BundesratStenographisches Protokoll841. Sitzung / Seite 166

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18.19.30

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­schätzter Herr Bundesminister! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Ich weiß nicht, Kollege Schmittner, ob man das kommentieren soll, aber nicht jeder Vergleich hat eine Würde in sich und nicht jeder Vergleich ist es wert, auch ausgesprochen zu werden.

Was Sie da vorhin gesagt haben, das ist einfach zutiefst abzulehnen, denn von Ge­denkminuten  (Bundesrat Schmittner: Die brauchen keinen Schutz, diese Men­schen?) – Ich glaube, die ganze Debatte vorher hat gezeigt, von unterschiedlichen Sei­ten, wo eigentlich und wie intensiv auf dem österreichischen Arbeitsmarkt gearbeitet wird. Die Leute brauchen keine Gedenkminuten, die brauchen Programme, die zum Beispiel das AMS schon seit Jahren und Jahrzehnten laufen hat, die Menschen wieder befähigen und genau wieder jene Freude in die Augen bringen und die das Selbstbe­wusstsein und die Selbstbestätigung für den Arbeitsmarkt und auch eine selbststän­dige Lebensbewältigung nach sich ziehen.

Der Herr Minister hat das ja vorher auch schon gesagt: Versuchen Sie nicht immer, diese Gesellschaft dermaßen zu entzweien! Unser Sozialsystem würde heute nicht mehr funktionieren, hätten wir keine Zuwanderung, wir wären nämlich viel weniger. Sie haben von den Pflegestufen gesprochen: Wer pflegt denn die Menschen in Öster­reich? – Schauen Sie sich doch einmal an, wer die 24-Stunden-PflegerInnen sind! (Zwi­schenruf des Bundesrates Schmittner.)

Sind das Ihre Salzburger, Ihre FPÖ-Leute oder wer auch immer? – Nein! Ohne diese Zuwanderung würde unser Sozialsystem nicht mehr funktionieren. Zwei umfassende Studien, eine von Linz und eine von Wien, haben gezeigt, dass jene, die zuwandern, mehr in das Sozialsystem einzahlen als sie herausbekommen. Das ist die Wahrheit.

Aber Sie scheinen ja hier das Rednerpult ein bisschen mit dem Biertisch zu verwech­seln, denn beim vorhergehenden Tagesordnungspunkt haben Sie die Menschen, die Beschäftigungslosigkeit in Europa erwähnt und gesagt: Die EU – das ist immer so anonym – befasst sich mit Marmeladeetikettierungen. Sie haben gerade vergessen, noch die Gurken zu erwähnen, da wären Sie nämlich schon 20 Jahre zurück mit Ihren Vorwürfen. Ich kenne derzeit niemanden in der EU – niemanden, glauben Sie mir –, der sich irgendwie mit Marmeladenbeschriftungen auseinandersetzt.

Derzeit hat die EU ein großes Ziel: die Investitionen anzutreiben, das Wachstum wie­der in Schwung zu bringen, den ganzen Motor, und vor allem Arbeitsplätze, Arbeits­plätze, Arbeitsplätze. Ich habe nur gewartet, dass Sie sagen: Herr Minister, dieses So­zialvorhaben ist sehr klein ausgefallen. Das ist es ja genau, was wir auch zu Recht kritisieren, dass wir noch keine Sozialunion haben. Dann müsste sich nur auch die FPÖ einmal bewegen und sagen: Ja, wir wollen auch im sozialen Bereich ein Mehr an Europa; wir wollen eine Vertiefung.

Ein Tisch braucht nämlich vier „Haxen“. Derzeit steht unsere EU auf drei. Und ohne die Schaffung auch einer sozialen Union wird das nicht gelingen, wenn das Kapital, die Unternehmen, das Geld, alles frei floaten kann, und das Soziale belassen wir auf natio­naler Ebene. Deshalb ist es so wichtig, dass es heute zu einer Umkehr gekommen ist.

EU-Kommissionspräsident Barroso hat zum Schluss zum Beispiel das österreichische Modell unseres dualen Ausbildungssystems zu schätzen gelernt. Aber heute sehen wir, dass es genau das ist: Beschäftigungsinitiative in Europa zu schaffen, für die Ju­gendlichen. Das sind ganz neue Ansätze, die die Europäische Union verfolgt. Derzeit wird sogar ein gemeinsamer Beschäftigungsbericht erarbeitet. Der Versuch ist – und das kommt auch in diesem Vorhaben klar heraus –: Wir brauchen eine integrative und nachhaltige Arbeitsmarktpartizipation.

 


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