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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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794. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 17. März 2011

 

 


Stenographisches Protokoll

794. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 17. März 2011

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 17. März 2011: 9.03 – 16.12 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Seilbahngesetz 2003 – SeilbG 2003 geändert wird

2. Punkt: Gemeinwirtschaftlicher Leistungsbericht 2009 der Bundesministerin für Ver­kehr, Innovation und Technologie

3. Punkt: Petition betreffend „Bessere Versorgung des ländlichen Raumes mit Breit­band-Internet“

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Uni­versitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 – UG) geändert wird

5. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regie­rung der Republik Serbien über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird

8. Punkt: Frauenbericht 2010 (Bericht betreffend die Situation von Frauen in Öster­reich im Zeitraum von 1998 bis 2008)

*****

Inhalt

Bundesrat

Gedenkminute für die Opfer der Naturkatastrophe in Japan ......................................... 8

Wortmeldung des Bundesrates Mag. Gerald Klug zur Geschäftsbehandlung ......... 31

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten Dr. Johannes Kyrle gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Aserbaidschan über die gegenseitige


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Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen durch den Herrn Bundespräsidenten        ............................................................................................................................... 32

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 8

Fragestunde (154.)

Landesverteidigung und Sport .................................................................................... 8

Mag. Gerald Klug (1772/M-BR/2011); Josef Saller, Peter Zwanziger, Dr. Jennifer Kickert

Gregor Hammerl (1769/M-BR/2011); Elisabeth Grimling, Gerd Krusche

Hermann Brückl (1776/M-BR/2011); Franz Wenger, Ewald Lindinger, Efgani Dönmez, PMM

Wolfgang Beer (1773/M-BR/2011); Karl Petritz, Peter Mitterer

Günther Köberl (1770/M-BR/2011); Stefan Schennach, Mag. Reinhard Pisec

Dr. Jennifer Kickert (1775/M-BR/2011); Christian Füller, Franz Perhab, Gerd Krusche

Michael Lampel (1774/M-BR/2011); Martina Diesner-Wais, Peter Zwanziger

Kurt Strohmayer-Dangl (1771/M-BR/2011); Inge Posch-Gruska, Johann Ertl, Elisabeth Kerschbaum

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt eines Mitgliedes der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union .............................................................. 33

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 35

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 31

Verhandlungen

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2011 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Seilbahngesetz 2003 – SeilbG 2003 geändert wird (1006 d.B. und 1038 d.B. sowie 8454/BR d.B. und 8457/BR d.B.) ................................................................................................................. 35

Berichterstatter: Wolfgang Beer ................................................................................... 35

Redner/Rednerinnen:

Manfred Gruber ...................................................................................................... ..... 35

Josef Steinkogler .................................................................................................... ..... 36

Gerd Krusche .......................................................................................................... ..... 37

Bundesministerin Doris Bures ............................................................................. ..... 38

Anneliese Junker .................................................................................................... ..... 38

Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ..... 39


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Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 40

2. Punkt: Gemeinwirtschaftlicher Leistungsbericht 2009 der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie (III-419-BR/2010 d.B. sowie 8458/BR d.B.) ............................................... 40

Berichterstatter: Wolfgang Beer ................................................................................... 40

Redner/Rednerinnen:

Monika Mühlwerth ....................................................................................................... 40

Bundesministerin Doris Bures ............................................................................  44, 50

Karl Boden ............................................................................................................... ..... 46

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 48

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 51

Mag. Michael Hammer ........................................................................................... ..... 53

Werner Stadler ........................................................................................................ ..... 55

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-419-BR/2010 d.B. zur Kenntnis zu nehmen        ............................................................................................................................... 57

3. Punkt: Petition betreffend „Bessere Versorgung des ländlichen Raumes mit Breitband-Internet“, überreicht von Bundesrat Georg Keuschnigg (28/PET-BR/2011 sowie 8463/BR d.B.) ................. 57

Berichterstatterin: Elisabeth Greiderer ........................................................................ 57

Redner/Rednerinnen:

Georg Keuschnigg ................................................................................................. ..... 57

Inge Posch-Gruska ................................................................................................. ..... 60

Entschließungsantrag der Bundesräte Georg Keuschnigg, Inge Posch-Gruska, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berichterstattung über die geplanten Aus­schreibungsbedingungen der Versteigerung der digitalen Dividende – Annahme (E 235-BR/2011) .................................................................  59, 61

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, den Ausschussbe­richt 8463/BR d.B. zur Kenntnis zu nehmen ......................................................................................................................................... 61

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2011 betreffend ein Bun­des­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 – UG) geändert wird (1054 d.B. und 1079 d.B. sowie 8459/BR d.B.) ...................................... 61

Berichterstatterin: Anneliese Junker ............................................................................ 61

Redner/Rednerinnen:

Mag. Reinhard Pisec .............................................................................................  62, 81

Dr. Angelika Winzig ................................................................................................ ..... 64

Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ..... 64

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 66

Dr. Jennifer Kickert ................................................................................................ ..... 68

Günther Köberl ....................................................................................................... ..... 70

Monika Kemperle .................................................................................................... ..... 72

Stefan Schennach (tatsächliche Berichtigung) ............................................................ 74

Notburga Astleitner ..................................................................................................... 74

Bundesministerin Mag. Dr. Beatrix Karl ............................................................  75, 81

Gerd Krusche ............................................................................................................... 80


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 4

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 82

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2011 betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Serbien über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit (878 d.B. und 1080 d.B. sowie 8460/BR d.B.) ................................... 82

Berichterstatterin: Mag. Bettina Rausch ...................................................................... 82

Redner/Rednerinnen:

Josef Saller .............................................................................................................. ..... 82

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 83

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, 1. gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen ........................................... 84

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2011 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (1030 d.B. und 1082 d.B. sowie 8455/BR d.B. und 8461/BR d.B.)     ............................................................................................................................... 84

Berichterstatter: Klaus Konrad ..................................................................................... 84

Redner/Rednerinnen:

Gerd Krusche .......................................................................................................... ..... 84

Martina Diesner-Wais ............................................................................................. ..... 86

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 88

Johann Schweigkofler ........................................................................................... ..... 90

Peter Mitterer .......................................................................................................... ..... 91

Walter Temmel ........................................................................................................ ..... 93

Michael Lampel ....................................................................................................... ..... 94

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 96

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2011 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird (1384/A und 1085 d.B. sowie 8456/BR d.B. und 8462/BR d.B.)          ............................................................................................................................... 96

Berichterstatter: Johann Schweigkofler ...................................................................... 96

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum .........................................................................................  96, 98

Franz Perhab ................................................................................................................. 97

Klaus Konrad .......................................................................................................... ..... 99

Johann Ertl .............................................................................................................. ... 100

Ferdinand Tiefnig .................................................................................................... ... 102

Wolfgang Beer ........................................................................................................ ... 103

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 104

8. Punkt: Frauenbericht 2010 (Bericht betreffend die Situation von Frauen in Österreich im Zeitraum von 1998 bis 2008) (III-412-BR/2010 d.B. sowie 8464/BR d.B.) .................................................. 104

Berichterstatterin: Juliane Lugsteiner ........................................................................ 104


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 5

Redner/Rednerinnen:

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ... 104

Adelheid Ebner ....................................................................................................... ... 108

Elisabeth Greiderer ................................................................................................ ... 109

Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ... 111

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................... ... 114

Werner Stadler ........................................................................................................ ... 117

Notburga Astleitner ................................................................................................ ... 120

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, den Bericht III-412-BR/2010 d.B. zur Kenntnis zu nehmen        ............................................................................................................................. 122

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesräte

Mag. Reinhard Pisec, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Verfahrensdauer in Zivilrechtssachen (2798/J-BR/2011)

Mag. Muna Duzdar, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend gemeinsame Obsorge (2799/J-BR/2011)

Dr. Magnus Brunner, LL.M., Edgar Mayer, Cornelia Michalke, Kolleginnen und Kolle­gen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend die Umsetzung einer Modellregion Vorarlberg im Gesundheitsbereich (2800/J-BR/2011)

Gerd Krusche, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Energiesparlampen (2801/J-BR/2011)

Gerd Krusche, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Energiesparlampen (2802/J-BR/2011)

Georg Keuschnigg, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Datenroaming bei Internetnutzung im Ausland (2803/J-BR/2011)

Dr. Magnus Brunner, LL.M., Edgar Mayer, Cornelia Michalke, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend die Zahl der Bundesbediensteten in den Ländern (2804/J-BR/2011)

Dr. Jennifer Kickert, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­pä­ische und internationale Angelegenheiten betreffend den Maßnahmenkatalog zur För­derung und zum Schutz der Ausübung aller Menschenrechte durch Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender-Personen (2805/J-BR/2011)

Mag. Bettina Rausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend den Schutz der Bevölkerung, besonders junger Menschen, vor soge­nannten Modedrogen (2806/J-BR/2011)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Bundesräte

Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Infrastrukturprojekte in der Stadtgemeinde Korneuburg (2794/J-BR/2011) (Zu 2794/J-BR/2011)


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 6

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Bundesräte Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen betreffend Druck der türkischen Botschaft auf die Wirtschaftskammer (2571/AB-BR/2011 zu 2780/J-BR/2010)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen betreffend Druck der türkischen Botschaft auf die Wirt­schaftskammer (2572/AB-BR/2011 zu 2779/J-BR/2010)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend Infrastruktur­projekte in der Stadtgemeinde Korneuburg (2573/AB-BR/2011 zu 2778/J-BR/2010)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Bundesräte Efgani Dönmez, PMM, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Beziehungen Österreich – Iran (2574/AB-BR/2011 zu 2782/J-BR/2010)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Bun­desräte Efgani Dönmez, PMM, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Handel zwischen Österreich und dem Iran (2575/AB-BR/2011 zu 2792/J-BR/2010)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Bundesräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stand der Umsetzung des Projekts „Weltkulturerbe Donau Limes“ (2576/AB-BR/2011 zu 2793/J-BR/2010)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen betreffend laufende und bis 2013 geplante Infrastrukturprojekte im Bundesland Wien (2577/AB-BR/2011 zu 2783/J-BR/2010)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen betreffend laufende und bis 2013 geplante Infrastrukturprojekte im Bundesland Tirol (2578/AB-BR/2011 zu 2784/J-BR/2010)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen betreffend laufende und bis 2013 geplante Infrastrukturprojekte im Bundesland Vorarlberg (2579/AB-BR/2011 zu 2785/J-BR/2010)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen betreffend laufende und bis 2013 geplante Infrastrukturprojekte im Bundesland Steiermark (2580/AB-BR/2011 zu 2786/J-BR/2010)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen betreffend laufende und bis 2013 geplante Infrastrukturprojekte im Bundesland Salzburg (2581/AB-BR/2011 zu 2787/J-BR/2010)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen betreffend laufende und bis 2013 geplante Infrastrukturprojekte im Bundesland Oberösterreich (2582/AB-BR/2011 zu 2788/J-BR/2010)


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 7

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen betreffend laufende und bis 2013 geplante Infrastrukturprojekte im Bundesland Niederösterreich (2583/AB-BR/2011 zu 2789/J-BR/2010)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen betreffend laufende und bis 2013 geplante Infrastrukturprojekte im Bundesland Kärnten (2584/AB-BR/2011 zu 2790/J-BR/2010)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen betreffend laufende und bis 2013 geplante Infrastrukturprojekte im Bundesland Burgenland (2585/AB-BR/2011 zu 2791/J-BR/2010)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Bundesräte Dr. Magnus Brunner, LL.M., Edgar Mayer, Cornelia Michalke, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend den Fall Cain K., fehlende Aktivitäten der Aufsichts­behörde bei der Diskussion um die Invaliditätspension des mutmaßlichen Täters (2586/AB-BR/2011 zu 2795/J-BR/2011)


 


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 8

09.03.13Beginn der Sitzung: 9.03 Uhr

 


Präsident Gottfried Kneifel: Ich eröffne die 794. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 793. Sitzung des Bundesrates vom 3. Februar 2011 ist auf­gelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Ana Blatnik und Hans-Jörg Jenewein.

09.03.34Gedenkminute für die Opfer der Naturkatastrophe in Japan

 


Präsident Gottfried Kneifel: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch immer stehen wir tief erschüttert und fassungslos unter dem Eindruck der Naturkatastrophe, die weite Teile Japans erfasst hat. Ich darf daher namens des österreichischen Bun­desrates dem japanischen Volk unser Mitgefühl und unsere tief empfundene Anteil­nahme aussprechen. Diese Ereignisse machen uns klar: Es gibt keine verschiedenen Welten. Es gibt nur eine Welt. Alles betrifft alle, und alles wirkt sich auf alle aus.

Die Folgen dieser entfesselten Naturgewalten sind heute in ihrer vollen Tragweite noch gar nicht absehbar. Eines steht jedoch fest: Ein Umdenken ist notwendig – ein Um­denken, das unsere Kreativität und unsere Innovationskraft, aber auch den Zusam­menhalt unserer Gesellschaft stark herausfordern wird.

In dieser Stunde geht es vor allem um Rettung, Trost und Zuspruch und um Solidarität mit dem geprüften japanischen Volk.

Derer, die durch dieses Jahrhundertbeben mit all seinen Auswirkungen nicht nur Hab und Gut, sondern auch ihr Leben verloren haben, wollen wir jetzt in einer Trauerminute gedenken. (Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen und verharren einige Zeit in stiller Trauer.)

Ich danke Ihnen. (Die Anwesenden nehmen ihre Plätze wieder ein.)

*****

Gemäß § 59 Abs. 8 der Geschäftsordnung gebe ich bekannt, dass Frau Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum ihre Anfrage an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie zurückgezogen hat.

09.06.01Fragestunde

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nun zur Fragestunde.

Bevor ich mit dem Aufruf der Anfragen beginne, weise ich darauf hin, dass ich die Fragestunde im Einvernehmen mit den beiden Vizepräsidenten, um die Behandlung aller mündlichen Anfragen zu ermöglichen, auf bis zu 120 Minuten erstrecken werde.

Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir kommen nun zur 1. Anfrage an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Mag. Klug, um die Verlesung seiner An­frage.

 



BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 9

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Werte Kolleginnen und Kollegen! Ein wesentliches Fundament der derzeitigen, hochaktuellen Bundesheerreformdebatte stellt meines Erachtens die Sicherheitsstrategie dar.

Meine Frage an Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, lautet daher wie folgt:

1772/M-BR/2011

„Wie ist der Stand der Überarbeitung der Sicherheitsstrategie?“

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben am 1. März 2011 im Minister­rat eine neue Sicherheitsstrategie für Österreich beschlossen, haben diese dem Parlament übermittelt und wollen diese Strategie noch um einen operativen Teil erweitern, den zu erarbeiten dem Parlament obliegt.

Ich möchte dazusagen, dass wir im Jahr 2001 die Sicherheitsdoktrin nur mit den Stim­men von ÖVP und FPÖ beschlossen haben. Es wurde damals also keine breite Mehrheit dafür gefunden. Es haben sich aus meiner Sicht in den letzten zehn Jahren einige Dinge geändert, und es war höchst an der Zeit, eine neue Sicherheitsstrategie zu erarbeiten.

Ich bin der Meinung, dass uns da ein guter Wurf gelungen ist. Das ist jetzt kein Eigenlob. Wir konnten das gestern in einem Unterausschuss des Parlaments disku­tieren, und dabei habe ich auch von den Oppositionsparteien – von den Grünen, von der FPÖ und vom BZÖ – Signale empfangen, dass sehr viele Dinge, die in diese neue Sicherheitsstrategie von den Regierungsparteien eingearbeitet worden sind, auch auf die Zustimmung der Opposition stoßen.

Der parlamentarische Prozess ist jetzt eröffnet. Ich gehe davon aus, dass wir diesen in den nächsten Wochen nicht nur intensivieren, sondern auch abschließen können. Es ist so, dass die Minister, die für diese Sicherheitsstrategie verantwortlich zeichnen – der Außenminister, die Innenministerin, mit Abstrichen auch die Justizministerin sowie der Verteidigungsminister –, auch den Ausschüssen im Parlament zur Verfügung ste­hen und diese Strategie dann auch so ausarbeiten, dass sie einen möglichst breiten Konsens im österreichischen Parlament findet.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Herr Bundesrat Saller, bitte.

 


Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Im Zuge des Analyseteils für die neue Sicherheitsstrategie werden im Rahmen der militärischen Landesverteidigung auch die Aufgaben zum Schutz der Bevölkerung im Bereich der Katastrophenhilfe und zum Schutz der verfassungs­mäßi­gen Einrichtungen betont.

Meine Frage: Wie viele Soldaten des österreichischen Bundesheeres müssen nach Ihren Einschätzungen für diese gesamten Inlandsaufgaben ständig präsent zur Verfü­gung stehen?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Grundsätzlich haben wir das dem Parlament übermittelt, um einen gemeinsamen Meinungsbildungsprozess zu ermöglichen. Ich sage ganz offen dazu, dass ich der Meinung bin, dass wir – auch dem jetzigen Konzept folgend und mir


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 10

vom Generalstab auch so vorgeschlagen – mindestens 10 000 Soldatinnen und Solda­ten für den Katastrophenschutz benötigen.

1 000 Soldatinnen und Soldaten sollten wir für den Auslandseinsatz zur Verfügung stellen. Alle anderen Aufgaben wie Assistenzeinsätze – beispielsweise der aus meiner Sicht wichtige, aber von anderen Parteien kritisierte Einsatz an der Grenze in Nieder­österreich und im Burgenland – müssten auch mit einem neuen System, wenn es denn zu einem neuen System kommen sollte, ermöglicht werden. Wichtig ist, festzuhalten, dass, wie es mein Vorschlag vorsieht, 10 000 Soldatinnen und Soldaten für den Katastro­phenschutz und 1 000 Soldatinnen und Soldaten für den Auslandseinsatz be­reitstehen sollten.

Es gibt Vorschläge meines Koalitionspartners, die darüber hinausgehen. Das wird in den nächsten Wochen zu diskutieren sein. Meinen Vorschlag sehe ich aber insofern als Latte, als das auch damals und auch aufgrund der Erfahrungen der Reform­kommission bei der ÖBH-Reform 2010, die im Übrigen alle im Parlament vertretenen Parteien beschlossen haben, zugrunde gelegt wurde.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Zwanziger.

 


Bundesrat Peter Zwanziger (FPÖ, Kärnten): Nur zur Information, Herr Fraktions­vorsitzender Klug: Sie hätten bei Ihrer Frage auch auf die Parlamentshomepage schauen können. Dort steht das alles ganz genau. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister, nun zu meiner Frage: Welche Sicherheitsstrategie verfolgen Sie bei der Zerschlagung des Bunkermuseums in Kärnten?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Ich verfolge überhaupt keine Strategie bei einer Zerschlagung eines Museums des öster­reichischen Bundesheeres beziehungsweise eines Museums, das ein Bediensteter des österreichischen Bundesheeres sehr offensiv betreibt. (Bundesrat Stadler: Das steht auf der Homepage!)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Dr. Kickert.

 


Bundesrätin Dr. Jennifer Kickert (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Minister! Worin sehen Sie in dem von der Regierung vorgelegten Entwurf zur Sicherheitsstrategie wesentliche Änderungen? Selbst wenn es noch ein Änderungsprozess ist, was sind die angestrebten wesentlichen Änderungen zur derzeitigen Sicherheitsstrategie?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Das kann man aus meiner Sicht in zwei Teile teilen:

Einerseits haben sich die Koalitionsparteien ÖVP und SPÖ darauf geeinigt – und da möchte ich schon anmerken: Das halte ich für richtig und wichtig! –, die in der alten Sicherheitsdoktrin festgelegte Annäherung an die NATO aus dieser Sicherheits­stra­tegie herauszunehmen. Österreich ist ein neutraler Staat. Unser Selbstverständnis baut auf der Neutralität auf. Ich sage hier ganz offen: Ich glaube nicht, dass Österreich als unabhängiger Staat wiedererstanden wäre, wenn wir uns nicht zur Neutralität bekannt hätten und diese 1955 festgeschrieben hätten. Das war damals auch ein überparteilicher Konsens, würde ich meinen.

Auf der anderen Seite ist die in der alten Doktrin festgeschriebene Bereitschaft zu einem NATO-Beitritt jetzt nicht mehr enthalten, und das halte ich auch für richtig. Österreich als neutraler Staat hat es nicht nötig, sich an die NATO anzunähern. Wie­


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 11

wohl ich auch offen dazusage: Das hat nichts damit zu tun, dass wir mit der NATO auch zusammenarbeiten, etwa innerhalb der „Partnerschaft für den Frieden“ oder im Rahmen unseres Auslandsengagements. So sind wir beispielsweise im Kosovo als stärkste Nicht-NATO-Truppenstellernation unter einem NATO-Kommando bereit, Schutz und Hilfe zu gewähren und unseren Beitrag für die Befriedung des Kosovo zu leisten.

Wir haben – und da darf ich die NATO-Frage noch einmal ansprechen – durchaus auch Interesse, wie wir das auch in der Sicherheitsstrategie festgeschrieben haben, unsere Ausbildungsprogramme mit der NATO abzustimmen. Wir haben gerade im ABC-Bereich – und das ist ein ganz wichtiger Bereich, der jetzt natürlich noch stärker in unser Bewusstsein gerückt ist als in den Monaten davor – mit NATO-Staaten wie Tschechien auch Abkommen, dass unsere Soldatinnen und Soldaten auch in NATO-Staaten – in diesem Fall eben in Tschechien – ausgebildet werden. Aber diese beiden Punkte sind neu, und ich bin dem Herrn Außenminister Spindelegger dankbar, dass er entgegen der Administration der Jahre 2000 bis 2006 über seinen Schatten gesprun­gen ist und dass wir das in dieser Sicherheitsstrategie auch gemeinsam so festlegen konnten.

Darüber hinaus gibt es neue Festlegungen in Bezug auf den Bereich der militärischen Bedrohung, die – das sagen die Experten aus dem österreichischen Bundesheer, aber ich glaube, das ist auch Common Sense in Österreich – nicht mehr so vorhanden ist, wie sie vielleicht vor 20 oder 30 Jahren noch vorhanden war. Deshalb auch eine Schwerpunktsetzung in Richtung neue Bedrohungsszenarien – Terrorismusbekämp­fung, Cyberwar, um nur zwei zu nennen.

Also das ist schon einen neue Qualität. Wir haben diese Strategie völlig neu geschrie­ben. Auch das ist eine Initiative von Außenminister Spindelegger, der gemeint hat, man sollte sich nicht zu stark an den Sätzen orientieren, die in der alten Doktrin gestanden sind, sondern eine völlig neue Strategie schreiben. Ich bin der Meinung, das ist uns gelungen.

Ich möchte noch einmal wiederholen: Gestern hat ja der diesbezüglich eingesetzte Unterausschuss getagt. Die Vertraulichkeit wurde aufgehoben, deshalb kann ich hier auch darüber sprechen. Es hat sich dort gezeigt, dass es einen Konsens von fünf Parteien im Parlament gibt, diese Strategie neu zu schreiben und auch die von der Regierung vorgelegten Punkte in diese neue Strategie einzuarbeiten.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nun zur 2. Anfrage.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Hammerl, um die Verlesung seiner Anfrage.

 


Bundesrat Gregor Hammerl (ÖVP, Steiermark): Hoher Bundesrat! Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister, meine Frage lautet:

1769/M-BR/2011

„Wie viele Personen aus den jetzigen Militärkommanden sind abzubauen, wenn das von Ihnen forcierte Berufsheer-Modell, welches statt Militärkommanden nur mehr kleine territoriale Verbindungsstellen kennt, umgesetzt wird?“

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Das von mir präferierte Modell ist ja in Diskussion. Wir sind auch mit dem Koalitionspartner ÖVP übereingekommen, wöchentlich über eine neue Ausrichtung unseres Wehrsys­


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tems zu verhandeln. Wichtig ist mir, festzuhalten, dass dieses Modell keine Abschaf­fung von Militärkommanden vorsieht, sondern dass wir in dieser Verbindungsschiene zwischen dem Land und der militärischen Präsenz in den Ländern plus dem Minis­terium für Landesverteidigung auch in Zukunft bestehen bleiben.

Sie wissen, ich komme selbst aus einem Bundesland und bin kein Gegner des Föde­ralismus, ganz im Gegenteil. Es ist, in aller Unbescheidenheit gesagt, mir zu verdan­ken, dass es beispielsweise noch Militärmusiken in allen Ländern gibt. Da hat es ja Widerstände gegeben und auch Versuche meiner Amtsvorgänger, das abzuschaffen. Diese territoriale Verbindung wird auf jeden Fall bestehen bleiben.

Ich kann Ihnen nicht sagen, wie viele Personen bei den jeweiligen Militärkommanden beschäftigt sein werden. Wir arbeiten derzeit daran, eine Vertiefung dieses Berufsheer-/Profiheermodells durchzuführen, und ich kann Ihnen erst dann sagen, wie viele Solda­tinnen und Soldaten in den jeweiligen Ländern diese Verbindungsschiene zu den Lan­desregierungen und zur Bevölkerung bilden werden.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bun­desrat Hammerl.

 


Bundesrat Gregor Hammerl (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Ist der Bestand der Hubschrauberstaffel in Aigen in der vollen Anzahl der dort stationierten Fluggeräte Alouette III sichergestellt?

Herr Bundesminister, die Steiermark war in den letzten Jahren von Naturkatastrophen nicht verschont, und die Hubschrauberstaffel wird nicht nur in der Steiermark, sondern fraglos auch dann gebraucht, wenn etwas in den anderen Bundesländern passiert, denn das sind Profis. Ich bitte um Antwort.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Die Mitglieder der steirischen Landesregierung wissen, dass die Staffel bis 2020 auf jeden Fall gesichert ist, so wie es auch das Konzept meines Amtsvorgängers Günther Platter vorgesehen hat.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Grimling.

 


Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): In Medienberichten wird im Zusam­men­hang mit der Reform auf eine sogenannte Kasernenschließungsliste verwiesen. Gibt es eine solche Kasernenschließungsliste für den Fall des Umstiegs auf ein Profi­heer?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Es gibt keine Kasernenschließungsliste. Es ist so, dass eine Neuorganisation des österreichischen Bundesheeres auch eine Neuorganisation insge­samt erfordern würde. Ich erinnere nur daran, dass Sie – nicht alle, die jetzt hier anwesend sind, aber die Abgeordneten zum Bundesrat – in die ÖBH-Reform 2010 eingebunden waren, wo wir ein Minus von 40 Prozent der Kasernen in Österreich, der Standorte des österreichischen Bundesheeres zu verabschieden hatten. Da gab es einen Fünf-Parteien-Konsens – unter Helmut Zilk damals moderiert –, aber ich sage ganz offen, dass natürlich auch bei einer Neuausrichtung des österreichischen Bun­desheeres in diesem Bereich noch Abstriche zu machen sein werden.

Ich sage ein Beispiel: In Wien werden wir, sollte das kommen – das ist aber unab­hängig zu sehen von der Frage: Profiheer, Freiwilligenheer oder allgemeine Wehr­pflicht wie jetzt? –, versuchen, viele Standorte zusammenzulegen, was eine Win-win-


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Situation für das österreichische Bundesheer, für die Stadt Wien und für unsere Aus­richtung insgesamt wäre, denn wenn man auf einem Standort das Bundesheer konzentrieren kann, dann kann man andere Standorte verkaufen, und da rechne ich mit einem Verkaufserlös von ungefähr 30 Millionen €. Daher halte ich das für richtig und gut.

Wir haben beispielsweise auch in meinem Heimatland Burgenland durch den Ausbau von Güssing und durch die von Günther Platter damals veranlasste Schließung von Pinkafeld und Oberwart auch einen Schritt zu einer Zusammenführung gesetzt. Das ist sowohl von den Bürgermeistern der Städte als auch von der Bevölkerung und auch vom österreichischen Bundesheer so akzeptiert.

Es gibt aber, um auf Ihre Frage konkret zu antworten, keine Schließungsliste. Wir werden uns jetzt im Vertiefungsprozess natürlich damit auseinandersetzen, wo es noch Synergien gibt, um weniger Standorte bedienen zu müssen. Aber wir werden keine Liste von radikalen Schließungen beschließen, denn wenn es zu einem Freiwilligen­heer kommen sollte – das können wir ja einmal in weiterer Folge diskutieren, dazu ist heute wahrscheinlich noch zu früh –, dann bräuchten wir für die Ausbildung dieser Freiwilligen natürlich Standorte des österreichischen Bundesheeres. Es braucht sich niemand zu fürchten, dass es einen radikalen Einschnitt geben würde, was Schließun­gen von Kasernen betrifft.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Krusche.

 


Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Anknüpfend an die vorhergehende Frage ist ja festzustellen, dass eine sehr große Verunsicherung bei den Heeresangehörigen herrscht. Es kursieren ständig neue Gerüchte über Listen, wo angeführt ist, was alles gesperrt werden soll. Diese Gerüch­teküche trägt sicherlich nicht zur Motivation und Schlagkraft unseres Bundesheeres bei.

Meine Frage daher: Bis wann wird es denn eine solche Liste von Ihnen geben, zumin­dest auf Basis des von Ihnen favorisierten Modelles, um endlich diese Verunsiche­rungen zu beenden?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Jeder Reformprozess ist natürlich auch dazu angetan, gewisse Verunsicherung zu schaffen. Man muss sich nur die Frage stellen: Welches System möchte man?

Wir haben derzeit in der Europäischen Union die Situation, dass 22 Mitgliedstaaten ein Berufs- oder Freiwilligenheer haben. Es gibt nur mehr 5 Staaten, die ein solches nicht haben.

Ein Reformprozess ist aus meiner Sicht dringend notwendig, aber es ist aus meiner Sicht nicht zwingend notwendig, sozusagen die letzte Frage vor der ersten zu beantworten. Es wird derzeit keine Liste erstellt, aber wir werden uns im Vertiefungs­prozess natürlich anschauen, welche Liegenschaften des österreichischen Bundes­heeres benötigt werden und welche nicht.

Ich möchte noch einmal bekräftigen: Es ist nicht geplant, in den Bundesländern eine Schließungswelle durchzuführen. Ganz im Gegenteil: Wir haben ja auch das von der österreichischen Bundesheerreform beschlossene Konzept mit Musterkasernenausbau eingelöst. Das heißt, das österreichische Bundesheer wird moderner. Aber ich gebe durchaus zu, dass eine Verunsicherung da ist, und diese Verunsicherung muss man natürlich durch entsprechende Gespräche ausräumen.


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Die derzeitige Situation ist folgende: Ich habe den Herrn General Commenda beauf­tragt, die Vertiefung meines Modells durchzuführen. Und bis zum Sommer  werden wir vorlegen können, welche infrastrukturellen Maßnahmen dafür notwendig sein werden.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nun zur 3. Anfrage.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Brückl, um die Verlesung seiner Anfrage.

 


Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie würden gerne das bestehende Wehrsystem auf ein Berufsheer umstellen.

Meine Frage dazu:

1776/M-BR/2011

„Wie hoch wären die Kosten für eine Wehrsystemumstellung von Wehrpflicht auf ein Berufsheer?“

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat, einfach beantwortet, auch wenn das in der Öffentlichkeit anders dargestellt wurde: Mit allen Anreizsystemen, mit allen Werbemaßnahmen würde, so haben es meine Experten im Generalstab ausgerechnet, das neue System eines Freiwilligenheeres, einer Profiarmee die gleichen budgetären Kosten verur­sachen wie das jetzigen System. Diese liegen derzeit bei ungefähr 2,2 Milliarden €.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Brückl.

 


Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! In der Ausgabe der Zeitschrift „Der Soldat“ vom Dezember 2010 steht zu lesen, dass laut dem Chef des Generalstabes Generalleutnant Commenda der Gesamtinves­titions­bedarf für die Umsetzung der Reform des Bundesheeres 2010 bis zum Jahr 2012 4 Milliarden € ohne die Kosten für die Eurofighter ausmachen würde.

Würden für eine gesamte Wehrsystemumstellung im Vergleich zu einer Reform des bestehenden Heeres nicht mindestens dieselben Finanzmittel, nämlich die genannten 4 Milliarden € notwendig sein?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sie zitierten einen Artikel aus einer Ausgabe, die schon ziemlich weit zurückliegt und wo sozusagen das Umstellungssystem über die Jahre hinweg definiert wird. Dem ist nicht so! In diese Falle laufe ich jetzt nicht, dass man 4 Milliarden € in einem Jahr für die Umstellung des Bundesheeres braucht.

Tatsächlich ist es so: Das ist ein Prozess, der festgelegt wurde, und diese Umstellung ist unabhängig von der Tatsache, ob wir das jetzige Wehrsystem beibehalten oder ein neues brauchen, zu sehen. Ich kann Ihnen jedenfalls sagen, dass die Zahlen, die ich vorgelegt habe, nämlich die Summe von 2,2 Milliarden €, jeder kritischen Betrach­tung – auch Ihrerseits – standhalten werden.

Aber da haben Sie schon recht: Wir werden, wenn wir die Reform des österreichischen Bundesheeres 2010 umzusetzen haben – wir haben schon 119 Maßnahmen von 135 umgesetzt –, natürlich auch die Investitionsvolumina einzubringen haben, die damals unter Helmut Zilk von den Kolleginnen und Kollegen aus dem Nationalrat und auch von


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Leuten aus dem Generalstab festgelegt worden sind. Das werden wir auch cash auf den Tisch zu legen haben.

Ich kann Ihnen aber sagen: Wir haben ganz gut gewirtschaftet. Wir haben relativ hohe Rücklagen erwirtschaftet. Aber die von Ihnen angesprochene Frage ist unabhängig vom Wehrsystem zu sehen. Wir werden in den nächsten Jahren auch Anschub­finanzierungen zu tätigen haben, wie beispielsweise in Güssing und in Melk, um nur zwei Kasernen zu nennen, um die Vorgaben der ÖBH-Reform 2010 erfüllen zu können. Diese sind aber aus meiner Sicht relativ unabhängig von der Frage des Wehr­systems zu sehen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Wenger.

 


Bundesrat Franz Wenger (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister, derzeit sind zirka 14 000 Rekruten in der Systemerhaltung eingesetzt. In den von Ihnen vorgelegten Modell eines Berufsheeres gibt es dazu aber keine Aussagen. Weiters sind auch die Kosten für die Erfüllung dieser Aufgaben nicht in den Gesamtkosten von zirka 2,2 Millionen € in Ihrem Berufsheermodell angegeben.

Wie sollen Ihren Vorstellungen nach bei einem Berufsheer diese System­erhaltungs­aufgaben erfüllt werden? Wie hoch veranschlagen Sie dafür die Kosten?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Herr Bundesrat, mein System geht davon aus, dass Grundwehrdiener ersetzt werden durch die Profimiliz, durch Zeitsoldaten, durch Soldatinnen und Soldaten, die in den Unteroffiziers- und in den Offiziersrang kommen. Vorgeschlagen ist von meiner Seite – und da bin ich Ihnen insofern dankbar für Ihre Frage, als ich das erstmals jenseits einer vernebelten Debatte ausführen kann –, dass wir im Jahr ungefähr 2 000 Soldatinnen und Soldaten brauchen, um ein Freiwilligenheer befüllen zu können.

In den ersten vier Jahren wollen wir auf 2 550 Soldatinnen und Soldaten zurückgreifen, die folgendermaßen zusammengesetzt werden: 850 Soldatinnen und Soldaten für die Profimiliz, 1 300 Zeitsoldatinnen und Zeitsoldaten und 400 Unteroffiziers- und Offiziers­anwärter. Das sind zusammen 2 550. In der Übergangsphase ist natürlich auch zu befüllen. Wir haben in unseren Berechnungen klar zum Ausdruck gebracht, wie das finanziell vonstattengehen soll.

Und um der nächsten Frage vorzukommen: Ist das zu schaffen? – Dazu sage ich ein klares Ja. Wir haben jetzt 3 700 Anwärter pro Jahr und brauchen im Schnitt 1 000 Soldatinnen und Soldaten für den Zeitsoldatenbereich oder andere Verwendungen, wie etwa PIAD, Personen im Ausbildungsdienst.

Als Anreiz sind 5 000 € Prämie in diesem System verankert, wenn man sich auf zehn Jahre zur Profimiliz bekennt. Das sind dann immerhin 50 000 €. Gegenleistung: Zwei Wochen Übungen im Jahr. Und ein zusätzlicher Anreiz von 7 200 € ist für Auslands­einsätze festgelegt. Damit können wir – und da bin ich mir hundertprozentig sicher – die Aufgaben dieses Modells von der Befüllung und von der Rekrutierung her voll erfüllen.

Wir werden die Dinge, die Sie angesprochen haben, natürlich durch unsere Profi­soldaten zu ersetzen haben. Wir werden auch Leistungen zukaufen müssen, wenn es um die sogenannten Systemerhaltungsaufgaben geht. Aber das ist ja genau die zen­trale Frage: Ist es wirklich sinnvoll, dass wir 60 Prozent jener, die verpflichtend zum österreichischen Bundesheer gehen, in Systemerhaltungsfunktionen haben müssen? Ich meine nein, denn das führt ja genau dazu, dass die dann aus dem österreichischen


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Bundesheer als frustrierte ehemalige Rekruten ausscheiden. Und das ist ja auch der Grund, warum wir ein neues System etablieren wollen.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Lindinger.

 


Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Wurden die Kosten für erforderliche neue Wege bei der Personalrekrutierung für das Profiheer berechnet?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Auf zwei Ebenen. Die eine Ebene habe ich ganz kurz skizziert: 5 000 € Prämie als Anreiz für Milizsoldaten, die sich auf zehn Jahre verpflichten, der Miliz anzugehören. Gegen­leistung: Zwei Wochen Übungen pro Jahr und im Katastrophenfall die Bereitschaft, zur Verfügung zu stehen. 7 200 € pro Soldat, der zum Einsatz ins Ausland geht, zusätzlich zu dem, was er an Gehalt bekommt.

An dieser Stelle möchte ich eine Sache aufklären, die ich medial mitverfolgt habe. Es ist irgendwo gestanden, 24 000 € bekämen die jetzt, und nach meinem System würden sie nur 7 200 € bekommen. Das ist falsch! Richtig ist: 24 000 € bekommen sie auch in Zukunft. Das ist der Schnitt: 4 000 € mal 6. Sie bekommen 4 000 € im Auslandseinsatz. Also nicht wenig, das ist aber gerechtfertigt. Ich meine, wenn man am Golan, in Bosnien, im Kosovo oder in Afghanistan Dienst versieht, dann ist das gerechtfertigt. Zusätzlich kommen jetzt noch 7 200 € dazu, wenn man sich freiwillig für einen Auslandseinsatz meldet. Also ein Mehrwert. – Soweit zum Anreizsystem.

Wir haben außerdem für Zeitsoldatinnen und Zeitsoldaten ein Ausstiegsszenario entwickelt, dass sie nach einer gewissen Zeit in einen Zivilberuf übergeleitet werden können. Dafür haben wir zirka 20 Millionen € pro Jahr vorgesehen. Und wir haben – und das ist ein hoher budgetärer Ansatz – 30 Millionen € für Rekrutierungs­maß­nahmen, für Werbemaßnahmen im neuen österreichischen Wehrsystem vorgesehen. Ich würde meinen, das alles wird im Gesamtpaket dazu führen, dass wir nicht schlecht schlafen müssen, wenn es um die Rekrutierung in Richtung eines Freiwilligenheeres geht.

Ich sage aber dazu: Es gibt ja noch keine Entscheidung. Wir beginnen jetzt mit den Verhandlungen mit dem Koalitionspartner, und dann erfolgen sie natürlich auch mit dem Parlament.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Dönmez.

 


Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Durch die angekündigten Veräußerungen von Liegenschaften wird ja ein bestimmter Betrag in die Kassen gespült. Meine Frage: Wie hoch wird dieser Betrag sein? Und werden dadurch bestimmte Teile von eingeleiteten Reformen überflüssig werden?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat, ich bin sehr offen: Mein Amtsvorgänger, den ich grund­sätzlich sehr schätze, hat in einem Anflug von – ich weiß nicht – Populismus von einer Milliarde Euro Erlös gesprochen, der nie festgeschrieben war. Es war immer ein Erlös von 400 Millionen € aus dem Verkauf von 38 bis 40 Prozent der Liegenschaften festge­schrieben. Wir liegen derzeit knapp darüber. Ich verhehle nicht, dass es mir als dem zuständigen Minister ab und zu lieber wäre, gewisse Dinge schneller abzuwickeln, aller­dings gibt es da zwei große Hemmschuhe.


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Der eine Hemmschuh ist der Denkmalschutz. Warum sage ich das jetzt? – Ich habe nichts gegen den Denkmalschutz, ganz im Gegenteil, aber wenn man Nazi-Kasernen sozusagen unter Denkmalschutz stellt, um zu sagen: Das ist eine Nazi-Kaserne!, dann ist das für mich logisch nicht nachvollziehbar. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

Und der zweite Hemmschuh ist: Es gehen – und ich war selbst 17 Jahre Gemeinderat und Bürgermeister in einer kleinen Gemeinde und weiß das daher – natürlich die Begehrlichkeiten unserer Bürgermeisterinnen und Bürgermeister dahingehend, mög­lichst billig an Liegenschaften des österreichischen Bundesheeres heranzukom­men. Das ist legitim, aber wir können die Kasernen nicht unter ihrem Marktwert ver­kaufen. Außerdem sind wir ja auch rechungshofgeprüft.

Es gibt also in dem einen oder anderen Verkaufsprozess gewisse Stolpersteine, die wir noch nicht überwunden haben. Aber unterm Strich haben wir bisher einige Millionen Euro mehr erlöst, als wir erlösen wollten.

Aber ich meine – und das ist sozusagen der Kern Ihrer Frage –, dass man den Reform­prozess nicht an den Verkauf von Liegenschaften aufhängen sollte, sondern folgende politische Diskussion führen sollte: Ist es möglich, mit gleichen Kosten die gleiche Leistung zu erzielen und keine Zwang mehr ausüben zu müssen?

Dieser politischen Diskussion stelle ich mich gerne. Sie hat mich in den letzten Wochen ziemlich beschäftigt, wie Sie mitbekommen haben, auch wenn sie nicht immer zu meiner positiven Imagebildung beigetragen hat. Aber ich stehe trotzdem dazu, möchte aber sagen, dass die Reform nicht von der Frage abhängen kann, ob wir Liegen­schaften verkaufen oder nicht.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nun zur 4. Anfrage.

Ich bitte, den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Beer, um die Verlesung seiner Anfrage.

 


Bundesrat Wolfgang Beer (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine Frage lautet:

1773/M-BR/2011

„Nachdem Sie am 17. Jänner die sieben Wehrsystem-Modelle präsentiert haben, wie stellt sich nun der weitere Prozess hinsichtlich der Festlegung des künftigen Wehr­systems aus Ihrer Sicht dar?“

 


Präsident Gottfried Kneifel: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Werter Herr Bundesrat, ganz einfach gesagt: Ich gebe zu, es hat mich die Heftigkeit der Diskussion ein bisschen überrascht, denn es war seit Oktober bekannt, dass es einen Fünf-Stufen-Plan gibt:

Erstens: Die Beauftragung des Generalstabes mit der Ausarbeitung von Modellen.

Zweitens: Die Ausarbeitung einer Sicherheitsstrategie. Diese wurde ja heute schon ganz kurz diskutiert.

Drittens: Die Vorlage von Modellen. – Die Modelle habe ich, wie Sie richtig gesagt haben, am 17. Jänner vorgelegt. Und zwar stehen sie auf der Grundlage der Vor­schläge der Zilk-Kommission, sind also basierend auf der Mobilmachungsstärke von 55 000 Mann. Diese ist ja halbiert worden von ehemals 110 000 Mann auf 55 000.

Viertens: Die politische Diskussion. Und da stehen wir jetzt am Beginn.


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Fünftens: Die Möglichkeit – und das sehe ich nicht als Problem, sondern als Chance für die Politik, nämlich sich nicht weg vom Bürger zu bewegen, sondern hin zum Bürger –, das Volk, sollte es keine Einigung geben, hier mit einzubeziehen und zu befragen.

Darüber hinaus läuft derzeit eine Vertiefung des Prozesses. Ich habe den General Commenda beauftragt, die Dinge, die sozusagen als Eckpunkte der Modelle vorge­sehen sind, zu vertiefen. So läuft derzeit der Prozess. Wir sind in guten Verhandlungen mit dem Koalitionspartner, haben uns darauf verständigt, uns jede Woche vor dem Ministerrat zu treffen und offen Fragen auszudiskutieren.

Ich freue mich eigentlich auf diese Diskussion. Es ist eine sehr spannende Diskussion, die aus meiner Sicht eine richtungsweisende Auswirkung auf die Sicherheitspolitik in Österreich haben wird.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bun­desrat Beer.

 


Bundesrat Wolfgang Beer (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister, welche Verbände und Einheiten beziehungsweise welche Standorte müssten bei einer etwaigen Einrichtung des Freiwilligenheermodells aufgelöst beziehungsweise geschlossen werden?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Es könnte zu einer Reduzierung der Zahl der Brigaden und der Bataillone kommen. Aber die Auflösung von Standorten – das habe ich schon gesagt – ist nicht in einem Ausmaß vorgesehen, dass es zu einer radikalen Schließungs­welle käme. Das ist jetzt Grundlage der Vertiefung durch die Arbeit des Generalstabes.

Sie können sicher sein, dass wir, sollte es zu einer Volksbefragung kommen, die Karten auf den Tisch legen werden. Ich halte es allerdings nicht für besonders sinnvoll, in der jetzigen Phase schon eine Verunsicherungswelle in der Bevölkerung auszu­lösen, denn es ist die zentrale Frage zu beantworten: Welches System ist am besten für die Sicherheitspolitik in Österreich? – Ich kann Ihnen nur sagen, dass die Grund­lage der Berechnungen des Generalstabs klar ausweist, dass eine Freiwilligenarmee beziehungsweise eine Profiarmee für die Lösung der Aufgaben, wie sie sich jetzt gerade etwa im Zuge der Entwicklungen in Japan, aber auch in Libyen stellen, besser geeignet ist.

Brutal ausgedrückt: Ich könnte jetzt gar nicht einen Grundwehrdiener ins Ausland, beispielsweise nach Japan, schicken. Dafür bräuchte ich nämlich Profis im ABC-Bereich beziehungsweise in anderen Bereichen. Insofern meine ich, dass uns auch diese Diskussion – ohne jede Polemik – zum Nachdenken bringen sollte, mit welchen Soldatinnen und Soldaten man die Aufgaben der Zukunft lösen soll.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Petritz.

 


Bundesrat Karl Petritz (ÖVP, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sie haben erst in jüngster Zeit öffentlich erklärt, dass Sie sich auf die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner über die verschiedenen Wehrsysteme freuen und mit offenen Erwartungen in diese Gespräche gehen.

Weiters haben Sie gesagt, dass Sie sich einem Kompromiss nicht verschließen wer­den.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 19

Meine Frage lautet daher: Ist für Sie als Ergebnis der Verhandlungen auch ein Kom­promiss denkbar, der eine modernisierte und reformierte Wehrpflicht zum Inhalt hat?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Verhandlungen haben es an sich, dass man am Beginn der Verhandlungen das Ergebnis nicht voraussagen oder vorsehen kann. Ich bin kein Hell­seher und kein Prophet. Ich bin der Meinung, dass man nicht ein bisschen schwanger sein kann – das habe ich mehrfach auch in der Öffentlichkeit gesagt –, sondern dass man sich entscheiden muss, ob man entweder das jetzige System beibehalten will oder ein neues System mit Aussetzen der Wehrpflicht beziehungsweise ohne Wehr­pflicht präferiert. Das ist die Position, mit der ich in die Verhandlungen gehe.

Ich lasse mich aber auch gern von Argumenten meines Gegenübers, des Koalitions­partners, überzeugen, wenn sie stichhaltig sind. Aber ich bitte um Verständnis, dass man am Beginn von Verhandlungen das Ergebnis der Verhandlungen nicht vorweg­nehmen kann.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Mitterer.

 


Bundesrat Peter Mitterer (FPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Bei den Bedürfnissen der Österreicherinnen und Österreicher ist der Wunsch nach Sicherheit weit vorne gereiht. Das ist auch ein Grund, warum wir der Meinung sind, dass viele Österreicherinnen und Österreicher für die Beibehaltung der allgemeinen Wehr­pflicht sind. Das hat sich auch daran gezeigt, dass innerhalb kürzester Zeit in Kärnten 12 100 Personen eine solche Petition unterzeichnet haben.

Eine ähnliche Meinung, was die Beibehaltung der Wehrpflicht anbelangt, hatte auch General Entacher, den Sie dann kurzerhand – rechtmäßig oder nicht – entlassen haben.

Meine Frage an Sie: Haben Sie den Abberufungsbescheid von General Entacher bereits unterfertigt? Wenn nein, warum nicht?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Das ist ein laufendes Verfahren, zu dem ich nicht Stellung nehmen werde. Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir uns im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten befinden und ich bis zum 24. März Zeit habe, jegliche bescheidmäßige Vorgangsweise in Richtung General Entacher zu wählen.

Ich bitte um Verständnis dafür, dass jede andere Aussage meinerseits möglicherweise seine oder meine Position beeinflussen und schwächen würde. Mein Verhalten ist keine Geringachtung des Bundesrates! Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir uns an die gesetzlichen Vorgaben halten werden und auch verpflichtet sind, diese einzuhalten.

Sie können davon ausgehen, dass ich in dieser Frage peinlichst darauf schauen werde, von meiner Seite keinen formalen Fehler zu begehen.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nun zur 5. Anfrage.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Köberl, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister, meine Frage lautet:


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 20

1770/M-BR/2011

„Woher sollen bei einem abrupten Umstieg auf Ihr Berufsheer-Modell schlagartig die 10 000 für Inlandseinsatzaufgaben notwendigen Soldaten kommen, wenn es weder Grundwehrdiener noch Milizangehörige gibt, welche dafür eingesetzt werden könn­ten?“

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat, Sie wissen, dass wir derzeit zumindest 13 000 Berufs­sol­daten in strukturierten Einheiten haben, und diese stehen uns auch zur Verfügung. Darüber hinaus haben wir auch einen hohen Anteil an Milizsoldaten.

Mein neues System – und deswegen verstehe ich nicht ganz die Widerstände des Milizverbandes – würde vorsehen, dass wir eine neue Qualität in die Miliz bringen und dass man sozusagen in einem Prozess, der durchaus bis zu zehn Jahren andauern wird, wie in meinem Modell, das ich auch übermittelt habe, nachzulesen ist, nicht nur darüber nachdenkt, sondern auch veranlasst, dass diese Soldaten tatsächlich zur Verfügung stehen. Sie können davon ausgehen, wann immer es zu einer Umstellung des Systems kommen sollte, dass die 10 000 Soldaten aus dem Milizbereich und aus dem Bereich der jetzt schon beim Bundesheer befindlichen Berufssoldaten zu rekru­tieren sein werden.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): In den Berechnungen gehen Sie davon aus, dass schlagartig 5 000 Personen weniger dem Bundesheer angehören wer­den. Gleichzeitig sagen Ihre Experten aber auch, dass maximal eine jährliche Abbaurate von 500 Personen möglich ist, und dies nur dann, wenn der Personalabbau durch geeignete Maßnahmen unterstützt wird.

Meine Frage daher: Welche Maßnahmen meinen Sie damit, und wie hoch sind die zusätzlichen Kosten dafür?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat, es gibt das Modell 1 , das ist das jetzige Modell, und es gibt das Modell 3, das ist sozusagen dieses Modell der Profiarmee. Beim Modell 1 habe ich selbst – und das ist auch akkordiert – vorgeschlagen, über einen gewissen Zeitraum 1 700 Vollbeschäftigungsäquivalente, wie es so bürokratisch heißt, abzubauen. Beim Modell der Profiarmee habe ich festgelegt, 2 200 Vollbeschäftigungsäquivalente abzu­bauen.

Das heißt, es besteht ein Unterschied von 500 Vollbeschäftigungsäquivalenten, und Sie wissen genauso gut wie ich, dass erstens das Beamten-Dienstrecht es mir nicht ermöglicht und ich zweitens politisch gar nicht willens bin, irgendjemanden sozusagen vor die Tür zu setzen.

Wir haben sehr viele Maßnahmen im Sozialbereich gesetzt. Wir haben gemeinsam einen Fallschirm erarbeitet – auch meine Vorgänger haben das im Hinblick auf § 113 schon gemacht, um das in Erinnerung zu rufen –, um auch dafür zu sorgen, dass es keinen Fall ins Bodenlose gibt, sondern dass eine soziale Absicherung vorhanden ist, wenn es um Reduzierungen geht.

Wir haben darüber hinaus – und das ist ein Kern Ihrer Frage, für die ich sehr dankbar bin – einen Vertrag mit dem Finanzministerium abgeschlossen, der es mir ermöglicht, an die 400 bis 500 Bedienstete des österreichischen Bundesheeres in die Finanz zur


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Exekutierung neuer gesetzlicher Vorhaben wie Korruptionsbekämpfung oder Kontrollen im Glückspielbereich, die das Parlament beschlossen hat, überzuführen. Außerdem habe ich auch der Innenministerin angeboten, 200 Mitarbeiter des österreichischen Bundesheeres ins Innenministerium überzuführen, damit das, was die Bevölkerung gern hätte, auch geschieht, dass nämlich die dann ehemaligen Bediensteten des österreichischen Bundesheeres in die Verwaltung der Polizei übergeführt werden können, damit die ausgebildeten Polizisten für Sicherheit auf Österreichs Straßen sorgen können.

Das sind zwei Maßnahmen im Verwaltungsbereich – wie ich jetzt sehr eigenlobmäßig angehaucht sage –, die ich in anderen Ressorts selten sehe. Es ist dies also in Richtung Verwaltungsreform meines Erachtens ein richtiger und guter Schritt. Sie können davon ausgehen, dass wir mit den natürlichen Abgängen und den erwähnten Maßnahmen diesen Abgang, den wir benötigen, um das Bundesheer der Zukunft als verschlankte Freiwilligenarmee aufstellen zu können, mit aller Vehemenz durchsetzen werden.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Nächste Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Schen­nach.

 


Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es ist interessant, dass man gemeinsam ein Bedrohungsszenario und eine Sicher­heits­strategie beschließt, dass das aber bei einem Teil jener, die es beschließen, inhaltlich gar nicht angekommen ist. (Beifall der Bundesrätin Mag. Neuwirth.) Nur so kann man nämlich verstehen, dass man sich wehrt, die für diese Sicherheitsstrategie notwendige Professionalisierung eines modernen Bundesheeres zu veranlassen, und stattdessen weitestgehend eine Laienarmee beibehalten will, wie das die allgemeine Wehrpflicht bedingt.

Herr Bundesminister, Sie haben gesagt, dass es keine abrupten Übergänge geben soll und es auch bei Inlandseinsätzen eine Professionalisierung geben wird, wie sie die Deutschen mit dem technischen Hilfswerk vorsehen. Sehen Sie das für solche Inlands­einsätze auch in Österreich vor?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Herr Bundesrat, grundsätzlich ja. Mich unterscheidet aber von den Grünen die Festle­gung ... (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Die Häme haben Sie sich nicht verdient, das war mein Fehler! Ich wollte damit nur ausdrücken: Mich unterscheidet von Peter Pilz – sagen wir einmal so – die Tatsache, dass ich der Meinung bin, dass der Katastrophenschutz beim Bundesheer sehr gut aufgehoben ist. Ich meine, es muss eine Symbiose geben zwischen Einrichtungen wie beispielsweise der Freiwilligen Feuerwehr, die auch von der Mann- und Fraustärke in einem Katastrophenfall sehr viel einzubringen haben, und einer Profitruppe, die beispielsweise in Fällen wie Galtür mit Hubschraubern eingesetzt werden kann oder auf einen Pioniereinsatz an der Donau vorbereitet ist. Die großen Zahlen von 10 000 Soldatinnen und Soldaten, die auch von mir festgelegt wurden, sind nur dann abzurufen, wenn es zu einem großen Hochwasser oder zu einer Katastrophe wie beispielsweise jetzt in Japan kommt, was wir uns in Österreich nicht vorstellen können und auch in unseren schlimmsten Szenarien nicht ausmalen möchten.

Darüber hinaus haben natürlich die Freiwilligen-Organisationen den Hauptanteil zu tragen. Ich habe aber beispielsweise – auch gegen den Widerstand aus meinem Haus – veranlasst, dass in Niederösterreich Pionierboote beziehungsweise Schnell­boote für Hochwasserkatastrophen, die leider sicherlich wieder einmal kommen wer­


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den, zur Verfügung gestellt werden. Ich halte es allerdings für falsch, ein technisches Hilfswerk einzurichten, weil das Know-how beim österreichischen Bundesheer vorhan­den ist.

Ich sage das jetzt ganz eigennützig: Auf die Frage, was die Hauptaufgabe des öster­reichischen Bundesheers sein sollte, sagen – wobei es Schwankungsbreiten bei der Beantwortung gibt – über 90 Prozent der Bevölkerung: Katastrophenschutz. Und „nur“ – unter Anführungszeichen – 20 Prozent nennen als Hauptaufgabe Auslands­einsätze, und der Anteil derjenigen, die als Hauptaufgabe die Landesverteidigung sehen, ist verschwindend gering.

Wir müssen uns verfassungsmäßig auch dafür rüsten, aber da wir von Staaten umgeben sind, die Mitglieder der Europäischen Union sind, und ich nicht davon ausgehe, dass wir eine militärische Bedrohung aus der Schweiz oder aus Liechtenstein zu erwarten haben, ist für mich klar, dass die Bedrohungsszenarien, die von Experten außerhalb meines Ressorts, aber auch von Experten meines Ressorts im Generalstab gezeichnet wurden, realistisch so einzustufen sind, dass wir eine territoriale Bedrohung in den nächsten zehn Jahren nicht zu erwarten haben.

Deswegen bin ich der Meinung, dass wir uns beim Katastrophenschutz durchaus gut aufstellen sollten, und ich sage das auch eigennützig: Das ist ein Asset für das österreichische Bundesheer. Bei keiner der Diskussionen, die wir in den letzten Monaten über das Wehrsystem geführt haben, konnte das österreichische Bundesheer im Hinblick auf den Katastrophenschutz beschädigt werden. Ganz im Gegenteil: Die Bevölkerung sieht das österreichische Bundesheer in der Wertigkeit Kompetenz, Beliebtheit und Verlässlichkeit weit vor Journalisten und Politikern. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Mag. Pisec.

 


Bundesrat Mag. Reinhard Pisec (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister, im Zusammenhang mit der Berufsheerdiskussion wer­den Sie jede Unterstützung benötigen, um die erforderliche Zahl von Soldaten beziehungsweise – wie Sie immer gendern  – SoldatInnen aufzubringen. (Bundesrat Gruber: Ist das Gendern so schlecht?) Ich habe das positiv gemeint!

Glauben Sie nicht, dass es sinnvoll wäre, mit der Offiziersgesellschaft an einem Strang zu ziehen und sich für Ihre öffentlichen Verunglimpfungen gegenüber der Offiziers­gesellschaft öffentlich zu entschuldigen, da Sie diese als Marketinginstrument in Zu­kunft noch brauchen werden?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat, ich bin für jeden Dialog offen. Ich habe aber das Gefühl, dass der Dialog sehr einseitig ist, auch wenn Sie das anders sehen.

Ich entschuldige mich für den Vergleich mit meinem Sportverein. Ich wollte damit nur sagen, dass das eine private Vereinigung ist, während in der Öffentlichkeit immer suggeriert wurde, dass das die Vertretung des Hauses ist. Das ist nicht der Fall! Ich habe aber eher das Gefühl, dass die Verunglimpfungen von der Seite der Offiziers­gesellschaft in meine Richtung gehen, sogar in persönlichen Bereichen. Aber ich bin jederzeit insoweit Profi – um jetzt die Profiarmee noch einmal ins Spiel zu bringen –, um einen Dialog zu führen.

Ich verstehe aber manche Positionen der Offiziersgesellschaft überhaupt nicht, zum Beispiel jene, dass man eine Aufwertung der Miliz verteufelt. Ich weiß nicht, warum das


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der Fall ist! – Wenn ich Milizsoldaten verpflichte, zwei Wochen zu üben – was unter Günther Platter nicht der Fall war, unter mir jedoch in rudimentären Ansätzen wieder erfolgt ist und jetzt verpflichtend sein soll –, dann weiß ich nicht, warum Vertreter der Miliz beispielsweise gegen dieses System auftreten!

Ich verstehe auch nicht, warum die Offiziersgesellschaft gegen eine Professio­nalisie­rung der Armee auftritt! Wenn sich jemand im System fürchten muss – und jetzt bin ich schon sehr weit draußen –, dann sind es möglicherweise die Unteroffiziere. Ich ver­stehe eine allfällige Verunsicherung bei Unteroffizieren, die Grundwehrdiener aus­bilden. Das sind die einzigen, die sich verunsichert fühlen können, nicht aber ein Hubschrauberpilot, ein Jagdkommandosoldat oder ein Pionier!

Ich sage Ihnen jetzt ganz offen, wenn ich es vielleicht auch ein bisschen salopp ausdrücke, dass mir Mitglieder der Berufssoldatenfraktion gesagt haben, dass es ihnen, wenn es zu einem Einsatz kommt, lieber ist, wenn sie sich umdrehen, dass hinter ihnen ein Profi steht und kein Grundwehrdiener. Insofern sehe ich keinen Grund, mich zu entschuldigen, abgesehen von dem Vergleich mit meinem Sportverein. Dafür entschuldige ich mich hiermit, denn dieser war vielleicht ein bisschen überzogen! (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nun zur 6. Anfrage.

Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Dr. Jennifer Kickert, um die Frage­stellung.

 


Bundesrätin Dr. Jennifer Kickert (Grüne, Wien): Werter Herr Bundesminister! Nach dem großen Thema Bundesheerreform möchte ich den Fokus auf ein möglicherweise kleines Detail legen.

Meine Frage lautet:

1775/M-BR/2011

„Mit welchen Kosten rechnen Sie für Ihr Ressort anlässlich der Veranstaltung ‚Airpower‘ 2011 in Zeltweg?“

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Die Kosten sind mit 3,375 Millionen € veranschlagt. Davon zahlen das Land Steiermark 800 000 €, die allseits bekannte Firma Red Bull 905 000 € und den Rest von 1,67 Millionen € mein Ressort, das Ministerium für Landes­vertei­digung. Ich halte das für eine gute und richtige Investition, und ich bin froh, dass wir diesbezüglich in Kooperation mit dem Land Steiermark, aber auch mit einer sehr erfolgreichen österreichischen privaten Firma stehen.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Dr. Jennifer Kickert (Grüne, Wien): Ich hätte gerne eine Beschreibung der Effekte dieser von Ihnen genannten guten und richtigen Investition, mit welchen Sie diese Investition tatsächlich rechtfertigen.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Diese Investition ist aus meiner Sicht aus mehreren Gründen zu rechtfertigen.

Das wichtigste Argument: Zu diesem Anlässen kommen 300 000 Besucher in eine Region, die nicht gerade mit Arbeitsplätzen gesegnet ist beziehungsweise die in den letzten Jahrzehnten ziemlich schwierige Zeiten durchgemacht hat. Diese 300 000 Be­sucher bewirken, dass es nach unseren Berechnungen in der Region eine Wert­schöp­


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fung von 20 Millionen € gibt. Insofern sind die 3,7 Millionen  €, die die öffentliche Hand beziehungsweise eine private Firma zur Verfügung stellen, aus meiner Sicht gerecht­fertigt.

Außerdem sage ich ganz offen: Egal, wie man zu den Luftgeräten beim öster­reichischen Bundesheer steht, ist das jedenfalls auch eine gute Möglichkeit, uns in Österreich, aber auch im internationalen Konnex als professionelle Truppe zu präsen­tieren, um Aufmerksamkeit auf uns zu lenken. Diese Kombination aus wichtiger Werbe­maßnahme für das österreichische Bundesheer plus Wertschöpfung für die Region von 20 Millionen € rechtfertigt aus meiner Sicht die in zwei Jahresabständen durchzu­führende „Airpower“ in Zeltweg.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Nächste Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Füller.

 


Bundesrat Christian Füller (SPÖ, Steiermark): Meine Frage lautet: Welchen Mehr­wert bringt die „Airpower“ 2011 in Zeltweg in Zeiten knapper Budgets für das Bun­desheer insgesamt, für die Steiermark und für das obere Murtal, die Bezirke Judenburg, Murau und Knittelfeld, die, wie Sie schon angesprochen haben, durchaus einem Strukturwandel unterlegen waren?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Zeltweg ist für die Formel-1-Rennen bekannt, die es früher dort gegeben hat. Jeder von uns weiß, wie negativ es sich auf die Region ausgewirkt hat, als diese dann weggefallen sind. Man kann dafür oder dagegen sein, aber unterm Strich ist natürlich sehr viel Geld, auch im Tourismusbereich, weggefallen. Im Hinblick darauf glaube ich, dass eine Investition von 1,3 Millionen € durch mein Ressort zu rechtfertigen ist, und zwar, wie ich noch einmal sagen möchte, auf Grund des Werbewertes für unser Haus, für das österreichische Bundesheer, aber auch auf Grund der Umwegrentabilität von 20 Millionen € im Tourismusbereich.

Allein das rechtfertigt aus meiner Sicht diese Investition. Und ich sage auch ganz offen: Ich bin stolz darauf – man muss bei Kooperationen immer vorsichtig sein –, da mit einer der erfolgreichsten Firmen Österreichs, die auch eine weltweit anerkannte Marke darstellt und auch mit Österreich verbunden wird, zu kooperieren.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Nächste Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Perhab.

 


Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Zeltweg ist nicht nur Zukunftsraum, was die Airpower betrifft, sondern auch die 15 Eurofighter sind im Fliegerhorst Zeltweg stationiert. Da es immer wieder Meldungen in den Medien gibt, dass von den 15 Eurofightern nur zwei aufgrund eines Mangels von Ersatzteilen einsatzfähig sind, meine Frage: Wie viele sind tatsächlich einsatzfähig?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Es sind nicht zwei einsatzfähig, sondern es ist die Einsatz­fähigkeit für die Überwachung des österreichischen Luftraums gegeben. Ich bekomme nicht täglich die Klarstellungsmeldungen, aber es ist jedenfalls – Sie können ruhig schlafen – sichergestellt, dass der österreichische Luftraum sowohl mit den Saab als auch mit den Eurofightern überwacht werden kann. Es ist während meiner vierjährigen Tätigkeit als Minister noch nie passiert, dass wir mit den Abfangjägern nicht aufsteigen konnten, wenn wir aufsteigen mussten. Wir brauchen in einer Republik wie Österreich, die von ihrer geographischen Ausdehnung her nicht wirklich groß ist, nicht 15 Eurofighter pausenlos in der Luft zu haben. Das ist eine Mär ausgestreut von jenen,


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die vielleicht erstens gegen den Eurofighter waren, und zweitens auch von jenen, die meinen, 15 seien zu wenig.

Ich sage Ihnen: 15 sind genug! Wenn wir den Vorschlägen der alten Bundesregierung nachgekommen wären, nämlich: 32, 24, 18, dann wäre das österreichische Bun­des­heer in seiner Existenz budgetär tatsächlich gefährdet.

Zusammengefasst: Es sind immer so viele Eurofighter flugfähig und im Klarstand, die notwendig sind, um den österreichischen Luftraum zu überwachen. Mit Dingen, die da immer wieder in den Medien herumkursieren, etwa dass wir ein schlechteres Gerät haben, hat der Klarstand nichts zu tun.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Krusche.

 


Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Herr Bundesminister, ich möchte wieder auf die Hauptfrage zurückkommen: Als Bundesrat dieser eher strukturschwachen und von Abwanderung bedrohten Region ist mir die wirtschaftliche Bedeutung eines solchen Impulses wie der „Airpower“ durchaus bewusst. Sie haben bereits den zweijährigen Rhythmus angesprochen. Dieser war ja in der Vergangenheit nicht immer gewährleistet. Es ist auch zu Ausfällen und Absagen dieser Veranstaltung gekommen.

Meine Frage daher: Ist ein zweijähriger Rhythmus der „Airpower“ auch in Zukunft geplant, und zwar unabhängig von der Umsetzung eines neuen Heeresmodelles?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat, ja. Ganz klare Antwort! Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass wir im Zweijahresrhythmus bleiben sollten. Ich möchte noch dazusagen, weil Sie das auch angesprochen haben, dass natürlich da und dort Kritik auch in dieser Region da ist, aber dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung dort das auch als belebendes Element sowohl wirtschaftlich als auch für die Region insgesamt sieht.

Klare Antwort: Das hat mit dem Wehrsystem überhaupt nichts zu tun. Und wenn es nach mir geht, wird es diesen Zweijahresrhythmus auch weiterhin geben.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nun zur 7. Anfrage.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Michael Lampel, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Michael Lampel (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Als Sportbereichssprecher meiner Fraktion möchte ich in dieser Fragestunde auch das Thema Sport nicht vernachlässigen. Sie haben ja bereits ein anderes besonderes Reformprojekt in Angriff genommen, und zwar die über die Jahre sehr komplex gewor­dene Bundessportförderung.

Daher meine Frage:

1774/M-BR/2011

„Wie ist der Status der Reform der Bundes-Sportförderung?“

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Die Bundessportförderung ist eines meiner zentralsten Anlie­gen als Sportminister in diesem Fall, denn ich habe gesehen, dass wir da noch einen Aufholbedarf haben, was die Transparenz betrifft, was den Mitteleinsatz insgesamt betrifft, was ein Weggehen vom Gießkannenprinzip betrifft. Und ich freue mich, Ihnen


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mitteilen zu können, dass wir in der nächsten Woche das Papier der Experten auch an die Dach- und Fachverbände übergeben können.

Ich gehe davon aus, dass wir mit 1. Jänner 2012 ein neues Bundes-Sportför­de­rungs­gesetz auch im Parlament verabschieden werden können, weil ich gesehen habe, dass im Prozess alle an einem Strang gezogen haben. Es gibt natürlich da und dort unter­schiedliche Auffassungen, aber grundsätzlich ist es gelungen, was ja nicht so einfach ist, fast eine Quadratur des Kreises zu schaffen, die dahin geht, dass, wie gesagt, alle Dach- und Fachverbände eingebunden waren. Unter der Führung von Universitäts­professor Wolfgang Mayrhofer wurde dieses Expertenpapier erarbeitet, ohne politische Einflussnahme unter Einbindung der wichtigen Player in diesem Bereich, auch unter Einbindung von ehemaligen Spitzensportlern, die weder parteipolitisch einzuordnen sind noch einem Verband als Feigenblatt dienen, sondern die sich wirklich persönlich eingebracht haben. Ich nenne jetzt zwei Namen: Claudia Kristofics-Binder, Eiskunst­lauf, Claudia Heill, Judo. Ich bin stolz darauf, dass das gelungen ist.

Wir werden ab nächster Woche in die öffentliche Diskussion einsteigen, und ich gehe davon aus, dass ein neues Gesetz, das weg vom Gießkannenprinzip hin zu einer transparenten und effizienten Förderung geht, mit 1. Jänner 2012 im Parlament zu verabschieden sein wird.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wird vom Anfragesteller eine Zusatzfrage gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Zu einer Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Diesner-Wais zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister, Sie haben bereits darauf hingewiesen, dass schon Vorarbeiten geleis­tet wurden, wobei schon viele eingebunden wurden. Daher meine Frage: Warum wurden in die bisherigen Vorarbeiten an der Reform der Bundessportförderung eigent­lich nicht die für Sport zuständigen Bundesländer mit eingebunden, und warum wurde das mit diesen nicht abgestimmt?“

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Das ist ein nächster Schritt im Prozess, der erfolgen wird. Ich habe das auch in Konversation mit Herrn Landeshauptmann Pühringer schriftlich so festgelegt. Jetzt hat einmal eine Expertenrunde getagt, die natürlich auch aus Experten besteht, die in den Bun­desländern Funktionen im Sport haben. Es muss ein Schritt nach dem anderen gesetzt werden. Wir haben jetzt die Expertenrunde, wir binden jetzt die Fach- und Dach­ver­bände ein und dann natürlich auch die Bundesländer, denn ich möchte eine Förderreform zustande bringen, die auf einen Konsens hinausläuft, der alle umfasst. Ich möchte, dass wir es schaffen, dass alle in einem Boot sitzen.

Das ist kein Bosheitsakt, sondern eine Vorgangsweise, die Schritt für Schritt festgelegt ist. Es ist noch nichts fix, das heißt, wenn es Änderungsvorschläge gibt, habe ich überhaupt kein Problem damit. Mir ist nur wichtig, dass wir für mehr Transparenz sorgen. Wir haben in einigen Bereichen gesehen – Sie kennen die leidige Causa ÖOC –, dass Transparenz erforderlich ist, und darum geht es mir.

Ich komme selbst aus einem Bundesland, war sehr lange politisch in diesem Bun­desland tätig. Also es liegt mir fern, die Länder da auszusparen, sondern ich werde die Länder jetzt in weiterer Folge, wenn wir mit den Dach- und Fachverbänden gesprochen haben, in diesen Prozess einbinden, denn es ist nichts zu Ende gedacht beziehungs­weise noch nichts festgeschrieben. Insofern bitte ich Sie, zu akzeptieren, dass das kein feindlicher Akt gegenüber den Ländern ist, sondern ganz im Gegenteil: Wir möchten


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 27

die Länder auch in die Diskussion über einen von uns akkordierten Expertenvorschlag mit einbinden.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Zwanziger.

 


Bundesrat Peter Zwanziger (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die Spitzensportförderung ist ja in Österreich relativ gut dotiert. Es gibt auch noch ganz gute Sponsorverträge aus dem Privatbereich. Wie schaut es mit dem Breitensport aus? Haben Sie da auch vor, finanziell nachzuhelfen?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat, natürlich, das Konzept ist, eine Balance zwischen Spitzen- und Breitensport zu halten. Wir haben im Spitzensport doch einige neue Initiativen gesetzt, wie zum Beispiel das Team Rot-Weiß-Rot, auf das ich sehr stolz bin, weil sich da sehr viele Sportlerinnen und Sportler eingebracht haben, die normalerweise mit­einan­der nichts zu tun haben: Wintersportler, Sommersportler, Mannschaftssportler, Einzelsportler. Das hat es in Österreich bis jetzt eigentlich noch nicht gegeben.

Ich glaube – und das ist meine feste Überzeugung, das mag jetzt sehr trivial klingen, aber dies ist meine ehrliche Überzeugung –, dass Breitensport nicht ohne Spitzensport und Spitzensport nicht ohne Breitensport überleben kann. Die Pyramide muss sich durch den Breitensport nach oben entwickeln. Die Besten kommen dann in den Spitzensport.

Auf der anderen Seite kann eine Initialzündung für das Betreiben von Sport auch durch eine Topleistung eines Spitzensportlers erfolgen. Das heißt, dass sich das von oben nach unten entwickeln kann.

Aber die beiden Punkte sind natürlich in diesem Konzept, das, wie gesagt, nächste Woche fertiggestellt wird, auch enthalten. Ich möchte schon dazusagen, dass mir im Spitzensportbereich nur wichtig ist – das möchte ich auch hier in diesem Kreis festhalten –, dass wir ein bisschen wegkommen von der Gießkanne.

Da wird es bei gewissen Fachverbänden sicherlich noch einige Widerstände geben, aber Leistung muss sich im Spitzensport lohnen. Jene, die gut arbeiten, sollen dafür auch belohnt werden. Wir müssen auch als Sportministerium dafür sorgen, in der olympischen Bewegung jene zu stützen, wo wir dann auch die Chance haben, die Unterstützung des Spitzensports in Form von Medaillen refundiert zu bekommen. Das ist aber ein Bereich, den man in diesem Gremium nicht so ausführlich diskutieren kann. Ich würde diese Frage sowohl im Sportausschuss des Nationalrates als auch, wenn es gewünscht wird, in Diskussionen mit Ihnen gerne eingehender erörtern.

Noch einmal, auf Ihre Frage zurückkommend: Ich sehe beide Bereiche als gleich­berechtigt an.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nun zur 8. Anfrage.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Strohmayer-Dangl, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Kurt Strohmayer-Dangl (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister, da ja immer wieder auf Deutschland und Schweden als Musterländer Bezug genommen wird, wo die Wehrpflicht einem Berufsheer gewichen ist, stellt sich für mich die Frage:


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1771/M-BR/2011

„Wie beurteilen Sie die Situation in Deutschland und Schweden, die von der Wehr­pflicht auf ein Berufsheer umgestiegen sind und enorme Probleme haben, die für das Berufsheer notwendige Anzahl an Freiwilligen zu rekrutieren?“

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat, man sollte nicht alles glauben, auch wenn es in der Öffent­lichkeit mehrfach wiederholt wird. Ich habe mit meinen Ministerkollegen in Schweden und in Deutschland – der eine ist mir jetzt abhanden gekommen – Gespräche geführt, in denen das Gegenteil behauptet wurde. Weder die Schweden noch die Deutschen sehen in der Rekrutierung ein Problem.

Ich kann nur für Österreich sagen, dass ich, wie ich schon in Beantwortung einer vorher gestellten Frage angedeutet habe, jetzt 3 700 Meldungen von Freiwilligen habe und davon ausgehe, dass ich aus diesem Pool die notwendigen Profisoldatinnen und -soldaten, Zeitsoldaten, Unteroffiziers- oder Offiziersanwärter rekrutieren kann. Das ist meine feste Überzeugung. Das deckt sich auch mit den Annahmen des Generalstabes und des Heerespersonalamtes.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Kurt Strohmayer-Dangl (ÖVP, Niederösterreich): Trotz Ihrer Aussage, 3 700 Freiwillige zu haben, der ich mich nicht anschließen kann, stellt sich für mich die Frage: Werden Sie, um genügend Freiwillige für Ihr Bundesheer zu haben, so wie es in anderen Ländern, was ja kolportiert wurde, bereits geschehen ist, die Qualität der Auf­nahmetests senken und somit Bewerber mit einem geringeren Intelligenzquotienten nehmen beziehungsweise, wenn wirklich nötig, auch Häftlinge aus Gefängnissen anwerben? (Oh-Rufe bei der SPÖ.)

Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat, ich werde jetzt nicht meiner Empörung Ausdruck geben, aber ich möchte schon sagen, dass das ein bisschen ein Untergriff gegenüber jenen 3 700 ist, die sich jetzt schon beworben haben, nämlich im alten System. Und ich weigere mich einfach, anzunehmen, dass diese Menschen nicht intelligent sind, sondern diese Menschen interessieren sich für den Dienst beim Bundesheer und sind damit sozusagen wichtige Garanten der Sicherheit Österreichs.

Da Sie gesagt haben, Sie glauben es nicht: Das sind Zahlen, die nicht von mir erfun­den worden sind. Sie können Herrn Hofrat Mais anrufen, wenn Sie wollen, der ist im Heerespersonalamt dafür zuständig. 3 700 haben wir jedes Jahr. Wenn diese sozu­sagen als Idioten hingestellt werden, dann würde ich das zurückweisen. (Bundesrat Kainz: Hat er nicht gesagt!) Sie haben das zwar nicht so gesagt, aber doch von der Herabsetzung des Intelligenzquotienten gesprochen. (Bundesrat Kainz: In weiterer Folge!) Das ist aus meiner Sicht nicht notwendig. Das nehme ich jetzt zurück. Ich will jetzt da nicht eine Emotion schüren, die nicht da ist.

Ich wollte nur darauf hinweisen, die 3 700 sind keine künftige Annahme, sondern die bewerben sich jetzt schon. Und von den 3 700 bräuchte ich in weiterer Folge ungefähr 2 000, um dieses System aufrechtzuerhalten. Also insofern sehe ich kein Problem.

Ich habe mich auch erkundigt und kann sagen: Die eine von Ihnen aufgeworfene Frage wurde auch mir so übermittelt, nämlich die Frage, ob aus Gefängnissen rekrutiert wird. Ich habe geharnischte Briefe aus Großbritannien bekommen, in denen es heißt, dass


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das nicht so ist. Wenn wir in Österreich auf unserem System aufsetzen, dann haben wir, wie gesagt, jetzt schon 3 700 Freiwillige. Ein Anreiz ist auch, in Schilling umge­rechnet – meine Tochter rügt mich immer deswegen –, eine Dreiviertelmillion Schilling auf zehn Jahre, das ist ja nicht wenig, und man bekommt 7 200 €, also 100 000 Schil­ling in alter Währung, wenn man ins Ausland geht. Insofern glaube ich, dass die Rekru­tierung möglich sein wird.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Posch-Gruska, bitte.

 


Bundesrätin Inge Posch-Gruska (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Bun­desminister, zuerst möchte ich die Gelegenheit nützen, um Ihnen dafür danken, dass Sie im Dezember sieben Modelle vorgelegt haben, die eigentlich zu einer guten Diskussion hätten führen können, aber leider nicht genutzt wurden. Ich denke mir, bei solch maßgeblichen Änderungen beim Bundesheer, wie wir sie jetzt vor uns haben, sieben Modelle zu haben und diese zu diskutieren, ist ein sehr guter Prozess.

Ich möchte jetzt gerne von Ihnen wissen, inwieweit internationale Entwicklungen und Trends bei der Erstellung der Wehrmodelle berücksichtigt wurden.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Diese haben natürlich Berücksichtigung gefunden, denn es ist eben so, dass von 27 EU-Mitglied­staaten 22 ein Berufsheer haben und nur mehr fünf die allgemeine Wehrpflicht, wobei das dänische Modell beispielsweise ein sehr eigenartiges ist, weil da nach dem Zufallsprinzip ausgelost wird, wer Rekrut wird.

In Deutschland ist es so gewesen, dass nur noch 16 Prozent der Grundwehrdiener einberufen wurden. Ich wage jetzt einmal zu behaupten, dass nicht nach dem Zufalls­prinzip, sondern nach sozialen Kriterien ausgewählt wurde, wer zur Bundeswehr einberufen wurde und wer nicht. Ich kann es nicht beweisen, das ist eine fiktive Behauptung meinerseits. Aber die internationalen Erfahrungen, vor allem jene in Schweden und in Deutschland, sind in meine Überlegungen eingeflossen.

Noch einmal gesagt, ich habe es ohnehin schon vorhin angesprochen: Hinsichtlich der Intensität hat mich das überrascht, weil ich eine Meinung kundgetan habe. Ich erwarte mir halt von einem Minister, dass er zu einem Bereich auch eine Meinung hat, und ich bin gerne bereit, darüber auch sachlich zu diskutieren. Ich kann aus meiner Sicht jede Zahl belegen. Man kann aber trotzdem dagegen sein, das ist in der Demokratie ja legitim.

Die Erfahrungen – um die Frage konkret zu beantworten – aus benachbarten Staaten, auch aus jenen, die wie die Schweiz mit ihrem jetzigen System nicht mehr ganz glücklich sind, was sie hinter vorgehaltener Hand auch sagen, vor allem die Erfah­rungen aus Deutschland und aus Schweden sind in meine Überlegungen mit eingeflossen.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Nächste Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Ertl.

 


Bundesrat Johann Ertl (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Welche konkreten Anreize neben den finanziellen werden Sie schaffen, um genügend Freiwil­lige zu bekommen?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Die finanziellen Anreize haben Sie schon angesprochen. Es sind, noch einmal gesagt, 5 000 € für die Profimiliz, 7 200 € für Auslandseinsatzver­


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pflich­tung. Darüber hinaus haben wir eine Regelung für Zeitsoldaten, die sich per Vertrag über einen gewissen Zeitraum verpflichten, zum Bundesheer zu gehen, dass sie danach wieder in die Privatwirtschaft übergeleitet werden. Dafür stehen fast 20 Mil­lionen € im Jahr zur Verfügung. Für jeden Einzelnen heißt das – ich schätze einmal, nageln Sie mich nicht fest – 30 000 oder 40 000 €, die da bereitstehen, um ihn wieder ins Berufsleben überzuführen.

Dann gibt es noch Anreizsysteme, die in der Vertiefung angedacht sind, wie Führer­schein, den man übernehmen kann – das gibt es teilweise jetzt auch schon, aber das sollte vertieft werden –, Sprachausbildungsmöglichkeiten und auch Möglichkeiten, wenn man ins Privatleben überwechselt, im Pensionsbereich.

Es gibt da Dinge im Pensionsbereich, aber ich wollte noch einen anderen Bereich heraus­streichen, nämlich, dass es beispielsweise auch einfacher sein muss – das muss man natürlich gesetzlich regeln –, zur Berufsfeuerwehr zu gehen, dass man also, wenn man diese Ausbildung hat, einen Vorteil beim Bewerbungsverfahren in der Berufsfeuerwehr hat. Ich habe da sehr gute Signale aus Wien erhalten, dass die Wiener Berufsfeuerwehr, die ja die größte in Österreich ist, das nicht nur akzeptieren, sondern sogar begrüßen würde.

Das sind, glaube ich, schon einige Dinge, die auch eine Attraktivierung dieses Freiwil­ligensystems ermöglichen würden.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Kersch­baum.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Kollege Strohmayer-Dangl hat das vorhin sicher etwas übertrieben ausge­drückt, ich denke aber schon, dass es ganz wichtig ist, auch auf die Qualität zu achten, dass man nicht jeden nehmen kann und dass es sicherlich nicht das Geld sein soll, das die Leute motiviert, zum Bundesheer zu gehen, oder der Umstand, dass sie sonst vielleicht keinen Job bekommen. Also insofern ist es schon wichtig, sich Gedanken über die Rekrutierung zu machen und nicht zu sagen: Ich habe ohnedies 3 700, wurscht, die melden sich schon, wir finden sie!

Nun ist es ja so, dass es zum Beispiel auch bei den Lehrern ein Hindernis ist oder ein Grund, warum sich nicht mehr so viele für diesen Beruf finden, dass dieser Beruf eine gewisse Einbahnstraße ist, sprich: Ich komme einmal da rein, und dann finde ich keinen anderen Job mehr, weil mich keiner nimmt!

Jetzt meine Frage: Werden Sie sich für eine gesicherte Übernahme von Berufs­soldaten in andere Bereiche der Verwaltung einsetzen, um eben Menschen, die sich in vielen Bereichen interessieren, auch dazu zu bringen, sich für das Bundesheer zu melden?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Das ist ein guter Ansatz, wenn es möglich ist, dass man das auch sozusagen als Auswahl­kriterium für die Aufnahme in den öffentlichen Dienst einbaut. Da sehe ich eine Chance dafür. Das muss man natürlich politisch noch ausformen.

Ich möchte trotzdem noch einmal sagen, was die Zahl 3 700 betrifft: Wir haben keine Hinweise darauf, dass da ein rapider Abfall der Intelligenz zu verzeichnen ist, sondern (Bundesrätin Kerschbaum: ... Beweggründe!) – ja, ja – ich bin der Meinung, dass es in dem neuen System sogar einen Anreiz gäbe für Leute, die man dann eben aufgrund der neuen Herausforderungen – Stichwort Cyberwar, Terrorismusbekämpfung – im Kommunikations-, im ITK-Bereich rekrutieren kann.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 31

Aber um Ihre Frage konkret zu beantworten: Ja, es ist eine Möglichkeit, dass Leute, die sich über einen gewissen Zeitraum zum Bundesheer bekennen beziehungsweise als Zeitsoldaten oder als Angehörige der Freiwilligenmiliz für einen längeren Zeitraum ver­pflichten, dann auch in den öffentlichen Dienst aufgenommen werden sollten – nicht jetzt fix, sondern, dass sie damit zumindest ein Kriterium in ihrem Lebenslauf haben, das eine bevorzugte Behandlung vorsieht.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Danke, Herr Bundesminister.

Die Fragestunde ist beendet.

*****

Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Klug. Ich erteile es ihm.

 


10.23.08

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark) (zur Geschäftsbehandlung): Werte Kolleginnen und Kollegen! Zur Geschäftsbehandlung und zur Fragestunde zwei An­mer­kungen:

Zum Ersten: Für unsere Fraktion ist völlig klar, steht daher auch völlig außer Streit, dass auf Basis der Geschäftsordnung jede Bundesrätin und jeder Bundesrat selbst entscheidet, welche Art der Fragestellung er gerne an das Regierungsmitglied einbrin­gen möchte.

Zweitens wurde heute eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass wir von unserem Verteidi­gungsminister insbesondere durch die Informationen und Beratungen im gestri­gen Unterausschuss in völlig offener, transparenter und aktueller Art und Weise Informationen zu einer aktuellen Debatte bekommen haben. Insofern bin ich nicht nur dankbar, sondern kann auch sagen: Das sind auch Informationen, hinsichtlich derer für die Opposition klar sein sollte, dass diese nicht auf der Homepage des Parlaments nachzulesen sind. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Darf ich jetzt fragen, was das mit der Geschäftsordnung zu tun hat? – Das ist Missbrauch der Geschäftsordnung!)

10.24

10.24.19Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Gottfried Kneifel: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und ver­teilten Anfragebeantwortungen 2571/AB bis 2586/AB (siehe S. 6) sowie jenes

Schreibens des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Artikel 50 Abs. 5 B-VG betreffend die Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen mit der Republik Aserbaidschan über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen beziehungsweise der

Mitteilung des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramts betreffend den Aufenthalt des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich am 14. beziehungsweise 16. und 17. März 2011 innerhalb eines EU-Mitgliedstaates bei gleichzeitiger Betrauung der Bundesministerin für Wis­sen­schaft und Forschung Dr. Beatrix Karl mit der Wahrnehmung seiner Angele­genheiten am 17. März 2011 gemäß Artikel 73 Abs. 3 B-VG


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 32

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sit­zung angeschlossen werden.

Die schriftlichen Mitteilungen haben folgenden Wortlaut:

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

                                                                                                                                     „Der Generalsekretär

                                                                                                                 für auswärtige Angelegenheiten

                                                                                                                                         Dr. Johannes Kyrle

Herrn

Präsidenten des Bundesrates

Gottfried Kneifel                                                                                                                   10. März 2011

Parlament, Karl Renner Ring 1-3

1017 Wien                                                                           GZ: BMeiA-AZ.8.33.02/0001-1.2a/2011

Sehr geehrter Herr Präsident!

Im Auftrag von Bundesminister Dr. Michael Spindelegger unterrichte ich Sie gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG, dass aufgrund des Vorschlages der Bundesregierung vom 1. März 2011 (Pkt. 18 des Beschl.Prot. Nr. 91) der Herr Bundespräsident am 3. März 2011 die Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Aserbaidschan über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen erteilt hat. Die Aufnahme dieser Verhandlungen wird ehestmöglich erfolgen.

Zur näheren Information lege ich eine Kopie des Vortrages an den Ministerrat bei.

Mit meinen besten Grüßen

Beilage“

„BUNDESMINISTERIUM FÜR

EUROPÄISCHE UND INTERNATIONALE

ANGELEGENHEITEN

BMeiA-AZ.4.36.13/0001-IV.2b/2011

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik

Aserbaidschan über die gegenseitige Hilfeleistung bei

Katastrophen oder schweren Unglücksfällen; Verhandlungen

Vortrag

an den

Ministerrat

Beim Treffen des ehemaligen Generaldirektors für öffentliche Sicherheit Dr. Erik Buxbaum und des aserbaidschanischen Vizeministers für Katastrophenschutz, Faig Tagi-Zade, am 22. September 2006 wurde durch den aserbaidschanischen Vize­minister der Wunsch zum Ausdruck gebracht, ein Katastrophenhilfeabkommen mit Österreich abzuschließen. Ein entsprechender Abkommensentwurf wurde übermittelt, ein aserbaidschanischer Gegenvorschlag traf Ende 2008 ein. In der Folge fanden österreichisch-aserbaidschanische Expertengespräche statt, die sich auf die Zusam­menarbeit bei Katastrophenhilfetrainings und Führungskräfteausbildung kon­zentrierten.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 33

Bei einem österreichisch-aserbaidschanischen Expertentreffen am 30. November 2010 wurde erste Übereinstimmung über Teile des Abkommenstextes erreicht, so dass nun Verhandlungen über das Abkommen aufgenommen werden können.

Die mit der Verhandlung dieses Abkommens verbundenen Kosten finden ihre Be­deckung in den Budgetansätzen der jeweils entsendenden Ressorts. Das künftige Abkommen wird voraussichtlich keine erheblichen finanziellen Auswirkungen haben; sofern es dennoch zu solchen kommen sollte, werden sie aus den dem zuständigen Ressort zur Verfügung gestellten Mitteln bedeckt.

Das Abkommen wird gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend sein und daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 B-VG bedürfen.

Der Nationalrat und der Bundesrat werden gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG von der Aufnahme der Verhandlungen unverzüglich unterrichtet werden.

Im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Inneres und dem Bundesminister für Finanzen stelle ich den

A n t r a g,

die Bundesregierung wolle dem Herrn Bundespräsidenten vorschlagen, Botschafterin Mag. Sylvia Meier-Kajbic, Österreichische Botschafterin in Aserbaidschan, und im Falle ihrer Verhinderung Botschafterin MMag. Dr. Elisabeth Tichy-Fisslberger, Leiterin der Rechts- und Konsularsektion im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, zur Leitung der Verhandlungen über das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Aserbaidschan über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen zu bevollmächtigen.

                                                                                                                        Wien, am 23. Februar 2011

                                                                                                                                SPINDELEGGER m.p.“

*****

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt eines Mitgliedes der Bun­desregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union:

„BUNDESKANZLERAMT: ÖSTERREICH

Mag. Stephan LEITNER

MINISTERRATSDIENST                                                   Geschäftszahl: 350.200/0028-I/4/11

An den                                                                                                                                   Abteilungsmail:

Präsidenten des Bundesrates                                        Sachbearbeiterin: Gabriele MUNSCH

                                                                                              Pers. eMail: gabriele.munsch@bka.gv.at

Parlament                                                                                     Telefon: 01/531 15/2217 bzw. 2264

1017 Wien                                                                                                               Datum: 1. März 2011

Sehr geehrter Herr Präsident!

Der Ministerratsdienst des Bundeskanzleramtes teilt mit, dass sich der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl. Ing. Nikolaus BERLAKOVICH am14. März bzw. am 16. (abends) und 17. März 2011 in Brüssel aufhalten wird. Seine Angelegenheiten im Bundesrat gemäß Art. 73 Abs. 3 B-VG lässt


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 34

er am 17. März 2011 durch die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung Dr. Beatrix KARL wahrnehmen.

Mit freundlichen Grüßen“

*****

 


Präsident Gottfried Kneifel: Eingelangt ist der Bericht der Bundesministerin für Inneres an das österreichische Parlament: Legislativ- und Arbeitsprogramm der Euro­päischen Kommission für 2011, Achtzehnmonatsprogramm des spanischen, belgi­schen und ungarischen Vorsitzes, der dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Ebenso eingelangt ist die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Justiz auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogrammes der Europäischen Kommission für 2011 sowie des Achtzehnmonatsprogramms des spanischen, belgischen und ungarischen Ratsvorsitzes, die dem Justizausschuss zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Des Weiteren ist die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Gesundheit 2011 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogrammes der Europäischen Kommission für 2011 und des Programms des Rates (ungarische Präsidentschaft) eingelangt, die dem Gesundheitsausschuss zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Darüber hinaus ist das EU-Arbeitsprogramm 2011 – Bericht des Bundesministers für europäische- und internationale Angelegenheiten an das österreichische Parlament eingelangt, das dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Gleichfalls eingelangt ist die EU-Jahresvorschau 2011 des Bundesministeriums für Finanzen, die dem Finanzausschuss zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Eingelangt ist auch der Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend zu den Vorhaben der Europäischen Union 2011, der dem Wirtschaftsausschuss zur Vorberatung zugewiesen wurden.

Ebenfalls eingelangt ist die EU-Jahresvorschau des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2011 auf Grundlage der Arbeitspro­gramme der EU-Präsidentschaften, die dem Ausschuss für Land-, Forst- und Wasser­wirtschaft zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Außerdem ist die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung 2011 auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Europäischen Kom­mission, des Achtzehnmonatsprogramms des Rates sowie des informellen Programms der polnischen EU-Präsidentschaft eingelangt, die dem Ausschuss für Wissenschaft und Forschung zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Überdies ist die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie 2011 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kom­mission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates eingelangt, die dem Aus­schuss für Verkehr, Innovation und Technologie zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Genauso eingelangt ist die Strategische Jahresplanung 2011 des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission sowie des Achtzehnmonatsprogramms der spanischen, belgischen und ungarischen Präsidentschaften, die dem Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur zur Vorberatung zugewiesen wurde.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 35

Schließlich ist noch die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz 2011 an Nationalrat und Bundesrat auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2011 sowie des Achtzehnmonatsprogramms des spanischen, belgischen und ungarischen Ratsvor­sitzes eingelangt, die dem Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Be­schlüsse des Nationalrates beziehungsweise jene Berichte sowie jene Petition 28/PET-BR/2011, die jeweils Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind beziehungsweise ist.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und die schriftlichen Aus­schussberichte erstattet.

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände sowie die Petition 28/PET-BR/2011 auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

10.29.531. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2011 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Seilbahngesetz 2003 – SeilbG 2003 geändert wird (1006 d.B. und 1038 d.B. sowie 8454/BR d.B. und 8457/BR d.B.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir kommen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Dazu begrüße ich auch Frau Bundesministerin Bures sehr herzlich im Bundesrat. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Beer. Bitte um den Bericht.

 


10.30.23

Berichterstatter Wolfgang Beer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Der Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Tech­nologie über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2011 betreffend ein Bun­des­gesetz, mit dem das Seilbahngesetz 2003 geändert wird, liegt in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 15. März 2011 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Gruber. Ich erteile es ihm.

 


10.31.10

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! 2009 wurde das Seilbahngesetz zuletzt geändert. Mit der jetzigen Novelle wird nicht nur der Einklang mit einer EU-Richtlinie hergestellt, sondern es werden auch Kompetenzen zwischen den dafür zuständigen Behörden auf Landesebene und Bundesebene klar definiert. (Vizepräsidentin Mag. Neuwirth übernimmt den Vorsitz.)

Durch diese Novelle kommt es auch zu einem verbesserten Arbeitnehmerschutz. Musste bisher für eine neue Seilbahn im Genehmigungsverfahren eine eigene Sicher­heitsanalyse gemacht werden, werden künftig die Bereiche des Arbeitnehmerschutzes


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 36

in die Sicherheitsanalyse der übrigen Fachgebiete, wie zum Beispiel Geologie, Hoch­bau, einfließen. Das bedeutet in der Praxis eine Besserstellung für die Mitarbeiter. Durch die verbesserte Kompetenzaufteilung zwischen den Ländern und dem Bund werden Verfahren wesentlich vereinfacht, daher wird es in der Zukunft auch zu weniger Verfahrensverzögerungen kommen – eine Verwaltungsvereinfachung, die letztlich den Betreibern sowie den Investoren zugutekommt. Weitere zukünftige Maßnahmen, die zur Verwaltungsvereinfachung führen, sind nur zu begrüßen. Positiv zu bewerten ist auch, dass dieses Seilbahngesetz zu keinem Mehraufwand, keinen Mehrkosten und zu keiner zusätzlichen Informationspflicht führt.

Dass unsere Seilbahnwirtschaft ein wesentlicher Teil unserer Wirtschaft und Fremden­verkehrspolitik ist, ist unbestritten. Vor allem der Wintertourismus ist untrennbar mit der Seilbahnwirtschaft verbunden. Dafür sprechen auch folgende Fakten: In Österreich gibt es über 3 000 Seilbahnen, Sessellifte und Schlepplifte. Diese Liftanlagen erwirt­schaf­ten einen Jahresumsatz von zirka 1,4 Milliarden € und führen zu einem Inves­titions­volumen von zirka 500 Millionen € im Jahr. Diese Anlagen schaffen im Jahr zirka 630 Millionen Beförderungen. 14 500 Mitarbeiter haben hier einen sicheren Arbeits­platz im Winter und zum Teil auch im Sommer. Weitere 10 000 Personen verdanken ihren Arbeitsplatz dem ordnungsgemäßen Betrieb dieser Anlagen – ich denke da an Schihütten, Schischulen et cetera. Dass es bei uns modernste Technologie und hohe Sicherheitsstandards gibt, wissen Gäste sowie Einheimische sehr zu schätzen, denn es werden jährlich zirka 290 Millionen € für Sicherheit, Komfort und Modernisierung investiert.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, liebe Kolleginnen und Kolle­gen, dass es mittlerweile auch den Berufszweig Seilbahntechniker gibt. In Salz­burg, in Hallein, ist dieser Berufszweig, diese Berufsschule eingerichtet und befindet sich im zweiten Jahrgang.

Diese positive Bilanz führt auch dazu, dass österreichische Seilbahntechnologie welt­weit gefragt ist. Das sichert den Wirtschaftsstandort Österreich, das sichert Arbeits­plätze und ist gleichzeitig die beste Werbung für Österreich als Fremdenverkehrsland im Sommer wie im Winter.

Wir werden daher dieser Novelle unsere Zustimmung geben, und, sehr geehrte Frau Bundesminister, wir wissen diesen Bereich bei dir in guten Händen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Mayer.)

10.34


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Steinkogler. – Bitte.

 


10.35.08

Bundesrat Josef Steinkogler (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mein Vorredner hat schon gesagt, die Novelle zum Seilbahngesetz 2003 beinhaltet zum Ersten die Klar­stellung der Belange des Arbeitnehmerschutzes, die nicht mehr gesondert, sondern im Zuge der Antragstellung im Baugenehmigungsverfahren in der Sicherheitsanalyse vorzulegen sind, was eine entsprechende Vereinfachung bewirkt, und zum Zweiten wird die Behördenzuständigkeit klar geregelt.

Es wurde auch schon der Stellenwert der Seilbahnwirtschaft in Österreich erwähnt. Ich komme auch aus einer Gemeinde, in der die zweitälteste Seilbahn Österreichs steht, nämlich auf dem Feuerkogel. Die Niederösterreicher und die Oberösterreicher waren ja 1927 die Pioniere bei den Seilbahnen: Die erste war auf der Rax und die zweite 1927 auf dem Feuerkogel. Ich kann dazu auch nur sagen, dass dieser Wirtschaftszweig im


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 37

Tourismus immer wichtiger wird. Wir haben es gehört: Österreichweit finden 14 500 Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter direkt bei der Seilbahnwirtschaft Beschäftigung. Es werden über 3 Milliarden € an Wertschöpfung erwirtschaftet. Und wir befördern in Österreich ein Sechstel der gesamten Weltbeförderung im Bereich Seilbahnen. Wir konkurrieren da mit den großen Nationen wie den USA oder Frankreich.

Ich meine, dass mit dieser Gesetzesnovelle mehr Klarheit für den Arbeitnehmerschutz und klare Behördenzuständigkeiten gegeben sind. Deshalb wird diese Novelle auch von unserer Seite begrüßt und unterstützt. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

10.37


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Krusche. – Bitte.

 


10.37.15

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Seilbahngesetz – das klingt ja auf den ersten Blick nicht besonders aufregend. Fünf Wortmeldungen gibt es zu diesem Thema, und alle sind dafür. Wozu also eigentlich dieser Aufwand? Aber die Zahlen wurden ja bereits genannt, und wenn man sich diese vor Augen führt – mit den mehr als 600 Millionen Menschen, die jährlich von über 3 000 Anlagen transportiert werden –, dann erkennt man die Bedeutung dieses Massenverkehrsmittels. Es werden damit mehr Personen transportiert als von ÖBB und Postbus gemeinsam.

Auch die 14 500 Angestellten, die in 715 Betrieben beschäftigt sind, wurden bereits erwähnt, und die Bedeutung des Arbeitnehmerschutzes für diese Branche ist klar, weil die oft extremen Arbeitsbedingungen, sowohl beim Bau als auch beim Betrieb dieser Anlagen, besonders erschwerend sind. Häufig steiles alpines Gelände sowie unwirt­liche Witterung mit Eis und Schnee erhöhen natürlich das Gefährdungspotenzial für die Beschäftigten, zumindest für einen Teil der Beschäftigten, in einem erheblichen Aus­maß.

Durch den wichtigen Punkt, dass jetzt nicht mehr für die einzelnen Gewerke gesondert eine Sicherheitsanalyse durchzuführen ist, sondern dies durch eine einzige, faktisch umfassende Analyse ersetzt wird, wird es möglich, eine gesamtheitliche Betrachtung des Arbeitnehmerschutzes durchzuführen. Dadurch können Schnittstellenprobleme eliminiert werden, und die Gefahr, dass eventuell einzelne relevante Sicherheitsthemen vergessen werden, weil sie quasi durch den Rost zwischen den einzelnen Gewerken fallen, wird dadurch minimiert.

Ein positiver Aspekt ist auch die klare Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen Bund und Ländern, nämlich: Schlepplifte, Sessellifte und -bahnen und Material­seil­bahnen bei den Ländern, Stand-, Pendel- und Kabinenseilbahnen beim Ministerium. Die daraus resultierende Verwaltungsvereinfachung sollte zum Nutzen der Betreiber und der Investoren sein.

In Summe soll dieses Gesetz also den Standard bei den Aufstiegshilfen in Österreich weiter anheben und die touristische Infrastruktur in erheblichem Maße stärken. Denn wir wissen, nichts schadet mehr als negative Schlagzeilen über beispielsweise stun­denlang in der Kälte festsitzende Touristen. Die haben wir ja heuer bereits leider ein oder zweimal gehabt. Von Schlimmerem will ich gar nicht reden.

Wir sollten auch nicht vergessen – es ist bereits am Rande erwähnt worden –, dass der Weltmarktführer auf dem Gebiet der Errichtung solcher Anlagen ein österreichisches Unternehmen ist – die Vorarlberger Kollegen werden das ganz genau wissen –, und


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 38

entsprechend sichere Referenzanlagen im eigenen Land dienen daher auch der Stär­kung der Wettbewerbsfähigkeit dieses Unternehmens.

Summa summarum also positive Aspekte. Daher werden wir diesem Gesetzentwurf auch unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.41


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Bures. – Bitte.

 


10.41.14

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Bundesräte! Da jetzt auch junge Leute in den Saal gekommen sind, um der Sitzung zu folgen, ist das ein ganz positiver Moment. Es gibt nämlich einmal einen Moment – soweit ich das jetzt zumindest den Reden entnommen habe –, dass ein Gesetz einstimmig beschlossen wird, dass alle der Auffassung sind, das ist gut, wenn wir bei den Seilbahnen in Österreich dafür sorgen, dass es mehr Sicherheit gibt, dass es mehr Qualität gibt und dass wir auch die Verfahren ein bisschen effizienter abwickeln. Das heißt, bei allen Unterschieden, die es in einem Parlament gibt, gibt es dann auch Punkte, wo wir an einem Strang ziehen.

Ich glaube, dass im Bereich der Seilbahnen, wo wir eben mit dieser Novelle für mehr Sicherheit nicht nur für die Benützer der Seilbahnen, sondern auch für die Beschäf­tigten bei den Seilbahnen sorgen, insgesamt in Österreich – und dafür bedanke ich mich auch bei den Vorrednern, die das herausgestrichen haben – auch die wirt­schaftliche Bedeutung der Seilbahnwirtschaft eine ganz wesentliche ist. Österreich ist ein Tourismusland, Österreich ist auch ein Land, wo der Wintersport im Zentrum steht. Wir sind im Übrigen, was den Wintersporturlaub betrifft, Marktführer in ganz Europa. In ganz Europa fahren rund 32 Millionen Menschen mit Skiern und betreiben das als Freizeitsport, und die meisten davon tun das in unseren Bergen in Österreich. Das hat natürlich auch eine ganz große wirtschaftliche Bedeutung, und das kommt damit meiner Auffassung nach auch wirklich zum Ausdruck.

Erlauben Sie mir, einen Punkt noch zu ergänzen, der nicht direkt mit den Änderungen im Zusammenhang steht, aber der mir als Technologieministerin sehr wichtig ist. Nicht nur, dass wir sichere Seilbahnen haben, dass wir ein Fremdenverkehrsland sind, was für den Wirtschaftsstandort und für die Fremdenverkehrswirtschaft auch sehr wichtig ist, sondern wir sind auch ein Technologiestandort. Gerade bei den Seilbahnen ist es so, dass wir Spitzentechnologie produzieren, dass Firmen und Unternehmungen hier in Österreich ihren Produktionsstandort haben und diese Spitzentechnologie in die ganze Welt, nach Russland, nach Kanada, in die USA, exportieren. Und dafür möchte ich mich auch bedanken, weil das natürlich, was Beschäftigung, was hochqualitative Beschäftigung in einem Land betrifft, eine ganz wesentliche Rolle spielt.

Abschließend bedanke ich mich für die breite Zustimmung zur Änderung des Seilbahn­gesetzes, aber vor allem bei den Beamtinnen und Beamten meines Hauses für die Erarbeitung dieses Gesetzes. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

10.44


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bun­desrätin Junker. – Bitte.

 


10.44.12

Bundesrätin Anneliese Junker (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Nachdem jetzt sehr viele schon sehr positiv über das Seilbahngesetz gesprochen haben, möchte ich sagen, auch wir in Tirol brauchen die Seilbahnen. Wir sind ein Tourismusland, wir brauchen nicht nur den


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 39

Brenner-Basis-Tunnel, sondern wir brauchen natürlich auch die Seilbahnen, vor allem auch die kleinen Skigebiete brauchen ihre Seilbahnen. Und da hat die Novelle jetzt schon einige Vorteile gebracht, die es vorher noch nicht gegeben hat.

Ich möchte mit Nationalrat Franz Hörl beginnen, der ja für seine Sprüche bekannt ist, aber in dem Fall, glaube ich, hat er es sehr trefflich formuliert. Er hat in einer Pres­seaussendung zum Ergebnis des geänderten Seilbahngesetzes gemeint: Der Haus­verstand hat sich durchgesetzt. Viele unsinnige Regelungen wurden gestrichen und unnötige Bürokratiewege abgeschafft, die Verfahren wurden vereinfacht und beschleu­nigt.

Gemeint hat er damit, dass es beispielsweise bis jetzt unmöglich war, wenn ein großes Skigebiet einen Lift abgebaut hat, diesen dann in einem kleineren Skigebiet, einem sogenannten Familienskigebiet, das den hätte brauchen können, aufzustellen. Das war deshalb unmöglich, weil da nicht der Typus des Liftes herangezogen worden ist, son­dern da haben die neuesten technischen Regelungen auch für diesen alten Skilift herangezogen werden müssen. Hiermit war es unmöglich, dass man einen alten Lift in einem kleinen Familienskigebiet hat aufstellen können.

Das ist jetzt in der Gesetzesnovelle geregelt. Es wird nach Typus wieder neu typisiert, und der Lift kann aufgestellt werden. Die finanzielle Seite dieser kleinen Skigebiete wird nicht überfordert, und auch die können überleben. Ich glaube, das ist schon ein sehr positiver Aspekt.

Es ist jetzt natürlich auch in der Novelle enthalten, dass Reparaturen und Umbauten technisch auf den Lift abgestellt werden, wobei aber die Sicherheitsmaßnahmen schon den neuesten Standards entsprechen müssen. Also die Sicherheit für die, die befördert werden, und für die Arbeitnehmer wird hier berücksichtigt, was meines Erachtens ein großer Vorteil ist.

Ich bin nur ein bisschen skeptisch, ob der neue Arbeitnehmerschutz, der ja für jedes Gewerk separat errichtet werden muss, die große Erleichterung für den Liftbetreiber ist, aber die Zukunft wird zeigen, ob das so funktionieren kann.

Ich glaube, der Arbeitnehmerschutz ist sehr, sehr wichtig. Er steht bei diesem Gesetz an erster Stelle. Das, glaube ich, ist auch zu begrüßen, und dafür können wir auch alle eintreten. – Danke. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

10.47


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Dönmez. – Bitte.

 


10.47.21

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte SchülerInnen! Liebe KollegInnen! Dass das Seilbahngesetz und die Seilbahn ein wichtiger Faktor, ein wichtiger Motor für den Fremdenverkehr und den Tourismus in Österreich sind, steht außer Zweifel. Auch die Sicherheit spielt eine wesentliche Rolle. Das wurde schon erörtert.

Weil der Kollege das Beispiel Feuerkogel angesprochen hat und ich als Ober­öster­reicher aus dem Salzkammergut ja immer wieder gerne auf den Feuerkogel hinauf­gehe und ab und zu dann auch wieder hinunterfahre, je nachdem, wie der Energie­pegel ist, möchte ich dazu etwas sagen. Wenn man oben auf der Hütte einkehrt und mit dem Gastwirt ein bisschen ins Gespräch kommt, kommt einem eines immer wieder zu Ohren, und ich möchte das auch hier einbringen. Was für die Hotelbetreiber und auch die Gastronomen ein sehr großes Problem darstellt, ist einfach das Faktum, dass sie für jedes Bierfass, das sie hinaufbefördern, für alle Lebensmittel und so weiter horrende Transportkosten zu bezahlen haben. Sie stöhnen und leiden darunter.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 40

Nur ein kleines exemplarisches Beispiel: Wir haben oben auf dem Feuerkogel ein altes Hotel, das eigentlich sanierungs- beziehungsweise abrissbedürftig ist. Das steht da als hässliches Bauwerk, und der Grund, warum das bis dato noch nicht saniert bezie­hungsweise abgerissen worden ist, ist einfach die Tatsache, dass das Zu-Tal-Beför­dern des Bauschuttes und der Baumaterialen so teuer ist, dass man das nicht angreift, weil einfach die finanziellen Mittel nicht vorhanden sind.

Deshalb würde ich ersuchen, in die anstehenden Diskussionen und Überlegungen diese Aspekte der Gastronomen und auch der Hoteliers mit einzubeziehen. Also auch Kosten des Transportes sollten vielleicht einmal andiskutiert werden.

Wir werden diesem Gesetzesbeschluss natürlich auch zustimmen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

10.49


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nom­men.

10.49.51 2. Punkt

Gemeinwirtschaftlicher Leistungsbericht 2009 der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie (III-419-BR/2010 d.B. sowie 8458/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Somit kommen wir zum 2. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Beer. Bitte um den Bericht.

 


10.50.00

Berichterstatter Wolfgang Beer: Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr ge­ehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Gemeinwirtschaftlichen Leistungsbericht 2009 der Bundes­ministerin für Verkehr, Innovation und Technologie liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 15. März 2011 den Antrag, den Gemeinwirtschaftlichen Leistungsbericht 2009 der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie zur Kenntnis zu neh­men.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

 


10.50.56

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Ich rede


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 41

zu diesem Tagesordnungspunkt als Kontrarednerin, auch wenn die Ausschussfest­stel­lung war, dass es einhellig beschlossen worden ist.

Der Bericht als solcher ist ja auch völlig in Ordnung, gegen den ist nichts einzuwenden, aber das Problem eines solchen Berichtes ist immer auch eine politische Dimension, die dahintersteht. Und da hat man nicht viele Möglichkeiten, denn wenn man diese politische Komponente nicht so mittragen will, bleibt einem nichts anderes übrig, als diesen Bericht abzulehnen, wiewohl ich natürlich weiß, dass das irgendwie inkonse­quent oder unlogisch wirkt. Aber so ist es nun einmal.

Aber auch als Kontrarednerin möchte ich eines auf jeden Fall vorausschicken: Die FPÖ bekennt sich zum öffentlichen Verkehr und damit auch zur ÖBB. Es ist uns auch klar, dass der Staat hierfür einen finanziellen Beitrag leisten muss – das ist uns natürlich durchaus bewusst –, die Frage ist aber: Wie hoch soll oder muss dieser Beitrag sein? Und vor allem: Wie wird damit umgegangen? Genau darüber kann und muss diskutiert werden.

Die Mittel, die Ihr Ministerium, Frau Minister, für gemeinwirtschaftliche Leistungen im Jahre 2009 aufgewendet hat, machen insgesamt 706,33 Millionen € aus. Das ist gegenüber dem Jahre 2008 eine Steigerung von rund 32 Millionen €. Davon entfallen auf die Personenverkehr AG 547 Millionen €, auf die Rail Cargo AG 99,3 Millionen € und auf die Privatbahnen 60 Millionen €.

Der größte Teil der Bestellungen gemeinwirtschaftlicher Leistungen dient der Erhaltung eines qualitativ hochwertigen öffentlichen Verkehrs. Dafür hat die Personenverkehr AG eben diese 547 Millionen € bekommen. Und hier setzt unsere Kritik an. Wir meinen, dass da die Transparenz fehlt, weil diese Summe vom BMVIT so ohne weiteres bezahlt wird, und zwar ohne dass geprüft wird, ob diese Leistungen, die damit verbun­den sind, in vollem Umfang von den ÖBB tatsächlich erbracht werden.

Weiters muss man sich schon auch darüber unterhalten, wie es mit dem sogenannten qualitativ hochwertigen Verkehr tatsächlich ausschaut. Der „Kurier“ vom 24. Jänner 2011 bringt das Ergebnis einer aktuellen Umfrage der burgenländischen Arbeiter­kammer, wobei insgesamt 80 Prozent der Bahnkunden mangelnde Information an den Bahnsteigen und in den Zügen beklagen, was zum Beispiel Verspätungen et cetera anbelangt.

Diese Umfrage ist damals ganz aktuell gewesen, und der Präsident der Arbeiter­kammer Burgenland sagte dazu: Bei Fahrgastinformationen bekommen die ÖBB die Probleme weiterhin nicht in den Griff. Jede Zugverspätung bedeute Stress für die Pendler. Es sei eine Zumutung, so der AK-Präsident, dass es nicht möglich ist, die Reisenden an den Bahnsteigen und in den Zügen über Verspätungen kompetent und zuverlässig zu informieren.

Gleichfalls enden wollend ist die Zufriedenheit der Pendler mit den Park & Ride-Ange­boten an den Bahnhöfen. 53 Prozent der Befragten beurteilen die Parkplatzsituation negativ.

Aber es gibt auch eine Umfrage der Wiener Arbeiterkammer – das sind ja alles Personen, die dem Ministerium zumindest ideologisch und auch parteimäßig nahestehen –, und diese Umfrage 2010 hat ergeben: 76 Prozent schätzen die Fahrt­kosten als hoch beziehungsweise als sehr hoch ein, 78 Prozent fordern pünktlichere Busse, 73 Prozent sind wegen der mangelnden Information bei Verspätungen und Störungen unzufrieden, 45 Prozent beklagen zu wenig Sitzplätze im Zug oder Bus. 33 Prozent beklagen unsaubere Abteile, 61 Prozent sind von häufigen Verspätungen betroffen, und 51 Prozent sagen, sie sind jetzt länger unterwegs als früher.


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Da hat Ihr Genosse Tumpel von der AK Wien gefordert, dass die ÖBB die Kunden – darunter vor allem die Pendler, aber auch die Schüler – ernster nehmen sollen.

16 Prozent der Pendler – das ist wahrlich ein Alarmsignal! – überlegen, wieder aufs Auto umzusteigen. 16 Prozent der Pendler bedeuten etwa 9 000 Autos mehr auf den Straßen, aber wir wollten doch die Schiene attraktiver machen und wir wollten, dass die Menschen vermehrt auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen.

Und dabei ist ja das Bahnfahren nicht gerade billig. Es ist ja nicht gerade ein billiges Unterfangen, mit der Bahn zu fahren; der Komfort hingegen ist mäßig. Das hat sich zwar gebessert gegenüber 2009 – das möchte ich jetzt auch nicht verschweigen –, denn 2009 waren 61 Prozent mit dem Komfort bei der ÖBB unzufrieden, jetzt sind es nur mehr 49 Prozent, was aber auch noch ganz ordentlich ist, denn das heißt, fast die Hälfte aller Zugbenützer sind mit dem Komfort in den Zügen nicht zufrieden.

Ich fahre selber gerne mit dem Zug – nicht so oft, aber ich fahre gerne und innerhalb Österreichs auf jeden Fall –, allerdings muss ich schon sagen, wenn es nach außerhalb Österreichs geht, überlege ich es mir wirklich, mit dem Zug zu fahren, weil er wesentlich teurer ist als der Flieger und noch dazu weniger Komfort geboten wird.

Der Finanzminister war es einmal – ich glaube jedenfalls, dass er das war –, der gesagt hat, man solle nicht so viel fliegen, weil da die Schadstoffbelastung für die Umwelt größer ist. Ja, da gebe ich ihm recht, nur: Wenn ich die Wahl habe zwischen einem sehr teuren, nicht so komfortablen Zug und einem Flieger, wo ich noch dazu schneller dort bin und der Preis die Hälfte ausmacht, dann fällt mir die Wahl nicht besonders schwer. (Bundesrat Stadler: Sie haben gesagt, im Ausland ist es so teuer!) Man kann ja mit den ÖBB auch ins Ausland fahren, man kann über die Grenze fahren, oder? (Bundesrat Stadler: Das ist schon klar! Aber Sie haben gesagt, im Ausland ist es so teuer!)

Nachdem sich Kollege Boden nach mir zu Wort gemeldet hat und ein Experte ist, was die ÖBB betrifft, möchte ich jetzt noch folgendes persönliches Erlebnis anbringen: Ich habe heute versucht, online ein Zugticket nach Innsbruck zu buchen, weil ich dienstlich nach Innsbruck fahren muss. Erstens einmal steht da auf dem Online-Portal (Zwi­schenrufe bei der SPÖ) – jetzt lasst mich einmal ausreden! – immer noch, dass dieses Ticket nur zwei Tage gültig ist. Ich denke, das ist zurückgenommen worden, nachdem es ja genügend Proteste gegeben hat. Zweitens: Ich habe mir gedacht, nein, ich mache es nicht über die Kreditkarte, ich mache es über Bankeinzug. Was bekomme ich da zurückgemeldet? Nachdem das über 100 € ist, geht das nicht bei erstmaliger Buchung. Ich habe das aber schon öfter über Bankeinzug gemacht. Also irgendetwas stimmt da auch nicht. (Bundesrat Stadler: Vielleicht haben Sie sich geirrt bei der Eingabe!) Aber auf jeden Fall, selbst wenn ich erstmals einen Bankeinzug machen wollte, finde ich es schon lächerlich, zu sagen, bei einem Ticket über 100 € – ich glaube, es kostet 114 € oder so irgendwas – kann ich leider keinen Bankeinzug machen, ich muss irgendeine andere Zahlungsform finden. Also irgendwo, muss ich sagen, ist da die Serviceleistung wirklich äußerst mäßig. Aber das jetzt nur am Rande.

Die Fahrscheinautomaten sind ja auch schon von vielen Konsumentenschützern beklagt worden. Und das muss man sich wirklich einmal gegeben haben, an einem Fahrscheinautomaten einen Fahrschein zu kaufen. Jetzt glaube ich, dass ich weder unbegabt bin noch mich nicht auskenne, aber ältere Personen stehen da wirklich hilflos davor und wissen nicht, wie sie zu einem Ticket kommen. Das könnte man wirklich vereinfachen. (Bundesrat Todt: Da haben wir schon Schulungen vereinbart! Das ist schon erledigt! Gemeinsam mit dem Seniorenbund!) Obwohl ich zugeben muss, ich habe im Ausland schon noch kompliziertere erlebt, wo ich dann gar nicht mehr gewusst


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habe, was ich jetzt tun soll. Das stimmt schon. (Bundesrat Stadler: Also ist Österreich doch nicht so schlecht!) Trotzdem, wir wollen ja immer besser sein als die anderen.

Was das Service anlangt, erinnern wir uns: Es ist, glaube ich, ungefähr ein Jahr her, dass 300 Personen aus einem Zug von Ungarn aussteigen mussten, weil die Kom­munikation nicht geklappt hat. Jetzt verstehe ich es, wenn man aus Sicherheitsgründen bei einem völlig überfüllten Zug sagt: Ihr lieben Leute, es tut mir leid, aber ihr müsst jetzt aussteigen!, aber es ist natürlich kein Ruhmesblatt, auch nicht für die ÖBB, dass hier die Organisation so überhaupt nicht geklappt hat.

Das führt mich auch zu einem heurigen Fall, wo eine elfjährige Schülerin, weil sie ihren Schülerausweis vergessen hat, um sechs Uhr in der Früh des Zuges verwiesen worden ist. Ich weiß, es gibt da zwei verschiedene Darstellungen. Die eine Seite sagt so, die andere Seite sagt so. Tatsache ist, dass dieses Mädchen um sechs Uhr in der Früh irgendwo in der Pampa gestanden ist. Sie hat Gott sei Dank ihr Handy nicht vergessen und konnte ihre Mutter anrufen, die sie dann geholt hat. Das, würde ich sagen, ist wirklich kein Kundenservice.

Ein ewiger Stehsatz der ÖBB ist auch, dass der Verkehr auf die Schiene verlagert werden muss und soll. Die Rail Cargo schreibt heuer wahrscheinlich einen Verlust von 350 Millionen €. Wie schaut der Sanierungskurs aus? 40 Prozent des Stückgut­trans­ports sollen wieder auf die Straße verlagert werden. Das ist wirklich ein „Beitrag“ zur Umwelt. Dabei haben das Ministerium und die ÖBB wirklich Milliarden in den Schie­nenausbau und in die Schieneninfrastruktur gesteckt, um den Verkehr von der Straße auf die Schiene zu bringen. Und dann passiert nach so großen Investitionen das genaue Gegenteil?! Also das muss man wirklich auch erst einmal jemandem erklären.

Und da haben wir jetzt noch nicht über die sonstigen Schmankerln der ÖBB geredet, über die Cross-Border-Sachen, wo man die Waggons verkauft hat, um sie dann wieder zurückzuleasen, über die Spekulationsgeschäfte, wo die ÖBB gerade noch mit einem Veilchen davongekommen ist, indem sie sich auf eine Einmalzahlung mit der Deut­schen Bank von 300 Millionen € geeinigt hat, weil sie sonst wahrscheinlich 600 Mil­lionen € hätte zahlen müssen. Wir haben uns noch nicht über den Golden Handshake von Huber unterhalten, der 1,26 Millionen € bekommen hat, obwohl der Verdacht der Untreue nicht ausgeräumt war. Wir haben uns noch nicht unterhalten über den Kauf der ungarischen MÁV Cargo, wo ein völlig überaltetes Wagenmaterial zu einem völlig überhöhten Preis gekauft worden ist und jetzt sich herausstellt, dass die damals kolportierten 400 Millionen €, die ja schon überteuert waren, auch nicht stimmen, weil es 600 Millionen € gekostet hat – das alles mit einem Unternehmen, das beim Kauf schon als veraltet galt und auch heute noch nicht den mitteleuropäischen Standards entspricht.

Dann möchte ich auch noch erwähnen die Strecke Linz–Graz – eingestellt! Die gemeinwirtschaftlichen Leistungen sollten nicht mehr erbracht werden, und die Strecke ist einfach eingestellt worden, was ja eigentlich auch ein verkehrspolitischer Wahnsinn ist. (Bundesrat Stadler: Die Strecke ist nicht eingestellt worden, Frau Kollegin! Die Schienen sind schon noch da! – Heiterkeit.) – Ja, die Schienen sind schon noch da, aber die Verbindung ist eingestellt. Gut, okay, ich nehme zur Kenntnis, Sie wollen Wortklauberei betreiben.

Aber interessanterweise denkt die ÖBB jetzt darüber nach, diese Verbindung doch wieder aufzunehmen. Und warum das Ganze? Weil sich die Westbahn AG von Hasel­steiner privat plötzlich dafür interessiert, die ein ernsthafter Konkurrent der ÖBB zu werden droht. Und weil der sagt, na gut, dann machen es halt wir, fahren wir nicht nur Wien–Salzburg, sondern fahren wir halt auch Linz–Graz, beginnt auf einmal die ÖBB wieder zu überlegen. Das zeigt nichts anderes, als dass da keine Organisationsstruktur


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und vor allem kein Plan vorhanden ist, wo man sagt: Was können wir, was müssen wir tun, was brauchen wir?, und: Was können wir nicht? Das wäre in Ordnung. Aber so, wie wir oft anlassbezogene Gesetze machen, machen die halt anlassbezogene Strecken­führungen. Das, glaube ich, ist nicht der Sinn der ÖBB.

Der öffentliche Verkehr, zu dem wir uns bekennen, wie ich eingangs schon gesagt habe, ist ein Wirtschaftsfaktor, der allerdings gehegt und gepflegt werden muss. Er muss ausgebaut werden und bedarfsgerecht adaptiert werden. Und er muss auf die Bedürfnisse seiner Fahrgäste selbstverständlich eingehen, vor allem auf die der Pendler und der Schüler. Das heißt, das Angebot von Bus und Bahn muss verbessert werden. Da ist noch genug zu tun. Es wäre auch wichtig, das Angebot von Sam­meltaxis vor allem im ländlichen Bereich auszuweiten. Das heißt, es liegt noch viel Arbeit vor uns.

An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal darauf hinweisen, dass im Nationalrat die ÖsterreichCard beschlossen worden ist, die bis heute noch nicht umgesetzt worden ist, und der Beschluss war auch nicht erst gestern. Ich glaube, dass das eine wichtige Sache ist, und da lasse ich nicht gelten, wir haben kein Geld dafür, das können wir uns alles nicht leisten. Nur mit einer hoch entwickelten Infrastruktur, die alle relevanten Bereiche umschließt, werden wir uns als Wirtschaftsstandort behaupten können. (Beifall bei FPÖ und Grünen.)

11.05


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Bures. – Bitte.

 


11.05.34

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich jetzt gleich nach der ersten Rednerin deshalb gemeldet, weil ich weiß, dass es so etwas wie Selbst­läufer gibt. Da werden Dinge gesagt, die eben nicht ganz so sind, und dann mög­licherweise immer wieder erzählt, was sie aber nicht wahrer macht. Und deshalb, Frau Abgeordnete, erlauben Sie mir, direkt Stellung zu Ihren Ausführungen zu nehmen.

Das eine, was ich wirklich positiv finde und wofür ich mich wirklich bedanken möchte, ist, dass Sie ein grundsätzliches Bekenntnis zum öffentlichen Verkehr abgelegt haben. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich glaube, dass uns allen bewusst ist, dass eine der zentralen Herausforderungen der Zukunft, vor denen wir alle stehen, die der Frage des Klimawandels ist, der Res­sourcenverknappung, und ich denke, dass die Entwicklungen der letzten Tage das noch einmal deutlicher gemacht haben. Wenn wir uns die Auseinandersetzungen im Kampf um Demokratisierung in Nordafrika, ob das Tunesien, Ägypten, Libyen ist, ansehen, kann das gar nicht so weit weg sein, dass es nicht auch auf uns Auswir­kungen hat, was die Ressourcen betrifft, konkrete Auswirkungen auf Erdölpreise, Benzinpreise et cetera. Und genau deshalb, weil es diese Entwicklungen gibt, kommt dem öffentlichen Verkehr eine noch größere Bedeutung zu. Und auch deshalb, weil wir Klimaschutzziele haben, weil wir eine CO2-Reduktion anstreben, weil wir wollen, dass die jungen Leute in Zukunft auch noch Luft zum Atmen und nicht zum Schneiden haben, kommt dem öffentlichen Verkehr so eine große Bedeutung zu.

Es geht hier um das Unternehmen Österreichische Bundesbahnen, aber auch um alle Privatbahnen; der Bericht zeigt das ja auf. Es gibt die Graz-Köflacher Bahn, es gibt die Zillertalbahn, wir haben ungefähr 25 Privatbahnen in ganz Österreich, die Ticketpreise haben, die auch mit öffentlichen Mitteln – wie im Übrigen der öffentliche Verkehr auf der ganzen Welt – gestützt werden müssen.


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Die Österreichischen Bundesbahnen transportieren jeden Tag 1,2 Millionen Menschen. Das bedeutet, dass die Österreichischen Bundesbahnen in sechs Tagen so viele Pas­sagiere und Menschen befördern wie die Austrian Airlines in einem ganzen Jahr. Das ist ein großes, ganz wichtiges Unternehmen, um Mobilität sicherzustellen. Hätten wir diese vielen Menschen in Autos und die vielen Güter und Tonnagen, die wir befördern, auf der Straße, dann würde das nicht Stau bedeuten, sondern Stillstand auf Öster­reichs Autobahnen.

Ich sage das deshalb, weil ich wirklich viel Verständnis dafür habe, dass wir immer wieder darum ringen, dass dieses Unternehmen noch kundenfreundlicher wird, dass wir Preise haben, die man sich leisten kann. Ich weiß nicht, welche Preise Sie sich angeschaut haben, weil Sie gesagt haben, man zahlt über 100 €, wenn man von Wien nach Innsbruck fährt. Nur zur Richtigstellung: Das Ticket kostet 55 €. (Bundesrätin Mühlwerth: Das war nicht der Punkt!) Und ich würde Ihnen empfehlen, sich eine Vorteilscard, eine Familiencard zu nehmen, wir haben da mehrere Angebote, dann kostet es die Hälfte, nämlich 25 €. Weil der öffentliche Verkehr für die Menschen leistbar sein muss, haben wir solche Preise, und wir fahren nicht um 100 € von Wien nach Innsbruck, da würde nämlich keiner fahren, weil das viel zu teuer wäre. Es kostet ein Viertel davon. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Kollegin, ich bin auch der Auffassung, dass wir immer ringen müssen, was die Kundenfreundlichkeit betrifft, weil dafür ist das Unternehmen da, dass es eine gute Leistung für jene erbringt, die die Bahn brauchen, um in die Schule zu kommen, um zum Arbeitsplatz zu kommen, man muss sich auf das Unternehmen verlassen können. Daher ist die Pünktlichkeit ein ganz wichtiger Punkt.

Deshalb habe ich ein Gesetz eingebracht, das der Nationalrat und dann auch Sie hier beschlossen haben, mit dem wir die Fahrgastrechte gestärkt haben – viel mehr, als das die EU vorsieht; wir haben da nicht etwas nachvollzogen. Wenn der Zug nicht pünktlich ist, muss man seinen Ticketpreis zurückbekommen. Und wir haben, was die Pünktlichkeit betrifft, nicht nur die Rechte der Fahrgäste gestärkt und das gesetzlich verankert, sondern auch im Unternehmen das als klare Zielsetzung formuliert.

Ich habe heute beim Herfahren in den Tageszeitungen geblättert. Wenn Sie das auch getan hätten, dann hätten Sie gesehen, dass die Zeitungen geschrieben haben, dass das eine Entwicklung ist, was die Pünktlichkeit betrifft, die in Europa sensationell ist. Nicht einmal die Schweizer Bahn schlägt uns mehr. Wir haben 97,5 Prozent Pünkt­lichkeit. Das heißt, von 4 200 Zügen, die täglich verkehren, kommen 97,5 Prozent auf die Minute an, wie es auf dem Fahrplan steht. Das ist gut so und das ist, was die Verlässlichkeit betrifft, auch richtig so.

Ein Punkt noch, was die Verbindung Linz–Graz betrifft. Wir haben dort natürlich nicht nur die Geleise, sondern dort fahren auch Züge. Ich kann nicht ganz verstehen, dass man versucht, den Eindruck zu vermitteln, es fährt keine Eisenbahn zwischen Linz und Graz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zwischen Linz und Graz fahren jeden Tag 14 Züge! Und bei diesen 14 Zügen werden die Tarife gestützt, wie Sie aus diesem Leistungsbericht ersehen. Und in der Vergangenheit – und das ist das, was wirklich wahr ist – sind 18 Züge gefahren. Vier Züge davon haben das Land Steiermark und das Land Oberösterreich bezahlt, 14 Züge hat der Bund, der Steuerzahler, über den gemeinwirtschaftlichen Leistungsvertrag bezahlt. Und diese vier Züge fahren deshalb nicht mehr, weil das Land Oberösterreich aus budgetären Gründen die Zahlungen eingestellt hat.

Also, es ist wie überall auf der Welt: Wenn man nichts zahlt, dann gibt es auch keine Leistung. Bei den 14 Zügen des Bundes ist kein Cent gestrichen worden, keiner davon


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 46

ist gestrichen worden. Jeden Tag fahren auf dieser Strecke 14 Züge, und ich lade Sie gerne ein, mit mir einmal diese Strecke auch zu fahren, sie ist nämlich auch land­schaftlich wirklich sehr schön.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten für jede Kritik dankbar sein, die dazu führen soll, dass wir noch besser werden, dass wir in Europa, was den Personenverkehr und den Güterverkehr betrifft, die beste Eisenbahn haben, wir sollten diesen kritischen Zugang beibehalten, damit wir es in Zukunft noch besser machen. Wir sollten aber unser Licht auch nicht unter den Scheffel stellen: Die Österreichischen Bundesbahnen, die Privatbahnen, die Tarifgestaltung, die Pünktlichkeit, wir sind hier auf einem guten Weg, und ich glaube, dafür brauchen wir uns nicht zu genieren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

11.12


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Boden. – Bitte.

 


11.12.50

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Frau Bundesministerin, Sie haben mir eine wesentliche Arbeit abgenommen, indem Sie sofort geantwortet haben. – Jetzt ist mir die Frau Kollegin Mühlwerth abhanden gekommen, ich hätte ihr gerne noch etwas gesagt, weil sie gemeint hat, wenn ich das nicht falsch verstanden habe, für sie ist es nicht nachvollziehbar, dass so große Summen hier vergeben werden: Natürlich richtet sich das nach der Kilometerleistung, und wenn diese erfüllt wird, werden auch die dementsprechenden Summen ausbezahlt.

Geschätzte Damen und Herren! Für die Bestellung gemeinwirtschaftlicher Leistungen gilt natürlich ein mehrjähriger Bestellrahmen, den die Frau Bundesministerin mit dem Finanzminister festzulegen hat. Der vorliegende Bericht enthält eine Aufstellung über den Leistungsumfang der in diesem Rahmen mit den ÖBB und Privatbahnen abge­schlossenen Verträge für den Zeitraum 1. Jänner 2009 bis 31. Dezember 2009. Die gemeinwirtschaftlichen Leistungen im Schienenpersonenregionalverkehr und im Schie­nen­personenverkehr werden im Bericht ganz einfach dargestellt. Weiters wird ein Überblick über die von Rail Cargo Austria AG mit Privatbahnen-Unternehmen abge­rechneten Leistungen geboten.

Frau Bundesminister, die Tabellen sind sehr übersichtlich in diesem Bericht, ich möchte jetzt nicht die Zahlen noch einmal anführen. Was mir gefällt an diesem Bericht, ist, dass es immer wieder Vergleiche gibt mit dem Vorjahr, dass auch die vergangenen Jahre aufgeführt werden. Und da ist festzustellen, dass sehr wohl eine Steigerung im Personenverkehr vorhanden ist, aber im Güterverkehr ein Rückgang um 10 Millionen € zu verzeichnen ist. Natürlich hat die Wirtschaftskrise auch bei den Österreichischen Bundesbahnen Einzug gehalten.

Eine Grundlage für gemeinwirtschaftliche Leistungen durch den Bund ist die Erhaltung eines qualitativ hochwertigen öffentlichen Verkehrs. Und – Frau Bundesminister, Sie haben bereits darauf hingewiesen – ganz, ganz wichtig: Ein attraktives Angebot an öffentlichem Personenverkehr reduziert negative Verkehrsfolgen, seien es Unfälle, sei es Stau, seien es Lärm, Emissionen und Landschaftsverbrauch, und steigert natürlich auch die Lebensqualität.

Die Leistung für die ÖBB Personenverkehrs AG, die, wie wir schon gehört haben, mit 547 Millionen € vorgesehen war, wird in vier Teile aufgeteilt:


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Erstens: die Bestellung von Sozialtarifen im Schienenpersonenverkehr mit 346,74 Mil­lionen € durch attraktive Fahrpreise für PendlerInnen und Personengruppen mit gerin­gem Einkommen und mit besonderen Bedürfnissen.

Zweitens: die Führung von Regional- und Nahverkehren, um ein Grundangebot bereit­zu­stellen. Dafür wurden 180 Millionen € aufgewandt. Enthalten ist in dieser Summe ein Qualitätsbonus, mit dem die Qualität des Regional- und Nahverkehrs gesteigert wer­den soll, wie zum Beispiel durch breitere Einstiege, behindertengerechte Fahrgast­räume, Information der Reisenden, Temperaturabsenkungsanlagen und vor allem durch den sehr ruhigen Lauf der neuen und modernen Personenwagen.

Im dritten Punkt, in der Anlage 3, werden sonstige Leistungen im Personenverkehr im Rahmen einer verkehrspolitischen Weisung dargestellt, wo durch das Bundes­minis­terium für Verkehr im Rahmen einer Übergangsregelung Leistungen für jene Strecken­bereiche bestellt wurden, auf denen die ÖBB-Personenverkehr AG beabsichtigt, sich aus dem Personenverkehr zurückzuziehen. 2009 betraf das mehrere nieder­öster­reichische Schmalspurbahnen. In der Anlage 3 werden dazu 4,6 Millionen € angeführt.

Was mich natürlich persönlich ein bisschen betrifft, ist, dass die Nebenbahnen in Niederösterreich fast zur Gänze dem Land übergeben worden sind. Das heißt, das Land Niederösterreich hat die meisten Nebenbahnen in Niederösterreich geschlossen. Das Kuriose dabei ist: Man möchte jetzt auf diesen Nebenbahnen Radwege instal­lieren. Schade, dass Kollege Strohmayer-Dangl nicht hier ist, ist doch er einer dieser Befürworter. Ich bin nicht damit einverstanden, dass man vorhandene Nebenbahn­trassen ganz einfach zuasphaltiert und einen Radweg darauf errichtet. Natürlich ist ein Radweg sehr umweltfreundlich, aber wir verlagern damit wieder den gesamten Verkehr von der Schiene auf die Straße. Und genau das wollen wir ja verhindern. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

Im Punkt 4 geht es um die Abgeltung der Aufrechterhaltung des Autoschleusen­ver­kehrs durch den Tauerntunnel zwischen Böckstein und Mallnitz. Außerdem erhielt die ÖBB-Personenverkehr AG einmalig eine Abgeltung von 15 Millionen € für Einnahmen­ausfälle, die auf Grund einer halbjährigen Verschiebung der für Anfang 2009 geplanten Tariferhöhung entstanden sind. Ja, ist uns allen bekannt: Durch die Finanzkrise wurden die Tariferhöhungen zurückgestellt, um mehr Anreiz zu schaffen, von der Straße auf die Schiene umzusteigen.

Weitere Verträge wurden vom Verkehrsministerium auch mit der Rail Cargo Austria AG abgeschlossen. Sie regeln die Bestellungen für Beförderungen im Kombinierten Ver­kehr sowie für Beförderungen von gefährlichen und umweltgefährdenden Gütern. Im Sinne einer höchstmöglichen Verkehrsverlagerung und Transparenz wurden dabei die tatsächlich erbrachten Transportleistungen abgerechnet, und diese betragen eben diese 99,3 Millionen €.

Beim Kombinierten Verkehr entfielen 25 Millionen auf die Rollende Landstraße. Wei­ters wurden im Rahmen eines entsprechenden Vertrages über gemeinwirtschaftliche Leistungen ermäßigte Tarife für Gefahrenguttransporte angeboten, um hier ebenfalls eine Verlagerung von der Straße auf die Schiene zu schaffen. Hier wurden 56,8 Mil­lionen geltend gemacht.

Schließlich wurden vom BMVIT alle genannten gemeinwirtschaftlichen Leistungen – Sozial­tarife, Regional- und Nahverkehr, Gefahrenguttransporte und Kombinierter Ver­kehr – bei den Privatbahnen im gesamten Umfang von 60 Millionen € bestellt.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 48

Ein sehr guter Bericht, Frau Bundesministerin – wir nehmen ihn natürlich gerne zur Kenntnis. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der ÖVP sowie des Bundesrates Dönmez.)

11.20


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Mayer. – Bitte.

11.20.42

 


Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch meine Fraktion bedankt sich für die Übermittlung des Gemeinwirtschaftlichen Berichtes. Ich denke, es geht darin um ein gewaltiges Fördervolumen, das der Staat Österreich, die Regierung sozusagen an die ÖBB bezahlt. 706,3 Millionen € – somit auch ein klares Bekenntnis zum öffentlichen Verkehr, das kann man an dieser Stelle unterstreichen.

Ich möchte mich im Folgenden eher mit Teil A des Berichts, dem ÖBB-Per­sonen­verkehr, auseinandersetzen; diesbezüglich wird jedes Jahr ein neuer Vertrag zwischen ÖBB, BMVIT und Finanzministerium verhandelt.

Es gibt vier Kernbereiche anzumerken: die Bestellung von Sozialtarifen im Schienen­personennahverkehr, den Ökobonus sozusagen, die Führung von Regional- und Nah­verkehren – Leistungsbestellung und Qualitätsbonus, sonstige Leistungen im Per­sonenverkehr – verkehrspolitische Weisung, und darüber hinaus gab es im Jahr 2009 die Abgeltung der Kosten der ÖBB aufgrund der verschobenen Tariferhöhung, was offensichtlich doch nicht allen zur Kenntnis gebracht wurde. Frau Kollegin Mühlwerth möge sich bitte genauer in diese Materie einlesen.

Zum ersten Punkt – eine positive Bemerkung: Den Pendlern werden durchaus attrak­tive Möglichkeiten geboten, mit dem Ökobonus verbilligte Karten in allen Segmenten zu erwerben. Wenn man das querbeet betrachtet, dann ergibt sich daraus ein Förder­volumen von zirka 80 Prozent, und das ist wirklich sehr bemerkenswert. Bedingt durch die Tatsache, dass die ÖBB-Personenverkehr AG im Nahverkehr die Tarife der Ver­kehrsverbünde zu übernehmen hat, gestaltet sich eine exakte Abrechnung allerdings schwierig, weil grundsätzlich auf die beförderten Personen abgestellt wird.

Die ÖBB haben einen Nachweis durch Zählungen der beförderten Personen an einem Tag – ich wiederhole: an einem Tag – auf repräsentativen Zählerquerschnitten zu erbringen. So weit, so gut. Für die Vorarlberger Strecke, die Strecke Bregenz–Bludenz, auf der gezählt wird, stelle ich das allerdings in Frage, weil wir in Vorarlberg immense Steigerungsraten im ÖPNV haben und für mich somit ein Rückgang von 2007 auf 2008 und dann wieder ein leichter Anstieg auf 2009 nicht leicht nachvollziehbar ist.

Im Bericht steht in Bezug auf andere Strecken, dass 2008 aufgrund der Europa­meister­schaft zusätzliche, stärkere Frequenz zu verzeichnen war. – In Vorarlberg hat die Europameisterschaft nicht stattgefunden! Deshalb wäre es für mich angebrachter, diesen Zählmechanismus etwas zu erweitern und vielleicht für jedes Quartal oder zumindest zweimal im Jahr die Frequenzen zu ermitteln. Alles andere scheint mir doch etwas oberflächlich zu sein. (Demonstrativer Beifall der Bundesrätin Kerschbaum.) – Ja, Frau Kollegin, das ist so. Sie haben spontan erkannt – im Gegensatz zu meinen Kollegen aus der Fraktion –, dass das bemerkenswert ist. (Allgemeine Heiterkeit.)

Die dafür immerhin aufgewendeten 346,7 Millionen € sind wirklich eine sehr bemer­kenswerte Summe, Frau Ministerin. Dieses Geld ist wirklich sehr gut angelegt.

Zum Qualitätsbonus. – Frau Kollegin Mühlwerth hat sich im Zusammenhang damit mit wirklich vielen Zahlen im Detail auseinandergesetzt; das möchte ich jetzt nicht oder zumindest nicht wiederholen. Dem Qualitätsbonus stehen wir grundsätzlich positiv


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gegenüber. Er ist begrüßenswert, wäre aber in einigen Bereichen – da gebe ich Ihnen recht, liebe Frau Kollegin – schon zu verbessern. Es ist nämlich nicht nur die Zahl der Zugausfälle gestiegen, sondern auch – an dieser Stelle, Frau Ministerin, erlaube ich mir einen einmaligen Widerspruch – bei der Pünktlichkeit haben wir von 2008 auf 2009 einen leichten Rückgang zu vermerken, laut diesem Bericht. Wenn sich das 2010 wieder verbessert hat, so ist das aller Ehren wert und kann auch positiv erwähnt wer­den. Wenn wir diesbezüglich sogar besser sind als die Schweizer: Respekt, Respekt!

Es ist nicht nur die Zahl der Zugausfälle gestiegen, sondern auch in Bezug auf Pünktlichkeit haben wir etwas nachgelassen. Wenn man aber Zeitungsberichte zitiert, wie Frau Kollegin Mühlwerth das getan hat, dann könnte man schon auch erwähnen, dass zum Beispiel nicht genügend Waggons vorhanden sind, die Qualität der Waggons nicht entspricht und dass es im letzten Jahr – aber das ist nicht Gegenstand dieses Berichtes – zu Ausfällen gekommen ist, weil Klimaanlagen ausgefallen sind, et cetera. Der Qualitätsbonus ist wichtig.

Wenn also in diesem Bericht steht, das Qualitätsziel sei bei Weitem übertroffen wor­den, so nehme ich das mit einem breiten Vorarlberger Lächeln zur Kenntnis. (Beifall des Bundesrates Stadler.) – So ist es, Herr Kollege. Gut bemerkt.

Andererseits brauchen die ÖBB natürlich jeden Cent, und wenn man die Verluste der letzten Jahre betrachtet – das wurde heute schon angesprochen –, dann muss man sagen, es wäre fatal, etwas wegzunehmen, weil die Gesellschaft ohnehin enorme finanzielle Probleme hat.

Im Zusammenhang mit diesem Bericht – weil das heute auch von Kollegin Mühlwerth schon angesprochen worden ist – sei mir gestattet, aus einem offenen Brief der neu gegründeten Westbahn AG zu zitieren, weil die österreichische Bundesregierung einer EU-Liberalisierung des Personen-Bahnverkehrs zugestimmt und damit auch die Weichen für ein zukunftsfähiges Bahnverkehrssystem in Europa gestellt hat. Diese Westbahn AG wird von einem Vorarlberger Unternehmer, der früher bei den ÖBB als Vorstand beschäftigt war, als Geschäftsführer betrieben.

Da heißt es: Seit nämlich die betreffenden EU-Verordnungen in Kraft sind, sind Direkt­vergaben nur mehr im Namen der nationalen Vergabeordnungen erlaubt. In Österreich ermöglicht das Bundesvergabegesetz Direktvergaben bis zu einer Höhe von 100 000 €. Damit die ÖBB weiter in den Genuss von Direktvergaben in jeglicher Höhe kommen, wurde das Bundesvergabegesetz um folgenden Halbsatz ergänzt: „die Anwendung des Art. 5 Abs. 2 und 4 bis 6 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 bleibt unberührt“.

Diese Möglichkeit wurde offensichtlich – wie im Brief zitiert – 2011 ausgiebig genützt. Die Regierung unterzeichnete einen Vertrag mit den ÖBB über die Vergabe soge­nannter gemeinwirtschaftlicher Leistungen über die nächsten zehn Jahre mit einem Volumen von 6 Milliarden €. Die ÖBB erhalten die Summe für Leistungen im Nah- und Regionalverkehr, etwa zur Unterstützung von Pendler- und Schülertickets. Die West­bahn möchte die Leistungen selbstverständlich auch anbieten, mit ihr wurden aber jegliche Verhandlungen mit der Begründung abgelehnt, dass das Unternehmen nicht operativ tätig ist.

Logisch! Wann, wenn nicht kurz vor dem operativen Start, sollten denn solche Gespräche stattfinden!?

Die Westbahnstrecke, auf der sich die ÖBB ab Dezember dem freien Wettbewerb stellen müssen, wurde in den neuen GWL-Verträgen herausgenommen, da dort eine freihändige Vergabe keiner wettbewerbsrechtlichen Prüfung standgehalten hätte. Inter­es­santerweise wurde die Gesamtsumme, die die ÖBB erhalten, durch die Heraus­


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nahme dieser wichtigen Strecke jedoch nicht geringer, sondern offensichtlich höher als im bisherigen Vertrag.

Diese Beispiele zeigen klar, dass die zuständigen Ministerien offensichtlich nicht inter­essiert sind, einen Wettbewerb im Personen-Bahnverkehr stattfinden zu lassen. Jeder weitere Anbieter wird vor einem Markteintritt in Österreich zurückschrecken, wenn die ÖBB derart bevorzugt werden und keine fairen Bedingungen vorherrschen. – So weit aus einem offenen Brief der Westbahn AG, den ich hier mit einflechten möchte.

Wie gesagt, Frau Ministerin, wenn Österreich schon der Liberalisierung des Personen-Bahnverkehrs zugestimmt hat, dann sollte sich meiner Meinung nach auch neuen Anbietern die Möglichkeit eröffnen, sich am liberalen Markt unter den gleichen Voraussetzungen beteiligen zu können. – Ich danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.29


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesminis­terin Bures. – Bitte.

 


11.29.49

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Präsidentin! Herr Bundesrat Mayer! Herr Landesrat Rüdisser aus Vorarlberg war letzte Woche im Verkehrsministerium und hat dort die Pünktlichkeit und die Verlässlichkeit der Bahn vor allem im Vorarlberger Bereich positiv hervorgehoben. Wir haben auch festgestellt, dass wir in Vorarlberg so viele Fahrgäste haben wie noch nie und dass sich das Verkehrsunternehmen Bundesbahnen jährlich immer größerer Beliebtheit erfreut, aber das haben Sie bereits erwähnt.

Ich möchte in aller Kürze zu dem von Ihnen erwähnten offenen Brief eines Unter­nehmens, das für mehr Wettbewerb auf der Schiene sorgen wird, Folgendes anmer­ken. Ich habe immer klar gesagt, ich bin für den Wettbewerb, weil das bedeutet, dass Unternehmungen, die jetzt schon auf dem Markt sind, wie etwa die ÖBB, auch gefordert sind, weil das auch einen Beitrag dazu leisten kann, dass man sich in der Auseinandersetzung mit der Konkurrenz noch mehr anstrengt.

Was mir dabei wichtig ist, und das möchte ich unterstreichen, weil Sie das ange­schnitten haben: Es geht bei der Liberalisierung um gleiche Voraussetzungen für alle Unternehmungen. Das ist mir ganz wichtig, und daher ist das, was das Privatunter­nehmen Westbahn betrifft, der Fall. Unabhängig davon, dass ich diesen Wettbewerb wirklich unterstütze, haben wir natürlich alle eisenbahnrechtlichen Verfahren, behörd­lichen Verfahren, die in meinem Haus zu erledigen sind, in ganz besonderer nicht nur Sorgfalt, sondern auch Geschwindigkeit durchgeführt, um das Unternehmen zu ermög­lichen.

Vielleicht auch noch ein Beispiel dafür, dass es da enge Kooperation und Zusam­menarbeit gibt: Die Westbahn AG könnte nicht einmal einen Lokführer ausbilden, sie braucht die ÖBB, die die Lokführer ausbilden. Wir haben das gerne übernommen. Alle, die in Zukunft bei der Westbahn einen Zug führen, werden bei den Österreichischen Bundesbahnen ausgebildet. Man sieht, da geht es nicht um Konkurrenz, nicht darum, sich gegenseitig zu verdrängen, sondern wenn das Leistungsangebot für die Fahrgäste in Österreich dadurch steigt, dann unterstützen wir das auch.

„Gleiches Recht für alle“ bedeutet auch, dass jene Strecken, die wirtschaftlich zu führen sind – das sind wenige in Österreich; die meisten sind Pendlerstrecken, und die müssen wir subventionieren durch gemeinwirtschaftliche Leistungen; kostendeckende Ticketpreise würde sich niemand leisten können –, von allen ohne Subventionen zu führen sind. Wenn man auf Strecken Gewinne machen kann, dann ist das gut. Das gilt für Private, und das gilt auch für die Bundesbahnen. Ich habe nichts dagegen, wenn


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 51

die ÖBB auf Strecken fahren, wo sie Gewinne machen, um einen Ausgleich zu haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher ist es so – in aller Kürze –, dass die Westbahn AG für die Strecke Wien–Salzburg keinen Zuschuss bekommt, und die Österreichischen Bundesbahnen auch nicht. Gleiches Recht für alle!

11.33


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Kerschbaum zu Wort. – Bitte.

 


11.33.09

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe ZuhörerInnen! Ich möchte ganz kurz darauf eingehen, was Frau Kollegin Mühlwerth gesagt hat, und auf ihre Begründung, warum sie den Bericht ablehnt. Transparenz wäre wirklich etwas, das gerade bei einem Unternehmen wie den ÖBB – indirekt geht es da ja auch um die ÖBB – von großer Bedeutung wäre, um vielleicht das Verständnis vieler unserer Mit­bür­gerinnen und Mitbürger für die Notwendigkeit des öffentlichen Verkehrs zu erhöhen.

Transparenz ist leider nach wie vor ein Fremdwort in diesem Bereich. Ich denke da jetzt nur relativ kurze Zeit zurück – Kollege Boden hat es schon gesagt –, nämlich an die Vereinbarung mit dem Land Niederösterreich, die Übergabe der Nebenstrecken. Monatelang ist mehr oder weniger bestritten worden, dass es einen Sideletter dazu gibt, welche Strecken eingestellt werden und welche nicht. Dass es diesen Sideletter gibt – inzwischen hat man ihn auch schon im Internet gefunden –, das ist monatelang bestritten worden. All diese Jubelmeldungen, von wegen im Land Niederösterreich wird es jetzt besser werden, haben sich irgendwann doch in Luft aufgelöst. Jetzt sehen wir, was herauskommt, jetzt bekommen wir eben Radstrecken statt Bahnstrecken. Wir werden alle fürchterlich sportlich werden. Die Frage ist nur, ob wir dann nicht vielleicht doch aufs Auto umsteigen, anstatt mit dem Radl ins Büro zu fahren. (Bundesrat Kainz: Auf andere öffentliche Verkehrsmittel!) Ja, die anderen öffentlichen Verkehrsmittel; in den Bussen sitzt keiner!

Eine Zahl vielleicht noch, die ich hervorheben möchte, weil Frau Kollegin Mühlwerth auch den Golden Handshake für Herrn Huber erwähnt hat. Das sind 1,6 Millionen €; umgerechnet in Zugkilometer – es wurden mir 8 € pro Kilometer kolportiert – sind das 200 000 Zugkilometer, die dann halt nicht mehr gefahren werden können, weil das Geld anderweitig verbraucht worden ist.

Ich meine, das sollte schon zu denken geben. Das Problem ist vor allem: Es gibt keinen Platz dafür, dass diese Dinge diskutiert werden. Sie stehen in der Zeitung, wir können uns alle aufregen über die Berichte, die ÖBB werden mehr oder weniger medial natürlich nicht unbedingt goldig dastehen, aber in letzter Konsequenz wird das hier im Parlament nirgendwo diskutiert. Das finde ich sehr ärgerlich.

Eine weitere Zahl noch, die auch nicht uninteressant ist. – In letzter Zeit gibt es doch einige Projekte von Bahnhofsumbauten, auch in Niederösterreich. Soweit ich das verstanden habe, ist es ziemlich durchgängig, dass ein Lift bei den ÖBB 1 Million € kostet. Ich frage mich nur, wie die das machen. Die schaufeln den Platz dafür vielleicht mit einem Löffel aus, damit sie auf die Kosten kommen. Überall anders kommt ein Lift in dieser Größenordnung auf ungefähr 100 000 €. Da entstehen enorme Kosten, und man müsste schon fragen, wo das Geld hinkommt. In die Verbesserung des ÖV-Angebotes – zumindest nicht in Niederösterreich, aber ich glaube, das gilt für ganz Öster­reich – ist es offensichtlich nicht geflossen.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 52

Das war jetzt nur ein kurzer Sidestep zu dem, was Frau Kollegin Mühlwerth gesagt hat, wo es wirklich viel Diskussionsbedarf gäbe, der aber letztendlich sicher nicht unter diesem Tagesordnungspunkt abgearbeitet werden kann. Das müsste anderswo erledigt werden. Es müsste viel mehr geprüft werden, es wäre viel mehr Transparenz erforderlich – das ist das, was ich sagen wollte.

Wir werden den Bericht diesmal zur Kenntnis nehmen, einfach deshalb, weil wir darin einen Fortschritt gegenüber den letzten Jahren sehen. Der Bericht der letzten Jahre bestand immer aus vier, fünf Seiten, ohne Deckblatt, etwas lieblos gestaltet, ein Bericht, um eben auch einen Bericht verfasst zu haben. Heuer kann man zum ersten Mal sagen, dieser Bericht verdient es, „Bericht“ genannt zu werden, deshalb werden wir ihn zur Kenntnis nehmen. Es gibt aber eine Unzahl von Anregungen, die wir nach wie vor haben, wie man diesen Bericht verbessern könnte.

Ich habe mich ziemlich darüber geärgert, dass im Ausschuss niemand vom Ministerium anwesend war, bei dem wir unsere Fragen hätten deponieren können beziehungs­weise von dem wir gleich eine Antwort bekommen hätten; wenigstens hätte man gleich nachfragen können. Ich habe jetzt die Beantwortung schriftlich bekommen. Dafür möchte ich mich zunächst einmal bedanken, aber es ist so, Frau Ministerin, dass ich gerade bei Ihrem Ressort den Eindruck habe, dass es Weltmeister im Nichtbeant­worten beziehungsweise im Ignorieren von Fragen ist.

Ich habe zum Beispiel gefragt, ob der Vertrag, der dem Bericht zugrunde liegt – das ist auch schon kurz angeschnitten worden; es ist ein Zehn-Jahres-Vertrag abgeschlossen worden –, öffentlich einsichtig ist. Im Prinzip reden wir jetzt jährlich über den Bericht und darüber, was passiert ist, aber über die Grundlage, auf deren Basis das alles passiert, wird hier im Parlament nicht gesprochen. Die Antwort war, dass erstens der Vertrag am 3. Februar 2011 rückwirkend mit 1. April abgeschlossen wurde – rückwir­kende Vertragsabschlüsse, okay – und dass zweitens – bezüglich der Veröffent­lichung – darüber hinaus geplant ist, den Vertrag interessierten und leistungsfähigen Unternehmen auf Anfrage zur Verfügung zu stellen.

Wir sind zwar kein Unternehmen, aber die Grünen hätten sicher Interesse. Leistungs­fähig sind wir auch, also vielleicht bekommen wir ihn zur Verfügung gestellt.

Ich meine, es wäre wichtig, im Vorhinein über die Dinge zu diskutieren, anstatt nachher zu sudern und zu raunzen, warum da so viel Geld fließt und vor allem wohin.

Meine zweite Frage bezieht sich auf die Sozialtarife. Es geht darum, dass die Sozial­tarife aufgrund von Zählungen bemessen werden und es nicht sehr viele Zählungen gibt. Deshalb habe ich auch dir vorhin schon applaudiert, Kollege Mayer, denn auch ich meine, das kann man nicht als statistische Grundlage nehmen, wenn man ein Mal im Jahr neun Strecken zählt. Das ist keine statistische Grundlage. Im Prinzip müsste es die technischen Möglichkeiten geben. Jeder Schiliftbetreiber kann sagen, wie viele Gäste er hat, aber bei den ÖBB läuft leider offenbar noch alles ziemlich steinzeitlich ab, was das betrifft. Die Zahl der Fahrgäste wird geschätzt und nicht gezählt.

Es werden Zuschüsse gewährt, dass Familien, PendlerInnen günstiger unterwegs sein können, damit die Umwelt geschützt wird, aber für die Berechnung dieser Zuschüsse werden letztendlich Zahlen herangezogen, die Daumen mal Pi gerechnet sind, die deshalb auch jedes Jahr gleich bleiben und in Wirklichkeit nichts widerspiegeln von dem, was die ÖBB bieten oder nicht bieten.

Es wäre deshalb wirklich ungemein wichtig, dass gerade bei den Fahrgastzahlen und den damit zusammenhängenden Dingen Transparenz einkehrt, damit man wirklich von einer Kosten-Nutzen-Rechnung reden kann. Bis jetzt ist das alles eine Schätzung ins Blaue.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 53

Zum Qualitätsbonus: Also die Angaben, die im Bericht stehen, warum der Qualitäts­bonus ausbezahlt wird, von den automatischen Türschließungen angefangen, das sind Dinge, die sowieso seit Jahren an und für sich Standard sind. Das noch als Qualitäts­bonus hervorzuheben finde ich ein bisschen eigenartig, es steht aber so im Bericht.

Abgesehen davon, dass die Fahrgastzahlen auch im Personenverkehr rückgängig sind, ein Brocken, der wirklich wehtut, ist auch der Rückgang im Güterverkehr. Sie haben das auf meine Frage im Ausschuss damit begründet, es sei ja der Güterverkehr allgemein zurückgegangen. Es gibt da in Ihrer Antwort sogar eine Zahl des Modal Splits, wobei ich jetzt nicht weiß, welche Zahlen da dahinterstehen, dass wir eben im Jahr 2009 einen Modal Split von 65 Prozent Straße, 31 Prozent Schiene und 4 Prozent Binnenwasserstraßen hätten. Das würde ja sehr erfreulich klingen.

Aber: Um zu beurteilen, ob die Maßnahmen, die getroffen worden sind, beziehungs­weise Dinge, die in letzter Zeit leider eher ausgelassen worden sind, zu einem Plus oder Minus geführt haben, dazu bräuchte man auch den Modal Split von den Jahren davor.

Das wäre überhaupt eine Anregung – ich komme schon zum Ende –, ein wichtiger Verbes­serungsvorschlag für den Bericht in Zukunft, nämlich dass man die Aussage­kraft der Zahlen erhöhen könnte, indem man erstens nicht nur neun Bahnstrecken beleuchtet, sondern sich vielleicht all das ein bisschen umfangreicher anschaut, dass man nicht nur mit dem Jahr davor vergleicht. Was weiß ich: Einmal war ein Bahnhof gesperrt, dann ist klar, dass weniger Fahrgäste einsteigen. Also man soll nicht nur mit dem Jahr davor vergleichen, sondern sich eine gewisse Zeitreihe einfallen lassen, damit man vernünftige Daten hat. Und natürlich soll man es auch mit der Konkurrenz, mit der Straße vergleichen. Das ist leider derzeit im Bericht noch nicht enthalten.

Ich würde mir wünschen, dass solche Zahlen wie ein Modal Split auch in so einem Bericht vorkommen, denn das ist eigentlich der Grund dafür, warum es uns wichtig ist, den öffentlichen Verkehr zu unterstützen: weil das natürlich eine Entlastung für die Straße und vor allem auch eine Entlastung für die Umwelt bedeutet.

Der insgesamte Rückgang der Fahrgastzahlen, der auch im Bericht zur Kenntnis gebracht wird, sollte nicht nur zu denken geben, sondern auch Anlass zum Handeln sein. Ich würde mir wünschen, dass es im Hintergrund irgendwo noch eine Vision gäbe, nämlich nicht nur Lippenbekenntnisse, wir wollen von der Straße auf die Schiene – in Wirklichkeit geht es ja in die andere Richtung, wie wir wissen –, sondern dass es wirklich eine Vision gäbe, so wie in der Schweiz, dass man als Bewohner eines Gebietes das Anrecht hat, wenn eine gewisse Einwohnerzahl vorhanden ist, auf ein gewisses Angebot an öffentlichem Verkehr. Darauf hat man ein Anrecht!

Das ist in Österreich leider nicht so. In Österreich muss man dankbar sein, wenn man an einer Bahnlinie wohnt, dass keine Züge eingestellt werden und keine Bahnlinie eingestellt wird. Ich denke, diese Dankbarkeit zwar in Ehren, aber es wäre schon wichtig, dass wir in Österreich, wenn wir es mit dem Umsteigen von der Straße auf die Schiene ernst meinen, diese Dankbarkeit gegen ein Anrecht auf einen guten öffent­lichen Verkehr austauschen. (Beifall des Bundesrates Dönmez.)

11.43


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Mag. Hammer zu Wort. – Bitte.

 


11.43.45

Bundesrat Mag. Michael Hammer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon von den Vorrednern einiges zum Gemeinwirtschaftlichen Leistungsbericht ge­


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 54

sagt worden. Ich glaube, der Bericht als solcher ist in Ordnung. Es ist wohl allen hier im Saale klar, dass es wichtig und richtig ist, gemeinwirtschaftliche Leistungen sowohl bei den ÖBB als auch bei den Privatbahnen zu bestellen. Und ich glaube, es ist auch vieles geglückt und vieles weitergegangen, vor allem was die Sozialtarife betrifft, aber auch Qualitätsverbesserungen; auch wenn es, so wie es die Vorrednerin gesagt hat, schmerzt, dass die Fahrgastzahlen zurückgehen und – dazu werde ich dann im Detail noch etwas sagen – vor allem im Güterverkehr doch signifikante Rückgänge und Problemstellungen auftreten.

Generell gebe ich zu bedenken, auch wenn viele positive Aspekte herauszugreifen sind, dass der Leistungsbericht schon aufzeigt, dass wir in Wirklichkeit mit gleich viel Geld oder vielleicht sogar mit mehr Geld immer weniger an Leistung für die öffentlichen Verkehrsbenutzer bekommen. Ich möchte das an dem Beispiel verdeutlichen, dass in vielen Bundesländern – ich selbst bin aus Oberösterreich – ganz massiv die Regional­bahnen in Gefahr sind. Ich denke nur an die Mühlkreisbahn, wo jetzt ein Konzept erstellt wird, wie man dort den Betrieb fortführen kann.

Es ist schon essentiell, bei aller Notwendigkeit, solche Bahnen wirtschaftlich zu führen, dass die Menschen auch Zugang zu den öffentlichen Verkehrsmitteln haben, ansons­ten brauchen wir uns natürlich nicht zu wundern, wenn die Fahrgastzahlen zurück­gehen. Das trifft auch darauf zu – ich glaube, das ist schon ein Muss –, dass die Hauptbahnstrecke, die Direktverbindung zwischen Linz und Graz, immerhin zwischen der zweit- und drittgrößten Stadt Österreichs, mittlerweile eingestellt wurde. Da gibt es keine Direktverbindung mehr. Und das ist schon rein von der Optik her sehr, sehr bedenklich. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich möchte aber den speziellen Fokus auf den Güterverkehr lenken. Kollegin Kerschbaum hat schon gesagt, dass da deutliche Reduktionen eingetreten sind.

Eines ist schon bedenklich. Ich möchte da Bezug nehmen auf einen Artikel, der ges­tern im „Kurier“ erschienen ist. Der Präsident des Verbandes für Anschlussbahn­unternehmen, Steindl, hat eigentlich einen Hilferuf ausgestoßen und hat gesagt, dass mit dem neuen NINA-Konzept nur mehr Schwerpunktzentren für den Güterverkehr gemacht werden und viele Anschlusspunkte aus diesem System herausfallen. Dadurch werden die Leistungen viel teurer, und das bedeutet wirklich eine deutliche Rück­verlagerung des Verkehrs von der Schiene auf die Straße. Es sind auch Standorte in Gefahr, Wirtschaftsbetriebe, die sehr güterintensiv sind, die dort nicht mehr produ­zieren können. Ich denke zum Beispiel an Kapfenberg oder Krems, die von diesem NINA-Konzept ausgenommen sind.

Das muss man schon auch bedenken. Wenn wir sagen, wir wollen eine Verlagerung von der Straße auf die Schiene und wir wollen die Erfüllung der Klimaziele ernst nehmen, dann müssen wir schauen, dass wir da dem Güterverkehr wieder neues Leben einhauchen können. Wir wissen ja, dass der Verkehr der Hauptverursacher von CO2-Emissionen ist, da muss man wirklich gegensteuern.

Meine dringende Bitte bei diesem NINA-Konzept: dieses noch einmal deutlich zu überdenken! Das ist für die Wirtschaft und für den Standort Österreich eine höchst gefährliche Sache. Ich glaube, da muss man wirklich deutlich gegensteuern. Ich bitte Sie, Frau Minister, da auch entsprechend gegenzusteuern.

Generell möchte ich noch sagen, dass der Gemeinwirtschaftliche Leistungsbericht natürlich nur das darstellt, was in diesem Vertrag geregelt ist, was die öffentliche Hand an gemeinwirtschaftlichen Leistungen bestellt, er aber nicht – und das gehört für mich schon dazu – darstellt, was die öffentliche Hand insgesamt für den öffentlichen Verkehr und speziell für das Unternehmen Österreichische Bundesbahnen ausgibt.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 55

Ich möchte da schon zu bedenken geben, dass man das, was angekündigt wird, auch umsetzen sollte, nämlich dass man dort – das Wort „Reform“ wurde schon überstrapa­ziert, aber da ist es wirklich notwendig – wirklich darauf schaut, Einsparungen und Reformen zu treffen, auch mit manchen Privilegien aufzuräumen.

Die Leute sehen nicht ein, dass bei den ÖBB die meisten viel früher in Pension gehen und dafür die Regionalbahn eingestellt wird. Das passt für die Leute nicht zusammen. Ich bitte, da wirklich engagiert und ambitioniert an Reformen zu arbeiten, damit das Unternehmen ÖBB wirtschaftlicher sein kann, mehr Leistungen in hoher Qualität ange­boten werden können und der öffentliche Verkehr in Österreich Zukunft hat. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.47

Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Es gibt doch noch eine Wortmeldung. – Bitte, Herr Bundesrat Stadler.

 


11.48.16

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte mich heute nicht zu Wort melden, Kollege Boden von unserer Fraktion hat ja schon gesprochen, aber ich glaube, es ist wirklich notwendig, noch ein paar Sätze zu sagen.

Besonders Kollege Hammerer, ein oberösterreichischer Kollege, glaube ich, hat mich jetzt quasi aufgefordert, dass ich mich wirklich nur ganz kurz melde (Rufe bei der ÖVP: Hammer!) – Hammer – und in ein paar Sätzen etwas sage, aber das gehört einfach gesagt.

Ich möchte gleich dort anfangen, Kollege Hammer, wo du aufgehört hast. Ich möchte feststellen, dass in Österreich – weder in Oberösterreich noch in irgendeinem anderen Bundesland – noch nie irgendwo eine Nebenstrecke zugesperrt worden ist, weil irgend­jemand in Pension gegangen ist. Das damit zu vergleichen, ist nicht gerechtfertigt. – Du lachst, aber du weißt sicher auch – da bin ich mir hundertprozentig sicher –, die Leistung, die von 42 000 Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern erbracht wird, die tagtäglich, bei jedem Wetter, draußen arbeiten müssen, ist gut. Darüber brauchen wir nicht mehr zu reden.

Dass es halt gewisse Sachen gegeben hat, die man nicht gutheißen kann, daran wird ja gearbeitet. Gerade der neue Vorstandsdirektor hat sich ja jetzt sehr oft in der Öffent­lichkeit zu Wort gemeldet und hat auch dort angesetzt, wo etwas zu verbessern ist.

Es stimmt, was du gesagt hast, und da möchte ich ... (Zwischenruf des Bundes­rates Dönmez. – Bundesrat Mag. Klug: Nein, nicht!) – Geh, Efi Dönmez, bitte, melde dich vielleicht nachher.

Speziell dort – und da gebe ich dir recht –: Wenn Reformen, ganz egal, welcher Art, ausgesprochen werden, müssen diese auch umgesetzt und daran gearbeitet werden. Und dass das in einem Betrieb, in einem Unternehmen wie den ÖBB natürlich nicht von heute auf morgen geht, dass es leichter ist bei einem Betrieb, wo vielleicht vier, fünf Angestellte oder noch weniger sind, ist uns allen klar.

Als einer, der seit 1972 in diesem Unternehmen arbeitet und schon sehr viele Reform­vorhaben mitgekriegt hat beziehungsweise schon an einigen mitarbeiten musste, wo dann nichts herausgekommen ist, bin ich zuversichtlich, dass das in Zukunft verbessert wird.

Aber es kann wirklich nicht sein, dass man immer die Eisenbahnerinnen und Eisen­bahner hernimmt, immer wieder von Privilegien redet. Da kann ich dir Privilegien sagen, die unter Schwarz-Blau gemacht worden sind und wo auch wir gesagt haben:


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 56

Danke, Herr Staatssekretär Kukacka, danke. Das hat gezeigt, wie weit man sich da identifizieren kann. Es ist zu wenig, ab und zu in einem Waggon drinnen zu sitzen, um dann sagen zu können, man kennt sich bei einem Unternehmen oder bei einem Wirtschaftsunternehmen aus. Es ist zu wenig, wenn man in einem Waggon drinnen sitzt. (Beifall bei der SPÖ.)

Und, Frau Kollegin Mühlwerth, ... (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.) – Nein, der Lokführer sitzt nicht im Waggon. (Heiterkeit.) Sagen wir nichts mehr! (Bun­desrat Mag. Klug: Die waren nicht gemeint!)

Ich will jetzt einen Satz für dich, Kollege Himmer, sagen. Es gibt Lokführer, die aus fahrplantechnischen Gründen Fahrgastfahrten haben, und die sitzen natürlich im Waggon drinnen. Ganz unrecht hast du da nicht. Aber wenn der Lokführer des Zuges im Waggon sitzen würde, dann würde ich auch mit einem unguten Gefühl mit der Eisenbahn fahren, obwohl ich auch gerne mit der Eisenbahn fahre.

Jetzt wieder zum Ernst und wirklich ganz kurz, ich will das nicht in die Länge ziehen. Es hat ja schon Wortmeldungen von der Frau Bundesminister und auch vom Kollegen Boden zu den Aussagen von Frau Kollegin Mühlwerth gegeben. Ich glaube, es geht nicht, wenn man so etwas auf den Tisch legt und nur sagt, das passt nicht oder das passt nicht. Sie haben ein paar Dinge angesprochen, hinsichtlich deren auch ich, muss ich ganz offen sagen (Bundesrat Mitterer hält seine ÖBB VorteilsCard in die Höhe) – sehr gut! (Heiterkeit) –, auch im Unternehmen Anregungen mache. Das betrifft das Service, zum Beispiel die Fahrkartenautomaten, die dort stehen, die man einfach hinstellt und sagt, jetzt soll sich jeder die Fahrkarten selbst kaufen. Ich glaube, da ist es notwendig – das ist inzwischen auch schon geschehen, beziehungsweise da arbeiten wir noch immer daran –, dass man die Leute entsprechend aufklärt. (Bundesrätin Mühlwerth: Das ist schon lange das Problem: die Fahrkartenautomaten!)

Auch wenn man immer – das hat der Kollege Hammer gemacht – von den Anschluss­gleisen spricht: Sie wissen genau, wenn man das heute will, dann muss man auch den politischen Willen dazu haben, ganz wurscht, welche Fraktion. Es reicht nicht, nur zu schimpfen und zu sagen, die Zuschüsse vom Ministerium werden dort und dort mehr.

Glauben Sie mir: Es kostet eine Menge Geld, einen Waggon von der Firma X von irgendwo zu holen. Es ist leichter – das habe ich schon x-mal gesagt, ich wiederhole mich schon x-mal –, einen Zug ohne Manipulation von Antwerpen nach Koper zu führen, als von einer Nebenstrecke zwei Waggons dreimal in der Woche zu holen. Wenn man das will, sage ich, okay, dann muss man dazu stehen und muss man das wollen. Dann kommt eben wie heute in den Berichten heraus, dort und dort wird mehr Geld investiert.

Und wenn Sie angesprochen haben – das ist mein Schluss (Bundesrätin Zwazl: Der Güterverkehr ...!) –, was in der Vergangenheit schiefgelaufen ist, dann erinnere ich Sie an die Jahre 2000 bis 2006, und ich hoffe nicht, dass diese in puncto Eisenbahn (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth) an Ihnen vorbeigegangen sind, denn ich glaube, dass es gerade diese Zeit war ... (Bundesrätin Mühlwerth: Bei der eigenen Nase nehmen!) – Ich glaube, ich habe meine Punkte gesagt. – Damals habe ich nämlich gar nicht gewusst, wenn ich um 9 Uhr in eine Sitzung gegangen bin und vielleicht um 13 Uhr zum Reden dran gewesen bin, ob noch derselbe Minister Verkehrsminister ist, der es um 9 Uhr war. So hat es nämlich ausgeschaut. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

Die Besetzungen, die da passiert sind – wo man jetzt Gott sei Dank Aufklärungsarbeit betreibt und auch die Frau Bundesministerin hilfreich ist, neben dem neuen Konzern­chef, diesbezüglich Aufklärung zu betreiben –, all das, was da passiert ist, glaubt man ja nicht. Aber es darf nicht sein, dass man diese Spekulationsgeschäfte – ich will jetzt


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 57

nicht urteilen, wo das Geld hingeflossen ist, wie gewisse Vorstandsdirektoren Speku­lationen gemacht haben – immer an den 42 000 Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern auslässt.

Das hat mit der Leistung von diesen Leuten, von meinen Kolleginnen und Kollegen nichts zu tun. Das ist ein eigener Bereich, das sollte man nicht immer vermischen. – Das bitte im Sinne meiner Kolleginnen und Kollegen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.55


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

11.56.133. Punkt

Petition betreffend „Bessere Versorgung des ländlichen Raumes mit Breitband-Internet“, überreicht von Bundesrat Georg Keuschnigg (28/PET-BR/2011 sowie 8463/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen zum 3. Punkt der Tagesord­nung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Greiderer. Bitte um den Bericht.

 


11.56.15

Berichterstatterin Elisabeth Greiderer: Ich bringe den Bericht des Ausschusses der BürgerInnenrechte und Petitionen über die Petition betreffend „Bessere Versorgung des ländlichen Raumes mit Breitband-Internet“, überreicht von Bundesrat Georg Keuschnigg.

Dieser liegt in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für BürgerInnenrechte und Petitionen stellt nach Beratung der Vorlage am 15. März 2011 den Antrag, diesen Bericht zur Kenntnis zu nehmen

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Keuschnigg. – Bitte.

 


11.56.56

Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mich eingangs für das Verständnis, das diese Petition von 70 Tiroler BürgermeisterInnen und 500 Gemeinde­räten sowohl in den beiden Ausschusssitzungen als auch im Infrastrukturministerium gefunden hat, sehr herzlich bedanken.

Ich brauche in diesem Hohen Haus nicht zu wiederholen, welche Bedeutung die Informations- und Kommunikationstechnologien für die allgemeine Wirtschaftsent­wick­lung und insgesamt für die Lebensqualität der Menschen in diesem Lande haben. Nur zwei Zahlen: Bis zu 50 Prozent des Produktivitätszuwachses und bis zu 25 Prozent des Wirtschaftswachstumes sind auf passende Infrastrukturen in diesem Bereich


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 58

zurückzuführen. Die Wirtschaft meldet jährlich eine Verdoppelung des Bandbreiten­be­darfes.

Worüber aber hier im hohen Bundesrat schon gesprochen werden muss, ist, dass die dünner besiedelten Regionen, vor allem im ländlichen Raum, Gefahr laufen, von einer ganz fundamentalen Entwicklung abgekoppelt zu werden, weil ganz einfach in manchen Regionen die Basisinfrastruktur nicht im ausreichenden Maße vorhanden ist.

Sie wissen, dass das dramatische Auswirkungen hat. Es gibt heute kein Hotel mehr, das marktfähig sein will, das nicht über ausreichende Bandbreiten verfügt, weil nie­mand, der auf Winterurlaub fährt und seinen Laptop mithat, darauf verzichten will, dass er in kurzer Zeit angedockt ist und seine Informationen hat.

Oder auch, um es an einem anderen Beispiel festzumachen: Die Zahl der Ein-Personen-Unternehmen in Österreich steigt. Sie machen in der Wirtschaftskammer, Frau Präsidentin, schon mehr als 50 Prozent der Mitglieder aus. Und man zwingt jede kleine Werbeagentur, jedes Graphikunternehmen dazu, sein Büro in das nächste Ballungszentrum zu verlagern, wenn die notwendigen Bandbreiten in den Dörfern, in den Regionen nicht zur Verfügung stehen. (Vizepräsident Mag. Himmer übernimmt den Vorsitz.)

Mittelfristig führt an der Verlegung von Glasfasern kein Weg vorbei. Das, glaube ich, ist bekannt. Aber wir haben das Problem, dass der Markt diese Investitionen nicht trägt. Ich hatte vor wenigen Wochen ein Gespräch mit den Verantwortlichen der Telekom Austria in Tirol und die haben mir klipp und klar gesagt, dass auch bei ihnen selbst die Euphorie teilweise verflogen ist, dass sich die Investitionen nur in den Ballungs­gebie­ten rechnen.

Rund um den Großraum Innsbruck, im Tiroler Inntal, in den Bezirkshauptorten rechnet sich das, aber dahinter rechnet sich die Investition nicht mehr. Das ist auch eine Erkennt­nis der letzten beiden Jahre. Man ist da schon viel euphorischer an die Sache heran gegangen.

Ich habe vor wenigen Tagen in der Wiener Gratiszeitung „Heute“ diesen Bericht gesehen: „Gratis-WLAN überall in Wien“. Also gratis drahtlos auf Plätzen, in Schanigärten, in Fußgängerzonen – das ist eine tolle Entwicklung, die wir nur be­grüßen können, nur: Was ist mit den Regionen, die diese Basisinfrastruktur nicht im ausreichenden Maße haben?

Das ist eine fundamentale Herausforderung der Infrastrukturpolitik der nächsten Jahre, dass wir dieses Auseinanderklaffen der Lebensräume, der Wirtschaftsräume – und in den ländlichen Regionen leben immerhin knapp 50 Prozent der österreichischen Bevölkerung – verhindern.

Um es kurz auch historisch aufzuzeigen: Wir haben es geschafft, in den letzten Jahrzehnten in jedes Haus in Österreich Strom zu bringen. Wir haben, muss man sagen, fast jedes Haus an das Kanalnetz angebunden. Wir haben zu jedem Haus eine Straße gebaut. Das sind heute alles Selbstverständlichkeiten, keine Frage, das hat aber ungeheuer viel Geld gekostet. Und die Aufgabe unserer Generation ist es jetzt, alle Staatsbürger, alle Häuser an das Internet, an das superschnelle Internet, wie es von der Europäischen Union propagiert wird, anzubinden. Ich glaube, hier braucht es eine Bündelung sämtlicher Kräfte: der Europäischen Union, des Bundes, der Länder, der Gemeinden, auch der Wirtschaft, die also darin tätig ist, um diese Kraftanstrengung zu bewältigen.

Zur digitalen Dividende. – Während die Ausrollung der Glasfaserkabel wahrscheinlich viele Jahre brauchen wird, bis die Kabel bei den Häusern, bei den Bürgern ankommen, haben wir hier eine Möglichkeit, auf mobiler Basis – die Betonung liegt auf mobiler


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Basis – in kurzer Zeit eine flächendeckende Versorgung quer durch Österreich aufzubauen. Und in dem Bericht, den Ihr Ministerium, Frau Bundesministerin, dem Bundesrat übermittelt hat, bekennt sich das Infrastrukturministerium „vollinhaltlich“ – unter Anführungszeichen – zu dieser Zielsetzung, und dafür möchte ich mich auch sehr herzlich bedanken. Aber diese Resolution zielt vor allem und gerade auch auf die Ver­steigerungsbedingungen, die dazu führen sollen, dass die flächendeckende Versor­gung tatsächlich von den dann zur Verfügung stehenden Bestbietern durchgeführt wird.

Wir haben in dieser Resolution als mögliches Vorbild das deutsche Modell vorge­schlagen, das in etwa so funktioniert, dass das Land in Versorgungshorizonte eingeteilt worden ist: schlechtest versorgt, mittel versorgt, gut versorgt und so weiter, und die Bestbieter müssen, bevor sie in den nächsten Horizont vordringen können, zuerst sozusagen 90 Prozent Versorgungsdichte im untersten Level erreichen, erst dann dürfen sie ihre Geschäftstätigkeit wieder in die nächste Region verlagern.

Ich habe auch ein gewisses Verständnis dafür, dass Ihre Mitarbeiter sich jetzt noch nicht so weit hinauslehnen und sagen: Wir werden das auch so machen oder so ähnlich machen!, wie auch immer das in Österreich geschehen soll, weil ich annehme, dass dieser Prozess ganz einfach noch nicht abgeschlossen ist, dass die Verstei­gerungsbedingungen in Erarbeitung sind und man da auch viele Faktoren berücksich­tigen muss, vor allem auch unsere Grenznähe.

Ich darf daher von dieser Stelle aus an Sie, Frau Bundesministerin, appellieren, dass Sie bei der Erarbeitung der Versteigerungsbedingungen Ihre Hand draufhaben, dass die Zielsetzung richtig ist und das allgemeine Bekenntnis dieses Hauses zu diesen Zielen umgesetzt wird. Wir haben uns mit Ihrer Fraktion auch geeinigt, hier einen Antrag einzubringen, den ich hiemit einbringen und den Zielparagraphen verlesen möchte.

Entschließungsantrag

Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, dafür Sorge zu tragen, dass bei der Erstellung der Ausschreibungsbedingungen für die Versteigerung der digitalen Dividende der ländliche Raum und insbesondere bisher unzureichend versorgte Regionen entsprechende Berücksichtigung finden.

Weiters wird die Frau Bundesministerin ersucht, dem Bundesrat sodann in schriftlicher Form Bericht zu erstatten, mit welchen Auflagen die oben genannte Zielsetzung verfolgt wurde.

*****

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen hier vor einer großen politischen Aufgabe für Österreich, und ich freue mich, dass dieses Thema, das für sehr viele Bewohnerinnen und Bewohner unserer Republik so wichtig ist, hier in diesem Hause ausreichend diskutiert werden kann, und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.05


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Der von den Bundesräten Keuschnigg, Posch-Gruska, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Berichterstattung über die geplanten Ausschreibungsbedingungen der Versteigerung der digitalen Dividende ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Ver­handlung.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 60

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Posch-Gruska. – Bitte.

 


12.05.54

Bundesrätin Inge Posch-Gruska (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Vieles ist von meinem Vorredner schon gesagt worden. Das Breitband, das Internet ist eines der wichtigsten Kommunikationsmittel, vor allem in der modernen Wirtschaft, ein unverzichtbares Instrument einer arbeitsteiligen, auf hochwertige Dienstleis­tungen ausgerichteten Gesellschaft. Es ist nicht nur für private Haushalte wichtig, aber auch das hat der Herr Kollege vorhin schon erwähnt, sondern auch für die vielen Klein-, Mittelbetriebe, aber auch Großbetriebe und auch, um den Kontakt zwi­schen den Behörden, den Unternehmen, den Bildungseinrichtungen effizienter gestal­ten zu können. Kommunikation ist mehr als notwendig in der heutigen Zeit.

Im März 2009 hat es in den Schlussfolgerungen zur Tagung des Europäischen Rates das Ziel gegeben, die Realwirtschaft wieder in Schwung zu bringen, so wurde es formuliert, und gleichzeitig wurde eine Einigung über den Beitrag der EU zum Konjunk­turprogramm erzielt. Auch hiervon gibt es Mittel für die Länder, und ich denke, dass es gerade für uns als Ländervertreter äußerst wichtig und notwendig ist, das zu sehen und diese Petition auch zu unterstützen. – Wobei ich es schon sehr merkwürdig finde, dass ein Mandatar des Bundesrates eine Petition einbringt. Das könnten die Bürgerinnen und Bürger eigentlich selbst tun. Wir haben ja die Möglichkeit, wirkliche Anträge einzubringen und die Politik mitzugestalten. Ich sehe es einmal so, dass Sie der Überbringer der guten Botschaft sind, und ansonsten denke ich, das Mandat können wir hier als Bundesrat oder Bundesrätin sehr wohl ausüben.

Im Ministerium ist man sich der Bedeutung sehr wohl bewusst, und man gibt uns als Ländern sehr gute Rahmenbedingungen vor, indem die Internetverbindungen im länd­lichen Raum verstärkt werden. Es gibt seitens des Bundesministeriums für Verkehr und Innovation jährlich zirka 70 Millionen € für die Forschung im IKT-Bereich. Am 9. Februar 2011 gab es dann auch die Sonderrichtlinie „Breitband Austria Zwanzig­dreizehn“, die genau diese Anliegen unterstützt. 15 Millionen € gibt es österreichweit für die Breitbandinitiative.

Ich kann jetzt für mein Bundesland, das Bundesland Burgenland, sagen, wir haben 520 000 € davon bekommen. Logischerweise müssen wir als Länder mitfinanzieren, und logischerweise wird jedes Bundesland hier auch Geld in die Hand nehmen müs­sen. Insgesamt werden im Burgenland 900 000 € für das Breitbandinternet investiert. Wir sind beim Ausbau im Norden sehr, sehr gut, im südlichen Burgenland haben wir noch Aufholbedarf, aber dort wird mit Unterstützung des Ministeriums, wofür wir auch sehr dankbar sind, ganz sicher etwas getan werden.

Dass nicht nur die Haushalte davon profitieren, sondern auch wir Gemeinden, das habe ich im Vorfeld vergessen zu sagen. Auch für uns Gemeinden ist diese Breit­bandinitiative eine ganz notwendige und wichtige, die wir natürlich auch nützen werden und nützen müssen. Ich meine, dass diese Unterstützung seitens des Ministeriums für die Gemeinden notwendig ist und wir als Ländervertreter und -vertreterinnen sie daher begrüßen müssen. Wir müssen aber auch aufpassen, dass hier nicht auch Unfug getrieben wird. Der Kollege hat es schon angesprochen. Natürlich ist es so, dass dort, wo viele Menschen leben, dort, wo der Raum sehr groß ist, das, wie bei der Post, gern von Privaten übernommen wird, dort anzubieten. Im ländlichen Raum, dort, wo es sehr, sehr schwierig ist, auszubauen, dort, wo es nicht einfach ist und sehr, sehr teuer ist, wartet man darauf, dass die öffentliche Hand einspringt.

Ich denke, da müssen wir achtgeben, aber ich bin sicher, dass das auch geschieht. Auch in meiner Gemeinde, ich bin Bürgermeisterin, ist es mir passiert, dass ein Anbieter gekommen ist und gemeint hat, wenn ich ihm jetzt 3 400 € gebe, dann kann


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 61

er das Breitbandinternet bei uns ausbauen – er kassiert aber trotzdem die Förde­rungen, und zwar sowohl vom Ministerium als auch vom Land.

Das heißt, hier sind wir sicherlich alle gefordert aufzupassen. Aber insgesamt ist es eine gute Initiative, und ich bin sehr froh, dass auch unsere Fraktion das mit unterstützt und wir den Antrag gemeinsam eingebracht haben. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

12.10


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weiter Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die den vorliegenden Ausschuss­bericht zur gegenständigen Petition 28/PET-BR/2011 betreffend „Bessere Versorgung des ländlichen Raumes mit Breitband-Internet“, überreicht von Bundesrat Georg Keuschnigg, zur Kenntnis nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmen­mehr­heit. Der Antrag auf Kenntnisnahme des gegenständlichen Ausschussberichtes ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Keuschnigg, Posch-Gruska, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Berichterstattung über die geplan­ten Ausschreibungsbedingungen der Versteigerung der digitalen Dividende vor.

Ich lasse über den Entschließungsantrag abstimmen und bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher angenommen. (E 235-BR/2011.)

12.11.464. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2011 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 – UG) geändert wird (1054 d.B. und 1079 d.B. sowie 8459/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir kommen zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Junker. Bitte um den Bericht.

 


12.12.00

Berichterstatterin Anneliese Junker: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2011 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien geändert wird, liegt in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 15. März 2011 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Pisec. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 62

12.12.58

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht hier um ein Änderung zum Universitätsgesetz 2002, um einschneidende Veränderungen für die Studenten und für das studentische Leben. Es geht um ein neues Anmeldesystem, es geht um eine Neuorientierung der Studieneingangsorientierungsphase und daneben auch um eine Studienberatung.

Wenn ich zum Punkt 1 kommen darf, zur Neuorientierung des Anmeldesystems. – Das Anmeldesystem wird verlegt in den August, in die letzten zwei Augustwochen, und in diesen Augustwochen ist bekanntlich Urlaubszeit und sind die wenigsten Mitarbeiter an den Fakultäten tätig. Das heißt, die Studenten, die sich anmelden wollen, werden mehr oder minder eine leere Universität vorfinden und können sich auch nicht bei den Höher­semestrigen erkundigen. Die Anmeldung wird also mehr oder minder orientie­rungslos stattfinden und zu Hause auf der Internetplattform.

Die Folge wird sein, dass es zu Mehrfachanmeldungen bei den Lehrveranstaltungen kommen wird, und das ist der wesentliche Punkt. Und es war auch nicht richtig, wenn ich das anmerken darf, was dazu im Wissenschaftsausschuss ausgeführt wurde, denn Anmeldungen zu mehreren Lehrveranstaltungen sind jetzt schon möglich.

Das heißt, die Studenten werden quasi darauf losgelassen, mit dieser Ungewissheit ihr Studium zu beginnen. Die Folge wird sein, dass die Statistiken über belegte Studien­plätze und Drop-out-Quoten aufgrund dieser Mehrfachbelegungen nicht richtig sein können. Daher darf ich Ihnen, sehr geehrte Frau Ministerin, dringend empfehlen, um ein Chaos auf den Universitäten bezüglich des Anmeldesystems zu vermeiden, eine Nach- oder Ummeldefrist im Oktober einzuführen, damit sich die Studenten bei den Lehrveranstaltungen, die sie dann nicht besuchen, weil sie eine andere, eine Parallel­veranstaltung besuchen, ab- oder ummelden können.

Es handelt sich hier um einen Schildbürgerstreich gegen die Studenten. Der eigent­liche Sinn und Zweck dieses Anmeldesystems ist, dass die Studenten den Zeitpunkt verpassen, weil sie sich im August anmelden müssen. Wenn sie das nicht machen, dann können sie einfach nicht anfangen zu studieren.

Die zweite Sache ist die Studieneingangsorientierungsphase. Das ist nicht neu. Es gibt jetzt schon eine Studieneingangsphase. Neu ist diese Orientierungsphase. Nur: Wenn ich mich bereits in einem Studium befinde, das heißt, ich habe mich angemeldet und auch einen Platz bekommen, dann muss ich mich ja nicht unbedingt in der Fakultät, die ich jetzt besuche, nochmals orientieren, weil ich bin ja schon dort.

Jetzt setzen Sie Knock-out-Prüfungen an; die eine ist für Mitte November oder Mitte des Semesters avisiert, die zweite Knock-out-Prüfung am Jahresende. Wenn jetzt jemand diese Prüfungen geschafft hat, dann will er natürlich weiterstudieren, aber aufgrund dieses Anmeldesystems wird das nicht möglich sein, weil man sich nicht parallel zu anderen Lehrveranstaltungen in diesem Sinne anmelden kann. Die Anmel­de­frist ist ja mit 31. August beendet, und das ist das Wesentlichste.

Dieses Problem mit diesen Mehrfachbelegungen der Lehrveranstaltungen gibt es jetzt schon. Die Hörsäle sind teilweise leer, obwohl sie voll sein sollten, und übervoll, wo eigentlich noch genug Platz vorzufinden sein müsste.

Wenn Sie dann in den Erläuterungen schreiben, es kommt zu mehr Planungen, muss ich Ihnen sagen, das ist definitiv nicht der Fall, weil es eigentlich zu mehr Orien­tierungslosigkeit auch bei den Verantwortlichen kommen wird – und nicht nur bei den Studenten.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 63

Nun zum Bologna-System. – Sinn des Bologna-Systems ist ja, dass man mit diesem dreistufigen System, mit Bachelor, Master und PhD, früher in das Berufsleben ein­steigen kann, also nach drei Jahren. Dies ist aber in der Praxis nicht der Fall, weil das Bachelor-Degree eigentlich nicht anerkannt wird, nicht einmal im öffentlichen Dienst. Wie soll es dann in der Wirtschaft anerkannt werden? In der Wirtschaft ist dieses dreistufige System kaum bekannt. Dieses müsste bitte besser kommuniziert werden.

Mit dieser Studieneingangsorientierungsphase, mit diesen Knock-out-Prüfungen wird jetzt ein neuer Block geschaffen. Man kann sich zu anderen Lehrveranstaltungen nicht anmelden. Das heißt, es verschiebt sich hinaus, also diese sechs Semester werden eigentlich zu sieben Semestern, und das schafft kaum jemand. Es war schon vorher beim Diplomstudium so, dass die vier Jahre mehr oder minder ungekürzt in die drei Jahre zusammengestutzt wurden, und jetzt soll das nochmals verlängert werden. Und das wird wirklich Geld kosten! Es wird Geld kosten, wenn die Studenten später fertig werden, später ins Berufsleben einsteigen können und später der Wirtschaft zur Verfügung stehen werden. Das kostet Geld und Abgaben und bläht die Verwaltung weiter auf, vor allem durch den Punkt 3, die Studienberatung.

Die Studienberatung ist nichts Neues, die gibt es jetzt schon. Jemand, der ohnehin weiß, was er studieren will, braucht sie ja nicht, und die, die eine Beratung wollen, können diese auch jetzt schon in Anspruch nehmen. Besser wäre es, eine Studien­beratung mit den vorhandenen Ressourcen in der letzten Schulklasse durchzuführen, um nicht wieder extra Kosten mit einer Studienberatung zu verursachen, die in diesem Sinne – wenn man schon das Abitur hat und fertig ist – nicht gebraucht wird.

Sie schreiben zum Abschluss Ihrer Zusammenfassung, dass dieses Anmeldesystem die notwendigen Ressourcen besser planen kann. – Das ist definitiv nicht der Fall, und der Beweis ist in den laufenden Semestern schon erbracht worden. Es ist nicht bekannt, wie viele Absolventen zum Beispiel beim Bachelor-Degree wirklich die Lehrveranstaltungen besuchen.

Die Orientierungsphase ist auch so eine Sache. Wenn die Anmeldefrist schon am 31. August zu Ende ist, dann bräuchte man nicht unbedingt eineinhalb Monate Pause, da könnte man vorher anfangen. Die Studenten sind ehrgeizig, sie wollen studieren, sie wollen beginnen und nicht bis Mitte Oktober warten.

Die Auswirkungen auf die Beschäftigung, die Sie negieren, finden statt, denn man wird länger studieren, es wird mehr Aufwand sein. Eigentlich sollte jedes Gesetz zu einer Verbesserung des Wirtschaftsstandortes Österreich beitragen – aber bei diesem Gesetz ist das nicht der Fall, und das schreiben Sie auch hinein.

Eine Universität ist ein Ort des Wissens, einer Wissensvermittlung. Eine Universität sollte frei zugänglich sein. Chancengleichheit und Fairness muss garantiert werden. Die Lehre muss frei sein.

Daher lehnen wir Freiheitlichen die Studiengebühren ab. Wir wollen keine Knock-out-Prüfungen und keine Verplanungen, wie sie in diesem Gesetz vorkommen. (Zwischen­ruf des Bundesrates Mayer.– Bessere Planungen, die man mit diesem Gesetz nicht schafft.

Weiters würde ich vorschlagen, man sollte sich mehr – wie es in anderen Ländern der Fall ist – um private Finanzierungen an den Universitäten kümmern. Das ist üblich. Der Kontakt zwischen Wirtschaft und Universitäten oder Geistes-, Human- oder Natur­wissenschaften und der Praxis sollte besser stattfinden.

Aus diesem Grund lehnen wir dieses Gesetz in dieser Form ab. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.20



BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 64

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Winzig. – Bitte.

 


12.20.49

Bundesrätin Dr. Angelika Winzig (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr ge­ehrte Frau Minister, ich kann dir nur herzlich zu diesen Änderungen im Universi­tätsgesetz gratulieren, denn man merkt an den Eckpunkten schon, dass eine Strategie dahintersteckt, nämlich eine Strategie für mehr Qualität und für mehr Leistungs­orientierung, was ich aus der Sicht der Wirtschaft sehr begrüße.

Wir sind nun einmal kein abgeschottetes Land der Glückseligen, wir stehen im inter­nationalen Wettbewerb. Denken wir nur an die Staaten rund um uns, die neuen EU-Staaten, wo eine tolle Aufbruchsstimmung bei der Jugend herrscht! Denken Sie – auch wenn es jetzt sehr traurig ist – an den asiatischen Raum! Denken Sie an Singapur! Singapur hat in kürzester Zeit die Vorreiterrolle auf dem Gebiet der Biotechnologie geschafft. Mit diesen Ländern stehen wir im Wettbewerb.

Mittelmaß reicht eben nicht für die Sicherung unseres Lebensstandards und unseres Wohlstands. Darum ist es sehr wichtig, dass wir eine einsemestrige Eingangs- und Orientierungsphase haben, und zwar mit entsprechenden Prüfungen und auch mit einer reduzierten Wiederholungsmöglichkeit, dass nämlich die Spreu vom Weizen getrennt wird.

Die Ausbildungsplatzsicherung für Studenten durch Bestehen mehrerer Prüfungen finde ich sehr gerecht. Ich kann mich noch an meine Studienzeit an der WU erinnern, wo wir Nächte auf der WU verbracht und uns für einen Seminarplatz angestellt haben. Diejenigen, die am besten die Nacht durchmachen konnten, haben dann die besten Seminare bekommen. So sollte es nicht sein.

Als wichtigen Punkt sehe ich auch die verpflichtende Studienberatung. Wie bei den Lehrlingen haben wir auch auf den Universitäten eine Konzentration auf bestimmte Fachgebiete. Das liegt sicher nicht an den mangelnden Fähigkeiten unserer Schulab­sol­venten, sondern sicher auch am Informationsdefizit über das Angebot. Es müsste ja eigentlich auch im Sinne der Universität sein, ihren USP darzustellen und die besten Schülerinnen zu akquirieren und zu motivieren.

Wir haben vonseiten der Wirtschaftskammer ein umfassendes Beratungspaket für die Unterstufen, das auch kostenpflichtig ist und extrem gut angenommen wird. Ich bin der Meinung, dass eine qualitativ hochwertige Beratung auch etwas kosten darf. Weil, was nichts kostet, das ist ja bekanntlich nichts wert.

Dieses Gesetz ist für mich ein Schritt in die richtige Richtung, und zwar in Richtung Effizienzsteigerung, denn es wird sicher zu mehr Übereinstimmung der Fähigkeiten, des Engagements, des Interesses der Studenten mit den Anforderungen des Studiums und vor allem mit den Anforderungen ihres späteren Berufs kommen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.23


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Dönmez. – Bitte.

 


12.23.59

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meinen Beitrag mit einem Zitat eines Kollegen von mir beginnen, Alexander Van der Bellen, der ja auch For­schungs­beauftragter ist. (Zwischenruf bei der ÖVP.)


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 65

Alexander Van der Bellen hat gesagt: „Der jüngste Beschluss ist ein Schmarrn.“ – Zitatende.

Das fasst eigentlich die Thematik recht gut zusammen, denn wir stehen in diesem Bereich vor einer umfassenden Misere. Es ist nur ein kleines Puzzleteil, eine Zwi­schen­lösung, um sozusagen die Situation an den österreichischen Universitäten etwas zu entschärfen. Die Regierung setzt auf bessere Beratung der Studierenden, was ja an und für sich nichts Schlechtes ist, will aber dafür kein bis fast kein Geld ausgeben. Natürlich kostet ein Beratungsangebot etwas, es sei denn, es handelt sich nur um eine Pro-forma-Aktion. (Bundesrat Perhab: Eine Zwischenfrage: Was kostet sein Beratungsangebot bei der Stadt Wien als Universitätsbeauftragter, dem Herrn Van der Bellen seines? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn du schon rechnen willst, dann muss man schauen, mit welchen Parametern man rechnet. Er selber bekommt für diese Tätigkeit gar nichts. Aber damit er in seiner Funktion diese Rolle ausfüllen kann, steht ihm ein Budget zur Verfügung. Dienstreisen und Besuche kosten Geld, und dafür muss er sozusagen dieses aus dem Topf herausnehmen. Er selber bekommt keinen Cent dafür. Ist die Frage beantwortet? (Bundesrat Perhab: Das glaube ich alles!) – Gut.

Wenn die Bundesregierung dafür keine Budgetmittel berücksichtigt, schaut es so aus, als ob es eine Alibiaktion wäre. Wir wissen, dass gerade im medizinischen Bereich einschließlich des Pflegebereichs schon jetzt viele ausländische Fachkräfte beschäftigt sind, die aus unseren östlichen Nachbarländern zu uns kommen. Verfolgen wir die Entwicklung in den Nachbarländern, dann ist eines bemerkbar und zeichnet sich ab, nämlich dass das Lohnniveau in diesen Ländern ebenfalls steigt und auch sie einen Pflege- und Ärztemangel haben. Der Zustrom nach Österreich wird ein noch geringerer sein, als wir ihn jetzt haben, und dann haben wir ein größeres Problem.

Das gilt nicht nur im Pflegebereich, sondern etwa auch im Bildungsbereich. Hier hat die vorhergehende Ministerin ja gesagt: Bitte, liebe Studierende, studiert ja kein Lehramt, denn ihr findet keine Arbeit. – Heute stehen wir vor dem Faktum, dass wir zahlreiche Pädagogen und Pädagoginnen brauchen und uns sogar überlegen, wie wir ein Kurzstudium einrichten können, damit die AbsolventInnen aktiv sofort ins Berufsleben einsteigen, weil wir einen Lehrermangel haben.

Es zieht sich wie ein roter Faden durch die Gedankenwelt und man sieht es auch an dem, was in die Tat umgesetzt wird, nämlich dass bei Bildung und Ausbildung gespart wird. Das ist meines Erachtens kurzsichtig und verantwortungslos. Aber es ist eine politische Entscheidung, denn es braucht in diesem Haus keiner zu behaupten, wir hätten das Geld nicht dafür. – Wir haben das Geld. Nur ist die Frage, wofür es ausgegeben wird. Das ist eine ganz klare politische Gewichtung. Die nehmen wir zur Kenntnis. Aber ich kann Ihnen eines sagen – nicht nur weil ich Politiker bin, sondern weil ich auch im Sozialbereich tätig bin –: Das, was wir in diesem Bereich einsparen, wird uns über die nächsten Jahre und Jahrzehnte das Zehnfache an Mehrkosten verursachen. Daher ist es meines Erachtens der falsche Platz, wo wir einsparen.

Bei den Medizinern zum Beispiel warten gegenwärtig 223 MedizinstudentInnen auf einen Laborplatz und können ihr Studium daher nicht fortsetzen. Das heißt aber auch, dass über kurz oder lang die Versorgungsqualität und -sicherheit der österreichischen Bevölkerung auf dem Spiel stehen wird, wenn wir nicht qualifiziertes und vor allem ausreichendes Personal haben. Daher ist es meines Erachtens umso wichtiger, dass wir – und das ist auch die klare Position der Grünen, die wir seit Jahren vertreten – einen sozial gerechten und offenen Hochschulzugang sicherstellen. Wir brauchen hierbei auch ein hohes Maß an Ausbildungsqualität.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 66

Ich denke, da sind wir uns ja fraktionsübergreifend einig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand diese Forderung nach einem fairen, hochqualitativen Uni-System nicht unterstützen wird. Aber die entscheidende Frage lautet: Wie sollen wir das Ganze bewerkstelligen? – Die ganz einfache Antwort ist – ich habe es auch schon ange­merkt –: Wir brauchen einfach mehr Geld für die Bildung und Ausbildung. Das fängt aber nicht erst bei der Universität an, sondern wir müssen schon in den Kinderkrippen, im Kindergarten, in den Krabbelstuben anfangen, um für die Professionistinnen und Professionisten, die wir brauchen, diesen Berufszweig attraktiver zu gestalten.

Es zieht sich wie ein roter Faden durch, dass wir nicht erst Hürden beim Uni-Zugang einbauen, sondern dies bereits im Kindergarten und in den Schulen tun. Mit 10 Jahren müssen sich Kinder schon entscheiden, ob sie in die AHS oder in die Hauptschule gehen wollen und so weiter. Das sind lauter Knock-out-Kriterien, denke ich mir, die für Österreich nicht gut sein können. Wir verfügen über keine Bodenschätze und Res­sourcen, sondern die Ressourcen, die wir haben, bestehen aus diesem viel disku­tier­ten Wort des „Humankapitals“. Darauf baut unser Wohlstand auf.

Da den Sparstift anzusetzen, ist meines Erachtens sehr, sehr kurzsichtig. Es wird uns in Zukunft noch viel mehr Geld kosten, diese Defizite kompensieren zu können.

Wichtig ist, dass sich die Investitionen auf jeden Fall volkswirtschaftlich rechnen. Wenn ich mir rein ökonomisch die Zahlen ansehe, so ist es der falsche Weg, bei der Bildung einzusparen. Die Uni-Rektoren haben kritisiert, dass bei der Grundlagenforschung massivst eingespart wird und man immer mehr auf Subventionen, die von der Wirt­schaft kommen, angewiesen ist; und dass die Wirtschaft natürlich auch eine bestimmte Interessenlage hat, liegt klar auf der Hand. Somit ist meines Erachtens auch die freie Forschung und Lehre etwas in Gefahr.

Wir werden dieser Gesetzesmaterie in dieser Form, wie sie vorliegt, nicht zustimmen können. (Beifall bei den Grünen.)

12.31


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schen­nach. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.31.39

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Das, was gesagt wurde, dass es sich bei den Universitäten um eine Großbaustelle handelt, das ist klar, das liegt auf der Hand. Wir hatten eine zehnjährige Amtsführung einer Ministerin, die einen Rückstau an Reformen auflaufen hat lassen, der bis heute nicht bewältigbar ist. Wir hatten eine Zeit von Studiengebühren, in der man den Studierenden viel versprochen hat, das Geld kassiert hat, aber nichts in Richtung der Reformen weitergegangen ist.

In dieser Situation muss man die Misere an den österreichischen Universitäten und an den Hochschulen beleuchten. Das, was hier vorliegt, ist der Versuch, zum Einstieg in das Studium zumindest einen gemeinsamen Kompromiss zu finden, um das zu organi­sieren.

Ich darf daran erinnern: Wie sah es denn bisher aus an den Fakultäten und an den Universitäten? – Die Technische Uni in Wien zum Beispiel hat versucht, ganz schnell das erste Studienjahr zu verschulen und auf extreme Leistungsorientierung zu setzen, um möglichst viele Studierende in dieser Zeit bereits auszusieben.

Die Psychologische Fakultät der Uni Wien hat Zulassungsprüfungen gemacht, die man positiv in den Grundlagenfächern bewältigen musste.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 67

Die Uni für Bodenkultur hat die verpflichtenden Übungen und Vorlesungen gleich ganz nach vorne gestellt, um dadurch eine frühe Drop-out-Quote zu haben.

Die Uni Innsbruck hat es bei den Lehramtsstudien so gemacht, dass man die Stu­dierenden ganz früh in die Praxis geschickt hat. Man hat dann sofort eine Reflexions­phase eingeführt, und 20 bis 30 Prozent der Studierenden sind danach gleich ausge­schieden.

Dieser Kompromiss steht vor dem Hintergrund dessen, was droht: Alte Pädagogik, altes System: Knock-out-Prüfungen, intransparent, wenig motivierend und pädagogi­scher Unsinn. – Diese Knock-out-Prüfungen sind mit dieser Vorlage vom Tisch.

Zugangsbeschränkungen widersprechen dem Ideal und dem politischen Ziel des freien Hochschulzugangs und des freien Zugangs zur Bildung. – Auch das ist weg. Aufnah­meverfahren, die gibt es nicht.

Planbarkeit ist etwas, das für beide Seiten wichtig ist, für Studierende wie für die Organisation von Universitäten. Dieses Gesetz bietet, Herr Kollege Pisec, zumindest eine Chance für eine Planbarkeit für beide Seiten. Was nach wie vor weg ist vom Tisch – und das ist wichtig für den freien Zugang zur Bildung –, das sind die Studien­gebühren.

Was außerdem weg ist, das gedroht hat, ist die Festlegung von Studienplätzen bezie­hungsweise die kapazitätsorientierte Zulassung beziehungsweise eine solche Ein­schrän­kung bei erhöhter Nachfrage in Massenfächern. Was jetzt kommt, ist ein dreistufiger Plan. Dieser dreistufige Plan sollte die Chance haben, sich zu bewähren.

Ich verstehe, wenn die ÖH als Vertreterin, als quasi gewerkschaftliche Interessen­vertreterin, hier mehr fordert. Aber es zeigt auch, dass dieser Kompromiss sagt: 2014 wollen wir es evaluieren. Bis dahin dauert es nicht lange – das heißt, eine sehr kurze Evaluierungszeit.

Erstens, was bedeutet das, eine verpflichtende Beratung? – Ich halte diese verpflich­tende Beratung aus verschiedenen Gründen für spannend. Das kann nämlich im Bereich der Schule auch ein völlig neues Berufsbild werden, indem nicht nur irgendwie Schüler und Schülerinnen beraten werden, sondern dafür berufliche Qualifikationen mitzubringen sind. Das heißt, wir müssen auch in die Ausbildung jener, die die Bera­tung machen, investieren, und ich halte das für ganz wichtig.

Die Frau Bundesministerin wird eine Verordnung zu dieser Beratung erlassen, die nicht kostenneutral sein kann. Natürlich, WIFI, BFI, ÖH – es gibt verschiedene Arten von Beratung, aber man kann zu dieser Beratung, die jetzt festgeschrieben wird, nicht nur sagen, wir nehmen alles, was es schon gibt, sondern es muss ein neuer Quanten­sprung, eine neue Qualität kommen. Deshalb ist es wichtig, jetzt auch einen sehr großen Fokus auf diese Verordnung zu legen, die kommen wird, die wir aber noch nicht kennen.

Zweitens, es kommt die Voranmeldephase, zu der es übrigens, Herr Kollege, auch eine Nachanmeldung gibt, die möglich ist, was Ihnen ja sogar der Vertreter des Bundesministeriums schon gesagt hat. Warum Sie heute schon wieder wiederholt haben, dass es das nicht gebe, verstehe ich nicht. – Es wird also zu dieser Voran­meldungs- auch eine Nachanmeldungsphase geben, um solche geringfügigen Ver­säum­nisse auszugleichen. (Bundesrat Mag. Pisec: Das stimmt nicht!)

Das Dritte ist die Studieneingangsphase, die Orientierungsphase. Dieser Studieneingangsphase wurden einige Zähne gezogen, die ganz wichtig sind, indem sie nämlich auf ein Semester beschränkt ist, die Prüfungen schon Teil des Studiums sind und sie als Teil des Studiums zählt. Jetzt versuchen wir es einmal positiv zu sehen.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 68

Ich bin nicht so glücklich mit diesen Studieneingangs- und Orientierungsphasen, das kann ich hier auch ehrlich sagen, aber Kompromisse sind Kompromisse. Aber es gibt so etwas wie – das ist für jeden Menschen wichtig, für Sie übrigens auch, für mich auch, für den Karl Boden auch, für alle, die wir in der Politik sind – Selbstevaluierung. Und es sollte auch so etwas wie Fremdevaluierung geben. In brutto bekommen wir sie dann bei den Wahlen, die Fremdevaluierung.

Aber es kann auch für Studierende wichtig sein, in dieser Phase die eigenen Interessen zu evaluieren und durch Prüfungen auch eine Fremdevaluierung zu haben. Tatsache ist, 60 Prozent der Studierenden studieren in 10 Prozent der Fächer. In einer vorangehenden Phase kann sehr wohl dieser Prozentsatz verändert werden.

Ich denke, wir sind uns alle einig, die Drop-out-Quote gilt es dringend zu senken. Kollegin Winzig ist jetzt nicht da, aber nur zu hoffen, dass alles automatisch kommt, das, glaube ich, funktioniert nicht. Es wird nach wie vor lange Warteschlangen geben. Aber hier geht es darum, diese Selbstorientierung zu finden, irgendetwas zu studieren. Das könnte hier doch eine Chance sein.

Insofern ist das also jetzt eine Phase der Evaluierung, eine Chance, das einmal zu probieren. Wichtig ist zum Beispiel, bei dieser Evaluierung anzuschauen – da gibt es so eine schöne Formulierung –, dass ein Senat noch eine weitere negative Prüfung ermöglichen kann. Das entscheidet jeder Senat für sich selbst. Da gehört dann ange­schaut, ob man dafür nicht ein paar kleine allgemeine Richtlinien vorgeben kann und ob durch dieses Studienmanagement für die Studierenden und für die Universitäten tatsächlich etwas verbessert werden konnte.

Was ausländische Studierende betrifft, insbesondere deutsche Studierende, meine ich, dass wir in Österreich nicht so weit gehen werden wie China. China hat eine eigene Universität für Ausländer und Ausländerinnen, aber aus positiven Überlegungen: Sie wollen dort, dass viele Ausländer und Ausländerinnen in China studieren, um nachher irgendwie auch als Botschafter Chinas in den jeweiligen Ökonomien und politischen Systemen zu fungieren, würde ich jetzt einmal sagen.

Da ist es natürlich auch umgekehrt: Wir müssen gleichzeitig die Mobilität unserer Studierenden fördern. Unsere Studierenden sollen die Chancen nützen, auch in Italien, in Deutschland, in den Niederlanden oder wo auch immer Austauschstudien in Angriff zu nehmen.

Dass wir die Frage der deutschen Studierenden nur in einem internationalen, einem europäischen Gleichklang regeln können, ist klar. Aber jetzt einmal ist dieser Kom­promiss unsererseits vertretbar, denn das, was drohte, ist weitaus bedenklicher und wäre gegen den freien Zugang zur Universität. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.41


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Dr. Kickert zu Wort. – Bitte, Frau Kollegin.

 


12.41.59

Bundesrätin Dr. Jennifer Kickert (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Jetzt haben wir ja schon verschiedene, wie soll ich sagen, Ansichtsweisen zu den vier in diesem Gesetzesvorschlag beschriebenen Punkten gesehen. Ich habe das Gefühl, so wie ich es sehe, sehen es alle nicht, aber das macht die Sache ja durchaus spannend.

Im Gegensatz zur Frau Kollegin von der ÖVP sehe ich hinter diesen Ausführungen wesentlich weniger Strategie oder so etwas wie langfristige Strategie als eher – und jetzt bin ich freundlich – Flickwerk. Es ist schon ein Versuch – und da gebe ich Kolle­


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 69

gen Schennach recht –, in diesem großen Wust der Großbaustelle an kleinen Schräubchen zu drehen und zu hoffen, dass sie wirksam sind. Einzig bei der Vorver­legung der Anmeldefrist kann ich – jetzt bin ich im Gegensatz zu Kollegen Pisec – sehr wohl nachvollziehen, dass diese Regelung zu dem Ziel einer besseren Planbarkeit des Studiums führt.

Jetzt muss ich Sie ausbessern, Herr Kollege Schennach: Im Ausschuss wurde tatsächlich auf die Frage, ob es eine Nach-Anmeldefrist im November geben könnte, darauf hingewiesen – und zwar richtigerweise darauf hingewiesen –, dass das ja dem Ziel widersprechen würde, dass es eine bessere Planbarkeit gibt. Also: Nein, es gibt eine Anmeldefrist bis – das hat sich nur auf das Studium zu beziehen, nicht auf Prüfungen –, und das sehe ich ein. Man kann nicht planen, wenn man es tatsächlich kurz vor Beginn erfährt.

Gleichzeitig möchte ich bei dieser Anmeldefrist trotzdem einen kleinen Punkt erwäh­nen, wo ich doch einen Widerspruch orte. Die Verbesserung der Beratung, die ja auch eingeführt wird – wenngleich mit einem Jahr Wartepause, weil wir auf die Verordnung warten müssen –, tritt jetzt nicht ein, trotzdem haben wir eine Vorverlegung. Zumindest in diesem Wintersemester und vor Beginn des nächsten Sommersemesters werden also die Studierenden weniger Zeit haben, sich freiwillig auf eine Studienberatung einzulassen.

Jetzt gehe ich auf die verpflichtende Studienberatung ein. Diese kommt, wie gesagt, erst kommendes Jahr, weil wir noch auf die Verordnung warten. Es hat ja schon, wie soll ich sagen, zu einiger Polemik geführt, dass im Vorblatt zur Novelle von keinen unmittelbaren finanziellen Auswirkungen die Rede ist. Ich gehe einmal davon aus, dass sich das auf dieses Jahr, in dem wir auf die Umsetzung der Verordnung warten, bezieht und dass es danach sozusagen sehr wohl schlagend wird, dass es zu einer guten und, wie wir im Ausschuss gehört haben, mit allfälligen Standardisierungen, mit Qualitätsverbesserungen und einer wirklich wünschenswerten Ausweitung auf die Schule verbundenen, also auf allen diesen Ebenen verbesserten Studienberatung kommen wird.

Ich gehe davon aus, dass sie uns etwas kosten wird, und ich will auch, dass wir uns bewusst sind, dass sie uns etwas kosten soll, denn wenn uns etwas dazu bringt, die Studierenden in der Studienauswahl zu unterstützen, damit sie das finden, was sie brauchen, dann ist das tatsächlich nur die Studienberatung. Da bin ich jetzt einfach einmal so vertrauensvoll und hoffe auf die Verordnung, selbst wenn vieles von dem, worauf wir gewartet haben, in den wenigsten Fällen in der Qualität eingetroffen ist, wie wir es uns erhofft haben.

Wenn wir jetzt zu den zwei Punkten der Studieneingangsphase kommen, so ist es ja das erklärte Ziel dieser Regelung, einen Überblick über die wesentlichsten Inhalte des Studiums und dessen Verlauf zu erhalten. Gut, das Ziel ist super, aber wenn man jetzt einmal schaut, was hier vorgeschrieben ist, dann bestätigt sich meiner Meinung nach leider dieser Eindruck des Flickwerks: im Minimalfall eine Lehrveranstaltung mit mindestens einem halben Semester Dauer. Wie soll das funktionieren?

Alle Leute, die schon jemals in einem Studienbetrieb waren – bei mir ist es 20 Jahre her, aber in einem halben Semester hätte ich nicht begriffen, was mein Studium von mir verlangt, abgesehen davon, dass ich genau gewusst habe, was ich studiere, und es auch gemacht habe. Aber auch 20 Jahre später bei meiner Tochter ist es so, dass es wohl kaum möglich ist, das in einem halben Semester zu machen, auch nicht in einem Semester und auch nicht, wenn wir davon ausgehen, dass die Universitäten ohne Weiteres mehr Lehrveranstaltungen anbieten könnten, denn das ist ja nur eine Minimalforderung.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 70

Gleichzeitig wissen wir aber, wie es aussieht auf den Universitäten mit ihren Res­sourcen, den finanziellen und den wirklich katastrophal knappen personellen Ressour­cen. Das heißt, wir können nicht davon ausgehen, dass die Vermutung zutrifft, dass es in dieser kurzen Zeit tatsächlich zu einem Überblick über die wesentlichen Inhalte des Studiums kommt. Gleichzeitig haben wir die dazugehörigen Prüfungen. Okay, Prüfun­gen sind jetzt logischerweise Fachprüfungen, die natürlich im Studium anerkannt werden. Alles andere wäre sinnlos; ich meine, was ist eine allgemeine Prüfung?

Nichtsdestoweniger müssen wir schon auch sehen, dass es bei den Prüfungen nicht einfacher wird. Kollege Schennach, Sie haben gesagt: Wie sah es bisher aus? Dann kam ein ganz großer Wust von Dingen, die schlecht sind, und das soll eine Verbes­serung bedeuten. Aber bisher sah es so aus, dass dreimal angetreten werden konnte, und die Unis konnten autonom bisher so gut wie unendlich viele Wiederholungen zulassen. Das liegt nicht im Sinne der Effizienz, aber das ist jetzt schon eine gravie­rende Einschränkung, die ich nicht als Verbesserung ansehen kann, beim besten Willen nicht! Zwei Prüfungen in dieser kurzen Zeit – wenn da nicht zumindest der Verdacht des Knock-outs auftritt, dann muss man noch naiver sein, als ich es mir eigentlich zutraue.

Ein Punkt, der wirklich spannend ist: Diese Regelung zur Studienorientierung und zu den dazugehörigen Prüfungen hat ein Ablaufdatum mit September 2014. Kollege Schennach hat gefunden, da wird es eine Evaluierung geben. In keinem der Mate­rialien, die mir vorgelegen sind, ist auch nur das Wort „Evaluierung“ vorge­kommen, sondern in allem, was ich gelesen habe, gibt es dieses sogenannte Ablauf­datum mit dem Hinweis darauf, dass es ein neues Modell zur Studienplatzfinanzierung geben wird. Nicht: Evaluierung dessen – sondern es kommt ein ganz neues Modell zur Studien­platzfinanzierung!

Bei all den bisherigen Ankündigungen zu großen Reformwürfen habe ich meine Zweifel daran, dass das nun ein großer Wurf wird, nämlich 2014, weil wir jetzt schon an den kleinen Hickhacks sehen, wie weit wir kommen. Wirklich nicht besonders groß ist meine Hoffnung, dass wir in Österreich endlich zu einer Bildungspolitik kommen, die uns fit macht für die Herausforderungen der Zukunft. Sorry, meine Hoffnung ist da nicht besonders groß! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.49

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Köberl. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.50.22

Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir zunächst einige Vorbemerkungen in dieser doch sehr interessanten Diskussion. Die heute vorliegende Novelle des Universitätsgesetzes 2002 mit der Neuregelung der Eingangs- und Orientierungsphase, wie wir es gehört haben, ist – das glaube ich doch sehen zu können – ein klares Signal in Richtung von mehr Qualität an unseren Universitäten. Das wollen wir letzten Endes alle.

Zweite Vorbemerkung: Den heute zu fassenden Beschluss – Kollege Schennach hat ihn als Kompromiss bezeichnet – halte ich für einen wichtigen Schritt in einer Reihe von Schritten, die geplant sind und auch gesetzt werden. Die nächste Notwendigkeit – das haben wir auch schon gehört – ist eine bessere Kapazitätsplanung und eine Kop­pelung mit der Universitätsfinanzierung. Das hat sich im Hochschulsektor bereits be­währt, und wir brauchen vergleichbare Modelle auch für unsere Universitäten.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 71

Zudem brauchen wir aber auch bei der Kapazitätsfestlegung Klarheit darüber, wie wir die Autonomie an den Universitäten erhalten und gleichzeitig eine größere Streuung bei der Wahl der Studienrichtungen erreichen können. Kollege Schennach hat es ausgeführt: Wir wissen – und das wurde bei meiner Anfrage im Ausschuss auch be­stätigt –, dass noch immer 60 Prozent der Studienanfänger nur 10 Prozent der ange­botenen Studienrichtungen nützen. Hier ist es also so, dass wir in Zukunft wirklich eine größere Bandbreite zusammenbringen sollten.

Dritte Vorbemerkung: Entscheidend ist, was wir den Universitäten mit diesen Rege­lungen als Werkzeug in die Hand geben, mit dem sie selbst letzten Endes bessere Rahmenbedingungen bieten können. Wesentlich ist eine bessere Planbarkeit und eine bessere Vorbereitung auf die Studierenden gleich von Studienbeginn an.

Ich möchte an dieser Stelle unserer Frau Bundesminister ganz herzlich danken – wir haben es heute schon gehört: es ist eine Großbaustelle, und das ist eine Heraus­forderung –, zum einen für ihr Durchhaltevermögen und ihr Engagement in diesem Zusammenhang, zum anderen für den breiten und offenen Diskussionsprozess bei dieser schwierigen Materie.

Fünfte Bemerkung – und das ist keine Vorbemerkung, das ist eigentlich eine Stellung­nahme zu dem, was Kollege Pisec gesagt hat –: Die Skeptiker und politisch Unbelehr­baren möchte ich an dieser Stelle daran erinnern, dass jedes Nachbarland Österreichs bereits eine Studieneingangsphase, ein Aufnahmeverfahren und auch – höre, höre, höre! – Studienbeiträge hat. Jedes Nachbarland Österreichs!

An Frau Kollegin Kickert – sie ist jetzt leider nicht mehr da –: Wenn sie von diesen drei Säulen nur einer zustimmen will, dann würde ich sie ersuchen, dass sie bei der Abstimmung die Hand eben nur ganz leicht hebt. Dann stimmt sie vielleicht einem Drittel davon zu. Vielleicht kannst du ihr das ausrichten, Efgani.

Wir haben es gehört: Es geht um drei wesentliche Eckbereiche. Verpflichtende Vor­anmeldung: Was bewirkt sie? – Wir haben es schon gehört: Sie soll den Vorteil bringen, dass nicht mehr bis zum Ende der gesamten Inskriptionszeit – aber es ist doch auch bis dorthin möglich – gewartet werden muss, sondern die Universitäten können sich bereits im August auf das nächste Semester vorbereiten und damit auch, wenn notwendig und wenn Geld vorhanden, mehr Lehrveranstaltungen anbieten.

Zweitens: die verpflichtende Studienberatung. Warum? – Die Studienberatung, darüber sind wir uns einig, gehört selbstverständlich primär in den Schulbereich. Dies bedingt eine Abstimmung mit dem Bildungsbereich, die ja auch erfolgt. Es muss das Ziel sein, dass die Schülerinnen und Schüler sich rechtzeitig, das heißt wahrscheinlich von der 9. oder 10. Schulstufe aufwärts, darauf vorbereiten, welche Studienrichtung sie wählen. Wir haben gehört, dass es dazu eine Verordnung geben wird, die derzeit noch aussteht und die natürlich auch auf dem Prinzip beruht, dass sie etwas kosten wird. Wer Qualität verbessern will, der muss dort auch Geld in die Hand nehmen.

Unsere Studentinnen und Studenten sollten die gewählten Studienrichtungen nicht vorrangig aus familiären und sozialen Gründen wählen, sondern sie sollten die gesamte Möglichkeit der angebotenen Studienpalette wirklich ausschöpfen. Die ver­pflichtende Studienberatung startet, wie schon erwähnt, erst mit dem Jahre 2012/2013.

Als letzten Punkt: die viel diskutierte Neugestaltung der Studieneingangs- und Orien­tierungsphase. Was ändert sich? – Auch darüber wurde schon gesprochen. Für mich persönlich heißt das aber unter dem Strich, dass betroffene Studierende, die trotz sorgfältiger Beratung nicht das passende Studium gewählt haben, sich dadurch ohne Verzug für eine andere Studienrichtung entscheiden können. Es kommt durch die Fest­legung dieser Eingangsphase auf die Dauer eines Semesters zur Straffung und Klar­


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stellung, dass nur jene Studierenden ihr Studium fortsetzen dürfen, die diese Phase positiv absolviert haben.

Jetzt gäbe es viele Beispiele dazu, wenn man sagt, es gibt junge Damen und Herren, die oft jahrelang – weil wir es heute schon gehört haben – im falschen Zug gesessen sind, das heißt, das falsche Studium gewählt haben und oft rückwirkend über verlorene Jahre sprechen, verlorene Jahre deswegen, weil sie letzten Endes erst später drauf­gekommen sind, dass das von ihnen gewählte Studium nicht das richtige war. Des­wegen finde ich diesen Ansatz positiv.

Abschließend möchte ich noch eines festhalten: Wer über Universitäten spricht, wird auch über das Geld dafür sprechen müssen. Ich bin überzeugt davon, dass uns das Thema zukunftsorientierte Studienplatzfinanzierung in diesem Haus noch öfters in unseren Sitzungen beschäftigen wird. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

12.56


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundes­rätin Kemperle. – Bitte, Frau Kollegin.

 


12.56.36

Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Vorausschicken möchte ich gleich, dass ich dieser Novelle sehr kritisch gegenüberstehe – damit nicht manche über den Inhalt meiner Rede verwundert sind, da es letztlich Zustimmung zur Novelle gibt. Aber ich möchte nicht unreflektiert lassen, wo in diesem Zusammenhang auch unsere Bedenken liegen. Der Jugend allerdings möchte ich eine hoffentlich positive Chance geben, wenn wir dieser Novelle zustimmen.

Mit der vorliegenden Novelle zur Änderung des Universitätsgesetzes 2002 können sich Universitäten künftig frühzeitig und damit besser auf den auf sie zukommenden Res­sourcenbedarf vorbereiten. Das wird durch die in der Novelle vorgesehene rechtzeitige Anmeldung der Studierenden für die Zulassung zu einem Bachelor-, Master- oder Diplom­studium möglich. Ebenso können sich Studieninteressierte durch die verpflich­tende Studienberatung vor der eigentlichen Zulassung rechtzeitig über ihre Wunsch­studien informieren/beraten lassen und sich ebenfalls darauf vorbereiten. Ergänzend dazu soll die Studieneingangs- und Orientierungsphase verbindlicher gestaltet werden.

Die beabsichtigten Änderungen erweisen sich auf den ersten Blick als durchaus sinnvoll. Jedoch sollen wir uns dazu durchaus noch einige weitere Gedanken machen und diese natürlich auch ansprechen, auch wenn eine Evaluierung der Änderungen nach der Anwendung in der Praxis vorgesehen ist und einige Punkte jetzt nicht explizit in den Änderungen enthalten sind beziehungsweise teilweise abgemildert wurden.

Die Studienberatung, die verpflichtend ist für alle, die ein Studium beginnen möchten, muss auf der anderen Seite auch Schulen, Universitäten, Ministerien und Organi­sationen dazu verpflichten, diese in einer entsprechenden und umfassenden Qualität anzubieten, sodass diese Änderungen nicht im Sand verlaufen und nur zu einer zusätz­lichen bürokratischen Hürde für Studienanfänger und Studienanfängerinnen werden.

Der Grundgedanke dieser Studienberatung ist richtig. Die Studienberatung muss jedoch rechtzeitig beginnen, also unserer Ansicht nach schon in der zuletzt besuchten Schule, sodass bereits vor der verpflichtenden Anmeldung zum Studium und nicht erst vor der eigentlichen Zulassung zum Studium den angehenden Studierenden zumindest die Eckpfeiler ihres Wunschstudiums, wie zum Beispiel Organisation, Hauptfächer und spätere mögliche Berufs- und Verdienstchancen, bekannt sind.


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Natürlich müssen dafür die entsprechenden Rahmenbedingungen vor allem auch an Schulen geschaffen und die Qualifikation der Berater und Beraterinnen gewährleistet werden. Ohne diese Rahmenbedingungen können die verpflichtenden Anmeldungen zum Studium eventuell nicht den gewünschten Effekt bringen.

Da gemäß der Novelle die Bestimmungen zum Verfahren der verpflichtenden Anmel­dung und Zulassung zum Studium durch Verordnung des Rektorats festzulegen sind, könnten Mehrfachanmeldungen oder Zulassungen zu Parallelstudien den gewünschten Effekt der besseren Planbarkeit für Universitäten verzerren.

Gleichzeitig muss allerdings auch darauf geachtet werden, dass dadurch nicht verhin­dert wird, dass besonders begabte Schüler und Schülerinnen mehrere Studien parallel beginnen können. Weiters dürfen die verpflichtende Beratung und das besondere Achten auf die Qualifikation der Beraterinnen und Berater nicht dazu führen, Studien­interessierten das Studium gänzlich auszureden. Das findet in einem nicht geringen Umfang in verschiedenen Bereichen immer noch statt, obwohl ich geglaubt habe, dass wir diese Zeiten bereits überwunden hätten. Ich bemerke immer wieder, dass, wenn es um technische Studien geht, besonders Mädchen bereits im Vorfeld davon abgehalten werden, diese Studien in Betracht zu ziehen beziehungsweise sich für so ein Studium zu interessieren. Ich sage das aus einem bestimmten Grund: Es kommt nicht selten vor, dass Mädchen zu mir kommen und mir sagen, es habe ihnen ihr Professor oder ihre Professorin – im Wesentlichen sind es die Professoren – gesagt, sie sollen sich nicht auf ein technischen Studium konzentrieren, denn das werden sie nie schaffen! – sehr süffisant gesagt.

Besonders verwerflich wäre es – was auch immer wieder vorkommt –, jemanden mit dem Argument von einem Studium abzuhalten, dass nach dem Studium ohnehin nur Absolventen und Absolventinnen aus höheren sozialen Schichten einen entsprechend guten und angesehenen Arbeitsplatz erhalten würden.

Ebenso sind Absichten, quantitative Beschränkungen einzudämmen, derzeit in der No­velle nicht ausdrücklich vorgesehen – auch in der Verordnung des Rektorats über Bestimmungen zum Verfahren der verpflichtenden Anmeldung und Zulassung zum Studium. Ich glaube, wir wollen und brauchen in Österreich keine negativen Aufnahme­verfahren, wie zum Beispiel in manchen US-amerikanischen Bereichen, oder Lotterien um Studienplätze, wo das Los über das Schicksal von Jugendlichen entscheidet und darüber, ob sie einen Studienplatz in einem Semester gewonnen oder einfach nur Pech im Spiel haben.

Dass Schul- beziehungsweise Studienerfolge nicht immer nur vom Lernwillen oder vom Talent abhängen, sollte bekannt sein. Daher ist in der Umsetzung verstärkt Rücksicht auf die Beschäftigungssituation der Studierenden und auf ihre Lebensphasen zu neh­men.

In Österreich sollen alle lernwilligen Jugendlichen die besten Chancen auf die beste Ausbildung haben, auch in Zukunft, trotz massiver Sparmaßnahmen auf nationaler und auch auf europäischer Ebene. Wir wüssten schon einige Möglichkeiten, um das nötige Geld herbeizuschaffen, um den massiven Sparkurs, der derzeit gefahren wird, etwas abzumildern. Ich denke da etwa an eine Finanztransaktionssteuer.

Wenn wir der Jugend nicht die beste Ausbildung ermöglichen, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn die heimische Wirtschaft, allen voran Forschung und Entwicklung in Österreich, in Zukunft zurückfällt. Im weltweiten Spitzenfeld liegen wir ja ohnehin nicht mehr.

Zum Thema Studieneingangs- und Orientierungsphase: Da die Novelle eine ver­pflichtende Studienberatung für Diplom- und Bachelorstudien vorsieht, zu deren Zulas­


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 74

sung keine besonderen Regelungen bestehen, sollten Universitäten und Ministerien daran interessiert sein, die Qualität der Studienberatung derart gut anzulegen, dass Studieninteressierten die wesentlichen Punkte schon vorher klar sind. Damit könnten Teile der sogenannten Orientierungsphase vorgezogen werden, also jener Phase, in der sich Studierende im ersten Semester einen Überblick über die wesentlichen Inhalte des Studiums verschaffen. Der Vorteil wäre, dass sich Studierende dann gezielter auf die eigentliche Studieneingangsphase vorbereiten und konzentrieren könnten.

Vor allem die Universitäten sind gefordert, ihre Organisation sowie die jeweiligen Studien klar, verständlich und transparent zu vermitteln und daraus kein Insiderwissen zu machen, um Studieninteressierten von vornherein den Studienbeginn zu erschwe­ren. Das würde vor allem Menschen treffen, deren Eltern keinen Universitätsabschluss haben, die somit gänzliches Neuland betreten.

Dass in der Studieneingangsphase vorgesehene Prüfungen grundsätzlich nur einmal wiederholt werden können, ist hinsichtlich der üblichen Anzahl an Möglichkeiten zur Wiederholung anderer Prüfungen als erschwerend und psychisch belastend für die Studienanfänger und Studienanfängerinnen zu werten.

Abschließend sei erwähnt, dass uns diese Novelle keinesfalls daran hindert, mehr zu tun, als sie festschreibt – mehr zu tun für bessere Bedingungen an den Universitäten, mehr zu tun für bessere Bildungsmöglichkeiten und mehr zu tun für unsere Jugend.

In diesem Sinne geben wir unsere Zustimmung zu dieser Novelle – mit der Chance auf eine bessere Ausbildung und einen besseren Zugang für Studierende an unseren Universitäten. (Beifall bei der SPÖ.)

13.07


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Bundesrat Schennach zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.07.09

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Ich kenne die Gepflo­genheiten einer Berichtigung, deshalb muss ich leider Jennifer Kickert berichtigen, damit das nicht so stehen bleibt. Ich habe in meiner Rede betont, dass das eine Limitie­rung ist, dass das evaluiert wird. Frau Kickert hat gemeint, dass das nirgends steht. Ich lese aus dem Gesetz vor: „Die Bundesministerin oder der Bundesminister hat die Auswirkung der Studieneingangs- und Orientierungsphase in Zusammenarbeit mit den Universitäten zu evaluieren und dem Nationalrat spätestens im Dezember 2015 einen Bericht über das Ergebnis der Evaluierung vorzulegen“. – So steht es im Gesetz. (Bundesrat Mayer: Aha!) – Moment!

Durch den Kompromiss, der erzielt wurde, steht hier jetzt, dass diese Studieneingangs- und Orientierungsphase mit Ablauf des 30. September 2014 außer Kraft tritt und dann die Evaluierung erfolgt. Insofern steht das im Gesetz, und ich habe es richtig berichtet. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Mayer.)

13.08


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Astleitner zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Kollegin.

 


13.08.41

Bundesrätin Notburga Astleitner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ge­schätz­te Jugend als Zuhörerinnen und Zuhörer – wenn ich das jetzt noch so sagen darf!

Eine Gesellschaft, in der sich Leistung lohnen soll, braucht ein Bildungssystem, in dem sich Leistung lohnt. – Dieses Zitat unseres Vizekanzlers und Bundesparteiobmannes


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 75

Josef Pröll passt meiner Meinung nach auch bestens zur Universitätsgesetz-Novelle, denn die neue Studieneingangsphase zielt auf Leistung und Qualität ab und nicht auf Einsparung. Frau Ministerin, daher auch meinerseits herzliche Gratulation! Von einem Flickwerk kann meiner Meinung nach auf keinen Fall die Rede sein.

Dass Bildung und insbesondere die Qualität in der Bildung und Ausbildung vorrangige Themen in der Bevölkerung sind, zeigt sich auch in der kürzlich gemachten Umfrage in Oberösterreich. Die ÖVP Oberösterreich hat Menschen befragt, was sie an erste Stelle der wichtigen Themen reihen. Bisher standen immer Arbeit, Arbeitsplätze, Arbeits­platz­sicherung, bei der aktuellen Umfrage aber erstmalig Bildung, an erster Stelle.

Zum Themenkomplex Bildung zählen natürlich auch die Universitäten. Da von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern ja schon sehr viel erwähnt wurde, möchte ich aus meinen Gesprächen mit Direktorinnen und Direktoren der weiterführenden Schulen beziehungsweise mit vielen jungen Menschen nur mehr einen Punkt hervorheben, der mir auch besonders wichtig ist, und das ist die verpflichtende Studienberatung für eine bewusstere Studienentscheidung.

Der große Zulauf zu den Berufsorientierungs- und Studienberatungsmessen zeigt ja das große Interesse junger Menschen an ihrer Weiterentwicklung. Sie brauchen dabei aber Unterstützung und Beratung, und das natürlich so früh wie möglich – das ist heute auch schon öfter angesprochen worden. Diese Unterstützung und Beratung haben natürlich vorrangig im schulischen Bereich zu erfolgen, und deshalb ist die Abstim­mung der beiden Ressorts sehr wichtig. Frau Bundesministerin, diese Zusammenarbeit wird in der Bevölkerung auch als sehr positiv empfunden. Das möchte ich an dieser Stelle einmal sagen.

Wenn wir wissen, dass 60 Prozent der Schülerinnen und Schüler nur 10 Prozent des Angebotes nutzen – das wurde heute auch schon gesagt –, so müssen sie eben informiert, motiviert und darauf hingewiesen werden, welche Möglichkeiten jene Fächer aufweisen, die nicht so stark nachgefragt werden. Es gibt schon viele gute Projekte. Einerseits gehen Schulen offensiv auf die Universitäten und Hochschulen zu. Da gibt es ausgezeichnete Projekte in Oberösterreich. Die Hochschulen ihrerseits treten an potenzielle StudienanfängerInnen heran, wie es beispielsweise auch die Johannes Kepler Universität in Oberösterreich macht. Sie geht zu Informationsveranstaltungen in die Bezirke hinaus.

Trotzdem halte ich – der Herr Kollege ist jetzt nicht da – diese verpflichtende Beratung für wichtig und notwendig. Natürlich ist es auch aus meiner Sicht wichtig – Kollege Dönmez und Kollege Schennach haben es auch erwähnt –, dass für entsprechende Ressourcen gesorgt wird. Wenn wir verpflichtende Angebote machen wollen, dann brauchen wir entsprechende Rahmenbedingungen. Wir brauchen auch entsprechende Lehrerinnen und Lehrer, die sehr motiviert sind, die aber auch nicht alleine gelassen werden dürfen. Da stehe ich nicht an, zu sagen: Da sind wir sicher einer Meinung! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Boden.)

13.12


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Dr. Karl. – Bitte, Frau Minister.

 


13.12.58

Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung Mag. Dr. Beatrix Karl: Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Es ist heute schon in meh­reren Wortmeldungen angeklungen, dass wir es an unseren Universitäten teilweise mit einer Misere zu tun haben.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 76

Es stimmt, dass in den vergangenen Jahren die Zahl der Studierenden gestiegen ist und dass das natürlich auch zu einer Verschärfung der Situation an den Universitäten geführt hat. Wir haben noch eine weitere Verschärfung dieser Situation zu erwarten, nämlich infolge des Aussetzens der allgemeinen Wehrpflicht in Deutschland und infolge der Abschaffung eines Schuljahres vor allem in den benachbarten Bundes­ländern wie Bayern. Das wird wahrscheinlich dazu führen, dass es im kommenden Wintersemester zu einer deutlich steigenden Studierendenzahl an unseren Univer­sitäten kommen wird.

Das heißt, wir sehen vor allem in den Massenfächern eine verschärfte Situation. Dort stellen sich die größten Probleme, und dort müssen wir vorrangig ansetzen. Betrachten Sie etwa die Situation der Wirtschaftsuniversität Wien. Die Wirtschaftsuniversität Wien hat doppelt so viele Studierende zu bewältigen, als es ihrer Kapazität entspricht. Das führt zu den auch von Bundesrat Schennach angesprochenen Drop-out-Situationen. Wir haben etwa an der Wirtschaftsuniversität eine Drop-out-Rate von 80 Prozent. Ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Das halte ich für unzumutbar! Ich halte es für unzumutbar, dass an der Wirtschaftsuniversität Wien nur 20 Prozent derer, die ein Studium beginnen, dieses auch abschließen. Das heißt, wir müssen Maßnahmen setzen, um mehr Qualität und damit auch bessere Studienbedingungen sicherzustellen.

Bundesrat Dönmez hat gemeint, freie Forschung und Lehre seien in Gefahr. Ja, sie sind in Gefahr, wenn wir nichts tun. Denn: Wie sieht es mit der Forschung etwa an der Wirtschaftsuniversität aus? Wie sieht es mit der Forschung bei anderen Massen­studien­richtungen aus? Kann man dort noch viel forschen? Besteht dort noch Zeit zum Forschen? Hat dort vor allem auch der wissenschaftliche Nachwuchs noch viel Zeit zum Forschen? Hat man dort noch die forschungsgeleitete Lehre, wie wir sie uns an den Universitäten wünschen? Dort sehe ich Gefahr!

Daher sage ich: Wir müssen diese Problematik in den Griff bekommen, und dazu setzen wir erste wichtige Schritte – wobei ich sagen muss, dass das nur erste wichtige Schritte sind. Wir müssen noch mehr tun, um diese Probleme in den Griff zu bekom­men.

Die Neuregelung des Hochschulzugangs, um die es bei dieser Änderung des Uni­versitätsgesetzes geht, dient dazu, raschere Klarheit für die Studierenden zu schaffen und bessere Planbarkeit für die Universitäten sicherzustellen. Das ist die Zielrichtung dieser Regelungen.

Aber lassen Sie mich ganz kurz auf die drei Maßnahmen, um die es hier geht, eingehen: Die erste Maßnahme ist die verpflichtende Voranmeldung zu einem Studium. Herr Bundesrat Pisec hat gemeint, die Anmeldung erfolge orientierungslos. Dabei geht es nicht um Orientierung, sondern dabei geht es um eine simple Anmel­dung zu einem Studium und nicht um eine Studienwahlberatung oder eine Studien­wahlorientierung oder was auch immer, das muss schon vorher passieren! – Darauf komme ich dann noch zu sprechen.

Wie gesagt, dabei geht es um eine simple Anmeldung zu einem Studium und nicht um eine Anmeldung für einzelne Lehrveranstaltungen oder Prüfungen, wie das in Ihrer Rede zum Ausdruck gekommen ist. Sie haben den Fall angesprochen, dass es dann ja sein könne, dass man sich für einige Lehrveranstaltungen nicht angemeldet hat und dann nicht alle Lehrveranstaltungen besuchen kann.

Man meldet sich für ein Studium an – und nicht für einzelne Lehrveranstaltungen! Diese Anmeldung für einzelne Lehrveranstaltungen gab es zu der Zeit, als ich noch studiert habe, da hatten wir dieses Modell. Ich erinnere mich mit Grauen zurück, als wir wirklich noch einzelne Lehrveranstaltungen inskribieren mussten. Dieses System füh­


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 77

ren wir natürlich nicht wieder ein, sondern es geht wirklich um eine Anmeldung für ein Studium.

Natürlich kann es – das ist in einigen Redebeiträgen zum Ausdruck gekommen – auch zu Mehrfachanmeldungen kommen. Aber das soll auch möglich sein, denn es gibt ja auch viele Studierende, die ein Doppelstudium führen. Wieso nicht? Wieso soll man zum Beispiel nicht Rechtswissenschaften und Wirtschaft studieren, was eine beliebte Kombination ist, oder auch andere Doppelstudien wählen? Diese Möglichkeit soll natür­lich bestehen. Natürlich nehmen wir mit dieser Regelung auch in Kauf, dass man ein und dasselbe Studium an mehreren Standorten wählt. Das ist eben etwas, das wir in Kauf nehmen müssen.

Vielleicht überhaupt noch ein bisschen zurückgreifend: Was ist eigentlich der Sinn und Zweck hinter dieser Regelung? Warum tun wir das? – Ich habe es bereits ange­sprochen, wir führen diese Regelung ein, um die Planbarkeit für die Universitäten zu verbessern. Herr Bundesrat Pisec hat auf die Zwischenfrage, was er als Lösung betref­fend steigende Studierendenzahl und Massenstudien vorschlage, gemeint, die Lösung wäre, besser planen. Genau das wollen wir den Universitäten ermöglichen!

Wie sieht es denn momentan aus? Wie soll eine Universität planen, wenn die Nach­inskriptionsfrist bis Ende November dauert? Das heißt, eine Universität weiß im Wintersemester erst Ende November, wie viele Studierende wirklich inskribiert sind. Wie soll man da planen? Wie soll ich für das gesamte Semester planen, wie viele Hörsäle, wie viele Lehrende ich brauche? – Deshalb diese vorgezogene Voranmel­dung, damit die Universitäten wissen, mit wie vielen Studierenden sie maximal zu rechnen haben. Darum geht es ja! Ich kenne eine maximale Zahl an Studierenden. Im Endeffekt können dann weniger inskribieren. Das ist möglich, aber zumindest weiß ich als Universität, mit wie vielen Studierenden ich maximal zu rechnen habe. Das erleichtert natürlich die Planung in Hinblick auf die Ressourcen, in Hinblick auf Per­sonalressourcen, aber natürlich auch im Hinblick auf Hörsäle, Lehrsäle et cetera.

Eine Ausnahme gibt es auch bei dieser Anmeldung. Das ist zwar nicht zur Sprache gekommen, aber ich möchte darauf hinweisen: Ausgenommen von der verpflichtenden Voranmeldung sind jene Studienrichtungen, in denen es jetzt schon Aufnahme­verfahren gibt. Wie gesagt, diese Studienrichtungen sind ausgenommen, denn dort gibt es schon eigene Anmeldeverfahren, und da wollten wir mit dieser Neuregelung nicht eingreifen. Zur Anmeldung habe ich, glaube ich, bereits alles gesagt, was ange­sprochen wurde.

Der zweite Punkt, der bei dieser Maßnahme eine Rolle spielt, ist die verpflichtende Studienwahlberatung. Das ist auch ein Thema, das heute mehrmals angesprochen wurde. Ich kann mich all jenen anschließen, die sagen, dass das ein wichtiges Thema ist. Verpflichtende Studienwahlberatung halte ich für ganz, ganz wichtig. Es wurde bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass wir die Situation haben, dass rund 60 Prozent der Studierenden in nur 10 Prozent der Fächer gehen. Das ist in Wirk­lichkeit ein Wahnsinn. Da müssen wir etwas tun, und etwas tun heißt in diesem Fall, die Studienwahlberatung zu verbessern und sie auch verpflichtend vorzusehen.

„Verpflichtend“ bedeutet natürlich nicht, dass man etwa, wenn bei einem Beratungs­gespräch herauskommt, dass man sehr gut in Mathematik ist, dazu verpflichtet ist, Mathematik zu inskribieren. Das ist es natürlich nicht. Aber man soll zumindest einmal gehört haben, dass man ein mathematisches Talent hat. Natürlich kann man immer etwas anderes inskribieren. Aber diese verpflichtende Studienwahlberatung setzt eben nicht erst bei der Voranmeldung oder bei der Inskription an. Sie muss schon viel früher ansetzen, sie muss in der Schule ansetzen.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 78

Deshalb haben wir in dieser Gesetzesvorlage vorgesehen, dass es eine Verordnung gibt. Diese Verordnung mache ich nicht alleine, sondern in Zusammenarbeit mit meiner Kollegin Unterrichtsministerin Schmied, weil gerade diese Studienwahlberatung ein Thema ist, das – ganz, ganz wichtig – an den Schulen zu verankern ist. Deswegen müssen wir hier zusammenarbeiten.

Wir haben bereits gemeinsam verkündet, dass die Studienwahlberatung und die Maturanten- und Maturantinnenberatung durch die Österreichische Hochschülerschaft ausgedehnt werden. Wir haben auch das Modell des Studiencheckers ausgedehnt, und ein neues Modell, das die ÖH vorgeschlagen hat, nämlich Studieren probieren, wird auch verwirklicht werden – eben um hier wirklich eine flächendeckende Studien­wahlberatung sicherzustellen, die wir jetzt noch nicht haben. Das werden wir nun schrittweise einführen müssen.

Das ist auch mit ein Grund, warum diese verpflichtende Studienwahlberatung erst im Wintersemester 2012/13 in Kraft treten wird, weil wir natürlich sicherstellen müssen, dass es im Falle einer verpflichtenden Studienwahlberatung ein flächendeckendes und qualitativ hochwertiges Angebot gibt. Das muss sichergestellt werden, und da der Hauptteil an Studienwahlberatung an den Schulen passiert, wäre das jetzt zu kurz­fristig. Wenn wir das jetzt schon für das kommende Wintersemester beschlossen hätten, dann wäre die Zeitspanne in den Schulen nur mehr sehr kurz, in der es die Mög­lichkeit einer qualifizierten Studienwahlberatung gäbe. Das würde ich als Nachteil oder als Benachteiligung für die angehenden Studierenden sehen. Deswegen brauchen wir hier mehr Zeit, damit diese Studienwahlberatung auch wirklich qualifiziert an den Schulen stattfinden kann. – Zur Studienwahlberatung bin ich, glaube ich, auf alle Redebeiträge eingegangen.

Damit gleich zum dritten Punkt, zur Studieneingangs- und Orientierungsphase. Herr Bundesrat Pisec hat gesagt, diese Studieneingangs- und Orientierungsphase sei neu. Sie ist nicht neu! (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Pisec.) Die Studieneingangs- und Orientierungsphase ist jetzt schon in § 66 des Universitätsgesetzes verankert, und sie wurde sogar bereits durch die letzte Universitätsgesetzreform verpflichtend vorgesehen. Neu ist, dass sie jetzt straffer gestaltet wird. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Mag. Pisec.)

Es findet jetzt eine Straffung dieser Studieneingangs- und Orientierungsphase statt, und zwar deshalb, damit die Studierenden rasch Klarheit haben, ob sie das richtige Studium gewählt haben.

Damit bin ich wieder bei den Drop-out-Raten. Wir sehen, dass viele Studierende das falsche Studium wählen und leider erst in den späteren Semestern aus dem Studien­prozess ausscheiden. Hier wollen wir rasch Klarheit für die Studierenden schaffen. Sie sollen rasch wissen, ob sie für das konkrete Studium tatsächlich geeignet sind oder nicht. Deshalb gibt es eine gestraffte Studieneingangs- und Orientierungsphase.

In dieser Studieneingangs- und Orientierungsphase ist es natürlich auch so, dass es wie bei allen anderen Prüfungen drei Prüfungsantrittsmöglichkeiten pro Prüfung geben muss. Es ist vorgesehen, dass jede Prüfung dreimal pro Semester angesetzt werden muss. Das heißt, man hat viele Antrittsmöglichkeiten, nicht nur am Anfang und am Ende des Semesters, wie angesprochen wurde. Es muss auch einen Mitteltermin geben.

Wo es auch eine Änderung gibt, ist die Reduktion der Antrittsmöglichkeiten. Die Antritts­möglichkeiten werden reduziert. Es gibt nur mehr eine Möglichkeit der Wiederholung, und die Universität kann eine weitere Wiederholungsmöglichkeit vor­sehen. Diese Wiederholungen müssen aber auch nicht alle im ersten Semester stattfinden. Natürlich kann man die Prüfungstermine in den weiteren Semestern nut­


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zen. Das heißt, man muss nicht alle Prüfungen schon im ersten Semester ablegen. Man kann sie auch im zweiten oder dritten Semester ablegen.

Aber eines wurde klargestellt, nämlich, dass man die Studieneingangsphase positiv absolvieren muss, um weiterstudieren zu können. Das ist jetzt im Gesetzestext aus­drücklich klargestellt. Die positive Absolvierung der Studieneingangsphase und damit eben aller Prüfungen in der Studieneingangsphase ist Voraussetzung, um das Studium fortsetzen zu können. Das soll dazu dienen, für die Studierenden rasch Klarheit zu schaffen.

Weil hier mehrfach die Situation an den Medizinuniversitäten angesprochen wurde, möchte ich auch dazu etwas sagen: Dort ist es etwa durch das Aufnahmeverfahren gelungen, viele dieser Probleme, die wir durch diese Maßnahmen in den Griff bekom­men wollen, in den Griff zu bekommen. Es ist zum Beispiel bei den Medizinstudien so, dass die Studienzeit verkürzt wurde, und es ist auch bei dieser Studieneingangs- und Orientierungsphase davon auszugehen, dass die Studienzeit verkürzt wird. Also diese Verlängerung, die Sie angesprochen haben, Herr Bundesrat Pisec, kann ich nicht nachvollziehen, denn durch eine raschere Orientierung gibt es weniger Drop-outs und damit in der Regel auch kürzere Studienzeiten.

Wir gehen davon aus, dass es durch diese Maßnahme zu einer Verkürzung der Studienzeit kommt, wie es etwa auch durch die Aufnahmeverfahren beim Medizin­studium zu einer Verkürzung der Studienzeit gekommen ist. Es konnten – und deshalb wundert mich, was Herr Bundesrat Dönmez gesagt hat – die Wartelisten abgebaut werden. Es gibt kaum noch Wartelisten bei Laborplätzen – wenn doch, dann sind das Altlasten aus den Zeiten vor den Aufnahmeverfahren.

Seit es die Aufnahmeverfahren in den Medizinstudien gibt, gibt es diese Wartelisten nicht mehr. Es gibt noch die Altlasten, aber es ist nun wirklich möglich, ein Medizin­studium rasch zu absolvieren. 90 Prozent der Studierenden studieren innerhalb der Mindeststudienzeit beziehungsweise der Toleranzsemester, und die Drop-out-Raten wurden von 50 Prozent auf rund 5 Prozent gesenkt.

Ich habe es bereits angesprochen: Insgesamt dienen diese Maßnahmen, die ich nun erwähnt habe, dazu, die Studienqualität zu verbessern, für die Studierenden mehr Klarheit zu verschaffen, sie besser zu beraten und für die Universitäten eine bessere Planbarkeit sicherzustellen. Es geht hier wirklich um Qualität und Leistung. Wir wollen die Qualität verbessern und die Leistung stärker in den Vordergrund stellen, wobei man natürlich auch sagen muss – und ich habe es bereits kurz erwähnt –, dass diese Maßnahmen nur ein erster Schritt sind. Wir müssen in diesem Bereich noch mehr tun, und es ist ja im Regierungsprogramm vorgesehen, eine Studienplatzfinanzierung zu erarbeiten.

Es gibt auch eine Einigung über die Erarbeitung eines Studienplatzfinanzierungs­modells, die beim Universitätsgipfel erzielt wurde, der im Herbst gemeinsam mit den Universitäten, dem Herrn Bundeskanzler, dem Herrn Vizekanzler, meiner Kollegin Unter­richtsministerin Schmied und mir stattgefunden hat. Es wurde der klare Auftrag gegeben: Wir müssen ein österreichisches Modell der Studienplatzfinanzierung erar­beiten. Das spiegelt sich auch in der bereits angesprochenen Befristung dieser Neu­regelung wider. Die Neuregelung ist befristet vor dem Hintergrund, dass es künftig ein Studienplatzfinanzierungsmodell – auch mit einer klaren Kapazität zur Orientierung – geben muss. Daran arbeiten wir: Entwicklung eines Studienplatzfinanzierungsmodells mit klarer Kapazitätsorientierung.

Frau Bundesrätin Kemperle hat angesprochen, dass sie sich breite Chancen für die beste Ausbildung wünscht. – Das wünsche ich mir auch. Ich wünsche mir beste Chan­


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 80

cen für die beste Ausbildung für alle diejenigen, die dafür geeignet sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.27


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Nächster Redner: Bundesrat Krusche. – Bitte, Herr Kollege.

13.27.18

 


Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe mir diese Diskussion jetzt aufmerksam angehört und darin eigentlich nichts gefunden, was meine Zweifel ausgeräumt hätte.

Man geht hier in alter österreichischer Tradition vor, nach dem Motto: Es muss etwas geschehen, aber es darf nichts passieren! Ich muss Frau Kemperle recht geben, wenn sie sagt, es handle sich hierbei um ein unausgegorenes Flickwerk (Ruf bei der ÖVP: ... Kickert!) – Kickert, Entschuldigung –, das vor allem unreflektiert auf die Massen­studien abziele. Das wurde ja immer wieder betont. Es soll also darum gehen, dass diese 60 Prozent abgefangen werden, aber man geht überhaupt nicht auf das Problem ein.

Ich sage das deswegen, weil ich aus einer Stadt komme, in der es eine Universität gibt, die ganz anders geartet ist, nämlich aus Leoben mit der Montanuniversität, die teilweise die umgekehrten Probleme hat. Wir machen selber Werbung für unsere Universität. Seit wenigen Tagen ist wieder ein Truck unterwegs, ein Mack-Lkw-Zug, der durch Österreich tingelt und Werbung für die Montanuniversität macht. Solche Dinge werden hier überhaupt nicht berücksichtigt.

Wir reden hier über etwas, wofür uns jede Entscheidungsgrundlage fehlt. Diese ver­pflichtende Studienberatung ist völlig im Nebel, weil die dazugehörige Verordnung nicht einmal ansatzweise existiert. Ich kann nur hoffen, dass diese dazu führen wird, dass dieser Truck der Montanuniversität vom Ministerium bezahlt wird. Denn: Wie soll diese entsprechende flächendeckende Information über Studien erfolgen, die es nur ein Mal in Österreich gibt und die sehr speziell sind – nämlich in einer verpflichtenden Art und Weise? Dass sich ohnehin jeder, der sich für so etwas interessiert, im Vorhinein erkundigt und selbst nach Beratung sucht, ist ja klar.

Auch die Studieneingangsphase, die – so ist es gesagt worden – eine rasche Orientie­rung zum Ziel hat, sehe ich an unserem Beispiel überhaupt nicht, denn diesbezüglich ist alles schwammig, nichts ist definiert. Welche verpflichtenden Prüfungen wird man in dieser Studieneingangsphase machen müssen: Mathematik eins, Physik, Chemie oder Grundzüge des Bergwesens?

Das sind gravierende Unterschiede, und die Drop-outs entstehen in Grundlagen­fächern, nicht in den fachspezifischen Fächern, die meistens erst in einer späteren Phase vorgetragen werden, in der man in einem tieferen Umfang damit konfrontiert wird. Hier sehe ich keinerlei Gewinn in einer besseren Orientierung.

Wie gesagt, es liegen einige Punkte vor, die nicht greifbar sind, die in ihren Auswir­kungen nach der derzeitigen Lage vor allem nicht spezifisch auf einzelne Studien anpass­bar sind. (Beifall bei der FPÖ.)

13.31


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Pisec zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Kollege.

 



BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 81

13.31.13

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank für Ihre Ausfüh­rungen. Da mein Name öfters genannt wurde, darf ich mich kurz zu Wort melden.

Das Anmeldesystem ist ein Terminus technicus, den es jetzt schon gibt. Ich kann mich nur dann anmelden, wenn ich inskribiert bin, sonst funktioniert das System nicht. Anmel­den heißt – bitte, das ist eindeutig klar –, ich kann mich nur für Lehrver­an­staltungen anmelden. Wenn ich zur Anmeldung freigeschaltet bin, dann kann ich mich zu einer Lehrveranstaltung anmelden. Das ist Faktum! Da die Studenten am 31. Au­gust noch überhaupt keine Ahnung haben, was sich an der Universität abspielt, werden sie sich einfach zu mehreren Veranstaltungen anmelden. Das passiert jetzt schon. Das ist ja nichts Neues, nur rückt die Anmeldefrist immer mehr nach hinten.

Das Zweite ist – und das wurde uns im Wissenschaftsausschuss eindeutig erklärt; Kollege Schennach, wenn Sie mich korrigieren, dann bitte korrekt (Bundesrat Schennach: Also mir hat man ...!) –: Es gibt keine Nachanmeldefrist. Die gibt es nicht. Das ist Faktum! Sollte etwas anderes geplant sein, dann soll es mir recht sein, aber jetzt ist es nicht so. Und das ist das Hauptproblem: Dass es zurzeit keine Planungen gibt, was an der Universität stattfindet, was die Planung betrifft.

Natürlich ist Straffen das Beste, das es gibt. In Australien kann man den Bachelor in zwei Jahren machen. Dort gibt es auch Sommersemester, weil niemand dreieinhalb Monate Urlaub braucht. Wenn das Anmeldesystem am 31. August fertig ist, will jeder anfangen, zu studieren. Die müssen ja noch eineinhalb Monate warten. Für Straffen sind wir jederzeit offen. Damit ist alles möglich.

Ich wollte nur eindeutig betonen, dass das Anmeldesystem das zentrale Thema sein wird und jetzt schon ist. Man sollte sich überlegen, ob man nicht doch – doch! – eine Nachanmeldefrist einführt! – Danke vielmals. (Beifall bei der FPÖ.)

13.33


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Frau Bundesministerin Dr. Karl hat sich zum zweiten Mal zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.33.19

Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung Mag. Dr. Beatrix Karl: Ganz kurz zu den letzten beiden Redebeiträgen: Welche Inhalte die Studieneingangsphase hat, wird nicht vom Ministerium bestimmt. Sie sollten wissen, dass die Universitäten autonom sind. Autonomie bedeutet auch, dass an den Universitäten selbst die Curri­cula festgelegt werden. Das heißt, jede Universität bestimmt selbst die Curricula. Es gibt eigene Curricularkommissionen, die vom Senat besetzt werden, und dort wird auch festgelegt, welche Lehrveranstaltungen in der Studieneingangsphase stattfinden. Es ist nicht Aufgabe des Ministeriums, für jede einzelne Studienrichtung in Österreich festzulegen, welche Lehrveranstaltungen in einer Studieneingangsphase stattfinden. Das wäre ein Eingriff in die Autonomie und in die Curricula-Hoheit der Universitäten.

Noch einmal zur Anmeldung: Sie haben gesagt, man melde sich für Veranstaltungen an. Das ist eine Anmeldung zu einem Studium und nicht für einzelne Veranstaltungen. Man meldet sich bis 31. August zum Beispiel für ein Studium der Rechtswis­senschaften an und nicht für einzelne Lehrveranstaltungen. Das ist ein großer Unterschied. Es erfolgt die Anmeldung für ein Studium bis zum 31. August, nicht mehr und nicht weniger. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Zangerl.)

13.34


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 82

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

13.34.545. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2011 betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Serbien über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit (878 d.B. und 1080 d.B. sowie 8460/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mag. Rausch. Bitte um den Bericht.

 


13.35.16

Berichterstatterin Mag. Bettina Rausch: Sehr geehrte Frau Bundesminister! Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den genannten Beschluss.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 15. März 2011 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen. – Herzlichen Dank.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Saller. Ich erteile ihm dieses.

 


13.36.09

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das vorliegende Abkommen zwischen Österreich und Serbien über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit mag – wenn man es oberflächlich betrachtet – ja nichts Besonders sein. Wenn man aber genauer hinsieht und sich das anschaut, ist es eine wichtige Sache.

Es ist auch deswegen besonders wichtig, weil neben dem Abkommen der beiden Län­der die Möglichkeit geschaffen wird, Forschungs- und Technologieprogramme im Rahmen der EU zu initiieren, und darüber hinaus auch internationale Forschungspro­gramme angegangen werden können.

Krieg war ja für Serbien vor nicht allzu langer Zeit etwas Alltägliches. Heute ist Serbien ein möglicher künftiger EU-Staat. Man sieht also, wie schnell gewaltige Veränderungen vor sich gehen. Dankenswerterweise gibt es dafür auch seitens des Ministeriums 90 000 € zur Finanzierung der Mobilitätskosten für diese Projekte. Wissenschaft und Forschung brauchen internationale Vernetzung. Wissenschaft und Forschung machen ja auch nicht vor Staatsgrenzen halt.

Wenn man täglich die unfassbaren Bilder über die schreckliche Katastrophe in Japan sieht und die vielen Stellungnahmen und Kommentare der Wissenschaftler innerhalb


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 83

und außerhalb Österreichs hört und im Fernsehen sieht, dann kann man erahnen – ja muss erkennen –, wie wichtig wissenschaftliche Zusammenarbeit eigentlich ist.

Wissenschaft und Forschung leisten, wie viele andere Dinge auch, einen unverzicht­baren Beitrag zur Sicherheit im Lande, aber natürlich auch über die Grenzen hinweg. Gedankenaustausch, Zusammenarbeit, Füreinander und nicht Gegeneinander und Forschen nicht ohne den anderen müssen heute und künftig Vorrang haben.

Österreich als bedeutender Wirtschaftsstandort im Zentrum Europas mit internationaler Bedeutung und Anerkennung ist besonders geeignet, neue gemeinsame Entwick­lungen in Wissenschaft und Forschung in die Wege zu leiten. Das Abkommen zwi­schen Österreich und Serbien ist daher auch ein wichtiges Segment für diese weitere notwendige Entwicklung. (Beifall bei der ÖVP.)

13.39


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


13.39.20

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Es gibt Dinge, über die man sich einfach nur freuen kann, und dieses Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Serbien, das hier auf dem Tisch liegt, gibt Anlass für so einen Moment großer Freude. Wir haben jetzt immerhin viele, viele Jahre darum gekämpft, dass dieses Visa-Regime gegenüber den Staaten des Westbalkans fällt, dass die jungen Menschen, die allesamt hungrig nach Europa sind, die Möglichkeit haben – so wie ihre Großeltern auch –, nach Europa zu reisen und am europäischen Leben teilzunehmen.

Ich kenne einige Universitäten in Belgrad sehr gut und kann Ihnen nur sagen, die jungen Menschen, zum Beispiel in Belgrad, sind modern, vielsprachig, weltoffen, und vor allem sind sie etwas, das wir unbedingt unterstützen müssen: Sie sind antinatio­nalistisch. Ich freue mich für jeden einzelnen Studenten und jede einzelne Studentin aus Serbien, die dank diesem Abkommen die Chance hat, zu partizipieren. Frau Bun­desministerin, ich hoffe, dass durch dieses Abkommen möglichst niederschwellig, nicht in großen Blöcken, sondern in kleinen Einheiten, möglichst unkompliziert die Mobilität der jungen Menschen gewährleistet wird. Diese Handreichung Serbien, einem Staat des Westbalkans, gegenüber, ist unbedingt notwendig, weil die EU ohne den West­balkan kein Europa ist. Der Westbalkan gehört zu Europa so wie Österreich, Frank­reich oder Deutschland.

Mit diesem Abkommen folgen wir auch anderen Abkommen, wobei ich zwei Länder besonders hervorheben möchte, die das schon länger praktizieren, nämlich Norwegen und die Niederlande. Norwegen hat den jungen Leuten in Serbien unglaublich viele Chancen gegeben, und auch die Niederlande waren da sehr aktiv, haben sehr große Kooperationsbereitschaft gezeigt. Aber Österreich ist für alle Staaten und für alle Bür­ger und Bürgerinnen am Westbalkan immer etwas ganz Besonderes. Sie erwähnen Österreich als besondere Form der Hoffnung und als besondere Form der Part­nerschaft. (Präsident Kneifel übernimmt wieder den Vorsitz.)

Die 90 000 € schauen im ersten Moment vielleicht bescheiden aus, aber ich glaube, sie sind sehr gut angelegt, und ich hoffe, die Frau Bundesministerin wird das vielleicht in Zukunft noch ein bisschen forcieren. Aber ich glaube, dass das etwas ganz Wichtiges ist. Es ist eine sehr große Freude, dass dieses Abkommen zustande kommt. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesrätin Kerschbaum.)

13.42


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 84

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungs­be­reiches der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Ich lasse nun über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

13.43.496. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2011 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (1030 d.B. und 1082 d.B. sowie 8455/BR d.B. und 8461/BR d.B.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Konrad. Bitte um den Bericht.

 


13.44.08

Berichterstatter Klaus Konrad: Geschätzter Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Umwelt­aus­schusses über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2011 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 15. März 2011 mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates kei­nen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Krusche. Ich erteile es ihm.

 


13.44.57

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Frau Minister! Ich weiß schon, Sie kommen zum Wasserrecht hier ein bisschen wie die Jungfrau zum Kind. (Heiterkeit bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, zwei Tagesordnungspunkte weiter haben wir es wieder mit einem solchen Problemfall an Gesetzesvorlage zu tun, nämlich mit einer Vorlage, die nicht aus dem Antrieb entstanden ist, etwas besser zu machen oder sinnvolle Reformen einzuleiten, sondern bei der das Gebot des Handelns in einer EU-Richtlinie begründet lag. Mit welchem „Elan“ an diese Sache herangegangen wurde, sieht man allein schon daran, dass die rechtliche Umsetzung eigentlich bis 2009 erfolgen hätte sollen  und jetzt haben wir 2011.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 85

Andererseits muss ich ganz ehrlich sagen: Wir Bundesräte müssen froh sein, dass es wenigstens ein paar EU-Vorgaben gibt, die in Form von Regierungsvorlagen bearbeitet werden müssen; sonst wäre die Tagesordnung noch dünner und die Frage nach un­serer Existenzberechtigung könnte dann von den Kritikern womöglich noch lauter gestellt werden, denn die Reformkraft dieser Regierung ist ja enden wollend. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf des Bundesrates Klug.)

So müssen wir uns also heute wieder mit einem Gesetz herumschlagen, in dem man sich bemüht, diese EU-Vorgaben zu erfüllen, und so nebenbei auch noch die Gele­genheit nützt, eine Gefälligkeit – um nicht zu sagen: einen Kniefall – vor der E-Wirt­schaft hineinzupacken.

Der vorgeschriebene Bau von Fischaufstiegshilfen bei Neuanlagen wird aufgeweicht. Im Ausschuss wurde vom zuständigen Beamten angemerkt, dass es sinnlos sei, beispielsweise Fischaufstiegshilfen vorzuschreiben, wenn es gar keine Fische gibt, die überhaupt flussaufwärts wollen. Das ist grundsätzlich richtig. Wenn zum Beispiel ein Querbauwerk in unmittelbarer Nähe eines 20 Meter hohen Wasserfalles errichtet werden soll, das sowieso nicht passiert werden kann, dann braucht man dort auch keine Fischaufstiegshilfen. Davon war aber im gegenständlichen Paragraphen nicht die Rede, sondern es heißt, dass diese Hilfen bei Vorliegen von Umständen, bei denen der Stand der Technik nicht mit wirtschaftlich zumutbarem Aufwand erreichbar ist, vor­übergehend und kurz befristet von diesem Stand der Technik abweichen können. Dieser neue Absatz des  §12a strotzt nur so vor schwammigen Formulierungen.

Ich muss sagen, ich bin kein Fischer – zur Klarstellung. „Der Stand der Technik ...“ (Bundesrat Perhab: Das hört sich so an!) – Das hört sich immer gut an; daraus klare Regelungen für die Praxis abzuleiten, ist aber genauso schwierig. Seitens des Minis­te­riums, hat es geheißen, soll bis Mitte des Jahres ein Entwurf eines Leitfadens vorgelegt werden, der dann Ende 2011 fertiggestellt sein soll. Ein Leitfaden ist gut und schön, er ist aber kein Gesetz, keine Norm, sondern nur eine Empfehlung. Gerade in Anbetracht der Geschwindigkeit der bisherigen Arbeitsweise ist zu befürchten, dass es irgendwann einmal einen Leitfaden gibt – und der pickt dann die nächsten Jahre. Das widerspricht dem Sinn der Textpassage bezüglich „Stand der Technik“ – dass dieser nämlich laufend an neue Erkenntnisse und Gegebenheiten angepasst werden soll.

Dann zur wirtschaftlichen Zumutbarkeit. Verstehen Sie mich nicht falsch! Ich bekenne mich zum Ausbau der Wasserkraft in Österreich als erneuerbarer und sauberer Energie. Gerade in Anbetracht der jüngsten Ereignisse in Japan, aber auch in Anbetracht der derzeitigen Strompreise und der Gewinne der Energiewirtschaft, wie man sie in den Bilanzen lesen kann, dürfte dieser Fall eigentlich nie eintreten, dass etwas wirtschaftlich unzumutbar ist. Ich frage mich: Wer entscheidet dann über diese Unzumutbarkeit? Wer macht die Gutachten? Sind das Wirtschaftstreuhänder, Banken, Spekulanten?

Dann ist noch die Rede von der „kurzen Befristung“ und von „vorübergehend“. (Bun­desrätin Mühlwerth: „Vorübergehend“ heißt, die nächsten 20 Jahre!) Vorübergehend ist grundsätzlich fast alles in unserem Leben und in dieser Welt. Was bedeutet „kurz“ in Anbetracht der doch recht bedeutenden und hohen Lebensdauer von Wasserkraft­werks­anlagen? Der praktische Wert der im letzten Moment noch hineingekommenen möglichen Klage des Bundesministers beim Verwaltungsgerichtshof ist auch in hohem Maße zu hinterfragen und erscheint mehr als Alibiformulierung denn als wirkliche Verbesserung dieser Situation.

Dabei hat man es verabsäumt, klar zu definieren, was wirklich interessant wäre. Bei­spielsweise wären topografische Gegebenheiten festzulegen und Situationen, die einen Fischaufstieg sinnlos machen, zu berücksichtigten. Davon steht nichts im Text!


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 86

Das wäre aus meiner Sicht der einzige wirkliche Grund für eine Ausnahmeregelung, denn der ökologische Zustand des Gewässers kann es auch nicht sein. Ziel dieses Gesetzes ist es ja, die Gewässerökologie ständig zu verbessern. Ich sage: Gesunde Fische gehören zu ökologisch guten Gewässern wie das Amen zum Gebet.

Man hat es auch verabsäumt, bei diesem Stand der Technik etwas zu erreichen, denn es gibt bekanntermaßen sehr viele Aufstiegshilfen in unserem Land, die nicht angenommen werden, aus welchen Gründen auch immer. Da wäre es vielleicht sinn­voll gewesen, ein systematisiertes Monitoring einzuführen. Das könnte dann dazu beitragen festzustellen: Warum wird eine solche Aufstiegshilfe von den Fischen sozusagen nicht in Anspruch genommen? Woran liegt das? Wo ist eine solche gut? Welche Lehren kann man daraus für zukünftige Projekte ziehen? Das ist alles versäumt worden, und natürlich hat man auch um die Altanlagen einen großen Bogen gemacht.

Ich habe mich jetzt beispielhaft mit diesem § 12 auseinandergesetzt. Es gibt noch viele Punkte, die Anlass zu Kritik geben. Unterschiedliche Regelungen hinsichtlich der Ge­fah­renzonenpläne, die in den einzelnen Bundesländern bereits existieren, wurden auch nicht ausreichend berücksichtigt. Der § 33d, der sich mit der Umsetzung von Sanie­rungsprogrammen beschäftigt, enthält ebenfalls unklare Regelungen. Was passiert, wann der Wasserberechtigte feststellt, dass der Aufwand auch nach Ablauf der Verlängerungsfrist von drei Jahren ein unverhältnismäßiger ist? Hier kommen wir wieder zu einem Widerspruch, nämlich zum § 12, der bei Neuanlagen Ausnahmen vorsieht, bei der Sanierung von Altanlagen, sofern dies im Rahmen eines Sanie­rungsprogrammes geschieht, jedoch nicht.

Man könnte diese Liste noch lange fortführen, aber allein die 17 Seiten eng beschrie­bener Erläuterungen und auch die zahlreichen kritischen Stellungnahmen, die zu dieser Vorlage eingelangt sind, zeigen, dass es sich nicht um ein klares und präzises Gesetz handelt, sondern eben um ein Flickwerk, das seine Ursachen und Wurzeln im Jahr 1959 hat.

Um ein modernes Wasserrecht zu schaffen, das den Anforderungen des Hochwas­serschutzes gerecht wird, wäre wahrlich ein größerer Wurf notwendig gewesen – gera­de in Anbetracht, dessen müssen wir uns auch bewusst sein, der steigenden Wahr­scheinlichkeit von Starkregenereignissen und des wachsenden Bedürfnisses nach klarem und sauberem Wasser. Aus den genannten Gründen werden wir dieser Novelle unsere Zustimmung verweigern. (Beifall bei der FPÖ.)

13.54


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Diesner-Wais. – Bitte.

 


13.54.50

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren im Bundesrat! Herr Kollege Krusche, wenn Sie sagen, Sie sehen keine Verbesserungen in diesem Gesetz, so sehe ich das anders, denn mit der heutigen Wasserrechtsgesetz-Novelle setzen wir einerseits, wie Sie schon angeführt haben, die EU-Hochwasserrichtlinie um, anderer­seits setzen wir damit auch wesentliche Verbesserungen unseres Wassergesetzes um.

Das Wasser ist unser wertvollstes Gut. Es ist sehr kostbar. Daher gilt es, das Wasser zu schützen und damit sorgsam umzugehen. Wir in Österreich sind in der glücklichen Lage, dass aus jeder Leitung noch Trinkwasser fließt. Das ist eine Besonderheit, auf die wir wirklich stolz sein können. So geht es auch um die Umsetzung der Maßnahmen aus dem Nationalen Gewässerplan, im Rahmen dessen wir uns einen Zeitplan vorge­


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 87

nommen haben, der unsere Gewässer in zeitlichen Abschnitten bis 2027 Zug um Zug wieder in ein ökologisches Gleichgewicht führen soll.

Das ökologische Gleichgewicht dürfen wir aber nicht mit der Wasserqualität gleich­setzen, denn bei der Wasserqualität sind wir eigentlich sehr gut unterwegs. Da ich ge­rade die Kärntner ansehe: Wir haben ja in allen unseren Seen Trinkwasserqualität, und auch in den Flüssen ist die Wasserqualität soweit in Ordnung. Um das ökologische Gleichgewicht wiederherzustellen, ist es wichtig und sehr wertvoll, dass in unseren Gewässern ein Fischbesatz vorhanden ist. Darum geht es auch bei den Fischdurch­gängen und Fischaufstiegshilfen, die jetzt bei Neuanlagen überall generell umgesetzt werden sollen.

Herr Kollege Krusche, wenn Sie sagen, da sei ein Kniefall vor der E-Wirtschaft ge­macht worden, so denke ich, dieses Gesetz ist ein wichtiger Punkt der Verwaltungs­vereinfachung. Wenn in Zukunft in Kraftwerksanlagen Turbinen ausgetauscht werden, um eine Effizienzsteigerung zu erreichen – die ja wichtig ist, wie Sie selbst gesagt haben: die Wasserkraft ist etwas Wichtiges, das unterstreichen Sie auch selbst –, so glaube ich, wenn die Effizienzsteigerung gegeben ist und ein Turbinenaustausch von­stattengeht, bedarf dies keines neuerlichen Verfahrens, sondern ein Anzeigeverfahren genügt.

Sehr glücklich stimmt mich auch, dass das Anzeigeverfahren nun auch bei Erdwärme­kollektoren genügt. Meiner Meinung nach ist es wichtig, dass wir die erneuerbare Energie in allen Bereichen forcieren, natürlich auch bei behördlichen Wegen. Wir sehen ja, dass es zurzeit in Nordafrika Unruhen gibt, bei denen es um das Öl geht. Andererseits haben wir in Japan eine Umweltkatastrophe und eine atomare Katastrophe!

Dabei sehen wir, dass die erneuerbare Energie wirklich der richtige Schritt für die Zukunft ist, und wir sollten sie wirklich mehr fördern und steigern! Auch unser Herr Bundesminister sagt immer, er will Österreich energieautark machen. Es gibt Studien, die zeigen, dass das möglich ist, und ich glaube, das ist ein Schritt in diese richtige Richtung.

Mit der Umsetzung der Hochwasserrichtlinie werden jetzt einheitliche Gefahrenzonen in ganz Europa ausgewiesen. Diese werden auch wieder in Karten eingetragen. Ich glaube, das ist eine gute Grundlage für die Raumplanung für unsere Gemeinden, für unsere Länder. Wir können dadurch, hoffe ich, auch die Umsetzung der Hochwas­serschutzmaßnahmen zügig weiterführen. Das ist mir auch persönlich sehr wichtig, denn ich komme aus einer Gemeinde, in der wir schon zwei Hochwasser hatten. Ich war zweimal in der Schadenskommission mit dabei und musste das viele Leid mit ansehen, wenn Leute zweimal ihr ganzes Hab und Gut verloren und von vorne anfan­gen mussten. Daher ist es, finde ich, ein sehr wichtiger Auftrag, im Bereich der Hochwasserschutzbauten zügig voranzuschreiten, auch wenn die finanzielle Situation momentan schwierig ist.

Dieses Gesetz – Sie haben es schon angesprochen – ist sehr intensiv beraten worden, auch über längere Zeit – mit breiter Bürgerbeteiligung, das ist sehr wichtig. So bin ich der Meinung, dass diese Wasserrechtsgesetz-Novelle ein erster Schritt ist, der uns die Möglichkeit gibt, europaweit durch bessere Information möglichen Naturgefahren besser entgegenzuwirken und zu reagieren. Ich denke auch, dass wir damit die Verwaltung vereinfachen – das ist ja auch unser Ziel – und dass wir dadurch das Wasser mit höchster Qualität an unsere Kinder weitergeben können. In diesem Sinne stimmen wir dieser Gesetzesnovelle zu. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.59



BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 88

Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


14.00.11

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn diese Gesetzes­vorlage etwas bringt, dann zumindest, dass ein Herr von der FPÖ, nämlich der Herr Krusche, draufkommt, dass die EU wichtig ist, weil sie Richtlinien herausgibt, damit Österreich Umweltpolitik macht. – Damit hat er leider recht! (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten von SPÖ und ÖVP.) Aber es ist erfreulich, dass ihr draufgekommen seid! (Bundesrat Krusche: ... dass das Parlament was tut und die Regierung!) – Ja, schön wäre es natürlich, wenn auch von allein etwas passieren würde, aber immerhin habt ihr erkannt, die EU hat doch eine Wichtigkeit. (Bundesrätin Diesner-Wais: Das Wasser macht nicht halt an der Grenze, deswegen muss man das europaweit lösen!)

Es gibt einige Dinge, die in dieser Wasserrechtsgesetznovelle positiv hervorzuheben sind, zum Beispiel, dass künftig ein allgemein hohes Schutzniveau bei Wasser­bauvorhaben gültig ist, dass es also an und für sich sehr motivierte Ziele gibt, die Ge­wässer auch in ihrer Struktur zu verbessern, dass die Fischaufstiegshilfen mehr oder weniger obligatorisch werden, dass es vonseiten der Länder Sanierungsprogramme geben soll, dass es also Sanierungsfristen gibt, dass das auch evaluiert wird, wie wir im Ausschuss gehört haben – also prinzipiell einige Punkte, die durchaus begrüßens­wert sind.

Wir werden trotzdem nicht zustimmen können, weil leider auch ein paar Punkte dabei sind, bezüglich derer dringend Handlungsbedarf gegeben wäre, aber leider keine Maß­nahmen sichtbar ist. Zum Teil gibt es auch eine kleine Verschlechterung.

Vom Hochwasserschutz haben wir heute schon gesprochen. Hochwasserschutz gibt es in verschiedenen Varianten: die eine ist, Mauern aufzubauen, die andere ist der natürliche oder passive Hochwasserschutz, sprich Retentionsraum. Es ist mir schon klar, dass es nicht sehr viele Möglichkeiten für den Minister gibt, einzugreifen und diese Flächen auch wirklich schaffen zu können, aber es wäre eben wichtig, dass man sich darum kümmert, wenn schon nicht jetzt in der Wasserrechtsgesetznovelle, dann eben in anderen Gesetzen oder auf andere Art und Weise zu ermöglichen, dass in eine Widmung eingegriffen werden kann.

Es sind ja nicht nur Gebäude, die manchmal stören, sodass ein solcher Überflutungs­raum nicht geschaffen werden kann, es sind ja auch landwirtschaftliche Flächen. Im Prinzip ginge es darum, sich einmal zu überlegen, die Raumordnung anzupassen und auch Maßnahmen zu erlauben, sodass man sagen kann, gut, wenn es hier Schutz­räume geben muss, dann muss auch, mehr oder weniger zwangsbeglückt, der Platz dafür geschaffen werden.

Ein weiterer Punkt sind die wasserrechtlichen Bewilligungen. Prinzipiell ist es wichtig, dass es im Hochwasserabflussgebiet für bestimmte Bauwerke besonderer Bewilligun­gen bedarf. Nun ist es so, dass diese Bewilligungspflicht ja prinzipiell gegeben ist, aber eben nur auf „HAKU 30“ und nicht auf „HAKU 100“. Wenn man sich die Studien anschaut, wie sich Hochwässer in Europa und weltweit entwickeln werden – Klima­wandel ist nur ein Schlagwort –, dann ist uns wohl allen bewusst, dass es nicht besser werden wird, sondern eher schlimmer.

Martina Diesner-Wais, ich wohne in einer Gegend, in der es eigentlich fast jedes Jahr Hochwasser gibt. Die sogenannten 30-jährigen Hochwässer haben wir alle zwei Jahre, und die 100-jährigen wahrscheinlich dann alle zehn Jahre. Also es ändert sich die Lage, und diese Änderungen sind zwar bekannt und auch wahrgenommen worden, sie


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sind nur leider nicht so in das Gesetz eingeflossen, wie wir das gerne gehabt hätten und wie es auch wirklich sinnvoll gewesen wäre. Im Prinzip ist ja das Problem, dass jedes Hochwasser Schäden bringt und das dann auch viel Geld kostet und sehr aufwendig ist.

Ein weiterer Bereich, der unserer Meinung nach zu wenig genau bearbeitet wurde, sind die Instandhaltungspflichten für Schutz- und Regulierungswasserbauten. Es wäre notwendig, dass man sich einmal die Formulierungen genauer anschaut, weil es derzeit oft so ist, dass es diesbezüglich Streitigkeiten gibt.

Ein Beispiel – Herr Kollege Preineder ist auch da – ist der Lanzenkirchner Werkskanal. Da wird seit elf Jahren darum gestritten, wer zuständig ist, ihn zu erhalten. Ich möchte nur dazusagen, der Lanzenkirchner Werkskanal heißt zwar „Werkskanal“, ist aber im Prinzip seit Jahrhunderten ein natürliches Gewässer gewesen, sehr naturnah. (Zwi­schen­ruf des Bundesrates Preineder.) – Lassen Sie mich jetzt ausreden, wir können das dann draußen weiterbesprechen! Er war auch ein Schutz vor Hochwasser, das Problem ist jedoch die Erhaltung dieses Kanals. Man hat geglaubt, das kann man einem Kraftwerksbetreiber umhängen, aber das ist nicht geglückt. Das glückt seit zehn Jahren, eigentlich schon seit Jahrzehnten nicht.

Ich glaube, schon vor dem Jahr 2000 hat der Herr Landeshauptmann einmal gegen­über der Bezirksverwaltungsbehörde gefordert, man möge den rechtskonformen Zu­stand herstellen. Jetzt gibt es ein neues Verfassungsgerichtshofurteil und eine neue Aufforderung vom Verfassungsgerichtshof, das Land möge doch endlich einmal die Unterlagen zur Verfügung stellen. – Also seit Jahrzehnten passiert dort nichts.

Inzwischen ist dieses an und für sich sehr naturnahe und sehr schöne Gewässer kein Gewässer mehr, und auch dieses Kraftwerk ist schon längere Zeit nicht mehr in Betrieb – von wegen, uns ist die Wasserkraft so wichtig. Es gehörte einfach einmal ausgeräumt. Da geht es links und rechts, und jeder glaubt, er kann die Kosten – es geht natürlich um die Kosten – dem anderen zuschieben. Dass natürlich diese Versan­dung und Verschotterung des Kanals auch damit zu tun hat, dass die Zubringerflüsse vor noch gar nicht so langer Zeit reguliert worden sind, damit der Schotter halt ein bisschen schneller transportiert werden kann, das ist nicht die Schuld des Besitzers des Kraftwerks. Deswegen ist auch nicht einzusehen, warum er den ganzen Kanal räumen soll. Wie gesagt, aufgrund von Kostenverschiebungen wird ewig hin- und hergestritten. Es kann kein vernünftiger, rechtskonformer Zustand geschaffen werden, obwohl das höchst an der Zeit wäre.

Ein letzter Punkt – und zwar der Punkt, hinsichtlich dessen wir sogar eine Ver­schlechterung in diesem Gesetz sehen – ist die Verlängerung der Wasserentnahme für Bewässerungszwecke von zehn auf zwölf Jahre. Es ist prinzipiell einfach nicht ver­ständlich, warum das da jetzt so hineinkommt. Martina Diesner-Wais, du hast schon recht, der Schutz des Trinkwassers ist etwas ganz Wichtiges. Es kommt bei uns auch aus fast jeder Leitung – bis auf vielleicht ein paar – Trinkwasser. Die Frage ist nur immer, ob man es dann auch trinken kann.

Dass die Nitratbelastung des Trinkwassers steigt, ist nicht unbekannt, und es ist auch bekannt, dass im Trinkwasser viele Dinge enthalten sind, die nicht einmal untersucht werden, weil Trinkwasseruntersuchungen eben nur einen gewissen Bereich berück­sichtigen und nicht alle Chemikalien, die vor allem durch die Landwirtschaft, aber auch durch Gärten ins Grundwasser kommen können.

Ich denke, es ist gut, dass noch Trinkwasser aus den Leitungen kommt, aber es wäre noch wichtiger, dass man auch Prioritäten setzt und sagt, unser Trinkwasser ist uns so wichtig, dass man vielleicht einmal bei der Düngung und bei der Behandlung mit Schädlingsbekämpfungsmitteln ein bisschen zurücksteckt. (Beifall bei den Grünen


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sowie des Bundesrates Zangerl. – Bundesrätin Diesner-Wais: ... Landwirtschaft!) – Ja, die Landwirtschaft.

Wie gesagt, prinzipiell gibt es einiges in diesem Gesetz, was positiv ist. Wir können aber leider nicht zustimmen. Wir sind ein bisschen anspruchsvoll, was Umweltthemen betrifft, aber vielleicht beim nächsten Mal. (Beifall bei den Grünen.)

14.07

Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schweigkofler. – Bitte.

 


14.08.02

Bundesrat Johann Schweigkofler (SPÖ, Tirol): Frau Ministerin! Herr Präsident! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn Herr Krusche sagt, dieses Gesetz bringe seiner Meinung nach zu wenig, dann darf ich nachher vielleicht ein bisschen etwas aus der Praxis erzählen. In erster Linie möchte ich aber sagen, dass ich es äußerst positiv finde, dass die Hochwasserschutzrichtlinie der EU jetzt in dieses Gesetz Eingang findet. Dieses Gesetz bringt sehr viele Regelungen für die Gemeinden und für die Länder, vor allem im Bereich des Hochwasserschutzes.

Ich darf ein kleines Beispiel bringen. Ich komme aus dem Bezirk Kitzbühel. Wir haben in den letzten zehn Jahren für unsere Großache, die in all den Jahren vorher die Dörfer überflutet hat, ein Hochwasserschutzprogramm gefahren. In den letzten Jahren – 2000, 2005 und dann auch 2009 – hat es uns erwischt, mit 100-jährigen, 30-jährigen und 50-jährigen Hochwässern. Daraufhin haben vier Gemeinden gemeinsam eine Genossenschaft, die es bisher schon gab, die Großachengenossenschaft neu gegrün­det.

Man muss bedenken, unsere Vorfahren waren wirklich kluge Leute. Die haben damals, 1904, zum Schutz der ganzen Gegend diese Großachengenossenschaft gegründet und haben dann die Großache verbaut. Wie die Verbauungen in der Zwischen­kriegs­zeit beziehungsweise nach dem Zweiten Weltkrieg in den fünfziger und sechziger Jahren beschaffen waren, wissen Sie. Es waren großteils Kunstbauten.

Wir haben damals begonnen, gemeinsam – und das steht ja jetzt auch wieder in dieser Wasserrechtsgesetznovelle – mit der Bezirkshauptmannschaft, mit dem Land und vor allem auch mit dem Umweltministerium, mit dem Bund, eine neue Form des ökolo­gischen Hochwasserschutzes zu errichten.

Ich sage Ihnen, wir haben in den letzten Jahren 25 Millionen € verbaut – aber ökolo­gisch. Das heißt, wir haben die Ache aufgeweitet, haben der Ache wieder das Fluss­bett gegeben, das sie vorher hatte. In einem Raum im Bereich Kitzbühel/Sankt Johann, der sehr eng besiedelt ist, 25 Hektar Grund von den Grundbesitzern zurückzube­kom­men, das war eine war großartige Leistung einerseits der Dörfer, der Gemeinden, aber andererseits auch der Wasserbauämter, die da entsprechend mitgeholfen und mitfinanziert haben.

Auch ein ganz, ganz großes Dankeschön an den Bund, an das Umweltministerium – Frau Ministerin Karl, bitte, geben Sie das an Ihren Kollegen Berlakovich weiter. 25 Millionen € zu investieren wäre für uns nicht möglich gewesen. Die Finanzierung teilt sich folgendermaßen auf: 60 Prozent der Bund, 30 Prozent das Land Tirol und 10 Prozent die Großachengenossenschaft, die wiederum von den Gemeinden, aber auch von den Bürgerinnen und Bürgern finanziert wird, denn jeder Bürger, der bei uns im Talbereich siedelt – jede Grundfläche ist in die Genossenschaft einbezogen –, muss jährlich einen kleinen Beitrag leisten, sodass das Budget dieser Genossenschaft immer 1 Million € pro Jahr beträgt, und mit dem Geld können wir etwas machen. Bedenken Sie, 10 Prozent von 25 Millionen sind 2,5 Millionen für uns!


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 91

Wie hat das ausgeschaut? – Wir haben die Ache groß aufgeweitet, haben den Bereich vergrößert und sind derzeit in der Baustufe IV. Baustufe IV heißt auch, dass wir die Seitenflüsse angehen, um auf natürlichem Wege Retentionsraum zu schaffen, und wir erstellen auch, wiederum gemeinsam mit dem Bund und dem Land, Gefahren­zonen­pläne und betreiben Hochwasserschutzmanagement.

Ich möchte in diesem Zuge vor allem auch sagen, dass wir öfters das Problem hatten, dass das Land nicht bezahlte. Der Bund hat uns also das Geld eher gegeben als das Land Tirol.

Was die Fische anbelangt, haben wir feststellen können, dass die Fischpopulation sich in diesem aufgeweiteten Flussbecken eindeutig verbessert hat. Ich darf auch sagen, unsere Behörden sind immer sehr streng, was die Fischaufstiegshilfen und die Durch­gängigkeit für die Fische betrifft. Da kriegen wir immer die entsprechenden Vorschrei­bungen.

Letztendlich ist aus dem Gebiet auch ein Naherholungsraum geworden – nicht nur für die Einheimischen, sondern im Bezirk Kitzbühel auch für die Gäste. Es tummeln sich im Sommer an dieser Flusslandschaft mittlerweile sehr viele Gäste. Wir haben noch sehr viel vor, denn es soll der gesamte Bereich der Großache so renaturiert werden und so naturnah ausgebaut werden, wie der bisher ausgebaute Bereich.

Wir können außerdem sagen, dass uns im Jahre 2002 – da hatten wir die erste Baustufe bereits abgeschlossen – in diesem Bereich, in der Gemeinde Kirchdorf, das 100-jährige Hochwasser nicht betroffen hat – während das Hochwasser im Bereich St. Johann, wo noch nicht ausgebaut war, leider Gottes sehr große Schäden ange­richtet hat. Man sieht also, was das bringt.

Ich kann also sagen, dieses Gesetz bringt uns auf diesem Weg wieder weiter, das, was wir bisher schon gemacht haben, auch weiterhin zu machen – zum Wohle unserer Bürger, denn der Hochwasserschutz ist ja ein elementares Bedürfnis unserer Bürgerin­nen und Bürger. So werden wir guten Gewissens diesem Gesetz zustimmen. Danke. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der ÖVP sowie des Bundesrates Zangerl.)

14.13


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mitterer. – Bitte.

 


14.13.30

Bundesrat Peter Mitterer (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Zur Wasserrechtsgesetznovelle: Wie schon mein Kollege Krusche als Erstredner zu diesem Tagesordnungspunkt festgehalten hat, geht diese in einigen Bereichen zu wenig weit und bietet Gelegenheit, seitens der Opposition darauf hinzuweisen, dass man daran noch stärker arbeiten sollte.

Aber es gibt noch einen Punkt dabei, der auch von Frau Kollegin Diesner-Wais ge­streift wurde, und zwar, dass Wasserrecht ja im Prinzip auch mit der Nutzung der Wasserkraft zu tun hat. Erneuerbare Energie ist ein Thema in Österreich, in Europa, vor allem aber auch bei uns in Kärnten. Österreich ist im EU-Vergleich mit 22 Prozent erneuerbarer Energie sehr gut aufgestellt, und Kärnten ist innerhalb Österreichs ebenfalls sehr gut aufgestellt, mit 42 Prozent, größtenteils aus Wasserkraft.

In der Debatte am 1. März wurde von den Freiheitlichen auch im Nationalrat ein Antrag auf Ausstieg aus Euratom eingebracht. Er wurde damals natürlich von der großen Koalition niedergeschmettert, weil sie meinten, das sei nicht das Thema. Wir sind aber der Meinung, dass alles daranzusetzen ist, dass, so wie in Österreich und in Kärnten, europaweit und weltweit alles zu tun ist, um erneuerbare Energie zu forcieren. (Bundesrätin Kerschbaum: Kein Atomstrom mehr?)


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 92

Leider hat diese Situation in der Zwischenzeit eine traurige Aktualität erhalten: die Katastrophe in Japan. Auch Kärnten trauert mit der Bevölkerung Japans. Kärnten hat auch großes Mitgefühl mit den Opfern und will im Rahmen seiner Möglichkeiten, im Kleinen helfen. Wir haben uns in Kärnten sofort zusammengesetzt, und die Landes­regierung lädt zu einem Gipfel der Kärntner Hilfsorganisationen wie zum Beispiel Caritas und SOS-Kinderdorf, um vielleicht Wege zu finden, um Kinder aus diesen betroffenen Regionen Japans kurzfristig nach Kärnten zu bringen. Es ist eine kleine Hilfe. Ich weiß schon, dass viele auch sagen werden, auf die Mentalität der Japaner ist Rücksicht zu nehmen. Das ist klar. Wir wollen damit nur ein Zeichen setzen, dass auch ein kleines Land alles daransetzt, um jener Bevölkerung zu helfen und vielleicht auch traumatisierte Waisenkinder kurzfristig in unserem Lande aufzunehmen. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

Kärnten trauert aber nicht nur und hilft nicht nur, sondern Kärnten hat auch große Sorgen. Das grenznahe AKW Krško ist auf einer Erdbebenlinie gebaut, das wissen wir. Sie hat nicht dieselbe Intensität wie jene im asiatischen Raum, aber immerhin. Es gibt dazu Medienberichte. Die sozialdemokratische „Kärntner Tageszeitung“ titelt: „Nukleare Zeitbombe Krsko: Ruf nach Aus“. Sie fordert auch eine Initiative der Bun­desregierung.

Auch Expertenmeinungen dazu gibt es. Auch der Erdbebenforscher Helmut Tributsch meint, Krško sei alles andere als ungefährlich. – Das sollte uns zu denken geben, denn das sind schließlich Fachleute, die hier einiges an Aktualität vorweisen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Kärnten tagt heute der Landtag, und auch dort werden Initiativen gesetzt – wie schon so oft leider Gottes immer wieder vergeblich. Für Krško hatten wir schon öfters vonseiten der Landesregierung oder auch des Landtages die Schließung gefordert. Es wird also heute im Kärntner Landtag in einem Dringlichkeitsantrag die umgehende Schließung des AKW Krško diskutiert, und ich gehe davon aus, dass dieser auch einstimmig die Zustimmung aller vertretenen Parteien finden wird. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Zangerl.)

Es wird im Kärntner Landtag einen Dringlichkeitsantrag geben, der den notwendigen Ausstieg der EU aus der Atomenergie überhaupt beinhaltet, und es ist bereits eine Unterschriften-Initiative gestartet worden – die Listen sind gestern schon in Klagenfurt aufgelegen –, in der wir die Bürger ebenfalls auffordern, ihren Wunsch nach einem Ausstieg aus der Atomenergie mit ihrer Unterschrift zu bekunden.

Denken wir doch, dass Klagenfurt von den betreffenden Atomkraftwerken halb so weit entfernt ist – und Wien gleich weit – wie Tokio von den jetzt betroffenen AKWs. Es sollte uns also in dieser Sache ernst sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine Schließung von einem Nachbarn zu fordern, der auf Atomstrom angewiesen ist, ist das eine, und das ist das Leichtere. Ich glaube, wir sollten aber alle zusammen bereit sein – und Kärnten ist dazu bereit! –, unser Know-how in Bezug auf Wasserkraft einzubringen. Die KELAG in Kärnten signalisiert, dass sie bereit ist, in Slowenien in Bezug auf Wasserkraft ihre Erfahrungen mit einzubringen.

Das heißt, wir sollten unseren Nachbarn – in dem Fall sind es ja zwei, ein mittelbarer und ein unmittelbarer Nachbar, denn Krško ist ja zu 50 Prozent im Besitz von Kroatien – diesen Ausstieg aus der Atomenergie erleichtern – zum Schutze unseres Landes Kärnten, aber darüber hinaus auch zum Schutze Österreichs. (Beifall bei der FPÖ sowie der Bundesrätin Kerschbaum.)

14.19


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Temmel. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 93

14.19.38

Bundesrat Walter Temmel (ÖVP, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Damen und Herren! Ich gebe dem Kollegen Schweigkofler aus Tirol recht. Ich habe auch aus eigener Erfah­rung die positive Feststellung gemacht, dass die Zusammenarbeit mit dem Bund gut funktioniert.

Wir haben letztes Jahr mit der Nachbargemeinde unser Hochwasserschutzprojekt zu Ende verhandelt. Es gab da wirklich eine gute Gesprächsbasis und auch eine sehr gute Zusammenarbeit.

Die Novelle zum Wasserrechtsgesetz 1959 wurde in konstruktiver Zusammenarbeit von Verantwortlichen auf Bundesebene und auf Landesebene, den NGOs, den Fischerei­verbänden, der Wirtschaft, der Landwirtschaft und den Wasserversorgern mit den Betroffenen in jahrelanger Arbeit sorgfältig vorbereitet.

Es hat einen umfassenden Dialog gegeben. Dafür bedanke ich mich in erster Linie beim Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich und bei all seinen Mitar­bei­terinnen und Mitarbeitern und selbstverständlich auch bei allen, die zum Werden die­ses Gesetzes mit beigetragen haben.

Mit diesem Gesetzeswerk wird die Basis dafür gelegt, dass wir gesundes Wasser für die nächsten Generationen gemeinsam erarbeiten können.

Die Änderung des Wasserrechtsgesetzes bringt mehrere Vorteile:

Erstens: Es bringt einen besseren, planbaren Hochwasserschutz und eine gute bun­des­gesetzliche Basis für die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern.

Zweitens: Durch die Hochwasserrahmenrichtlinie werden in Zukunft einheitliche Gefah­renzonen auf Basis von einheitlichen Hochwassergefahrenkarten ausgewiesen. Damit kann jeder sehen, inwieweit sein Grund und Boden von Hochwassergefahr betroffen ist. Es ist auch eine wichtige Informationsquelle für Gemeinden, die Planungsorgane, die örtliche und überörtliche Raumplanung.

Durch die beiden Hochwässer im Juni 2009 in meinem Heimatbezirk Güssing ist ein größeres Problembewusstsein bei der Bevölkerung und auch bei den Entscheidungs­trägern entstanden. Seither konnten bereits mehrere Hochwasserschutzprojekte umge­setzt werden.

Für die raschen, erfolgreichen Verfahren ist allen Betroffenen und Beteiligten auf Lan­des- und auf Bundesebene zu danken.

Dass die Finanzmittel für den Hochwasserschutz trotz Budgetsanierung nicht gekürzt wurden, dafür danke ich unserem Bundesminister Berlakovich ganz besonders.

Das neue Gesetz bringt auch einen besseren ökologischen Zustand. Dieser ist bei zwei Dritteln unserer Gewässer deshalb so schlecht, weil die Fischdurchgängigkeit durch Querbauwerke oftmals nicht gegeben ist. Das soll geändert werden, indem Fischaufstiegshilfen errichtet werden und die Vorschreibung des Standes der Technik im Zusammenhang mit der Fischpassierbarkeit von Gewässern erfolgt.

Einen weiteren Vorteil bringt das Gesetz durch Verwaltungsvereinfachungen. Das ist zu begrüßen, weil diese Verfahren sehr umfassend sind. So wird in Zukunft in einigen Verfahren, zum Beispiel bei einem Turbinentausch, kein neues Verfahren, sondern nur ein Anzeigeverfahren erforderlich sein. Da von immer mehr Bürgerinnen und Bürgern Erdwärmegewinnungsanlagen errichtet werden und so zum Klimaschutz beitragen, ist es begrüßenswert, dass diese Verfahren ebenfalls mit einer Bauanzeige abgewickelt werden.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 94

Gerade die letzten Ereignisse bei der atomaren Katastrophe in Japan und bei den Unruhen in Afrika zeigen wieder ganz deutlich, dass es wichtig und richtig ist, dass Österreich, wie vom Lebensminister Berlakovich forciert, energieautark durch erneuer­bare Energien wird.

Wir alle sind eingeladen, diese kreativen Vorschläge und zukunftsfähigen Projekte zu unterstützen. Unser Bezirksvorort Güssing, der weit über die Grenzen durch erneuer­bare Energie und Energieunabhängigkeit bekannt ist, zeigt es erfolgreich vor, wie es funktioniert.

Dieses Gesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung, denn Wasser ist nicht nur ein Lebensmittel, sondern das Überlebensmittel.

Wir werden diesem Gesetzesbeschluss selbstverständlich die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.23


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Bundesrat Lampel. – Bitte.

 


14.23.57

Bundesrat Michael Lampel (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist immer schwer, am Ende der Rednerliste zu einem Tagesordnungspunkt zu reden, wenn schon fast alle Argumente vorgebracht wurden, aber dennoch ein paar Bemerkungen zur vorliegenden Wasserrechtsgesetznovelle.

Nach einigen Jahren intensiver Arbeit wird nun endlich diese Novelle zum Wasser­rechtsgesetz beschlossen. Das ist mit Sicherheit ein Gebot der Stunde und ein wich­tiger Schritt in die richtige Richtung.

Diese Novelle zum Wasserrechtsgesetz dient, wie bereits erwähnt, der Umsetzung der EU-Wasserrichtlinie und der EU-Hochwasserrahmenrichtlinie und enthält neue Sanie­rungs­programme, neue Regeln für das Hochwasserrisikomanagement.

Die Thematik Hochwasser wurde bereits von meinen Fraktionskollegen angesprochen. Es gibt aber noch andere Themen in der Novelle des Wasserrechtsgesetzes, die für meine Fraktion von Bedeutung sind, wie zum Beispiel die Umsetzung der Maßnahmen aus dem Nationalen Gewässerplan.

Die heimischen Seen haben, wie bereits erwähnt, eine hohe Trinkwasserqualität, doch bleibt bei einigen Gewässern noch einiges zu tun, etwa im Bereich der Fisch­durchlässigkeit. In Bezug darauf wird in dieser Novelle ein besonderer Aspekt hin­sichtlich der Fischökologie berücksichtigt. Verbesserte, gut durchdachte Fischauf­stiegs­hilfen nach dem neuesten Stand der Technik müssen in allen Flüssen eine Fischpassage ermöglichen. Derzeit funktionieren leider nur rund 50 Prozent dieser Fischaufstiegshilfen. Daher ist eine rasche Evaluierung erforderlich. Auch der verpflich­tende Bau von Fischaufstiegshilfen bei Neubauten ist ein wesentlicher Punkt in dieser Novelle.

Da wir heute die Novelle zum Wasserrechtsgesetz beschließen werden, möchte ich auch noch das Thema Trinkwasser ansprechen. Und da bedauere ich, dass der Herr Umweltminister nicht persönlich hier ist.

Wir alle sind stolz darauf, dass bis in letzte Region unserer Gemeinden von den Wasserversorgern sauberes, gesundes Trinkwasser geliefert wird. Dazu möchte ich auf die Homepage des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft „www.lebensministerium.at“ verweisen, wo zu lesen ist – ich zitiere


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 95

die Schlusspassage einer Pressemeldung vom 2. März 2011 zum Thema „Novelle zum Wasserrechtsgesetz“ auf dieser Homepage –:

„Diese Novelle ist somit nicht nur ein wichtiger Schritt hin zu einem gemeinsamen Naturgefahrenmanagement in Europa und zu mehr Schutz der Bevölkerung, sondern auch ein wichtiger Beitrag für eine effiziente und moderne Verwaltung. Kurz gesagt: die Basis für gesundes Wasser für unsere nächsten Generationen.“ – So Berlakovich.

Ich unterstütze diese Aussage. Besonders die letzte Aussage „gesundes Wasser für unsere nächsten Generationen“ beeindruckt mich besonders, und ich wünsche es mir auch, und ich glaube, wir alle wünschen uns das und fordern das auch. Daher verstehe ich nicht, wenn in sensiblen Gebieten betreffend das Grundwasser, wie der Raum Lichtenwörth einer ist – ich denke, dieses Thema ist den meisten bereits bekannt –, ein Landwirt nach dem Motto agiert: Ändern wir halt die Zahlen für die Einreichung für einen Schweinemaststall, irgendwann werde ich die Genehmigung schon bekommen!

Dieser Landwirt reicht nämlich sein Ansuchen bereits zum dritten Mal ein, ändert aber nur die Angabe über die Anzahl der Schweine. Das Thema „Wasser – Schutz des Grundwassers“ wird dabei in den anhängigen Verfahren noch immer nicht entsprechend behandelt, obwohl im UVP-Gesetz eine Zusammenrechnung der Einzel­projekte und dementsprechend in allen weiteren Fällen eine Umweltverträglich­keits­prüfung gesetzlich vorgeschrieben ist, wenn die Anzahl der Schweine 2 500 Stück erreicht. Das heißt nach meinem Verständnis: Da es bereits einen Massentierstall mit knapp 2 000 Schweinen in diesem Gebiet gibt, ist bei einem weiteren Projekt, wie das bei dem zum dritten Mal eingereichten Projekt der Fall wäre, bei mehr als 500 Schweinen eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich. Leider wird diese Kumulie­rung, diese Zusammenrechnung von den zuständigen Behörden noch immer nicht durchgeführt.

Es ist besonders für mich und die Unterstützer der Initiative zum Schutz des Grund­wassers – die ersten 4 000 Unterschriften gegen das genannte Projekt werden dem Bundesminister Berlakovich, sofern er bereit ist, die Vertreter der Initiative „Grund­wasser“ zu empfangen, demnächst übergeben – unverständlich, dass eine Variante für ein Grundwasserschongebiet seitens der niederösterreichischen Behörden in diesem Bereich angeboten wird, die nur einen Teil betrifft, und zwar die Erweiterung des bereits im Burgenland bestehenden Grundwasserschongebietes bis Zillingdorf – zur Erklärung: Das ist der Nachbarort –, während aber Lichtenwörth von diesem Schon­gebiet ausgenommen bleibt. Das kann doch wohl nicht möglich sein!

Dazu muss angemerkt werden, dass sich allein in Lichtenwörth innerhalb von nur einer Woche über 700 Personen schriftlich gegen einen weiteren Massentierstall in diesem sensiblen Gebiet ausgesprochen haben und dass diese für die Ausweitung des Grund­wasserschongebietes auch auf Lichtenwörther Gebiet kämpfen.

Daher ersuche ich in diesem Zusammenhang Bundesminister Berlakovich, nach dem Motto seiner Aussage zu der Novelle zum Wasserrechtsgesetz „Gesundes Wasser für unsere nächsten Generationen“ die Umsetzung eines größeren Schongebietes in dieser sensiblen Region als oberstes Umweltorgan dieses Landes zu unterstützen. Damit meine ich, dass für die Region beginnend vom Schongebiet der Neudörfler Brunnen bis zum Schongebiet der Neufelder Brunnen – somit auch für Lichtenwörth – ein entsprechendes Grundwasserschongebiet ausgewiesen wird. Das Wasser kennt nämlich keine Landesgrenzen.

Zusätzlich ist aufgrund der bereits im Steigen befindlichen Nitratwerte – an manchen Messstellen wurden in diesem sensiblen Gebiet bereits bis zu 175 mg Nitrat fest­gestellt – absolut vordringlich, ein Nitrat-Sanierungsprogramm in Angriff zu nehmen, damit am Ende des Tages ein Ergebnis herauskommt, das der Aussage der erwähnten


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Presseaussendung gleichkommt: Gesundes Trinkwasser auch für unsere nächsten Generationen! (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Kerschbaum.)

14.30


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort zu diesem Tagesordnungspunkt? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.31.047. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2011 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird (1384/A und 1085 d.B. sowie 8456/BR d.B. und 8462/BR d.B.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Schweigkofler. Ich bitte um den Bericht.

 


14.31.20

Berichterstatter Johann Schweigkofler: Frau Ministerin! Herr Präsident! Ich bringe den Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2011 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, es erübrigt sich daher dessen Verle­sung.

Ich darf allerdings folgende Druckfehlerberichtigung vornehmen:

Der Ausschuss hat mich zum Berichterstatter gewählt, aber es steht fälschlicherweise als Berichterstatter mein Kollege Konrad im Bericht. Es hat also richtigerweise zu lau­ten: Johann Schweigkofler. – Damit ist das erledigt.

Ich komme nun zur Verlesung des Ausschussantrages.

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 15. März 2011 mit Stim­men­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt als Erste Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


14.32.20

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die vorlie­gende Änderung des Altlastensanierungsgesetzes ist meiner Meinung nach keine großartige Änderung. Es geht darum, Stahlwerksschlacken, die im technisch notwen­digen Ausmaß zulässigerweise im Ingenieur- und Straßenbau für die Herstellung einer Tragschicht mit gering durchlässiger Deckschicht verwendet werden, aus dem Altlastensanierungsbeitrag auszunehmen, ebenso Abfälle aus Abbruchmaßnahmen bei Gebäuden, die vor 1955 errichtet wurden, nach einer Prüfung durch die Gemeinde.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 97

Im Prinzip geht es in beiden Fällen darum, Dinge aus der Altlastensanierungs­fonds­pflicht herauszunehmen, was unserer Meinung nach nicht unbedingt ein richtiger Schritt ist. Dazu kommt, dass es in beiden Fällen prinzipiell auch intensiver Prüfungen bedürfen würde, gerade bei den Stahlwerksschlacken. Ob diese wirklich geeignet sind, müsste man prüfen. Es stellt sich auch die Frage, ob diese Prüfung auch wirklich durchgeführt wird, ob man diesen Aufwand auch wirklich betreibt oder ob nicht einfach eine Herausnahme aus der Verpflichtung erfolgt.

Zu den Gebäuden, die vor 1955 errichtet wurden: Natürlich fallen, wenn man Gebäude abreißt und Abbruchmaterial entsorgt, auf der einen Seite Müllgebühren an und auf der anderen Seite die Leistung eines Altlastensanierungsbeitrages.

Das Argument, dies sei eine Hilfe dazu, dass Altstadtzentren, dass Städte und Ge­meinden im Zentrum dadurch dichter verbaut werden können, dass die alten Gebäude wegkommen, ist meiner Meinung nach an den Haaren herbeigezogen, denn wenn das wirklich Sinn und Zweck der Maßnahme wäre, die man jetzt mit dem Altlastensanie­rungsbeitrag setzt, dann wäre das so, wie wenn man jemandem, der sich einen Fuß gebrochen hat, Aspirin gäbe.

Der Altlastensanierungsbeitrag ist nicht wirklich der Hinderungsgrund, warum man ein Gebäude nicht wegreißt und etwas Neues auf dem gleichen Platz baut. Da gibt es sehr viele andere Gründe, zum Beispiel, dass in vielen Gemeinden und Ortschaften der Grund am Stadtrand zu leicht als Bauland gewidmet wird. Natürlich ist es so, dass bei Widmungen meistens jemand der Gewinner ist. Wenn man etwa landwirtschaftliche Flächen in Bauland umwidmet, dann gibt es immer jemanden, der dadurch Vorteile gewinnt.

Dass es dort einen Ausgleich gibt, wo man vielleicht eine Rückwidmung benötigen würde, damit man wieder zurückwidmen könnte, dafür müsste man sorgen. Das wäre wahrscheinlich zehnmal hilfreicher, als wenn man sagen würde: Wenn du dein Haus abreißt und das Abbruchmaterial auf die Deponie bringst, dann brauchst du keinen Altlastensanierungsbeitrag zu leisten!

Ich glaube, das, was hier zur Beschlussfassung vorliegt, ist, wie gesagt eine sehr, sehr kleine Maßnahme, die noch dazu am Sinn vorbeigeht.

Im Grunde genommen sind beide Maßnahmen, die heute beschlossen werden sollen, Ausnahmen von der Regel, und diese Ausnahmen von der Regel bedeuten weniger Einnahmen für den Altlastensanierungsfonds. Bekanntlich ist der Altlastensanierungs­fonds nicht so voll, dass wir alle unsere Altlasten damit sanieren könnten.

Es wurde mit den Budgetbegleitgesetzen auch der Altlastensanierungsfonds seiner Zweckwidmung entbunden, zum Teil zumindest. Sprich: Es gibt da ohnehin schon Probleme genug. Wir werden also wahrscheinlich unsere Altlasten ohnehin erst im Laufe der nächsten Generationen sanieren können.

Auch wenn es ein kleiner Schritt ist und auch wenn es kleine Maßnahmen sind, es sind Schritte in die falsche Richtung – und die gehen wir nicht mit! (Beifall bei den Grünen.)

14.36


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Bundesrat Perhab. – Bitte.

 


14.36.13

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sehe das natürlich grundsätzlich anders als meine Vorrednerin – aber nicht deshalb, weil dieser Initiativantrag von zwei steirischen Abgeordneten im Nationalrat eingebracht wurde. Man sieht, die steirische


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 98

Reformpartnerschaft reicht sogar bis ins Parlament. Bitte, das ist ja eine Leistung! Wenn zum Beispiel der Bauernbundpräsident und der Gewerkschaftssekretär Beppo Muchitsch gemeinsam eine Initiative im Parlament einbringen, dann muss etwas dahinter sein, sowohl vom Gewicht als auch vom Inhalt her. Daher sind wir natürlich hocherfreut über diesen Initiativantrag.

Nachdem ich meine Fraktion auch im Altlastensanierungsfonds bei der Kom­munal­kredit vertreten darf, weiß ich, was dort mit diesen Mitteln passiert. Auch wenn sie nicht mehr in voller Höhe zweckgebunden sind, passieren mit diesen Mitteln sehr gute Dinge in Österreich.

Es ist eine Illusion, zu glauben, dass wir mit dem Altlastensanierungsfonds, der immer­hin mit Beiträgen von Kommunalverbänden und Wirtschaft gespeist wird, in 20 Jahren Altlasten sanieren können, die sich in einer hundertjährigen industriellen Entwicklung aufgetan haben. Das ist eine Illusion!

Ich glaube, wir machen ohnehin das, was mit diesem Fonds möglich ist. Er ist ja auch effizient. Wenn ich nur an die Sanierung der Fischer-Deponie bei Wiener Neustadt denke, die zehn Jahre gedauert hat und die, soweit ich weiß, insgesamt 400 Mil­li­onen € gekostet hat. (Bundesrätin Mühlwerth: Das war ewig lang kein Thema!)

Ich denke, dass das nicht der Grund sein sollte, warum man dieser Novelle nicht zustimmen kann. Es ist durchaus so, dass auch bei dieser Initiative ein tieferer Grund dahinter ist. Es geht darum, dass es ein einziges Unternehmen in Österreich gibt, das aufgrund der Rippentorstahlerzeugung Stahlschlacke erzeugt, und das ist die Marien­hütte im Großraum Graz mit ein paar anderen Standorten, und dort sind immerhin 350 Mitarbeiter beschäftigt. Nach Auskunft aller Bausachverständigen – und ich denke, dass Kollege Muchitsch sich da sicher schlau gemacht hat – ist das ein ideales Hilfs­mittel beim Straßenbau. Dass die Grünen grundsätzlich gegen weiteren Straßenbau sind, ist ja keine Frage. (Zwischenruf der Bundesrätin Kerschbaum.)

Dass man beim Althausschutt von Altlastengebühren befreit ist, hat ja auch den Grund, dass wir vor allem im ländlichen Raum schon Ortschaften haben, wo in den Dorf­zentren Gebäude leer stehen, weil a) keine Nachfolger da sind, b) keine Kinder das übernehmen wollen, da sie ohnedies schon in Ballungsgebieten wohnen, und c) meistens ausländische „EU-Bürger“ – unter Anführungszeichen – aus dem Osten diese Häuser aufkaufen, sie aber nicht revitalisieren, sondern zehn Jahre lang benüt­zen und nach zehn Jahren endgültig dem Verfall preisgeben.

Ich glaube, es gehört auch mit zur Entwicklung des ländlichen Raumes, dass man zumin­dest teilweise unterstützend einem potenziellen Bauherrn unter die Arme greift, damit er diesen Altbaubestand, der aus der Zeit vor 1955 sein muss, vielleicht doch saniert und das Dorfbild wieder verschönert. In diesem Sinne eine klare Zustimmung meiner Fraktion. (Beifall bei der ÖVP.)

14.39


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gelangt ein zweites Mal Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


14.39.42

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Perhab, ich glaube, es wäre sehr naiv, wenn du glaubtest, dass es künftig keine neuen Altlasten geben wird. Das heißt, der Altlastensanierungsfonds wird ohnehin immer hinten nachwassern.

Natürlich ist es super und toll, wenn Altlasten saniert werden. Es ist aber auch allge­mein bekannt, dass wir viel zu wenig Geld haben und dass das ewig dauert. Da es


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keine Zweckbindung mehr gibt, wird es so sein: Je weniger Einnahmen wir haben, desto weniger können wir ausgeben. Daher wird sich das einfach in die Länge ziehen. Das ist wohl klar und logisch.

Die zweite Geschichte ist das mit den Schlacken. Natürlich sind wir auch gegen Hoch­leistungsstraßenbau. Das sind nämlich auch Altlasten, die wir wahrscheinlich irgend­wann einmal entsorgen werden müssen. Aber im Prinzip geht es bei den Schlacken schon auch darum, dass man laut Gesetz auch diese Schlacken untersuchen müsste, und zwar ganz genau untersuchen müsste bezüglich ihrer mineralischen Auswaschun­gen und darauf achten müsste, dass da nichts in den Boden kommt.

Vorhin haben wir uns mit einer Änderung des Wasserrechtsgesetzes beschäftigt. Was­ser und Boden sind sehr wichtige und wertvolle Güter und somit zu schützen.

Insofern würde ich dich bitten, zu verstehen, dass es uns nicht darum geht, dass man keine Straße mehr baut – ich habe auch eine Straße vor dem Haus und weiß, diese gehört ab und zu einmal asphaltiert –, sondern es geht darum, dass es sehr aufwändig ist, das regelmäßig zu überprüfen. Auf der anderen Seite kürzt man eben die Mittel des Altlastensanierungsfonds, die für diesen Zweck dringend notwendig wären. (Beifall der Bundesräte Dr. Kickert und Zangerl.)

14.41


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Konrad. Ich erteile es ihm.

 


14.41.27

Bundesrat Klaus Konrad (SPÖ, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Altlastensanierungsgesetz ist sicherlich wichtig. Klarerweise gibt es verschiedene Anschauungen darüber, was jetzt wichtig ist hineinzunehmen und was nicht so wichtig ist. Ich verstehe schon die Sorge, dass wir diesen Fonds zu niedrig dotieren, aber ich glaube, dass wir alle auch der Meinung sind, dass wir in Zukunft auch diese Altlasten, die ja leider vorhanden sind, entsprechend sanieren sollten.

Die Frage, die sich allerdings in diesem Zusammenhang stellt, ist: Woher beziehen wir die Mittel für diesen Fonds? Teile sind eben daher bezogen worden, dass man Schlacke oder, so wie es in einem anderen Punkt dieses Gesetzes heißt, alte Bauten mit hineingenommen hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich durfte selbst vor zirka drei Jahren einen alten Bau aus den vierziger Jahren abreißen. Wenn man die Substanz dieser Gebäude kennt – natürlich gibt es oft auch Gebäude mit anderer Zusammensetzung –, dann weiß man schon, dass diese Bausubstanz keine besondere Altlast darstellt.

Wenn wir jetzt dazu übergehen, dass wir den Abriss solcher Gebäude dadurch fördern, dass wir diese aus der Altlastensanierung herausnehmen, dann macht dies sehr wohl Sinn. Wir reden ja nicht von alten Gebäuden, die dem Denkmalschutz unterliegen oder für die Region besonders wertvoll sind, sondern wenn man aufmerksam durch die Gegend fährt, dann sieht man in Ortschaften immer wieder Gebäude, die – Bürger­meister werden das bestätigen – einem Abbruchbescheid näher sind als einer Re­vitalisierung. (Bundesrat Gruber: Wenn das Denkmalamt nichts dagegen hat!) Das habe ich ohnehin schon gesagt.

Oft sind die Besitzerinnen und Besitzer Leute, die mit dem Gebäude gar nichts anfan­gen können oder anfangen wollen. Diesen auch noch eine finanzielle Last dafür aufzubürden, dass sie ein Gebäude abreißen lassen – was ja oft im Sinne der öffentlichen Hand oder der Wohnbevölkerung ist –, halte ich doch für eine übertriebene Maßnahme. Somit halten wir diesen Schritt für richtig. Wir reden ja auch davon, dass


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eine Tonnenbeschränkung bis 200 Tonnen und ein Gebäudealter – es geht um Ge­bäude, die vor 1955 errichtet wurden – im Gesetz drinnen sind. Ja, es gibt vielleicht Gebäude, die auch jüngeren Datums sind und darunterfallen würden, aber irgendwo muss man eine Grenze setzen. Ich finde schon, dass das ein wichtiger Schritt ist.

Die Schlacke ist, wie Kollege Perhab bereits gesagt hat, ein anderer Punkt. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen im Sinne dessen, dass wir alle Roh­stoffe, die uns zur Verfügung stehen, auch bestmöglich einsetzen, auch darauf schau­en, dass wir Abfallprodukte aus der Stahlproduktion und ähnlichen Verhüttungen beson­ders zweckmäßig einsetzen, weil dies auch für die Betriebe und somit für die Arbeitsplätze notwendig ist. Wenn ein Einsatzgebiet eben die Beimischung in den Asphalt ist oder wenn dies eine Qualitätssteigerung in der Betonproduktion bedeutet, dann wäre es ja wohl sinnwidrig, dafür, dass wir diese Stoffe in diesem Bereich einsetzen, das Unternehmen quasi noch zu bestrafen.

Das wären wirklich gute Argumente, wie ich meine, diesem Gesetz zuzustimmen. Darum würde ich auch bitten. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.45


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ertl. Ich erteile es ihm.

 


14.45.30

Bundesrat Johann Ertl (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mangelnde Umwelt­schutzmaßnahmen bei der Entsorgung von Abfällen auf Deponien sowie der sorglose Umgang mit wassergefährdenden Stoffen in industriellen beziehungsweise gewerb­lichen Betrieben haben in der Vergangenheit zu Altlasten geführt. Die Ablagerung von Abfällen in Gruben oder auf Halden war lange Zeit die gängigste Methode der Abfall­entsorgung. Zumeist wurden keine Vorkehrungen zum Schutz der Umwelt getroffen. Dazu kommt, dass durch die zunehmende Technisierung der Produktion und die Mentalität der Wegwerfgesellschaft die Abfallmengen in empfindliche Höhen gestiegen sind.

Die Entwicklung bei der Herstellung chemischer Stoffe bewirkte, dass zusehends gefährlichere Abfälle anfielen. Immer häufiger dokumentierten sich Auswirkungen dieser Entwicklungspraxis durch Feststellung von Verunreinigungen, vor allem des Grundwassers.

Das Altlastensanierungsgesetz stellt die rechtliche Grundlage für die Finanzierung der Sanierung von Altlasten dar. Darüber hinaus enthält das Altlastensanierungsgesetz Regelungen für die bundesweite Registrierung von Verdachtsflächen sowie die Bewer­tung der von ihnen ausgehenden Gefährdungen.

Entsprechend den Bestimmungen des Gesetzes werden Altablagerungen und Alt­stand­orte und Verdachtsflächen durch die Ämter der Landesregierung erhoben. Die erhobenen Daten werden an das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft übermittelt und vom Umweltbundesamt im Verdachts­flächenkataster registriert.

Auf Basis einer Gefährdungsabschätzung werden vom Umweltbundesamt jene Flächen festgestellt, die eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit des Menschen oder der Umwelt darstellen. Grundlage für die Gefährdungsabschätzung ist das Vorliegen entsprechender Untersuchungen wie Grundwasser- und Bodenanalysen. Ergeben die Untersuchungen, dass eine erhebliche Umweltbeeinträchtigung beziehungsweise –gefähr­dung vorliegt, wird die Verdachtsfläche als Altlast ausgewiesen und im Altlasten­atlas verzeichnet.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 101

Die Dringlichkeit der Durchführung von Sanierungsmaßnahmen wird durch eine dreistufige Prioritätenklassifizierung ausgedrückt.

Förderungen zur Sanierung: Die Förderungen stehen für Gemeinden, Gemeindever­bände, Abfallverbände, Länder, Altlastensanierungsunternehmen, Altlasteneigentümer oder diesbezüglich Verfügungsberechtigte sowie für die von den Behörden zur Sanierung Verpflichteten als Antragsteller zur Verfügung. Grundsätzlich ist das Ziel, Maßnahmen zur Sanierung von Altlasten zu fördern, wobei mit den eingesetzten Mitteln ein größtmöglicher ökologischer Nutzen erreicht werden und der Kosten­auf­wand gesamtwirtschaftlich vertretbar sein soll.

Wir haben in Niederösterreich registrierte Altablagerungen und Altstandorte, nämlich Altablagerungen an 1 135 Standorten und mehr als 9 098 Altstandorte. Verdachts­flächen von Altablagerungen gibt es in Niederösterreich an 449 Standorten und mehr als 51 Verdachtsflächen von Altstandorten.

Ich würde mir wünschen, dass man sich das Thema Altlastensanierungsgesetz einmal genauer anschaut.

Ich befürchte, dass es noch viele Baustellen gibt, die angegangen und saniert werden müssen.

Bei dieser Novelle geht es um Stahlwerksschlacke, wie Redner vor mir bereits aus­geführt haben. Es geht da um eine Schlacke, die europaweit eingesetzt und verwendet werden kann.

Ich bin daher froh darüber, dass wir es durch diese Altlastensanierungsgesetz-Novelle ermöglichen, auch in Österreich diese Schlacke, die eine ausgezeichnete bautech­nische Eigenschaft hat, zu verwenden. Diese Schlacke hat umwelttechnisch keine Nachteile und ist völlig unbedenklich. Es gibt in Österreich nur mehr ein Unternehmen, welches den sogenannten Bewehrungsstahl, wie das Kollege Perhab schon angeführt hat, den Rippentorstahl erzeugt, nämlich die Marienhütte Graz.

Durch diese Novelle können in Graz zirka 350 Arbeitsplätze und mit den Zulieferern zirka 1 200 Arbeitsplätze erhalten werden. Mit der Zustimmung zu diesem Gesetzes­beschluss erhalten wir nicht nur den Betriebsstandort der Marienhütte Graz, sondern auch viele Arbeitsplätze. Wir werden daher dieser Bestimmung gerne unsere Zustim­mung geben.

Aber, meine Damen und Herren, die Photovoltaik-Solarstrom-Deckelung müssen wir sofort aufheben. Durch Windkraft, Photovoltaik und Wärme-Kraft-Kopplung müssen wir Atomkraftwerke ersetzen. Die Katastrophe in Japan zeigt uns wieder einmal, dass, und zwar sofort, auf erneuerbare Energien umgestellt werden muss. Alleine mit den uns bekannten Photovoltaik-Technologien kann der gesamte Energiebedarf der Mensch­heit sauber und sicher abgedeckt werden.

Auch die Landwirtschaft ist in der Lage, mit einem Mix aus erneuerbaren Energien, Geothermie und rationaler Energieanwendung den gesamten Energiebedarf der Mensch­heit zu decken. Österreich könnte bereits seit Jahren energieautark sein: ohne Erdgas, ohne Erdöl, ohne Kohle – und jedenfalls und Gott sei Dank sind wir ohne Atomstrom.

Nützen wir unsere Ressourcen und fördern wir die erneuerbaren Energien! Schaffen wir die politischen Voraussetzungen dafür, dass Österreich rasch energieautark wird! Wir treten für den sofortigen Umstieg von nuklearer und fossiler Energie auf erneuer­bare Energien ein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Mitgefühl gilt den Menschen in Japan. Umso mehr ist es uns ein Anliegen, dass alles unternommen wird, um ähnliche


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 102

Ereignisse zu verhindern und die Nutzung der Kernkraft zur Energiegewinnung zu unter­binden.

Wir erwarten uns daher, dass Sie, Frau Minister, Ihrem Kollegen mitteilen, dass er in diesem Sinne tätig wird. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Mayer: Das tut er ohnehin!)

14.53


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Tiefnig. Ich erteile es ihm.

 


14.53.51

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Frau Bundesminister! Herr Prä­sident! Als Oberösterreicher fühle ich mich geradezu dazu berufen, zum Altlasten­sanierungsgesetz einige Worte zu verlieren, denn Oberösterreich ist jenes Bundesland, das die meisten Schritte im Zuge Altlastensanierungen in den letzten Jahren gesetzt hat. Das Altlastensanierungsgesetz geht ja auf das Jahr 1989 zurück. Oberösterreich hat seit dieser Zeit 109 Millionen € in die Altlastensanierung investiert. Oberösterreich ist da Spitzenreiter. Österreichweit sind zirka 8 Prozent der Altlasten bis jetzt saniert worden, das sind 170 Standorte – und das ist gut so.

Mit diesem Gesetzentwurf werden einige Verbesserungen getroffen. Ein wichtiger Punkt ist, dass beim Abbruch von Gebäuden, die vor 1955 errichtet wurden, keine Kos­ten laut ALSAG entstehen – das halte ich auch als Bauausschuss-Obmann in meiner Gemeinde für richtig. Das gilt bei einer maximalen Menge von 200 Tonnen, wenn alles andere, das verwertet werden konnte, auch verwertet worden ist.

Und was die Steiermark, was die Marienhütte Graz betrifft, wurde ja bereits betont, dass Stahlschlacke im Straßenbau eingesetzt wird und somit Bitumen, das ja in Zu­kunft immer teurer werden wird, wahrscheinlich reduziert werden kann.

Für die Zukunft wird es aber wichtig sein, dass die Mittel des Altlastensanierungsfonds wieder zweckgebunden sind. Dafür steht Oberösterreich, dass nach dem Jahr 2014 die Altlastensanierungsmittel nicht wieder für andere Budgetmaßnahmen verwendet wer­den.

Jetzt ist es natürlich sinnvoll, um eben budgetäre Maßnahmen treffen zu können, bis zum Jahr 2014 aus dem Altlastensanierungsfonds entsprechende Mittel ins generelle Budget einfließen zu lassen. Ich verstehe nicht, dass Sie von den Grünen da nicht mitgehen, denn für die Zukunft ist da schon gesorgt. Sie sind ja auch sonst immer daran interessiert, Altstadtkerne zu erhalten, und sind auch für Neues offen.

Da Kollege Ertl zuvor eine negative Äußerung gemacht hat, bin ich froh, dass Ober­österreich den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz hat, denn wir haben gestern mit Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer, mit Finanzminister Josef Pröll und mit unserem Koalitionspartner Rudi Hundstorfer den Pflegefonds und den Stabilitäts­pakt auf Schiene gebracht. Das ist ein wichtiger Schritt, und ich glaube, es ist auch wichtig, dass wir Mandatare dieses Positive hinausbringen, eben für die Zukunft im Pflege­bereich. Natürlich überschatten heute, morgen und sicherlich auch in den nächsten Tagen die Meldungen über die Katastrophen in Japan und Libyen die Debatte, aber dennoch muss festgestellt werden: Es ist ein großer Erfolg, was da unter ober­österreichischem Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz erreicht werden konnte.

Diesem Gesetzesbeschluss stimmen wir natürlich gerne zu. Ich würde mir wünschen, dass auch mein Kollege Dönmez mit der oberösterreichischen Linie mitgeht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

14.57



BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 103

Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Beer. Ich er­teile es ihm.

 


14.57.21

Bundesrat Wolfgang Beer (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Am 1. Juli 1989 trat das Altlastensanierungsgesetz in Öster­reich in Kraft. Wir waren damals eines der ersten europäischen Länder, die einen ver­bindlichen und wichtigen Schritt in Richtung Sanierung von Altlasten gesetzt haben. (Zwischenruf des Bundesrates Tiefnig.) – Warum man da jetzt einen Zusammenhang Pflegegeld – Altlasten konstruiert, verstehe ich nicht ganz. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Tiefnig.)

Um beim Thema Altlasten zu bleiben: Österreich liegt also hinsichtlich der Bewältigung der Altlastenproblematik im internationalen Spitzenfeld.

Es ist hier ja schon gesagt worden, dass der Altlastenfonds zu gering dotiert ist. Man muss sich das aber ein bisschen genauer anschauen, denn es gibt ja Förderungen seitens des österreichischen Staates und nicht nur den Altlastenfonds. Bis heute wur­den jedenfalls 700 Millionen € aus dem Altlastenfonds bereitgestellt. Mit diesen 700 Mil­lionen € wurde ein Investitionsvolumen von über 1,2 Milliarden € ausgelöst.

Die Sanierung von Altlasten ist – das erkennt man, wenn man sich das genauer anschaut – nicht nur ein umweltrelevantes Thema, sondern greift direkt in die Wirt­schaft ein, denn es können dadurch Arbeitsplätze geschaffen beziehungsweise erhal­ten werden. So werden zum Beispiel in den nächsten zehn Jahren zur Sanierung des Standortes der Altlast Kokerei Linz 100 Millionen € bereitgestellt.

Es ist gar keine Frage, dass ich mir auch wünschen würde, dass – wie schon ange­sprochen wurde – der Altlastenfonds und die Zuschüsse der Regierung ein wenig höher wären. Wenn man sich nämlich anschaut, wie lange es noch dauern wird, bis wir unsere Altlasten saniert haben, dann gehen einige davon aus, dass wir das erst im Jahr 2050 geschafft haben werden. Viele von uns werden das nicht mehr miterleben.

Die Änderung des Altlastensanierungsgesetzes bezieht sich, wie wir auch schon gehört haben, eben auf diese abzubrechenden Gebäude. Ich halte es für eine wirklich gute Maßnahme, weil ja hier auch taxativ aufgezählt ist, welche Kriterien erfüllt werden müssen, und ein Kriterium darunter ist, dass dem Bauherrn dieser Abgabenvorteil direkt gutgeschrieben werden muss, und das könnte wiederum den zukünftigen Mietern oder Eigentümern zugutekommen.

Dass der Einsatz von Stahlwerksschlacken geregelt wird, ist auch eine gute Maß­nahme. Durch die Verwendung dieses Rohstoffs können Deponien, weil die Schlacke eben nicht auf eine Deponie geführt werden muss, ganz einfach vermieden werden, es kann kostengünstiger gebaut werden, und es geht keine Gefährdung von diesem Material aus. Im Besonderen kommt diese Regelung, wie wir auch schon gehört haben, der Marienhütte in Graz zugute. Ich glaube, darum ist diese Initiative ja auch ins Leben gerufen worden: um hier diese Veränderungen vorzunehmen. (Vizepräsidentin Mag. Neuwirth übernimmt wieder den Vorsitz.)

Durch die gesetzten Maßnahmen kann man sowohl der Umwelt als auch der Wirtschaft und den Menschen Nutzen bringen. Meine Damen und Herren, so soll ein Gesetz eigentlich sein! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.01


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 104

Die Debatte ist geschlossen.

Ich begrüße die Frauenministerin bei uns im Bundesrat ganz herzlich. Gabi Heinisch-Hosek, herzlich willkommen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

15.02.288. Punkt

Frauenbericht 2010 (Bericht betreffend die Situation von Frauen in Österreich im Zeitraum von 1998 bis 2008) (III-412-BR/2010 d.B. sowie 8464/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Nun gelangen wir zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Lugsteiner. Ich bitte um den Bericht.

 


15.02.41

Berichterstatterin Juliane Lugsteiner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich bringe den Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Frauenbericht 2010 – Bericht betreffend die Situation von Frauen in Österreich im Zeitraum von 1998 bis 2008.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung:

Der Gleichbehandlungsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 15. März 2011 den Antrag, den Frauenbericht 2010 – Bericht betreffend die Situation von Frauen in Österreich im Zeitraum von 1998 bis 2008 – zur Kenntnis zu nehmen. – Danke.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

 


15.03.38

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Frauenbericht – Frau Minister, Sie haben ihn vor sich liegen – ist ein sehr umfangreiches Werk, das sicher viel Arbeit gemacht hat. Ich möchte mich auch dafür bedanken, dass er zustande gekommen ist. (Bundesrat Gruber: Das sind uns die Frauen wert!) Allerdings muss ich natürlich schon gleich zu Beginn anmerken: Er ist zeitweise schon ein bisschen mehr ein Ideologiebericht denn ein tatsächlicher objektiver Bericht. Meine Kolleginnen im Nationalrat haben schon kritisiert – ich wiederhole das jetzt nicht –, dass da eben schon einige Dinge, gerade was die FPÖ betrifft, drinstehen, die so nicht stimmen, so nicht gedacht, nicht gemeint und schon gar nicht gesagt worden sind.

545 Seiten Frauenbericht, aber relativ wenig Aufzeigen von Verbesserungsmög­lich­keiten. Wenn man jetzt davon absieht, dass Sie die Quote in den Aufsichtsräten haben wollen, wo sich ja jetzt der Ministerrat, die Koalition auf einen Kompromiss geeinigt hat, ohne Sanktionen, ... (Bundesrat Mag. Klug – auf Bundesministerin Heinisch-Hosek weisend –: Auf Initiative!) – Auf Initiative, ja, natürlich (Bundesrat Mag. Klug: Das haben wir jetzt vermisst!), aber ohne Sanktionen, das sage ich schon. – Ich bin ja nicht dafür, ich bin gegen diese Quote, aber wenn man die schon haben möchte, dann, denke ich, sollte man Nägel mit Köpfen machen, dann muss es natürlich auch Sank­tionen geben. Jetzt haben wir eine Selbstverpflichtung – na schön. Und dann schauen wir halt, ob das funktioniert hat, und wenn es nicht funktioniert, dann soll es auch gesetzliche Konsequenzen geben. Wahrscheinlich wird das mit der Selbstverpflichtung


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 105

nicht funktionieren. Ich hätte Ihnen schon ein bisschen mehr Mut gewünscht, das durchzusetzen. (Bundesrätin Zwazl: Was ist dein Vorschlag?)

Überhaupt keine Quote! Und wenn schon eine Quote, dann mit Sanktions­möglich­kei­ten, und nicht nur die Selbstverpflichtung. Also: Entweder – oder. (Beifall bei Bundes­räten der FPÖ. – Bundesrätin Zwazl: Das heißt, du bist dafür, wenn sie verpflichtend ist!)

Nein, das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt: Wenn man es schon macht, dann ordentlich! – Das ist nicht so schwer zu verstehen, oder? – Eben. Gut. (Bundesrat Gruber: Es ist leicht zu verstehen, aber schwer, dem zu folgen!)

Oder: die Offenlegung der Gehälter, wo wir ja auch immer sehr kritisch waren. Schauen wir uns einmal an, wie es bei den jetzt schon börsennotierten Firmen ausschaut! Ich habe jetzt bewusst solche herausgenommen, die der SPÖ nahestehen oder deren Vorstandsvorsitzende SPÖ-nahe sind. (Öh-Rufe bei der SPÖ.) – Na ja, denn da, denke ich mir, hätte man ja schon längst einmal etwas tun können, nicht wahr?

Also, Siemens Österreich: Die Vorstandsvorsitzende kennen wir. 8 Personen insge­samt, 2 Frauen: schlechte Quote. (Bundesrat Stadler: Das ist ja in deinem Sinn, oder?) Aufsichtsrat: 20 Personen, 4 Frauen. Management-Team: 12 Personen, davon 2 Frauen. (Rufe bei der FPÖ: Öh!)

OMV: Vorstand: 5 Personen, 0 Frauen. (Öh-Rufe und Pfui-Ruf bei der FPÖ.) Aufsichts­rat: 10 Personen, 2 Frauen.

ÖBB Management Holding: 100 Prozent Männer. Personenverkehr AG: 3 Personen – weil es nur drei sind, ist es da mit einer Frau schon wieder ein bisschen besser. Postbus AG: nur Männer. Rail Cargo: nur Männer. Infrastruktur: nur Männer. – Wo wir doch die Frauen immer in den Technikbereich bringen wollen! – IKT GmbH: nur Män­ner. Ich kann das jetzt noch fortsetzen. Technische Services: 100 Prozent Männer.

Warum bringe ich das jetzt hier vor? – Weil das ein Bereich ist, Frau Minister, auf den Ihre Vorgängerinnen – Sie haben ja jetzt relativ wenig Zeit gehabt, denn so lange sind Sie noch nicht Ministerin, aber Ihre Kollegen vorher –, also, liebe SPÖ, eure Frauen­ministerinnen schon längst hätten einwirken können, damit sich dort etwas bessert. Es ist ja wirklich nahezu schändlich für euch, dass genau in dem Bereich, wo ihr ein bisschen die Möglichkeit, vielleicht nicht die Einflussnahme, aber die Einflussnahme über Gespräche, habt, überhaupt nichts passiert ist. (Ruf bei der SPÖ: Euer Minister hat auch nicht viel weitergebracht!) Aber Sie wollen natürlich umfassend für alle anderen sehr wohl eine Quote.

Dazu darf ich Sigrun Vågeng, Vorstandsmitglied der Confederation of Enterprise in Norwegen, zitieren, die gemeint hat: Wer eine Firma besitzt, soll selbst entscheiden können, wer im Aufsichtsrat sitzt. – Und genau so sehen wir das auch, Frau Minister. (Beifall bei der FPÖ.)

Finnland ist da übrigens einen etwas anderen Weg gegangen. Die haben es tat­säch­lich geschafft, mehr Frauen in die Aufsichtsräte zu bringen, und zwar ohne Quote. Da gab es einen Zusammenschluss der Politik, der Journalisten und auch der Wirtschaft. Da haben auch die Medien entsprechend darüber berichtet, sodass der allgemeine Druck dann doch langsam gewachsen ist und man sich dann dazu durchgerungen hat, anzuerkennen, dass Frauen das Gleiche können wie Männer und dass sie auch dieselben Rechte haben. (Bundesrätin Dr. Kickert: Bei anderen strukturellen Voraus­setzungen!) Diesbezüglich bin ich ja durchaus bei Ihnen – bei uns ist ja nur der Zugang ein wenig unterschiedlich –: Ja, selbstverständlich sollen Frauen alle Möglichkeiten


BundesratStenographisches Protokoll794. Sitzung / Seite 106

haben! Das ist ja überhaupt keine Frage. Ich glaube, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren.

Aber was man schon auch ein bisschen selbstkritisch anmerken muss – und ich nehme mich da jetzt gar nicht aus –, ist, dass wir Frauen auch von uns aus zu wenig tun. Und wir neigen dazu, denn wir sind so fleißige Arbeiterinnen (Bundesrat Gruber: Bienen! Fleißige Bienen!), uns unter unserem Wert zu verkaufen. Ich habe einmal mit einem Unternehmer gesprochen, der mir gesagt hat, dass er viel lieber Frauen ein­stellt. Auf die Frage, warum er das macht, hat er gesagt – und das ist jetzt Wasser auf Ihre Mühlen –: Die verlangen weniger Geld, und sie arbeiten mehr; und daher nehme ich natürlich mit Handkuss eine Frau und ziehe Frauen den Männern vor!

Und genau das ist ein Punkt, wo wir auch an uns selbst arbeiten müssen. Wir geben uns immer mit viel zu wenig zufrieden. Wir verlangen grundsätzlich einmal weniger Lohn als die Männer, weil die Männer viel selbstbewusster sind und ihre Leistung viel höher einschätzen, als wir Frauen das tun. Das ist meistens so. Es gibt immer Aus­nahmen von der Regel, aber meistens ist es so. Wir warten, bis jemand auf unsere Leistungen aufmerksam wird und uns dann endlich irgendeinen Posten anbietet, an­statt zu sagen: Ich möchte diesen Posten, und der steht mir zu, und ich habe das gleiche Recht, um diesen Posten zu kämpfen, wie das auch ein Mann tut!

Also insgesamt: Mehr Selbstbewusstsein, mehr Selbstvertrauen würde uns Frauen nicht schaden. Dazu muss aber auch jede an sich selbst arbeiten. Das kann man weder in einem Gesetz verordnen, noch nützt es, etwas über die Quote zu machen, noch nützt es, wenn man das im Bericht schreibt. Also ich glaube, da müssen wir uns auch ein bisschen am Riemen reißen.

Was mich bei dieser Diskussion aber schon auch ein bisschen verwundert, ist, dass wir oder dass Sie immer nur über die Aufsichtsratsfunktionen reden. Ich habe fast nichts darüber gehört dort, wo es um die Vorstandsetagen geht, nämlich dort, wo entschieden wird. Der Aufsichtsrat ist ein Kontrollgremium. Das ist durchaus wichtig, aber eigentlich sollten wir – wenn wir schon so denken – sagen, unsere Frauen sollten auch in der Chefetage sitzen, und zwar an dem Platz, wo entschieden wird. Da gibt es aber auch nur wenige Beispiele. (Bundesrat Boden: Siemens!) Aber trotzdem darf ich doch kritisch anmerken, dass wir nur vom Aufsichtsrat reden, statt dass wir unser Augenmerk auf jenen Bereich legen, wo die wirkliche Macht konzentriert ist und wo wir auch tatsächlich etwas entscheiden können. Aber das wird ja auch noch irgendwann einmal kommen.

Wie gesagt, der Bericht bietet uns ein bisschen zu wenig an Lösungsansätzen – ich sage nicht, gar keine, aber doch ein bisschen zu wenig. Denn: Die Frauenarmut ist ein großes Thema, das ja fast eine Querschnittmaterie ist und das auch im Armutsbericht jedes Mal wieder zum Tragen kommt, wo immer wieder zum Ausdruck kommt, dass die Armut in erster Linie weiblich ist. Auch da ist es über die Jahrzehnte – die SPÖ ist schon lange genug in einer Regierung – nicht gelungen, das zu beseitigen. Ich hoffe, dass das irgendwann einmal gelingen wird.

Das liegt schon an den niedrigen Einkommen, das Frauen aufgrund der Wahl ihres Berufes haben, aber eben nicht nur daran, denn – und ich nehme jetzt auf den Armutsbericht Bezug –: Wenn rund 300 000 Personen 40 Stunden pro Woche arbeiten und trotzdem nicht das Auslangen finden – das sind nicht nur Frauen, sondern auch Männer –, dann muss man sagen, dass wir generell einmal dorthin kommen müssen, dass man mit seinem Einkommen – auch dann, wenn es nicht gerade ein hohes ist – auch auskommen können muss, und dies auch dann, wenn man nicht höchst quali­fizierte Jobs hat.


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Kritisiert wird im Zusammenhang mit dem Thema der Bezahlung auch die Teil­zeitarbeit. Dazu möchte ich schon anmerken, dass es viele Frauen gibt, die das genau so haben wollen, die sagen: Ich möchte nur Teilzeit arbeiten, um mich meinen Kindern widmen zu können, weil ich für meine Kinder auch Zeit haben möchte! Und das soll auch völlig in Ordnung sein. Das wird immer vermischt und so dargestellt, als ob das nur schlecht wäre. Man darf den Frauen auch zutrauen, dass sie ihre Familien- und Lebensplanung selbst in die Hand nehmen, wissend, welches Risiko sie damit ein­gehen.

Auf der anderen Seite gibt es aber auch Frauen, die nicht Teilzeit arbeiten wollen, es aber trotzdem müssen, weil sie vor der Alternative stehen, entweder Teilzeit zu arbeiten oder gar nicht, weil der Druck von manchen Firmen sehr groß ist, die Frauen nur Teilzeit arbeiten zu lassen.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch Folgendes anmerken: Es kommt ja jetzt eine EU-Richtlinie beziehungsweise die EU hat schon eingemahnt, dass das Pen­sionsantrittsalter von Frauen und Männern angeglichen werden muss. Ich sage jetzt nur einmal: Man sollte einmal darüber nachdenken, ob das nicht ein Vorteil sein kann, und das nicht a priori ablehnen. Denn: Die Angleichung des Pensionsantrittsalters von Männern und Frauen – sprich: für Frauen dann 65; im öffentlichen Dienst ist es so – würde auch jenen Frauen, die eine Zeit lang Teilzeit arbeiten, die Chance bieten, nachher ihre Pension entsprechend aufzubessern. (Bundesrat Todt: ... Verfassung! Schon erledigt! – Sie wissen aber, dass das schon geregelt ist?)

Na ja, da hat es schon auch immer wieder sehr viel Widerstand gegeben, und man hat gesagt, dass das eine Benachteiligung der Frauen ist, denn die machen ohnehin die doppelte Arbeit, die müssen die Kinder erziehen und die Familienarbeit lastet zu einem großen Teil auf ihren Schultern. (Bundesrätin Zwazl: Du verkehrst in falschen Krei­sen!) – Nein, das sind öffentliche Sachen, die man in den Zeitungen gelesen kann. Aber vielleicht schreiben die Zeitungen Falsches, das kann ja sein; dann kann ich aber nicht das Richtige gelesen haben.

Also ich glaube, dass das durchaus eine Chance ist, weil ja nicht alles, was zum Schutz der Frauen beschlossen worden ist, sich letzten Endes als Vorteil und Schutz für sie herausgestellt hat. (Bundesrätin Zwazl: Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren!)

Beim Thema Migrantinnen, das heuer zum ersten Mal in diesem Bericht enthalten ist, ist auffallend, dass man sich damit zufrieden gibt, dass die Mädchen nach Beendigung der Schulpflicht verschwinden. Man fragt nicht nach: Was ist denn jetzt eigentlich passiert? Warum machen die keine Berufsausbildung? – Man kann da vermuten, dass sich viele einfach im Haushalt wiederfinden und von dort nie wieder herauskommen.

Es war sehr traurig, dass, als meine KollegInnen im Nationalrat eine Anfrage dazu gemacht haben – allerdings an Frau Minister Schmied; das war nicht an Sie, Frau Bun­desministerin Heinisch-Hosek, gerichtet –, die lapidare Auskunft war: Dazu gibt es keine Statistik, das weiß man nicht. – Es scheint auch niemanden zu interessieren. Ich denke aber, es sollte uns interessieren, weil da ja auch Potenzial verloren geht. Und ich bin wirklich immer der Meinung gewesen, die Leute, die hier eingebürgert sind, sollen auch etwas beitragen in das Sozialsystem, aus dem wir – sie oder wir oder wer auch immer – etwas bekommen wollen, im Bereich Pflege, Pension, Spital. Ich glaube, hier ist schon auch ein gewisser Handlungsbedarf gegeben.

Wie gesagt, der Frauenbericht ist wirklich sehr umfassend, er sagt aber über die alltäglichen Probleme nicht genug aus. Es ist relativ wenig drinnen, und vor allem finden sich darin zu wenige Lösungsansätze. Und das finde ich wirklich schade, weil


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ich denke, dass da ein gewisses Potenzial verloren gegangen ist. Aber man kann das ja beim nächsten Mal anders und besser machen. (Beifall bei der FPÖ.)

15.16


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bun­des­rätin Ebner. – Bitte.

 


15.16.32

Bundesrätin Adelheid Ebner (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich freue mich natürlich, dass Frauenpolitik in der Hand unserer SPÖ-Frauenministerin liegt. Und wir wissen, in den letzten Jahren, seit sie Ministerin ist, ist für uns Frauen sehr viel getan worden.

Ein herzliches Dankeschön für diesen Bericht! Er ist sehr umfangreich, wenn man ihn liest. Er enthält natürlich Lösungsansätze, und ich denke, er enthält auch Statistiken, die zeigen, dass man daran arbeiten muss, Frauenpolitik noch besser zu machen. Und wir wissen, dass dieser Bereich bei dir, liebe Frau Ministerin, in sehr guten Händen ist.

Natürlich ist dieser Bericht beziehungsweise die Frauenpolitik derzeit noch immer nicht zufriedenstellend. Dieses umfassende Nachschlagewerk ist auch ein Zeichen der Ent­wicklung der Frauenpolitik in den letzten Jahrzehnten, und er dokumentiert leider auch nach wie vor immer wieder die Diskriminierung der Frauen in unserer heutigen Gesell­schaft, sei es bei der Einkommensverteilung, aber auch hinsichtlich der Armuts­gefähr­dung oder der Armutsbetroffenheit.

Im Bericht wird auch wieder die Problematik der Vereinbarkeit von Familie und Beruf deutlich gemacht und darauf hingewiesen. Um die Chancen für die Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen und so zu mehr Einkommensgerechtigkeit beizutragen, ist es auch wichtig, Frauen beim Wiedereinstieg in die Arbeitswelt zu unterstützen und auch die notwendigen Voraussetzungen hiefür zu schaffen. Dazu gehören auch bedarfs­gerechte und qualitativ hochwertige Kinderbetreuungsplätze, und das ist natürlich auch ein Anliegen unseres Ministeriums.

Der Frauenbericht soll weiters dazu beitragen, Vergleiche zu ziehen, und zwar im Ein­kommensbereich, bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, hinsichtlich der öko­nomischen Situation und bei der Armutsgefährdung, um nur einige Kapitel zu er­wähnen.

Ich denke, es ist aber auch wichtig, hier festzustellen, dass sich in den letzten Jahren für die Frauen doch so manches zum Positiven verändert hat, zum Beispiel in der Bildung: Da haben wir Frauen rasant aufgeholt. Wir waren beim Zugang zu höherer Bildung lange Zeit auch sehr benachteiligt. Zum Beispiel – so zeigt das auch der Bericht – ist der Anteil der Pflichtschulabschlüsse bei den 25- bis 64-Jährigen ebenso wie auch bei der Gruppe der 25- bis 34-Jährigen bei den Frauen höher als bei den Männern. Und es sind bereits 60 Prozent Frauen unter den Maturanten zu finden.

Der Bericht sagt weiters aus, dass sich der Anteil von Frauen mit einem Uni­versitäts­abschluss in den vergangenen 20 Jahren bereits verdoppelt hat, und zum Beispiel bei den Lehrlingen liegt der Anteil der Frauen bei 34,5 Prozent.

Dennoch ist die Geschlechtertrennung auch im Bildungssektor stark präsent. Frauen wählen kaum eine technische Lehrausbildung beziehungsweise technische Berufe oder auch eine technische Studienrichtung – im Gegensatz zum Schulpersonal, wo wir bereits 70 Prozent Frauen finden. Unter den ProfessorInnen finden sich hingegen nur 16 Prozent Frauen. – Das sind nur einige kleine Bereiche aus dem Frauenbericht.

Ein paar Worte noch zur Einkommenssituation: Es wird vom Ministerium und von un­serer Frau Ministerin immer wieder darauf hingewiesen, dass sich bei der Ungleichheit


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des Einkommens zwischen Männern und Frauen in den letzten Jahren nicht allzu viel verbessert hat. Frauen verdienen in Österreich noch immer um zirka 18 Prozent weniger als Männer. Ich freue mich zwar, dass die Frauenerwerbsquote von 61,5 Pro­zent im Jahr 1998 auf 68,6 Prozent im Jahre 2008 angestiegen ist, allerdings ist der Anteil an Vollzeiterwerbstätigen gesunken. Da bin ich nicht bei Kollegin Mühlwerth, die sagt, Frauen gehen gerne in Teilzeit.

Vier von zehn Frauen arbeiten in Teilzeit. Das hat auch weitreichende Konsequenzen für uns Frauen. Erstens gestaltet sich der Wiedereinstieg in den Job nach der Karenz oftmals als sehr schwierig. Zweitens ist der Wiedereinstieg oft verbunden mit einem wesentlich geringeren Einkommen als vor der Mutterschaft – das wirkt sich natürlich später auch auf die Pensionen aus. Daher ist es auch sehr wichtig, Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu setzen, um so einen möglichen Karriereknick von Frauen zu verhindern. Die Flexibilisierung des Kinder­betreuungsgeldes ist hier ein wesentlicher positiver Schritt gewesen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Trotz Berufstätigkeit sind die Frauen oftmals armutsgefährdet. Besonders betroffen sind die Alleinerzieherinnen. Hier geht es auch darum, Beruf und Versorgungsarbeit miteinander verbinden zu können. Die Väter­beteiligung zu stärken und zu forcieren kann nach meinem Ermessen nicht per Gesetz verordnet werden, sondern obliegt einzig und allein den einzelnen Familien. Das Ge­setz kann und muss dazu attraktive Rahmenbedingungen schaffen, denn 77 Prozent der Frauen sind nach wie vor allein für die Hausarbeit zuständig.

Die Erwerbstätigkeit stellt sowohl für die jungen als auch für die älteren Menschen einen wichtigen und zentralen Lebensaspekt dar. So sind zirka 80 Prozent der Frauen im Alter von 25 bis 54 Jahren als erwerbstätig oder arbeitslos gemeldet.

Hohes Haus! Der Frauenbericht ist einerseits eine gute statistische Vorlage, anderer­seits gibt er uns aber auch die Möglichkeit, entsprechend zu agieren und zu versuchen, dort, wo es notwendig ist, Maßnahmen zu setzen. Der Bericht soll Informationen über die wesentlichen Entwicklungen, Probleme und Initiativen Österreichs in diversen Lebenszusammenhängen der Frauen bieten. Er soll ein Rechenschaftsbericht sowie Grundlage für das zukünftige politische Handeln betreffend Gleichstellung zwischen Mann und Frau sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frauenpolitik ist nicht nur die Politik für uns Frauen. Frauenpolitik hat auch große Bedeutung im gesellschaftspolitischen Zusam­menleben.

Frau Ministerin, nochmals herzlichen Dank für deinen Bericht. Du wirst sicherlich weiterhin daran arbeiten, die Anliegen der Frauen im Sinne der Entwicklung der Frauen im 21. Jahrhundert zu verwirklichen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bun­desräten der ÖVP.)

15.23


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bun­desrätin Greiderer. – Bitte.

 


15.23.51

Bundesrätin Elisabeth Greiderer (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Dieser umfang­reiche Frauenbericht liefert uns viele interessante Fakten und Details. Es ist der vierte Frauenbericht seit 1975. Der erste Teil des Berichtes enthält detaillierte statistische Analysen der Statistik Austria. Der zweite Teil befasst sich in vertiefenden Beiträgen mit der Entwicklung der Frauenpolitik, der Erwerbsarbeit von Frauen und ihrer ökono­mischen Situation sowie mit dem Thema Gewalt gegen Frauen und Beziehungen.


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Man kann feststellen, dass sich in den letzten Jahren zwar viel Positives getan hat, aber auch noch viel Diskussions- und Änderungsbedarf vorhanden ist.

Die Lebenswelten von Frauen sind enorm vielfältig. Deshalb ist es unsere Aufgabe, denke ich, die Rahmenbedingungen von politischer Seite so zu schaffen, dass jede Frau die Möglichkeit und die Wahlfreiheit hat, ihr eigenes Leben so zu gestalten, wie sie es möchte.

Frau Kollegin Mühlwerth, im Gegensatz zu Ihnen sehe ich das so, dass der Frauen­bericht sehr umfangreich und interessant ist. Ich kritisiere das nicht, dass es hier keine Änderungsvorschläge gibt, denn es ist ein Bericht mit Daten und Fakten, und ich glaube, da sind wir alle gefordert, aufgrund dieser Grundlage die Rahmenbedingungen entsprechend zu ändern und die Weichen demgemäß zu stellen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

Gerade weil ich als Tirolerin weiß, wie die ländlichen Räume in vielerlei Hinsicht benachteiligt sind, habe ich mich im Frauenbericht für die Daten und Fakten rund um das Thema Frauen im ländlichen Raum besonders interessiert. Es freut mich sehr, dass dieses Thema im Bericht so viel Raum findet, da diesem bisher relativ wenig Beach­tung geschenkt wurde.

Die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit ländlicher Räume, insbesondere der peripheren Regionen, muss uns ein besonderes politisches Anliegen sein. Die Abwanderung aus diesen Gebieten in die Städte ist laut dem Bericht bei Mädchen und Frauen im Alter von 18 bis 26 Jahren am häufigsten. Ab dem Alter von 18 Jahren ist die Bildungsbeteiligung von Mädchen und Frauen in ländlichen Regionen geringer als im städtischen Raum. Ein wesentlicher Grund dafür ist die Konzentration der Aus­bildungsstätten auf die Großstädte. Das wiederum hat aber zur Folge, dass in Groß­städten Frauen ein höheres durchschnittliches Qualifikationsniveau haben, welches aber zu einem großen Teil auf die Abwanderung von hochqualifizierten Frauen aus den ländlichen Räumen mangels Beschäftigungsmöglichkeiten zurückzuführen ist.

Die Stadt-Land-Unterschiede in der Bildungs- und Beschäftigungskultur finden somit auch in der Höhe der Verteilung der Einkommen entsprechenden Niederschlag.

Eine weitere starke Benachteiligung ländlicher Gebiete zeigt sich auch hinsichtlich der Kinderbetreuung. Während in Wien neun von zehn Einrichtungen mindestens acht Stunden täglich geöffnet haben, stehen im stark ländlichen Raum drei Viertel der Kin­dergärten weniger als acht Stunden zur Verfügung. Wien darf aber nicht immer als Maßstab herangezogen werden. Ländliche Räume haben mit ganz anderen Struktur­problemen zu kämpfen und müssen deshalb auch entsprechend beachtet werden.

Deshalb freut es mich sehr, dass wir in Tirol nun mit der möglichst flächendeckenden Einführung der ganztägigen und ganzjährigen Kinderbetreuung begonnen haben, wo­bei wenigstens die Kinderbetreuung am Vormittag kostenlos ist. Die Gemeinden haben nun zwei Jahre Zeit, diese Angebote umzusetzen. Natürlich ist mir das auch zu langsam, aber man muss dazusagen, gerade der ländliche Bereich wie bei uns St. Jakob, also überhaupt das Defereggental oder das Lesachtal, wo wirklich die Gemeinden sehr weit auseinander sind, ist hier gefordert, die Gemeinden müssen schauen, wie man kosteneffizient mit den Geldmitteln, die zur Verfügung stehen, Zusammenlegungen macht, wie man die gemeindeübergreifenden Projekte, die vom Land Tirol am meisten gefördert werden, betreffend Infrastruktur, Qualität ins Leben rufen kann. Zu glauben, dass jede Gemeinde das für sich machen kann, das wäre weltfremd, das ist einfach nicht möglich.

Erst wenn diese Voraussetzungen auch bei uns im ländlichen Raum passen, dann können Frauen, die eine hohe Qualifikation haben, sich erst darauf verlassen, dass


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ihre Kinder wohlbehütet sind, dann können diese Frauen sagen, ich bewerbe mich für den Job, dann können sie überhaupt erst die entsprechenden Jobs annehmen, und dann greift die Quote, über die ich mich auch im Gegensatz zu Ihnen, Frau Kollegin Mühlwerth, sehr freue, weil ich meine, es muss immer ein Instrumentarium geben, mit dem man Bewusstsein schafft. Das wird nicht etwas sein, was wir immer haben werden, sondern als Übergangsregelung, bis sich das Ganze automatisiert. Deswegen freue ich mich darüber. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

Wir benötigen diese Quote einfach dazu, dass wir endlich in den Gremien so reprä­sentiert sind, wie uns das gebührt, denn von selbst, das haben wir jetzt lange genug gesehen, läuft das nicht.

Dass Chancengleichheit von Männern und Frauen in der Politik, im öffentlichen Bereich und in der Wirtschaft nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit ist, sondern außer­dem auch ein Erfolgsfaktor, das ist, glaube ich, schon längst bewiesen.

Wenn wir weiterhin all diese Daten und Fakten aus diesem umfangreichen Frauen­bericht ernst nehmen und in unsere politischen Entscheidungen einfließen lassen, kommen wir den Rahmenbedingungen, die Frauen als Voraussetzung für die Wahl­freiheit zur Umsetzung ihrer Lebensmodelle brauchen, ein großes Stück näher.

Ich bedanke mich bei allen, die an der Erstellung dieses umfassenden Berichtes mitgewirkt haben. – Danke. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

15.30


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte. (Bundesrätin Mühlwerth – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Bundesrates Dönmez –: Der Quotenmann! – Heiterkeit.)

 


15.30.52

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Ich hab’s gehört. Aber es hat auch eine gewisse Erwartungshaltung seitens der Politik gegeben, wie ich hier angefangen habe – und man weiß, dass dem nicht so ist. Aber sei‘s, wie es sei.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Auch unsererseits ein großes Kompliment an alle Beteiligten, die an diesem sehr anschaulichen Bericht mitgearbeitet haben. Um politisch relevante und notwendige Schritte setzen zu können, bedarf es Fakten und Zahlen; diese werden ja seit dem Jahre 1975 immer wieder erhoben; das ist schon der vierte Bericht.

Dieser Bericht bringt eine umfassende Situationsanalyse über die Frauen in Österreich. Alle Jahre wieder ist ein Frauentag, und es werden dieselben Forderungen jedes Jahr gestellt, so zum Beispiel: gleicher Lohn für gleiche Arbeit! Das klingt logisch und sollte meines Erachtens eine Selbstverständlichkeit sein, ist es aber leider nicht, denn an den Schalthebeln der Macht – ich habe im Ausschuss versucht, das kurz anklingen zu lassen – sitzen nach wie vor Männer, die zwar dulden, dass für einen kurzen Augenblick die Interessen der Frauen in Österreich in den Mittelpunkt des Geschehens gerückt werden, aber wirklicher Veränderungswille ist da leider keiner zu sehen.

Sogar die konservativen Medien rücken Frauen-Belange für einen Tag zwar nicht in den Mittelpunkt, aber zumindest auf die Seite 2 und thematisieren Forderungen und notwendige Veränderungen.

Sehr interessant finde ich in diesem Zusammenhang übrigens die Ausgabe der Tages­zeitung „Neues Volksblatt“ vom 8. März 2011 – das ist mehr oder weniger die Par­teizeitung der ÖVP –, in welcher am Internationalen Frauentag vor verstecktem Alkohol in Snacks für Kinder gewarnt wird, und zwar auf der Titelseite – und auf der zweiten Seite sieht man den Herrn ÖVP-Chef Josef Pröll, wie er im Kindergarten ganz nett mit


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Kindern plaudert. (Der Redner zeigt die entsprechenden Seiten der angesprochenen Zeitung.)

Das ist eigentlich das Bild, das wir Männer leider Gottes immer wieder von uns geben, an schönen Tagen, an denen es gilt, Reden zu halten, und wo die Journalisten mit dem Fotoapparat bereit stehen, um schöne Bilder zu schießen. Eine Nähe zu Kindern und Familien kommt ja sehr gut an bei der Bevölkerung, und es kommt gut an, wenn man sich mit glücklichen Kindern ablichten lässt. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.)

Gedankt wird dann auch der lieben Kindergartentante dafür, dass sie anderen Frauen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglicht. Das ist die Realität in Österreich, und das ist die Realität insbesondere der ÖVP. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Da muss man schon sehr deutlich sagen: Frauen verdienen sich etwas Besseres als dieses unerträgliche Macho-Gehabe der wortgewichtigen, mediengewaltigen und selbst­ernannten Alpha-Männchen. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Mich als Mann, werte Kollegen, stört es enorm, wenn man so ein Gehabe an den Tag legt, sich zu bestimmten Tagen, und zwar meist Frauentag, mit Kindern und Kinder­gärtnerinnen abbilden lässt, dann aber eine Politik verfolgt, die jenseits dessen ist, was in diesem Bericht thematisiert wird, dass es nämlich gewaltig mit der Gleich­berech­tigung hapert. Die Schlechterstellung von Frauen zu beseitigen, das ist sicherlich eine große Herausforderung – und das ist natürlich nicht nur Aufgabe von ÖVP und SPÖ, sondern von uns allen.

Ganze Wirtschaftsbereiche, insbesondere jene, in denen viele Frauen beschäftigt sind, werden gesellschaftlich unterbewertet. Das ist doch ein Faktum! Der Dienstleistungs- und Pflegebereich ist in diesem Zusammenhang geradezu ein klassischer Fall. Und da es sich hiebei um schlecht bezahlte Tätigkeiten handelt, sind auch keine Männer für diese Berufe zu gewinnen. Das alles zeigt sich ja in der Praxis.

Ganz krass ist es im Kindergarten-Bereich, wo es viel zu wenig Kinderbetreu­ungsplätze gibt – und dass die überwiegende Zahl der Frauen immer noch grotten­schlecht verdient, das steht auf einem anderen Blatt. Das wird in der Tageszeitung „Neues Volksblatt“ nicht thematisiert, sondern vielmehr werden berechtigte Forderun­gen als – ich zitiere – theoretisch-feministischer Kauderwelsch“ verunglimpft.

Wer das im „Neuen Volksblatt“ nachlesen will, dem kann ich gerne die Zeitung zur Verfügung stellen.

Ich will aber nicht ungerecht sein und dazusagen: Das „Neue Volksblatt“ berichtet auf Seite 5 dann noch einmal über ein Frauenthema, und zwar im Zusammenhang mit der brenzligen Situation in Nordafrika. Die ÖVP fordert Frauen-Power für die arabische Welt!, steht da zu lesen. Ich war mir für kurz Zeit  nicht sicher, ob es sich hiebei um einen kleinen Faschingsdienstag-Scherz handelt oder um eine ernst gemeinte Forde­rung unter der Überschrift Frauentag.

Um hier keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Die Situation von Frauen in vielen anderen Ländern, insbesondere arabischen und islamischen Ländern, ist sicher schwieriger als die Situation der Frauen in Österreich, und selbstverständlich gilt auch für die Frauen in anderen Ländern das Gleiche wie für die Frauen in Österreich, nämlich die Forderung nach Gleichberechtigung. Das heißt nicht mehr und nicht weniger als gleiche Rechte für Frauen. (Beifall bei den Grünen.)

Aber warum fordert die ÖVP nicht Frauen-Power für Aufsichtsräte? Der erste Ansatz in diese Richtung wurde ja gemacht, und ich finde das auch gut so, aber, liebe KollegInnen, wir wissen, dass sich in unserem Land mit Gut-Zureden und mit


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Freiwilligkeit gerade in dieser Frage nichts bewegt hat. Insofern ist also die Kritik der Kollegin Mühlwerth berechtigt, die gesagt hat: Quoten okay – dazu kann man stehen, wie man will –, aber wenn es keine Sanktionen gibt, dann ist das ein zahnloses Instru­ment! Wir wissen ja aus Erfahrung, dass sich da leider, wenn man nicht auch Sanktionen mit ins Paket schnürt, so schnell nichts ändern wird.

Nichtsdestotrotz: Es ist das einmal ein Schritt in die richtige Richtung.

Wo gibt es noch einen aktuellen Handlungsbedarf? – Angesprochen wurde das ja auch schon von meinen Vorrednerinnen: Handlungsbedarf gibt es bei den Migrantinnen. Frauen-Power für Migrantinnen!, sage ich. Das ist eine Forderung, die uns unmittelbar betrifft, denn der Aufenthaltstitel für Frauen leitet sich in vielen Fällen von dem des Mannes ab. Da könnte die ÖVP also einmal kräftig auf den Tisch hauen, wie sie es ja tut, wenn es um Frauenrechte in fernen Ländern geht.

Frauen-Power für Österreich!, das ist die Forderung, die ich an diese Regierung richte. Und ich kann das auch glaubwürdig vertreten, da wir Grünen diese Forderung seit Jahren berücksichtigen und Gleichberechtigung täglich leben.

Ich wende mich jetzt an die Kollegen, sozusagen von Mann zu Mann, und zwar mit einer klaren Botschaft: Wir brauchen keine Angst vor Quoten zu haben, werte Kolle­gen! Sicher sind Quoten-Lösungen immer eine Notlösung, aber immer besser als gar keine Regelung.

Wir brauchen auf allen Ebenen Instrumente, die eine gerechte Verteilung von Macht und Einfluss gewährleisten. Macht und Einfluss müssen zwischen Männern und Frauen 50/50, halbe-halbe aufgeteilt werden. Aufgrund der Situation bei den Grünen und der in unserem Statut verankerten Prinzipien der paritätischen Besetzung aller Gremien und Listen kann ich sagen, dass es einen großen Unterschied macht, ob man in einem Gremium sitzt, das zu 50 Prozent aus Frauen besteht – oder ob es sich eben um ein reines Männergremium handelt: mit gar keiner Frau oder nur mit einem gerin­gen Anteil an Frauen.

Bei einer paritätischen Besetzung ist die gesamte Stimmung eine andere, es ist die Arbeitsweise eine andere, und es ist das Arbeiten in einem solchen Fall angenehmer – und auch produktiver.

Ich bin der festen Überzeugung – und ich habe das an mir selbst erfahren dürfen –, dass viele Männer, vielleicht sogar besonders jene, die typisch männliche Verhaltens­weisen wie Imponiergehabe und Machtverhalten an den Tag legen, besonders davon profitieren können, wenn sie quasi dazu gezwungen werden, auf gleicher Augenhöhe mit Frauen zusammenzuarbeiten.

Ich sehe auch außerhalb der Einflusssphäre der Grünen eine Aufbruchsstimmung bei zahlreichen Frauenorganisationen, und ich freue mich ganz besonders darüber, wenn sich Frauen, speziell wenn es sich um Frauen aus traditionell-konservativen Kreisen handelt, vermehrt einbringen.

Aber nicht nur bei konservativen Männern werden Frauenthemen hintangestellt. So hat mir beispielsweise die Arbeiterkammer Oberösterreich vorige Woche den „Frauen­monitor 2011“ zukommen lassen.

Das ist eine wirklich hervorragende Broschüre, in der detailliert und trotzdem sehr übersichtlich die Lage der Frauen in Oberösterreich beschrieben, analysiert und bewer­tet wird. Ausschließlich Frauen sind für deren Inhalt verantwortlich. Ich kann diese Lek­türe wirklich nur jedem ans Herz legen.

Aber schauen wir uns diese Broschüre noch ein wenig genauer in ihren Details an! Wer schreibt das Vorwort? – Zwei Herren!


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Schauen wir uns auch die Abteilungen der Arbeiterkammer einmal an! – Von 28 Abtei­lungen werden dort gerade einmal zwei von Frauen geleitet. Frauen dürfen in der Arbeiterkammer zumindest sich selbst verwalten, und natürlich ist die Organisation des Chefbüros auch in Frauenhand.

Wir fordern, dass alle Arbeitnehmerinnen mehr Möglichkeiten haben, bei der Gestal­tung der Gesellschaft mitzuwirken und mitzuentscheiden. Das ist eine Zielformulierung der oberösterreichischen Arbeiterkammer, die ganz offensichtlich für alle anderen gelten soll, nur nicht für die Kammerherren selbst. Daher ist die Forderung nach Quo­ten in staatsnahen Betrieben auch bei den Sozialpartnern wirklich berechtigt und keineswegs ein theoretisch feministisches Kauderwelsch.

Ein Indikator für den Stellenwert der Frau und ihren Wert in der Gesellschaft ist natürlich auch, wie man mit Gewaltdelikten gegenüber Frauen und Kindern umgeht. In diesem Bereich zeigt sich eine breite Aufklärung, das erkennt man an der Zahl der Anzeigen, die im Steigen begriffen ist. Insbesondere Frauen mit Migrationshintergrund sind am massivsten betroffen, denn je höher die Abhängigkeit, sowohl die ökono­mische als auch die physische, desto weniger können Frauen selbst über ihr eigenes Schicksal bestimmen und desto höher ist auch das Gewaltpotenzial, dem sie ausgesetzt sind und auch teilweise nicht entfliehen können.

Deshalb fordern wir auch Frauenpower für Migrantinnen – und zwar nicht nur in der arabischen, sondern auch in der abendländischen Welt, werte Kolleginnen und Kolle­gen. Wir müssen in Österreich in Sachen Gleichberechtigung sicher noch sehr vieles vorantreiben.

Der vorliegende Frauenbericht hat gezeigt, dass wir harte Nüsse zu knacken haben. Wir können diese Ungleichbehandlung nur gemeinsam lösen. Der Frauenbericht ist die Basis dafür, weil er Zahlen und Fakten darlegt, wo wir ansetzen müssen. Ich hoffe, dass sich anhand der Zahlen in den nächsten Jahren auch ableiten lassen wird, dass es eine Verbesserung gegeben hat. An dieser Verbesserung müssen wir alle gemeinsam mit vereinten Kräften arbeiten! – Danke. (Beifall der Bundesräte Kersch­baum und Zangerl sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

15.42


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesminis­terin Heinisch-Hosek. – Bitte.

 


15.42.54

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Danke für die verschiedenen Sichtweisen in Bezug auf diesen Bericht, der von meiner Vorvorgängerin Ministerin Doris Bures in Auftrag gegeben wurde, weil der letzte Bericht unter Johanna Dohnal in dieser Gesamtheit, wie er jetzt vorliegt, 1995 erstellt worden und in acht verschiedene Kapitel gegliedert war, wobei zwei dazugekommen sind. Frauen mit Migrationshintergrund und Frauen im ländlichen Raum waren nicht erfasst in den Berichten davor.

Ich glaube, dass der Bericht schon ein umfassendes Bild über die Lebenssituation der Frauen zwischen 1998 und 2008 gibt. Wir können in einigen Bereichen feststellen, dass es Fortschritte gegeben hat, müssen aber auch feststellen, dass es in einigen Bereichen Stagnation gegeben hat. Bei der Verteilung der bezahlten und der unbe­zahlten Arbeit zum Beispiel herrscht Stagnation. Da hat sich nichts verändert. Frauen leisten nach wie vor zwei Drittel der unbezahlten Arbeit, Männer beteiligen sich nur zu einem Drittel.

Bei der Bildung haben wir enorm aufgeholt; das wurde von Vorrednerinnen/Vorrednern bereits gesagt. Wir haben nur zu wenig davon, denn wir haben, wenn wir Karriere


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machen wollen, sehr viele Hürden zu überwinden. Manches Mal sind diese so groß, dass sie eigentlich gar nicht zu überwinden sind.

Für mich ist ein Bericht – egal, welcher Bericht im Bundesrat, im Nationalrat behandelt wird – in erster Linie Handlungsauftrag; so auch dieser Bericht. Gestatten Sie mir daher, dass ich weniger einen Blick zurück auf die letzten 15 Jahre werfe, sondern eher aus meiner Sicht drei Handlungsfelder ableite, an denen ich arbeite und wozu auch die Bundesregierung im Regierungsprogramm quasi Aufträge erteilt hat.

Ein Auftrag ist, einen Nationalen Aktionsplan zu erstellen, denn Tatsache ist: Frauen sind auf dem Arbeitsmarkt nicht den Männern gleichgestellt, was die Bezahlung anlangt, was die Karrierechancen anlangt. Die Gründe dafür sind zu untersuchen; zum Teil kennen wir sie. Der Nationale Aktionsplan zur Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt ist für mich ein erster Handlungsauftrag gewesen. Wir haben 55 Maßnahmen erstellt – dieser Bericht liegt Ihnen auch längst vor –, die wir versuchen werden, abzuarbeiten.

Dieser Frauenbericht, der ja schon seit einem Dreivierteljahr in Diskussion ist – was auch gut ist; Berichte sollen nicht abgehakt und weggelegt werden, sondern sollen, wie schon erwähnt, ein Handlungsauftrag sein, etwas damit zu tun –, wurde am 21. Okto­ber dem Nationalrat vorgelegt, damals auf Initiative der Grünen, weil ich geglaubt habe, er wäre längst im Ausschuss abgehandelt worden. Und das war gut so, wir hatten Gelegenheit, noch einmal darüber zu reden.

Aber warum erwähne ich das heute? – Weil damals weder die Einkommens­trans­parenz noch die Selbstverpflichtung, ist gleich Quote für staatsnahe Unternehmen, erledigt waren. Das waren für mich sozusagen Handlungsfelder aus dem Nationalen Aktionsplan, die ich angehen wollte.

Heute stehe ich hier und muss anmerken – und auch Sie haben schon in diversen Debattenbeiträgen festgestellt, mehr oder weniger kritisch, dass erste Schritte gesetzt worden sind –: Natürlich kann man immer sagen, es hätte mehr sein können. Natürlich kann man sagen, gesetzliche Quoten seien nicht das Richtige. Aber ich hätte sie mir gewünscht, weil ich noch immer glaube, dass das schnelle wirkungsvolle Instrumente sind. Norwegen etwa geht mittlerweile schon den nächsten Schritt.

Es ist Tatsache, dass Frauen in Führungspositionen, und sei es nur in Aufsichts­ratspositionen, Sichtweisen erweitern und neue Ideen einbringen, die vielleicht dann, wenn nur Männer, wenn – wenn ich es so salopp formulieren darf – nur Krawatten­träger am Werk wären (Zwischenrufe bei der ÖVP) – verzeihen Sie mir diesen Aus­druck, es soll freundschaftlich gemeint sein –, nicht entstehen würden (Beifall der Bundesrätin Lugsteiner), weshalb es bei etwas zu einseitigen Entscheidungen bleiben könnte. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich war auch schon höflicher, das weiß ich.

Sehr geehrte Damen und Herren, Spaß beiseite! Ich bereise auch die Bundesländer mit diesem Frauenbericht im Gepäck, das heißt, er ist für mich nicht abgehakt. Ich war erst vor Kurzem im ORF-Landesstudio Burgenland, ich bin nächste Woche im ORF-Landesstudio Salzburg, und ich war auch schon im Landesstudio Oberösterreich. Ich glaube, dieser Bericht bietet einfach eine gute Gelegenheit, die Lebenssituation von Frauen zu schildern, wie sie ist und wie sie sich entwickelt hat, und daraus abzuleiten, was sich ändern sollte.

Natürlich sind wir das eine oder andere Mal auch selbst zu zögerlich und vielleicht zu wenig mutig, Dinge voranzutreiben. Aber es gibt Frauen in unserer Gesellschaft, die es sich aussuchen können – besser, mehr oder weniger –, und es gibt Frauen, die es sich eher gar nicht aussuchen können. Ich glaube, dass es doch in unser aller Interesse


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sein muss, genau jene zu unterstützen, die es sich nicht aussuchen können. (Zwischen­rufe bei der ÖVP.) – Ich würde Sie bitten, mir noch für ein paar Minuten Ihre Aufmerksamkeit zu schenken, weil das, wie ich glaube, ein wichtiges Thema für uns alle ist. – Danke.

Es ist auch wichtig, darauf hinzuweisen, dass natürlich Frauen, die von Armut bedroht oder schon von Armut betroffen sind, Sozialleistungen viel öfter in Anspruch nehmen müssen als andere, die vollzeiterwerbstätig sind und genug verdienen. Daher auch die wichtige Ableitung aus dem Frauenbericht: dass es noch immer Berufssparten und -gruppen in unserem Land gibt, wo der Mindestlohn von 1 300 € nicht erreicht wird. – Ich weiß schon, 2008 haben wir sozusagen diese 1 000 € für alle Berufsgruppen in sozialpartnerschaftlicher Manier erreichen können. Jetzt sollte der nächste Schritt erfolgen. Das Leben wird nicht billiger, es wird teurer, und es gibt noch immer viele Gruppen, die weniger als 1 300 € verdienen, wenn sie Vollzeit berufstätig sind.

Daher ist es wichtig, dass wir die Frauen – zumal wir wissen, dass gerade sie in jenen Bereichen tätig sind, wo eher schlechter bezahlt wird – unterstützen, vielleicht auch durch andere Zuwendungen, aber am besten ist es doch, wenn Frauen genug ver­dienen, dass sie davon leben können.

Man muss sich etwa Kinderbetreuungseinrichtungen leisten können. Am besten wäre es, diese wären in ganz Österreich kostenlos. Der Erstzugang zur Bildung – dieser Meinung bin ich ohnehin – sollte kostenlos sein. Das geht aber nicht überall. Es sind Notmaßnahmen geplant oder durchgeführt worden. Sie kennen die Situation zum Beispiel in der Steiermark, und es ist auch in Niederösterreich der Nachmittag im Kindergarten kostenpflichtig, zumindest der Vormittag ist gratis; auch Tirol wurde schon erwähnt. – Was will ich damit sagen? Wir haben neun verschiedene Situationen, die Kinder in Österreich finden nicht überall die gleichen Bedingungen vor, und somit auch nicht die Mütter und die Väter.

Ein Handlungsfeld, das aufgearbeitet und aufbereitet werden muss: auch hier den nächsten Schritt zu gehen und das, was wir zwei, drei Jahre lang getan haben – nämlich der Bund gibt Geld, die Länder verdoppeln es, es werden Kinderbetreu­ungsplätze geschaffen –, fortzusetzen, diese Finanzierung weiterzuführen. Das ist ganz wichtig. Das ist zum Thema Vereinbarkeit ein wichtiger Teil in diesem Puzzle.

Ein zweiter Punkt ist natürlich, dass wir Männer ermutigen und ermuntern sollten, auch einige Zeit daheim zu bleiben, weil mit dem einkommensabhängigen Kindergeld jetzt doch genug ausbezahlt werden kann. Glauben Sie mir, für diejenigen, die das gemacht haben – einige von Ihnen kennen Sie vielleicht; jeder von Ihnen kennt hoffentlich einen Mann, der schon in Karenz war –, war es bereichernd, eine positive, gute Erfahrung. Man muss es wollen, und man muss es sich leisten können, das ist keine Frage, aber ich glaube, dass wir die Voraussetzungen dafür geschaffen haben.

Das heißt, Vereinbarkeit ist ein ganz wichtiges Thema. Junge Menschen wollen Kinder, wollen eine Familie gründen, wollen sich die Kinder aber auch leisten können, und zwar in jeder Hinsicht, nicht nur in finanzieller, sondern auch, was die Sozialisation und das Umfeld anlangt.

In diesem Sinne, denke ich, ist der Frauenbericht Auftrag für mich, Auftrag für uns als Politikerinnen und Politiker, dafür zu sorgen, dass Frauen und Männer für gleiche Tätigkeit auch gleiches Geld verdienen, dass nicht diskriminiert wird, dafür zu sorgen, dass die Hälfte der österreichischen Bevölkerung, die bestens ausgebildet ist, auch an jene Stellen kommt, die sie sich verdient, und dort mitreden kann, wo Entscheidungen getroffen werden. – Das heißt, die Quote in staatsnahen Unternehmen ist ein erster Schritt. Vereinbarkeitsfragen gehen immer beide Geschlechter an.


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Es gibt noch viele Bereiche, die in diesem Frauenbericht angesprochen sind und die noch nicht einmal andiskutiert worden sind. Ich erwähne nur den eben erst präsen­tierten Frauengesundheitsbericht; der letzte ist 2005 unter Maria Rauch-Kallat präsen­tiert worden. Er enthält sicher neue Erkenntnisse zum Thema Frauengesundheit. Sie wissen, ein Herzinfarkt wirkt sich bei Männern und Frauen höchst unterschiedlich aus, weil die Symptome ganz andere sind, weil die Versorgung eine andere ist. Man sollte einfach Schritt für Schritt und Stück für Stück weiterarbeiten, damit Gleichstellung etwas völlig Normales wird und man nicht immer sagen muss: Man muss die Frauen so lange bevorzugen bis ! Es soll der Zustand erreicht werden, dass Männer und Frauen einfach gemeinsam die Zukunft gestalten.

Letzter Satz: Ich bin Schirmherrin eines internationalen Kongresses, bei dem es um den Zugang zur Bildung von Mädchen und Frauen auf der ganzen Welt geht. Wir alle wissen, dass dieser höchst unterschiedlich und unbefriedigend ist. Wir wissen, dass weibliche Föten in Indien abgetrieben werden, weil Buben dort mehr gelten, dass die hohe Müttersterblichkeit in Afrika und anderen Kontinenten beispielsweise darauf zurückzuführen ist, dass Verhütung dort einfach kein Thema ist. Das heißt, es gibt irrsinnig viel zu tun, und man kann mit wenigen Mitteln auch von Österreich aus, auch mit einem gekürzten Entwicklungszusammenarbeitsbudget – das sage ich jetzt absicht­lich –, Gutes tun.

Mit den Spenden beim gestrigen „Fastensuppenessen“ der Katholischen Frauen­bewe­gung zum Beispiel soll ein Projekt in Kolumbien unterstützt werden. Ein Mädchen, das vergewaltigt wurde, soll gemeinsam mit anderen Mädchen selbstbewusst, sich stark machend in die Dörfer gehen und sagen: Nein, halt, ich will nicht, dass du mich berührst, dass du das und das machst!

Das alles sind kleine Puzzleteile, und wir alle können so unseren Beitrag leisten. Auch wenn sich ein Mann hierher ans Rednerpult stellt und zur Gleichstellung redet, finde ich das wirklich nicht schlecht. – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Zangerl.)

15.53


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stadler. (Bundesministerin Heinisch-Hosek: Der erste! Nicht schlecht! – Bundesrat Stadler – auf dem Weg zum Rednerpult –: Das war eine Aufforderung!)

 


15.53.44

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Perhab, deine Äußerungen und deine Zwischenrufe sind uns allen hinlänglich bekannt. (Bundesrat Boden: Aber nicht förderlich!) – Förderlich gar nicht und oft so notwendig wie ein Kropf. Ich kann mich noch gut an so manche deiner Zwischenrufe beziehungsweise deiner Ausfüh­rungen hier am Rednerpult erinnern und daran, dass sich – schon als du sie getätigt hast, haben wir dir das gesagt – im Nachhinein oft herausgestellt hat, dass das Luft­blasen waren. Ich denke nur daran, was du uns kurz vor der Steiermark-Wahl verkündet hast.

Aber nun zum Thema, das ist viel wichtiger als Kollege Perhab. Auch wenn die Frau Ministerin gesagt hat: Spaß beiseite!, darf ich doch mit einem Spaß beginnen – abgesehen von der Verwunderung darüber, dass ich zum Frauenbericht spreche, noch dazu nach dieser Aufforderung (Bundesrat Kneifel: Das ist ja auch nicht schlecht!); das ist nicht schlecht, nein, ich sollte mich vielleicht sogar noch geehrt fühlen –: Ich bin eher einer, wie die Kolleginnen und Kollegen ja wissen, der selten eine Krawatte trägt, aber ich habe mir gedacht, heute, wenn ich zum Frauenbericht spreche, nehme ich


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eine Krawatte in einer ganz besonderen Farbe. (Der Redner trägt eine rosafarbene Krawatte. – Heiterkeit und Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Nun aber wirklich kurz zu diesem sehr wichtigen Frauenbericht; als sechster oder siebter Redner, noch dazu nach der Frau Ministerin, kann man sich kurz halten. Ich darf nur ein, zwei Punkte, die mir persönlich wichtig sind, ansprechen.

Ich möchte mich ebenfalls herzlich für diesen Bericht bedanken, weil er uns ermöglicht, auf der einen Seite den Istzustand der Situation der Frauen in Österreich dargestellt zu bekommen und auf der anderen Seite für die Zukunft Lehren beziehungsweise Schlüsse aus der Frauenpolitik zu ziehen. Die Frau Ministerin hat ja schon einen Ausblick in die Zukunft gewährt, und das sind natürlich Auswüchse, persönliche Überlegungen, gute Überlegungen, resultierend aus dem vorliegenden Frauenbericht.

Zwei Punkte, die mir wichtig sind; zunächst Bildung und Beruf, schon mehrmals angesprochen. – Wir können festhalten, dass sich die Ausbildung, die Bildung der Frauen in Bezug auf den Abschluss sehr gesteigert, sich enorm gesteigert hat. Die Frauen sind gebildet, ausgebildet wie nie zuvor, aber ökonomisch betrachtet können sie leider noch nicht genug davon profitieren. Das sagt uns, dass eine gute Ausbildung nicht immer Voraussetzung dafür ist, dass Frauen für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn wie Männer bekommen. Daran ist wirklich zu arbeiten, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! In Bezug auf die Einkommensschere müssen wir schneller vorankommen.

Frau Kollegin Mühlwerth, du hast in deinen Aufzählungen sehr viel von der Sozial­demokratie nahestehenden Einrichtungen – so, glaube ich, hast du sie benannt – gesprochen, sofern ich mich recht erinnere. (Bundesrätin Mühlwerth: Unternehmen, habe ich gesagt!) Ich möchte dazu nur sagen – dass ich bei den ÖBB beschäftigt bin, das werdet ihr mittlerweile schon bemerkt haben –, ich bin bei den ÖBB in einem Bereich für Aus- und Weiterbildung tätig und kenne die aktuellen Zahlen. Bei den ÖBB gibt es gerade in den letzten Jahren auch viele weibliche Anwärterinnen auf technische Berufen, die bei den ÖBB immer Männerdomäne waren; so zum Beispiel Triebfahr­zeug­führerinnen, Fahrdienstleiterinnen, Technikerinnen. Auch der Aspekt gleicher Lohn für gleiche Arbeit wird bei uns wahrgenommen, da gibt es bei den ÖBB keine Unterschiede. Neben deiner Kritik hätte es vielleicht nicht geschadet, wenn du auch dieses Beispiel – sofern du das weißt, aber wahrscheinlich hast du es gar nicht gewusst – über die Lippen gebracht hättest. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Genauso ist es bei den Lehrlingen. Derzeit werden über 300 weibliche Lehrlinge bei den einzelnen Firmen der ÖBB ausgebildet, fast die Hälfte davon, nämlich 46 Prozent, in technischen Berufen. Ich denke, da sind wir wirklich auf einem guten Weg im Bereich der ÖBB. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Ich will nicht immer kritisieren, wie du das meistens machst, Kollegin Mühlwerth, aber ich möchte sagen: Auf höchster Ebene schadet es nicht, wenn man dort auch eine gewisse Quote hat. Da gebe ich dir recht! – Das zu Bildung und Beruf.

Zweiter Punkt: Vereinbarkeit von Beruf und Familie. – Dieses Thema wird wirklich sehr oft in den Mund genommen, vielleicht schon überstrapaziert, aber ich möchte doch darauf hinweisen, dass es in Bezug auf diese Vereinbarkeit wichtige Punkte gibt, die in der politischen Arbeit einen hohen Stellenwert haben müssen, um das auch umsetzen zu können. Erster wichtiger Punkt sind die Kinderbetreuungseinrichtungen, die heute schon mehrmals angesprochen worden sind.

Ich sehe es auch in der eigenen Gemeinde: Wenn man da von Kinderbetreu­ungsein­richtungen, vor allem von flexiblen Öffnungszeiten bei Kinderbetreuungseinrichtungen redet, dann wird immer geglaubt, da kommt man nur den Frauen entgegen. – Ich


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glaube, das ist falsch. Auch wir Männer profitieren davon im Zuge der Kindererziehung. Das ist nicht nur ein Frauenproblem, sondern auch ein Männerproblem.

Es hat sich bei den Kinderbetreuungseinrichtungen schon sehr viel getan, aber man muss auch sehen, dass das regional sehr verschieden ist. Besonders in Ober­österreich, woher ich komme, ist zwar der Gratis-Kindergarten eingeführt worden, aber von den Öffnungszeiten her sieht man leider, dass es gerade in den ländlichen Regionen, wo es umso wichtiger wäre, bei der Flexibilität schon noch sehr viele Defizite gibt.

Teilzeitarbeit ist schon angesprochen worden. – Es gibt sicher Frauen, die gerne Teil­zeit arbeiten. Es gibt Frauen, die Vollzeit arbeiten wollen. Ich glaube, das sollte man jedem selbst überlassen, aber gerade im Bezug auf Teilzeit ist zu sagen: Wenn man die Einkommenshöhen der Teilzeit arbeitenden Frauen sieht, sieht man auch die Probleme. Ich rede jetzt von meiner Region, von meinem Bezirk. Dort, wo Verkäuferin­nen arbeiten, müssen diese oft zwei Stellen haben, damit sie überhaupt ein gescheites Einkommen haben, wenn man überhaupt von einem Einkommen reden will.

Bezüglich Flexibilität wird von diesen Teilzeit beschäftigten Frauen heute verlangt, dass sie – ich will jetzt keine Namen von Geschäften nennen – schon in der Früh zwei, drei Stunden arbeiten sollen oder müssen, dann eine Pause von vier, fünf Stunden haben und dann wieder zwei, drei Stunden arbeiten sollen oder müssen.

Noch dazu – und das muss man betonen –, wo der Arbeitsplatz ja im ländlichen Raum, woher ich komme, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mehr leicht zu erreichen ist beziehungsweise die Wegstrecke zu schaffen ist. Da muss man auch in Bezug auf Kinderbetreuungseinrichtungen noch viele Defizite aufholen.

Teilzeitarbeit habe ich schon erwähnt. Die Mobilität von Frauen, die Infrastruktur im ländlichen Raum habe ich auch schon angesprochen. (Bundesrat Mag. Himmer: Du hast schon alles gesagt!) – Nein, alles nicht. Ich kann auch noch länger reden, aber da sieht man es, wenn es zu lange dauert oder wenn meine Ausführungen zu lange dauern, dann gibt es ja die Möglichkeit, dass manche einen Kaffee trinken gehen, bis wir hier fertig sind.

Aber erlaubt mir trotzdem, dass ich die zwei, drei für mich wichtigen Sätze noch sage! Ein wichtiger Punkt ist die Teilung der Erziehung beziehungsweise der Hausarbeit. Ich glaube, da sind wir uns auch alle miteinander einig, dass das nicht nur Frauensache ist, sondern auch uns Männer betrifft, dass das auch Männersache ist.

Und ich sage es als Vater: Ich bin stolz drauf, dass ich gerade bei der Erziehungs­arbeit, als meine zwei lieben Töchter groß geworden sind, vom Baby bis zu jungen Mädels und dann zu Frauen, sehr viel habe miterleben dürfen beziehungsweise sehr viel zur Erziehung beitragen durfte. Das wäre sicher ein Defizit für die Männer, die das nicht machen.

Nur muss ich auch dazusagen: Ich habe von Berufs wegen die Möglichkeit dazu gehabt. Denn: Ich habe 25 Jahre im Schichtdienst gearbeitet, da hat man halt die Möglichkeit, dass man nachmittags daheim sein kann. Das möchte ich betonen. (Bun­desrat Kneifel: Ich habe sieben Schwestern!) – Von den Schwestern habe ich eh nicht geredet.

Aber das ist wichtig, und ich glaube, wenn man das miterleben darf beziehungsweise wenn man da etwas dazu beitragen darf, dann kann man nicht nur stolz sein, sondern das sind auch positive Erfahrungen.

Was mir – mein letzter Satz zu den Frauen – gesellschaftlich so auffällt, und da muss auch eine Bewusstseinsbildung her, gerade im ländlichen Raum, wo ich das so mit­


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erlebe: Wenn sich heute eine Frau dafür entscheidet, dass sie länger daheim bei den Kindern bleibt, dass sie nicht die Kinderbetreuungseinrichtungen in Anspruch nimmt, dann hat sie auf der einen Seite einmal Probleme, in den Beruf wiedereinzusteigen, aber was ganz interessant ist und woran die Frauen selber noch arbeiten müssen – daher habe ich Bewusstseinsbildung gesagt –, ist, dass die Frauen selber sagen  das habe ich miterlebt, und das hört man immer öfter –: Wenn sich eine Frau dazu entscheidet, dann gehört sie gar nicht mehr in ihren Kreis gehört, denn das ist nicht modern!

Ich glaube, wir sollten es den Frauen selber überlassen, wie lange sie heute daheim bleiben und die Kinderbetreuung übernehmen wollen. (Demonstrativer Beifall der Bundesrätin Mühlwerth.)

Zum Schluss kommend möchte ich festhalten: Die Familien, die Frauen und Männer sollen selber entscheiden, wer daheim bleibt oder wie sie Familie und Beruf miteinan­der vereinbaren. Wir sind aufgefordert, die Politik so zu gestalten, die Rahmen­bedin­gungen so zu gestalten, dass wirklich in der Familie selber entschieden werden kann, wie beides vereinbart wird.

Der vorliegende Frauenbericht ist dafür, glaube ich, eine große Unterstützung. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.05


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Astleitner. – Bitte.

 


16.05.47

Bundesrätin Notburga Astleitner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf als vorläufig letzte Rednerin auch ganz herzlich zu diesem Bericht gratulieren.

Er ist sehr umfangreich, sehr detailliert, gibt viele Daten und Fakten wieder; das ist heute schon angesprochen worden. Daher möchte ich mich – es wurden ja viele Punkte schon analysiert und darüber Bemerkungen gemacht – auf einen Bereich beschränken, das ist die Bildung und die Ausbildung.

Ich komme aus dem pädagogischen Bereich. Wenn Sie, Frau Bundesministerin, gesagt haben, Sie fänden es gut, wenn sich ein Mann beziehungsweise zwei Männer – in diesem Fall – zu diesem Thema hier herausstellten, so darf ich sagen: Das finde ich auch gut!

Ich finde es aber auch gut, Kollege Dönmez – und da darf ich auf deine Medienanalyse eingehen –, wenn sich Männer, vorbildhaft wie unser Bundesparteiobmann und Vize­kanzler, mit Kindern abbilden lassen, denn gerade in der Pädagogik brauchen wir das Vorbild Männer. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Kerschbaum.)

Das darf ich jetzt mit ein paar ganz aktuellen Daten ... (Bundesrat Gruber: Das sind aber nur Momentaufnahmen! Das ist leider nichts Nachhaltiges!) – Nein, das ist uns im pädagogischen Bereich – die Frau Ministerin wird mir da sicher recht geben – ganz, ganz wichtig. Der pädagogische Bereich, über den ich ganz kurz sprechen möchte, ist nämlich eine absolut weibliche Domäne.

Aus der Statistik vom 8. März 2011, veröffentlicht in den „Oberösterreichischen Nach­richten“, darf ich zitieren: In den AHS unterrichten 58 Prozent Frauen, 42 Prozent Männer. Da würde das ja noch stimmen. Auf DirektorInnenposten oder in den Kanzleien sitzen 21 Prozent Frauen und 79 Prozent Männer. In den Pflichtschulen – in diesem Fall habe ich die Hauptschule genommen, das war mein Bereich – unterrichten


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in Oberösterreich 80 Prozent Frauen und 20 Prozent Männer. In den Direktionen haben wir 28 Prozent Frauen und 72 Prozent Männer.

Sorge macht mir als Bezirksschulinspektorin die nächste Zahl, das muss ich wirklich sagen. Deswegen brauchen wir Vorbilder, die männlichen Vorbilder: angehende Lehrerinnen und Lehrer im Pflichtschulbereich 88 Prozent Frauen, 12 Prozent Männer. (Ruf bei der FPÖ: Da brauchen wir Quotenmänner! – Bundesministerin Heinisch-Hosek: Woher nehmen?)

Das Lehramt ist also weiblich, kann man sagen. Das spiegelt sich nicht in den Direktionen wider, das habe ich gerade gesagt. Nur jede vierte Schule ist von Frauen geführt. Ob da eine Quote nützt, das weiß ich nicht, das möchte ich auch momentan nicht beurteilen. Und von den 20 Bezirksschulinspektoren und -inspektorinnen in Oberösterreich sind wir gerade einmal sechs Frauen.

Jetzt fragt man sich natürlich auch: Wo könnten die Gründe dafür liegen? – Einerseits liegt sicher ein Grund darin, dass Männer meist durchgehend vollbeschäftigt sind – das wurde auch schon gesagt – und sich so in bessere Startpositionen beim Auswahl­ver­fahren bringen können.

Aus Gesprächen weiß ich aber, gerade auch als Schulaufsichtsbeamtin, warum sich manche Frauen nicht für Führungspositionen melden. Das ist heute auch schon kurz erwähnt worden. Ich bekomme das auch manchmal in Gesprächen als Feedback: Frauen trauen sich oft diese Führungsfunktionen nicht zu. Und da gilt es, Frauen zu stärken, ihnen Mut zu machen und sie zu unterstützen, sogenannte Netzwerke auf­bauen zu können.

Darüber hinaus finde ich es – auch darauf möchte ich noch kurz eingehen – notwendig, so nach dem Motto „Was Gretchen nicht lernt, lernt Grete nicht mehr“ schon früh die Mädchen, aber – zu dem, was ich vorhin gesagt habe – natürlich auch die Burschen für atypische Berufe zu motivieren und zu begeistern. Ansätze dazu gibt es bereits in den Volksschulen mit früh einsetzender Berufsorientierung, mit Realbegegnungen. Und das in guter Zusammenarbeit mit der Wirtschaft halte ich für unumgänglich.

Wichtig ist, dass wir, wie gesagt, Frauen und besonders auch Mädchen frühzeitig stärken, sich auch in Berufe zu trauen, die eben nicht gerade die klassischen weib­lichen Berufe sind.

Dafür müssen wir – das ist schon erwähnt worden – von politischer Seite die Rah­menbedingungen schaffen, beispielsweise durch Beratung, Hilfestellung bei der Berufswahl, Einkommenstransparenz, worüber wir das letzte Mal gesprochen haben, Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen und ganztägigen Schulformen. Auch das ist ein wichtiger Bereich gerade im ländlichen Raum – diesem Bereich widmet sich der Bericht ja auch –, und die Erhöhung der Zahl von Frauen in Führungspositionen ist ein zentrales Anliegen.

Frau Ministerin, Sie haben schon selber gesagt: Der Frauenbericht liefert Daten und Fakten. Gemeinsam müssen wir jetzt Taten und Maßnahmen folgen lassen – alle gemeinsam! – Danke schön. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

16.11


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.


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Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

16.11.30Einlauf

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt neun Anfragen, 2798/J-BR bis 2806/J-BR, eingebracht wurden.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin wird Donnerstag, 14. April 2011, 9 Uhr, in Aussicht genom­men.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, 12. April 2011, ab 14 Uhr, vorgesehen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

16.12.19Schluss der Sitzung: 16.12 Uhr

 

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