11.48.45

Vizekanzler Heinz-Christian Strache: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! Am 15. Oktober hat es im Rahmen der demokratischen Wahlentscheidung eine sehr, sehr klare Entscheidung dahin gehend gegeben, dass es eine neue stärkste politische Kraft im Land gibt, dass es, auch mit der Freiheitlichen Partei Österreichs, die ein deutliches Plus erhalten hat, zwei große Wahlgewinner gegeben hat. Dass mit dieser demokratischen Wahlentscheidung der Wunsch nach Veränderung sichtbar geworden ist, kann niemand bestreiten.

Als sich dann in der Folge die Sozialdemokratische Partei selbst aus dem Koalitions­gesprächsrennen genommen hat, indem sie mitgeteilt hat, sich in die Opposition zu bewegen, war offensichtlich auch dem Vertreter der ÖVP, Sebastian Kurz, klar, dass es nur mit der Freiheitlichen Partei Österreichs möglich ist, nachhaltig Verhandlungen zu führen. Im Zuge der Vorgespräche haben wir das damals auch festgestellt. Der Herr Bundespräsident hat in der Folge Sebastian Kurz einen Regierungsbildungsauftrag erteilt, und wir haben dann die Verhandlungen auf Basis – und ich sage das ganz bewusst – großer Seriosität, Qualität, aber auch mit dem Wollen, zügig zu einem guten Ergebnis für Österreich zu kommen, begonnen.

Das war auch mit gegenseitiger Wertschätzung erfüllt, denn da lernt man sich dann natürlich näher kennen, kann die Verhandler durch das persönliche Näherken­nen­lernen menschlich besser einschätzen, und dieser gegenseitige Respekt war einfach eine gute Grundlage, um sich zu finden.

Da geht es natürlich um Ehrlichkeit, um Aufrichtigkeit, um Anstand. Wir sind beide mit klaren Programmen, mit inhaltlichen Grundsätzen, mit Forderungen, die wir auch einhalten wollen, in die Wahl gegangen. Dass das Einhalten natürlich nicht überall zu 100 Prozent möglich sein kann, ist uns beiden bewusst gewesen. Wir haben keine absolute Mehrheit, keiner von uns beiden, und daher war uns klar, wir wollen so viele unserer Wahlversprechen wie möglich in einem Regierungsprogramm wiederfinden; und, das sage ich sehr bewusst, das ist beiden Seiten zu jeweils 75 Prozent gelungen.

Das ist aber natürlich auch dem Umstand geschuldet, dass ja viele Programmpunkte auch schon in den Wahlprogrammen zuvor ähnlich oder fast identisch gewesen sind. Jeder hat dann auch noch da oder dort zusätzlich eine Umsetzung gefordert und eini­ges auch durchgesetzt. Ich glaube – und das ist ganz, ganz wesentlich –, die Men­schen haben es in den letzten Jahren durchaus sattgehabt, dass man permanent ein öffentliches Hickhack innerhalb der Regierung erlebt hat, dass man die Differenzen, die da oder dort natürlich gegeben sind, immer wieder öffentlich ausgetragen hat. Ich glaube, das war ein Zustand, über den viele Menschen gesagt haben, den wollen sie nicht.

Es wird auch unser Anspruch sein, das in Zukunft anders zu leben, da das Interesse der österreichischen Bevölkerung im Auge zu haben und im Sinne von Respekt gegenüber der eigenen Bevölkerung die Arbeit und die Verantwortung im Auge zu haben. Wir verstehen unsere Arbeit so, dass wir der österreichischen Bevölkerung zu dienen haben, und zwar mit Verantwortung, aber vor allen Dingen auch in großer Demut, denn wir sind alle endlich, wir wissen, dass diese Aufgabe, die wir übertragen bekommen haben, eine Aufgabe mit großer Verantwortung ist. Daher wollen wir, solange wir diese Aufgabe haben, das Beste tun und können versprechen, mit bestem Wissen und Gewissen Inhalte, die unser Land auch vorwärtsbringen, für die öster­reichische Bevölkerung umzusetzen.

Es braucht viele, viele kleine Schritte, damit man am Ende dann auch auf dem Berg­gipfel ankommt. Und ich habe das auch im Rahmen unserer Regierungserklärung im Nationalrat schon bewusst festgehalten: Es ist nicht der Anspruch, alles anders machen zu wollen, aber es ist unser Anspruch, vieles besser machen zu wollen.

Wir sind keine Wunderwuzzis, auch keine Zauberer – nein! –, aber den Anspruch, vieles besser machen zu wollen, den haben wir und der ist notwendig, das erwarten sich auch die Menschen. Da geht es nicht um Eitelkeiten, um Parteiinteressen, son­dern eben ausschließlich um die Interessenlage der eigenen Bevölkerung. Daher haben wir unsere Programmpunkte unter dem Titel „Zusammen. Für unser Österreich.“ ganz klar festgelegt. Goethe hat einmal gesagt: „Sein Jahrhundert kann man nicht verändern, aber man kann sich dagegen stellen und glückliche Wirkungen vorbe­reiten.“ – Solch glückliche Wirkungen vorzubereiten ist sozusagen die Aufgabe, die wir jetzt leben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Zelina.)

Wir haben ganz klare Grundsätze im Programm, die uns besonders wichtig waren, nämlich mehr Sicherheit für die österreichische Bevölkerung umzusetzen – mehr Sicherheit in dem Sinn, dass es ganz konkret darum geht, den Exekutivbeamten zur Seite zu stehen und darauf zu achten, dass es in Zukunft mehr Planstellen für die Exekutive in Österreich gibt, um den herausfordernden Aufgaben und der gestiegenen Kriminalität, aber auch der Terrorismusbedrohung entgegentreten zu können. Das ist ein wesentlicher Punkt; und mit 2 100 zusätzlichen Planstellen haben wir uns genau dieses Punktes ganz klar und deutlich angenommen.

Wir haben festgehalten, dass mehr Polizeischüler ausgebildet werden müssen. Wir werden im Jahr 2021 die Situation haben, dass es einen großen natürlichen Abgang von Polizisten in die Pension geben wird, und damit würde ein großes Loch aufge­rissen werden, wenn wir jetzt nicht gegensteuern.

Wir haben festgehalten, dass es auch vernünftig wäre, ein neues Exekutivdienstgesetz im Rahmen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes sicherzustellen, sodass auch die Beamten, die im höheren Alter, so ab 60 Jahren, nicht mehr außendienstfähig sind, im Bereich des Innendienstes und der Verwaltung trotzdem ihre Sicherheitszulagen oder Außendienstzulagen erhalten und nicht so wie heute mit 60,5 oder 61 Jahren in Pension gehen und damit abhandenkommen. Da muss man gegensteuern, denn da geht es um Effizienz und letztlich auch um Sparsamkeit im Sinne des Systems und der Aufrechterhaltung des Systems.

Natürlich geht es auch um eine bessere Ausrüstung. Es geht darum, dass auch die Rückenstärkung im Kampf gegen das Verbrechen vorhanden sein muss und man die Beamten da auch nicht im Stich lassen darf. Genau das sind ganz, ganz wesentliche Bereiche, die wir im Programm festgehalten haben.

Wir trennen klar zwischen Zuwanderung und Asyl – ja! –, und wir bekennen uns auch klar zu einem Staat, der für Ordnung und Sicherheit eintritt. Zum Thema Asyl: Jeder Mensch, der unsere Hilfe braucht, soll vor Verfolgung geschützt werden, aber das bedeutet, den Schutz auf Zeit im Sinne des Asylrechts sicherzustellen. Das bieten wir jenen Menschen, die wirklich vor Verfolgung flüchten, aber sobald diese Verfolgung ein Ende gefunden hat, sollte man auch wieder in sein Heimatland gehen und am Aufbau und Wiederaufbau mithelfen und dort mitgestalten.

Daher werden wir auch die Schritte hin zu einem effizienteren Asylwesen setzen, wenn es um eine konsequente Rückführung abgelehnter Asylwerber geht, wenn es darum geht, dass wir im Bereich der Migrationspolitik ganz klar definieren, dass es hier selbst­verständlich legale Migration gibt, wobei wir diesbezüglich klare Anforderungen festlegen. Das soll natürlich keine Zuwanderung in das Sozialsystem, sondern in den Arbeitsprozess sein. In diesem Sinne erwarten wir natürlich auch eine positive Inte­gration.

Das sind natürlich die Herausforderungen, um die es geht. Es geht in diesem Bereich auch um die Schwerpunkte Effizienzsteigerung bei Asylverfahren, bei Außerlandes­brin­gungen und bei fremdenpolizeilichen Verfahren sowie eine Anpassung der Leistungen für Asylwerber in der Grundversorgung.

So gesehen haben wir natürlich bei der Mindestsicherung zu Recht angesetzt, sodass diese in Zukunft verändert wird, Geldleistungen für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte in der Mindestsicherung Neu auf 365 Euro Grundleistung reduziert werden und darüber hinaus ein Integrationsbonus von 155 Euro möglich wird. Wir wollen da ganz klar auch das Anreizsystem, das wir bis heute haben, anders gestalten, denn natürlich hat das dazu geführt, dass sich solche Anreize in der Welt herum­sprechen und viele Menschen auch deshalb aufbrechen, um zu uns zu kommen. Genau diese Anreize werden verändert; und die Leistungen – auch für eine Bedarfs­gemeinschaft – werden in Zukunft mit 1 500 Euro gedeckelt, damit es eben nicht zu diesen Situationen kommt, wie wir sie heute vor allen Dingen in Wien vorfinden. (Zwi­schenruf des Bundesrates Stögmüller.)

Es kann nicht sein, dass Familien, von denen noch niemand bei uns gearbeitet hat, die noch nie eine Stunde einen Beitrag für unsere Gesellschaft geleistet haben, die noch nie ins Sozialversicherungssystem eingezahlt haben, 3 500 Euro netto oder mehr bekommen. Jeder Mensch, der hart arbeitet und dessen Gehalt teilweise nur knapp über der Summe der Mindestsicherung liegt, sagt dann zu Recht: Das kann doch nicht fair und nicht gerecht sein! – Solche Systeme gehören einfach fair und gerecht ge­staltet, und Missbrauch gehört abgestellt! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Natürlich werden wir auch eine europarechtskonforme Indexierung der Familienbeihilfe veranlassen, nämlich die Anpassung an die Lebenshaltungskosten im jeweiligen Staat, denn bei uns hat das Prinzip zu gelten, dass Eltern von Kindern, die hier in Österreich leben, die Familienbeihilfe und das Kindergeld zu erhalten haben, aber nicht jene, deren Kinder gar nicht hier im Land sind. Da ist das Herkunftslandprinzip durchaus ein vernünftiger Ansatz.

Die Effizienzsteigerung ist ein Reformanspruch, den wir haben. Wir wollen die Doppel­gleisigkeiten des Systems mit einer Transparenzdatenbank endlich abstellen. Diese soll von den Ländern endlich befüllt werden, und wenn das nicht der Fall ist, dann soll es entsprechende Konsequenzen geben. Wir wollen Doppelgleisigkeiten abstellen! Es kann nicht sein, dass Förderungen zu Unrecht kassiert werden und dass man nicht bereit ist, das im Sinne der Transparenz sichtbar zu machen, um es abstellen zu kön­nen.

Wir wollen natürlich auch eine österreichweite Leistungsharmonisierung bei den Sozial­versicherungsträgern umsetzen, und da ist es vernünftig, die Zahl der Sozialversiche­rungsträger deutlich zu reduzieren, nämlich von über 20 in Richtung fünf. Das bedeutet eine Ersparnis im Verwaltungsapparat. Aber selbstverständlich wird auch eine Harmo­nisie­rung notwendig sein – in manchen Bereichen eine Steigerung, in manchen auch eine Verflachung nach unten; das wird man im Sinne der sozialen Gerechtigkeit und auch im Sinne der Leistungsoptimierung für die Patientinnen und Patienten zu ge­stal­ten haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ja, es ist uns besonders wichtig, dass wir endlich entlasten. Wir sind als neue Bundesregierung auch mit der politischen Verant­wortung angetreten, einiges anders zu machen als die Regierungen zuvor. Wir haben den Anspruch, die erste Bundesregierung seit langer, langer Zeit zu sein, unter der es keine neuen Steuern und keine Steuererhöhungen gibt. Wir wollen bei uns sparen, beim System, wir wollen die Menschen entlasten und keine neuen Steuern einführen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Genau das erwarten sich die Menschen. Wir werden daher gleich zu Beginn des nächsten Jahres jene fleißigen kleinen Arbeitnehmer, die Vollzeit beschäftigt sind und 1 348 Euro bis 1 948 Euro brutto im Monat verdienen, entlasten, indem wir die Sozial­versicherungsbeiträge – nämlich die Beiträge für die Arbeitslosenversicherung – sen­ken und diesen Menschen damit durchschnittlich 320 Euro netto im Jahr mehr geben. Das brauchen die Menschen zum täglichen Leben, und es ist nur fair und gerecht, dass jene, die 40 Stunden arbeiten, gerade dann, wenn sie kleinere Einkommen haben, endlich auch eine Entlastung erfahren. (Bundesrat Novak: Wo sind die ande­ren?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jene Menschen, die weniger als 1 300 Euro brutto verdienen, zahlen ja keine Steuern und auch keine Arbeitslosenversicherung, für die wird man halt schwer die Arbeitslosenversicherungsbeiträge senken können. (Bundesrätin Posch-Gruska: Da müsst ihr halt einmal was anderes nehmen, das ist ja nicht so schwer!) – In den letzten Jahren, in denen Sie die Verantwortung gehabt haben, haben Sie nur überlegt, wie man die Menschen zusätzlich belasten kann. Sie haben sie nicht entlastet. Wir werden sie entlasten. Das ist unser Ansatz. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Zelina. Zwischenruf des Bundesrates Novak.)

Wir werden auch im Bereich Entlastung von Familien etwas tun. Ja, die Kinder in unserer Gesellschaft sind alle gleich. (Bundesrat Stögmüller: Da sind aber die reichen ...!) Wir werden im Bereich der Familienbeihilfe und des Kindergeldes selbst­ver­ständlich dazu beitragen, dass die notwendigen Erhöhungen erfolgen, aber wir werden darüber hinaus für jene Familien, die Kinder haben, auch pro Kind 1 500 Euro Familienplus beziehungsweise einen Kinderbonus ermöglichen, und das ist wichtig, denn Menschen, die Kindern das Leben schenken, schenken unserer Gesellschaft Zukunft. Da haben wir eine besondere Verantwortung, denn da fallen Kosten an, es arbeiten oft beide Elternteile, damit es ihren Kindern besser geht, und wir bestrafen sie, indem wir oftmals mit hohen Steuern ansetzen (Ruf bei der SPÖ: Das stimmt nicht!) und nicht zwischen jenen, die keine Kinder haben, und jenen, die Kinder haben, differenzieren. Verantwortung bedeutet, da zu handeln, und daher werden wir genau da mit 1 500 Euro Entlastung pro Kind und Jahr ansetzen. Das ist fair und gerecht!

Jene Arbeitnehmer, die 40 Jahre hart gearbeitet und in das Sozialsystem eingezahlt haben, sollen endlich eine Mindestpension von 1 200 Euro netto monatlich erhalten, denn auch das ist nur fair und gerecht, und es ist eine Schande, dass das nicht heute schon Realität ist, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Zelina.)

Auch das klare Bekenntnis zur Verantwortung, die wir für unsere Geschichte tragen, und zur Mitschuld an dem Leid, das Millionen von Menschen angetan wurde – ein gezielter Massenmord an Juden, der verübt wurde, weil sie eine andere Religion ha­ben –, haben wir im Regierungsprogramm festgehalten. Ja, dieser Verantwortung und dieser Mitschuld sind wir uns bewusst, und wir werden daher im Gedenkjahr 2018 ein klares Zeichen setzen, weil wir Verantwortung tragen und ein klares Zeichen gegen Anti­semitismus in unserer Zeit setzen wollen. (Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller.Der Antisemitismus in unserer Zeit, Herr Kollege, ist aber jener, der zum Teil verant­wortungsloserweise importiert worden ist. (Bundesrat Stögmüller: Ja, aus Deutschland! Küssel! – Bundesrätin Mühlwerth: ... nur auf einer Seite blind sein!)

Genau da haben wir den Anfängen zu wehren, wenn wir erleben, dass heute in Wien oder anderswo in Österreich antisemitische Demonstrationen stattfinden können, die in unserer Gesellschaft nichts verloren haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren, da wird es auch von meiner Seite weiterhin – wie ich das seit Jahren lebe – das Bemühen geben, ein korrektes Verhältnis, ein Freundschaftsverhältnis mit Israel aufzubauen. Es ist mir nämlich ein Herzensanliegen, so sehe ich das, eine vertrau­ensvolle Basis mit Israel auf Dauer zustande zu bringen, und es wird der Tag kommen, an dem die jüdische Community und vor allem auch die israelische Regierung das im positiven Sinn auch so sehen werden.

Bis dahin freue ich mich auf jedes Gespräch und jeden Schritt in Richtung einer weiteren Annäherung. Für ein prophylaktisches Vertrauen in unsere Regierung wäre und bin ich sehr dankbar. Wenn man die letzten Tage die Zeitungen gelesen hat: Der Botschafter bleibt selbstverständlich in Österreich, und es wird auch selbstverständlich der Kontakt mit dem Bundeskanzler auf diplomatischer Ebene und mit allen Ministerien auf Beamtenebene gelebt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist aber auch mir wichtig, die Themen, die wir im Wahlkampf versprochen haben, zusätzlich herauszuheben.

Direkte Demokratie: Ja, das ist uns ein Herzensanliegen, und das wollen wir auch schrittweise in der kommenden Legislaturperiode umsetzen. Das ist ein historischer Akt, ein historischer Schritt in unserem Land, denn wenn wir es schaffen – und das war ja noch nie in der Zweiten Republik der Fall –, Volksinitiativen, die dann zu einer ver­bindlichen Volksabstimmung führen, gesetzlich zu gewährleisten, dann ist das wirklich ein historischer Akt, denn dann hat die Bevölkerung endlich die Möglichkeit, bei natio­nalstaatlichen Fragen, ganz gleich, bei welchen – ob sie zum Beispiel wieder die traditionelle Hymne will (Ah-Rufe bei SPÖ und Grünen Bundesrat Stögmüller: Essenziell!), ob sie das allgemeine Rauchverbot will oder nicht oder auch in anderen Fragen –, selbst zu bestimmen, und muss keine Verordnung von oben einfach hin­nehmen.

Das ist unser Zugang, denn wir haben keine Angst vor der österreichischen Bevölke­rung. Deshalb halten wir es für besonders wichtig und notwendig, das Parlament und die parlamentarische Demokratie durch die direkte Demokratie im positiven Sinn zu ergänzen. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist auch ein wichtiger Bereich, Reformen in unserem Land sicherzustellen. Ich stehe nicht an, zu sagen, ich habe nicht überall die freiheitlichen Grundsätze zu 100 Prozent durchgebracht. Die Ceta-Volksbefragung war uns ein wichtiges Anliegen. Da muss man aufrichtig und ehrlich sein und sagen: Ja, da haben wir uns nicht durchgesetzt! (Zwischenruf des Bundesrates Weber.) Was wäre aber die Konsequenz gewesen? Dass die ÖVP und die SPÖ das sowieso umgesetzt hätten und ansonsten die Regierung wieder so fortgesetzt worden wäre wie die letzten zwölf Jahre. Es hätte kein Bürger in Österreich verstanden, wenn wir deswegen die Verhandlungen hätten platzen lassen.

Für die ÖVP war das eine rote Linie. Das ist eine Altlast, die wir jetzt mitzutragen haben. Der Herr Bundeskanzler außer Dienst Kern hat ja Ceta letztlich unterstützt und überhaupt möglich gemacht, dass dieses Freihandelsabkommen seit einiger Zeit bereits in Kraft ist. Jetzt geht es um den EU-Schiedsgerichtshof. Der ist der nächste Schritt, der folgen wird. Uns wäre eine Volksbefragung wichtig gewesen, wir hätten sie uns gewünscht, aber man muss dann auch zur Kenntnis nehmen, dass das für den Partner eine rote Linie war. Deswegen aber alle Errungenschaften, die wir in Zukunft in der Regierung durchsetzen werden, einfach fallenzulassen und zu sagen, dann ziehen wir uns zurück und lassen die bisherige Regierung weiterarbeiten wie bisher, das hätte unserem Anspruch nicht entsprochen. Das hätten die Bürgerinnen und Bürger auch nicht verstanden.

In vielen Bereichen waren Reformen von uns natürlich gewünscht. Wir haben etwa ganz bewusst gesagt, die Kammerzwangsmitgliedschaft würden wir gerne abschaffen. Wenn man dann aber in den Verhandlungen erlebt, dass der Partner sagt: Nein, das geht nicht, aber wir wollen Reformen und wir unterstützen Reformen!, dann muss man das auch akzeptieren, dann muss man sich im Sinne eines Kompromisses finden. Wir haben uns also darauf geeinigt, Reformen in Angriff zu nehmen, die Sozialpartner einzuladen und mit ihnen Gespräche aufzunehmen, denn sie haben in den letzten Jahrzehnten eine wichtige Aufgabe erfüllt.

Ich bin davon überzeugt, dass alle Kammervertreter verstehen werden, dass man bei sich selbst auch einmal sparen und einmal die Mitglieder entlasten muss. Es kann nicht sein, dass man jedes Jahr Hunderte Millionen Euro an Zwangsbeiträgen einnimmt und nicht bereit ist, einmal über Entlastungsschritte nachzudenken. Ich glaube sehr wohl, dass es vernünftig wäre, die kleinen Unternehmer und die kleinen Arbeitnehmer end­lich durch Mitgliedsbeitragssenkungen zu entlasten, damit die auch mehr im Geldbörsl haben. Ich glaube, das ist der richtige Ansatz, denn so kann jeder seinen Beitrag zur Entlastung leisten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Zelina.)

Natürlich wird es auch beim ORF eine Reform geben, über die werden wir noch ver­handeln; das wird Anfang 2019 so weit sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren – ich komme schon zum Ende –, es war uns auch ein Anliegen, den Wunsch der Südtirolerinnen und Südtiroler ernst zu nehmen. Alle Parteien in Südtirol haben ja mit einem Antrag sehr klar und deutlich den Wunsch an uns herangetragen, in Zukunft auch die doppelte Staatsbürgerschaft in Anspruch nehmen zu können. Diesen Wunsch nehmen wir sehr, sehr ernst. Südtirol ist uns ein Herzensanliegen. Wir wollen das gemeinsam mit unserem befreundeten Nachbarland Italien in Gesprächen sicherstellen.

Sie wissen sicherlich, dass Italien selbst das bereits seit Jahren gesetzlich umgesetzt hat. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass Italiener, die nicht in Italien leben, und insbesondere die italienische Minderheit in Slowenien und Kroatien eine Doppel­staats­bürgerschaft erhalten.

Es ist nicht nur in Italien so, sondern es ist in vielen Ländern der Europäischen Union eine Selbstverständlichkeit, dass Bürger, die nicht im Land leben und die jeweilige Staatsbürgerschaft nicht haben, diese angeboten bekommen. So etwas sollte inner­halb der Europäischen Union selbstverständlich möglich sein.

Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, da kommt vieles auf uns zu, zum Beispiel auch, was Zwänge und Bevormundung betrifft, denn da gibt es natürlich unterschied­liche Meinungen und Positionen.

Wir stehen zum Nichtraucherschutz, ja, wir wollen die Nichtraucher vor Passivrauch schützen. Wir wollen in diesem Bereich auch den Jugendschutz ausbauen. Wir wollen aber keine staatliche Bevormundung und keine staatlichen Zwangsverbote. Wir wollen, dass es eine Wahlfreiheit gibt.

Ein Gastronom muss selbstverständlich den Nichtraucherbereich rauchfrei halten, damit jeder Nichtraucher vor Passivrauch geschützt wird. Jedoch sollte auch jeder Bürger die Freiheit haben, in einen eigenen, abgetrennten Raucherbereich zu gehen, um dort bei einer Melange oder einem Achterl Wein seine Zigarette genießen zu können. Niemand wird dabei belästigt. Das ist Freiheit und Selbstbestimmung – ein ent­scheidender Punkt, der uns natürlich wichtig war.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich zu meinen zukünftigen Aufgaben­bereichen komme – ab dem 8. Jänner gehören dazu der öffentliche Dienst und der Sport –, möchte ich noch etwas zu den Verhandlungen und zur Angelobung sagen.

Ich darf mich beim Herrn Bundespräsidenten für die vielen guten und sehr ehrlich geführten Gespräche und für die Art und Weise, wie er die Angelobung vorgenommen hat – sehr, sehr herzlich und sehr, sehr korrekt –, bedanken. Das zeigt, dass gegen­seitiger Respekt über die Parteigrenzen hinaus auch wirklich gelebt werden kann; genau so wünschen sich das die Österreicher auch.

Zum Abschluss komme ich zu meinem Aufgabenbereich Sport. Sport ist ein wesent­licher Bestandteil im Leben der Österreicherinnen und Österreicher. Millionen Men­schen sind jeden Tag bei den unterschiedlichsten Veranstaltungen davon begeistert. Es gibt viele Menschen, die mit Begeisterung Sport betreiben. Über 500 000 Ös­ter­reicher stellen jede Woche dafür ihre Freizeit zur Verfügung und sind ehrenamtlich im Sportbereich tätig.

Da ist viel zu tun. Ich möchte die österreichische Sportnation weiter vorwärtsbringen, uns als Sportnation etablieren. Ich bin der Meinung, dass es bessere Rahmenbe­dingungen braucht. Es ist notwendig, dass das Geld, das wir dafür aufbringen, noch direkter zu den Sportlern kommt, damit wir – nicht nur im Bereich des Spitzensports, sondern auch in den Randsportarten – besser werden und eine gute Entwicklung sicher­stellen können.

Dafür werden wir eine strategische Steuerungsgruppe benötigen. Ich will auch eine neue Sportstrategie entwickeln und im Bereich der Sportförderung neue Akzente in Richtung einer notwendigen schlanken Abwicklungsstruktur setzen.

Wir wollen Sport und Bewegung als Grundlage einer gesunden Lebensführung weiter stärken und junge Menschen dafür begeistern. Das ist auch ein gesundheitspolitisch präventiver Ansatz, der natürlich auch in den Schulen stattfinden beziehungsweise dort weiter ausgebaut werden muss.

Ich denke da auch an die vielen Kinder aus armen Familien, die es sich heute oftmals nicht leisten können, an einer Schulskiwoche teilzunehmen. Gerade für diese Familien will ich im Sinne eines sozialverantwortlichen Fonds Sorge tragen, dass sie sich in Zukunft die Schulskiwoche leisten können, indem wir ihnen unter die Arme greifen.

Das sind Ansätze, die, glaube ich, ganz, ganz wichtig und notwendig sind.

Wir haben uns in der Frage der Europäischen Union, wie heute bereits angesprochen wurde, für mehr Subsidiarität ausgesprochen. Wir stehen zu unserer österreichischen Neutralität. Wir wollen diese wieder beleben und verstärkt in der Welt zum Einsatz bringen.

Ja, wir stehen auch zur österreichischen Souveränität. Wir wollen diese nicht auf­geben, wir wollen eine gute Zusammenarbeit mit der Europäischen Union nach dem Motto: weniger, aber diese wenigen Dinge sollen in der Europäischen Union gut bewerkstelligt werden, denn da ist weniger oft mehr. Im Sinne der Subsidiarität wissen wir in vielen Bereichen besser, was gut für die Regionalität und die Entwicklung unseres Landes ist.

So gesehen bin ich trotz aller Kritikpunkte, die natürlich vonseiten der Sozialdemo­kratie, die die letzten zwölf Jahre Regierungsverantwortung getragen hat, kommen wer­den, guter Dinge. Kritik ist willkommen, sie ist erwünscht – solange sie redlich und ehrlich ist, denn mit Verdrehungen werden wir nicht weiterkommen.

In den letzten Tagen habe ich solche Verdrehungen schon gehört. Glauben Sie mir, Hartz IV kommt nicht, nein! Das ist eine Unwahrheit, die sie zehnmal, hundertmal wiederholen können – solch ein Unsinn! (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) Das Gegenteil ist der Fall, wir werden eine Verbesserung für Langzeitarbeitslose sicher­stellen, indem sie nämlich statt 50 Prozent in Zukunft 60 Prozent bekommen. Das ist der wesentliche Punkt.

Wir werden aber nicht zusehen, wenn Menschen gar nicht bereit sind, irgendeine Leistung für die Gemeinschaft zu erbringen. Das ist nämlich auch ein Prinzip, wenn es um Fairness und Gerechtigkeit geht.

Ich kann Ihnen auch versprechen, dass wir gerade bei jenen, die unsere Hilfe brauchen, nämlich bei den Ärmsten der Armen, den Pflegebedürftigen, ansetzen wer­den. Wir werden bei den Pflegestufen ansetzen, zu denen Sie den Zugang erschwert haben, damit pflegebedürftige Menschen wirklich Betreuung erhalten und damit sie ab Pflegestufe 4 mehr Pflegegeld erhalten, denn das sind wirklich die Ärmsten der Armen, die unsere Hilfe brauchen.

Das ist Verantwortung im Sinne von sozialer Fairness und Gerechtigkeit, die aber gleichzeitig auch den Anspruch hat, dass jeder in unserer Gesellschaft einen Beitrag für die Allgemeinheit zu leisten hat und man nicht nach dem Prinzip leben kann: Ich mache nichts, aber ich fordere!

Das ist, glaube ich, ein ganz wesentlicher Ansatz, der falsche Entwicklungen abstellen will. Bis dato gab es ja eher die Entwicklung in unserer Gesellschaft: In der Schule schaffen wir die Noten ab, es gibt keine Bewertungen mehr. Die Kinder können immer schlechter lesen, schreiben und rechnen – und nach der Schule geht es am besten gleich in die Mindestsicherung. (Bundesrat Schennach: Ist Ihnen das nicht selbst schon ein bisschen zu blöd? Wir sind nicht in einem Wirtshaus! – Bundesrätin Grimling: Das ist ja eine Frechheit!)

Das ist ein linkes Gesellschaftsmodell, das nicht unserem entspricht; und das ist auch ein ganz wesentlicher Punkt, den wir ebenso festgehalten haben: Benotungen, Bewer­tungen, damit die Kinder rechtzeitig aufgefangen und gefördert werden können und dann hoffentlich nach dem Schulaustritt die Chance haben, eine Lehrstelle zu finden.

Das ist der Ansatz. Ja, wir brauchen Facharbeiter, wir brauchen gut ausgebildete junge Menschen, die einen ordentlichen Beruf – Karriere mit Lehre – erlernen können, damit in diesem Land nachhaltig etwas weitergeht und sich jeder einen bescheidenen Wohl­stand erwirtschaften kann. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Zelina.)

12.17

Präsident Edgar Mayer: Ich danke dem Herrn Vizekanzler für seine Ausführungen.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort ist Fraktionsobmann Reinhard Todt gemeldet. – Bitte, Herr Kollege.