BundesratStenographisches Protokoll874. Sitzung, 874. Sitzung des Bundesrates am 22. Dezember 2017 / Seite 53

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umgesetzt hätten und ansonsten die Regierung wieder so fortgesetzt worden wäre wie die letzten zwölf Jahre. Es hätte kein Bürger in Österreich verstanden, wenn wir deswegen die Verhandlungen hätten platzen lassen.

Für die ÖVP war das eine rote Linie. Das ist eine Altlast, die wir jetzt mitzutragen haben. Der Herr Bundeskanzler außer Dienst Kern hat ja Ceta letztlich unterstützt und überhaupt möglich gemacht, dass dieses Freihandelsabkommen seit einiger Zeit bereits in Kraft ist. Jetzt geht es um den EU-Schiedsgerichtshof. Der ist der nächste Schritt, der folgen wird. Uns wäre eine Volksbefragung wichtig gewesen, wir hätten sie uns gewünscht, aber man muss dann auch zur Kenntnis nehmen, dass das für den Partner eine rote Linie war. Deswegen aber alle Errungenschaften, die wir in Zukunft in der Regierung durchsetzen werden, einfach fallenzulassen und zu sagen, dann ziehen wir uns zurück und lassen die bisherige Regierung weiterarbeiten wie bisher, das hätte unserem Anspruch nicht entsprochen. Das hätten die Bürgerinnen und Bürger auch nicht verstanden.

In vielen Bereichen waren Reformen von uns natürlich gewünscht. Wir haben etwa ganz bewusst gesagt, die Kammerzwangsmitgliedschaft würden wir gerne abschaffen. Wenn man dann aber in den Verhandlungen erlebt, dass der Partner sagt: Nein, das geht nicht, aber wir wollen Reformen und wir unterstützen Reformen!, dann muss man das auch akzeptieren, dann muss man sich im Sinne eines Kompromisses finden. Wir haben uns also darauf geeinigt, Reformen in Angriff zu nehmen, die Sozialpartner einzuladen und mit ihnen Gespräche aufzunehmen, denn sie haben in den letzten Jahrzehnten eine wichtige Aufgabe erfüllt.

Ich bin davon überzeugt, dass alle Kammervertreter verstehen werden, dass man bei sich selbst auch einmal sparen und einmal die Mitglieder entlasten muss. Es kann nicht sein, dass man jedes Jahr Hunderte Millionen Euro an Zwangsbeiträgen einnimmt und nicht bereit ist, einmal über Entlastungsschritte nachzudenken. Ich glaube sehr wohl, dass es vernünftig wäre, die kleinen Unternehmer und die kleinen Arbeitnehmer end­lich durch Mitgliedsbeitragssenkungen zu entlasten, damit die auch mehr im Geldbörsl haben. Ich glaube, das ist der richtige Ansatz, denn so kann jeder seinen Beitrag zur Entlastung leisten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Zelina.)

Natürlich wird es auch beim ORF eine Reform geben, über die werden wir noch ver­handeln; das wird Anfang 2019 so weit sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren – ich komme schon zum Ende –, es war uns auch ein Anliegen, den Wunsch der Südtirolerinnen und Südtiroler ernst zu nehmen. Alle Parteien in Südtirol haben ja mit einem Antrag sehr klar und deutlich den Wunsch an uns herangetragen, in Zukunft auch die doppelte Staatsbürgerschaft in Anspruch nehmen zu können. Diesen Wunsch nehmen wir sehr, sehr ernst. Südtirol ist uns ein Herzensanliegen. Wir wollen das gemeinsam mit unserem befreundeten Nachbarland Italien in Gesprächen sicherstellen.

Sie wissen sicherlich, dass Italien selbst das bereits seit Jahren gesetzlich umgesetzt hat. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass Italiener, die nicht in Italien leben, und insbesondere die italienische Minderheit in Slowenien und Kroatien eine Doppel­staats­bürgerschaft erhalten.

Es ist nicht nur in Italien so, sondern es ist in vielen Ländern der Europäischen Union eine Selbstverständlichkeit, dass Bürger, die nicht im Land leben und die jeweilige Staatsbürgerschaft nicht haben, diese angeboten bekommen. So etwas sollte inner­halb der Europäischen Union selbstverständlich möglich sein.

 


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