BundesratStenographisches Protokoll867. Sitzung / Seite 80

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12.55.20

Bundesrat Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Inhaltlich schließe ich mich den Ausführungen des Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion an. Ich danke für den Input, der klar aussagt, dass die­ses Grundrecht zeitgemäß novelliert werden muss. Die Grundrechte unterliegen auch in ihrer Interpretation selbstverständlich moderneren Grundsätzen. Das, was getan wor­den ist – und ich glaube, das ist aus unserer Sicht zu sagen –, ist ein erster Schritt. Wir wissen, dass einiges mehr geplant war und auch aus meiner Sicht durchaus einiges noch zu diskutieren sein wird.

Die Punkte, die angegangen wurden, sind keine weltbewegenden. Ich sehe auch, Herr Kollege Werner, keinesfalls irgendwelche verfassungsrechtlichen Probleme, die Sie kons­truieren. Ich glaube, wir sollten in dieser Debatte alle, Herr Kollege, nicht irgendwelche abstrusen Fälle konstruieren. Diese Debatte führen wir regelmäßig. (Bundesrat Her­bert: Verfassungsexperten vertreten diese Meinung!) – Ich habe die Stellungnahmen ge­lesen, auch die meiner eigenen Kammer, Herr Kollege. Im Endeffekt ist es so, dass je­der bei der Stellungnahme versucht, irgendwelche Fälle zu konstruieren, die irgendwo natürlich theoretisch passieren könnten, deren Wahrscheinlichkeit in der Realität aber doch ausgesprochen gering ist.

Das heißt: Wir sollten uns auf das fokussieren, was wir tatsächlich wollen. Ich glaube, wir alle hier sind einer Meinung gewesen, auch wenn wir es keinesfalls als Anlassge­setzgebung titulieren wollen, da es ja nach dem Türkei-Referendum vorgenommen wur­de, aber türkische Politiker haben auf Grundlage unserer freien demokratischen Wer­te – auf diese haben sie sich berufen – beansprucht, für ihre unfreien Werte zu werben, und diese Berufung hat uns, glaube ich, alle irgendwie gestört. Wir haben es nicht nur als relativ protzig und frech empfunden, sondern wir haben diese Pervertierung unserer Grundsätze und unserer Werte auch alle verurteilt.

Das war sicher ein bisschen der Ausgangspunkt dafür, dass man sich Gedanken darü­ber gemacht hat, wie man – und das ist mit der EMRK durchaus in Einklang zu brin­gen – ausländische Wahlkämpfe aus Österreich heraushalten kann. Ich glaube, wir wer­den demnächst auch durchaus noch ein Problem bekommen, wenn die Türkei tatsäch­lich ein Referendum zur Todesstrafe abhält, und ich glaube, da werden wir auch alle ei­ner Meinung sein, dass wir nicht Teil dieser Kampagne sein wollen.

Warum brauchen wir Sicherheitszonen? – Frau Kollegin Dziedzic, Sie haben in einem Satz gesagt, wenn sich zwei gegensätzliche Demonstrationen treffen, muss das „nicht zwangsläufig“ – zwangsläufig war der Begriff – zu physischen Auseinandersetzungen füh­ren. – Das ist etwas, was mich insofern stört, als es in diesem Land einfach keine phy­sischen Auseinandersetzungen aus politisch-ideologischen Gründen geben darf. Darü­ber, glaube ich, brauchen wir nicht zu reden, das ist um jeden Preis zu vermeiden. Lei­der, sage ich aber auch dazu, erleben wir es mittlerweile ab und zu, dass Ideologie auch mit Fäusten und mit fliegenden Gegenständen kundgetan wird. Und da hört sich für mich der Spaß auf, weil wir eigentlich mit einem hohen Ausmaß an Sicherheitskräften und Organisationskraft, mit unheimlich vielen Überstunden unserer Polizistinnen und Poli­zisten dafür sorgen müssen, dass nichts geschieht, und das nur, weil ein paar Verhal­tensauffällige glauben, dass das Grundrecht auf Versammlung auch ein Grundrecht auf Sachbeschädigung und ein Grundrecht auf Körperverletzung ist. Das ist es nicht! Dem haben wir mit aller staatlichen Gewalt zu begegnen. Und da ist das meiner Meinung nach ein erster Schritt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Das Grundrecht ist eine Abwägung. Primär, sage ich, ist der Steuerzahler zu schützen; wenn heute 300 Leute in Linz durch die Landstraße ziehen, Sachbeschädigungen ver­ursachen, Leute verletzen und am Ende Einsatzkosten von 200 000 € entstanden sind, dann frage ich mich tatsächlich: Gibt es nicht eine andere Möglichkeit, die eigene poli­tische Meinung kundzutun, als Dritte zu schädigen?

 


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