15.25.30

Bundesrat René Pfister (SPÖ, Niederösterreich): Werte Frau Präsidentin! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Wir verhandeln jetzt die Novelle zum Bundesministe­rien­gesetz, trotzdem eine Anmerkung in Richtung des Herrn Kollegen Köck: Wenn man zu einem bestimmten Tagesordnungspunkt spricht, dann sollte man schon auch wissen, worüber man spricht, und nicht irgendwelche Unterstellungen und irgendwelche Be­haup­tungen in den Raum werfen. Ich merke hier schon, dass der niederösterreichische Landtagswahlkampf den Bürgermeister bereits in Beschlag genommen hat.

Einleitend möchte ich sagen, in der parlamentarischen Praxis werden Abänderungs­anträge 24 Stunden vor Beginn der jeweiligen Ausschusssitzungen natürlich auch den Oppositionsfraktionen übermittelt, um eine seriöse Vorbereitung – die auch der Herr Vizekanzler und der Herr Bundeskanzler heute schon angekündigt haben – auf die Behandlung eines Antrages im Ausschuss auch zeitgerecht zu ermöglichen. Gerade aber in diesem Fall ist das nicht passiert; die Unterlagen wurden in einer Husch-Pfusch-Aktion relativ kurzfristig, nämlich nicht ganz drei Stunden vor Beginn des Aus­schusses, den Oppositionsfraktionen zur Verfügung gestellt.

Gerade in diesem Fall, liebe Kolleginnen und Kollegen, handelt es sich aber um eine äußerst sensible Materie, da mit diesem vorliegenden Abänderungsantrag, mit den darin aufgelisteten Details der Änderungen in den Bundesministerien das Machtsystem innerhalb der Bundesregierung und letztlich die Struktur, die sich unser Staat in der Bundesverwaltung gegeben hat, ganz, ganz massiv verändert werden. Wir gehen auch davon aus – es ist schon auf den ersten Blick erkennbar –, dass diese Änderungen auch einige verfassungsrechtliche Problematiken beinhalten und aufwerfen werden.

Das betrifft insbesondere die Einrichtung eines Auskunftsrechts für den Bundeskanzler und den Vizekanzler gegenüber Einrichtungen des Bundesministeriums für Inneres und vor allem auch des Bundesministeriums für Landesverteidigung. Es soll also durch eine einfachgesetzliche Verpflichtung möglich sein, auch unter Umgehung des zu­ständigen Ressortministers Auskünfte von ressortfremden Einrichtungen zu verlangen und einzuholen. Das ist aus unserer Sicht grundsätzlich schon sehr, sehr bedenklich und ein verfassungsrechtliches Problem. Zum Megaproblem wird das allerdings da­durch, dass sich eben diese Auskunftsrechte auf sensibelste personenbezogene Daten beziehen; beispielsweise Gefährdungsanalysen, auch im präventiven Bereich, Ana­lysen über Gefährder bis hin zu Analysen über Gefährdungen von kritischer Infrastruk­tur.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieses von mir angesprochene Auskunftsrecht wird im allgemeinen Zuständigkeitsbereich des Bundeskanzlers einfachgesetzlich statuiert, obwohl es gegen die verfassungsrechtlichen Grundprinzipien verstößt; dies, weil am ressortzuständigen obersten Organ der Bundesvollziehung vorbei agiert wird. Kanzler, der seine Minister überwacht, Vizekanzler, der seine Minister überwacht – also sehr viel Vertrauen dürfte nicht herrschen, sonst würde man das nicht machen!

Des Weiteren geht es um die Kompetenzen der Generalsekretäre. Es wird die Mög­lichkeit geben beziehungsweise wird davon schon Gebrauch gemacht, wie ich der Presse vor Kurzem entnommen habe, Ämter für politische Generalsekretäre zu schaffen, die unmittelbar über allen Sektionsleitern, über allen Beamtinnen und Beam­ten stehen. Bei allen Besetzungen in Regierungsbehörden, liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt es bestimmte Anforderungsprofile für die jeweiligen Positionen. Was, bitte schön, ist das, wenn man ohne vorherige Ausschreibung, ohne Vorschriften, ohne Anforderungsprofil Personen über die Beamtinnen und Beamten, die ihr Handwerk hervorragend ver­stehen, stellt? – Das hat so den Anschein: Da kommt jemand, der die Hand auflegt, und dann wird die Funktion verteilt. Der Generalsekretär darf im Auftrag des Ministers oder der Ministerin auch die nicht so freundlichen Dinge machen, und die Well-being-Termine beziehungsweise das Abklatschen in der Öffentlichkeit wird dann von den Minis­terinnen und Ministern abgefeiert.

Der Bundeskanzler kann im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres Weisungen an die Ständigen Vertreter erteilen und greift aktiv in die Gestaltung der Europapolitik ein. Auch das wird geteilt, da gibt es wieder mehrere Zuständigkeiten.

Im Bundeskanzleramt werden weiters die Angelegenheiten der strategischen Netz- und Informationssicherheit und das Ausweichzentrum gebündelt – um diese Kompetenzen haben sich bisher das Bundesministerium für Inneres und das Bundesministerium für Landesverteidigung bemüht –, aber das ist natürlich klar: Es bedarf ja auch der Über­wachung der eigenen Minister.

Die Einsetzung eines Sprechers der Bundesregierung hat ja schon hervorragend funktioniert. Ich nenne ihn den Medienminister, der neben seinen eigenen Aktivitäten auch die Koordinationsfunktion für die Pressesprecher der Bundesministerien über­nimmt und den Bundespressedienst steuert – im Bundespressedienst sind dem Herrn Medienminister über 80 Personen unterstellt – und der natürlich auch für die Kom­munikation und die einseitige Berichterstattung verantwortlich ist und auch weiterhin nur die Überschriften verkaufen wird, wie sich bereits auch in der „Zeit im Bild“ bei Nachfragen gezeigt hat. Also sehr auskunftsfreudig oder sehr gefestigt dürfte der Herr Medienminister noch nicht sein.

Völlig neu ist natürlich auch das Bundesministerium für öffentlichen Dienst und Sport, welches ja mittlerweile nur mehr aus der Dienstrechts- und der Sportsektion sowie aus Teilen des Präsidiums des ehemaligen Gesundheitsministeriums besteht. Also für normale Verhältnisse – leider ist der Herr Vizekanzler heute nicht mehr da – ist das sehr wohl das kleinste Ministerium unter all den Vorschlägen. Und das sind die Auswir­kungen, wenn man zuerst posaunt und vollmundig ankündigt, was alles passieren wird, dass am Ende nur ein Mickymausministerium übrigbleibt. – Lieber Herr Vizekanzler – leider ist er ja nicht mehr da –, gut posaunt und gut gedacht ist nicht gleich gut verhandelt und auch gut gemacht!

Im Bereich des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz – das wird ein Superministerium – wird wirklich alles zusammengefasst. Das wird ein riesiges Ressort, und ich bin noch nicht ganz davon überzeugt, dass es auch so verwaltbar wird, wie man sich das vorstellt. Aber es gibt ja dann eh die Generalsekretäre, die das Ganze dann machen werden, wenn man nicht mehr durchblickt und keine Möglichkeit mehr hat, vertraute oder auch nicht vertraute Personen einzusetzen, um in diesem Ressort den Überblick zu bewahren. Das heißt, es werden viele Dinge in einem Superministerium gebündelt, das dadurch meiner und unserer Meinung nach sehr schwer verwaltbar, kontrollierbar und auch überschaubar werden wird.

Zum Finanzministerium kommen jedenfalls neue Kompetenzen dazu; die Mitwirkung bei der Erstellung des ÖBB-Rahmenplans, die Formulierungen betreffend die ÖIAG, jetzt umformuliert in ÖBIB, Anteilsrechte des Bundes, Elektrizitätsunternehmen und dann natürlich auch Bundesimmobilien und alles, was dazugehört. Da haben wir nicht immer ganz gute Erfahrungen gemacht, denn es hat sich schon einmal unter einer schwarz-blauen Regierung gezeigt, wie es ist, wenn Immobilien und alles, was dazu­gehört, zum Finanzministerium ressortieren, was für blöde Nachwirkungen sich auch sehr, sehr spät danach ergeben können, die uns ja auch jetzt aktuell betreffen.

Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend ist zu sagen, es wundert mich, dass die Kolleginnen und Kollegen die Land- und Forstwirtschaft einfach so herausgestrichen haben. Es heißt jetzt Bundes­minis­terium für Nachhaltigkeit und Tourismus. Es wird alles zusammengezogen: Energie, Tourismus, Nachhaltigkeit, Landwirtschaftsagenden. Das schafft natürlich auch die Möglichkeit, sich nur mehr mit einer Ministerin auseinanderzusetzen zu müssen, wenn es um die Verteilung des Kuchens geht. Da wird es aber hoffentlich auch wieder einen Generalsekretär/eine Generalsekretärin geben, der/die die Verteilung dann auch in diesem Bereich, wo man dann sehr, sehr schwer bis gar nicht mehr hineinsieht, weil dort alles gebündelt, alles hineinverfrachtet wird, überschauen kann.

Wenn wir schon die Möglichkeit haben, dieses Gesetz hier zu besprechen, darf ich sagen, Schnellschüsse und unüberlegtes Handeln zeichnen sich schon jetzt in der ersten Arbeitswoche der neuen Regierung ab. Es wird viele Veränderungen geben, das hat man auch gewählt, und da stellen sich mir schon die Fragen: Wenn man die Ministerien jetzt so verschachtelt zusammenführt, umgliedert, sind überhaupt die Räumlichkeiten schon vorhanden beziehungsweise sind diese Räume auch schon so adaptiert, sind sie angemietet, braucht man welche? Wie macht man das? Was kosten die Generalsekretäre zusätzlich? Schlanke Struktur, alles wird billiger, habe ich vorhin von den ÖVP-Vertretern gehört – und jetzt gibt es dann zu den mittlerweile 14 Minis­tern 14 Generalsekretäre. Was passiert mit den Personen in den derzeitigen Büros, wissen die, wo sie hinkommen? Wird in den nächsten Monaten von zu Hause aus gear­beitet, oder passiert in den nächsten Monaten gar nichts? (Zwischenruf der Bun­desrätin Mühlwerth.)

Wie gesagt: Ankündigungen, Überschriften produzieren, die sich gut anhören, das wird in den nächsten Wochen und Monaten auf der Tagesordnung stehen, wenn es aber dann um die tiefen Inhalte geht, wird für die Österreicherinnen und Österreicher leider nichts übrig bleiben. Gut posaunt und gut gedacht, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist für die Österreicherinnen und Österreicher in Zukunft unter Türkis-Blau nicht gut gemacht! Wir werden dem nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.35

Vizepräsidentin Ingrid Winkler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Robert Seeber. – Bitte.