BundesratStenographisches Protokoll865. Sitzung / Seite 130

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atypischen Beschäftigungsverhältnisse sind gestiegen, nämlich um mehr als 22 Pro­zent. – Das sollte man auch wissen: Atypische Beschäftigungsverhältnisse sind um 22 Prozent, geringfügige Beschäftigungsverhältnisse um mehr als 25 Prozent gestie­gen!

Das bringt mich auch gleich zu den Arbeitszeitdaten. Da fällt auf, dass 75 Prozent der Teilzeitbeschäftigten Frauen sind. Umgekehrt betrachtet: Jede zweite Frau arbeitet Teilzeit. Gleichzeitig ging die Zahl der Vollzeitbeschäftigten seit 2005 um fast 3,7 Pro­zent zurück. Diese Daten und Fakten sollte man ein bisschen kennen, damit man sich ein Bild darüber machen kann, wie es um unseren Arbeitsmarkt steht.

Wir reden jetzt also von einer individuellen Teilzeit, die schon längst Realität ist. Auch hier wieder mein Appell an Sie, Herr Minister: Arbeitszeitverkürzung – der Weg geht schon dorthin, und das brauchen wir dringend als gesetzlich geregelte Arbeitszeit­flexibi­lisierung.

Ich habe es vor einem Monat schon Herrn Bundeskanzler Kern gesagt, als er hier sein Regierungsprogramm vorgestellt hat: Es geht mir bei der Arbeitszeitflexibilisierungs­debatte nicht um den jungen BWL-Absolventen, der gerade von der Uni kommt und sagt, er möchte gerne 60 Stunden arbeiten, sondern mir geht es um die Verkäu­ferInnen und um die Angestellten, die, weil es dann gesetzlich möglich ist, bis zu 12 Stunden arbeiten müssen. In den Berufen, in denen es bereits jetzt möglich oder nötig ist, 12 Stunden zu arbeiten, ist es kollektivvertraglich bereits jetzt möglich. Da einen Freibrief für andere Berufssparten zu schaffen, finde ich nicht in Ordnung; das ist einer sozialdemokratischen Partei wirklich nicht würdig.

Von der mangelnden Kinderbetreuung auf dem Land, von der Gesundheits- und Unfallgefährdung ab der 8. Schulstufe will ich noch gar nicht reden. Bitte, Herr Minister, stoppen wir diesen Kniefall vor der Wirtschaft, die sich durch diese Arbeitszeit­flexi­bilisierung die Abgeltung von 200 Millionen Überstunden im Jahr ersparen möchte! Reden wir über die wirklichen Probleme – Kollegin Ecker hat es schon angesprochen –, nämlich über die Working Poor. 297 000 Menschen, vollzeitbeschäftigte Menschen, gelten trotz Vollzeitarbeit in Österreich als arm. Das sind oft Frauen, Menschen mit Migrationshintergrund, mit einer schlechten Bildungslaufbahn. – Das sind die Per­sonen, um die wir uns kümmern müssen, hinsichtlich derer wir dringend handeln müs­sen. Da hilft natürlich ein Mindestlohn.

Was mich da stört – ja, wir Grüne fordern 1 750 € brutto, aber darum geht es mir jetzt nicht einmal –, ist diese Verzögerungstaktik. Die Bundesregierung könnte den Mindest­lohn bereits beschließen, er könnte in ein paar Wochen hier im Bundesrat beschlossen werden, und die Leute hätten einen Mindestlohn, aber nein, man wartet, man spielt den Ball zwischen den Sozialpartnern hin und her, und 297 000 Menschen müssen nach wie vor Jahre warten, bis die 1 500 € endlich in den Kollektivverträgen angeregt werden. (Bundesrat Mayer: Diese funktionierenden ... wollen wir jetzt nicht infrage stellen!) Ich bin für einen gesetzlichen Mindestlohn, weil auch jene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mitgenommen werden müssen, die noch keinen Kollektivvertrag haben.

Das bringt mich auch zum Thema Einkommensentwicklung; das ist auch ganz span­nend. Die Lohnquote ist seit den Siebzigerjahren bis 2007 um 14,5 Prozent gefallen, und seit 2008 gab es wieder einen leichten Anstieg. Was dabei auffallend ist, ist, dass es seit dem Jahr 2000 eine Stagnation gerade der mittleren Einkommen gab, real haben dabei die niedrigen Einkommen verloren, Einkommen über dem Median sind jedoch überdurchschnittlich oder zumindest halbwegs gut gestiegen. Innerhalb der höchsten Einkommensgruppe gab es eine Zuspitzung hin zu den Superreichen. Da gibt es eine Statistik, die zeigt so richtig schön auf: Die Kurve ist halbwegs flach, und


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