BundesratStenographisches Protokoll867. Sitzung / Seite 12

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des Staates, gegen Beamte vorgeht. Und genau das ist das Phänomen, mit dem wir kon­frontiert sind.

Für die betroffenen Organwalter, für die Beamten – das muss man auch sagen –, ist es alles andere als lustig, wenn sie damit konfrontiert sind, dass sie etwa in irgendwelche obskure Schuldnerlisten eingetragen werden, dass sie mit irgendwelchen rechtlichen Maß­nahmen gegen sie bedroht werden, dass sie persönlich behindert werden, dass es et­wa durch faktische Verunmöglichung von Amtshandlungen wirklich dazu kommt, dass letztlich die Umsetzung des Rechtsstaates massiv behindert wird.

Da haben wir auch ein prinzipielles Problem. Das prinzipielle Problem ist, dass ja ei­gentlich die Durchsetzung des Rechtsstaates nichts anderes ist als die Umsetzung des­sen, was letztlich dem Gesetz entspricht; das ist demokratisch legitimiert. Das heißt, der Rechtsstaat lebt auch von seiner Durchsetzbarkeit: Das, was an demokratisch legiti­mierten Gesetzen da ist, muss man auch umsetzen können. Wenn sich jemand dage­gen wendet, nämlich prinzipiell und generell, dann ist das etwas, wogegen sich der Rechtsstaat im Sinne einer wehrhaften Demokratie auch wehren muss.

Der zweite, individuelle Aspekt ist der Schutz unserer Beamten. Ich meine damit natür­lich insbesondere Polizeibeamte, Justizwachebeamte, aber auch die Exekutionsbeam­ten bei Gericht, die auch damit konfrontiert sind, dass ihnen immer wieder Hindernisse in den Weg gelegt werden, dass sie durchaus in irgendeiner Form insultiert, attackiert werden, auf eine Art und Weise versucht wird, auch Amtshandlungen wie etwa den ord­nungsgemäßen Ablauf einer Gerichtsverhandlung zu sabotieren, zu boykottieren, wo man sagen muss, das kann man so nicht hinnehmen, dagegen muss man etwas tun: maßvoll, aber doch so, dass klar ist, jemand, der wirklich dem Staat mit subtilen Mitteln den Krieg erklärt, muss auch mit entsprechenden Konsequenzen rechnen.

Wichtig ist mir – und das ist ja im Zuge der Verhandlungen auch mit dem Koalitions­partner ausdrücklich klargestellt worden –, dass von Anfang an klar war, auch für mich selbstverständlich, dass damit nicht etwa eine Einschränkung von Grundrechten, eine Einschränkung von Demonstrationsrechten, eine Einschränkung von zivilem Ungehor­sam verbunden ist. Da gab es aus meiner Sicht von Anfang an etwas übertriebene Be­fürchtungen; diese konnten wir durch Klarstellungen im Text und vor allem auch durch Klarstellungen in den Erläuterungen ausräumen.

Ich sage Ihnen ganz offen, ich habe mir in einem Punkt sehr leichtgetan, was die Be­fürchtung betroffen hat, dass etwa Aktionen wie der Protest gegen das Kraftwerk Hain­burg nun durch so einen Tatbestand kriminalisiert werden könnten, und kann ganz of­fen sagen: Ich kann als Zeitzeuge bestätigen, dass dem nicht so wäre. Ich war damals selbst in der Au in Hainburg demonstrieren, aus meiner Sicht auf der richtigen Seite, als junger Uni-Assistent. Da war ich nicht allein, es waren mehrere von uns dort.

Aber der wesentliche Unterschied war: Wir waren nicht gegen den Staat an sich, über­haupt nicht, sondern wir wollten mit den Mitteln des gewaltfreien Widerstandes darauf aufmerksam machen, dass der Staat Gefahr läuft, eine wirklich fatal falsche Entschei­dung zu treffen. In dem Augenblick, in dem die damaligen Organe des Staates – konkret damals Bundeskanzler Sinowatz – eingelenkt und erklärt haben: Okay, Schluss, wir über­legen uns das, wir werden das nicht so verwirklichen!, in dem Augenblick hatten wir über­haupt keinen Grund mehr für weitere Proteste.

Das ist eben der Unterschied! Hier wollen wir nur die generelle staatsfeindliche Bewe­gung, die generelle Ablehnung des Staates erfassen, die sich vor allem auch in aktiven Handlungen gegen die Vertreter des Staates, gegen unsere Beamten richtet, die tag­täglich für uns tätig sein müssen, um den Rechtsstaat umzusetzen, dass wir das eben wirklich entsprechend maßvoll mit einem Straftatbestand verfolgen. Das ist der Sinn des neuen Tatbestandes. Ich bin froh darüber, dass wir ihn durchgebracht haben, und


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