BundesratStenographisches Protokoll865. Sitzung / Seite 86

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14.03.28

Bundesrat Mag. Ernst Gödl (ÖVP, Steiermark): Liebe Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Alle ZuhörerInnen hier im Saal und auch zu Hause vor den Internetgeräten! Ich möchte mit etwas sehr Positivem beginnen: In diesen Tagen veranstalten wir in Österreich, besonders in der Steiermark, die Special Olympics. In den letzten Tagen sind 2 700 Athletinnen und Athleten mit 1 100 Betreuerinnen und Betreuern in Österreich gelandet, um in den nächsten Tagen Inklusion durch Sport zu leben, Gemeinschaft durch Sport zu leben und auch diese Idee der Inklusion auf breite Beine zu stellen.

Es ist ein ganz bemerkenswertes, friedvolles Miteinander dieser über hundert Natio­nen, bei dem übrigens US-Amerikaner neben Mexikanern sitzen, bei dem Aserbaidschaner neben Armeniern sitzen, bei dem Russen neben Ukrainern sitzen, bei dem Chinesen neben Taiwanesen sitzen und sich dann miteinander bei den Wett­spielen messen. Eigentlich könnte man fast sagen, das sei ein Gegenprogramm zur momentan gefühlten Situation auf der weltpolitischen Bühne mit Trump, Erdoğan und Brexit – um diese negativen Assoziationen mit Politik auch zu benennen.

Ich hatte gestern und vorgestern die persönliche Ehre, die Mannschaft aus Kirgisistan zu betreuen. Das ist insofern heute schon bemerkenswert, da wir bei den voran­gegangenen Tagesordnungspunkten einmal in Neuseeland, dann in Kasachstan waren; und jetzt möchte ich eben ganz kurz auf Kirgisistan zu sprechen kommen.

Kirgisistan, nämlich das Nachbarland von Kasachstan, ist ein Land (Bundesrat Stögmüller: Hauptstadt?) – Bischkek ist die Hauptstadt, das weiß ich auch erst seit ein paar Tagen –, das natürlich, wenn man es mit Österreich vergleicht, komplett andere Voraussetzungen hat. Wir haben ein Bruttoinlandsprodukt von etwa 450 Milliarden US-Dollar, die Kirgisen von etwa 5 Milliarden US-Dollar. Das sind circa 1 000 US-Dollar pro Einwohner – es sind 5,5 Millionen Einwohner –; wir haben circa 48 000 US-Dollar pro Einwohner. Kirgisistan ist also ein Land, das bei Weitem überhaupt nicht von diesem breiten Wohlstand träumen kann, in dem wir leben. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass diese Kirgisen in ihrer Weise gut und glücklich leben. Es ist ein Land, das sicher auch politische Probleme hat, aber – und damit komme ich zum Bericht – ein Land, zu dem wir durchaus auch die eine oder andere Beziehung haben. Kirgisistan, wie es richtig heißt, wird nämlich auch in unserem Außenpolitischen Bericht fünfzehnmal erwähnt. Ich will damit nur exemplarisch vorzeigen, wie breit auch unsere Außenpolitik insgesamt aufgestellt ist. Wir unterstützen übrigens in der Hauptstadt Bischkek eine OSZE-Akademie für Dialog und Demokratie.

Ich möchte jetzt die Gelegenheit nutzen, allen Danke zu sagen, die diesen Bericht mit circa 500 Seiten verfasst haben: Herzlichen Dank dafür! Er ist wie immer sehr umfang­reich und ausführlich; und das Besondere an diesem Bericht 2015 ist, dass wir, wenn­gleich wir heute schon 2017 haben, jetzt trotz allem diese aktuellen Themen dis­kutieren, die uns das Jahr 2015 in gewisser Weise politisch beschert hat.

2015 war – das wurde heute schon angesprochen – kein gewöhnliches Jahr, sondern aufgrund der Flüchtlingskrise ein außerordentlich außergewöhnliches Jahr. Man musste und muss auch heute noch das Gefühl haben, dass sich die Fundamente der Weltpolitik, aber im Besonderen auch in Europa ein bisschen verschoben haben. Es ist also ein Chaos, das nicht weit weg ist, sondern das zu uns gekommen ist. Es führte auch zur Erkenntnis, dass es in dieser turbulenten Welt in Mitteleuropa einfach keinen vollklimatisierten Rückzugsort und keinen stillen Garten mehr geben kann, sondern dass Probleme und Kriege, die vielleicht fernab passieren, zu uns kommen.

Ich selbst wohne zwischen Graz und der österreichischen Grenze zu Slowenien, und wir haben diese Flüchtlingskrise hautnah miterlebt, als in den Septembertagen 2015


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