BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 130

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Ich möchte auch darauf hinweisen, dass es mir persönlich ganz wichtig ist, dass wir künftig von einer pluralistischen Ausrichtung der IRG ausgehen, und ich möchte auch festhalten, dass das verbürgte Selbstbestimmungsrecht in keiner Weise rechtswidrig beschnitten werden kann.

Wir haben nicht alle unsere Vorstellungen durchgebracht, Gesetze sind nun einmal Kompromisse, aber ich glaube, viele der Befürchtungen, speziell von Or Chadasch, können entkräftet werden. Zum Beispiel, wenn man daran denkt, dass Or Chadasch schon in den neunziger Jahren in der IKG Abmachungen getroffen hat, dass es seit den neunziger Jahren Unterstützung für Or Chadasch durch die IKG gibt, dass die IKG natürlich Or Chadasch, wenn vielleicht auch nicht alle Mitglieder von Or Chadasch, als Juden und als jüdische Einrichtung anerkennt.

Dieses Gesetz gewährleistet, dass es auch künftig ein positives Zusammenwirken aller sich als jüdisch verstehenden Menschen in Österreich gibt. Es kann und darf nicht Auf­gabe des Staates sein, zu definieren, wer Jude/Jüdin ist und wer nicht. Das kann der Staat nicht, das soll der Staat nicht – und das macht der Staat durch diese Regelung auch nicht. Das haben auch meine Vorrednerinnen bereits unterstrichen.

Ich darf noch auf einen Umstand hinweisen, der mir sehr wichtig ist: Im § 54 des Sta­tuts der IKG – das ist nicht nur ein privates Statut, sondern es wurde auch per Be­scheid vom Ministerium genehmigt und bestätigt – wird die freie Betätigung der reli­giösen Überzeugung zugesichert. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass durch die Kultusgemeinde und ihre Organe diese freie Betätigung der religiösen Über­zeugung nicht behindert werden darf. – Das ist aus unserer Sicht ausreichend. (Vize­präsident Mag. Himmer übernimmt den Vorsitz.)

Ich hoffe, dass sich die Wogen in den kommenden Wochen glätten werden. Ich hoffe, dass die Israelitische Religionsgemeinschaft und die IKG weiterhin so wie bisher eine starke Stimme der Jüdinnen und Juden in Österreich sein werden. Und ich hoffe, dass es ein pluralistisches Konzept geben wird, das das Zusammenleben aller dieser Orga­nisationen und Organisatoren gewährleisten wird. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

16.31


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schweigkofler. – Bitte.

 


16.31.21

Bundesrat Johann Schweigkofler (SPÖ, Tirol): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuhörinnen und Zuhörer und auch Besucher der heutigen Bundesratssitzung! Bei der Beschäftigung mit dem Israelitengesetz und beim Lesen der Artikel, die in den österreichischen Zeitungen erschienen sind, ist mir in ers­ter Linie aufgefallen, dass sehr viele Zeitungen als Headline, als Überschrift geschrie­ben haben: Ein 120 Jahre altes Gesetz wurde jetzt modernisiert. – Also das war für die Reporterinnen und Reporter anscheinend ein ganz wichtiger Tatbestand. Aber man muss eines sagen: Wenn ein Gesetz 120 Jahre lang hält, dann muss es damals schon sehr fundiert gewesen sein, dass es eben 120 Jahre braucht, um es zu verändern.

Wenn man sich historisch das Ganze anschaut, dann war es so, dass in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gerade nach Österreich, vor allem in die Hauptstadt der Monarchie, sehr, sehr viele jüdische Bevölkerungskreise, vor allem aus dem Ostbe­reich der Monarchie, zugewandert sind, sodass es dann einer gesetzlichen Regelung bedurft hat.

Auch ganz interessant beim Recherchieren war, zu erfahren, woher der Begriff „israeli­tisch“ kommt. – Kaiser Franz Joseph soll im Jahre 1849 von den Wiener Juden als der


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