Das deckt nicht einmal die kalte Progression ab, und es deckt auch nicht das ab, was man den Leuten schon vorher alles aus der Tasche gezogen hat, nämlich sämtliche Gebühren­erhö­hungen, die Erhöhungen bei Vignette, Abfallgebühren, Wassergebühr, Kanalisation und so weiter, und so weiter. Das alles sind Dinge, die ja die Leute schon bezahlt haben. Das nennt man Umverteilungspolitik, aber nicht Steuerreform!

Und es ist auch schon angeklungen: Ihre eigenen Experten haben gesagt, das ist wahrlich kein großer Wurf. Androsch von der SPÖ, Aiginger von der ÖVP – beide waren sich einig, dass es in einer wirtschaftlichen Krisenzeit einen großen Wurf einer Steuerreform braucht, und beide waren sich einig, dass das, was Sie hier vorlegen, kein großer Wurf ist. Wenn Sie also schon nicht auf die Opposition hören, dann hören Sie vielleicht einmal auf die eigenen Experten! (Bundesrat Perhab: Androsch ist auch immer nur so ein großer Redner!)

Ja, aber der von der SPÖ: Er war immerhin Berater des Bundeskanzlers, also scheint er dort doch ein hohes Ansehen zu genießen. Daher fragt man sich schon, warum man nicht auf sie hört. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Auch was das Familienpaket mit 500 Millionen betrifft, sage ich, ja, ich freue mich, wenn die Familien etwas bekommen. Lange Jahre reden wir davon, dass die Familien entlastet gehören, endlich einmal haben Sie einem Ruf von uns Folge geleistet – danke! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Aber eben ein bisschen mager! (Bundesrat Mag. Klug: Passt auch nicht?) Nein, passt auch nicht. (Bundesrat Mag. Klug: Passt auch nicht!) Es ist ein bisschen mager, das muss man schon sagen, weil es auch hier die nicht erfolgte Valorisierung nicht abdeckt. Man muss es Ihnen leider jedes Mal und immer wieder sagen, weil Sie dem dann nicht folgen. Daher sagen wir es Ihnen so lange, bis sie endlich auch dem nachgekommen sind, und das wird wahrscheinlich noch öfter der Fall sein.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 99

Ja, es ist schön, dass der Kinderabsetzbetrag erhöht worden ist. Ja, es ist schön, dass der Kinderfreibetrag erhöht worden ist. Ja, es ist gut, dass die steuerliche Absetz­barkeit der Kinderbetreuung endlich erfolgt ist! Auch das ist eigentlich eine von vielen von uns schon jahrzehntelang erhobene Forderung. (Bundesrat Mag. Klug: Brauchen Sie nur mit zuzustimmen!)

Aber gleich wird wieder die Sperre eingebaut! Bei der Kinderbetreuung darf es nur pädagogisch geschultes Personal sein. (Bundesrat Kraml: Ja, wer sonst?) Ja, das steht so im Gesetz drin. (Bundesrat Kraml: Wer sonst soll ...?) Das steht so drin! Lesen Sie es bitte nach, es steht so drin. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Warum, bitte, trauen Sie den Menschen nicht zu, dass sie sich eine qualitätsvolle Kinderbetreuung selbst aussuchen können? Wieso meinen Sie, dass ein Kindermädchen keine quali­täts­volle Betreuung machen kann? Meinen Sie, dass die Großmutter keine qualitäts­volle Kinderbetreuung machen kann?

Die Tagesmutter scheint ja mit drinnen zu sein, aber ansonsten läuft alles in Richtung öffentliche Kinderbetreuungseinrichtung. Das lehne ich ab! Das lehne ich deshalb ab, weil es der Wahlfreiheit, die ich als richtig empfinde, völlig widerspricht. Ich traue den Eltern und den Müttern zu, entscheiden zu können, welche Kinderbetreuung sie selbst für eine gute halten.

Das kann übrigens auch die Eigenbetreuung sein, und das heißt nicht „Zurück an den Herd“, wenn man das ein paar Jahre macht. (Bundesrat Mag. Klug: Das haben wir heute schon gehört! – Weitere Zwischenrufe.) Das hindert die Frauen nicht daran, emanzipiert zu sein (Bundesrat Mag. Klug: Kochen!), und es hindert sie nicht daran, eigenständig zu sein. Es ist auf der anderen Seite ein etwas verkrustetes Bild, das Sie propagieren! Vielleicht sollten Sie das einmal überdenken.

Ich finde es – so wie ich es heute in der Fragestunde schon den Herrn Bundeskanzler gefragt habe – nach wie vor ungerecht, dass ein Alleinverdiener, wenn die Familie sich mit dem Einverständnis der Frau dazu entschließt, dass die Frau ein paar Jahre zu Hause bei ihren Kindern bleibt, im Jahr um über 5 000 € weniger als eine Doppel­verdienerfamilie hat. Ich bin nämlich der Meinung, dass jemand, der sich für diese Art der Kinderbetreuung – also die Kinder selbst zu betreuen – entscheidet, nicht bestraft werden darf! Das lehne ich wirklich ab.

Daher sage ich Ihnen zu dieser Steuerreform Folgendes: Sie stecken den Menschen auf der einen Seite etwas in die Tasche, was Sie ihnen morgen aus der anderen wieder herausnehmen. Das halte ich für kein gutes Steuerpaket, und daher werde ich auch nicht zustimmen. (Beifall der Bundesräte Ing. Kampl und Mitterer.)

14.47


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Greiderer. Ich erteile ihr dieses.

 


14.47.45

Bundesrätin Elisabeth Greiderer (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Gerade rechtzeitig, finde ich, haben wir uns dafür entschieden, mit dieser Steuerreform – übrigens, wie wir schon gehört haben, der größten in den letzten Jahrzehnten – ein umfassendes Maßnahmenpaket zu schnüren und auch umzusetzen. Frau Kollegin Mühlwerth, auch wenn Sie sehr viele Haare in der Suppe finden – was ich schade finde, aber Sie werden wahrscheinlich nichts anderes sagen –, lassen wir uns das nicht schlechtreden und werden noch einmal entsprechend herausarbeiten, was wirklich gut und richtig ist. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 100

Zum einen werden durch die Tarifsenkung all jene entlastet, die einmal Steuern zahlen, und zum Zweiten bildet das Familienpaket mit der Einkommensstärkung einen Schwer­punkt für die Familien, was ich sehr wichtig finde. Den dritten Schwerpunkt bildet die steuerliche Entlastung der Unternehmen, auf die ich jetzt kurz eingehen möchte.

Als Unternehmerin und auch als Frau in der Wirtschaft halte ich es für ganz wichtig und erfreulich, dass mit dieser Steuerreform eine langjährige Forderung der Wirtschaft berücksichtigt und somit eine Diskriminierung der Einkommensteuerzahler beseitigt wird. Die Erhöhung des Freibetrages von 10 auf 13 Prozent stellt nämlich Unter­nehmerinnen und Unternehmer den unselbständig Beschäftigten gleich, sodass diese Ungleichbehandlung endlich beseitigt ist. Diesen Freibetrag kann man nämlich mit dem 13. und 14. Gehalt vergleichen. Wenn man sich das bei einem durchschnittlichen Einkommen von zum Beispiel 26 000 € anschaut und den Vergleich zwischen Unter­nehmer und Arbeitnehmer zieht, dann sind letztendlich dem Unternehmer im Jahr 2 000 € weniger übrig geblieben.

Zusätzlich entfällt für Gewinne bis 30 000 € das Investitionserfordernis. Man muss einfach sagen, dass unsere österreichischen Klein- und Mittelbetriebe – das hören wir ohnehin immer wieder, und man kann es nicht oft genug betonen – das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft sind. Sie verdienen und brauchen daher diese Unter­stützung. Die EPUs und die KMUs machen nämlich über 90 Prozent der Wirtschaft aus. Diese sorgen wieder zu 65 Prozent für die Arbeitsplätze – das sind zirka 2,2 Millionen Beschäftigte, und das muss man sich wirklich einmal vor Augen führen –, und sie bilden 85 Prozent der Lehrlinge aus, nämlich immerhin 112 000.

Für die Familien, insbesondere für die Frauen, ist nun endlich die steuerliche Absetzbarkeit der Kinderbetreuung bis zu 2 300 € jährlich möglich. Das halte ich für eine sehr wichtige Errungenschaft. Außerdem sind nunmehr auch die Zuschüsse des Dienstgebers oder der Dienstgeberin für die Betreuung von Kindern der Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter bis zu 500 € jährlich von der Lohnsteuer befreit. Dies ist doch auch ein Anreiz für Betriebe, ihren Arbeiternehmer/innen zusätzlich noch einmal unter die Arme zu greifen.

Diese Maßnahmen tragen sehr zu einer Win-Win-Situation auf beiden Seiten bei, sowohl für die Betriebe als auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und somit auch für die Familien, wenn die Entlastung da ist. Mir ist es wichtig, dass es nicht immer nur eine Entlastung der Frau ist, sondern auch eine der Familie und der Partnerschaft. Wenn alle zufrieden sind, dann sind es Vater, Mutter, Kind und der Betrieb; im Endeffekt setzt sich das ja fort.

Die Frauen werden auf dem Arbeitsmarkt immer mehr gebraucht werden. Um ihnen den Wiedereinstieg zu erleichtern beziehungsweise um dies überhaupt möglich zu machen, ist das eine ganz wichtige Maßnahme, die mich sehr freut. (Bundesrat Mag. Klug: Aber bei Kollegin Mühlwerth müssen sie ja zu Hause bleiben!) Ach so? (Bundesrätin Mühlwerth: Nein, das habe ich nicht gesagt ...! – Weitere Zwischenrufe.) Die Mutti darf zu Hause bleiben, oder?

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass ich mich sehr darüber freue, dass dieses sinnvolle Maßnahmenbündel mit dem Beschluss dieses Gesetzes nun endlich in Kraft treten kann. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.52


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dönmez. Ich erteile ihm dieses.

 



BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 101

14.52.24

Bundesrat Efgani Dönmez (ohne Fraktionszugehörigkeit, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Mühlwerth hat es schon angesprochen: Es wurde auf die Vor­schläge der Opposition nicht eingegangen. Es hätte uns auch, ehrlich gesagt, wahr­scheinlich gewundert, wenn dem Rechnung getragen worden wäre. (Heiterkeit des Bundesrates Konecny.)

Aber was doch zu denken geben sollte, ist, dass diese Vorschläge der Opposition sich an die Expertise des Wirtschaftsforschungsinstituts vom Oktober 2008 anlehnen. Da ist es dann schon irritierend, dass die Vorschläge des Wirtschaftsforschungsinstitutes weitgehend ignoriert worden sind. Ignoriert wurde meines Erachtens auch die Dimen­sion und das Ausmaß der Krise.

Was sehr verwunderlich ist, ist die Beratungsresistenz gegenüber Vorschlägen der Opposition; ich sage einmal, das müssen wir so zur Kenntnis nehmen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber dass auch die Vorschläge des Wirtschaftsforschungsinstitutes ignoriert werden, ist doch sehr bedenklich, denn bis vor Kurzem hat es diesbezüglich eigentlich ein sehr gutes Einvernehmen mit dem Finanz- und Wirtschaftsministerium gegeben.

Wenn ich hier nur einige Schwerpunkte dieser Studie des Wirtschaftsforschungs­institutes, einige Überschriften zitieren darf: Die Entlastung des Faktors Arbeit, die Ökologisierung des Steuersystems, die vermögensbezogenen Abgaben, die Bekämp­fung der Kinderarmut und so weiter, und so fort. – Von all diesen Vorschlägen bleibt im Endeffekt fast gar nichts bis nur sehr wenig übrig. Es geht offensichtlich, wie es die Ökonomen in ihrer Fachdiktion nennen würden, um konjunkturpolitische Effekte.

Neben diesen Effekten könnte man sich auch zwei weitere Aspekte anschauen, und zwar den Aspekt der Beschäftigung und den der Gerechtigkeit. Wenn man sich diese beiden Aspekte anschaut, dann ist der Befund meines Erachtens sehr dürftig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird Ihnen doch einleuchten, dass die Menschen mit dem geringsten Einkommen – die Pensionisten und Pensionistinnen, die Allein­erzieher/innen, die Arbeitnehmer, die im unteren Segment angesiedelt sind; das sind in Österreich insgesamt zweieinhalb Millionen Menschen – im Zuge dieser Reform oder Tarifanpassung eigentlich fast nichts bekommen werden. Die Ökonomen haben gesagt, gerade für diese Zielgruppe wäre es wichtig, dass hier Maßnahmen ergriffen werden, weil diese Menschen das Geld nicht aufs Sparbuch legen, sondern weil sie konsumieren und dadurch sozusagen die Wirtschaft beleben.

Man hat zwar einige Mechanismen eingeführt, aber ich glaube, der Hebel wurde an den falschen Stellen angesetzt. Wenn man 3 Milliarden € bewegt, dann wäre es aus meiner Sicht – nicht nur als Sozialarbeiter, sondern auch als grüner Politiker – wün­schenswert gewesen, dass gerade diese Zielgruppe der Pensionisten und Pensionis­tinnen, der unteren Einkommen mehr davon profitiert hätte. (Zwischenruf des Bundes­rates Perhab.)

Aber diese Sachen können Sie auch in den Wifo-Studien nachlesen, lieber Kollege. Das ist nichts Neues, und es ist auch kein Geheimpapier der Grünen. Im Detail wird mein Kollege Schennach noch auf die weiteren Aspekte eingehen; so viel von mir. – Danke. (Beifall des Bundesrates Schennach.)

14.56


Präsident Harald Reisenberger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Preiner. Ich erteile ihm dieses.

 



BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 102

14.56.46

Bundesrat Erwin Preiner (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Herr Staatsekretär! Kolleginnen und Kollegen! Ein Wort meines Vorgängers aufgreifend, möchte ich damit beginnen: Ich denke, der Hebel wurde bei der Steuerreform 2009 sehr wohl richtig angesetzt! Ich glaube, sehr viele Menschen haben hier eine große Kraftanstrengung vollbracht, sodass letzten Endes wirklich etwas Vernünftiges herausgekommen ist.

Wir haben heute schon einige Male gehört – auch von meinem Kollegen Klug –, seit einer Steuerreform vor 21 Jahren hat es nichts Vergleichbares gegeben. Ich glaube, das ist es doch wert, erwähnt zu werden. Ich denke auch, dass wir mit dem Steuer­reformgesetz 2009 einen Meilenstein in der österreichischen Steuergesetzgebung verzeichnen. Sie ist einfach ziel- und treffsicher und wird auch zum richtigen Zeitpunkt beschlossen. Für diese gemeinsame Kraftanstrengung möchte ich mich auch im Namen aller Österreicherinnen und Österreicher bei der Bundesregierung sehr herzlich bedanken.

Kolleginnen und Kollegen! Es darf aber auch nicht vergessen werden, dass es im Vorjahr die SPÖ gewesen ist, die eine umfassende Steuerreform und ein Vorziehen auf 2009 verlangte. Es war im Besonderen unser Landeshauptmann des Burgenlandes Hans Niessl, noch entgegen der damaligen Meinung unseres Bundeskanzlers und Vizekanzlers.

Wichtig ist mir auch, zu erwähnen, dass diese steuerliche Entlastung für die Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer bereits rückwirkend ab 1. 1. 2009 in Kraft tritt. Wesent­liche Teile zur finanziellen Entlastung vor allem der kleineren und mittleren Einkommen wurden, wie wir uns erinnern, auch bereits im September des Vorjahres beschlossen.

Kolleginnen und Kollegen, wir wissen – und das ist auch kein Geheimnis –, dass wir uns gegenwärtig in der größten globalen wirtschaftlichen Herausforderung seit 1945 befinden. Im Vergleich zu anderen Staaten steht Österreich, denke ich, aber noch relativ gut da.

Laut Aussagen von Experten ist diese Steuerreform mit einem Gesamtvolumen – wenn wir die Konjunkturentlastungspakete mit ins Boot nehmen – von zirka 6 Milliarden € die größte Entlastung der Gegenwart. Für uns steht dabei die finanzielle Unterstützung der Klein- und Mittelverdiener, der KMUs sowie die finanzielle Besserstellung der Familien im Mittelpunkt des Handelns.

Ich möchte auch erwähnen, dass die Steuerreform 2009 meiner Meinung nach aus drei wichtigen Säulen besteht, und zwar:

Senkung der Einkommensteuer und des Lohnsteuertarifs – es wurde bereits erwähnt, dass 2,7 Millionen Menschen in Österreich keine Lohnsteuer mehr zahlen; das sind um zirka 170 000 Menschen mehr als vor Inkrafttreten dieser Steuerreform –;

die Steuerpflicht setzt erst ab einem Einkommen von 11 000 € ein – bis dato 10 000 €. Es sind, an meinen Vorredner gerichtet, 80 000 Pensionistinnen und Pensionisten, die in Österreich überhaupt keine Steuern mehr bezahlen –;

zirka 40 Prozent dieser Steuerentlastung kommen den Beziehern kleinerer und mittlerer Einkommen zugute – ich glaube, das ist ein Impuls zur Steigerung der Kaufkraft, vor allem auch für die Bezieher der kleineren Einkommen.

Das Familienpaket setzt mit einem Gesamtentlastungsvolumen von 510 Millionen € ebenfalls richtige Schritte und Signale. Man kann, denke ich, mit Fug und Recht behaupten, dass dadurch im Schnitt ein 15. monatliches Familieneinkommen gewährt wird.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 103

Kolleginnen und Kollegen! Entlastungsmaßnahmen im Bereich der Steuerreform allein genügen klarerweise nicht, sondern in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage braucht es auch entsprechende Konjunkturpakete von Bund und Ländern. Es lässt sich natür­lich auch das Burgenland nicht lumpen. So hat es im Burgenland in jüngster Vergan­genheit bereits eine Erhöhung der Pendlerpauschale, eine Verdoppelung des Heiz­kosten­zuschusses und die Abschaffung des Pflegeregresses gegeben, der Gratiskin­dergarten wird ab September 2009 starten. Auch das ist ein wichtiger Beitrag zur finanziellen Entlastung der Familien, der Alleinerzieherinnen und -erzieher im Lande.

Des Weiteren profitieren im Burgenland durch die Steuerreform 2009 – rückwirkend mit 1. Jänner 2009 – zusätzlich 5 000 Menschen von dieser Steuerreform, indem sie keine Steuern mehr bezahlen. In Summe sind es 90 000 Menschen, die im Burgenland keine Steuern bezahlen. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Ziel der Steuerreform ist es, Kolleginnen und Kollegen, die Krise zu lindern, den privaten Konsum anzukurbeln, eine Steigerung der Inlandsnachfrage herbeizuführen und dadurch die Konjunktur zu beleben. Laut Berechnungen des WIFO werden durch die Steuerreform zirka 13 000 Arbeitsplätze geschaffen. Durch diese steuerliche Ent­lastung vor allem der unteren und mittleren Einkommensgruppe laufen laut WIFO fast 600 Millionen € sofort in den Konsum. Und jeder Euro, den die Menschen mehr in den Konsum investieren können, hilft klarerweise mit, Arbeitsplätze zu sichern.

Ein Gebot der Stunde ist es natürlich auch, entsprechende Schwerpunktprogramme für die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Jugendlichen zu setzen. Es gibt auch seitens unseres Sozialministers entsprechende Maßnahmenpakete, um die Jugendbeschäfti­gung zu forcieren. Natürlich ist es nicht so, dass hier kurzfristig für alle Jugendlichen Arbeitsplätze geschaffen werden können, aber für jene, die in den Arbeitsmarkt nicht direkt integriert werden können, gibt es die Chance und die Möglichkeit, über das AMS entsprechende Schulungsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen. Dabei geht es darum, nach Beendigung der Krise – das Ende ist hoffentlich absehbar – Mehrqualifikationen zu haben, der Jugend nicht nur gegenwärtig, sondern auch zukünftig bessere Chancen im Berufsleben zu geben und das Berufsleben von jungen Menschen nicht mit Arbeitslosigkeit starten zu lassen.

Ich denke, wer vor zwei Tagen die Sendung „Bürgerforum“ im ORF gesehen hat, wird wissen, was ich meine. Man muss optimistisch sein, auch in Zeiten, die wirtschaftlich schwierig sind. Man muss der Jugend eine Chance geben und letzten Endes die Krise auch als Chance sehen und wahrnehmen, um mit Optimismus und Entschlusskraft gestärkt für die Zukunft gerüstet zu sein.

Kolleginnen und Kollegen! Die Steuerreform kommt – ich sage es nochmals, weil es eben wesentlich ist und die Entlastung durch die Steuerreform 2009 für viele Men­schen fast eine Einmaligkeit darstellt – zum richtigen Zeitpunkt. Diese Steuerreform­maßnahmen sind in erster Linie Maßnahmen, die arbeitende Menschen und kleine Unternehmen, aber auch mittlere Unternehmen entlasten. Die Reform ist, denke ich, sehr wohl auch ein Ausgleich für die Teuerung der letzten Jahre. Die Bandbreite der Maßnahmen ist auch ein Indiz dafür, dass die Regierungspartner – ich habe es vorhin angesprochen, Herr Staatssekretär – Kompromissbereitschaft und Handlungsfähigkeit bewiesen haben und zeigen, was in Krisenzeiten selbstverständlich notwendig ist. Diesbezüglich, denke ich, sind wir auch hier auf einem guten Wege. – Ich danke für eure Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

15.05


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Junker zu Wort. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 104

15.05.35

Bundesrätin Anneliese Junker (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir beschließen heute – und da übertreibe ich nicht, Herr Bundesrat Mitterer! – die umfassendste Steuerreform der Zweiten Republik. Diese Steuerreform wurde von Finanzminister Josef Pröll so gestaltet, dass jede Steuerzahlerin und jeder Steuerzahler davon profitieren werden, und zwar in einer Größenordnung von 383 € bis 1 350 € im Jahr. Das sind umge­rechnet – weil man glaubt, 1 350 € seien ein Minibetrag – zirka 20 000 Schilling. Und ich gebe auch zu bedenken, dass eine Berufseinsteigerin oder ein Berufseinsteiger nach einer kaufmännischen Ausbildung im Monat brutto 1 100 € bis 1 200 € bekommt, das sind netto ungefähr 900 € bis 950 €. Daran sieht man schon: Es ist das ein zusätzliches Gehalt, das die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler durch diese Steuerreform bekommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

Das Gesamtvolumen dieser Steuerreform brauche ich, glaube ich, nicht umzurechnen. Es sind nahezu 4 Milliarden € an steuerlicher Entlastung – 4 Milliarden €!

Meine Damen und Herren! Ich gestehe, 300 000 Arbeitslose (Bundesrat Ing. Kampl: 400 000 Menschen!) – und in Tirol werden es, wie man den heutigen Tageszeitungen entnehmen kann, wieder um 600 mehr, denn Swarovski schrumpft wieder – und 30 000 Menschen zusätzlich in Kurzarbeit, das macht betroffen, das zwingt uns zum Handeln. – Und wir handeln! Wir stärken die Wirtschaft, und wir helfen den Menschen mit unserem Handeln.

Wir begegnen der Krise mit einem Rettungspaket für die Banken, weil wir den Sparerinnen und Sparern die Einlagen sichern wollen und weil wir die Finanzierung der Wirtschaft sicherstellen wollen und damit letzten Endes die Arbeitsplätze sichern.

Frau Bundesrat Mühlwerth ist jetzt leider nicht im Saal, aber trotzdem: Wir wollen nicht die Bankmanager füttern, sondern den Sparerinnen und Sparern Sicherheit geben!

Wir begegnen der Krise mit zwei Konjunkturpaketen. Das war notwendig, um den weltweiten dramatischen Konjunktureinbruch abzufedern und damit wiederum Arbeits­plätze zu sichern.

Wir begegnen der Krise mit einer Flexibilisierung der Kurzarbeit. Auch das war notwendig, um Arbeitsplätze abzusichern.

Und wir begegnen der Krise heute mit einer Entlastung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Auch das ist notwendig, um die Kaufkraft zu stärken, damit die Menschen mehr Geld in ihren Brieftaschen behalten, das sie wieder ausgeben können und damit die Konjunktur beleben.

Das Steuerpaket kann sich in seiner Dimension und seiner Ausgewogenheit absolut sehen lassen. Die Steuerreform ist ein Familienentlastungspaket. Es werden bei dieser Steuerreform langjährige Forderungen von uns Frauen umgesetzt, um Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter voranzutreiben.

Erstens: Absetzbarkeit der Kinderbetreuung bis 2 300 € jährlich bis zum zehnten Lebensjahr des Kindes – dieses Geld kann für Tagesmütter, Kinderkrippen und Kindergärten ausgegeben werden.

Zweitens: Kinderfreibetrag – es sind jährlich 220 € pro Kind – für jedes Kind! Das reduziert die Einkommensteuer beziehungsweise die Lohnsteuer.

Drittens: Der Kinderabsetzbetrag wird von 610 € auf 700 € erhöht.

Viertens: die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten. Der Arbeitgeber kann den Dienstnehmer mit bis zu 500 € jährlich unterstützen, ohne dass jener diese


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 105

Leistung versteuern muss. 500 € sind also 500 €: für den Dienstnehmer und für den Dienstgeber, der sie ja als Betriebsausgaben geltend machen kann.

Das freut mich – und ich meine, das sollte länger als bis zu einem Kindesalter von zehn Jahren gehen, da das doch einiges an Gestaltungsmöglichkeiten sowohl für den Dienstgeber als auch für den Dienstnehmer beinhaltet.

Mit dieser Steuerreform wird aber auch die Ungleichbehandlung von Einkommen- und Lohnsteuer aufgehoben. Während Arbeitnehmer – über die Steuerbegünstigung bei Urlaubs- und Weihnachtsgeld – de facto einem Spitzensteuersatz von rund 43,7 Pro­zent unterliegen, waren es bei den Selbständigen bisher 50 Prozent. Die neue Freibetragsregelung bringt nun eine steuerliche Angleichung der Selbständigen an die unselbständig Beschäftigten.

Von einem „Steuergeschenk“, wie man es jetzt mancherorts hört, kann aber überhaupt keine Rede sein, vielmehr trägt das zur steuerlichen Gerechtigkeit und zur verstärkten Schaffung von Eigenkapital bei den Unternehmern bei. Insbesondere die EPUs, also die Einpersonenunternehmen, profitieren vom sogenannten Grundfreibetrag bis zu einem Gewinn von 30 000 €. Bei diesen wird der Freibetrag bei der Steuererklärung automatisch in Abzug gebracht und ist nicht mehr an Investitionen gebunden. Der Kleinunternehmer erfährt mit der Steuererklärung eine sofortige Entlastung.

Jener Gewinnanteil, der über 30 000 € hinausgeht, ist – wie bei der alten Regelung in Bezug auf den Unternehmerfreibetrag – an Investitionen geknüpft. Allerdings gibt es auch da eine Verbesserung, da ja, wie beim Grundfreibetrag, nun 13 Prozent des Gewinnes als Freibetrag – vormals 10 Prozent – geltend gemacht werden können. Das bringt dem Unternehmer auch bis zu 1 670 € im Jahr.

Mit dieser Steuerreform wird die Wettbewerbsfähigkeit erhöht – und diese Steuer­reform führt letztlich auch zu mehr Konsum.

Meine Damen und Herren! Wir beschließen heute mit einer Steuerentlastung enormen Ausmaßes genau das Richtige: Wir entlasten Familien, wir entlasten Arbeitnehmerin­nen und Arbeitnehmer und die Unternehmen.

Daher: Reden wir diese Steuerreform nicht schlecht oder klein, sondern beschließen wir sie gemeinsam. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

15.13


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schimböck. – Bitte.

 


15.13.37

Bundesrat Wolfgang Schimböck, MSc (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich war heute eigentlich ein bisschen verwundert über die Ausführungen des Kollegen Dönmez, der meinte, das alles sei nicht sozial genug – und als Sozialarbeiter habe er hiezu eine ganz andere Erwartungshaltung. – Kollege Dönmez, ich glaube, da bist du im Kalender irgendwie hinten nach, denn wenn du die Entlastungspolitik dieser Regie­rung aufmerksam verfolgt hättest, dann hättest du auch gesehen, dass man für jene, die es am meisten brauchen – so zum Beispiel die Pensionisten, die Ausgleichs­zulagen beziehen –, diese Reform bereits vorweggenommen hat. Rückwirkend mit November 2008 wurden für jene, die es am dringendsten brauchen, bereits entsprechende Maßnahmen gesetzt.

Erinnern möchte ich auch daran – Kollege Dönmez, als Sozialarbeiter wirst du davon betroffen sein; ich weiß allerdings nicht, wie weit du da noch aktiv bist –, dass die exorbitant steigenden Energiekosten bereits im November 2008, und zwar mit 210 €, abgegolten wurden und dass es zusätzlich eine Einmalzahlung in Höhe von 150 € für


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 106

diesen Personenkreis gegeben hat. Ich glaube, da wurde so viel wie selten zuvor ge­macht.

Ich möchte es heute mit Dr. Kühnel halten, der hier einmal meinte: Es wurde schon alles gesagt – aber noch nicht von allen! Kollege Mitterer, der jetzt gerade nicht im Saal ist, aber auch Kollegin Mühlwerth haben, wie ich meine, die Dinge heute nicht ganz korrekt gesehen (Bundesrat Mag. Klug: Selektive Wahrnehmung!), denn wenn hier immer vom „Durchschnitt“ gesprochen wird, dann kommt mir das heute so vor wie folgendes Beispiel – Kollege Mitterer hat ja einen Beherbergungsbetrieb; aber wir haben ja noch einen Hotelier hier, der mir jetzt recht geben wird –: Wenn jemand sechs Tage lang in einem Hotelzimmer nächtigt, aber der Beherbergungsbetrieb drei Zimmer hat, so wird das dem Hotelier nicht helfen, denn es sind trotzdem zwei Zimmer leer gestanden. – Das dazu, wenn Sie immer vom „Durchschnitt“ reden.

Insgesamt werden mit dieser Steuerreform – das hat meine Vorrednerin ganz klar festgestellt – fast 4 Milliarden € wirksam, und in diesem Zusammenhang möchte ich schon betonen, dass in Österreich der Bundeshaushalt bei einer Größenordnung von rund 67 Milliarden € liegt. Man muss sich doch auch einmal die Dimension dieser Entlastung, die mit dieser Steuerreform Platz greift, vor Augen halten!

Einer meiner Vorredner hat ja bereits gesagt: 170 000 Menschen in dieser Republik werden künftig keine Lohnsteuer mehr zahlen! (Ruf bei der ÖVP: Zusätzlich!) Kollege Kampl, du bist ja ein Kärntner, daher: 170 000 Menschen, das ist ungefähr die dop­pelte Bevölkerungszahl eurer Landeshauptstadt. Nur damit wir uns vor Augen halten, wovon wir reden. Dass dieses Geld fast zu 100 Prozent in den Konsum fließt, das wissen wir.

Es wurde hier heute auch gesagt: Na ja, aber die Gemeinden stehen dann schlechter da! – Freunde, die Gemeinden brauchen dringend Steuereinnahmen! Jeder hier herin­nen, der auch Bürgermeister ist – vor mir hier sitzt (in Richtung Bundesrat Bieringer) ein ganz profunder Kenner der Materie, der mir das sicherlich bestätigen wird –, wird zustimmen, dass sozusagen die erste Steuer, die ein Bürgermeister hat, die Kom­munalabgabe ist. Und die Höhe der Kommunalabgabe ist eben abhängig von florieren­den Betrieben, die man als Bürgermeister in einer Gemeinde hat. Und das wird nur funktionieren, wenn es dort Konsumenten beziehungsweise wenn es – um beim Beispiel Tourismuswirtschaft zu bleiben – Nächtigungen gibt, wenn sich die Menschen etwas leisten können.

Ich höre die ganze Zeit, dass ein Urlaub in unserem geliebten Land, in unseren schönen Bundesländern beworben, forciert werden soll – und da muss ich schon auch sagen: Es sind halt vielfach die Familien, die mit ihren Kindern ihr Geld dort ausgeben. Die Rede ist immerhin von einer halben Milliarde, die der Entlastung, der Verbesserung der finanziellen Situation von Familien mit Kindern dienen soll.

Ich meine daher, man kann den „Konstrukteuren“, den „Ingenieuren“ dieser Steuer­reform wirklich nur gratulieren, denn es ist wirklich viel geschehen. Das ist meiner Überzeugung nach kein „Stückwerk“, sondern eine ganz umfassende Sache.

Noch ein paar Sätze – auch meine Vorrednerin hat bereits darüber gesprochen –, und zwar betrifft das auch wieder den Tourismus. – Ich bin wirklich ein bisschen enttäuscht von den heutigen Ausführungen des Kollegen Mitterer, aber er hat ja sicherlich einen Steuerberater, der ihm das alles einmal zusammenhängend erklären kann. – Beden­ken wir doch, dass der Freibetrag von 10 Prozent auf 13 Prozent erhöht wird! Dazu kommt – das war das Einzige, was du, Kollegin Junker, nicht gebracht hast –, dass da jetzt auch die Investitionen – Kollege Spiegelfeld schaut mich schon an – für Gebäude drinnen sind.


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Das ist doch auf die Tourismuswirtschaft geradezu zurechtgeschneidert, denn ein schönes Hotel oder eine andere Beherbergungsstätte ist halt einmal für diesen Unter­nehmer der Betriebsgegenstand schlechthin. Also sogar das wurde berücksichtigt. Ich glaube, das ist ein Wirtschaftsimpuls, mit dem kleine, ja kleinste Unternehmen auch miterfasst werden.

Wir sollten uns dazu gratulieren und uns vielleicht auch einmal dazu durchringen, nicht unbedingt der Opposition willen Opposition zu sein, sondern konstruktiv mitzuar­beiten. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

15.19


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Perhab. – Bitte.

 


15.19.09

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt – vor Herrn Staatssekretär Lopatka – kann ich mich auf einige wenige Pro- und Kontra-Argumente beschränken. Etliche Zahlen, Daten und Fakten wurden ja von allen meinen Vorrednern eindrucksvoll bestätigt beziehungsweise auch kritisiert.

Die große Überschrift über diesem Steuerentlastungspaket ist sicherlich: Entlastung für alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler! Letzten Endes – das ist positiv zu ver­merken – ist soziale Treffsicherheit doch im Großen und Ganzen erreicht worden.

Vom Mindestverdiener bis zu den Unternehmern sind alle Berufsgruppen, bis zu den Freiberuflern, davon betroffen – entweder von den neuen Steuertarifen oder von den direkten Zahlungen im Familienpaket –, sodass wir sagen können, das ist eine Kraft­anstrengung des österreichischen Staates, der österreichischen Regierung und letztlich natürlich der österreichischen Bevölkerung – denn über folgende Tatsache hat keiner meiner Vorredner gesprochen: Selbst wenn die Höhe dieser Entlastung strittig ist, ob es 2,4 Milliarden, 3 oder gar 4 Milliarden € sind, Faktum ist, dass der Bund, dass der Staat dieses Geld gar nicht hat! Daher müssen wir das schon in Relation zu einer zukünftigen Budgetpolitik setzen, die nicht ins Unendliche, also in Richtung einer Totalverschuldung des Staates gehen kann.

Ich gehe nicht mit den internationalen Beobachtern mit, die heute wieder Obama zitieren, der anscheinend ein Wundermann ist. Er stößt jetzt aber, glaube ich, ebenfalls an seine Grenzen, denn wenn sich in Amerika in zwei Jahren die Geldmenge verdop­pelt, dann muss man kein studierter Volkswirt sein, um in irgendeiner Zukunfts­perspektive eine Geldentwertung herankommen zu sehen. Ich glaube, das wollen wir in unserer Gesamtverantwortung – Steuerreform hin, Steuerreform her, Konjunktur­paket hin, Konjunkturpaket her – doch hintanhalten, und dies zu tun fällt ebenfalls unter eine verantwortungsvolle Budget- und Regierungspolitik.

Es ist ein Mittelweg, wie immer. Frau Kollegin Mühlwerth, das ist so im Leben: Das Wichtigste zuerst! (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Man kann nicht immer alle Bevölkerungsgruppen gleichzeitig bedienen. Natürlich kommen wir alle aus unter­schiedlichen sozialen Gruppen, und daher schauen wir natürlich als Regionale und als Abgeordnete, dass bei diesen Dingen auch unsere Zielgruppen dabei sind.

Ich möchte aber auch noch ein zweites Argument bringen, Herr Kollege Mitterer, nämlich zur Kaufkraft: Was ist dann eine Kaufkraftsteigerung, wenn nicht die Anpassung der Steuertarife? Sie war aufgrund der kalten Progression auch fällig, das gebe ich zu, aber sie bringt etwas! (Bundesrat Mitterer: ... die Renten fladern!)

Das zweite starke Argument für eine Kaufkraftsteigerung sind die Kollektivvertrags­abschlüsse im Herbst des vergangenen Jahres, bei denen im Durchschnitt branchen-


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übergreifend mit fast 3,2 Prozent abgeschlossen wurde, wobei die prognostizierte Inflationsrate nach allen Prognosen heuer in etwa bei 1,2, 1,3, 1,4 Prozent liegen wird.

Man kann daher sagen, dass auch bei den Lohnabschlüssen eine Reallohnsteigerung drinnen ist. Nach Adam Riese müsste eigentlich de facto ab April oder ab Juni im Geldbörsel des österreichischen Arbeitnehmers oder auch des Klein- und Mittel­betriebes mehr Geld vorhanden sein. Wir können nur hoffen, dass dieses Geld nicht gespart wird, sondern in den Konsum fließt, denn dann geht die Rechnung erst richtig auf, das ist keine Frage.

Ein weiterer Grundsatz, Herr Kollege Dönmez, ist hier, glaube ich, schon – bei allem Respekt vor sozialer Grundgesinnung und sozialer Treffsicherheit –, dass auch jene Leute entlastet werden müssen – darauf muss man schon hinweisen –, die das ganze System erhalten, die in die sozialen Sicherungssysteme ihre Beiträge einzahlen und so weiter. Ein Bauer würde sagen, eine Kuh muss man füttern, damit sie lange viel Milch gibt. Das ist schon richtig, und ich glaube, das gilt auch in diesem Zusammenhang – ohne hier irgendjemandem nahetreten zu wollen. Aber wir hatten eben schon 2,3 Millionen österreichische Arbeitnehmer, die keine Lohnsteuer mehr bezahlt haben. Übrigens, an der Steuerreform 2004/2005 dürft ihr (in Richtung der Bundesräte Ing. Kampl und Mitterer) auch einen gerechten Anteil haben.

Ihr wart damals auch in der Regierung, und das war auch ein erster Schritt in diese Richtung. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Kampl.Ja, selbstverständlich, aber man darf nicht alles schlechtreden, was in der Vergangenheit war. (Bundesrat Gruber: Wenig war es! Wenig! – Bundesrat Mag. Klug: Stock Options!) Es wurden auch unter der damaligen Regierung wichtige Strukturreformen geschaffen (Bundesrat Mag. Klug: Stock Options!), die es uns heute erst ermöglichen, ein bisschen flexibler zu sein als andere Länder. Das muss man, wenn man sich den internationalen Vergleich vor Augen hält, auch sagen.

Ich möchte zum Schluss noch Folgendes vorbringen: Die JOANNEUM RESEARCH in Graz hat vorige Woche eine interessante Studie über die soziale Verteilungs­gerech­tigkeit herausgebracht. Darin wird ein Beispiel dargestellt, das mich auch in meiner Argumentation bestärkt: Zwei Grazer Familien, beide Familien haben zwei Kinder; eine Familie hat das Mindesteinkommen von 950 € – also wahrscheinlich eine triste soziale Situation –, die andere hat viermal so viel, nämlich ein Bruttoeinkommen von 3 800 €. Ergebnis: Die Familie mit 3 800 € Bruttoeinkommen hat im direkten Vergleich netto nur 440 € mehr als die Familie mit 950 €, weil diese Familie mit 950 € über die sozialen Transferleistungen von Bund, Gemeinde und Land bis auf 400 € an die andere Familie herankommt. – Jetzt sagen wir, wir haben ein super Sozialsystem, aber das gehört, glaube ich, auch dringend durchforstet, um zu sehen, welche Leistungsträger da über­haupt mitspielen, damit es dieses Ergebnis gibt.

Darum ist das Schwierige daran – und das ist auch bei diesem Steuerreformpaket der Fall gewesen –, wirklich alle Berufsgruppen, also die gesamte Bevölkerung gerecht zu treffen. Letzten Endes ist es im internationalen Vergleich aber positiv zu werten, und das wird auch von den internationalen Kommentatoren so gesehen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Kraml.)

15.25


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


15.25.21

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich bin immer sehr vorsichtig, wenn


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man gar so in das Gigantische und Größte und weiß ich was geht. Hätten sich alle Rednerinnen und Redner der Koalition an das von Herrn Klug vorgegebene Wording gehalten, dann wäre man wahrscheinlich näher an der Wahrheit. Alle anderen haben von der riesigen Steuerreform gesprochen, aber Kollege Klug war so ehrlich und hat gesagt, es ist eine Tarifsenkung. – Es ist eine Tarifsenkung, denn eine Steuerreform sieht anders aus, sie geht nämlich in die Struktur der Steuern hinein und verändert den Steueraufbau. Das ist hier nicht der Fall, sondern man hat Tarife gesenkt. Darum bitte ich all jene, die noch einmal ihr Stenographisches Protokoll nachlesen, das vielleicht mit einem Fragezeichen zu versehen. Dass es eine Steuerreform ist, behauptet ja fast nicht einmal die Regierung! (Beifall des Bundesrates Dönmez.)

Wir machen also eine große Tarifsenkung. – Kollege Perhab hat Obama erwähnt. Lassen wir Obama zu Hause und nehmen wir jetzt den Herrn Pröll her, denn: Eine Tarifsenkung dieses Ausmaßes muss man einmal gegenfinanzieren! Und diese Gegen­finanzierung passiert derzeit – und deshalb wird ja auch Herr Staatssekretär Lopatka hier keinen Zipfel der Tuchent des Schweigens lüften – in den Verhandlungen mit dem Finanzministerium.

Und da droht schon, dass einige ganz wichtige Dinge wegen der Gegenfinanzierung auf der Strecke bleiben. Wir hören es ja: Die hohe Beamtenschaft, die jammert von Ministerium zu Ministerium, von Abteilung zu Abteilung, und alle sagen, das ist so grausam und so wild, was derzeit in den Budgetverhandlungen passiert. Aber nicht Obama – lassen wir den Obama! –, sondern Pröll muss jetzt diese Tarifsenkung gegenfinanzieren – und da werden sie dann kommen, die Länder, die Kommunen, die Vertreter unterschiedlicher Interessengebiete.

Wir machen also eine riesige Tarifsenkung – das gestehe ich Ihnen zu –, wir brauchen aber auch eine genauso große Gegenfinanzierung. Das heißt, dieser – zugegebener­maßen – große Wurf ist aber auch ein sehr teurer Wurf.

Wer hat hier von der Entlastungspolitik der Bundesregierung gesprochen? Wer hat auf die große Entlastungspolitik hingewiesen? Ich glaube, Kollege Schimböck war es. Also: Von dieser Tarifsenkung – fachlich wird mir Herr Klug jetzt recht geben – werden 2,5 Millionen Menschen derzeit nichts haben. Ja? – Er nickt schon. 2,5 Millionen Men­schen, nämlich die Bezieher und Bezieherinnen der untersten Einkommen. Die hätten nämlich etwas anderes gebraucht. Die hätten müssen bei der Sozialversicherung ... (Zwischenruf des Bundesrates Edgar Mayer.– Richtig, Herr Kollege! (Bundesrat Mag. Klug: Arbeitslosenversicherungsbeitrag!) – Und Arbeitslosenversicherung. – Rich­tig, Herr Kollege Mayer. Sie werden jetzt sagen: Aber da haben wir ja schon etwas getan, 300 Millionen! – Richtig? – Okay. – Aber: 300 Millionen für 2,5 Millionen Men­schen, und für 10 Prozent geben wir 500 Millionen € aus?

Da stimmt also irgendwo in der Dimension, in der Ausgewogenheit etwas nicht! – Sie schauen mich so liebevoll an (Heiterkeit), dass es mir schon richtig leidtut, dass ich Sie kritisieren muss, aber irgendwo ist doch klar: Für 2,5 Millionen Menschen 300 Mill­ionen €, aber für 10 Prozent der Bevölkerung 500 Millionen € – da stimmt etwas nicht!

Meine Damen und Herren, ich gehe noch ganz kurz auf zwei Dinge ein. Kollege Perhab hat hier so an die Kollegen appelliert: Wir hatten doch gemeinsam etwas gemacht! – Ich darf Sie erinnern: Sie tragen hier auch etwas gemeinsam (Bundesrat Mag. Klug: Zu Grabe!) aus dieser Vergangenheit zu Grabe, nämlich mit den Stock Options, für die Sie jetzt die steuerliche Begünstigung abschaffen (Bundesrat Mag. Klug: Gott sei Dank!) – Gott sei Dank. (Bundesrat Mag. Klug: Zeit ist es geworden!)

Jetzt kommt noch ein Punkt: Für den unternehmerischen Bereich finden sich hier sehr interessante und auch korrigierende Maßnahmen – die Abschaffung der Begünstigung


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für nicht entnommene Gewinne, gleichzeitig die steuerliche Entlastung bei Inves­titionen. Das sind richtige Geschichten, ebenso wie die Abschaffung der steuerlichen Begünstigung für Stock Options.

Was niemand erwähnt hat – ich halte es hier noch einmal fest, wir hatten schon entsprechende Diskussionen darüber –: Das Revanche-Foul gegenüber den kritischen NGOs, dass Spenden an sie nicht steuerlich absetzbar sind. Das ist auch in diesem Paket enthalten. Wir dürfen hier nicht nur von der Kinderbetreuung und so weiter reden, sondern das ist auch in diesem Paket, und das sollte nicht vergessen werden.

Meine Damen und Herren, am Ende dieser Debatte geht es darum, gegen diesen Vorschlag Einspruch zu erheben oder nicht. Wir werden dem Antrag, keinen Einspruch zu erheben, zustimmen, aber nicht der Reform! (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum sowie des Bundesrates Dönmez.)

15.31


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gelangt nun Herr Staatssekretär Lopatka. – Bitte.

 


15.31.02

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Reinhold Lopatka: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann direkt an die Ausführungen der beiden Vorredner anschließen: Natürlich, wenn man für eine Steuerreform so viel Geld in die Hand nimmt, dann muss man auf der Ausgabenseite haushalten. Das ist es, und nicht mehr, was jetzt in den Verhandlungen mit den einzelnen Ressorts geschehen ist und was dann am 21. April auch bei der Budgetrede des Finanzministers klar werden wird: dass wir – und mit „wir“ meine ich die gesamte Bundesregierung – uns auf der Ausgabenseite gemeinsam sehr anstrengen, um hauszuhalten.

Das Zweite: Wir hatten in dieser Woche auch eine Sitzung, was die Verwaltungsreform betrifft – ein ewiges Thema, wofür wir seitens des Rechnungshofes, seitens der Experten von Wifo, IHS, Staatsschuldenausschuss und anderen Experten ganz konkrete Vorlagen haben und – ich sage das deswegen hier im Bundesrat – wo wir gemeinsam mit den Ländervertretern wieder einmal den Versuch starten, mehr Effizienz in die österreichische Verwaltung zu bringen. Und da steht Einsparen schon auch im Raum, aber für mich nicht im Vordergrund. Im Vordergrund steht hier einfach, die bestmöglichen Formen der Zusammenarbeit, auch der Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern zu finden.

Vor diesem Hintergrund und mit diesen Anstrengungen halte ich es in der jetzigen Phase für gerechtfertigt – und es ist von vielen Rednern gesagt worden –, eine Steuerreform in dieser Größenordnung umzusetzen, denn wir müssen bei den täglichen Negativmeldungen, die aus aller Welt auf uns zukommen, was die Finanz- und Wirtschaftskrise betrifft, alles tun, damit die Österreicherinnen und Österreicher im Vergleich zu den Vorjahren tatsächlich mehr Geld zur Verfügung haben.

Wie komme ich dazu? – Wir hatten im Vorjahr eine überdurchschnittliche Lohn­erhöhung, allein im öffentlichen Dienst 3,55 Prozent. Zu dieser Lohnerhöhung gibt es nun durch die rückwirkende Aufrollung noch vor dem Sommer für alle Steuer­zahlerinnen und Steuerzahler tatsächlich spürbar einige hundert Euro zusätzlich. Und das sollte dazu führen, dass der Privatkonsum nicht eingeschränkt wird, sondern tatsächlich eine Stütze ist, damit bei uns diese weltweite negative Konjunktur etwas abgeschwächt wird. Alle Experten sagen uns, dass es nach längeren Jahren, in denen es kein reales Plus für die privaten Haushalte gegeben hat, heuer erstmals dieses Plus gibt.


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Weil hier kritisch gefragt worden ist, was für die 2,5 Millionen Menschen geschehen sei, die keine Steuern zahlen. – Wenn man auf die rund 6,5 Millionen Steuerpflichtigen nunmehr bereits 2,7 Millionen Menschen kommen, die keine Steuern zahlen, fragen sich natürlich die anderen, die die Steuern zur Gänze aufbringen müssen – denn 2,7 Millionen zahlen ja nichts mehr –, ob sie nicht die Lastesel der Nation sind, und fühlen sich eigentlich bestraft und keineswegs motiviert.

Daher halte ich es für richtig, dass wir gesagt haben: Entlastung für alle, auch für die, die im höchsten Segment derjenigen angesiedelt sind, die Steuern zu entrichten haben! – Das ist mit dieser Tarifreform gelungen.

Der zweite Schwerpunkt, der auch ein ganz starkes Signal aussendet, geht in Richtung Familien, mit mehr als 500 Millionen € – die Beispiele sind genannt worden. Das ist für viele Familien, vor allem Mehrkinderfamilien, tatsächlich ein zusätzliches 15. Monats­gehalt, und das ist schon mehr als Kosmetik, das ist tatsächlich Entlastung, und zwar Entlastung für eine Zielgruppe, die für uns ganz, ganz wichtig ist, nämlich für die Familien.

Ich möchte auch einen Punkt ansprechen, der für mich ganz wichtig ist, der interes­santerweise beim Expertenhearing von der Arbeiterkammer vorgebracht wurde, und zwar von Dr. Farny, dem Steuerexperten der Bundesarbeitskammer. Er hat im Finanzausschuss diesen Punkt angesprochen, indem er gemeint hat, durch die Steuerreform kommt es zu einer positiven Auswirkung auf die Volkswirtschaft: zu einem BIP-Wachstum von 0,7 Prozent und zu einem Beschäftigungseffekt von 13 000 Arbeitsplätzen. – Das haben wir bitter notwendig bei diesem Rückgang, den wir insgesamt zu verzeichnen haben. Es ist also auch da wirklich etwas gelungen.

Und ich bitte in einer Phase, in der das Geld nicht etwas ist, das wir von irgendwoher „abberufen“ können, sondern etwas, das sehr hart verdient werden muss, um Ver­ständnis, dass wir bei den Maßnahmen, wo wir großzügig sind, auch behutsam vorgegangen sind. Was meine ich damit? – Es ist kritisiert worden, dass nicht Spenden an alle NGOs steuerlich absetzbar sind. – In einer Phase, in der es Schwerpunkte zu setzen gilt, halte ich es für richtig, dass man sich hier vor allem auf jene Organisationen konzentriert hat, bei denen es tatsächlich um die Linderung von Not, um humanitäre Hilfe geht, dass es also darum geht, jenen Hilfsorganisationen zu helfen, die sich um die Menschen kümmern.

Ich halte es auch für richtig, dass im Bereich des Kirchenbeitrages etwas geschehen ist, weil gerade aus dem Bereich der Kirchen heraus viel im Sozialen geschieht, weshalb eben diese Absetzbarkeit von 100 auf 200 € erhöht worden ist.

Insgesamt ist es also ein großes Paket im Ausmaß von mehr als 3 Milliarden € und ein richtiger Schritt zum richtigen Zeitpunkt in dieser schwierigen Phase, in der wir uns jetzt befinden.

Ich bedanke mich bei all jenen, die dazu ihre Zustimmung geben können. Und bei den anderen bedanke ich mich dafür, dass sie zumindest teilweise anerkennen, dass hier viel Geld für viele Menschen eingesetzt wird – und ich sage: richtig eingesetzt wird! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

15.38


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 112

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

15.38.2810. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und das Bankwesengesetz geän­dert werden (48 d.B. und 130 d.B. sowie 8076/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Vladyka. – Bitte.

 


15.38.43

Berichterstatterin Christa Vladyka: Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Finanz­ausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und das Bankwesen­gesetz geändert werden.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, ich darf daher sogleich zur Antragstellung kommen.

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 24. März 2009 in Verhandlung genommen.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Kraml. – Bitte.

 


15.40.01

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Mit der zur Be­schluss­fassung vorliegenden Änderung des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 soll mehr Sicherheit auf dem Finanzmarkt geschaffen werden. Gerade die Vorfälle der letzten Jahre haben gezeigt, dass hier nachgeschärft werden muss.

Ziel des vorliegenden Gesetzes ist die Stärkung der Leistungsfähigkeit der Anlegerent­schädigung und die Begrenzung des Risikos von Entschädigungsfällen. Übergeordnet soll die Änderung eine verbesserte Stabilität auf dem Finanzmarkt bringen.

Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt die Situation, dass sehr viele Anleger sehr viel Geld verloren haben, weil Produkte auf den Markt gekommen sind, die eigentlich gar nicht auf den Markt hätten kommen dürfen. Da wurden die Kleinanleger sehr oft Länge mal Breite abgezockt, und die verantwortlichen Manager geben sich jetzt als Unschuldslämmer.

Die Änderung nur in Österreich allein wäre allerdings zu wenig, diese Problematik muss europaweit und international angegangen werden. Es geht dabei auch darum, welche Glaubwürdigkeit die Kapitalmarktprospekte haben. Bisher hatte man ja oft den Eindruck bekommen können, dass es sich bei so manchem Prospekt eher um ein Märchenprospekt gehandelt hat, das von jeder Seriosität sehr weit weg war.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 113

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Causa Meinl lässt hoffen, dass künftig Produkte, bei denen Kleinanleger durch Täuschung und Irreführung abgezockt werden, von vornherein auf dem Finanzmarkt keinen Platz mehr finden werden. Nur so kann es einen breitflächigen Schutz geben – einen hundertprozentigen Schutz wird es hier meiner Meinung nach nicht geben können, weil eben immer auch die persönliche Gier eine gewisse Rolle spielt.

Meine Damen und Herren, der Staat, sprich der Steuerzahler, kann aber nicht für alle Produkte, die auf den Markt kommen, quasi eine Staatshaftung abgeben. Das vor­liegende Gesetz sieht ein Vier-Säulen-Modell vor, wonach erst in der Stufe 4 der Staat in besonders schwerwiegenden Fällen haftet.

Die erste Säule sieht die Einführung einer jährlich wiederkehrenden ex-ante-Finan­zierung aus dem Kreis der Konzessionsträger vor. Eine solche Finanzierung mildert das Problem, dass eine relativ geringe Anzahl von Beitragspflichtigen mit geringen Eigenmitteln bei einer anlassbezogenen Finanzierung sehr rasch überfordert ist.

Die zweite Säule sieht vor, dass ein Teil dieser ex-ante-Beiträge in Prämien für eine fixe Versicherungssumme geht, bis ein zur Entschädigungsleistung verfügbares Vermögen erreicht ist. Der Vorteil dabei ist, dass von Anfang an eine namhafte Summe verfügbar ist und das System auch im Wiederholungsfall funktioniert.

Die dritte Säule sieht vor, dass zusätzlich im Entschädigungsfall Sonderbeiträge eingehoben werden können. Die Höhe soll sich an den fixen Gemeinkosten statt an den Eigenmitteln orientieren.

Während die Säulen eins bis drei das System jedenfalls mittelfristig leistungsfähiger machen sollen und somit auch normale Entschädigungsfälle abgedeckt werden können, ist die vierte Säule für die Großschadensfälle vorgesehen, für die dann der Bund über seine Finanzierungshilfen zuständig wird. Für den Bund dürfen damit auch keine haushaltsrechtlichen Verpflichtungen geschaffen werden. Dem Anleger wird aber zugesichert, dass zumindest eine Entschädigung von 20 000 € gesichert ist.

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, dazu kommt noch die Einführung eines Früherkennungssystems für die Anlegerentschädigungseinrichtung analog zu dem der Einlagensicherung bei den Banken. Weiters ist die Einführung spezieller Informations­pflichten der Wertpapierdienstleister gegenüber den Kunden vorgesehen. Gerade im Bereich Anlegerschutz können die Richtlinien nicht streng genug sein. Daher müssen die Früherkennungssysteme auch sehr gut funktionieren, um rasch steuernd eingreifen zu können.

Insgesamt gesehen gibt das vorliegende Gesetz wieder etwas mehr Sicherheit – allerdings nur dann, wenn alle Bereiche auch strengstens unter Kontrolle stehen. Wir werden daher diesem Gesetz die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

15.44


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


15.44.40

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Novelle hat ihren Ursprung in einem Entschließungsantrag des Nationalrates vom letzten Oktober, dessen wesentlicher Inhalt es auch war, Verbesserungsvorschläge bei der Anleger­entschädigung zu schaffen, aber natürlich sind auch Erkenntnisse aus dem Banken-Untersuchungsausschuss miteingeflossen. Der Kernpunkt ist, dass, wenn wirklich ein großer Schadensfall eintritt, die Leistungsfähigkeit in der Anlegerentschädigung nicht gegeben ist. Daher war es unbedingt notwendig, ein neues Regulativ zu schaffen. Dieser Entschließungsantrag, das sei auch noch zu erwähnen, beruht auf einer Fünf-


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 114

Parteien-Regelung, weshalb ich auch nicht verstehe, dass die Freiheitliche Partei hier nicht mitstimmen kann.

Das Vier-Säulen-Modell hat Kollege Kraml schon ausführlich dargelegt. Ich möchte zum vierten Punkt noch kurz anführen, dass dann der Staat in Vorlage tritt und, ähnlich wie bei der Einlagensicherung, den Schadensfall bis zu einem Höchstbetrag von 20 000 € besichert.

Ein paar Sätze noch zum Frühwarnsystem, weil das, ähnlich wie bei der Einlagen­sicherung bei den Banken, eingeführt werden soll. Es gibt hier doch noch ein paar Problemfelder – das wurde auch im Ausschuss vor zwei Tagen bei der Anlegerent­schädigung diskutiert –, ob nämlich mit den vorhandenen Mitteln, mit den Beiträgen, eine Versicherungsdeckung im vorgesehenen Ausmaß erzielbar ist. Das ist noch eine Unbekannte. Das Zweite ist, dass es bei der Anlegerentschädigung auch Bedenken gibt, was das Frühwarnsystem anlangt, denn aufgrund der Konzessionsgestaltung der Wertpapierfirmen kann ein Schaden eigentlich nur bei kriminellen Machenschaften eintreten. Diesbezüglich sind wir in der Zwischenzeit ja einiges gewohnt, wenn man nur an die Situation denkt, die Bernard Madoff „geschaffen“ hat – unter Anführungs­zeichen –, ein amerikanischer Finanzhai, der 50 Milliarden Dollar verspekuliert hat, inzwischen natürlich verhaftet wurde beziehungsweise unter Hausarrest steht. 50 Mil­liarden Dollar – eine unvorstellbare Summe, die durch Spekulation vernichtet worden ist. Es liegt deshalb natürlich auch in der Natur der Sache, dass es schwierig ist, für derart kriminelle Handlungen ein entsprechendes Frühwarnsystem zu installieren.

Weitere Stichworte sind schon angesprochen worden; etwa die Meinl Bank, European Land oder die Sammelklage, die sich derzeit gegen AWD konstituiert und die vom VKI geführt wird. Dabei geht es um viele Tausende österreichische Anleger, die betroffen sind.

Das sind nur einige Beispiele, die ich jetzt erwähnt habe; europaweit, weltweit sind es Tausende, sie würden ganze Bücher füllen.

Ich gebe auch Kollegem Kraml recht, der gesagt hat, hier braucht es ein internationales Regulativ. Wir müssen im Bereich der EU Vorreiter sein, um dann von der EU aus alle anderen EU-Staaten dazu zu bringen, eine gemeinsame Regelung zu finden, dass es auch Produkte auf dem Markt gibt, die durchschaubar sind, die für jedermann verständlich sind, dass es nicht so ist, dass das nur noch die obersten Manager verstehen und jene Leute, die das Produkt anbieten, quasi nicht wissen, mit welchen Informationen sie die Leute, die das abschließen wollen, dann füttern sollen, weil es einfach unverständlich ist. Ich denke, wir müssen dem Missbrauch der kriminellen Energien im Bereich der Anleger endgültig einen Riegel vorschieben.

Sehr verehrte Damen und Herren! Ich bedanke mich beim Finanzminister und beim Staatssekretär für die gute Gesetzesvorlage zum Schutz der österreichischen Anleger. Wir werden gerne unsere Zustimmung geben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Zangerl.)

15.48


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.

 


15.48.53

Bundesrat Efgani Dönmez (ohne Fraktionszugehörigkeit, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe KollegInnen! Was bleibt noch anzumerken?, das meiste wurde bereits gesagt. Kollege Edgar Mayer hat ebenfalls schon sehr vieles von dem, was ich sagen wollte, angeführt (Bundesrat Mayer: Entschuldigung!), deshalb werde ich mich wie immer ganz kurz halten.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 115

Dass wir heute – trotz aller Bemühungen – um den Anlegerschutz einen Deckel ziehen, das halte ich für sinnvoll, denn auf Konsumentenschutz und AnlegerIn­nen­schutz sollten wir immer ein Auge haben. Es wurde auch schon ein Beispiel angeführt: Wenn irgendwelche Banken, zum Beispiel isländische Banken, 10 Prozent Rendite und mehr versprechen, dann sollte das eigentlich alle Alarmglocken läuten lassen. Allein der Hausverstand müsste einem sagen, dass solche hohen Versprechungen auch mit Risiken verbunden sind, dass das ein relativ gefährliches Spiel mit dem Feuer ist. Deshalb ist es wichtig, dass es diesbezüglich eine Deckelung gibt.

Wir hoffen, dass sich nach dem Auslaufen des Bankenpaketes bei der Sicherung bei den Spareinlagen auch ein oberer Deckel findet, denn eine Regelung über 20 000 € oder 50 000 €, wodurch über 90 Prozent der Einlagen und somit auch der Sparer und Sparerinnen erfasst sind, ist wichtig.

Die Untersuchungsausschüsse, vor allem der Banken-Untersuchungsausschuss hat zutage gefördert, was das Problem war und nach wie vor ist, denn – Kollege Mayer hat es schon angesprochen – man hat entdeckt, dass die Anlegerentschädigung so nicht funktioniert. Der Untersuchungsausschuss hat ans Licht gebracht, dass die internationale Verflechtung der Aufsichtsbehörden nicht nur nicht stattfindet, sondern dass sie sich auch gegenseitig behindern. Und so etwas soll und darf nicht sein.

Wir müssen darauf achten, dass bei den Behörden und bei den Institutionen besser zusammengearbeitet wird, damit in der Zukunft derartige Probleme nicht mehr oder eben nur noch in gemindertem Maße auftreten.

Vieles ist, wie gesagt, schon angesprochen worden, und wir werden diesem so zustim­men. – Danke. (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum und bei Bundesräten der SPÖ.)

15.52


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

15.52.2711. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird – Konjunkturbele­bungs­gesetz 2009 (91 d.B. und 134 d.B. sowie 8077/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Sodl. – Bitte.

 


15.52.42

Berichterstatter Wolfgang Sodl: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ein­kommensteuergesetz 1988 geändert wird – Konjunkturbelebungsgesetz 2009 liegt Ihnen schriftlich vor. Ich komme sogleich zum Antrag.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 116

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 24. März 2009 mit Stim­men­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke. – Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Mitterer. – Bitte.

 


15.53.30

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! „Wieder Erstredner!“, war ein Zwischenruf, bevor ich ans Rednerpult geeilt bin. Ich könnte es auch so machen, um nicht Erster zu sein – was ich bei den Grünen vorhin befürchtet habe, aber diese Befürchtung hat sich nicht bewahrheitet –: mich als Pro-Redner auf die Liste setzen zu lassen und dann dagegen zu stimmen. Diesen Purzelbaum wie beim vorvorherigen Tagesordnungspunkt muss man erst einmal zustande bringen: im Nationalrat bei der Steuerreform beziehungs­weise Tarifsenkung dagegen zu sein und hier im Bundesrat dafür zu stimmen. Das kommt mir ungefähr so vor wie ein Richtungswechsel mit einem fahrenden Zug. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass auch der Richtungswechsel mit Van der Bellen und Glawischnig so ähnlich stattgefunden hat.

Ich habe mir während der Ausführungen der Frau Kollegin Anneliese Junker keinen Zwischenruf erlaubt, ich wollte keinen machen, weil ich gedacht habe, das war die Jungfernrede. (Zwischenruf der Bundesrätin Junker.) – War sie gar nicht? (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Junker.) Frau Kollegin, dann war ich sogar überfair, aber ich habe im Landtag und auch im Nationalrat gelernt, dass man Jungfernreden nicht durch Zwischenrufe stört. Eine Rechnung müssen Sie für mich vielleicht später noch richtig stellen. Sie meinten, dass sich ein junger Arbeitnehmer bei einem Einstiegslohn von 1 100 € aufgrund der neuen Steuerreform einen Monatslohn im Jahr ersparen wird. Das müssen Sie mir vorrechnen, denn bei einem Einstiegslohn in dieser Höhe zahlt man null Lohnsteuer. Wie soll man sich dann ...? (Bundesrätin Junker: Das habe ich nicht gemeint!) Sie haben diese 1 370 €, die sich die Generaldirektoren ersparen werden, gemeint. Das wird sich der junge Arbeitnehmer noch nicht ersparen. Aber wir reden dann vielleicht bei einem Kaffee einmal darüber, wie Sie selbst gemeint haben. (Aha-Rufe und Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP.) Warum nicht?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Konjunkturbelebungspaket 2 – das erste war nicht sehr erfolgreich; wir haben heute gehört, wie gut es gegriffen hat: Wir haben nach wie vor steigende Arbeitslosenraten! –, das Konjunkturbelebungs­paket 2 soll Betrieben Anreize bieten, auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Inves­titionen zu tätigen. Das ist ganz richtig gedacht und auch edel, geplant von der Bun­desregierung ist jedoch nur eine degressive Absetzung für Abnutzung. Das bedeutet nichts anderes, als dass anfallende Abschreibungen zeitlich vorgezogen werden. Das heißt, dass man sofort nach einer Investition relativ schnell hohe Absetzbeträge geltend machen kann.

Das führt dazu, dass man natürlich in dieser Phase auch einen geringeren Gewinn zu versteuern hat. Der Steuervorteil allerdings, der zu Beginn auftritt, wird später durch geringere Abschreibungen, weil man einen Teil vorgezogen hat, auf jeden Fall wieder kompensiert – das ist eine Tatsache –, dadurch gibt es auf Dauer gesehen nach unserer Rechnung – und ich bin selbst Unternehmer – lediglich einen Zinsgewinn. Betriebe, die in Verlustzonen arbeiten – und das sind meist solche, die sich gerade in der Investitionsphase befinden –, zahlen keine Steuern, haben also keinen Vorteil in der ersten Phase und dadurch auch kaum Anreiz für neue Investitionen.

Wir haben im Nationalrat ein Modell angedacht, das schon einmal in Österreich Gültigkeit gehabt hat, nämlich die sogenannte Investitionsprämie, die ganz anders


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wirkt. Damals waren es 10 Prozent, ich könnte mir vorstellen, dass das wieder in dieser Größenordnung sein könnte. Damit fördert man auch gewinnlose Unternehmen in dieser Phase. Die Finanzbehörde zahlt zum Beispiel bei einer Investition von 100 000 € direkt 10 000 € aus oder schreibt das dem Investor, dem Betrieb, der investiert, praktisch dem Abgabenkonto gut. Somit hat das eine Finanzmittel beschaf­fende Wirkung. – Ein ganz wesentlicher Punkt in einer Phase, in der Leute Geld in die Hand nehmen oder auch Kredite aufnehmen, um letztlich Investitionen durchzuführen.

Wir glauben, dass das eine bessere Konjunkturbelebung wäre. Wenn man sagt, beides ist gut, könnte man eventuell sogar noch ein Modell zur Diskussion stellen: dass man es den Betrieben überlässt, ob sie eine Investitionsprämie oder das jetzt zur Be­schluss­fassung anstehende nur vorgezogene Abschreibungsmodell in Anspruch neh­men wollen.

Im Nationalrat wurde auf unsere Anträge leider nicht eingegangen, deshalb bleibt uns im Moment nichts anderes übrig, als dieses Gesetz heute zu beeinspruchen und den Antrag auf Nichtbeeinspruchung abzulehnen.

15.58


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Klug. – Bitte.

 


15.58.57

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren Besucherinnen und Besucher! Die nun zu beschließende Maßnahme, also das Konjunkturbelebungsgesetz 2009, ist zweifelsohne aus unserer Sicht von dem Ziel getragen, die Investitionen bei den Unternehmungen zusätzlich zu fördern, weil wir diese Maßnahme als Einzelmaßnahme brauchen.

Es ist darüber hinaus auch kein Geheimnis, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir im Moment in dieser wirtschaftlich schwierigen Situation – Finanzkrise, Auswirkungen auf die Realwirtschaft; man braucht sich nur täglich die Daten auf dem Arbeitsmarkt näher anzuschauen – vor der besonders großen Herausforderung stehen, an den vielen Rädchen möglichst rasch, sinnvoll und gemeinsam zu drehen, um als kleine Volkswirtschaft möglichst gut gegensteuern zu können. Das ist zweifelsohne eine große Herausforderung, die auch nicht leicht zu bewältigen ist.

Insofern, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, ist es natürlich eine unglaublich angenehme Politik, sich im Sessel zurückzulehnen und zu sagen, dies sei zu wenig und jenes sei zu wenig. – Wir werden trotzdem nicht müde werden, viele gute Ideen auf den Tisch zu legen, um irgendwann einmal auch die Opposition zu einem Ja zu bewegen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade im Bereich des Konjunkturbelebungs­geset­zes 2009 möchte ich doch nicht unerwähnt lassen, dass eigentlich der große Geist an sich eine nachfrageorientierte Fiskalpolitik ist. Für diesen Weg der Fiskalpolitik haben wir uns gemeinsam entschieden, weil wir doch davon ausgehen, dass jene Expertin­nen und Experten, die uns in diesem Zusammenhang täglich und wöchentlich beraten – und insofern, Kollege Dönmez, sind wir auch nicht beratungsresistent –, natürlich recht haben, wenn sie darauf aufmerksam machen, dass gerade diese Finanzkrise Auswirkungen auf den privaten Konsum haben wird und dass gerade diese Finanzkrise auch negative Auswirkungen auf die Investitionen in der Realwirtschaft haben wird. Und diese beiden Faktoren – nämlich die negativen Auswirkungen auf den Konsum und die negativen Auswirkungen auf die Investitionen – bedeuten letztlich natürlich einen brutalen – theoretisch brutalen – Anstieg bei der Arbeitslosigkeit.


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Um diesen zu vermeiden, versuchen wir natürlich, Konjunkturprogramme auf die Beine zu stellen. Da es heute schon zweimal vorgekommen ist, dass sich die Opposition im Bundesrat im Wesentlichen durch selektive Wahrnehmung ausgezeichnet hat, möchte ich noch einmal in Erinnerung rufen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir auch schon ein Konjunkturpaket 1 und ein Konjunkturpaket 2 gehabt haben und dass die Steuerreform, die wir heute schon beschlossen haben, auch zur Konjunkturbelebung beitragen wird.

Wenn wir uns dann darüber hinaus gerade die Beschäftigungsimpulse näher ansehen, insbesondere die 1 Milliarde € für die Infrastruktur – 16 300 Arbeitsplätze – oder die 2 Milliarden durch die Lohnsteuersenkung – 13 500 Arbeitsplätze; der Herr Staats­sekretär hat den Kollegen Otto Farny beim Hearing im Nationalrat schon hervor­gehoben –, dann sind das rund 30 000 Arbeitsplätze, von denen wir hoffen, dass sie doch mittel- und langfristig abgesichert werden können, und selbstverständlich sind insbesondere Multiplikatoreffekte zu erwarten, die in diesem Zusammenhang letztlich auch auf die Realwirtschaft überschwappen werden und gute Impulse für die Kon­junktur liefern werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden morgen in den einschlägigen Medien die nächste Konjunkturprognose dargestellt bekommen, und man braucht kein großer Prophet zu sein, um heute schon davon ausgehen zu können, dass sich in diesem Zusammenhang die wesentlichen Eckpunkte keinesfalls verbessern werden. Es wird insbesondere dringend notwendig sein, den Investitionsanreiz im Bau und bei der Ausrüstung zu beleben, und wir sind guten Mutes, dass diese weitere Maßnahme mit der vorzeitigen Abschreibungsmöglichkeit im Konjunkturbelebungsgesetz 2009 einen weiteren kleinen Mosaikstein darstellt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachdem wir im Zusammenhang mit der Steuer­reform 2009 schon die Gelegenheit hatten, wunderbare Vergleiche in die Vergangen­heit ziehen zu dürfen, möchte ich die Gelegenheit noch einmal nutzen, um in diesem Zusammenhang den Unterschied in der Regierungsarbeit – die im Moment keine einfache ist – auf den Punkt zu bringen, wenn deine Fraktion, Peter Mitterer, in der Regierung ist und wenn – wie jetzt – die SPÖ in der Regierung ist.

Wenn die SPÖ in der Bundesregierung ist, dann werden mit Steuermitteln Investitionen im Inland gefördert. Wenn die SPÖ in der Bundesregierung ist, werden mit Steuer­mitteln Arbeitsplätze im Inland gefördert, und das ist der Unterschied. Wir bemühen uns jetzt, eine nationale Kraftanstrengung für den inländischen Arbeitsmarkt auf die Beine zu stellen. Den Unterschied sieht man auch daran, wie wir uns jetzt bemühen, mit einem nationalen Kraftakt die Investitionsanreize für die österreichische Wirtschaft zu unterstützen. In diesem Sinne werden wir auch nicht müde werden, die Opposition irgendwann zu einem Ja zu bewegen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

16.05


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin: Frau Bundesrätin Junker. – Bitte.

 


16.05.36

Bundesrätin Anneliese Junker (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesrat Mitterer! Es ehrt mich, wenn Sie meinen, ich sei noch „Jungfrau“ (Heiterkeit), aber in meinem Alter wäre es schade. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ. Bundesrat Mitterer: Darauf wäre ich nicht stolz!) Danke, dass Sie mich nicht unterbrochen und nicht aus dem Gleichgewicht gebracht haben – Sie haben mich aber falsch verstanden. Ich wollte nur ein Verhältnis herstellen, was die Steuerentlastung dem Einzelnen bringt, im Vergleich zu dem, was unsere Angestellten verdienen.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 119

Mir ist sehr wohl klar, dass eine Angestellte mit 1 200 € Bruttogehalt eine Ersparnis von 450 € hat, aber das ist für diesen jungen Menschen viel Geld. 450 € ist unter Um­ständen der halbe Urlaub, den man ja im Ausland verbringen kann. Wenn man in Österreich bleibt und an unsere schönen Seen – nach Kärnten, in die Steiermark – fährt, dann kann man in einer Pension wohnen, und mit den 450 € kann man 14 Tage lang den wunderbarsten Urlaub verbringen, den man sich nur vorstellen kann, mit Wandern, mit Schwimmen, mit allem, was es bringt. (Beifall bei der ÖVP. Bundesrat Mag. Klug: So ist es!)

Wir sprechen jetzt aber über das Konjunkturbelebungsgesetz, das meiner Meinung nach eine wunderbare Ergänzung zur Steuerreform darstellt, die wir ja gerade heute auch beschlossen haben.

Angesichts der wirtschaftlich angespannten Lage ist eine Maßnahme zur Investitions­förderung genau das richtige Signal. Wir haben vor 15, 20 Jahren den Investitions­freibetrag eingeführt, der von 12 Prozent auf 6 Prozent gesunken ist, der unseren Unternehmen auch die Investitionen erleichtert und schmackhaft gemacht hat.

Wir hatten in letzter Zeit die Investitionszuwachsprämie, der ich am Anfang sehr kritisch gegenübergestanden bin, die aber, wie ich beim Durchrechnen feststellen konnte, für die Unternehmer wirklich Positives gebracht hat und dem Investitions­freibetrag um nichts nachgestanden ist.

So glaube ich auch, dass unser heute zu beschließendes Konjunkturpaket für die Investition in bewegliche Wirtschaftsgüter – das sind solche Güter, die nicht festge­mauert in der Erde sind – einen Anreiz darstellen wird – im Zusammenhang mit dem Energiesparen, das ja vom Bund hervorragend gefördert wird. Wir vom Land Tirol verstärken diese Förderungen, und da glaube ich schon, dass die 30-prozentige vorzeitige Abschreibung im ersten Jahr wirklich ihre Früchte tragen wird und die Unternehmer sicher dazu animiert, ihre Anlagegüter schneller neu anzuschaffen, und dass Investitionen, um die Konjunktur zu beleben, auch getätigt werden. Darum sollten wir dieses Konjunkturbelebungsgesetz auch gemeinsam beschließen. Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

16.08


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

16.09.1112. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine Ökoprämie für Fahrzeugtausch eingeführt wird (Ökoprämiengesetz) (92 d.B. und 137 d.B. sowie 8070/BR d.B. und 8078/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Sodl. – Bitte.

 


16.09.26

Berichterstatter Wolfgang Sodl: Der Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 120

eine Ökoprämie für Fahrzeugtausch eingeführt wird (Ökoprämiengesetz), liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 24. März 2009 mit Stim­men­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


16.10.01

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Grüne, Niederösterreich. – Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! An dieser Ökoprämie ist leider nichts „Öko“. Das ist auch der Grund, warum wir heute nicht zustimmen und warum ich wieder als Erste rede.

Das Problem ist: Man gibt ein altes Auto weg, kriegt dafür ein neues, aber bei der Entscheidung, ob man die Prämie dafür bekommt oder nicht, wird nicht berücksichtigt, ob das neue Auto auch weniger CO2 ausstößt als das alte. Im Prinzip kann ich also meinen alten Daihatsu oder was auch immer verschrotten lassen und mir einen SUV kaufen, stoße damit mehr CO2 aus als vorher – und bekomme noch eine Prämie, die sich mit dem Wort „Öko“ schmückt. Das „Öko“ vorne ist einfach ein Schwindel!

Außerdem kommt noch dazu: Es gibt weitaus umweltfreundlichere Fortbewegungs­mittel als ein neues Kfz, selbst wenn es ein sparsames neues Kfz ist. Es gibt zum Beispiel Elektroautos, die werden in Niederösterreich meines Wissens mit 300 € Zuschuss gefördert – im Vergleich zur Ökoprämie nicht sehr viel. Bahnfahrerinnen, die auch sehr ökologisch unterwegs sind – nämlich wie mit einem Nicht-einmal-1-Liter-Auto – bekommen auch keine Ökoprämie. Also im Prinzip ist das Problem: An dieser Prämie ist nichts Öko, es ist eine Wirtschaftsförderung für den Fahrzeughandel und vielleicht auch für die Fahrzeugindustrie, wahrscheinlich aber eher für den Handel.

Das Problem, das damit offenbar gelöst werden sollte oder könnte, ist, dass die Fahrzeugindustrie in den letzten Jahren bereits Hunderttausende Fahrzeuge auf Halde produziert hat, die jetzt stehen und wegkommen müssen. Die Politik unterstützt, dass sie jetzt wegkommen, aber letztendlich ist es ein Tropfen auf dem heißen Stein, denn man muss – langfristig gedacht – doch davon ausgehen, dass der Zuwachs an Kfz-Zulassungen sicher nicht in dem Ausmaß steigen wird, wie er in den letzten zehn, 20 Jahren gestiegen ist. Irgendwann einmal ist Ende, es braucht nicht jeder zwei, drei Autos, sondern irgendwann einmal werden die Zulassungen in etwa gleich bleiben, sprich: Es wird wahrscheinlich auch in der Autoindustrie irgendwann einmal zu einem Schrumpfen kommen.

Im Prinzip würde ja nichts gegen diese Prämie sprechen, wenn die Republik Österreich gerade enorm viel Geld auf der hohen Kante hätte. Dann könnte man auch diese Prämie auszahlen, natürlich. – Dass das leider nicht der Fall ist, hören wir immer wieder. Es war jetzt, wie wir gehört haben, sehr schwierig, Mittel für diesen Finan­zierungsscheck aufzubringen. Es ist monatelang hin- und hergegangen, wo man das Geld dafür hernimmt.

Es gibt immer noch zu wenig Geld für Ökostrom-Projekte, es gibt zu wenig Geld für Photovoltaik-Anlagen, für Windräder, für alles mögliche. Es gibt überhaupt zu wenig Geld für den öffentlichen Verkehr – aber für die Ökoprämie hätten wir es! – Wir sind der Meinung, das ist die falsche Investition.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 121

Ich möchte ganz kurz noch einen kleinen Vergleich bringen, nämlich die Vermeidungs­kosten pro Tonne CO2. Die liegen bei der Verschrottungsprämie – so würde ich es benennen; „Ökoprämie“ ist einfach wirklich ein Schwindel – bei zirka 1 400 bis 3 600 € pro Tonne CO2. Bei Agro-Treibstoffen, die ich auch nicht übermäßig befürworte, liegen sie immerhin schon bei 150 bis 300 € pro Tonne CO2. – Das ist ungefähr ein Zehntel.

Selbst bei Photovoltaik-Strom liegen die Vermeidungskosten bei 150 bis 200 € pro Tonne CO2, bei Windenergie dann nur mehr bei 20 bis 50 €, und wenn man das mit der Wärmedämmung vergleicht, die man ja, wenn man sie einmal investiert, viele, viele Jahre genießen kann, sieht man, dass dort der Nettovermeidungsnutzen 130 € pro Tonne CO2 ausmacht. Im Vergleich jetzt noch einmal die Vermeidungskosten der Verschrottungsprämie: Die liegen bei 1 400 €. – Das ist einfach nicht effizient, nicht effektiv, und deshalb werden und können wir das auch nicht unterstützen. (Beifall des Bundesrates Schennach.)

16.14


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Beer. – Bitte.

 


16.14.25

Bundesrat Wolfgang Beer (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Um vielleicht auch ein bisschen darauf einzugehen, ob wir es „Ökoprämie“ oder „Verschrottungsprämie“ nennen, möchte ich sagen, dass man schon davon ausgehen kann, dass sich Men­schen, die ein Fahrzeug besitzen, das – und das steht auch im Gesetz – vor 1995 gekauft wurde, also 13 Jahre alt sein sollte, nicht ein Fahrzeug kaufen werden, das einen erheblich höheren CO2-Ausstoß hat, weil da einfach die Relation zwischen Ankauf des Neuwagens und eines normalen Kleinwagens nicht so wirklich gegeben ist. (Bundesrätin Kerschbaum: Dann kann man es ja gleich reinschreiben!)

Es waren, wenn wir uns die Geschichte dieser Ökoprämie – oder Verschrottungs­prämie, wie immer wir sie nennen; im Gesetz wird sie eben als Ökoprämie be­zeichnet – anschauen, bei Fahrzeugen aus dem japanischen oder asiatischen Bereich Exporteinbrüche von über 50 Prozent zu verzeichnen. Dieselbe Problematik hat auch die deutsche Autoindustrie betroffen. In Deutschland wurde eine Prämie von 2 500 € beschlossen, ebenso in Frankreich. Diese Prämie hat in Deutschland bewirkt, dass in erster Linie Kleinwagen gekauft wurden und es in der Zwischenzeit einen Liefereng­pass bei Kleinfahrzeugen gibt.

Wir sollten uns auch ganz genau anschauen, was wir mit dieser Prämie bezwecken wollen. Es ist auch so, dass diese Prämie in Österreich nicht als Einzelmaßnahme gesehen werden kann. Es ist ein europäisches Problem, und wir in Österreich schließen uns auch dieser Idee der Förderung für den Ankauf eines Neufahrzeuges ganz einfach an.

Diese Maßnahme – 1 500 € für ein Fahrzeug – ist nicht die einzige, die wir hier in Öster­reich setzen. Wir haben immerhin 60 Millionen € für zusätzliche Forschungs­ausgaben bereitgestellt. Davon sollen 20 Millionen € zusätzlich für die Forschung in der Autozulieferindustrie und für die Entwicklung alternativer Energiekonzepte und Antriebe bereitgestellt werden.

Wenn wir betrachten, wie viele Menschen in der Zulieferindustrie – ich glaube, die Zulieferindustrie ist als Schlüsselindustrie zu bewerten – beschäftigt sind, dann sprechen wir von 65 000 Direktbeschäftigten. Wenn wir den Handel und den Zubehör­handel dazunehmen, geht es um mehr als das Doppelte an Beschäftigten.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 122

Wenn keine Maßnahmen gesetzt werden, besteht die Problematik, dass es bis zum Jahr 2010 in dieser Zulieferindustrie Schätzungen zufolge 33 000 Arbeitslose mehr geben wird.

Die Maßnahme einer Ökoprämie ist, wie schon vorher gesagt, nicht einzeln zu betrachten, sondern auch im Zusammenhang mit der Kurzarbeit. Wir haben ja auch bei der Kurzarbeit eine Flexibilisierung durchgeführt. Kurzarbeit kann also bis maximal 18 Monate – anstatt bis sechs Monate wie bisher – ausgedehnt werden. Zu den Zulieferfirmen – um nur einige große zu nennen: BMW in Steyr, die voestalpine in Linz, MAGNA in Graz und nicht zuletzt im Wiener Bereich GM in Aspern –: Wir haben gesehen, dass in diesem Asperner Werk Kurzarbeit angemeldet wurde, und dass – sicherlich nicht allein wegen der Ökoprämien, aber aufgrund der Ökoprämie in Deutschland, von der auch die österreichische Zulieferindustrie sehr stark abhängig ist – die Kurzarbeit wieder zurückgenommen wurde.

Betrachten wir das Ganze also nicht als Einzelmaßnahme, sondern betrachten wir es als Gesamtpaket und als eine gute Maßnahme, hier in Österreich eine weitere Stabilisierung vorzunehmen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

16.19


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Redner gelangt Herr Bundesrat Mitterer zu Wort. – Bitte.

 


16.19.27

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Eine kurze Anmerkung dazu. – Wir haben ja auch im Nationalrat dagegen gestimmt, und ich möchte kurz begründen, warum wir auch hier im Bundesrat diese Maßnahmen nicht mittragen.

Wir wissen zu wenig genau – das, glaube ich, hat auch Frau Kollegin Kerschbaum schon herausgearbeitet –, ob es sich dabei um eine Ökoprämie oder um eine Wirt­schaftsförderung für die Autoindustrie handelt. Was steht dabei im Vordergrund?

Es gibt positive Auswirkungen dieser Art von Förderung und dieser Ökoprämie in anderen Ländern der Europäischen Union, und das würde uns eigentlich recht geben, wenn wir sagen: Ja, ihr habt den richtigen Weg gewählt, machen wir doch Ähnliches auch!

Aber in vielen Punkten ist dieses Gesetz unausgegoren und verbesserungswürdig. Ich zähle nur ein paar Schlagworte auf: Wirtschaftlich genützte Autos, die zum Betriebs­vermögen gehören, sind nicht enthalten. Das sind meistens Fahrzeuge, die relativ viel Schadstoff produzieren, weil sie relativ viel Kilometer fahren, und mir ist nicht erklärlich, warum diese Autos herausgenommen wurden.

13 Jahre sind meines Erachtens zu lange, um wirksam tätig zu sein, und wenn man manche Zweitautos betrachtet, die ganz, ganz wenig gefahren werden, muss man sagen, da ist die Energieersparnis im Verhältnis zum Energiebedarf bei der Verschrot­tung zu gering.

Der vierte Punkt, Wirtschaftsförderung oder Kaufkraftverstärkung, wird kaum erreicht.

Jedenfalls lehnen wir das Gesetz in dieser Form ab.

Eine Anregung für die Regierung, etwas, was wir schon längst gefordert haben, was aber natürlich etwas teurer ist als die Verschrottungsprämie, wäre die Abschaffung der Normverbrauchsabgabe. Das ist etwas, was andere Länder nicht haben, aber sehr auf die Geldtasche der Bürger drückt, denn damit könnte man längerfristig den Kauf von Neuautos – in Klammern: umweltfreundlichen Neuautos – fördern, den Pendlern helfen


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 123

und damit auch unsere Wirtschaft stärken. (Beifall der Bundesräte Schennach und Dönmez.)

16.21


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster kommt Herr Bundesrat Hensler zu Wort. – Bitte.

 


16.21.55

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! Wir haben heute das Ökoprämiengesetz auf der Tagesordnung. Erlauben Sie mir vorerst die Bemerkung: Es ist unbestritten, dass dieses Ökoprämiensystem gewisse Diskus­sionen hervorgerufen hat: hier im Bundesrat, im Nationalrat, ganz allgemein in der Öffentlichkeit, und jeder, der Politik an der Basis macht, wird das zweifelsohne bestätigen.

Ich persönlich glaube, dieses System ist unter zwei Gesichtspunkten zu sehen. Es wurde heute bereits erwähnt, dass die Konjunkturentwicklung in der Fahrzeugbranche bedenklich ist. Egal, wo man hinschaut: Es geht um Arbeitsplätze; das ist unbestritten. Mein Kollege hat gerade darauf hingewiesen, wie viele Menschen hievon betroffen sind. Das dokumentiert, dass wir uns gerade auch in diesem Bereich Gedanken machen.

Gleichzeitig möchte ich hier zwei Punkte hervorstreichen, nämlich einerseits die Hilfeleistung für die Fahrzeugbranche und andererseits die große Hilfe für die Umwelt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, unbestritten ist: Umwelt ist ein Thema. Ich habe mir das heute angesehen: Bei jedem zweiten Tagesordnungspunkt kommt das Wort „Umwelt“ vor. Man sieht, welch hohen Stellenwert die Umwelt generell hat, und ich bin wirklich sehr froh, dass ... (Bundesrätin Kerschbaum: Das ist ein gutes Marketinginstrument!) Ja, gnädige Frau, das stimmt! Sie aber stehen jeder Äußerung negativ gegenüber.

Die Grundvoraussetzung ist, dass man sich Gedanken gemacht hat. Umwelt steht mehr denn je im Mittelpunkt der Überlegungen. Österreich hat gerade in Bezug auf die Umweltstandards generell eine Vorbildwirkung. Ich weiß schon, und ich möchte das auch nicht verhehlen, es ist ein kleiner Beitrag für die Umwelt, da es sich ja nicht um ein großes Volumen handelt, aber es ist, möchte ich sagen, ein wichtiger Beitrag, der sicher Vorbildwirkung generell in Europa und für unser Heimatland Österreich haben soll und haben wird.

Klar ist auch – das möchte ich auch noch sagen, obwohl es heute bereits angeschnit­ten wurde –: Es kostet etwas. Es kostet 1 500 €; die Hälfte trägt der Bund, die andere Hälfte der Fahrzeughandel. Das ist auch unbestritten. Wichtig ist aber, dass dadurch erreicht wird, dass alte Autos, die 1996 angemeldet wurden, aus dem Markt genom­men werden.

Von Kollegen wurde bekrittelt, dass dann nicht die entsprechenden Fahrzeuge ange­kauft werden. – Meines Wissens handelt es sich hier um Euro-4-Fahrzeuge, die ja einen wesentlich höheren Standard haben als Fahrzeuge, die verschrottet werden. Es ist dies daher ein richtiger Schritt in diesem Bereich; es geht hier um 30 000 Fahrzeuge.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! So gesehen ist das vorliegende Gesetz ein gutes Gesetz in einer schwierigen Zeit: eine Ökoprämie für eine bessere Umwelt. – Danke, geschätzter Herr Staatssekretär! (Beifall bei der ÖVP.)

16.26



BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 124

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


16.26.10

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staats­sekretär! Lieber Kollege Hensler, ich sage es anders: Es ist ein dummes Gesetz! Es ist ein ausgesprochen dummes Gesetz, und das wissen Sie auch. Und mit „Öko“ hat das überhaupt nichts zu tun, und zwar absolut nichts!

Auch wenn Sie etwas verschrotten und wieder herstellen, verbrauchen Sie Rohstoffe und Energie sonder Zahl. Und wenn Sie jetzt damit kommen, dass die Abgase ein bisserl weniger werden, dann muss ich Ihnen sagen: Bitte schön, da gibt es alte Benziner, die 13 Jahre alt sind und wesentlich weniger Feinstaub als die neuen Autos produzieren.

Es ist ein ausgesprochen dummes Gesetz, und wir ziehen hier eigentlich nur nach. Ich glaube, der Kollege Beer hat über die Landesgrenzen geschaut. Nehmen wir einmal eine ganz unverdächtige Zeitung, „Die Welt“ vom 9. März, her: Da wird eine große Geschichte gebracht, und da sagt ein Autohändler: Der Wahnsinn geht in eine neue Runde! – Man hat das in Deutschland verlängert. – Und weiters: Die Abwrackprämie hat hierzulande – also in Deutschland – einen lange nicht erlebten Kaufrausch ausgelöst!

Wenn man jetzt in Deutschland ein Auto kauft, dann ist es wie in Polen unterm Kom­munismus. Wie lange sind die Wartezeiten? – Er hat gesagt, es gibt Liefer­ver­zögerungen. – Sagen wir es doch, wie es ist: Wenn Sie in Deutschland ein Auto kaufen wollen, kann es zu einer Lieferverzögerung von bis zu sechs Monaten kommen. Drei Monate – da sind Sie „Kaiser“! Da haben Sie unheimlich tolle Beziehungen, wenn Sie innerhalb von drei Monaten ein Auto kriegen. Im Schnitt sind es sechs Monate.

Was sagt der Zentralverband der deutschen Kraftfahrzeughersteller? – Er bestätigt diese Lieferfristen: Zwischen Kauf und Zulassung liegen Monate. Wir sind damit sehr zufrieden. – Zitatende. (Bundesrat Hensler: Na ja, ...!) – Ich will Ihnen nur die Bestätigung liefern. Das Ganze rechnet sich auch in Deutschland nicht für den deutschen Markt, denn: Was wird denn gekauft? – Sie können das gerne lesen: Es werden Renault, Fiat, nämlich Kleinwagen gekauft; da hat Kollege Beer recht gehabt. Aber das, was man in Deutschland eigentlich wollte, was die deutsche Kfz-Industrie wollte, die sich ja für das völlig falsche Programm entschieden hat, ist nicht eingetreten, denn dicke, Benzin fressende Autos und so weiter, Vielverbraucher also, bleiben hängen.

Aber gehen wir weiter. – Ökoprämie: Bei diesem Wort denkt man an George Orwell, an die Umdeutung der Sprache. Aber jetzt werden Sie sagen: Bitte schön, der ist schon lange tot. Wir können ja auch jemanden aus der Literatur hernehmen, der noch lebt und diese Krise mitbekommen hat. Es ist einer der Literaturpäpste Deutschlands, Hans Magnus Enzensberger, der „Das Alphabet der Krise“ herausgegeben hat. Und die Deutschen sind zumindest ehrlich: Sie sagen nicht Ökoprämie, sondern Abwrackprämie. Wenn Sie im Lexikon nachlesen, steht da:

Abwrackprämie, die: Belohnung für die Vernichtung von Gebrauchsgegenständen. Ihr Besitzer empfängt die Prämie, die er als Steuerzahler entrichtet. Abgewrackt werden auch insolvente Banken. In diesem Fall kommt die Prämie als Bonus den Managern zugute, die für die Pleite gesorgt haben. – So viel zum Thema Abwrackprämie.

Da Kollege Beer verkündet hat: Das ist ein Paket!, man muss das im Paket sehen – das man nur nicht sieht dabei –, gehen wir doch in diesem Lexikon zum Wort Paket!


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 125

Paket, das: Sperrgut, das, als stünde Weihnachten vor der Tür, überall geschnürt und auf den Weg gebracht wird. – Kollege Beer hat es gesagt. – Der Versand erfolgt nicht per Nachnahme. Die Rechnung übernimmt auf keinen Fall der Empfänger. Der Inhalt ist mindestens neunstellig und erinnert an ein beliebtes Geschenk zum Kinder­geburts­tag: an die Wundertüte. – Zitatende.

Und genauso ist es! Wir hören: 1 500 €, und wir müssen nur die Hälfte zahlen! – Ja, verarscht ihr die Leute? Wenn Sie heute auf dem Markt ein Auto kaufen wollen, dann können Sie derzeit mit 20 Prozent Rabatt rechnen. 20 Prozent! Diese Rabatte werden jetzt Ihrer Prämie gegenverrechnet. (Widerspruch bei SPÖ und ÖVP.) Na, gehen Sie doch zum Fahrzeughandel! Dort gibt man Ihnen Rabatt um Rabatt! Und der Rabatt wird jetzt gegenverrechnet um das, was Sie den Leuten als Prämie „verkaufen“! (Vizepräsidentin Mag. Neuwirth übernimmt den Vorsitz.)

Und schlimm: Kollege Hensler ist dagestanden und hat die Ökologisierung auf den österreichischen Straßen gesehen! Keine Euro-5-Vorgabe – ihr habt überhaupt keine Vorgaben! – keine CO2-Obergrenze – nichts! (Bundesrat Hensler: Jetzt geschieht etwas, und das ist euch auch nicht recht! – Bundesrätin Kerschbaum: Ihr habt es falsch gemacht!)

Wenn ihr wenigstens etwas gemacht hättet, das euch gar nichts gekostet hättet! Hättet ihr gesagt: Jeder, der sein uraltes Fahrrad vermarktet, kriegt auch eine Öko-Prämie, dann hätte es Sinn gemacht. Dann hättet ihr sagen können: Wir gehen in alle Bereiche hinein. Nicht einmal das habt ihr gemacht!

Aber das Paket beinhaltet noch eine schlimme Überraschung, denn: Wisst ihr, wen ihr wirklich damit schädigt? – Den arbeitsplatzintensivsten Bereich, nämlich die Kfz-Reparaturwerkstätten. Denen lässt ihr die beliebten Objekte, wo sie reparieren und die Lehrlinge ausbilden können, verschrotten! Dafür kriegen sie die Neuwägen, die sie dann nach drei Jahren zum ersten Mal sehen! (Widerspruch bei Bundesräten der ÖVP.)

Von Effizienz ist da keine Rede, „Öko“ ist ein Schmäh, und die 1 500 € zahlt man, eben wegen nicht erhaltener Rabatte, ohnedies selbst – so schaut es aus! – Danke. (Beifall der Bundesräte Kerschbaum, Dönmez und Mitterer.)

16.32


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Strohmayer-Dangl. – Bitte.

 


16.32.53

Bundesrat Kurt Strohmayer-Dangl (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Wir haben es heute schon gehört im Rahmen der Diskussion um das Ökoprämiengesetz: Die Fahrzeugbranche wurde von der Konjunkturentwicklung be­son­ders stark betroffen. Es gilt, diese Branche möglichst schnell, rasch und wirksam zu unterstützen, und dieses Gesetz hilft dabei. Es werden alte, umweltschädliche Autos entfernt und durch neue, umweltfreundlichere ersetzt.

Derzeit werden im europäischen Raum zirka 100 000 Neuwägen weniger produziert als im Vergleichszeitraum des vorigen Jahres. 10 000 Arbeitnehmer sind auf Grund der Konjunkturentwicklung in Kurzarbeit. Zirka 300 000 Mitarbeiter der Autoindustrie samt Zulieferer und allem, was dazugehört, fürchten um ihren Arbeitsplatz.

Ich glaube, dass die Einführung dieser Verschrottungsprämie, wie sie genannt wird, ein wirksames Mittel ist: 1 500 € für ein Altauto von Privatpersonen. Autos, die vor dem 1. Jänner 1996 erstmals im Inland zugelassen wurden, fahrtüchtig sind und mindestens ein Jahr zugelassen waren, werden verschrottet, und ein neues Auto muss von einem


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 126

inländischen Fahrzeughändler angekauft werden. Die Aktion läuft ab 1. April und ist befristet bis 31. Dezember dieses Jahres. Der Nachweis über die Zulassungs­voraussetzungen und die Verschrottung ist vom Handel zu führen. Das ist eine gute Sache, und der Handel beteiligt sich auch in Form der Hälfte der Kosten.

Beschränkt ist das Ganze auf 30 000 Altautos mit einem Gesamtvolumen von 44 Millionen €, wobei die Hälfte der Bund und die Hälfte, wie schon angeführt, der Fahrzeughandel bestreiten muss.

Meiner Meinung nach – und ich glaube, das ist die Meinung unserer Fraktion – ist die Einführung dieser Prämie eine Win-win-Situation. Der Schadstoffausstoß der Altautos macht ein Zig-Faches dessen neuer Autos aus. Es ist ein positiver Beitrag zur Verbesserung der Schadstoffbilanz, denn neue Fahrzeuge brauchen wesentlich weniger Benzin.

Ein zweiter wesentlicher Punkt ist die Sicherheit in neuen Autos. Wenn man sich heute Fahrgasträume von neuen Autos ansieht: Diese weisen eine wesentlich höhere Sicherheit als 13 Jahre alte Autos auf, und ich brauche Frau Bundesminister Bandion-Ortner, die ja Richterin war, nicht erklären, welche Folgen bei einem Frontalcrash eine sichere Fahrgastzelle hat.

Das Wichtigste ist die Ankurbelung des Absatzmarktes der Fahrzeugindustrie und damit verbunden auch die positive Entwicklung des Arbeitsmarktes in diesem Bereich. Wer gestern die Nachrichten gehört hat, weiß, in der Bundesrepublik Deutschland wird diese Aktion noch ausgeweitet und verstärkt betrieben.

Die Kurzarbeit in Aspern wurde von einem meiner Vorredner schon angeführt.

Und auch wenn es Ihnen, Herr Kollege Schennach, nicht passt: Diese Prämie verdient den Namen Ökoprämie, und wir sind froh, dass sie eingeführt wird. Wir stimmen dieser Gesetzesvorlage gerne zu. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

16.36


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

16.36.4013. Punkt

EU-Jahresvorschau 2009 des Bundesministeriums für Finanzen (III-364-BR/2009 d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir kommen nun zum 13. Punkt der Tages­ordnung.

Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 127

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

16.37.0514. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Strafgesetzbuch, die Strafpro­zess­ordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Staats­anwaltschaftsgesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Strafregister­ge­setz, das Sicherheitspolizeigesetz und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (Zweites Gewaltschutzgesetz – 2. GeSchG) (271/A, 82/A, 81/A und 106 d.B. sowie 8072/BR d.B. und 8085/BR d.B.)

15. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird (107 d.B. sowie 8086/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Nun kommen wir zu den Punkten 14 und 15 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 14 und 15 ist Herr Bundesrat Kaltenbacher. Ich bitte um die Berichte.

 


16.37.25

Berichterstatter Günther Kaltenbacher: Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Gericht­liche Einbringungsgesetz 1962, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Strafregistergesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (Zweites Gewaltschutz­gesetz), liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 24. März 2009 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Der Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird, liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor; daher komme ich sogleich zur Antrag­stellung.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 24. März 2009 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mitterer. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 128

16.39.15

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Zu diesem Tagesordnungspunkt hätte ich mich auch als Pro-Redner zu Wort melden können und wäre damit erst der dritte oder vierte Redner gewesen, da wir ja dem ersten dieser beiden Tagesordnungspunkte zustim­men werden. Ich habe mich aber, so wie es sich gehört, auch als Kontra-Redner gemeldet, denn der Tagesordnungspunkt 15 findet nicht unsere Zustimmung.

Zum Tagesordnungspunkt 14: Das gesamte Gewaltschutzpaket hat viele positive Ansätze. Es sind vor allem viele Anregungen und Forderungen des BZÖ mit enthalten, und deshalb wird es dazu Zustimmung geben.

Was das zweite Gesetz, nämlich das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, betrifft, befürchten wir, dass es nicht so weitreichend ist. Vor allem die Tatsache, dass die grüne Fraktion diesem Gesetz im Nationalrat die Zustimmung erteilt hat beziehungs­weise auch heute hier im Bundesrat erteilen wird, ist für uns ein Beweis dafür, dass es zu weich ist und somit auch dort einige Dinge verbesserungswürdig sind.

Im Großen und Ganzen finden wir dabei einen humanitären Aufenthalt durch die Hintertür. Ich möchte das in ein paar Punkten kurz und stichwortartig skizzieren.

Erstens: Das Ansiedelungsverbot für hoch gefährliche Täter, Sexualstraftäter ist zu wenig weit.

Zweitens: Lebenslange Führungsaufsicht wäre notwendig, ist aber nicht vorgesehen.

Drittens: Lebenslanger Freiheitsentzug bei schweren Sexualdelikten ist nur teilweise erfüllt.

Viertens: Wir fordern, und das ist nicht enthalten, keine Tilgung bei Sexualdelikten. Sexualstraftäter müssen immer identifizierbar sein und bleiben.

Fünftens: Das Tätigkeitsverbot für Sexualstraftäter in gewissen Bereichen darf keine Kann-Bestimmung sein, sondern muss nach unserem Dafürhalten eine Muss-Bestim­mung sein.

Insgesamt und abschließend noch einmal: BZÖ-Zustimmung zu Punkt 14 und Ableh­nung zu Punkt 15.

16.41


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Blatnik. – Bitte.

 


16.41.44

Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Gospa president! Frau Bundesministerin! Gospa ministra! Ich spreche zu Tagesordnungspunkt 14, dem Zwei­ten Gewaltschutzgesetz. Es ist ein Gesetz, das zur Bekämpfung von Gewalt beiträgt und den Opferschutz deutlich ausbaut.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist erschreckend, zu wissen, dass fast jede fünfte Frau einmal in ihrem Leben mit Gewalt zu tun hat. Gewalt, was ist das? – Gewalt ist, wenn man versucht, sowohl psychisch als auch physisch mit Zwang etwas durch­zu­setzen, mit Zwang, wo Macht, Aggression, Autorität, Kraft in den Vordergrund gespielt werden, wo auch Angst erzeugt wird.

Häusliche Gewalt ist keine Privatsache, und häusliche Gewalt, liebe Kolleginnen und Kollegen, trifft zum Großteil Frauen. Und da darf man einfach nicht zuschauen! Da darf man einfach nicht wegschauen! Man muss aktiv werden!


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 129

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Formen männlicher Gewalt sind unvorstellbar! Er kontrolliert ihre Telefonate, er bestimmt, wann sie ausgehen darf, er bestimmt, mit wem sie ausgehen darf, er schließt sie ein, er schlägt sie. (Bundesrat Mitterer: Immer er! Kann es nicht auch einmal eine Sie sein?) – Lieber Herr Kollege Mitterer, die häusliche Gewalt ist ganz einfach zum Großteil männlich, und das ist erschreckend. (Bundesrat Mitterer: Aber nicht nur!) Zum Großteil männlich!

Er tritt sie mit den Füßen, reißt sie an den Haaren, schlägt sie und zwingt sie danach zur Sexualität. Und die Spirale der Gewalt beginnt immer wieder von vorn. Er bereut, schwört Besserung, schwört Liebe. Sie glaubt, gibt nach, zweifelt an sich selbst, und es fängt wieder von vorne an. Die Abstände werden allerdings immer kürzer und die Gewalt immer brutaler.

Das Ergebnis einer Ursachenforschung, lieber Herr Kollege Mitterer, hat ergeben, dass sich Männer, die sexuellen Missbrauch ausüben, dabei sehr stark und dominant fühlen. Sie erfüllen damit die männliche Rollenerwartung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für Frauen sind die Folgen dieser männlichen Gewalt enorm. Ich spreche jetzt nicht von den blauen Flecken, ich spreche jetzt auch nicht von den Prellungen, ich spreche auch nicht von den Knochenbrüchen, sondern ich spreche jetzt von Verlust von Selbstachtung; die Frauen geben sich auf, sie haben Angst. Ich spreche von Schlafstörungen, von Essstörungen, von Depressionen. Und ich spreche auch davon, dass sich Frauen völlig zurückziehen und dann vollständig isoliert werden.

Diese Frauen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind traumatisiert. Sie verdrängen, sie schweigen, sie zerbrechen, sie versuchen zu überleben, über Monate, Jahre, Jahr­zehnte. Sie vertuschen und spielen eine heile Welt vor. Einigen gelingt es, das Schweigen zu brechen. Sie wollen endlich aus dieser Gewaltbeziehung herauskom­men. Sie suchen Hilfe in den Gewaltschutzzentren und zeigen den Gewalttäter an.

Dass gerade jene Frauen, die ihre Geschichte vor Gericht erzählen, auch Gehör finden, dass all das, was sie erlitten haben, auch eine Rolle spielt, und zwar auch beim Urteil über den Täter, dass auf ihre Traumatisierung Rücksicht genommen wird, dabei soll sie das Zweite Gewaltschutzgesetz mit dem neuen Straftatbestand unterstützen.

Wir werden selbstverständlich zustimmen.

(Bundesrätin Blatnik setzt ihre Rede in slowenischer Sprache fort.)

Danke. Hvala. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Bundesräten ohne Fraktions­zuge­hörig­keit.)

16.47


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Strohmayer-Dangl. – Bitte.

 


16.47.20

Bundesrat Kurt Strohmayer-Dangl (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Defizite und Schutzlücken in der Praxis haben dieses Paket notwendig gemacht. Es stellt eine wichtige Weichenstellung in hochsensiblen Bereichen dar, nämlich in den Bereichen Gewalt in der Familie, Stalking und auch beim Sexualstrafrecht.

Das Paket umfasst eine Reihe von Gesetzesänderungen. Lassen Sie mich auf einige wichtige Verbesserungen eingehen. In das Strafgesetzbuch wird ein wichtiger neuer Tatbestand aufgenommen, wodurch Opfer von Gewalt etwa bei fortgesetzter Gewalt­anwendung über einen längeren Zeitraum hinweg noch besser vor Aggressoren in den eigenen vier Wänden geschützt werden können – eine wirklich wichtige Sache, die ich während meiner 25-jährigen Tätigkeit als Polizist selbst miterlebt habe.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 130

Ein wichtiger Schwerpunkt ist auch die Verbesserung der Prävention bei Sexual­straftaten. Es sollen Maßnahmen der Rückfallsvermeidung bei Sexualstraftätern ge­setzt werden. Dies reicht von Tätigkeits- bis zu Berufsverboten oder gerichtlicher Aufsicht von Tätern nach bedingten Entlassungen. Außerdem werden notwendige Strafverschärfungen und Tatbestandsausweitungen bei bestehenden Sexualstraftaten vorgenommen. So wird die Verjährungsfrist um zehn Jahre verlängert.

Das Tilgungsgesetz sieht insbesondere bei schwerwiegenden Fällen vor, dass die Tilgung überhaupt ausgeschlossen werden kann.

Die Exekutionsordnung sieht vor, dass die Schutzbestimmungen vor Gewalt in Woh­nungen ohne Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereiches ausgedehnt werden.

Wichtige Begriffsdefinitionen werden eingeführt, und es wird eine Verlängerung der Maßnahmen vorgesehen. Zum Beispiel dient die Bestimmung Unzumutbarkeit des Zusammenlebens dem Schutz vor Gewalt in Wohnungen, wobei die Schutzdauer auf sechs Monate verlängert wird. Ein zweiter Begriff ist die Unzumutbarkeit des Zusam­mentreffens. Zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre werden die Maßnahmen auf ein Jahr verlängert.

Eine gute Änderung im Verfahrensrecht ist auch der Ausbau der Rechtsstellung des Opfers im Zivilverfahren. Weiters wird die Möglichkeit der psychosozialen Prozess­begleitung und auch die abgesonderte Vernehmung von Opfern und minderjährigen Personen geschaffen. Und es wird die Geheimhaltung der Anschrift des Opfers gegenüber dem Prozessgegner eingeführt – eine wirklich wichtige und speziell für die Opfer ganz tolle Sache.

Durch die Änderung des Verbrechensopfergesetzes sollen nunmehr auch immaterielle Schäden berücksichtigt werden. Für Tathandlungen, die eine schwere Körperver­let­zung zur Folge hatten, wird ein Anspruch auf Schmerzensgeld eingeführt – ein wesentlicher Schritt zur Verbesserung der Opferhilfe.

Jetzt zu einem sehr sensiblen Thema: Kinderpornografie ist wohl die abscheulichste Form einer abartigen Erfüllung krankhafter Gelüste. Das derzeit bestehende Schutz­niveau wird nun dankenswerterweise angehoben: Nicht nur Weitergabe und Ab­speicherung kinderpornografischer Darstellungen sollen unter Strafe gestellt werden, sondern auch der wissentliche Zugriff auf derartige Darstellungen im Internet. Das ist, wie auch ich meine, ein Meilenstein zum Schutz der Schwächsten in unserer Gesell­schaft, nämlich der Kinder.

Die Abänderung des Strafregistergesetzes sieht wichtige und nachvollziehbare Pakete im Hinblick auf die sogenannte Sexualstraftäterdatei vor. Eine besondere Kenn­zeich­nung von verurteilten Sexualstraftätern – eben mit der Erfassung aller gerichtlichen Anordnungen, die im Zuge einer Verurteilung getroffen wurden – ist sehr, sehr wichtig. Die Schaffung der Möglichkeit einer automationsunterstützten Anfrage im ZMR stellt eine Grundlage dafür dar, dass neben den Gerichten und Staatsanwaltschaften auch Sicherheitsbehörden, Jugendwohlfahrtsbehörden, Schulbehörden, Dienstbehörden und so weiter – natürlich nach Maßgabe besonderer gesetzlicher Regelungen – Auskunft aus dieser Datei erhalten und somit auch der richtige Umgang mit derartigen Straf­tätern erfolgt.

Dies waren jetzt nur einige Punkte. Abschließend möchte ich nur noch festhalten, dass dieses Zweite Gewaltschutzgesetz ein maßvolles und vor allem wirksames Geset­zespaket darstellt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.52



BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 131

Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


16.52.14

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Dieses Zweite Gewaltschutz­gesetz stellt tatsächlich einen Meilenstein dar, wie das VorrednerInnen ja bereits ge­sagt haben.

Dieses Gesetz zielt mit effizienten Maßnahmen gegen bestimmte Erscheinungsformen im sozialen Nahbereich, im sozialen Umfeld. Frau Kollegin Blatnik hat ja hier sehr eindrucksvoll geschildert, wie Gewalt an Frauen ausgeübt wird; hinzu kommt da natür­lich auch die Gewalt, denen Kinder vielfach ausgesetzt sind.

Herr Kollege Mitterer, Sie haben bei einer Rede von Frau Bundesrätin Blatnik diesen flapsigen Einwurf gemacht: Warum er? – Das kann ich Ihnen schon sagen, Herr Kollege Mitterer: weil es 99,9 Prozent Männer sind, die Gewalt gegenüber Frauen und Kindern ausüben. Und ich muss sagen, schon einmal hat mich so eine Flapsigkeit zu etwas verleitet, was ich normalerweise sonst nie mache.

Sie wissen ja: Wenn wir österreichischen Parlamentarier uns im Ausland befinden – wir alle hier haben schon diese Erfahrung gemacht –, Parlamentarier aus unterschied­lichen Fraktionen, und uns mit ausländischen Delegationsteilnehmern unterhalten, dann sprechen wir alle mit einer Stimme. Aber einmal hat Ihr derzeitiger BZÖ-Interims­obmann anlässlich des Besuches einer syrischen Parlamentarierdelegation in seiner Tischrede davon gesprochen, dass man in Österreich endlich einen Platz habe, wo sich die geschlagenen Männer hinwenden können!

Da habe ich mich bemüßigt gefühlt, in einem solchen Rahmen – ich sage nur: BZÖ und Scheibner – richtigzustellen, dass wir in Österreich nicht Stellen brauchen, wo die geschlagenen Männer zuhauf hinkommen, sondern dass wir stolz darauf sind, in unserem Lande Frauenhäuser zu haben – und dass vielleicht auch in Syrien die Rolle und die Situation der Frau überdacht werden sollte.

Daher nochmals zu diesem Zwischenruf: Warum nur er? – Es sind in 99,9 Prozent der Fälle Männer, die so etwas tun!

Nun zum eigentlichen Thema. – Was die Unzumutbarkeit des Zusammenlebens angeht, ist entscheidend, dass das nicht mehr eingeschränkt wird auf „nahe Ange­hörige“. Daher: Bei dem, der dort wohnt und Gewalt ausgeübt hat, kann die Weg­weisung um sechs Monate verlängert werden. Wenn ein Opfer ein Zusammentreffen mit dem Täter für unzumutbar hält, dann geht das parallel zu den Anti-Stalking-Regeln: Diese Maßnahme kann, und zwar ohne ein Hauptverfahren, auf ein Jahr verlängert werden. Aufenthaltsverbote an bestimmten Orten sind ganz wichtig, um Schutz vor traumatisierenden Eingriffen in die Privatsphäre zu garantieren.

Dieses Zweite Gewaltschutzgesetz zieht auch im Bereich der Zivilprozessordnung einige Änderungen nach sich, insbesondere die Vernehmung minderjähriger Personen, aber auch – was bereits ein Kollege hier gesagt hat – die Geheimhaltung der Anschrift der Opfer.

Meine Damen und Herren, Sie wissen vielleicht, dass mich das Justizministerium regelmäßig auch mit solchen Fällen beauftragt; so hatte ich zum Beispiel einmal einen sehr schwierigen jugendlichen Sexualgewaltstraftäter in Betreuung. Nun ist es so, dass eine Verlängerung der Probezeit – ich habe das damals bei diesem Fall, den ich betreut habe, gesagt: wir kommen mit drei Jahren nicht aus, wir brauchen sechs Jahre! – möglich ist. Positiv ist daher bei einer bedingten Entlassung diese Möglichkeit der Verlängerung der Probezeit.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 132

Gleichfalls positiv zu vermerken ist, dass es eine gerichtliche Aufsicht bei bedingten Entlassungen gibt, dass eine Berichterstattung zu erfolgen hat. All das sind ganz, ganz wichtige Dinge. Und was Eintragungen in die Sexualstraftäterdatei anlangt – ich ver­stehe Sie vom BZÖ nicht ganz, das ist doch das, was Sie immer wollten –, ist es so, dass die Tilgungsfristen wesentlich verlängert werden; ebenso kommt es zu einer besonderen Kennzeichnung.

Aus der Praxis gesprochen: Wenn ich mir einen jugendlichen Sexualstraftäter an­schaue, dann muss ich sagen, es ist doch auf der einen Seite natürlich so, dass dieser in seiner Entwicklung sozial sozusagen verkümmert, andererseits kann das niemals „gegengerechnet“ werden, was so ein junger Mensch, so ein Täter – in dem einen Fall waren die Opfer 14 Frauen – anderen Menschen angetan hat.

Deshalb muss man sagen, dass diese Präventionsmaßnahmen zwar hart sind, sich allerdings schon in einer gewissen Verhältnismäßigkeit bewegen und die Chancen – nach strengen Auflagen, nach langer Beobachtung, nach langer Betreuung – auf eine spätere Wiedereingliederung in die Gesellschaft trotzdem gegeben sind.

In diesem Sinne werden wir dieser Gesetzesvorlage gerne zustimmen. (Beifall bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit sowie bei SPÖ und ÖVP.)

16.58


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Mag. Bandion-Ortner. – Bitte.

 


16.59.02

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Ich werde es kurz machen, denn meine Stimme ist heute etwas lädiert.

Was sind die Kernpunkte dieses Zweiten Gewaltschutzgesetzes? – Maßnahmen einer­seits der Rückfallsvermeidung bei Sexualstraftätern; Strafverschärfungen und Tatbe­stands­ausweitungen bei Sexualstraftaten; die Verbesserung des Schutzes von Opfern von Gewalt im sozialen Nahraum; ein maßvoller Ausbau der Gewaltschutzverfügungen in der Exekutionsordnung sowie die Verbesserung der rechtlichen Stellung von Verbrechensopfern.

Das erklärte Ziel dieses Paketes ist die Verbesserung des Schutzes von Opfern durch Gewalt sowie Verschärfungen der Bestimmungen bei Sexualstraftaten. Opfer von Gewalt sollen durch das Schaffen eines neuen Tatbestandes, etwa der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Strafgesetzbuch, noch besser vor Aggressoren in den eigenen vier Wänden geschützt werden.

Die Prävention soll einerseits durch Maßnahmen der Rückfallvermeidung bei Sexualstraftätern erreicht werden, andererseits aber auch durch gerichtliche Aufsicht bei einer bedingten Entlassung.

Es werden außerdem Strafverschärfungen und Tatbestandsausweitungen bei be­stimmten Sexualstraftaten vorgenommen. Es ist jetzt zum Beispiel auch möglich, eine lebenslange Haft bei gewissen Sexualstraftaten zu verhängen, insbesondere dann, wenn die Tat zum Tod des Opfers geführt hat. Außerdem sind Strafverschärfungen im Tilgungsgesetz vorgesehen. Bei besonders schwerwiegenden Fällen ist eine Tilgung nunmehr unmöglich.

In der Exekutionsordnung sollen mit dem Zweiten Gewaltschutzgesetz in der Praxis aufgetretene Defizite und Schutzlücken, bei den einstweiligen Verfügungen zum Schutz vor Gewalt in der Familie und bei einstweiligen Verfügungen zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre, Stichwort Stalking, beseitigt werden.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 133

Ein wichtiger Punkt sind natürlich auch Änderungen im Verfahrensrecht, die die Rechtsstellung des Opfers im Zivilverfahren ausbauen. Besonders erwähnenswert erscheinen mir aber die Neuerungen im Bereich der Bekämpfung der Kinderporno­grafie. Sie wissen, dass mir das ein besonderes Anliegen ist. Und zwar soll jetzt, wie gesagt, nach § 207a Strafgesetzbuch auch der wissentliche Zugriff auf kinderporno­grafische Darstellungen im Internet strafbar sein.

Ein aktueller Fall, nämlich in jüngster Vergangenheit, belegt, dass diese Ausdehnung der strafbaren Tatbestände ein Gebot der Stunde ist, kann doch – so, wie es jetzt ist – im Zusammenhang mit dem Auffliegen eines Kinderpornoringes nur eine relativ geringe Anzahl der Beteiligten zur Verantwortung gezogen werden. Das wird sich ändern. Übrigens sieht ein diesbezügliches Europaratsabkommen das ebenso vor. Österreich nimmt eine Vorreiterstellung ein, und darauf können wir mit Fug und Recht stolz sein.

Abschließend noch ein Wort zum Thema Sachverständige – auch das hat etwas für Aufregung gesorgt – sowie zum Thema Gerichtsmedizin. Für ein funktionierendes Sachverständigenwesen, nämlich bei Obduktionen, bedarf es klarer Strukturen und geeigneter Gerichtsmediziner. Die Strukturen müssen sicherstellen, dass stets Sach­verständige zur Verfügung stehen, dass Nachwuchs ausgebildet wird und dass Forschung stattfindet. Die beabsichtigte Lösung in der Strafprozessordnung soll dazu beitragen und hält gleichzeitig die tragenden Grundsätze des Wesens des Sachver­ständigenbeweises aufrecht. Es ist nämlich so, dass der Richter und der Staatsanwalt sich nach wie vor die Person, die das Gutachten erstellen soll, aussuchen kann.

Meine Damen und Herren, zusammenfassend möchte ich noch einmal sagen: Ich bin sicher, dass das Zweite Gewaltschutzpaket ein maßvolles, aber wirksames Paket darstellt, gerade in Zeiten der Finanzkrise, wo der Gedanke des maßvollen Haus­haltens allerorten betont wird. Wir machen das Notwendige und nehmen zugleich auf eine verantwortungsvolle öffentliche Gebarung Rücksicht. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

17.03


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Zweites Gewaltschutzgesetz.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nom­men.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 134

17.04.2616. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Jurisdiktionsnorm, das Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung, die Zivilprozessordnung, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Außer­streitgesetz, die Exekutionsordnung, die Konkursordnung, das Gerichtsorgani­sationsgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gebührenanspruchsgesetz, das Sachverständigen- und Dolmetschergesetz, das Gerichtsgebührengesetz und das Mietrechtsgesetz geändert werden (Zivilverfahrens-Novelle 2009 – ZVN 2009) (89 d.B. und 114 d.B. sowie 8073/BR d.B. und 8087/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir kommen zum 16. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Kaltenbacher. Ich bitte um den Bericht.

 


17.04.41

Berichterstatter Günther Kaltenbacher: Ich bringe den Bericht des Justizausschus­ses über den Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem die Jurisdiktionsnorm, das Einführungsgesetz zur Zivilprozess­ordnung, die Zivilprozessordnung, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Außer­streitgesetz, die Exekutionsordnung, die Konkursordnung, das Gerichtsorganisations­gesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gebührenanspruchsgesetz, das Sachver­stän­digen- und Dolmetschergesetz, das Gerichtsgebührengesetz und das Mietrechtsgesetz geändert werden (Zivilverfahrens-Novelle 2009).

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 24. März 2009 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

17.06.0317. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend Erklärung der Re­publik Österreich über die Annahme des Beitritts des Commonwealth der Bahamas zum Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte inter­nationaler Kindesentführung (12 d.B. und 115 d.B. sowie 8088/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nun zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Grimling. Ich bitte um den Bericht.

 


17.06.23

Berichterstatterin Elisabeth Grimling: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Damen und Herren des Bundesrates! Der Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betref-


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 135

fend eine Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts des Commonwealth der Bahamas zum Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung liegt Ihnen schriftlich vor; daher verzichte ich auf die Verlesung und komme gleich zur Antragstellung.

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 24. März 2009 in Verhandlung genommen.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 24. März 2009 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

17.07.5118. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend eine Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts der Republik San Marino zum Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindes­entführung (49 d.B. sowie 8089/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir kommen zum 18. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Grimling. Ich bitte um den Bericht.

 


17.08.08

Berichterstatterin Elisabeth Grimling: Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Der Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 11. März 2009 betreffend eine Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts der Republik San Marino zum Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung liegt Ihnen schriftlich vor; ich verzichte daher auf die Verlesung und komme gleich zur Antragstellung.

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 24. März 2009 in Verhandlung genommen.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 24. März 2009 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 136

Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenom­men.

17.09.2719. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz, das Richtwertgesetz, das Wohnungseigen­tums­gesetz 2002, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und das Heizkostenabrech­nungsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2009 – WRN 2009) (513/A und 122 d.B. sowie 8090/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir kommen zum 19. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatterin ist wieder Frau Bundesrätin Grimling. Ich bitte um den Bericht.

 


17.09.39

Berichterstatterin Elisabeth Grimling: Der Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz, das Richtwertgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und das Heizkostenabrechnungsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2009) liegt Ihnen schriftlich vor; ich verzichte daher auf die Verlesung und komme gleich zur Antragstellung.

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 24. März 2009 in Verhandlung genommen.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 24. März 2009 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mosbacher. – Bitte.

 


17.10.52

Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Unbestrit­ten ist, dass die Ausgaben für Mieten für viele Menschen in unserem Land eine große Belastung in ihren monatlichen Fixkosten darstellen. – In der derzeitigen angespannten wirtschaftlichen Situation ist das eine zusätzliche Belastung, die vielen schwer im Magen liegt! Es ist daher sehr erfreulich, dass sich durch die heute vorliegende Novelle viele MieterInnen künftig Wohnkosten ersparen werden.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ohne diese vorliegende Wohnrechtsnovelle wären die Richtwertmieten im April um 3,2 Prozent gestiegen, denn so viel betrug die Inflation durchschnittlich im Jahr 2008. Daher war es außerordentlich wichtig, dass in der der­zeitigen schwierigen wirtschaftlichen Lage die gesetzlich vorgeschriebene Miet­erhö­hung abgeschwächt beziehungsweise für das Jahr 2009 ausgesetzt wurde. Die nächste Inflationsanpassung erfolgt daher erst im Frühjahr 2010, und ab dann in Zwei-Jahres-Schritten.

Ferner wird in der Novelle durch die Hineinnahme der Kautionsrückforderung sowie der Überprüfung der Heizkostenabrechnung in das außerstreitige Verfahren der Rechts­zugang für die Mieter klar verbessert.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Leistbare Mieten, leistbares Wohnen sind in dieser Zeit enorm wichtig. Und leistbare Mieten beziehungsweise leistbares Wohnen werden


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 137

auch in Zukunft eine sehr sensible Materie bleiben, da verschiedene Interessens­gruppen – auf der einen Seite die Mieter, auf der anderen Seite die Vermieter – spezifische Wünsche in Bezug auf das Wohnrecht haben. Es wird unsere Aufgabe sein, auch weiterhin einen Ausgleich dieser verschiedensten Interessen zu finden.

Meine Fraktion wird dieser Novelle ihre Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Dr. Kühnel.)

17.13


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dr. Spiegelfeld-Schneeburg. – Bitte.

 


17.13.17

Bundesrat Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg (ÖVP, Oberösterreich): Liebe Frau Minister! Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Inhalt dieses Gesetzes wurde von meiner Vorrednerin schon geschildert. In weiten Bereichen stimme ich ihr selbstverständlich zu. Leistbares Wohnen ist Ausdruck eines funk­tionierenden Gesellschaftssystems.

Diese Aussetzung beziehungsweise diese Verschiebung einer Indexerhöhung ist in einer Zeit wie jetzt sicher gerechtfertigt. Ich denke, dies ist ein tragbarer Kompromiss – im Vergleich zu allen anderen Ideen, die hier im Rahmen der Gesetzwerdung einge­bracht wurden, und ich meine, dieser Kompromiss ist gut gelungen.

Ich glaube allerdings, dass die Probleme eigentlich etwas tiefer liegen und möchte, da ich Oberösterreicher bin, darauf hinweisen, dass das Land Oberösterreich soeben ein Investitionspaket beschlossen hat und statt 2 000 Wohnungen heuer 3 000 Wohnun­gen bauen wird. Ich glaube, dass das eine Lösung ist, die eher und auf Dauer zu leistbarem Wohnen führt, denn wenn genug Wohnungen vorhanden sind und der Bedarf gedeckt wird, steigen die Mieten generell nicht in unzumutbare Höhen. Das ist also ein Aspekt.

Ich denke, es ist wichtig, rechtzeitig genug Wohnraum zu schaffen. Da geht, wie gesagt, das Land Oberösterreich neben anderen Ländern sehr vorbildlich vor und bemüht sich, das Angebot in diesem Bereich offenzuhalten und zu verbreitern.

Wenn man die Zusammensetzung der Mieten und die Steigerungen in den letzten Jahren betrachtet, so sind wir – die öffentliche Hand – die eigentlichen Preistreiber. – Das wissen wir.

Die Betriebskosten sind in den letzten Jahren sicherlich schneller gestiegen. Ich möchte jetzt gar nicht auf die Gründe dafür eingehen, die natürlich gegeben sind. Da muss man große Vorsicht walten lassen. Es gibt nämlich ganz intensive Bestrebun­gen – die zu unterstützen sind –, Betriebskosten einzufrieren. Ich denke dabei an Kanalgebühren, Wassergebühren und an diese Dinge, wobei es für den Mieter natür­lich völlig unerheblich ist, ob er einen höheren Hauptmietzins oder höhere Betriebs­kosten zu zahlen hat, denn die Belastungen sind immer die gleichen.

Ich denke, wir sind da durchaus auf einem gemeinsamen Weg. Es wird ja gerade im Bereich des Wohnrechts in dieser Legislaturperiode noch einiges zu verhandeln sein. Dies ist ein erster, vorgezogener Schritt, der eben einem aktuellen Anlass – nämlich dieser Erhöhung – Rechnung tragen soll.

Der Grund, nämlich der doch relativ steigende Index, hat sich zwar mittlerweile fast erübrigt. Es wird im nächsten Jahr auch im Schnitt wahrscheinlich eine geringere Steigerung stattfinden. Derzeit fallen ja die Indexpunkte Monat für Monat. Der Index ist also von 3,2 Prozent im Jahresdurchschnitt und von Spitzenwerten von 4 Prozent auf


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 138

1 Prozent zurückgefallen. Im Schnitt wird sich auch in diesen zwei Jahren in Bezug auf diese 3,2 Prozent im Jahr 2010 wahrscheinlich nicht mehr sehr viel verändern.

Worauf ich aber auch noch hinweisen will – wobei ich glaube, dass das eine wichtige Sache und auch eine Zukunftsentwicklung ist –, ist das Thema Energieausweis und Energieeffizienz von Gebäuden. In diesem Bereich haben wir ja einerseits noch großen Nachholbedarf, wir haben aber andererseits auch seitens der EU ambitionierte Be­schlüsse gefasst. – Ich denke da an die 20/20/20-Regelung. Da ist also viel zu tun, und mit diesem Energieausweis gehen wir sicher einen richtigen Weg, wobei auch das erst der Anfang ist. Es wird nicht bei Energieausweisen bleiben.

Ein Haus ist längst mehr als nur ein paar Wände, eine Decke, ein Dach, ein paar Fenster und Türen; ein modernes Haus ist ein hochtechnisches Gerät, das auch dementsprechenden Umgang erfordert. Um das Wissen über die Folgen, die man hierbei weiterhin im Positiven wie im Negativen erzielen kann, zu erlangen, bedarf es einer genauen Beobachtung sowie ausgebildeter Fachkräfte und sicher auch vieler Investitionen. Aber es ist nun einmal so, dass vom gesamten Energieverbrauch in Europa 40 Prozent in Häusern und Gebäuden verbraucht werden und dass hier teilweise mit geringen Mitteln sehr viel erreicht werden kann. Das ist meines Erachtens einerseits wichtig für die Umwelt und für die Schonung der Ressourcen, das ist aber andererseits auch in der gegenwärtigen Situation wichtig, um Investitionsanreize zu schaffen.

In diesem Zusammenhang darf ich wieder das Land Oberösterreich positiv heraus­heben. Wir haben gerade in der letzten Montag beschlossenen Novelle hiefür Gelder freimachen können. Die Landesregierung hat es ganz massiv erleichtert zu sanieren; sie hat auch für Besserverdienende, die keinen Kredit brauchen, Zuschüsse zu Kre­diten, die man aufnimmt – auch Barzuschüsse – beschlossen; und sie hat den Zugang für junge Familien erleichtert, indem auch Eigenmittelersatzdarlehen gewährt werden.

Alles in allem schafft das Land Oberösterreich damit 3 500 neue Arbeitsplätze und sichert 13 000 Arbeitsplätze in diesem Bereich. Das ist, glaube ich, eine ganz beacht­liche Zahl. In dem gemeinsamen Wollen, unseren Arbeitsmarkt so weit wie möglich in Ordnung zu halten und diesen Kampf um jeden Arbeitsplatz fortzuführen, ist dies, meine ich, ein richtiger Weg. Auch die Umwelt wird dadurch geschont, es gibt also lauter Gewinner in dieser Situation.

Da es ungefähr hierher passt, möchte ich an dieser Stelle auch Folgendes erwähnen: Das Land Oberösterreich – wiederum – hat sich auch sehr genau mit leerstehenden Gebäuden in Ortszentren auseinandergesetzt.

Da ist lange Zeit sehr wenig möglich gewesen, aber jetzt wurde erstmalig eine sogenannte Zentrumsförderung eingeführt, die es ermöglicht, mehr Mittel einzusetzen, um eben alte Gebäude in Zentren erhalten, restaurieren und wieder einer Wohn­nutzung zuführen zu können. Es gibt hier Pauschaldarlehen von 1 000 € pro Quadrat­meter und für denkmalgeschützte Gebäude sogar noch einiges mehr, also da wird wirklich etwas getan.

Da geht es auch um die Struktur unserer Orte, da geht es darum, Wohnraum in die Zentren zurückzubringen, Zersiedelung zu verhindern, Anreize zu bieten und auch die Zentren, die sich teilweise schon ziemlich entleert hatten, gesunden zu lassen. Ich rede nicht nur von Großstädten, sondern ich rede von Marktflecken, von Dörfern, von Weilern – für all diese gilt das.

Ich denke, alles in allem sind wir da auf einem richtigen Weg, und ich freue mich, dieser Vorlage namens meiner Fraktion zustimmen zu dürfen. – Ich bedanke mich für


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 139

die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesräte Kerschbaum und Dönmez.)

17.21


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Bock zu Wort. – Bitte.

 


17.21.22

Bundesrat Ing. Hans-Peter Bock (SPÖ, Tirol): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren im Hause! Österreich ist ein sehr schönes Land, und Österreich ist auch ein sehr reiches Land. Es gibt kaum ein Land, in dem eigenes Eigentum so sehr geschätzt wird, wie bei uns in Österreich. Selbst Staaten wie die Schweiz, Deutschland oder auch die USA können mit Österreich in puncto Eigenheime und Eigentumswohnungen nicht mithalten; beim Anteil der Eigentumsbesitzerinnen und -besitzer sind die Österreicherinnen und Österreicher also weltweit führend.

Gerade im ländlichen Raum ist das Besitzen von Eigenheimen oder Eigentums­wohnungen sehr ausgeprägt. Das System der unterstützten Finanzierung durch die staatlichen Pflichtbeitragsleistungen der Wohnbauförderung hat sich, wie mein Vor­redner schon gesagt hat, sehr bewährt. Sowohl für das Eigentum als auch für Mietobjekte und deren Wohnungen und Bewohner werden aus diesem Titel fast 2 Milliarden € ausgeschüttet.

Die Verteilung auf die Bundesländer erfolgt über eine 15a-Vereinbarung beziehungs­weise über den Finanzausgleich, der derzeit von 2008 bis 2013 gültig ist. Damit können in den Bundesländern, je nach demographischer Entwicklung, Schwerpunkte gesetzt werden: Die nach Einwohnern wachsenden Bundesländer forcieren die Schaf­fung von neuen Wohnungen, jene, die stagnieren, investieren mehr in die Sanierung von Altbauten.

Der Bedarf an pro Kopf gerechnetem Wohnraum ist aufgrund unseres Wohlstandes und auch wegen des Umstandes, dass es wesentlich mehr Single-Haushalte gibt, sehr stark angestiegen, und damit natürlich auch die entsprechenden Miet- und Betriebs­kosten.

Die Europäische Union und die österreichische Bundesregierung verlangen als Beitrag zur Erfüllung der Kyoto-Ziele einen sparsameren Umgang mit Heizmaterial. Die verpflichtende Erstellung eines Energieausweises für jedes Gebäude wird vorge­schrieben, und die Wohnbauförderung hat auch auf die Erreichung der Kyoto-Ziele entsprechend einzuwirken.

Die heute zu beschließenden Gesetzesänderungen betreffen hauptsächlich die 350 000 Mietwohnungen in Österreich. Mit einer klaren Regelung, was die Mietkaution, die Vorlage eines Energieausweises und die Heizkostenabrechnung anlangt, können einige Unklarheiten bereinigt werden.

Die Änderung der Inflationsanpassung beim Richtwertmietzins kommt den Mieterinnen und Mietern zugute; die Miete inklusive der Betriebskosten macht bei vielen Öster­reicherinnen und Österreichern bereits 50 Prozent ihres Einkommens aus! Durch diese Änderung erspart sich – nach den Berechnungen der Arbeiterkammer – ein Mieter mit einer Monatsmiete von 700 € pro Monat bis zu 200 € jährlich.

Die Änderung der Mietrechtsnovelle ist ein wichtiger Schritt, es gibt aber noch andere wesentliche Bereiche wie die Kostentragung für Wartungs- und Erhaltungsarbeiten, die Begrenzung der Kaution und der Maklergebühren, die Verzinsung der Eigenmittel­einsätze durch die Wohnbaugesellschaften sowie die Novellierung des Heizkosten­abrech­nungsgesetzes.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 140

Geschätzte Damen und Herren, ich zähle zu jenen Sozialdemokraten, die sich in Bezug auf ein Eigenheim oder auf eine Eigentumswohnung sehr mit dem Eigentum identifizieren – Menschen, die Eigentum besitzen, sind meistens eher bereit, für dieses zu kämpfen –, ich denke jedoch, dass jeder und jede in Österreich ein Recht auf eine entsprechende Wohnung hat.

Aus Erfahrung weiß ich, dass es bei den Vermietern schwarze Schafe gibt, die die Not der Menschen ausnützen und diese mit überhöhten Mieten belasten, ich kenne aber auch genügend Vermieter, die ihre Wohnung an Menschen vermieten, die weder die Absicht haben, die Miete pünktlich zu bezahlen – oder dies nicht können –, noch die Wohnung in einem entsprechenden Zustand zu erhalten. Wir müssen uns dessen bewusst sein, dass wir, auch wenn wir noch so viele Gesetzesänderungen vornehmen, den Prozentsatz der schwarzen Schafe nur etwas verringern, jedoch nicht auf Null stellen können.

Geschätzte Damen und Herren im Hause! Mit diesen Änderungen werden die Rahmenbedingungen eines fairen Umganges zwischen Vermieter und Mieter wieder ein Stück weit verbessert. Ich freue mich, dass sowohl vom Bund als auch von den Ländern und den Gemeinden jene Menschen, die sich die Mieten und Betriebskosten nicht mehr leisten können, entsprechend unterstützt werden.

Ich denke, wir sollten in Zukunft mehr über einkommensabhängige, körperschaften­über­greifende Fördersysteme nachdenken. Mir persönlich gefällt es nicht, wenn die Mietzinsbeihilfe in jeder Gemeinde anders geregelt ist; genauso müssen die Zugangs­regelungen für die Wohnstarthilfe, die Wohnbeihilfe und die Brennmittelaktionen von Bund und Ländern noch besser koordiniert werden.

Wir Sozialdemokraten werden daher diesen Beschluss des Nationalrates nicht beein­spruchen: Es geht in die richtige Richtung! – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Schennach.)

17.27


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Mag. Bandion-Ortner. – Bitte.

 


17.27.13

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Das Thema Wohnen ist ein wirklich sehr sensibles Thema, dessen werden wir uns auch angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Situation bewusst. Gerade deshalb freut es mich, dass wir nach langen und intensiven Verhandlungen ein Paket auf den Weg gebracht haben, das Rechtssicherheit für alle betroffenen Gruppen bietet.

Ich will den Inhalt nicht noch einmal wiederholen; Faktum ist, es gibt heuer keine Erhöhung der Richtwertmiete, aber der Gesetzgeber bekennt sich auch zur Wert­haltigkeit und Wertbeständigkeit der Miete – das ist auch ein ganz wichtiges Signal! –, denn die Wohnrechtsnovelle sieht vor, dass die für die Mietzinsbegrenzung maßgeb­lichen Richtwerte nur noch jedes zweite Jahr, dann aber fix valorisiert werden sollen, nämlich jeweils am 1. April. Maßgeblich dabei soll wieder der Jahresdurchschnittswert des Verbraucherpreisindex 2000 sein.

Eines möchte ich in diesem Zusammenhang betonen: Ich hoffe wirklich, dass das jetzt eine langfristige Lösung ist! Ich möchte dieses Gesetz nicht jedes Jahr ändern müssen.

Ganz kurz zur Kaution: Es ist wichtig, so finde ich, dass die Kaution nunmehr auch vor einer allfälligen Insolvenz des Vermieters geschützt werden soll; außerdem ist es jetzt möglich, die Kaution im Außerstreitverfahren zurückzufordern – das ist auch eine Erleichterung für den Mieter.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 141

Zu den Kosten des Energieausweises: Es werden Regelungen eingeführt, die diese Aufbringung der Kosten regeln; dies ist wiederum ein Beitrag zur Rechtssicherheit.

Ich möchte es noch einmal abschließend sagen: Dieser Wohnrechtsnovelle sind wirklich sehr, sehr intensive Gespräche zwischen den Koalitionspartnern vorange­gangen. Ich muss sagen, das waren meine ersten Erfahrungen, wie es zu einer politischen Meinungsbildung kommt, und das kann ganz schön mühsam sein. (Allge­meine Heiterkeit. – Bundesrat Mag. Klug: Ja, aber es ist so! So ist es jetzt!)

Aber wir haben es geschafft! Wir haben, so glaube ich, ein vernünftiges Paket geschnürt: Es bietet Rechtssicherheit für Mieter, Vermieter und auch für Wohnungs­eigentümer. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

17.29


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

17.30.1020. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz geändert wird (159/A und 138 d.B. sowie 8092/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Nun kommen wir zum 20. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Greiderer. Ich bitte um den Bericht.

 


17.30.31

Berichterstatterin Elisabeth Greiderer: Der Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz geändert wird, liegt Ihnen in schrift­licher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 24. März 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Stadler. – Bitte. (Bundesrat Schennach – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Bundesrates Stadler –: Du sprichst für uns alle! – Bundesrat Mag. Klug: Völlig freie Hand!)

 


17.31.00

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, ob alle den Auftrag des Kollegen Schennach gehört haben, nämlich dass ich die Ehre habe, für


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 142

alle Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates zu diesem Punkt zu sprechen. – Ich danke für das Vertrauen!

Ich werde mich aber trotzdem kurz fassen, auch weil ich glaube, dass der geschätzte Herr Minister gleichfalls ein paar Sätze dazu sagen will – denn das will ich mir nicht anmaßen, dass ich auch noch für den Herrn Minister hier sprechen soll. (Allgemeine Heiterkeit.)

Bei der Vorlage betreffend die Änderung des Gesundheitstelematikgesetzes geht es eigentlich „nur“ – nur unter Anführungszeichen – darum, eine bereits 2008 beschlos­sene Übergangsregelung um ein weiteres Jahr, also bis zum 31.12.2009, zu ver­längern, was bedeutet, dass auch die bestehenden Verwaltungsstrafbestimmungen um ein weiteres Jahr verlängert werden.

Warum ist diese nochmalige Verlängerung nötig? – Geschätzte Damen und Herren! Eigentlich war ja vorgesehen, dass es bereits Ende 2009 zu einer endgültigen Re­gelung dieser heiklen Thematik kommt, weshalb auch die damalige Bundes­ministerin Kdolsky eine diesbezügliche Verordnung zur Begutachtung verschickt hat. Da nahezu alle Stellungnahmen zur versandten Verordnung negativ ausgefallen sind, hat der Datenschutzrat eine Verlängerung der Übergangsfristen vorgeschlagen.

Da uns allen bewusst ist, dass es sich hier um sehr sensible Daten aus dem Gesund­heitsbereich beziehungsweise um den Austausch solcher Daten handelt und wir dabei mit gewaltigen Problemen konfrontiert werden könnten, wird meine Fraktion und – wie ich sehe, spreche ich für alle Fraktionen – werden alle anderen Fraktionen hier dem zustimmen. Es soll genügend Zeit vorhanden sein ... (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) – Ist das nicht recht? (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) – Aber Premiere ist das keine, Frau Kollegin, oder? (Ruf bei der SPÖ: Du hast alle überzeugt!)

Es soll genügend Zeit vorhanden sein, eine ordentliche Gesetzesvorlage vorzu­berei­ten, die niemanden verunsichert und zu der auch der Datenschutzrat eine positive Stellungnahme abgeben kann, da der Datenschutz gewährleistet ist. Die Verlängerung der Übergangsfrist soll ausreichend Zeit für die inhaltliche Adaptierung des Gesund­heits­telematikgesetzes schaffen und die Möglichkeit bieten, bei entsprechendem Bedarf bestimmte Verordnungsinhalte in den Gesetzestext zu übernehmen. – Ich danke für das Vertrauen und für die Aufmerksamkeit. (Allgemeiner Beifall.)

17.33


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Stöger. – Bitte.

 


17.34.00

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Sehr verehrte Frau Prä­sidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Bundesräte! Bundesrat Stadler hat im Wesentlichen die inhaltlichen Kriterien dargestellt; mir ist es sehr wichtig, einen Aspekt der Frage Gesundheitstelematik in den Vordergrund zu stellen, nämlich dass wir eine Weiterentwicklung der Gesundheitstelematik insoweit brauchen, als dass wir mit den Möglichkeiten von e-Health, mit den Möglichkeiten, auch Gesundheitsdaten fest­zulegen, die Chance haben, im Gesundheitswesen effizienter zu sein und Qualitäten im Gesundheitswesen zu stärken.

Gesundheitsdaten sind höchst sensibel, und diese Sensibilität setzt auch voraus, dass wir sehr klare und ordnungsgemäße Bestimmungen im Bereich der Gesundheits­telematik zustande bringen. In diesem Fall war es notwendig, ein Gesetz zu machen, weil es betreffend die Regelung allein durch eine Verordnung auch durchaus kritische Wortmeldungen demokratiepolitischer und datentechnischer Art gegeben hat.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 143

Diese Änderung schafft Vertrauen innerhalb der österreichischen Bevölkerung, auch im Umgang mit Gesundheitsdaten, und mir als Gesundheitsminister ist es sehr wichtig, dass wir mit den Daten im Gesundheitsbereich sehr sensibel umgehen und dass auch ein Höchstmaß an Transparenz herrscht.

In diesem Sinne bin ich froh, wenn es auch vom Bundesrat die Zustimmung dazu gibt. – Danke sehr. (Allgemeiner Beifall.)

17.35


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Nun gelangen wir zur Abstimmung.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 144

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

17.36.2121. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungsgesetz und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2009 – SRÄG 2009) (160/A und 139 d.B. sowie 8091/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir kommen nun zum 21. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Kemperle. Ich bitte um den Bericht.

 


17.36.35

Berichterstatterin Monika Kemperle: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Der Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden, liegt in schriftlicher Form vor. Ich kann mir daher eine Verlesung des Berichts ersparen und komme sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 24. März 2009 in Verhandlung genommen.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 24. März 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Ich danke für den Bericht.

Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

17.38.0222. Punkt

Bericht des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission und des Rates für das Jahr 2009 (III-365-BR/2009 d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Nun kommen wir zum 22. Punkt der Tagesordnung.

Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

17.38.3223. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend Übereinkommen über Streumunition (77 d.B. und 100 d.B. sowie 8093/BR d.B.)

24. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Verbot von Streumunition geändert wird (75 d.B. und 101 d.B. sowie 8094/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Nun gelangen wir zu den Punkten 23 und 24 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin zu den Punkten 23 und 24 ist Frau Bundesrätin Mag. Rausch. Ich bitte um die Berichte.

 


17.38.56

Berichterstatterin Mag. Bettina Rausch: Ich bringe die gegenständlichen Berichte zur Kenntnis.

Zum Ersten bringe ich den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Überein­kom­men über Streumunition.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 24. März 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Der zweite Bericht lautet folgendermaßen: Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Verbot von Streumunition geändert wird.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 145

Ich komme auch hier sogleich zur Antragstellung, da der Bericht in schriftlicher Form vorliegt.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 24. März 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt als Erster Herr Bundesrat Mag. Erlitz. – Bitte.

 


17.40.02

Bundesrat Mag. Wolfgang Erlitz (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe mich diesem Thema deswegen zugewandt, weil ich, als ich Präsident des Bundesrates war, mit diesem Thema ein paar Mal konfrontiert wurde. Bestürzend war ein Gespräch mit einem Diplomaten eines europäischen Landes – ich sage nicht welches –, der damals gemeint hat, er oder sein Land könne auf diese Waffe nicht verzichten, also die Militärs seines Landes könnten auf diese Waffe nicht verzichten, weil es eine äußerst effiziente und erfolgversprechende Waffe sei. Ich war über eine solche Haltung sehr entsetzt und habe das auch zum Ausdruck gebracht. Da wurde über diese Waffe gesprochen, als ob sie ein Spielzeug wäre.

Bei dieser Streumunition handelt es sich um Waffen – ich hoffe, ich sage es richtig; Herr Dr. Kühnel kann mich ja dann korrigieren –, die aus weiteren kleineren explosiven Submunitionen bestehen, also aus hunderten kleinen Munitionen, die aus einem Behälter ausgestoßen werden – von Flugzeugen, von Haubitzen, von Raketen. Diese Submunition ist dazu bestimmt, nach dem Abfeuern oder dem Abwurf aus dem Behälter, dann in mehrfacher Anzahl vor, beim oder nach dem Aufprall zu detonieren. Damit sind große Probleme verknüpft: Erstens, dass schon während des Angriffs beim Einsatz von Streumunition weite Flächen mit diesen Sprengkörpern bedeckt sind, die nicht zwischen militärischen und zivilen Zielen unterscheiden können. Und zweitens: Viele Submunitionen explodieren nach dem Aufprall nicht und bleiben als Blindgänger auf dem Boden zurück, die jederzeit unschuldige, unbeteiligte Personen, Kinder, Frauen, Zivilisten töten und verstümmeln sowie auch die Landwirtschaft und die Rück­kehr von Flüchtlingen und Vertriebenen über Jahre hinweg beeinträchtigen und ver­hindern können.

Um dieses Unheil oder dieses noch größere Unheil, denn der Krieg an sich ist ja schon ein Unheil, zu verhindern und dieses Leid zu vermeiden, war dieses umfassende inter­nationale Verbot des Einsatzes, der Herstellung, des Transports und der Lagerung von Streumunition absolut notwendig. Der diplomatische Prozess, der die Schaffung eines solchen Verbotes verfolgte, wurde auch von Österreich – ich darf wohl sagen – feder­führend gestaltet.

Auch auf nationaler Ebene spielte Österreich eine Vorreiterrolle. Am 20. Februar 2007 verkündeten Außenministerin Plassnik und Verteidigungsminister Darabos per Minis­ter­rats­beschluss ein nationales Moratorium, das dem österreichischen Bundesheer den Einsatz von Streumunition bis zu einer adäquaten internationalen Regelung, die jetzt vorliegt, verbot. Der vorliegende Gesetzentwurf hat alles Potential, diese Vorreiterrolle Österreichs mit demokratischer Legitimität durch die parlamentarischen Vertreter weiter auszubauen.

Österreich muss als Kerngruppenstaat von Oslo diese Oslo-Konvention so rasch wie möglich ratifizieren. Die Oslo-Norm, die vorliegende, ist absolut eine Verbesserung des derzeitigen österreichischen Verbots. Die letzten zwei Jahre haben gezeigt, dass an


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sich alle Streumunitionsarten, die dieses humanitäre Leid verursachen können, von der Oslo-Definition erfasst sind. Und was entscheidend ist: Auch das Rote Kreuz und alle NGOs unterstützen die vorliegende Definition. Das sollte aber nicht daran hindern, die Oslo-Definition in Zukunft im Rahmen von Revisionskonferenzen auch noch auszu­weiten. Wenn sich herausstellen sollte, dass Waffen, die jetzt noch ausgenommen sind, doch humanitäres Leid verursachen, wird sich Österreich gemeinsam mit seinen Partnern für eine entsprechende noch strengere Definition einsetzen. Die Kernbestim­mungen des Übereinkommens sehen jedenfalls ein umfassendes Verbot von Einsatz, Entwicklung, Herstellung, Erwerb, Lagerung, Zurückhaltung und Weitergabe von Streu­munition vor.

Weiters ist die Räumung von Streumunitionsrückständen vorgesehen, die Vernichtung von Beständen verbotener Streumunition und die Verpflichtung von Staaten, auf deren Gebiet sich Opfer von Streumunition befinden, umfassende Unterstützungsleistungen in Form von medizinischer oder psychologischer Betreuung zu gewähren sowie für Rehabilitation beziehungsweise für soziale und berufliche Wiedereingliederung zu sorgen. Es handelt sich also um umfassende Bestimmungen bezogen auf diese Streumunition und das damit verbundene Leid.

Tatsächlich stellt dieses Abkommen, so die Experten, den wichtigsten Abrüstungs­vertrag seit dem Übereinkommen über ein Verbot von Antipersonenminen im Jahre 1997 dar. Es leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung des humanitären Völkerrechts. Ich hoffe, dass viele Staaten unserem, dem österreichi­schen Beispiel folgen werden und diese Übereinkommen auch möglichst rasch um­setzen werden. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

17.45


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte.

 


17.45.37

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Mag. Erlitz, ich darf ein Kompliment machen: Sie haben, was das Inhaltliche betrifft, sozusagen den Vogel abgeschossen. Es war alles drinnen, was zu einer Information dazugehört. Daher werde ich mich inhaltlich dazu nicht mehr äußern, weil ich nicht das nachbeten möchte, was Sie bereits gesagt haben.

Ergänzen darf ich nur, dass gerade diese Streubomben, Streumunition, Clusterbomben auf Englisch in den letzten Kriegen massiv eingesetzt worden sind, zum Beispiel im Kosovo, in Kroatien, in Afghanistan, im Irak, selbstverständlich im Libanon und, mit einigen Fragezeichen versehen, auch im letzten Konflikt um Gaza. Da liegen allerdings abschließende Berichte noch nicht vor. Daher: Vermutlich wurden sie eingesetzt.

Wie schon erwähnt, hat Österreich massiv an vorderster Front gewirkt, sich inter­national hervorgetan. Es konnte nach dem Antipersonenminenvorstoß Ende der Neun­zigerjahre wieder ein wesentlicher Schritt erreicht werden, was das humanitäre Völkerrecht, aber auch das Kriegsvölkerrecht betrifft.

Ich bin aber der Meinung, dass die eigentliche Arbeit, wenn wir das ratifiziert haben und auch alle Teilnehmer an der Konferenz ratifiziert haben, international erst beginnt, denn es müsste gelingen, die Vereinigten Staaten, die Russische Föderation, Indien, China, Pakistan, also auch all diese Länder einzubinden, damit sie auf den Einsatz von Streumunition im weitesten Sinn verzichten, natürlich auch die Produktion einstellen und vor allem auch darangehen, die Bestände, die sie haben, zu vernichten.


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Ich gehe aber noch einen Schritt weiter. Es gibt ja heute leider auch Nichtregierungs­organisationen, die sich dem Terrorismus verschrieben haben, wie zum Beispiel die Al Kaida, die derzeit noch über keine Flugzeuge verfügt, um derartiges einzusetzen. Es könnte aber sein, dass sie irgendwelche Mittel bekommen. Es geht zum Beispiel auch um die LTTE, die im Norden Sri Lankas tätig ist und schon über Flugzeuge verfügt. Ich könnte mir vorstellen, dass man hier auch solche Munition einsetzt, wenn man das auf dem Schwarzmarkt bekommt, um das Blutvergießen in Sri Lanka besonders drastisch zu erhöhen.

Was könnte die Lösung sein? – Einerseits einbinden dieser Länder, einbinden dieser Organisationen, die sich terroristisch betätigen, denen jedes Blutvergießen recht ist, und dann aber auch sicherstellen, dass, wenn man derartige Täter erwischen sollte, man sie im weiterer Folge dem International Criminal Court ausliefert, damit sie verfolgt werden können.

Wir haben ein Problem, das nicht mit der Anti-Personen- und Streumunition zu tun hat, nämlich die Piraten vor Somalia. Wo werden die abgeurteilt? Manche Länder weigern sich, diese Leute abzuurteilen, geben sie dann irgendwohin, wovon sie sich ver­sprechen, dass sie dann dort abgeurteilt werden. Ich möchte der keniatischen Gerichtsbarkeit nicht nähertreten, aber ob dort alles erreicht werden kann, was zum Beispiel an einem österreichischen Gericht erreicht würde, weiß ich nicht.

In diesem Sinne kann man abschließend nur sagen: Ich begrüße das Abkommen. Ich freue mich, dass Österreich wirklich eine ganz besondere Spitzenposition einnahm, um dieses Abkommen zu erreichen, und hoffe, dass es bald in die Praxis umgesetzt werden kann und auch von den großen Ländern im weitesten Sinne anerkannt wird. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

17.49


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


17.50.01

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es gibt Waffen und Waffen, und manche Waffen sind besonders hinterhältige Waffen, weil sie ihre Wirkung nicht nur im Rahmen einer kriegerischen Auseinandersetzung erzielen, sondern auch noch Jahre danach. Sie treffen dann meistens und logischerweise Unbeteiligte wie Kinder, Leute, die in der Landwirtschaft tätig sind, und diese Waffen sind die Personenminen und die Streubomben. Dass es nun zu diesem Übereinkommen gekommen ist, ist sicherlich in der Entwicklung der Menschheitsgeschichte ein ganz, ganz wichtiger Punkt. Österreich als einer jener Staaten, die diesen Oslo-Prozess initiiert haben und von Anfang an dabei waren, kann darauf in der Tat stolz sein.

Ich korrigiere selten einen General, ich möchte nur ergänzen, dass man für den Einsatz dieser Streumunition nicht unbedingt ein Flugzeug braucht, sondern dass Boden-Luftraketen dafür auch geeignet sind und gar nicht selten genug Streumunition mit Boden-Luftraketen Verbreitung findet.

Wie sehr das alles auch beobachtet wird, zeigt Folgendes: Ich habe hier eine Presse­aussendung anlässlich der Unterzeichnung des Übereinkommens am 4. Dezember 2008 in Oslo durch die Cluster Munition Coalition vorliegen: Die Konvention zur Streu­munition enthält auch den bis dato höchsten Standard für die Unterstützung von Opfern – das ist etwas, was bisher noch nicht gesagt wurde – und enthält weiters die Verpflichtung – danach bin ich gerade vorhin gefragt worden –, alle Lagerbestände


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innerhalb von acht Jahren zu zerstören und Land innerhalb von zehn Jahren von Blind­gängern zu räumen.

Das ist ja ein Riesenproblem, das wir nach wie vor zum Beispiel in Bosnien haben. Wir haben dort wahnsinnig viele Personenminen, die nach wie vor sehr viele Opfer verursachen. Und da denke ich an unseren letzten Besuch im Kosovo, wo leider Gottes die internationalen Truppen kein Mandat für Entminungen haben, obwohl sie dafür bestens geschulte Soldaten haben, und die sagen: Warum dürfen wir das nicht, wir könnten jeden Tag entminen! Sie haben jedoch kein Mandat für die Entminungen. Sie können nur sagen: Dieses Feld ist voller Personenminen, wir könnten entminen, aber wir haben dafür kein Mandat! Und auch das österreichische Bundesheer hat gesagt: Bitte, besorgt uns ein internationales Mandat, wir können es, wir haben die entsprechenden Geräte dafür! (Bundesrat Bieringer: Das ist eine Katastrophe!)

Das ist eine Katastrophe! Wir haben bei unserem Besuch so einen Fall gesehen. Sie haben gesagt: Schauen sie, da drüben liegen noch die Reste von einem Esels­fuhrwerk! – Sie können sich denken, dass ein Eselsfuhrwerk nicht alleine unterwegs war. Umso wichtiger ist diese Verpflichtung, innerhalb von zehn Jahren zu räumen.

Kollege Kühnel hat aufgezählt, von wem es wichtig wäre, dass er beitritt. Wir haben auch im Ausschuss darüber diskutiert, dass man da doch auch hoffen darf, dass die Obama-Administration vielleicht in ein paar Jahren die Dinge anders sehen wird. Staaten, die Streumunition eingesetzt, produziert und gelagert haben, sind bereits unter den Unterzeichnern, wie zum Beispiel die schwer betroffenen Staaten Afghanis­tan, Laos und Libanon. 18 NATO-Staaten sind diesem Vertrag bereits beigetreten.

Besonders interessant ist auch: Laos, das ist jenes Land der Welt, das von der Streumunition bis heute am schwersten betroffen ist, hat sich bereit erklärt, das erste Treffen der Vertragsstaaten in Laos abzuhalten.

Streumunition reicht weit in unsere Gegenwartsgeschichte hinein. Ich möchte Sie nur daran erinnern: Wo ist Streumunition denn zum Einsatz gekommen? – 1999 im Kosovo, 2001 in Afghanistan, 2003 im Irak, 2006 im Libanon. Nach Expertenschätzun­gen vier Millionen Streumunition allein im Libanon. Davon ist eine Million nicht explodiert, sagen Militärexperten. (Präsident Reisenberger übernimmt den Vorsitz.)

Sie sehen, wie hoch die Dramatik ist und wie wichtig es ist, dass dieses Abkommen auch vorsieht, nicht nur die Waffen zu zerstören, sondern für jene Länder, die davon schwerst betroffen sind, das Land auch zu säubern. Deshalb ist das so ein wichtiges Abkommen.

Es ist schön, zu wissen, dass Österreich hier von Anfang an die Initiative mit geführt hat. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

17.55


Präsident Harald Reisenberger: Ich darf nun recht herzlich Bundesminister Dr. Spindelegger in unserer Mitte begrüßen, der zum ersten Mal hier bei uns im Bundesrat ist. Er hat sich auch zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


17.55.50

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael Spindelegger: Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte aus Anlass dieses Themas, das Sie heute diskutieren, drei Bemerkungen machen.

Zum Ersten: Dieses Verbot von Streumunition und die internationale Konvention dazu trägt auch die österreichische Handschrift mit. Das ist für uns erfreulich und gut, weil es der zweite große Schritt einer Abrüstungsinitiative ist, an der Österreich federführend


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beteiligt war. Es gab im Dezember 2007 die große Konferenz zum Verbot der Streumunition in Wien, an der 138 Staaten beteiligt waren. Das war mit der Auslöser dafür, dass diese Konvention auf den Weg gebracht wurde. Das ist sehr erfreulich. Ich darf mich bei allen bedanken, die dazu einen entscheidenden Beitrag geleistet haben.

Es ist, zum Zweiten, sicherlich wichtig, zu sehen, dass wir damit noch nicht am Ende angelangt sind, denn bei einer Konvention wie dieser sind die großen Staaten, die diese Munition auch verwenden, natürlich noch nicht komplett mit an Bord. Das müssen wir einfach zur Kenntnis nehmen, aber wir müssen auch sehen, dass es erfreuliche Entwicklungen gibt. Herr Bundesrat Kühnel und andere haben ange­sprochen, dass bei großen Ländern noch Nachholbedarf besteht.

Ich darf Sie darüber informieren, dass die Vereinigten Staaten von Amerika in einer Art Budgetbegleitgesetz zum Finanzpaket auch eine Bestimmung beschlossen haben, die vorsieht, dass Streumunition, die inakzeptables Leid für die Zivilbevölkerung verur­sacht – also der Oslo-Begriff Streumunition –, und ihre Technologie nicht verkauft, exportiert oder transferiert werden dürfen.

Wir sehen also, dass zwar kein Beitritt zur Konvention erfolgt, dass aber auf nationaler Ebene ein Gesetz erlassen wurde, das de facto auch diese Art von Munition ächtet und verbietet, dass eine solche Art von Munition verkauft wird. Das zeigt, dass es Fortschritte gibt, dass wir auch damit rechnen können, dass auch bei den großen Staaten tatsächlich etwas geschieht.

Dritte und letzte Bemerkung: Ich sehe das auch als einen sehr positiven Beispielsfall für eine gute Zusammenarbeit zwischen Regierung, Parlament und Zivilgesellschaft in Österreich. Wenn wir uns die Geschichte dieser Konvention ansehen, hat sie einen Auslöser gehabt in der NGO-Aktivität von Frau Judith Mailath, die das in Österreich wie international stark betrieben hat; sie hat einen Anstoß gegeben. Es wurde dann im Parlament sehr stark diskutiert. Ich erinnere mich selbst noch, wie im Nationalrat die Fraktionen das miteinander beraten haben. Dasselbe gilt für den Bundesrat, und es gab dann letztlich von der Bundesregierung diese Unterstützung mit der Organisation der Konferenz und damit für diesen Durchbruch. Das ist ein positives Beispiel dafür, wie man gemeinsam etwas bewegen kann.

Ich möchte mich aus diesem Anlass insgesamt, weil dies auch meine erste Rede hier im Bundesrat ist, herzlich bedanken bei allen Bundesrätinnen und Bundesräten, die in internationalen Organisationen stark tätig sind: egal, ob das der Europarat ist, ob das die COSAC ist, ob das die WEU oder eine sonstige internationale Organisation ist. Ich sehe immer wieder und freue mich, dass ich das auch als Bundesminister sagen darf, ein starkes Engagement der Parlamentarier, der Bundesrätinnen und Bundesräte. Das ist es, was wir brauchen!

Wir brauchen für ein mittelgroßes Land wie Österreich eine breite Aufstellung in inter­nationalen Gremien, damit wir etwas erreichen können. In diesem Sinne bedanke ich mich bei allen Damen und Herren, die sich in diesem Prozess, in diesem Fall, aber auch in vielen internationalen Gremien positiv einbringen. – Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

17.59


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 150

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Übereinkommen über Streumunition.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Verbot von Streumunition geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Auch hier darf ich die Stimmeneinhelligkeit konstatieren. Der Antrag ist somit angenommen.

18.00.4225. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Tschechischen Republik über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, Bildung, Wis­senschaft, Jugend und des Sports (23 d.B. und 102 d.B. sowie 8095/BR d.B.)

26. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes (24 d.B. und 103 d.B. sowie 8096/BR d.B.)

27. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend Erklärung euro­päischer Regierungen über die Phase des Einsatzes der Träger Ariane, Vega und Sojus vom Raumfahrtzentrum Guayana aus (26 d.B. und 104 d.B. sowie 8097/BR d.B.)

28. Punkt

Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegen­heiten an das österreichische Parlament betreffend EU-Arbeitsprogramm 2009 (III-362-BR/2009 d.B.)

 


Präsident Harald Reisenberger: Nun gelangen wir zu den Punkten 25 bis 28 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin zu den Punkten 25 bis 27 ist Frau Bundesrätin Mag. Rausch. – Ich ersuche um die Berichte.

18.01.36

 


Berichterstatterin Mag. Bettina Rausch: Ich darf die gegenständlichen Berichte zur Kenntnis bringen.

Es ist dies zum Ersten der Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Abkommen


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 151

zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Tschechi­schen Republik über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, Bildung, Wissenschaft, Jugend und des Sports.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich komme zum zweiten Bericht. Es ist dies der Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes.

Auch hier liegt der Bericht in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

3. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 3 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

Ich komme zum dritten Bericht. Es ist dies der Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend eine Erklärung europäischer Regierungen über die Phase des Einsatzes der Träger Ariane, Vega und Sojus vom Raumfahrtzentrum Guayana aus.

Auch hier liegt der Bericht in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt wiederum den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Kemperle. Ich erteile ihr dieses.

 


18.03.33

Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen im Bundesrat! Ich glaube, dass gerade das Abkommen zwischen der Tschechischen Republik und der Republik Österreich es wert ist, einige Worte darüber zu verlieren. Was den Bereich Kultur, Bildung, Wissenschaft, Jugend und Sport betrifft, glaube ich, dass dieses Übereinkommen dazu beiträgt, einige Völker verbindende Maßnahmen zu treffen. In diesem Zusammenhang ist es auch wert, darüber nachzudenken, solche verbindenden Bereiche in der tagtäglichen Arbeit mit zu überlegen und in einem Globalisierungsbereich, wo man immer nur von negativen Folgen spricht, auch einmal die positiven Aspekte herauszuheben und diese auch hervorzuheben.

Ein wesentlicher Punkt ist der Bereich Bildung. Auch für uns im gewerkschaftlichen Bereich ist das ein positiver Aspekt, weil es dabei auch darum geht, Anerkennung zum Beispiel für Reifezeugnisse, für gemeinsame Prüfungen zu schaffen sowie Voraus­setzungen dafür, einen Austausch der Unterlagen und der Qualifikationen vornehmen zu können. Im Facharbeiter-/Facharbeiterinnen-Bereich, aber auch im schulischen Be-


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 152

reich kommt es immer wieder vor, dass Reifezeugnisse nicht gegenseitig anerkannt werden oder nur unter schwierigsten Voraussetzungen Anerkennung im gegenseitigen Austausch von Qualifikationen finden.

Ich meine, dass dieses Abkommen es durch das Einsetzen einer Experten-/Exper­tinnen-Kommission tatsächlich ermöglicht, Grundlagen zu erarbeiten, die dann letzt­endlich auch zum Erfolg führen, um Anerkennung von Qualifikationen leichter zu ermöglichen und diese auch lebbar zu machen.

Im Bildungsbereich und in der Bildungszusammenarbeit ist auch der schulische Bereich zu erwähnen. Das heißt, dass es hier einen Austausch im Lehrer-/Lehrerin­nenbereich in der Ausbildung geben soll. Dabei ist ausdrücklich auf den sprachlichen Austausch hinzuweisen.

Wir haben in unseren Bereichen in Österreich sehr viel Englischsprachiges, aber gerade der grenzüberschreitende sprachliche Bereich ist doch ziemlich vernachlässigt. Ich merke es auch bei meinen Dienstreisen und bei meinen Aktivitäten mit den Kollegin­nen und Kollegen in den Nachbarländern immer wieder. Sehr viele meiner tschechischen oder slowakischen Kollegen und Kolleginnen sprechen Deutsch, wir aber haben in unseren Bereichen relativ wenige bis gar keine Kollegen und Kollegin­nen, die eben in diesem Bereich entweder tschechischsprachig oder slowakisch­sprachig sind. Das heißt, auch wir im gewerkschaftlichen Bereich haben gerade aus diesem Grund – und hier kommt uns dieses Abkommen wirklich zugute – in diesem Bereich Projekte gestartet, die genau auf diesen Zweck hinzielen. Wir sind in diesen Bereichen tätig.

Ich glaube, dass das schon erwähnenswert ist und dass dieses grenzüberschreitende Miteinander es wichtig macht, darüber auch im Bereich der Jugend nachzudenken, um dem Jugend-Bereich hier einige Aspekte abzugewinnen, um grenzüberschreitende Maßnahmen zu setzen und auch ein gegenseitiges Verständnis für die gegenseitigen Probleme aufzubringen, aber auch die positiven Effekte, die man dadurch gewinnt, zu haben.

Im Bereich der EU-Programme ist es auch vorgesehen – und auch dieses Abkommen sieht es eindeutig vor –, dass Maßnahmen gerade für den Bereich der Jugend getrof­fen werden. Im Besonderen ist in den Unterlagen das Programm „Jugend in Aktion“ genannt und es wird erwähnt, dass Unterstützungen erfolgen und erfolgen sollen.

Weiters wissen wir, dass es den kulturellen Austausch bereits gibt. Das heißt aber, dass es nicht nur den kulturellen Austausch im Normalfall gibt, dass man sich gegen­seitig in der Oper oder Staatsoper besucht, sondern dass es auch immaterielle Bereiche im kulturellen Austausch gibt, das heißt auch im Bereich zum Beispiel der Berufsausbildung. Auch dort gibt es diesen kulturellen Aspekt, etwa im Bereich des Geigenbaues.

Es gibt sehr gute grenzüberschreitende Projekte bereits jetzt, wo man miteinander arbeitet und sich auch sehr gut über Projekte verständigen kann. Es ist hilfreich, wenn es Abkommen gibt, die es noch weiter ermöglichen, und es erleichtert diese grenz­überschreitende Zusammenarbeit.

Zum Thema Sport. Sport verbindet, sagt man immer. Da habe ich ein wenig meine Zweifel nach dem Ausscheiden des Trainers der österreichischen Fußball-National­mannschaft, der ein Tscheche war, Karel Brückner. Es ist einiges zu tun, dass auch da in der Völkerverbindung einiges weitergeht. Sport ist sehr Völker verbindend, kann aber auch sehr differenzierend sein. Ich denke, dass es aber die positiven Aspekte sind, die überwiegen.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 153

Was dieses Abkommen aber im Besonderen positiv gestaltet, ist, dass klar hervor­kommt, dass es nicht ein Abkommen ist, das einfach einmal geschlossen wird, sondern dass sehr wohl im Abkommen selbst bereits Vereinbarungen getroffen wurden, dass es periodische Tagungen und Seminare geben soll, dass es eine Kommission geben soll, die grenzüberschreitend arbeitet.

Das heißt, dass in diesem Abkommen auf Kontinuität gesetzt wird, dass auch wirklich der Wille dahinter steckt, grenzüberschreitend zu agieren.

Ich meine, dass diesem Abkommen eigentlich nur die Zustimmung gegeben werden kann. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesräte Dönmez, Kersch­baum und Schennach.)

18.10


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Jany. Ich erteile ihm dieses.

 


18.10.30

Bundesrat Reinhard Jany (ÖVP, Burgenland): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bun­desminister! Werte Damen und Herren! Die Erhaltung des immateriellen Kultur­erbes ist ein ganz wichtiger Schritt, denn gerade kleine Gruppen haben es schwer, ihr Kulturgut und ihre Sprache zu erhalten.

Die Vielfalt an kulturellen Ausdrucksformen unterliegt in zunehmendem Maße dem Druck der Globalisierung. Das Kulturerbe umfasst mündliche Traditionen wie Feste, Handwerkstechniken sowie den praktischen Umgang mit der Natur.

Im Burgenland gibt es neben der deutschsprachigen auch burgenlandkroatische und ungarische Volksgruppen und die Volksgruppe der Roma. Die Burgenländische Hianzische Gesellschaft betreibt ein Dialektinstitut in meiner Heimatgemeinde Ober­schützen, das Hianzenzentrum. Dieses Institut wurde vom ehemaligen Präsidenten des Burgenländischen Landtages DDr. Erwin Schranz zur Erhaltung des hianzischen Dialektes gegründet.

Im Haus der Volkskultur in Oberschützen werden gerade jetzt im Frühling viele Ver­anstaltungen abgehalten, etwa das Treffen von Amateurtheatergruppen, ein Sympo­sium mit dem Thema „Die Familiennamen im burgenländisch-pannonischen Raum“, Ausstellungen, „Haydn und die Volksmusik“, ein Mundart-Literaturwettbewerb für Schüler, der zur Förderung unseres heimischen Dialektes beitragen soll. Der Höhe­punkt des Jahres ist jedes Jahr eigentlich der „Hianzentog“ Anfang Juni.

Was die Notwendigkeit dieser Konvention unterstreicht ist nämlich das Bestreben, dieses Kulturerbe zu erhalten, zu fördern und zu unterstützen. Es kann ein Beitrag zur Völkerverständigung sein, denn nichts ist schlimmer, als wenn Kulturen, die miteinan­der wohnen, einander nicht verstehen. Es ist sicherlich auch ein Beitrag dazu, dass wir Freunde nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung empfinden. – Danke schön für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesräte Kerschbaum und Schennach.)

18.12


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schennach. Ich erteile ihm dieses.

 


18.12.56

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Österreich hat gerade das Öster­reichische Kulturforum in Prag personell neu besetzt. Ich glaube, all diese Aktivitäten


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 154

zwischen Prag und Wien, zwischen Österreich und der Tschechischen Republik sind wichtig.

Dass wir ein Abkommen haben, das noch mit der Tschechoslowakischen Sozialis­tischen Republik gewirkt hat, lässt fast die Frage zu: Müssen wir einmal nachschauen, ob wir nicht auch noch mit der Jugoslawischen Republik Abkommen in diesen Bereichen haben? Wichtig war aber, dass es in den Bereichen Wissenschaft, Bildung und Kultur weiterhin diese Zusammenarbeit gab.

Der wesentlichere Teil heute ist das Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes. Das ist etwas Besonderes. Wir hatten zwar im Ausschuss eine ziemlich materielle Diskussion über den Dom zu Gurk. Es geht aber genau nicht um die Steine und nicht um die Häuser, sondern um das wirklich Immaterielle: um Traditionen, mündliche Traditionen, um Feste, Riten, um Darstellungen, darstellende Künste oder Brauchtum, wenn man es auch will. Es geht auch um Handwerkskunst, die immer mehr verschwindet. Wir würden sie bei der Erhaltung von materiellen Kulturgütern, alten Kulturgütern auch so dringend brauchen.

Mein Vorredner hat gerade eine Volksgruppe angesprochen, deren Sprache eben nicht aufgezeichnet wird, sondern mündlich weitertradiert wird, deren Geschichten mündlich weitertradiert werden, deren Tradition einfach mündlich weitergegeben wird. Für die ist es eine ganz, ganz große Sache.

Ich denke aber, wir müssen auch auf den Boden zurückkommen. Kollege Schnider war völlig fassungslos, als wir über die Zahlen gesprochen haben, als wir gesagt haben, es braucht 10 000 € im Jahr. Diese Dotierung wird man sich, wenn man es ernst meint, à la longue überlegen müssen. Sonst muss man sagen: Ja, es gibt immaterielle Kulturgüter, aber Geld dafür gibt es nicht. Zwischen dem Art. 25 und dem Art. 26 gibt es auch noch ein bisschen Formulierungsprobleme. Die einen sagen, es ist der Höchstbetrag, und der 26er sagt, man kann dessen unbeschadet freiwillig etwas dazuzahlen, und beim 25er heißt es, das ist der Höchstbetrag, der einzuzahlen ist: alle zwei Jahre 20 000 €.

Wenn man es ernst mit dem Schutz, mit der Aufzeichnung, mit der Dokumentation und mit dem Bewusstsein dazu meint, dann wird man sich à la longue den Budgetansatz genauer anschauen und auch irgendjemanden damit beauftragen müssen.

Es ist noch nicht klar, wer das macht. Macht das „Das Wienerlied“ oder das Institut für Volkskunde oder das Institut für Europäische Ethnologie? Wer soll das machen? Das ist eine interessante Frage, die wir heute hier nicht geklärt haben, aber vielleicht sollten wir sie, sobald das hier durch ist, klären.

Zum letzten Punkt: Nachdem Kollege Erlitz uns letztes Mal eine Astronomie-Sonder­stunde gegeben hat, geht die Diskussion im Bundesrat von den Sternen zum Sojus-Programm, Ariane-Programm. Was dabei wichtig ist – jetzt Spaß beiseite –, ist Folgendes: Es geht nicht so sehr um die privatwirtschaftliche Vermarktung von Arianespace als Firma und deren Ergebnisse, wenn die Satelliten schon oben sind, es geht nicht um den Bau, sondern um die wissenschaftliche Nutzung, die kommerzielle Nutzung und darum, dass Österreich diesen Zugang hat. Deshalb muss man dieses Programm verlängern. Das ist richtig und wichtig auch für unsere heimische Wirtschaft. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesräte Dönmez und Kerschbaum.)

18.17


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Kampl. Ich erteile ihm dieses. (Bundesrat Schennach – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Bundesrates Ing. Kampl –: Kommt das schon wieder mit dem Dom?)

 



BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 155

18.17.32

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Sicher wird auch der Gurker Dom eine Rolle in Zukunft spielen, aber heute haben wir andere Probleme zur Diskussion. Die Aufgabe der Menschheit ist es, die nationale und die internationale Kultur zu erhalten. Für diese hohe Aufgabe der Zusammenarbeit hat die UNESCO mit Beschlussfassung vom Jahre 1972 zum Schutz des Kultur- und Naturerbes ein Übereinkommen getroffen. Die Ziele des Übereinkommens sind: Erhaltung des immateriellen Kulturerbes, Bewusstseinsbildung und gegenseitige Wert­schätzung zu fördern, der internationalen Zusammenarbeit und Unterstützung volle Möglichkeiten zu geben.

Das immaterielle Erbe ist der Ausdruck für Praktiken, Darstellungen, Ausdrucksformen, Wissen, Fertigkeiten, notwendige Instrumente, kulturelle Räume und so weiter bezie­hungsweise Traditionen, Ausdrucksformen, darstellende Künste, Praktiken, Rituale und Feste, Natur und Universum, traditionelle Handwerkstechniken.

Der Ausschuss ist derzeit weltweit mit 18 Mitgliedern besetzt. In Zukunft sollen es 24 Mitglieder sein. Jeder Vertragsstaat hat die Aufgabe, im eigenen Hoheitsgebiet sicherzustellen, dass die immateriellen Kulturgüter erhalten bleiben. Ziele für die inter­nationale Zusammenarbeit sind zu fördern. Gegenseitige internationale Unterstützung ist notwendig.

Die Vertragsstaaten zahlen nach einem bestimmten Schlüssel jährlich ihren Mitglieds­beitrag. Österreich zahlt derzeit 20 000 € – was meiner Meinung nach sehr bescheiden ist. Wir sollten daher da unsere Zustimmung geben.

Österreich ist ein Land mit hoher Kultur und wird von den Staaten international mit großer Anerkennung bedacht. Es ist abgesehen davon als Kultur- und Erholungsland hoch angesehen und genießt eine große Wertschätzung.

Unser Heimatland Österreich hat große immaterielle und materielle Kulturgüter. Es wird an uns liegen, ob wir die großen Kulturgüter von der Vergangenheit in die Zukunft hinüberbringen. Auch sollte die Aktivierung von Kulturgütern für die Aufnahme in die Liste des Weltkulturerbes eine verantwortungsvolle Aufgabe für die Zukunft sein. – Das war der erste Teil.

Meine Damen und Herren! Nun komme ich zum zweiten Teil, zur österreichisch-tschechischen Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, Bildung, Wissenschaft, Jugend und des Sports. Für Europa ist jede Form der Zusammenarbeit von großer Bedeutung und kommt letztendlich jedem Staate zugute. Vor allem die Jugend Europas soll auf eine Zusammengehörigkeit mit viel Vertrauen aufbauen können.

Nach dem Ersten Weltkrieg ist Europa in vielen demokratischen Einzelstaaten neu entstanden. Die Überwindung vieler Stufen für eine Zusammenarbeit mit gegen­seitigem Vertrauen für einen Neubeginn war notwendig. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam eine neue Möglichkeit der Zusammenarbeit. 27 Staaten konnten sich bis heute für ein gemeinsames Europa zusammenfinden. Der Marshall-Plan war zu überwinden. Vor allem der Glaube an das gemeinsame Europa der 27 Staaten hat eine große Chance. Dafür sollten wir heute noch immer den Gründungsvätern dieses gemeinsamen Euro­pas danken.

Die Zusammenarbeit mit Tschechien ist voll zu unterstützen. Voraussetzung ist das Vertrauen, aber das Vertrauen gegenüber Tschechien leidet. Der Melker Vertrag wird nicht eingehalten. Die Beneš-Dekrete sind nicht abgeschafft. Die Heimatvertriebenen aus dem Sudetenland haben das Recht, dass diese Unrechtsdekrete, die Beneš-Dekrete ein für alle Mal beseitigt werden.


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Diesem Abkommen sollten wir die Zustimmung geben, mit der Hoffnung, dass es ein Europa ohne Krieg, ohne Grenzen in Frieden und Freiheit gibt. – Danke. (Beifall bei Bundesräten von SPÖ und ÖVP.)

18.23


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Peinsteiner. Ich erteile ihm dieses.

 


18.23.28

Bundesrat Johannes Peinsteiner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Geschätzter Herr Minister! Meine Name ist Hannes Peinsteiner. Ich bin letzten Juli von der oberösterreichischen Landesregierung in den Bundesrat entsandt worden. Ich bin seit 13 Jahren Bürgermeister von St. Wolfgang im Salzkammergut. Auf euro­päischer Ebene vertrete ich den Gemeindebund im KGRE und RGRE und auf internationaler Ebene im UCLG.

Das ist heute meine erste Rede im Bundesrat. Ich versuche, Ihre Zeit nicht allzu lange in Anspruch zu nehmen. Ich finde die Arbeit im Bundesrat nach der Wahl sehr konstruktiv.

Nun zum eigentlichen Thema. In Hinblick darauf, dass das Kulturerbe und das Natur­erbe zunehmend von Zerstörung bedroht sind, nicht nur durch die herkömmlichen Verfallsursachen, sondern auch durch den Wandel der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse, hat die UNESCO weltweit Kultur- und Naturschätze von außerge­wöhnlichem, universellem Wert unter Schutz gestellt. In Österreich denken wir da an Schönbrunn, die Wachau, an Salzburg, an Hallstatt oder die Naturlandschaft rund um den Neusiedler See; international an viele andere, wie die Große Mauer in China oder auf der anderen Seite des Globus die Nationalparks in den USA.

Wir sprechen hier von „Hardware“, wenn man so sagen kann, von Architektur, Natur­räumen oder besonderen Ensembles, die zu schützen sind. Wie bei jedem Haus, in Orten oder in Städten werden diese aber erst mit den Menschen, mit dem Leben, mit dem Arbeiten, der kulturellen Betätigung lebendig – auch mit dem Wissen um Prak­tiken im Umgang mit der Natur und dem Universum, mit dem Umgang mit traditionellen Heilmethoden in einzelnen Regionen in Österreich und auch international.

In Österreich setzt sich die Nationalagentur für das Immaterielle Kulturerbe mit diesen Thematiken intensiv auseinander. Die Leiterin ist Frau Mag. Maria Walcher.

Worum geht es uns in Österreich? – Hier dürfen wir das Thema durchaus pragmatisch beleuchten. Es geht um tradierte Werte, es geht um Dialekte, es geht um Traditionen, die speziell in den westlichen Bundesländern, in den Tälern und Orten der Alpen erhalten geblieben sind, aber durch die heutigen Möglichkeiten der Bildung, der Vernetzung und der Globalisierung zum Teil gefährdet sind.

Warum sage ich „pragmatisch“? – Pragmatisch deshalb, weil wir als Tourismusland mit überlieferten Traditionen einen USP, eine Alleinstellung in diesem heiß umkämpften Segment haben. Natürlich haben wir eine Traumlandschaft. Natürlich muss die Supra- und Infrastruktur passen, sonst kann man heute im Tourismus nicht überleben.

Aber das Wesentliche ist die „Software“. Alle aus einem Model gepresste Mitarbeiter, zu Tode geschult – will ich die im Urlaub? – Es geht um Emotionen, es geht um Echtheit. Es geht ums Spüren, es geht ums – wie man bei uns im Salzkammergut sagt – „Gschmah“, um das „Gmiatlichsein“, wenn es auch durchaus einmal ein biss­chen sehr echt rüberkommt. Das ist es ja, was wir am Wiener, allgemein am öster­reichischen Schmäh so lieben. In Kettenhotels, wo man – egal, wo am Globus – mit derselben Phrase behandelt wird, quasi statisch, auswendig gelernt – will ich das als


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Gast? – Ich will das Land am Menschen, ich will das Land am Leben der Menschen erkennen.

Wenn ich nun an das Salzkammergut denke, weil ich von dort herkomme, an die Vogelfänger, die Pascher, die in jedem Tal anders klingen, die Traditionsschützen, die Musikgruppen mit ihren Gstanzln; man kennt die Menschen und wo sie wohnen allein am Dialekt – heute noch –, ob einer ein Ebenseer, ein Ischler, ein Aberseer, ein Gosinger oder ein Goiserer ist. Und wenn wir an Hubert von Goisern denken, werden wir es verstehen.

Glauben Sie es mir, wenn mein vierjähriger Enkel, der in Bad Goisern auf fast tausend Metern Höhe mit Papa und Mama und zwei Brüdern aufwächst, zu mir sagt: „Opa, da däfst nit aufifän, da is so stücki“ – er damit meint: Opa, du darfst hier nicht hinauffahren, für dich ist das zu steil –, dann weiß der Kenner, wo dieses Kind wohnt.

Heruntergebrochen auf den Handel, wenn wir von pragmatisch sprechen: Egal, wo wir den Flieger verlassen, welche Stadt wir besuchen, wir haben überall dieselben Markengeschäfte. Ist das noch interessant? – Die Baumärkte – egal, wo – haben alle die gleichen Produkte. In welchen Manufakturen sie hergestellt werden, das wissen wir.

Es ist sicher interessanter, ins Wiener Café auf einen Apfelstrudel, auf ein Fiaker­gulasch zu gehen oder ins Zillertal auf einen Graukäse mit Zwiebeln, Speck und Bärwurz oder in die Toskana auf Antipasti, Prosciutto crudo, Oliven und getrocknete Tomaten zu fahren.

Es ist tatsächlich von großer Bedeutung, sehr geehrte Damen und Herren, wenn der Bundesrat möglichst rasch seine Zustimmung dazu gibt. Die Ratifizierungsurkunde wird nämlich in Paris noch drei Monate bei der UNESCO hinterlegt. Das heißt, im besten Fall wäre Österreich ab Juli Mitgliedstaat dieser Konvention. Das sind mittler­weile bereits über 100 Staaten.

Ein Beispiel: Der österreichische Falknerbund ist speziell an einem raschen Prozedere interessiert, weil im August die Frist abläuft, die Falknerei auf die internationale, repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes zu bekommen. Unter der Führung von Saudi-Arabien sollen 33 Staaten gemeinsam auf die Liste. Österreich stellt derzeit den weltbesten Falkner; also wäre das ein schönes Zeichen.

Österreich hat mit der Einrichtung dieser Nationalagentur und den Themen bereits mehrfach internationale Aufmerksamkeit erregt, und unser Beitritt zur Konvention ist auch ein wichtiger Beitrag für die laufende internationale Diskussion zum Thema. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Allgemeiner Beifall.)

18.29


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Schnider. Ich erteile ihm dieses.

 


18.29.44

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nicht mehr lange der Zustimmung im Wege stehen, aber ich denke, wir haben alle ein Stück Geschmack auf dieses größere Europa bekommen.

Ich glaube auch, dass ein Schwerpunkt in all den Redebeiträgen, die schon gebracht worden sind, durchklingt. Es gibt ein Kulturgut, das wir besonders achten müssen, ein


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wirklich immaterielles Kulturgut, das sich in einer großen Vielfalt zeigt, auch wenn wir nur eine Muttersprache haben: Das sind die vielfältigen Sprachen.

Es gibt auch eine Sprache der Kulinarik, es gibt eine Sprache der Regionen. Und ich denke, dass gerade diese Abkommen ein so wichtiges Thema für den Bundesrat sind, weil wir hier herinnen die Vertreterinnen und Vertreter dieser Vielfalt sind. Und wir sind es auch, die dafür sorgen müssen, dass diese Vielfalt nicht verlorengeht. (Allgemeiner Beifall.)

Ich glaube, dass meine Vorrednerinnen und -redner gute Beispiele, gerade was Sprache betrifft, gebracht haben. Und es gibt gerade in diesem Abkommen Anliegen, die Schule und Bildung betreffen. Auch da gibt es unterschiedliche Sprachen, nämlich, wenn es eine bestimmte Art der Schule gibt, dann ist das eine ganz bestimmte Ausdrucksform. Und eine wesentliche Ausdrucksform, die ich für zukunftsweisend halte, ist Bilingualität oder auch Mehrsprachigkeit. Ich glaube, dass wir auf diesen Zug noch weiter aufspringen sollten; auch auf jenen, den Frau Kollegin Kemperle ange­sprochen hat. Es geht ja auch um die Sprachen, die in den angrenzenden Ländern gesprochen werden, nicht nur um Englisch, Französisch und für den Tourismus noch ein bisschen Italienisch und Spanisch. Es geht sehr wohl darum, gerade Sprachen von Ländern, die unmittelbar an Österreich angrenzen, Schülern näherzubringen und diese zu erlernen.

Deshalb können wir auch stolz sein, denn das, was wir heute tun, ist ja im Grunde nur ein Update. Dieses Übereinkommen gibt es, wie wir wissen, seit dem Jahre 1977, wenn ich mich recht entsinne, und hier wird jetzt in gewisser Weise eine EU-Konformität nachgezogen.

Es gab auch schon in der Vergangenheit eine österreichische Schule in Prag. Es gibt eine tschechische Stiftung – die Komenský-Stiftung – mit einer Schule hier in Wien.

Ich glaube, dass wir hier auch vieles, was Bildung und Schule betrifft, voneinander lernen können, gerade wenn ich jetzt an dieses Schulmodell in Wien denke. Da gibt es jetzt – und auch schon in der Vergangenheit, soweit ich mich informieren konnte – ein Bildungswerk, das im Kindergarten beginnt und bis zur Reifeprüfung führt, aber zweisprachig: tschechisch und österreichisch.

So eine Zweisprachigkeit sollte vom Kindergarten bis hinauf in den tertiären Bereich durchgezogen werden. Das ist eine Ausdrucksform; es wäre auch für uns eine Möglichkeit, das auch in anderen Bundesländern zu machen. Ich denke jetzt zum Beispiel ans Burgenland – das ist angesprochen worden –, auch an uns in der Steier­mark. Man könnte doch da oder dort einen Schultypus kreieren, der nicht nur darauf Wert legt, dass Kinder Englisch lernen – es gehört ja fast zum selbstverständlichen Level dazu, Englisch schon im Kindergarten zu lernen –, sondern auch ein Stück von der Sprache der benachbarten Länder mitbekommen.

Ein weiterer Punkt – den hat Stefan Schennach schon vorweggenommen; ich bin ihm sehr dankbar dafür, denn so kann ich das hier noch einmal betonen; das hat auch Kollege Kampl gesagt –: Ich weiß, das in Krisensituationen, in Zeiten der Budget­knappheit hier auch noch zu erwähnen, ist vielleicht ein bisschen merkwürdig. Aber schauen wir uns die Abkommen an, wie viel Inhalt da drinnen steht, wie viele Aufgaben zu erledigen wären! Da finde ich es schon ein bisschen merkwürdig – auch wenn es um immaterielle Kulturgüter geht –, dass man bei einem Abkommen mit 20 000 € – wenn man es auf das Jahr umrechnet: mit 10 000 € – auskommen soll, aber bei den Abkommen, wo es um die Zusammenarbeit zwischen Tschechien und Österreich geht, mit 4 000 €.


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Jetzt weiß ich sehr wohl, das liegt nicht unmittelbar im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums des hier anwesenden Außenministers, sondern, wenn ich es recht weiß, das gehört eigentlich in das Unterrichtsministerium. Aber trotzdem möchte ich auch das, was Stefan Schennach und auch Kollege Siegi Kampl schon gesagt haben, noch einmal betonen: Wenn wir uns ernst nehmen wollen, gerade mit solchen Anliegen, die in diesen Abkommen angesprochen werden, und wenn wir wirklich die Aufgaben mit diesen Kooperationen übernehmen wollen – das fängt an bei Seminaren, Tagungen, Konferenzen, Theater, und, und, und –, dann möchte ich gerne wissen, was man da mit nur 4 000 € anfangen soll.

Deshalb glaube ich sehr wohl, dass es toll ist, dass es das gibt, ich glaube auch, dass das unbedingt eine Zustimmung braucht, aber dass wir uns sehr wohl auch überlegen müssen, wie hoch wir etwas budgetieren. Als Politikerinnen und Politiker haben wir ja auch darauf zu schauen, dass wir uns das, was wir uns an Aufgaben vornehmen, letztlich auch leisten können. Das möchte ich hier noch anmerken.

Aber ich freue mich – gerade weil es unser letzter Tagesordnungspunkt ist –, dass wir uns dafür auch noch ein Stück Zeit genommen haben, weil ich wirklich glaube, dass das Anliegen sind, die den Bundesrat angehen müssen.

Denken wir an viele EU-Fragen! Wer in diesem Haus kümmert sich mehr um EU-Fragen? Ich denke gerne an den Ausschuss, gerade an die Sitzung von vorgestern. Da stelle ich wirklich fest: Der Bundesrat nimmt sich dieser Anliegen viel ernster an, wenn ich das so sagen darf, als wenn man so schaut, was teilweise im Nationalrat zu diesen Themen gesagt worden ist oder gesagt wird. Aber das ist schön so. Ich glaube, das ist für uns eine große Zukunftsmelodie, die wir alle sinfonisch anstimmen sollten. – Herzlichen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

18.36


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates bezie­hungs­weise den gegenständlichen Bericht erfolgt getrennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Tschechischen Republik über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, Bildung, Wissenschaft, Jugend und des Sports.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungs­bereiches der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 160

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Auch hier darf ich die Einstimmigkeit konstatieren. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kultur­erbes.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungs­bereiches der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Ich darf die Einstimmigkeit konstatieren. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Auch hier darf ich wieder die Einstimmigkeit konstatieren. Der Antrag ist somit angenommen.

Weiters lasse ich über den Antrag abstimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 3 B-VG, den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Ich konstatiere die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend eine Erklärung europäischer Regierungen über die Phase des Einsatzes der Träger Ariane, Vega und Sojus vom Raumfahrtzentrum Guayana aus.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Einstimmigkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Bericht des Bundesministers für euro­päische und internationale Angelegenheiten an das österreichische Parlament betref­fend EU-Arbeitsprogramm 2009.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Auch hier darf ich die Einstimmigkeit konstatieren. Der Antrag ist somit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 161

18.40.30Einlauf

 


Präsident Harald Reisenberger: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt zwei Anfragen, 2662/J und 2663/J, eingebracht wurden.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Weg erfolgen. Als Sitzungstermin wird Donnerstag, der 16. April, 9 Uhr, in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen noch nicht behandelte Vorlagen der Bundesregierung oder ihrer Mitglieder in Betracht.

Die Ausschussvorberatungen sind für Mittwoch, 15. April 2009, 13 Uhr, vorgesehen.

Die Sitzung ist geschlossen.

18.40.52Schluss der Sitzung: 18.41 Uhr

 

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