BundesratStenographisches Protokoll784. Sitzung / Seite 46

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Da haben wir auf der einen Seite Milliarden von Menschen, die unterernährt sind, de­nen wir Rohstoffe, meist in Form von Billigstfuttermitteln, mehr oder weniger stehlen, um sie dann in Europa in viel zu viele und meist noch ungesündere Nahrungsmittel hi­neinzustecken und diese zu produzieren, und weil wir so viel Nahrungsmittelschrott pro­duzieren, brauchen wir auf der anderen Seite dann gesetzliche Regelungen, die garan­tieren, dass von Lebensmitteln keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Schä­digungen ausgehen. Bitte, das müssen wir uns einmal auf der Hirnrinde „zergehen" las­sen! Da wird einem regelrecht schlecht.

Auf der anderen Seite schaffen wir dadurch aber auch eine enorme Überproduktion in Europa, die wir dann wieder mit Hilfe von Subventionen in die Hungergegenden der Welt exportieren und die lokalen bäuerlichen Märkte in diesen Ländern ruinieren. Das ist die hoch subventionierte europäische Agrarpolitik!

Da darf ich Sie schon fragen: Wer profitiert von diesem System? – Das ist nicht nur ein Hirngespinst der Grünen oder von mir, sondern Erwin Wagenhofer, ein sehr erfolgrei­cher österreichischer Regisseur, hat einen Film herausgegeben, und das ist das Buch dazu. (Der Redner hält ein Buch mit dem Titel „We Feed The World“ in die Höhe.)

Ich würde unseren Kolleginnen und Kollegen von der Bauernstandesvertretung wirklich nahelegen, es zu lesen, denn es ist äußerst interessant und spannend. (Bundesrat Per­hab: Ist das auch wahr, was da drinnen steht!) Das ist Wahrheit! Wenn man daran nicht glaubt, dann ist man weg von der Realität, Herr Kollege. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Perhab.) Ich zitiere weiter: „Hunger ist meistens die Folge von politi­schem Versagen.“ Punkt. „Der Einsatz von Gentechnik wird daran nichts ändern. Im Gegenteil: Er wird mehr Bauern in eine Abhängigkeit von den großen Saatgutfirmen brin­gen, weil sie nicht mehr in der Lage sein werden, ihr Saatgut selbst zu erzeugen.“

Lesen Sie das Buch, es ist wirklich sehr spannend!

Die Frage stellt sich: Profitieren unsere Bauern und Bäuerinnen davon? Wenn ich mir die Entwicklung in Österreich anschaue, dann habe ich nicht das Gefühl, dass es un­serer Landwirtschaft zugute kommt. Im Gegenteil: Wir müssen unsere solide bäuerli­che Landwirtschaft gegen global agierende Großkonzerne schützen. Je intensiver ich mich mit Ernährung und Landwirtschaft auseinandersetze, desto mehr bekomme ich den Eindruck, dass man teilweise auch die Bauern vor ihren Vertretern schützen muss. (Hei­terkeit und Beifall bei Grünen und SPÖ sowie des Bundesrates Ertl.)

Die Landwirtschaft und die Ernährung sind die wichtigste Grundlage der menschlichen Gesundheit, aber auch eine wesentliche Krankheitsursache, in den reichen Ländern genauso wie in den armen Ländern. Leiden und frühzeitiger Tod von Milliarden Men­schen können durch gesunde Ernährung, sichere Lebensmittelproduktion und nachhal­tige Landwirtschaft verhindert werden. Dies sind die entscheidenden Faktoren für wirt­schaftlichen Aufschwung in den Entwicklungsländern, und sie sind das beste Rezept, um die ausufernden Kosten des Gesundheitswesens in den Industrieländern einzudäm­men.

Ein wichtiger Beitrag dazu ist, die Lebensmittelkennzeichnung zu revolutionieren, indem wir wirklich ganz einfach draufschreiben, was auch tatsächlich drinnen ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.58


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundes­rat Tiefnig. – Bitte, Herr Kollege. (Bundesrat Mag. Klug: Jawohl, jetzt kommt wieder ein Bauernvertreter!)

 


10.58.34

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Es ist hochinteressant, was der Kollege Dönmez aus Oberösterreich sagt, denn ich glaube, er lebt in einem Bundes-


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