BundesratStenographisches Protokoll869. Sitzung / Seite 69

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nehmen, und 0,3 Prozent sind sogenannte Großbetriebe, die Leistungsbetriebe, wobei die Vernetzung zwischen Kleinstbetrieben, EPUs, Mittel- und Großbetrieben viel enger ist, als wir alle glauben. Ein Drittel aller österreichischen Investitionen wird nämlich von diesen 0,3 Prozent, also von diesem Promillebereich, praktisch festgelegt. Daher ist für uns von der FPÖ die Betrachtung der gesamten Unternehmenslandschaft wichtig. Wir wollen, dass nicht punktuell ein Partikularismus herausgearbeitet, sondern dass die ge­samte Unternehmenslandschaft beleuchtet wird, insbesondere die Kostenstruktur für alle Unternehmen, denn die Kosten gehören gesenkt.

Interessant ist auch – das wurde im Ministerium zu Recht festgehalten – die Konzen­tration auf die wachstumsorientierten Unternehmen. Diese werden in Summe mit 3 400 spezifiziert, zur marktorientierten Wirtschaft gehören aber nur 3 000. – Jetzt würde mich interessieren: Wohin gehören diese 400 Unternehmen eigentlich? Als Wiener muss ich schon fragen: Wem gehören diese 400? Das sind ja auch Konzerne!

Bundeskanzler Kern sagt, dass er gegen Konzerne ist. Wie sieht es aber mit seinen eigenen SPÖ-Konzernen aus? Mich würde interessieren – ich hätte gerne, dass diese Fußnote gesetzt wird –, wem diese 400 im Bericht angeführten Unternehmen gehören. Ich nehme an, das es sich dabei um die Wiener Stadtwerke Holding, um die Wien Holding oder andere SPÖ-nahe Betriebe hier in Wien handelt. In den von der ÖVP regierten Bun­desländern wird sich das dann wahrscheinlich vice versa, spiegelbildlich auf der ÖVP-Seite darstellen.

Noch ein wichtiger Punkt: Ich weiß, lieber Herr Minister, wenn ich so sagen darf, dass du dich sehr mit den Gründungen beschäftigst, und die Start-ups sind dabei ein essen­zieller Punkt, um eine Gründungsoffensive implementieren zu können. Aber der zweite Schritt ist das Wachstum. Im Anhang zum Bericht ist der Unternehmenszyklus sehr schön analysiert, also die Perioden eines Unternehmens: Beginn, Gründung, Start-up, Wachstum, Reifephase und entsprechende Konjunkturwellen. Aber gerade am Wachs­tum hapert es in Österreich! Wie können sich Unternehmen im internationalen und im nationalen Wettbewerb wachstumsmäßig behaupten? – Dabei ist das Thema der Fi­nanzierung ein essenzieller Punkt.

Ich darf in diesem Zusammenhang ein Beispiel nennen: Die Delivery Hero AG, ein Start-up, gegründet 2011 in Deutschland, hatte im zweiten Jahr unglaubliche 250 Millionen € Verlust, im dritten Jahr noch einmal 119 Millionen €. Dieses Unternehmen wäre in Ös­terreich längst sang- und klanglos in Konkurs gegangen, in Deutschland war das aber nicht der Fall. Dort hat sich nämlich eine Investmentbank dieses Unternehmens ange­nommen, weil man wusste, dass in diesem junge, pfiffige Leute agieren, die innovative Ideen haben, die man unterstützen wollte. Daher hat die Bank diesen Leuten einen Kre­dit von unglaublichen 300 Millionen € gegeben. Diesen konnten sie bisher noch nicht zu­rückzahlen, in den letzten Tagen ist ihnen das aber sehr wohl gelungen, weil sie an die Börse gegangen sind. – Dieser Begriff fehlt mir im vorliegenden Bericht vollkommen! Im ganzen Mittelstandsbericht finde ich den Terminus der jahrhundertealten Wiener Börse nicht.

Das genannte Unternehmen hat in Deutschland in den vergangenen zwei Wochen in­nerhalb von wenigen Tagen eine Milliarde Euro lukriert, und das ist Eigenkapital und kein Fremdkapital à la Bankkredit, und daher konnten sie den Investmentbankern in we­nigen Stunden diese gesamten 300 Millionen € auf den Tisch legen. Somit ist die Delivery Hero AG ein nationales, deutsches, wachstumsorientiertes Unternehmen. Sie haben üb­rigens über 6 000 Mitarbeiter, das darf man auch nicht unterschätzen. Es gibt also auch digitale, technisch orientierte Unternehmen, die sehr wohl eine entsprechende Mitarbei­terzahl haben.

Ein solches Reüssieren eines Unternehmens wäre in Österreich unmöglich gewesen! Wir haben kaum einen Kapitalmarkt; das wurde im Bericht ohnehin verifiziert. Wir ha-


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