BundesratStenographisches Protokoll787. Sitzung / Seite 31

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

jedes Mitgliedsland selbst überfordert ist. Aus dem Grund betrachten wir diese Rege­lung auf europäischer Ebene mit Wohlwollen.

Wir betreten mit dem Lissabon-Vertrag in mehrfacher Hinsicht Neuland. Es ist nicht nur die Europäische Union mitten im Umbau begriffen, von den Führungsinstrumenten bis zur Aufwertung des Europäischen Parlamentes und so weiter. Bei uns geht es darum, ob dieser Vertrag von Lissabon und diese Subsidiaritätskontrolle definitiv in der euro­päischen Politikarchitektur Substanz bekommt, ob das wirklich Wirkung erzielen kann.

Ich weise darauf hin, es gibt 27 Mitgliedsländer, also 54 Stimmen. Das heißt, bei jeder Rüge müssen wir ein Drittel dieser Stimmen, sprich, 18 Stimmen zustande bringen. Nun ist die Frage: Versanden wir da oder bringen wir da die PS auf den Boden? Das ist, so glaube ich, die ganz entscheidende Frage, ob wir da über Theorie reden. Aus diesem Grund habe ich vorher gesagt: Wir haben die Rechte auf dem Papier, wir müssen das alles mit Leben erfüllen.

Es gibt auf der COSAC, der Konferenz der Europaausschussvorsitzenden beider Kam­mern – also der ersten Kammern und der zweiten Kammern – der Parlamente, inten­sive Debatten darüber, wie dieses Clearing-Verfahren der nationalen Parlamente in Europa ablaufen kann. Unsere Meinung ist, dass in der COSAC bei jedem Einspruch, der sich in einem Parlament abzeichnet, sofort die Informationsmaschinerie inklusive der Argumente anlaufen muss, dass jeder bei den europäischen Parlamenten sofort mitbekommt: Was läuft da ab? Warum gibt es da Vorbehalte? Schließen wir uns die­sen Vorbehalten an?, sodass insgesamt das Selbstbewusstsein der Parlamente in dieser europäischen Politik eingebracht werden kann und dieser Vertrag von Lissabon die Wirkung erzielen kann.

Neuland ist auch – ich habe schon darauf hingewiesen – das Zusammenwirken mit den Ländern. Das verdient, so glaube ich, eine gewisse Vertiefung der Diskussion. Wir haben nur acht Wochen Zeit. In acht Wochen kann man nicht einmal in der Theorie einen Landtagsausschuss und eine Plenarsitzung des Landtages und so weiter einberufen, dass wir dann im Bundesrat nach Behandlung in unserem Europa­aus­schuss das noch beschließen können. Das wird in der Praxis nicht wirklich so funk­tionieren.

Mein Zugang und unser Zugang ist, dass wir im Vorfeld bereits die politische Sen­sibilisierung in den Landtagen stattfinden lassen müssen. Ich darf Herrn Präsidentem Preineder herzlich danken, dass er die Initiative ergriffen hat, im Herbst eine Euro­pakonferenz – den Termin finden Sie auf Ihren Tischen – abzuführen, weil es die Ziel­set­zung sein muss, dass die Sensibilisierung bei den großen Materien schon so stark im Vorfeld stattfindet, dass die Landtage dann, wenn sie betroffen sind und wenn sie sich intensiv einbringen wollen, nicht warten müssen, bis formal die Vorlage auf dem Tisch liegt, sondern sich vorher schon rechtzeitig politisch positionieren können und dieses Ineinandergreifen der politischen Ebenen funktioniert.

Das heißt, wir sind mitten in der Bewegung sowohl in Richtung Europäische Union, was die Vernetzung mit den EU-Mitgliedsländern betrifft, wie auch dahin, im eigenen Land die Zusammenarbeit mit den Ländern zu organisieren. Der Vertrag von Lissabon ist für uns, glaube ich, eine Chance, aber er ist vor allem auch eine große Heraus­forderung. Ich würde auch diese Debatte, so wie sie hier im Bundesrat heute stattfindet, und die Art und Weise des Zusammenwirkens, wie man sie im Europa­aus­schuss erfahren konnte, dieses besondere Klima im Bundesrat als eine Chance sehen, in Österreich die Europapolitik unaufgeregt, sachorientiert stattfinden zu lassen und an diesen Bereich einfach mit einem sehr konstruktiven Geist heranzugehen.

Wir alle, so wie wir hier sitzen, wissen, dass die Debatte in der ersten Kammer oft viel stärker parteipolitisch aufgeladen ist, dass man sich dort noch schwerer tut, zu einem


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite