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774. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

Donnerstag, 23. Juli 2009

 

 


Stenographisches Protokoll

774. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 23. Juli 2009

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 23. Juli 2009: 9.01 – 20.32 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Ver­tragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz und das Bundes-Personalvertretungsgesetz geändert werden

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbediens­teten­gesetz 1948, das Bundesgesetz über die Gründung einer Bundespensions­kas­se AG und das Pensionskassengesetz geändert werden (1. Dienstrechts-Novel­le 2009)

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Ver­tragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965 und das Gehaltsgesetz 1956 geändert werden

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Stärkung der Liquidität von Unternehmen (Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetz – ULSG) erlassen wird und das Interbankmarktstärkungsgesetz, das Finanzmarktstabilitätsgesetz, das Bundes­haushaltsgesetz, das Bundesfinanzgesetz 2009, das Bundesfinanzgesetz 2010 sowie das Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2009 bis 2012 und das Bundesfinanzrahmengesetz 2010 bis 2013 erlassen werden, geändert werden

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und das Ge­bührengesetz 1957 geändert werden

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bewertungsgesetz 1955 geändert wird – Bewer­tungsgesetznovelle 2009

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Univer­sitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002) geändert und einige univer­sitäts­rechtliche Vorschriften aufgehoben werden (Universitätsrechts-Änderungsgesetz 2009)

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinar­gesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Militärbefugnisgesetz, das Sperrgebietsgesetz 2002, das Munitionslagergesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002 und das Truppenaufenthaltsgesetz geändert werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2009 – WRÄG 2009)


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 2

9. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über den vorübergehenden Aufenthalt von Angehörigen des österreichischen Bundesheeres und Angehörigen der deutschen Bun­deswehr auf dem Gebiet des jeweils anderen Staats (österreichisch-deutsches Streitkräfteaufenthaltsabkommen)

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Marktordnungsgesetz 2007, das Markt­ord­nungs-Überleitungsgesetz, das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, das Pflanzgutge­setz 1997, das Pflanzenschutzgesetz 1995 und das Forstliche Vermehrungsgut­gesetz 2002 geändert werden

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird (UVP-G-Novelle 2009)

12. Punkt: Bundesgesetz zur Reduktion der Emissionen fluorierter Treibhausgase (FluorierteTreibhausgase-Gesetz 2009)

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Durchführung der REACH-Verordnung erlassen und das Chemikaliengesetz 1996 geändert wird

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz und das Bun­desgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 2008 geändert werden

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert und ein Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamts zur Korruptions­prävention und Korruptionsbekämpfung erlassen wird

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Sonder­unterstützungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Landarbeits­gesetz 1984, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Bauarbeiter-Schlechtwetter­entschädigungsgesetz 1957 und das Nachtschwerarbeitsgesetz geändert werden (Ar­beitsmarktpaket 2009)

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheater­pensionsgesetz und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden (2. Sozial­rechts-Änderungsgesetz 2009 – 2. SRÄG 2009)

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz ge­ändert werden

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Heimarbeitsgesetz 1960 und das Arbeits­verfassungsgesetz geändert werden

21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz und das Dienstgeberabgabegesetz geändert werden (3. Sozialrechts-Änderungsgesetz 2009 – 3. SRÄG 2009)

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche, das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die alt­katholische Kirche und das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die israeliti­sche Religionsgesellschaft geändert werden


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 3

23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern geändert wird

24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz (12. FSG-Novelle) und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden

25. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (30. KFG-Novelle)

26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesbahngesetz, das Privatbahn­ge­setz 2004 und das Eisenbahngesetz 1957 geändert werden

27. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Betrieb von Dampf­kesseln und Wärmekraftmaschinen (Dampfkesselbetriebsgesetz – DKBG) geändert wird

28. Punkt: Erklärung der Republik Österreich über den Einspruch gegen den Beitritt der Dominikanischen Republik zum Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öf­fent­licher Urkunden von der Beglaubigung

29. Punkt: Sechster Zusatzvertrag zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl zum Vertrag zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl zur Regelung von vermögensrechtlichen Beziehungen vom 23. Juni 1960

30. Punkt: Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Bosnien und Herzegowina andererseits samt Schlussakte

31. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, die An­fechtungsordnung, die Ausgleichsordnung, das Außerstreitgesetz, das Ehegesetz, die Exekutionsordnung, das Gebührengesetz 1957, das Gerichtsgebührengesetz, die Jurisdiktionsnorm, die Konkursordnung, das Notariatsaktsgesetz, die Notariatsordnung, das Privatstiftungsgesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Unterhaltsvorschuss­gesetz 1985, das Urheberrechtsgesetz und die Zivilprozessordnung geändert werden (Fami­lienrechts-Änderungsgesetz 2009 – FamRÄG 2009)

32. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert wird

33. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Aktiengesetz 1965, das SE-Gesetz, das Unter­nehmensgesetzbuch, das Umwandlungsgesetz, das Spaltungsgesetz, das Kapital­be­rich­tigungsgesetz, das Gesellschafter-Ausschlussgesetz, das Übernahmegesetz, das Genossenschaftsrevisionsgesetz und das Grundbuchsgesetz geändert werden (Aktienrechts-Änderungsgesetz 2009 – AktRÄG 2009)

34. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozess­ord­nung 1975 und das Staatsanwaltschaftsgesetz geändert werden (Korruptionsstraf­rechts­änderungsgesetz 2009 – KorrStrÄG 2009)

*****

Inhalt

Bundesrat

Antrittsansprache des Präsidenten Erwin Preiner .................................................. 15

Schreiben des Bundesministers für Finanzen gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Aufnahme von Verhandlungen mit dem Staat


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 4

Israel zum Abschluss eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen                18

Personalien

Verhinderung .................................................................................................................. 15

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 18

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt eines Mitgliedes der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union .............................................................. 19

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 19

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 17

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Peter Mitterer, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Millionenverluste der Österreichi­schen Bundesfinanzierungsagentur (2711/J-BR/09) ............................................................................................................................. 127

Begründung: Peter Mitterer ........................................................................................ 127

Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll .............................................................................. 128

Debatte:

Stefan Schennach ................................................................................................... ... 135

Gottfried Kneifel ..................................................................................................... ... 138

Albrecht Konecny ................................................................................................... ... 140

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ... 144

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ... 146

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbe­diens­tetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz und das Bundes-Personalvertretungsgesetz geändert werden (160 d.B. und 278 d.B. sowie 8140/BR d.B.) ........................................................................................ 20

Berichterstatter: Josef Saller ........................................................................................ 20

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbediensteten­ge­setz 1948, das Bundesgesetz über die Gründung einer Bundespensions­kasse AG und das Pensionskassengesetz geändert werden (1. Dienstrechts-Novelle 2009) (670/A und 279 d.B. sowie 8141/BR d.B.) ..................................................................... 20

Berichterstatter: Josef Saller ........................................................................................ 20


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 5

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbe­diens­tetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landesleh­rer-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965 und das Gehaltsgesetz 1956 geändert werden (280 d.B. sowie 8142/BR d.B.) ....................................................................................... 20

Berichterstatter: Josef Saller ........................................................................................ 20

Redner/Rednerinnen:

Efgani Dönmez ........................................................................................................ ..... 21

Wolfgang Sodl ......................................................................................................... ..... 22

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 23

Johann Ertl .............................................................................................................. ..... 24

Mag. Walter Ebner .................................................................................................. ..... 25

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 1, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 26

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 2, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 26

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 3, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 26

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Stärkung der Liquidität von Unter­nehmen (Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetz – ULSG) erlassen wird und das Interbankmarktstärkungsgesetz, das Finanzmarktstabilitätsgesetz, das Bun­des­haushaltsgesetz, das Bundesfinanzgesetz 2009, das Bundesfinanzge­setz 2010 sowie das Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2009 bis 2012 und das Bundesfinanzrahmengesetz 2010 bis 2013 erlassen werden, geändert werden (229 d.B. und 284 d.B. sowie 8143/BR d.B.) ................................................................................................................. 27

Berichterstatter: Wolfgang Sodl ................................................................................... 27

Redner/Rednerinnen:

Stefan Schennach .................................................................................................  27, 39

Franz Perhab ........................................................................................................... ..... 28

Johann Ertl .............................................................................................................. ..... 30

Johann Kraml .......................................................................................................... ..... 33

Peter Mitterer .......................................................................................................... ..... 34

Staatssekretär Mag. Andreas Schieder ............................................................... ..... 35

Gottfried Kneifel (tatsächliche Berichtigung) ............................................................... 38

Stefan Zangerl .............................................................................................................. 39

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 40

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und das Gebührenge­setz 1957 geändert werden (680/A und 286 d.B. sowie 8144/BR d.B.) ................................................................................................................. 40

Berichterstatter: Wolfgang Sodl ................................................................................... 41


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 6

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bewertungsgesetz 1955 geändert wird – Bewertungs­gesetznovelle 2009 (682/A und 287 d.B. sowie 8145/BR d.B.) ................................................................................................................. 40

Berichterstatter: Wolfgang Sodl ................................................................................... 41

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 41

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 42

Johann Kraml .......................................................................................................... ..... 43

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 5, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 43

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 6, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 43

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002) geändert und einige universitätsrechtliche Vorschriften aufgehoben werden (Universitätsrechts-Änderungsgesetz 2009) (225 d.B. und 308 d.B. sowie 8138/BR d.B. und 8159/BR d.B.) ................................... 44

Berichterstatterin: MMag. Barbara Eibinger ................................................................ 44

Redner/Rednerinnen:

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 44

Dr. Andreas Schnider ............................................................................................. ..... 46

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 49

Reinhard Todt ......................................................................................................... ..... 50

Mag. Walter Ebner .................................................................................................. ..... 51

Günther Köberl ....................................................................................................... ..... 53

Wolfgang Schimböck, MSc ................................................................................... ..... 54

Bundesminister Dr. Johannes Hahn .................................................................... ..... 57

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 59

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Militär­befugnisgesetz, das Sperrgebietsgesetz 2002, das Munitionslagergesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002 und das Truppenaufenthaltsgesetz geän­dert werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2009 – WRÄG 2009) (161 d.B. und 239 d.B. sowie 8163/BR d.B.) ......................................................................................................................................... 60

Berichterstatter: Reinhard Winterauer ......................................................................... 60

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundes­republik Deutschland über den vorübergehenden Aufenthalt von Angehörigen des österreichischen Bundesheeres und Angehörigen der deutschen Bun­des­wehr auf dem Gebiet des jeweils anderen Staats (österreichisch-deutsches Streitkräfteaufenthaltsabkommen) (76 d.B. und 255 d.B. sowie 8164/BR d.B.) ........... 60

Berichterstatter: Reinhard Winterauer ......................................................................... 60


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 7

Redner/Rednerinnen:

Harald Reisenberger .............................................................................................. ..... 61

Dr. Franz Eduard Kühnel ....................................................................................... ..... 62

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 65

Bundesminister Mag. Norbert Darabos ............................................................... ..... 67

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 8, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 70

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 9, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 70

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Marktordnungsgesetz 2007, das Marktordnungs-Über­leitungsgesetz, das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, das Pflanzgutgesetz 1997, das Pflanzenschutzgesetz 1995 und das Forstliche Vermehrungsgutgesetz 2002 geändert werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2009) (687/A und 293 d.B. sowie 8165/BR d.B.)           ............................................................................................................................... 70

Berichterstatter: Friedrich Hensler ............................................................................... 70

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 71

Reinhard Jany ......................................................................................................... ..... 73

Peter Mitterer .......................................................................................................... ..... 74

Josef Kalina ............................................................................................................. ..... 75

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ..... 78

Ferdinand Tiefnig .................................................................................................... ..... 81

Martina Diesner-Wais ............................................................................................. ..... 82

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 84

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird (UVP-G-Novelle 2009) (271 d.B. sowie 8136/BR d.B. und 8166/BR d.B.) ................................................................................... 84

Berichterstatter: Karl Boden ......................................................................................... 84

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 85

Georg Keuschnigg ................................................................................................. ..... 87

Johann Ertl .............................................................................................................. ..... 89

Ing. Hans-Peter Bock .............................................................................................. ..... 90

Peter Mitterer .......................................................................................................... ..... 92

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ..... 93

Franz Perhab ........................................................................................................... ..... 96

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 96

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz zur Reduktion der Emissionen fluorierter Treibhausgase (Fluorier­teTreibhausgase-Gesetz 2009) (222 d.B. und 233 d.B. sowie 8167/BR d.B.) ................................................................................................................. 96

Berichterstatter: Ing. Hans-Peter Bock ........................................................................ 96

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 97


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 8

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Durchführung der REACH-Verordnung erlassen und das Chemikaliengesetz 1996 geändert wird (224 d.B. und 234 d.B. sowie 8168/BR d.B.) .......................................... 97

Berichterstatter: Ing. Hans-Peter Bock ........................................................................ 97

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 97

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ..... 98

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 99

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 2008 geändert werden (230 d.B. und 235 d.B. sowie 8169/BR d.B.) .................................................... 99

Berichterstatter: Ing. Hans-Peter Bock ........................................................................ 99

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 100

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert und ein Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamts zur Korruptions­prä­vention und Korruptionsbekämpfung erlassen wird (219 d.B. und 300 d.B. sowie 8137/BR d.B. und 8152/BR d.B.) ....................................................................... 100

Berichterstatter: Christoph Kainz ............................................................................... 100

Redner/Rednerinnen:

Stefan Schennach ................................................................................................... ... 100

Dr. Franz Eduard Kühnel ....................................................................................... ... 102

Mag. Walter Ebner .................................................................................................. ... 104

Josef Kalina ............................................................................................................. ... 106

Johann Ertl .............................................................................................................. ... 107

Josef Saller .............................................................................................................. ... 108

Wolfgang Schimböck, MSc ................................................................................... ... 110

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 112

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeits­markt­politik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Sonder­unterstützungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Land­arbeitsgesetz 1984, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957 und das Nachtschwerarbeitsgesetz geändert werden (Arbeitsmarktpaket 2009) (679/A und 249 d.B. sowie 8153/BR d.B.) .......................... 112

Berichterstatterin: Juliane Lugsteiner ........................................................................ 112


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 9

17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird (250 d.B. sowie 8154/BR d.B.) ......... 112

Berichterstatterin: Juliane Lugsteiner ........................................................................ 112

Redner/Rednerinnen:

Mag. Gerald Klug .................................................................................................... ... 113

Edgar Mayer ............................................................................................................ ... 115

Efgani Dönmez ..................................................................................................  117, 122

Günther Kaltenbacher ............................................................................................ ... 118

Franz Perhab ........................................................................................................... ... 120

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ... 121

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 123

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 16, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 124

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 17, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 124

18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allge­meine Pensionsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungs­gesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Pensionsgesetz 1965, das Bundes­theaterpensionsgesetz und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden (2. Sozialrechts-Änderungsgesetz 2009 – 2. SRÄG 2009) (179 d.B. und 242 d.B. sowie 8155/BR d.B.)                  124

Berichterstatterin: Monika Kemperle ......................................................................... 124

Redner/Rednerinnen:

Mag. Gerald Klug .................................................................................................... ... 125

Mag. Michael Hammer ........................................................................................... ... 125

Friedrich Hensler .................................................................................................... ... 126

Karl Petritz ............................................................................................................... ... 149

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 150

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 151

19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeits­kräfteüberlassungsgesetz und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden (674/A und 248 d.B. sowie 8156/BR d.B.)                    151

Berichterstatterin: Juliane Lugsteiner ........................................................................ 151

Redner/Rednerinnen:

Waltraut Hladny ...................................................................................................... ... 152

Anneliese Junker .................................................................................................... ... 152

Efgani Dönmez ........................................................................................................ ... 153

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 154

20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Bun­des­gesetz, mit dem das Heimarbeitsgesetz 1960 und das Arbeitsverfassungsgesetz geändert werden (206 d.B. und 247 d.B. sowie 8157/BR d.B.) ............................................................................................................... 154


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 10

Berichterstatterin: Juliane Lugsteiner ........................................................................ 154

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 154

21. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Be­amten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz und das Dienstgeber­abgabe­gesetz geändert werden (3. Sozialrechts-Änderungsgesetz 2009 – 3. SRÄG 2009) (197 d.B. und 243 d.B. sowie 8158/BR d.B.) ...................................................................................... 154

Berichterstatterin: Juliane Lugsteiner ........................................................................ 155

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 155

22. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche, das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die altkatholische Kirche und das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die israelitische Religionsgesellschaft geändert werden (159 d.B. und 256 d.B. sowie 8150/BR d.B.)                     155

Berichterstatterin: Elisabeth Grimling ....................................................................... 155

Redner/Rednerinnen:

Waltraut Hladny ...................................................................................................... ... 156

Dr. Andreas Schnider ............................................................................................. ... 156

Stefan Schennach ................................................................................................... ... 157

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 158

23. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern geändert wird (660/A und 298 d.B. sowie 8151/BR d.B.)      ............................................................................................................................. 159

Berichterstatterin: Elisabeth Grimling ....................................................................... 159

Redner/Rednerinnen:

Ana Blatnik .............................................................................................................. ... 159

Dr. Andreas Schnider ............................................................................................. ... 160

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 161

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 161

24. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Führerscheingesetz (12. FSG-Novelle) und die Straßen­verkehrsordnung 1960 geändert werden (221 d.B., 180 d.B. und 257 d.B. sowie 8139/BR d.B. und 8171/BR d.B.) ................................... 162

Berichterstatterin: Christa Vladyka ............................................................................. 162

Redner/Rednerinnen:

Johann Ertl .............................................................................................................. ... 162

Werner Stadler ........................................................................................................ ... 164

Peter Mitterer .......................................................................................................... ... 166


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 11

Elisabeth Greiderer ................................................................................................ ... 167

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ... 170

Bundesministerin Doris Bures ............................................................................. ... 171

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 173

25. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (30. KFG-Novelle) (220 d.B., 90 d.B. und 262 d.B. sowie 8172/BR d.B.)    ............................................................................................................................. 173

Berichterstatterin: Christa Vladyka ............................................................................. 173

Redner/Rednerinnen:

Werner Stadler ........................................................................................................ ... 174

Christoph Kainz ...................................................................................................... ... 174

Albrecht Konecny ................................................................................................... ... 175

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 177

26. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbahngesetz, das Privatbahngesetz 2004 und das Eisenbahngesetz 1957 geändert werden (227 d.B. und 299 d.B. sowie 8173/BR d.B.) ............................................................................... 177

Berichterstatterin: Christa Vladyka ............................................................................. 177

Redner/Rednerinnen:

Werner Stadler ........................................................................................................ ... 178

Anneliese Junker .................................................................................................... ... 180

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ... 181

Mag. Gerald Klug .................................................................................................... ... 182

Bundesministerin Doris Bures ............................................................................. ... 183

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 184

27. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Betrieb von Dampfkesseln und Wärmekraftmaschinen (Dampfkesselbetriebsgesetz – DKBG) geändert wird (223 d.B. und 270 d.B. sowie 8170/BR d.B.)        ............................................................................................................................. 184

Berichterstatter: Ferdinand Tiefnig ............................................................................ 184

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 184

Gemeinsame Beratung über

28. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend Erklärung der Republik Österreich über den Einspruch gegen den Beitritt der Domini­kani­schen Republik zum Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffent­licher Urkunden von der Beglaubigung (228 d.B. und 289 d.B. sowie 8160/BR d.B.)             ............................................................................................................................. 184

Berichterstatterin: Mag. Bettina Rausch .................................................................... 185

29. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend Sechster Zusatzvertrag zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl zum


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 12

Vertrag zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl zur Regelung von vermögensrechtlichen Beziehungen vom 23. Juni 1960 (163 d.B. und 290 d.B. sowie 8161/BR d.B.) ............................................................................................................... 185

Berichterstatterin: Mag. Bettina Rausch .................................................................... 185

30. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend Stabi­lisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemein­schaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Bosnien und Herzegowina andererseits samt Schlussakte (196 d.B. und 291 d.B. sowie 8162/BR d.B.)    ............................................................................................................................. 185

Berichterstatterin: Mag. Bettina Rausch .................................................................... 185

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 28, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 186

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 29, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 186

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 30, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 186

Gemeinsame Beratung über

31. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, die Anfechtungs­ordnung, die Ausgleichsordnung, das Außerstreitgesetz, das Ehegesetz, die Exe­kutionsordnung, das Gebührengesetz 1957, das Gerichtsgebührengesetz, die Jurisdiktionsnorm, die Konkursordnung, das Notariatsaktsgesetz, die Notariats­ordnung, das Privatstiftungsgesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Unterhalts­vorschussgesetz 1985, das Urheberrechtsgesetz und die Zivilprozessordnung geändert werden (Familienrechts-Änderungsgesetz 2009 – FamRÄG 2009) (673/A und 275 d.B. sowie 8146/BR d.B.) ......................................... 186

Berichterstatter: Günther Kaltenbacher .................................................................... 187

32. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert wird (276 d.B. sowie 8134/BR d.B. und 8147/BR d.B.)                         186

Berichterstatter: Günther Kaltenbacher .................................................................... 187

Redner/Rednerinnen:

Maria Mosbacher ........................................................................................................ 187

MMag. Barbara Eibinger ........................................................................................... 188

Stefan Schennach ................................................................................................... ... 189

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ... 190

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................. 191

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 31, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 192

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 32, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 192

33. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Aktiengesetz 1965, das SE-Gesetz, das Unternehmens­gesetzbuch, das Umwandlungsgesetz, das Spaltungsgesetz, das Kapitalberichti­gungsgesetz, das Gesellschafter-Ausschlussgesetz, das Übernahmegesetz, das


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 13

Genossenschaftsrevisionsgesetz und das Grundbuchsgesetz geändert werden (Aktienrechts-Änderungsgesetz 2009 – AktRÄG 2009) (208 d.B. und 277 d.B. sowie 8148/BR d.B.)      ............................................................................................................................. 193

Berichterstatter: Günther Kaltenbacher .................................................................... 193

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 193

34. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975 und das Staatsanwaltschaftsgesetz geändert werden (Korruptionsstrafrechtsänderungs­gesetz 2009 – KorrStrÄG 2009) (671/A und 273 d.B. sowie 8135/BR d.B. und 8149/BR d.B.) ........................................................................................................ 193

Berichterstatter: Günther Kaltenbacher .................................................................... 193

Redner/Rednerinnen:

Stefan Schennach ................................................................................................... ... 194

Mag. Michael Hammer ........................................................................................... ... 195

Mag. Walter Ebner .................................................................................................. ... 196

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ......................................................... ... 196

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 198

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesräte

Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Bausparkasse Wüstenrot AG (2708/J-BR/09)

Reinhard Todt, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Wiener Flüchtlingsdorf Macondo (2709/J-BR/09)

Edgar Mayer, Dr. Magnus Brunner, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Sanierung beziehungsweise Erweiterung beim landesgerichtlichen Gefangenenhaus in Feldkirch (2710/J-BR/09)

Peter Mitterer, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Millionenverluste der Österreichischen Bundesfinan­zie­rungsagentur (2711/J-BR/09)

Ana Blatnik, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Interventionsstellen gegen Gewalt und Gewaltschutzzentren (2712/J-BR/09)

Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Banken- und Versicherungspaket – Stand der Ausnutzung per 2. Quartal 2009 und per 30. Juni 2009 Folgeanfrage zu NR-1201/J und NR-2180/J von Werner Kogler (2713/J-BR/09)

Wolfgang Schimböck, MSc, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Förderung für Betriebsfahrzeuge (2714/J-BR/09)

Wolfgang Schimböck, MSc, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ausbau des Opferschutzes (2715/J-BR/09)

Josef Kalina, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Nebentätigkeit von PolizistInnen und BeamtInnen des Innenressorts (2716/J-BR/09)


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 14

Ferdinand Tiefnig, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Käseimitate (2717/J-BR/09)

Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend das Schuldenmanagement der ÖBFA (2718/J-BR/09)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Bundesräte

Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Ausstellung von Dienst- und Diplo­matenpässen (2703/J-BR/09)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Bun­desräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Oberösterreich (2480/AB-BR/09 zu 2686/J-BR/09)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Bun­desräte Edgar Mayer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderungen, Aufwen­dungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Vorarlberg (2481/AB-BR/09 zu 2688/J-BR/09)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend Qualitätssicherung des (nieder)österreichischen Trinkwassers (2482/AB-BR/09 zu 2684/J-BR/09)


09.01.46


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 15

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

 


Präsident Erwin Preiner: Ich eröffne die 774. Sitzung des Bundesrates.

Ich darf vorweg sagen, dass ich den Herren Bundesräten sehr gerne gestatte, sich ihres Sakkos zu entledigen, denn es gibt entsprechend den Außentemperaturen auch hier im Raum höhere Temperaturen. (Allgemeiner Beifall.)

Ich heiße eine Abordnung aus dem Burgenland sehr herzlich willkommen in unserer Mitte. Ich begrüße alle anwesenden Burgenländerinnen und Burgenländer, speziell – stellvertretend für alle hier im Raum Befindlichen – den Herrn Landtagspräsidenten des Burgenländischen Landtages Walter Prior. Walter, herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Ich begrüße auch sehr herzlich den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Herrn Mag. Norbert Darabos in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Das Amtliche Protokoll der 773. Sitzung des Bundesrates vom 10. Juli 2009 ist auf­gelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet ist das Mitglied des Bundesrates Manfred Gruber.

Ich komme nun zu meiner Antrittsansprache als Präsident des Bundesrates der Re­publik Österreich.

09.03.40 Antrittsansprache des Präsidenten

 


9.03.46

Präsident Erwin Preiner: Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Entsprechend unserer Bundesverfassung hat mit Beginn des zweiten Halbjahres 2009 das Burgenland den Vorsitz im Bundesrat und in der Landeshauptleutekonferenz übernommen. Ich danke an dieser Stelle sehr herzlich dem Burgenländischen Landtag und Landeshauptmann Hans Niessl für die Ehre, mich als Erstgereihten in dieses Hohe Haus zu entsenden und mir somit das Amt des Bun­desratspräsidenten in diesem Halbjahr anzuvertrauen.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich auch bei meinem Vorgänger, dem Präsidenten des Bundesrates außer Dienst, Harald Reisenberger, sehr herzlich bedanken und wün­sche mir, dass auch unter meiner Präsidentschaft die gute Zusammenarbeit in der Präsidialkonferenz und die gegenseitige Respektierung im Kreise der Kolleginnen und Kollegen weiterhin erhalten bleiben möge.

Meine Aufgabe als Präsident sehe ich in erster Linie in der vorsitzführenden Koor­di­nation der Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung. Ich sage es daher auch ganz klar und deutlich: Ich bekenne mich zum Bundesrat als verfassungsmäßig verankerte Institution im Sinne des Föderalismus, aber auch im Sinne der Subsidiarität.

Gerade der Föderalismus ist, wenn man ihn richtig anwendet und organisiert, das heißt, wenn die Aufgaben entsprechend verteilt sind, sicher kein Luxus, sondern bürgernäher, demokratischer und kostengünstiger als jeder Zentralismus.

Der Bundesrat – und obwohl ich weiß, dass alle hier im Saal Befindlichen beziehungs­weise jedes Mitglied des Bundesrates davon Kenntnis hat und Bescheid weiß, möchte ich es trotzdem dezidiert und ausdrücklich hier ansprechen – tagt in Permanenz und hält seine Ausschuss- und Plenarsitzungen wie auch der Nationalrat hier im Parla­mentsgebäude ab.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 16

Obwohl beide Kammern ihren Beitrag zur Gesetzgebung leisten, wird der Begriff „Parlament“ zu Unrecht meistens nur mit dem Nationalrat in Verbindung gebracht. Es ist meiner Meinung nach nichts davon zu halten, den Bundesrat als zahnlos zu be­zeichnen oder ihn vielleicht sogar krankzujammern. Vielmehr sollte es uns allen darum gehen, den Bundesrat im Sinne einer modernen, bürgernahen Demokratie weiterzu­entwickeln. Erste konkrete Schritte wurden ja in jüngster Vergangenheit und werden auch gegenwärtig seitens des Bundesrates selbst gesetzt, wie etwa die angestrebte Stärkung seiner Rechte.

Es erfüllt mich mit Stolz, dass wir Bundesrätinnen und Bundesräte nicht warten, bis sich von selbst etwas verändert, sondern dass wir im eigenen Wirkungsbereich tätig werden und nachdrücklich versuchen, Verbesserungen zu erreichen.

An dieser Stelle fällt mir ein Zitat des ehemaligen Präsidenten des Bundesrates Jürgen Weiss aus seiner letzten Antrittsrede als Präsident ein, und ich darf ihn hier zitieren: „Es rettet uns kein höh’res Wesen, das können wir nur selber tun.“

Im Sinne meiner beiden Vorgänger als Präsidenten, Jürgen Weiss und Harald Reisen­berger, möchte ich die Novellierung der Geschäftsordnung und die begonnenen Reformbestrebungen weiterführen.

Alle Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates sind, denke ich, auch gut beraten, dazu beizutragen, dass die Institution Bundesrat in konstruktiver Weise den uns anver­trauten Menschen in den Ländern nähergebracht und gestärkt wird, denn dem Bundes­rat ergeht es ähnlich wie manchen Institutionen in der Europäischen Union: Die Bevölkerung weiß immer noch viel zu wenig davon, wofür wir eigentlich zuständig sind und was unsere Aufgaben und unsere Arbeitsbereiche im Konkreten sind.

Ich bin daher der Meinung, dass eine vermehrte positive Öffentlichkeitsarbeit unsere Position wesentlich stärkt und werde mich daher auch selbst sehr bemühen, das Meini­ge dazu beizutragen.

Ebenso meine ich, dass der Bundesrat in Zukunft ein großes Augenmerk auf eine möglichst optimale Umsetzung des föderalistischen Prinzips in Europa im Sinne eines Europa der Regionen legen muss. Der EU-Ausschuss des Bundesrates hat diesbezüglich seine Arbeit bereits aufgenommen. Wir, der Bundesrat, werden daher auch immer wieder unseren Gestaltungsbeitrag dazu leisten, eventuell auch in Form eines gemeinsamen EU-Ausschusses von Nationalrat und Bundesrat. Wir werden sehen, was die Zukunft diesbezüglich bringt.

Unser aller Europa, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, darf meiner Meinung nach kein Einheitsbrei sein, sondern soll und muss sich durch die Vielfalt der Regionen sowohl im kulturellen, aber auch im sprachlichen Bereich entsprechend ausdrücken dürfen. Unter Einbeziehung der Bevölkerung beziehungsweise der Menschen müssen die Vorteile eines gemeinsamen Europa genützt werden.

Auch ist es mir wichtig, im laufenden zweiten Halbjahr 2009 entsprechend verstärkt Kontakt zu den Senaten der übrigen EU-Länder zu halten und aufzunehmen. Eine erste Gelegenheit diesbezüglich wird sich bereits im Oktober bei der Tagung der europäischen Senate in Danzig und der regionalen Partnerschaft in Slowenien er­geben.

Darüber hinaus haben ich mir folgende Schwerpunkte für meine Präsidentschaft bis zum Ende des Jahres 2009 vorgenommen:

Wir alle wissen, dass wir uns vor einer großen wirtschaftlichen Herausforderung in der größten Wirtschaftskrise seit dem Jahr 1945 befinden. Da gilt es vor allem, Maß-


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 17

nahmen mit Augenmaß zu setzen. Ziel ist es, auch zukünftig den sozialen Frieden in unserem Land, in unserer Republik Österreich zu wahren und zu erhalten.

Damit dieses angepeilte Ziel auch in Zukunft erreicht wird, gilt es, auch hier ent­sprechende Maßnahmen zu setzen, und zwar vor allem, was die Arbeitslosigkeit betrifft. Und da liegt mir ganz besonders die Jugendarbeitslosigkeit am Herzen. Sie ist daher für mich persönlich ein zentrales Thema. Aus diesem Grunde möchte ich zu einer gemeinsamen Klausur in das Bundesland Burgenland einladen, wo wir zu dem brisanten Thema unter Einbeziehung von Ländervertretern und Experten beraten wollen.

Des Weiteren möchte ich das Projekt Demokratiewerkstatt für Schülerinnen und Schüler weiterhin bewerben und Schulen dazu einladen. Die Initiative dazu ging von Frau Nationalratspräsidentin Mag. Prammer aus. Bis dato besuchten zirka 17 000 Schülerinnen und Schüler die „Demokratiewerkstatt“ im Palais Epstein, das, wie wir wissen, zum Parlament dazugehört.

Die Förderung der politischen Bildung der jungen Menschen in unserer Republik muss ebenfalls ein wichtiges Anliegen eines jeden von uns sein. Dabei geht es schlichtweg um die Gestaltung unserer Zukunft. Deshalb werde ich für Dezember einen Burgenland-Tag für Schulklassen hier im Hohen Hause organisieren, der unter dem Motto „Schülerinnen und Schüler des Burgenlandes lernen das Parlament ken­nen“ stehen wird. Man hat natürlich einen anderen Zugang, wenn man seinen Haupt­wohnsitz in Wien hat und das Parlamentsgebäude fast tagtäglich vor Augen hat; Kollege Mayer aus Vorarlberg kann mir da sicherlich beipflichten.

Ein weiterer mir wichtiger Themenschwerpunkt ist die Sicherheit in unserem Land. Dazu beabsichtige ich  – selbstverständlich im Einvernehmen mit den Fraktionen und nach entsprechender Vorbereitung in der Präsidialkonferenz – eine Enquete im Herbst abzuhalten.

Kolleginnen und Kollegen, das zweite Halbjahr 2009 wird mir auch mehrfach Gele­genheit geben, das Burgenland dem Parlament und somit dem Bundesrat selbst näherzubringen. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit Ihnen in meiner neuen Funktion.

Ich freue mich auf Debatten in einem trotz aller Meinungsunterschiede kollegialen und lösungsorientierten Klima und erlaube mir, mit einem Aufruf, den auch der letzte burgenländische Bundesratspräsident machte, meine Rede zu schließen:

Treten wir lautstark, selbstbewusst und offensiv für den Bundesrat, für den Födera­lismus und für mehr Bürgernähe in der Politik in unserem Lande ein!

Ich danke Ihnen sehr herzlich, dass Sie mir zugehört haben, wünsche Ihnen und uns allen für die heutige Sitzung noch interessante Debatten. (Lebhafter allgemeiner Beifall.)

9.12


Präsident Erwin Preiner: Hoher Bundesrat! Ich erlaube mir nun, in der Tagesordnung fortzusetzen.

09.13.12Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Erwin Preiner: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteilten Anfragebeantwortungen 2480/AB bis 2482/AB beziehungsweise jenes Verhandlungs­gegenstandes, der gemäß Artikel 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegt, beziehungsweise jenes Schreiben des


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 18

Bundesministers für Finanzen gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz über die Aufnahme von Verhandlungen mit dem Staat Israel zum Abschluss eines Ab­kommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und der

Mitteilungen des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend

den Aufenthalt des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Ru­dolf Hundstorfer vom 11. bis 26. Juli 2009 in den USA und Betrauung des Bundes­ministers für Gesundheit Alois Stöger, diplômé, mit dessen Vertretung beziehungs­weise

den Aufenthalt der Bundesministerin für Inneres Dr. Maria Fekter vom 11. bis 24. Juli 2009 in Südfrankreich und Betrauung des Bundesministers für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich mit deren Vertretung am 23. Juli 2009,

den Aufenthalt des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung Dr. Johannes Hahn vom 18. Juli bis 9. August 2009 in Kroatien und Betrauung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner mit dessen Vertretung und

den Aufenthalt der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek vom 17. Juli bis 4. August 2009 in Nordspanien

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sit­zung angeschlossen werden.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Liste der Anfragebeantwortungen (siehe S. 14)

*****

Beschluss des Nationalrates, der gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungs­recht des Bundesrates unterliegt:

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz über die Genehmigung des Bundesrechnungsabschlusses für das Jahr 2007 (III-1, Zu III-1 und 307/NR der Beilagen)

*****

Schreiben des Bundesministers für Finanzen gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

„Josef Pröll                                                                                                                  Bundesministerium

Finanzminister                                                                                                                         für Finanzen

Herrn Präsident

des Bundesrates

Erwin Preiner

Parlament                                                                                      GZ: BMF-010221/1671- IV/4/2009

1017 Wien                                                                                                            Wien, am 21. Juli 2009

Sehr geehrter Herr Präsident!

Gemäß Artikel 50 Abs. 5 B-VG beehre ich mich Sie davon zu informieren, dass gemäß dem Ministerratsbeschluss der 25. Sitzung des Ministerrates am 30. Juni 2009 Ver-


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 19

hand­lungen mit dem Staat Israel zum Abschluss eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen aufgenommen wurden.

Aufgrund der jüngeren internationalen Entwicklungen auch im Bereich der steuerlichen Transparenz und Amtshilfebereitschaft hat sich eine Neuverhandlung des Abkommens zur Anpassung an die eingetretenen wirtschaftlichen Entwicklungen und den neuen OECD-Standard hinsichtlich des steuerlichen Informationsaustauschs von Bank­auskünften als erforderlich herausgestellt.

Ich ersuche Sie um entsprechende Kenntnisnahme.

Mit freundlichen Grüßen“

*****

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt eines Mitgliedes der Bun­desregierung in einem anderen Mitgliedstaat der EU:

„BUNDESKANZLERAMT ÖSTERREICH

Mag. Stephan LEITNER

MINISTERRATSDIENST                                                   Geschäftszahl: 350.200/0122-I/4/09

An den                                                                                                                                   Abteilungsmail:

Präsidenten des Bundesrates                                        Sachbearbeiterin: Gabriele MUNSCH

                                                                                              Pers. eMail: gabriele.munsch@bka.gv.at

Parlament                                                                                     Telefon: 01/531 15/2217 bzw. 2264

1017 Wien                                                                                                                Datum: 30. Juni 2009

Sehr geehrter Herr Präsident!

Der Ministerratsdienst des Bundeskanzleramtes teilt mit, dass sich die Bundes­minis­terin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele HEINISCH-HOSEK innerhalb des Zeitraumes vom 17. Juli bis 4. August 2009 in Nordspanien aufhalten wird.

Mit freundlichen Grüßen“

*****

 


Präsident Erwin Preiner: Gemäß § 59 Absatz 8 der Geschäftsordnung gebe ich bekannt, dass Herr Bundesrat Kneifel seine an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten gerichtete Anfrage 2703/J-BR/2009 zurück­gezo­gen hat.

Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Be­schlüsse des Nationalrates, die jeweils Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind. Die Ausschüsse haben ihre Vorbereitungen abgeschlossen und schriftliche Ausschuss­berichte erstattet.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Erwin Preiner: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beab­sichtige ich die Debatte über die Tagesordnungspunkte 1 bis 3, 5 und 6, 8 und 9, 16 und 17, 28 bis 30 sowie 31 und 32 jeweils unter einem zu verhandeln.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 20

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Erwin Preiner: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bun­desrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Mitterer und Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Millionenverluste der Öster­reichischen Bundesfinanzierungsagentur an den Herrn Bundesminister für Finanzen, vorliegt.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich diese Behandlung an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.

09.16.241. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz und das Bundes-Personalvertretungsgesetz geändert werden (160 d.B. und 278 d.B. sowie 8140/BR d.B.)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bun­desgesetz über die Gründung einer Bundespensionskasse AG und das Pen­sionskassengesetz geändert werden (1. Dienstrechts-Novelle 2009) (670/A und 279 d.B. sowie 8141/BR d.B.)

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965 und das Gehaltsgesetz 1956 geändert werden (280 d.B. sowie 8142/BR d.B.)

 


Präsident Erwin Preiner: Wir gehen nun in die Tagesordnung ein und gelangen zu den Punkten 1 bis 3 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durch­geführt wird.

Berichterstatter zu den genannten Punkten 1 bis 3 ist Herr Bundesrat Saller. Ich bitte um die Berichte.

 


9.17.21

Berichterstatter Josef Saller: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 21

Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz und das Bundes-Personalvertretungs­gesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich beschränke mich daher auf die Antragstellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bundes­gesetz über die Gründung einer Bundespensionskasse AG und das Pensionskas­sengesetz geändert werden (1. Dienstrechts-Novelle 2009).

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ferner bringe ich den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechts­gesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Pen­sionsgesetz 1965 und das Gehaltsgesetz 1956 geändert werden.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; daher komme ich sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Erwin Preiner:  Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Bundesrat Dönmez. Ich erteile es ihm.

 


9.19.37

Bundesrat Efgani Dönmez (ohne Fraktionszugehörigkeit, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Anspruch des Gesetzgebers, prinzipiell diesen sensiblen Bereich zu regeln, ist aus unserer Sicht richtig, aber es sind einige Fragen diesbezüglich offen, und deswegen werden wir dem ersten Tagesordnungspunkt nicht unsere Zustimmung erteilen.

Die Kontrollmaßnahmen, die da angeordnet werden, betreffen sehr kleine Organi­sationseinheiten. Dadurch ist aus unserer Sicht eine Individualisierung leicht machbar, wenn jemand im Krankenstand oder auf Urlaub ist. Diesbezüglich hätten wir uns gewünscht, dass man bei der Größe der Organisationseinheit 25 Personen als Maß heranzieht, weil da dann dennoch eine Art von Anonymität gegeben ist.

Für uns ist ein weiterer Punkt, wer denn diese Kontrollmaßnahmen anordnen darf, denn der Auftrag zur Verfolgung beziehungsweise Untersuchung muss von der Dienst­stelle erteilt werden. – Auch da sind wir mit dem vorliegenden Gesetz nicht zufrieden: Wir hätten es für sinnvoll erachtet, wenn man Disziplinarkommissionen mit einbezogen hätte.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 22

Was mich und meine KollegInnen bei dieser Gesetzesvorlage aber am meisten stört, ist der Punkt, dass laufend personenbezogene Daten über die IKT-Nutzung ge­speichert werden und verfügbar sind und dass, was wir auch im Ausschuss debattiert haben, sozusagen keine zeitliche Befristung vorliegt, sondern diese eben dauerhaft abgespeichert werden; Kollege Ertl hat diesbezüglich eine Frage gestellt. Das ist schon ein Punkt, der mich eher bedenklich stimmt.

Es gibt auch etwas Positives: Positiv anzumerken ist, dass zuerst anonym versucht wird, den Missbrauch abzustellen, und erst dann, in weiterer Folge, sozusagen die Ver­folgung aufgenommen wird.

Auf der Weißenbach-Tagung wurde ja voller Stolz auf dieses Gesetz verwiesen, so nach dem Motto, dieses Vorbild könnte sich auch in der Privatwirtschaft durchsetzen. Wir Grüne möchten jedoch dezidiert nicht, dass diese Entwicklungen auch in der Privatwirtschaft Fuß fassen, deswegen werden wir zum Tagesordnungspunkt 1 unsere Zustimmung nicht geben.

Anders beim Tagesordnungspunkt 2: Diesem werden wir unsere Zustimmung erteilen, denn er ist für die betroffenen LandeslehrerInnen eine Verbesserung. Sie haben eine zusätzliche Option, daher werden wir dem zustimmen.

Zum Tagesordnungspunkt 3: Auch die Karenzmöglichkeit für die Pflege von nahen Angehörigen ab der Pflegestufe 3 für Bundesbedienstete und die Anrechnung auf die Pension halten wir für sinnvoll, und daher werden wir diesem Tagesordnungspunkt gleichfalls zustimmen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall der Bundesräte Kerschbaum und Schennach.)

9.22


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Sodl. Ich erteile es ihm.

 


9.22.49

Bundesrat Wolfgang Sodl (SPÖ, Burgenland): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geschätzter Herr Landtagspräsident! Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich zu meiner eigentlichen Rede komme, möchte ich dir, sehr geehrter Herr Präsident, lieber Freund Erwin, zur Vorsitz­führung und Präsidentschaft des Bundesrates recht herzlich gratulieren. Ich habe das natürlich schon bei deinem offiziellen Antritt gemacht, da aber aus terminlichen Gründen deine Antrittsrede heute stattgefunden hat, möchte ich es hier noch einmal offiziell nachholen. Ich wünsche dir für deine Zeit der Präsidentschaft viel Erfolg und Engagement zur Umsetzung deiner Vorhaben zum Wohle des Bundesrates, unserer Bundesländer und unserer Republik Österreich!

Sehr geschätzte Damen und Herren, betreffend den 1. Tagesordnungspunkt unserer heutigen Sitzung möchte ich die Gelegenheit wahrnehmen, mich eingehend bei allen Beteiligten, die es ermöglicht haben, dass heute diese Novellierung vonstatten geht, recht herzlich zu bedanken – das waren die Mitglieder des österreichischen Daten­schutzrates und die Gewerkschaft öffentlicher Dienst. Vom Datenschutzrat ist die Initi­ative zu dieser Gesetzesnovelle ausgegangen.

Bedanken möchte ich mich vor allem deshalb, weil der Weg bis zur Novellierung ein schwieriger und steiniger war. Wer im „profil“ der Ausgabe 28 vom 6. Juli 2009 gelesen hat, der konnte erfahren, dass eine Firma in Oberösterreich im Jahr 2003 und im Jahr 2004 bei ihren Mitarbeitern Videoüberwachungen durchführte und Kontrollen des E-Mail-Verkehrs vorgenommen hat. – Da gibt es ganz klare Regelungsdefizite im pri­vaten Bereich.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 23

Ähnliche Probleme hatten wir auch im Bundesbereich: Einige von Ihnen werden sich noch daran erinnern können, dass im Jahr 2004 bekannt wurde, dass das Bundes­kanzleramt eine Spionage-Software angekauft hat, und dass bekannt wurde, dass im Finanzministerium illegale Logfile-Auswertungen ohne Zustimmung der Gewerkschaft öffentlicher Dienst durchgeführt wurden.

Daraufhin kam es gerechtfertigterweise zu einer heftigen Diskussion, und diese Dis­kussion hat dazu geführt, dass sich der österreichische Datenschutzrat dafür einge­setzt hat, dass es zu einer eigenen bundesgesetzlichen Regelung kommt. Aufgrund einer Weisung des damaligen Bundeskanzlers Alfred Gusenbauer kam es zu einem Arbeitskreis und letztendlich zu genau dieser Gesetzesvorlage. Es ist ein gemeinsamer Erfolg des Datenschutzrates und der Gewerkschaft öffentlicher Dienst.

Mit diesem gegenständlichen Gesetzentwurf ist die Privatnutzung der Informations- und Kommunikationstechnologie, die den öffentlich Bediensteten vom Dienstgeber zur Verfügung gestellt wird, genau geregelt. Mit diesem Entwurf wird ein Ausgleich einerseits von grundrechtlich geschützten Interessen der Bediensteten, andererseits von Interessen des Dienstgebers betreffend die Nutzungs- und Kontrollmöglichkeiten geschaffen. Dieser Gesetzentwurf ist sehr wohl in Zusammenhang mit der Verordnung zu sehen, die das tatsächliche Ausmaß der privaten Nutzung genau umschreibt.

Ein funktionierender öffentlicher Dienst braucht optimale dienstrechtliche Rahmen­bedingungen, die wir auch ständig weiterentwickeln müssen. Für den Bundesdienst haben wir nun Regeln – bedauerlicherweise nicht in den einzelnen Bundesländern und nicht in den Gemeinden und Kommunen, und, wie wir gehört haben, natürlich auch nicht im privaten Bereich.

Meiner Meinung nach müssen im Sinne und zum Schutz der Beamten, der Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer in diesen Bereichen ähnliche Bestimmungen für die Länder und Gemeinden und vor allem auch im privaten Bereich geschaffen werden. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

9.27


Präsident Erwin Preiner: Herr Kollege Sodl, ich danke dir sehr herzlich für deine Glückwünsche anlässlich der Übernahme der Präsidentschaft durch das Burgenland.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mayer. Ich erteile es ihm.

 


9.27.56

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Dönmez und Kollege Sodl haben schon einiges erwähnt, ich kann mich deshalb in Anbetracht der langen Tagesordnung und der zusätzlichen, sehr „angenehmen“ – unter Anführungszeichen – Dringlichen Anfrage kurz halten.

Ein gut funktionierender öffentlicher Dienst braucht auch entsprechende Rahmen­bedin­gungen, wie der Kollege Sodl erwähnt hat. Mit diesem Gesetzentwurf wird also die private Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologie, die Dienst­geber den öffentlich Bediensteten zur Verfügung stellt, dezidiert geregelt. Das ist also jetzt auch auf Seiten des Dienstgebers klar normiert, wie weit die Kontrollmechanismen gehen und hier unverhältnismäßige Einwirkungen erspart bleiben.

Kollege Dönmez, auch wenn ihr dagegen stimmt, wird es in Zukunft schwieriger werden, dass Herr Kollege Pilz aus dem Nationalrat mit Hunderten E-Mails hausieren geht. Auch das wird mit dieser Gesetzesnovelle, denke ich, entsprechend unter­bunden. Das ist wahrscheinlich der Grund eurer Fraktion, gegen dieses Gesetz zu stimmen. (Bundesrat Dönmez: ... Pilz!) – Ja, Pilz geht mit E-Mails hausieren, oder nicht? Ein großer Hausierer, Herr Kollege Schennach, aber nur mit E-Mails. (Bundesrat


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 24

Schennach: Wie einfach!) – Ja, wie einfach, aber wahr. Einfach, aber wahr – das ist eine Tatsache!

In dieser Vorlage sind einerseits die Vorgaben des Datenschutzrates unter Vorsitz des Herrn Kollegen Dr. Wögerbauer und andererseits auch Intentionen der Personal­ver­tretung und der Gewerkschaft öffentlicher Dienst eingebunden, wie gehört. Das finde ich wichtig und richtig, und es sollte eigentlich logisch sein, dass bei derartigen Per­sonalmaßnahmen auch die Personalvertretung mit eingebunden wird. Und ich kann auch die Forderung von Herrn Kollegen Sodl unterstützen, dass, nachdem auf Bun­desebene eine gesetzliche Vorlage geschaffen wurde, wir das natürlich auch in die Länder und in die Gemeinden kommunizieren und dort auch entsprechend umsetzen sollten.

Als Arbeitnehmervertreter sei es mir auch gestattet, hier zu erwähnen, dass wir in der zweiten Vorlage die Möglichkeit schaffen, dass für die Landeslehrer der Zugang zu den Bundespensionskassen möglich wird, wobei ich bei den Pensionskassen, die ja ein eigenes Kapitel sind, auch nicht müde werde, zu erwähnen, dass wir da einen hohen Reform- und Nachjustierungsbedarf haben, ausgenommen die Bundespensionskasse, so wie wir das im Ausschuss gehört haben: Die Performance dieser Kasse ist nach wie vor sehr gut, obwohl im letzten Jahr doch auch ein Verlust zu verzeichnen war.

Wir setzen mit dieser weiteren Gesetzesvorlage auch einen sozialpolitischen Meilen­stein, weil wir den Bundesbediensteten und Landeslehrern jetzt die Möglichkeit eröff­nen, ihr behindertes Kind oder einen nahen Angehörigen zu pflegen. Zumindest ab der Pflegestufe 3 können sie dann einen unbezahlten Karenzurlaub nehmen, der aber zur Gänze beim Ruhegenuss und zur Hälfte bei den Vorrückungen angerechnet wird. Dies bedeutet in einer schwierigen Lebensphase in einem Familienverband eine Anerken­nung und Wertschätzung seitens des Staates.

Deshalb werden wir den drei Gesetzesmaterien gerne unsere Zustimmung erteilen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

9.31


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Ertl. Ich erteile es ihm.

 


9.31.32

Bundesrat Johann Ertl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Aufgrund der zunehmenden Ausstat­tung und Ausrüstung der Dienststellen und Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst mit Internettechnologie ist eine Anpassung der Vorschriften unbedingt notwendig, wir werden daher den in Rede stehenden Bestimmungen die Zustimmung erteilen. (Zwi­schenruf des Bundesrates Perhab.)

Es werden hier klare und eindeutige Regelungen geschaffen, durch die auch klar die Trennlinie zwischen dem verständlichen Ansinnen des Dienstgebers auf der einen Seite und der privaten Nutzung auf der anderen Seite gezogen wird. Es wurde ein Weg gefunden, die private Nutzung dienstlicher Internettechnologie so gering wie möglich zu halten und eine unverhältnismäßige Kontrolle der Bediensteten durch den Dienst­geber weitestgehend zu verhindern.

In Bezug auf die Nutzung dieser Bereiche – sprich: des E-Mail-Verkehrs, dieser war ja bis jetzt in einem Graubereich – wird im Gesetzestext „grundsätzlich nur für dienstliche Zwecke“ stehen. Ähnlich wird der sich bis dato im Graubereich befindliche Bereich auch tatsächlich geregelt. – Das finde ich gut so.

Ich denke, dieses Gesetz ist ein guter Ansatz, ein guter Kompromiss, der auch die Wünsche des Datenschutzrates berücksichtigt.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 25

Dass in eine Dienststelle Computer mit Internettechnologie gehören, ist mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Heutzutage ohne Internettechnologie in einem Büro zu arbeiten, würde einen Rückschritt bedeuten. Beamte, die Internettechnologie ablehnen, haben die Zeichen der Zeit versäumt. Deshalb warne ich auch davor, pensionierte Richter beziehungsweise pensionierte Beamte oder pensionierte Sachverständige, die noch mit Methoden aus der Steinzeit arbeiten, auch weiterhin mit Aufträgen zu versorgen.

Dass es bei der Notwendigkeit im Internet, buchstabengenau die Eingaben zu erfüllen, keine Verwechslung mehr geben kann, muss auch im Falle einer einstweiligen Ver­fügung durch pensionierte Richter, die als Sachverständige arbeiten, erkannt werden. Alle Domain-Namen sind einmalig, sonst funktioniert die zugehörige Homepage nicht. – Hier kann es keine Verwechslungen geben!

Eine Verweigerung, auf Knopfdruck mit der Welt verbunden zu sein, ist nicht mehr zeitgemäß. Es war daher unbedingt notwendig, die technologischen Voraussetzungen für eine moderne Arbeitswelt zu schaffen. Und natürlich ist es auch eine unbedingt notwendige Folge, die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür zu erlassen. – Wir werden daher diesem Gesetz unsere Zustimmung erteilen. (Beifall der Bundesräte Mühlwerth und Zangerl sowie bei Bundesräten von SPÖ und ÖVP.)

9.34


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Ebner. Ich erteile es ihm.

 


9.34.56

Bundesrat Mag. Walter Ebner (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Die uns zur Beschlussfassung vorliegenden drei An­träge wurden, und das soll hier gleich am Beginn des heutigen Diskussionstages gesagt werden, ausreichend diskutiert, vorbereitet und auch entsprechend klar formu­liert, sodass wir seitens unserer Fraktion zu diesen drei Anträgen Ja sagen können und entsprechend unsere Zustimmung geben werden.

Schauen wir uns den ersten Antrag an – dabei handelt es sich um die Aufrechter­haltung der persönlichen Grundrechte –: Eine der Forderungen hier ist, dass jeder Einzelne in seinen Grundrechten nicht beschnitten wird; dies hat aber natürlich dort seine Grenzen, wo er beispielsweise dieses Gesetz betreffend den informations- und kommunikationstechnologischen Bereich für private Interessen ausnützt. Hier ist es richtig, dass der Dienstgeber nun entsprechende Maßnahmen setzt, wobei auch immer wieder darauf hinzuweisen ist, dass gerade in diesem Entwicklungsbereich der Technologie der Gläserne Mensch als Gefahr im Raum steht. Da ist aber dieser Antrag in seiner Ausgewogenheit zu sehen, denn die Auftragserteilung durch den Leiter der Dienststelle erscheint uns als richtig und gerechtfertigt.

Die weiteren Anträge sind in einem Bereich angesiedelt, in dem der Staat seine grundsätzliche Verpflichtung und Aufgabenstellung hat, nämlich im sozialen Bereich.

Beim zweiten Gesetz handelt es sich um die Öffnung der Bundespensionskasse für die Landeslehrer. Es ist aber ein Anachronismus, wenn man im Bereich der Zusammen­führung von Landes- und Bundeslehrern mit der Pensionskasse beginnt, und wir hoffen, dass damit nur der Anfang gemacht wurde und dass wir zum Schluss, wenn alle entsprechenden Anträge hier im Hohen Haus diskutiert wurden, tatsächlich dort landen, wo wir auch hinwollen, nämlich bei der gemeinsamen Ausbildung dieser beiden Berufsgruppen, dieser einen Berufsgruppe. – Daher auch zu diesem Antrag ein entsprechendes Ja von unserer Fraktion.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 26

Ein Punkt, nämlich der Pflegeurlaub, ist aber besonders hervorzuheben, denn auch da kommt es zu einer Respektierung und Anerkennung unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger, die im Behindertenbereich sowieso ein schweres Schicksal zu tragen ha­ben, indem der Bund bei dem nachzieht, was für den ASVG-Bereich bereits beschlos­sen wurde. Wenn die Grenze bei 40 Jahren gezogen wurde, dann sehen wir auch daran, dass eine Behinderung nicht vor irgendeiner Altersgruppe Halt macht, sodass wir eine entsprechend hohe Altersgrenze für die Betreuung behinderter Kinder oder Angehöriger angesetzt haben.

Dies ist aber auch der erste und sehr deutliche Schritt, dass wir eine Regelung finden, dass im Pensionsbereich entsprechende Vermerke angeführt werden, damit es zu keiner Schlechterstellung kommt, wenn im häuslichen Bereich die Pflege von Kindern und Anverwandten im Vordergrund steht. – Daher von unserer Fraktion zu allen drei Anträgen entsprechende Zustimmung. (Beifall der Bundesräte Mitterer, Mühlwerth und Ertl sowie bei Bundesräten von SPÖ und ÖVP.)

9.38

09.38.20

 


Präsident Erwin Preiner: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechts­ge­setz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwalt­schafts­dienstgesetz und das Bundes-Personalvertretungsgesetz geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Des Weiteren gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend eine 1. Dienstrechts-Novelle 2009.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen. 

Ich heiße Herrn Staatssekretär Mag. Schieder sehr herzlich hier im Hohen Hause willkommen. (Allgemeiner Beifall.)

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechts­ge­setz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwalt­schaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirt­schaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965 und das Gehaltsgesetz 1956 geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 27

09.41.004. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Stärkung der Liquidität von Unternehmen (Unter­nehmensliquiditätsstärkungsgesetz – ULSG) erlassen wird und das Interbank­marktstärkungsgesetz, das Finanzmarktstabilitätsgesetz, das Bundeshaushalts­gesetz, das Bundesfinanzgesetz 2009, das Bundesfinanzgesetz 2010 sowie das Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2009 bis 2012 und das Bundesfinanzrahmengesetz 2010 bis 2013 erlassen werden, geändert werden (229 d.B. und 284 d.B. sowie 8143/BR d.B.)

 


Präsident Erwin Preiner: Wir gelangen nunmehr zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Sodl. – Ich ersuche um den Bericht.

 


9.41.28

Berichterstatter Wolfgang Sodl: Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Stärkung der Liquidität von Unternehmen erlassen wird und das Interbankmarktstärkungsgesetz, das Finanz­marktstabilitätsgesetz, das Bundeshaushaltsgesetz, das Bundesfinanzgesetz 2009, das Bundesfinanzgesetz 2010 sowie das Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanz­rahmengesetz 2009 bis 2012 und das Bundesfinanzrahmengesetz 2010 bis 2013 erlassen werden, geändert werden, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Darum komme ich sogleich zur Antragstellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Erwin Preiner: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. Ich erteile es ihm.

 


9.42.36

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Präsident, auch von unserer Seite alles Gute für Ihre Vorsitzführung! Wir erinnern uns ja auch noch gerne an die Zeit Ihres burgenländischen Vorgängers Georg Pehm, mit dem es eine sehr, sehr gute Zusammenarbeit gab. Wir hoffen, dass wir das in dieser Tradition weiterführen können, und in diesem Zusammenhang auch noch einmal Dank an Ihren Vorgänger.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, dieser Bundesregierung einen Blankoscheck aus­zu­stellen, ist eine gefährliche Sache. Die Grünen haben beim 100-Milliarden-Paket mitgestimmt, obwohl Sie keine Richtlinien vorgelegt hatten. So, und jetzt setzen Sie wieder eine an sich richtige Maßnahme, Sie nehmen aus diesem Paket 10 Milliarden heraus, um eine Art Industriehaftungspaket zu kreieren, damit wir aus dieser Kredit­klemme herauskommen, durch die so viele Betriebe derzeit bei sehr guter Auftragslage zu hohe Kreditzinsen zu zahlen haben oder nur schwer einen Kredit bekommen. Das, was die Voest derzeit an Kreditzinsen zahlt, ist doch völlig absurd! Wir müssen da herauskommen.

Aber Sie legen dieses Paket wieder ohne Bedingungen, ohne einen Hinweis, wie diese Verordnung ausschauen wird, vor – und da sollen wir zustimmen?

In der Dringlichen Anfrage, die heute noch aufgerufen wird, geht es auch darum, dass keine Limits vorgeschrieben wurden, dass auch beim Bankenpaket keine Richtlinien vorlagen.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 28

Sie müssen doch wissen, dass von den Beschlussfassungen in den Ausschüssen des Nationalrates über das Plenum des Nationalrates bis hier im Bundesrat eine gewisse Zeit möglich ist, eine Abstimmung vorzunehmen. Ich mache Ihnen jetzt ein Angebot: Wenn Sie uns heute hier in dieser Debatte die Richtlinie erklären, gemäß welcher diese 10 Milliarden € vergeben werden sollen, stimmen wir diesem Paket zu, weil wir diese Maßnahme an sich für richtig halten. Wir würden nämlich sehr gerne zustimmen, weil das richtig ist. Das, was da geschieht, ist richtig.

Wir können natürlich eine inhaltliche Debatte darüber führen, ob diese 10 Milliarden ausschließlich für Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind nicht sehr viele in Österreich – schlagend werden sollen. Es sind ein bisschen über 1 000 Unternehmen, viele davon innerhalb derselben Firmenstruktur, nur unter verschiedenen Töchternamen.

Das heißt, es ist eine kleine Gruppe, und die ganz, ganz große Kraft im Beschäfti­gungssektor, die Wirtschaftsmacht und die Produktivkraft liegen bei den Klein- und Mittelbetrieben. Und die Klein- und Mittelbetriebe trifft diese Kreditklemme noch viel, viel härter, weil sie noch viel schwieriger an die Mittel herankommen – und da gibt es die Möglichkeiten über das AWS.

Aber, Herr Staatssekretär, jetzt eine paradoxe Situation: Sie haben – und das ist richtig – mit dem AWS eine Art von Investmentmöglichkeit geschaffen; das AWS ist in der Hand der Republik. Bis heute gibt es aber keine Banklizenz, damit das in Gang kommt. Das AWS ist eine Institution des Bundes, die Banklizenzen vergibt der Bund, und bis heute gibt es diese Banklizenz nicht, und die Klein- und Mittelbetriebe kommen nicht an die Mittel heran.

Herr Staatssekretär, ich bitte Sie, jetzt nicht Sommerpause zu machen und zu sagen, dass Sie die Banklizenz irgendwann im Herbst ausstellen, denn für die Klein- und Mittelbetriebe ist das wichtig. Die Kreditklemme ist brutal für diese Unternehmen.

So richtig die 10 Milliarden für die Großbetriebe sind, so wichtig ist es, dass Sie jetzt dem AWS endlich diese Banklizenz bewilligen und die Möglichkeit schaffen, schnell und über leichte und weniger bürokratische Zugänge zu diesen Mitteln zu kommen, die die Wirtschaft jetzt ganz besonders und schnell braucht.

Herr Staatssekretär, mein Angebot gilt: Stellen Sie uns die Richtlinien vor, und aus dieser Contra-Rede wird nachher eine Zustimmung unserer Fraktion. – Danke. (Beifall bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

9.47


Präsident Erwin Preiner: Herr Bundesrat Schennach, ich danke sehr herzlich für die Vorschusslorbeeren anlässlich der Präsidentschaft des Burgenlandes.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Perhab. Ich erteile es ihm.

 


9.47.55

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Besucher und Be­sucherinnen! Kollege Schennach, 80 Prozent deiner Ausführungen sind richtig, sie stimmen in jeder Argumentation; es ist aber das Schicksal oder der Wille der Grünen, immer irgendetwas zu finden: selbst wenn das große Ziel erreicht wird, suchen Sie nach Details, die nicht ganz passen. (Bundesrätin Kerschbaum: Es gibt immer Details! – Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Und es liegt, glaube ich, im Grunde eines jeden Gesetzes, dass man nicht alle Details ausformulieren kann. (Bundesrat Mag. Klug: Da hat er recht!) Es ist nicht einmal in einem Verwaltungsstaat möglich – wir leben aber trotzdem in einem Verwaltungsstaat –, alles auf Punkt und Beistrich zu normieren.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 29

Aber was mich schon ein bisschen gestört hat, ist, dass auch ein leichtes Anklingen des Auseinanderdividierens zwischen Groß- und Kleinbetrieben da war. Und da ich ein Kleinunternehmer mit sieben Mitarbeitern bin, bin ich, glaube ich, schon glaubwürdig, wenn ich sage, dass auch ich diesem Gesetz zustimme, weil mir bewusst ist, dass zum Beispiel von den 180 Leitbetrieben in Österreich 95 000 kleine und mittlere Betriebe direkt betroffen und mit etwa 300 000 Mitarbeitern direkt verbunden – nicht direkt abhängig, aber doch in einem Netzwerk verbunden – mit diesen Betrieben sind.

Und natürlich gibt es Ungerechtigkeiten im Leben, nicht nur in der Wirtschaft, nämlich dass die Großen über die Kleinen bestimmen, dass die Großen ab und zu mehr Förderungen bekommen – das ist mir als Wirtschaftskammervertreter durchaus bewusst. Aber ich muss dazusagen, dass es für uns keine Wirtschaft gibt, die in groß und klein geteilt ist. Auch die FPÖ tut das gerne, sie dividiert immer auseinander, die Kleinen gegen die Großen. Wir sagen, die Wirtschaft ist in dieser Hinsicht nicht teilbar. Und ich hätte mir wirklich vorstellen können, dass wir in dieser wichtigen Frage auch im Bundesrat einen Konsens haben.

Wenn ich einen Vergleich mit dem vorhergegangenen Tagesordnungspunkt ziehe, muss ich sagen, es ist wunderbar, dass die Bediensteten im öffentlichen Bereich in Notsituationen surfen und E-Mails verschicken können, aber welche Bedeutung hat das in Wirklichkeit im Vergleich mit diesem Tagesordnungspunkt, bei dem es um Hunderttausende Arbeitsplätze, um die wirtschaftliche Entwicklung, um eine Überwin­dung der wirtschaftlichen Rezession in Österreich geht?!

Wir sind auf einem guten Weg. Die Experten des Währungsfonds – ich halte nicht immer etwas davon – haben in der vergangenen Woche – die Fraktionsführer der Parlamentsparteien waren ja dabei – Österreich ein ausgezeichnetes Zeugnis ausgestellt dahin gehend, dass die österreichische Bundesregierung die richtigen Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt gesetzt hat.

Nichts ist perfekt im Leben, aber der Weg ist richtig: Konjunkturpaket I, Konjunktur­paket II, Arbeitsmarktpaket I, Arbeitsmarktpaket II, Bankenpaket, Steuersenkungs­pa­ket – also bitte, der Bund hat seine Vorleistungen getätigt und die Rahmenbedin­gun­gen für die österreichische Wirtschaft ermöglicht.

Jetzt zu den Banken, zur Kredit- und Industrieklemme. (Bundesrat Schennach: Schon als Kind habe ich das Blindekuh-Spiel gehasst – und als Opposition umso mehr! Ein Spiel ist gut, aber wir als Opposition wollen mehr!) – Kollege Schennach, ich bin überzeugt davon, dass dir mit deiner Information, deinem Informationsstand und deinem Wissen durchaus bewusst ist, dass dieses Gesetz in die richtige Richtung geht. (Bundesrat Schennach: Das habe ich ja gesagt: ...! – Bundesrat Mag. Klug: Genau!) Du musstest dich aber wieder einmal deinem Fraktionszwang im Nationalrat beugen, sonst hättest du hier im Bundesrat wahrscheinlich ohnehin mit uns gestimmt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Mag. Klug.)

Wo ich dir auch recht geben muss, ist natürlich – das merken wir auch im kleinen und mittleren Bereich –, dass die Banken ihre Kreditvergabevorschriften noch einmal verschärft haben, weit über Basel II hinaus. Da gibt es jetzt wirklich Handlungsbedarf, auch betreffend Gespräche und Maßnahmen mit dem österreichischen Bankensektor.

Das gestehe ich durchaus zu, aber es kann nicht so sein, dass es nicht mehr möglich ist, beispielsweise 30 000 € Kontokorrentüberbrückungskredit für Betriebsmittel zu erhalten. Wir haben viele Betriebe, die jetzt aufgrund der saisonalen Schwankungen diese Mittel brauchen würden, um durchzutauchen, aber es werden jetzt Dinge verlangt – von Besicherungen bis Privathaftungen, Eigenkapitalerhöhungen –, die die­se Kreditvergabe erschweren.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 30

Einzelne Kreditsektoren und vor allem die Regionalbanken können aber durchaus bestätigen, dass sie eine verstärkte Kreditnachfrage haben, was ja volkswirtschaftlich auch bereits ein kleiner Hoffnungsschimmer ist.

Last but not least, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen: Die österreichische Bundesregierung und die Regierungsparteien haben damit einen wichtigen Schritt gesetzt, der in Europa anerkannt wird, und ich denke, wir sollten dieses Vorhaben unterstützen und hoffen, dass diese Rezession möglichst schnell mit diesen Maßnahmen beendet wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Bun­desräten der SPÖ.)

9.52


Präsident Erwin Preiner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ertl. Ich erteile es ihm.

 


9.52.59

Bundesrat Johann Ertl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatspräsident – Entschuldigung: Herr Staats­sekretär! (Bundesrat Konecny: Na, Karrieresprung!) Das Unternehmensliquiditäts­stärkungsgesetz sieht zwar auf den ersten Blick recht nett aus, aber auf den zweiten Blick ist leider das Gegenteil der Fall. (Zwischenruf des Bundesrates Perhab.) Es werden 10 Milliarden € aus dem Haftungsrahmen des Bankenpaketes für Staatsgaran­tien umgeschichtet. Es wird aber nur zugunsten von Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern umgeschichtet. Kleinere und mittlere Betriebe sind wieder einmal ausgenommen und werden wieder im Stich gelassen.

Das zweite Problem ist, dass dieses Gesetz nicht einmal der heimischen Industrie helfen wird. In Wirklichkeit ist das nur eine Alibiaktion, um das Restrisiko der Groß­banken zu minimieren. Es werden jene Herren abgesichert, die durch ihre Fehler diese Krise verursacht haben.

Bei diesen Bestimmungen handelt es sich um ein Bankenrettungspaket unter dem Vorwand, der Wirtschaft helfen zu wollen. Aber zirka 90 Prozent der Unternehmen sind Klein- und Mittelbetriebe, und diesen muss geholfen werden. Diese Firmen bekommen keine finanziellen Mittel, um den nächsten Auftrag erfüllen zu können.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass Unternehmen, die Partnerunter­nehmen im Finanzsektor haben, auch diese Haftung in Anspruch nehmen können. Damit werden wieder ganz bestimmte Unternehmen unterstützt.

Wir wollen eine Vergabe von Staatshaftungen für die österreichische Industrie unter bestimmten Voraussetzungen. Diese Voraussetzungen sind von unserer Seite klar definiert, nämlich eine verpflichtende Bilanzkontrolle durch den Rechnungshof und ein Verbot, Staatshaftungen zum Stopfen von Spekulationslöchern im Osten zu verwen­den. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Weiters verlangen wir eine Zweckbindung der Staatshaftung zur Stärkung des heimischen Arbeitsmarktes.

In jenen Betrieben, die die Staatshaftungen in Anspruch nehmen, muss es zu einer Deckelung der Managergehälter kommen, und zwar maximal in der Höhe des Ein­kommens des Bundeskanzlers.

Wir wollen aber auch eine Staatshaftung für die Klein- und Mittelbetriebe, denn diese sind der Motor unserer Wirtschaft. Sie tragen den Hauptanteil der österreichischen Arbeitsplätze und bilden auch 70 Prozent der Lehrlinge aus.

Dieses Gesetz, das die Liquidität der Unternehmen stärken soll, ist in Wirklichkeit ein Gesetz für Konzerne und Banken. Die Politik ist aufgerufen, endlich etwas für Einper-


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sonengesellschaften und für Unternehmen mit nur wenigen Mitarbeitern zu machen. (Bundesrat Mag. Klug: Tun wir eh!)

Auch von der Wirtschaftskammer fehlen die Impulse zur Stärkung der Klein- und mittel­ständischen Unternehmen. Die Grundumlagen sind einzuheben – das ist anscheinend das Wichtigste für die Wirtschaftskammer. (Zwischenruf des Bundesrates Perhab.) Auskunft oder Hilfe für ein Kleinstunternehmen von der Wirtschaftskammer zu erhalten ist fast unmöglich. (Bundesrat Mag. Klug: Das ist wieder eine Kickl-Rede! – Heiter­keit.) – Nicht jede. (Weitere Zwischenrufe.)

Kollege, ich habe mit der Kammer viele Erfahrungen gemacht. Das ist die Hilfe der Wirtschaftskammer. (Bundesrat Perhab: Das werden wir im März nächsten Jahres sehen!)

Versuchen Sie einmal, in einer Außenstelle der Wirtschaftskammer eine Information einzuholen. Feiern kann man dorthin gehen, aber Informationen bekommt man dort keine!

Wozu brauche ich als Kleinstunternehmer eine Wirtschaftskammer? – Die Wirtschafts­kammer hilft mir nicht, sie verwendet maximal meine Ideen. Mehr leistet die Wirt­schaftskammer für Klein- und Kleinstunternehmen nicht! (Bundesrat Perhab: Meines Wissens bist du ein Exekutivbeamter!) – Meine Frau ist Unternehmerin.

Der einzige Kontakt mit der Wirtschaftskammer als Kleinstunternehmer ist meist nur über die verpflichtende Vorschreibung der Grundumlage. (Bundesrat Kneifel: Was zahlen Sie denn da Grundumlage?) Für jeden Gewerbeschein, für jede Konzession eine eigene. (Bundesrat Kneifel: Ich möchte wissen, wie hoch die ist!)

Unsere Regierung hat die Wirtschaftskammer ruhig gestellt. (Bundesrat Kneifel: Wie hoch ist sie denn?) – Für jedes Bundesland eine eigene Grundumlage, wenn du ein Konzessionsunternehmen hast. (Bundesrat Kneifel: In deinem Fall? Wie viel musst du zahlen?) – Weiß ich nicht. Du musst meine Frau fragen, die weiß es. (Bundesrat Kneifel: Dann red nicht, dass es zu hoch ist, wenn du es nicht weißt!)

Unsere Regierung hat die Wirtschaftskammer ruhig gestellt, indem diese zu einer gesetzlichen Selbstverwaltungskörperschaft ernannt und sogar verfassungsrechtlich abgesichert wurde. (Bundesrat Perhab: Wie die Arbeiterkammer!) Mit 20 Prozent der Macht des Wirtschaftsbundes werden 100 Prozent der Wirtschaftskammer verein­nahmt.

Das ist alles, sonst macht die Kammer keine Standesvertretung für Kleinst- und Klein­unternehmen. (Bundesrat Perhab: Schade, dass die Frau Präsident nicht da ist!) Die Wirtschaftskammer versagt völlig (ironische Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ) bei der Vertretung von Kleinst- und mittelständischen Unternehmen.

Wir brauchen endlich eine Befreiung der Wirtschaft von der Steuerlast, von der Bürokratie und natürlich auch eine Befreiung von der Zwangsmitgliedschaft. Aber was wurde gemacht? – Die Banken wurden gestärkt! Diese Stärkung werden wir alle noch zu spüren bekommen. Die Banken werden nämlich sämtliche Gebühren erhöhen, und zwar empfindlich erhöhen. Eine Erlagscheinüberweisung kostet heute schon 3,50 €. Vermutlich werden die Banken in Zukunft auch noch Eintrittsgebühren verlangen.

Die Banken nehmen das Geld der österreichischen Wirtschaft und gehen damit in den Osten. Dort geben sie das Geld aus, nämlich 300 Milliarden €.

Es gibt in Österreich eine Kreditklemme, das ist nicht zu leugnen. Der Einzige, der in Österreich keine Kreditklemme hat, ist unser Finanzminister. Dessen Schulden muss der Steuerzahler begleichen.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 32

Warum muss die Klein- und mittelständische Wirtschaft in Österreich leiden? Warum muss der Steuerzahler dafür haften, dass die Banken 300 Milliarden € an Krediten im Osten offen haben?

Die Kommunalkredit wurde im vergangenen Jahr notverstaatlicht, wobei der Staat eine Haftung von 1,2 Milliarden € übernommen hat. Aber das Jahr 2008 war für die Kom­munalkredit das erfolgreichste Jahr. Ich habe den Verdacht, dass hier nur mehr Gesetze zur Ausbeutung der Steuerzahler gemacht werden.

Kümmern wir uns gemeinsam um die Klein-, Kleinst- und mittelständischen Unter­nehmen! (Ruf bei der ÖVP: Aber nicht mit Ihnen!) Sorgen wir dafür, dass diese Unter­nehmen gestärkt werden, und mit unserer Wirtschaft wird es schlagartig bergauf gehen! Die Konzerne haben zwar die meisten Mitarbeiter, dabei darf man allerdings nicht vergessen, dass gerade durch die Konzerne der Kleinunternehmer in die Defen­sive gedrängt wird. Unsere Wirtschaft besteht nicht nur aus Großbetrieben. Leider hat sich die Politik davon verabschiedet, daran zu denken, dass es auch Klein- und Mittelbetriebe gibt.

Bereits damals bei der Mittelstandsmilliarde, als der Haftungsrahmen erhöht wurde, wurde durch die ÖVP der Zusatzantrag gestellt, dass für den Fall, dass die Klein- und Mittelbetriebe diesen Rahmen nicht nützen, auch die Großindustrie auf diese För­derungen zugreifen können soll. (Bundesrat Perhab: 22 Prozent zurzeit!) Die ÖVP hat damals schon gewusst, dass die Klein- und Mittelbetriebe gar nicht in der Lage sein werden, die Berge an Papier auszufüllen, die notwendig sind, um überhaupt einreichen zu können.

Was wird heute gemacht?  Heute werden Klein- und Mittelbetriebe auseinander­dividiert. Wenn Sie nicht wollen, dass Klein- und Großbetriebe auseinanderdividiert werden, müssen wir Chancengleichheit schaffen. Die Konjunkturmilliarde ist nie dort angekommen, wo sie wirklich benötigt worden wäre.

Was passiert wirklich mit unserer Wirtschaft? Gibt es wirklich einen Bonus in Öster­reich? Die Express-Interfracht ist eine ÖBB-Enkelin, fährt im Auftrag des Logistikers Rail Cargo, das ist wieder eine Tochter der ÖBB. Das ist ein Unternehmen, auf das wir direkt oder indirekt Einfluss nehmen können. Der österreichische Steuerzahler bezahlt auch die Abgänge dieser Unternehmen. Die Firma Express-Interfracht fährt mit 150 nagelneuen Lkws, die alle in Rumänien angemeldet sind, inklusive der Lenker. Der dadurch verursachte Ausfall von Steuern zum Nachteil des österreichischen Steuer­zahlers beträgt 50 000 € pro Lkw und Jahr und von Löhnen bei 150 Lenkern zirka 7,5 Millionen € und damit auch deren Wertschöpfung. Diese Lkws fahren zu Dumpingpreisen in Konkurrenz zu Betrieben in Österreich, ja in ganz Europa. Hunderte österreichische Frächter, Klein-, Kleinst- und Mittelbetriebe sind vom Konkurs bedroht oder sind schon in Konkurs. Aber wir subventionieren mit unseren Steuergeldern solche Unternehmen.

Abschließend (Bundesrat Konecny: Ja, bravo!) darf ich Ihnen noch ein Beispiel brin­gen. Im Hauptverband, der Vorsitzende ist ein ÖVP-Mann, werden Programmierungs­aufträge in einer Größenordnung von 25 Millionen € vergeben. (Bundesrat Mag. Klug: Gehört das nicht zum anderen Tagesordnungspunkt?) Man kann darüber diskutieren, ob dieser Betrag klein oder groß ist. Aber auf jeden Fall ist dieser Betrag für ein klein- oder mittelständisches Unternehmen ein sehr hoher Betrag.

Wer bekommt diese Aufträge? – Kein österreichisches Unternehmen! Ein so großer Auftrag wird ins Ausland, nach Rumänien vergeben. (Bundesrat Konecny: Was hat das mit dem zu tun?) Wo bleibt da die Wirtschaftskammer, meine Damen und Herren? – Ich danke Ihnen. (Beifall der Bundesrätin Mühlwerth.)

10.04



BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 33

Präsident Erwin Preiner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kraml. Ich erteile es ihm und ersuche alle weiteren Redner am heutigen Tage, die Richt­redezeit von 10 Minuten zu berücksichtigen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

 


10.04.54

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Kollege Ertl hat seine Rede damit begonnen, dass er gesagt hat, auf den ersten Blick ist das Gesetz ja okay. Als er noch ein zweites Mal darauf geschaut hat, haben wir uns alle fürchten müssen. Seine Rede hat dann in Rumänien geendet.

Lieber Kollege Ertl, ich frage mich, wie du dir das, was du heute so alles gesagt hast, zusammengereimt hast. Ich sehe Österreich jedenfalls anders.

Meine Damen und Herren, ich habe mir heute angeschaut, wie viel Geld wirklich schon in die Wirtschaft geflossen ist beziehungsweise was die Bundesregierung bereits alles gemacht hat. Wir haben das Hilfspaket für die Banken mit 90 Milliarden €, wir haben die Investitionsoffensive für Straße und Schiene mit über 22 Milliarden €, wir haben die Staatshaftungen mit 10 Milliarden €, wir haben die Steuerreform, die die Bürgerinnen und Bürger zum Teil schon erreicht hat, mit 3,2 Milliarden €, wir haben die Arbeits­markt- und Kurzarbeitsförderungen mit einer Milliarde €, wir haben die thermische Sanierung mit 100 Millionen € und wir haben die Verschrottungsprämie oder den Neuwagenankauf, wie man es halt nennen will, mit 45 Millionen €. Das ist eine ganze Menge Geld.

Jetzt kann man immer wieder sagen, die Bundesregierung tut zu wenig oder sie macht das Falsche. Es bleibt jedem unbenommen, dass er das sagt. Wir sehen allerdings, dass alle Gruppen, alle Betriebe gefördert werden. Die angesprochenen KMUs werden über das AMS gefördert. Die ganz kleinen Betriebe, die EPUs, bekommen dann ab Herbst auch eine Förderung. Wenn sie den ersten Bediensteten einstellen, gibt es einen Zuschuss. Das heißt, es wird die gesamte Palette abgedeckt, was, wie ich meine, wichtig ist.

Da Kollege Perhab Basel II angesprochen hat. Ich habe hier bereits immer wieder darauf hingewiesen, Basel II ist etwas, was wir in der Wirtschaft nicht brauchen. Basel II bringt nur mit sich, dass in den Banken mehr Unterschriftsblätter herumliegen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wenn du einen Rahmenkredit in Höhe von 25 000 € brauchst, dann müsstest du diesen fast mit 50 000 € absichern. Dafür brauche ich keine Bank, sondern da mache ich mir das selbst und brauche nicht Hunderte Unterschriften beizubringen. Das heißt, da ist wirklich Handlungsbedarf.

Ich habe gleich zu Beginn gesagt, mir hat Basel II nie gefallen, weil ich es einfach für unvernünftig gehalten habe und weil Basel II ja auch nichts dazu beigetragen hat, zu verhindern, dass wir in diese Misere gekommen sind, denn für die derzeitige Finanz­misere sind einfach die Abzocker, die internationalen Finanzinstitute verantwortlich zu machen. Ich sehe schon, dass dort bis jetzt nichts geschehen ist. Die amerikanischen Banken haben auf einmal wieder wunderschöne Bilanzen, haben ausgezeichnete Gewinne, damit sie die Bonizahlungen durchbekommen. Ich glaube, da muss wirklich eingeschritten werden, das kann so nicht sein, dass jene, die die ganze Welt in die Krise gestürzt haben, wieder dort sitzen und sagen, es ist uns ohnehin nicht wirklicht etwas passiert und jetzt blasen wir das Ganze wieder auf.

Zurückkommend wieder nach Österreich: Ich meine, dass es ein gutes Gesetz ist. Wir werden daher diesem Gesetz unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

10.08



BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 34

Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mitterer. Ich erteile es ihm.

 


10.08.34

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Auch ich darf namens der BZÖ-Fraktion zur Über­nahme des Vorsitzes gratulieren. Ich gratuliere dem Burgenland und mache das in zweifacher Hinsicht mit großer Freude. Erstens sind Sie, Herr Präsident Preiner, mein Vorgänger, ich darf die Staffel ab Jänner 2010 wieder übernehmen, und zweitens ist meine Gattin eine Burgenländerin, und deshalb verbindet das Burgenland und Kärnten etwas ganz Besonderes. (Allgemeiner Beifall.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Dies ist ein Gesetz zur Stärkung der Liquidität von Unternehmen. Es ist, wie gesagt, eine wichtige Maßnahme in einer schwierigen Zeit, in einer Zeit der Wirtschafts- und Finanzkrise. Alle sollten alles unternehmen, um die Auswirkungen in dieser Frage zu begrenzen. Wenn ich von allen spreche, dann meine ich damit selbstverständlich auch die Wirtschaft selbst, aber auch Gemeinden, Länder und letztlich den Bund. Der Bund regelt mit diesem Gesetz auch etwas, aber er fördert und stärkt dabei, wie schon von meinen Vorrednern gesagt, in erster Linie Konzerne und Banken.

Wo bleibt hier die sogenannte Mittelstandsoffensive? Wo bleibt die Hilfe für KMUs und auch für EPUs?

Sicherlich profitieren auch diese kleinen Firmen als Zulieferer zu den großen indirekt, aber in der jetzigen Situation – noch einmal Stichwort Basel II – befinden sich auch jene Betriebe in einer sogenannten Kreditklemme.

Das Bankenrettungspaket war so angelegt, dass die Banken mehr oder weniger gezwungen wurden, Mittel auch diesen KMUs zur Verfügung zu stellen. Das tun sie nun nicht ohne große Bedingungen, die meistens von diesen KMUs gar nicht angenommen werden können. Es wird dann argumentiert, es wurde gleichzeitig der Haftungsrahmen bei ERP und ÖHT von 750 Millionen auf 1,5 Milliarden erhöht. Ich glaube, dass das nicht ausreicht.

Warum schließt man bei diesem Gesetz die KMUs aus? Wenn nun vielleicht der Herr Staatssekretär sagen wird, dass die Haftungen aus den anderen Töpfen bisher gar nicht ausgeschöpft wurden, dann muss ich dem entgegenhalten, umso weniger Grund hätte nun die Regierung, die KMUs von diesem Gesetz auszuschließen. Dann bräuchte sie ja gar nicht zu fürchten, dass die KMUs nun auch die bereitgestellten Mittel und Haftungen annehmen.

Es gibt ungefähr 1 100 Betriebe in Österreich, die praktisch in den Genuss dieser Maß­nahmen kommen werden. Noch einmal: Vom Herrn Kollegen von der FPÖ ist die Wirtschaftskammer angesprochen worden. Ich breche hier einmal auch als einer, der in der Wirtschaftskammer tätig ist, eine Lanze für die Interessenvertretung der Wirt­schaftskammer in der Form, dass es im Unterschied zu Arbeiterkammer und ÖGB die Wirtschaftskammer alleine war, die sich in einer schwierigen Zeit reformiert hat, wobei man wirklich die Beiträge gesenkt hat bei gleichzeitiger Anhebung der Serviceleis­tungen. Das spreche ich hier offiziell aus. (Beifall bei Bundesräten ohne Fraktionszu­gehörigkeit und bei Bundesräten der ÖVP.)

In Anbetracht der nun auf uns zukommenden Wahlen in der Wirtschaftskammer – und die Wähler stellen dort die KMUs und nicht die paar Konzerne; wir haben alle nur eine Stimme und im März wird gewählt – ist es für mich unverständlich, dass es ein aus der Wirtschaftskammer stammender Wirtschaftsminister zulässt, dass in dieser Frage auf den Mittelstand vergessen wird. Es hilft uns nichts, wenn die Grüne Wirtschaft und der


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 35

RFW im März möglicherweise zu Lasten des Wirtschaftsbundes zulegen. Es hilft uns, unsere Mandate zu verstärken, aber es hilft nicht der Wirtschaft. Der Wirtschaft muss in schwierigen Zeiten anders geholfen werden, denn die Wirtschaft ist es, die die Arbeitsplätze sichert, nicht die Wirtschaftskammer und nicht die Politik. (Bundesrat Mag. Klug: Und die Menschen, die dort arbeiten!) Die Wirtschaft ist es, die den Familien Einkommen garantiert. Dies fördert die Kaufkraft, und dies wiederum führt zu einem erhöhten Rückfluss von Steuermitteln – ein positiver Kreislauf, der dadurch zustande kommt.

Ein Antrag des BZÖ im Nationalrat, der gefordert hat, bei diesem Gesetz die KMUs nicht auszuschließen, wurde leider von der Koalition nicht angenommen. Da sich die Koalition bei diesem Gesetz vom Mittelstand verabschiedet, werden wir diesem Gesetz auch hier die Zustimmung verweigern. (Beifall des Bundesrates Mag. Ebner.)

10.13


Präsident Erwin Preiner: Ich bedanke mich sehr herzlich für die Glückwünsche aus Kärnten an das Burgenland.

Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Mag. Schieder. – Bitte.

 


10.13.48

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Damen und Herren auf den Zuschauerplätzen! Es freut mich auch, dass der burgenländische Landtagspräsident Walter Prior hier ist, ein langjähriger gemeinsamer Freund aus dem EU-Ausschuss der Regionen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetz hat eine einzige Schwäche, das ist sein Titel. Der Titel klingt recht holprig und sperrig. In Wirklichkeit geht es darum, der österreichischen Wirtschaft, der österreichischen Groß- und mittleren Industrie auch die notwendigen Finanzierungen zur Verfügung zu stellen, die sie derzeit auf dem Kapitalmarkt nicht finden. Es gibt die Liquidität in dieser Größenordnung und für die Zeitspanne, für die sie gesucht wird, nämlich mittel-, langfristige Finanzierung, zurzeit nicht auf dem Kapitalmarkt. In diesem Sinne gibt es eine Kreditklemme, wiewohl man auch sagen muss, auf den gesamten europäischen Kapitalmärkten gibt es diese Liquidität nicht. Daher geht es darum, dass die öster­reichische Regierung und die österreichischen Gesetzgeber hier auch die Möglichkeit schaffen, dass der Staat helfend einspringt und durch Haftungsübernahme diese Liquidität auch zur Verfügung stellt.

Es geht also um jene Investitionen, die einen längeren Finanzierungszeitraum haben. Es geht um Infrastrukturprojekte, es geht um Bauprojekte, es geht um Industrien, die eben eine Zeitspanne und einen Zeithorizont haben, für den sie prinzipiell sich rech­nende Projekte zurzeit nicht finanzieren können, weil ihnen der Markt das Geld nicht zur Verfügung stellt. Daher haben wir es auch eingeschränkt auf Unternehmen, die mindestens 250 Mitarbeiter haben, wobei der Umsatz höher als 50 Millionen oder die Bilanzsumme höher als 43 Millionen sein muss.

Was vielleicht ganz wichtig in diesem Zusammenhang ist, ist die Frage, wie viele Arbeitsplätze dahinterstehen. Wir machen das Gesetz ja nicht aus Freude, um die Industrie an sich zu stützen, sondern weil wir die österreichische Wertschöpfung, das österreichische Know-how und auch die dahinterstehenden Arbeitsplätze sichern wollen. Das heißt, wir haben 300 000 Arbeitsplätze für Menschen, die direkt in diesem Bereich der Wirtschaft Beschäftigung finden. Man muss auch noch die Subunter­nehmer, die auch davon abhängen, dazurechnen. Wenn ein Bürohochhaus errichtet wird, so braucht es einerseits die Finanzierung, einen Investor, das Bauunternehmen,


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 36

das es baut, anderseits aber natürlich auch viele kleinere Unternehmen, die dort dann auch Beschäftigung finden. Somit sind, wenn wir das alles zusammenrechnen, fast 600 000 Arbeitsplätze in Österreich positiv betroffen.

Welchen Weg wählen wir, um diese Unterstützung zu geben? Sie erinnern sich viel­leicht daran, dass die Industriellenvereinigung vor allem eine direkte Industrie­anleihe wollte. Das wäre keine gute Variante gewesen, weil dies das Risiko direkt an den Staat überantwortet hätte, sondern wir haben nach intensiver Diskussion den indirekten Weg durch die Haftungsübernahme ähnlich oder fast gleich dem Exportförderungs­haftungs­rahmen gewählt. Das heißt, wir haben auch eine Struktur in Form der Oester­reichischen Kontrollbank, die ein Know-how hat in der Abwicklung, quasi im Export­bereich, und die jetzt zusätzlich auch mit der Umsetzung des Unternehmens­liquiditäts­stärkungsgesetzes betraut sein wird.

Natürlich geht es nur um gesunde Unternehmen. Es geht um Unternehmen, die vor der Wirtschafts- und Finanzkrise gesund und liquid, eben gut dagestanden sind. Sie haben dafür natürlich auch Haftungsentgelt zu bezahlen. Dies ist im Gesetz auch schon an den Standort Österreich und den Erhalt des Standortes Österreich und natürlich auch den Erhalt der Arbeitsplätze geknüpft.

Wenn ich sagen darf, weil Kollege Schennach hier quasi eine Karotte in den Raum gestellt hat, dass er gerne über die Richtlinie informiert wäre, denn dann würde er sogar überlegen, dass die grüne Fraktion ... (Bundesrat Schennach: Karotte? Bun­desrätin Kerschbaum: Das war mindestens ein Steak!) – Darf man im grünen Klub nicht mehr von Karotten sprechen? (Heiterkeit.)

Aber jetzt abgesehen von dieser Frage, darf ich es noch einmal quasi näher präzisie­ren. Es gibt noch keinen fertigen Entwurf für die Richtlinien, weil auch die Rechts­grundlage, nämlich das Gesetz, noch nicht gegeben ist. Es geht um Betriebsmittel­kredite, es geht um Investitionskredite, es geht um einen maximalen Haftungsrahmen von 300 Millionen. Es geht darum, dass die Kontrollbank der Ansprechpartner für Ein­reichung und Abwicklung ist und dass die Antragsteller natürlich auch ausreichende Nachweise erbringen müssen, das heißt Liquiditätspläne, Geschäftspläne, Tilgungs­pläne, in Wahrheit jene Informationen zur Verfügung stellen müssen, die sie einem Kreditberechnungsapparat auch sonst zur Verfügung stellen müssten, sodass auch der Staat und die Kontrollbank über die Bonität und die Zukunftsprognosen des Unter­nehmens absolut informiert sind.

Es geht auch darum, dass die Unternehmen natürlich vorher nachweisen müssen, dass sie alle Möglichkeiten der Eigen- und Fremdfinanzierung genützt haben. Es geht nicht darum, dass wir ihnen einen Easy Way öffnen wollen, sondern sie müssen vorher alle anderen Möglichkeiten ausschöpfen. Wenn diese nicht reichen, dann springt eben der Staat mit dieses Haftung ein. Dies ist ja auch zeitlich beschränkt mit Novem­ber 2010. Wenn der Bund eine Haftung übernimmt, will er natürlich auch ein maxi­males Auskunfts-, Buchprüfungs-, Betriebs- und Einsichtsrecht bekommen, um so auch im Sinne des Bundeshaushaltsgesetzes die Einsicht zu bekommen, die not­wendig ist, um eine vollständige Beurteilung vor, aber auch nach der Abwicklung abgeben zu können.

Natürlich haben wir auch vereinbart – sowohl im Gesetz als auch für die Richtlinien, in denen das noch zu konkretisieren ist –, dass Bonitätszahlungen an die Manager, an die leitenden Angestellten und an die – wie es im Wirtschaftsdeutsch so schön heißt – wesentlichen Erfüllungsgehilfen jedenfalls nicht unangemessen, sondern beschränkt sein sollen. Da gibt es noch eine Diskussionsspanne, in welcher Art und Weise, in welcher Form und in welcher Sache sie beschränkt werden sollen.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 37

Orientierungspunkt ist das Bankenpaket. Wir sehen im Unternehmensliquiditäts­stär­kungsgesetz auch eine absolute Schärfe vor, die natürlich in einem Verhältnis stehen muss. Im Rahmen des Bankenpakets geben wir mitunter Partizipationskapital. Das heißt, wir verborgen an eine Bank Eigenkapital. Im Rahmen des Unternehmensliqui­ditäts­stärkungsgesetzes übernehmen wir nur Haftungen für Finanzierungen für Unternehmen. Das heißt, wir stellen ja nicht Eigenkapital zur Verfügung, sondern wir übernehmen Haftungen für Kredite.

Trotzdem wollen wir in diesem Fall eine Angemessenheit der Entgelte, keine Aus­schüttung von Bonitäten und natürlich auch eine Beschränkung der Gewinnaus­schüttung der Unternehmen in dieser Zeit, wobei auch da das Bankenpaket als Orien­tierung dient. Um das auch klar zu sagen: Wenn wir uns am Bankenpaket orientieren, sind wir gegenüber den Unternehmen in Wirklichkeit automatisch schärfer als gegen­über den Banken, weil ja im Rahmen des Bankenpakets, wie gesagt, Eigenkapital gegeben wird, während im Rahmen des Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetzes ja nur Haftungen übernommen werden.

Es ist, glaube ich, auch noch wichtig zu erwähnen, dass wir Risikoklassen und Haf­tungs­quoten unterschiedlich festlegen – zwischen 30 und 70 Prozent, wobei Inves­titionskredite eher im oberen Bereich liegen und Betriebsmittelkredite natürlich eher im unteren Quotensegment zu finden sein werden. Dann geht es mitunter noch um Fragen wie die Laufzeit, die drei bis fünf Jahre beträgt.

Vielleicht noch ein kurzer Hinweis, weil immer die Frage aufgeworfen wird, warum das jetzt für mittlere und größere Unternehmen in unserem Land gemacht wird und nicht für die kleinen und mittleren Unternehmen.

Für die KMUs hat die österreichische Bundesregierung im Konjunkturpaket I und im Konjunkturpaket II eine Fülle von Maßnahmen vorgesehen und auch schon umgesetzt.

Ich nenne nur – es ist ja auch schon in den Diskussionsbeiträgen erwähnt worden – die Ausweitung der gesamten ERP-Mittel und so weiter. Es gibt ja auch eine schöne Zusammenfassung, wenn man sich das im Rahmen der aws anschaut, und es hat ja auch der Wirtschaftsminister die aws-Förderungen – zur selben Zeit, als wir das ULSG vorgestellt haben – genau so ausgeweitet, dass da keine Lücke entsteht, sondern dass quasi vom unteren bis zum oberen Bereich eine Fülle von Förderungsmöglichkeiten zur Verfügung steht.

Bezüglich einer Banklizenz für die aws bitte ich darum, ein bisschen Vorsichtigkeit walten zu lassen. Es kann durchaus sinnvoll sein, dass die „austria wirtschaftsservice“ eine Banklizenz erhält, nur kann sie sie nur dann erhalten, wenn sie die gleichen Nachweise erbringt, die jeder andere Inhaber einer Banklizenz auch erbringen muss, weil die strenge Kontrolle natürlich Voraussetzung für die Vergabe der Lizenz ist, weshalb es daher gilt, vorher alles nachzuweisen. Da gibt es noch einige Diskus­sionsprozesse und da sind auch noch einige Punkte mit der aws zu klären. Wir dürfen uns also nicht mit einer falschen Hast zusätzliches Risiko einhandeln, sondern müssen das ebenso sauber wie sonst auch immer überlegen.

Zu Basel II noch eine Anmerkung, weil das auch in der Diskussion kam: Natürlich hat Basel II eine richtige Ausgangsidee, nämlich quasi bei erhöhtem Risiko auch eine erhöhte Eigenkapitalquote vorzusehen. Das ist, glaube ich, prinzipiell ein richtiger Gedanke. Man muss nur überlegen, ob nicht Basel II, wie wir jetzt sehen, stark prozyklisch wirkt, das heißt, ob nicht gerade jetzt, in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten, erst recht überhöhte Eigenkapitalquoten verlangt sind.

Das heißt, es geht nicht darum, Basel II außer Kraft zu setzen, sondern darum, zu überlegen, wie wir es schaffen, Basel II so zu verändern, dass es die Prozyklizität


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 38

abändert. Das heißt, dass in Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs auch ein Polster aufgebaut wird, der dann in Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs auch wieder abgebaut werden kann.

So gesehen, sehr geehrte Damen und Herren, freut es mich, dass das Unter­nehmens­liquiditätsstärkungsgesetz, wie ich der Mehrheit der Redebeiträge entnehmen konnte, in seiner Grundnotwendigkeit hier im Saal breit anerkannt wurde, dass es zweitens auch in seiner Ausformung im Prinzip anerkannt wurde und dass zwar nicht alle die Zustimmung geben werden, aber dass quasi eine breite Mehrheit des Hauses dem Gesetz letztlich ihre Zustimmung geben wird, was notwendig ist. Diese 10 Milliarden € an Haftungsrahmen, die wir für die österreichische Wirtschaft zur Verfügung stellen, dienen nämlich, wie gesagt, dem Wirtschaftsstandort Österreich und sichern auch 300 000 Arbeitsplätze im engeren Sinne und 600 000 Arbeitsplätze im weiteren Sinne.

Ein solches Gesetz ist also nicht nur europaweit das erste in dieser Art und Weise – wir sind hier Vorreiter! –, sondern es ist auch wichtig für den Sozial- und Wirtschafts­standort Österreich. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.25


Präsident Erwin Preiner: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bun­desrat Kneifel zu Wort gemeldet. – Bitte. (Bundesrat Mag. Himmer: Jetzt kommt der Wirtschaftskammer-Wahlkampf!)

 


10.25.24

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Meine sehr geschätzten Kolle­ginnen und Kollegen! Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Man wäre jetzt natürlich verleitet zu sagen, die Rede vom Herrn Kollegen Ertl hat vor so vielen Stumpfsin­nigkeiten gestrotzt (Uh-Rufe bei der SPÖ Bundesrat Schennach: Das ist ein Ord­nungsruf! Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth), dass man eigentlich zur Tages­ordnung übergehen müsste.

Er hat aber wichtige Sachen falsch dargestellt. Er hat gesagt, die kleinen Unternehmer, die Ein-Mann-Betriebe – die EPUs – müssen so viel an Beiträgen an die Kammer leisten, dass das nicht mehr tragbar ist.

Ich habe jetzt die Beiträge, die Grundumlagen verschiedener Fachgruppen ausfindig machen lassen. Ich möchte dir das nur ganz kurz in Erinnerung rufen, weil du auf meine Frage nicht geantwortet hast. – In aller Kürze:

Die Handelsagenten zahlen an jährlichem Beitrag an die Wirtschaftskammer 75 €, der Markthandel zahlt 95 €, die Versicherungsagenten zahlen im Jahr 110 €, der Ener­giehandel – ein sehr hoher Beitrag – zahlt an Grundumlage 180 €. Man bekommt um 75 € ein volles Rechtsservice vom WIFI und von anderen Institutionen. (Beifall bei der ÖVP. Bundesrat Schennach: Tatsächliche Berichtigung!) Man bekommt jede Woche die Zeitung mit allen Informationen – allein das Porto macht mehr aus als diese 75 €! (Bundesrat Ertl: ... Gewerbescheine!)

Ich wollte nur sagen, dass man die Kirche im Dorf lassen soll anstatt zu behaupten, dass die kleinen Unternehmen von der Kammer ausgebeutet werden. Das ist Stumpf­sinn. (Bundesrat Schennach: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!) Die Grund­umlagen sind öffentlich und jederzeit einsehbar. In diesem Haus, in dem lauter Menschen mit Hausverstand und Persönlichkeiten, die sich informieren, bevor sie den Mund aufmachen, vertreten sind, ist das eigentlich eine Unzumutbarkeit, was Sie an den Tag gelegt haben. (Beifall bei der ÖVP. Neuerlicher Zwischenruf des Bundes­rates Ertl.)

10.27



BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 39

Präsident Erwin Preiner: Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich ersuche darum, während einer tatsächlichen Berichtigung inhaltlich auch wirklich bei der tatsächlichen Berichtigung zu verbleiben. (Bundesrat Schennach: Und kein Ordnungsruf?!)

Eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung, Frau Kollegin Mühlwerth? (Bundesrätin Mühlwerth: Das war keine tatsächliche Berichtigung! Ich möchte es nur festhalten! Vielen Dank! Zwischenruf des Bundesrates Schennach. Bundesrätin Mühlwerth: Ja, aber der Präsident! Ich wollte darauf hinweisen, dass das keine tatsächliche Berichtigung war und ich einen entsprechenden Ordnungsruf schon währenddessen erwartet hätte! Rufe bei der SPÖ: Wir hören nichts!)

Herr Bundesrat Kneifel, ich habe während Ihres letzten Redebeitrages das Wort „Stumpfsinn“ vernommen. Nehmen Sie diesen Ausdruck mit Bedauern zurück? (Bun­desrat Kneifel: Nehme ich mit Bedauern zurück!) – Somit erspare ich mir den Ord­nungsruf diesbezüglich.

Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


10.29.18

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Da wir ja dem Herrn Staatssekretär ein ernsthaftes Angebot gemacht haben, ist es klar, lieber Herr Kollege Konecny, dass man auch darauf antworten muss. Deshalb ist: Was macht der Schennach jetzt schon wieder draußen?, die Antwort auf den Redebeitrag des Herrn Staatssekretär.

Im Übrigen Gratulation der burgenländischen Diplomatie für die Art und Weise, mit der Geschäftsordnung umzugehen, wobei zweimal „Stumpfsinn“ schon ein bisschen wie­derholungstäterhaft war, aber gut.

Herr Staatssekretär Schieder, Sie machen es mir jetzt nicht leicht! Ich habe Ihre Antwort, wie die künftigen Richtlinien aussehen sollen, in zehn Punkten notiert. Ich kann hier nur noch einmal an das Finanzministerium appellieren, künftig die Zeit zwischen der Sitzung des Nationalrates und jener des Bundesrates dafür zu nützen, genau solchen Fragestellungen der Länderkammer durch Vorlage von Unterlagen in schriftlicher Form auch entsprechend entgegenzukommen.

Ich halte fest, dass das, was Sie, Herr Staatssekretär Schieder, heute gesagt haben, es mir nicht so leicht macht, den Misstrauensvorbehalt gegenüber Ihnen weiter auf­rechtzuerhalten. Wir geben Ihnen einen Vertrauensvorschuss und werden heute diesen 10 Milliarden € noch einmal zustimmen. Wir ersuchen Sie aber wirklich dring­lich, künftig bei solchen Richtlinien zu bedenken, dass die Zeit bis zur Sitzung der Länderkammer genützt wird. Wir haben das, was Sie zu den Bonitätszahlungen, zur Beschränkung der Gewinnauszahlungen, zu den Tilgungsplänen, zu den Einsicht­nahmen und so weiter gesagt haben, notiert, und es ist hier auch festgehalten.

Wir werden uns dann auch die endgültige Verordnung anschauen und hoffen, dass danach kein parlamentarisches Mittel notwendig sein wird. In diesem Sinne, Herr Staatssekretär, haben Sie Ihre Arbeit gut gemacht, und Sie werden jetzt noch einmal unsere Zustimmung erhalten. (Beifall des Bundesrates Dönmez sowie bei SPÖ und ÖVP.)

10.31


Präsident Erwin Preiner: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Zangerl zu Wort. – Bitte.

 


10.31.46

Bundesrat Stefan Zangerl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Tirol): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 40

Mitterer, zu deinen Aussagen werde ich mir erlauben, noch einige Gedanken aus der Sicht eines FCGlers einzuflechten, weil ich das nicht alles umkommentiert hier im Raum stehen lassen möchte.

Ich möchte dazu schon sagen: Es nicht allein die Wirtschaft, die in diesem Staat den Karren zieht, denn man muss auch immer überlegen, wer denn die Wirtschaft mit absichert, wer die Gesellschaft trägt und wer auch auf das Land schaut. – Das sind nicht die Kurse an den Börsen, auch nicht die Abermillionen Stiftungsgelder und schon gar nicht die ausgelagerten Industriebetriebe, sondern es sind auch die Arbeit­neh­merinnen und Arbeitnehmer, die dafür sorgen, dass die Wirtschaft und die Gesellschaft funktionieren! (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der ÖVP sowie des Bundesrates Mitterer.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, mit dem Verdienst dieser Menschen werden Tag für Tag Millionen Euro investiert. Sie ziehen die Kinder groß, bezahlen die Aus­bildung, leisten Milliarden Euro an Steuergeldern, sparen, wenn es hoch kommt, auf eigene vier Wände oder schauen, dass wieder ein bisschen etwas auf das Konto bei den heimischen Banken kommt.

Es sind auch die Beschäftigten, die den Wohlstand des Landes erwirtschaften, weil sie fast ausschließlich im eigenen Land investieren. Sie stehen täglich am Arbeitsplatz oder arbeiten zu Hause und auch im Rahmen einer ehrenamtlichen Tätigkeit. Auf einen Nenner gebracht: Arbeitnehmer, geschätzter Kollege, kurbeln die heimische Wirtschaft auch an. Auf diese Leistungen heißt es stolz zu sein – mit hoch erhobenem Haupt.

Auch wir, die Arbeitnehmer, sind ein Wirtschaftsfaktor; das möchte ich hier in diese Diskussion einbringen. Ich danke für die geschätzte Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten der SPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)

10.34


Präsident Erwin Preiner: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

10.34.405. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden (680/A und 286 d.B. sowie 8144/BR d.B.)

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bewertungsgesetz 1955 geändert wird – Bewertungsgesetznovelle 2009 (682/A und 287 d.B. sowie 8145/BR d.B.)

 



BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 41

Präsident Erwin Preiner: Nun gelangen wir zu den Punkten 5 und 6 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 5 und 6 ist Herr Bundesrat Sodl. Ich ersuche um die Berichte.

 


10.35.03

Berichterstatter Wolfgang Sodl: Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kolle­gen! Der Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. (Vizepräsidentin Mag. Neuwirth übernimmt den Vorsitz.)

Weiters komme ich zum Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bewer­tungsgesetz 1955 geändert wird – Bewertungsgesetznovelle 2009. Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste gelangt Frau Bundesrätin Kerschbaum zu Wort. – Bitte.

 


10.36.16

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Grüne, Niederösterreich. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staats­sekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Dem Bewertungsgesetz werden wir selbstverständlich zustimmen – keine Frage. Es ist eine vernünftige Regelung.

In die Zwickmühle bringen Sie uns aber mit der Entscheidung, eine gemeinsame Abstim­mung zu den Themen Einkommensteuergesetz und Gebührengesetz durch­zuführen, weil das nämlich zwei komplett verschiedene Paar Schuhe sind. Wir würden sehr gerne der Änderung des Einkommensteuergesetzes zustimmen. Da geht es darum, dass man die Betreuungskosten für Kinder mit Behinderungen über einen längeren Zeitraum von der Einkommensteuer absetzen kann, nämlich bis zum 16. Le­bensjahr, wobei ich den Grund für die Grenze beim 16. Lebensjahr auch nicht ganz verstehe, aber prinzipiell ist das eine gute Sache. (Vizepräsident Mag. Himmer über­nimmt den Vorsitz.)

Das Gebührengesetz hingegen haben wir schon einmal abgelehnt. Da geht es wieder um die Kinderpässe. Diese kosten zwar nur 30 €, und man kann schon sagen, jeder kann sich 30 € für einen Pass leisten. Uns geht es bei dieser Sache aber schon auch ein bisschen ums Prinzip. Denn letztendlich ist es so, dass wir, wenn wir eine familienfreundliche Gesellschaft sein wollen, die Kosten der Familien für Kinder möglichst gering halten sollten – überhaupt dort, wo es einfach geht, und gerade beim Pass wäre es möglich. Da ist es nicht notwendig, dass man 30 € verlangt, und es ist nicht notwendig, dass Familien – wenn auch mit Kleinigkeiten, aber doch – belastet werden. Deshalb wollen wir diesem Teil nicht zustimmen.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 42

Jetzt haben wir den Salat, denn jetzt haben wir einmal Pro und einmal Kontra! Wenn Sie uns das getrennt vorgelegt hätten, hätten wir gerne einmal zugestimmt. So, wie es jetzt ausschaut, müssen wir das jedoch leider alles ablehnen. (Bundesrat Reisen­berger demonstrativ Beifall spendend : Für den ersten Punkt!)

10.38


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


10.38.12

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Wer­te Kolleginnen und Kollegen! Na ja, Frau Kollegin Kerschbaum: entweder zustim­men oder ablehnen! (Bundesrätin Kerschbaum: Na, was soll ich machen?! Macht keine Sammelgesetze, wie es der Bundesrat schon so oft vorgeschlagen hat!) Jedes Ding hat zwei Seiten.

Es geht immerhin auch um die Betreuung und Pflege von behinderten Kindern, und da kann man nur zustimmen. Ich werde Ihnen jetzt ein paar Punkte aufzählen, wie wichtig die gesamte Gesetzesmaterie ist, weil es eben um die Betreuung von behinderten Kindern geht. (Bundesrätin Kerschbaum: Da hätte ich auch gerne zugestimmt, aber es ist ein anderes Gesetz! Warum kann man es nicht trennen?) Nein, es geht auch darum, dass wir natürlich Vorteile für Kinder insgesamt schaffen, nicht nur für behin­derte Kinder. (Bundesrätin Kerschbaum: Den „Vorteil“, dass man 30 € ...!) Da kann man natürlich reinen Herzens und guten Gewissens zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

Ich sage Ihnen das auch bewusst als Obmann einer Behindertenorganisation in Vorarlberg, der Lebenshilfe Feldkirch, wo wir auch immer wieder mit Problemen der Finanzierung, des Finanzierungsbedarfes für behinderte Kinder, für die Unterbringung von behinderten Kindern zu tun haben. Ich denke, das ist wieder ein wichtiger Impuls, denn mit der Änderung dieses Einkommensteuergesetzes legen wir fest, dass die Aufwendungen für die Betreuung zusätzlich zum Freibetrag nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen von 262 € monatlich steuerlich abzugsfähig sind, bis das Kind das 16. Lebensjahr vollendet hat. Damit setzen wir neben der Steuer­reform 2009 einen weiteren Punkt und schaffen weitere Voraussetzungen für Familien mit behinderten Kindern.

Ich muss hier einfach erwähnen, Pflege und Betreuung auch von behinderten Men­schen gehören angesichts der demographischen Entwicklung zu den großen Heraus­forderungen unserer Zeit. Das betrifft den Einzelnen genauso wie Familien; das Gemeinwesen, die Politik ist hier gefordert, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen.

Pflege und Betreuung von behinderten Kindern stellen deren Eltern auch vor enorme physische und psychische Belastungen. Dazu kommt noch der finanzielle Aspekt, weil erhöhte Aufwendungen erforderlich sind. Jeder zusätzliche Euro in diesem Bereich ist gut angelegt und sinnvoll eingesetzt, sehr verehrte Damen und Herren.

Ein weiterer Punkt in dieser Gesetzesänderung ist der im Rahmen der EU-Verordnung für Reisedokumente vorgesehene Datenträger. Weil Kinder nicht weiter in die Pässe der Eltern eingetragen werden dürfen, ist nun für Kinderreisepässe dieser Chip erfor­derlich. Dazu kann im Rahmen der Gesetzesänderung positiv vermerkt werden, dass die Kosten für die Ausstellung eines derartigen Dokuments für Kinder bis zum zwölften Lebensjahr nach wie vor günstiger sind und der niedrige Gebührensatz von 30 € zur


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 43

Anwendung kommt. Ebenso gibt es für Personalausweise die niedrige Gebühr von 26,30 €.

Diese Bundesregierung setzt mit diesen Vorlagen ihre Offensive für die Familien im Rahmen der Steuerreform mit dem Familienpaket, den Kinderfreibeträgen und Kinder­zuschlägen konsequent fort – auch für Familien mit behinderten Kindern.

Deshalb werden wir von der ÖVP diesen Vorlagen gerne unsere Zustimmung er­teilen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.41


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kraml. – Bitte.

 


10.41.44

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister Hahn! Sehr geehrter Herr Staatssekretär Schieder! Meine Damen und Herren! Ich kann es jetzt sehr kurz machen, Kollege Mayer hat ja alles angeführt. Diese Gesetzesänderungen sind wirklich in Ordnung.

Das gilt für das Kinderbetreuungsgeld, das jetzt abgesetzt werden kann. Behinderte Kinder zu betreuen ist wirklich eine ausgesprochene Belastung für die Familien. Das sehe ich auch so.

Dass beim Passgesetz die Gebühr in Höhe von 30 € angewendet wird, das ist auch okay.

Betreffend Bewertungsgesetznovelle geht es darum, dass man im Grundbuch alles zusammenführt, und zwar elektronisch zusammenführt, damit der eine weiß, was der andere tut und man das Verwaltungsvereinfachung nennen kann.

Daher werden wir von der SPÖ all diesen Gesetzen unsere Zustimmung geben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Zangerl.)

10.42

10.42.20

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend eine Bewertungsgesetznovelle 2009.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 44

10.43.51 7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002) geändert und einige universitätsrechtliche Vorschriften aufgehoben werden (Universitätsrechts-Änderungsgesetz 2009) (225 d.B. und 308 d.B. sowie 8138/BR d.B. und 8159/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tages­ord­nung.

Ich begrüße sehr herzlich Herrn Bundesminister Hahn in unserer Mitte.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mag. Eibinger. – Ich bitte um den Bericht.

 


10.44.12

Berichterstatterin MMag. Barbara Eibinger: Der Bericht des Ausschusses für Wis­senschaft und Forschung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002) geändert und einige univer­sitätsrechtliche Vorschriften aufgehoben werden (Universitätsrechts-Änderungsgesetz 2009), liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


10.44.57

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Immer wieder kommt in der Argumentation und in der Rhetorik von Herrn Bundesminister Hahn, der zugegebener­maßen das ganze Verhandlungsklima und die Gesprächsfähigkeit deutlich verbessert hat, was die universitäre Debatte und auch die Bildungsdebatte betrifft – das ist ein wirklich wohltuender Wechsel im Vergleich zur früheren Amtsträgerin –, irgendwie die Aussage, wir brauchen freie, autonome, bunte Universitäten.

Vor denen hat man allerdings Angst! Kaum geht es um diese Autonomie, kommt diese Angst auf. Und dazu kommt, dass die Universitäten gezwungen werden, einen Mangel zu verwalten. Das heißt, man schiebt den Schwarzen Peter, man schiebt das Unangenehme den Universitäten zu und sagt, ihr müsst euch damit zurechtfinden. Man setzt hier eigentlich nicht jene Maßnahmen, hinsichtlich deren ich jetzt sage: Herr Minister, ein bisschen mehr Mut! Sie sind jung. Sie kommen aus der Großstadt Wien. Ein bisschen mehr Mut wäre doch eigentlich an der Tagesordnung.

Kollege Schnider schaut jetzt irgendwie kritisch und böse. Gerade Kollege Schnider ist hier das leuchtende Beispiel eines mutigen Bildungspolitikers aus den Reihen der ÖVP. (Bundesrat Dr. Schnider: Warte! – Heiterkeit.) Das wäre doch ein Vorbild für unseren Herrn Minister Hahn, sich nämlich einfach an einem so mutigen, jungen steirischen Bildungspolitiker zu orientieren. (Bundesrat Schimböck: Bravo!) Ich selber bekenne mich durchaus dazu, dass ich vieles von dem, was Kollege Schnider sagt, höre und auch in die eigene Handlungsweise umsetze, denn das, was er sagt, ist gescheit. – Jetzt wird er mir allerdings wahrscheinlich fraktionsmäßig ein bisschen Kontra geben. Darauf bin ich ja eh schon gespannt.

Herr Bundesminister, kommen wir zuerst zur Debatte zurück! Bezüglich dieser Novelle vermissen wir etwas – ich denke, auch Kollege Schnider wird etwas vermissen –: Wo


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 45

ist das zugrundeliegende bildungspolitische und forschungspolitische Ziel? Wo ist das? Wo ist das Konzept?

Ich erinnere mich noch an die Schlussstunden des Jahres 2002 – ich lasse das jetzt einmal so kryptisch stehen –, als Bemühungen der Veränderung genau an jenem Punkt gescheitert sind, nämlich genau an diesem antiquierten und streng hierarchi­schen Kuriensystem. Das ist eine weitere Stärkung des Senats.

Gerade Sie, Herr Minister Hahn, treten immer wieder an – auch Kollege Schnider tritt immer wieder an – und sagen, wir brauchen teamorientierte Formen der Ausbildung, wir brauchen die Stärkung der Demokratie, wir dürfen das Wissen der Wissenschafter im Hause – diese sind ja nicht nur Mittel zum Zweck – nicht so brachliegen lassen und müssen eine moderne Universität, eine partizipative Universität ermöglichen.

Gleichzeitig bedeutet der Umstand, dass man den Universitäten eine Mangel­ver­waltung überträgt, Einschränkungen. Das heißt, genau die Universitäten müssen jetzt aufgrund des budgetären Mangels die Notbremse ziehen. Einerseits fordern Sie von den Universitäten zu erbringende Leistungen, andererseits ist aber die Budgetierung dafür nicht ausreichend, also müssen diese die Notbremse ziehen – die Notbremse wie zum Beispiel Studienplatzbeschränkungen oder Angebotsbeschränkungen. Das ist doch irgendwo genau nicht das, was wir wollen.

Herr Kollege Schnider, wir beide kämpfen doch immer wieder für ein Konzept, um auch sozial schwächeren Gruppierungen den Zugang zur Universität zu ermöglichen, damit es hier zu weniger Sozialdiskreditierungen kommt. Ich sehe diesbezüglich bis heute keine Umsetzungen.

Das Nächste ist die Situation der Frauen an den Universitäten. Noch einmal: Die Mehrheit, die maturiert, sind Frauen; die Mehrheit, die eine akademische Ausbildung in Österreich abschließt, sind Frauen. Wo sind denn die Frauen tatsächlich in der Leitungsstruktur der Universitäten vertreten? Wo sind sie? Wo sind die Professorinnen, Dekaninnen, Rektorinnen in Österreich? – Letztlich ist der Universitätsbetrieb mehr­heitlich, von den Studierenden her, weiblich, aber er folgt dieser Situation bis heute – und wir schreiben das Jahr 2009 – nicht. Die einzige Rektorin wurde schrecklich aus ihrem Amt gemobbt.

Interessant ist natürlich – du, Kollege (in Richtung von Bundesrat Dr. Schnider), kannst es bestätigen –, dass ich zu einem Zeitpunkt, als andere noch in die Suppe gespuckt haben, hier heraußen gesagt habe, das Konzept der Fachhochschulen ist ein intelli­gentes Konzept, ist ein zukunftsorientiertes Konzept, ist ein regionales und ein aus­bildungserweiterndes Konzept, das auch unsere darniederliegende AkademikerInnen­quote stark verbessert hat.

Aber wir müssen schon aufpassen: Einerseits haben wir die Fachhochschulen, das Bakkalaureatsstudium und andererseits haben wir die Universitäten. Und ein bisschen neigen wir dazu – ich weiß nicht, wie Sie das sehen, Herr Minister –, das jetzt zu verwischen. Da fragt man sich: Warum machen wir getrennte Körperschaften? – Mit der Fachhochschule wollten wir – und ich bekenne mich wirklich vollinhaltlich dazu – niederschwellige Zugänge zu einer höherwertigen Ausbildung schaffen. Aber eine Universität ist eben noch immer eine Universität. Da brauchen wir doch einen kleinen, aber nicht unwesentlichen Unterschied. Ich stelle fest, dass wir gerade in diesem tertiären Bildungssektor zu Verwischungen neigen.

Wir kennen das aus der Praxis. Es ist zwar verboten, sozialrechtliche Kettenverträge zu haben, aber gerade im universitären Bereich ist das eigentlich der Fall. Ich nehme an, du (in Richtung von Bundesrat Dr. Schnider) bist ein Kettenvertragsnehmer; ich


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 46

kenne diese Kettenverträge auch. Sie, Herr Minister, sind jetzt zwar die Problematik der Kettenverträge in diesem Gesetz angegangen, aber das beseitigt sie nicht.

Deshalb, noch einmal, sehr geehrter Herr Bundesminister: Helfen Sie erstens mit, dass wir die sozialen Zugänge zur Universität verbessern! Helfen Sie mit, dass die Rolle der Frauen in der Verwaltung, in der Leitung wie auch in der Lehre an den Universitäten dramatisch – und das ist das einzige Wort, das hier gilt – verbessert wird! Helfen Sie mit, dass die Autonomie der Universitäten nicht nur die Pflicht zur Mangelverwaltung ist, sondern es hier eines Stücks mehr bedarf!

Wir brauchen ein Konzept, in dem wir zu einer modernen, partizipativen, weltoffenen, teamarbeitsfähigen Universität kommen. Das schafft dieses Gesetz derzeit noch nicht, aber Sie selbst, Herr Bundesminister, sind hier in all Ihren Redebeiträgen immer am letzten Stand der Debatte. Jetzt geht es eigentlich nur mehr darum, zwischen diesem Stand der Debatte und der Umsetzung die Lücke zu schließen. Das kann nur in einer Novelle des heute zu beschließenden Gesetzes, dem wir Grüne nicht unsere Zustim­mung geben werden, liegen. – Danke schön. (Beifall der Bundesräte Kerschbaum und Mag. Ebner.)

10.54


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Schnider. – Bitte.

 


10.54.32

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Ja, lieber Kollege Stefan Schennach, du hast recht. Ich werde dir heute nicht zustimmen, weil ich denke, dass wir mit dieser Novelle auf einem ganz richtigen Weg sind, den wir 2002 eingeschlagen haben.

Aber bevor ich dazu kurz etwas sage – ich möchte ja hier nicht den Ideen und Stel­lungnahmen des Herrn Ministers vorgreifen –, möchte ich, wenn hier schon die Diskussion geführt wird, fragen: Wo siehst du die Zielsetzung dieses Ministers und seines Ministeriums? – Da sehe ich etwas immer klarer und immer klarer werdend, wovon ich glaube, dass gerade dieser Minister mit seinem Ministerium dazu fähig ist, dies zu tun. Denken wir an manche Dinge, die wir in den letzten Monaten auch im Rahmen, was Schule und so weiter betrifft, hier geregelt haben!

Ich glaube, dass wir in Österreich einen gut abgestimmten Hochschulplan brauchen. Ich glaube, dass wir in Österreich ein tertiäres Konzept brauchen. Ich glaube, dass wir Schritte setzen müssen, dass die tertiären Institutionen – und da gehören für mich auch jene der Erwachsenenbildung dazu – aufeinander abgestimmt, wie in einem guten Puzzle, zusammenarbeiten können. Aber dafür ist es notwendig, dass die unter­schiedlichen Institutionen auch ein Stück in ihren Gesetzlichkeiten zusammenpassen. Damit komme ich jetzt unmittelbar zum Thema. Ich kann heute leider nicht so weit ausholen, weil ich mich auch an meine paar Minuten Redezeit halten muss. Deshalb verzeihen Sie, dass ich das jetzt nicht alles so grundlegend und grundlagenmäßig aufarbeiten kann, aber doch in einigen Stichworten.

Punkt eins. Das Universitätsgesetz 2002 hat im Grunde ein paar wirkliche gesetzliche Unschärfen. Die sehe ich in der Abstimmung, was Senat, Universitätsrat, Rektorat sowie Rektorin und Rektor betrifft. Ich glaube, dass diese Novelle eine kluge Fort­schreibung ist, denn schauen wir uns das bitte an: Welchen Sinn hat das? – Die einen machen die Rektorenausschreibung, die anderen machen den Dreiervorschlag. Es ist doch sinnvoll, dass der Universitätsrat in Zukunft die Ausschreibungserfordernisse


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 47

festsetzt, die Ausschreibung macht, dem Senat den Dreiervorschlag vorlegt, und der Senat wählt dann quasi.

Wo ist jetzt bitte das große Problem? – Das ist noch dazu das, was die Universitäts­professorinnen und -professoren immer wollten. Sie haben ihre 50 Prozent. Sie haben sogar dort ihre 50 Prozent, wo der Senat um mehr Mitglieder ausgeweitet wird – und der Betriebsrat ist auch mit dabei. Da wurden schon einige Punkte gesetzt, nämlich Schärfung, sowohl, was den Universitätsrat betrifft, als auch, was die Aufgabenstellung des Senats betrifft.

Noch ein Punkt – das halte ich für ganz wichtig! – aus der Novelle: Der Rektor und das Rektorat müssen nicht einfach alle Curricula, die vom Senat beschlossen werden, übernehmen, sondern, wenn sie gewissen internationalen Standards und Abkommen auf anderer Ebene nicht entsprechen, kann sie der Rektor quasi zurückweisen. Das sind jetzt nur ein paar Punkte, von denen ich glaube, dass sie eine kluge, sinnvolle Fortschreibung sind.

Ein weiterer Punkt sind – weil er immer diskutiert worden ist, gerade auch vonseiten der Fraktion der Grünen – Leistungsvereinbarungen. Also bitte, ich halte es für ein wichtiges Instrumentarium, dass es Leistungsvereinbarungen gibt, nämlich zwischen denen, die etwas tun, die etwas zu tun haben, und denen, die dafür Geld hergeben. Das halte ich für wichtig.

Ich halte es auch für sinnvoll – ich hätte mir als Minister ein paar Prozente mehr behalten, aber gut, man ist zum Schluss von 5 auf 2 Prozent gegangen –, dass man dort ein Gestaltungselement hat. Nur: Ich könnte jetzt diese Punkte noch weiter fort­setzen, was Rechtsaufsicht, was Gesellschaften und Stiftungen betrifft. Das halte ich für ganz klug, denn wenn die Universität 50 Prozent an Gesellschaften und Stiftun­gen – großes Thema zurzeit – hält, hat es wohl einen Sinn, dass der Rechnungshof prüfen kann und nicht, dass es dann so wird wie bei manchen Flughäfen, dass so großartig manche Kommentare abgegeben werden: Nein, wir lassen uns nicht gern prüfen. – Das halte ich für eine große Möglichkeit in Richtung Transparenz.

Aber wenn wir schon von einem gemeinsamen Hochschulplan reden, dann – das ist jetzt nicht meine Aufgabe, sondern eher die Aufgabe der Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher – muss man überlegen und fragen, weil ja gerade das Fach Medizin und das Medizinstudium wichtige Kriterien sind: Wie sieht es mit den Universitäten aus? Haben wir genug Medizinische Fakultäten in Österreich oder nicht? Ist das Ansinnen von so manchen aus Linz richtig oder nicht richtig?

Ich glaube, wir müssen da gut überlegen, was wir mit den Medizinfakultäten machen. Wie sichern wir hier – da ist auch eine gute Fortschreibung passiert – in Zukunft medizinisches Personal für die Österreicherinnen und Österreicher? (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Stadler.)

Dann noch ein kleiner Punkt: Findungskommission. Das ist auch neu dazuge­kom­men. – Ja großartig! Was ist denn dagegen zu sagen? Der Vorsitzende des Senats, der Vorsitzende des Universitätsrats ist praktisch diese Findungskommission, macht sich schlau, wo es ein paar gute Leute gibt. Wir wissen doch: Wie oft bewerben sich manche nicht, weil sie sagen, den politischen „Wiglwogl“ tue ich mir nicht an und zerstöre mir meinen Ruf?

Da halte ich es für sinnvoll, dass man direkt ein paar Leute anspricht und sagt: Bewerben Sie sich! Versuchen Sie es! – Ich glaube, wenn die zwei Vorsitzenden der zwei wichtigen Gremien aktiv werden, dann kann zumindest dem Hineinkommen in diesen Dreiervorschlag nicht mehr so viel im Wege stehen; und dass sich eine Altrektorin, ein Altrektor – wenn ich so sagen darf – auch wieder bewerben und sie


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 48

natürlich, wenn sie es gut gemacht haben, ein gewisses Vorrecht haben, auch in den Vorschlag zu kommen, halte ich ebenfalls für wichtig.

Aber ich sehe eine ganz andere Problematik, und über die werden wir uns in Zukunft unterhalten müssen. Ich hoffe, dass Kollege Grünewald und dass ihr alle da auch mitmacht – und ich bin überzeugt, ihr macht dabei mit –, denn hier in Österreich ist Hochschule nicht gleich Hochschule. Ich bin wirklich etwas erstaunt, und da werden wir etwas tun müssen. Ich glaube, dass wir mit Minister Hahn einen wunderbaren Mann an der Spitze haben, der in diesem Bereich einiges vorhat.

Schauen wir uns die von uns miteingerichteten Pädagogischen Hochschulen an! Ich glaube, dass Herr Kollege Grünewald aus dem Nationalrat teilweise die zwei Geset­zestexte verwechselt hat; wenn er von der Abhängigkeit von der Politik und vom Ministerium spricht, dann soll er sich an den Pädagogischen Hochschulen anschauen, wie der Hochschulrat dort ausschaut: drei Besetzungen vom Ministerium, dann – nichts gegen Präsidenten aus den Landesschulräten, lieber Wolfgang Erlitz – Pflichtmitglied­schaft des Präsidenten des Landesschulrats, ein Mitglied ist von der Landesregierung zu benennen – das ist ja ein Wahnsinn, bitte, das ist Politproporz der Sonderklasse, wenn ich das so sagen darf. Dieser Hochschulrat hat keinen Senat neben sich, kein kollegiales Gremium, nichts.

Und jetzt kommt der Höhepunkt, das muss ich auch dazusagen. Lesen Sie sich die Grundleitlinien durch, sowohl im Universitätsgesetz als auch dessen, was wir hier jetzt mitbeschließen! Erster Punkt, ganz klar – ich werde ein bisschen leiser, aber bitte, ich bin als Universitätsangehöriger immer alteriert über so etwas und letztlich einer, der genug Vorlesungen an Pädagogischen Hochschulen, sowohl des Bundes als auch der Kirche, gehalten hat; ich bin erstaunt, wenn man sich das genauer durchliest –, der erste Grundleitsatz im Universitätsgesetz lautet: Freiheit der Wissenschaft und der Lehre und der Forschung. – Ja, Gott sei Dank! Wenn Sie das in der Pädagogischen Hochschulgesetzgebung suchen, finden Sie das vorne gar nicht. Sie finden es nur in § 73, in dem es um das Personal geht und in dem es heißt, dass niemand gezwungen werden kann, an einem Forschungsprojekt verpflichtend mitzutun. Das ist alles, was Sie zur Forschungsfreiheit bei den Pädagogischen Hochschulen finden. Das ist ein Wahnsinn! (Bundesrat Schennach: Da kann ich Ihnen andere Beispiele auch sagen!) – Mehr kann ich leider nicht ausführen.

Ich komme zum Schluss und möchte noch etwas zum Hochschulplan sagen. Wenn wir in Zukunft einen Hochschulplan für Österreich haben wollen, dann wird es wichtig sein, dass man die zwei unterschiedlichen Hochschultypen in ihrer Grundgesetzgebung ein Stück angleicht. (Bundesrätin Grimling schüttelt den Kopf.) Ich weiß nicht, warum Sie jetzt den Kopf schütteln, aber es ist so, der Hochschulrat ist so besetzt, das steht im Gesetz so drinnen. (Bundesrätin Grimling: Wer hat denn das Gesetz gemacht?) Bitte? (Bundesrätin Grimling: Wer hat denn das Gesetz gemacht?) Ich sage ja nur, dass ich verwundert bin, dass wir nicht eher darüber diskutieren, wenn man schon bei dem Universitätsgesetz in allen Medien und auch in Mails, die ich – wie Sie und ihr wahr­scheinlich auch – bekomme, aus allen Universitäten, immer von politischer Abhängig­keit liest. Ich sehe darin gar nichts. Wenn ich daran denke, wie das im Jahr 1993 ausgeschaut hat mit der Teilrechtsfähigkeit der Universitäten, dann sehe ich im Jahr 2002 wirklich einen Riesensprung, und jetzt ist das weiter novelliert worden. Aber bei den Pädagogischen Hochschulen, muss ich ehrlich sagen, gehen mir solche Gre­mien sehr wohl ab.

Ich glaube, wir hätten den Auftrag, dass wir hier zusammenwirkend schauen, dass diese Möglichkeiten, solche Hochschulen auch in diese Richtung zu entwickeln, ge­nutzt werden. Ich glaube, wir hätten größte Chancen. Dafür möchte ich einen Appell an alle und vor allem an unsere Länderkammer – oder Bildungskammer – richten, weil bei


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uns, in unseren Ländern, diese unterschiedlichen Hochschulen anzutreffen sind. (Bei­fall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.)

11.04


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mühl­werth. – Bitte.

 


11.04.22

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Besucherinnen und Be­sucher! Lieber Kollege Schnider, zu Ihrem Vortrag zum Universitätsgesetz eben – wie immer sehr engagiert –: Es liegt in der Natur der Sache, dass man dieselbe Sache von verschiedenen Standpunkten aus sehen kann. Es darf doch nicht ganz unerwähnt bleiben, dass sämtliche Dekane der Universität Graz und auch sehr viele Senats­vorsitzende dazu eine doch sehr vernichtende Stellungnahme abgegeben haben.

Jetzt kann man natürlich sagen, dass es meistens so ist, wenn ein neues Gesetz oder eine Gesetzesnovelle kommt, dass die Betroffenen sich aufregen und sagen: sicher nicht. Wir wissen, beim UG 2002 war es ganz genauso. Heute würde man das eigentlich gerne beibehalten und keine Novellierung anstreben. Das kann man natür­lich sehr differenziert sehen. Trotzdem gibt es – ich sage jetzt: zweieinhalb – Kritik­punkte, die uns dazu veranlasst haben, diesem Gesetz nicht zuzustimmen.

Das eine ist: Wir sehen schon ein Zurückdrängen der Autonomie der Universitäten, über die wir ja froh waren und die wir damals in einer gemeinsamen Koalition auch gefordert haben. Wir sehen diese Zurückdrängung gerade durch § 12 Absätze 3 bis 5 und auch durch die Anfügung der Absätze 12 und 13 zu § 12. Die darin vorgesehene Einbehaltung von Mitteln, die dann als Gestaltungsmittel im Zuge der Leistungs­vereinbarung wieder ausgeschüttet werden, zeigt – zumindest nach unserem Dafür­halten – schon, dass das Ministerium wieder mehr an Einfluss gewinnen will. Das halten wir für falsch, ebenso die Einsetzung eines Kurators im Falle von Zahlungs­schwierigkeiten der Universitäten.

Die Universitäten müssen sich auch über Drittmittel finanzieren, da sie vom Staat doch knapp gehalten werden. Bei allen Diskussionen, die wir – auch in der Vergangenheit – gehabt haben, in denen die Universitäten gesagt haben, wir haben zu wenig Geld, wir müssen dieses und jenes leisten, das können wir nicht mehr bedecken –, ist es in einer Wirtschaftskrise, in der auch die Drittmittelgelder zurückgehen, zumindest nicht auszu­schließen, dass es hier zu einer finanziellen Knappheit kommen wird. In diesem Fall wäre der Kurator einzusetzen, der quasi alleine die Geschäfte führen könnte. – Das halten wir auch nicht für gut.

Der halbe Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Frauenförderungsquote. Wir sind – und ich im Besonderen – wirkliche Gegner der Quotenregelung, wiewohl mir klar ist – da hat Kollege Schennach als mein Vorredner schon recht –, wenn wir uns anschauen, wie viele weibliche Maturanten wir haben, wie viele weibliche Akademiker wir haben und wie es dann beim Führungspersonal der Universitäten ausschaut, dass hier tatsächlich Handlungsbedarf besteht.

Ich bezweifle allerdings, dass die Quote 40 von 100, die auch die Gremien betrifft, wirklich eine Frau an die Spitze bringt. Denn im Grunde genommen gibt es das Gleichbehandlungsgesetz, das hier schon längst hätte tätig werden müssen, weil es vorschreibt: Bei gleicher Qualifikation ist die Frau vorzuziehen, solange nicht ein 50‑Prozent-Anteil erreicht ist.

Also dass hier Handlungsbedarf gegeben ist, das gestehe ich sehr wohl zu, und da muss man sicher etwas machen, nur bezweifle ich wirklich, dass die Quote das


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geeignete Mittel ist. Das wäre aber nicht der Grund gewesen, dass ich sage, wir lehnen das Gesetz ab, weil mir das wirklich nicht ausreichend erscheint.

Der dritte, aber ganz wesentliche Punkt sind für uns die Studieneingangsphasen, weil wir seit Jahr und Tag für einen freien Hochschulzugang eintreten, der mit der Studien­eingangsphase in verschiedensten Bereichen nicht mehr gegeben ist. Wir haben uns ja auch schon gegen die Eignungstests an den Medizinuniversitäten ausgesprochen.

Außerdem muss ich schon sagen, dass es ein schlechtes Licht auf unser Bildungs­system wirft, wenn die Universitäten diese Eingangsphasen zu brauchen glauben, weil sie offensichtlich der Qualität der Maturanten nicht mehr wirklich vertrauen. So, wie du gesagt hast, Kollege Schnider, es seien nicht alle Universitäten gleich, es gebe solche und solche in ganz Österreich – wobei ich mich durchaus der Meinung anschließe, dass wir hier einen Gleichstand herstellen müssen –, ist das natürlich bei den Schulen auch.

Wir wissen, es gibt solche Schulen und es gibt solche Schulen, und nicht an jeder hat die Matura denselben Wert wie beispielsweise an einer anderen Schule. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Erlitz.) Das werden wir erst sehen, ob diese Standards wirklich etwas bringen werden, weil man schauen muss, auf welchem Niveau das stattfindet. Das sehe ich auch beim Bologna-Prozess so. Bei aller Befürwortung einer Vergleich­barkeit der Studienabschlüsse muss man auch darauf Bedacht nehmen, dass man ein gewisses Niveau erreicht, und offensichtlich glauben die Universitäten, dass es nötig ist, Eingangsphasen zu machen. Ich finde es aber trotzdem kurios, weil auf der einen Seite immer wieder der Ruf erschallt, die Akademikerquote müsse erhöht werden, und wir gleichzeitig den Studienzugang beschränken. Da beißt sich quasi die Katze in den Schwanz, auf jeden Fall stimmt es nicht zusammen.

Wir sind nach wie vor dafür, im Bildungssystem entsprechend Vorkehrung zu treffen, damit dann auch tatsächlich alle ein qualitätsvolles Studium beginnen können. Dem vorliegenden Gesetzesvorschlag können wir allerdings nicht zustimmen. (Beifall der Bundesräte Mag. Ebner und Ertl.)

11.10


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Todt. Ich erteile ihm dieses.

 


11.10.12

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Das Gesetz berücksichtigt die Erfahrungen der UG-Jahre seit 2002, und im Wesentlichen werden auch deutliche Nachbesserungen in der Novelle untergebracht. Das Gesetz dient dem Wohle der Studentinnen und Studenten.

Die bedeutendste Errungenschaft dieser Novelle – und da, Frau Kollegin Mühlwerth, bin ich völlig anderer Meinung – ist die Einführung der Studieneingangsphase. Das ist eben nicht jenes Modell, das möglichst rasch möglichst viele Studienanfän­ger/Stu­dienanfängerinnen „hinausprüft“ (Zwischenrufe der Bundesräte Mühlwerth und Dr. Schnider), sondern eine sinnvolle Verpflichtung der Universitäten, zu Beginn den jungen Menschen die wesentlichen Inhalte des Studiums vorzustellen und ihnen damit eine geeignete Studienwahl zu ermöglichen. – Das ist der Unterschied zu dem, was Sie meinen, Frau Kollegin. Der freie Zugang ist nicht beschränkt, wie Sie das aus­geführt haben, sondern sehr wohl gegeben. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Auch der Zugang zum Masterstudium wurde entsprechend dem Regierungsprogramm geregelt. Es wurden generalisierte Zugangsbedingungen geschaffen, allerdings unter der Voraussetzung, dass an den jeweiligen Universitäten den Studierenden weiterhin


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facheinschlägig mindestens ein Zugang zu einem Masterstudium ohne weitere Vor­aussetzungen freistehen muss.

Die Regelung und deren Auswirkungen müssen in den nächsten Jahren – und da gebe ich Ihnen recht – sehr genau beobachtet werden. Es muss genau beobachtet werden, ob diese Regelung an den Universitäten nicht dazu missbraucht wird, zwei Klassen von Masterstudien zu schaffen.

Wesentlich ist aber die Verbesserung der Studienbedingungen. Im Rahmen der Leistungsvereinbarung zwischen Ministerium und Unis sind künftig folgende Punkte vereinbart:

Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und wissenschaftlicher Karriere,

Verringerung der Zahl der Studienabbrecher,

Coaching und Mentoring in der Studieneingangsphase,

mehr Angebote für berufstätige Studierende: Teilzeitstudien, den Studierenden soll ausreichendes Lehrangebot zur Verfügung stehen, um Studienverzögerungen zu vermeiden, Ersatzangebote,

gezielte Förderung von NachwuchsforscherInnen. – Ein sehr breites und im Wesent­lichen verbessertes Konzept für Studienbedingungen.

Bei der Neuzusammensetzung des Senates kommt es zu einer Stärkung des Mittel­baus; Kollege Schnider hat schon darauf hingewiesen und die wesentlichsten Verbes­serungen genannt.

Es gibt weiterhin eine Sperrfrist von vier Jahren für Ex-Politiker im Uni-Rat.

Das abgekürzte Berufungsverfahren wird erweitert.

Die Studienbeihilfebezieher zahlen künftig keine Studiengebühren mehr. Die Rege­lungen für nebenberufliche Lektorinnen und Lektoren wurden verbessert, und die Regelung bezüglich der Kettenverträge wurde arbeitnehmerfreundlicher gestaltet.

Weiters müssen die Mittel für Gestaltungsvereinbarungen in voller Höhe den Uni­versitäten zukommen.

Die Betriebsräte erhalten künftig ein Stimmrecht im Universitätsrat.

Alles in allem eine ganz wesentliche Verbesserung, daher ist auch für die Verhand­lungen zu danken, weil man sich wirklich dahintergeklemmt hat, eine Novelle zu schaffen, die eine ganz wesentliche Verbesserung bringt.

Die UG-Novelle muss aber auch als Anfang einer umfassenden Diskussion über die Zukunft unseres Hochschul- und Schulwesens gesehen werden – Kollege Schnider hat auch darauf hingewiesen –, denn das beste Uni-Gesetz kann meiner Meinung nach ein Grundübel unseres Bundesbildungssystems nicht beseitigen: dem offenen Zugang bei höchster Bildung steht eine viel zu frühe Selektion in der Schule gegenüber. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.14


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Ebner. – Bitte, Herr Kollege.

 


11.14.47

Bundesrat Mag. Walter Ebner (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist jetzt mehrmals Lob in Richtung Minister Hahn ausgesprochen worden, und daher habe ich


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schon eine Frage an Sie, Herr Minister: Warum sind Sie denn bei dem Entwurf des Änderungsgesetzes aus der XXIII. Legislaturperiode geblieben? Warum haben Sie sich allzu sehr daran gehalten? Wir haben jetzt die XXIV. Periode! Hätten Sie nicht die Ideen, die in 215 Darstellungen beziehungsweise Äußerungen, in massiven negativen Äußerungen zu dem Entwurf aus der XXIII. Gesetzgebungsperiode laut geworden sind, schon in die XXIV. GP viel stärker einbauen müssen, können und auch sollen?

Kollege Schnider spricht von einem politischen Ränkespiel „Wiglwogl“ – Ich sehe den Stein der Weisen auch in diesem Entwurf nicht, damit dieses politische Ränkespiel auf einmal zu Ende sein kann, denn schaut man sich die Details an, dann ist zu sagen, jene Professorinnen und Professoren, die sich nicht bewerben wollen, werden auch weiterhin kritische Ansätze finden; ebenso wie die Studierenden sie gefunden haben, die am 9. Juli in dieses Hohe Haus – störend wohl, aber ehrlich gemeint – herein­gerufen haben: Nein zu diesem UG!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Wenn Ände­rungen da sind und notwendig sind und gebraucht werden, dann sollen sie in der Verbesserung der Ausbildung Verankerung finden, dann sollen sie in der Verstärkung der Autonomie Verankerung finden, dann sollen sie aber auch in der Verstärkung der Forschung Verankerung finden. All das sind Verstärkungsansprüche, denen dieses Gesetz nicht in der Form entsprechen kann, wie wir das eigentlich erwartet hätten.

Wenn Kollege Schnider sagt, sie wollten 5 Prozent vom Budget, jetzt seien es halt 2 Prozent geworden, so ist genau das der entscheidende Punkt. Es gibt entsprechende Leistungsvereinbarungen – schon mehrmals angesprochen worden –, die bei einer 5-prozentigen Budgetbedeckung denkbar und möglich wären, eine 2-prozentige Budgetbedeckung bedeutet allerdings schon wieder entweder Qualitätseinbußen im Vergleich im OECD-Bereich, im Rankingbereich – Qualitätseinbußen, die keiner von uns will – oder entsprechende Reduzierung der Anzahl der vorhandenen Studien­plätze.

Daher halte ich es aus meiner Sicht für positiv, dass es nun diese Orientierungsphase geben wird. Wir sind ja im Bildungsbereich schon bei den andiskutierten Zentral­maturaregelungen – die nunmehr auch nicht so weit gegangen sind, wie man in der Dichte, in der Vertiefung gehen hätte können und sollen, nicht im Sinne von zentral, sondern im Sinne von Verstärkung der Qualität. – Dann bedeutet auch diese Orien­tierungsphase etwas ganz anderes.

Die Gefahr des ausschließenden Verfahrens in der Orientierungsphase sehe ich eben­so wie meine Vorrednerin. Ich glaube, dass hier noch etwas an Nachjustierung not­wendig ist.

Wir hätten uns eigentlich erwartet, dass wir hier im Bundesrat auch über den Hoch­schulplan, über die Standortfrage sprechen, denn das ist auch ein wesentliches Element des tertiären Bildungsbereiches.

Kollege Schnider hat in Bezug auf die Pädagogischen Hochschulen sehr emotional reagiert und Kritik angemeldet. – Ich bin selbstverständlich einverstanden mit seiner Kritik, nur muss man die Frage stellen: Woher kommt denn diese eigenartige Konstruk­tion der Pädagogischen Hochschulen? Auch da ist Handlungsbedarf, auch da muss entsprechende Entscheidungsvorbereitung getroffen werden. Wenn nämlich der Fachhochschulbereich bereits die Forschung umfasst, wo ist denn dann die Weiter­entwicklung der Universitäten im Forschungsbereich? Ich finde es richtig, dass die Fachhochschulen Forschungskompetenzen bekommen haben, ich bedauere es aber ungemein, dass mit dieser Vorlage die Forschungskompetenzen für die Univer­sitäten nicht verstärkt worden sind, und sehe die Gefahr, dass damit eher etwas zurück­genom­men wird.


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Man kann diese Punkte in weiten Bereich noch auflisten, aber ich möchte nur eines fragen: Herr Minister, wann setzen wir uns zusammen und reden über eine Novelle der heute zum Beschluss vorliegenden Änderung? Wir werden dieser Vorlage die Zustim­mung nicht geben. (Beifall bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

11.20


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Köberl. – Bitte.

 


11.20.20

Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Man kann auch, und ich komme da kurz auf das Wetter zu sprechen, an einem so schönen, strahlenden Sommertag wie heute über düstere Wolken sprechen. Ich werde manchmal beim Kollegen Schennach das Gefühl nicht los, dass er uns vorspielt, wie schlecht das Wetter dann sein wird, wenn diese grauen Wolken zu uns kommen. (Bundesrat Schennach: In Bregenz gibt es Wolken!)

Zurück zur Sache. – Ich glaube, darüber ist schon vieles gesagt worden. Zum Teil zeigt auch die heutige Diskussion, die teilweise recht emotional geführt wird, die Vielfalt der Möglichkeiten und des Zugangs zur Bildungspolitik, insbesondere zur Hochschulpolitik.

Bereits im Vorfeld gab es bezüglich der UG-Novelle viele Befürchtungen, die sich nunmehr als unbegründet erwiesen haben beziehungsweise nur mehr von wenigen aufrechterhalten werden. Die befürchtete Beschränkung des freien Hochschulzugangs findet ebenso wenig statt wie die Zurückdrängung des Senats bei der Rektorswahl.

Eine Entwarnung kann auch gegeben werden, was eine die Universitäten in Finanz­nöte stürzende Einbehaltung einer Budgetreserve oder die befürchtete Verpolitisierung der Universitäten betrifft. Wir haben es heute schon gehört, dass gerade die Ein­nahmen, zu denen auch die Universitäten gezwungen sind, durch die internationale Wirtschaftskrise beeinträchtigt sind, und wir wissen, dass sogenannte Spitzenuni­versitäten im anglikanischen Raum bis zu einem Drittel ihrer Budgetmittel verlieren werden, weil es ihnen nicht gelingt, diese zu kompensieren.

Wir haben aber auch in einigen Debattenbeiträgen hier gehört, dass eine Reihe von Maßnahmen in dieser Novelle enthalten ist, die heute nur kurz gestreift wurden. So geht es zum Beispiel um die Verbesserung der Studienbedingungen – mein Vorredner hat es schon angeführt –, es geht um die Begabtenförderung, die Sicherung der Studienplatzentwicklung und die Wahrung der heimischen Interessen gegenüber deutschen Numerus-Clausus-Flüchtlingen. Ich sage hier nur das Stichwort Innsbruck, wo das besonders im Hinblick auf die Medizin-Universität eine große Rolle spielt.

Es geht um eine Aufwertung des akademischen Mittelbaus, eine effiziente Gestaltung von Habilitations- und Berufungsverfahren sowie um eine klare Kompetenzverteilung zwischen Universitätsrat und Rektorat, was Kollege Schnider sehr eindrucksvoll auch hier aufgezeigt hat.

Es geht aber auch um eine zentrale Datenbank für wissenschaftliche Arbeiten. Ich halte das auch für einen wesentlichen Schritt, der vor allem für die Studierenden einen Vorteil bringt.

Wichtig ist, wie wir auch gehört haben, das gestärkte Mitwirkungsrecht der Betriebsräte und – hier kann man über eine Quotenregelung denken, wie man will – die 40 Prozent-Frauenquote. Wir wissen, dass mehr als die Hälfte, nämlich 56 Prozent der Studierenden an den österreichischen Universitäten heute Frauen sind.

Die vorliegende Novelle basiert auf einem uneingeschränkten Bekenntnis zur Stär­kung der Autonomie und der Qualität der Universitäten. Das muss uns klar sein, und


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 54

das wurde auch hier nicht entkräftet. Das Universitätsgesetz in seiner aktuellen Fassung, inklusive der vorliegenden Novelle, wurde sehr, sehr lange und ausgiebig diskutiert und umfassend vorbereitet. Dazu gilt auch von dieser Stelle unserem Minister mein besonderer Dank, ebenso seinem Team, den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und all jenen, die sich konstruktiv in diese Diskussion mit eingebracht haben – denn Bildungspolitik kann auch konstruktiv gesehen werden, ja ich würde sogar sagen, sie muss konstruktiv gesehen werden.

Es ist von Rednern der Opposition auch darauf hingewiesen worden, es gäbe nicht das sogenannte Grand Design oder den Masterplan für die Zukunft der Unis und der Fachhochschulen in Österreich. Wir wissen von unserem Minister, dass man sich bereits auf Gespräche im Herbst dieses Jahres geeinigt hat, wo es über einen gesamtösterreichischen Hochschulplan eine umfangreiche Diskussion geben wird, und es sind alle eingeladen, sich auch konstruktiv einzubringen.

In Summe, meine Damen und Herren, glaube ich, bringt die heutige Novelle zum Universitätsgesetz eine weitere Klarstellung, was Zuständigkeiten, Kompetenzen be­trifft. Sie garantiert, dass wichtige Prozessabläufe mit Fristen und Ersatzvornahmen festgelegt werden, und sie ist, wie ich meine, ein weiterer wesentlicher Beitrag zur Qualitätssicherung an den Universitäten. Das befreit uns aber nicht davon, eine allgemeine Bildungsdiskussion in Österreich weiterzuführen und – da spreche ich das an, was Frau Kollegin Mühlwerth gefordert hat – einen Gleichstand herbeizuführen.

Ich bin bei Ihnen, wenn Sie sagen, wir sollen einen Gleichstand herbeiführen, ich bin aber nicht dabei, wenn dieser Gleichstand eine Nivellierung nach unten bedeutet. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Mühlwerth: Ich auch nicht!)

11.25


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schimböck. – Bitte.

 


11.25.27

Bundesrat Wolfgang Schimböck, MSc (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin Linzer und habe, als ich in Wien bei einem öffentlichen Verkehrsmittel ein sehr bemerkenswertes Plakat gesehen habe, auf dem der Herr Bundesminister abgelichtet war und darunter gestanden ist „Sichern Sie Ihr Eigentum!“, nicht recht gewusst, was ich damit anfangen soll. Ich habe dann von Kollegen erfahren, dass Sie auch Obmann der Wiener ÖVP sind. – Ob man Ihnen da jetzt kondolieren soll oder nicht, sei dahingestellt.

Aber zurück zum Eigentum. Ich glaube, das Wichtigste, Herr Bundesminister, was diese Republik zu verwalten hat, sind die geistigen Ressourcen, die wir haben, denn das ist unsere Zukunft: die jungen Menschen. Und wenn Herr Dr. Schnider heute hier so emotionell geworden ist: Ich glaube, wenn man das auf die Sachebene zurückführt, kann ich jedem hier nur empfehlen, eines deiner Bücher zu lesen. Wer an diesen beiden Bildungsenqueten, die hier im Haus stattgefunden haben, teilgenommen hat, hat ja von dir damals so ein Exemplar bekommen, und ich hoffe, dass es viele sehr, sehr aufmerksam gelesen haben. Wenn du hier in der ersten Reihe sitzt, würden wir uns wünschen, dass du, wenn es um so einen Masterplan geht, den deine politische Heimat erstellt, dort auch als Ratgeber in der ersten Reihe sitzt.

So emotionell das heute von dir, Kollege Schnider, vorgetragen wurde und so sehr du im Herzen eine sehr fortschrittliche Bildungspolitik verfolgst, so wichtig wäre es, glaube ich, dass das auch die Betrachtungsweise in dieser Republik insgesamt werden sollte. Nur dann werden wir, wie es so schön heißt, das geistige Eigentum – Herr Bun-


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desminister, wenn Sie schon das Eigentum auf diesen Plakaten bei den Verkehrs­mitteln in Wien ansprechen – mehren können, und das ist ganz einfach die wichtigste Aufgabe in unserer Republik!

Ich kehre jetzt aus den doch etwas ins Theoretische gegangenen Abhandlungen zurück in die Niederungen des Universitäts- und vor allem auch Fachhochschul­alltages. Ich komme aus Linz, und angesichts dessen, was wir dort in diesem Bereich erleben, sollte man sich das, was eigentlich die Grundlage dieses Gesetzeswerkes ist, wirklich zu Herzen nehmen, Herr Bundesminister.

Wir haben in Linz eine Fachhochschule, die sich mit Medizintechnik, mit öffentlicher Verwaltung und mit dem Sozialen beschäftigt. Das ist eigentlich – wer Schach spielt, kennt das – ein bisschen wie der Rösselsprung: Da geht es einmal vor, da geht es einmal zurück. Begonnen hat man mit einer 8-semestrigen Magisterausbildung, dann war die politische Linie auf Landesebene: Vielleicht tun es doch sechs Semester?, machen wir da einen Bachelor, und machen wir den Master dann mit einer 5-jährigen Ausbildung.

Wenn Sie mit den jungen Menschen dort sprechen, werden Sie erkennen, denen geht es ein bisschen so, wie es mir vorhin gegangen ist, als Dr. Schnider das ganze Organigramm der Universitäten vorgetragen hat: Denen ist irgendwie schwindelig.

Es hat dann auch eine ausführliche parlamentarische Anfrage gegeben zu all den Vorfällen rund um so eine Fachhochschule, denn bekanntlich braucht man da auch eine gute Führung, und was in diesem Zusammenhang dort passiert ist, war ja noch schlimmer. Da gab es ein Kommen und Gehen. Da kam zuerst einmal jemand aus dem Bankenbereich, der war interessanterweise nicht einmal habilitiert. Wenn hier heute so viel von Qualitätssicherung gesprochen wird, dann frage ich mich, wie das eigentlich möglich ist im tertiären Bereich. Der Bankmann hat dann – das war noch kurz vor dem wirklichen Höhepunkt der Finanzkrise – wieder eine günstigere Position im Bank-, Finanzwesen gefunden, hat sich wieder zurückgezogen, ist aus dem Ganzen wieder herausgegangen.

Man hat an dieser Fachhochschule eigentlich eine pädagogisch unglaublich engagierte Truppe gehabt. Und da bin ich jetzt genau am Punkt: Man hat dort viele Leute hereingeholt, die quasi schon im Berufsleben standen, und die waren natürlich etwas weiter weg von der Matura, von der allgemeinbildenden höheren Schule, und die haben dann im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich ein bisschen Probleme gehabt. Die engagierten Pädagogen dort haben sich mit der Linzer Universität kurz­geschlossen, mit Gymnasialprofessorinnen und -professoren, und man hat einen Zusatzunterricht angeboten.

Dann gab es auf einmal wieder eine neue Führung, und die hat gesagt: Das brauchen wir alles nicht, denn wer diese Standards nicht erfüllt, der wird eben nicht bestehen.

So sind schon einmal die Ersten dort weggegangen. Aber damit leider nicht genug – diese neue Führung war offensichtlich mit der Studentinnen- und Studentenklientel auch nicht so ganz zufrieden, und offensichtlich waren da noch immer zu viele Studen­tinnen und Studenten. Jetzt ist man draufgekommen, dass ja dieses Fachhoch­schulstudium mit sehr viel Praxis kombiniert ist. Die Praxis haben die natürlich irgendwie aus ihrem Beruf mitgebracht; die kamen ja alle aus dem Berufsleben, viele haben das berufsbegleitend gemacht. Jetzt hat man allen Ernstes diesen Studentinnen und Studenten auferlegt, sie müssen jetzt irgendetwas anderes machen, sie sollen sich da irgendwie karenzieren lassen. Das waren zum Teil 28-, 30-jährige Familienväter oder alleinerziehende Mütter und so weiter, und es haben weitere Studenten das Handtuch geworfen.


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Ich glaube, wir brauchen hier künftig – um das jetzt hier abzukürzen – eine ganz klare Struktur. Wir haben zum Beispiel in Oberösterreich beim Fachhochschulwesen – ich kann es jetzt auswendig gar nicht mehr sagen –, glaube ich, fünf oder sechs GesmbHs. Da gibt es GesmbHs, die die Unter-GesmbHs der Fachhochschule in Wels, in Hagenberg, in Linz, in Steyr verwalten. Und wenn Sie den zuständigen Landesrat ansprechen, dann sagt er: Na ja, ich habe da eigentlich auch keinen direkten Einfluss mehr.

Ich glaube, die Qualitätssicherung, die Grundstruktur, von der heute hier ge­sprochen wird, muss man hier wirklich angehen. Es läuft hier im Moment eine Rechnungshofuntersuchung, was die Fachhochschule in Linz betrifft. Herr Bun­desminister, ich glaube, diese Vorgänge sollten Sie sich sehr, sehr genau ansehen.

Ein zweiter Punkt: Ich glaube, es sind auch die Standorte noch einmal zu überdenken. Linz möchte eine medizinische Fakultät, und jeder, der sich das anschaut, weiß, dass man in der medizinischen Forschung punkten kann, dass die Wirtschaft hier einen großen Bedarf hat, dass hier von den Universitäten zugearbeitet wird. Die Universität Linz ist sehr gut unterwegs. Dort sind namhafteste Professorinnen und Professoren tätig. – Ich muss auch sagen: noch viel zu wenige Professorinnen. Da bin ich auch wieder bei Dr. Schnider. Da muss sich die Universität öffnen. Frauen sollte in der Universität nicht nur der Mittelbau vorbehalten bleiben.

Herr Bundesminister Hahn, was den medizinischen Standort betrifft, bedenken Sie: Wir haben in Linz bereits vier Krankenhäuser in der GESPAG, Ordensspitäler und das Allgemeine Krankenhaus der Stadt Linz. Das sind alles bereits Lehrkrankenhäuser der Universitäten, und hier hätten wir wirklich einen großen innovativen Schub. Es gibt ja in Linz im Fachhochschulbereich auch bereits die Medizinische Technik. Hier hätten wir also eine Menge von Synergien. Ich darf Sie daher hier als Oberösterreicher, als Linzer sehr bitten, sich um diesen Universitätsstandort, medizinische Fakultät in Linz, offensiv anzunehmen.

Ein Punkt vielleicht noch abschließend. Eine Präambel dieses Gesetzeswerkes ist ja der freie Universitätszugang. Ich glaube, Kollege Ertl hat heute hier einen großen Prolog gehalten, was den Öffentlichen Dienst, die EDV betrifft. Die Kollegin Zwazl war vorhin nicht da und konnte das nicht mitverfolgen. (Bundesrätin Zwazl: Bin schon informiert!) Es wurde auch die Wirtschaftskammer hier durchleuchtet. Ich darf sagen, da sind wir EDV-mäßig sehr gut unterwegs, und der Öffentliche Dienst kann dort sicher auch noch das eine oder andere mitkriegen. So schlecht schauen wir dort also nicht aus.

Nur, eines ist klar: Wenn ich an die Universitäten denke und es jetzt heißt: Freier Zugang!, dann muss auch der Zugang da sein zu entsprechenden Bildungs-, Lehrver­anstaltungen, Übungen, Seminaren, Kolloquien und so weiter, muss auch eine ent­sprechende Prüfungstätigkeit des Lehrpersonals gegeben sein. Denn eines ist auch klar: Unsere Studentinnen und Studenten nehmen weltweit einen Spitzenplatz ein – leider! –, wenn es um die Dauer der Studien geht. Das muss man wirklich einmal hinterfragen.

Wenn es heißt: Wenn der inskribiert, dann soll er sich ab null Uhr über EDV einloggen und sich für eine Lehrveranstaltung anmelden!, man aber von einer Studentin hört, dass sie sich den Wecker gestellt hat und wirklich um 0.01 Uhr da eingeloggt hat und dass es dann bereits am Vormittag 400 Anmeldungen gegeben hat, man aber dort nur 100 Plätze gehabt hat, dann, glaube ich, ist es wichtig, auch das einmal zu überdenken. Denn unsere jungen Menschen wollen sich beruflich etablieren, sie wollen


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nicht ihre Zeit auf der Universität verplempern, indem sie dann ein Semester nicht abschließen können, weil das Angebot nicht gepasst hat. Also, ein Regelwerk, wie wir es hier haben, wird von unserer Fraktion begrüßt, Herr Bundesminister, nur muss es mit Leben erfüllt werden!

Dann wird sich auch Ihr Wunsch, den Sie uns hier im öffentlichen Verkehr in Wien so eindrücklich nahe bringen, erfüllen. Dann werden wir das „Eigentum“ unserer jungen Menschen, das geistige Eigentum der Republik, mehren. In diesem Sinne ersuche ich Sie darum – ganz im Sinne Ihres Slogans, Ihres Plakates. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.34


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Hahn. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


11.35.00

Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Johannes Hahn: Herr Prä­sident! Meine Damen und Herren! Ich möchte einige Punkte zusammenfassen; es ist ja vieles angesprochen worden.

Zunächst ist es, glaube ich, ganz wichtig, noch einmal in Erinnerung zu rufen: Es handelt sich hier um eine Novelle eines bestehenden Gesetzes, und das Wesen von Novellen ist, dass die Grundstrukturen nicht verändert werden. Es gibt auch nichts daran zu verändern. Ich habe oft genug gesagt, dass ich das für ein gutes Gesetz halte, um das wir auch international durchaus beneidet werden. Es fällt uns in Österreich aber manchmal schwer, eigenständige Leistungen, für die man international beglückwünscht wird, auch als solche zu sehen.

Das Wesentliche des UG 2002 war eine weitgehende Übertragung von Kom­petenzen vonseiten des Ministeriums an die Universitäten, Stichwort Autonomie. Wenn es heißt: Autonomie stärken, dann bezieht sich das auf die Arbeitsweise an den Universitäten selbst, denn wesentlich mehr an Autonomie, als man bereits mit dem UG 2002 in seiner Grundkonzeption übertragen hat, kann man nicht mehr übertragen. Jetzt geht es darum, diese Kultur, die eingeleitet wurde, sozusagen fortzusetzen und auch mit einem entsprechenden inneruniversitären Rahmen- und Regelwerk zu begleiten.

So haben wir beispielsweise sichergestellt, dass alle Prozesse an den Universitäten mit Fristen und Ersatzvornahmen definiert sind, sodass es nicht Monate dauern kann, die einzelne Gremien unter Umständen brauchen, um zwei Personen für irgendetwas zu nominieren. Hier sind jetzt klare Prozessschritte definiert, und die sind auch notwendig, denn die Universitäten stehen nicht nur in einem lokalen, in einem regionalen, in einem nationalen, sondern auch in einem internationalen Wettbewerb. Da geht es nicht darum, dass der Geschwindeste der Erste ist, aber man darf auch nicht der Langsamste sein, denn dann sind andere schnell am Zug, Stichwort Berufungen, wo wir etwa auch Beschleunigungen vorgenommen haben auf Wunsch der Verantwortlichen an den Universitäten.

Ich glaube, Kollege Ebner hat es angesprochen: Es hat natürlich zu dem seinerzeitigen Entwurf aus dem Herbst des Vorjahres, wo es viele Stellungnahmen gegeben hat, Veränderungen gegeben. Man muss nur sagen, fast erwartungsgemäß war das Gros der Stellungnahmen durchaus unterschiedlich. Es gilt auch hier, der Standort bestimmt den Standpunkt dessen, der die Stellungnahme abgibt. Etwa – auch das haben Sie angesprochen – die 5-Prozent-Klausel, was das Einbehalten einer Ministerreserve oder einen Gestaltungsfreiraum anbelangt, haben wir schlussendlich auf 2 Prozent


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reduziert: 1 Prozent für die Exzellenz, für die Förderung des FWF, für die Dotierung des FWF, und 1 Prozent, um in Notsituationen eingreifen zu können.

Ich komme gerade von einer Präsentation an der Akademie der Bildenden Künste, wo wir genau aus diesem Topf der 1 Prozent 35 000 € zur Verfügung gestellt haben, um notwendige, dringende Übersiedlungen von Teilen des Kupferstich-Kabinetts, die ja Teil der Gemäldegalerie sind, die wiederum im Besitz der Akademie der Bildenden Künste ist, von der Albertina an andere Standorte, insbesondere an die Akademie selbst, vorzunehmen, um sicherzustellen, dass wertvollste Exponate nicht durch wei­tere bautechnische Mängel in den Speicherkapazitäten der Albertina gefährdet werden. Also genau dazu dienen diese Mittel, dafür werden sie eingesetzt. Und das ist auch, wie sich an dem konkreten Beispiel zeigt, notwendig.

In einem einzigen Debattenbeitrag kam das Wort Ranking vor. Das überrascht mich, denn üblicherweise sind Uni-Diskussionen sozusagen auch mit Rankings in der De­batte versehen. Ich weise dann immer nur darauf hin, dass jene Universitäten, die uns weltweit topgerankt immer vorgehalten oder als leuchtendes Vorbild vor Augen gestellt werden, genau jene sind, die über sehr exklusive Zugangsbedingungen und Studien­beiträge verfügen, aber auch, muss man sagen, ein ausgewiesenes Stipendien- und Beihilfenwesen haben. Auch das ist etwas, was ich schon gerne in Erinnerung rufen möchte: Dass im abgelaufenen Jahrzehnt das budgetäre Volumen der Studienbeihilfen von knapp über 100 Millionen € auf nunmehr über 200 Millionen € angehoben wurde. Wir haben in der vergangenen Legislaturperiode zwei einschlägige Novellen beschlos­sen, wovon eine auch sozusagen der qualitativen Weiterentwicklung vorbehalten war.

Aber worüber wir diskutieren müssen, meine Damen und Herren, ist nicht so sehr die Zahl der Studierenden per se, sondern wir müssen über die Frage diskutieren: Wie können wir die Zahl der Absolventinnen und Absolventen erhöhen? Es macht ja relativ wenig Sinn, sozusagen unten ins System viele reinzuschleusen, die dann während des Studiums aus unterschiedlichsten Gründen verloren gehen, sondern das erklärte Ziel in bildungspolitischer Hinsicht von uns allen – hoffe ich jedenfalls – muss es sein, die Zahl der Absolventinnen und Absolventen zu steigern, denn die machen ja auch die Akademikerquote aus.

Dazu darf ich Ihnen ein sehr gutes Beispiel aus dem abgelaufenen Jahrzehnt refe­rie­ren, weil das auch heute wiederholt angesprochen wurde, nämlich bei den Medizinern: Wir haben heute eine jährliche Zahl von Absolventinnen und Absolventen, die seit vielen Jahren, um nicht zu sagen Jahrzehnten, ungefähr die gleiche ist. Nur: Heute beginnt nur rund ein Viertel bis ein Drittel derer, die seinerzeit mit dem Medizinstudium begonnen haben.

Was ist passiert? – Es hat erstens einmal ein grundlegend neues Curriculum gegeben. Zweitens: Es musste unter dem Druck der deutschen Situation ein Aufnahmeverfahren eingeführt werden, und es ist damit einhergehend die Zahl der Studienplätze limitiert worden.

Konsequenz von all dem, dass seinerzeit, wie gesagt, drei- bis viermal mehr mit dem Studium begonnen haben, viel länger studiert haben: Die Drop-out-Quote lag bei 50 bis 60 Prozent. Und nunmehr haben wir Aufnahmetests, haben wir eine limitierte Zahl von Studienplätzen, und siehe da: Das Commitment offenkundig der Studieren­den – und mittlerweile haben wir das ja empirisch erfragt, etwa bei der Studie über die soziale Lage der Studierenden – zeigt, dass die Studiendauer deutlich verkürzt wurde und die Drop-out-Rate gegenwärtig bei 10 bis 15 Prozent liegt.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 59

Wir sind also schon gefordert, uns solchen Diskussionen zu stellen. Wir können nicht den Umstand negieren, dass man in einzelnen Bereichen Zugangsregelungen braucht – nämlich vor allem dort, wo deutsche Numerus-Clausus-Fächer sozusagen im Wege von deutschen Studierenden auf den österreichischen Markt treffen.

In diesem Zusammenhang – auch das wurde mehrfach angesprochen – ist der nächste Schritt, beginnend mit Herbst, eine umfassende Diskussion über die Entwick­lung des tertiären Sektors, wo am Beginn die Frage zu klären ist: Was sind die Herausforderungen an den tertiären Sektor am Beginn des 21. Jahrhunderts mit den unterschiedlichen Strukturen, die wir vorfinden, mit denen wir zu arbeiten haben?

Da wird dann logischerweise auch, Kollege Schennach, die Frage der besseren Arbeits­teilung von Fachhochschulen und Universitäten ein zentrales Thema sein. Aber ich denke, es gilt nach wie vor das, was ich schon öfters – und ich glaube, auch hier – gesagt habe: Wir müssen mit Humboldt brechen, um Humboldt neu definieren zu können. Denn: Angesichts explodierender Studierendenzahlen und mit dem Ziel gesteigerter AbsolventInnenziffern müssen wir überlegen, wie wir die Rahmenbedin­gungen bei den einzelnen Ausbildungsstufen optimieren können, damit das eben sichergestellt ist.

Meine Damen und Herren, ich möchte auch hier im Bundesrat am Ende meiner Ausführungen nicht verabsäumen, meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Minis­terium, auch in meinem Kabinett, aber auch all jenen, die sich politisch an der Debatte beteiligt haben – und das waren sehr, sehr viele; es war in Summe ein Diskus­sionsprozess, unterbrochen durch die Nationalratswahl, der etwa zwei Jahre gedauert hat –, zu danken. Ich glaube, die Novelle ist eine sehr gelungene. Ich bin davon überzeugt, das neue, nunmehr adaptierte UG 2002 stellt mehr denn je ein Potenzial sicher, mit dem unsere Universitäten international mitspielen, mitwirken, mitkämpfen können.

Es liegt aber auch in der Verantwortung der Universitätsverantwortlichen, diese Chancen wahrzunehmen. Das ist auch mit Risken verbunden. Aber wenn wir nicht diese Voraussetzungen geschaffen hätten, dann würden sich die Universitäten auf einem Niveau weiterbewegen, wo sie international nicht à la longue wettbewerbsfähig sind, sowohl was das Hereinwerben von Studierenden als auch von Lehrenden anbelangt.

Ich danke sehr herzlich und würde mich freuen, wenn es eine breite Zustimmung zu diesem Gesetz gibt. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.45

11.45.20

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 60

11.45.568. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebüh­ren­gesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Militärbefugnisgesetz, das Sperrgebietsgesetz 2002, das Munitionslagergesetz 2003, das Militärauszeich­nungs­gesetz 2002 und das Truppenaufenthaltsgesetz geändert werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2009 – WRÄG 2009) (161 d.B. und 239 d.B. sowie 8163/BR d.B.)

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über den vorübergehenden Aufenthalt von Angehörigen des öster­reichischen Bundesheeres und Angehörigen der deutschen Bundeswehr auf dem Gebiet des jeweils anderen Staats (österreichisch-deutsches Streitkräfte­aufenthaltsabkommen) (76 d.B. und 255 d.B. sowie 8164/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zu den Punkten 8 und 9 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Tagesordnungspunkten 8 und 9 ist Herr Bundesrat Winterauer. – Ich bitte um die Berichte. (Vizepräsidentin Mag. Neuwirth übernimmt den Vorsitz.)

 


11.46.14

Berichterstatter Reinhard Winterauer: Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Landesverteidigungs­aus­schusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Militärbefugnis­ge­setz, das Sperrgebietsgesetz 2002, das Munitionslagergesetz 2003, das Militäraus­zeich­nungsgesetz 2002 und das Truppenaufenthaltsgesetz geändert werden, liegt Ihnen schriftlich vor; ich darf mich deshalb auf die Antragstellung beschränken.

Der Landesverteidigungsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

Da auch der Tagesordnungspunkt 9 unter einem debattiert beziehungsweise behandelt werden soll, darf ich Ihnen auch den Bericht des Landesverteidigungsausschusses zum Punkt 9 zur Kenntnis bringen, nämlich über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über den vorübergehenden Auf­enthalt von Angehörigen des österreichischen Bundesheeres und Angehörigen der deutschen Bundeswehr auf dem Gebiet des jeweils anderen Staats (österreichisch-deutsches Streitkräfteaufenthaltsabkommen).

Dieser Bericht liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.

Der Landesverteidigungsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für die Berichte.

Zu Wort gelangt unser Altpräsident, Herr Bundesrat Reisenberger.

 



BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 61

11.48.31

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Man könnte jetzt ganz kurz und einfach sagen: Eine wichtige Sache, eine notwendige Sache, das brauchen wir – wir sind dafür und freuen uns darüber! Ich glaube aber, ein paar Worte dazu sind trotzdem notwendig.

Zum Wehrrechtsänderungsgesetz 2009, mit dem das Wehrgesetz 2001 geändert wird: Wir haben auch diese Woche im Ausschuss erlebt, dass gerade das Bundesheer ein Thema ist, das am wenigsten dazu geeignet ist, dass darüber politische Auseinander­setzungen ausgetragen werden, denn es ist uns ganz einfach zu wichtig. Man hat in letzter Zeit ja wieder gesehen, zu was allem das Bundsheer imstande ist, und es ist bewiesen, was es alles kann. An dieser Stelle möchte ich auch einen ganz herzlichen Dank an alle Soldaten und Soldatinnen und an alle anderen freiwilligen Helfer und Helferinnen richten, die beim Hochwassereinsatz mitgeholfen haben, die Not zu lindern. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Im Schnitt, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind rund 800 SoldatInnen bei den Auf­räumarbeiten im Einsatz und auch jetzt noch immer tätig. Wir können jederzeit 10 000 SoldatInnen für den Katastrophenschutz aufbieten – eine ganz wichtige Sache, wie wir in den letzten Jahren in Österreich immer wieder feststellen mussten –, dane­ben noch 800 SoldatInnen für den Assistenzeinsatz an der Ostgrenze, 1 200 SoldatIn­nen im Auslandseinsatz. UNO-Einsätze werden – auch international! – sehr positiv bewertet, und Österreich ist für UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon immer eines der Länder, die personell stark, am stärksten ausgestattet die Auslandseinsätze mitge­stalten. Das ist nicht ganz ohne, wenn man solches Lob bekommt.

Nebenbei hat unser Bundesheer es auch noch geschafft – und ich sage bewusst: „nebenbei“ –, ganz erfolgreich die „Airpower 2009“ über die Bühne gehen zu lassen. Im Raum Allentsteig wurde eine Großübung mit 2 100 SoldatInnen veranstaltet. Ich glaube, das sind Dinge, die zeigen, dass das Bundesheer eine durchaus lebendige, moderne und in die Zukunft gerichtete Organisation – in dieser Form, wie wir sie jetzt haben – geworden ist. Wir haben ein Bundesheer, das sehr gut funktioniert und auf das wir stolz sein können. Minister Darabos meinte erst kürzlich, dass der Mensch im Mittelpunkt stehen muss und der Grundwehrdiener die Basis, ja, das Fundament des Bundesheeres darstellt. Da kann ich ihm nur recht geben.

Daher ist diese Änderung des Wehrgesetzes 2001 mit dem Wehrrechtsänderungs­gesetz 2009 eine wichtige und richtige Entscheidung. Zum Beispiel ist die Frage der Einberufung, die aufschiebende Wirkung bei Absolvierung einer Fachhochschulaus­bildung wichtig für unsere Jugend – wir haben das am Dienstag auch diskutieren können –, um nämlich die Ausbildung nicht zu unterbrechen. Das ist wichtig für den Jugendlichen, das ist wichtig für die Eltern, und es ist auch wichtig und ein Vorteil für das Bundesheer – wenn Sie mich fragen, meine sehr verehrten Damen und Herren –, gut ausgebildete junge Menschen zu bekommen.

Auch im sozialen Bereich sind Verbesserung vorgesehen. Die Bundesheer-Beschwer­dekommission hat ihren Sinn und ihre Wichtigkeit. Sie muss für jeden die Chance bieten, auf Fehler – und die gibt es überall, wo gearbeitet wird – hinweisen zu können. Sie darf nicht als Feind des Bundesheeres gesehen werden. Eine parlamentarische Kontrolle ist aber auch da ganz wichtig und notwendig.

Ebenso wichtig ist das Streitkräfteaufenthaltsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Österreich. Um für internationale Friedenseinsätze optimal ausge­bildet zu sein, bedarf es neben einer hochmodernen Ausrüstung auch einer inter­national anerkannten Vorbereitung. Das ist selbstverständlich. Österreich profitiert zum Beispiel von den ausgezeichneten Flugtrainingsmöglichkeiten, die die deutsche Armee


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uns in diesem Rahmen anbietet; die Bundesrepublik Deutschland wiederum profitiert von den exzellenten Hochgebirgsausbildungen unseres Bundesheers – um nur zwei Beispiele zu nennen, und es gibt deren noch mehr.

Weiters erscheint es mir auch wichtig, dass die Klarstellungen für den Grundwehr­diener und den Zivildiener ebenfalls in diesen Veränderungen Platz gefunden haben.

Natürlich wird es in einer finanziell schwierigen Situation nicht leicht sein, die nötigen Mittel zu bekommen. Es macht auch keinen Sinn, liebe Kolleginnen und Kollegen, über die Sinnhaftigkeit mancher Anschaffungen beim Bundesheer zu philosophieren – ich sage bewusst: zu „philosophieren“. Die Panzerkäufe, defizitär und ineffizient, die Ent­scheidung für das Flugzeug, das es geworden ist, und allein dessen Betriebskosten, die in keinem Konnex zur Sinnhaftigkeit des Ganzen zu sehen sind – darüber zu dis­kutieren würde uns heute nicht sehr viel bringen. Grasser, Platter und Co, die uns das dazumal eben hier vorgeschlagen haben, sind weit weg vom Schuss, und es ist für mich nur eigenartig, dass einige von deren Parteifreunden sich heute so überrascht geben, wieso das alles so teuer ist und wie man denn das eigentlich alles machen konnte.

Unser Minister Darabos hat quasi Schadensbegrenzung gemacht, hat die Kosten, die er übernehmen musste, ausverhandelt und reduziert. Danke, Norbert! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir wissen deine verantwortungsvolle Art, die Aufgaben zu bewältigen, wirklich zu schätzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion und ich, wir stehen zur allge­meinen Wehrpflicht. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich weiß nicht, wieso ihr euch so sehr darüber aufregt! Ihr habt ja selbst hier den Beschluss gefasst, sodass Entscheidungen in eine Richtung getroffen wurden, die nicht ganz in Ordnung war. – Und jetzt sind wir in einem neuen Team, und zu dem stehen wir doch auch!

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion und ich, wir stehen zur allge­meinen Wehrpflicht. Wir stehen zur Miliz, wir stehen zu Auslandseinsätzen und zu Verbesserungen, die im Sinne der österreichischen SoldatInnen und der österreichi­schen Bevölkerung sind. Wir stimmen diesem Gesetz natürlich gerne zu. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.54


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Dr. Kühnel zu Wort. – Bitte.

 


11.54.52

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Zwischenrufe bei der SPÖ und Gegenrufe bei der ÖVP.) – Keine Aufregung! Wenn ich also ... (Bundesrat Stadler: Deine Fraktion! Deine Fraktion regt sich auf!) – Ich habe ja auch in diese Richtung (in Richtung ÖVP weisend) geschaut, Herr Kollege, keine Sorge!

Es freut mich, dass wir Landesverteidigungsfragen im Bundesrat besprechen. Es war sehr lange dazu nicht die Gelegenheit, und heute ist die Gelegenheit endlich da, das eine oder andere anzusprechen.

Auch ich möchte den Soldatinnen und Soldaten, die im Hochwassereinsatz ihr Bestes getan haben, danken. Es ist immer sehr wichtig, dass die Opfer Soldaten sehen, näm­lich Männer und keine Maschinen. Daher wird es immer wieder notwendig sein, dass vor allem Soldatinnen und Soldaten helfen, denn wenn man in einer derartigen Stress­situation ist, gibt es eigentlich nur eine flächendeckende Organisation, die da helfen kann, das ist das Bundesheer – einerseits –, und andererseits sind selbstverständlich auch die freiwilligen Feuerwehren sehr gefordert.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 63

Zuerst – um jetzt zur Tagesordnung überzugehen – zum österreichisch-deutschen Streitkräfteaufenthaltsabkommen. Dieses wird selbstverständlich von meiner Fraktion begrüßt, denn die Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Öster­reich ist sehr intensiv. Ich darf einerseits an den Süden des Kosovo erinnern, andererseits aber auch an die hoffentlich mit 1. Jänner 2010 wirklich einsatzbereiten Battle Groups, denn auch da ist die Zusammenarbeit mit den Deutschen besonders wichtig.

Um diese Zusammenarbeit sicherzustellen, ist es auch notwendig, den rechtlichen Rahmen zu schaffen, und der wird hier gegeben sein. Wir haben zwar das Statut bezüglich Partnerschaft für den Frieden, aber es hat sich in der Praxis herausgestellt, dass dieses nicht umfangreich genug ist, und daher wird dieses Abkommen jetzt abgeschlossen und ratifiziert. Die beiden Bundesminister haben dann die Möglichkeit, weitere Details zu besprechen und zu regeln.

Warum ist das wichtig? – Bei den Auslandseinsätzen ist es notwendig, gezielte Ausbil­dungsmöglichkeiten zu haben und – für eine Armee ganz besonders wichtig – nicht nur in der Theorie das eine oder andere Problem zu behandeln, sondern auch in Übungen zu erproben, ob das, was in der Theorie gelehrt und gelernt worden ist, auch in der Praxis umgesetzt werden kann.

Das Zweite ist: Übung heißt Wiederholen, Wiederholen, Wiederholen, damit auch in einer Stresssituation ein richtiges Verhalten gegeben ist. Aus diesem Grunde bin ich sehr froh, dass dieses Abkommen endlich zustande kommt.

Als Nächstes möchte ich eine Frage im Zusammenhang mit dem Wehrrechts­än­derungsgesetz an den Herrn Bundesminister richten: Wenn ich mir den Bericht des Landesverteidigungsausschusses des Nationalrates anschaue und darin blättere, dann sehe ich dort auf Seite 3:

„Schließlich soll die Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission in ,Parla­men­tarische Bundesheerkommission‘ umbenannt und deren Stellung gestärkt wer­den.“ – Gut.

Wenn ich dann im Wehrrechtsänderungsgesetz weiterblättere, sehe ich auf einmal: „Parlamentarische Bundesheerkommission“, und dann gibt es eine Verfassungs­bestim­mung, in der steht:

„Beim Bundesminister für Landesverteidigung ist eine Parlamentarische Bundesheer­kommission für Beschwerdewesen (...) eingerichtet.“

Dann werden verschiedene Sachen „glattgezogen“, damit das überall verwendet wird. Und da frage ich mich jetzt: Warum lautet die Überschrift „Parlamentarische Bundes­heer­kommission“, dann steht hier wieder „Parlamentarische Bundesheerkommission für Beschwerdewesen“, und dann wird es wieder verkürzt dargestellt? Man muss nämlich schon eines sagen: Wenn der Titel so bleibt, dann ist er ja sehr umfassend. Ist das jetzt ein parlamentarisches Organ? Ist es ein Organ sozusagen der Exekutive? Wie schaut es hier mit der Gewaltenteilung aus? Wir haben einen Nationalen Sicher­heitsrat, wir haben sonstige Gremien und so weiter: Wer koordiniert hier? – Daher wäre meiner Ansicht nach eine Klärung vonseiten Ihrer Person, Herr Bundesminister, notwendig.

Das Nächste, was in diesem Gesetz sicher sehr gut geregelt ist, sind zum Beispiel die Verbesserungen im Stellungswesen, aber natürlich auch im Militärbefugnisgesetz, wo bei den Nachrichtendiensten jetzt klar deklariert worden ist, dass im Zusammenhang mit dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus, aber auch bezüglich der organisierten Kriminalität ein Datenaustausch erfolgen kann, und das immer so schnell wie möglich.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 64

Auch der Ausbau der ressortinternen Beratungsmöglichkeiten in Rechts-, Vermögens- und Schuldnerfragen ist auf jeden Fall eine hervorragende Maßnahme, denn es ist notwendig, dass man den Soldatinnen und Soldaten hier die entsprechende Hilfe anbietet.

Eine kleine kritische Bemerkung kann ich nicht ganz unterlassen: Wenn man von Ver­waltungsreform spricht und in Österreich einen „Round Table“ entwickelt, um zu erreichen, mit einer Zweidrittelmehrheit gewisse Verwaltungsreformmaßnahmen zu set­zen, und ich dann im § 56 Abs. 1 des Heeresgebührengesetzes lese, dass das „Bundesministerium für Landesverteidigung“ gestrichen und durch „Heeresper­sonal­amt“ ersetzt worden ist, dann frage ich mich: Ist diese Auslagerung eine Verbes­serung? Gibt es hier vielleicht mehr Verfahren? Wie schaut es mit der Aufsicht aus? Gewisse Sachen zentral zu regeln hat nämlich Vorteile, glauben Sie mir das! Das kann ich aus meiner langjährigen Erfahrung sagen.

Als Letztes möchte ich ein bisschen auf die Aufschubregelung eingehen, die jetzt neu getroffen wird. Dazu ein kurzer geschichtlicher Rückblick.

Bundesminister Dr. Werner Fasslabend hat in den neunziger Jahren den Aufschub beseitigt. Warum? – Wir waren damals der Meinung, es gibt zwei Klassen, nämlich die Klasse der Lehrlinge – Personen, die einen Lehrabschluss haben – und Hilfsarbeiter – also Leute mit keiner Ausbildung –, und dann gibt es die Studenten im weitesten Sinne. Und diese Studenten im weitesten Sinne hatten die Möglichkeit, einen Aufschub zu beantragen und bis zum 28. Lebensjahr befreit zu werden.

Welche Auswirkungen hat das gehabt? – Einerseits muss man in puncto Gleich­heitsgedanken zumindest einmal ein paar Fragezeichen anbringen. Aber es hat sich herausgestellt, dass das Studentenleben nicht unbedingt etwas ist, was die Fitness fördert. Jetzt kann man darüber denken, wie man will, aber es ist ein Faktum, dass relativ viele dieser Leute zehn Jahre nach der ersten Stellung zu einer weiteren gegan­gen sind, mit dem Ergebnis, dass sie in der Zwischenzeit untauglich geworden sind. Und dann sind sie natürlich dem Wehrdienst im wahrsten Sinn des Wortes entzogen worden. Das ist die eine Sache.

Das Zweite: Wenn Studenten ihr Studium abgeschlossen haben und eine Familie grün­den – und das ist natürlich sehr löblich –, dann musste das Bundesministerium für Landesverteidigung entsprechend Wohnkostenbeihilfe beziehungsweise Familienzu­schuss gewähren. Diese Kosten sind mit der Zeit ziemlich angestiegen, weshalb man auch aus Einsparungsgründen dann diesen Aufschub eingestellt hat.

Dritter Punkt: Man hatte damals aufgrund der geburtenstarken Jahrgänge noch einen gewissen Überschuss, Leute einberufen zu können, und dieser ist aufgrund der demo­graphischen Entwicklung – um es einmal allgemein zu sagen – verschwunden.

Man sollte das im Auge behalten, wenn man jetzt beim Aufschub einen Spalt öffnet, denn eines hat sich erwiesen, lange Jahre hindurch: Es ist günstiger, gleich nach der Matura einzurücken und nicht später. Und wenn Sie meinen, dass es für das Bun­desheer besser wäre, besonders gut ausgebildete Leute zu bekommen, dann mag das für den Grundwehrdienst schon stimmen, aber diese Leute sind in der Regel eher nicht bereit, eine Berufslaufbahn im Bundesheer einzuschlagen.

Zuletzt möchte ich noch einmal auf das Argument bezüglich der Fitness hinweisen, denn wenn ich mit der Straßenbahn fahre und mir heute unsere Studentinnen und Studenten anschaue, sehe ich nicht unbedingt immer nur fitte Leute.

Jeder Minister – egal, welcher Couleur – möchte natürlich der Bevölkerung immer wieder helfen. Und wenn einmal beim Aufschub ein Spalt geöffnet worden ist, könnte es sein, dass durch die Weisungspraxis des jeweiligen Ministers die Tür immer weiter


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 65

aufgeht und dann immer mehr Leute Aufschub beantragen. Berücksichtigen Sie bitte auch, dass dadurch ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand gegeben ist.

Daher das Resümee: Mittel- bis langfristig ist auf jeden Fall mit höheren Kosten zu rechnen. Die minimalen Angaben in den Berichten soll man im Auge behalten, und es wäre wichtig, wenn die Kosten aus dem Ruder laufen sollten, dass man vielleicht überlegt, ob man die Türe nicht wieder zumacht, auch im Hinblick darauf, dass das meiner Ansicht nach etwas gerechter wäre. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.05


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Schennach. – Bitte. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Klug.)

 


12.05.02

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! – Ich weiß jetzt nicht, was dieser „Auftrittsapplaus“ aus der letzten Reihe bedeuten soll. Ich habe dich leider akustisch überhaupt nicht verstanden. (Bundesrat Mayer: Reine Sympathie!) Reine Sympathie. Das ist ja immer nett, wenn man so ... (Bundesrat Mag. Klug: Wir haben gefragt, ob du gedient hast!) Wer hat das gefragt? Es ist hinlänglich bekannt, dass ich Zivildiener war und zehn Jahre Zivildiensteinsatzleiter. Also ich hoffe, es klappt für euch da hinten. Gut. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist ja interessant. Aber ich glaube, dass ich etwas mehr Truppen besucht habe als der Kollege Klug. (Bundesrat Mag. Klug: Das ist ein Irrtum!) Im Einsatz! Im Einsatz! (Bundesrat Mag. Klug: Ah so, ja!) Zum Beispiel war ich mit meinem Vorredner gemeinsam im Kosovo beziehungs­weise in anderen Regionen des Westbalkans.

Herr Kollege Kühnel, Ihr Bild des Studentenlebens ist irgendwie höchst ... (Heiterkeit bei der SPÖ.) Ob Sie das aus Ihrer Zeit, als Sie Ihr Doktoratsstudium gemacht haben, in das heutige ... (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Wir sehen nämlich – und das wird der Kollege Schnider bestätigen –, dass die Studierenden heute zu mindestens über einem Drittel gezwungen sind zu arbeiten, um ihr Studium zu finanzieren, anstatt zu schmausen und zu trinken. Wenn ich in der Straßenbahn fahre, kann ich a priori nicht in jedem etwas dickleibigeren Menschen einen Studenten erkennen. Ich weiß nicht, woher Sie diesen Röntgenblick haben. Aber es ist ja schon hilfreich, wenn wir heute mit dieser Novelle die Bezeichnung des Ministeriums auf „Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport“ abändern, weil die beiden Bereiche dann vielleicht näher zusammenzuführen sind.

Nun zu dieser heute vorliegenden Materie. Ich möchte gleich beim letzten Punkt an­schließen. Ich sehe schon den tiefer liegenden Gedanken, den der Herr Kollege Kühnel hier ausdrückt. Natürlich müssen wir uns in einer Gesellschaft immer fragen, die ein Bundesheer in der Weise zusammensetzt, nämlich pflichtmäßig – ich persönlich bin eher der Anhänger einer anderen Lösung, nämlich eines Berufsheeres à la longue; letztlich ist das österreichische Bundesheer eine Mischung zwischen Berufsheer und einer verpflichtenden Präsenzdienerstruktur –: Woher kommen sie, und wie setzen wir sie altersmäßig, sozial und so weiter zusammen? Das ist sicherlich etwas, was in einem demokratischen Heer immer mit zu berücksichtigen ist.

Aber anders als Sie und ganz auf der Seite der Frau Kollegin Präsidentin Zwazl sehe ich es durchaus als richtig und wichtig an, dass dem Bundesheer hoch qualifizierte junge Menschen, Männer und Frauen, angehören, die auch entsprechend ausgebildet sind.

Herr Kollege Kühnel, ich weiß, Sie waren in all unseren Auslandseinsätzen sowohl beruflich als auch später politisch vor Ort, und wir beide waren bei unserer letzten


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Reise einmal mehr überrascht, mit welcher Präzision sich die verantwortlichen Offiziere des österreichischen Bundesheeres in verschiedenen Sprachen verstehen auszu­drücken. Sie wechseln fließend zwischen englischer und französischer Darstellung und Beschreibung des Einsatzraumes und all der Implikationen. Natürlich, wenn man international unterwegs sein möchte – und wir bekennen uns zu dieser internationalen Funktion des Bundesheeres –, bedarf das einer entsprechenden Ausbildung. Und diese Ausbildung haben die Leute nach der Matura noch nicht.

Gleichzeitig halte ich es für richtig, dass es zu einer Gleichstellung mit den Zivildienst­leistenden kommt. Insofern begrüße ich das hier ausdrücklich.

Auch im Wehrgesetz wurden einige Definitionen vorgenommen, die wichtig sind, wie zum Beispiel die Definition des Einsatzes, des Einsatzraumes. Das sind ja alles Dinge, die ebenso wie die Stellung an sich neu definiert wurden.

Bei dieser Gelegenheit gebe ich Herrn Kollegem Kühnel aber recht. Wir haben hier schon länger keine wehrpolitische Debatte geführt. Es wäre vielleicht angebracht, Herr Bundesminister, wenn Sie jetzt im Rahmen Ihrer Rede über den Einsatz im Tschad, den wir seitens des Bundesrates über alle Parteigrenzen hinweg immer wieder unter­stützt haben, ein bisschen Auskunft geben, uns über die derzeitige Situation und Perspektive berichten, denn das ist ja etwas gewesen, wo immer wieder Sorgen ausgedrückt wurden. Ich war jemand, der immer gesagt, natürlich muss man sich Sorgen machen, wenn wir junge Menschen in ein gefährliches Gebiet schicken, aber es ist letztlich ihr Job. Ich war auch immer der Meinung, dass diese Entscheidung die richtige Entscheidung war.

Erfreulich ist auch, dass der Datenschutz mit den heutigen Änderungen verbessert wird, etwa beim Wehrgesetz – ich glaube, das hat noch keiner meiner Vorredner gesagt –, dass klargestellt wird, was mit den medizinischen Untersuchungsergebnissen bei der Stellung geschehen darf, dass die nur beschränkt weitergegeben werden dürfen, nämlich dann, wenn es sich um die gesundheitliche Betreuung handelt, und dass der Präsenzdiener seine Zustimmung mit seiner Unterschrift geben muss. – Ist das richtig, Herr Berichterstatter? Sie schauen so kritisch zu mir herüber. Ein Bericht­erstatter muss das ja genau wissen.

Was das Militärbefugnisgesetz betrifft, bin ich wirklich sehr erfreut, dass es eine Abänderung des ursprünglichen Entwurfs gegeben hat, und zwar diese weitreichenden Befugnisse betreffend, die da vorgesehen waren, wie Videoüberwachungen, wie der Onlinezugriff auf die Nachrichtendienste, auf öffentliche Datenbanken. Dass all das eliminiert wurde, dass das nicht im Gesetz enthalten ist, das, muss ich sagen, ist ganz, ganz wichtig.

Ein Punkt, den ich eigentlich auch sehr wichtig finde, ist: Wir werden ja eine Diskussion in anderen Zusammenhängen über die Nachrichtendienste und Geheimdienste in Öster­reich führen; wir haben ja deren drei. Jetzt beseitigen wir eine ziemlich große Lücke im Bereich Übermittlung von Informationen, die es bisher gab: Wenn die militärischen Nachrichtendienste eine Terrorgefahr wahrnehmen, und zwar nicht eine Bagatelle, sondern eine wichtige, dürfen sie nach dieser Novellierung die Polizei im Inland darüber informieren. Das war bisher gesetzlich nicht möglich. Das heißt, wenn der militärische Nachrichtendienst eine mehr oder weniger wichtige Wahrnehmung gemacht hatte, konnte er offiziell die Polizei gar nicht informieren. Diese Regelung, die jetzt getroffen wurde, schließt eine Lücke und zeigt auch auf, dass es sich dabei nicht um Bagatellen handelt.

In vielen Dingen stellt sich ja im Bundesrat die Frage des Einspruchs auch aus föderaler Sicht. Deshalb werden wir dem österreichisch-deutschen Abkommen über


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den Streitkräfteaufenthalt unsere Zustimmung geben, denn nach der Fragestellung, wie wir sie zu diskutieren haben, ist dem eine Zustimmung nicht zu verweigern.

Allerdings, Herr Bundesminister Darabos, stellt sich schon folgende Frage. Dieses Abkommen über den Aufenthalt von Truppen im jeweils anderen Land – da geht es zum Beispiel um die Durchreise, Übungen, Ausbildungen, Rettungsaktionen – folgt dem Abkommen Partnership for Peace, und dieses Abkommen folgt im Wesentlichen dem NATO-Truppenstatut. Das ist alles gut und recht. Partnership for Peace ist ja sozusagen eine gemeinsame Aktion von Nicht-NATO-Staaten mit NATO-Staaten. Das NATO-Truppenstatut ist natürlich wesentlich differenzierter, weil NATO-Truppen immer wieder innerhalb der NATO-Länder unterwegs sind.

Nur: Warum wird beim Art. 6 plötzlich dieses NATO-Truppenstatut verlassen? Da geht es nämlich um die Gerichtsbarkeit, die Durchsetzung. Eine reine Annahme: Wenn ein deutscher Soldat irgendjemanden in Österreich verprügelt, wo kann man den gerichtlich belangen? Nach dem NATO-Truppenstatut in Österreich. Wir setzen das jetzt aber aus, das heißt, wir nehmen hier nicht das NATO-Truppenstatut. Der müsste also eigentlich in Deutschland belangt werden.

Ich weiß, Herr Bundesminister, dass es quasi eine Entscheidung ist, wo und wann und in welchen Fällen es auch in Österreich möglich ist. Ich hätte es einfach logischer gefunden – und ich glaube, das ist die inhaltliche Diskussion –, wenn schon das gesamte Statut dem NATO-Truppenstatut folgt, dass man das gänzlich durchgezogen hätte. Sie haben jetzt eine andere Regelung getroffen, und Ihre ausgezeichnete Juristin hat uns das im Ausschuss auch sehr schlüssig – Herr Kollege Kühnel nickt – erklären können. In dem Sinne sehe ich hier keine Notwendigkeit eines Einspruchs. Wir werden in beiden Fällen zustimmen. – Danke. (Beifall der Bundesrätin Kersch­baum sowie bei Bundesräten von SPÖ und ÖVP.)

12.16


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dara­bos. – Bitte.

 


12.16.31

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren Bundesräte! Ich darf einmal Danke sagen, ein Dankeschön für die Zustimmung zu diesen Änderungen, zu diesen Novellen. Ich möchte vorab aber auch den Soldatinnen und Soldaten meinen Dank aussprechen.

Wir haben heute den wärmsten Tag des Jahres, und man vergisst relativ schnell, dass Österreich vor einigen Wochen von einem der größten Hochwasser seit sehr langer Zeit heimgesucht wurde. Wie schon vom Kollegen Reisenberger angesprochen wurde, war das österreichische Bundesheer sehr stark im Einsatz, sehr stark gefordert, wir waren mit über 2 200 Soldaten und Soldatinnen, 15 700 Mann-Tage, mit sehr vielen Flugstunden und mit sehr vielen Lastentransporten im Einsatz.

Man hat gesehen, dass wir eingebettet in die anderen Aufgaben des österreichischen Bundesheeres wie den hoffentlich theoretischen Fall der Landesverteidigung, wie Auslandseinsätze, wie den Assistenzeinsatz an der Grenze – auch das wurde schon angesprochen – sehr wohl in der Lage sind, solche Katastrophen gemeinsam mit anderen Einsatzorganisationen wie den Freiwilligen Feuerwehren und den Rettungs- und Blaulichtorganisationen in Österreich zu meistern. Dafür ein herzliches Danke an die Soldatinnen und Soldaten des österreichischen Bundesheeres. (Allgemeiner Beifall.)


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 68

Ich kann mich in der inhaltlichen Debatte relativ kurz fassen, das meiste wurde schon angesprochen. Ich bin der Meinung, dass diese Änderungen tatsächlich den Grund­wehrdiener als Menschen in den Mittelpunkt stellen. Das betrifft auf der einen Seite die Möglichkeit des Aufschubes. Ich kenne Ihre Haltung, Herr Bundesrat Kühnel, Sie haben diese auch schon in Ihrer aktiven Zeit beim österreichischen Bundesheer so ver­treten, wie Sie sie hier heute vertreten haben. Das ist eine legitime Haltung. Ich glaube aber, dass wir angesichts der gesellschaftlichen Situation und der Verankerung, der möglichst tiefen Verankerung des österreichischen Bundesheeres in der Bevölkerung unter Abwägung dieser Argumente gut beraten sind, das so zu beschließen, wie Sie es heute beschließen werden. Und ich gehe davon aus, dass das heute einstimmig von Ihnen so beschlossen wird.

Das Argument, dass wir damit auch höher qualifizierte Männer und Frauen zum öster­reichischen Bundesheer bringen können, hat etwas für sich. Ich bin auch der Meinung, dass wir – auch das wird ja immer wieder in der Öffentlichkeit diskutiert – damit der Miliz einen guten Dienst erweisen können, wenn wir so vorgehen, wie es in dieser Novelle hier heute beschlossen werden wird.

Ich bekenne mich – im Gegensatz zu Ihnen, Herr Bundesrat Schennach – sehr wohl zur allgemeinen Wehrpflicht. Ich glaube, dass das durchaus eine legitime Diskussion in Europa ist, aber ich habe auch sehr viel Kontakt zu meinen Kolleginnen und Kollegen aus anderen europäischen Staaten, erst unlängst zur slowenischen Ministerin, und kann Ihnen sagen, dass sehr viele Staaten, die in Richtung Berufsheer gegangen sind, diesen Schritt mittlerweile aus mehreren Gründen bereuen: Rekrutierungsprobleme, Finanzierungsprobleme, Verankerungsprobleme in der Gesellschaft. (Bundesrat Dr. Kühnel: Qualifikationsprobleme!) Qualifikationsprobleme.

Unter diesen Voraussetzungen – das ist natürlich eine politische Diskussion, die legitim ist – bekenne ich mich zur allgemeinen Wehrpflicht in Österreich – mit allen Prob­lemen, die sie uns bereitet, von den jetzt sinkenden Zahlen der Grundwehrdiener bis hin zu Diskussionen, die auch über die Miliz geführt werden, aber grundsätzlich glaube ich, dass das für einen neutralen Staat wie Österreich das richtige System ist. Wir sollten uns dieser Diskussion zwar stellen, aber unsere Position, also meine Position und die Position der österreichischen Sozialdemokratie, ist in diesem Fall klar.

Was die Bundesheer-Beschwerdekommission anlangt, möchte ich gleich an Ihre Fragen anschließen. Es ist so, dass wir einmal den Langtitel verwenden und dann weiter mit dem Kurztitel arbeiten. An den Aufgaben hat sich ja nichts verändert, und natürlich bleibt die Bundesheerkommission ein Instrument des Parlaments und nicht des Ministers, es ist ein Instrument der Legislative und nicht ein Instrument der Exekutive. Es ist ja völlig logisch, dass sich das Ministerium, das österreichische Bundesheer nicht selbst kontrollieren kann.

In den letzten Jahren hat es immer ein gutes Verhältnis zur Bundesheer-Beschwer­dekommission gegeben, weil ich – wie auch meine Vorgänger – als Minister diese Kommission nicht als Feind, sondern als Partner sehe, damit Missstände, die es wie in jedem Bereich gibt – und bei 24 000 Bediensteten ist es logisch, dass es auch dort Missstände geben wird –, durch diese transparente Arbeit, durch diese konsequente Arbeit der Bundesheerkommission verbessert werden beziehungsweise aufgezeigt und dann abgestellt werden können.

Insofern bringt die jetzige Novelle aus meiner Sicht eine weitere Qualitätssteigerung und auch eine Anerkennung der Arbeit der Mitglieder, die in dieser Kommission tätig waren, denn wir haben jetzt auch das Rederecht für die Vorsitzenden verankert – eine langjährige Forderung der Mitglieder der Bundesheer-Beschwerdekommission, jetzt Bundesheerkommission, Parlamentarische Bundesheerkommission für Beschwerde-


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 69

wesen. Ich glaube auch, dass das ein Ausdruck der Wertschätzung für dieses Gre­mium ist, und ich halte diesen Punkt für einen ganz, ganz wichtigen. Ich bin auch froh darüber, dass er angesprochen worden ist.

Wir werden ja im Rahmen des Untersuchungsausschusses über diese Dinge noch im Detail zu diskutieren haben: die Frage des Datenaustausches zwischen den Diensten des Bundesheeres und dem BVT. Es ist richtig, diese Lücke wurde jetzt geschlossen, und dies entzieht – Herr Kollege Schennach, es sei mir erlaubt, das ein bisschen polemisch zu formulieren – auch der Kritik Ihres Kollegen Pilz eigentlich die Grundlage, wenn er sagt, dass es hier keine Möglichkeit gibt, Daten auszutauschen. Mit Ihrem heutigen Beschluss ist es natürlich möglich, diese Daten auszutauschen, und ich halte das auch für richtig und wichtig. (Bundesrat Schennach: Insofern hat er ja recht: Bis heute nicht!) – Ja, bis heute, okay. Aber es ist so, dass es ihm auch bekannt war, er hat ja diesen Beschluss im Nationalrat mitgetragen.

Auf die Frage des Tschad-Einsatzes einzugehen, die Sie angesprochen haben, das würde natürlich den Rahmen sprengen; aber wenn ich vielleicht einen Satz dazu sagen darf: Ich empfinde Genugtuung – das sage ich offen –, denn am Beginn war es ein sehr schwieriger Einsatz, auch in der veröffentlichten Meinung, auch in der Unter­stützung im Hohen Haus. Die Regierungsparteien sind dazu gestanden. Es freut mich, dass Sie hier heute auch ein Bekenntnis zu diesem Einsatz abgelegt haben. (Bun­desrat Schennach: Habe ich immer!)

Es ist so, dass wir diese Horrorszenarien, die da und dort gezeichnet worden sind, Gott sei Dank vermeiden konnten. Ganz im Gegenteil, Österreich hat durch diesen Einsatz die internationale Reputation steigern können. Wir haben für Aufmerksamkeit innerhalb der UNO-Gemeinschaft gesorgt. Das wird natürlich registriert, bis hin zur höchsten Stelle, bis hin zum Generalsekretär der UNO.

Wir haben auch innerhalb des Sicherheitsrates höchstes Lob für diesen Einsatz be­kom­men. Es ist auch ein äußeres Zeichen der Anerkennung gewesen, dass wir als Republik Österreich, als österreichisches Bundesheer den Oberbefehl über die Spe­zial­einsatzkräfte im Tschad erhalten haben. Das ist ein Vertrauensbeweis auch aller anderen Truppensteller in die Kompetenz und in die Professionalität österreichischer Bundesheersoldaten im Ausland. Ich kann nur sagen, das ist eine tolle Erfolgsstory für das österreichische Bundesheer.

Wir haben auch Kompetenz für weitere Einsätze aufbauen können, möglicherweise in einem ähnlichen Gebiet. Es stehen keiner an, keine Angst, wir brauchen keine neue Diskussion zu beginnen. Aber praktisch haben wir hier an Kompetenz und Know-how dazugewonnen, und der Transformationsprozess von der EUFOR-Mission in die UNO-Mission ist geglückt. Auch das ist ja nicht selbstverständlich. Es ist jetzt eine andere Truppenstellerkonsistenz gegeben, mit anderen Staaten, aber Österreich stellt nach wie vor sein Kontingent und wird auch international anerkannt. Insofern kann man derzeit eine positive Zwischenbilanz über diesen Einsatz ziehen.

Insgesamt möchte ich mich bei Ihnen noch einmal recht herzlich für Ihre Unterstützung bedanken. Ich glaube, dass diese Novelle, die heute hier zur Diskussion gestanden ist, ein Schritt in die richtige Richtung ist, noch mehr Qualität bietet, sowohl, was die soziale Kompetenz in Richtung Grundwehrdiener betrifft, als auch, was die militärische Kompetenz und Transparenz in Richtung Datenaustausch bei den Diensten und was die Besserstellung der Parlamentarischen Bundesheerkommission für Beschwerde­wesen – ich tue mir da auch noch schwer mit dem neuen Begriff und habe noch den alten im Kopf – betrifft. Danke für Ihre Unterstützung und alles Gute! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.25



BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 70

Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Es ist dies auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Wehrrechtsänderungsgesetz 2009.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit, der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein österreichisch-deutsches Streitkräfteaufenthaltsabkommen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit, der Antrag ist somit ange­nommen.

12.26.5510. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Marktordnungsgesetz 2007, das Marktordnungs-Überleitungsgesetz, das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, das Pflanzgutgesetz 1997, das Pflanzen­schutzgesetz 1995 und das Forstliche Vermehrungsgutgesetz 2002 geändert werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2009) (687/A und 293 d.B. sowie 8165/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nun zum 10. Punkt der Ta­ges­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Hensler. Ich bitte um den Bericht.

 


12.27.17

Berichterstatter Friedrich Hensler: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich berichte vom Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zum Agrar­rechts­änderungsgesetz 2009. Der vorliegende Beschluss des Nationalrates beinhaltet in erster Linie Anpassungen an das EU-Recht. Außerdem wurden bisherige Vollzugs­erfahrungen mit den jeweiligen Rechtsmaterien umgesetzt.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher sogleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.

Ich begrüße Herrn Bundesminister Berlakovich in unseren Reihen.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt als Erste Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 71

12.28.30

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Grüne, Niederösterreich. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe bei diesem Tagesordnungspunkt an und für sich wieder ein ähnliches Problem wie beim letzten: Es ist wieder einmal eine Sam­melgesetznovelle, bestehend aus fünf Gesetzen, die im Prinzip ... (In Richtung Bun­desrat Kneifel:) Agrarrechtsänderungsgesetz – weil du mich so anschaust! (Bundesrat Kneifel: Ich bin ganz Ohr!) Ach so, du schaust so, wenn du ganz Ohr bist, okay.

Es ist eine Sammelgesetznovelle, und damit habe ich immer wieder ein Problem. Wir würden wieder einmal gerne dreien der vorgelegten Gesetzesänderungen zustimmen, werden aber daran gehindert, weil wir der Marktordnungsnovelle und dem Pflanzen­schutzmittelgesetz nicht zustimmen können. Das ist einfach nicht möglich, weil uns da landwirtschaftliche Weltanschauungen trennen, die wir heute sicher nicht werden überbrücken können. Dass die EU-Kommission und der Agrarministerrat sich auf eine Milchmarkt-Liberalisierung geeinigt haben und den Milchpreisverfall jetzt mit Exportsubventionen auffangen wollen, können wir nur zur Kenntnis nehmen, wir können es aber hier auf nationaler Ebene so nicht mit unterstützen.

Ich denke, das ist logisch erklärt, denn dadurch sehen wir keinerlei Lösung des wirklichen Problems. Das wirkliche Problem ist, dass wir kostendeckende Erzeuger­preise brauchen würden, um damit für die Milchbetriebe wirkliche Zukunftsperspektiven zu schaffen. Aber durch diese Milchmarkt-Liberalisierung werden wir uns von den kostendeckenden Erzeugerpreisen noch weitaus mehr entfernen, als wir jetzt schon davon entfernt sind.

Als Konsumentin lege ich außerdem Wert darauf, dass wir uns in der Landwirt­schaftspolitik nicht zu sehr auf Exportsubventionen konzentrieren, sondern dass ich als Konsumentin in Österreich vielmehr Qualität bekomme. Ich möchte auch österreichi­sche Qualität, und ich weiß, ich bin nicht die Einzige, sondern es gibt sehr viele, die das wollen. Doch diese österreichische Qualität ist in Österreich leider in vielen Be­reichen immer öfter nicht zu bekommen, und das ärgert sehr viele.

Auf der anderen Seite wollen die Landwirte von ihrer Arbeit leben, und zwar von ihrer Arbeit und nicht von Subventionen! Das ist eben die landwirtschaftspolitische Weltan­schauung, die uns da offenbar doch einigermaßen trennt. In erster Linie geht es nämlich auch darum, dass Landwirte immer mehr von Subventionen leben müssen, die im Prinzip relativ unabhängig von ihrer Arbeit und eher abhängig von der Größe ihres Betriebes sind. Diese Ungerechtigkeit müsste man endlich beseitigen. (Bundesrat Perhab: Das sind Ausgleichszahlungen ...!)

Es gäbe die Möglichkeit, diese Ungerechtigkeiten der Betriebsprämienregelung zu be­seitigen. Dies würde auch der EU-Gesundheits-Check im Prinzip anstreben, aber nach dem, was wir jetzt mit dieser Marktordnungsnovelle vorliegen haben, wird es offenbar in Österreich nicht angestrebt. Es wird sich nicht viel an den Zahlungen ändern.

Eine Ungerechtigkeit ist es deshalb, weil, wie schon gesagt, die großen Betriebe viel, die kleinen Betriebe weniger bekommen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Bei den Betriebs­prämien sind es 13 Prozent der Betriebe, die rund 51 Prozent der Betriebs­prämien kassieren. Das ist ein Kritikpunkt, den wir schon sehr häufig genannt und angeführt haben. (Zwischenruf des Bundesrates Perhab.) Durch diese Novelle ändert sich daran und an dieser Kritik sicherlich nichts.

Wir haben es ja vorhin schon gehört: Es ist kein Unterscheid zwischen großen und kleinen Wirtschaftsbetrieben und den Bedürfnissen von großen und kleinen Wirt­schaftsbetrieben. – Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Ich sehe da große Unter­schiede, und ich denke, es gibt auch sehr große Unterschiede in den Bedürfnissen


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 72

zwischen großen und kleinen Landwirtschaftsbetrieben. Diese sollte man endlich einmal zur Kenntnis nehmen und auch bei den Förderungen berücksichtigen.

Ein weiterer Kritikpunkt, den wir bei dieser Novelle anbringen, ist, dass der Herr Um­weltminister immer wieder sehr gerne auf seine Kompetenzen verzichtet. Dem Herrn Landwirtschaftsminister werden immer wieder Verordnungskompetenzen eingeräumt, die ihn ein bisschen zum Kaiser der Bauern machen. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich meine, es wäre schon schön, wenn auch bei landwirtschaftlichen Themen Trans­parenz Einkehr halten würde, wenn Dinge wie Milchkontingente und anderes in einem Parlament besprochen und nicht einfach nur vom Minister verordnet werden, sodass keiner mehr mitreden kann und keiner mehr wirklich etwas davon erfährt. (Beifall des Bundesrates Schennach.) Transparenz und Offenheit in der Agrarpolitik wäre ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Na ja, ich bin gespannt, was Sie dazu sagen. Vielleicht besprechen Sie es ja heute mit uns, aber das würde mich wundern. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Ein zweites Gesetz in dieser Sammelgesetznovelle, das wir ablehnen, ist die Änderung des Pflanzenschutzmittelgesetzes. Unser Problem ist die Ausweitung der vereinfachten Zulassung. Im Ausschuss ist es heftig diskutiert worden, und bei einigen meiner Kolle­gen von der ÖVP ist es auf ziemliche Liebe gestoßen. Das ist eine Liebe, die zum Beispiel Herr Kollege Preineder im Ausschuss gezeigt hat: Wie schön es doch ist, wenn jetzt das alles so einfach zugelassen wird!

Ich persönlich war immer froh darüber, dass es schon noch Unterschiede bei den zugelassenen Pflanzenschutzmitteln – oder sagen wir „Spritzmittel“ dazu – in Öster­reich und zum Beispiel in Holland oder Spanien gibt. Ich finde es nicht so erstrebens­wert, dass es erleichtert wird, dass sämtliche Pflanzenschutzmittel dort und da gleich verwendet werden können. Einmal in Europa zugelassen, werden sie auch bei uns ohne weitere Kontrolle relativ einfach zugelassen. Bei mir als Konsumentin stößt das nicht auf Gegenliebe, mir stößt es eher sauer auf.

Der zweite Punkt ist, wie kontrolliert werden soll, ob nicht zugelassene Pflanzen­schutz­mittel, die irgendwo herumliegen, gelagert werden, um sie dann zu entsorgen, oder ob sie nicht vielleicht doch noch verwendet werden. Wie das kontrolliert werden soll, sehe ich im Gesetz nicht geregelt. Ich weiß nicht, ob Sie eine Verordnung dazu erfinden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es wirklich kontrollierbar ist. (Bundesrat Preineder: ... landesgesetzliche Vorschriften! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich kann mir nicht vorstellen, dass es kontrollierbar ist, auch wenn es landesgesetzliche Vorschriften gibt.

Als Konsumentin lege ich außerdem Wert darauf, dass unser Trinkwasser sauber bleibt. Um die Sauberkeit des Trinkwassers zu gewährleisten – und es gibt gerade bei uns in Niederösterreich immer wieder Probleme mit der Belastung von Trinkwasser­quellen –, ist ein besonders strikter Umgang mit Pflanzenschutzmitteln erforderlich. Eine Zulassung von möglichst vielen weiteren Pflanzenschutzmitteln ist einfach kontra­produktiv. Diese Rückstände müssen ja dann auch im Wasser untersucht werden, und das bedeutet natürlich noch mehr Aufwand.

Sprich: Letztendlich ist das, was wir hier vorliegen haben, eine Lockerung des Pflan­zenschutzmittelgesetzes! Das ist ein Schritt in die falsche Richtung, und deshalb werden wir dieser Lockerung natürlich nicht zustimmen. Da es eine Sammelgesetz­novelle ist, können wir dem gesamten Gesetz, der gesamten Novelle nicht zustimmen.

Weil es bei Kollegem Mayer vorher auf Unverständnis gestoßen ist, wenn wir einmal ja, einmal nein sagen und insgesamt dann nein sagen müssen: Irgendwie habe ich wirk-


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lich ein Problem mit den Sammelgesetznovellen, und ich denke, dieses Problem hatten oft schon wir alle. Irgendwann einmal wird es so weit sein, dass wir eine Bundesrats­sitzung haben, in der 31 Tagesordnungspunkte in eine Sammelgesetznovelle kommen, und wir können ein Mal die Hand heben und ja oder nein sagen. Ist das erstrebens­wert? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich würde mir wünschen, dass wir es hier schaf­fen, Diskussionen zu einzelnen Tagesordnungspunkten zu führen, die irgendwie ge­glie­dert sind und irgendwie miteinander zusammenhängen.

Dieses Zusammenschmeißen von Gesetzen, die in Wirklichkeit nichts miteinander zu tun haben und nicht voneinander abhängig sind, ist einfach kontraproduktiv. Deshalb ist es sehr wohl ein Recht der Opposition, ja eigentlich auch eine Verpflichtung der Opposition, immer wieder darauf hinzuweisen, dass das der falsche Weg ist. Gerade im Landwirtschaftsministerium werden leider immer solche Sammelgesetznovellen vorgelegt – ich kann mich an fast nichts anderes mehr erinnern –, sodass wir darauf hinweisen müssen, dass wir sie leider gerade dann ablehnen müssen, wenn wir, wie auch in diesem Fall, einige der Vorlagen für ganz gut empfinden.

Es wäre schön, wenn sich irgendwann einmal ein Ministerium daran halten würde, dass man Gesetze auch getrennt abstimmen kann. Dann können wir auch zustimmen. (Beifall der Bundesräte Schennach und Dönmez.)

12.37


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Jany. – Bitte.

 


12.37.11

Bundesrat Reinhard Jany (ÖVP, Burgenland): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin, meine Vorrednerin, ein paar Worte muss ich zu Ihrem Beitrag sagen! Sie haben die österreichische Qualität ange­sprochen. Es gibt beste österreichische Qualität! Wir Bauern produzieren beste Qua­lität, nur müssen Sie im Regal auch auf diese Qualität zugreifen. (Bundesrätin Kerschbaum: ... aber nicht im Handel!) Sie müssen nur auf diese Qualität zugreifen! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Kerschbaum: Kaufen Sie einmal im Handel einen österreichischen Knoblauch, einen österreichischen Lauch!) Dann müssen Sie fragen, ob es ein österreichischer Knoblauch ist oder woher er kommt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zu den Ausgleichszahlungen für die landwirtschaftlichen Betriebe zwischen Groß und Klein ein paar Worte: Die Ausgleichszahlung bekommen wir Bauern für den Preisverfall seit dem EU-Beitritt. Wir haben bis zu 50 Prozent unseres Einkommens durch den EU-Beitritt verloren. Das muss man auch sagen!

Zum Pflanzenschutzmittel, das Sie auch angesprochen haben: Es wird sehr streng kon­trolliert! Ich weiß es von mir: Man muss das Mittel in einem Schrank versperren. Das wird vom Land kontrolliert. Man muss Aufzeichnungen darüber führen, wo man es verwendest und was man verwendet. Viel genauer geht es nicht mehr! Es wird sehr genau kontrolliert, in jedem Bundesland in Österreich.

Ich möchte nun zum Agrarrechtsänderungsgesetz kommen. Die Bauern haben damit Rechtssicherheit, Sicherheit auch für die Jugend und in Zukunft für die Jungbauern. Die Verhandlungen haben zwar lange gedauert, aber es ist zu einer Einigung gekom­men, die wichtig für unsere bäuerlichen Betriebe ist. Eine Nicht-Umsetzung hätte für die Bauern in Österreich einen Schaden von zig Millionen € bedeutet.

Vor allem für die Milchbauern sind die Maßnahmen des Milchpaketes wichtig, denn auf dem Milchmarkt ist die Situation derzeit sehr schwierig. Die Änderungen auf dem Milchmarkt durch eine schärfere Saldierungsregelung, durch die Einführung der


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Milchkuhprämie, das Nicht-Aufstocken der Quoten und die vom EU-Agrarministerrat bis 2010 verlängerte Intervention von Milchpulver bringen den Bauern sicherlich für die Zukunft eine Hilfestellung.

Die Entwicklung der Preise findet europaweit statt, sie ist sicherlich nicht zufrieden­stellend und für die Milchbauern existenzgefährdend. Wenn ein Betrieb mit zehn Milchkühen 600 € an Milchkuhprämie bekommt und einer mit 20 Kühen 1 000 €, dann kann das zwar nicht den Verlust abdecken, aber es hilft.

Die Lage auf den heimischen und europäischen Milchmärkten ist derzeit dramatisch. Märkte gingen verloren. In Rezepturen, wo Milch enthalten war, wurde sie zum Teil schon bis zu einem Drittel durch pflanzliche Fette und Eiweißstoffe, durch Imitate, ersetzt. Das hat die Milch verdrängt.

Diese Entwicklung kann nicht ohne Auswirkungen auf den österreichischen Milchmarkt bleiben. Mit dem Agrarrechtsänderungsgesetz leisten wir eine wichtige Hilfe für unsere Milchbauern. Diese erbringen viele Leistungen. Sie produzieren nicht nur gesunde Lebensmittel, sie erhalten auch die Landschaft, speziell im Berggebiet. Auch im vor- und nachgelagerten Bereich in der Lebensmittelindustrie sichern sie bis zu 500 000 Arbeitsplätze.

Achten wir darauf, dass es auch in Zukunft so bleibt! Der Bauernbund wird sich dafür einsetzen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Mitterer und Zangerl.)

12.41


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mitterer. – Bitte.

 


12.41.15

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich stimme mit den Vorrednern darin überein, dass wir eine hervorragende Landwirtschaft in Österreich haben, dass unsere Landwirte mit viel Aufwand qualitätsvolle Lebensmittel – und nicht Nahrungsmittel – erzeugen und wir da zugreifen sollten. Die Entscheidung liegt im Großen und Ganzen allerdings auch beim Konsumenten, der das angeboten bekommen muss – sowohl im Handel als auch in der Gastronomie.

Ich spreche jetzt als Landwirt und als Gastronom: Bei uns ist es selbstverständlich, dass Speisen in der Speisekarte extra gekennzeichnet werden, und sogar der Name des Bauern, von dem sie kommen, angeführt wird. Wenn das gut und vor allem glaubhaft gemacht wird, wenn der Konsument beziehungsweise, wenn er in der Gastronomie konsumiert, der Gast, das Gefühl hat, darauf vertrauen zu können, dass das beispielsweise wirklich ein Almochs vom Drautal ist, dann greift er auch zu. Wobei er dafür natürlich das nötige Geld in der Tasche haben muss.

Es ist auch klar, dass diese heimischen Produkte aufgrund unserer Produktionskosten teurer sind als in Massen hergestellte Lebensmittel aus den übrigen Ländern. (Ruf bei der ÖVP: Das ist richtig!) Deshalb ist es auch ganz wichtig, dahingehend Politik zu machen, dass die Kaufkraft der Bevölkerung so stark ist, dass sie sich das Gute in Österreich auch leisten kann.

Die Agrarpolitik der EU wurde einem sogenannten Gesundheits-Check unterzogen. Es wurde beschlossen, etwa in der Mitte zwischen 2007 und 2013 einen Test durchzu­führen und festzustellen, ob die gesetzten Maßnahmen auch greifen. Dann muss man hier und da eben Anpassungen vornehmen, das ergibt sich daraus.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 75

Eine der Hauptaufgaben beziehungsweise einer der Punkte war ein Marktordnungs­gesetz. Die Vereinfachung der Betriebsprämienregelung sollte hier dargestellt werden.

Zum Unterschied von meinem Vorredner, Herrn Jany, der ja praktizierender Landwirt aus dem Burgenland ist, bin ich der Meinung, dass diese Regelungen, die hier getrof­fen wurden, nicht zugunsten der Milchbauern ausgehen werden. Es wird ja ein Aus­laufen der Milchquote angeregt und eine Milchkuhprämie neu eingeführt – wie gesagt, mit allen Übergangsfristen.

Es wird tatsächlich zu Einkommensverlusten der Milchbauern kommen, das ist eine Tatsache. (Zwischenruf des Bundesrates Jany.) Bei der Saldierung gibt es keine zufriedenstellende Lösung; das wurde von uns im Ausschuss und auch im Nationalrat aufgezeigt. Es bestand die Chance, eine Regelung zu treffen, dass nicht gelieferte Milchmengen ausgetauscht und aufgeteilt werden können, doch auch dazu gibt es keine Regelung. Das war letztlich auch der Grund für die BZÖ-Fraktion im Nationalrat, dieses Gesetz nicht mitzutragen – und auch wir werden dieser Regelung heute selbst­verständlich nicht zustimmen. (Beifall des Bundesrates Mag. Ebner.)

12.44


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Bun­des­rat Kalina. – Bitte.

 


12.44.54

Bundesrat Josef Kalina (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolle­ginnen, liebe Kollegen! Wir habe heute hier viele Punkte zu verhandeln. Ich möchte mich ganz speziell auf einen konzentrieren, der eben Anlass zu dauerhafter Sorge gibt: das ist der Milchsektor. Ich möchte zwei Dinge erwähnen, die in diesen sehr zähen Verhandlungen leider zu kurz gekommen sind, die aber gerade in Zeiten wie diesen wichtig sind. Das eine ist: Wir haben jetzt wieder viele in- und ausländische Gäste hier im Land und müssen, glaube ich, wirklich dafür sorgen, dass der freie Zugang zum Wald, zum Beispiel zum Radfahren oder Schwammerlsuchen, das so beliebt ist, offen bleibt. Sie haben sich nicht sehr bewegt, um das wirklich klar abzu­sichern. Da sollten wir mehr tun. Auch die AGES, diese wichtige Agentur gehört noch abgesichert.

Da wir hier viele Punkte haben, möchte ich mich aber, wie gesagt, heute in dieser kurzen Zeit auf den Milchsektor und auf die dortigen riesigen Probleme konzentrieren. Dazu kann man, denke ich, jetzt nur resümieren: Wir machen einen ganz, ganz winzig kleinen Schritt, um dort zu helfen. Deswegen gehen wir mit. Man muss es so sagen: Wir gehen da ohne Begeisterung mit, weil aus unserer Sicht gerade in diesem Bereich viel mehr und Grundsätzlicheres nötig wäre, um den Milchbauern tatsächlich zu helfen.

Die SPÖ wird dem, wie gesagt, zustimmen. Die Verhandlungen mit der ÖVP in diesem Bereich dauerten, wie Sie ja selbst wissen, sehr lang, sie waren zäh. Was letztendlich den Ausschlag gegeben hat, war, dass wir uns nicht dem Vorwurf aussetzen wollen und auch faktisch nicht wollen, dass Fördergelder eventuell in der EU beziehungsweise in Brüssel liegen bleiben.

Trotzdem sollte man sich auch fragen, warum denn diese Verhandlungen so zäh sind, warum so wenig Bewegung da ist, warum auf Ihrer Seite da so ein Beharren da ist, obwohl die Probleme gerade im Milchsektor so groß sind. Geht es da wirklich um die kleinen Bauern, geht es da wirklich um den Milchbauernsektor oder um etwas ganz anderes? (Zwischenruf des Bundesrates Jany.)

Ich habe hier etwas mitgebracht. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Mein Kollege Kurt Gaßner hat im Nationalrat daraus zitiert. Sie sehen, das ist so ein dickes


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 76

Papier, es ist ein Strategiepapier des Bauernbundes in dem es um die Frage des Milchmarktes geht – und um andere Fragen natürlich auch.

Da sehen wir, dass der ÖVP-Bauernbund eigentlich schon über ganz andere Dinge nachdenkt und sich eigentlich viel mehr um andere Marktsektoren Sorgen macht als um die Milchbauern, nämlich um die verarbeitende Industrie und um Raiffeisen. (Heiterkeit des Bundesrates Mag. Klug.) Hier steht zum Beispiel wörtlich: „Grundvor­aus­setzung ist eine geschlossene Vorgangsweise von Bauernbund,“ – also ÖVP – „Landwirtschaftskammer Österreich und Raiffeisen.“ – Bei der Frage der Unterstützung der Milchbauern. Das steht hier als Titel, aber das ist offensichtlich in Wahrheit die Sorge. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesrat Preineder: Ist das etwas Schlech­tes?!) – Herr Kollege, wo bleiben in dieser Troika aus Bauernbund, Landwirtschafts­kammer und Raiffeisen die Bauern? Wo sind die? Die kommen da gar nicht vor!

Das ist die Frage. Deshalb glaube ich, dass das so schwierig ist mit Ihnen: weil eben schon andere Interessen dahinter stehen. Ich glaube aber, wir müssen trotz allem konstatieren, dass dieses System auseinanderbricht; das hält nicht mehr, Sie merken das selbst.

Ich finde an sich auch, dass das gut ist. Es ist gut für Österreich, für uns gar kein Prob­lem, für mich und meine Partei schon gar nicht. Das wirkliche Problem an der Debatte ist etwas anderes, nämlich dass in diesem Auseinanderbrechen des Systems die Schwächsten, gleichzeitig aber die Fleißigsten auf der Strecke bleiben werden und dass Sie sich offensichtlich – das ist meine Interpretation – nicht mehr darum die meis­ten Sorgen machen, sondern eben um die Troika aus Bauernbund, Landwirtschafts­kammer und Raiffeisen. Das ist meine Sorge. (Bundesrat Perhab: Das ist in der Stadt Wien auch so!) – Den Weinbauern und den Gemüsebauern in Wien geht es halbwegs gut, die sind, glaube ich, ganz gut versorgt. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Hören Sie mir zu, Sie haben noch drei Redner zu diesem Tagesordnungspunkt. Hören Sie mir zu!

Was uns Sorge macht, sind zwei Fragen, nämlich: Wer würde sich um die Menschen in diesen Regionen kümmern, die dann ihren Arbeitsplatz verlieren? Es sind Tausende davon bedroht. Wer würde dort Arbeit schaffen? – Erste Frage. Das ist unsere Sorge, nicht die Troika, die da von Ihnen beschützt wird. Und die zweite Sorge ist: Wer würde diese Landschaft, die dieses Land so prägt und so wichtig ist für alles, sozusagen weiter am Leben erhalten?

Darüber müssen wir uns Sorgen machen, und daher glauben wir, dass Sie sich bei dieser heutigen Novelle, mit Verlaub, einfach zu wenig bewegt haben, der Sache zu wenig auf den Grund gegangen sind und zu wenig in die richtige Richtung gegangen sind!

Ich kann Ihnen dazu auch ein paar kurze Beweise bringen, die alle nicht aus dem „Dunstkreis“ der SPÖ kommen. Ich zitiere Ihnen – eine Kollegin hat das auch im Nationalrat zitiert – etwas von der Ortsbauernschaft aus Vöcklabruck, also ein Beispiel aus Oberösterreich. Da schreiben die Ortsbauern in Vöcklabruck in ihrer Zeitung – das gehört einmal gesagt, zum Nachdenken –:

Täglich schließen neun Bauernhöfe mit 97 Kühen in Österreich für immer die Stall­türe. – Zitatende.

In der gleichen Ausgabe der Vöcklabrucker Ortsbauern steht: Und die Industriebetriebe erhalten die größeren Agrarsubventionen, zum Beispiel Rauch, Fruchtsafthersteller, 9,5 Millionen €. – Zitatende.

Das schreibt der Bauernbündler in Vöcklabruck.


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Wir haben auch ein wunderbares Beispiel aus der Steiermark; das stand in der Weizer Bezirkszeitung. Da wird über eine Diskussion berichtet, an der alle Agrarsprecher teilgenommen haben, sowie über eine Veranstaltung der IG-Milch. Ich will nicht alles zitieren, aber die Schlüsselpassagen sollten Sie sich schon anhören. Vonseiten der Milchbauern wird nämlich über eine Aufbruchstimmung berichtet, dass die Bauern sich zusammenschließen und für ihre Interessen etwas tun. Dann steht: demonstrieren in Wien. – Das haben sie auch früher lange gemacht, aber jetzt nicht mehr so. (Heiterkeit des Bundesrates Mag. Klug.)

Ich zitiere weiter: Auf der Rückfahrt war freilich die völlige Absenz der Vertreter der ÖVP, des Bauernbundes und der Landwirtschaftskammern sowohl beim Parlament als auch im Anschluss vor dem Landwirtschaftsministerium. Sämtliche Bauern waren über dieses Versteckspiel und Trauerspiel wahrlich angefressen. – Zitatende. Das schreibt die der SPÖ nicht nahestehende Weizer Bezirkszeitung über die Lage in der Steier­mark!

Ich habe noch ein Beispiel, ein ganz aktuelles, von Anfang Juli aus Niederösterreich. Da berichten die „NÖN“ über die Bauern aus dem Ybbstal, wo die Situation besonders schlimm war, dass sich von den dort Betroffenen, die gekündigt wurden, 49 zu der Freien Milch gemeldet haben und nur mehr 210 zu ihrer Troika. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Da steht: „Entzündet hatte sich der Streit nicht zuletzt ().“ (Bundesrat Perhab: Die sind da gut aufgehoben!) – Worum geht es denn? Das sagen die Bauern, nicht ich! Das sagt der Herr Hubert Buchinger. „Das hätte für uns eine totale Versklavung bedeutet ()“, sagt ein Bauer, der bis vor Kurzem noch im Bauernbund bei Ihnen war.

Ich finde, Sie sollten das ernst nehmen, weil das ja deren ernste Probleme sind. Daher finde ich es schade, dass wir  (Bundesrat Keuschnigg: Das ist kein Sach­argu­ment!) – Jetzt sind wir einmal bei der Analyse. Daher ist es schade, dass wir uns nicht weiter bewegt haben. Ich sage Ihnen, was fehlt: Es fehlen strengere Bestimmungen, dass wir die Überlieferung zum Beispiel in den Griff bekommen, dass der Preis nicht weiter sinkt. Zum Beispiel das zu tun, waren Sie eben nicht bereit. (Ruf bei der ÖVP: Doch!)

Es ist schade, dass daran nicht gedacht wurde. Es ist daher, glaube ich, richtig, dass der Bundeskanzler fordert, diesen Bereich grundsätzlich zu durchleuchten. Dieses Fördersystem ist nicht in Ordnung. Sie hören bei jeder zweiten Veranstaltung, dass die Großen – auch dazu gibt es Klagen; ich kann das aus Zeitgründen nicht wiederholen – ganz viel bekommen, die Kleinen jedoch teilweise mit Almosen abgespeist werden.

Wir müssen in diesen Fragen eben rascher sein als bisher, denn die Bauern haben keine Zeit mehr, denen steht die Milch sozusagen bis zum Hals. Daher: Wenn wir diese gentechnikfreie, oft biologische Landwirtschaft in Österreich erhalten wollen, müs­sen wir uns in Zukunft rascher und entschlossener bewegen, als wir das heute tun. Wir müssen in diesem System den Zerstörern Einhalt gebieten, denen, die regelmäßig die Milch überliefern und so den Preis drücken. Das wäre sinnvoll. Wir sollten, so wie wir und auch andere das gefordert haben, jene belohnen, die weniger anliefern, um den Preis zu erhalten, damit die Bauern einen vernünftigen Preis bekommen.

Ich möchte ganz zum Schluss noch etwas erwähnen, ohne allzu viel Zeit in Anspruch zu nehmen. Herr Minister, das war jetzt ganz aktuell, nämlich gestern der EU-Milchmarktbericht. Da fällt eben auch ein gewisses Ungleichgewicht in der Bewertung auf. Sie haben gestern sehr sanft zu diesem EU-Milchmarktbericht gesagt: Über diesen Bericht wird man noch reden müssen! – Weil er eben zu wenig bringt in dieser Frage.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 78

Ihre Kollegin Köstinger, die vor kurzem für die ÖVP ins EU-Parlament gewählt wurde, ist da schon viel deutlicher, und ich glaube, da sollten wir als Österreich gemeinsam deutlicher sein. Sie sagt ganz klar: EU-Milchstudie bietet weder Lösungen noch Hilfe.

Das ist zu kurz. Das bringt den Bauern nicht die notwendige Entlastung, damit sie von ihrem Produkt wieder leben können. So lange wir aber keine Alternativen haben, ein anderes System, etwas anderes, wovon die Leute dort leben könnten, sollten wir schauen, dass das nicht in den nächsten Monaten oder Jahren den Bach hinuntergeht. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesräte Dönmez, Kerschbaum, Schennach und Mitterer.)

12.55


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Berlakovich. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: Sehr rührend!)

 


12.55.10

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte es für wichtig, dass wir heute hier das Agrarrechts­ände­rungsgesetz diskutieren, vor allem mit dem zentralen Punkt, der ja auch jetzt diskutiert wurde, nämlich Novelle des Marktordnungsgesetzes, um eben der Milchwirtschaft in einer wirklich extrem schwierigen Situation zu helfen.

Herr Bundesrat Kalina, wenn Sie hier präsentieren, dass der Bauernbund zu Geschlos­senheit der Bauern argumentiert, dann hat das ja keinen Neuigkeitswert. Es ist ja gerade so, wie wenn die SPÖ sagen würde, wir wollen, dass die Arbeiter geschlossen auftreten. Es überrascht ja niemanden, dass der Bauernbund zu Geschlossenheit aufruft! Auch im Nationalrat haben Sie so getan, als wäre das ein großes Geheimnis, das nun gelüftet wird, dabei ist das eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

Im Übrigen halte ich dieses Gesetz im Gegensatz zu Ihnen auch nicht für einen winzigen Schritt, um den Milchbauern zu helfen. Es ist ein entscheidender Schritt. Denn: All jene, die lautstark fordern, man müsse den Milchbauern helfen, können hier bei dieser Novelle beweisen, ob sie es wirklich tun wollen oder nicht.

Alles, was da an Möglichkeiten debattiert wurde, bedeutet nur, dass jenes Geld, das im Health Check im Vorjahr unter meinem Amtsvorgänger ausgehandelt wurde, die Finanz­mittel, die Milchkuhprämie, die jeder einzelne Bauer bekommt, erst durch dieses Gesetz möglich wird. Die EU fordert von uns ein, dass wir am 1. August der Euro­päischen Union mitteilen, ob wir das Geld, das für Österreich reserviert ist, auslösen oder nicht. Wenn wir dieses Gesetz nicht beschließen, dann muss mein Ministerium melden: Nein wir lösen das Geld nicht aus! Daher ist es wichtig, dass dieser Beschluss zustande kommt.

Sie haben es ja selbst offenkundig gemacht: Es ist Ihnen oft bei diesen Verhandlungen gar nicht so sehr um die Milchwirtschaft gegangen, sondern um die Öffnung des Waldes, um die AGES und um alle möglichen anderen Dinge, offensichtliche Junktime, die damit verbunden wurden, die aber mit der Milchwirtschaft null zu tun haben.

Es ist ja bekanntermaßen so, dass der Wald offen ist. Jeder kann sich unter Einhaltung der Gesetze im Wald bewegen: Mountainbiker, Radfahrer und Schwammerlsucher. Es kann ja alles passieren. Und es steht außer Streit – ich habe das mit dem Kollegen Stöger auch besprochen –, dass die Finanzierung der AGES abgesichert wird. Ich habe mich nie dagegen gewehrt, ich bin dafür, und das passiert ja auch. Was aber hier passiert, ist eine echte Hilfe für die Milchbauern.

Noch einmal nur zur Erinnerung: Die Situation ist so entstanden, weil der Milchpreis vor ein, zwei Jahren gut, sehr gut war. Daraufhin wurde in Europa die Produktion ange-


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heizt – und plötzlich brechen wichtige Märkte weg. Etwa der chinesische Markt: Sie erinnern sich an die gepanschte Milch, wo es sogar tote Kinder gegeben hat, 300 000 Kinder im Spital, dieser Markt ist weggebrochen. Auch der osteuropäische Markt bricht weg. Und jetzt – weil viele, auch ich, zu Konsumpatriotismus appellieren –geht der Milchkonsum auch in Österreich zurück.

Frau Kollegin von den Grünen, es stimmt ja nicht, wie Sie sagen, man bekomme keine österreichische Lebensmittelqualität. (Bundesrätin Kerschbaum: Schwieriger, immer schwieriger in vielen Bereichen!) – Das stimmt ganz einfach nicht! Gehen Sie in die Supermärkte und Sie bekommen österreichische Spitzenqualität. Die Landwirtschaft, die österreichische Lebensmittelwirtschaft, egal in welchen Bereichen, Milch, Fleisch, Getreideprodukte und so weiter, ist imstande, Spitzenprodukte zu bringen. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Kerschbaum.) – Saisonale Produkte, das ist richtig, die wir ja auch im Sinne des Klimaschutzes propagieren. Es gibt Erdbeeren oder Kirschen aus Österreich eben nur in der Saison, nicht ganzjährig. Da propagieren wir im Sinne des Klimaschutzes auch kurze Wege.

Aber zurück zur Novelle. – Der entscheidende Punkt ist, dass wir jetzt durch das Wegbrechen der Märkte in Europa eben ein Überangebot an Milchprodukten haben – und die Nachfrage ist nun mal nicht so groß. Daher war es das vorrangigste Ziel unserer österreichischen Agrarpolitik und auch von Kollegen in Europa, Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht zu bringen.

Daher halte ich es für richtig, dass wir die EU erfolgreich bewegt haben, in den Markt einzugreifen. Bisher hat die EU immer gesagt: Freier Markt, alles regelt sich von selbst, Agrarprodukte sollen dort produziert werden, wo Gunstlage ist, und wo keine Gunstlage ist, brauchen wir das nicht! – Das hieße für Österreich: keine Bergland­wirtschaft. Dagegen sind wir strikte, weil wir eine flächendeckende bäuerliche Bewirt­schaftung wollen – dies im Bewusstsein dessen, dass es natürlich schwer ist, Betriebe gegen den Marktdruck zu halten. Aber wir tun es trotzdem.

Daher war es wichtig, dass sich die EU bewegte und contre cœur, gegen ihre ur­sprüng­liche Linie, sagte: Wir greifen in den Markt ein und machen private Lager­haltung! Das heißt, es wird Butter- und Milchpulver aus dem Markt auf Lager gekauft. Und die EU macht auch Exporterstattung. Das heißt, außerhalb des europäischen Marktes werden die Milchprodukte verkauft. Anmerkung: Das wird nicht deshalb getan, um in den Entwicklungsländern die Landwirtschaften sozusagen zu ruinieren! Das war eine Anmerkung vieler auf europäischer Ebene, auch meine, dass die EU dafür Sorge tragen muss.

Aber wichtig ist, Markt zu räumen, und ein Teil des Milchberichtes, den ich sehr wohl kritisch sehe, ist es, dass es uns erfreulicherweise gelungen ist, dass die EU diesen Markteingriff ausweitet. Diese Möglichkeit wäre jetzt im August ausgelaufen, nun wird das aber bis nächstes Jahr, 2010, ausgeweitet, und zwar mit der Option, dass dies auch 2011 geschieht, was einfach ein richtiger Schritt in dieser schwierigen Situation ist. Im Hinblick darauf besteht Hoffnung, dass sich die Preise dadurch erhöhen.

Auch ich meine, dass der Milchbericht zu wenig engagiert ist. Ich wäre dafür gewesen, dass es in Europa zum Einfrieren der Quotenerhöhung kommt. Das ist im Zusam­menhang mit der Milchquote im Vorjahr verhandelt worden, doch dazu war die Gemeinschaft nicht zu bewegen. Ich kann aber durch die Gesetzesnovelle die einprozentige Quotenerhöhung beibehalten, dass nicht sozusagen eine zusätzliche Produktion angeheizt wird. – Das zu diesem Punkt.

Dass die EU überlegt, eine Exporterstattung für Käse vorzunehmen, ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt.


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Die Milchkuhprämie, die versprochen wurde, wird durch das Gesetz möglich. Sie wird mit den EU-Mitteln national kofinanziert, es haben sich also Bund und Länder dies­bezüglich verpflichtet, und mit den zusätzlichen Förderungsmitteln aus dem Recovery Plan werden wir die von meinem Vorgänger versprochenen 50 Millionen € für die Milchwirtschaft tatsächlich aufbringen.

Ein wichtiger Punkt ist die mehr oder weniger von allen Rednern angesprochene Saldierung. Damit wir diesbezüglich keiner Falschinformation unterliegen, halte ich fest: In etwa die Hälfte der österreichischen Milchbauern überschreiten ihre Quote, und das geht quer durch, es handelt sich dabei sowohl um große als auch um viele kleine Betriebe. Man kann halt eine Kuh nicht sozusagen „abstellen“, sondern die Kuh gibt eben Milch, und daher überschreiten einerseits viele, und zwar auch kleine Milch­bauern ihre Quote und liefern andererseits manche zu wenig.

Die Saldierung bedeutet, dass es in diesem Bereich einen Ausgleich gibt. Ich bekenne mich dazu, dass jene, die das System ausnutzen und extrem überliefern, gemäß dieser Novelle stärker zur Kasse gebeten werden. Diese zahlen dann eine Zusatzabgabe. Laut EU-Reglement geht dieses Geld in die EU und bleibt nicht in unserem nationalen Bereich, obwohl ich glücklich wäre, wenn wir dieses Geld für Maßnahmen hier bei uns verwenden könnten. Es verhält sich jedoch so wie erwähnt. Neben vielen anderen Dingen, die in dieser Gesetzesnovelle enthalten sind, halte ich das für ganz notwendig.

Zu der immer wieder zitierten Groß-Klein-Debatte: Ich meine, damit lässt sich trefflich politisieren und auch ideologisieren. Das, was immer wieder vorgehalten wird, dass sozusagen die Firma XY – wie etwa die Firma Rauch – Gelder aus dem EU-Agrartopf bekommt, hat ja auch einen Sinn. Diese Firma bekommt beispielsweise Geld dafür, dass sie bei der Getränkeproduktion europäischen Zucker verwendet.

Das geht uns bei der Milch ab: Das Problem, das wir auf dem Milchmarkt haben, ist, dass die Lebensmittelindustrie, weil der Milchpreis hoch war, gesagt hat: Milch raus aus der Rezeptur! So findet sich etwa im europäischen Speiseeis keine Milch mehr. Die Milch wird durch Pflanzenfett, vornehmlich Palmfett beziehungsweise Kokosfett aus Übersee ersetzt, und in diesem Bereich brechen etwa 30 bis 40 Prozent des Milchmarktes weg. Und weil die Industriebetriebe in Europa keinen Zuschuss für die Milch – so wie Rauch im Fall des Zuckers – bekommen, sagen sie: Wir bedienen uns auf den Märkten, Pflanzenfett ist billiger zu bekommen!

Ich meine, das ist ein ernstes Thema. Selbstverständlich muss man den Konsumenten auch informieren. Deswegen bemühe ich mich auch im Hinblick auf den Kunstkäse um eine entsprechende Produktkennzeichnung. Jeder Mensch würde erwarten, wenn er Pizza kauft, dass Käse darauf ist, anstatt dass irgendwo kleingedruckt geschrieben steht, dass es sich eigentlich um ein Imitat handelt und nur ein Prozent Käse und der Rest Pflanzenfett, zum Beispiel Kokosfett ist.

Es geht um Produktwahrheit. Wenn der Konsument sagt, dass er das will, dann soll er das kaufen können! Es soll aber zumindest erkennbar sein, was er da kauft. Das gilt auch für Schummelschinken und vielen andere Produkte.

Noch einmal zur Groß-Klein-Debatte: Der Sinn und der Erfolg des österreichischen Umweltprogramms für die Landwirtschaft ist, dass möglichst viele Betriebe daran teilnehmen: Bauern bekommen einen ökologischen Leistungslohn dafür, dass sie etwa Biobauern sind und auf Pflanzenschutz oder Dünger verzichten et cetera.

Ziel muss es dabei vor allem sein, dass hier möglichst alle mittun, auch die flächen­stärkeren Betriebe. Wenn größere Betrieben keine Prämie beziehungsweise keinen ökologischen Leistungslohn bekommen, machen sie beim Umweltprogramm nicht mit. Daher sollte man das entideologisieren und Interesse an der Ausnützung des Prämien-


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systems haben. 80 Prozent der Betriebe bringen 90 Prozent der österreichischen Fläche ein, die jetzt nachhaltig ökologisch und teilweise auch biologisch bewirtschaftet wird.

Wir sollten den Sinn dieses Umweltprogramms nicht durch eine Ideologiedebatte zwi­schen Großen und Kleinen schmälern. Ich weiß, dass da gut zu argumentieren ist. Das ist aber fachlich nicht korrekt. Wir würden einen gegenteiligen Effekt erzielen, dass dann nämlich viele Betriebe sagen: Wenn unsere Beschränkung in der Produktion nicht ausgeglichen wird, dann gehen wir auf den Markt und produzieren auf Teufel komm raus, und zwar nicht unbedingt im ökologischen Sinn! – Ich meine, das ist in niemandes Interesse, auch nicht in Ihrem Interesse!

Ich ersuche Sie daher um Fairness in dieser Debatte! Hier gilt das Interesse natürlich den kleineren Betrieben. Sie bekommen aliquot von den Prämien mehr. Im Zusam­menhang mit dem Health Check wurde zum Beispiel ausverhandelt, dass es bei jenen Betrieben, die weniger als 5 000 € bekommen, gar keine Kürzung gibt. Das sind immerhin 65 Prozent der Betriebe in Österreich. Alle Betriebe, die größer sind, unter­liegen Kürzungen aus dem Health Check, der sogenannten Modulation. Diese Mittel fließen dann in die ländliche Entwicklung zurück.

Das wird ernst genommen, und er bevorzugte Fokus liegt auf den kleineren Betrieben, die es natürlich auf den Märkten doppelt schwer haben.

Ich hoffe insgesamt, dass wir durch all diese Maßnahmen Zug um Zug viele Schritte umsetzen, um unsere heimische Milchwirtschaft zu unterstützen, und daher bin ich Ihnen dankbar für Ihre Zustimmung, auch der SPÖ und allen, die das unterstützen, weil es einfach ein entscheidendes Signal auf einem wirklich schwierigen Weg für die Milch­wirtschaft ist! (Beifall bei der ÖVP.)

13.05


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Tiefnig. – Bitte.

 


13.05.57

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister, ein herzliches Dankeschön für diese Antworten! Ich danke Ihnen aber auch dafür, Herr Minister, dass Sie sich immer wieder dafür engagiert haben, dass dieses Agrarrechtsänderungsgesetz zustande gekommen ist. Bitte richten Sie meinen besonderen Dank auch Herrn Nationalratsabgeordnetem Fritz Grillitsch aus!

Es war natürlich nicht immer leicht, mit Herrn Gaßner darüber zu sprechen, und auch die heutige Argumentation Herrn Kalinas beweist wieder die unterschiedlichen An­schau­ungen der beiden Koalitionspartner im Bereich der Agrarpolitik. (Zwischenruf des Bundesrates Stadler.) Gott sei Dank wurde dieses Agrarrechtsänderungsgesetz noch in diesem Halbjahr beziehungsweise vor der Sommerpause beschlossen. Somit kann es im August in Kraft treten, und das ist wichtig, damit die Milchkuhprämie dement­sprechend umgesetzt und die Mutterkuhprämie weitergeführt werden kann.

Es ist aber auch besonders wichtig für jene Betriebe, die neu in die Landwirtschaft ein­steigen, dass auch die Neueinsteigerregelung wiederum gesichert ist. Wichtig für die Zukunft in der Landwirtschaft ist aber auch eine Verlängerung der Härte- und Son­derfälle-Richtlinie.

Herr Bundesrat Kalina, ich bin sicher, dass Sie das mit den Sorgen und Ängsten um die Bauern ernst meinen! Als praktizierender Landwirt im Bezirk mit der größten Milchproduktion Österreichs, nämlich im Bezirk Braunau, sehe ich das täglich: Ich erhalte täglich Anrufe und bekomme die Sorgen unserer Milchbauern zu spüren, die


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zurzeit nicht kostendeckend wirtschaften können. Das zu ermöglichen ist eine Aufgabe für die Zukunft.

Der erste Schritt ist, dass die Saldierung gestaffelt wurde und nicht gänzlich abge­schafft wird, denn in diesem Bereich würde sonst Geld nach Brüssel fließen und der heimischen Landwirtschaft nicht mehr zum Ausgleich zur Verfügung stehen.

Ein weiterer Punkt ist die Qualität. Meine Vorredner haben das schon bekundet: In Österreich gibt es im Milchbereich für bis zu 90 Prozent der produzierten Menge das AMA-Gütesiegel, im Fleischbereich gibt es das AMA-Gütesiegel und verschiedene Qualitätsrichtlinien. Es ist also leicht möglich, Qualität aus Österreich zu kaufen. Und wenn Kollegin Kerschbaum – die leider wieder einmal nicht im Saal ist – Knoblauch aus Österreich haben will, dann kann ich ihr diesen aus Eferding zur Verfügung stellen. Sie soll ihn natürlich nicht hier im Saal essen, denn manch einer verträgt Knoblauch nicht! (Zwischenruf des Bundesrates Boden. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ein weiterer Punkt ist natürlich das Thema Milchaustausch. 30 bis 40 Prozent der Milchprodukte in der Industrie wurden ausgetauscht. Zum Beispiel wurde die Bäcker­butter durch pflanzliches Fett ersetzt. – Ich glaube, es ist eine Aufgabe der Euro­päischen Union, nicht zu fördern, dass Urwälder im asiatischen Raum geschlägert werden, um Palmen zu pflanzen, sondern dafür zu sorgen, dass pflanzliche Fette wieder durch Milchfett ersetzt werden und nicht umgekehrt!

Ein weiterer Punkt ist auch das Thema Imitatkäse. In Brasilien müssen Leute verhun­gern, trotzdem wird Eiweiß aus Brasilien für die Lebensmittelproduktion in Europa verwendet. Man weiß auch nicht, ob hier gentechnisch verändertes Soja verwendet wird oder nicht. – All diese Punkte sind zu durchleuchten, diesbezüglich ist die Euro­päische Union gefordert.

Ich danke unserem Minister auch dafür, was er im Bereich der Gentechnik vor einigen Monaten erreicht hat. Ich glaube, es ist richtungweisend, wo die Agrarpolitik hingeht. Es geht vor allem um die Sicherheit der Lebensmittel und auch um die Sicherheit – wie Kollegin Kerschbaum vorhin gesagt hat – im Pflanzenschutzbereich. Mit der Cross Com­pliance ist Sicherheit bei den Pflanzenschutzkontrollen gegeben. Diesbe­züglich werden die Landwirte strengstens kontrolliert, es werden auch die Geräte zur Ausbringung jährlich überprüft. Es ist also Schutz gegeben, dass nicht zu viel Pflanzenschutzmittel in die Gewässer geraten, sondern dass entsprechend dosiert wird, damit keine Belastung für die Menschen gegeben ist.

Ich danke noch einmal dafür, dass dieses Gesetz im Sinne unserer Bäuerinnen und Bauern zustande gekommen ist. Wir müssen aber trotzdem weiter kämpfen, damit auch die klein strukturierte Landwirtschaft in Österreich erhalten bleibt. Unsere Bauern haben das verdient, und ich glaube, mit unserem Minister Berlakovich werden wir auch in Zukunft den richtigen Weg gehen! Ich danke für die Aufmerksamkeit! Wir werden diesem Gesetz natürlich zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.10


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Diesner-Wais. – Bitte.

 


13.10.36

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Prä­si­dentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren im Bundesrat! Ich bin stolz auf unseren Bäuerinnen und Bauern in Österreich, die wirklich gesunde Nahrungsmittel erzeugen und diese auch zum Verkauf anbieten.

Frau Kollegin Kerschbaum, Sie bekommen in all unseren Geschäften Nahrungsmittel aus Österreich, und wenn Sie diese dort nicht vorfinden, dann finden Sie sie beim


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Bauern direkt vor! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe des Bundesrates Boden sowie der Bundesrätin Kerschbaum.)

In der sehr klein strukturierten Landwirtschaft in Österreich produzieren unsere Bauern nicht nur Lebensmittel, sondern pflegen auch die Landschaft und erzeugen Energie aus nachwachsenden Rohstoffen, was ganz wichtig für die Zukunft ist.

Da es nicht immer einfach ist, in der Landwirtschaft unter wechselnden Bedingungen zu arbeiten – ich erwähne jetzt nur die Witterung und die sich ständig ändernde Preis­situation –, ist es, wie ich meine, umso wichtiger, dass wir als politische Vertreter mittelfristig planbare Rahmenbedingungen schaffen, um den Bauern eine gewisse Sicherheit zu geben.

Die heutige Agrarrechtsnovelle trägt dazu bei. Wie wir heute schon zur Genüge gehört haben, befindet sich die Sparte Milchwirtschaft momentan in einer nicht sehr einfachen Situation. Durch den niedrigen Milchpreis ist die Produktion in vielen Gebieten nicht mehr kostendeckend, und die Situation ist daher teilweise sogar Existenz bedrohend. Gründe dafür sind – wie wir auch schon gehört haben – der Anstieg der Produktion, das Wegbrechen einzelner Märkten in verschiedenen Ländern, die Verwendung von Ersatzstoffen für Milch und natürlich auch die Kampagnen, die von der Arbeiterkammer bezüglich der teuren Lebensmittel gefahren wurden. Ich glaube, Letztere waren auch nicht sehr förderlich! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ja, stimmt.

Da Herr Bundesrat Kalina vorher den Zusammenhang zwischen Bauernbund, Kammer und Raiffeisen angesprochen hat, möchte ich sagen: Die Bauern sind dort überall vertreten, und zwar sehr maßgeblich, und haben auch ein Mitspracherecht. Es sind dies wirklich jene Institutionen, die ein Netzwerk bilden, das sich für die Bauern ein­setzt, und es ist gut, dass es dieses gibt. Wir wollen dieses Netzwerk natürlich auch in Zukunft bestmöglich aufrechterhalten. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie haben den „NÖN“-Artikel über das Ybbstal angesprochen. Als Niederösterreicherin habe ich mich betroffen gefühlt, und ich sage dazu, dass es in der Zeit von Hoch­preisen Bauern gab, die aus den Molkereigenossenschaften ausgetreten sind, weil sie geglaubt haben, sie können ihre Milch so besser vermarkten. Allerdings sind sie dann alle Hilfe schreiend und reumütig wieder zurückgekehrt, und jene, die Sie so sehr kritisieren, sind jene, die diesen Bauern auch in Zukunft Hilfestellung geben und darauf achten werden, dass sie ihre Milch wieder absetzen können.

Sie haben auch den Wald, der eigentlich nicht zur Thematik gehört, angesprochen: Es hat hier wirklich jeder freien Zugang zum Wald. Ich glaube, in Österreich hat Eigentum noch einen Wert, und das ist auch wichtig so, und das soll auch in Zukunft so sein. Ich nehme nämlich an, auch Sie wollen nicht, dass jemand in Ihren Garten geht und dort alles Möglich tut, was Sie nicht wollen!

Kommen wir jetzt wieder zur Agrarrechtsänderungsgesetz-Novelle. Diese ist wirklich wichtig, damit man auch für die Zukunft planen kann. Es wurde schon angesprochen, dass wir unter zeitlichem Druck stehen, denn wir müssen bis 1. August in Brüssel melden, ob wir die Health Check-Maßnahmen umsetzen, damit wir die 12 Millionen € von Brüssel abholen können, die von Bund und Land kofinanziert werden. Damit können wir 2010 die gestaffelte Mutterkuhprämie in Höhe von 26 Millionen € und zu­sätzlich Investitionsförderungen und Weideprämien, also ein Gesamtpaket von 50 Mil­lionen € an unsere Bauern auszahlen, und zwar dank allen, die nicht nur Lippen­bekenntnisse dazu machen, sondern heute tatsächlich die Hand dafür heben.

Dieses Gesetz bietet aber auch unserem Bundesminister Berlakovich die Möglichkeit, die im Rahmen von Health Check beschlossene Quotenerhöhung auszusetzen, und


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das würde er für dieses Jahr auch durchführen. Hiebei geht es um 29 000 Tonnen, und dafür sage ich herzlichen Dank!

Es kann auch die Mutterkuhprämie weiterhin entkoppelt bleiben, und die Unterstützung in Härtefällen wird ausgedehnt.

Die Saldierung wurde heute auch schon angesprochen: Diese wird verschärft, und ich finde, dass das gut und gerecht ist.

Geschätzte Damen und Herren! Wir machen Politik für unsere Bäuerinnen und Bauern, und wer das auch von sich behaupten will, der stimmt heute diesem Gesetz zu: im Sinne der Milchbauern! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

13.16

13.16.20

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Nun gelangen wir zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

13.16.4611. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird (UVP-G-No­velle 2009) (271 d.B. sowie 8136/BR d.B. und 8166/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Nun kommen wir zum 11. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat  Boden. Ich bitte um den Bericht.

 


13.17.00

Berichterstatter Karl Boden: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe Ihnen den Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird (UVP-G-No­vel­le 2009).

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte. (Bundesrat Konecny: Schon wieder!)

 



BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 85

13.17.55

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Grüne, Niederösterreich. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Bundesrat Perhab: Das ist jetzt kein Sammel­gesetz!) – Das ist kein Sammelgesetz. Es gibt aber leider trotzdem Gründe, diesem Gesetz nicht unsere Zustimmung zu geben.

Ich habe vorhin vorgeschlagen, dass wir uns jetzt nur mehr bei Gesetzen zu Wort melden werden, denen wir nicht zustimmen, um zu begründen warum. Wenn ihr das auch so haltet, dann sind wir heute superschnell! Das könntet ihr vielleicht auch so handhaben. (Zwischenruf des Bundesrates Kneifel.) Ihr müsst euch auch daran halten! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Novelle des UVP-Gesetzes lehnen wir auch ab.

Sie geht auf ein drohendes Vertragsverletzungsverfahren zurück: Die Kommission hat beanstandet, dass schutzwürdige Gebiete im österreichischen UVP-Gesetz zu wenig berücksichtigt sind. Die Liste der schutzwürdigen Gebiete und der Schwellenwerte in den schutzwürdigen Gebieten wurde nun aufgrund dieses drohenden Vertrags­verlet­zungsverfahrens erweitert.

Das ist einerseits positiv. Diese erzwungenen Änderungen führen zwar zu mehr Um­welt­verträglichkeitsprüfungen, allerdings auch zu mehr verkürzten Verfahren, und ver­kürzte Verfahren bedeuten, dass dabei weder Bürgerinitiativen noch NGOs Par­teien­stellung haben. Man gesteht zwar zu, dass gewisse Projekte in schützenswerten Gebieten mehr Umweltschäden anrichten können, dass das heikler ist und dass man da eher untersuchen muss. Man sperrt aber diejenigen von dieser Untersuchung aus, die Probleme mit diesen Projekten haben, nämlich Bürgerinitiativen und NGOs.

Ein weiteres Problem, das für uns mit dieser Novelle wieder nicht gelöst wurde, ist, dass es den Rechtsschutz für NGOs in Verfahren nicht wirklich gibt und dass Be­scheid­auflagen im Nachhinein nicht mehr wirklich kontrolliert werden.

Das gilt vor allem für die verkürzten Verfahren, gilt aber in Wirklichkeit leider auch für die normalen, für die „ausgiebigen“ UVP-Verfahren.

Im Prinzip sollte ein Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren den Sinn haben, das Allgemeingut der Umwelt vor allzu zerstörerischen Eingriffen durch Projekte Einzelner zu schützen; dies besonders in sensiblen Gebieten. Wäre der Bundesregierung tat­sächlich daran gelegen, in diesem Bereich Verbesserungen zu schaffen, dann hätte man auch mit NGOs und Bürgerinitiativen darüber reden können, wo die Probleme liegen und was bei einem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz verbessert werden müsste. Offensichtlich war dies nicht der Wille der Bundesregierung, sondern nur die Verhinderung von Vertragsverletzungsverfahren. Aber der Wille, in diesem Land sinnvolle Umweltverträglichkeitsprüfungen zu schaffen, ist nicht gegeben.

Im Prinzip ist es so – ich habe diesbezüglich einiges miterlebt –, dass die Wirtschaft oder auch das Bundesministerium, ASFINAG et cetera, Einrichtungen, die eben Groß­projekte planen, Umweltverträglichkeitsprüfungen leider immer als störend, aufhaltend und sonstiges sehen, und viel weniger als Vorprüfung des Projekts, durch die geklärt werden kann, wo Probleme auftreten können und was geändert werden soll, damit ein Projekt umweltverträglich gestaltet werden kann.

Das ist auf der einen Seite das Problem, dass eben Projektwerber Umweltverträglich­keitsprüfungen nur als „Pfui gack!“ erleben.

Auf der anderen Seite ist es so, dass Bürgerinitiativen und NGOs bei der Umweltverträglichkeitsprüfung immer wieder sachliche Argumente vorbringen, diese sachlichen Argumente inzwischen ja auch schon durch Gutachten untermauern müs-


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sen und letztendlich von den Sachgutachtern vor Ort mehr oder weniger „abg’schasslt“ werden. Ich habe auch schon miterlebt, dass vom Umweltministerium zu einem Projekt sehr sachliche Argumente gekommen sind und die Verhandlungsleitung – in dem Fall war es das BMVIT – einfach drübergefahren ist. Solche Arten von Umweltverträg­lichkeitsprüfungen sollte es künftig in Österreich nicht mehr geben. Mit dieser Novelle erreichen wir das allerdings leider nicht.

Die Forderungen der NGOs und Bürgerinitiativen werden in dieser Novelle, wie gesagt, nicht berücksichtigt. Eine Forderung wäre zum Beispiel ein voll konzentriertes Ver­fahren, was auch der Wirtschaft entgegenkommen würde. Das gibt es in vielen Bereichen nach wie vor nicht. Da gibt es nach wie vor zusätzliche Verfahren, wie Wasserrecht, Forstrecht et cetera, die nicht in der Umweltverträglichkeitsprüfung abge­handelt werden und dadurch natürlich auch keine Parteienstellung von den Bürger­initiativen beinhalten.

Wir würden uns erwarten, dass ein Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, das sich auf Energieeffizienz und Klimaschutz beruft, diese Punkte auch wirklich als Genehmi­gungskriterien berücksichtigt und nicht nur ein Konzept vorschreibt, das, wenn es nicht entspricht, trotzdem keine Auswirkung auf die Bescheinigung der Umweltverträglichkeit des Projekts hat.

Wir würden uns erwarten, dass man sich irgendwann einmal darüber Gedanken macht, wie es sich Bürgerinitiativen und NGOs leisten können, an Umweltverträglichkeits­prüfungen teilzunehmen. Sachgutachten, das ist bekannt, sind normalerweise nicht billig, die kosten ein paar Tausend Euro. Wenn ich als Bürger in meiner Umgebung ein Projekt habe, von dem ich annehme, es könnte die Umwelt gefährdet sein, dann muss ich dafür nicht nur sehr viel Zeit, sondern inzwischen auch sehr viel Geld für Gutachten investieren. Das ist einfach nicht gerechtfertigt. (Bundesrat Perhab: Die Gegner finanzieren!) Wenn jemand ein Projekt umsetzen will, dann muss derjenige auch dafür aufkommen, dass die Umweltverträglichkeit gewährleistet ist, und dass dieses auch geprüft werden kann.

Es sollen nicht die BürgerInnen, die rundherum wohnen, Zeit und Geld investieren müssen, um eine Gefährdung nachzuweisen oder um vielleicht auch Verbesserungen zu erwirken.

Wir würden uns ein Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz wünschen, bei dem das Umweltministerium für die Umweltverträglichkeitsprüfungen immer zuständig ist, auch in Bereichen, die das BMVIT betreffen – Straßenbau, Flughafen et cetera. Dass hier die Verhandlungsleitung nicht beim Umweltministerium liegt, finde ich sehr schade, weil so, wie es beim Straßenbau ist, verhandelt das Bundesministerium über ein Projekt von der ASFINAG und die ASFINAG setzt eigentlich nur ein Projekt um, dass das Bundesministerium gerne hätte – dass da auf zusätzliche Umweltauflagen kein gesteigerter Wert gelegt wird, ist naheliegend.

Ich denke, das wäre wirklich etwas, das man massiv verbessern könnte, wenn man die Kompetenzen verschiebt. Wie gesagt, es wäre schön, wenn Sie sich auch einmal im Umweltbereich mehr Kompetenzen schnappen würden, und nicht immer nur in der Landwirtschaft. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ein weiteres Problem, das wir noch sehen, ist, dass die Schwellenwerte jetzt zwar zum Teil verbessert worden sind, dass sie in vielen Bereichen aber dennoch viel höher sind als in anderen Ländern. Bei einem Schigebiet zum Beispiel liegt bei uns der Schwel­lenwert für UVP-Pflicht bei einer Größe von 20 Hektar, in Südtirol bei fünf Hektar. Oder bei Einkaufszentren – da kann ich Ihnen in Niederösterreich einige Beispiele anführen, wo jetzt wieder Einkaufszentren geplant sind, das ist ein Wildwuchs, der offenbar nie


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aufhören wird; Einkaufszentren sind UVP-pflichtig bei zehn Hektar Fläche. In Deutsch­land braucht man bei nur fünf Hektar Fläche schon eine Umweltverträglichkeitsprüfung.

Ich denke, da kann man noch einiges nachbessern. Die Verbesserungen, die jetzt durchgeführt worden sind, werden leider durch einen Bereich mehr oder weniger wieder aufgehoben, und zwar ist das jener des öffentlichen Interesses. Es steht zwar jetzt nicht mehr wortwörtlich drin, aber dieses induzierte öffentliche Interesse an Kraft­werksprojekten, das wahrscheinlich auch weitere Umweltverträglichkeitsprüfungen künftig verhindern wird, das können wir so nicht unterstützen. Wir wollen gute ... (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich.) – Nein, gar nicht. Sie werden mir dann sicher erzählen, wie das anders ist. Wenn Sie all unsere For­derungen in dieser Novelle berücksichtigt haben, dann werden Sie mir das sicher noch korrigieren können.

Unser Problem ist, dass Kraftwerke damit möglicherweise zum Teil nicht mehr UVP-pflichtig sein könnten. Unser Problem ist, dass Feststellungsverfahren ohnehin nicht von Bürgerinitiativen beantragt werden können. Das ist nicht ein Teil der Novelle, sondern das ist ein Teil, der der Novelle fehlt. Deshalb werden wir, auch wenn es kein Sammelgesetz ist, dieser Novelle nicht zustimmen. (Beifall bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

13.26


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Keuschnigg. Ich erteile es ihm.

 


13.26.48

Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass das UVP-Gesetz Emotionen weckt, ist ja nichts Neues, das ist geradezu zwangsläufig.

Österreich hat beim Umweltschutz, aber auch in den Fragen Bürger- und Anrainer­beteiligung, Schutz der Bürgerinteressen ein hohes Niveau erreicht, das teilweise einen extrem hohen Aufwand sowohl bei den Projektbewerbern, aber auch gleichzeitig in der Verwaltung mit sich bringt.

Stichwort Verwaltungsreform: Wir müssen, wenn Gesetze optimiert werden, selbst­ver­ständlich immer darauf schauen, was für eine Bedeutung das für die Verwaltung hat. Wir reden von Reduzierung der Verwaltungskosten und haben aber auf der anderen Seite extrem komplexe Gesetze.

Ich möchte nur ein oder zwei kleine Beispiele nennen, um die Seriosität, die hinter diesen Umweltverfahren steckt, zu demonstrieren. In Tirol hat derzeit ein Projekt, das Grenzkraftwerk Inn im Oberinntal, alle Projektentwicklungsschritte durchschritten und hat bisher einen Kostenaufwand – ohne dass noch irgendeine Baumaschine aufge­fahren ist – von 18 Millionen € verursacht. 18 Millionen €, ich habe es noch einmal in Schilling umgerechnet, 252 Millionen Schilling (Bundesrätin Kerschbaum: Mit UVP oder nur für die Planung?) für die gesamte Projektierung inklusive der gesamten UVP.

Jetzt kann bei diesem extrem hohen Aufwand niemand mehr sagen, dass nicht alle Details, alle Facetten, die so ein großes Projekt auch für die Volkswirtschaft, für die Arbeitsplätze und für die Regionalentwicklung, aber selbstverständlich vor allem für die Umwelt und für die Anrainer und Bürgerinteressen mit sich bringt, dass diese nicht ausreichend berücksichtigt worden sind.

Oder das Beispiel TIWAG. Die TIWAG plant vier Kraftwerke mit Projektentwicklungs­kosten in der Höhe von 70 bis 80 Millionen €.


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Ich sage Ihnen, da gibt es noch Beispiele, die unter die Haut gehen. Kollege Bock lebt im ländlichen Raum, wo es so etwas gibt. Im Pitztal gab es in den letzten zehn Jahren Schigebietsverhandlungen um die Gründung von Gletscherschigebieten, um ein Tal aus dem Entwicklungsnotstand zu befreien und ein historisch unterentwickeltes Tal in eine gewisse Konjunktur zu führen; jahrelange Prozesse, um diese Ausgewogenheit insgesamt herbeizuführen.

Jetzt sage ich, das ist richtig. Aber wenn es um solche Aufwände geht, wenn derart viel investiert wird, ist es auch die Verpflichtung der Politik, die Prozesse zu optimieren. Allein die Optimierung von Verwaltungsabläufen ist konjunkturfördernd, und wir haben das jetzt notwendig.

In der Bundesrepublik Deutschland ist ein Investitionsbeschleunigungsgesetz be­schlos­sen worden – mit einem einzigen Instanzenzug zum Bundesverfassungs­ge­richt –, um eben in dieser dramatischen wirtschaftlichen Situation gegensteuern zu können.

Davon sind wir zwar weit entfernt, aber wenn man sich diese Straffung, die da jetzt vorgenommen wird, anschaut, kann man nur sagen, dass das wirklich zu unterstützen ist. Und worum geht es hier im Detail? – Es geht darum, dass mündliche Verhand­lungen unter Umständen ausbleiben können, wenn vorher kein Einwand erhoben wurde. Man kann, wie ich meine, sehr wohl von jedem erwarten, dass, wenn derart langfristige und weitreichende Projekte verhandelt werden, ein Einwand rechtzeitig gemacht wird – beziehungsweise dass dann, wenn sozusagen ohnehin schon die hundertste Studie auf dem Tisch liegt, auch einmal Schluss der Debatte gesagt wird, wenn ohnehin schon alle Facetten ausreichend gewürdigt wurden.

Herr Bundesminister, zur Frage Weiterentwicklung der Bürgerbeteiligung: Der Elektro­nische Akt, die Zurverfügungstellung von Unterlagen auf elektronische Art und Weise stellt zweifelsohne einen Fortschritt dar. Indirekt wird uns ja unterstellt, dass wir eine nicht offensive Umweltpolitik betreiben würden, was jedoch unrichtig ist. – Was geschieht, ist, dass die Effizienz der Verwaltung, der Prüfung gesteigert, aber in keiner Weise ein Eingriff in Bürgerrechte oder Umweltrechte gemacht wird.

Was mich besonders freut, ist ein kleines Detail – ich habe das immer wieder mit Freiberuflern erlebt –, dass nämlich die öffentliche Hand, wenn sie Studien, wenn sie Informationen zur Verfügung hat, diese auch den Projektbewerbern zur Verfügung stellt, dass man also ein Anrecht darauf hat, Dinge, die schon einmal mit viel Geld erworben worden sind, in einem Verfahren einzubringen, sich auf das stützen zu können, denn da geht es um die Vermeidung sinnloser Kosten.

Herr Bundesminister Berlakovich, ich möchte Ihnen zu diesem neuen UVP-Gesetz gratulieren: Das war ja oft – wir haben es alle miterlebt – eine wirkliche Gratwan­derung, und gerade in wirtschaftlichen Zeiten wie diesen, wo man sich nicht mehr alles leisten kann, ist dieses Ergebnis nicht zu unterschätzen. Es geht also nicht nur um die Umwelt, nicht nur um die Wirtschaft, sondern darum, beide zusammenzubringen, was eben hiemit gelungen ist: Die UVP wurde weiterentwickelt, wurde verbessert, und es gibt Straffungen, wo eben gestrafft werden kann.

Jetzt liegt ein Gesetzentwurf vor, den man wirklich nur unterstützen kann – und wir von der Österreichischen Volkspartei werden das mit Vergnügen tun. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

13.32


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Ertl. – Bitte.

 



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13.33.06

Bundesrat Johann Ertl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Ich kann mich den Ausführungen von Frau Kollegin Kerschbaum inhaltlich nur anschließen und möchte sagen: Es ist kein Geheimnis, dass viele Organisationen beklagen, dass es im UVP-Verfahren keine Ergebnisoffenheit gibt; so gut wie jedes Verfahren wird positiv abgeschlossen. Das bringt natürlich auch eine immense Zeitverzögerung mit sich. Öffentlichkeitsarbeit ist in vielen Bereichen eine notwendige und oft lästige Pflichtübung. Dabei zeigt gerade der letzte UVP-Bericht auf, dass im Zusammenhang mit Trassenvorhaben die Verfahrens­dauer halbiert werden konnte, die Verfahrensdauer bei Anlagenvorhaben aber gleich geblieben ist.

Mit der gegenständlichen Gesetzesnovelle werden jedoch Parteienrechte einge­schränkt und diesen wird die Schuld an der langen Verfahrensdauer gegeben. Es gibt aber auch andere, die ein Verfahren verzögern, so zum Beispiel, wenn ein Projekt­werber Unterlagen nicht vollständig einreicht – und Tatsache ist auch, dass Behörden Verfahren verschleppen.

Seitens der Wirtschaft ist es jedenfalls zu begrüßen, dass die Verfahrensdauer verkürzt wird, jedoch ändert sich dadurch nichts an den strukturellen Problemen. Und es war doch auch bis dato so: Wenn ein Bundesland ein Projekt gewollt hat, hat das Land dafür gesorgt, dass das UVP-Verfahren rasch durchgezogen wurde, dass aber auf der anderen Seite, wenn ein Bundesland ein Projekt nicht wollte, jede Verzögerung zuge­lassen wurde.

Das würde doch einen Anreiz darstellen, einmal zu überlegen, ob man UVP-Verfahren nicht bereits in der Planungsphase starten sollte; dann könnte ein UVP-Verfahren die Planung des Projekts sozusagen bereits begleiten und man könnte so wesentlich mehr Zeit gewinnen.

Diese Gesetzesnovelle aber macht uns unglaubwürdig, was Österreichs Umweltpolitik betrifft, wenn man beispielsweise nur bedenkt, welche Position Österreich zur Atom­kraft hat – und dann kommt ein Gesetz wie dieses zur Anwendung. So wird Österreich unglaubwürdig, was die Position unseres Landes Temelín gegenüber betrifft, was Österreichs Position Tschechien gegenüber und ebenso in Bezug auf die Atomkraft selbst betrifft.

Mit diesem Gesetz wird Österreich sozusagen zu einem verlängerten Arm einer Gruppe von Lobbyisten gemacht, die es sich offenbar immer noch richten kann, wie sie es braucht. (Zwischenruf des Bundesrates Preineder.)

Es kann doch nicht angehen, dass zwar der kleine Häuslbauer alle Auflagen Punkt für Punkt erfüllen muss, hier aber ein Gesetz beschlossen wird, wo alles anders ist, denn: Mit dieser UVP-Gesetzesnovelle wird die völlige Zersplitterung eines Projekts einge­räumt, bis es sozusagen unter dem Schwellenwert liegt. So etwas hatte doch bereits negative Auswirkungen bei einem Hochhausprojekt in Wien, ebenso beim Flughafen­projekt. Wenn Projekte nicht mehr zusammengeführt werden, hat das schwerwiegende und weitreichende Folgen. (Präsident Preiner übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, denken Sie doch nur an den Ausbau des AKW Temelín: Stufe 1 und Stufe 2 – und jetzt stehen Ausbaustufe 3 und 4 bevor. Wenn es nach diesem unserem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz geht, brauchen diese Stufen nicht mehr zusammengezählt zu werden, denn nach der Diktion dieses Gesetzes ist dieses Projekt ein ganz neues. – Wo ist denn da bitte die Logik?!


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Mit diesem Gesetz wird Österreich kein guter Dienst erwiesen, denn unter dem Deck­mantel Verfahrensbeschleunigung wird nur eines betrieben: die Verminderung von Bürgerinnen- und Bürgerrechten in Österreich – und das ist nicht in Ordnung!

Mit diesem Gesetz werden in Zukunft nur Probleme für Österreich selbst geschaffen, also keinesfalls eine gute Ausgangsposition für unsere Kinder – und daher lehnen wir diese Novelle ab. (Beifall bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

13.37


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Ing. Bock. Ich erteile es ihm.

 


13.37.54

Bundesrat Ing. Hans-Peter Bock (SPÖ, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt wohl nicht sehr viele Gesetze, die so polarisiert diskutiert werden wie das UVP-Verfahren – oder auch, wenn es um den Umweltschutz geht.

Meine Vorredner haben ja bereits ihre Standpunkte dargelegt: auf der einen Seite Unter-Schutzstellung von allem, was nur möglich ist, auf der anderen Seite aber die Diskussion beziehungsweise der Vorwurf, es werde alles verhindert, was die Wirtschaft zu Gunsten von Arbeitsplätzen sowie der Entwicklung in Österreich schaffen möchte.

Die Wahrheit liegt – und das beweist ja auch diese Gesetzesvorlage – in der Mitte, und ich erlaube mir jetzt, Ihnen Folgendes zu erzählen:

Vor Kurzem war ich bei einer Feier, und zwar ging es da um die 100-Jahr-Feier des Brandenburgerhauses oberhalb des Gepatschferners im Kaunertal – und in diesem Zusammenhang habe ich mir den Baubescheid angeschaut, der damals ausgestellt wurde. Dieser hat einen Inhalt von nicht ganz einer halben A4-Seite, wo der Bür­germeister festgestellt hat, dass es keinen Einwand gegen diesen Bau gibt. Das war vor hundert Jahren.

Ich habe mir auch die Mühe gemacht, den Baubescheid betreffend ein Kraftwerk aus dem Jahre 1956 hervorzuholen und in diesen Unterlagen nachzulesen, was relativ schnell ging, weil auch da der Inhalt nicht besonders umfangreich war: Innerhalb von zwei Tagen wurde der Bau eines Kraftwerks, das in etwa ein Sechstel der Tiroler Strom­produktion liefert, verhandelt und auch abgeschlossen, obwohl drei Monate, bevor diese Verhandlung stattfand, die Entnahmestelle um ein paar Kilometer verändert wurde, ebenso die Abarbeitungsstelle. Das ist damals also relativ schnell gegangen.

Ich möchte beide Sachen erwähnen: Beide sind nicht richtig. Damals gab es überhaupt keine Bürgerbeteiligung. Davon war damals keine Rede.

Das Grenzkraftwerk Inn, das derzeit mit den Schweizern in Verhandlung ist, hat mein Kollege Keuschnigg bereits erwähnt. Was die Unterlagen, die in den fünfziger Jahren notwendig waren, betrifft, so hat der Bescheid für das Kraftwerk gerade einmal um die 30 Seiten umfasst, die Unterlagen betreffend die Vorbereitungsarbeiten für das Grenzkraftwerk Inn bei Weitem mehr, und zwar über 4 000 Seiten.

Man soll bei der vorliegenden Novelle nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, und man kann der Lobby, die alles nur verhindern will, sagen, dass auch das zu verhindern ist. (Bundesrätin Kerschbaum: Was ist denn schon verhindert worden?) Wir leben in Österreich in einem Rechtsstaat, und wir verlassen uns auf unsere Sachverständigen. Die Bürgerbeteiligung ist auch im neuen Gesetz gut enthalten, sie ist sogar aus­gezeichnet darin enthalten.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 91

Ich bin selbst Obmann einer Naturpark-Organisation und weiß daher, wie schwierig es ist, selbst für ein kleines Projekt eine Genehmigung zu bekommen. Mittlerweile weiß ich auch, wie schwierig es ist, eine Genehmigung für ein großes Vorhaben zu bekom­men. Ich vertraue als bekennender Österreicher auf unsere Fachleute und auf den Rechtsstaat, darauf, dass die Entscheidungen so getroffen werden, wie sie die Fach­leute aufbereiten, und dass letztendlich eine demgemäße Entscheidung getroffen wird.

Bei der UVP gibt es mehrere Punkte, die berücksichtigt werden müssen. Es ist ja nicht nur das entscheidend, was im Bundesgesetz drinnen steht, denn die Ausführung erfolgt im Land. Es gibt Landesgesetze, die genauso einzuhalten sind, und da dürfen wir uns eben als Politiker nicht nur immer die Rosinen herauspicken beziehungsweise jene Teile herausgreifen, die wir gerne hätten. Das heißt, wir gehen meistens schon mit der Einstellung in ein UVP-Verfahren, dass wir dann bereits das Ergebnis haben. Das erwarten wir von einem UVP-Verfahren. Wir wollen das Ergebnis sofort haben.

Wir befinden uns in einem Spannungsfeld zwischen der Bewegung der Grünen, alles zu verhindern, und der Bewegung der Wirtschaft, alles größtmöglich und schnellst­möglich zu erhalten. (Bundesrat Schennach: Ist das die TIWAG-Meinung, die Sie hier repräsentieren?) – Ich denke doch, dass man realistisch sein müsste, um einschätzen zu können, für wen wir das machen. Wir machen das nicht für die TIWAG, wir machen das nicht für die Grünen, sondern letztendlich machen wir es für die Bevölkerung, die in diesem Raum lebt, und das ist, glaube ich, der entscheidende Punkt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Bundesrat Schennach: Das heißt, die Bürgerinitiativen und die NGOs sind nicht die Bevölkerung?)

Nein! Ich halte es für äußerst wichtig, dass es diese Bewegungen gibt, dass sie vor­handen sind und dass sie auch ernst genommen werden. Und das ermöglicht jetzt das neue Gesetz. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Das neue Gesetz ermöglicht, dass zum Beispiel während einer Verhandlung auch vom Antragsteller bestimmte Änderungen vorgenommen werden können. Das war früher nicht möglich, da hat man wieder zurück an den Start müssen. Jetzt gibt es die Möglichkeit, dass Ängste der Bevölkerung mit berücksichtigt werden können und das Projekt auch dementsprechend angepasst werden kann.

Noch einen weiteren Punkt möchte ich erwähnen, und zwar: Jedes Bundesland hat seine eigenen Naturschutzgesetze. Jedes Bundesland hat die Autonomie, diese Ge­setze auch auszuführen. Jedes Bundesland stellt sich sozusagen seine Schwerpunkte selbst zusammen, in einem gewissen Rahmen. Aber ich stelle immer wieder fest, dass ein bisschen Feigheit bei den Politiker und Politikerinnen vorzufinden ist, wenn es darum geht, die Vorgehensweise zu begründen, und zwar macht man Gesetze, die sehr restriktiv sind, und dem Projektbetreiber gegenüber erklärt man dann, man würde schon gerne den Wünschen entsprechen, aber es gibt halt Gesetze, die einzuhalten sind. Da denke ich, dass man schon den Mut haben sollte, zu sagen: Wir haben im Naturschutzgesetz dieses und jenes Verbot ausgesprochen, und das gilt nun, das ist jetzt einzuhalten, das wird nicht je nach Bedarf verändert!

Es gibt noch einen Bereich, und zwar die Gemeinden, die da mitzuentscheiden haben. Die Gemeinden können im Rahmen der ÖROK viele Dinge festlegen. Sie müssen sogar viele Dinge festlegen, aber dann, wenn es um die Sache selbst geht, werden sie oft schwach, weil man ein Projekt um jeden Preis umsetzen will. Dann versteckt man sich hinter dem Gesetz oder hinter der ÖROK und sagt: Wir können nicht! Ich meine, da braucht es mehr Ehrlichkeit, denn letztendlich geht es um die Menschen, die in Österreich leben. Die vorliegende Novelle schafft nun die notwendigen Voraussetzun­gen dafür.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 92

Ich darf nun noch ein paar Punkte erwähnen, die noch nicht erwähnt wurden. Es wird in dieser Novelle mehr Wert auf den Klimaschutz gelegt. Es gibt jetzt auch Aus­nahmebestimmungen. Wenn zum Beispiel bei einem Kraftwerk neue Turbinen einge­setzt werden sollen, die wesentlich effizienter arbeiten, so gibt es jetzt die Möglichkeit, das relativ rasch und einfach durchzuführen. Das ist im Sinne aller und hat für den Klimaschutz eine ganz besondere Bedeutung.

Es ist jetzt auch möglich, dann, wenn Schwellenwerte noch nicht erreicht sind, mit Einzelprüfungen diese Schwellenwerte sozusagen hinzuzurechnen, zwar nicht mit dem vollen Wert, aber man kann sie immerhin hinzurechnen. Das ist, meine ich, auch ein großer Vorteil für die betroffene Bevölkerung, die sich gegen die eine oder andere Maßnahme ausspricht.

Ansonsten ist es vor allem auch notwendig, dass die Verfahren wesentlich schneller durchgeführt werden. Dem Projektbetreiber ist es aus wirtschaftlichen Gründen nicht zuzumuten, dass er ewig auf eine Entscheidung warten muss. Wichtig ist, dass es möglichst schnell eine Entscheidung gibt. Wie diese Entscheidung ausfällt, dafür ist der Rechtsstaat zuständig, auf den ich sehr vertraue.

Daher werden wir dieser Novelle unsere Zustimmung erteilen. Sie ist, so denke ich, im Sinne der Bevölkerung, die von diesen Maßnahmen betroffen ist. Daher gibt es, wie gesagt, unsere Zustimmung zu dieser Novelle. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.47


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Mitterer. Ich erteile es ihm.

 


13.47.12

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Alle Parteien – nicht nur die Grünen! – haben seit vielen Jahren in ihrem Programm Umweltschutz in vielen Facetten mit eingebaut, und zwar nicht nur deshalb, um das Größerwerden der Grünen zu verhindern, sondern in dem Verantwortungsbewusstsein, die Umwelt auch für unsere Nachkommen zu erhalten.

Es wäre also jetzt gar nicht so schwierig, nachdem sich alle Parteien zu dieser Haltung im Bereich der Umwelt bekennen, auch Änderungen im UVP-Bereich einvernehmlich, also über alle Parteigrenzen und über Koalitions- und Oppositionsgrenzen hinaus, zustande zu bringen. Das müsste eigentlich möglich sein.

Das war dieses Mal nicht möglich, und zwar aus einem Grund: weil eine unkoordinierte Vorgangsweise von der Koalition an den Tag gelegt wurde. Erstens haben zwei Ausschüsse zur gleichen Zeit getagt, und zweitens sind die Unterlagen, und zwar im Ausmaß von dicken Wälzern, zu spät übergeben worden, was leider Gottes dazu geführt hat, dass die Oppositionsparteien die Sitzungen sowohl des Wirtschafts­ausschusses als auch des Umweltausschusses verlassen haben und sich somit dort nicht einbringen konnten.

Die Koalition ist dann sozusagen darübergefahren und hat dieses Gesetz jetzt vor­gelegt. Für die Begründung, warum wir diesem nicht zustimmen werden, brauche ich weniger Zeit. Das ist erstaunlich, denn normalerweise muss man ja als Kontra-Redner ausführlicher sein als ein Pro-Redner, der eigentlich sofort fertig sein müsste, nicht so wie der Kollege Bock, der für die Begründung, warum das Gesetz so gut ist, zehn Minuten gebraucht hat. Ich brauche für meine Begründung nur zwei Minuten.

Ich glaube, dass wesentliche Dinge in dieser Novelle nicht berücksichtigt wurden. Aber es wäre möglich gewesen, bei einem koordinierten Vorgehen in den Ausschüssen neben vielen positiven Punkten, die in dieser Novelle der UVP enthalten sind, zu


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 93

erreichen, dass die Beteiligungsrechte nicht eingeschränkt werden, was nun indirekt geschieht. Die UVP-Prüftiefe wird in gewissem Maße reduziert.

Ein weiterer wesentlicher Punkt: Die im EU-Vergleich viel zu hohen Schwellenwerte, die wir in Österreich haben, werden überhaupt nicht angetastet. Es hätte die Mög­lichkeit gegeben, dort eine Erleichterung zu schaffen, wo wir strengere Vorschriften haben als die EU.

Bei der Wasserkraft gibt es Erleichterungen für die Wirtschaft statt einer Senkung der Schwellwerte.

Und im vereinfachten Verfahren werden wichtige klima- und energierelevante Para­meter weniger intensiv geprüft.

Das sind so kleine Eckpunkte, warum wir glauben, dass wir diesem Gesetz in dieser Form nicht zustimmen können. (Beifall des Bundesrates Mag. Ebner.)

13.49


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich. Meinerseits ein herzliches Willkommen, Herr Minister! Man sieht, der Burgenland-Tag geht auch am Nachmittag hier im Hohen Haus weiter. – Sie sind am Wort, Herr Minister.

 


13.50.24

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Danke schön, Herr Präsident! (Bundesrat Dr. Kühnel: Kompliment, dass das Bundesland Burgenland heute in allen Lebenslagen vertreten ist!) Kompliment zurück! Gratulation!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein ordentlicher Burgenland-Tag endet mit einem ordentlichen Mulatschag. Ist das eh vorgesehen? (Präsident Preiner: Auf Einladung des Herrn Ministers?)  Ich bin ja heute nicht gewählt worden.

Zurück zur Materie. – Es ist schon angesprochen worden, dass es wahrscheinlich wenige Materien gibt, die so polarisieren wie dieses Thema. Richtig ist, dass der Anlass für diese Novelle eigentlich Vorhaltungen der Europäischen Union waren, weil Weltkulturerbestätten-Vorschriften nicht berücksichtigt wurden, Einzelfallprüfungen nicht stattgefunden haben und, und, und – Dinge, die eigentlich außer Streit gestanden sind. Ich als Umweltminister wollte aber diese Novelle dazu nützen, hier doch einen Fortschritt zu erzielen, und zwar in jeder Hinsicht: zum einen, dass die Wirtschaft Entwicklungsmöglichkeiten hat, aber zum anderen auch, dass der Umweltschutz und die Bürgerrechte ihre Berücksichtigung finden. Diese Balance ist es, um die es da gegangen ist.

Es ist die Zeit – da brauchen wir gar nicht darüber zu diskutieren – natürlich eine schwierige für ein derartiges Thema, denn wenn wir wirtschaftlich schwierige Zeiten haben, wo Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren, wo Menschen in Kurzarbeit sind und die Prognosen für die nächste Zeit düster sind, so ist das schon ein gewaltiger Druck auf die Materie. Sie können mir glauben, dass es auch einem Umweltminister nicht egal ist, ob die Menschen einen Arbeitsplatz haben oder nicht.

Natürlich will ich das auch. Für mich ist es darum gegangen, diese Balance zu halten: nämlich einerseits ja zu einer wirtschaftlichen Entwicklung zu sagen, wo die Menschen auch einen Arbeitsplatz haben, und das auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, und gleichzeitig die Interessen des Naturschutzes, des Umweltschutzes und die Bürger­rechte zu wahren.

Eine schwierige Balance, eine große Herausforderung – und ich behaupte, dass es auch gelungen ist, diese Balance zu erreichen. Ich möchte das jetzt auch begründen.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 94

Ich wende mich gegen die Gräuelpropaganda. Dass Sie als Grüne so argumentieren müssen, verstehe ich ja bis zu einem gewissen Grad, aber dass Sie hier Dinge behaupten, die nicht stimmen, zum Beispiel, dass im vereinfachten Verfahren Bürger­initiativen keine Parteienstellung hätten, verstehe ich nicht, denn das stimmt schlicht­weg nicht.

Es ist nicht so! Sehr wohl haben die Bürgerinitiativen im vereinfachten Verfahren Par­tei­enstellung. Vor allem dürfen Sie aber nicht vergessen, was die Intention von jenen war, die gesagt haben: Jetzt in einer schwierigen Zeit soll das öffentliche Interesse der Versorgungssicherheit in das UVP-Gesetz hineinkommen!

Das ist jetzt nicht im Gesetz enthalten. Wenn das hineingekommen wäre, dann könn­ten Sie behaupten, dass der Umweltschutz und die Bürgerrechte gekippt sind. Derzeit ist im UVP-Gesetz das öffentliche Interesse „Umweltschutz“ drinnen und nicht das öffentliche Interesse „Versorgungssicherheit“.

Was im Gesetz drinnen ist, ist ein Verweis auf Materiengesetze, wie Wasserrechts­gesetze und so weiter, nämlich, dass diese Interessen zu berücksichtigen sind, was in diesen Gesetzen auch passiert. Das ist ja keine Schlechterstellung, sondern nur eine Dokumentation eines Zustandes, der notwendig ist.

Also es ist gelungen, in wirklich sehr harten und schwierigen Verhandlungen – und der Dank dafür gebührt natürlich auch den Mitarbeiter/innen meines Hauses, des Lebens­ministerium, die sich da riesig eingebracht haben, weil es uns, dem Umweltminis­terium, wichtig war –, auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, wie ich noch einmal betonen möchte, die wirtschaftliche Entwicklung zu garantieren, aber auch Natur- und Umweltschutz und vor allem auch Bürgerrechte zu gewährleisten.

Ich möchte es auch begründen: Ja, ich bin für vernünftige Verfahren. Ich glaube, es dient niemandem, wenn Verfahren ad infinitum hinausgezögert werden. Es dient nicht dem Projektwerber, es dient aber auch nicht den Bürgerinitiativen oder dem Umwelt­schutz. Das heißt, irgendwann einmal muss das Projekt entscheidungsreif sein.

Ich möchte schon auch darauf verweisen, dass wir auch wissen, an wen sich even­tuelle Vorwürfe richten. Wir haben beim UVP-Gesetz zwei Instanzen. Die erste Instanz ist die Landesbehörde im jeweiligen Bundesland, und die zweite Instanz ist der Umweltsenat im Lebensministerium, ein unabhängiges Richtergremium, das weisungs­frei ist. Zwei Instanzen – schlankes Verfahren. Es gibt keine schlankeren Verfahren. Dass die beiden Kollegen Keuschnigg und Bock hier länger ausgeführt haben, warum sie dem Gesetz zustimmen, heißt ja nicht, dass sie hier kompliziert erklären müssen, warum das Gesetz gut ist, sondern bringt zum Ausdruck, dass uns so viele Neue­rungen gelungen sind, die wichtig zu erwähnen sind, die es aufzuzählen gilt.

Zum Ersten: Ja, ich bekenne mich zu einer Entbürokratisierung. Es hat keinen Sinn, wenn wir aktuelle Gutachten haben, beispielsweise Gutachten zum Fischbestand, zu einer Biotopsituation, dass man dann, wenn ein neues Verfahren kommt, sagt: Jetzt müssen wir neuerlich Gutachten in Auftrag geben. Solch ein Gutachten kostet nämlich 5 000 € bis 50 000 €; das ist viel Geld. Also wozu ein neues Gutachten, wenn es aktuelle gibt, die ausreichende Aussagekraft haben? Dazu stehe ich: Entbürokra­tisie­rung, denn eine Zweifach-, Dreifach-Bürokratie nützt niemandem.

Es ist auch möglich, wie es erwähnt wurde, dass ein mündliches Verfahren nicht statt­finden muss, was bisher nicht der Fall war. Wenn keine neuen Einwendungen kommen, warum muss man dann ein zusätzliches Verfahren machen?

Es wird auch der Behördenleiter in der Landesbehörde, der ersten Instanz, in die Po­sition versetzt, dass er sagt: Es gibt keine neuen Erkenntnisse, daher ist jetzt Schluss des Verfahrens! Das hat ja einen Sinn. Für alle Beteiligten ist das sinnvoll. Es versteht


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 95

niemand, dass, so wie das zum Beispiel bei der 380-kV-Leitung im Burgenland und in der Steiermark der Fall war, ein Verfahren 20 Jahre dauert.

Damals hat es die UVP noch nicht gegeben; das muss man auch dazusagen. Natürlich muss man auch bei der Wahrheit bleiben: Es gibt lokale politische Interessen, von Gemeinden, von Bürgern und so weiter, und dann dauern halt Verfahren zu lange. Da kann das UVP-Gesetz nichts dafür, wenn es eine politische Willensbildung nicht gibt, wo man sagt: Das oder jenes wollen wir sicherstellen! Das ist wichtig hervorzuheben. So habe ich mich dagegen gewendet, dass zum Beispiel bei der Wasserkraft argu­mentiert wurde, dass das UVP-Gesetz schuld daran ist, dass keine Projekte umgesetzt werden. Das stimmt nicht.

Bei der Wasserkraft dauert in erster Instanz die Genehmigung von Wasserkraftanlagen zehn Monate und 13,8 Monate einschließlich Berufungsverfahren beim Umweltsenat. Wenn der Projektwerber Unterlagen nicht heranzieht und dann sagt: Das muss noch geliefert werden!, und wenn es dann gewisse neue Aspekte gibt, dann muss man das schon berücksichtigen. Aber es sagen die Unternehmer und auch die Wirtschaft: Das UVP-Verfahren hat einen Sinn, weil man eine Verfahrenskonzentration hat. Weil man alle Verfahren in einem hat, muss man nicht noch zusätzliche Genehmigungen ein­holen und hat dadurch Rechts- und Planungssicherheit. – Das ist auch in Zukunft gewährleistet.

Darüber hinaus gibt es – nicht nur, was die Wirtschaft anlangt; etwa beim Turbinen­tausch plus baulichen Maßnahmen – keine UVP-Pflicht, wenn Natur und Umwelt – Stichwort: Abflussverhältnisse – nicht negativ beeinflusst werden. Es hat auch einen Sinn, dass wir derartige Dinge machen.

Was wir neu hineingenommen haben, ist ein Verfahrensmonitoring. Es muss nach­gewiesen werden, warum ein Verfahren so lange dauert. Das hat einen Sinn, weil man dann klären kann, wer eigentlich schuld daran ist, dass ein Verfahren lange dauert, und dann nicht sagen kann, etwa der Bund oder das Lebensministerium sogar, das Verfahren soll ordnungsgemäß abgewickelt werden.

Wir haben aber auch die Bürgerrechte gestärkt. Es wurde der Elektronische Akt schon erwähnt, wo die Bürgerinitiativen auf elektronischem Weg die Unterlagen bekommen können. Und vor allem: Die Umweltorganisationen haben im vereinfachten Verfahren wieder Verwaltungsgerichtshofbeschwerdebefugnis. Also wir haben das wieder hinein­ge­bracht, was bisher nicht möglich war. Da behaupte ich, dass es sehr wohl wichtig ist, diese Bürgerrechte zu stärken, und das haben wir gemacht.

Ich sage noch einmal: Der entscheidende Punkt bei all diesen Diskussionen war, dass das öffentliche Interesse „Versorgungssicherheit“ das alles gekippt hätte. Das wollte ich nicht! Ich wollte, dass der Umweltschutz und die Bürgerrechte gewährleistet sind, und das ist auch gelungen.

Wichtig ist, dass wir den Klimaschutz und auch die Energieeffizienz hineinbekom­men haben. Diese Themen sind heute hier ein bisschen untergegangen, wurden wohl erwähnt, aber nur unzureichend. Ich möchte daher betonen: Es hat einen Sinn, das ein Projektwerber ein Konzept vorlegen muss, um zu sehen, ob sein Projekt energie­effizient ist. Nicht nur wir in Österreich reden von sinnvollem energieeffizienten Einsatz, sondern auch im Sinne des Weltklimaschutzes reden alle davon. Das ist ja nicht eine Caprice des Umweltministers oder von irgendwelchen Umweltbewegten, sondern der schonenden Ressourcenumgang ist ein Gebot der Stunde. Auch das ist hier gewähr­leistet.

Ich behaupte, dass hier wirklich ein schwieriger Spagat gelungen ist, und zwar dank der großen Bemühungen auch der Mitarbeiter/innen meines Hauses. Ich sage das des-


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halb, weil es uns darum gegangen ist, alle Interessen unter einen Hut zu bringen und eben auch eine wirtschaftliche Entwicklung zu ermöglichen, gerade was die Nutzung erneuerbarer Energieträger anlangt. Stichwort: Ausbau der Wasserkraft – nicht in je­dem Gebirgstal, das ist ganz klar, aber dort, wo es sinnvoll ist und wo es ökologisch verträglich ist.

In diesem Sinne herzlichen Dank für Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

13.58


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Perhab. Ich erteile es ihm.

 


13.58.57

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kurz nur ein paar Aspekte aus Sicht der Wirtschaft. Vielen Dank, Herr Minister, Sie haben es ja erwähnt: Es war ein schwieriger Kompromiss mit Bundesminister Mitterlehner. Wir von der Wirtschaft können natürlich damit leben – auch damit, dass Energieeffizienz und Klimaschutz nicht mehr als K.-o.-Kriterien formuliert sind. Das ist ganz klar.

Es wurde auch schon erwähnt, dass wir in Zeiten wie diesen doch versuchen müssen, die Verfahren zu beschleunigen, um eben mehr Investitionen zu ermöglichen, auch im volkswirtschaftlichen Bereich. Ich glaube, das ist im Großen und Ganzen gelungen.

Das öffentliche Interesse „Versorgungssicherheit“ ist zwar gekippt worden – das hätten wir uns vielleicht anders vorstellen können –, aber dass es in den Materiengesetzen zu berücksichtigen ist, gibt uns Grund zu einer gewissen optimistischen Einstellung.

In diesem Sinne können wir von der Wirtschaft auch damit leben, und ich gratuliere natürlich meiner eigenen Fraktion, dass wir zwei Minister haben, die mit diesen sensiblen Materien so gut zurechtkommen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

14.00

14.00.30

 


Präsident Erwin Preiner: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung noch ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Nun kommen wir zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.00.5212. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom


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10. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz zur Reduktion der Emissionen fluorierter Treibhausgase (Fluorierte Treibhausgase-Gesetz 2009) (222 d.B. und 233 d.B. sowie 8167/BR d.B.)

 


Präsident Erwin Preiner: Wir gelangen nunmehr zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ing. Bock. – Ich bitte um den Bericht.

 


14.01.12

Berichterstatter Ing. Hans-Peter Bock: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich darf Ihnen den Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz zur Reduktion der Emissionen fluorierter Treibhausgase (Fluorierte Treibhausgase-Gesetz 2009) zur Kenntnis bringen – bezie­hungsweise liegt Ihnen dieser schriftlich vor, und daher komme ich gleich zum Antrag.

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

14.01.50

 


Präsident Erwin Preiner: Danke für den Bericht.

Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Somit gelangen wir zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.02.2813. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Durchführung der REACH-Verordnung erlassen und das Chemikaliengesetz 1996 geändert wird (224 d.B. und 234 d.B. sowie 8168/BR d.B.)

 


Präsident Erwin Preiner: Nun kommen wir zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ing. Bock. – Ich bitte um den Bericht.

 


14.02.49

Berichterstatter Ing. Hans-Peter Bock: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der Bericht des Umweltausschusses liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; daher komme ich gleich zur Antragstellung des Umweltausschusses.

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Erwin Preiner: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. Ich erteile es ihr.

 


14.03.31

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich sage jetzt nicht, ich mache es kurz – ich mache es aber kurz! (Heiterkeit bei Bun­desräten der SPÖ.) – Der Novelle des Chemikaliengesetzes stimmen wir nicht zu.

Im Prinzip ist es auch im Ausschuss gesagt worden: Es ist jetzt mehr oder weniger eine rasche Notlösung gemacht worden, um eine zeitgerechte Umsetzung der REACH-Verordnung zu erreichen. Gleichzeitig liegt seit März 2008 ein Entwurf für eine Än­derung des Chemikaliengesetzes vor, der im Prinzip sehr viel weitreichender ist, der uns sehr viel mehr zusagt.

Der Zeitplan für die Umsetzung der REACH-Verordnung ist im Prinzip schon seit Lan­gem bekannt, deshalb ist es mir nicht ganz verständlich, warum man jetzt so kurzfristig eine Novelle einbringen muss, die eben eine Notlösung darstellt und die in manchen Bereichen doch eher ungenügend ist – zum Beispiel bei den Sicherheitsdatenblättern,


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 98

mit denen unserer Meinung nach nicht sichergestellt ist, dass Arbeiterinnen und Ar­beiter immer darüber informiert sind, was die Stoffe bewirken können, mit denen sie gerade arbeiten.

Was für uns auch noch irritierend ist, ist, dass der Herr Umweltminister in diesem Fall wieder ganz gerne Kompetenzen mit dem Wirtschaftsminister – was früher nicht so der Fall war –, zum Teil mit dem Sozialminister teilt, aber dass das Umweltbundesamt in dieser Gesetzesvorlage nicht mehr vorkommt.

Das sind die Punkte, die uns an dieser Novelle stören, und wir hoffen, dass Sie sich doch dessen besinnen, dass seit März 2008 eine viel bessere Novelle als die jetzt vorliegende bereits in der Lade liegt und dass man sich um die noch einmal kümmern könnte. (Beifall der Bundesräte Schennach und Dönmez.)

14.05


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich. – Bitte.

 


14.05.32

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur in aller Kürze zu den drei vorliegenden Gesetzen – zu dem vorhin abge­stimmten, dem jetzigen und dem Emissionszertifikategesetz dann –, weil es wichtige Materien sind, die uns voranbringen.

Betreffend das Fluorierte Treibhausgase-Gesetz muss man bedenken – was viel­leicht die breite Öffentlichkeit nicht weiß –, dass diese Stoffe 22 000 Mal schädlicher sind als das Kohlendioxid, über das sehr viel gesprochen wird. Deswegen sprechen wir beim Klimaschutz nicht nur von der Reduktion des CO2, sondern eben von den schädlichen Treibhausgasen. Und wenn man bedenkt, dass die fluorierten Treibhaus­gase eine ungleich extremere, aggressivere Wirkung haben, dann ist es wichtig, dass dieses Gesetz beschlossen wird, weil es in Anlehnung an die EU-Verordnung und deren Umsetzung eben um die Überwachung dieser Materialien geht.

Auch die Menschen, die damit im industriellen Prozess noch zu tun haben, sollen geschult und qualifiziert werden. Daher ist es wichtig, dass wir dieses Gesetz hier verabschieden und auch die entsprechende Basis dafür schaffen, dass wir die Ver­wendung dieser Stoffe reduzieren.

Beim vorliegenden Gesetz, der REACH-Verordnung beziehungsweise dem Chemika­liengesetz, ist auch ein Ziel, eine neue europäische Chemikalienpolitik zu bekommen. Das Ziel ist einfach, eine verpflichtende Registrierung der einzelnen Substanzen zu haben und auch umfassend Informationen zu sammeln und diese als Datengrundlage zur Verfügung zu stellen.

Ich wollte Sie auch darüber informieren, dass Österreich da eine Ehre zuteil wird, und zwar wird im Zuge der REACH-Verordnung eine dafür zuständige Stelle eingerichtet, nämlich die Europäische Chemikalienagentur ECHA in Helsinki mit 500 Expertinnen und Experten, und den Vorsitz im obersten Organ dieser Institution, dem Verwaltungs­rat, wird ein leitender Beamter meines Ressorts innehaben, nämlich Dr. Thomas Jakl, der Leiter der Chemieabteilung des Lebensministeriums. Es ist ehrenvoll, dass wir in Österreich Frauen und Männer haben, die aufgrund ihrer Kompetenz derartige Spitzen­funktionen bekleiden können! Darauf können wir stolz sein, und wir wünschen ihm natürlich im gemeinsamen Interesse alles Gute!

Auch das nachfolgend zu debattierende Gesetz zum Emissionszertifikatehandel, durch das der Flugverkehr in den Emissionshandel eingebunden wird, halte ich im Sinne des Klimaschutzes für wichtig. Sie kennen die landläufigen Debatten der Bevöl-


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 99

kerung, wenn man sagt: Na ja, wir sind bereit, für den Klimaschutz etwas zu tun, aber die Flugzeuge fliegen drüber, und da tut niemand etwas. Wieso werden die nicht erfasst?

Es hat andere Intentionen gegeben, nämlich die Besteuerung der Treibstoffe. Das war international und auch auf europäischer Ebene nicht durchzubringen, daher haben wir uns entschlossen, den Weg zu gehen, den Flugverkehr in den Emissionshandel mit aufzunehmen, was wichtig ist, damit eben auch der Flugverkehr, so wie alle anderen Sektoren, seinen Beitrag zum Klimaschutz leistet.

In diesem Sinne herzlichen Dank dafür, dass Sie sich damit auseinandersetzen, und auch für die Zustimmung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.08

14.08.20

 


Präsident Erwin Preiner: Weitere Wortmeldungen zum vorliegenden Tagesordnungs­punkt liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 100

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.09.0714. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz und das Bundesgesetz über den zwischen­staatlichen Luftverkehr 2008 geändert werden (230 d.B. und 235 d.B. sowie 8169/BR d.B.)

 


Präsident Erwin Preiner: Wir gelangen nunmehr zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ing. Bock. – Ich bitte um den Bericht.

 


14.09.29

Berichterstatter Ing. Hans-Peter Bock: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren! Der Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Emis­sionszertifikategesetz und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftver­kehr 2008 geändert werden, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antragstellung.

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

14.10.01

 


Präsident Erwin Preiner: Danke für den Bericht.

Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.10.3015. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert und ein Bundesgesetz über die Ein­richtung und Organisation des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung erlassen wird (219 d.B. und 300 d.B. sowie 8137/BR d.B. und 8152/BR d.B.)

 


Präsident Erwin Preiner: Wir kommen nun zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Kainz. – Ich bitte um den Bericht.

 


14.10.52

Berichterstatter Christoph Kainz: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich erstatte den Bericht des Ausschuss für innere Angelegenheiten über den in Rede stehenden Beschluss des Nationalrates.

Dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich darf daher gleich zur Antrag­stellung kommen.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Sollten Debattenbeiträge vorliegen, bitte ich, in die Diskussion einzugehen.

 


Präsident Erwin Preiner: Danke für den Bericht.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. Ich erteile es ihm.

 


14.11.36

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir haben ja heute bei zwei Tages­ordnungspunkten Bereiche der Korruption: einerseits im Strafrecht, andererseits hier betreffend die Schaffung eines Amtes zur Korruptionsprävention und auch zur Korruptionsbekämpfung. Das ist richtig und wichtig. Wir haben ja 2008 Korruptions­bestimmungen beschlossen und eine Korruptionsstaatsanwaltschaft beschlossen und eingerichtet, auch wenn es deswegen in einigen Bereichen zu großen Irritationen gekommen ist – insbesondere in der Wirtschaft, der Kultur, im Sportgeschehen – und wir heute noch ein bisschen ein Placebo beschließen werden. Aber nun zu dem Amt.

Dieses Amt hat einfach von seiner Konstruktion her extreme Schönheitsfehler. Einer, durch den wir uns international angesichts aller internationalen Bestimmungen dazu geradezu lächerlich machen, ist, dass wir ein Bundesamt einrichten, das nicht unabhängig ist, nicht weisungsfrei gestellt wurde. Jetzt sagt man, die Schriftlichkeit von Weisungen ist Pflicht, aber warum hat man im Innenministerium diese Angst, das – gerade was die Korruption betrifft – analog zum Rechnungshof aufzustellen?

Das betrifft zum Beispiel, den Direktor oder die Direktorin analog zum Rechnungs­hof­präsidenten oder zur -präsidentin zu bestellen. Das heißt, ihn oder sie beispielsweise für 10 Jahre zu bestellen, wie das international durchaus üblich ist, ohne – ohne! – Möglichkeit der Wiederwahl; jetzt haben wir 5 Jahre und Möglichkeit der Wiederwahl. Eine Person, die für 10 Jahre ein Amt ausübt, das geradezu im Zentrum der Korruption steht, hat eine andere Positionierung als jemand, der sich um seine Wiederwahl bemühen muss. – Transparency International zum Beispiel hat die Konstruktion dieses


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 101

Amtes bereits heftig kritisiert; ich nehme an, die OECD, der Europarat und so weiter werden mit ihrer Kritik noch folgen.

Das Nächste, das wichtig ist, was wir auch beim Rechnungshof immer für wichtig erachten, ist die Personalhoheit: Der Direktor oder die Direktorin dieses Amtes, das wir heute beschließen, hat keine Personalhoheit! Es fehlen Regelungen wie beispielsweise der besondere Versetzungsschutz oder die Amtsverschwiegenheit.

Was wollen wir? – Wir machen ein Amt zur Korruptionsbekämpfung, das letztlich an der kurzen Leine des Ministeriums hängt. Deshalb ist es auch so – und Österreich ist diesbezüglich ja auffällig; immer, wenn es um die Punkte der Geldwäsche geht –, dass wir jetzt Einschränkungen machen, dass zum Beispiel die ganze Frage der Kompetenz von Untreue und Geldwäsche stark eingeschränkt wird. – Wir wissen, es gab ein paar clamorose Fälle in dieser Richtung. Das kann dieses Amt in der Form nicht verfolgen!

Aber auch – Herr Kollege Kühnel, Sie notieren schon heftig (Bundesrat Dr. Kühnel: Ja, sicher!), Sie können auch das Nächste gleich notieren – beispielsweise die Verletzung des Amtsgeheimnisses, das Quälen eines Gefangenen ist nicht mehr in der Kom­petenz. Das ist äußerst problematisch! Auch was Disziplinarverfahren und Ermittlungen betrifft: Das war eine BIA-Kompetenz und fällt weg. Das ist eine Lücke!

Wenn wir in Österreich schon sagen, dass wir da einiges vernachlässigt haben und in den letzten 10, 15 Jahren eine ganze Reihe von Korruptionsfällen aufgetaucht sind und immer wieder auftauchen und wir ganz erhebliche Gesetzeslücken haben, was ist, Herr Kollege Kühnel (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel), zum Beispiel mit unserem Parteienfinanzierungsgesetz? – Hier gibt es überhaupt kein Linkage zur Korruptions­bekämpfung: Nach wie vor können Gelder für die Finanzierung von Parteien über die Form von Spenden in irgendeiner Weise gewaschen werden. Das können sie in Deutsch­land nicht! Diese Form von „indirekten Bandenspielen“ mit Spenden an Parteien, das geht in Deutschland nicht. Hier dürfen wir es.

Oder: Warum, Herr Kollege Kühnel – Sie sind ja der nächste Redner – dürfen öffent­liche Unternehmungen Spenden an Parteien machen? Öffentliche Unternehmungen dürfen Spenden an Parteien machen! (Bundesrat Dr. Kühnel: Man darf aber schon noch selber entscheiden, wem man etwas spendet?! Das ist ja die Aktienmehrheit!) – Wir sind da in einem Grauschleier im Gesundheitswesen, Herr Kollege Kühnel, wir sind im Transportwesen, Herr Kollege Kühnel, und so weiter. – Das heißt, irgendwo brauchen wir klare Schnitte!

Was wir jetzt machen, ist ein Amt an der Leine einer Ministerin – zufälligerweise zurzeit eine Ministerin, zufälligerweise zurzeit ihr Ressort, aber diese Person wird es letztlich sein, die indirekt darüber entscheidet, welche Erfolge dieses Amt haben wird.

Es gibt noch eine ganze Reihe von zusätzlichen Problemen. Da ist zum Beispiel die Rolle des Rechtsschutzbeauftragten: Diese Person kann „schneidig“ in Interessen­konflikte hineinrutschen, wenn sie nämlich jene Person zu vertreten hat, die gerade überwacht wird, und diese wiederum eine Gegenanzeige macht. Dann muss die Person des Rechtsschutzbeauftragten auch den einleitenden Ermittler, also beide Seiten, vertreten, das ist nämlich dem Sicherheitspolizeigesetz nachgeahmt. – All das sind Dinge, die hier völlig unklar sind.

Weiters völlig unklar ist der Umfang, ist die materielle sowie die personelle Ausstat­tung. Vielleicht kann Herr Kollege Kühnel da Licht ins Dunkel bringen, aber der Um­fang, sowohl die materielle als auch die personelle Ausstattung dieses Amtes an der kurzen Leine der Frau Bundesministerin ist nicht definiert. – Ich kann nur sagen:


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 102

Schade, eine Chance vertan! (Beifall der Bundesräte Kerschbaum, Dönmez, Mag. Ebner und Zangerl.)

14.19


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gemeldet ist, wie angekündigt, Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte.

 


14.19.48

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Herr Bundes­minister in Vertretung der Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So oft wurde ich in einer Rede noch nie persönlich angesprochen – als ob ich dafür verantwortlich wäre, ob dieses Gesetz entsteht oder nicht. (Bundesrat Schennach: Nein, Sie haben nur so viel mitge­schrieben!)

Sie werden sicher nicht verwundert sein, wenn ich feststelle, dass ich dieses Gesetz für ein hervorragendes Gesetz halte, ordentlich formuliert – was nicht bei allen Gesetzen der Fall ist –, sogar für mich allgemein verständlich, und es ist auch knapp. Es ist kein Wust von hundert Seiten, wo alles Mögliche dargelegt ist, sondern in knapp dreieinhalb Seiten ist das Gesetz formuliert. Und ich finde, es ist eine hervorragende Grundlage, um nun dieses Bundesamt einzurichten.

Herr Kollege, einen kleinen Vorwurf muss ich Ihnen schon machen. (Bundesrat Schennach: Mir?) Ja, Ihnen und den Grünen im Allgemeinen – natürlich nicht Ihnen speziell, weil ich weiß, dass Sie sehr viel unterwegs sind und für diese intensiv auszubildende Materie wahrscheinlich keine Zeit hätten. Aber die Grünen sollten zum Beispiel an den Sicherheitstagen in Leogang teilnehmen, denn dort wurde voriges Jahr das Problem der Korruption sehr ausführlich behandelt. Der ehemalige Generaldirektor für öffentliche Sicherheit Mag. Sika leitet sie, und ich kann sie nur empfehlen; auch dieses Jahr finden sie im Oktober wieder statt. Ich habe noch keinen Grünen gesehen, der bereit ist, sich dort bei diesen Veranstaltungen entsprechendes Grundlagenwissen zu erarbeiten, damit er dann hier im Parlament auftrumpfen kann.

Nun zu der Organisation: Im Bundesministerium für Justiz ist die Korruptionsstaats­anwaltschaft eingerichtet worden, und als Gegenstück soll eben jetzt im Bundes­ministerium für Inneres dieses Bundesamt eingerichtet werden. Dazu bildet dieses Gesetz die Rechtsgrundlage.

Bereits im Zusammenhang mit der Haidinger-Affäre, wenn ich mich richtig erinnere, hat Bundesminister Platter angekündigt, dass die nur auf einer Verordnung beruhende Einrichtung des BIA eine gesetzliche Grundlage bekommen soll.

Das alte Lamento der Grünen über die Weisungsgebundenheit beziehungsweise Weisungs­freiheit ist ja nicht neu. Nur, juristisch gesehen gibt es eben die Gewalten­trennung. Und wenn nun im Justizministerium die Staatsanwaltschaft selbstver­ständ­lich weisungsgebunden ist, dann hat das meiner Ansicht nach im Bereich des Innenministeriums auch zu erfolgen, weil das eben eine Exekutiveinrichtung im weites­ten Sinne – nicht im engeren ist.

Das Zweite, das ich sagen möchte, wenn ich schon davon spreche: Wenn eine Bundesministerin oder ein Bundesminister es wagen würde, ein Verfahren, das bereits läuft, durch eine Weisung abzuwürgen, würde, glaube ich, innerhalb kürzester Zeit in irgendeinem unserer Qualitätsblätter – ich möchte mich da jetzt nicht äußern, ich meine Zeitungen – stehen, dass er das getan hat, und daher wird er oder sie das unterlassen. Mir ist auch nicht bekannt, dass jemand in einer Affäre etwas Derartiges schon getan hätte.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 103

Ich komme jetzt auf das Beispiel Flughafen Wien zu sprechen, der ja jetzt in aller Munde ist: Dort ermitteln derzeit – zumindest Zeitungsberichten zufolge – die Staats­anwaltschaft Korneuburg und die Staatsanwaltschaft Wels. Wenn jetzt die Frau Bun­desministerin für Justiz eine Weisung geben würde, die Untersuchungen einzustellen, würde das, glaube ich, in der Zeitung stehen. Aber ich glaube auch – und das ist mein Vertrauen in die politische Führung –, dass solch eine Weisung sicher nicht erfolgen wird. Daher sollte man nicht immer in den Raum stellen, dass, wenn irgendetwas zu vertuschen ist, alle dabei sind, damit vertuscht wird. Sie, Herr Kollege Ertl, sind ja auch ein großer Anhänger diverser Verschwörungstheorien. (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Ertl.)

Abschließend zu diesem Kapitel möchte ich noch einmal festhalten, dass die Behaup­tungen einer Zeitung nicht immer die reine Wahrheit darstellen.

Herr Kollege Schennach, Sie haben verschiedene Aspekte angeschnitten. In einem kleinen Punkt gebe ich Ihnen recht, wo ich auch der Meinung bin, dass man das anders hätte konstruieren können, und das ist die Bestellungsdauer des Direktors dieses Amtes.

In der allgemeinen Verwaltung werden die höheren Funktionen für fünf Jahre besetzt. Bei dieser Einrichtung wäre es, da sie sich in der allgemeinen Verwaltung nicht unbe­dingt besonders beliebt machen wird, sicher besser, eine längere Funktionsdauer vorzusehen, etwa wie beim Rechnungshofpräsidenten zwölf Jahre. Darüber kann man sicher diskutieren, aber ich würde auch sagen, dass länger in diesem Fall besser wäre.

In diesem Gesetz sind die Aufgaben ganz klar umschrieben, und ich frage mich, was da schlecht sein sollte. Eine Bestimmung zum Beispiel gefällt mir, die die Bediensteten dieses Amtes betrifft: Sie dürfen keiner entgeltlichen Nebenbeschäftigung mit Aus­nahme von Publikationen – damit die Leute das nachlesen können – und Tätigkeiten im Bereich der Lehre nachgehen. Sie dürfen die Leute informieren und so weiter, aber keiner entgeltlichen Nebentätigkeit nachgehen – das finde ich sehr gut.

Weiters haben Sie Kritik im Zusammenhang mit der Amtsverschwiegenheit ange­bracht. Dazu Folgendes: Es gibt das Beamten-Dienstrechtsgesetz – Kollege Ebner wird es sicher auch kennen –, und dadurch sind alle Beamten, Vertragsbediensteten verpflichtet, die Amtsverschwiegenheit einzuhalten. Das muss also nicht extra in jedes Organisationsgesetz hineingeschrieben werden. Dieser Vorwurf geht daher meiner Ansicht nach ins Leere.

Zum Thema Geldwäsche: Na ja, da Sie jetzt so drängen im Zusammenhang mit der Geldwäsche, muss ich sagen: Ich war zwar im Urlaub, aber ich habe in der Zwi­schenzeit gehört, dass man das Bankgeheimnis reformieren wollte, dass dazu aber keine Zweidrittelmehrheit zustande gekommen ist. ÖVP und SPÖ wollten es ändern, und die Grünen hätten sich ja ohne Weiteres zur Verfügung stellen können, damit Österreich von der grauen Liste der OECD auf die weiße Liste kommt, was angeblich Luxemburg und der Schweiz bereits gelungen sein soll.

Zum Rechtsschutzbeauftragten: Es ist auch in diesem Gesetz klar geregelt, wie es in Hinkunft mit der Kontrolle ausschauen soll. In diese Kontrollmaßnahmen sind sowohl bei der Auswahl des Direktors als auch bei der Art Kontrollkommission die Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes und die Präsidentin des Obersten Gerichtshofes eingebunden. Bitte, was wollen Sie noch mehr? Wollen Sie vielleicht – entschuldigen Sie die saloppe Bemerkung –, dass der Heilige Geist vom Himmel herabsteigt und auch in die Kommission kommt? – Wir sollten Realisten bleiben! (Bundesrat Schennach: Sie haben doch eine juristische Ausbildung! Was machen die Präsidenten der Gerichtshöfe denn?!) Es sind immer ganz hervorragende


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 104

Präsidenten und Präsidentinnen, die wir in Österreich haben. Und wenn diese bei der Auswahl mitwirken, dann glaube ich schon, dass ein gutes Ergebnis herauskommt.

Sie stellen mangelnde Internationalität fest. Dazu muss ich auch sagen: Das ist klar geregelt: internationale polizeiliche Kooperation und Amtshilfe. Steht alles drinnen! Ich frage mich also, was Sie daran auszusetzen haben.

Dann sagen Sie, es werde Druck ausgeübt, zu melden. Das sogenannte Whistle­blower-System, das auch in diesem Gesetz enthalten ist, ermöglicht es, dass jeder, der etwas sieht oder hört, diesen Umstand auf direktem Wege unter Ausschaltung des Dienstweges an dieses Amt übermitteln kann. Also besser kann es in dieser Richtung wohl nicht gehen.

Daher zum Abschluss, weil meine Redezeit zu Ende geht: Das Gesetz ist hervor­ragend. Die Legislative des Bundesministeriums für Inneres hat eine gute, fundierte, kurze Arbeit hingelegt, ich gratuliere dazu. Meine Fraktion wird dieses Gesetz selbstverständlich unterstützen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Kalina.)

14.28


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Ebner. Ich erteile es ihm.

 


14.28.39

Bundesrat Mag. Walter Ebner (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Herr Kollege Dr. Kühnel, Sie als Vorredner haben von einem knappen Gesetz gesprochen – das stimmt. Sie haben von einem verständlich formulierten Gesetz gesprochen, aber ich kann Ihre Überlegungen nicht nachvoll­ziehen, dass es ein hervorragendes Gesetz sein soll, dass es gar nicht besser sein könnte, denn schon im Ausschuss wurde darauf hingewiesen, dass daran gearbeitet wird, dass es Weiterentwicklungen geben wird.

Beispielsweise ist die von Ihnen gar nicht in den Raum gestellte Unabhängigkeit erfor­derlich und notwendig – Kollege Schennach und auch die Richtervereinigung in einer Stellungnahme zum Entwurf haben darauf hingewiesen, dass es keine Unab­hängigkeit in dem Sinne gibt, wie die Richter sie gerne hätten. Und im Ausschuss wurden wir auf die Frage, ob die Unabhängigkeit nicht gestärkt werden solle, dahin gehend informiert, dass sich das derzeit noch im Begutachtungsentwurf befinde.

Also sind diejenigen, die dieses Gesetz geschrieben haben, sehr wohl auch zur Über­zeugung gelangt, dass das, was derzeit aufgrund der besonderen Situation noch nicht möglich ist, verstärkt gegeben sein soll, nämlich die Unabhängigkeit. Derzeit gibt es noch ein Weisungsrecht der Frau Minister, also des zuständigen Ressortchefs.

Es wird immer kolportiert, dass es das BIA, das Büro für Interne Angelegenheiten, jetzt nicht mehr geben soll – es wurde sogar formuliert, es soll aufgelöst werden –, dass aber die Personen, die dort tätig waren, aufgrund ihrer Erfahrung sehr wohl in das neue Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention übersiedeln können. Man kann jedoch noch nicht genau sagen, wie viele Personen in diesem Bundesamt tatsächlich tätig sein sollen, weil man offensichtlich auch noch nicht die gesamten Kompetenzen im Detail kennt; diese werden sich erst ergeben. – Das ist ebenfalls eine Auskunft aus dem Ausschuss; ich habe das genau mitgeschrieben.

Noch dazu wurde dann eine Ausschreibung gemacht, die sich sehr frappant am bis­herigen Leiter des BIA orientiert. Es muss nicht sein, aber es kann sein – der Konjunktiv ist hier angebracht –, dass er sich dann auch so prädestiniert bewirbt und präsentiert, dass er als neuer Direktor des Bundesamtes fungieren wird.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 105

Es besteht also eine interessante Parallelität zum BIA, das in Diskussion geriet – nicht nur in den Medien, sondern auch darüber hinaus in der politischen Diskussion –, ich sehe da kaum besondere Unterschiede, außer in der Namensgebung und einigen beson­deren Schwerpunktsetzungen, und dass man einer UN-Richtlinie folgt, dass im Sinne von Korruptionsprävention und -bekämpfung gesetzliche Regelungen verankert werden sollen. Da hat man offensichtlich die Lösung gefunden: Das BIA wird aufgelöst, und das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung wird geschaffen – aber man lässt die Personen gleich, man lässt die Führung gleich, man ist sich noch nicht im Klaren darüber, welche Aufgabenstellung es gibt. – All das sind Formulierungen aus dem Ausschuss.

Das BIA hat zwar auch andere Aufgabenstellungen gehabt, aber man sieht hier ge­wisse Parallelitäten.

Die Unabhängigkeit soll gestärkt werden. – Für mich ist interessant, dass im Zusam­menhang mit der Bestellung des Direktors die Präsidenten des Verfassungsgerichts­hofes, des Verwaltungsgerichtshofes und des Obersten Gerichtshofes gehört werden sollen, dass es aber keine weitgehende rechtliche Relevanz im Rahmen dieses Bestel­lungsverfahrens gibt.

Die fünfjährige Befristung und die Wiederwahl – das ist schon angesprochen worden – sind auch nicht das, was sich unsere Fraktion vorgestellt hat.

Sie haben weiters die Frage von Weisungen durch die Ministerin angesprochen und gemeint, die Ministerin werde es nicht machen, da andernfalls die Medien darüber berichten würden.

Sie haben damit – so im Sinne der Gewaltenteilung – die vierte Gewalt, die Medien, die Zeitungen, die Öffentlichkeit angesprochen. Aber wieso kann man das Gesetz nicht so formulieren, dass man auf diese vierte Gewalt – die Medien – gar nicht angewiesen ist, sondern im Sinne unserer drei Gewalten ein vernünftiges Gesetz hat?!

Nicht alles, was kurz ist, was knapp ist, was verständlich ist, ist auch wirklich gut, geschweige denn hervorragend oder so, dass es nicht noch besser sein könnte, ins­besondere da wir im Ausschuss gehört haben, dass schon einige Änderungen in Vorbereitung sind.

Aus meiner Sicht ist es nicht notwendig, ein entsprechendes zusätzliches Gremium einzurichten, wenn man die Unabhängigkeit garantiert. Die Einrichtung der Rechts­schutzkommission, die ich hier hervorheben möchte, wäre im Sinne einer weisungs­freien Institution zur Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention das Richtige.

Darüber hinaus scheint in diesem – so wie Sie es gesagt haben – knappen und verständlich formulierten Gesetz keine Regelung darüber auf, was mit den Personen, die von den Amtshandlungen dieses neuen Bundeskriminalamtes betroffen sind, bezüglich des Informationsflusses geschehen wird. Auch das ist nicht definiert. Ob sie über die in Bezug auf ihre Person durchgeführten Maßnahmen zu informieren sind oder nicht, geht aus diesem Entwurf nicht hervor. Dies ist vor allem deshalb inter­es­sant, da wir heute wissen, wie schnell einzelne Institutionen beim Abhören sogar von informationstechnischen Mitteln von öffentlichen Vertretern, beispielsweise von Reprä­sentanten des Nationalrates, sind.

Aus all diesen Gründen kann von unserer Seite diesem Antrag nicht die Zustimmung gegeben werden. (Beifall der Bundesräte Mitterer und Kerschbaum.)

14.35


Präsident Erwin Preiner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kalina. Ich erteile es ihm.

 



BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 106

14.35.54

Bundesrat Josef Kalina (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Zu den Ausführungen meines Vorredners, was das Abhören betrifft, weil das aktuell ist: Natürlich muss man da ganz besonders genau sein. Aber das, was man in diesem Zusam­menhang den heutigen Medien entnehmen durfte, ist ja auch nicht gerade ein Ruhmesblatt für die betreffenden Abgeordneten, die offensichtlich innerparteiliche Ent­scheidungen mit „Polizei-SMS“ sozusagen zu beeinflussen versuchen – laut offen­sichtlich zahlreichen Zeugen.

Da sitzt also wahrscheinlich einer im Glashaus und wirft mit Steinen, obwohl das an sich ein ernstes Thema ist, aber halt von den falschen Leuten gebracht. (Zwischenruf des Bundesrates Perhab. – Bundesrat Mag. Ebner: Herr Kollege, das ist jetzt schon tief gewesen, diese Argumentation!) – Ich bin der Letzte, der für das Abhören ist, aber ich meine ... (Bundesrat Mag. Klug: War inhaltlich alles richtig!) Herr Westenthaler hat ja gesagt, der hat mit Drogen zu tun, er hat jetzt gerade ein, wenn ich das ... (Bundesrat Dr. Kühnel: Ich gebe ihm nicht immer recht, aber da hat er recht! – Heiter­keit und Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wenn das nicht schauerlich ist, dass er dann, wenn es in einer Parteisitzung um die Besetzung eines Mandates geht, telefoniert und sagt: Ich kriege jetzt gerade über das Handy einen Bericht von der Polizei, mein Kontrahent hat mit Drogengeschäften zu tun!, dann weiß ich es auch nicht. Und beim Überprüfen des Ganzen stellt sich das als eine riesige Blase und als falsche Beschuldigung heraus! Ich finde, das ist der wahre Skandal und das gehört auf jeden Fall aufgeklärt in einem Untersuchungsausschuss – wiewohl ich Ihnen recht gebe, dass das mit dem Abhören – abgehört wurde er ja nicht –, mit dem Überprüfen der Anrufdaten eine ernste Sache ist, die man auch regeln muss, nur damit das nicht verwechselt wird. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bun­desrates Dr. Kühnel.)

Was das Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention und die Kritik der Grünen und auch anderer betrifft, muss ich sagen, dass man, wenn man ein Gesetz beurteilt, doch auch berücksichtigen muss, warum man es macht. Und das hat natürlich sehr viel mit dem BIA und auch damit zu tun, wie das BIA gearbeitet hat, wie das Büro für Interne Angelegenheiten in die Medien gekommen ist und wie es intern und extern gesehen wurde. Auch diesbezüglich kann man, glaube ich, weitgehend Konsens erzielen.

Das BIA war eine schwierige Konstruktion; in manchen Punkten war es sicher gelun­gen, in anderen aber nicht. Ich würde sagen, zur Lichtseite – wenn man das so sagen kann – des BIA gehört sicher, dass es für die Bürger, für die Demokratie und für die Exekutive insgesamt, glaube ich, gut war, dass die gewusst haben, dass ihnen da wirklich auf die Finger geschaut wird. Da werden keine Übergriffe geduldet, und das wird sozusagen nicht unter den Teppich gekehrt, sondern da ist eine Art Innenrevision, die da wirklich an die Sache geht. Das finde ich gut, das ist die Lichtseite.

Zur Schattenseite gehört, glaube ich, in erster Linie schon der Umstand, den wir heute regeln, nämlich keine ausreichende Rechtsgrundlage. Ich würde sagen, zur Schatten­seite gehört auch – der Herr Minister ist in Vertretung hier, aber ich nehme an, Sie richten es ja sicher Frau Bundesminister Fekter aus –, dass das BIA manchmal so dicht wie ein Nudelsieb war, was Informationen – auch sehr persönliche – betroffen hat, die dann an die Medien durchgesickert sind. Also das gehört sicher auch zur Schattenseite. Und: Man konnte zumindest auch den Eindruck haben, dass das BIA manchmal unter politischem Einfluss stand und auch so eingesetzt wurde.

Deswegen – dies auch in Richtung der Grünen – ist es, glaube ich, eine gute Sache, die wir heute mit diesem Bundesamt hier machen, auch wenn es immer Verbes­se-


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 107

rungs­möglichkeiten gibt. Ich möchte das jetzt im Hinblick auf die vorgeschrittene Zeit nicht wiederholen.

Was den Inhalt betrifft, gehe ich mit Kollegem Kühnel völlig konform. Das, was ich betonen will, ist, dass wir jetzt eben eine ordentliche gesetzliche Grundlage haben, was auch den Grünen, wie ich meine, etwas wert sein und eigentlich eine Zustimmung ermöglichen sollte. Wir stellen sicher, was, wie ich meine, auch wichtig ist, dass die Staatsanwaltschaft zur Korruptionsbekämpfung, die vor Kurzem geschaffen wurde, jetzt sozusagen ein Pendant hat, mit dem sie arbeiten kann. Äußerst wichtig ist auch der unabhängige und verfahrensbegleitende Rechtsschutz, der eben allen Bürgern einen Zugang dazu gibt und Rechtssicherheit und Schutz vor Missbrauch bietet. Ich glaube, das ist in Summe etwas wert. Das ist in Summe wirklich gut gelungen und ein richtiger und wichtiger Schritt.

Was die Frage Weisungen betrifft, glaube ich auch, dass man daran nicht herum­deuteln sollte. Das ist im Rahmen der österreichischen Behördenstruktur eine legale, gut gelungene und transparente Institution. Jeder Minister, ob der jetzige oder zu­künf­tige, sollte sich eben im Rahmen seiner Verantwortung sehr gut überlegen müssen – und ein Minister ist politisch für das, was er tut, verantwortlich, und dazu sollte man auch stehen –, ob und in welcher Form er dort Weisungen gibt.

Ganz zum Schluss wieder eine Bitte – und ich ersuche Herrn Minister Berlakovich, das Frau Bundesministerin Fekter auch auszurichten –: Bei der Neubestellung sollte man darauf achten, dass das gute Leute sind. Durch die Anhörung wirklich honoriger Per­sonen ist auch dafür gesorgt, dass das in die richtige Richtung geht. Man sollte jedenfalls darauf achten, dass jene, die man dort hinsetzt, bei ihrem Umgang mit Medien etwas sorgsamer und vielleicht etwas zurückhaltender sind, als es die bisherige BIA-Führung war. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

14.41


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ertl. Ich erteile es ihm.

 


14.42.07

Bundesrat Johann Ertl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr verehr­ter Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Grund­sätzlich ist mit diesem Gesetz der richtige Weg eingeschlagen. Deswegen werden wir auch diesem Gesetz unsere Zustimmung erteilen. Wir sind gespannt darauf, wie wirksam und objektiv dieses neue Bundesamt sein wird, wie wirksam die Korruption tatsächlich bekämpft werden wird.

Ich möchte hier der Hoffnung Ausdruck verleihen und bin guter Dinge, dass dieses neue Amt eine große Chance darstellt, den großen Schaden, den die Korruption in diesem Land anrichtet, auch wirksam zu bekämpfen. (Bundesrat Dr. Kühnel: Frank­furter Stadionbau!) Wenn wir imstande sind, Korruption wirksam zu bekämpfen, werden wir wesentlich an Glaubwürdigkeit gewinnen können, was wir bitter notwendig haben.

Ich stelle hier aber die Korruption auch mit politischen Interventionen gleich. Es darf nicht sein, dass eine einer Partei nahestehende Person plötzlich der Leiter dieses neuen Amtes wird. Dieser Leiter kann nicht objektiv sein, er wird sich seinem Befür­worter immer verpflichtet fühlen. Da müssen andere Wege gegangen werden, die nicht einmal den Verdacht einer Beeinflussung aufkommen lassen.

Auch bei politischen Postenbesetzungen ist dies eine Form von Korruption, noch dazu, wenn notwendige Stellen von Familienmitgliedern besetzt werden. Der Kabinettchef unserer Frau Innenministerin – leider ist sie heute nicht hier – ordnet Versetzungen an, und der kleine Beamte hat dann das Recht, diese Anordnungen zu beeinspruchen.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 108

Aber was hilft der Einspruch, wenn in der höchstmöglichen Instanz der Vater des Anord­nungsbefugten sitzt und zugunsten seines Sohnes entscheidet? Der kleine Beamte fällt durch den Rost, der wird nie zu seinem Recht kommen!

Solche Familieninstanzenzüge darf es in einer Demokratie, wie wir sie in Österreich haben, einfach nicht geben.

Wir befinden uns heute in einer Situation, in der Korruption ein wichtiges Thema ist und es auch aus unserer Sicht etwas Gutes ist, entsprechende Maßnahmen dagegen zu setzen. Es ist etwas Gutes, entsprechende Behörden und Strukturen zu schaffen, um diese Korruption in bestmöglicher Form zu bekämpfen. Aber, bitte, mit politisch nicht abhängigen Personen! Das, was jetzt eingerichtet wird, ist aus unserer Sicht zwar notwendig, aber es ist nicht der große Wurf. Wir hätten uns eine unabhängige und weisungsfreie Behörde vorgestellt, bestehend aus Beamten von Finanz, Justiz und Exekutive, aus Ermittlern, die jedem Verdacht entsprechend nachgehen und ohne Steuerung von Seiten der Politik agieren können.

Wir haben uns vorgestellt, dass diese Behörde eine Beurteilungskompetenz hat, wobei es den gewählten Volksvertretern hier im Hohen Haus obliegt, diese Behörde zu kontrollieren. Ich kenne leider Beispiele die zurzeit bestehende Organisation betref­fend, die die Frage aufkommen lassen, mit welchen Methoden dort gearbeitet wird. Aber hier wird jetzt ein Amt geschaffen, mit dessen Hilfe Korruption entgegengetreten und bekämpft werden kann.

Mir bereitet große Sorge, dass das Büro für Interne Angelegenheiten nahtlos in dieses Amt übergeführt werden soll. Dieser BIA steht eine Person vor, die rein aufgrund von politischen Interessen zu deren Chef gemacht worden ist. Der vormalige Innenminister, der dafür verantwortlich zeichnet, trägt die Verantwortung dafür, dass die Organisation Polizei noch Jahre brauchen wird, um sich wieder zu einem schlagkräftigen Sicher­heitsapparat zurück zu organisieren. Die Kriminalitätsrate in Österreich spricht eine deutliche Sprache.

Von unserer Fraktion wurde im Nationalrat der Antrag eingebracht, dass all jene Personen, insbesondere alle Politiker, gegen die das BIA seit dem Jahr 2000 ermittelt hat, zumindest im Nachhinein das Recht erhalten sollen, darüber informiert zu werden. Im Büro für Interne Angelegenheiten gibt es eine Liste von Politikern, gegen die ermittelt worden ist, aber niemand weiß, wer diese Politiker sind und warum gegen diese Politiker ermittelt worden ist. So verstehe ich einen Rechtsstaat nicht. Um politische Vorteile daraus zu ziehen, wird einfach aus irgendwelchen Gründen und fern aller Gesetze gegen Politiker ermittelt!

Auch Sie, meine Damen und Herren, könnten auf dieser Liste stehen, wissen aber nichts davon. Das hat mit Demokratie nichts zu tun, sondern das sind Stasi-Methoden, Herr Kühnel! – Danke. (Beifall der Bundesräte Mag. Ebner und Mühlwerth. – Bun­desrat Dr. Kühnel – eine abwehrende Handbewegung machend –: Also Sie wissen nicht, was die Stasi ist!)

14.47


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Saller. – Bitte.

 


14.47.54

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Gestern sind die Bregenzer Festspiele eröffnet worden. Am kommenden Samstag werden die Salzburger Festspiele eröffnet, die den Ruf Österreichs als international führendes Kultur- und Musikland in die ganze Welt hinaustragen. Eine Untersuchung zeigt, Gäste aus 70 Ländern kommen nach Salz­burg, der durchschnittliche Aufenthalt pro Person beträgt zirka sieben Tage. Dazu


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 109

werden mehr als 2 000 € für Übernachtung, Verpflegung und so weiter ausgegeben, und zwar ohne Karten. Dazu kommen noch Beschäftigungs- und steuerliche Effekte.

Alle Leistungen benötigen ein solides finanzielles Fundament. Dafür braucht man Sponsoren, und Sponsoren wollen ein Sponsorenpaket. Sponsoren helfen auch mit, öffentliche Subventionen zu verkleinern oder diese nicht notwendig zu machen.

Sie erinnern sich, vor zirka einem Jahr gab es Alarm, da wichtige Gäste unter Hinweis auf das seit 1. Jänner 2008 in Geltung stehende Antikorruptionsgesetz Einladungen abgesagt haben. „Aufstand der Sponsoren“ hieß es im Magazin „Format“ am 22. August 2008. Die Probleme wie Vorteilsgewährung – Anfüttern genannt; ein schrecklicher Ausdruck! – hatten sich ja bereits bei der EURO 2008 angekündigt.

Der massive Rückzug der Sponsoren löste intensive Bemühungen der Veranstalter von Festivals, Events, Kongressen aus, für eine rasche Klärung zu sorgen.

Der ÖSV braucht Sponsoren, sonst kann er eigentlich nirgends mitwirken. Und ohne VIP-Bereiche geht es auch nicht; auch ich gebe dem Skiclub Bischofshofen eine Spende; das ist doch selbstverständlich.

Alle wichtigen Forderungen auf diesem Sektor haben Eingang in dieses Regie­rungs­übereinkommen gefunden, und ich danke Frau Bundesministerin Bandion-Ortner und ihrem Team im Bundesministerium für Justiz, speziell auch ihrem Kabinettchef Mag. Krakow, sehr herzlich für diese rasche Lösung. Ich weiß, es ist nicht einfach, ein so heißes Eisen anzugreifen und vor allem rasch zu schmieden.

Diese Novelle zum Antikorruptionsgesetz hilft Kultur, Sport, Kunst, Wissenschaft, aber genauso allen Initiativen auf dem Land, allen Veranstaltungen, allen Sportvereinen, Feuerwehren und vielen anderen mehr. Für die „klassische“ Privatwirtschaft ist es nunmehr uneingeschränkt möglich, Geschäftspartner, Kunden oder Lieferanten aus dem Kreis der freien Wirtschaft im üblichen Rahmen und nach internationalen Gepflo­genheiten der Gastlichkeit einzuladen und zu bewirten. Klargestellt ist auch die Zuläs­sigkeit der Einladung von Repräsentanten bei öffentlichen Anlässen, so zum Beispiel zu Firmenjubiläen, Tourismusveranstaltungen, Messeauftritten und so weiter.

Für die Kunst- und Sportszene ist entscheidend, in welchem Umfang derartige Einla­dun­gen anerkannt werden; da ist mit Sicherheit der wichtigste Durchbruch gelungen. Ein besonderer Dank gilt in diesem Zusammenhang auch unserer Festspielpräsidentin Dr. Helga Rabl-Stadler sowie allen Mitstreitern in Bezug auf Festspiele – von Bregenz bis ins Burgenland –, die in dieser Sache unermüdlich tätig waren und sind.

In diesem Zusammenhang wird auch sehr oft auf die Politiker hingewiesen, und da muss ich schon die Frage stellen, welchen Typus Politiker man damit eigentlich meint und haben möchte: jenen Politiker, der bei den Leuten ist, der ein offenes Ohr hat, der beim Stammtisch sitzt? Ich denke da auch an die vielen Bürgermeister – hier herinnen sitzen ja auch einige –, die in Situationen kommen, wo sie entweder etwas geben müssen oder auch etwas bekommen; das ist nun einmal so. Muss sich aber jetzt dieser Bürgermeister, muss sich jetzt dieser Politiker fürchten, wenn er etwas annimmt? – Das ist die eine Gruppe von Politikern.

Oder aber will man Politiker, die zu Hause bleiben, die möglichst keinerlei Kontakte pflegen, um ja nicht in Versuchung zu kommen, etwas annehmen oder gar etwas herschenken zu müssen? Welchen Politiker will man? Ich meine, die Antwort ergibt sich von selbst: Man kann nur den ersten von mir aufgezeigten Politiker-Typus wollen, und ein solcher Politiker braucht sich auch nicht zu fürchten, sondern muss sich nur der Realität stellen.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 110

Am Ende muss es auf alle Fälle heißen: Ein Ja zu einer effektiven Bekämpfung der Korruption und ein Nein zur Kriminalisierung der Förderer von Kultur und Sport sowie aller Politiker. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

14.53


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schimböck. Ich erteile es ihm.

 


14.53.47

Bundesrat Wolfgang Schimböck, MSc (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste hier im Bundesrat! Dem, was zuvor gesagt wurde, kann ich eigentlich nicht ganz folgen, denn gerade in diesem Bereich ist ein unglaublich strenger Maßstab notwendig. Schauen wir uns doch nur Zeitungsberichte der letzten Tage an: Es geht um zwei EU-Beitrittsländer, wo jedes EU-Mitgliedsland zu Recht sagt, was mit den Geldern in diesen Ländern passiert ist.

Wir sollten daher dem Alt-Präsidenten des Rechnungshofes, Dr. Fiedler, der nicht aus irgendeiner politischen Ecke kam (Rufe bei der SPÖ: Na ja!), dankbar dafür sein, dass dieser damals, und zwar mit einer gewissen Schärfe, eine entsprechende Gesetz­gebung gefordert hat. (Bundesrat Schennach: Und dieses Gesetz mit Schärfe kritisiert! Da haben Sie recht! Sie haben Fiedler zitiert!)

Ich glaube, wir sollten da nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, sondern eine ganz klare Grenze setzen. Da ist es halt doch so – wie wir ja vielfach gesehen haben –, dass sogar Weltkonzerne in die Bredouille gekommen sind, und zwar in den verschie­densten Ländern, auch im früheren Ostblock, wo manche Konzerne heute noch mit solchen Dingen zu kämpfen haben. Daher sollten wir das, was hier auf dem Tisch liegt, sehr, sehr ernst nehmen.

Wenn eine Behörde zur Korruptionsbekämpfung verunglimpft wird, bevor sie überhaupt noch tätig geworden ist, dann, muss ich sagen, sind mir solche Aussagen – auch wie die des Kollegen Ertl hier – nicht ganz verständlich, und es ist schon auch darauf hinzuweisen: Im öffentlichen Dienst gibt es ein Disziplinarrecht! Das ist daher nicht zu vermischen mit dieser Behörde, denn soweit ich weiß, ist eine Disziplinarbehörde nicht identisch mit direkten Vorgesetzten; die Disziplinarbehörde handelt sehr wohl wei­sungsfrei und unabhängig, und die Mitglieder einer solchen Kommission haben auch einen Versetzungsschutz. Bei uns ist es wirklich nicht wie in einer „Bananen­republik“!

Wenn da Ordnung hineingebracht wird, wenn da erhoben werden kann, würde ich schon vorschlagen, dass sich Kollege Ertl vielleicht einmal doch die gesamte Geset­zeslage anschaut. Dann würde er sehen, dass bei solchen Vorwürfen, dass in solchen Fällen sehr wohl die Staatsanwaltschaft und die Gerichte tätig werden. Soweit ich als Mitglied des Bundesrates weiß, kennt unsere Bundesverfassung ausdrücklich die Weisungsfreiheit der Richter, die eine derartige Untersuchung leiten.

Es ist daher keinesfalls so, dass da etwas der parlamentarischen Kontrolle oder dem Gericht an Möglichkeiten entzogen wird, denn es ist ja jedem Mitglied des Bun­desrates, im Verein mit zwei weiteren Mitgliedern, ebenso natürlich den Kollegen des Nationalrates, unbenommen, eine Anfrage an die ressortzuständige Ministerin oder an den Minister zu stellen, wenn man meint, dass etwas nicht korrekt gelaufen wäre.

Zu den einzelnen Punkten – Missbrauch der Amtsgewalt, Bestechlichkeit der Abgeord­neten, Bestechung, Vorteilsnahme, Vorteilszuwendung, verbotene Intervention –, die ja alle auch einen wirtschaftlichen Aspekt haben: Wenn es da kein klares Regelwerk gäbe, würde das doch eine Verzerrung der Wettbewerbssituation darstellen.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 111

Darum möchte ich auch gar nicht einen „Freibrief“ erteilt wissen, dass man sagt: Ja, wenn da irgendjemand sponsert, dann muss man sich schon auch die Hintergründe anschauen!, denn das wird sicherlich auch Frau Präsidentin Zwazl bestätigen: Viele kleine und mittlere Betriebe haben in der Vergangenheit oft darunter gelitten, dass sie nicht die Möglichkeit hatten, sich an irgendwelche Entscheidungsträger zu wenden, eben in einem großen Ambiente und einem ebensolchen Rahmen. Dann kamen oft Aufträge zustande, wo man gesehen hat, wenn man das ein bisschen hinterfragt hat, dass man sich das eigentlich in der Republik mit den Bürgern selbst wieder bezahlt hat, indem dann eben etwas gekauft wurde.

Zuvor ist auch Herr Gesundheitsminister Stöger zu uns gekommen, der ja einer der Erfolgreichsten beim Führen einer Gebietskrankenkasse war, nämlich der Oberöster­reichischen Gebietskrankenkasse, und der daher aus Erfahrung weiß, wie bei den Konzernen im pharmazeutischen, im medizinisch-technischen Bereich genau geschaut wurde: Welchen Preis zahlt man für welche Leistung?

Deshalb ist es, wie ich meine, sehr, sehr wichtig, dass Entscheidungsträger einen gewissen Abstand zu diesen Dingen haben. Und ich meine auch, es ist nicht gut, das zu vermischen mit „Leutseligkeit“, die für einen Politiker in einer Kommune notwendig ist, oder damit, dass er vielleicht das Kaufgeschäft einen Sportverein betreffend unter­stützt, denn das sind schon zwei ganz verschiedene Dinge.

Ich meine, wir sollten uns hier im Bundesrat zu einer korrekten Handhabung bekennen, auch zu diesem neuen Amt zur Korruptionsbekämpfung, das Vorschusslorbeeren verdient hat. Ich möchte mich daher jetzt ganz besonders bei jenen Beamtinnen und Beamten bedanken, die oft unter schwierigsten personellen Bedingungen tätig sind und für Wettbewerbsgleichheit et cetera sorgen.

Folgendes möchte ich Ihnen, Herr Bundesminister Berlakovich, der Sie ja heute die Frau Bundesministerin für Inneres vertreten, mit auf den Weg geben: Wir haben in Österreich – was zu Recht immer wieder kritisiert wird – nicht die personellen Res­sourcen, die es ermöglichen würden, bei Geldwäsche und ähnlichen kapitalen Delikten auf diese Mittel auch zuzugreifen, wodurch leider der Republik viel an Geld verloren geht. Daher sollte man da Vergleiche mit anderen Ländern ziehen, in denen es zu intensiven Zugriffen kommt, eben mit Hilfe geschulter Erhebungsbeamter.

Da in einzelnen Ressorts gesagt wird: Wir brauchen solche Kräfte nicht, denn die können nicht über das ganze Jahr eingesetzt werden!, hielt ich es für angebracht, diesbezüglich einmal einen Vergleich mit anderen Ländern anzustellen und zu überlegen, ob sich personelle Ressourcen im Bereich Geldwäsche, im Bereich Korrup­tion et cetera nicht doch rechnen würden, da man ja so entsprechende Beträge lukrieren könnte. Gemeinsam mit den Gerichten sind da ja einige Maßnahmen möglich, und man könnte dann auch entsprechende Beschlagnahmungen und Sicherstellungen durchführen. – Das wollte ich Ihnen noch mit auf den Weg geben.

Sonst sind wir, glaube ich, mit diesem neuen Regelwerk gut unterwegs, und man darf den Beamtinnen und Beamten, die dann dort tätig sein werden, schon jetzt alles Gute und viel Erfolg wünschen. Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.00

15.00.20

 


Präsident Erwin Preiner: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung noch ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 112

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

15.00.4916. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finan­zie­rungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Sonderunterstützungs­ge­setz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Bauarbeiter-Schlechtwetterent­schä­digungsgesetz 1957 und das Nachtschwerarbeitsgesetz geändert werden (Ar­beitsmarktpaket 2009) (679/A und 249 d.B. sowie 8153/BR d.B.)

17. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird (250 d.B. sowie 8154/BR d.B.)

 


Präsident Erwin Preiner: Nunmehr kommen wir zu den Punkten 16 und 17 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin zu beiden Punkten ist Frau Bundesrätin Lugsteiner. Bitte um die Berichte.

Davor möchte ich noch unseren Herrn Gesundheitsminister Stöger herzlich willkom­men heißen.

 


15.01.40

Berichterstatterin Juliane Lugsteiner: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Der Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumenten­schutz über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarkt­politik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Sonderunterstüt­zungsge­setz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Bauarbeiter-Schlechtwetterent­schä­digungsgesetz 1957 und das Nachtschwerarbeitsgesetz geändert werden, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. (Vizepräsident Mag. Himmer übernimmt den Vorsitz.)

Ich bringe weiters den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Kon­sumen­tenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 113

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Klug. – Bitte.

 


15.03.40

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein kurzer Blick auf den öster­reichischen Arbeitsmarkt: 340 000 Männer und Frauen konnten in eine neue Beschäf­tigung gebracht werden. Sämtliche Lehrstellensuchende konnten innerhalb einer Frist von 40 Tagen auf eine geeignete Lehrstelle vermittelt werden. Im Mai 2009 ist es uns gelungen, 19 000 Personen im Alter zwischen 19 und 24 Jahren in Arbeit zu vermitteln. Im Juni des heurigen Jahres waren es immerhin auch beachtliche 13 000.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diesen kurzen Aufriss auf den österreichischen Arbeits­markt im Zusammenhang mit dem Arbeitsmarktpaket II möchte ich zweifach kommentieren:

Zum Ersten ist es durchaus angemessen, dass ich mich in diesem Zusammenhang bei allen Kolleginnen und Kollegen des österreichischen Arbeitsmarktservice für ihre sehr engagierte Arbeit in einer sehr schwierigen Zeit herzlich bedanke. Keinesfalls, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich mit diesem kurzen Aufriss die besondere, schwierige Situation auf dem österreichischen Arbeitsmarkt schönreden. Das ist keinesfalls angebracht.

Wenn wir uns allerdings die Frage stellen, ob die eine oder andere Maßnahme, die auch wir hier im Bundesrat gemeinsam beschlossen haben, in der Realwirtschaft auch tatsächlich wirkt, dann möchte ich zum Zweiten nicht unerwähnt lassen, dass es uns auch mit Freude erfüllt, dass Österreich nach Belgien das einzige europäische Land ist, in dem die Arbeitslosigkeit seit zehn Monaten rückläufig ist.

Ich glaube, dass uns das im Zusammenhang mit unseren Debatten darüber, ob die Maßnahmen, die wir setzen, die richtigen sind, ob sie zum richtigen Zeitpunkt erfolgen und ob sie ausreichend sind, durchaus auch hoffnungsvoll stimmen sollte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Arbeitsmarktpaket II ist ein durchaus guter Mix zum richtigen Zeitpunkt, und, wie ich mich vorher noch einmal anhand der Rednerliste kurz vergewissert habe, werden alle unsere Kolleginnen und Kollegen in der politi­schen Debatte diesem Arbeitsmarktpaket II zustimmen. Insofern möchte ich ein sehr kollegialer Erstredner sein und auf die Details nicht eingehen, sondern mich auf ein paar allgemeine Bemerkungen beschränken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem Arbeitsmarktpaket II nimmt unsere Bundes­regierung im Allgemeinen, aber besonders unser Sozial- und Arbeitsminister – darauf werden wir Sozialdemokraten immer stolz sein! – mit unser aller Unterstützung bis zum Jahr 2013 immerhin 400 Millionen € zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in die Hand.

325 000 Männer und Frauen werden letztlich davon profitieren, und wir sind sehr opti­mistisch, dass es damit gelingen wird, rund 35 000 Arbeitsplätze entweder abzusichern oder sogar neu zu schaffen.

Wenn ich vorher gesagt habe, dass ich auf die Details nicht näher eingehen will – dazu werden wir in der Debatte von unseren Kolleginnen und Kollegen sicherlich noch einiges hören –, dann möchte ich doch ganz besonders hervorheben, dass wir von der sozialdemokratischen Fraktion uns ganz sicher sind, dass die angestrebten Ziele dieses Paketes letztlich auch erreicht werden.

Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie werden von mir in diesem Zusammenhang den Begriff „Treffsicherheit“ nicht hören, und zwar ganz einfach deshalb, weil sich die


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sozialdemokratische Fraktion im Bereich der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik mit Begrifflichkeiten aus der Jagdgesellschaft einfach nicht identifizieren kann.

Erlauben Sie mir daher nur anzumerken, dass wir ganz, ganz sicher sind, dass wir unsere gemeinsam gesteckten Ziele in diesem Zusammenhang auch sicherlich er­reichen werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Sie es von der sozialdemo­krati­schen Fraktion in diesem Zusammenhang mittlerweile wahrscheinlich auch schon gewohnt sind, werde ich die Gelegenheit ergreifen, mich bei unseren Sozialpartnern für die äußerst konstruktive, unterstützende, erfolgreiche Vorarbeit zu diesem Arbeits­markt­paket II sehr herzlich zu bedanken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich bei meinen allgemeinen Bemerkungen zum Arbeitsmarktpaket II schon auf die Sozialpartnerschaft aufmerksam gemacht habe, dann ist das in Wirklichkeit eine hervorragende Gelegenheit, zu einer Debatte, die zu Beginn der Behandlung heutigen Tagesordnung kurz entfacht ist, noch einen gene­rellen Gedanken anzubringen.

Ich werde Abstand davon nehmen, mich in einen offensichtlich vorzeitig eröffneten Wirtschaftskammer-Wahlkampf einzumengen. Das liegt mir zweifelsohne fern; dafür wird es für andere Kolleginnen und Kollegen noch ausreichend Zeit geben. Wenn aber im Überschwang der Gefühle die Sozialpartnerschaft derartig fokussiert wird, dass es anscheinend außer der Wirtschaftskammer niemanden mehr gibt, dann legen wir So­zial­demokratinnen und Sozialdemokraten besonders Wert darauf, ebenso hervorzu­heben, dass es in der österreichischen Sozialpartnerschaft auch einen ungeheuer erfolgreichen Arbeitnehmerflügel gibt.

Das ist bedauerlicherweise etwas untergegangen. Wir bedauern das insbesondere auch deshalb, weil unser sozialdemokratischer Bundesratspräsident Harald Reisen­berger während seiner Präsidentschaft gerade im Bundesrat durch eine entsprechende Enquete die österreichische Sozialpartnerschaft besonders in den Blickpunkt gebracht hat. Bei dem einen oder anderen Redebeitrag hatte man den Eindruck, dass die tollen Ergebnisse, die diese österreichische Sozialpartnerschaft für unser schönes Land erreicht hat, offensichtlich wie ein D-Zug durchgefahren sind.

Wenn ich auf den starken Arbeitnehmerflügel zu sprechen komme, dann möchte ich auch die Gelegenheit ergreifen, zu erwähnen, dass deiner Wortwahl, lieber Peter Mitterer, sehr geschätzter, lieber Peter Mitterer – ich weiß, dass du das vielleicht im Überschwang der Gefühle als Wirtschaftskammerfunktionär etwas holprig formuliert hast, aber gestatte mir diese Anmerkung –, der einzige reformwillige oder reformfähige Teil der österreichischen Sozialpartnerschaft sei die Wirtschaftskammer, an dieser Stelle freundschaftlich – du weiß, wie das gemeint ist – seitens der sozialdemo­kra­tischen Fraktion doch noch Folgendes entgegengehalten werden muss:

Der Arbeitnehmerflügel in der österreichischen Sozialpartnerschaft besteht bekanntlich einerseits aus dem ÖGB und andererseits aus der Arbeiterkammer. Zum Ersten darf ich erwähnen, dass wir vor kurzer Zeit unseren tollen Bundeskongress über die Bühne gebracht haben, und es wird wahrscheinlich deiner gesteigerten Aufmerksamkeit ent­gangen sein, dass unter dem Dach des gemeinsamen Hauses ÖGB auch die einzel­nen Fachgewerkschaften (Bundesrat Mitterer: Nach dreijähriger „Schrecksekunde“!) ihre Kräfte derart bündeln, dass sich zum Beispiel meine eigene berufliche Heimat – nämlich die Gewerkschaft Metall-Textil-Nahrung – einem sehr großen Wandel unter­zogen hat und in nächster Zeit vor der Gründung einer neuen Gewerkschaft – nämlich der Produktionsgewerkschaft – stehen wird.

Der zweite Teil des starken Arbeitnehmerflügels in der österreichischen Sozialpart­nerschaft – die Arbeiterkammer – hat nicht nur mit ihrem Programm „AK plus“ das Leis­tungsangebot für ihre Mitglieder toll ausgebaut, sondern ist darüber hinaus einer der


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wenigen Teile der österreichischen Sozialpartnerschaft, die durch eine Mitglieder­befragung eine unglaublich positive demokratische Legitimation für ihr Bestehen hat.

Summa summarum, liebe Kolleginnen und Kollegen, war es uns von der Sozial­demo­kratie ein Bedürfnis! Ich weiß, ihr habt damit gerechnet. Allen ein herzliches Glückauf! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)

15.12


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


15.13.07

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Dieses vorliegende Arbeitsmarktpaket II beinhaltet wirklich einige ganz wesentliche Punkte, und ich möchte hier kurz einige erwähnen und dann auch einige Punkte herausgreifen, wie zum Beispiel die Kurzarbeit, Änderungen der Alter­steilzeit, Bildungskarenz und natürlich auch die Einrichtung einer Jugendstiftung – eine ganz wesentliche und wichtige Sache, im Rahmen derer wir 2000 Jugendliche in Beschäftigung bringen können – sowie die Valorisierung des Arbeitslosengeldes.

Ich kann unterstützen, was Herr Kollege Klug über das AMS gesagt hat. Ein früherer Minister hat einmal von einem europaweiten Best-Practice-Modell gesprochen; das kann man unterstreichen, genauso wie die Leistungen, denn wenn man die momen­tane Situation am Arbeitsmarkt betrachtet, mit etwa 270 000 Arbeitslosen und 54 000 Arbeitssuchenden mehr als im letzten Jahr und etwa 60 000 Kolleginnen und Kollegen, die in Schulungen sind, dann sind das wirklich dramatische Zahlen.

Ich erwähne das nur, weil wir wirklich gemeinsam bestrebt sind – diese Bundes­regierung und natürlich auch das AMS –, da mit aller Macht entgegenzuwirken. Dar­über hinaus sind auch noch etwa 53 000 Menschen in Kurzarbeit, und wir sind deshalb auch der Auffassung, dass dieses Arbeitsmarktpaket II rechtzeitig kommt, weil wir damit wesentlich mehr Leute in Beschäftigung halten können und natürlich auch die Sozialsysteme weniger belastet werden.

Wir hoffen natürlich, dass sich der Bereich der Lehrstellen, des Lehrstellenmarktes, der natürlich jetzt bereits einsetzt, so weiterentwickelt wie in den letzten Jahren. Die Zahlen werden dann Anfang September bekannt sein, und wir hoffen, dass wir natürlich viele junge Kolleginnen und Kollegen in Beschäftigung bringen können und dass sich die Unternehmen, die Betriebe zur Lehrlingsausbildung bekennen – so wie in den letzten Jahren; da haben wir eine großartige Qualität. Ich hoffe, dass sich das ähnlich entwickelt. Das ist wirklich eine große Sorge.

Zum Thema Kurzarbeit: Diese wird auf 24 Monate verlängert, und die Kurzarbeitshilfe wird auch erhöht. Ab dem siebten Monat der Kurzarbeit werden vom AMS die erhöhten Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung übernommen – auch ein wesentlicher Schritt. Das ist eine weitere Optimierung, eine zusätzliche Erleichterung für die in Kurzarbeit befindlichen Betriebe.

Es gibt bereits auch einige Beispiele, wo Kurzarbeit abgebrochen wird – aber nicht, um die Arbeit zu beenden oder Leute zu kündigen. Die neuen Zahlen in Vorarlberger Unternehmen sind jetzt gut und man kann mit ihnen auch durchaus „hausieren gehen“ – unter Anführungszeichen –; man kann diese Zahlen nennen. Zum Beispiel: Die Kurzarbeit wurde abgebrochen, vorher sind 70 Leute entlassen worden, und davon wurden jetzt 35 wieder eingestellt, und der Rest der Belegschaft wartet sozusagen vor der Tür. Also am Vorarlberger Arbeitsmarkt gibt es klare Impulse, dass die Kurzarbeit gewirkt hat, dass man sie unterbrechen kann und dass man die Mitarbeiter, die man


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vorher gekündigt hat, wieder aufnimmt. Das ist auch ein sehr guter Impuls und, wie ich glaube, eine erwähnenswerte Situation.

Wir müssen deshalb auch aufhören, die Kurzarbeit schlechtzureden, denn sie ist wirk­lich eine sinnvolle Maßnahme, um Menschen – Kolleginnen und Kollegen – in Beschäf­tigung zu halten. Das ist, glaube ich, der ganz zentrale Punkt bei der Kurzarbeit.

Ich möchte vielleicht auch noch kurz auf die OECD zu sprechen kommen, die auch die Situation in Österreich, am österreichischen Arbeitsmarkt untersucht hat. Die OECD lobt unsere Situation, was die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit betrifft. Kurzarbeit, Altersteilzeit, Bildungskarenz und Jugendstiftung sind Österreichs Antworten auf die Wirtschaftskrise.

Besonders die Kurzarbeit erweist sich ja als ein Modell, das sich in den vergangen Monaten sehr bewährt hat. Jetzt werden zusätzlich 300 Millionen € zur Verfügung gestellt. Der Herr Arbeitsminister ist nicht da, ich hätte ihm das auch gerne selbst gesagt. Ich denke, da wurde wirklich alles unternommen, um in diese Richtung zu operieren und gute Impulse zu geben.

Eine weitere Verbesserung ist auch im Bereich Bildungskarenz erreicht. Bereits nach einem halben Jahr der Beschäftigung kann die Karenz in Anspruch genommen wer­den – ein wichtiger Beitrag für Weiterbildung und Qualifizierung.

Die ArbeitnehmerInnen können sich mit Hilfe dieser Maßnahmen, wie erwähnt, quali­fizieren und erhalten ein sogenanntes Weiterbildungsgeld in Höhe des Arbeitslosen­geldes. Ein weiterer Vorteil besteht natürlich auch darin, dass der Arbeitsplatz für den Bildungswilligen erhalten bleibt und die Firma von dieser zusätzlichen Ausbildungs­situation profitiert.

Ein Satz zur Altersteilzeit: Ich bin da nicht hundertprozentig der Meinung von Sozial- und Arbeitsminister Hundstorfer, weil ich wirklich hoffe, dass durch diese neue Maß­nahme nicht noch mehr Rückgang bei der Altersteilzeit bewirkt wird, denn wir haben ja, wie wir auch im Ausschuss gehört haben, momentan einen Rückgang zu verzeichnen. Ich hoffe, dass dieser durch diese Maßnahmen angehalten wird, weil es natürlich auch bei den finanziellen Förderungen doch etwas anders ausschaut.

Meiner Meinung nach wirkt sich der Impuls in Richtung Klein- und Mittelbetriebe positiv aus, weil dieses Modell natürlich durch den Wegfall der Einstellung einer Ersatzkraft auch dort Anwendung finden wird. Ich denke, das ist auch wichtig, ebenso wie der erleichterte Zugang von Teilzeitarbeitskräften zur Altersteilzeit.

Ich möchte noch einen Punkt herausheben, den ich eingangs betont habe, und zwar die Einrichtung einer neuen Jugendstiftung – eine großartige Sache für 2000 arbeits­lose Jugendliche, die dort eine Qualifizierung erhalten können. Das ist die richtige Idee, gegen die Jugendarbeitslosigkeit anzukämpfen – neben all den Modellen, die wir schon haben und die wirklich gute Impulse in diese Richtung setzen und zusätzliche Möglichkeiten darstellen, Kenntnisse zu erwerben.

Mit dieser Maßnahme setzt die Regierung einen weiteren Schwerpunkt in diesem Bereich, und ich denke, das soll man entsprechend hervorheben. Kollege Klug, ich kann auch deine Aussage unterstützen, dass bei diesem Arbeitsmarktpaket mit den Sozialpartnern wirklich gute Vorarbeit geleistet wurde.

Ich möchte da ausdrücklich Minister Rudi Hundstorfer erwähnen, der ja auch aus die­sem Bereich kommt, und ihn einfach weiter motivieren, da aktiv zu sein, Projekte anzudiskutieren und anzudenken, wie Probleme am Arbeitsmarkt bekämpft und Ver­besserungen erkämpft werden können, weil ja jetzt weitere 300 Millionen € in die­ses Paket hineinfließen.


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Ich denke auch, insbesondere für die Jugend – ich möchte es noch einmal erwähnen – ist dieses Paket sehr richtig und gut investiertes Geld.

Wir von der ÖVP werden deshalb diesem Arbeitsmarktpaket II gerne unsere Zustim­mung geben. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Bundesräten ohne Frak­tionszugehörigkeit.)

15.20


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Dönmez. – Bitte.

 


15.20.33

Bundesrat Efgani Dönmez (ohne Fraktionszugehörigkeit, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorredner haben schon sehr vieles vorweggenommen, aber auch einige Details offen gelassen. Darauf möchte ich dann kurz zurückkommen.

Die Großzahl der Klein- und Mittelbetriebe hat in diesem Land sehr erfolgreich gegen die Krise angekämpft. Es wird ihnen nichts geschenkt. Vater Staat ist sofort zur Stelle, wenn es um die Abgaben und um die Steuern geht. Andererseits profitieren halt einige wenige größere Betriebe dadurch, indem sie Zuschüsse bekommen. (Bundesrätin Zwazl: Die kriegen eine Haftung! Bitte nicht immer ...! Es gibt für kleine und mittlere Betriebe ...! Man kann nicht die einen und die anderen ...! – Bundesrat Mayer: Du bist beim falschen Tagesordnungspunkt!) – Frau Kollegin, wollen Sie sich hier heraus­stellen? Ich höre ich Ihnen nachher zu, Sie mir bitte jetzt!

Uns Grünen ist es eben nicht egal, wo diese Millionen für die Kurzarbeit hingehen. Es ist nicht in Ordnung, dass Anträge auf Kurzarbeit salopp bewilligt werden, das muss sich aus unserer Sicht schon ändern. (Bundesrat Mag. Klug: Efgani, das stimmt ja nicht!) Was sich auch ändern muss, ist – das hat auch das Wifo gesagt, daran möchte ich anknüpfen –: Natürlich ist es wichtig und richtig, dass es Kurzarbeit geben soll. Das ist besser, als wäre jemand arbeitslos.

Kurzarbeit bedeutet aber auch gleichzeitig, dass man mehr Zeit für andere Sachen hat. Dieses Mehr an Zeit sollte man dazu nützen, dass die Leute in Fort- und Weiter­bildungen gehen und diese konsumieren. (Bundesrat Mag. Klug: Das haben wir das letzte Mal schon ...!) Das wird aber gegenwärtig zu wenig in Anspruch genommen. Das bestätigt auch das Wifo, das habe ich mir nicht aus den Fingern gesaugt. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) Aber wenn man in Zeiten der Krise nicht in Fort- und Weiterbildung investiert (Bundesrat Mag. Klug: Das machen wir ja jetzt auch!), wir brauchen ja die Leute dann ... (Bundesrätin Zwazl: Die Arbeitnehmer müssen es auch annehmen!) – Die Arbeitnehmer nehmen das sicher an, wenn die adäquaten Angebote dafür bereitgestellt werden, werte Kollegin.

Um auf ein Detail zurückzukommen, das der Kollege Klug schon angesprochen hat: Es ist Faktum – ich höre das immer wieder –, dass junge Leute, aber auch arbeitslose Erwachsene zwei, drei Mal in irgendeine AMS-Maßnahme hineingesteckt werden, wo sie bereits das zweite oder dritte Mal lernen, eine Bewerbung zu schreiben. Da stelle ich mir schon die Sinnfrage, ob es nicht gescheiter wäre, wenn man das Geld hernimmt und in eine gescheite Ausbildung investiert. Ich habe ganz konkret eine Anfrage von einer Jugendlichen; die würde gerne eine ordentliche Ausbildung machen, aber das AMS steckt sie zum zweiten beziehungsweise jetzt schon zum dritten Mal in eine Maßnahme, wo sie wieder lernen soll, eine Bewerbung zu schreiben. Das ist kein Einzelfall, das kommt sehr oft vor. Da, so meine ich, gehören die Ressourcen gebündelt und richtig eingesetzt.


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Kollege Klug hat es angesprochen, Kollege Mayer hat es auch schon gesagt: Es wird eine Jugendstiftung mit 2 000 Plätzen geschaffen. Aber in Anbetracht der Zahlen, gerade bei jungen Arbeitslosen, ist das doch eine geringe Zahl. Die Leiharbeiter-Stiftung, die wir uns gewünscht hätten, kommt leider auch nicht beziehungsweise noch immer nicht. Die Verbesserungen in der Altersteilzeit sind hervorzuheben, aber es ist eines anzumerken: Dass mit jedem, der in Altersteilzeit gehen kann, ein Arbeitsloser vermieden wird, ist zwar zu begrüßen, aber es ist weniger verständlich aus unserer Sicht, warum dann kein Junger angestellt werden kann. Das geht auf Kosten der Jugend und der jungen Generation. (Bundesrat Mag. Klug: Weil in der jetzigen Phase das System zusammenbricht!)

Was größere Kritik aus unserer Sicht hervorruft, ist die Bemessungsgrundlage beim Arbeitslosenversicherungsgeld. Da wird das durchschnittliche Arbeitslosengeld für Frauen – das sind ungefähr 700 € – herangezogen, bei der neuen Berechnung bekom­men sie um 20 € mehr.

Da, muss ich ehrlich sagen, stimmt irgendetwas von den Relationen her nicht. Einer­seits geht man her, übernimmt Haftungen, nimmt Riesenbeträge für Banken in die Hand, schmeißt ihnen das Geld nach, aber andererseits knausert man bei Familien, die wirklich am untersten Limit sind, die tagtäglich ums Überleben kämpfen, herum. Das entspricht nicht meinem, nicht unserem grünen Verständnis.

Diesbezüglich hätten wir uns gewünscht, dass man den Leuten, die unverschuldet in diese Situation geraten sind, mehr an Unterstützung zukommen lassen hätte können, aber nichtsdestotrotz werden wir Grüne diesem Gesetz auch zustimmen. (Beifall des Bundesrates Schennach. – Bundesrat Mag. Klug: Jetzt waren wir schon irritiert!)

15.25


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Kalten­bacher. – Bitte.

 


15.26.06

Bundesrat Günther Kaltenbacher (SPÖ, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Arbeitsmarktpaket II wird ein weiterer positiver Schritt zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gesetzt. Mit vielen Maßnahmen, die bereits erwähnt worden sind, werden wir versuchen, die Prob­leme betreffend Betriebe und Arbeitslose gemeinsam mit dem AMS zu lösen.

Kollege Dönmez! Als Leiter einer regionalen AMS-Geschäftsstelle mit sehr vielen Schulungsaktivitäten weiß ich, dass das, was du erwähnt hast, dass Leute permanent oder mehrmalig in Maßnahmen geschickt werden, wo sie das zweite, dritte Mal quasi Bewerbungenschreiben erlernen, überhaupt nicht stimmt. (Bundesrat Dönmez: Stimmt!) – Stimmt überhaupt nicht! (Bundesrat Schennach: Das gibt’s ja nicht!) Es gibt einige Wiener Geschäftsstellen, die diese Variante gewählt haben, die das jetzt aber nicht mehr machen. (Bundesrat Dönmez: Ich schicke euch jemanden! Ich kenne die Leute!)

Liebe Grüne, erkundigt euch einmal und lest nicht immer die Berichte der „Kro­nen Zeitung“, die nicht der Wahrheit entsprechen! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir in der Steiermark sind ja ganz besonders von dieser Krise betroffen. Kollege Klug hat das bereits von der positiven Seite her gezeigt. Es bewegt sich unheimlich viel, es ist sehr viel Dynamik am Arbeitsmarkt, es kommen sehr viele Personen in Beschäftigung, aber es werden auch sehr viele Personen wiederum arbeitslos.

Wir haben allein in der Steiermark im ersten Halbjahr eine Steigerung um plus 32 Prozent auf 41 500 Arbeitslose. Insbesondere bei den Männern hat es uns ganz


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stark erwischt: ein Plus von 61 Prozent. Ganz extrem – das wurde auch schon ange­schnitten – ist der Anstieg der Arbeitslosigkeit bei den Jugendlichen unter 25 Jahren. Da haben wir leider ein Plus von 42 Prozent.

Auf der anderen Seite, ganz massiv beim Arbeitsmarktpaket I beginnend, bekommen Jugendliche Qualifizierung. Da befinden sich derzeit, in Summe gesehen, knapp 9 000 Personen in Qualifizierung.

Der Stellenmarkt ist massiv eingebrochen. In der Steiermark ist die Zahl der gemel­deten offenen Stellen gegenüber dem Vorjahr um 37 Prozent geringer, hauptsächlich bei den Metall- und Elektroberufen sowie bei den Hilfsberufen.

Derzeit befinden sich 60 Betriebe mit knapp 15 000 MitarbeiterInnen in Kurzarbeit. 90 Millionen € werden in der Steiermark dafür aufgewendet. 300 Betriebe, Kollege Dönmez, sind österreichweit in Kurzarbeit. 62 Betriebe verbinden dies mit dem Modell Kurzarbeit plus Qualifizierung. Ein ganz wesentlicher Punkt ist, dass die Kurzarbeit dazu genutzt wird, um entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen durchzuführen.

Gut 1 Milliarde € wird für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen aufgewendet, in der Steiermark knapp 140 Millionen €. Mit der Erweiterung des arbeitsmarktpolitischen Maß­nahmenspektrums wird ein weiterer Schritt zur Krisenbekämpfung gesetzt. Kollege Mayer hat schon die befristete Erhöhung der Kurzarbeitsbeihilfe in Verbindung mit der Verlängerung auf 24 Monate erwähnt. Und was auch ganz wichtig ist, ist, dass ab dem siebenten Monat die Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung über das AMS gefördert werden.

Ich habe im letzten Jahr sehr viele Verhandlungen zur Kurzarbeit gemeinsam mit den Sozialpartnern geführt. Die Geschäftsführung, die Sozialpartner und ich als AMS-Vertreter waren sehr konstruktiv. Alle Seiten waren bemüht, keine Freistellungen zu erreichen, sondern Kurzarbeit zu vereinbaren oder zu verlängern, was positiv ist.

Bildungskarenz ist auch ganz wichtig. Dieses Modell nehmen derzeit in der Steiermark 1 200 Personen in Anspruch. Da gibt es auch einen leichteren Zugang. Man braucht nur mehr ein halbes Jahr im Betrieb beschäftigt zu sein und nicht mehr ein Jahr. Man muss auch nicht mindestens drei Monate, sondern maximal zwei Monate Maßnahmen besuchen.

Ganz wichtig – und das ist uns ein besonderes Anliegen, nicht nur in der Steiermark, sondern österreichweit – ist die Errichtung einer Jugendstiftung. In der Steiermark wie auch in Österreich ist ja die Jugendarbeitslosigkeit ziemlich explodiert. Wir haben in der Steiermark Steigerungsraten von 42 Prozent, im Bezirk Judenburg von über 100 Pro­zent. Von den 120 Millionen € an Mitteln für aktive Arbeitsmarktpolitik wenden wir in der Steiermark primär für diese Zielgruppe 40 Millionen € auf. Ganz wichtig ist auch, dass durch diese Stiftung den Jugendlichen entsprechende Maßnahmen angeboten werden können.

Ein weiterer Schwerpunkt sind die Lehrstellensuchenden. Da starten wir ab 4. August mit einem Mix an Maßnahmen, Sommerwerkstätte, und, und. Wir glauben, insbeson­dere die jugendlichen Lehrstellensuchenden mit diesem zusätzlichen Geld und mit Maßnahmen versorgen zu können.

Wie gesagt: Die Neuregelung der Altersteilzeit ist ganz wichtig. Kollege Dönmez, das gilt auch für die Vorbereitung der Leiharbeiter-Stiftung. Es wird in kürzester Zeit umgesetzt werden, dass Leiharbeiter, die derzeit arbeitslos sind, auch in den Genuss der Stiftung und somit der Qualifizierung kommen.

In Summe gesehen ist das ein ganz gutes Maßnahmenpaket. Natürlich löst es die Probleme nicht, aber es ist ein wesentlicher Beitrag zur Krisenbekämpfung: einerseits


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Qualifizierung für arbeitslos gewordene Personen, aber auch Unterstützungsleistung für Betriebe.

Wir von der SPÖ werden diesem Gesetz gerne unsere Zustimmung geben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Zangerl.)

15.33


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Perhab. – Bitte.

 


15.33.14

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Minister! Von Arbeitnehmerseite ist dieses Arbeitsmarktpaket II bereits hervorgehoben worden. Es ist summa summarum positiv zu beurteilen. Ich darf vielleicht aus Arbeit­gebersicht doch noch zwei Aspekte einbringen.

Für uns besonders wichtig ist die Lohnnebenkostenbefreiung der EPUs. Herr Kollege Ertl, das sind solche Dinge, wo die Wirtschaftskammer mit ihrem Forderungsprogramm erfolgreich war. Über 50 Prozent unserer Mitglieder sind EPUs. Wir setzen Taten, von ihnen kommen nur Worte. Das ist der Unterschied! (Heiterkeit des Bundesrates Mag. Klug.)

Das, was wir machen, ist positiv, und so werden unsere Mitglieder das auch sehen, noch dazu, wo wir 1995 über die ewige Diskussion betreffend Zwangsmitgliedschaft – wir sagen „Pflichtmitgliedschaft“ dazu – eine Urabstimmung durchgeführt haben, die bei Zweidrittelmehrheit mit 80 Prozent pro Pflichtmitgliedschaft ausgegangen ist.

Warum? – Weil diese Pflichtmitgliedschaft natürlich die Klein- und Mittelbetriebe schützt. Das ist gar keine Frage. Es ist ein besonderes Phänomen, warum immer die Wirtschaftskammer im Fokus betreffend Pflichtmitgliedschaft steht. Was ist eigentlich mit den anderen Kammern? Was ist mit Ihrer Rechtsanwaltskammer, in der Ihre Parteikollegen groß vertreten sind? Hat schon einmal die Rechtsanwaltskammer oder die Ingenieurkammer eine Debatte über die Zwangs- oder Pflichtmitgliedschaft ge­habt? – Noch nie! Immer nur die Wirtschaftskammer. (Bundesrätin Mühlwerth: Das ist nicht wahr! Das stimmt nicht!) Entweder fürchtet man uns oder man fürchtet unseren Einfluss. Dann ist das auch negativ. Ich denke, unsere Mitglieder wissen schon, was sie wollen. (Bundesrat Ertl: ... der freien Wirtschaft!) – Bitte, das ist ein anderes Wirtschaftsmodell. Das vertreten wir nicht. Den Neoliberalismus vertreten wir auch als Wirtschaftskammer nicht. Das möchte ich Ihnen gleich dazusagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die zweite Angelegenheit in diesem Arbeitsmarktpaket – und das ist eine Neben­erscheinung – sind die Übergangsfristen für die neuen EU-Mitglieder bis 2011. Da gibt es natürlich – wie immer bei jedem Gesetz – Umgehungsmöglichkeiten, das wird hie­mit bereinigt.

Ich möchte aber trotzdem darauf hinweisen, dass es nicht nur in der Gegenwart in Branchen wie Landwirtschaft, Tourismus und Forstwirtschaft bei einer wirklich nicht erfreulichen Arbeitslosenquote doch nötig sein wird, Saisonnier-Kontingente eben auch in der Zukunft zu bewilligen. Ich bedanke mich aber hier gleichzeitig bei den Regional­beiräten innerhalb des AMS, wo wir sozialpartnerschaftlich nach reiflicher Überlegung immer zu positiven Beschlüssen kommen. Ich hoffe, das bleibt auch in Zukunft so. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.35


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt als Nächste Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

 



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15.36.03

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Kollegen Kaltenbacher! Danke schön, dass Sie zugegeben haben, dass es auch noch Arbeitslose gibt. Leider Gottes muss man sagen, denn wenn man dem Kollegen Klug heute zu Beginn zugehört hat, möchte man meinen, es gibt überhaupt keinen einzigen Arbeitslosen mehr – so gut hat er das alles dargestellt. (Bundesrat Stadler: Da haben Sie nicht genau zugehört!)

Ich wollte, es wäre so. Ich wollte, ich könnte Ihnen jetzt Beifall zollen und sagen: Super, wir haben keine Arbeitslosen mehr! Das werden wir wahrscheinlich nie erreichen, denn das wird es immer geben. Aber leider haben wir derzeit viel zu viele Arbeitslose.

Es ist ja schon sehr ausführlich beschrieben worden, welche Punkte dieses Arbeits­marktpaket II beinhaltet. Ich erspare es Ihnen und mir, diese jetzt noch einmal im Detail aufzuzählen. Es sind ja durchaus richtige und sinnvolle Maßnahmen, daher stimmen wir diesem Paket auch zu. Trotzdem erlaube ich mir, zwei Kritikpunkte anzubringen. Es ist auf der einen Seite schön, dass jene Personen, die keinen Anspruch mehr auf Notstandshilfe haben, jetzt wenigstens eine Krankenversicherung bekommen, die ja vorher nicht in allen Fällen so selbstverständlich und nicht in allen Fällen kostenlos war. Das hat man jetzt Gott sei Dank geändert, das finde ich auch richtig so.

Was ich aber daran trotzdem kritisieren muss, ist der Umstand, dass es immer noch so ist, dass die Notstandshilfe vom Partnereinkommen abhängig ist. Das betrifft in erster Linie fast ausschließlich Frauen. Und wir reden hier nicht vom Partnereinkommen, wo man sagt, der Mann hat 4 000  € netto und da wird er ja wohl eine Zeit lang seine Frau miterhalten können, sondern meistens sprechen wir vom Einkommen des Mannes, das gerade so ist, dass beide arbeiten gehen müssen und sie natürlich ihren Lebens­standard schwerst „hinabfahren“ müssen, wenn die Partnerin dann nicht einmal das bisschen Notstandshilfe bekommt.

Wann bekommt man denn Notstandshilfe? – Wir reden jetzt nicht von jenen Miss­brauchsfällen, von denen wir auch wissen, dass es sie gibt, sondern wir reden von jenen, die sich um Arbeit bemühen, die nichts lieber hätten als einen Arbeitsplatz, aber keinen – aus welchen Gründen auch immer – finden. Die bestraft man jetzt noch zusätzlich, indem man ihnen sagt, dass ein nicht gerade üppiges Partnereinkommen als Bemessungsgrundlage für ihr eigenes Einkommen herangezogen wird. Da frage ich mich dann schon, wie es um Ihre Frauenpolitik, die ja sonst immer sehr wortreich ist, in der Praxis bestellt ist, wenn Sie gerade die Frauen quasi am ausgestreckten Arm verhungern lassen.

Die zweite Kritik ist, dass es nach wie vor nicht gelungen ist, die Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld auf ein europäisches Niveau anzuheben. Ich weiß, der Sozialminister hat uns das letzte Mal wortreich zu erklären versucht, dass diese 55 Prozent ja mit allerlei Zulagen aufgefettet werden, was ich an und für sich schon kritisiere, nämlich dass wir kein transparentes, nachvollziehbares System haben, wo jeder weiß, was er zu erwarten hat, sondern man ist immer irgendwo darauf angewiesen, dass man sich dann herausklauben kann, welche Zulage man wofür bekommen kann. (Bundesrat Mag. Klug: Das hängt ja vom Familienstand ab!)

Ich finde es wirklich bedauerlich, dass das wieder nicht gelungen ist. Das ist gerade in der jetzigen Zeit ein Schlag ins Gesicht für die Arbeitslosen, denn die müssen mit dem wenigen Geld auskommen und wissen dann nicht, wie sie die Miete, die Energiekosten zahlen und was sonst noch anfällt. Wenn sie Kinder haben – ich weiß, da gibt es Zulagen – reicht das Geld trotzdem oft hinten und vorne nicht aus.


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Der Armutsbericht Österreichs spricht nicht umsonst von 1 Million Menschen, die an der Armutsgrenze herumvegetieren. Daran ist schon unser System auch ein bisschen schuld. Und es ärgert mich wirklich, wenn wir auf der einen Seite genug Geld haben, um die Banken zu retten. Da muss der Steuerzahler diese Woche – wir werden das jetzt in der Dringlichen behandeln – mit Staunen lesen, dass mit Staatsgeldern einfach spekuliert worden ist. Aber wenn es darum geht, jene, die wirklich in wirtschaftliche Bedrängnis geraten sind, mit einem höheren Arbeitslosengeld zu bedienen, dann heißt es auf einmal, dass wieder kein Geld da ist.

Zum Abschluss möchte ich noch eines anmerken: Es ist zwar manchmal so, dass die Dinge richtig sind, die Sie machen (Bundesrat Mag. Klug: Aber nicht ganz! Es reicht nicht ganz!) – und Sie sehen ja, wir stehen nicht an, dem zuzustimmen, wenn wir die Richtigkeit erkennen; wir stimmen nur dann nicht zu, wenn wir es anders sehen –, aber es geschieht eigentlich immer erst dann, wenn schon der Hut brennt. Immer in aller­letzter Sekunde, wenn der Hut schon zu brennen beginnt, entschließen Sie sich, irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen.

Bei den beiden von mir genannten Kritikpunkten hoffe ich, dass es uns bei einem der nächsten Male gelingen wird, zur Zufriedenstellung aller etwas zu machen, aber im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stimmen wir diesem Arbeitsmarkt­paket natürlich zu. (Beifall bei den Bundesräten Mag. Ebner, Schennach und Dönmez sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

15.41


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bun­desrat Dönmez. – Bitte, Herr Kollege. (Bundesrat Mag. Klug: Jetzt kommt die „Kronen Zeitung“!)

 


15.41.26

Bundesrat Efgani Dönmez (ohne Fraktionszugehörigkeit, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Kaltenbacher, wenn du dich hier herstellst und behauptest, dass ich entweder keine Ahnung von der Realität habe oder nicht die Wahrheit sage, dann muss ich eine Berichtigung vornehmen und dabei einen etwas schärferen Ton anschlagen – bei aller Kollegialität und Freundschaft –, denn was ich überhaupt nicht leiden kann, ist, wenn mir etwas unterstellt wird, das absolut nichts mit der Sache zu tun hat.

Ich habe in der Zwischenzeit, während deiner Rede, an einige Kontakte, die ich habe, ein E-Mail geschickt, mit der Aufforderung, dass sie mir die Fälle zuschicken mögen, die zum zweiten, zum dritten Mal oder auch öfter in der gleichen Maßnahme sind, um genau das zu entkräften. Ich weiß, du bist beim AMS in Judenburg seit dem Jahr 1980 tätig. Vielleicht bist du aber im fünften, sechsten Stock und nicht dort, wo die Beratun­gen stattfinden – so weit weg von der Realität, dass du mir das hier unterstellst. (Bun­desrat Kaltenbacher: Ich habe gesagt, in Wien gibt es nur einige! Das habe ich eh gesagt! Du kannst mit mir mal mitgehen, damit du weißt ! – Bundesrat Stadler: Das ist aber auch eine Unterstellung, was Sie hier sagen, Herr Kollege!) Ich werde dir die Fälle zukommen lassen. Schau dir das dann bitte an! (Bundesrat Kaltenbacher: Du kannst mal mitgehen !)

Vielleicht kannst du dann für einige dieser Fälle eine konkrete Umqualifizierung organi­sieren, aber eines lasse ich mir sicher nicht unterstellen: dass ich hier die Unwahrheit gesagt habe. – Danke. (Beifall des Bundesrates Schennach.)

15.43


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundes­minister Stöger. – Bitte, Herr Bundesminister.

 



BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 123

15.43.14

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Bundesräte! Es ist mir eine Ehre, den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Rudi Hundstorfer, hier zu vertreten, weil es ihm gelungen ist, in einer schwierigen Zeit wichtige Maßnahmen zu setzen, um die Krise auf dem Arbeitsmarkt bewältigen zu können.

Die österreichische Bundesregierung ist angetreten, die Arbeitnehmer zu schützen, den Arbeitsmarkt zu stärken. Und es ist ein ganz entscheidendes Ziel der Regierung Faymann, den Menschen in der Krise Unterstützung zu geben.

Ich bin einer, der viele Erfahrungen hat sammeln können, wenn Unternehmungen sich in einer Krise befunden haben und es darum gegangen ist, Sozialpläne zu erstellen. Dabei ist es ganz, ganz wichtig, dass man ganz konkrete Maßnahmen, ein Maßnah­menpaket, zur Verfügung hat, mit dem man im Arbeitsbereich viele Verbesserungen zustande bringt. Ich halte es für existenziell für die betroffenen Menschen in den Betrieben – sowohl für die Arbeitnehmer als auch für die Arbeitgeber –, Kurzarbeit zu verlängern. Das sichert einerseits die Beibehaltung eines Arbeitsplatzes, sichert ande­rerseits den Arbeitgebern, dass die Qualifikationen im Unternehmen bestehen bleiben, und schafft Möglichkeiten, dass man Ausbildungen macht. Das ist die Voraussetzung dafür, dass sich die Wirtschaft dann, wenn die Krise überwunden ist, wieder weiterent­wickeln kann. Ich halte die Verlängerung der Kurzarbeit für ein tolles Ergebnis.

Es ist auch sichergestellt, dass die Lehrlinge keinen Nachteil haben, wenn ihr Betrieb am Ende der Lehrzeit in Kurzarbeit geht. Es ist die Altersteilzeit maßgeblich verbessert worden – auch für Kleinbetriebe –, wenn es möglich ist, dass der Entfall der Stellung der Ersatzarbeitskraft durchgesetzt wird.

Es sind viele Maßnahmen gesetzt worden. Ich möchte eine herausheben und auch den Verhandlern gratulieren, insbesondere Rudi Hundstorfer, weil es gelungen ist, eine Jugendstiftung einzuführen und auch für die Jugend entsprechende Schritte zu setzen.

Ich war gestern in einigen Kleinbetrieben in Linz und habe dort mit den Unternehmern gesprochen, und die haben sehr deutlich gesagt, dass die Altersteilzeit eine gute Maßnahme ist, weil es gelingt, das Know-how weiterzugeben. Das ist gestern von einem Unternehmer sehr, sehr deutlich gemacht worden.

Ich denke, dass eines ganz entscheidend ist in der Frage der Beschäftigten, die über­lassene Arbeitnehmer sind. Die Kollektivvertragsparteien haben in einem europaweit richtungsweisenden Kollektivvertrag – in einem ersten Kollektivvertrag überhaupt in Europa – sicherstellen können, dass die Leiharbeitsbranche auch Verantwortung für Arbeitslosigkeit und für Ausbildung übernimmt. Ich denke, dass hier richtungsweisende Schritte gesetzt worden sind.

Aus meiner Sicht hat die Bundesregierung die richtigen Schritte gesetzt. Ich denke, dass es notwendig ist, das Alltagsgeschehen im Auge zu behalten. Es soll nicht sein, dass manche Arbeitslose einen Kurs doppelt machen. Es ist aber jedenfalls ein Ziel von Rudi Hundstorfer und der gesamten Bundesregierung, die Arbeitslosengelder ziel­gerichtet einzusetzen. In diesem Punkt hat es eine Trendwende gegeben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesräte Dönmez und Zangerl.)

15.47

15.47.20

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 124

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Arbeitsmarktpaket 2009.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird.

Ich ersuche wieder jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

15.48.4818. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialver­siche­rungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notar­versicherungsgesetz 1972, das Pensionsgesetz 1965, das Bundes­the­ater­pen­­sions­gesetz und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden (2. Sozial­rechts-Änderungsgesetz 2009 – 2. SRÄG 2009) (179 d.B. und 242 d.B. sowie 8155/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Nun kommen wir zum 18. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Kemperle. Ich bitte um den Bericht.

 


15.49.58

Berichterstatterin Monika Kemperle: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren des Bundesrates! Der Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungs­gesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungs­gesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversiche­rungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Pensionsgesetz 1965, das Bun­des­theaterpensionsgesetz und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden (2. So­zialrechts-Änderungsgesetz 2009 – 2. SRÄG 2009), liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich erspare Ihnen daher die Verlesung des Berichtes und komme sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Bundesrat Mag. Klug. – Bitte, Herr Kollege.

 



BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 125

15.50.15

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der gegenständlichen Vorlage verbessert sich die Pflegesituation im sozialrechtlichen Bereich von nahen Ange­hörigen unseres Erachtens wesentlich. Wir wollen damit auch, insbesondere in diesem sozialpolitisch sehr angespannten Segment – was ich an dieser Stelle sehr gerne zugeben möchte –, einen weiteren Schritt zur Verbesserung setzen. Wir wissen, dass die zu pflegenden Personen primär zu Hause gepflegt werden wollen, und wir wissen auch, dass sie gerne von Bekannten beziehungsweise nahen Angehörigen gepflegt werden wollen.

Wir erwarten uns durch diese finanzielle Entlastung – im Bereich der Pensions­versicherung handelt es sich immerhin um 153 € im Monat – eine wesentliche Verbesserung im Bereich der sozialrechtlichen Absicherung von nahen Angehörigen und natürlich auch eine verbesserte Situation für die zu pflegenden Personen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte namens der Sozialdemokratischen Frak­tion noch anmerken, dass wir uns erhoffen, dass es dadurch zu einer zumindest geringen Entlastung der öffentlichen Hand im Bereich der finanziell doch sehr auf­wendigen stationären beziehungsweise teilstationären Pflege kommen wird.

Gestatten Sie mir jetzt in dieser Debatte zum 2. Sozialrechts-Änderungsgesetz auch gleich eine Anmerkung zum 3. Sozialrechts-Änderungsgesetz! Da die politische Stoß­richtung, nämlich die weitere Verbesserung im Bereich der sozialrechtlichen Absiche­rung von nahen Angehörigen durch die beitragsfreie Mitversicherung die gleiche ist, stimmen wir selbstverständlich auch dieser Vorlage sehr gerne zu. – Glück auf! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesräte Dönmez und Zangerl.)

15.52


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bun­desrat Mag. Hammer. – Bitte, Herr Kollege.

 


15.52.39

Bundesrat Mag. Michael Hammer (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsi­dent! Herr Gesundheitsminister und Nachbar aus Gallneukirchen – wir haben ja schon die eine oder andere Erfahrung in der Kommunalpolitik gemeinsam sammeln können! Geschätzte Damen und Herren! Ich darf ebenfalls das Wort ergreifen zu diesem 2. Sozialrechts-Änderungsgesetz, gleich auch zum 3., und ein paar Gedanken dazu anbringen, die doch notwendig sind.

Ich glaube, es ist zum einen – wir haben uns heute schon bei einigen Tagesordnungs­punkten, und das ist natürlich sehr wichtig, mit der Bewältigung der derzeitigen Krisen­situation beschäftigt – schon notwendig, und das spricht auch für die soziale Gesin­nung der derzeitigen Bundesregierung, dass man auch in diesen Zeiten nicht darauf vergisst, notwendige Änderungen und Verbesserungen im Sozialbereich herbeizu­führen. Es ist ein Bereich angesprochen worden, wo Handlungsbedarf besteht, und da geht es eben um die Pflege und die Betreuung von Angehörigen.

Es ist – Kollege Klug hat es schon ausgeführt – die Sehnsucht sehr vieler älterer Men­schen, zu Hause alt zu werden, in der gewohnten Umgebung alt zu werden und von nahen Angehörigen gepflegt zu werden. Es ist natürlich auch Wunsch, wohnortnah betreut zu werden. Ich glaube, stationäre Einrichtungen sollten dann erst in weiterer Folge schlagend werden. Daher muss es unser Ziel sein, dass man die Entlastung pflegender Angehöriger bestmöglich vorantreibt und dass diese Unterstützungsleis­tungen im familiären System weiter gewährleistet sind.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 126

Ich glaube, diesbezüglich ist der Bundesregierung schon einiges geglückt. Wesentliche Faktoren waren: die Valorisierung und Erhöhung des Pflegegeldes, Verbesserungen im Bereich der Demenz; auch das ist sehr wesentlich. Mit diesen Sozialrechts-Ände­rungsgesetzen versucht man jetzt, die sozialrechtliche Absicherung besser voranzu­treiben, und zwar zum einen in der Pensionsversicherung, zum anderen aber auch in der Krankenversicherung, denn es kann nicht so sein, dass derjenige, der für die Gesellschaft sehr wesentliche Leistungen erbringt, indem er die Angehörigen pflegt, dann auch noch Nachteile hat, wenn es um seine Pension oder um seine persönliche Absicherung im Krankheitsfall geht. Daher sind diese beiden Sozialrechts-Änderungs­gesetze absolut zu begrüßen und zu unterstützen.

Ich möchte aber bei dieser Gelegenheit schon auch Folgendes sagen: Ich glaube, dieses Sozial- und Pflegesystem müssen wir noch im Auge behalten. Wir als Bun­desräte müssen natürlich auch darauf schauen, dass das System für die Länder und schlussendlich für die Gemeinden tragbar ist. Wir brauchen noch den Ausbau der Kurzzeitbetreuung, der Tagesbetreuung, und wir müssen uns gemeinsam überlegen, wie das nachhaltig finanziert werden kann, wie die finanzielle Absicherung sicher­gestellt werden kann. Als Kommunalpolitiker sage ich an dieser Stelle: Wir sind durchaus gewillt, diesen Ausbau zu betreiben, hohe Qualitätsstandards sicherzustel­len, aber irgendwann ist der Plafond dessen erreicht, was wir finanziell schultern kön­nen. Ich glaube, darüber müssen wir gemeinsam nachdenken.

Über den Weg sind wir uns großteils einig: Ausbau und Unterstützung des pflegenden Systems zu Hause, Tages- und Unterstützungsleistungen im örtlichen Umfeld und erst in weiterer Folge Ausbau der stationären Einrichtungen.

Wir von der ÖVP werden natürlich diese sozialen Verbesserungen für pflegende Angehörige unterstützen und keinen Einwand erheben. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

15.55


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bun­desrat Hensler. – Bitte. (Bundesrat Schennach – da als Nächste Bundesrätin Kersch­baum auf der Rednerliste steht –: Das kann nicht stimmen!)

 


15.55.57

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! Wir haben heute das Sozialrechts-Änderungsgesetz auf der Tagesordnung, und ich möch­te eingangs eine klare Feststellung dazu treffen.

Wir reden heute über ein Thema, wir diskutieren über Maßnahmen in einem Bereich, der eine zentrale Herausforderung unserer Generation zweifelsohne ist – für die Zu­kunft und nicht zuletzt unsere Gesellschaft. Es geht darum, dass die Menschen entsprechend würdevoll, respektvoll bei ihrer Familie zu Hause betreut, gepflegt werden. Das ist – das ist unbestritten – der Wunsch derjenigen, die schwerst betroffen sind.

Wichtige Punkte waren für uns immer die Familie – die Familie, die erste Zelle der Demokratie, die Familie, ganz einfach das Herzstück unserer Lebensqualität –, der Zusammenhalt der Generationen und nicht zuletzt auch, dass die Familiengehörigen zu Hause, in einem gewohnten Umfeld gepflegt werden sollen.

Was ist neu, Hoher Bundesrat? – Neu ist – wir haben es bereits gehört –, es wird Leistungen der Pflegestufen 3 und 4 in diesem Bereich geben. Außerdem waren diese Leistungen bis dato auf 48 Monate befristet, nun erfolgen diese Leistungen des Bundes ohne zeitliche Begrenzung. Das ist schlicht und einfach ein großer Wurf im


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 127

Sozialbereich. Es ist eine wichtige Voraussetzung, um ganz einfach die Pflege der älteren Menschen zu gewährleisten. Kompliment – ein großes Entgegenkommen und wirklich auch eine Anerkennung der schweren Tätigkeit dieser Menschen. Ganz ein­fach.

Es heißt im Gesetz aber auch: „unter gänzlicher Beanspruchung ihrer Arbeitskraft“. Das heißt, das kann nicht nebenbei gehen, sondern es muss ganz einfach die ganze Zuwendung aufgebracht werden, dass man diese Menschen pflegen kann.

Wir haben derzeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, Hoher Bundesrat, 400 000 pflegebedürftige Menschen in unserem Heimatland Österreich, und Experten sagen voraus, bis zum Jahr 2040 wird sich diese Zahl verdoppeln. Wir werden – Gott sei Dank – immer älter, und deshalb ist die Pflege wichtiger denn je. So gesehen ein gutes Gesetz. – Danke, Herr Bundesminister, und ich bitte, das auch weiterzugeben.

Pflege betrifft jeden, und wir sind in diesem Bereich – bei Gott – noch nicht am Ende. Es muss uns gelingen, ein Pflegesystem sicherzustellen, daran zu arbeiten und so auszu­bauen, damit die für jede/jeden Betreuungs- und Pflegebedürftige/n bestmög­liche, optimale Form der Betreuung leistbar ist. Es geht darum, dass die größtmögliche Wahlfreiheit sichergestellt wird, dass die Pflege zu Hause genauso möglich und leistbar ist wie die Pflege in einem Heim und dass die Menschen in Würde bei der Familie zu Hause altern können und dabei die beste Unterstützung bekommen.

Wir stimmen diesem Gesetz gerne zu. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesräte Schennach und Zangerl.)

15.59


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich unterbreche nun die Verhandlungen zur Tagesordnung.

16.00.13Dringliche Anfrage

der Bundesräte Peter Mitterer, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Millionenverluste der Öster­reichi­schen Bundesfinanzierungsagentur (2711/J-BR/2009)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die Dringliche Anfrage der Bundesräte Mitterer, Schennach, Kolleginnen und Kollegen an den Herrn Bundesminister für Finanzen Dipl.-Ing. Pröll, den ich sehr herzlich im Bundesrat willkommen heißen darf (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ), ebenso Herrn Staatssekretär Dr. Lopatka.

Da die Dringliche Anfrage inzwischen allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Mitterer als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort.

 


16.00.52

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates!

„Die Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) hat bis zum Ausbruch der Finanzkrise 2007 die Bundesgelder nicht nur relativ einseitig veranlagt, sondern offenbar auch extra ,Spielgeld‘ aufgenommen.“ – So die beunruhigende Einleitung einer APA-Aussendung am 17. Juli dieses Jahres.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 128

Diese Meldung ist der vorerst jüngste negative Höhepunkt über die durch die Bun­desfinanzierungsagentur verursachten Spekulationsverluste, die zu Recht das Ver­trauen der Österreicherinnen und Österreicher in die Finanzgebarung des Bundes nachhaltig erschüttern. Dies nicht zuletzt deshalb, da Sie, Herr Vizekanzler, noch im Februar dieses Jahres aufgrund einer Anfrage der grünen Fraktion hier in diesem Hohen Haus zum Besten gaben, dass die Geschäftsführung der ÖBFA eine sehr konservative Veranlagungsstrategie betreibe, um die Risken für den Bund möglichst gering zu halten.

Angesichts der in diesem Zusammenhang vom Rechnungshof dargestellten Zahlen muss die Geschäftsführung der ÖBFA offensichtlich einen – vorsichtig ausgedrückt – etwas differenzierten Zugang zum Begriff „konservative Veranlagung“ haben.

Verehrter Herr Vizekanzler! Dieses Thema artet in einen Skandal aus und ist längst kein nur oppositionelles Thema mehr, wie auch die letzten Zeitungsberichte beweisen. Denn Josef Cap, Klubobmann der SPÖ, SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer und der oberösterreichische SPÖ-Chef Erich Haider sind sicherlich nicht in Opposition (Zwischenrufe bei der ÖVP), sondern sind mit Ihnen in einer Koalition. Und dass sich zuletzt, wie gestern aus dem schönen Bregenz zu vermelden war, nun auch der Kanzler selbst in das Geschehen einmischt und die scharfe Retourkutsche Ihrerseits beweisen, dass hier Feuer am Dach ist.

Sehr geehrter Herr Vizekanzler, dieses Thema eignet sich nicht für parteipolitisches Geplänkel (Heiterkeit bei der SPÖ – Ruf bei der ÖVP: Wozu dann dieses Theater?), weil die Bevölkerung, der Steuerzahler, die Geschädigten ein Anrecht darauf haben, zu erfahren, was mit ihrem Geld passiert. Da Sie selbst nicht mit der Wahrheit heraus­rücken, müssen wir als Oppositionelle an Sie die entsprechenden Fragen stellen. Das ist das gute Recht einer Opposition des Hohen Hauses, des Bundesrates, der ja auch eine Kontrollfunktion auszuüben hat.

Und schon gar nicht ist dieses Thema für provozierte Neuwahlen geeignet. Die Bevöl­kerung fordert Aufklärung, Schadensbegrenzung und Maßnahmen für die Zukunft. Die Österreicherinnen und Österreicher haben ein Recht darauf, darüber informiert zu werden, was mit ihrem Geld passiert ist.

Warum ignoriert das Finanzministerium zum Beispiel Empfehlungen des Rech­nungshofes? Wir und Österreichs Steuerzahler warten gespannt auf Ihre Antworten auf die Fragen, die Sie von uns in schriftlicher Form erhalten haben, insbesondere auf die Frage, wie es passieren konnte, dass aus dem Paulus ein Saulus wurde oder aus der ÖBFA die „ÖBSA“, aus der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur die Öster­reichische „Bundesspekulationsagentur“. (Beifall bei Bundesräten ohne Fraktions­zugehörigkeit.)

16.04


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zur Beantwortung hat sich der Herr Bundes­minister für Finanzen Dipl.-Ing. Pröll zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.

 


16.05.00

Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu dem Thema, das jetzt in aller Munde ist, der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur, und auch zu den Fragen, die Sie natürlich legitimerweise – es ist das ein zentrales Recht auch der Abgeordneten – an mich stellen, nehme ich gerne Stellung, und ich bin auch dankbar deswegen, weil ich in diesem Rahmen Punkt für Punkt aufgrund Ihrer Fragen – und ich sage, Gott sei Dank auch darüber hinaus – Antworten geben kann zu einem Thema,


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 129

das in der Öffentlichkeit äußerst undifferenziert und mit falschen Zuordnungen dis­kutiert wird.

Sie werden dann auch an den Zahlen sehen, was in der Österreichischen Bundes­finanzierungsagentur, in der ÖBFA, insgesamt an Veranlagungen getätigt wurde und was daraus auch für den Steuerzahler an Vorteilen entstanden ist. Wir sollten uns an Daten und Fakten orientieren, auch in dieser sehr sensiblen Frage, wenn es um die Veranlagung von Steuergeldern geht.

Wenn man den Rechnungshofbericht zur Österreichischen Bundesfinanzierungs­agen­tur unvoreingenommen liest – ich betone: unvoreingenommen! –, erkennt man Fol­gen­des:

Die Bundesfinanzierungsagentur hat für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler Öster­reichs in den vergangenen Jahren Vorteile – noch einmal: Vorteile! von insgesamt 3,3 Milliarden € erwirtschaftet. – So der Rechnungshofbericht zur Prüfung der Bundes­finanzierungsagentur. Das ist ein ausgezeichnetes Ergebnis und nur möglich dank der professionellen Arbeit, die diese Agentur, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Verantwortungsträger geleistet haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in diesem Zusammenhang mein Dank auch an den Rechnungshof!

Die Zahlen liegen auf dem Tisch, und ich fordere ein, das das Punkt für Punkt zu lesen und auch zu analysieren. Auf Seite 154 sagt der Rechnungshof, dass die ÖBFA in den Jahren 2002 bis 2007 einen Zinsvorteil von 3 Milliarden € erwirtschaftet hat. – 3 Mil­liarden € Vorteil für den Steuerzahler!

Vorteile gibt es auch, was die Frage der Zinsersparnisse insgesamt betrifft, auch wenn man den vieldiskutierten Bereich der Veranlagungen mit hineinnimmt.

Ich zitiere wieder die Zahlen des Rechnungshofes. Auf Seite 127 wird hervor­ge­strichen, dass die Finanzierungsagentur in den vergangenen Jahren dem Bund einen Nettoertrag von 685 Millionen € erwirtschaftet hat. Selbst wenn man das vom Rech­nungshof mit 380 Millionen € bezifferte mögliche Risiko bei einzelnen Veranlagungen in Betracht zieht, wenn dieses schlagend wird, bliebe insgesamt aus den Veran­lagungen immer noch ein Vorteil für den Steuerzahler von alleine 300 Millionen € im „worst case“. – Seite 127 Rechnungshofbericht. Ich bitte wirklich, sich mit den Dingen im Detail auseinanderzusetzen.

Ich nehme auch zur Kenntnis, dass der Abgeordnete Kogler von einer der Antrag stellenden Fraktionen öffentlich gesagt hat – und dafür danke ich ihm –, die ÖBFA hat über weite Strecken brauchbare Arbeit geleistet. Ich sage Ihnen: sehr gute Arbeit geleistet.

Und der Rechnungshof spricht klar aus, dass die ÖBFA trotz manchen Verbes­serungsbedarfs ein Risikomanagement hat, das keinen Vergleich scheuen muss. Ich zitiere aus dem Rechnungshofbericht, Seite 146: „Bis auf den Bund“ – Achtung!, merke: bis auf den Bund! – „führen die überprüften Gebietskörperschaften keine durch­gängigen Risikobewertungen der Schuldenportfolios durch.“

Also eine klare Bestätigung, dass der Bund hier in der Frage der entsprechenden Risikobewertungen vorangeht.

Das bedeutet nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir nicht alle Ver­besserungsmöglichkeiten gerne aufgreifen. Das tun wir selbstverständlich, und das hat auch die ÖBFA bereits durch eine Vielzahl von Schritten getan, etwa durch die Einführung eines Limits für die Liquiditätshaltung auf der einen Seite sowie auch durch zusätzliche Maßnahmen zur Verbesserung des Risikomanagements.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 130

Und auch ein Thema, das in der Öffentlichkeit kontrovers und kritisch diskutiert wird: Die ÖBFA lebt auch bei der Limitvergabe bei Veranlagungen bereits das Vier-Augen-Prinzip. Es ist grundfalsch und eine schwere Unterstellung, dass dieses Vier-Augen-Prinzip nicht schon seit 1999 gelten würde und vollzogen wird. Ich verstehe schon, aus politischen Gründen argumentiert, aber leider glatt falsch.

Noch etwas möchte ich hinzufügen: Wir blicken mit dem Wissen von heute – ver­gessen wir das nie! –, mit den Erfahrungen aus der Finanzkrise dieser Monate zurück auf die Ereignisse davor. Natürlich sind wir alle miteinander klüger geworden, weil wir eine Finanz- und Wirtschaftskrise in einer Dimension, wie Österreich sie nie gesehen hat, erlebt haben, aber man muss fair bleiben. Und ich sage auch: Die ÖBFA ist sofort nach Bekanntwerden der ersten Schwierigkeiten Mitte 2007 aus den genannten Invest­ments herausgegangen, hat sofort entsprechend reagiert und hat unterm Strich nicht nur aus der Zinsersparnis, sondern auch aus den Veranlagungen für den Steuerzahler Gewinne geschrieben.

Das ist die Realität, die der Rechnungshofbericht Punkt für Punkt darstellt. Und ich benütze gerne auch die Gelegenheit, darzustellen, warum die Bundesfinan­zierungs­agentur Geld veranlagt. Da gibt es ja manche, die sagen, höre ich aus den politischen Zirkeln: Veranlagungsverbot. Einen größeren Nonsens habe ich überhaupt noch nie gehört! Sollen wir Milliardensummen, die zwischen den Steuereinnahmen und der Ver­aus­gabung in Österreich liegen, unter dem Kopfpolster der Steinzeitwirtschaftspolitik deponieren, ohne Zinsen zu erwirtschaften? Sollen wir 3 Milliarden € auf dem Weg liegen lassen, die wir für den Steuerzahler für Transferleistungen wieder verausgaben können? Ich frage Sie: Sollen wir das tun? Sollen wir ein Veranlagungsverbot dis­kutieren, ja oder nein? – Die Zahlen sind eindrucksvoll, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Frage, die dahinter steht, ist natürlich auch das Verstehen der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur und der Geldströme, der Finanzströme in Österreich. Es gibt immer wieder Phasen, wo zum Beispiel Steuereinnahmen hereinkommen, die nicht sofort wieder für Ausgaben verwendet werden können, sondern erst in zwei Wochen, in Monaten, wie auch immer sich hier die Diskrepanz im Laufe eines Jahres darstellt.

Die ÖBFA muss auch ein gewisses Maß an Liquidität zur Verfügung haben, für den Bund zur Verfügung haben, in Veranlagungen. Warum?, werden jetzt manche fragen. Das ist leicht erklärt: Wir haben eine Reihe von unvorhergesehenen Ausgaben. Die Menschen im Osten dieses Landes würden sich sehr bedanken nach dem Hoch­wasser, wenn der Bund nicht Kapital zur Verfügung stellen könnte. Da springt die ÖBFA ein, da gibt es auch viele andere Maßnahmen. Wenn wir schnell Geld brauchen, um zu helfen, muss auch die Finanzierungsagentur Flexibilität in der Liquiditäts­versorgung an den Tag legen können. Und das ist ein System, das man nie vergessen darf und das im Hintergrund all dessen steht.

Ich sage noch etwas dazu: Wir hätten die Hilfe für die Banken letztes Jahr ohne Flexi­bilität der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur mit dem klaren Signal der Einlagensicherung für Österreichs Bürgerinnen und Bürger nicht gestalten können. Das Bankenpaket in dieser Dimension und in dieser Schnelligkeit wäre nicht möglich gewesen ohne die Flexibilität in der Gebarung auch dessen, was die Verant­wor­tungs­träger in der Bundesfinanzierungsagentur auch entsprechend bewirtschaften müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, schließlich kreist die Debatte auch stark um die Frage der Aufnahme von Mitteln, um sie zu veranlagen. Diese Möglichkeit ist haushaltsrechtlich explizit natürlich auch vorgesehen. Diese Mittel sind auch Teil dieser


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 131

von mir bereits erwähnten und dargestellten Liquiditätsvorsorge, weil die Veranlagun­gen nur kurzfristig erfolgen und bei Bedarf wieder aufgelöst werden können.

Aus dieser Aufnahme von Mitteln, die haushaltsrechtlich möglich ist, hat der Bund in den vergangenen Jahren unterm Strich erheblich verdient. Auch das sagt der Rech­nungshof und weist es auf Punkt und Beistrich aus.

Auch bestätigt der Rechnungshof zum zweiten großen Themenbereich, nämlich in der Frage der Diskussion der angesprochenen Investments über das beste Rating, wie hier investiert worden ist. Es ging keinesfalls und in keiner Phase um Spekulationen! Der Bund, die Bundesfinanzierungsagentur, hat immer, ohne Zocken und ohne Speku­lieren, wie das von politischen Mitbewerbern gerne in den Raum gestellt wird, dafür Sorge getragen, dass nur best geratete internationale Investments, die entsprechend sicher sind, getätigt werden.

Heute, im Nachhinein, weiß man es besser, dass die Rating-Agenturen nicht nur ganze Länder, wie Island, nicht nur Firmen und nicht nur Investmentprodukte manchmal völlig falsch geratet haben. Machen wir deswegen denen einen Vorwurf, die damals ganz bewusst nur die best gerateten Investments getätigt haben? Ich frage Sie! Mit Blick zurück wissen es manche sicher besser, aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, damals ist eben entsprechend gehandelt worden.

Ich komme jetzt zu den Fragen, die Sie mir gestellt haben, Punkt für Punkt, und möchte sie auch ganz klar und deutlich beantworten.

Zu den Fragen 1 bis 4:

Da geht es um den Komplex der Information. Ich bin am 2. Dezember 2008 als neuer Bundesminister für Finanzen und als Vizekanzler der Republik angelobt worden. Bei meiner ersten Sitzung mit den Sektionschefs im Ressort hat mich im Anschluss daran am 4. Dezember Sektionschef Steger, auch Aufsichtsratsvorsitzender der Bundes­finanzierungsagentur, hinsichtlich der Restrukturierung der Papiere und der Probleme, die 2007, damals vor eineinhalb Jahren, aufgetreten sind, informiert. Ich habe darauf­hin unverzüglich im selben Gespräch folgende zwei Fragen gestellt.

Erstens: Wie ist darauf reagiert worden? Das muss abgestellt werden. Antwort: Ist bereits unter der Verantwortung von Willi Molterer unverzüglich nach den Ereignissen Mitte 2007 auf Punkt und Beistrich erfüllt.

Zweitens habe ich zu diesem Zeitpunkt gefordert, dass diese Vorgänge einer Rech­nungshofprüfung unterzogen werden. Antwort: Der Rechnungshof prüft diese Vorgän­ge bereits seit einem Jahr.

Das war die Informationslage für mich, die sich auf Punkt und Beistrich auch in weiterer Folge entsprechend erfüllt hat. Und da war für mich klar, ich kann auch keine Vorgaben mehr treffen. Die Investments sind gestoppt worden, es ist von der Bundesfinan­zierungs­agentur bereits lange vor meinem Amtsantritt und vor dem Zeitpunkt, da ich die entsprechende Information erhalten habe, reagiert worden. Der Rechnungshof war mitten drin in einer Detailprüfung und hat über ein Jahr bereits in der Bundesfinan­zierungsagentur ermittelt.

Zu den Fragen 5 und 6:

Die Geschäftsführung der ÖBFA entscheidet bei Veranlagungen von Kassenmitteln seit 1999 auf Basis des Vier-Augen-Prinzips. Grundlage dafür ist eine Dienstanweisung in der ÖBFA vom 9. November 1999, die vom damaligen Vorstand verabschiedet wurde. Darüber hinaus beabsichtigt das Bundesministerium für Finanzen, in einer No­velle zum Bundesfinanzierungsgesetz das Vier-Augen-Prinzip aufzunehmen, und wird diese Novelle noch heuer auch dem Parlament zur Beschlussfassung vorlegen.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 132

Zur Frage 7:

Die im Dezember 2007 einstimmig im Parlament beschlossene Haushaltsrechtsreform des Bundes sieht aufgrund der besonders umfangreichen und anspruchsvollen Ände­run­gen der Budgetsteuerung zwei Etappen vor. Die erste ist bereits im Jahr 2009 in Kraft getreten, die zweite wird 2013 in Kraft treten. Dieser Zeitplan ist auch mit den Stimmen der grünen Fraktion und dem BZÖ im Parlament beschlossen worden.

Die zweite Etappe ist eine umfassende Neugestaltung des Veranschlagungs- und Rech­­nungssystems des Bundes, das umfangreiche Vorarbeiten und detaillierte ein­fachgesetzliche Bestimmungen braucht. Ein entsprechender Entwurf eines neuen Haushaltsgesetzes wurde vom Finanzministerium vor einigen Wochen ja bereits zur Begutachtung versandt. Wir sind hier mit den Vorbereitungsarbeiten voll im Zeitplan.

Zur Frage 8:

Einleitend weise ich darauf hin, dass die zu dieser Frage aufgeworfene Anregung des Rechnungshofes bereits in Umsetzung ist. Die Bundesfinanzierungsagentur arbeitet mit der Wirtschaftsuniversität und PricewaterhouseCoopers einen auf die Bedürfnisse in öffentlichen Treasuries zugeschnittenen individuellen Stresstest aus. Der Vorstand hat die Ausarbeitung dieses Stresstests ab Mai 2008 eingeleitet. Das Konzept wurde im März 2009 im Aufsichtsrat der ÖBFA präsentiert und auch zur Kenntnis genommen. Die technische Unterstützung läuft derzeit. Erste Stresstests sollen im kommenden Jahr durchgeführt werden.

Zur Frage 9:

Wie den Zahlen des Rechnungshofberichts zu entnehmen ist – nicht denen des Fi­nanz­ministeriums, nicht den Erfolgsrechnungen der Bundesfinanzierungsagentur, son­dern den Zahlen des Rechnungshofberichtes! –, hat die ÖBFA in den vergangenen Jahren im Bereich der Veranlagungen – nur der Veranlagungen! – einen Vorteil für die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler von rund 300 Millionen € erwirt­schaftet. Diese Zahl gilt selbst dann unverrückbar, wenn das Risiko bei den öffentlich diskutierten Veranlagungen in der Höhe von 380 Millionen € eintritt, das bis heute nicht eingetreten ist. Sollte dieses Risiko in einem geringeren Ausmaß schlagend werden, erhöht sich der Vorteil der SteuerzahlerInnen natürlich über die 300 Mil­lionen € hinaus.

Zur Frage 10:

Die ÖBFA hat nicht spekuliert, weil die entsprechenden kurzfristigen Veranlagungen zum Zeitpunkt des Investments bestmöglich geratet waren. Das Rating entsprach dem kurzfristigen Rating etwa der Länder Deutschland und Holland – zu diesem Zeitpunkt überhaupt die sichersten Anlagen, wenn man das Rating dieser Länder nimmt, die Benchmark für die internationale Finanzwirtschaft. Die Investmentprodukte lagen auf demselben Einschätzungsgrad wie die Bundesrepublik Deutschland zu dem Zeitpunkt, als die Geschäftsführung investiert hat.

Sage mir einer in diesem Raum, wo sicherere Investments zur damaligen Einstufung der Rating-Agenturen verfügbar gewesen wären!

Zu den Fragen 11 und 12:

Nachdem die ÖBFA unter dem Strich große Vorteile für die österreichischen Steuer­zahlerinnen und Steuerzahler erwirtschaftet hat, wären die Defizite des Bundes ver­gangener Jahre ohne diese Aktivitäten der ÖBFA – und ich sage dann auch noch bei anderen Fragen die Zahlen – spürbar höher gewesen und die Zinsbelastung für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler damit stärker. Selbst wenn in den kommenden


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Jahren das vom Rechnungshof aufgezeigte Risiko in der Höhe von 380 Millionen € schlagend werden würde, bliebe immer noch ein erheblicher budgetärer Vorteil.

Zu den Fragen 13 und 14:

Ich erkläre mir diesen Bericht dadurch, dass das Bundesministerium für Finanzen sofort alle Informationen offengelegt hat. Zusätzlich halte ich fest, dass die Wertpapiere zwar von den Gesellschaften gekauft wurden, die ihren Sitz auf den Cayman Islands haben, die Wertpapiere selbst aber in Holland platziert sind. Das ist ein wichtiger Punkt.

Zur Frage 15:

Von den ursprünglich betroffenen rund 691 Millionen € wurden bereits rund 74 Mil­lionen € rückgeführt. Der offene Betrag reduzierte sich dadurch auf rund 617 Mil­lionen €. Eine Gesellschaft wurde bereits restrukturiert, sodass das derzeitige Invest­ment in Asset-Backed Securities 458 Millionen € beträgt. Der Rechnungshof kommt angesichts dieser Zahlenentwicklung zu dem Schluss, dass das finanzielle Risiko derzeit 380 Millionen € beträgt. Das ist die Zahl, die sich auch wie ein roter Faden durch meine Ausführungen zieht. – Schwarzer Faden. Egal!

Zur Frage 16:

Es ist eine konservative Veranlagungsstrategie, wenn in best geratete Produkte inves­tiert wird. Auch hier wieder: Eine Prüfung der Kreditrisikolinien der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur durch PricewaterhouseCoopers hat im Mai 2008 erge­ben – lange vor meinem Amtsantritt und schon in die Wege geleitet unter meinem Vorgänger und der ÖBFA damals –, dass das entsprechende Kreditrisikolimitsystem der ÖBFA sehr konservativ – ich zitiere: sehr konservativ! – kalibriert ist. – Nicht Finanzministerium, nicht Bundesfinanzierungsagentur, sondern eine externe Studie von PricewaterhouseCoopers im Mai 2008! Das war später auch wichtig für die Auskunft an das Parlament und hinsichtlich konservative Veranlagung, die von mir entsprechend betont und vorgelegt wurde.

Zu den Fragen 17 und 18:

Der Aufbau dieser Mittel erklärt sich dadurch, dass von Herbst 2007 bis Jänner 2008 zirka 21 Milliarden € fällige Verpflichtungen, insbesondere die Tilgung von Finanz­schulden, zu finanzieren waren. Weiters war die Finanzierung der damals bestehenden Rücklagen in der Höhe von rund 4,7 Milliarden € sicherzustellen. Die rechtzeitige Aufnahme entsprechender Mittel führte zu kurzfristigen Veranlagungserfordernissen.

Zur Frage 19:

Ein Rating hat den Sinn, die Bonität unterschiedlicher Finanzstrukturen vergleichbar zu machen. Asset-Backed Commercial Papers ohne Liquiditätsgarantie hatten a priori eine gleich niedrige Ausfallswahrscheinlichkeit wie entsprechende Papiere mit Liqui­ditäts­garantie. Damit Asset-Backed Commercial Papers ohne Liquiditätsgarantie das beste Rating erhielten, mussten sie sogar zusätzliche Sicherheitsmerkmale erfüllen, beispielsweise das Beibringen zusätzlicher Sicherheiten.

Zu den Fragen 20 und 21:

Die US Subprime-Krise begann erst im August, September 2007. Der Index für US Asset-Backed Commercial Papers mit dreimonatiger Laufzeit stieg noch bis in den September 2007 an und verlor erst dann an Wert. Die ÖBFA hat aber ihre ent­sprechenden Veranlagungen bereits vorher, bevor dieser Zeitpunkt eingetreten ist, nämlich in der zweiten Augusthälfte 2007 gestoppt und daher sehr frühzeitig und damit verantwortungsvoll reagiert. Das unterstreicht auch die professionelle Vorgangsweise.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 134

Zur Frage 22:

Hier wird es interessant, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil das Zahlen sind, die offensichtlich in der Öffentlichkeit noch nicht durchgedrungen sind. Der von der ÖBFA durch ihr professionelles Management erwirtschaftete Nettoertrag von 685 Mil­lionen € verteilt sich nach Angaben der Bundesfinanzierungsagentur-Geschäfts­führung auf die einzelnen Jahre wie folgt – das sind Beträge in Millionen €, mit Rundungsdifferenzen auf Millionen € gerundet –:

1998: Überschuss von 35 Millionen €, 1999: 9 Millionen €, 2000: 18 Millionen €, 2001: 77 Millionen €, 2002: 89 Millionen €, 2003: 58 Millionen €, 2004: minus 8, 2005: mi­nus 38, 2006: plus 98 Millionen €, 2007: plus 189 Millionen € Überschuss, 2008: 157 Millionen €, und heuer im ersten Halbjahr stehen wir bei plus 59 Millionen €. – Ich will nicht haben, dass diese Summen dem Steuerzahler vorenthalten werden, nicht ins Bundesbudget gehen und so weniger Spielraum in der Budgetgestaltung entsteht! (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Frage 23:

Die durchschnittlichen Veranlagungen betrugen nach Angaben der Bundesfinan­zie­rungsagentur-Geschäftsführung in Milliarden €:

1998: 2,037, 1999: 2,243, 2000: 2,253, 2001: 4,076, 2002: 4,525, 2003: 5,416, 2004: 7,343, 2005: 11,413, 2006: 15,163, 2007: 15,742, 2008: 8,119.

Zur Frage 24:

Der Anteil an den durchschnittlichen Veranlagungen betrug in den einzelnen Jahren nach Angaben der Bundesfinanzierungsagentur-Geschäftsführung gerundet:

1998: 0 Prozent, 1999: 0 Prozent, 2000: 8 Prozent, 2001: 8 Prozent, 2002: 14 Prozent, 2003: 21 Prozent, 2004: 28 Prozent, 2005: 34 Prozent, 2006: 22 Prozent, 2007: 34 Prozent, 2008: 7 Prozent. Das sind nur noch Restrukturierungsfälle, die sich jetzt noch in der Agentur befinden, aus dem Jahr 2007. 2008 nur mehr 7 Prozent – so noch einmal im Dezember 2008 die Information an mich.

Zur Frage 25:

Sie ist mit einem Ja zu beantworten.

Zur Frage 26:

Die entsprechenden Zahlen sind nach den Angaben der ÖBFA-Geschäftsführung folgende – auch hier ist der Nutzen für die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wieder klar ersichtlich, nicht nur aus der Veranlagung, sondern auch aus der Geschäftsgebarung der Bundesfinanzierungsagentur –; eindrucksvolle Zahlen, die ich wieder jährlich im Überhang für das Bundesbudget und für den Steuerzahler anführen will, zusätzlich zu dem, was ich gesagt habe:

1998: plus 38 Millionen €, 1999: plus 56 Millionen, 2000: plus 127 Millionen, 2001: 116 Millionen Überhang, 2002: plus 75 Millionen, 2003: plus 74 Millionen, 2004: plus 165 Millionen, 2005: plus 287 Millionen, 2006: plus 202 Millionen, 2007: plus 512 Mil­lionen €, 2008: plus 134 Millionen €. – Diesem Aufwand stehen in Summe höhere Er­träge gegenüber, sodass sich für die Jahre 1998 bis 2000 die Summe der bei Frage 22 genannten Nettoerträge von 685 Millionen € ergibt.

Ich glaube, ich habe das bei der Frage 26 falsch gesagt. Das war der Aufwand, den ich vorgelesen habe. Sorry! Das war der Aufwand, den wir zu tätigen hatten. Das ist die Gegenrechnung zur Frage 22 gewesen, und das ergibt in Summe 685 Millionen € Überhang für den Steuerzahler.


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Jetzt zu den Fragen 27 bis 29:

Das sind jetzt die Summen der Zinsersparnis. Die Zinsersparnis für die österreichi­schen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in der Höhe von rund 3 Milliarden € verteilt sich auf die Jahre wie folgt:

2002: plus 456 Millionen €, 2003: 334 Millionen €, 2004: 278 Millionen €, 2005: Zins­ersparnis, Überhang 258 Millionen €, 2006: 1 087 Millionen €, 2007: 611 Millionen €. – Eine Zinsersparnis aus der ÖBFA für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, in Sum­me seit 2002, von 3 Milliarden €.

Das ist keine Annahme, sondern diese Summe ist vom Rechnungshof ausgewiesen, sie ist bestätigt, und sie stammt aus der Gebarung des Bundes. Die Minderung des Zinsaufwandes kommt durch den Einsatz von Derivatgeschäften innerhalb der gesetz­lichen Rahmenbedingungen und auch der Richtlinien des Aufsichtsrates der Bundes­finanzierungsagentur zustande.

Abschließend möchte ich festhalten, dass das Finanzministerium die Empfehlungen, die der Rechnungshof abgegeben hat, absolut ernst nimmt – auch der Rechnungshof sagt, dass vieles schon erfüllt und in Angriff genommen wurde, umgesetzt wurde – und dass wir den Rest noch umsetzen werden. Ich werde auch in den nächsten Tagen die Expertengruppe einsetzen, bestehend aus Finanzierungsexperten meines Hauses, der Bundesfinanzierungsagentur, aber vor allem externen Experten, um hier noch weiter zu gehen, um möglichst erfolgreich für Österreichs Bürgerinnen und Bürger zu wirtschaften. (Beifall bei der ÖVP.)

16.28


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit eines jeden Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


16.29.05

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! Herr Staats­sekre­tär! Aus dem demonstrativen Applaus, den Sie, Herr Finanzminister, für die Zahlen, die Sie hier vorlegt haben, bekommen haben, müsste man eigentlich folgern, dass das ein Aufruf oder eine Aufforderung an Sie ist, im Sinne von: Machen Sie doch so weiter!

Sie, Herr Minister, legen hier eine Bilanz, sozusagen eine Erfolgsbilanz der Veranla­gung von Geldern vor. Warum, Herr Finanzminister, mussten Sie dann vor wenigen Tagen an die Öffentlichkeit treten und sagen, Sie werden dafür Sorge tragen, dass nie wieder mit öffentlichen Geldern gezockt wird (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Das habe ich nicht gesagt!) oder spekuliert wird oder sie hochriskant (neuerlicher Widerspruch des Vizekanzlers Dipl.-Ing. Pröll– das sind ja semantische Spielereien, die Sie hier treiben – angelegt werden?

Wenn also die Dinge bei hochriskanter Vorgangsweise zu solchen Erfolgen, wie Sie sie jetzt dargelegt haben, geführt haben, dann frage ich Sie: Warum machen Sie dann nicht weiter? Da stimmt ja wohl irgendetwas in dem ganzen System nicht! Vor einem Jahr haben wir hier eine Dringliche Anfrage über das Zocken mit öffentlichen Geldern der Bürgermeister und der Gemeinden gemacht, und darüber gibt es sehr wohl eine sehr harte Diskussion – Sie kennen deren Stand –, und es ging auch um die Diskussion, ob es rechtens ist, dass die Gemeinden in Swap-Fonds hineingehen. Die


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Verluste in den Gemeinden, die dadurch entstanden sind, sind bekannt. (Vizeprä­sidentin Mag. Neuwirth übernimmt den Vorsitz.)

Es ist dies eine grundsätzlich ethische Frage: Was darf eine Regierung, was darf ein Amt, das dem Finanzminister unterstellt ist, tun? – Nehmen wir einmal den Fall Gras­ser her, der sich ja eher als Fondsmanager und nicht als Finanzminister verstanden hat. Selbst Ihr derzeit amtierender Staatssekretär hat von einem „System Grasser“ gesprochen. Und der Bundeskanzler hat gestern gesagt, es kann ja nicht so sein – und das müsste man eigentlich Ihrer heutigen Rede unterlegen –, dass man ins Kasino geht und sagt: Von drei Mal ist es zweimal danebengegangen, einmal war es super – unterm Strich sind wir positiv! – Das ist ja letztlich jene Art und Weise, wie Sie sich heute hier präsentiert haben. Der Herr Bundeskanzler hat gestern gesagt, dieses Spiel darf nicht so sein.

Sie, Herr Minister Pröll, sagen ja, es ist nichts geschehen, es sind keine Spekulationen erfolgt. – Es wurden Mittel aufgenommen, Herr Finanzminister – das können Sie drehen und wenden, wie Sie wollen –, und diese wurden in hochriskante Papiere, zum Teil in Fonds ohne Liquiditätsgarantie, hineingesteckt. Und das ist – das können Sie drehen, wie Sie wollen – hochriskant, und das können Sie nicht mit Steuergeldern machen! Das ist eine zutiefst ethische Frage.

Herr Finanzminister, Sie haben hier eigentlich alles mit den Rating-Agenturen begrün­det. – Ich finde, Sie sind ein viel intelligenterer Mensch, als dass Sie sagen könnten: Die Rating-Agenturen haben das alles abgesegnet!, als dass Sie dieses unendliche, fast kindliche Vertrauen in Rating-Agenturen haben könnten. Erinnern wir uns doch, dass die Diskussion über die Rating-Agenturen schon über Jahrzehnte geht! Wo waren denn die Rating-Agenturen etwa bei der Asienkrise 1997, wo man genau über das Versagen der Rating-Agenturen weltweit diskutiert hat? Wo waren die Rating-Agen­turen, oder wie wurden die Rating-Agenturen zur Verantwortung gezogen, etwa beim Platzen der Dotcom-Blase 2003?

Und noch immer – Worldcom! – platzen Rating-Agenturen. Und noch immer sagen Sie, Herr Minister, heute, 2009, es war alles in Ordnung, und berufen sich auf die Rating-Agenturen! Da muss man sich schon die Frage stellen – und Sie haben dem Abge­ordneten Kogler einmal ... (Bundesrat Mag. Himmer: ... den Schennach fragen?!) – Wenn Sie Ihr Unternehmen so führen würden, dass Sie so blind einer Stelle vertrauen, dann wären Sie nicht Generaldirektor Ihres Unternehmens, Herr Himmer! Stellen Sie Ihr Licht nicht unter den Scheffel!

Ich komme damit wieder auf Ihre Ausführungen zu sprechen, Herr Finanzminister. Sie haben am Anfang hier eröffnet: Warum sind Sie eigentlich – wenn das nicht eine Polemik ist – überhaupt da? Sie sind nicht da, weil Sie das verursacht haben. Aber der Vorwurf, den wir Ihnen zu Recht machen, Herr Minister, ist, dass Sie – nach all der Diskussion, die wir über die Gemeinden und Städte geführt haben – die Aufklärung verpasst haben. Sie haben heute gesagt – und Sie wissen, wir haben ein gutes Ge­sprächsverhältnis; ich nehme diesen Punkt zur Kenntnis –, dass Sie – und ich glaube Ihnen das, wenn Sie das sagen – bereits am 4. Dezember mit dem zuständigen Sektionschef, der ja auch Aufsichtsratsvorsitzender ist, gesprochen haben. Das heißt, für mich ist das ein sofortiges Handeln – das glaube ich Ihnen aufs Wort.

Aber: Diese Information, die Sie uns heute zukommen haben lassen, hätten Sie in dieser Offenheit und in dieser Klarheit längst bei dieser parlamentarischen Anfrage, die aus demselben Zeitraum stammt, in dem Sie Ihr Amt übernommen haben, liefern sollen. Und das ist nach wie vor der Vorwurf an Sie: Sie wollten damals nicht die Wahrheit über diese hochriskanten Geschäfte sagen!


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Wenden wir uns jetzt einmal dem Rechnungshofbericht zu! Sie haben ja immer gesagt, unterm Strich bleibt jene Einnahmen- oder jene Gewinnsumme übrig. Aber sagen Sie doch bitte im selben Satz dazu, dass man dieses ganze Finanzdebakel – mit durchaus Gewinnen in der Vergangenheit – noch nicht abschätzen kann! Sie wissen doch ganz genau, dass der tatsächliche wirtschaftliche Schaden erst nach Ende der Laufzeit dieser Papiere von acht bis 15 Jahren abschätzbar ist! Und deshalb kann man nicht heute sagen (Bundesrat Dr. Kühnel: Sie haben ihm nicht zugehört!) – ich habe ihm sehr gut zugehört! –: Unterm Strich ist nichts passiert.

Letztlich, Herr Finanzminister, hat die ÖVP zu Recht Kritik geübt, als wir das Debakel der BAWAG diskutiert haben. Können Sie mir sagen, inwiefern das System Elsner, zum Beispiel in hochriskante Veranlagungen auf den Cayman Islands oder in die Karibikgeschäfte zu gehen, ein anderes ist als das, was hier gemacht wurde? (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Gut, ich nehme zur Kenntnis: Die BAWAG ist böse, aber das, was die Finanzminister Grasser und Molterer zu verantworten haben, das war super. Ist das so? (Bundesrat Mag. Himmer: Ja!) – Aha. Gut. (Bun­desrat Todt: Das ist unglaublich! – Ruf bei der ÖVP: Du vermischt Äpfel und Birnen!)

Das sind nicht „Äpfel und Birnen“, sondern hier geht es um genau dasselbe! Und der Vorwurf, den wir der ÖBFA zum Beispiel machen, ist, dass zu einem Zeitpunkt – wann wurden denn die höchsten Gelder veranlagt?; das war in der Zeit des Jahres 2007, das war genau in der Amtszeit von Finanzminister Molterer –, wo der „Economist“ bereits gewarnt hat, in diese wachsende Immobilienblase hineinspekuliert wurde. Und ich bleibe dabei: Das ist ein hochriskantes Spekulieren!

Und: Wenn ich heute Gelder aufnehme und in unsichere Bereiche oder in riskante, garantielose Bereiche hineininvestiere, so streue ich das! Aber diese Streuungen sind in diesem Fall nicht erfolgt, weil alle Mittel in diese derivaten Produkte hineingegangen sind. Und dazu haben Sie auch heute kein Wort gesagt, warum es nicht zumindest zu einer Streuung gekommen ist. Und, bitte: In so hochriskante Bereiche zu investieren würde niemand aus der Fachwelt als konservativ, als eine konservative Veranlagung bezeichnen!

In einem Punkt gebe ich Ihnen recht – das ist ja auch eine seltsame Debatte, die derzeit aufgebrochen ist –: Natürlich muss der Finanzminister schauen, dass die Republik liquide ist. Und es muss dazu auch Veranlagungen geben, da stimme ich mit Ihnen ja völlig überein. Es wäre absurd, die Mittel nicht zu veranlagen – ja, aber sicher oder konservativ zu veranlagen, aber sicherlich nicht auf den Cayman Islands zu veranlagen beziehungsweise in jene Bereiche. Wir wissen auch in Österreich zum Beispiel, was mündelsichere Veranlagungen sind.

Herr Minister, Sie haben weiters gesagt – das war am Anfang Ihrer allgemeinen Einführung –, den Vorwurf hinsichtlich des Risikomanagements weisen Sie zurück. – Diesen Vorwurf halten wir nach wie vor aufrecht.

Sie haben in Ihrer Anfragebeantwortung gesagt, Herr Finanzminister, dass nun damit begonnen wurde, ein Stressmanagement einzusetzen, dass man das derzeit in einem Test macht und man sich in einer Umsetzungsphase befindet. Das heißt also, dass es das bisher noch nicht gegeben hat.

Wenn Sie schon sagen, alles habe der Rechnungshof bestätigt: 2004 hat der Rech­nungshof vorgeschlagen, dass die ÖBFA die Ausarbeitung einer umfassenden Limit­architektur durchführen soll. Wo ist die? 2004 hat der Rechnungshof dies vorge­schlagen, und zwar nach dem Debakel der BAWAG, nach dem Debakel der Hypo Alpe-Adria, aber dieser Vorschlag wurde in dieser Form nicht umgesetzt.


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Nun sagen alle Verantwortlichen wie auch der Herr Finanzminister ex ante, alles ist gut gegangen, wir haben zwar einiges verloren, aber es bleibt ein Gewinn übrig. Deshalb stellt sich nun die Kernfrage – das ist meiner Meinung nach für die Zukunft inter­essant –: Welche Richtlinien gelten für den Umgang bei Veranlagungen für öffentliche Hände? Egal, ob Bund, ob Land oder Gemeinden.

Sie haben hier angekündigt, dass Sie dazu ein Paket vorlegen wollen. Viel Spaß bei der Diskussion mit den Gemeinden! Darauf bin ich schon sehr neugierig. Herr Finanz­minister, ich hoffe, dass Sie zu dieser Umsetzung in dieser Debatte noch klare Worte sprechen, nicht, dass Sie nur sagen, es ist das Risiko halbwegs gut abgefedert, wir sind mit einem blauen Auge davongekommen.

Der Finanzminister ist kein Fondsmanager. Der Finanzminister hat jene Gelder sorg­fältig zu verwalten, die ihm quasi vom Steuerzahler überantwortet wurden. Das System Grasser, in großes Risikomanagement hineinzugehen, ist zu hinterfragen. Das Vier-Augen-Prinzip, von dem Sie sagen, dass es das seit 1998 gibt, wurde vom Rech­nungshofpräsidenten erst vor wenigen Tagen gefordert. Jetzt sagen Sie, es wird ein entsprechender Gesetzesvorschlag dem Nationalrat zugeführt. Wenn das alles schon umgesetzt ist, dann frage ich mich: Warum brauchen wir plötzlich noch einmal einen Gesetzesvorschlag?

Gerade in Zeiten von Finanzkrisen, von Wirtschaftskrisen, in denen sehr viele Men­schen in die Arbeitslosigkeit schlittern, in denen sehr viele Menschen das Vertrauen in die Institutionen verlieren, ist es wichtig, dass die Republik im Umgang mit öffentlichen Geldern jenen Ethikkriterien folgt, in die die Menschen, die heute mühsam Vertrauen suchen, auch Vertrauen haben. Und das kann nicht einhergehen mit hochriskanten Geschäften. Und es sind hochriskante Geschäfte, das können Sie nicht wegreden. Auch wenn Sie sagen, für Sie waren es keine Spekulationen, so werden Sie eines hier zugeben müssen: Es waren extrem hochriskante Geschäfte und viel Glück dabei, dass Sie hier mit einem blauen Auge davongekommen sind – oder die Republik davon­gekommen ist, Sie sind ja selber daran nicht beteiligt.

Sie haben jede Handreichung bei der Aufklärung und bei einer etwaigen gesetzlichen Änderung. Aber was wir hier auf jeden Fall brauchen, das sind neue Ethikgrundregeln in Bezug auf Veranlagungen. Das gilt – weil wir hier in der föderalen Kammer sind – nicht nur für den Bund, das gilt auch für die Länder und das gilt auch für die Gemein­den! – Danke. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ und bei Bundesräten ohne Fraktions­zugehörigkeit)

16.44


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kneifel. – Bitte.

 


16.44.46

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geschätzte Frau Präsi­dentin! Herr Finanzminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Der bisherige Verlauf der Debatte hat gezeigt, dass natürlich das Recht eines jeden Abgeordneten und einer jeden Fraktion besteht, das Instrument der Dringlichen Anfrage zu benutzen, aber es wurde auch einiges aufgeklärt im Zuge einer wirklich detaillierten und ausführlichen Beantwortung durch den Finanzminister, nämlich dass dem österreichischen Steuerzahler in diesen Jahren eine Zinsersparnis von mehr als 3 Milliarden € zugekommen ist.

Jetzt frage ich mich: Was wäre im gegenteiligen Fall, wenn es zu keinen Veran­lagun­gen gekommen wäre, wenn wir nicht das Geld des Steuerzahlers veranlagt hätten? – Dann wäre zu Recht der Protest gekommen und gesagt worden: Ihr geht mit unserem


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Geld um wie in der Steinzeit! Tut es gleich in den Sparstrumpf oder unter den Kopf­polster!

Nein, es wurde richtig gehandelt! Die Veranlagung führte zu einem Ergebnis von mehr als 3 Milliarden € Zinsersparnis für den österreichischen Steuerzahler, für die Republik und hat damit den notwendigen Spielraum für die Republik in Notlagen, in schwierigen Situationen, wo rasch Geld gebraucht wird, eröffnet. Das muss einmal ganz klar fest­gestellt werden! (Beifall bei der ÖVP.)

Der Rechnungshof hat eingehend die Situation geprüft. Im ganzen Rechnungs­hof­bericht ist nicht einmal das Wort „Spekulation“ oder „spekulativ“ im Zusammenhang mit den Veranlagungen der Bundesfinanzagentur enthalten! Nicht ein Wort von Speku­lation! Ich frage mich, warum immer von Spekulation geredet wird.

Wenn wir bejahen, dass Steuergeld, das natürlich schubweise zu den Steuerterminen in der Kasse der Republik einlangt, veranlagt werden muss – das Gegenteil wäre nämlich nicht im Sinne von Sparsamkeit und Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes; wenn man das also nicht gemacht hätte, wäre Schaden für die Republik entstanden, das muss ganz klar in diesem Zusammenhang gesagt werden –, wenn man also Ja zu Veranlagungen sagt, dann muss man auch in Kauf nehmen, dass es keine Veran­lagung ohne Risiko gibt. Eine risikolose Veranlagung von Steuergeld und von Geld überhaupt gibt es nicht. Das Risiko wurde aber enorm klein gehalten bei dieser sehr konservativen Veranlagung, wie auch der Rechnungshof festgestellt hat.

Kollege Schennach hat von der Asien-Krise gesprochen. Für die Asien-Krise, Herr Kollege Schennach, kann man die Republik und die Finanzagentur und den Finanz­minister nicht verantwortlich machen. (Bundesrat Schennach: Nein, aber für das blinde Vertrauen in die Rating-Agenturen!)

Wenn Sie vom erschütterten Vertrauen in die Politik reden, einem Thema, das hin und wieder auch in der Öffentlichkeit auftaucht und besprochen wird, dann sage ich Ihnen Folgendes: Sie machen sich mitschuldig, Herr Kollege Schennach und Herr Kollege Mitterer, wenn Sie diese Themen in dieser Art hier diskutieren. Das ist fahrlässig! Das ist fahrlässig, und so geht man mit dem Vertrauen des Steuerzahlers in dieser Republik nicht um! Das sollten wir uns auch vor Augen halten. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Hinblick auf die Veranlagungen der Bundesfinanzagentur gibt es ganz klare Richt­linien. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Einwallner.) – Ja, Herr Kollege Einwallner, das ist auch für Sie interessant! – Wenn die Republik an einem bestimmten Tag einen Liquiditätsbedarf von zum Beispiel 11 Milliarden € hat, dann hat man das ja nicht im Hosensack! (Bundesrat Ing. Einwallner: Aber spekulieren tun wir!) Die Liquidität der Republik muss ja immer wieder hergestellt werden! Das ist eine ständige Heraus­forderung der Finanzagentur! Und ich bedanke mich für diese konsequente, ordent­liche und sorgfältige Arbeit, die dort geleistet wird! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Einwallner, die Anleihenfälligkeiten, die Rückzahlungstermine und so weiter kann man im Wirtschaftsteil jeder guten Zeitung lesen. Stellen Sie sich vor, es ist bekannt, dass die Republik an einem Termin 11 Milliarden € braucht. – Na soll man da warten, wenn das Geld am 15. Juli fällig ist, bis zum 14. Juli?! Dann müssen Sie noch höhere Zinsen zahlen! Die Finanzagentur muss ja ständig schauen, dass die Liquidität der Republik entsprechend gegeben ist! Die können doch nicht warten auf die Fälligkeitstermine! Die machen ihre Arbeit ausgezeichnet, und ich kann mir eigent­lich keine bessere Gestion vorstellen. (Bundesrat Ing. Einwallner: Jawohl! Sagen Sie gleich die richtigen Zahlen, dann haben wir es gleich!) – Ich weiß nicht, warum Sie sich so aufregen. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Es hat ja selbst der Herr Schennach festgestellt, dass der Herr Finanzminister alles zur besten Ordnung, auf jeden Punkt und Beistrich erklärt hat. – Ich bedanke mich bei dir für diese Objektivität und für diese Offenheit, für deine Arbeit als Finanzminister hier in der letzten halben Stunde. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Sehr überzeugend war der Applaus jetzt aber nicht!)

Kollege Schennach hat auch davon gesprochen, dass man das Risiko, die Veranlagun­gen et cetera auf mehrere Schultern verteilen soll. Verteilen! – Ja, dann muss man auch einmal die Frage stellen, ob wirklich nur die BAWAG die einzige Bank der Republik sein muss, ob man nicht auch andere Banken in diese Veranlagungen einbe­ziehen und als Kasse der Republik etablieren sollte. (Rufe bei der SPÖ: Raiffeisen! Giebelkreuz!) Der Staat Österreich ist derzeit nur bei der BAWAG, und man muss einmal fragen, ob man wirklich von einer Bank abhängig sein soll. (Bundesrat Stadler: Das hat der Scharinger auch schon einmal gesagt!) Nein, nicht von einer, von meh­reren!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich muss Ihnen mitteilen, dass es schon dra­ma­tischere Dringliche Anfragen in diesem Haus gegeben hat und schon schwierigere Fragen zu beantworten waren. Diese Fragen hat der Herr Finanzminister bestens und zur vollen Zufriedenheit beantwortet. Der Rechnungshof ist von der ersten Stunde an mit der Kontrolle eingeschaltet worden. Es ist nichts vertuscht, nichts verheimlicht, nichts vergraben worden! Jeder einzelne Schritt der Bundesfinanzierungsagentur ist offengelegt worden, es bleibt nichts mehr übrig! Und ich muss Ihnen sagen: Hätten wir nur immer solche Probleme zu lösen in diesem Haus, du glückliche Republik Öster­reich! (Beifall bei der ÖVP. – Lebhafte ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

16.53


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Professor Konecny. – Bitte. (Bundesrat Perhab – eine Presseaussendung in die Höhe haltend –: Das haben wir schon gelesen! – Bundesrat Konecny – auf dem Weg zum Rednerpult –: Das können Sie auch, lesen?)

 


16.53.28

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Ich glaube, es ist gut – und das pflege ich an dieser Stelle bei Dring­lichen Anfragen der Opposition sonst eher nicht zu sagen –, dass wir die Gelegenheit haben, dieses Thema hier im Bundesrat zu diskutieren. Mir wäre jede andere Anlass­form auch recht gewesen, etwa eine Erklärung des Herrn Finanzministers zu einem ... (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Ich bin extra gekommen!) – Ja, ja, Sie sind gekommen, um die Fragen zu beantworten, aber es steht Ihnen ja zu, jederzeit dieses Haus mit einer Erklärung über wichtige Tatbestände, und um solche handelt es sich wohl, in Kennt­nis zu setzen.

Es ist mir bewusst, dass das Wort „Spekulation“ keine klare Definition in der Höhe, im Adressaten oder in irgendeiner anderen Hinsicht hat. Das ist richtig. Aber Veran­lagun­gen, bei denen Verluste schlagend werden, sind zumindest im Nachhinein eindeutig als spekulativ zu kennzeichnen. Jeder in dem Saal wird irgendwelche Mitbürger ken­nen, die im Verlauf der letzten drei Jahre ausweislich ihres Depotauszuges kurzfristig zum Millionär wurden und heute froh sind, wenn sie die Miete zahlen können.

Auch Bernie Madoffs Papiere hatten hervorragende Ratings, und sie waren zeitweilig relativ viel, konstant steigend, ungeheuer vertrauenserweckend, wert. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Die Republik hat nicht bei Bernie Madoff veranlagt, selbstver­ständlich oder Gott sei Dank nicht. (Bundesrat Schennach: Zufällig! Zufällig!) Kollege Schennach, dazu hast weder du noch ich irgendein strukturiertes Wissen, und ich habe das nur als Beispiel genannt.


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Aber klar ist, auch ohne eine hinlänglich allgemein anerkannte Definition: Die Steuer­mittel, die unsere Bürgerinnen und Bürger uns zur Verfügung stellen, sind tatsächlich nicht dazu geeignet, spekulativ aufs Spiel gesetzt zu werden, und das muss ein Grundsatz sein! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

Die Bundesfinanzierungsagentur in ihren Vorformen ist primär gegründet worden zum Handling der Staatsschulden. Die über 30 Milliarden €, von denen Sie mit Recht ge­sprochen haben, sind die Erfolgsbilanz dieser Einrichtung, weil das Schuldenmana­gement tadellos funktioniert. Nur wir können es nicht gegenrechnen gegen Veran­lagungen. Das Schuldenmanagement hat leider mit Veranlagungen nichts zu tun. Wenn unsere Staatsschulden Veranlagungen wären, dann würde es der Republik um einiges besser gehen. Da wird die Schuld gemanagt, und das im höchsten Maße erfolgreich.

Natürlich braucht, glaube ich, kein Mitglied dieses Hauses die Belehrung, dass die Mittel des Bundes azyklisch eingehen und dass es Fristen gibt, zu denen man relativ wenig Geld, und Zeitpunkte gibt, zu denen man relativ viel Geld zur Verfügung haben muss. Anleihen haben ihre Fälligkeit, Gehaltstermine gibt es auch im Bundesdienst. Also hier ist natürlich Flexibilität und sicher kein Verbot für Veranlagungen gefragt, weil damit Geld erspart oder Geld gewonnen werden kann.

Nur, die Frage ist: Welche Dimension erreicht das?, denn die Dimensionen, die erreicht wurden, haben nichts mit dem Mitteleingang des Bundes und den Steuererträgen zu tun. Es wurden ja tatsächlich Mittel aufgenommen, es wurde Liquidität durch zusätz­liche Verschuldung geschaffen, um dieses Geld entsprechend in Veranlagungen einzu­setzen. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Um dabei zu gewinnen!) – Gut, um dabei zu gewinnen. Das ist in einigen Fällen gut gegangen, in anderen nicht so.

Auf mein Beispiel von den Mitmenschen mit dem zeitweilig sehr eindrucksvollen Depot­auszug zurückzukommen: Das sind die Ärmsten, die dafür Geld aufgenommen haben, kurzfristig diese Millionen auf ihrem Depot hatten – und heute ihre Miete wahrschein­lich nicht mehr zahlen, weil sie sich diese nicht mehr leisten können.

Wenn man sozusagen auf Schulden spekuliert – Sie verzeihen mir das Wort –, dann wird es tatsächlich außerordentlich riskant. Der Herr Staatssekretär, das hat mich ein bisschen gewundert, hat tatsächlich vom „System Grasser“ gesprochen, und auf das ist das ja auch zurückzuführen. (Rufe bei der SPÖ: Meinl! Meinl! – Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Welcher Staatssekretär? – Bundesrat Mayer: Das war euer Kollege!) Ja, natürlich, der Kollege Schieder! (Heiterkeit.) Den haben wir heute auch schon da gehabt! Die Handbewegung war nicht auf Sie gemünzt, Herr Staatssekretär.

Tatsächlich hat es Änderungen im Haushaltsrecht gegeben, denen Sie alle jubelnd zugestimmt haben. Da (in Richtung SPÖ) zeige ich nicht her, ab der Mitte. Den Herrn Grasser haben Sie ja auch alle nicht gekannt, Sie waren ja nie mit ihm in einer Partei. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Sie schon (in Richtung ÖVP), aber Sie haben ihn nur mit Mühe nicht zum Parteivorsitzenden gewählt; das auch nur am Rande. (Neuerliche lebhafte Heiterkeit bei der SPÖ.)

Also: Die Unperson war er nicht von Vornherein, auch wenn Sie jetzt milde und ver­ständnisvoll lächeln.

Das System Grasser war ja wirklich ein „erfolgreiches“. Wir haben ja miterlebt, wie sich die internationalen Finanzinstitutionen darum prügelten, ihn nach seinem Abschied aus der Politik beschäftigen zu dürfen (Heiterkeit bei der SPÖ), um dieses System Grasser weltweit anzuwenden. Das hat dann nicht so ganz funktioniert. (Bundesrat Mag. Klug: Bei Swarovski schon!) – Gut, das ist eine andere Ebene.


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Tatsache ist, dass sowohl die eingesetzten Mittel als auch die Riskantheit der Einsätze über die Jahre beträchtlich gewachsen sind. Auch das können Sie dem Rech­nungs­hofbericht entnehmen. Da war Herr Grasser schon weg, Ihr Amtsvorgänger allerdings im Dienst.

Wenn also der Kassenstand des Bundes von Jänner bis August, oder sagen wir, bis September 2007 von knapp 6 Milliarden auf 26 Milliarden Schilling (Rufe bei der SPÖ: Euro!), Entschuldigung, auf 26 Milliarden € steigt, sind das natürlich, bei aller erfolg­reichen Eintreibung von Steuerschulden, zu einem beträchtlichen Prozentsatz aufge­nommene Mittel. Wenn im gleichen Zeitraum die ABCP-Veranlagungen – diese Asset-backed Commercial Papers – von 1 Milliarde auf fast 11 Milliarden € steigen, von denen zu guter Letzt rund die Hälfte ohne Liquiditätsgarantie war, gestatte ich mir, in diesem Zusammenhang das Wort „spekulativ“ in den Mund zu nehmen. Über die Definition des Wortes können wir dann gerne weiterdiskutieren. Aber wenn ich Geld aufnehme, ist es höchst riskant, wenn keine Liquiditätsgarantie gegeben ist, vor allem dann, wenn, wie Sie mit Recht sagen, die Republik das Geld ja wieder braucht.

Gerade die Positionen, die jetzt Probleme machen, waren sehr kurzfristige Veranlagun­gen, mit Laufzeiten von einem oder zwei Monaten. Sie mussten dann in langfristige Veranlagungen umstrukturiert werden. Jetzt sind es durchaus beachtliche Zeiträume, in denen das Geld nicht zur Verfügung steht, weil ein beträchtlicher Teil des Geldes nur dadurch gerettet werden konnte, dass man in langfristige Veranlagungen umge­schichtet hat. So wird es dann problematisch. Wie gesagt: Respekt für die ersparten 30 Milliarden – aber beim Aktivum, bei den Erträgen dieser Operationen, hält sich meine Beeindruckung sehr in Grenzen!

Sie haben uns die Zahlen genannt: Innerhalb eines Zehn-Jahres-Zeitraums wurden 685 Mil­lionen verdient, von denen, den Informationen zufolge, mutmaßlich 373 Mil­lionen € abzuziehen sind; dann bleiben rund 300 Millionen € übrig. Wenn ich mir über diesen Zehn-Jahres-Zeitraum Veranlagungen von vielen Milliarden – es war nicht immer gleich hoch – in Erinnerung rufe, dann muss ich sagen: Das gute alte Sparbuch ist gar nicht so schlecht. Oder vielleicht ein wenig höher, es wäre ein bisschen widersinnig, wenn der Bund bei sich selbst oder in verwandten Bereichen investiert, also vielleicht 4-prozentige Wohnbauanleihen, KESt-befreit, das freut den Finanz­minister nicht, aber soll sein; dann wären wir mit Sicherheit auf dieselben 300 Millionen oder entsprechend mehr gekommen. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Das Geld liegt ja nicht die ganze Zeit dort auf einem Sparbuch! Das ist ein ja wesentlicher Unter­schied!)

Ein täglich kündbares gibt es auch, notfalls auch für die Republik. Verzeihen Sie, Herr Finanzminister: Ich habe volles Vertrauen in die ÖBFA, Konditionen mit Geldinstituten auszuhandeln, um diese Mittel auch kurzfristig zu einem ordentlichen Zinssatz zu veranlagen. Erklären Sie mir nicht, dass das, was man mit einem Sparbuch erwirt­schaften kann, das nicht jederzeit in voller Höhe greifbar ist, die Republik bei dem Mitteleinsatz nicht bei einer Partnerbank durchsetzen kann! Das wäre ein Armuts­zeugnis, und dieses Armutszeugnis stelle ich nicht aus. (Beifall bei der SPÖ. – Bun­desrat Mag. Klug: Schwach war das!)

Das Entscheidende ist aber, dass wir aus dem, was geschehen ist, lernen müssen. Es geht nicht nur darum, eine unglückselige Vergangenheit aufzuarbeiten, sondern vor allem darum, klare Regeln für die Zukunft aufzustellen.

Manche freilich haben diese Regeln schon früher aufgestellt. Die ÖBB – es geht ja nicht nur um das Bundesgeld – hat sich glanzvoll in ein wirkliches Spekulationsobjekt verrannt und dort viel, viel Geld versenkt – nämlich 600 Millionen € –, das im über­tragenen Sinn auch Geld der Österreicherinnen und Österreicher ist. Es war ein ge-


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wisser Werner Faymann damals Infrastrukturminister, der der Straßenbaugesellschaft solche Veranlagungen ausdrücklich untersagt hat! Wie viel damit erspart wurde, lässt sich nicht errechnen, aber der damals geplante Einsatz von Mitteln hätte ähnliche Höhen wie bei der ÖBB erreicht. Ob das Resultat ein anderes gewesen wäre, kann kein Mensch vorhersagen. Das ist jedenfalls der klügere Vorgang gewesen, als diese 600 Millionen in den Sand zu setzen.

Es ist dem Bundeskanzler, also auch dem damaligen Infrastrukturminister, heute Aner­ken­nung dafür auszusprechen, dass er nicht bereit ist, über diese eingetretenen Verluste zur Tagesordnung überzugehen, sondern dass er zu handeln begonnen hat. Herr Finanzminister, ich habe kein Problem damit, anzuerkennen, dass in Ihrer Amts­zeit im Bereich der derzeitigen gesetzlichen Regelungen sehr wohl von Ihnen gehan­delt wurde. Aber wir müssen darüber hinausgehen! Es muss eine klare Definition geben, was mit öffentlichem Geld geschehen kann. Diese Definition ist nicht einfach zu finden, und ich mache mich nicht erbötig, diese Definition anzubieten. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Einer Expertengruppe anschließen!)

Danke, Herr Bundesminister, das wäre sehr ehrenvoll, aber für die Expertengruppe keine wirkliche Bereicherung, fürchte ich. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Vize­kanzler Dipl.-Ing. Pröll.) Nein, ich sage dazu: Mit meinen bescheidenen Mitteln bin ich absolut ungeschneuzt aus der Finanzkrise hervorgegangen. Das verdanke ich aber eher dem Berater als mir selbst, der in diesen Dingen ähnlich konservativ wie ich denkt. (Heiterkeit und heftige Zwischenrufe bei der ÖVP.) Herr Kollege, beim Geld ist sozialdemokratische Konservativität das Beste, was man tun kann! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es wird also am 31. Juli ein wichtiges Spitzengespräch – an dem Sie hoffentlich auch teilnehmen werden – mit dem Rechnungshofpräsidenten, mit dem Nationalbankgou­ver­neur, mit dem Chef der Finanzaufsicht geben, mit Menschen, denen ich durchaus unterstelle, dass sie im Detail bei dem Versuch, eine Definition zu finden, mehr Sach­verstand als ich einbringen. Mit Entscheidungen, die dort angedacht, erarbeitet und in der Folge von Expertengruppen verfeinert werden, ist sicherzustellen, dass der Einsatz von Bundesmitteln für Spekulationsgeschäfte unterbunden wird und dass kontrollierte Abläufe geschaffen werden.

Ich unterstütze Kollegen Schennach in seiner Aussage, dass das nichts ist, was nur für den Bund gilt. Die Teile des Steueraufkommens, die den Ländern und Gemeinden zur Verfügung stehen, sind um nichts weniger wertvoll als die, die der Bund verwenden kann. Es muss daher einheitliche Rechtsnormen geben, auch wenn klar ist, dass diese in der eigenen Verantwortung der anderen Gebietskörperschaften zu beschließen sind.

Es kann kein Diktat des Bundes geben, aber es sollte einen Konsens darüber geben, insbesondere angesichts dessen, was in manchen Ländern passiert ist. Herr Sobotka in Niederösterreich ist da irgendwie der österreichische Spitzenmanager: Die Verluste dort sind im Verhältnis zu den eingesetzten Mitteln mit Abstand die höchsten! Aber auf diesen Orden legt er ganz offensichtlich keinen Wert – soll sein. Für die Länder genauso wie für die der Finanzkontrolle der Länder unterliegenden Gemeinden muss es einheitliche Normen geben!

Die Diskussion darüber kann und soll öffentlich geführt werden, denn – bei allem Res­pekt vor den Experten – Experten waren auch diejenigen, die die Ratings geschrieben haben, Experten waren die Berater, die Gemeinden, Ländern und vielleicht auch der ÖBFA bestimmte Investments empfohlen haben, Experten waren sicherlich diejenigen bei der Deutschen Bank, die der ÖBB diese Veranlagung erfolgreich aufgeschwatzt haben. Hier ist also neben dem Expertentum auch eine gute Portion gesunder Men-


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schenverstand und allgemeines Gefühl für diese Geschäfte – und das hat jeder Österreicher und jede Österreicherin – gefragt.

Wir müssen einen Konsens darüber erzielen, was mit öffentlichen Mitteln geschehen kann. Man darf keine Zinserträge auslassen, das ist richtig, aber man darf dieses hart erarbeitete Steuergeld auch nicht aufs Spiel setzen. Darüber sollten wir uns alle einig sein. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

17.10


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. Ich erteile ihr dieses.

 


17.10.25

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Tatsache ist doch – und das haben Sie eigentlich voll Stolz bestätigt –, die Bundesfinanzagentur hat sich benommen wie eine Investment­bank. Aber es ist nicht ihre Aufgabe, sich wie eine Investmentbank zu benehmen!

Zu Kollegen Kneifel: Er sagt, im ganzen Rechnungshofbericht steht nicht ein Mal das Wort „spekulativ“ geschrieben. (Bundesrat Kneifel: Mit dem Zusatz: „Veranlagun­gen“!) – Seite 127: Die Derivatgeschäfte wurden zum Teil ohne Absicherungszweck abgeschlossen und enthielten vereinzelt spekulative – hier kommt das Wort vor – Elemente. Damit waren hohe Risikopotenziale verbunden.

Die Aufgabe der Bundesfinanzagentur geht auch aus einem Rechnungshofbericht hervor, der die Hauptprobleme der öffentlichen Finanzkontrolle beleuchtet. Er sagt: Die Kassenverwaltung des Bundes umfasst im Wesentlichen die Verwaltung der Kassen­bestände, wohl die Veranlagung der Guthaben sowie die Vorsorge für die Aufrecht­erhaltung der jederzeitigen Zahlungsfähigkeit.

Aber er sagt auch weiter: Die ÖBFA verwendete bis zum Jahr 1998 – da sind wir also noch vor dem System Grasser – Kassenstärker ausschließlich dazu, kurzfristige und im Sinne des § 65 Abs. 2 BHG vorübergehende Liquiditätsengpässe des Bundes zu überbrücken. Nach Einführung des Austrian Treasury Bill Programs, ATB-Programm, im Jahre 1999 – das ist auch noch vor Grasser – nahm sie kurzfristige Geldverbind­lichkeiten auch dann auf, wenn kein zeitlich unmittelbarer Geldbedarf des Bundes gegeben war. – Also hat man auch damals schon ein bisschen mit dem Kapital gespielt!

Ich darf weiter den Rechnungshof zitieren, der auf die gesetzlichen Grundlagen der Kassenstärker verwiesen hat, die von einer konkreten und kurzfristigen – hier haben wir es noch einmal – Liquiditätsenge des Bundes ausgehen. – Es geht also nicht darum, ein Körberlgeld zu machen, das Geld aufzustocken und zu sagen, da inves­tieren wir jetzt ein bisschen, wir veranlagen und schauen, dass wir dann wieder Ge­winn bekommen, sondern es ist schon klar festgelegt, was die Aufgabe ist.

Und weiter heißt es: Die Aufnahme von Kassenstärkern beschränkt sich nach § 40 Abs. 1 BHG auf das unbedingte Mindestmaß zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeiten des Bundes.

Jetzt ist uns schon klar, dass manchmal ein gewisser Zeitraum dazwischen liegt, wenn ich weiß, dass ich in Kürze Geld brauchen werde. Das werde ich logischerweise nicht unter die Matratze des Bundes stopfen, sondern ich werde schauen, dass ich dafür auch Zinsen bekomme. Aber hier geht es, wie ja schon gesagt worden ist, um das Maß, und das haben Sie völlig aus den Augen verloren!


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 145

Sie stehen heute hier und tun so, als ob überhaupt nichts gewesen wäre, und wegen der paar hundert Euro machen wir jetzt ein Riesen-Theater. (Bundesrat Kneifel: Das ist ein Vorteil für den Steuerzahler!) Tatsächlich sagt der Rechnungshof – und der Herr Finanzminister hat gesagt, schon im August haben sie bei den riskanten Papieren die Notbremse gezogen –, dass 1,8 Prozent der insgesamt am Weltmarkt befindlichen besonders gefährdeten Papiere von der Republik gehalten worden sind, und zwar noch im September 2007!

Wir sagen dazu: Das kann es nicht sein, dass man – und ich spreche von Zocken – mit Steuergeld einfach so zockt!

Da ist auch eines ganz interessant. Es wird Ihr Aufsichtsratsvorsitzender und Sektions­chef Steger in der „Presse“ vom 21.7.2009 zitiert. Er wird gefragt: „Warum kauft die Finanzagentur überhaupt Cayman-Papiere?“ – Da geht es also um die Cayman Islands, und da antwortet er: „Die ÖBFA befindet sich im Wettbewerb. Und da kommt man an den Cayman Islands nicht vorbei“, rechtfertigt er sich.

Wenn das nicht eine ganz gezielte Zocke ist, dann weiß ich auch nicht mehr! Das ist kein „Wir wollen nicht ohne Zinsen die Liquiditätsengpässe oder künftige Zahlungen sichern“, sondern da geht es sehr wohl darum, dass man ganz gezielt auf Profit gespielt hat.

Herr Vizekanzler, weil Sie das heute so bestritten haben: Sie werden schon zitiert, ebenfalls in der „Presse“, und zwar in der Ausgabe vom 17.7.2009. Da schreibt die „Presse“: „Der Minister erklärte am Donnerstag, dass es künftig keine risikoreichen Veranlagungen von Steuergeldern mehr geben darf. ‚Ich werde dafür Sorge tragen, dass Risikospekulationen mit Steuergeldern keinen Platz mehr haben im öffentlichen Bereich‘.“ – Das sagten Sie im ORF. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Perfekt! – Zwischen­rufe bei der ÖVP.)

Ja, aber es ist Ihnen schon klar, dass Sie damit auch zugeben, dass sie natürlich Spekulationen betrieben haben! Und das ist nach unserer Ansicht nicht die Aufgabe der Bundesfinanzagentur. Sie haben nicht den Steuerzahler gefragt, ob das eigentlich richtig ist. Das ist unser aller Geld! Das ist nicht das Geld, das Ihnen oder der Bundes­finanzagentur zur Verfügung steht, sondern das gehört uns allen. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Soll es mehr werden oder nicht?) Aber ich kann nicht hoch riskant – zum Teil hoch riskant, ich sage das ja nicht von allem – damit spekulieren und dann sagen: Ich weiß gar nicht, was ihr habt!

Das sogenannte Vier-Augen-Prinzip, das heute auch schon bemüht worden ist (Bun­desrat Kneifel: Ihr wollt es in den Sparstrumpf hineingeben!), ist ja nirgends fest­gelegt! Die Geschäftsführerin, Frau Oberndorfer, sagt: Ja, das wird praktiziert. – Das kann ich nach allem, was ich bis jetzt gehört habe, glauben und auch nicht. Tatsache ist, dass es 2009 beim Bundesfinanzierungsgesetz eigentlich hätte geregelt werden sollen. Aber dann ist es auf wundersame Weise, aus welchen Gründen auch immer, verschoben worden. Das heißt, bis heute ist nicht definitiv geregelt, dass es ein Vier-Augen-Prinzip geben muss. Es ist also immer noch eine Kann-Bestimmung. (Vize­kanzler Dipl.-Ing. Pröll: Das gibt es! – Bundesrat Kneifel: Das gibt es! – Bundesrat Schennach: Das kommt erst ins Parlament!)

Zu Ihrem Hinweis auf die Rating-Agenturen, die ja alle ihre Papiere bestens bewertet haben, möchte ich Ihnen nur eines sagen: Nicht nur der Rechnungshof, sondern auch der IWF hat erst jüngst gesagt, man möge sich doch bitte nicht auf die Rating-Agen­turen allein verlassen, sondern es empfiehlt sich immer, auch eine interne Bewertung vorzunehmen. – Das haben Sie alles außer Acht gelassen! Das nennt man eine Verlet­zung der Sorgfaltspflicht im Umgang mit unserem Geld, dem Geld, das dem Staat und damit uns allen gehört!


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 146

Wir haben die ganze Zeit schon gesehen, dass das Problembewusstsein da war. Das war klar, weil alle, auch die ÖVP, davon geredet haben, dass wir eigentlich euro­päische Rating-Agenturen brauchen, da man sich auf die der Amerikaner auch nicht verlassen kann. Das waren übrigens auch jene, die Immobilien so hoch angesetzt haben, dass eine Holzhütte als 300 000-Dollar-Objekt bewertet worden ist; dafür gibt es durchaus Beweise und auch Belege. Denjenigen hat man also zu hundert Prozent vertraut, ohne sich die Mühe zu machen, irgendwo vielleicht noch eine eigene Bewertung vorzunehmen.

Nein, wir sagen: Keine Spekulation mit Steuergeldern, nicht im Bund, aber auch nicht bei Ländern und Gemeinden! Wir haben damals, gemeinsam mit den Grünen, zu Recht die Dringliche gemacht, und wir wissen, wie viel Geld im Bund, in den Gemein­den und in den Ländern verzockt worden ist: in Niederösterreich 1 Milliarde (Bundesrat Dr. Kühnel: 5 Prozent der Gemeinden waren das!), die Gemeinde Hartberg und viele andere Gemeinden, die, ohne sich um irgendetwas zu kümmern, das Geld verzockt haben.

Wir sagen: Nein, das kann es nicht sein! Mit dem Geld des Steuerzahlers muss sorg­sam umgegangen werden! (Beifall bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

17.18


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


17.18.47

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Minister! Herr Staats­sekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Kneifel hat es noch einmal zwischendurch hineingerufen, und der Herr Minister hat es vorhin auch schon gesagt – ich hätte gerne eine Aufklärung darüber, was Sie damit meinen, wenn Sie sagen: „Es ist ein Vorteil für den Steuerzahler gewesen.“ Ein Vorteil für den Steuerzahler gegenüber was? (Bundesrat Kneifel: 3 Milliarden Zinsersparnis!)

3 Milliarden Zinsersparnis, das ist eine ganz andere Geschichte. Die eine Geschichte ist die Anlage von Wertpapieren, wofür wir Zinsen bekommen sollten, und die andere Geschichte sind ... (Bundesrat Kneifel: Vorteile für den Steuerzahler!) Vorteile für den Steuerzahler im Vergleich womit? Im Vergleich zum Sparstrumpf, von dem ihr uns dauernd vorhaltet, dass wir ihn wollen, oder im Vergleich zu etwas anderem? (Bun­desrat Kneifel: Das ist steinzeitlich! Sparstrumpf ist steinzeitlich!)

Vorteile für den Steuerzahler – in dem Fall ist das relativ, würde ich einmal sagen. Da würde ich auch dem Herrn Minister nahelegen (Bundesrat Kneifel: Da muss man sich mit der Materie befassen!), dass er diese Relationen vielleicht ein bisschen genauer darlegt.

Herr Minister, Sie haben die Zahlen sehr schnell angesagt. Ich habe versucht, sie mit­zu­schreiben, das ist mir aber nicht hundertprozentig gelungen. Herr Professor Konecny hat das, glaube ich, genauer mitgeschrieben. Aber so bei der Überschlagsrechung, wenn ich jetzt davon ausgehe, dass ich 15 Milliarden € veranlage und dann 180 Mil­lionen € herausbekomme, ist das jetzt nicht  (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll.) – Nein, pro Jahr. Insgesamt. Das ist wieder ... Ich rede jetzt von den Veranlagungen, nicht von den 3 Milliarden €. Von den 3 Milliarden € reden nur Sie.

Ich rede von den Veranlagungen, die uns ja angeblich auch so viel  – Wie nennen Sie es da? Das ist so ein netter Ausdruck. (Die Rednerin blättert in ihren Unterlagen.) Ich rede von den Veranlagungen, die uns so einen hohen Nettoertrag gebracht haben, nämlich den Nettoertrag von 685 Millionen €. Von diesen Veranlagungen rede ich.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 147

Wie Herr Professor Konecny schon ausgeführt hat, ist die Höhe der Verzinsung relativ nicht so hoch und nicht so rühmlich, dass man sagt, wir hätten daraus einen riesen­großen Gewinn gezogen. – Das ist jetzt aber im Prinzip auch gar nicht die Geschichte.

Was mich an Ihrer Anfragebeantwortung ursprünglich sehr irritiert hat, ist die Beant­wortung der Frage 19. – warum von April bis September 2007 gerade die Veranla­gungen im Bereich der Asset Backed Commercial Papers ohne Liquiditätsgarantie von 0,815 Milliarden € auf 4,922 Milliarden € ausgeweitet wurden. Diese Frage haben Sie beantwortet mit: Es hat zwar keine Liquiditätsgarantie gegeben, aber dafür zusätzliche Sicherheiten. Vielleicht können Sie mir das dann noch genauer erläutern.

Aber wenn da steht, es gäbe keine Liquiditätsgarantie, heißt es doch trotzdem: Ich muss nicht unbedingt so viel Geld zurückbekommen, wie ich hineingesteckt habe. Gehe ich recht in dieser Annahme? Nein? Sondern? – Vielleicht werden Sie mir dann näher erläutern, was diese zusätzlichen Sicherheiten sind.

Ja, jetzt bin ich ein bisschen durcheinandergekommen. (Zwischenruf des Bundesrates Perhab. – Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.) – Na, bitte. Es freut mich immer, wenn ich den Faden verliere und dafür einen Applaus bekomme.

Professor Konecny hat ja gesagt, dass das Geld rein deshalb aufgenommen wurde, um es anzulegen – und nicht um es irgendjemanden auszuzahlen, der es gerade braucht. (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll.) Professor Konecny hat gesagt, es wurde Geld aufgenommen, um es anzulegen, und Sie haben darauf gesagt: Ja, um zu gewinnen. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Auch, um zu gewinnen, aber !) – Das „auch“ habe ich bei Ihnen nicht gehört. Professor Konecny hat gesagt, das wurde aufgenommen um anzulegen, und Sie haben gesagt: Ja, um zu gewinnen.

Jetzt würde ich doch gerne Folgendes von Ihnen wissen: Wie würden Sie es bezeich­nen, wenn Sie Geld aufnehmen, um es anzulegen, um zu gewinnen? (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Wir nehmen es auf, weil wir es brauchen, und dazwischen ! Das ist der Punkt! Das ist nicht so schwierig!) – Was Sie dem Professor Konecny geantwortet haben, hat aber leider auf etwas ganz anderes hingedeutet. Und wenn ich Geld aufnehme, wenn ich einen Kredit aufnehme, um dieses Geld zu veranlagen, um zu gewinnen – oder auch nicht zu gewinnen, denn gewinnen kann man, muss man aber bekanntlich nicht –, wenn ich Geld unter diesen Bedingungen aufnehme, ist das meiner Meinung nach sehr wohl Spekulation!

Im Übrigen hat auch der Rechnungshof angemerkt, dass die Bundesfinan­zierungs­agentur das Geld nicht nur aufgenommen hat, weil wir es sofort gebraucht haben, sondern um es anzulegen und zu gewinnen. Und wenn man Geld aufnimmt, um anzulegen und zu gewinnen, ist das Spekulation und nichts anderes.

Sie, Herr Vizekanzler, haben gegen Ende Ihrer Rede auch gesagt, wie schon des Öfteren, dass wir ja jetzt im Rückblick natürlich alle gescheiter sind. Der Rückblick ist jetzt inzwischen schon ziemlich weit. Man weiß schon seit ungefähr zwei Jahren, dass am Kapitalmarkt und am Finanzmarkt nicht alles so glorreich ist, wie es damals der Herr Grasser gesehen hat.

Mich würde interessieren, wie sich dieser „Gescheitheitszuwachs“ bei Ihnen jetzt auswirkt, sprich: welche Lehren Sie jetzt daraus gezogen haben (Heiterkeit) und ob Sie es wirklich noch immer gescheit finden  (Bundesrat Jany: Sie haben nicht zuge­hört!) – Nein, ich habe noch keine Konsequenzen gehört. Ich habe nur gehört: Was die Bundesfinanzierungsagentur gemacht hat, war im Prinzip eh alles superleiwand. Ich habe gehört, dass sowohl der  (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Ich habe gesagt: Es ist schon reagiert worden! ...!)


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 148

Es ist reagiert worden, aber ich höre doch immer: Wir haben letztendlich einen Super­gewinn gemacht und haben den Supervorteil für den Steuerzahler! – Ich weiß zwar nicht, wie viel das in Prozent ist; wir wissen, dass das im Millionen-€-Bereich liegt, was in Relation zu Milliarden € relativ wenig ist. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: , aber es ist so!)  Was jetzt? Haben wir einen Supergewinn gemacht und war es eh supertoll, was gemacht wurde? (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Das habe ich nie gesagt!) – Was haben Sie dann für Lehren gezogen? Dann brauchen wir ja gar keine Lehren zu ziehen. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Nicht einmal 300 Millionen! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie werden also in Zukunft nichts mehr verlieren. Mich würde aber interessieren, wie Sie das erreichen wollen, dass so etwas nicht mehr passiert – mit der Expertengruppe. Trotzdem ist es aber schon mindestens zwei Jahre her, dass man weiß, dass das alles nicht so gemütlich ist, wie man vielleicht früher geglaubt hat. Da wäre es doch schön, wenn die Expertengruppe irgendwann eine Idee dazu hätte, wie denn dieser Plan ausschauen könnte, um Spekulationen künftig zu verhindern!

War es jetzt deutlich und umfassend genug formuliert, was ich gerne von Ihnen wissen würde? Das wäre der „Gescheitheitsgewinn“, den ich gerne von Ihnen näher erläutert haben möchte. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll.) Wir haben über vieles diskutiert.

Dann möchte ich gerne noch eine Frage von Ihnen beantwortet haben, und zwar: Würden Sie es heute noch für richtig befinden, heute noch Geld aufzunehmen – auch von der Bundesfinanzierungsagentur – um es zu veranlagen und Gewinne zu erwirt­schaften? Also nicht, um es dahin zu zahlen, wo man es eben einmal braucht, sondern einfach um es zu veranlagen und möglichst hohe Zinsen zu erwirtschaften, so wie Sie es ja vorher toll gelobt haben?

Eine dritte Frage, die ich auch noch sehr gerne geklärt hätte, wäre die der Gewähr­leistung des Vier-Augen-Prinzips. Das steht letztendlich im Rechnungshofbericht Bund 2009/8. Darin steht bei den Empfehlungen der Punkt (14): „Zur Gewährleistung des Vier–Augen–Prinzips sollte auf eine Änderung der gesetzlichen Regelung betreffend die Geschäftsführerbefugnis hingewirkt werden.“

Sie haben uns gesagt, es gäbe das Vier-Augen-Prinzip ohnehin schon. Es gibt jetzt aber trotzdem eine Gesetzesänderung. Jetzt würde ich doch gerne von Ihnen konkret wissen: Warum schreibt der Rechnungshof in seinen Bericht, es solle doch eine gesetzliche Regelung geschaffen werden, wenn es doch ohnedies schon funktioniert? (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll.) – Vielleicht können Sie es dann laut sagen, mit dem Mikro. Okay? Danke. (Heiterkeit der Rednerin sowie bei der SPÖ und der Bundesräte Dönmez und Schennach.)

Abschließend möchte ich schon noch anmerken, dass der Rechnungshof bereits 2001 die Auffassung vertreten hat, dass die geübte Praxis der ÖBFA an die haushalts­rechtlichen Grenzen gelangt war, dass aber trotzdem im Jahr 2007 diese Praxis mas­siv ausgebaut wurde. Nach dem Rechnungshofbericht 2001 sollte man eigentlich da­von ausgehen können, dass sich die Veranlagungspraxis ändert, und zwar eher in Richtung Sicherheit. Das ist aber nicht passiert. (Beifall der Bundesräte Dönmez, Schennach und Mitterer.)

17.28


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen dazu liegen der­zeit nicht vor. Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 149

17.28.47Fortsetzung der Tagesordnung

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Ich nehme die Verhandlungen zur Tages­ordnung wieder auf und verabschiede den Herrn Vizekanzler.

Wir setzen die Verhandlung über den Tagesordnungspunkt 18 betreffend 2. Sozial­rechts-Änderungsgesetz fort.

Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Petritz. – Bitte.

 


17.29.15

Bundesrat Karl Petritz (ÖVP, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Nach dieser „fulminanten“ Dringlichen Anfrage und der „brisanten“ Diskussion mit unserem Finanzminister, geht dieser Tagesordnungspunkt 18. eigent­lich eher unter. (Bundesrat Konecny: Ja, ein bisschen – Entschuldigung, Herr Kolle­ge!) Ich werde trotzdem von meiner Warte aus, als Vertreter der Senioren versuchen, eine Stellungnahme abzugeben.

Meine Damen und Herren, ich glaube dass mit dieser Gesetzesänderung, was die Pensionsrechtsabsicherung für die pflegenden Angehörigen anbelangt, eine wichtige Maßnahme gesetzt wurde. Ich möchte daher aus meiner Sicht als Vertreter der älteren Generation einige Gedanken festhalten. Wenn wir wissen, dass sich die Zahl der älteren Menschen bis zum Jahre 2040 mehr als verdoppeln wird, dass die Zahl der Menschen über 65 Jahre bald die Zahl der Kinder unter fünf Jahren übertreffen wird und dass die Zahl der über 80-Jährigen sogar auf 200 Prozent ansteigen wird, so hat der Gesetzgeber einen sehr wichtigen Schritt in diese Zukunft gesetzt.

Da im Regierungsprogramm sozialversicherungsrechtliche Verbesserungen zugunsten pflegender Angehöriger festgeschrieben wurden, ist auch ein langer gemeinsamer Wunsch beziehungsweise Antrag des österreichischen Seniorenrates doch über alle Parteigrenzen hinaus verwirklicht worden. Ich freue mich daher auch als Vertreter der älteren Generation über diese Gesetzesänderung.

Man sieht, wie wichtig es ist, dass es in einer Demokratie auch Impulsgeber gibt – und diesen sehe ich im Österreichischen Seniorenrat. Es ist uns gelungen, diese Anliegen für die ältere Generation immer wieder aufzuzeigen. Es wurde daher aus meiner Sicht eine sehr wichtige sozialpolitische Maßnahme gesetzt, indem der Bund ab der Pflege­stufe 3 die Beiträge zur freiwilligen Pensionsversicherung von pflegenden Angehörigen unbefristet und zur Gänze übernimmt und somit die pensionsrechtliche Absicherung deutlich verbessert.

Meine Damen und Herren, es sind überwiegend die Frauen, die diese Aufgabe übernehmen und durchführen! Und wer pflegebedürftige Menschen einmal gepflegt hat, weiß, welch enorme körperliche und physische Belastung das darstellt. Und wie viele leisten bis heute noch ehrenamtliche Pflegetätigkeiten! Ich möchte daher allen, die diese Leistungen vollbringen, ob im Familienverband zu Hause oder in den Pflege­heimen, hier ein aufrichtiges Dankeschön aussprechen! (Bundesrat Mag. Klug: Bravo!)

Es ist daher Aufgabe der Regierung beziehungsweise der Politik, dafür zu sorgen, dass dieses Paket, das der Nationalrat beschlossen hat, auch dauerhaft finanziell abgesichert bleibt.

Für inhaltliche und Qualitätsverbesserungen sind wir natürlich immer offen. Abgesehen davon, meine sehr verehrten Damen und Herren, halte ich es aber für notwendig, dass Einstufungen im Bereich des Pflegegeldes nach einem nachvollziehbaren, bundesweit einheitlichen Bewertungssystem effizienter und rascher vor sich gehen. Die betroffenen


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 150

Menschen müssen nämlich oft monatelang auf eine Einstufung warten. Auch gibt es unterschiedliche Einstufungen durch die Ärzte.

In diesem Zusammenhang hoffe ich auch, dass die Regressfrage ein für alle Mal gelöst ist und dass nicht einzelne Bundesländer wieder Gedanken hegen, eine Änderung vorzunehmen, mit der wieder die Angehörigen belastet würden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir heute diesem 2. Sozialrechts-Ände­rungsgesetz unsere Zustimmung geben, zeigen wir, dass uns die ältere Gene­ration schon sehr am Herzen liegt und uns viel wert ist. Die österreichische Sozial­politik, meine Damen und Herren, und wie sie derzeit von der Regierung betrieben, finanziert und abgesichert wird, zeigt, dass wir gegenüber anderen Staaten auf dem richtigen Weg in die richtige Zukunft sind. – Ich danke recht herzlich für die Aufmerk­samkeit. (Allgemeiner Beifall.)

17.34


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Stöger. – Bitte.

 


17.35.03

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Das 2. Sozialrechts-Ände­rungsgesetz nimmt insgesamt 43 Veränderungen vor, die alle dazu dienen, Rechts­sicherheit sowie Verbesserungen des sozialrechtlichen Schutzes zustande zu bringen. Ich erlaube mir, drei besonders herauszustreichen.

Die Verbesserung für pflegende Angehörige wurde schon angesprochen: das bedeu­tet, dass sie sowohl in die Pensionsversicherung einbezogen werden – also pensions­rechtlich abgesichert sind – als auch in die Krankenversicherung einbezogen werden. Es ist ganz wichtig, bürokratische Verbesserungen zustande zu bringen, wenn es um Entgeltbegriffe geht, dass zum Beispiel die Nächtigungsgelder dem Steuerrecht angepasst werden und dass hier auch Rechtssicherheit entsteht. Außerdem möchte ich noch einen dritten Bereich herausgreifen: Man schafft gerade auch für Frauen Verbesserungen im Bereich des Notariats. Auch hier werden Kindererziehungszeiten entsprechend angerechnet.

Insgesamt zeigt dieses 2. Sozialrechts-Änderungsgesetz, wie man durch konse­quen­tes Arbeiten sicherstellen kann, dass die soziale Lage der Menschen verbessert wird, und hartnäckig an den Dingen gearbeitet wird.

Gestatten Sie, dass ich auch zum 3. Sozialrechts-Änderungsgesetz ein paar Worte sage, weil einige Redner dazu etwas gesagt haben. Im Wesentlichen haben wir eine Reihe von Einzelmaßnahmen im Bereich des 3. Sozialrechts-Änderungsgesetzes. Es ist damit die 70. Novelle des ASVG einhergegangen. Das zeichnet eine moderne Sozialpolitik aus – dass das Sozialrecht den Lebensbedingungen ständig anzupassen ist. Die beitragsfreie Mitversicherung in der Krankenversicherung für pflegende Ange­hörige in der Pflegestufe 3 habe ich schon erwähnt. Wir haben den erleichterten Zu­gang für Hausgenossen in die beitragspflichtige Mitversicherung geschaffen.

Wir haben im 3. Sozialrechts-Änderungsgesetz einen Meilenstein in der Zahngesund­heit geschaffen, weil es möglich wird, dass in den Ambulatorien der Gebietskranken­kassen Menschen zu Zahnbehandlungen kommen – zur Zahnprophylaxe in Wirklich­keit, weil das in den Leistungskatalog der Zahnambulatorien der Gebietskrankenkasse aufgenommen wurde. Wir haben Änderungen in der Unfallversicherung, das heißt Erweiterung des Zuganges zur Unfallversicherung für Schilehrer. Und auch für Frauen, während sie Ausbildungen im Karenzurlaub machen: wenn sie bereit sind, sich beruf­lich weiterzubilden, werden sie auch in die Unfallversicherung einbezogen.


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Wir haben die Organtransplantation verbessert. Bisher sind Menschen bei Auslands­bezug oft zu keinem Organ gekommen, weil das rechtlich nicht geklärt war. Das wurde verbessert. Wir haben das Wochengeld nach der Geburt, wenn Adoption stattgefunden hat, verbessert. Und wir haben mehr Transparenz in den Fragen der Publikation von Verträgen zwischen der Sozialversicherung und den Ärzten eingeführt.

Eines ist mir ganz besonders wichtig: Es ist auch gelungen, einen Selbstbehalt abzu­bauen, darauf bin ich auch stolz: Im Bereich der bäuerlichen Krankenversicherung ist der Selbstbehalt für die Kinder eingeschränkt worden.

Das ist insgesamt ein Meilenstein auch in der Weiterentwicklung der Sozialver­siche­rung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)

17.39

17.39.30

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen..

17.40.1019. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeitskräfteüber­las­sungsgesetz und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden (674/A und 248 d.B. sowie 8156/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nunmehr zum 19. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Lugsteiner. – Ich bitte um den Bericht.

 


17.40.25

Berichterstatterin Juliane Lugsteiner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Hladny. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 152

17.41.28

Bundesrätin Waltraut Hladny (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit der Gesetzesnovelle des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes wird der Betrug an Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmern bekämpft.

Mit dieser Reform besteht auch die Möglichkeit, die Sozialbetrugsbekämpfungsgruppe der BUAK aufzustocken, und es wird eine rechtliche Basis für die Baustellenkontrolle geschaffen.

Es kann nun sichergestellt werden, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die oft gar nicht angemeldet waren, falsch eingestuft wurden oder die Gehälter nicht ordent­lich ausbezahlt bekamen, rascher zu ihrem Urlaubsentgelt kommen, da die BUAK rasch und ohne Umwege direkt an die Arbeitnehmer auszahlen kann.

Die Gesetzesnovelle stärkt die Arbeitnehmerrechte, und ich kann für meine Fraktion sagen, dass wir dem Beschluss die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

17.42


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Jun­ker zu Wort. – Bitte.

 


17.42.42

Bundesrätin Anneliese Junker (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte vorausschicken, dass über 80 Prozent der Unternehmen im Baugewerbe ihre Mitarbeiter ordnungsgemäß anmel­den und ihre Beiträge an die Bauarbeiter-Urlaubskasse zeitgerecht und vollständig entrichten. (Bundesrat Mag. Klug: Davon gehen wir aus!)

Es verhält sich aber nicht in allen Fällen so, und es ist auch nicht einzusehen, dass die pflichtbewussten Unternehmer Nachteile erleiden müssen, die durch unbedeckte An­sprüche entstehen.

Durch die Novelle wird ein neues, strengeres und besseres Kontrollsystem für die Bau­arbeiter-Urlaubskasse im Interesse der Betriebe und der Arbeitnehmer geschaffen. Die 16 neuen oder abgeänderten Bestimmungen der Bauarbeiter-Urlaubskasse, der BUAK, geben jene Werkzeuge in die Hand, die nötig sind, um jene schwarzen Schafe in der Bauwirtschaft zu erwischen, die nicht ordnungsgemäß den richtigen Lohn an die Arbeitnehmer und die nicht die richtigen Beiträge beziehungsweise Abgaben an die Bauarbeiter-Urlaubskasse, an die Gebietskrankenkasse und an das Finanzamt zahlen.

Die BUAK darf jetzt auf Baustellen kontrollieren und hat Zugang zu den KIAB‑Daten. Bisher hatte sie nur Zugriff auf die Daten der Gebietskrankenkasse. Auch die Arbeit­nehmer haben die Möglichkeit, ihre Anmeldungen bei der BUAK zu überprüfen und nachzufragen, ob die Beiträge ordnungsgemäß einbezahlt wurden. Bis jetzt mussten das manche tun, weil sie über ihre Betriebe nicht Bescheid wussten, geschweige denn, dass sie wussten, wie die Firma überhaupt heißt. Viele dieser GesmbHs führen nämlich nicht einmal einen Familiennamen, sondern schießen wie giftige Schwam­merln aus dem Boden und verschwinden auch genauso schnell wieder. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Klug.)

Das sind auch nicht die Unternehmen, die wir vertreten und die wir uns wünschen! Diese verzerren ja auch die Wettbewerbsfähigkeit – denn ein Unternehmer, der alles abliefert und ordnungsgemäß bezahlt, kann keine so niedrigen Preise anbieten, son­dern er muss ordnungsgemäß anbieten –, und solchen Unternehmen stehen wir nicht zur Verfügung! Diese Unternehmen werden durch dieses Gesetz jetzt schneller an die Kandare genommen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Mag. Klug: Sehr gut!)


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 153

Wir wollen nicht, dass die Arbeitnehmer bestraft, aber auch die Unternehmer und letzt­lich die Volkswirtschaft geschädigt werden.

Es gibt jetzt auch eine verbesserte Auszahlungsmöglichkeit. Früher lief es ganz normal ab: Die Arbeitnehmer hatten Anspruch, der Arbeitgeber hat angesucht, die Geldmittel wurden auf ein Konto überwiesen und ausbezahlt, die Lohnabgaben wurden entrichtet. Für die Unternehmen, die Rückstände hatten, wurde zwar eingereicht, und der Unter­nehmer hat dann den Betrag bekommen, den er in die Lohnverrechnung aufnehmen muss, er musste dann aber wieder an die BUAK schreiben, welche Lohnabgaben abzuziehen sind, und die BUAK hat den Nettobetrag an die Arbeitnehmer überwiesen. Da ist es aber natürlich vorgekommen, dass gewisse schwarze Schafe die Lohn­abga­ben nicht an das Finanzamt und nicht an die Gebietskrankenkasse gezahlt haben, geschweige denn dass sie die Beiträge an die BUAK bezahlt hätten.

Gemäß der neuen Regelung gehen die Zahlungen direkt von der BUAK an die Arbeit­nehmer und auch an die öffentlichen Körperschaften, und daher kann nicht der Schaden entstehen, der vorher für alle entstanden ist.

Ich glaube, dieses Gesetz bietet einerseits dem Arbeitgeber, der ordentlich zahlt, Schutz, andererseits aber auch dem Arbeitnehmer, der schneller und ordnungsgemäß zu seinem Geld kommt. Beide Teile haben ihren Vorteil, und auch die Wettbewerbs­fähigkeit der Unternehmen wird durch dieses Gesetz gestärkt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.46


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.

 


17.47.03

Bundesrat Efgani Dönmez (ohne Fraktionszugehörigkeit, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Ausschuss wurde ausführlich darüber debattiert, und es wurden auch Zahlen genannt, die ich jetzt noch kurz einbringen möchte.

Im betreffenden Jahr wurden 877 Firmen untersucht, die eine Berichtigung durchführen mussten. 80 Firmen haben eine Anzeige erhalten. Es hat leider Gottes 3 000 Geschä­digte gegeben, der wirtschaftliche Schaden beläuft sich, monetär beziffert, auf 2,8 Mil­lionen €.

Wie meine Kollegin schon ausgeführt hat, kann es nicht sein, dass Firmen, die ihre Beiträge ordnungsgemäß entrichten und alles sozusagen so machen, wie es sich gehört, zum Handkuss kommen, wenn die anderen nicht einzahlen. Dadurch werden Leute doppelt geschädigt: Einerseits fließt kein Geld in den Topf, und andererseits können die Arbeitnehmer, wenn sie nicht selbst innerhalb von acht Monaten draufkom­men, dass sie überhaupt nicht angemeldet wurden, keine Ansprüche mehr geltend machen.

Ich habe aus dem Ausschuss mitgenommen, dass es ganz wichtig ist, dass man die Bauarbeiter informiert, dass sie nachfragen sollen, ob sie bei der BUAK gemeldet worden sind, um solche Fälle zu verhindern und eine doppelte Kontrolle zu gewähr­leisten. Es ist dies eine Verbesserung, und daher werden wir diesem Gesetz auch so zustimmen. (Beifall bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit sowie bei Bundes­räten von ÖVP und SPÖ.)

17.48

17.48.20

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 154

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

17.49.1820. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Heimarbeitsgesetz 1960 und das Arbeitsverfassungsgesetz geändert werden (206 d.B. und 247 d.B. sowie 8157/BR d.B.)

 



BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 155

Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nun zum 20. Punkt der Ta­ges­ordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Lugsteiner. – Ich bitte um den Bericht.

 


17.49.34

Berichterstatterin Juliane Lugsteiner: Frau Präsidentin! Herr Minister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Heimarbeitsgesetz 1960 und das Arbeitsverfassungsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

17.50.01 Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

17.50.4221. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialver­siche­rungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kran­ken- und Unfallversicherungsgesetz und das Dienstgeberabgabegesetz geändert werden (3. Sozialrechts-Änderungsgesetz 2009 – 3. SRÄG 2009) (197 d.B. und 243 d.B. sowie 8158/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nun zum 21. Punkt der Ta­ges­ordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Lugsteiner. – Ich bitte um den Bericht.

 


17.50.52

Berichterstatterin Juliane Lugsteiner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

17.51.20

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.

Wortmeldungen hiezu liegen keine vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

17.51.4422. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche, das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die altkatholische Kirche und das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die israelitische Religionsgesellschaft geändert werden (159 d.B. und 256 d.B. sowie 8150/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Nunmehr gelangen wir zum 22. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Grimling. – Ich bitte um den Bericht.

 


17.51.57

Berichterstatterin Elisabeth Grimling: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren des Bundesrates! Der Bericht des Ausschusses für Unterricht, Kunst und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche, das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die altkatholische Kirche und das Bundesgesetz über finanzielle Leis­tungen an die israelitische Religionsgesellschaft geändert werden, liegt Ihnen schriftlich vor. Daher verzichte ich auf die Verlesung und komme gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 21. Juli 2009 in Verhandlung genommen.

Der Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 156

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Hladny. – Bitte.

 


17.53.31

Bundesrätin Waltraut Hladny (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Beschluss des Nationalrates befasst sich mit der Änderung des Bundesgesetzes über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche, des Bundesgesetzes über finanzielle Leistungen an die altkatholische Kirche und des Bundesgesetzes über finanzielle Leistungen an die israelitische Religions­gesellschaft. Es geht dabei um wiederkehrende Leistungen an Kirchen und Religions­gemeinschaften.

In der NS-Zeit, ab dem Jahr 1938, wurde den Kirchen und Religionsgemeinschaften praktisch das gesamte Vermögen entzogen. Österreich hat sich im Staatsvertrag von Wien verpflichtet, den Rechtszustand vor dem 13. März 1938 wiederherzustellen beziehungsweise finanziell Abgeltungen dort vorzunehmen, wo eine Wiederherstellung nicht mehr möglich war.

Aus diesem Grunde wurde 1960 mit dem Heiligen Stuhl ein Vermögensvertrag geschaffen. Die Abgeltung der Geldminderung beträgt in den Jahren 1996 bis 2007 23,95 Prozent oder 284 372 € und ist im Bundesvoranschlag 2009/2010 bereits berück­sichtigt.

Ich weise darauf hin, dass dies keine Subvention, sondern eine gesetzliche Verpflich­tung ist. Wir stimmen diesem Antrag zu. (Beifall bei der SPÖ.)

17.55


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dr. Schnider. – Bitte.

 


17.55.08

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Hladny hat bereits die wesentlichen Eckpunkte genannt. Ich möchte im Anschluss an das, was Sie jetzt in Ihren letzten Sätzen formuliert haben, erstens darauf hinweisen, dass es hiebei nicht darum geht, dass der Staat die Religionsgemeinschaften und Kirchen erhält und irgendwelche direkten finanziellen Unterstützungen vornimmt, sondern dass es lediglich um die gesetzliche Pflicht geht, die in diesem Vertrag von Wien 1960 festgelegt wurde.

Punkt zwei: Alle anderen Unterstützungen laufen sehr klar und deutlich. Es gibt indirekte Unterstützungen, nämlich steuerliche Absetzbarkeiten von Beiträgen, zum Bei­spiel betreffend den Kirchenbeitrag, sowie die Befreiung von unterschiedlichen Steuern wie Körperschaftsteuern et cetera, und es gibt natürlich auch klare Unter­stützungen betreffend jene Bereiche, wo diese Religionsgemeinschaften und Kirchen etwas für die Gesellschaft einbringen. Es sind dies unterschiedliche Bereiche, etwa die soziale Betreuung, das Bildungswesen, das Spitalswesen, Denkmalschutz et cetera.

Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass diese Gemeinschaften gerade im Zusammenhang mit dem Bildungswesen, ob das jetzt Kindergärten, Privatschulen oder die Fakultäten betrifft, sehr viel einbringen. Deshalb gibt es hier auch Unterstützungen. Ich denke jetzt etwa an die theologischen Fakultäten. Wichtige Beiträge gibt es selbstverständlich auch im karitativ-sozialen Bereich.

Ich möchte auch noch darauf hinweisen, dass in einem weiteren Tagesordnungspunkt auch noch die Berichte des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten zu behan­deln sind und in diesen das Abkommen und die Wertänderung im Zusammenhang mit der katholischen Kirche und dem Heiligen Stuhl enthalten sind. – Ich glaube, das sollte


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 157

man hier gleich mit erwähnen, weil diese zwei Pakete meines Erachtens zusammen­gehören. Ich meine, das dient dem Verständnis des jetzt behandelten Pakets, in dem nur die evangelische und die altkatholische Kirche und die israelitische Religions­gemeinschaft erwähnt sind. Ich halte es für ganz wichtig, das als Ganzes zu sehen.

Ich möchte sagen, dass das ein ganz richtiges und wichtiges Signal ist, und zwar nicht nur betreffend die gesetzliche Verpflichtung, sondern weil diese Religionsgemein­schaf­ten einen wesentlichen Beitrag für die Gesellschaft leisten, und zwar gerade hin­sichtlich der aufgezählten Bereiche. Ich meine, wir müssen uns das auch in Zukunft erhalten. Meines Erachtens ist es ein wesentliches Charakteristikum der Kultur, dass sich gerade solche Institutionen auf unterschiedlichen Ebenen mit einbringen. Ich denke, da sollte man sehr vorsichtig sein!

Auch das möchte ich hier erwähnen. Es gab im Nationalrat eine große Debatte darüber, was eine kirchliche Gemeinschaft mit ihren Kirchenbeiträgen tut. – Ich meine, man sollte sehr gut darauf achten, ob man hier nicht manche völkerrechtlichen Dinge zerstört oder nicht ganz im richtigen Lot sieht. Es wissen ja alle, worüber ich spreche. Kollege Stadler hat gesagt, dass alles nur freiwillig sein soll. Dazu möchte ich zum Schluss einen Punkt erwähnen: Wenn man per Gesetz sagt, dass die Kirchen den Kirchenbeitrag nur freiwillig hereinholen dürfen, dann sind zum Beispiel die paritäti­schen Grundprinzipien nicht gewährleistet. Dann können nämlich die anderen Reli­gions­gemeinschaften sehr wohl verpflichtend etwas einheben, die Kirche hingegen nicht.

Das heißt, man muss sich solche Dinge sehr genau anschauen, bevor man hier irgendwelche Beschlüsse fasst. Das möchte ich hier auch noch anbringen, weil ich glaube, dass es sich in diesem Zusammenhang nicht nur um gesetzliche Verpflichtungen auf Grund von Verträgen handelt, sondern dass das auch für unser kulturelles Zusammenleben etwa betreffend Bildung und das Spitalswesen et cetera wichtig ist.

Ich erinnere sehr gerne auch immer an den konfessionellen Religionsunterricht, betreffend welchen wir hier in Zukunft sicherlich noch einige Debatten führen werden, auf die ich mich jetzt schon sehr freue. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.59


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Schennach zu Wort. – Bitte.

 


17.59.35

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister in Vertretung der Frau Bundesministerin! Auch ich schließe mich im Wesentlichen der Vorrednerin/dem Vorredner an und mache vielleicht noch eine Extrabemerkung.

Es geht genau genommen um den Artikel 26 des Staatsvertrages. Das ist keine Vermischung von Staat und Kirche – dazu bekennen wir uns ja alle, dass das nicht zu vermischen ist –, sondern es geht hier um jene sozialen Aufgaben, bildungsmäßigen Aufgaben, karitativen Aufgaben, welche die Kirchen übernehmen, das heißt, sie erbringen eine Leistung für die Gesellschaft, und diese wird entsprechend honoriert.

Zur Diskussion, die mein Vorredner, Kollege Schnider, betreffend die Kirchensteuer angeschnitten hat: Wir wissen, aus welcher Zeit sie stammt. Es ist möglich, darüber zu diskutieren, aber eher, finde ich, hinsichtlich der Wahlmöglichkeit des Einsatzes der Mittel. Du weißt, wie ich weiß, dass es zum Beispiel eine Zeit lang möglich war, in der katholischen Kirche 50 Prozent des eigenen Kirchenbeitrags zweckzuwidmen. Ich denke, wir sollten auch darüber diskutieren, dass jene, die einen Kirchenbeitrag


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 158

zahlen, ihn auch lieber zahlen, wenn sie eine leichte Gestaltungsmöglichkeit bei der Leistung des Kirchenbeitrages haben. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Schnider.)

Kollege Schnider, es wird gerade zurückgerudert in dieser Frage, wie du vielleicht auch den Medien entnommen hast, dass das eben seit einigen Monaten nicht mehr in jeder Diözese geht und dass das, was man vor allem in den achtziger Jahren erarbeitet hat – da ging es vor allem um die entwicklungspolitische Dimension, um die Selbst­besteu­erung und so weiter –, derzeit zurückgenommen wird.

Eine Bemerkung möchte ich aber, Frau Präsidentin, über diesen Tagesordnungspunkt hinaus, aber trotzdem haarscharf am Thema dran, noch machen. Derzeit liegt ein Verfahren vor, eine bestimmte Religionsgemeinschaft in Österreich als offizielle Reli­gionsgemeinschaft anzuerkennen, das ist die Religionsgemeinschaft der Aleviten.

Es ist eine relativ große Gruppe, die in Österreich lebt, die aus dem Bereich der Levante – Türkei, Syrien, Libanon – kommt. Die Wurzeln dieser Religionsgemeinschaft liegen beim Propheten Ali, der in einer Moschee ermordet wurde, weshalb die Moschee für die Aleviten auch eine sogenannte feindliche Institution ist. (Präsident Preiner übernimmt wieder den Vorsitz.)

Die Aleviten kennen wir heute als eine Religionsgemeinschaft, die im Islam verwurzelt ist, aber von allen Religionen gespeist wird, sowohl vom Christentum als auch vom Hinduismus als auch von allen großen Religionen. Ich bezeichne sie immer als jene Religionsgemeinschaft, die im Islam wurzelt und am stärksten bereits die Aufklärung vollzogen hat. Das bedeutet, wenn uns der Dialog zwischen Christentum und isla­mischer Welt gelingen will, dann sind die Aleviten mit Sicherheit das größte und das wichtigste Scharnier.

Sehr viele leben in Österreich, es ist eine relativ große Gruppe – zum Beispiel gehört der Großteil der Kurden dazu –, und sie praktizieren ihre Religion in sogenannten Kulturhäusern, da sie ja die Moschee als feindlich betrachten und diese nicht betreten.

In der Türkei gehören sie nicht zur geförderten Religionsgemeinschaft und haben auch erhebliche Probleme, ihrem Glauben nachzugehen, aber sie machen ungefähr 45 Prozent der Bevölkerung der Türkei aus.

Ich halte es wirklich für wichtig, diese Religionsgemeinschaft in Österreich anzuer­kennen und die Chance zu sehen, mit einer doch dem Islam sehr nahen und aufgeklärten Religionsgemeinschaft in diesen Dialog einzutreten und ihre Kulturein­richtungen ebenfalls als religiöse Kultureinrichtungen zu begreifen. – Danke. (Allge­meiner Beifall.)

18.04

18.04.20

 


Präsident Erwin Preiner: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 159

18.05.1123. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern geändert wird (660/A und 298 d.B. sowie 8151/BR d.B.)

 


Präsident Erwin Preiner: Wir kommen nun zum 23. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Grimling. – Ich bitte um den Bericht.

 


18.05.33

Berichterstatterin Elisabeth Grimling: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Der Bericht des Ausschusses für Unterricht, Kunst und Kultur über den Beschluss des National­rates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern geändert wird, liegt Ihnen schriftlich vor; daher verzichte ich auf die Verlesung und komme gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 21. Juli 2009 in Verhandlung genommen.

Der Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Erwin Preiner: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Blatnik. Ich erteile es ihr.

 


18.06.39

Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Gospod president! Herr Minister! Gospod minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Drage kolegice in kolegi! Wir sprechen heute über die Anpassung des Buchpreisbindungsgesetzes, welche nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 30. April 2009 erforder­lich wurde.

Mit dieser Novelle kommt Österreich einerseits seiner gemeinschaftsrechtlichen Ver­pflichtung nach, gleichzeitig aber garantiert uns diese Novelle die Vielfalt der Verlags- und Buchlandschaft, und sie garantiert uns vor allem auch das Buch als Kulturgut.

Die Vielfalt der Verlags- und Buchlandschaft, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, gewährleistet uns die Versorgung der Bevölkerung mit Büchern. Erlauben Sie mir aber, dass ich in meiner Rede auf das Kulturgut Buch eingehe, weil es mir besonders wichtig ist.

Das Buch als Kulturgut hat einen Wert, hat einen kulturellen Wert und hat einen Bil­dungswert. Ein Buch zu lesen bedeutet für mich aber auch Entspannung, Genuss, Gemütlichkeit, Erholung, sich einer guten, schönen Sprache zu erfreuen. Ein Buch ist für mich ein Wertgegenstand, den ich pflege, und ein Buch ist für mich auf keinen Fall ein Ding, das man mittels ebay oder amazon und anderer Anbieter gleich wieder zu Geld machen kann oder es vielleicht in die Altpapiertonne entsorgt. Bücher haben einen kulturellen Wert und sind nicht nur Handelsware.

Es geht bei diesem Gesetz, das habe ich schon am Anfang erwähnt, um die Vielfalt der Buchlandschaft und um das Kulturgut Buch, und in dieser Novelle sind diese beiden Punkte garantiert. Deswegen werden wir selbstverständlich und gerne zustimmen.

(Die Rednerin setzt ihre Ausführungen in slowenischer Sprache fort.) – Danke. Hvala. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.09



BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 160

Präsident Erwin Preiner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Schnider. Ich erteile es ihm.

 


18.09.25

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Blatnik, du hast mir aus der Seele gesprochen, was ein Buch ist, und deshalb, glaube ich, brauche ich zu diesem Punkt Kulturgut überhaupt nichts mehr zu sagen. Es ist wirklich so, und ich kann das auch aus eigener Erfahrung sagen, nicht nur, weil ich ein großer Buchleser bin, sondern weil ich selbst seit 20 Jahren einen Verlag betreibe.

Ich stimme dem voll und ganz zu, dass es eine Preisbindung geben muss, nicht nur für die Bücher, die es in Österreich gibt, denn für die haben wir ja schon im Jahr 2004 die Preisbindung gesetzlich fixiert. Schon damals haben wir mit vereinten Kräften darum gekämpft, und ab jetzt gilt diese Preisbindung auch für die Produkte, die aus dem Ausland kommen. Ist das nämlich nicht einheitlich geklärt, so gibt es ein Dumping betreffend den Preis.

Es gibt bei 700 000 Buchtiteln 70 000 Neuerscheinungen in einem Jahr, und da ist meiner Ansicht nach eine Konkurrenz zwischen Titeln und Inhalten, Autorinnen und Autoren besser als eine das Preisniveau betreffend.

Als Verleger und somit Wirtschaftstreibender muss ich sagen: Ein Drittel – das belegen Studien – der Buchhändlerinnen und Buchhändler müssen zusperren, wenn es diese Preisbindung nicht gibt.

Ich denke, wir sind uns schon einig: Der Internet-Händler Amazon.de oder Amazon.com und Amazon.at ersetzt keine reale Buchhandlung. (Beifall der Bun­desrätin Blatnik.) Denn die wirklichen Neuerscheinungen, das möchte ich schon sagen, die liegen in einem guten Buchhandel, egal, wo er ist, auf. Darin zu blättern und sich zu überlegen: Nehme ich das Buch oder nicht?, das kann mir nur der Buchhändler gewährleisten und niemals das Internet, denn da bekomme ich zwar die Auflistung, was es für Bücher gibt, aber darin blättern darf ich nicht. Wenn ich viel bekomme, dann eine Seite.

Mittlerweile machen manche Buchhändler das so wunderbar, dass es schon ein literarisches Café daneben gibt, sodass man den ganzen Vormittag selbst in einem Buch lesen kann, welches man dann nicht kauft, und man kann es, wenn man ein rascher Leser ist, zumindest zur Hälfte aus- beziehungsweise anlesen. (Allgemeine Heiterkeit.) Ich möchte damit aber eher dazu raten, sich das Buch anzuschaffen, aber wenn es einem nicht zugesagt hat, dann eben nicht.

In dem Zusammenhang ist auch noch wichtig zu betonen: Wichtige Bücher würden dann nicht mehr herauskommen, und vor allem die jungen Autorinnen und Autoren hätten keine Chance, etwas zu publizieren.

Ein Signal in Richtung Förderung österreichischer Verlage und Autorinnen und Auto­ren möchte ich auch noch geben, denn ich denke, das sollten wir auch auf unserer Ebene vorantreiben. Auf der einen Seite die Stärkung des Buchhandels, aber auf der anderen Seite nicht die Möglichkeit außer Acht zu lassen – was zum Beispiel auch im Nationalrat von Frau Kollegin Cortolezis-Schlager angesprochen wurde –, bezüglich Schulbücher und Verlage, die ja teilweise nicht mehr in österreichischer Hand sind, zumindest bestimmte Forderungen zu stellen, damit es zu Förderungen von jungen Autorinnen und Autoren kommt.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 161

Ich betone das so im Zusammenhang mit der Preisbindung, weil gerade die Autorinnen und Autoren von dem Letztpreis leben, das heißt, je niedriger der Preis ist, umso weniger bekommen die Autorinnen und Autoren. Diejenigen, die arriviert sind, machen sich vorher mit dem Verlag einen ordentlichen Preis aus – das ist denen wurscht, wie viele verkauft werden, ob 100 oder 10 000 Bücher, weil die schon vorher sagen: Das bin ich wert. Aber bei den jungen Autorinnen und Autoren, wenn sie überhaupt ein Honorar bekommen und nicht sogar darum kämpfen müssen, dass sie das Buch überhaupt publizieren können – das muss man auch dazusagen –, hängt das letztlich vom, wie man es immer so schön sagt, Nettoladenpreis ab.

Das – damit man das auch weiß – spielt sich zwischen 4 und 5 Prozent für die ganz Jungen ab. Für die, die wirklich gut verhandelt haben, sind es bei 10 bis 11 Prozent. Nur damit wir auch einmal wissen, um wie viel Geld es dabei geht. (Bundesrat Mag. Klug: Ich habe 10 Prozent gehabt!)

Wenn ein Buch 19,80 € kostet, dann weiß man, wenn man tausend Bücher verkauft hat – und das ist bei uns schon eine hohe Auflage für junge Literatinnen und Lite­raten –, wie viel die daran verdienen können. Das sind dann, wenn ich es richtig hochrechne, vielleicht 1 000 €. Da können Sie sich ungefähr vorstellen, wo das Limit von so einem Verdienst ist. – Herzlichen Dank! (Allgemeiner Beifall.)

18.13


Präsident Erwin Preiner: Nächste Wortmeldung: Herr Bundesminister Stöger. – Bitte.

 


18.13.47

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh, dass ich zu diesem Thema heute Frau Bundesminister Dr. Claudia Schmied vertreten darf, weil ich selber auch die Auffas­sung vertrete, dass diese Buchpreisbindung ein wichtiges Element der Kultur in Öster­reich ist, gerade im Umgang mit der Vielfalt der Bücher, mit der Vielfalt des Austausches.

Ich möchte, auch im Auftrag der Frau Bundesministerin, dem Parlament, sowohl dem Nationalrat als auch dem Bundesrat, Danke sagen, dass es möglich geworden ist, schnell zu handeln, aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes schnell eine Änderung zustande zu bringen, dass wir beiden Aufgaben gerecht wer­den: dem österreichischen Zweck, nämlich Vielfalt zuzulassen, jungen Autorinnen und Autoren eine Chance zu geben, und andererseits auch unsere Verpflichtung gegen­über der Europäischen Union wahrzunehmen. Ich bedanke mich dafür. (Allgemeiner Beifall.)

18.14

18.14.20

 


Präsident Erwin Preiner: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


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18.15.3324. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz (12. FSG-Novelle) und die Straßenver­kehrsord­nung 1960 geändert werden (221 d.B., 180 d.B. und 257 d.B. sowie 8139/BR d.B. und 8171/BR d.B.)

 


Präsident Erwin Preiner: Wir kommen nun zum 24. Punkt der Tagesordnung.

Ich verabschiede sehr herzlich Herrn Bundesminister Stöger und begrüße bei uns im Bundesrat Frau Bundesministerin Bures. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Berichterstatterin zum gegenständlichen Tagesordnungspunkt ist Frau Bundesrätin Vladyka. Ich ersuche um den Bericht.

 


18.17.00

Berichterstatterin Christa Vladyka: Sehr geschätzter Herr Präsident! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz (12. FSG-Novelle) und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden, vorbringen.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor; ich darf daher auf die Verlesung verzichten und gleich zur Antragstellung kommen.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmeinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Erwin Preiner: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ertl. Ich erteile es ihm.

 


18.17.10

Bundesrat Johann Ertl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Meine Damen und Herren! Wir werden dieser Novelle unsere Zustimmung deshalb verweigern, weil darin auch die Verkehrs­strafen enthalten sind, wobei bei diesen eine kräftige Erhöhung beschlossen wird.

Als Motivation und Begründung dafür wird angegeben, auch EU-Bürger in deren Heimat verfolgen zu können. Es kann aber nicht sein, dass wegen weniger EU-Bürger – das liegt vielleicht im Promillebereich – alle Strafen auch für alle Österreicher verteuert werden. Außerdem funktioniert eine Verfolgung im Heimatstaat nicht. Es funktioniert nicht bei Verwaltungsstrafen.

Ich begrüße aber die Gebührenfreiheit bei der Neuausstellung des C- und D-Führer­scheins und bei der Weiterbildung der Berufskraftfahrer. Das sind positive Maß­nahmen.

Wir würden uns aber solche Maßnahmen auch bei Behinderten wünschen, die lediglich befristete Führerscheine haben. Die Regelung solcher kleinen Punkte, die, wie bei den Behinderten, notwendig wären, wird leider immer vergessen.

Auffallend ist die Erhöhung der Strafen insbesondere bei Schnellfahrern unter dem Motto der Verkehrssicherheit. Jeder neue Verkehrsminister schaut darauf, unmittelbar nach seinem Amtsantritt die Strafen für Alko-Lenker und Schnellfahrer so rasch wie möglich zu erhöhen.

Jetzt wurde ein neuer Trick gefunden, um die Strafen erhöhen zu können: Wir müssen auch die Ausländer in deren Heimatstaat bestrafen. Damit sich die Strafe rechnet,


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müs­sen wir diese erhöhen. Dieser Trick, die Ausländer zu bestrafen, wurde durch die Presse bekannt gemacht. Viele Österreicher haben sich dabei gedacht: Das ist gut.

Diese Ausländer gehören natürlich auch bestraft. Dass aber diese hohen Strafen auch für die Österreicher Geltung haben werden, werden diese erst in den nächsten Tagen erfahren. (Bundesrat Konecny: Sind Sie fürs Schnellfahren und fürs Saufen?)

Bei einer Geschwindigkeitsübertretung werden Strafen von mindestens 70 € aus­gesprochen, je höher die Übertretung, desto höher wird die Strafe sein, bis schluss­endlich der Führerscheinentzug ansteht.

Interessant dabei ist, dass es mittlerweile fast in jeder Ortschaft eine 30-km/h-Beschränkung aus Gründen der Verkehrssicherheit gibt. Dabei spielt es aber keine Rolle, wie gut die Straße ausgebaut ist. (Bundesrat Konecny: Wenn sie schlecht ausgebaut ist, kann man eh nicht schneller fahren! – Bundesrat Ing. Bock: Zur Sicherheit der Kinder!)

Bei einer jahrzehntelangen Gültigkeit von 50 km/h sind es die Kraftfahrzeuglenker gewohnt, diese Geschwindigkeit auch zu fahren, wie dies unter Einhaltung der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs und ohne Gefährdung von Personen und Sachen möglich ist. Plötzlich flattern jedoch Briefe ins Haus, aus denen ersichtlich ist, dass eine Geschwindigkeitsübertretung begangen wurde und dann gleich eine Strafe von mindestens 70 € verhängt wird. Das halte ich für eine reine Abzocke der Verkehrs­teilnehmer.

Natürlich wird auch eine Erhöhung der ohnehin schon existenzgefährdenden Strafen bei Übertretungen kommen, die wegen Alkoholisierung ausgesprochen werden, auch wenn nichts passiert ist. (Zwischenruf des Bundesrates Konecny.) Ich glaube, dass die Meinung vorherrscht, diese Schwerverbrecher gehören alle eingesperrt und rigoros zur Verantwortung gezogen.

Aber so, meine Damen und Herren, ist es nicht! Die Strafen sind alle hoch genug. Wenn etwas passiert, dann hat der Betroffene noch weit höhere Strafen, insbesondere auch Gerichtsstrafen zu erwarten. Das finde ich gut so! (Bundesrat Konecny: Und der andere ist tot!)

Die oftmalige Erhöhung der Geldstrafen hat es bis jetzt auch nicht verhindert, dass Fahrzeuglenker auch im betrunkenen Zustand ein Fahrzeug lenken, und das würde es auch in Zukunft nicht verhindern, egal, wie hoch die Strafen werden würden. Aber im Falle dessen, dass nichts passiert ist, muss dem Lenker doch noch eine Chance gegeben werden. (Bundesrat Konecny: Weiterzusaufen!) Es kann doch nicht so sein, dass Existenzen vernichtet werden, obwohl nichts passiert ist. (Bundesrat Konecny: Herr Kollege, das ist ein Skandal, was Sie da sagen!)

Der Einbrecher, der Dieb und der Kinderschänder bekommen doch auch eine Chance. (Zwischenruf des Bundesrates Kainz.) Der große Verbrecher in Österreich darf nicht unter den Falschparkern und Schnellfahrern gesucht werden, sondern dieser muss unter den Dieben, Einbrechern und Betrügern gesucht werden.

Die Einhebung einer Sicherheitsleistung bei ausländischen Kraftfahrern wird abge­schafft. Das finde ich auch nicht richtig! Im Gegenzug werden von Landes- und Polizeikommanden Befehle erlassen, damit möglichst viel an Strafgeld eingehoben wird. Die Polizisten werden auf die Straße geschickt, um so viel wie möglich an Strafen zu kassieren – nicht, um für die Sicherheit gegen kriminelle Elemente zu sorgen, nein, um Strafen für Verwaltungsübertretungen zu kassieren. Hier geht es nur mehr um Geldbeschaffung. Das dient der Sicherheit in keiner Weise. Unsere Polizisten sollen und müssen auf die Straße – aber um Verbrechen zu verhindern und nicht um Autofahrer abzukassieren.


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Vernünftiger wäre es gewesen, auf zweispurigen Autobahnen ein Lkw-Überholverbot einzuführen, damit der Kampf der Giganten auf Österreichs Autobahnen endlich auf­hört. Mit dieser Gesetzesänderung für angeblich mehr Verkehrssicherheit auf Öster­reichs Straßen ist ein Abkassiererpaket geschnürt worden, das den heimischen Auto­fahrer trifft.

Positiv hervorheben möchte ich die Mopedausbildung. Diese wird verbessert. Auch andere Punkte kann ich positiv hervorheben. Aber ich bin überzeugt davon, mit diesem Gesetz wurde ein Schritt gesetzt, der nicht zielorientiert und auch nicht praxisnah ist. Es kann damit das verkehrspolitische Ziel, mehr Sicherheit auf Österreichs Straßen zu gewährleisten, nicht erreicht werden. Aber was erreicht werden kann, das sind höhere Strafen und noch höhere Strafen. Der Autofahrer bleibt die Melkkuh der Nation. (Beifall der Bundesrätin Mühlwerth.)

18.24


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stadler. Ich erteile es ihm.

 


18.24.16

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesminister! In der uns heute vorliegenden Gesetzesänderung wird ein ganzes Paket von Maßnahmen für die Verkehrssicherheit auf Österreichs Straßen geschnürt – sicherlich alles Maßnahmen, die für mehr Verkehrssicherheit sorgen werden und die ganz wichtig sind.

Ich verstehe den Kollegen Ertl nicht ganz, wenn er sagt, wen er alles schützen will. (Zwischenruf des Bundesrates Ertl.) Du hast ja schon im Ausschuss diese Einwände vorgebracht beziehungsweise von Abzocke gesprochen. Ich glaube, das kommt draußen gut an, wenn man zur nächtlichen Stunde am Stammtisch sitzt und solche Argumente bringt. Aber ich glaube, wenn man sich die ganze Sache, was die Ver­kehrssicherheit betrifft, ein bisschen durch den Kopf gehen lässt, dann kommt man zu einer anderen Meinung. Mich wundert es, dass gerade du als Exekutivbeamter hier heraußen solche Aussagen machst. Wie gesagt, ich glaube, wenn man sich das durch den Kopf gehen lässt, dann denkt man ein bisschen anders über das Ganze.

Weil du sagst, es werden Existenzen von Schnellfahrern und betrunkenen Autofahrern zerstört, frage ich dich: Hast du schon einmal Überlegungen angestellt, ob man Existenzen zerstört von Leuten, die zum Beispiel bei einer Feier sind, wie es vorige Woche der Fall war, die bei einem Festzug ein Jubiläum feiern, und dann kommt ein Autofahrer, der ein bisschen zu tief ins Glaserl geschaut hat und der leider noch nicht daraus gelernt hat, was es bedeutet, wenn er alkoholisiert fährt, und der in diese Menschengruppe hineinfährt? Bei dem besagten Unfall sind leider auch Tote zu beklagen gewesen, und man weiß noch nicht, welche Konsequenzen die Verletzungen bei den anderen haben werden, ob diese Menschen in Hinkunft eine Behinderung haben werden und vielleicht ein ganzes Leben nicht mehr werden arbeiten gehen können.

Kollege Ertl, hast du dir über die Existenzen dieser Leute noch nie Gedanken ge­macht? Ich finde, diese Sachen, die du hier anführst – ja ich muss mir den Ausdruck dafür ersparen, denn ich will nicht der Erste sein, dem der neue Präsident, Kollege Preiner, einen Ordnungsruf erteilt. Ich weiß nicht, wer es war, ich glaube, Kollege Kneifel, der ganz nahe an einem Ordnungsruf vorbeigeschrammt ist.

Kollege Ertl, du sprichst hier von 30er-Beschränkungen in Ortsgebieten. Ich weiß nicht, willst du jetzt auch die Kompetenz für die Gemeindestraßen in die Hände der Frau


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Bundesministerin legen? Ja, vielleicht einmal etwas anderes. Wie du das dann in der Kommunalpolitik vertrittst, ist deine Sache.

Aber von wem kommen diese 30 km/h-Beschränkungen? Auch von Gemeinde­politi­kerinnen und Gemeindepolitikern, die sonst nichts anderes zu tun haben, als Auto­fahrer abzuzocken? Oder kommt das von Einwohnern, die dort leben, die dort für ihre Kinder einen Freiraum brauchen, die dort ständig unterwegs sind und die im Rahmen von Bürgerinitiativen mit Unterschriftenlisten die Gemeinde auffordern, eine 30er-Beschränkung zu machen?

So sehe ich das auf dem Land draußen! Vielleicht ist es in der Stadt – bei euch in Schwechat oder wo du herkommst – ein bisschen anders. Aber wir leben in den Gemeinden so. Die Gemeinde schaut sich das an und ... (Bundesrat Schennach: In Wien gibt es die meisten Initiativen von Bewohnern auf 30 km/h-Beschränkung! Da gibt es Petitionen und Bürgerinitiativen!)

Danke, Herr Kollege Schennach! Du bestätigst das, was ich jetzt gesagt habe, und damit wird das von mir Gesagte noch verstärkt. (Neuerlicher Zwischenruf des Bun­desrates Schennach.) Ich glaube, wir sollten jetzt nicht das, was schon Kolleginnen und Kollegen in ihren Wortmeldungen hier gesagt haben, in einem Zwiegespräch wiederholen. Du hast schon lobend erwähnt, dass diese Gesetzesänderung aus deiner Sicht auch ein paar positive Zeichen setzt.

Ein weiterer positiver Punkt: Zum Erwerb eines Mopedführerscheins ist in Zukunft mehr Praxis notwendig. Das ist sicher eine gute Sache. Es war bisher schon notwendig, dass neben der Theorieprüfung auch Fahrstunden gemacht werden müssen, jedoch nicht im fließenden Verkehr, sondern auf einem Platz, wo man einen Achter fahren musste, wo man stehen bleiben musste. Neu ist jetzt die Regelung, dass auch diejenigen, die einen Mopedführerschein erwerben wollen, Fahrstunden im fließenden Verkehr machen müssen.

Warum hat man das eingeführt? – Weil die Unfallstatistiken gezeigt haben, dass die Unfälle von Mopedlenkerinnen und Mopedlenkern leider immer mehr zunehmen. Daher musste man entsprechende Taten setzen. Das hängt aber auch damit zusammen, dass immer mehr Mopeds angemeldet werden, weil im ländlichen Raum die öffent­lichen Verkehrsmittel nicht so gut ausgebaut sind, dass jeder leicht zur Schule, zum Arbeitsplatz oder zur Lehrstelle kommt. Daher ist es sehr gut, dass man schon ab dem 15. Lebensjahr fahren darf. Es sind auf dem Land mehr Menschen abhängig davon, einen eigenen fahrbaren Untersatz zu haben. Aber dafür ist eine gute Ausbildung eine wichtige Voraussetzung. Mit dieser Regelung wird jetzt ein richtiger Schritt in diese Richtung gemacht.

 Der nächste Punkt, der mir auch wichtig ist, betrifft die Hochrisikolenker: die Alko­lenker und die Schnellfahrer. Ich sehe das ein bisschen anders als du, Kollege Ertl. Aber in einem Punkt gebe ich dir recht, und zwar bin auch ich der Meinung – und da bin ich sicher nicht alleine –, dass Strafen nicht das Allheilmittel sind. Es muss auch bewusstseinsbildende Maßnahmen geben, und in diese Richtung ist ja auch ein Schritt gesetzt worden, nämlich dass man schon bei Erreichung einer geringeren Promille­grenze – nicht, dass man, wie es ab 1,2 Promille der Fall ist, eine Nachschulung hat – ein sogenanntes Verkehrscoaching hat. Das heißt, es werden die Lenker nicht nach­geschult, sondern man macht sie darauf aufmerksam, was passieren kann, wenn man unter Alkoholeinfluss ein Auto lenkt. Ich glaube, das ist das Wichtigste – nicht das Strafen alleine. Gar nicht zu strafen, so wie es du, Kollege Ertl, es willst, schaut vielleicht gut aus, aber dem kann ich nicht beipflichten, sondern ich will, dass man auch bewusstseinsbildende Maßnahmen setzt.


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Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich nur ganz kurz ein Beispiel bringen, was bei uns in Oberösterreich sehr gut geregelt ist. Es ist in manchen Bezirken schon einge­führt, in manchen Bezirken befindet es sich noch im Aufbau, und zwar ausgehend vom Bezirk unseres Kollegen Kraml, wo es heute schon installiert ist, nämlich ein Jugend­taxi, mit dem man aus Mitteln vom Verkehrsressort des Landeshauptmann-Stell­vertreters Erich Haider gemeinsam mit Mitteln jener Gemeinden, die sich entschlossen haben, da mitzutun, Jugendlichen im Alter von 16 bis 20 Jahren ermöglicht, um einen bestimmten Betrag im Jahr praktisch gratis mit dem Taxi zu fahren. Mit diesem Angebot wird Jugendlichen gezeigt, dass es außer dem Lenken unter Alkoholeinfluss beziehungsweise dem Fahren mit dem eigenen Auto noch etwas anderes gibt, um zu einem Fest zu kommen. Das ist zum Beispiel eine bewusstseinsbildende Maßnahme, die genauso wichtig ist wie die Strafen.

Mein letzter Punkt, der mir ganz wichtig ist, ist das Sichern von Kindern im Auto. Wenn laut Statistik jedes fünfte Kind, das im Auto mitfährt, nicht gesichert ist, gibt es da großen Handlungsbedarf. Viele Erwachsene, die Kinder im Auto mitführen und nicht sichern, sind sich, glaube ich, der Gefahr, der sie ihre Kinder aussetzen, oft gar nicht bewusst. Auch diesbezüglich wird es zu Maßnahmen kommen.

Ich danke der Frau Minister für dieses Maßnahmenpaket, das geschnürt wurde – nicht zum Abzocken, wie es der Kollege Ertl gesagt hat, sondern zur Erhöhung der Ver­kehrs­sicherheit. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)

18.33


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Mitterer. Ich erteile es ihm.

 


18.33.39

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Frau Bundesministerin! Auch wir werden dieser Gesetzesnovelle nicht zustimmen – nicht aus den gleichen beziehungsweise ähnlichen Motiven wie der Vorredner von der FPÖ, wobei ich ihm schon zubillige, dass er eher emotionell argumentiert und sich daher bisweilen missverständlich artikuliert hat und vielleicht nicht alles so gemeint hat. (Bundesrat Stadler: Aber im Ausschuss war es auch schon so!) Er spricht aus Erfahrung, er ist an der Front. Er müsste eigentlich von seinem Beruf her dafür plädieren, dass die Strafen noch höher ausfallen sollten, hat es aber nicht getan. (Bundesrat Ertl: Für die Einbrecher!)

Die Straßenverkehrsordnung wird ständig anzupassen sein. Es gibt in der letzten Zeit immer mehr Zulassungen von Autos und von Mopeds. Aufgrund dessen steigen natürlich auch die Unfallzahlen. Es gibt eine Verschärfung der Sanktionen für die Lenker, die alkoholisiert fahren. Unfälle aufgrund von Alkohol am Steuer ist ein Thema, das man jeden Tag in der Zeitung liest. Das ist traurig, aber es ist so.

Auch die Anhebung der Obergrenze von Strafverfügungen bei Geschwindigkeits­über­schreitungen wird notwendig sein.

Aber dieses Paket enthält noch einige andere Dinge. Aus unserer Sicht ist es positiv, dass bei Führerscheinentzug im A-, B- und F-Sektor der davon Betroffene auch kein Leichtkraftfahrzeug mehr lenken darf. Das ist ganz wichtig. Darauf haben sich viele verlassen: Führerschein weg, und dann ein Leichtkraftfahrzeug her, und dann ist man trotzdem wieder weitergefahren und hat eigentlich ähnlich die Leute gefährdet wie davor.

Auch die Gebührenfreiheit bei Fortbildung, wenn man den Führerschein für die Aus­übung seines Berufes braucht, ist positiv.


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Negativ meines Erachtens ist, dass zwar die Grenze für Schnellfahrer nach oben gegangen ist, aber zu wenige Maßnahmen getroffen werden in den Bereichen be­wusst­seinsbildende Maßnahmen und Aufklärung; das hat auch mein Vorredner er­wähnt.

Abgesehen davon – und das habe ich schon einmal hier an diesem Rednerpult gesagt – gibt es keinerlei Gleichstellung der Österreicher, die im Ausland fahren, wie zum Beispiel ich, der ich viermal im Jahr mit meinem Auto nach Straßburg fahre – es gibt da ein Abkommen; ich werde dort bestraft, wenn ich zu schnell fahre –, mit Bür­gern anderer Staaten, die in Österreich fahren.

Wenn man auf der Wörthersee Autobahn, die zurzeit eine Baustelle ist, fährt – 80 km/h im ganz engen Bereich –, wird man von Italienern, Ungarn, Polen überholt mit 110 oder 120 km/h. Die wissen, dass sie in Österreich dafür nicht bestraft werden können, die wissen das ganz genau. Da können wir noch so oft die Strafen erhöhen, die wissen ganz genau, dass sie nicht zur Kassa gebeten werden.

Deshalb gibt es die Forderung von uns: mehr Exekutive auf die Straße! Aber nicht nur zur Prävention und zur Verhinderung von Vergehen und Verbrechen, sondern auch, um alle, die eine Verkehrsübertretung begehen, an Ort und Stelle abzustrafen, denn das ist die einzige Maßnahme. Wenn du einen Italiener beim Schnellfahren direkt erwischt und kassierst, dann wird er das nächste Mal dort nicht mehr schnell fahren.

Der nächste Punkt ist, dass wir einen einheitlichen Strafkatalog in Österreich brauchen. Es gibt nach wie vor Unterschiede. Der sollte im Rahmen der Europäischen Union europaweit angeglichen werden. Das ist eine Forderung von uns, die noch nicht erfüllt ist. Deshalb werden wir auch dieser Straßenverkehrsordnungsänderung nicht zustim­men. (Beifall des Bundesrates Mag. Ebner.)

18.37


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Bundesrätin Greiderer. Ich erteile es ihr.

 


18.37.24

Bundesrätin Elisabeth Greiderer (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde es jedenfalls sehr erfreulich, dass wir dieses umfassende Maßnahmenpaket für mehr Schutz und Sicherheit im Straßenverkehr nun zur Umsetzung bringen.

Ich meine, es ist unsere Pflicht, alles nur erdenklich Mögliche dazu beizutragen, die Verkehrssicherheit so zu erhöhen, dass jeder Verletzte oder Tote im Straßenverkehr einer zu viel ist. Wir müssen alles tun, was möglich ist, um das zu erreichen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Es befremden mich, Herr Kollege Ertl, ein bisschen Ihre Redebeiträge. Ich weiß nicht, wie Sie das sehen, wenn Sie von Alkolenkern sprechen und sagen: Es ist ja ohnehin nichts passiert! Ich weiß nicht, sind Sie Hellseher oder was? Wissen Sie immer vorher schon, ob nichts passiert? (Bundesrat Ertl: Im Nachhinein weiß ich es!) Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Aber lassen wir das. Ich glaube, Sie haben da einiges nicht ganz verstanden. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Ertl.) Sie müssten sich ein bisschen genauer mit dieser Thematik befassen.

Dass mit der 12. FSG-Novelle gegen Alko-Lenker und Raser vorgegangen wird, ist gut und richtig. Wichtig ist auch, dass endlich auch die ausländischen Raser zur Kasse gebeten werden können, wenn sie bereits das Land verlassen haben. Es ist tatsächlich so: Auch auf der Inntal Autobahn in Tirol sieht man die Autolenker mit den aus­ländischen Kennzeichen vorbeirasen, während wir Österreicher die Geschwindigkeits-


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be­schrän­kungen aufgrund des IG-Luft einhalten. (Weiterer Zwischenruf des Bun­desrates Ertl.)

Ich bin seit 28 Jahren Fahrschullehrerin und seit 21 Jahren selbständige Fahrschul­unternehmerin. Erlauben Sie mir als Expertin, hier noch ein paar Bemerkungen oder Anregungen zu diesem Thema zu machen!

Was die Alkolenker betrifft, so werden, meine ich, höhere Verwaltungsstrafen allein nicht viel mehr bringen. Als Prävention ist hier zwar das Verkehrscoaching angedacht; was genau man aber darunter versteht und wer welche Inhalte dann vermitteln wird, das ist sicher noch sehr genau zu klären und zu definieren.

Wichtig aus meiner Sicht ist die Bewusstseinsbildung bei der Jugend, aber auch die Vorbildwirkung, die wir alle täglich auf die Jugend ausüben, indem diese sieht, wie wir uns verhalten. Ich kann aus meiner Erfahrung aus der Fahrschule sagen, dass Visualisieren, Beispiele zeigen ganz wichtig ist, denn die gehen so unter die Haut. Wir haben ganz tolle Filme, die wir unseren Schülern zeigen, die nicht im Lehrplan sind.

Da gibt es zum Beispiel diesen Clip auf YouTube – ich weiß nicht, wer ihn gesehen hat –, die wahre Geschichte der Jacqueline. Das ist so erschütternd! Man sieht einen jungen, feschen Mann, der mit dem Auto fährt; auch sie fährt, mit zwei Freunden. Er ist alkoholisiert, hat ein paar Bier zu viel getrunken.

Es kommt zu einem schweren Verkehrsunfall, das Auto der anderen brennt aus. Die zwei Freunde von Jacqueline kommen ums Leben; sie überlebt mit schwersten Ver­brennungen und sieht eigentlich heute noch aus wie eine lebende Mumie und hat nur Schmerzen. – All diese Geschichten gehen wirklich unter die Haut, das muss man sich einmal auf YouTube anschauen! Ich denke, wenn man solche Dinge in der Ausbildung macht, in der Schule, hat das einen Effekt.

Wir haben uns auch einen Film, der X-periment heißt, vom ADAC Deutschland besorgt. Der ist ganz interessant, da gibt es zwei Handlungen: Der Film fängt in beiden Fällen gleich an, nur einmal machen sie es richtig, trinken keinen Alkohol und fahren mit dem Taxi, im zweiten Fall wird etwas getrunken und es folgt ein schwerer Unfall. Dann sieht man, wie die jungen Leute zur Beerdigung gehen und einer, der vorher ein toller Fußballer war, im Rollstuhl zum Fußballplatz geschoben wird. – Also, diese Dinge gehen wirklich unter die Haut, und ich würde mir wünschen, dass wir da mehr tun.

Da ein Kollege vorhin die Gelder des Verkehrssicherheitsfonds angesprochen hat: Beim nächsten Tagesordnungspunkt betreffend die 30. KFG-Novelle gehen wir ja auch auf die Erhöhung des Verkehrssicherheitsbeitrages für Wunschkennzeichen von 145 € auf 200 € ein. Man muss sagen, der Staat nimmt damit sehr viel Geld ein, in den Ländern liegt da sehr viel drin!

Ich bin zum Beispiel als Fachvertreterin der Kraftfahrschulen auch in diesem Verkehrs­sicherheitsfonds drinnen, wodurch ich sehe, welche Maßnahmen, welche Ideen da beraten werden. Aber leider Gottes, muss ich sagen, gehen wir schon ein bisschen mit der Gießkanne vor, und deswegen ist zu überlegen, ob man nicht länderübergreifend – oder auch in den Bundesländern separat – nicht mit Gießkannenmaßnahmen handelt, sondern vielleicht Videospots, Filme dreht, die man Fahrschulen, Schulen, allen mög­lichen Institutionen zur Verfügung stellen kann, wodurch man eben nicht nur bestraft, sondern auch in die Prävention investiert.

Auch die Maßnahmen zur Sicherung der Kinder finde ich sehr gut und wichtig, vor allem, Frau Bundesministerin, dass Sie auch dahin gehen, dass man dem Babypaket Informationen für die Eltern beilegt, dem Mutter-Kind-Pass Informationen beigibt, denn es ist so: Ich glaube, viele Eltern wissen zum Teil schon, wie gefährlich das ist, aber ich denke, manchmal ist es einfach uncool, etwas zu sagen, oder die Eltern setzen sich


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nicht durch, weil die Kinder sich nicht angurten lassen wollen. – Also alles, was man diesbezüglich beitragen kann, ist gut und wichtig.

Zu guter Letzt freut es mich ganz besonders, dass aufgrund der steigenden Unfall­zahlen bei Mopedlenkern mit dieser Novelle nun endlich die Mopedausbildung praxis­orientierter wird und die Vorschriften rund um den Mopedausweis endlich vereinheit­licht werden, denn die Fahrschulen an sich wollten das immer schon. Man hat sich gefragt: Was ist der Unterschied zwischen einem 15-Jährigen und einem 16-Jährigen? Können es die einen schon und die anderen nicht, denn die einen haben für die Ausstellung des Ausweises nur eine Theorieprüfung gebraucht, und die anderen, mit 15, haben acht Theorie- und sechs Fahrstunden gebraucht?

Und, wie gesagt, diese Fahrstunden fanden nur am Übungsplatz statt – sie sind nur im Kreis gefahren! Viele haben es vorher schon irgendwo gelernt, und wenn wir das angeboten und gesagt haben: So, wir fahren auf der Straße, das kostet aber jetzt ein bisschen mehr, war die Antwort: Nein, das wollen wir nicht. Wir können das schon. – Deswegen: Gott sei Dank, dass es im Gesetz steht! Ich glaube, man hat sich da wirk­lich Gedanken gemacht.

Ich sehe ein, es muss für die Jugendlichen auch leistbarer sein: Da Einzelfahrten mehr Geld kosten als eine Gruppenfahrt, hat man gesagt, man nimmt es von der Theorie weg und tut es bei der Praxis dazu, und es ist auch möglich, mit zweien zugleich aus­zufahren. – Das, muss ich sagen, ist aus unserer Sicht eine sehr gute Sache. Ich weiß, dass die Regelung damals auch deswegen so gestaltet wurde, damit die Verkehrs­clubs ebenfalls diese Ausbildung anbieten können, aber zumal jetzt eine Lösung gefunden wurde, dass auch diese die Ausbildung auf der Straße machen können, ist es gut.

Nur ein Beispiel: Wenn man mit jugendlichen Mopedfahrern im Verkehr fährt, was tun diese, allein beim Rechtsabbiegen? – Sie scheren zuerst links aus und biegen dann rechts ab! Wenn da ein Autofahrer links vorbeifährt, kommt es zu gefährlichen Situ­ationen. Man muss den Jugendlichen das richtige Einordnen, das Linksabbiegen, das Rechtsabbiegen, das Beschleunigen, das Verzögern, das richtige Schauen, wie man den Helm zumacht, all diese Dinge zeigen. – Da kann ich nur sagen, das ist gut und richtig, und es freut mich sehr.

Das Einzige, das ich noch anmerken oder als Anregung mitgeben möchte, ist Folgen­des: Was ich als Mangel empfinde, ist die Feststellung der körperlichen und geistigen Eignung für den Mopedführerschein oder das Lenken von Microcars oder was auch immer, denn es ist so: Man braucht nur in eine Fahrschule zu gehen und selbst zu unterschreiben, dass man für sich selbst entscheidet, dass man sich in einem einwand­freien körperlichen und geistigen Zustand befindet, während man bei jeder anderen Führerscheingruppe eine amtsärztliche oder ärztliche Untersuchung, ein Gutachten, braucht, das attestiert, dass man geeignet ist.

Wenn jemand zum Beispiel sehr schlecht sieht oder sonst nicht geeignet ist, kann es einmal eine Lücke geben, und deswegen würde ich persönlich diese schließen, denn ich bin der Meinung, dass, wenn sich jemand, egal, mit welchem Fahrzeug, mit einem Ausweis – einem Mopedausweis oder einem Führerschein – in den Straßenverkehr begibt, er sich nicht selbst attestieren kann, dass er körperlich und geistig dazu geeignet ist. Ich würde mir wünschen, dass auch da ein ärztliches Attest beizubringen ist.

Alles in allem finde ich, dass das gute Maßnahmen sind. Außerdem: Zwar steigen die Unfallzahlen laut Statistik nicht, sondern sie sinken, aber, wie schon gesagt wurde, ist jeder schwer oder leicht Verletzte oder Tote einer zu viel.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 170

Ich kann nur sagen: Damit die Tendenz weiter in diese Richtung geht, werden wir alle zusammenhelfen, um diese Maßnahmen erfolgreich umzusetzen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesräte Schennach und Dönmez.)

18.46


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. Ich erteile es ihr.

 


18.46.34

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte nur ganz kurz auf Folgendes eingehen: Ich habe zwar die Rede des Herrn Kollegen Ertl versäumt, aber ich habe ihn im Ausschuss erlebt (Bundesrat Mag. Klug: Das war angeblich das Gleiche!) – na, dann passt es ja –, die Geschichte von wegen Alkohol und Strafen nur dann, wenn es zu Unfällen kommt (Bundesrat Mag. Klug: Ja!) und ansonsten wäre es ja nicht so wichtig und eine Abzocke.

Ich möchte da einmal Folgendes klarstellen: Alkoholkonsum an sich ist kein Ver­brechen; Alkoholkonsum und sich dann hinter das Steuer zu setzen, ist für mich an sich schon ein Verbrechen, weil man damit das Risiko eingeht, jemanden zu verletzen, der nichts dafür kann. Deshalb gehört es schon da bestraft (Bundesrat Ertl: Das wird bestraft!) und deshalb bin ich auch sehr froh, dass da die Strafen jetzt angehoben wurden.

Betreffend das, was Frau Kollegin Greiderer vorhin gesagt hat von wegen Information und auch diese abschreckenden Bilder: Diese hat es auch bei uns vor Jahren sehr häufig im Fernsehen gegeben. (Bundesrat Schennach: Das stimmt! – Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) Inzwischen vermisse ich das ein bisschen, und ich glaube, das könnte man tatsächlich wirklich intensivieren. Das ist etwas, das man noch ein bisschen im Kopf behält und woran man vielleicht denkt, wenn man etwas getrunken hat und sich dann überlegt, ob man sich doch ins Auto setzt. Denn es sind ja nicht nur die Jugendlichen! (Beifall der Bundesrätin Mag. Rausch.)

Es ist nicht so, dass sich Erwachsene nach überhöhtem Alkoholkonsum deswegen nicht ins Auto setzen, weil sie so vernünftig sind, sondern sie lassen sich oft davon abhalten, weil sie denken: Ich will mich nicht von der Polizei erwischen lassen! Aber sie denken viel zu selten daran, was passieren kann, was sie anstellen können, wenn sie einfach alkoholisiert fahren: Dann haben sie nicht die notwendigen Reaktionszeiten, und das sollte man berücksichtigen. Deshalb ist es meiner Meinung nach ganz, ganz wichtig, dass es auch strafbar ist, wenn man sich alkoholisiert hinter das Steuer setzt und keinen Unfall hat. (Bundesrat Perhab: Aber im ländlichen Raum, mit was soll man denn fahren?) – Genau darauf wollte ich jetzt auch noch hinaus.

Herr Kollege Stadler hat vorhin auch schon etwas erwähnt von Alternativen und von Autobussen. – Ich war gestern bei einer Präsentation der ASFINAG betreffend die Weinviertler Schnellstraße, und ich war positiv überrascht, dass dort jetzt nicht der Vollausbau als Verkehrssicherungsmaßnahme gesehen wird, sondern erst einmal zu schauen, dass man das Tempo der Fahrzeuge herunterbekommt, und auch zu schauen, dass man darauf hinweist, dass man auf dieser Strecke nicht alkoholisiert fahren soll. Denn dies ist eine Strecke, wo generell sehr viele Unfälle passieren, aber überdurchschnittlich viele Unfälle aufgrund überhöhter Geschwindigkeit – auf einer Straße, wo man einen Hunderter fahren darf, wird man durchschnittlich 120 Stun­den­kilometer gefahren – und es ist eine Strecke, wo sehr viele Unfälle passieren, weil die Leute alkoholisiert unterwegs sind – ländliches Gebiet, und man hat keine Möglichkeit, anders heimzukommen.


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Ich kann mich noch daran erinnern, dass es bei genau dieser Straße eine strategische Umweltprüfung gab – Strategische Prüfung Verkehr heißt sie wirklich –, und im Ergeb­nis dieser strategischen Prüfung ist schon gestanden, dass das Optimum eigentlich nicht der Vollausbau, sondern drei Streifen plus massiver Ausbau des öffentlichen Verkehrs ist.

Ich denke, das ist ein Punkt, den man in diesem Zusammenhang wirklich nicht über­sehen darf! Man braucht gerade im Kampf gegen Alkohol am Steuer Alternativen: Wenn die Leute fortfahren und sie trinken etwas, dann müssen sie irgendwie heimkom­men, auch ohne Auto und dafür muss gesorgt werden! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Das ist auch in Niederösterreich, auch im weiten Land, möglich, und ich denke, man darf nicht übersehen, dass das noch dringend nachgeholt werden sollte. (Beifall der Bundesräte Schennach, Dönmez und Zangerl sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

18.49


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Bures. Ich erteile es ihr.

 


18.50.20

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass wir mit der heutigen Beschlussfassung ein Verkehrssicherheitspaket schnüren, das einen Schritt weiter zu mehr Sicherheit auf Österreichs Straßen führen soll. Ich bedanke mich auch für die Diskussion, die stattgefunden hat, weil man daran gesehen hat, dass dieses Paket von einer Mehrheit des Hauses getragen wird, dass wir heute Maß­nahmen beschließen, mit denen wir ein klares Bekenntnis dazu ablegen, dass ein Verhalten im Straßenverkehr, durch das man sich selbst, aber vor allem auch unschul­dige Menschen, gefährdet, kein Kavaliersdelikt ist und dass wir auch alle gesetzlichen Maßnahmen ergreifen und alles unternehmen, damit wir einen Rückgang der Zahl der Verkehrsunfälle, einen Rückgang der Zahl der Menschen, die im Straßenverkehr verletzt werden, erreichen.

Ich möchte an dieser Stelle nur ein paar Zahlen ergänzen, damit man weiß, wovon wir hier sprechen: Es gibt im Jahr fast 40 000 Unfälle, es gibt jährlich über 50 000 Men­schen, die im Straßenverkehr verletzt werden, es gibt jedes Jahr 679 Menschen, die ihr Leben auf Österreichs Straßen verlieren. (Bundesrat Mag. Klug – auf Bundesminis­terin Bures weisend –: Kollege Ertl! – Gegenruf des Bundesrates Ertl.) – Ich denke, dass wir uns, eben wenn wir diese Zahlen kennen, anschauen müssen, wo die Risikogruppen sind und wo wir etwas unternehmen können, um menschliches Leid, das damit auch verbunden ist, hintanzuhalten.

Die Risikogruppen sind klar: Rasen und Alkohol am Steuer, das sind die zwei Haupt­gründe. Sie müssen sich Folgendes vorstellen: Vier bis fünf Mal pro Woche stirbt ein Mensch auf Österreichs Straßen, weil er von einem Raser „über den Haufen gefahren wird“, einmal pro Woche stirbt ein Mensch auf Österreichs Straßen, weil er mit einem alkoholisierten Autolenker konfrontiert wird. Ich glaube, das ist Grund genug, dass wir alles Mögliche dagegen unternehmen – und dazu gehört beides: Das eine ist, mit höheren Strafen zu verdeutlichen: Das ist kein Kavaliersdelikt!, und das Zweite, das mir auch wichtig ist, sind alle Maßnahmen der Bewusstseinsbildung, die notwendig sind.

Wir haben die Möglichkeit der Verkehrscoachings. Wir wissen, dass sich bei vielen Menschen, die, weil sie alkoholisiert Auto gefahren sind, dann ein Verkehrscoaching besucht haben, wirklich im Bewusstsein etwas verändert hat, und daher bin ich froh, dass wir in diesem Paket bei alkoholisierten Autolenkern ab 0,8 Promille – auch schon


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beim ersten Überschreiten – solch ein Verkehrscoaching vorzuschreiben, um auf die Gefahren, denen man sich aussetzt, wirklich hinzuweisen.

Ich bin auch dankbar für die Anregungen, was Bewusstseinskampagnen betrifft. Ich habe vor, im Herbst eine begleitende Verkehrssicherheitskampagne – weil ab Herbst wird dieses Gesetz in Kraft treten – durchzuführen. Und hier habe ich viele eingeladen, Partner dieser Kampagne zu sein, damit das eine wirklich sichtbare Kampagne wird und sich dadurch im Verhalten der Menschen auch etwas ändert.

Zur Diskussion, was die Frage der Strafhöhen betrifft: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin der Auffassung, dass es, wenn wir sagen, wir führen mit dieser StVO-Novelle eine Mindeststrafe bei Rasen ein – und da reden wir davon, dass das eine Überschreitung von 30 km/h über der vorgeschriebenen Geschwindigkeitsbegrenzung sein muss, das bedeutet, es fährt jemand im Ortsgebiet mit 80 km/h; nur damit man weiß, wovon man spricht (Zwischenruf des Bundesrates Ertl) –, nicht überzogen ist, eine Mindeststrafe von 70 € für jene einzuführen, die so verantwortungslos sind, dass sie im Ortsgebiet mit 80 km/h durch den Ort rasen.

Also ich denke, das ist eine Höhe, von der man sagen muss, dass man mit ihr rechnen muss, wenn man sich so im Straßenverkehr verhält und andere Menschen gefährdet. Ich glaube, das ist eine ganz richtige Maßnahme, die heute hier auch beschlossen werden soll. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesräte Kerschbaum und Zangerl.)

Im Mittelpunkt steht, dass wir das Verhalten ändern wollen, und nicht die Frage der Einnahmen, die, das kann ich Ihnen sagen, ja sowieso nicht im BMVIT verbleiben. Das heißt, das ist sicher nicht mein Motiv! Mein Motiv ist, alles zu tun, um die Verkehrs­sicherheit zu erhöhen – aber es gibt noch einen zweiten Aspekt, den ich auch wichtig finde.

Wir haben auch, ich glaube, es war bei der letzten Sitzung des Bundesrates, die Frontfotografie beschlossen. Und wir haben das deshalb gemacht, weil wir gesagt haben: Es kann nicht sein, dass ausländische Raser sozusagen ungestraft davonkom­men, dass sie nur bestraft werden, wenn man sie gleich erwischt – da ist das nämlich sowieso geregelt –, sondern sie müssen auch bestraft werden, wenn die Strafverfol­gung im Ausland stattfinden soll.

Dafür brauchen wir Grundlagen: Wir brauchen die Frontfotografie, denn sonst haben wir nicht die Möglichkeit, diese Verfolgung zum Beispiel auch in Deutschland durchzu­führen – das wurde beschlossen, diese Basis ist gelegt –, und wir brauchen jetzt Mindeststrafen, weil es so etwas wie eine Bagatellgrenze gibt, und diese ist durch die 70 € überschritten. Das heißt, wir schaffen damit die Voraussetzung dafür, dass die Strafverfolgung für Rasen auch im Ausland ermöglicht wird.

Natürlich braucht es jetzt die Abkommen, die das Außenministerium schließt, und wir brauchen die Umrüstung der Radarboxen, für die das Innenministerium zuständig ist, aber wir arbeiten in der Regierung konzentriert und gemeinsam daran. (Zwischenruf des Bundesrates Ertl.) Wir haben in der StVO die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen, und nun rüsten wir sozusagen auch in allen anderen Bereichen nach, weil uns das wichtig ist.

Ich möchte noch ganz kurz einen zweiten Punkt, was die Risikogruppen betrifft, er­wähnen, das ist die Gruppe der Mopedfahrer – sie wurden ja auch in der Debatte angesprochen –: Es werden jährlich 45 000 Mopedführerscheine an vor allem junge Menschen ausgestellt. Und da haben wir gesehen, dass 60 Prozent der Unfälle von Mopedfahrern in den ersten sechs Monaten passieren. Das war der Beweis dafür, dass es an Praxis fehlt, und es wurde ja positiv erwähnt, dass wir mit dieser Novelle


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vorsehen, dass man jetzt auch zusätzlich zwei Stunden Fahrpraxis im Straßenverkehr absolvieren muss – auch mit dem Bemühen, dafür zu sorgen, dass es für junge Menschen dadurch zu keiner Kostenexplosion kommt.

Das Dritte, das mir ganz wichtig ist und wofür ich mich auch bei diesem Paket sehr engagiert habe, sind Maßnahmen zur Sicherung unserer Kinder im Straßenverkehr. Es verunglücken im Straßenverkehr mehr Kinder im Auto als außerhalb des Autos, das heißt, die Frage der Kindersicherung im Auto ist eine ganz zentrale Frage. Wir werden Kinder-Sicherheitsseminare einführen, um das Bewusstsein der Eltern zu schärfen und ihnen zu zeigen, mit welcher Fliehkraft ein Kind durch das Auto geschleudert wird und wie sie selbst bei nur ganz geringen Geschwindigkeiten aufprallen.

Wir haben uns darum bemüht, die Informationen an die werdenden Eltern, auch was die Sicherung ihrer Babys im Auto betrifft, mit dem Mutter-Kind-Pass und den Baby­paketen zielgerichtet zu verbreiten. Diesbezüglich hätte ich nur noch eine Bitte. Wir konnten das noch nicht in allen Bundesländern erreichen. Diese Babyboxen, die jun­gen Eltern überreicht werden, sind Pakete und Aktivitäten der Bundesländer. Mit einem Teil der Bundesländer bin ich noch immer in Gesprächen, da kann ich jede Unterstützung dahin gehend brauchen, dass es gut wäre, wenn neben den Windeln und dem Strampler oder Ähnlichem auch noch solch eine Informationsbroschüre in diese Box gelegt wird.

Grundsätzlich möchte ich mich für die konstruktive Diskussion bedanken und gehe nach den Redebeiträgen davon aus, dass die Novelle auch die Mehrheit findet. Und ich wünsche mir wirklich, dass es uns mit diesen Maßnahmen gelingt, im österreichischen Straßenverkehr in Zukunft das eine oder andere Leid zu verhindern. – Danke vielmals. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesräte Kerschbaum und Zangerl.)

18.58

18.58.10

 


Präsident Erwin Preiner: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung noch ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

18.59.0025. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 174

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (30. KFG-Novelle) (220 d.B., 90 d.B. und 262 d.B. sowie 8172/BR d.B.)

 


Präsident Erwin Preiner: Nun kommen wir zum 25. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist ebenfalls Frau Bundesrätin Vladyka. – Ich ersuche um den Be­richt.

 


18.59.14

Berichterstatterin Christa Vladyka: Sehr geschätzter Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (30. KFG-Novelle).

Der Bericht liegt ohnehin in schriftlicher Form vor; ich darf daher auf seine Verlesung verzichten und gleich zur Antragstellung kommen.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Erwin Preiner: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stadler. Ich erteile es ihm.

 


19.00.10

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Diese Novelle zum Kraftfahrgesetz soll den Autofahrerinnen und Autofahrern ein gewisses Service bieten in puncto Zulassungsschein – nämlich gegenüber dem Papierformat; aber dazu wird Herr Kollege Konecny noch etwas sagen.

Ein weiterer Punkt, der mir wichtig ist – ich habe ihn schon in meinen Ausführungen zum vorhergegangenen Tagesordnungspunkt angesprochen –, ist die Erhöhung des Verkehrssicherheitsbeitrages von Wunschkennzeichen von 145 € auf 200 €. Dieser Betrag ist seit 20 Jahren unverändert geblieben, aber angesichts der Tatsache, was mit diesem eingehobenen Verkehrssicherheitsbeitrag im Sinne der Verkehrs­sicher­heits­maßnahmen unternommen wird, ist diese Erhöhung, meine ich, für uns alle eine vertretbare Maßnahme.

Frau Kollegin, Sie haben vorhin gesagt, dass der Verkehrssicherheitsbeitrag nach dem Gießkannenprinzip verteilt wird. – Ich kann Ihnen nur sagen, dass der Verkehrssicher­heitsbeitrag in Oberösterreich von Landeshauptmann-Stellvertreter Erich Haider ver­wal­tet wird beziehungsweise dass dieser das Geld ausgibt, das er durch die Wunsch­kennzeichen bekommt, und dass das bei uns in Oberösterreich nicht nach dem Gießkannenprinzip erfolgt, sondern wirklich Maßnahmen unterstützt werden, die zur Verkehrssicherheit beitragen. Eine Sache, die da unterstützt wird, ist das Jugendtaxi – auch dieses habe ich in meiner vorhergegangenen Rede schon angesprochen. Das ist eine sinnvolle Unterstützung und eine sinnvolle Verwendung von Steuergeld.

Weiters erfolgt mit dieser Novelle die Umsetzung der Rahmenrichtlinie für die Geneh­migung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bau­teilen und selbständigen technischen Einheiten für Fahrzeuge in innerstaatliches Recht.

Ein Punkt, den ich zum Schluss noch ansprechen möchte: Die Berechtigung, mit Blaulicht zu fahren, wird in dieser Novelle auch neu geregelt. Dabei geht es um die rechtliche Erlaubnis. Alle im Sanitätsgesetz genannten Rettungsdienste dürfen in Zukunft mit Blaulicht fahren, ohne vom jeweiligen Landeshauptmann eine individuelle Bewilligung zu erhalten. Das wird, wie gesagt, auch neu geregelt.

Es sind dies sicher sinnvolle Änderungen, denen wir gerne zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

19.03


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Kainz. – Bitte.

 


19.03.17

Bundesrat Christoph Kainz (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit dieser 30. Novelle zum Kraftfahrgesetz setzen wir einerseits eine EU-Rahmenrichtlinie in nationales


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 175

Recht um, andererseits werden erforderliche Klarstellungen in der Vollzugspraxis geschaffen. Ich denke, das ist ein Schritt auch für mehr Sicherheit und mehr Verwal­tungseffizienz.

Ich möchte auf ein paar Beispiele in diesem Gesetz eingehen. Dieses Gesetz regelt – das wurde bereits von meinem Vorredner erwähnt – die Erhöhung des Verkehrs­sicher­heitsbeitrages bei den Wunschkennzeichen. Gerade aus niederösterreichischer Sicht kann ich auf ein sehr gelungenes Projekt verweisen, nämlich auf die Nachtbus­initiative, die von Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll als unserem Verkehrsreferenten initiiert wurde. Waidhofen an der Thaya hat bereits – wie auch andere Bezirke – solch ein erfolg­reiches Modell.

Dass die Fahrräder, die eine höchstzulässige Leistung von 600 Watt haben, zukünftig nicht als Kraftfahrzeuge, sondern als Fahrräder betitelt sind, trägt vielleicht dazu bei, dass dieses Verkehrsmittel noch interessanter wird, und ist damit vielleicht auch ein Beitrag zum Klimaschutz. Auch in meiner Gemeinde ist es mittlerweile schon fast in, sich mit solch einem Fahrrad, das elektrisch betrieben ist oder unterstützt wird, in der Gemeinde zu bewegen.

Ein weiterer Punkt ist die Ausnutzung der Tonnage bei der Beförderung von Rund­holztransporten und Rohmilchtransporten. Ich denke, dass das sehr vernünftig ist, weil es sich in der Praxis einfach so bewährt hat.

Neu geregelt werden auch das Fahren mit Blaulicht für Rettungsorganisationen, der Zulassungsschein im Chipkartenformat und vieles mehr. Auch die Erhöhung der Organstrafverfügung bei Geschwindigkeitsüberschreitungen halte ich für eine Maßnahme, die der Verkehrssicherheit zweifellos dient, da Geschwindigkeitsüber­schrei­tung die häufigste Unfallursache ist.

Es sind dies vernünftige, richtige und notwendige Gesetzesänderungen, denen wir gerne unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ sowie des Bundesrates Mitterer.)

19.05


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Professor Konecny. – Bitte.

 


19.05.51

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Gestatten Sie, dass ich zunächst vielleicht ein wenig vom Thema abweiche und – den älteren Politikern sollte das erlaubt sein – ein bisschen philosophiere über Gestaltung in der Gesellschaft.

Politik und Verwaltung geben Normen vor oder versuchen das zumindest, und sie versuchen dann, sie durchzusetzen. Und dabei gibt es grundsätzlich zwei Ansätze, die einander nicht ausschließen.

Ich kann versuchen, aktiv, weil ich mir das wünsche, aus guten gesellschaftspolitischen Gründen, durch Verwaltungsmaßnahmen, durch gesetzliche Bestimmungen das Ver­halten von Menschen zu beeinflussen. Der vorhergegangene Tagesordnungspunkt ist ein gutes Beispiel dafür: Es werden Strafen erhöht, weil es gesellschaftlich nicht wün­schenswert ist, dass Alkolenker ihre Mitbürger über den Haufen fahren, und wir hoffen, mit diesem Beschluss das gesellschaftliche Verhalten, das Normverhalten beeinflussen zu können.

Auf der anderen Seite entwickelt sich die Gesellschaft auch in Bereichen, in denen wir solche Maßnahmen nicht setzen. Und hier – ich habe mich beim Kollegen Stadler dafür zu bedanken, dass er mir die Behandlung des Zulassungsscheins im Chipkartenformat überlassen hat – geht es darum, dass man es, wenn die Verwaltung, wenn die Politik


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 176

ein Verhalten vorschreibt – und den Zulassungsschein sollte man ja ebenso wie den Führerschein tunlichst bei sich führen –, den Menschen nicht übertrieben schwer machen soll.

Vor mehr als einem Jahrzehnt ist – nicht durch die Politik bedingt – hier eine histo­rische Entscheidung – im Wesentlichen von den Geldinstituten, aber auch von den Kreditkartenfirmen und von jeder Firma, die eine Kundenkarte vergibt –, eine Format­entscheidung getroffen worden. Die Card, damals haben wir noch „Scheckkarte“ dazu gesagt, ist einfach das Standardformat, das wir in vielfältiger Ausfertigung irgendwo herumliegen haben oder mit uns führen. Wir führen sie nicht im Plastiksackerl mit uns, wir haben sie in der Geldbörse, wir haben sie in einem Etui.

Diese Überlegung hat mich vor mehr als einem Jahrzehnt zu der Frage geführt – auch wissend, dass es so etwas wie einen technologischen Fortschritt gibt und Chips –, ob es nicht eine Zumutung für den Bürger ist, dass er unzählige Karten in diesem Format, aber einen großen Lappen, den Zulassungsschein, und einen kleinen Lappen, den Führerschein, mit sich tragen soll – diese sprengen jedes Format.

Das war eine gute, aber offensichtlich etwas vorzeitige Idee. Der erste Minister, den ich mit der Idee den Führerschein betreffend konfrontiert habe, hat mich wissen lassen, das ginge schon deshalb nicht, weil auf einer Scheckkarte keine Stempelmarke Platz habe. Tempora mutantur. Es hat also lange gedauert, und ich habe mich mit zahl­reichen Ministern auseinandergesetzt, die auch hundert Argumente gefunden haben, warum man das nicht machen kann, aber wir haben natürlich den Scheckkarten­führer­schein.

Wir haben inzwischen auch einen Personalausweis in diesem Format – du (in Richtung des Bundesrates Mag. Himmer) hast auch einen, ich auch. Und jedes Mal, wenn ich wegfliege, zücke ich ihn stolz und schaue mir die Riesenlappen der Deutschen an. Also es geht doch!

Beim Zulassungsschein war es auch nicht so einfach. Ich habe aus meiner reich­haltigen Sammlung von Anfragen an wechselnde Bundesminister nur ein paar mitge­nommen. Sie waren zum Teil außerordentlich vergnüglich. Also ein Argument – ich sage auch nicht dazu, wer es war, es ist historisch schon gleichgültig, es ist ihm nur Österreich zu klein (Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP – Bundesrat Mag. Himmer: Wir wissen es eh!); ja, ich bekenne mich dazu –: Da steht so viel drauf, das kann man nicht auf einer Scheckkarte unterbringen! – Na ja, das war fast so intelligent wie das mit der Stempelmarke.

Inzwischen gibt es eben Lesegeräte, aber das konnte der Herr Minister damals nicht ahnen. Es hat lange gedauert.

Das letzte Nein, das mir diesbezüglich zugekommen ist, ist noch nicht so lange her, es ist aus dem Jahr 2006. (Bundesrat Mitterer: Das wird von Frau Bures sein!) – Nein, nein, mit den letzten beiden Inhabern dieser Funktion bin ich sehr zufrieden, das sage ich dazu. Der Dank kommt dann am Schluss.

Gorbach – Entschuldigung, jetzt habe ich es ohnehin schon verraten – hat mich dann noch wissen lassen, dass man die vielen wichtigen Daten ja so groß drucken muss, dass Polizisten sie lesen können. Das ist auch ein Argument dafür, dass man keine Scheckkarte verwenden kann.

Herr Bundesminister Faymann war nicht von vornherein begeistert, das sage ich auch ehrlicherweise dazu. Aber er hat immerhin schon gewusst, dass es so etwas wie Chips gibt. (Bundesrat Mayer: Chip oder Chips? – Heiterkeit.) Ich sage auch dazu, in der EU ist ja eine Ausstellung im Kartenformat nur zulässig, wenn sie einen Chip enthält, weil das natürlich tatsächlich eine gewisse Datenfülle enthält.


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Es gab dann knapp vor den etwas überraschenden letzten Nationalratswahlen immer­hin einen Entwurf, der auch, glaube ich, schon in Begutachtung gegangen war. Und meine letzte Anfrage, die ich dann schon nicht mehr gestellt habe, sondern da haben wir nur mehr Briefe gewechselt, an die Frau Bundesminister hat mir erfreulicherweise den Abschluss dieses Kreuzzuges ermöglicht. Wir beschließen heute etwas, und irgend­wann ab dem nächsten Jahr wird es das auch wirklich geben, wird das abge­rufen werden können.

Ich danke dafür, unterstreiche aber auch die Ausschussfeststellung, die im Nationalrat getroffen wurde, weil es ja da – anders als beim Führerschein – um eine alternative Möglichkeit geht, nämlich die Bitte, dass tatsächlich nur die echten, technisch beding­ten Mehrkosten dann in Rechnung gestellt werden. Aber es ist dies eine kleine Geste an die Bürgerinnen und Bürger, dass auch solche Alltagsbeschwerden von der Politik ernst genommen werden, und wird mit Sicherheit die Verkehrssicherheit, die Kontrolle gestohlener Autos nicht erschweren, sondern, wie ich zu behaupten wage, eher erleichtern. Daher gehört das zu den vielen, vielen klitzekleinen Fortschritten, die zwar jeder für sich die 8 Minuten, die ich jetzt da investiert habe, nicht wirklich wert sind, aber in der Summe doch eine Erleichterung des Lebens für die Österreicherinnen und Österreicher bedeuten. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesräte Mitterer und Zangerl.)

19.14

19.14.20

 


Präsident Erwin Preiner: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

19.14.4926. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbahngesetz, das Privatbahngesetz 2004 und das Eisen­bahn­gesetz 1957 geändert werden (227 d.B. und 299 d.B. sowie 8173/BR d.B.)

 


Präsident Erwin Preiner: Wir gelangen nun zum 26. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Vladyka. – Ich ersuche um den Bericht.

 


19.15.06

Berichterstatterin Christa Vladyka: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbahngesetz, das Privatbahnge­setz 2004 und das Eisenbahngesetz 1957 geändert werden. Auch dieser Ausschuss­bericht liegt in schriftlicher Form vor; ich darf daher gleich zur Antragstellung kommen.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Erwin Preiner: Danke für den Bericht.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 178

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Stadler. – Bitte.

 


19.15.58

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Minister! Es ist kein Großkampftag, aber als Eisenbahner steht es mir, glaube ich, zu, ein paar Sätze zu dieser Gesetzesänderung zu sagen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Gottfried, ich danke dir, dass ich auch vom ÖVP-Klub die Zustimmung bekomme.

Uns muss bewusst sein, worum es in erster Linie geht, wenn wir von den ÖBB sprechen. Es geht um eines der bedeutendsten Unternehmen in Österreich. (Neuer­licher Zwischenruf bei der ÖVP.) – Auch. Aber ich glaube, in erster Linie bedeuten die ÖBB sehr viel für den Wirtschaftsstandort Österreich. Von großer Bedeutung ist es auch, wenn es uns gelingt, die ÖBB als ökologisches Verkehrsmittel, auch im Sinne des Klimaschutzes, zu stärken.

Besonders wichtig ist meines Erachtens die Frage – darum geht es auch; und wenn ich da schon wieder diese Zwischenrufe höre, erscheint mir die Frage noch wichtiger –: Wie stehen die politischen Entscheidungsträger zum Unternehmen ÖBB und auch zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern?

In den sieben Jahren, die ich hier im Bundesrat mit Freude verbracht habe, habe ich oft den Eindruck gehabt: Die Bedeutung des Unternehmens ist nicht jedem hier im Haus bewusst, auch nicht im anderen Sitzungssaal! Ich denke da insbesondere an das Jahr 2003 zurück, als eine schwarz-blaue Regierung mit ... (Bundesrat Dr. Kühnel: Die ist schon lange vorbei!) – Ja, Herr Dr. Kühnel, vorbei ist sie schon lange, aber damit kämpfen wir heute noch. (Bundesrat Schimböck: Verzeihen, aber nicht vergessen!) Ich glaube, sagen zu können, mit dem falschen Gesetz, das damals beschlossen wurde, hat man das Unternehmen ÖBB auf die falschen Schienen gestellt.

Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie der selbsternannte Oberweichensteller, der damalige Staatssekretär Kukacka – als Oberweichensteller hat er sich selbst oft be­zeichnet –, die ÖBB auf die falschen Schienen gestellt hat. Er ist zwar ein begeisterter Eisenbahnfahrer, aber es ist sicher leichter, in einer Garnitur zu sitzen und von Stellwerksmeistern oder von Leuten, die von der Eisenbahn eine Ahnung haben, eine Weiche stellen zu lassen und in die richtige Richtung zu fahren als selbst die Weichen zu stellen – und dann, wie in diesem Fall, im Jahr 2003, auf das falsche Gleis zu stürzen. (Bundesrat Schimböck: Auf das Abstellgleis!)

Ein zweiter Punkt: Ich habe vor 14 Tagen, am 10. Juli, auf der Galerie der National­ratssitzung beigewohnt, als dieses Bundesbahngesetz, die Strukturreform 2009 disku­tiert wurde. Und da wurde ich leider wieder in meiner Meinung bestätigt, dass es noch immer Abgeordnete einiger Parteien gibt, die aus den Fehlern der Vergangenheit leider noch immer nichts gelernt haben.

Geschätzte Frau Minister, ich danke dir für dieses Gesetz, sage ich ganz ehrlich, denn dieses Gesetz lässt wieder klare Strukturen erkennen und bietet die Möglichkeit einer sinnvollen Weiterentwicklung des Unternehmens ÖBB.

Durch dieses Reformpaket ist es möglich, die Wettbewerbsfähigkeit und vor allem das Leistungsvermögen des Verkehrsträgers Schiene wieder zu stärken.

Das Reformpaket 2009 bedeutet aber auch eine Weiterentwicklung in Richtung einer moderneren und flexibleren Struktur, um für die Zukunft die Produktivität des ÖBB-Konzerns wieder zu erhöhen.

Bei der letzten Sitzung habe ich mich zu einem Punkt zu Wort gemeldet oder als Eisen­bahner fast zu Wort melden müssen. Damals hat ein Kollege – ich glaube, es war


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 179

ein Kollege von der ÖVP – gesagt, er habe Angst um die ÖBB. Das habe ich bereits 2003 gesagt, dass ich diese Angst habe. Der Wettbewerb auf der Schiene wird ja auch immer größer, und daher sind gerade jene Punkte, die ich angeschnitten habe, nämlich hinsichtlich der Produktivität des ÖBB-Konzerns, für die Zukunft ganz besonders wichtig.

Besonders erwähnen möchte ich in diesem Reformpaket die Zusammenführung der ÖBB-Infrastruktur Bau AG und der ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG zu einer ÖBB-Infra­struktur AG. Diese Zusammenführung bringt nicht nur Verbesserungen der Netz­qualität, sondern bedeutet gleichzeitig – das liegt nicht nur mir als Eisenbahner am Herzen, sondern wahrscheinlich uns allen – pünktlichere Züge, auch eine bessere Aus­lastung der Züge, und zwar nicht nur im Personenverkehr, sondern auch im Güter­verkehr.

Die Zusammenführung bedeutet natürlich auch einen effizienteren Einsatz von Steuer­geldern. Jetzt sind wir wieder beim lieben Geld, worum es fast bei jedem Punkt geht. Heute ist das Wort „Zockerei“ oder „Spielerei“ schon gefallen, was natürlich ein schiefes Licht auf die ÖBB geworfen hat. Aber das hat mit der Produktivität des Konzerns oder des Unternehmens ÖBB nichts zu tun, was da so manche Manager in den Sand gesetzt haben. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) – Nein, ich sage ja, damit kann ich mich sicher nicht anfreunden. Sie werden von mir nie gehört haben, dass ich das befürworte, und ich werde das sicherlich auch in Zukunft nicht tun. Aber Sie können auch die 40 000 Eisenbahnerinnen und Eisenbahner, die Tag und Nacht sieben Tage in der Woche ihren Dienst versehen, aufgrund dieser Spekulationen da nicht in die Mangel nehmen. Die haben mit dieser Zockerei nichts zu tun.

Ein weiterer für das Unternehmen ÖBB wichtiger Punkt in diesem Reformpaket ist die Aufhebung der durch das unsinnige Gesetz 2003 entstandenen starren Organisation sowie der Zuordnung der Bereiche Traktion, Verschub, Technische Services und Dienst­leistungen. Das wird durch die Strukturreform 2009 sicher alles flexibler. Das ist unbedingt notwendig, um sich den wechselnden Verhältnissen innerhalb des Konzerns rascher anpassen zu können. Es ist natürlich auch für die Kunden der ÖBB besonders wichtig, dass sie, wenn sie heute die ÖBB als Dienstleister in Anspruch nehmen wollen, dort einen Ansprechpartner haben und nicht, wie es in der Vergangenheit einfach der Fall war, drei, vier Ansprechpartner. Das hat eben das Gesetz 2003, wo ich bereits damals darauf hingewiesen habe, was auf uns zukommen wird, mit sich gebracht. Die Strukturreform 2009 wird das wieder in eine positive Richtung verändern.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, mit der ÖBB-Strukturreform 2009 schaffen wir für das Unternehmen die Möglichkeit, noch kundenorientierter zu arbeiten. Wir befreien endlich das für den Wirtschaftsstandort Österreich so wichtige Unternehmen ÖBB von den Fesseln, die ihm durch das Gesetz 2003 angelegt wurden. Im Sinne der Weiter­entwicklung werden das Unternehmen ÖBB und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diese Chancen nützen.

Zum Abschluss meiner schon sehr langen Ausführungen ... (Bundesrat Dr. Kühnel: Das stimmt, die langen Ausführungen!) – Herr Dr. Kühnel, Ihre sind auch nicht immer kürzer. Sie haben gesehen, meine zwei vorangegangenen Redebeiträge waren sehr kurz.

Abschließend möchte ich noch drei Sätze sagen, die mir ganz wichtig sind, und zwar geht es da um etwas, das ich schon kurz angesprochen habe, nämlich um die Frage, wie man zu diesem Unternehmen beziehungsweise zu den über 40 000 Mitar­beite­rinnen und Mitarbeitern der ÖBB steht. Wir sind es ja schon gewohnt, dass dann und wann, einmal in kürzerem, einmal in längerem Abstand die Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter der ÖBB in die Mangel genommen werden.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 180

Am 10. Juli war ich, wie schon gesagt, bei der Nationalratssitzung. Da ist mir das erste Mal aufgefallen, dass Abgeordnete der FPÖ versuchen, Berufsgruppen (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth) – es ist so, das muss ich so sagen –, Berufsgruppen gegeneinander aufzuhussen, so wie Sie es bei Menschen machen. Das habe ich schriftlich da, das können Sie sich anschauen.

Wenn Sie die Unterlagen, die Sie zugeschickt bekommen, etwas näher anschauen, dann werden Sie sehen, dass die ÖBB-Mitarbeiterinnen und ‑Mitarbeiter wieder als Günstlinge hingestellt werden, als Privilegienritter. Da geht es im Besonderen um die a.t. Fahrbegünstigung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖBB. Ich verweise auf die diesbezügliche Anfrage. Eingangs steht noch „Anfrage an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie“. Drei Absätze weiter heißt es: „An den Bundes­minister“. Sie haben diese Zeit noch immer nicht vergessen, das war nämlich jene Zeit, als Schwarz-Blau-Orange dort war. Damals hat man am Anfang der Sitzung noch nicht gewusst, welcher Verkehrsminister kommen wird, denn die haben schneller gewech­selt als andere die Unterhosen. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth. – Heiter­keit. – Beifall bei der SPÖ.) Diese Zeit ist Gott sei Dank vorbei. Wir haben jetzt wieder eine Ministerin, die Sachen macht, die uns allen zugute kommen und nicht nur Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern.

Wenn man immer von Gratisfahrten spricht, Frau Kollegin (zu Bundesrätin Mühlwerth, die mit ihrem Handy beschäftigt ist) – notieren Sie sich das am Handy? (Bundesrätin Mühlwerth: Nein!) –, dann können Sie auch den Herren Vilimsky, Hofer, Neubauer und Kickl sagen – dort ist die Anfrage –, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖBB nicht gratis mit der Bundesbahn fahren, sondern monatlich einen bestimmten Betrag bezahlen. (Bundesrat Perhab: 6,80 oder wie viel?) Nein, das stimmt nicht, weniger. Die zahlen Monat für Monat 2,72 € für die zweite Klasse und 5,26 € für die erste Klasse. Erstens ist das nicht gratis, zweitens nicht umsonst. Hören Sie endlich auf, Gruppen (Heiterkeit der Bundesrätin Mühlwerth) – genau, da können Sie noch lachen – gegeneinander aufzuhussen, sondern schätzen Sie vielmehr die Arbeit von 40 000 Leuten, die Tag und Nacht dafür sorgen, dass Sie sicher und gesund von A nach B kommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.28


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Junker. Ich erteile es ihr.

 


19.28.43

Bundesrätin Anneliese Junker (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Dieses Gesetz stellt eine positive Abarbeitung des Regierungspapiers dar. Im Regierungspapier ist festge­schrie­ben, dass Österreich eine leistungsfähige, moderne Schieneninfrastruktur und leis­tungs­starke Schienenverkehrsunternehmen braucht, damit der Verkehrsträger Schiene seine wichtige Funktion in der integrierten Verkehrspolitik erfüllen kann.

Wir brauchen eine leistungsfähige Schiene, damit auch die Wirtschaft von dieser Schie­ne gut leben kann. Mit diesem Gesetz schaffen wir eine flexible Unterneh­mens­struktur, die es dem Management ermöglicht, rasch auf geänderte Rahmenbedin­gun­gen des Marktes zu reagieren, die Effizienzsteigerung bei Bau und Betrieb umzusetzen und Absatzgesellschaften wettbewerbsfähig aufzustellen.

Ich möchte jetzt nicht auf das gesamte Gesetz eingehen, sondern auf die Zukunft der ÖBB und der Schiene. Die ÖBB haben sich auf die Liberalisierung ab 2010 schon sehr gut und intensiv vorbereitet.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 181

Die Schaffung des freien Wettbewerbes im innerstaatlichen und grenzüberschreiten­den Personenverkehr eröffnet den ÖBB die Chance, in neuen Märkten und mit neuen Partnern tätig zu werden.

Chancen eröffnen sich dabei nicht nur für den internationalen Fernverkehr, wie über den Brenner nach Italien, sondern auch für Markterweiterungen im Nah- und Regional­verkehr über Ausschreibungen.

Auch die Privatbahnen haben durch dieses Gesetz eine Gleichstellung und eine ver­bes­serte Chance, auf der Schiene zu arbeiten. Der Markteintritt erfolgt dabei nach Kriterien der Wirtschaftlichkeit. Sinnvolle Anknüpfungen an das bestehende Netz und damit verbesserte Verbindungen sind wichtige Kriterien für die Anbieter und ihre Kunden.

Dies ist ein erster Schritt dahin, dass die ÖBB marktführend in Österreich und auch grenz­überschreitend tätig werden. Sie haben ja auch schon Verträge mit der Deut­schen Bahn abgeschlossen und sind damit führend in Europa. (Vizepräsident Mag. Himmer übernimmt den Vorsitz.)

Arbeiten wir so weiter und beschließen wir gemeinsam dieses Gesetz! – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.31


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kersch­baum. – Bitte, Frau Kollegin.

 


19.31.23

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Grüne, Niederösterreich. – Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir stimmen zu! (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Diese Neustrukturierung der ÖBB ist seit Jahren notwendig, keine Frage.

Die Frage ist eher, warum es jetzt eigentlich so lange gedauert hat. Ich habe mir ja erwartet, dass diese Schritte gesetzt werden, sobald die SPÖ wieder in einer Regierung ist. Es hat ein bisschen länger gedauert, aber jetzt geschieht es. Schwamm drüber. Es hat lang gedauert, aber ich hoffe, es geht gut. Dass diese Strukturen jetzt besser dafür geeignet sind, die ÖBB als modernes Infrastrukturunternehmen wieder vorwärts zu bringen, ist keine Frage.

Kollege Stadler hat vorhin noch von unserem ehemaligen Staatssekretär Kukacka, der hier immer sehr spannende Diskussionen geliefert hat, gesprochen, der immerhin doch auch mit der Bahn gefahren ist. Ich würde mir wünschen, dass einige Vorstands­direktoren und das obere Management der ÖBB auch hin und wieder mit der Bahn fahren (Bundesrat Perhab: Wenn ein Zug fährt!) – ja! –, dann würden sie vielleicht auch mehr Verständnis für Pendlerinnen und Pendler haben. Vielleicht kann man das irgendwie in die Job Description hineinnehmen bei Neubesetzungen. Das wäre eine Anregung.

Wir werden zustimmen, obwohl wir zwei kleine Punkte gerne anders hätten. Das sind einerseits die in § 50 verankerten Steuervorteile für die Käufer von ÖBB-Grundstücken, die nicht wirklich nachvollziehbar sind, insbesondere auch deshalb nicht nachvoll­ziehbar sind, wenn man bedenkt, wie die ÖBB des Öfteren mit Käufern umgehen, also mit Konkurrenzunternehmen zum Beispiel, die Strecken abkaufen wollen, welche Angebote da gelegt werden, was oft von den ÖBB in diesem Bereich verhindert wird. Ich denke, dass man gerade so ein Steuerzuckerl in dem Fall nicht gewähren sollte.

Kollegin Junker hat vorhin gemeint, mit dieser Neustrukturierung allein wäre schon das optimale Schienenverkehrsangebot umgesetzt, das die Regierungserklärung ver­


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 182

spricht. Ich fürchte, das ist nicht ganz so. Da wird noch einiges zu tun sein, das wird vielleicht auch etwas Geld kosten.

Was es sicherlich auch kosten würde, wäre einmal eben die Festlegung oder eine Definition dessen, was an Grundangebot von den ÖBB wirklich sichergestellt werden soll, damit man irgendwann einmal Klarheit hat, was die ÖBB anbieten müssen, um wirklich ein gutes Schienennetz, eine gute Schieneninfrastruktur und auch gute Verbin­dungen in Österreich zu bieten.

Das sind die Dinge, an denen man noch arbeiten muss, um vielleicht irgendwann ein­mal die in der Regierungserklärung diesbezüglich enthaltenen Versprechungen auch umsetzen zu können. Aber der jetzigen Neustrukturierung stimmen wir natürlich zu. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

19.34


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Klug. – Bitte, Herr Kollege.

 


19.34.41

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Nach einer so umfas­senden, vor allem aber kompetenten Analyse unseres Erstredners, des Kollegen Stadler, liegt es in der Natur der Sache, dass für mich als Letztredner nur mehr ein klei­nes Detail übrig bleiben kann.

Ich möchte daher bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam machen, dass wir in der Länderkammer immer ein großes Augenmerk auf bundesgesetzliche Regelungen, die wir beschließen, dann legen, wenn wir zumindest den Eindruck haben, dass sie Auswirkungen im Bereich der Länder haben werden.

In diesem Zusammenhang haben wir auch damals gemeinsam einen Entschließungs­antrag eingebracht, um mit der jeweiligen zuständigen Ressortministerin oder mit dem jeweiligen zuständigen Ressortminister über den aktuellen Stand der Infrastruktur­projekte ÖBB, ASFINAG laufend einen Gedankenaustausch zu pflegen, keinesfalls im Sinne einer Kontrolle, sondern es sollte ein regelmäßiger lebendiger Gedankenaus­tausch gerade in der Länderkammer sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem Zusammenhang möchte ich daher einen kleinen Aspekt der vorliegenden Novelle hervorheben, der auch in der Stellungnahme unseres Bundeslandes zum Ausdruck gekommen ist und um den wir uns zumindest kleine Sorgen machen. Es handelt sich im Wesentlichen um Artikel 1 respektive § 44 Bundesbahngesetz, wo es um die Frage der zukünftigen Aufnahme von Schieneninfra­strukturprojekten geht und wir uns zumindest Sorgen hinsichtlich der finanziellen Aus­wirkungen auf unser Bundesland machen. Diese Sorge soll in gedämpfter Stimmung heute zum Ausdruck kommen.

Damit meine Ausführungen keinesfalls, liebe Kolleginnen und Kollegen, missverständ­lich über das Rednerpult kommen, möchte ich abschließend ganz bewusst hervor­heben: Sehr geehrte Frau Bundesministerin, wir sind mit dem bestehenden Rahmen­plan aus steirischer Sicht mehr als zufrieden. Wir freuen uns auf eine weitere gute Zusammenarbeit. Ich möchte in diesem Zusammenhang daher natürlich unsere vollste Unterstützung zum Ausdruck bringen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

19.37


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Bures. – Bitte, Frau Bundesminister.

 



BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 183

19.37.44

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, trotz vorgeschrittener Zeit – ich habe gesehen, ein paar Tagesordnungspunkte haben Sie noch – die Bedeutung des Unternehmens Österreichische Bundesbahnen hervor­zustreichen. Es ist ja teilweise auch schon angesprochen worden, es ist ein Unter­nehmen, das 42 000 Menschen Beschäftigung gibt. Es ist der zweitgrößte Lehrlings­ausbildner in diesem Land, in dem über 1 800 junge Menschen eine Ausbildungs­chance in Zukunftsbereichen bekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Österreichischen Bundesbahnen haben im letzten Jahr alleine 450 Millionen Fahr­gäste befördert. Ich glaube, das zeigt die Bedeutung des Unternehmens. Wir können das im Bereich des Güterverkehrs zum Beispiel fortsetzen, wo ich Ihnen nur sagen kann, dass wir daran arbeiten, noch mehr Güter von der Straße auf die Schiene zu verlagern, wobei wir in Österreich 36 Prozent des Güterverkehrs auf der Schiene befördern. Im europäischen Durchschnitt sind es 15 Prozent. Deutschland liegt bei 9 Prozent, um hier Vergleichswerte zu haben. Wir liegen da sehr gut, wollen aber noch besser werden.

Jetzt ist es notwendig, für dieses ganz wichtige Unternehmen, auf das wir, glaube ich, stolz sein können, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit es wettbewerbsfähig bleibt und Chancen hat, die Herausforderungen, die auf dieses Unternehmen in Zukunft zukommen, zu bewältigen. Es handelt sich um große, neue Herausfor­derun­gen, vor denen die ÖBB stehen. Ein Punkt sind Altlasten. Sie haben ja heute schon eine lange Diskussion, habe ich gehört, über Fragen von Spekulationen geführt. Auch in diesem Bereich hat das Unternehmen Altlasten zu verarbeiten, aber es geht um die Zukunft.

In Zukunft ist das Unternehmen natürlich auch nicht vor wirtschaftlichen Krisenzeiten gefeit. Das heißt, wenn es in der Transportwirtschaft Einbrüche gibt, dann haben wir die nicht nur auf den Rädern, sondern auch auf der Schiene.

Das heißt, es ist eine große Herausforderung für das Unternehmen, in dieser Wirt­schaftskrise weiter wettbewerbsfähig zu bleiben und sich weiter darum zu bemühen und dafür zu sorgen, dass die Bahn zukunftsfit gemacht wird.

Wir haben Rekordinvestitionen. Wir haben die Rahmenpläne. Wir haben vereinbart, dass das Unternehmen in der Krise sofort gegensteuern muss, und Konjunkturpakete geschnürt, ob das die Sanierungen von Bahnhöfen betrifft – Sie kennen das alle aus Ihren Regionen – oder die Sicherung von Eisenbahnkreuzungen. Das sind alles Kon­junkturmaßnahmen, die schnell greifen, die die regionale Wirtschaft, Klein- und Mittel­betriebe in der Region unterstützen, dort für Beschäftigung sorgen und für die Zukunft modernere, schönere, behindertengerechte Bahnhöfe und sichere Eisenbahnkreuzun­gen schaffen sollen.

Damit das Unternehmen diese Aufgaben erfüllen kann, beschließen wir die Struktur­reform – und ich bin froh, dass das heute möglich ist –, um dem Management eine schlanke, effiziente Struktur zur Verfügung zu stellen. Die haben das jetzt natürlich operativ umzusetzen, aber sie haben mit dieser neuen Regelung – einer Holding und drei großen Gesellschaften: dem Güterverkehr, dem Personenverkehr und der Infra­struktur – die Möglichkeit, diese Herausforderungen zu meistern.

Ich wünsche mir für das Unternehmen ÖBB, das für eine moderne, effiziente und ökologische Mobilität steht – das ist das Unternehmen, das in Zukunft für Green Mobility stehen wird –, dass wir alles dazu tun, dass es auch im Wettbewerb bestehen kann und dass wir in Zukunft auch weiterhin ein so starkes und großes Unternehmen


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 184

haben, auf das viele Österreicherinnen und Österreicher nicht nur angewiesen, son­dern auch stolz sind. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

19.41

19.41.20

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Damit ist die Debatte geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

19.42.1727. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Betrieb von Dampfkesseln und Wärmekraft­maschinen (Dampfkesselbetriebsgesetz – DKBG) geändert wird (223 d.B. und 270 d.B. sowie 8170/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir kommen nun zum 27. Punkt der Tages­ord­nung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Tiefnig. Bitte um den Bericht.

Davor darf ich noch Herrn Bundesminister Mitterlehner sehr herzlich in unserer Mitte begrüßen.

 


19.42.45

Berichterstatter Ferdinand Tiefnig: Der Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Betrieb von Dampfkesseln und Wärmekraft­maschi­nen geändert wird, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung:

Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

19.43.10

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

19.43.53 28. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend Erklärung der Republik Österreich über den Einspruch gegen den Beitritt der Dominikanischen Republik zum Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung (228 d.B. und 289 d.B. sowie 8160/BR d.B.)


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 185

29. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend Sechster Zusatzvertrag zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl zum Vertrag zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl zur Regelung von vermögens­rechtlichen Beziehungen vom 23. Juni 1960 (163 d.B. und 290 d.B. sowie 8161/BR d.B.)

30. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend Stabilisierungs- und As­so­ziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Bosnien und Herzegowina andererseits samt Schlussakte (196 d.B. und 291 d.B. sowie 8162/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir kommen nun zu den Punkten 28 bis 30 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mag. Rausch. – Bitte um den Bericht.

 


19.44.45

Berichterstatterin Mag. Bettina Rausch: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­des­minister! Ich bringe zuerst den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegen­heiten über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend Erklärung der Republik Österreich über den Einspruch gegen den Beitritt der Dominikanischen Republik zum Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antrag­stellung:

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe des Weiteren den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend Sechster Zusatz­vertrag zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl zum Vertrag zwi­schen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl zur Regelung von vermögens­rechtlichen Beziehungen vom 23. Juni 1960.

Dieser Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe schließlich den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Bosnien und Herzegowina andererseits samt Schluss­akte.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

19.46.10

 



BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 186

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend Erklärung der Republik Österreich über den Einspruch gegen den Beitritt der Dominikanischen Republik zum Übereinkommen zur Befreiung auslän­discher öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend Sechster Zusatzvertrag zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl zum Vertrag zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl zur Regelung von vermögensrechtlichen Beziehungen vom 23. Juni 1960.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2009 betreffend Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Bosnien und Herzegowina andererseits samt Schlussakte.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

19.48.0631. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, die Anfechtungsordnung, die Aus­gleichsordnung, das Außerstreitgesetz, das Ehegesetz, die Exekutionsordnung, das Gebührengesetz 1957, das Gerichtsgebührengesetz, die Jurisdiktionsnorm, die Konkursordnung, das Notariatsaktsgesetz, die Notariatsordnung, das Privat­stif­tungsgesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Unterhaltsvorschussgesetz 1985, das Urheberrechtsgesetz und die Zivilprozessordnung geändert werden (Famil­ienrechts-Änderungsgesetz 2009  FamRÄG 2009) (673/A und 275 d.B. sowie 8146/BR d.B.)

32. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert wird (276 d.B. sowie 8134/BR d.B. und 8147/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zu den Punkten 31 und 32 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu beiden Punkten ist Herr Bundesrat Kaltenbacher. Ich bitte um die Berichte.

 


19.48.32


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 187

Berichterstatter Günther Kaltenbacher: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, die Anfechtungsordnung, die Ausgleichs­ord­nung, das Außerstreitgesetz, das Ehegesetz, die Exekutionsordnung, das Gebühren­gesetz 1957, das Gerichtsgebührengesetz, die Jurisdiktionsnorm, die Konkursordnung, das Notariatsaktsgesetz, die Notariatsordnung, das Privatstiftungsgesetz, das Til­gungs­gesetz 1972, das Unterhaltsvorschussgesetz 1985, das Urheberrechtsgesetz und die Zivilprozessordnung geändert werden (Familienrechts-Änderungsgesetz 2009).

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher sogleich zur Antrag­stellung:

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich komme des Weiteren zum Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor. Ich komme daher sogleich zur Antrag­stellung:

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Mosbacher. – Bitte.

 


19.50.23

Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist unbestritten: Das Familienbild hat sich im Laufe der Jahre massiv verändert. Neben der klassischen Familienform gibt es Patch­work-Familien, Lebensgemeinschaften und alleinerziehende Elternteile, natürlich über­wiegend Frauen, die für die Kinder verantwortlich sind. Daher ist es höchst an der Zeit, dass im Familienrecht auf diese modernen Familienformen stärker Rücksicht genom­men wird.

Ich möchte nur ein paar beeindruckende Zahlen liefern, die den Beweis für die aktuelle Familienlandschaft in unserem Land darstellen.

Es gibt derzeit rund 309 000 Lebensgemeinschaften. Was die Kinder betrifft, so gibt es in Österreich 681 100 Ehepaare mit Kindern unter 18 Jahren, 119 100 Lebensgemein­schaften mit Kindern unter 18 Jahren und 151 000 alleinerziehende Elternteile mit Kin­dern unter 18 Jahren. Die Zahl der Patchwork-Familien, also jener Familien, in welchen Kinder unter 18 Jahren aus einer anderen Beziehung kommen, sind mit annähernd 76 000 beziffert.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Das derzeit geltende österreichische Recht zielt noch immer nahezu ausschließlich auf das klassische Familienbild von verheirateten Eltern und deren Kindern ab. Damit ergeben sich strukturelle Benachteiligungen für andere Familienformen.

Zielsetzung der vorliegenden Gesetzesänderung ist es, den vorher genannten Umständen wenigstens zum Teil Rechnung zu tragen.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 188

Was das neue Familienrechts-Änderungsgesetz alles beinhaltet, werden, so nehme ich an, meine Kolleginnen und Kollegen noch genau ausführen, ich möchte daher nur noch auf Folgendes hinweisen: Es ist begrüßenswert, dass es zu diesem Gesetz kommt, weil viele der Punkte auf den Schutz des Kindes abzielen. Was in diesem Gesetz jedoch noch fehlt, ist die dringend notwendige Reform des Lebenspartner­schafts­gesetzes, was gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften betrifft. Ich hoffe, dass es bald einen Entwurf geben wird, der auf eine umfassende rechtliche Absicherung gleichgeschlechtlicher Paare abzielt.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, abschließend möchte ich sagen: Das neue Familienrechts-Änderungsgesetz ist ein absolut notwendiger Schritt in die richtige Richtung, und wir werden dem selbstverständlich unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.53


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Mag. Eibinger. – Bitte.

 


19.53.52

Bundesrätin MMag. Barbara Eibinger (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrter Herr Bundesminister – in Vertretung unserer Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich meiner Vorrednerin nur an­schließen: Familie ist heute nicht mehr das, was es einmal war. Familie ist vielseitig, ist genauso die Alleinerzieherin wie auch unverheiratete Elternpaare, aber auch Wieder­verheiratete, die eben schon Kinder aus vorigen Beziehungen mitbringen. Da sich die Realität, die Gegebenheiten geändert haben, hat sich natürlich auch die Gesetzgebung darauf einzustellen.

Ich möchte aber an dieser Stelle auch sagen, dass gerade bei den jungen Menschen eine glückliche Ehe und eine intakte Familie noch immer ganz oben auf der Werteliste stehen, und das, obwohl – oder vielleicht gerade weil – sie Scheidungskinder sind.

Es sind ja gerade die Kinder, die oft jahrelang daran zu knabbern haben, wenn sich ihre Eltern trennen. Lassen Sie mich deshalb an dieser Stelle erwähnen, welch tolle Arbeit Vereine wie zum Beispiel der in Graz beheimatete Verein RAINBOWS leisten, der sich um Kinder kümmert, deren Eltern sich getrennt haben, deren Eltern sich haben scheiden lassen oder die den Tod eines nahestehenden Menschen zu verkraf­ten haben. Diese Vereine leisten wirklich tolle Arbeit, und man kann nur hoffen, dass viele Eltern dieses Angebot für ihre Kinder gegebenenfalls in Anspruch nehmen. Diese Vereine sind leider zum Teil noch sehr unbekannt.

Der alleinerziehende Elternteil – meistens ist das die Mutter – hat aber neben seeli­schen Problemen oft auch mit finanziellen Problemen zu kämpfen. Auch dem versucht diese Regelung Rechnung zu tragen, denn bei Unterhaltsvorschüssen soll es nun zu einer Beschleunigung kommen, indem man nicht mehr bis zur erfolglosen Exekution abwarten muss. Ich denke, dass damit gerade dem Wohl der Kinder besser Rechnung getragen wird.

Oft finden die Kinder von geschiedenen Eltern aber auch in den neuen Partnern der Eltern wieder neue Bezugspersonen, die ihnen zum Teil sogar näherstehen als der leibliche Elternteil, der nicht mehr bei ihnen lebt. Gerade diese Stiefväter und Stief­mütter waren aber bis jetzt in ihren Rechten ziemlich eingeschränkt. Auch dem soll mit dieser Novelle begegnet werden. Es soll nun unter anderem auch die eheliche Bei­standspflicht für Stiefeltern ausgedehnt werden.

Insgesamt wird mit dieser Novelle, wie Frau Kollegin Mosbacher auch schon aus­geführt hat, eine wichtige Anpassung vorgenommen, eine Anpassung an die modernen


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Lebenswelten von heute. Ich möchte mich bei der Frau Bundesministerin dafür bedan­ken, dass sie dies umsetzt. Meine Fraktion begrüßt das natürlich sehr. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.56


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Schen­nach. – Bitte.

 


19.56.43

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich sehe gerade, dass ich der einzige Mann in die­ser Debatte bin. (Bundesrätin Mühlwerth: Gott sei Dank redet auch ein Mann! Bundesrat Konecny: Er ist ja alleinerziehender Vater! Weiterer Zwischenruf bei der SPÖ. Heiterkeit.) – Er hat recht, als alleinerziehender Vater – über 15 Jahre lang – kenne ich mich da schon etwas aus.

Ja, es ist richtig, Frau Kollegin Eibinger, es wird in diesem Familienrechtspaket eine ganze Reihe von Punkten positiv reformiert, insbesondere ziemlich abgestandene Be­reiche, etwa jener der Ehepakte, der, glaube ich, noch auf einer Regelung des Jah­res 1811 fußt.

Bei den Regelungen bezüglich Stiefeltern gibt es natürlich – wie bei all den Regelun­gen, die geändert werden – drei Bereiche, nämlich Scheidungsrecht, Unterhalt und Obsorge, die nicht wirklich so ganz auf das, was heute in unserer Gesellschaft Realität ist, eingehen. Wir brauchen nämlich ganz dringend eine Definition – auch eine gesetz­liche Definition – von „Lebensgemeinschaften“. – Es gibt sie nicht! Wir brauchen zum Beispiel im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch eine Definition.

Sie haben schon recht, bei 13-, 12- und 11-Jährigen sind die Ehe und die Familie Gegenstand einer Art kindlicher Glorifizierung. Das mag auch aus den Erfahrungen von Patchwork-Familien resultieren. Tatsache ist, dass die Zahl der Eheschließungen immer mehr zurückgeht, dass jede zweite Ehe geschieden wird und dass die durchschnittliche Verweildauer in einer Ehe immer weiter und dramatisch sinkt.

Das ist einfach Realität. Man kann natürlich die Augen vor dieser Entwicklung ver­schließen, oder man kann sagen, okay, auch wir anerkennen Formen von Lebens­gemeinschaften, und zwar auch in der Definition von Rechten und Pflichten. Das ist ja auch interessant: Aus einer Lebensgemeinschaft, die wir derzeit rechtlich nicht definiert haben, können ja für die Partner dieser Lebensgemeinschaft genauso Rechte und Pflichten erwachsen. Das brauchen wir, und das ist meiner Meinung nach der Zeit angemessen.

In unserem ganzen Gesetzeswerk werden die Lebensgemeinschaften nie definiert. Es gibt gesetzliche Bestimmungen in anderen Bereichen, wo es Hinweise gibt, aber es gibt keine grundsätzliche Klärung. Besonders dramatisch ist es dann, wenn es zum Beispiel um das Obsorgerecht geht. Bei den Regelungen hinsichtlich der Stiefväter oder -mütter haben wir genauso das Problem, dass wiederum jene, die gerade in dieser Familienkonstellation – nämlich in den Lebensgemeinschaften – oft schon die Mehrheit sind, gar nicht in Rechte hineinkommen und keine Vertretungsfähigkeit haben.

Ein stiefelterlicher Teil, der vielleicht schon seit 15 Jahren in einer Lebensgemeinschaft lebt, kann dieses stiefelterliche Kind nicht einmal in der Schule vertreten, wenn die leibliche Mutter oder der leiblich Vater krank sind. Die Gesellschaft ist also im Wandel. Die Familie, die wir heute leben, ist die jüngste Organisationsform unserer Gesellschaft in den letzten tausend Jahren. Diese Form der Familienorganisation ist ein wenig ratlos


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geworden, aber sie ist natürlich voll gerechtfertigt. Wir dürfen das andere, nämlich den Reformbedarf jedoch nicht übersehen.

Wenn heute schon der Wirtschaftsminister hier ist, dann kann man das vielleicht in der Sprache des Wirtschaftsministeriums sagen: In einem Bereich, meine Damen und Herren – der ist hier nicht geregelt –, brauchen wir einen One-Stop-Shop, nämlich beim Unterhaltsrecht, wo wir drei Institutionen, das Jugendamt, das Bezirksgericht und das Oberlandesgericht, einschalten. Das ist ein Irrsinn, ein absoluter Irrsinn. Das gehört an einer Stelle geregelt und durchgeführt, und die Betroffenen gehören nicht im Kreis geschickt.

Das Zweite, was ich immer wieder als soziale Härte der Sonderklasse betrachte und was hier auch nicht geregelt ist, ist der Umstand, dass, wenn es keine Chance gibt, eine Unterhaltsbevorschussung auszubezahlen, auch keine gibt. Aber das ist eine Absage an die finanzielle Sicherheit des Kindes. Es geht hier um das Kind. Wir sind der Meinung, Kollege Kühnel, jedes Kind ist gleich viel wert. Auch für ein Kind, das in der Situation ist, dass es eine Unterhaltsbevorschussung braucht und diese aus irgendwelchen nicht abzuschätzenden Gründen nicht bekommt, muss es trotzdem die Möglichkeit dazu geben – und nicht so, wie es derzeit ist.

Aber im Prinzip geht dieses Familienrechtspaket in die richtige Richtung, und wir wer­den dem zustimmen. – Danke. (Beifall des Bundesrates Dönmez sowie bei Bundes­räten von SPÖ und ÖVP.)

20.02


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

 


20.02.15

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ja jetzt schon sehr ausführlich über dieses Familienrechts-Änderungsgesetz gesprochen worden. Ich möchte drei Punkte zur Sprache bringen, wo wir es bedauerlich finden, dass sie nicht Eingang gefunden haben.

Das eine, was wir bedauerlich finden, ist, dass sich die Regierung leider immer noch nicht dazu durchringen kann, eine verpflichtende gemeinsame Obsorge einzuführen. Wir fordern das wirklich seit Langem. Die Bundesrepublik Deutschland praktiziert das seit 1998 durchaus mit Erfolg. Bei uns ist es immer noch so, dass ein gemeinsamer Antrag gestellt werden muss, der natürlich immer das Risiko in sich birgt, dass genau deswegen dann Zwist und Hader unter den sich scheidenden Eheleuten ausbricht. Das finden wir für das Wohl des Kindes abträglich. Daher ist es uns ein wirkliches Anliegen, endlich einmal zu dieser verpflichtenden gemeinsamen Obsorge zu kommen.

Der zweite Punkt ist, wie es in diesem Gesetz jetzt drinnen ist, dass der Vater der Kinder, der mit der Kindesmutter nicht verheiratet ist, aber mit ihr zusammenlebt, einen Antrag stellen muss, damit auch er das Sorgerecht hat. Die Schweiz hat gerade eben erst eine Novelle in Begutachtung geschickt, in der vorgesehen ist, dass der Vater der Kinder, der mit der Kindesmutter nachweislich zusammenlebt, automatisch auch das Sorgerecht bekommt und es nicht wie bei uns erst beantragen muss. Übri­gens orientiert sich die Schweiz auch an der Bundesrepublik Deutschland, was die verpflichtende gemeinsame Obsorge betrifft.

Ich denke, in Zeiten wie diesen, da wir schon festgestellt haben, dass sich Familien­verhältnisse verändert haben und nicht mehr die sind, die wir vor 40, 50 Jahren ge­kannt haben, wäre es schon der richtige Schritt, das auch automatisch erfolgen zu lassen.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 191

Frau Minister Bandion-Ortner hat in der Nationalratssitzung gesagt: Na, dann sollen sie halt heiraten. – Das ist leicht gesagt, da gehören aber zwei dazu. Und wenn einer nicht will, hat der andere das Nachsehen. (Bundesrat Schennach: Das ist richtig!) Dann muss er sich extra darum bemühen. Wir denken, das ist einfach nicht notwendig.

Der dritte Punkt ist: Wir haben das ja schon beim Gebührengesetz vor ein paar Wochen beanstandet: Es ist zwar schön, dass jetzt die Gebühren betreffend das Besuchsrecht von 232 € auf 116 € halbiert worden sind und dass für die Überprüfung und die Bestätigung der Pflegschaftsrechnung auch eine Halbierung der Gebühren stattgefunden hat, aber wir waren damals der Meinung – und das sind wir heute auch noch –, dass es gerade in diesen sensiblen Fällen gar keine Gebühren geben sollte.

Wir wissen, wie schwierig die Situation für die Menschen jetzt ist – meistens sind es die Väter, die dieses Besuchsrecht beantragen müssen. Wir haben eine Wirtschaftskrise, wir haben Arbeitslosigkeit, wir haben Kurzarbeit, die Menschen haben weniger Geld. Daher finde ich es nicht sehr sozial, dass sie in diesen Fällen auch noch bezahlen müssen. Ich denke, es hätte sich ein Weg gefunden. Man macht das ja auch mit einem Ausgleich, wenn man woanders ein bisschen mehr einhebt. Man hätte es durchaus machen können, dass da keinerlei Gebühren eingehoben werden.

Wir stimmen dieser Vorlage sehr wohl zu und sind guter Hoffnung, dass unsere Wün­sche irgendwann einmal erfüllt werden – hoffentlich schon beim nächsten Mal. (Beifall der Bundesräte Ertl und Schennach.)

20.05


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Mitter­lehner. – Bitte, Herr Minister.

 


20.06.03

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf heute in Vertretung der Frau Justizminister Bandion-Ortner einige Feststellungen zu dieser Gesetzesvor­lage machen.

Es ist ja schon einiges von den Vorrednern angesprochen worden, was die Prob­lemlage betrifft. In diesem Zusammenhang ist es natürlich Aufgabe der Bundesregie­rung, aber auch Aufgabe der Justizpolitik, das geltende Recht der gesellschaftlichen Realität anzugleichen.

Die österreichische Rechtsordnung hatte bis jetzt primär das klassische Familienbild vor Augen, nämlich jenes von zum ersten Mal verheirateten Eltern mit ihren Kindern. Das hat strukturelle Benachteiligungen für andere Familienformen bedeutet, für Men­schen, die in Patchwork-Familien leben, für Lebensgefährten, für Personen, die erneut eine Ehe schließen wollen, für Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher. Auf all diese Gruppen soll Rücksicht genommen werden, ohne – das ist ganz wichtig – die klas­sische Familie zu benachteiligen.

So werden jetzt unter Bedachtnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschrechte besonders schwerwiegende und unerwartete Diskri­minie­rungen für Lebensgefährten im Vergleich zu Ehepartnern im Justizrecht beseitigt.

Die Position eines Lebensgefährten wird an die Stellung eines Ehepartners ange­glichen, wie etwa beim Entschlagungsrecht einer Zeugenaussage. Die Rechte und Pflichten der Lebensgefährten zueinander bleiben wie bisher bestehen.

Der besonderen Lage von Kindern in Patchwork-Familien wird dadurch Rechnung getragen, dass dem Stiefelternteil, der mit dem betreuenden Elternteil zusammenlebt,


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 192

Aufgaben und die zu deren Erfüllung notwendigen Befugnisse zugewiesen werden, ohne allerdings die Rechte des anderen Elternteils zu schmälern.

Auch wird klargestellt, dass der Stiefelternteil im Familienrecht gegenüber dem Kind kein Fremder ist und verpflichtet ist, das Kindeswohl zu schützen. Das betrifft etwa die Unterschrift im Mitteilungsheft.

Bei den Alleinerzieherinnen und Alleinerziehern erscheint mir die Verbesserung der Unterhaltsbevorschussung erwähnenswert. So soll die Gewährung von Unterhalts­vorschüssen in erster Linie durch die Beseitigung der bisher geltenden Voraussetzung einer erfolglosen Exekutionsführung beschleunigt werden.

Erwähnen darf ich auch die Modernisierung der Ehepakte. Veraltete und überholte Rechts­institute, wie Heiratsgut, Widerlage und Morgengabe, werden aufgehoben. Am Rechtsinstitut der Ausstattung als Starthilfe bei Eheschließungen wird hingegen fest­gehalten. Erleichterungen gibt es auch bei der Vorausregelung über die Ehe­wohnung und das übrige eheliche Gebrauchsvermögen. Vom Gericht soll in Zukunft verstärkt auf die Beratung vor oder im Zuge einer Scheidung hingewiesen werden.

Bei ausländischen Adoptionsentscheidungen wird das Recht der Parteien geschaffen, diese Frage in einem gerichtlichen Verfahren verbindlich für alle künftigen gerichtlichen und behördlichen Verfahren klären zu lassen. Ohne eine solche Klärung wird jede Behörde wie bisher die Wirksamkeit der Adoption selbständig als Vorfrage prüfen können. Die Einholung einer Strafregisterauskunft bei Adoptionen durch das Gericht wird künftig obligatorisch, womit wir auch auf einen gegebenen Anlassfall reagieren.

Sie sehen, dieses Familienpaket enthält eine Reihe von Maßnahmen, die das Recht an die realen Gegebenheiten in den österreichischen Familien im Interesse aller Familien anpassen – seien es klassische oder neuere Formen derselben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

20.09

20.09.20

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenwärtigen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit ange­nommen.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 193

20.10.4333. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Aktiengesetz 1965, das SE-Gesetz, das Unternehmensgesetzbuch, das Umwandlungsgesetz, das Spaltungsgesetz, das Kapitalberichtigungsgesetz, das Gesellschafter-Ausschlussgesetz, das Übernahmegesetz, das Genossenschafts­revisionsgesetz und das Grundbuchsgesetz geändert werden (Aktienrechts-Än­derungsgesetz 2009 – AktRÄG 2009) (208 d.B. und 277 d.B. sowie 8148/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Nunmehr gelangen wir zum 33. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Kaltenbacher. Ich bitte um den Bericht.

20.11.00

 


Berichterstatter Günther Kaltenbacher: Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Aktiengesetz 1965, das SE-Gesetz, das Unternehmensgesetzbuch, das Umwand­lungsgesetz, das Spaltungsgesetz, das Kapitalberichtigungsgesetz, das Gesellschaf­ter-Ausschlussgesetz, das Übernahmegesetz, das Genossenschaftsrevisionsgesetz und das Grundbuchsgesetz geändert werden (Aktienrechts-Änderungsgesetz 2009).

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antragstellung:

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

20.11.50

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Damit ist die Debatte geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

20.12.2534. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975 und das Staatsanwalt­schaftsgesetz geändert werden (Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2009 – KorrStrÄG 2009) (671/A und 273 d.B. sowie 8135/BR d.B. und 8149/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 34. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Kaltenbacher. Ich bitte um den Bericht.

 


20.12.38

Berichterstatter Günther Kaltenbacher: Ich bringe den Bericht des Justiz­aus­schus­ses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2009 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975 und das Staats­anwalt­schaftsgesetz geändert werden (Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2009).

Der Bericht liegt ebenfalls in schriftlicher Form vor. Ich komme sogleich zur Antrag­stellung:


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 194

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2009 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


20.13.25

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Nachdem wir heute schon das Amt zur Korruptionsbekämpfung eingeführt haben, kommen wir jetzt zu einem Punkt, der die öffentliche Debatte der letzten Wochen und Monate geradezu in skurriler Weise beherrscht hat.

Die Fachleute, die Experten, die Kommentatoren sind sich eigentlich relativ einig darin: Die Lobbyisten landauf, landab sind ausgeritten. Eine Zeitung schreibt: Der groß­koaliti­onäre Entminungsdienst ist ausgerückt.

Oder – wie Florian Klenk im „Falter“ schreibt –: Die Frau Bundesministerin hat dieses Gesetz abgestumpft, statt es nachzuschärfen.

Der Druck, woher der Lobbyismus kam, ist klar. Das waren die Sport-, die Kultur­betriebe und der „medizinische Tourismus“, nennen wir es so, wir können vielleicht auch Bildungstourismus sagen.

Kollege Schimböck hat ja heute – ich weiß nicht, woher er das hat – den Kollegen Fiedler, den Präsidenten von Transparency International zitiert und ihm gedankt – in völliger Unkenntnis dessen, dass es genau Fiedler war, der diese Art des Amts der Korruptionsbehörde massiv kritisiert hat. Ihm zu danken, dass es jetzt deswegen da sei, wo doch genau Präsident Fiedler Kritik geübt hat, das habe ich als eine sehr starke Sache empfunden.

Präsident Fiedler aber meint, dass das, was Sie heute hier mit Mehrheit beschließen, der Ausdruck der Doppelmoral ist. Er kritisiert – weil das ein aktuelles Beispiel ist –, ein Abgeordneter kann sich zum Beispiel nach wie vor dahin gehend bestechen lassen, ob er eine Anfrage stellt oder nicht, die Einschränkung des Begriffes Amtsträger,  dass – das haben wir heute schon diskutiert – die ASFINAG, die ÖBB, die Post – alle! – aus diesen strengen Straftatbeständen herausgefallen sind. Der Strafrechtler Fuchs nennt das Ganze ein Ablenkungsmanöver.

Manche haben den Salzburger Festspielen gratuliert. – Ich weiß nicht, ob es da so viel zu gratulieren gibt. Es ist richtig und wichtig, dass es so etwas gibt, aber ich frage: Warum muss man zum Beispiel Freikarten an höchste Beamte geben? Was bedeutet das, wenn immer wieder zitiert wird, ja, aber politische Repräsentanten? Wenn es wirklich darum ginge, Kultur zu unterstützen, und sich die Politik hier die Karten selbst kaufte, dann käme auch noch direkt Geld in den Kulturbetrieb.

Der Korruptionsstaatsanwalt sagt, Zweck dieses Sponsorings sei das Beschenken ein­flussreicher Leute und nicht die Förderung einer kulturellen Veranstaltung. – Ich glaube, das sagt alles. Und dieser Leiter der Korruptionsstaatsanwaltschaft meint zu dem Gesetz, das Sie heute beschließen, dass das ein großer Schritt zurück ist, den wir eigentlich nach vorne hätten machen sollen.

Der Experte Dr. Matthias Kopetzky, ein Sachverständiger in Sachen Prävention von Wirtschaftskriminalität, meint, dass die Regelung 2008 des Korruptionsstrafrechts


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genau das ausgelöst hat, dass sich die obersten Ebenen der Beamten und der Wirt­schaft gestört und gefährdet gefühlt haben. Damit aber Brot und Spiele weitergehen, ist genau das passiert, was jetzt passiert, nämlich dass wir eine ursprünglich richtige Regelung aufweichen.

Eines ist schon klar – auch die Abteilung dieses Hauses hat das klargemacht –, dass wir mit dieser Ausnahme der Abgeordneten nicht die UN-Konvention gegen Korruption erfüllen. Das heißt, wir erfüllen diese Konvention, der Österreich beigetreten ist, nicht.

Meine Damen und Herren! Jemand hat geschrieben: Das ist ein Riesen-Placebo, das ist ein Pfusch, das ist eine Missgeburt. – Rechnungshofpräsident Moser sagt, die Ungleichbehandlung von privater Wirtschaft und öffentlichem wirtschaftlichen Bereich ist falsch.

Ich könnte Ihnen hier jetzt eine ganze Reihe von Expertenmeinungen zitieren, egal, ob aus dem Strafrecht, aus dem Völkerrecht oder aus der Kriminalitätsprävention. Das, was Sie hier machen, ist einfach ein Riesenrückschritt und trägt nichts dazu bei, Klar­heit in eine Gesellschaft zu bringen.

Wir stimmen mit Sicherheit nicht zu. (Beifall bei Bundesräten ohne Fraktionszu­gehörigkeit.)

20.18


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mag. Ham­mer. – Bitte.

 


20.18.59

Bundesrat Mag. Michael Hammer (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsi­dent! Herr Bundesminister! Wir haben die Änderungen im Anti-Korruptionsbereich heute noch als letzten Punkt auf der Tagesordnung. Herr Kollege Schennach, es ist schon interessant, dass Sie jetzt wie schon bei der Dringlichen Anfrage wieder sämtliche Behauptungen an die Öffentlichkeit hinausgeben, dass das ein Rückschritt sei. Sie zitieren heute – und das finde ich besonders interessant – Experten aller Cou­leurs und Richtungen. Ich weiß gar nicht, wer sich in diesem Bereich aller Experte nennen darf. (Bundesrat Schennach: Fiedler! Moser!) Und Rating-Agenturen sind heute schon als Nichtexperten dargestellt worden. Also da muss man sich schon ein bisschen fragen, was das soll.

Tatsache ist, dass wir eigentlich schon seit längerer Zeit sehr strenge Regelungen in diesem Bereich haben, dass es die Korruptionsstaatsanwaltschaft gibt, dass es diese Korruptionsbehörde gibt, die wir heute im Rahmen unserer Tagesordnung ebenfalls schon diskutiert haben, dass in Österreich im Bereich der Korruptionsbekämpfung konsequent vorgegangen wird.

Es ist aber schon Fakt – und ich glaube, wir sind es uns schon schuldig, dass Gesetze, wenn wir sie beschließen, auch praktikabel sind; und genau das war das Problem bei den bisherigen Bestimmungen –, dass manche Definitionen nicht ganz so eindeutig und klar waren, wie wir uns das in der Auslegung gewünscht hätten. Ich glaube, genau darum geht es.

Es gibt aber auch Verschärfungen und Präzisierungen. Die Bestechung, der Kern der Korruption, ist noch schärfer unter Strafe gestellt worden, und auch sämtliche anderen Bereiche.

Was genauer definiert worden ist, ist der Begriff des „Amtsträgers“, und das ist wesent­lich, dass klarer formuliert wurde, wer Amtsträger ist, wer unter diese Bestimmungen fällt.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 196

Auch die Mandatare sind nun miteinbezogen worden. Auch wenn Sie das jetzt irgendwie lächerlich darstellen, der Einbezug ist erfolgt; wohlgemerkt ergänzend dazu, dass der Straftatbestand des Stimmenkaufs ohnedies schon unter Strafe gestellt war.

Was in der Vollzugspraxis wirklich nahezu an Unsinn gegrenzt hat, ist der Begriff des sogenannten Anfütterns, wonach ein öffentlich Bediensteter schon pauschal verurteilt wird, wenn er irgendwo einen Kaffee annimmt oder eine ortsübliche kleine Aufmerk­samkeit. Ich meine, das ist wirklich lächerlich, wenn man nicht einmal mehr einen Kaffee nach einer Verhandlung annehmen darf. – Das ist bereinigt, dieser Begriff wird herausgenommen.

Ich denke, diese Änderungen bringen Klarheit, bringen Präzisierung, und die Korrup­tions­bekämpfung in Österreich wird damit verschärft und ganz konsequent verfolgt. Daher wird unsere Fraktion diesen Änderungen zustimmen und keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der ÖVP.)

20.21


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mag. Ebner. – Bitte.

 


20.21.54

Bundesrat Mag. Walter Ebner (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Mein Vorredner hat die­sen Gesetzesvorschlag mit großer Emotion vorgetragen und ihn kräftig unterstützt. Ich werde ihm nicht mit derselben Emotion widersprechen, glaube aber, dass die Kritik, die Kollege Schennach vorgetragen hat und sehr deutlich belegen kann, gerechtfertigt ist.

Es ist inhaltlich nicht das geworden, was wir alle uns erwartet haben. Daher werden wir uns nicht nur wegen der Ausnahmebestimmungen, die schon angesprochen worden sind, sondern überhaupt in Summe gegen diesen Gesetzesantrag stellen. Wir werden diesem die Zustimmung nicht geben. (Beifall der Bundesräte Mitterer, Mühlwerth, Dönmez, Schennach und Zangerl.)

20.22


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Mitter­lehner. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


20.22.57

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf noch einmal in Vertretung der Frau Bundesminister ein paar Sätze zum geänderten Korruptionsstraf­rechtsgesetz darstellen, das am 1. September in Kraft treten soll.

Es ist von den Vorrednern schon angesprochen worden, dass dieses Gesetz novellie­rungs­bedürftig war, nicht – wie Herr Kollege Schennach das dargestellt hat –, um Brot und Spiele wieder sicher durchführen zu können, sondern weil dieses Gesetz in der bisherigen Form zu wenig präzise war. Wir haben in den letzten Monaten zum Teil skurrile Situationen gehabt. Beispielsweise sind Mitarbeiter mit Thermoskannen aus­gerückt, weil sie glauben, sie dürfen keinen Tee oder Kaffee mehr annehmen, weil sie sonst dem Antikorruptionsgesetz unterworfen werden. (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren, wir haben nicht nur die Salzburger Festspiele und damit verbunden bestimmte Probleme gehabt, sondern auch Schwierigkeiten im tagtäglichen Umsetzen dieses Gesetzes.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 197

Daher ist der nun vorliegende Entwurf auch keine Abstumpfung, wie Sie das bezeich­net haben, sondern eine Klarstellung, eine Präzisierung von Bestimmungen und in einigen Bereichen auch eine Verschärfung der bestehenden Tatbestände mit dem Ziel, die wirkliche Korruption entsprechend zu bekämpfen.

Die Frau Bundesminister hat mich gebeten, in aller Deutlichkeit festzustellen, dass sie sich hier nicht auf Anraten oder Anregung der Lobbys betätigt, sondern um diese Prä­zisierungen auch im Sinne der jeweiligen Rechtsbetroffenen durchführen zu können.

Es gilt daher in der Folge in dieser Novelle einige Begriffe klarzustellen, wie etwa denjenigen des „Amtsträgers“. Für öffentliche Aufgaben gibt es nunmehr eine ge­nauere dreistufige Definition des Amtsträgerbegriffes, wo man Schritt für Schritt prüfen kann, ob die Voraussetzungen des Amtsträgerbegriffes vorliegen oder nicht.

Auch der unterschiedliche Unrechtsgehalt zwischen pflichtwidrigen und pflicht­ge­mäßen Handlungen, der im geltenden Gesetz überhaupt nicht zum Ausdruck gekom­men ist, wird nun präzisiert. Man muss jetzt unterscheiden, ob man sich im Bereich eines Amtsgeschäftes mit Leistung und Gegenleistung oder im Bereich der Anfütterung befindet. Im Amtsgeschäftsbereich muss man wiederum unterscheiden zwischen pflicht­widrigem und pflichtgemäßem Verhalten. Im Zusammenhang mit einem pflicht­widrigen Verhalten darf man nicht einmal eine Kleinigkeit annehmen, bei einem pflicht­gemäßen Verhalten orientieren wir uns nun am Dienstrecht.

Ich darf das an einem Beispiel konkret darstellen. Ein Bauwerber lädt den zuständigen Beamten zum Abendessen ein und bittet ihn dabei um ein rasches Verfahren. – Das ist pflichtwidriges Verhalten. Pflichtgemäß ist es, alle Verfahren der Reihe nach zu behandeln. (Bundesrat Kneifel: Die Gemäßheit heißt lange Verfahrensdauer!)

Ein anderes Beispiel: Sie verlieren Ihren Reisepass, gehen zur Behörde, um sich einen neuen Reisepass ausstellen zu lassen. Sie geben dem Beamten eine Bonbonniere, dieser behandelt aber Ihren Antrag ganz normal. – Dann handelt es sich um ein pflicht­gemäßes Verhalten. Der Beamte kann also das kleine Präsent durchaus annehmen, außer das Dienstrecht spricht dagegen. Ob also die Präzisierung auch die Erleich­terung bringt, ist im konkreten Fall zu interpretieren.

Das heißt zusammengefasst: Bei pflichtwidrigem Verhalten ist das Anfüttern verboten, bei pflichtgemäßem Verhalten kommt das Dienstrecht zum Tragen. So wird auch erreicht, dass es zu einem Gleichklang zwischen Dienst- und Strafrecht kommt. Der Grundsatz lautet: Wenn der Dienstgeber nicht will, dass der Amtsträger einen Vorteil für pflichtgemäße Amtsgeschäfte annimmt, muss er das entsprechend zum Ausdruck bringen. (Bundesrat Schennach: Und das soll jemand durchschauen!) – Wenn Sie genauer aufpassen, werden Sie keine Schwierigkeiten haben, das zu vollziehen. (Heiter­keit bei ÖVP und SPÖ.)

Als vorbereitendes Anfüttern – ich bin noch gar nicht fertig (neuerliche Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ) – ist nur strafbar, was zur Beeinflussung zur Pflichtwidrigkeit dient.

Zur Frage der Sozialadäquanz stellen Sie sich drei Felder vor. Das erste enthält die dienstrechtlichen Verbote, das dritte diejenigen Vorteile, die das Dienstrecht aus­drücklich erlaubt, das zweite Feld liegt dazwischen. Dort enthält das Dienstrecht keine ausdrücklichen Bestimmungen. Es kann nie sozial adäquat sein, Vorteile für Pflicht­widrigkeiten anzunehmen. Es kann auch nie im redlichen amtlichen Verkehr sozial adäquat sein, Vorteile gegen ein ausdrückliches dienstrechtliches Verbot anzu­nehmen. Alles andere ist ohnedies nicht strafbar. Deshalb benötigt man keine eigene Bestim­mung für die Sozialadäquanz mehr. Sie ist in anderen Bestimmungen enthalten.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 198

Besonders erwähnen möchte ich auch das Instrument der tätigen Reue, das mit dieser Novelle eingeführt wird. Es kommt jenen Tätern zugute, die das pflichtwidrige Amts­geschäft verhindern und einen erlangten Vorteil bei der Behörde abgeben. Es wurde schon angesprochen, dass auch die Abgeordneten – ich sehe das jetzt insbesondere aus dem Blickwinkel der Medien und der Bürger als notwendig an – miteinbezogen worden sind. Es liegt nun ein Entwurf vor, der einerseits der bedeutenden Stellung des freien Mandats Rechnung trägt und andererseits die Abgeordneten in den Amts­trägerbegriff einbezieht.

Ich glaube, mit diesem geänderten Korruptionsstrafrechtsgesetz liegt nunmehr ein Instrumentarium vor, das die notwendige Klarheit schafft (allgemeine Heiterkeit) – Sie haben das ja nachvollzogen – und so ein Mittel zur Bekämpfung der tatsächlichen Korruption darstellt. Statt eines nicht wirklich brauchbaren Breitbandantibiotikums verfügen wir nun über eine gezielt einsetzbare Medizin. – Ich danke Ihnen. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesräte Dönmez und Zangerl.)

20.29

20.29.50

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

20.30.42Einlauf

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt elf Anfragen, 2708/J-BR/09 bis 2718/J-BR/09, eingebracht wurden.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen.

Falls der Nationalrat am 1. September 2009 das Amtshilfe-Durchführungsgesetz be­schließt, ist für Donnerstag, den 3. September, 13 Uhr, eine außerplanmäßige Sitzung des Bundesrates in Aussicht genommen.

Sollte dieser Termin nicht in Anspruch genommen werden, findet am Donnerstag, den 8. Oktober 2009, 9 Uhr, die nächste Sitzung des Bundesrates statt. Für die Tages­ordnung kommen jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verab­schiedet hat, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungs­recht des Bundesrates unterliegen.


BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 199

Die Ausschussvorberatungen sind im Falle der Plenarsitzung am 3. September 2009 für Donnerstag, den 3. September, 12 Uhr, geplant.

Falls dieser Termin nicht in Anspruch genommen wird, finden die nächsten Ausschuss­beratungen am Dienstag, den 6. Oktober, 13 Uhr, statt.

*****

Ich wünsche jenen von Ihnen, die noch keinen Urlaub hatten, einen schönen Urlaub und allen einen schönen Sommer.

Die Sitzung ist geschlossen.

20.32.04Schluss der Sitzung: 20.32 Uhr

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1017 Wien