BundesratStenographisches Protokoll793. Sitzung / Seite 30

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1765/M-BR/2011

„Wie gedenken Sie angesichts der überlangen Verfahrensdauer zahlreicher Korrup­tionsstraffälle der noch immer dramatischen personellen Unterbesetzung der Korrup­tionsstaatsanwaltschaft zu begegnen?“

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Danke schön, Herr Bundesrat, für diese Frage. Als ich Justizministerin wurde, gab es genau fünf Staatsan­wälte bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft. Man hat damals – vor meiner Zeit – ein Gesetz geschaffen und nicht für die personelle Ausstattung gesorgt. Mittlerweile haben wir zwölf Planstellen bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft, und es werden heuer noch mehr werden. Die Endausbaustufe wird dann zirka 40 Planstellen bei der sogenannten Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft haben.

Wie Sie wissen, werden die Aufgaben der Korruptionsstaatsanwaltschaft im heurigen Jahr erweitert. Sie soll sich vor allem um die großen Wirtschaftsfälle kümmern, und das ist auch gut so, denn die Grenzen zwischen Korruption und Wirtschaftskriminalität ver­schwimmen. Das zeigt sich immer wieder, und deswegen ist es wichtig, dass sich eine Stelle um diese Fälle kümmert.

Ganz generell wird es dieser Staatsanwaltschaft möglich sein, diese großen Fälle von Teams bearbeiten zu lassen. Das wird auch für größere Kontinuität sorgen.

Was die Verfahrensdauer betrifft: Natürlich wird das auch zur Folge haben, dass die Verfahren schneller erledigt werden. Aber eines muss ich in diesem Zusammenhang schon auch sagen: In Österreich ist die Verfahrensdauer nicht lange. Wir haben gerade das Ergebnis einer Europaratsstudie bekommen. Ich war selbst in Ljubljana, als diese Studie präsentiert wurde. Österreich steht im internationalen Vergleich hervorragend da, was die Verfahrensdauer betrifft.

Wenn ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen aus anderen Ländern spreche, dann höre ich auch, dass diese großen Wirtschaftsverfahren überall lange dauern – das liegt in der Natur der Sache –, vor allem durch den internationalen Bezug, den diese Verfah­ren haben.

Es gibt zahlreiche Rechtshilfeersuchen, teilweise auch an sehr exzentrische Länder oder Länder, die kein solches Rechtssystem haben wie wir, wo irgendwelche Offshore-Destinationen im Spiel sind. Das stellt uns wirklich vor Herausforderungen, und das dauert. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass gerade in diesen Fällen sorgfältig ermittelt wird, denn viel schlimmer als eine langsame Entscheidung wäre eine falsche Entschei­dung.

Aber ich kann Sie wirklich beruhigen, in Österreich dauern die Verfahren im interna­tionalen Vergleich nicht lange. Libro brauchen wir natürlich nicht zu diskutieren, dieses Verfahren dauert eindeutig zu lange, aber das soll sich ja ändern. Es soll sich durch die neue schlagkräftige Einheit bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien einiges ändern, denn es wird, wie gesagt, nicht nur möglich sein, im Team zu ar­beiten, sondern wir werden auch Experten zuziehen, von außen Know-how zukaufen. Wahrscheinlich werden es sieben Experten aus dem Bereich des Finanzmarktwesens, des Börsewesens et cetera sein, die den Staatsanwälten vor Ort wirklich helfen.

Es wird außerdem eine bessere Aus- und Fortbildung der Richter und Staatsanwälte geben, denn wir brauchen in der Justiz ein wirtschaftliches Grundverständnis für diese wirklich komplexen Wirtschaftsfragen. Es soll in der Ausbildung in Zukunft auch einen Praxisbezug geben. Das heißt, ein Staatsanwalt, ein Richter soll sich doch einmal in der Ausbildungszeit ein paar Monate lang in ein Rechtsbüro eines großen Unternehmens oder zu einem Wirtschaftstreuhänder setzen. Das bringt nämlich sehr viel.

 


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