10.10.05

Bundesrätin Mag. Doris Schulz (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Ich frage mich, wie viele Hundert Fahnen gehisst werden und wie viele Tausend Menschen im November jeden Jahres an den Aktionen im Rahmen der 16 Tage gegen Gewalt teilnehmen.

Ich frage mich, wie lange es dauert, bis eine Frau ihre Kinder packt und ins Frauen­haus flüchtet, weil das der einzige Weg für sie ist. In Österreich waren das im ver­gangenen Jahr immerhin 1 320 Mütter mit 1 673 Kindern.

Ich frage mich, welche Not die Frauen und Mädchen erleiden, bis sie bei der Frauen­helpline gegen Gewalt anrufen und um Hilfe bitten. Im vergangenen Jahr wurden immerhin 7 900 Anrufe gezählt, also täglich durchschnittlich 20 Anrufe.

Ich frage mich, wie viele Frauen und Kinder über ihre Gewalterfahrungen schweigen und ein Leben lang leiden, ohne Therapie und Unterstützung, um das Erlebte zu ver­arbeiten, trotz Opferschutzprogrammen.

Ich frage mich, warum Medien täglich über Misshandlungen an Kindern, kinderporno­grafische Bilder, Pädophilenringe und andere unvorstellbare Grausamkeiten, verübt an den Schutzlosesten unserer Gesellschaft, berichten und kein Aufschrei von Kinder­organisationen kommt.

Ich frage mich, warum die Strafrechtsreform 2016 nicht ausgebaut werden soll, und ich frage mich, warum Genitalverstümmelungen an Frauen in Österreich noch immer pas­sieren, obwohl sie seit 2001 verboten sind.

Diese Fragen stelle ich mir seit vielen Jahren und jetzt umso mehr, da endlich ein Vorstoß der Regierung zum Thema null Toleranz bei Gewalt gegen Frauen und Kinder erfolgt. Frau Kollegin Posch-Gruska, es braucht Schlagzeilen zu diesem Thema, es braucht Schlagzeilen, um ein gewaltfreies Klima zu schaffen. (Bundesrätin Posch-Gruska: Aber es braucht Inhalte! Wir sind keine Medien! – Bundesrat Weber: Um das geht es! – Bundesrätin Posch-Gruska: Genau!) Es braucht Schlagzeilen, um Frauen und Kindern Mut zu machen, sich zu melden, sich hinzustellen, Delikte anzuzeigen, es sich nicht gefallen zu lassen, zu sagen: Hier ist Stopp, hier ist mein Körper, hier wird keine Gewalt ausgeübt und meine Kinder unterliegen meinem Schutz! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Das Ziel soll sein, von Gewalt Betroffenen mehr Zugang zu spezifischer Hilfe und Unter­stützung zukommen zu lassen. Es braucht den Ausbau des Angebots an Frauenberatungsstellen, die gut arbeiten, die seit vielen Jahren hervorragende Arbeit leisten und auch entsprechende Unterstützung bekommen. Das braucht es, damit Frauen gestärkt und ermutigt werden, und es braucht höhere Strafen bei Gewalt­delikten jeglicher Art gegen Frauen und Kinder. Darüber müssen wir reden und das ist notwendig.

Ich danke Bundeskanzler Sebastian Kurz dafür, dass er das Thema Gewalt gegen Frauen und Kinder bereits vor der Wahl als einen wichtigen Punkt ganz oben auf die Agenda gesetzt hat und das nun zur Umsetzung kommt. Staatssekretärin Karoline Edtstadler wird im Auftrag der Regierung eine Taskforce bilden und im Einvernehmen mit den weiteren betroffenen Ministern auch die Maßnahmen umsetzen. Null Toleranz gegen Gewalt an Frauen und Kindern in Österreich muss eine ganz wichtige Aufgabe für uns sein.

Bis 2022 wird Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß 100 neue Betreuungsplätze für Frauen, die von Gewalt betroffen sind, schaffen, und das ist gut und notwendig. Im Übrigen sollten auch wir in diesem Raum ein Beispiel für ein gewaltfreies Klima sein und als Vorbild dienen, denn Gewalt zeigt sich auch in der Sprache. Gewalt beginnt in der Sprache und daher bin ich dafür, dass wir als gutes Vorbild voranschreiten. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

10.14

Präsident Reinhard Todt: Danke.

Als Nächste ist Frau Bundesrätin Ana Blatnik zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.