BundesratStenographisches Protokoll865. Sitzung / Seite 118

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16.07.19

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus meiner Sicht heraus ist es ganz zentral, aus österreichischer Position über die Weiterentwicklung der Europäischen Union zu diskutieren.

Das Jahr 2017 wird ein wichtiges Jahr sein, erstens in der Vorbereitung des öster­reichischen Vorsitzes und zweitens in der Linie, wie wir die Europäische Union für die Menschen in Europa gestalten wollen.

In Erinnerung an die Gründung der Europäischen Union werden wir dies am 26. März mit der Sechzigjahrfeier zur Unterzeichnung der Römischen Verträge – der Vertrag zur Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl ist fünf Jahre davor,  also vor 65 Jahren, in Kraft getreten – auch feiern. Da geht es darum, dass man sich daran erin­nert, warum die Europäische Union gegründet worden ist.

Die Europäische Union ist gegründet worden, weil man eine Antwort auf faschistische Politik in Europa haben wollte. Man wollte eine Antwort auf die Frage haben: Was muss man tun, damit die Menschen in Europa Frieden schaffen können? Mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl hat man gesagt: Wir wollen ein soziales Europa haben. Wir wollen ein mitbestimmtes Europa. Wir wollen, dass die Menschen, die die Produkte in Europa schaffen, auch mitreden können, wie die Ergebnisse dieser Produkte verteilt werden. Das war die Europäische Gemein­schaft für Kohle und Stahl. Dort sind die Mitbestimmungsregeln in Europa sehr klar definiert worden.

Ich würde meinen, dass die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl einen wesentlichen Beitrag – den Österreich mit der Sozialpartnerschaft aufgegriffen hat – zu dem Ziel leistete, einen vernünftigen Interessenausgleich zu schaffen, wobei der Staat die Verantwortung für die soziale Situation der Menschen auf diesem Kontinent übernimmt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Mayer.)

Damit hat Europa den zweiten Schritt nach der Französischen Revolution 1793 ge­setzt, indem man klar gesagt hat: Die Menschen in Europa sind gleich, und weil sie gleich sind, gestalten sie gemeinsam einen Staat. Sie kommunizieren miteinander und nehmen die Verantwortung für einen gemeinsamen Staat auf sich. Generell beschreibt man das als die Aufklärung. Das ist etwas, was Europa von anderen Kontinenten unter­scheidet. Bei der Auseinandersetzung über die Europäische Union 2017 wird es genau um folgende Frage gehen: Wird Europa in der Lage sein, die Rückschritte, die man gemacht hat, wieder zu verändern?

Es war ganz wesentlich, dass die Freiheitsgrade der Menschen in Europa dadurch erhöht worden sind, dass wir kollektive Sicherheiten gegeben haben. Lange Zeit hat es, unter anderem in der Kommission Barroso, aber auch unter den Vorgängern, viele Elemente gegeben, mit denen man die Sicherheiten der Menschen zurückgenommen hat. In dem Ausmaß, in welchem man die Sicherheiten der Menschen reduziert hat, ist auch das Vertrauen zu Europa zurückgegangen. Daher ist es so wichtig, dass wir uns an der Diskussion der sozialen Rechte in Europa maßgeblich beteiligen (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Mayer), dass wir hier eine ganz klare Position ein­neh­men, sodass wir – ich sage immer – das zarte Pflänzchen, das Kommissionspräsident Juncker mit mehr Investitionen und mehr Bezug auf soziale Rechte gesetzt hat, zu einem ausgewachsenen großen Baum entwickeln lassen, damit Europa ein Europa der Menschen wird.

Diese Auseinandersetzung ist zu führen. Wir führen sie mit der Europäischen Säule sozialer Rechte. Ich sage das so deutlich, weil es mir sehr wichtig ist. Eine Säule braucht ein Fundament, und es geht um das Fundament, das die Europäische Ge-


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