BundesratStenographisches Protokoll772. Sitzung / Seite 75

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ich mir tatsächlich die kraftvolle Unterstützung wünschen, von der Kollege Sodl ge­sprochen hat, die aber leider nicht stattfindet.

Das Problem mit dieser Art von Anträgen ist auch, dass schon das alte TKG eine Art Mystifikation war oder ein besonderer Gipfel an Schwammigkeit. Ich verstehe schon, es kommen unglaublich viele neue Begrifflichkeiten, technologisches Know-how und so weiter auf. Die Interpretationsspielräume, die wir mit dieser Novelle für die Gerichte aufmachen, werden eigentlich nur größer, denn die Klarheit, die man sich gewünscht hat, die Genauigkeit der Formulierung sehe ich in diesem Telekommunikationsgesetz nicht. Trotzdem sage ich: Ja, es ist richtig.

Der Regulator wird immer wichtiger. Das heißt, die Interpretationsaufgabe des Regu­lators nimmt zu. Jetzt sagen Kritiker, dass, wenn der Spielraum des Regulators zu­nimmt, die demokratische Kontrolle abnimmt. Und es ist für Marktteilnehmer etwas schwierig, abzuschätzen, wenn ein Regulator so stark entscheidet, wie und zu welchen Bedingungen er überhaupt am Wettbewerb teilnehmen kann.

Insgesamt ist dieses Telekommunikationsgesetz etwas, das wir in einer alten Sprache – jetzt versuche ich, es in einer inkorrekten Sprache auszudrücken – einen Zwitter nennen. Es geht um ein zwitterhaftes Wesen, das zwischen der alten mono­polistischen Struktur und den neuen liberalen Wettbewerbsmöglichkeiten hin- und her­pendelt.

Ich bin ganz bei Frau Bundesministerin Bures, wenn sie um die generelle Postver­sorgung kämpft. Wir haben vier Unternehmen in unserem Land, die einmal starke Monopolbetriebe waren und die wir durch Liberalisierungen zum Teil einem Wett­bewerb ausgesetzt haben. Eigentlich sagen wir da immer nur: Hauptsache, wir drücken sie unter 50 Prozent, auch wenn kein volkswirtschaftlicher Sinn darin zu sehen ist. Es sind die Telekom, die Post, die Bahn und der ORF. Diese Unternehmen werden per Gesetz einem Wettbewerb ausgesetzt, ohne dass ein volkswirtschaftliches Gesamtziel gegeben ist.

Selbstverständlich kann man bei Infrastrukturen darüber diskutieren, Herr Kollege Per­hab, ob es sinnvoll ist, eine Infrastruktur, so wie zum Beispiel Straße oder Schiene, staatlich zu planen und auch zur Verfügung zu stellen. So könnte es auch im Breit­bandbereich sein oder bei allen Übertragungsformen. Es kann auch eine Frage sein, wie man das mit dem ORF macht, den ganzen 2 600 Sendeanlagen. Jetzt kann man sagen, die kann man privatisieren und jeder geht da hinauf, oder man kann einen Carrier-Vertrag mit einer Must Carry-Verpflichtung erstellen, was dann heißt, dass etwas mittransportiert werden muss.

Natürlich schaut es ein bisschen komisch aus, wenn Sie, Hausnummer, eine Werks­halle haben und verpflichtet werden, die Hälfte Ihrer Werkshalle Ihrem größten Konkur­renten zur Verfügung zu stellen. Das wird Sie wohl nicht freuen!

Aber genau in dieser Zwitterhaftigkeit bewegt sich die Telekommunikation. Einerseits werden Sie zu Duldung verpflichtet, andererseits werden Einspruchsmöglichkeiten eingeschränkt, die Sie als derjenige, der dulden muss, natürlich haben müssen. Das ist die grundsätzliche Problematik, die in diesem Telekommunikationsgesetz steckt.

Wenn wir schon diese grundsätzliche Frage stellen, wer über die Infrastrukturen denn eigentlich verfügt, so muss man doch sagen: Es gibt – das haben wir heute schon be­sprochen – unwirtschaftliche Doppelversorgungen gerade in Ballungsräumen, es gibt Unterversorgung in den Randzonen, es gibt Versorgungsunsicherheit, vor allem durch technische Schnittstellenprobleme, und es gibt wirtschaftlichen Verdrängungswett­bewerb. Und was sehr interessant ist: Plötzlich gibt es wieder neue Monopole! Plötzlich bilden sich neue Monopole heraus, wie wir es ja zum Beispiel im Bereich des Rund-


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