BundesratStenographisches Protokoll779. Sitzung / Seite 38

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Du hast gesprochen von der großen Verantwortung, die wir gegenüber diesem Unter­nehmen, den Österreichischen Bundesbahnen, wahrzunehmen haben, und dass wir diese Verantwortung ernst nehmen sollen. Ich stimme da mit dir vollkommen überein!

Und du hast kritisiert, dass viele sich den Mund zerreißen über die ÖBB, die keine Kompetenz haben – „ohne Grundkenntnisse“, hast du formuliert.

Ich möchte daher zuerst meine Kompetenz nachweisen, bevor ich in dieses Thema einsteige. Als 12 Jahre lang tätiger Aufsichtsratsvorsitzender einer intermodalen Logis­tikdrehscheibe, der Ennshafen GmbH (Bundesrat Stadler: Wo du gute Erfahrungen mit den ÖBB gemacht hast, oder?), als Fachgruppenvorsteher-Stellvertreter der Spediteure Oberösterreichs in der Wirtschaftskammer glaube ich, dass ich an dieses Thema mit Kompetenz herangehen kann. Ich wollte das nur einleitend feststellen, weil du das kritisiert hast, dass manche ohne Kompetenz ... (Bundesrat Stadler: Nicht dich!) – Nein, nicht mich! – Nur dass das klargestellt ist.

Die Österreichischen Bundesbahnen haben für den Standort – und das hast du auch gesagt – eine enorm wichtige Bedeutung und sind ein sehr wichtiges Unternehmen. Die Stichworte kennen wir alle: Arbeit, Pendler, Wirtschaft, Logistik, Tourismus, Gäste­ströme und so weiter. Dieses Unternehmen ist wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Österreich in Europa, hat eine enorme Wichtigkeit. Und deshalb gilt diesem Unternehmen unsere gemeinsame Sorge, dass diese Wettbewerbsfähigkeit auch in Zukunft erhalten bleibt, nicht nur erhalten bleibt, sondern auch verbessert wird.

Die ÖBB sind auch ein großer Verbraucher, die Aufträge an zahlreiche Zulieferer ver­geben. – Alles gute Gründe, dass wir an einer starken und leistungsfähigen Bundes­bahn enormes Interesse haben.

Aber es beunruhigt mich schon, als Patriot – ich rede jetzt noch gar nicht von der Wirt­schaft –, als österreichischer Bürger und als Mandatar natürlich umso mehr, dass die­ses Unternehmen immer weniger wettbewerbsfähig wird, und ich möchte das anhand eines ganz konkreten Beispieles verdeutlichen.

Ich mache immer wieder Betriebsbesuche und frage in den Unternehmen – Stichwort Logistik –: Wie geht es euch mit Frächtern? Wie geht es euch mit Transporten? Wie geht es euch mit dem Güterumschlag? Und so weiter. Da sagt mir der Geschäftsführer eines großen Sägewerkes – des zweitgrößten Österreichs, einer der Hauptkunden der ÖBB –, dass man vor vier Jahren – ich habe dieses Werk vor zwei Monaten besucht – noch 450 000 Tonnen mit der Bahn transportiert habe, Rundholz her, Schnittholz weg. Ich habe dann gefragt, was der Grund ist, dass das bei einem Betriebsbesuch zu einem Thema wird. Darauf sagt mir der Geschäftsführer: Wissen Sie, ich möchte mit der Bahn transportieren, aber wir transportieren heute nur mehr 150 000 Tonnen.

Das ist meiner Meinung nach ein dramatischer Einbruch. (Bundesrat Lindinger: Ist der Umsatz so zurückgegangen?) – Nein, es ist nicht der Umsatz zurückgegangen, der Umsatz ist gleich geblieben. Aber: Dieses Sägewerk transportiert beispielsweise an die Adriahäfen, von Hafen zu Hafen. Bisher wurde mit den Österreichischen Bundesbah­nen transportiert. Dauer des Transportes von Enns nach Koper, an die Adria: 36 bis 50 Stunden Laufzeit. Das war für das Unternehmen nicht mehr tragbar, weil manche Schiffe versäumt wurden, die termingerecht ablegen mussten.

Angebot der slowenischen Bahn: Die slowenische Bahn holt das Holz ab und schafft denselben Transport in zwölf Stunden – und das Ganze noch um 15 Prozent günstiger. Ein österreichisches Unternehmen müsste ja hirnverbrannt sein, wenn es dieses Ange­bot nicht annähme. Und ich gehe davon aus, dass auch die slowenischen Bahnen wirt­schaftlich unterwegs sind. Es bereitet mir große Sorge, wenn ich so etwas höre.

 


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