BundesratStenographisches Protokoll828. Sitzung / Seite 44

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nach 1917, ist die Ukraine wieder als Sowjetrepublik bei Russland gewesen, auch nach 1945. Da hat es immer Aufstände gegeben, Niederschlagungen der Aufstände, Versuche der Selbständigkeit, aber es gibt eine sehr, sehr lange Geschichte mit Russland.

Wir haben heute auch schon gehört, es gibt einen großen russischen Bevölkerungs­anteil in der Ukraine, und es wird hauptsächlich Russisch gesprochen, bis in die Hauptstadt hinein.

Das heißt, wir müssen auch beachten, was passiert ist, als der Eiserne Vorhang gefallen ist, als die DDR zu Deutschland gekommen ist. Damals hat Kohl den Russen versprochen: keine NATO-Stützpunkte in der DDR, keine neuen NATO-Stützpunkte. Ein paar Jahre später war das obsolet. 200 Kilometer weiter östlich gab es dann NATO-Stützpunkte mit dem Beitritt von Polen und so weiter. Die Russen haben daher sicher auch Sorge, wenn wir ihnen etwas versprechen, wenn Verträge gemacht werden, das dann aber ein paar Jahre später, wie die nahe Geschichte zeigt, nicht eingehalten wird.

Wenn jetzt im Zusammenhang mit den Geschehnissen in der Ukraine auch Forde­rungen der NATO auftauchen, dann ist das meiner Ansicht nach auch kein guter Verhandlungspunkt. Ich meine, auf internationalem diplomatischem Bankett geht es immer darum, auf Augenhöhe zu verhandeln, die Geschichte – die Geschichte Russ­lands mit der Ukraine und die Geschichte Russlands mit Europa – und die Ver­sprechen mit zu bedenken. Daher ist es, glaube ich, unbedingt notwendig, alle öster­reichischen und europäischen Plattformen zu nutzen, um da eine diplomatische Lösung in Richtung eines neutralen Staates, eines unabhängigen, blockfreien Staates zu finden.

Ich denke, ein neutraler Staat würde am stärksten dafür bürgen, dass in der Ukraine kein NATO-Stützpunkt errichtet wird, wodurch praktisch im Herzen Russlands NATO-Waffen stationiert würden. Russland braucht, glaube ich, diese Sicherheit in Bezug auf die Ukraine, in Bezug auf Europa und auch in Bezug auf den nordatlantischen Militärpakt.

Österreich hätte da gute Karten. Es ist heute hier schon gesagt worden: Wir haben großartige Erfahrungen als neutraler Staat, als Verhandlungsboden für internationale Verhandlungen. Auch die nahe Geschichte zeigt das. In Österreich wurden schon sehr viele Erfolge erzielt.

Wir brauchen also keine NATO-Drohungen in Richtung Ukraine. Wir brauchen in der Ukraine relativ rasch demokratische Wahlen, damit es dort eine demokratisch legitimierte Regierung gibt und nicht die ganze Zeit über im Raum schwebt: Putsch, geputschte Regierung, nicht demokratisch gewählt!, und nicht das eine gegen das andere ausgespielt wird. Sobald es in der Ukraine ordentliche, beaufsichtigte Wahlen gibt und dann eine durch Wahlen legitimierte Regierung, haben wir auch einen Verhandlungspartner. Und dann müssen wir versuchen, Russland an den Tisch zu bringen.

Es ist heute gesagt worden, Länder, die wirtschaftliche Verbindungen oder Bezie­hungen miteinander haben, führen nicht gegeneinander Krieg. Ich glaube, da sind Europa und vielleicht auch Österreich auf einem Auge etwas blind, denn wir sollten doch die Pipelines sehen, die Russland in Richtung China baut. Das zeigt, dass Russland seine wirtschaftlichen Beziehungen in ganz andere Richtungen ausbaut. Auch die Nordpipeline und die Pipeline durch das Schwarze Meer, durch die 120 Mil­liar­den Kubikmeter Gas, glaube ich, transportiert werden können, zeigen, dass Russ­land die Ukraine als Gastransitland irgendwann nicht mehr brauchen wird. – Das rote Licht hier am Rednerpult blinkt schon.

 


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