BundesratStenographisches Protokoll874. Sitzung, 874. Sitzung des Bundesrates am 22. Dezember 2017 / Seite 61

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wichtig genommen wird, dann schreibt man wirksame Maßnahmen in das Programm hinein wie mehr Geld für Heizungstausch, thermische Sanierung, Ölheizungsausstieg sofort – und nicht nur mittelfristiger Umstieg bei Neubau.

Wenn es wirklich ernst genommen wird, sieht man im Verkehrsbereich keine Aufhe­bung der Lkw-Geschwindigkeitsbeschränkungen in der Nacht vor, sondern man setzt sich für die Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene und für ein Ende des Diesel­privilegs ein und nicht für die Beibehaltung der derzeit viel zu günstigen Lkw-Maut oder für eine Aufhebung der bisher streng geregelten Achsenlast, und man gibt kein Bekenntnis zur Weiterentwicklung des Autobahnbaus ab. All das als Teil einer öko­sozialen Steuerreform wäre ein Superinhalt für das Programm gewesen.

Es werden die nächsten Jahre entscheiden, ob wir die Klimakrise in den Griff bekom­men können oder nicht. Es wird sich in den nächsten Jahren für Österreich entschei­den, ob unsere Wirtschaft am dynamischsten Markt weltweit, am Markt der Energie­wende, vorne mit dabei ist oder nicht. Dieses Fortschreiben des Klimastillstandes ist total gefährlich, und es ist ein Schuss ins eigene Knie, weil wir dadurch irrsinnig viele Chancen verpassen werden.

Im Landwirtschaftsprogramm geht es genauso wenig greifbar weiter, ohne konkrete Zielsetzungen – mit Ausnahme des Ceta-Umfallers der FPÖ; der ist wirklich ganz konkret drinnen.

Es gibt keinen ambitionierten Bioplan, stattdessen steht da: „Wir sprechen uns für eine vernünftige Koexistenz von konventioneller und biologischer Landwirtschaft im Sinne der unternehmerischen Freiheit aus.“ Bio kommt im kompletten Kapitel nicht mehr vor; also es ist schon extrem wenig ambitioniert.

In der „Kronen Zeitung“ ist letzte Woche noch ganz groß über das Glyphosatverbot im Regierungsprogramm geschrieben worden. Ich habe mich auch irrsinnig über diesen Schwenk gefreut, drinnen steht jetzt etwas über eine nationale Machbarkeitsstudie und einen Aktionsplan ohne Zeitplan, ohne genau vorgegebenes Ziel. Also da haben sich die Bundesländer in den letzten Wochen wirklich mehr getraut.

Auch in diesem Bereich gibt es wieder ganz viele Widersprüche. Es gibt ein nationales Bekenntnis zur Ernährungs- und Versorgungssicherheit, 100 Prozent Selbstversorgung als Ziel, gleichzeitig aber ein Forcieren der Exportstrategie. Das ist ein totaler Wider­spruch. Gleichzeitig laufen aber auch jetzt schon wieder Verhandlungen zu Freihan­delsabkommen mit Mercosur und Australien und Neuseeland. Mercosur, also die südamerikanische Wirtschaftsgemeinschaft, wird die österreichische Landwirtschaft total unter Druck setzen. Was gedenkt die Regierung, da konkret zu tun? – Da sind extreme Widersprüche in den Programmen enthalten.

Ein weiteres Schlagwort mit vielen Widersprüchen betrifft die „Verbesserung der Kenn­zeichnung von Lebensmitteln (Herkunft und Produktionsstandards)“. All die Initiativen zur Kennzeichnung wurden bisher von der ÖVP versenkt, weil die ÖVP eben ausschließlich das AMA-Gütesiegel draufhaben möchte.

Ich sehe im Landwirtschaftsprogramm keine Vision für die Zukunft. Ich sehe keine Ökologisierung, es steht hier nichts zu Pestiziden, zu gentechnikfreien Futtermitteln, es gibt keine Vision für eine treffsichere und zielgerichtete Gemeinsame Agrarpolitik. Weiter so wie bisher – das ist die Devise, die wir da herauslesen. Stattdessen werden strukturstarke Regionen wie Klosterneuburg im Speckgürtel von Wien durch die Ansiedelung des Umweltbundesamtes gestärkt.

Die wirklichen Hämmer in diesem Programm sind echt gut in anderen Kapiteln ver­steckt, man muss schon sehr gut querlesen und sich nicht nur auf die Kapitel be­schrän­ken, die man sich gerade anschauen will. Im Umweltkapitel ist die Beschleuni-


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