BundesratStenographisches Protokoll867. Sitzung / Seite 122

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Österreich werden die Menschen fünf, sechs Jahre früher pflegebedürftig als im europäi­schen Durchschnitt. Auch das ist etwas, was man sich genauer anschauen sollte und wo man dazu beitragen sollte, in der gesamten Gesundheitsversorgung die Lage zu verbes­sern.

Ich muss schon sagen, der Finanzausgleich war für mich eine Enttäuschung, zum Bei­spiel was die Frage betrifft, gleiche Standards in ganz Österreich zu definieren, denn der alte Mensch in Vorarlberg hat die gleichen Bedürfnisse wie jener in Wien oder im Burgenland und so weiter. Ich würde mir da schon transparente, gute, vergleichbare Standards in ganz Österreich wünschen. Und das betrifft eben auch das Personal. Ich bin der Überzeugung, da müsste mehr drinnen sein. Wo immer ich kann, werde ich mich dafür auch einsetzen.

Wo man, wie ich meine, sehr vorsichtig sein muss, sind die Bereiche Berichtspflichten und Dokumentationen. Es ist heute schon so, dass die Pflegekräfte darunter stöhnen, dass sie sehr viel Zeit damit verbringen müssen, Berichte zu schreiben, zu dokumen­tieren – mehr als das, was sie eigentlich für die Pflege verwenden möchten oder auch können. Also das sind Bereiche, wo man, glaube ich, sehr sensibel zwischen dem An­spruch auf Kontrolle und dem, was tatsächlich in der täglichen Arbeit geleistet werden kann und soll, abwägen muss.

Zum Beispiel, wenn es heißt: „Aufsichtsbehörden müssen in Beachtung ihrer men­schenrechtlichen Schutzpflichten gegenüber Menschen mit schweren Beeinträchtigun­gen jedem Hinweis nachgehen und deren Betreuung in nicht behördlich genehmigten Einrichtungen unterbinden“.

Da ist schon einmal die Frage: Was ist eine schwere Beeinträchtigung? Der ganze Be­reich Demenz fällt da leider noch immer ziemlich unter den Tisch, was die Einstufung in die entsprechenden Pflegestufen betrifft. Aber, wie gesagt: Was ist eine schwere Be­einträchtigung?

Und was die Betreuung betrifft, stellt sich die Frage: Was macht man dann, wenn eine Betreuung in behördlich genehmigten Einrichtungen nicht möglich ist? Es gibt den Fall, wo Demenzkranke nach Thailand gebracht und dort in eigenen Dörfern versorgt wer­den. Das sollte nicht passieren! Sperrt man so etwas zu? Und dann stellt sich die Fra­ge: Was tut man mit der Familie? Also: Was tut man mit all denen, die häuslich betreut werden? Es kommen ja immer wieder Fälle zutage – Extremfälle –, wo die Betreuung bei Weitem nicht funktioniert. Die häusliche Pflege entspricht nicht dem Idealbild, und eine Kontrolle oder eine Sozialhilfe, wo die Pflegebedürftigen aufgesucht werden, ist auch nicht wirklich gut ausgebaut oder in dem Maß vorhanden, wie wir uns das wünschen wür­den oder wie es wahrscheinlich auch notwendig wäre. Also auch das ist ein Bereich, wo noch viel zu tun wäre.

Ich erinnere mich noch gut an die Enquete zum Thema Pflege, wo jemand aufgestan­den ist und bemerkt hat, eigentlich ginge es um die Frage: Wie halten wir die Angehöri­gen bei der Stange? – Eine ehrliche Meldung! Und ich merke an, das ist ein Bereich, wo die Lage noch, sage ich, akuter wird, schwieriger werden wird, und die Art und Wei­se, wie wir damit umgehen, stellt eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung dar.

Natürlich ist die Finanzierung ein Problem. Wenn man sich nur ausrechnet, wie viele Al­tenheime in den Gemeinden sind und wie viele Vollzahler wir dort drinnen haben, dann weiß man, dass in fast allen Fällen trotz Pflegegeld die Sozialhilfe einspringen muss, um den Altenheimplatz entsprechend finanzieren zu können. Das ist Realität! Und wir alle sind dafür, dass die Arbeitskräfte, die in der 24-Stunden-Betreuung eingesetzt sind, eigentlich nach unseren Standards finanziert werden. Es ist also natürlich ein finanziel­les Problem! Es ist für die Gemeinden eine große finanzielle Herausforderung, entspre­chende Einrichtungen zu bauen, zu erhalten und zu finanzieren. Davor dürfen wir die


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