BundesratStenographisches Protokoll817. Sitzung / Seite 18

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Was die andere Frage, betreffend das Kinder- und Jugendhilfegesetz, anbelangt, gibt es seit mehreren Tagen eine Einigung, die gestern über ein Bundesland in die Zeitungen gekommen ist – dagegen ist nichts einzuwenden.

Der Hintergrund ist der, dass über dieses Thema relativ lange verhandelt worden ist. Warum? – Weil dahinter auch ein finanzielles Problem gestanden ist.

Wir haben die Situation gehabt, dass einzelne Bundesländer, in denen bestimmte Fälle entstanden sind – Sie erinnern sich an Luca, Cain und andere –, das Problem gehabt haben, dass die entsprechende Mitarbeiterin der Bezirkshauptmannschaft auf sich alleine gestellt überfordert war und zur Familie möglicherweise – Nahebeziehung ist das falsche Wort, aber eine Fehleinschätzung in Richtung der Familie vorgenommen hat. Daher war die Idee des neuen Gesetzes ein Vier-Augen-Prinzip, wenn es um die Gefährdungsabklärung und um die entsprechende Hilfeplanung geht. Warum? – Weil eben zwei Experten eine andere Einschätzung treffen als ein Experte, der vielleicht überfordert ist. Es wird sich in der Praxis die Diskussion dann darum drehen, dass hier drinnen steht: „erforderlichenfalls“.

Ich finde das Wort „erforderlichenfalls“ sehr begründet, weil ich nicht in jedem Fall, in dem die Jugendwohlfahrt eingeschaltet wird, sofort zwei Leute hinschicken kann.

In manchen Fällen ist es für einen einzelnen Mitarbeiter relativ einfach festzustellen, dass das Kind vernachlässigt ist – beispielsweise wenn beide Eltern vormittags berufs­tätig sind. In diesen Fällen wird das Einschreiten ohne Vier-Augen-Prinzip möglich sein. Wenn ich aber feststelle, der eine Elternteil sagt etwas und der andere etwas anderes, das Kind möglicherweise noch etwas anderes, oder es handelt sich um eine Risikogruppe, weil jemand vorbestraft ist oder dergleichen, dann ist in dem Zusam­menhang eben erforderlich, nach Checklisten das Vier-Augen-Prinzip zur Geltung zu bringen. Das gilt auch für die Hilfsplanung.

Darüber hinaus war ja auch – gerade in diesem Fall in Vorarlberg – eine Ursache des Problems, dass es keine Datenübertragungspflicht und keinen Informationsaustausch mit anderen Bundesländern gegeben hat, wenn jemand übersiedelt. All das ist jetzt hinsichtlich der Dokumentation, aber auch was das Handeln anbelangt, besser gere­gelt, genauso wie die Ausbildung.

Daher sehe ich in der jetzt erzielten Einigung einen wesentlichen Fortschritt. Ich bin sehr froh, dass das jetzt gelungen ist. Im Hintergrund stand die finanzielle Frage, wer die entstehenden Mehrkosten trägt. Diese decken nun über zwei Jahre wir durch unser Ministerium ab, dann übernimmt der Bund. Außerdem haben alle drei Länder, die den Konsultationsmechanismus bemüht haben, diesen zurückgezogen.

Es bleibt die Frage: Warum hat das so lange gedauert? – Das hat Gründe gehabt, die auch damit zusammenhängen, dass manche mit diesem Thema gerne auch andere Personalprobleme erledigt gehabt hätten, und das war eben in den jeweiligen Ländern nicht so einfach zu bewerkstelligen. Das ist der wahre Hintergrund gewesen. Jetzt ist das Thema jedenfalls auf wirklich sehr gutem Weg, und wir haben eine qualitative Verbesserung für alle Kinder und Jugendlichen erreicht, die uns weiterhelfen wird.

 


Präsident Edgar Mayer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Ertl.

 


Bundesrat Johann Ertl (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! In der Sozialpsychologie spricht man von sozialer Isolation, wenn Kinder, ganz speziell Kleinkinder, längerfristig von den Eltern oder dem Familienverband ferngehalten werden. Solche Zustände können schlimmstenfalls zu Entwicklungsstörungen führen, oft auch zu einem späteren Suchtverhalten. Sogar Sigmund Freud hat schon darüber geschrieben.

 


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