BundesratStenographisches Protokoll805. Sitzung / Seite 59

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Zusätzlich kommt hinzu, dass der Rechtsschutz für betroffene Bürger und Bürgerinnen abgebaut wird. Schauen wir uns das im Sicherheitspolizeigesetz einmal im Detail an. Es gibt, wie Sie vorhin schon richtigerweise gesagt haben, die Einführung der erwei­terten Gefahrenforschung, was nichts anderes bedeutet, als dass die Überwachung von Einzelpersonen ausgebaut wird, und zwar ohne dass ein Richter das vorher genehmigt. Jeder Bürger und jede Bürgerin kann ins Visier kommen.

Ich nenne jetzt bewusst ein Beispiel, das kein österreichisches Beispiel ist, das aber sehr klar zeigt, was passieren kann. Es ist ein britischer Bürger in die USA eingereist, und er hat auf Twitter geschrieben: „I’m going to destroy America.“ – Das Heimat­schutzministerium (Bundesrat Dönmez: Übersetze es vielleicht!) in den USA hat diesen britischen Ausdruck nicht gekannt. „I’m going to destroy America“ heißt dort nichts anderes als „Dort werde ich einen draufmachen“, „Ich werde das Land unsicher machen“, so ungefähr, was nichts anderes heißt als: „Ich werde dort Party feiern“. Der Mann wurde stundenlang verhört und durfte im nächsten Flugzeug wieder zurück­fliegen. Einfach ein Tweet!

Wir wissen gleichzeitig, dass keiner der Einzeltäter, die wir in dieser Republik in letzter Zeit hatten, von Franz Fuchs bis zum berühmten Johann, dem Anders Breivik von Traun, der auf eine rumänische Familie geschossen hat – es ist eine in der Öffent­lichkeit völlig unbekannte Geschichte, ich wundere mich bis heute, es war am gleichen Tag, daran mag es liegen –, mit einem Toten und zwei Schwerverletzten, vorher irgendwie auffällig geworden wäre. Franz Fuchs wäre mit diesem Sicherheitspolizei­gesetz nie gefunden worden, da brauchen Sie sich überhaupt keine Illusionen zu machen.

Dass es in der Polizei zu Missbrauchsfällen mit Daten gekommen ist, das ist auch Fakt. Wir wissen genau, wo EKIS-Daten schon hingeleitet worden sind; gewisse politi­sche Kräfte haben davon profitiert. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) In jedem Rechts­staat – hören Sie zu! – kann ein Bürger Einspruch erheben gegen Missbrauch seiner Daten. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Nicht in diesem Sicherheitspolizei­gesetz! Es gibt keine Pflicht zur Verständigung eines Bürgers, nämlich keine rechtliche Pflicht, dass eine Person, die überwacht worden ist, nachher darüber informiert wird, dass sie überwacht worden ist.

Das heißt, man wird überwacht und weiß es nicht einmal! Wenn ich es aber nicht weiß und mich niemand darüber informiert, dass ich überwacht worden bin, kann ich auch keine Rechtsmittel dagegen ergreifen. Das Einzige, was ich machen kann, ist, zum Rechtsschutzbeauftragten des Innenministeriums zu gehen. Dieser ist zwar weisungs­unabhängig – das ist er schon –, aber er sitzt im Innenministerium! Es tut mir leid, das ist keine unabhängige Stelle.

Ich weiß nicht, was gegen diese Verständigungspflicht spricht. Ich verstehe es nicht! Es ist doch das Selbstverständlichste der Welt, es ist menschlicher Anstand, dass, wenn ein Mensch überwacht worden ist und man nachher draufkommt, dass es zu Unrecht war – oder auch zu Recht –, diese Person zu informieren ist. Das müsste doch eine Selbstverständlichkeit in einem Rechtsstaat sein. Ich begreife es nicht, warum es diese Pflicht nicht gibt. Somit können sich Betroffene nie und nimmer wehren. Ja, Sie argumentieren dann immer damit, dass es den Rechtsschutzbeauftragten gibt. Aber, wie gesagt, der ist nicht unabhängig, der sitzt im Innenministerium, zwar weisungsfrei, aber nicht unabhängig.

Nach wie vor – und das ist die Hauptkritik – gibt es keine richterliche Genehmigung vorab, jemanden zu überwachen. Und warum keine Berücksichtigung der Landes­verwal­tungsgerichtshöfe in diesem Gesetz drinnen ist, das ist mir auch ein Rätsel, inklusive der anwaltlichen Vertretung eines Betroffenen in Abwesenheit. Wir höhlen


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