BundesratStenographisches Protokoll772. Sitzung / Seite 14

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gestellt, aber eingemahnt, dass für das Parlament, also sprich: Bundestag und Bun­desrat, mehr Rechte eingefordert werden. Nun ist es so, dass der Deutsche Bundesrat mehr Rechte als der österreichische hat. Sehen Sie einen Handlungsbedarf auch für das österreichische Parlament, ähnlich vorzugehen?

 


Präsident Erwin Preiner: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael Spindelegger: Wenn es sich um ein Urteil des Deutschen Bundesverfassungsgerichts handelt, was die deutsche Rechtsordnung anlangt, sehe ich keinen unmittelbaren Handlungsbedarf für Österreich. Aber ich glaube, dass man auch hier diskutieren kann, inwieweit die Rechte des Nationalrates und des Bundesrates gestärkt werden können. Das ist eine legitime Debatte, der wir uns auch in Österreich zu stellen haben. Aber letztendlich werden die Parlamentarier bestimmen, nicht die Bundesregierung. Ich sehe dieser Debatte mit Interesse entgegen, verfolge dies aufmerksam und auch konstruktiv, allerdings wird die Entscheidung darüber im Hohen Haus gefällt.

 


Präsident Erwin Preiner: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Saller.

 


Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Herr Bundesminister, wann könnte der Vertrag von Lissabon im Fall eines Ja der Iren in Kraft treten?

 


Präsident Erwin Preiner: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael Spindelegger: Sehr verehrter Herr Bundesrat, das Procedere ist klar: Dann, wenn die letzte Ratifikationsurkunde des Vertrages von Lissabon von einem Mitgliedstaat hinter­legt wurde, kann am Monatsersten, der darauf folgt, der Vertrag in Kraft treten. So sieht es das Procedere vor. Das bedeutet: Wenn es im Oktober ein Referendum in Irland gibt, das mit einem Ja ausgeht, und die Ratifikation dort abgeschlossen ist, in Deutsch­land der Prozess fertiggestellt ist, in Polen die Unterschrift geleistet ist und auch in der Tschechischen Republik die rechtlichen Verfahren abgeschlossen sind, wäre der früheste Inkrafttretens-Zeitpunkt der 1. November. Ob sich das ausgehen wird, vermag ich jetzt nicht abzuschätzen. Ich schätze aber, bei einem Ja in Irland könnte das der 1. Dezember 2009 oder der 1. Jänner nächsten Jahres sein.

 


Präsident Erwin Preiner: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Konecny.

 


Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister, die ganze Debatte über den Lissabon-Vertrag, über die irischen Garantien hat einmal mehr gezeigt, dass es eine Kluft zwischen den Organen der Europäischen Union und relevanten Teilen der europäischen Bevölkerung gibt. Das ist nicht nur, aber auch ein österreichisches Problem. Daher meine Frage:

Welche politischen Maßnahmen muss – das „kann“, das ich im Manuskript habe, lasse ich aus – die Europäische Union setzen, um die Zustimmung und das Vertrauen der europäischen Bevölkerung in ihre Einrichtungen und in ihre Glaubwürdigkeit zu stär­ken?

 


Präsident Erwin Preiner: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael Spindelegger: Das ist eine interessante Frage, der wir uns tagtäglich zu widmen haben, vor allem hier in Österreich, weil wir hier auch etwas gemeinsam bewirken kön­nen. Ich habe mir selbst ein Bild verschafft im ersten Halbjahr dieses Jahres mit einer Zuhör-Tour durch ganz Österreich und habe gesehen, dass Skepsis bei uns vorhan­den ist und diese vielfältige Gründe hat. Ich glaube, dass wir versuchen müssen – und daran arbeite ich und habe das auch in einem Ministerratsvortrag am 9. Mai der Bundesregierung so vorgeschlagen –, einen Dialogprozess auf Dauer einzurichten.


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