10.51.57

Bundesrätin Sonja Ledl-Rossmann (ÖVP, Tirol)|: Herr Präsident! Geschätzte Frau Volksanwältin! Herr Volksanwalt! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es war mir wieder wichtig, auch dieses Jahr zum Bericht der Volksanwaltschaft zu sprechen. Es ist ja bei mir gewissermaßen schon eine Tradition geworden, weil es, denke ich, für uns alle ein sehr wichtiger Bericht ist.

Gerade für das Jahr 2016 hat der vielseitige Bericht gezeigt, wie wichtig die Volks­anwaltschaft bei uns ist, wie bekannt sie aber auch bei den Menschen ist und wie sehr sie auch in Anspruch genommen wird. Rund 18 500 Beschwerden sind an die Volks­anwaltschaft herangetragen worden, aber ein sehr wesentlicher Teil und sehr wichtiger Teil der Volksanwaltschaft ist meiner Ansicht nach auch der Nationale Präventions­mechanismus. 2016 wurden 522 solche Menschenrechtskontrollen durchgeführt – ein großer Teil auch im Bereich Pflege und Betreuung.

So vielfältig wie die Themen im Bericht der Volksanwaltschaft immer sind, würde es hier auch für jeden von uns den Rahmen sprengen, zu allen Bezug zu nehmen. Auch mein Kollege Ferdinand Tiefnig wird noch zu mehr Themen sprechen. Es sei mir erlaubt – und das wird jetzt nicht wahnsinnig überraschend sein –, dass ich mir natürlich ein Schwerpunktthema aus dem Volksanwaltschaftsbericht herausgenommen habe, nämlich den Punkt Pflege und Betreuung. Auch dieses Mal habe ich wieder festgestellt, dass es zwischendurch leider auch sehr schwere Kost zum Lesen ist und ich mich bei manchen Fallbeispielen wirklich bemühen muss, diese zu Ende zu lesen, weil das für mich unvorstellbar ist. Für jemanden, der diesen Bereich sehr gerne gelebt hat und sehr gerne auch ältere Menschen betreut hat, ist es unvorstellbar, dass man Menschen so etwas wirklich antun kann. Umso wichtiger ist es, dass diese Themen ganz klar aufgezeigt werden, dass Missstände geändert werden; aber für mich stellt sich schon auch die Frage, wie das geschieht.

Die Präsentation des Berichts war letztes Jahr, im ersten Halbjahr 2017, während mei­ner Präsidentschaft im Bundesrat, bei der ich ja auch das Pflegethema als Schwer­punktthema gesetzt habe. Da ich schon die letzten vier Jahre zum Bericht der Volks­anwaltschaft geredet habe, habe ich auch mitgekriegt, wie es in den vorigen Jahren präsentiert worden ist. Schon damals beziehungsweise im vergangenen Jahr hat es mich etwas verwundert, welche mediale Dimension gerade das Pflegethema bekom­men hat.

Da stellt sich für mich schon auch die Frage: Wie dienlich ist das Ganze? – Und noch einmal, damit es ganz klar ist: Die Missstände gehören aufgezeigt, die gehören be­seitigt, das ist jetzt überhaupt nicht die Diskussion, und ich glaube, da spreche ich für den gesamten Bundesrat. Bloß stellt sich die Frage: Hilft es uns, wenn das eine mediale Dynamik kriegt, die Menschen, die in solchen Einrichtungen sehr motiviert arbeiten, in Wahrheit demotiviert – es gibt viele bei uns – oder Menschen Angst macht?

Es war die Zeit, in der ich mit dem Pflegethema durch alle Bundesländer getourt bin. Ich war zwei, drei Tage nach der Präsentation des Pflegeteils des Berichts in einem Pflegeheim in Niederösterreich, und die Heimleiterin hat geschildert, was das auch bei ihnen ausgelöst hat, dass besorgte Angehörige angerufen haben. Eine Angehörige, bei der die Heimaufnahme der Mutter kurz bevorgestanden ist, hat angerufen und mehr oder weniger nachgefragt: Ist das bei euch auch so? Sonst bringe ich die Mutter nicht ins Heim!

Ich denke, da ist schon relativ viel passiert, die Menschen werden zu einem Großteil verunsichert, und das sehe ich als sehr schwierig an. Ich denke, es ist der falsche An­satz, wenn es hier passiert, dass man denen, die Pflege und Betreuung brauchen, denen, die wissen, das Thema kommt auf sie zu, Angst macht und sie sich letztlich nicht trauen, die Unterstützung in Anspruch zu nehmen, was eigentlich wirklich wichtig wäre.

Wir sind uns einig: Es soll darum gehen, die Missstände aufzuzeigen, sie wirklich zu beseitigen und sich Strategien für die Zukunft zu überlegen. Und es ist sicher oft auch eine Gratwanderung, das so hinzukriegen, dass man sagt: Wir reden drüber, wir holen die Missstände auch in die Präsenz, aber wir tun es, ohne Angst zu machen und ohne motivierte Menschen, die die Pflege wirklich gerne leben, zu demotivieren.

Diese Gratwanderung hat die Volksanwaltschaft für mich bis dato immer hinbekom­men, so liest es sich auch im Bericht, und ich denke, das ist schon wichtig, denn eines wünsche ich mir: dass es auch in Zukunft und gemeinsam gelingt, diese Themen aufzugreifen, sie klar zu thematisieren, Strategien für die Zukunft zu überlegen, dahin gehend, wie man Änderungen herbeiführen kann. Ich glaube, das wäre der richtige und gemeinsame Weg, denn das ist in unser aller Interesse, und vielleicht haben wir alle die Hoffnung, dass irgendwann einmal der Punkt kommt, dass bestimmte Themen im Bericht der Volksanwaltschaft nicht mehr vorkommen, weil es gelungen ist, sie nach­haltig zu ändern. Ich glaube aber, davor ist es wichtig, dass wir gemeinsam daran arbeiten.

Dies zum Themenschwerpunkt, der mir besonders am Herzen liegt; ich möchte es aber nicht verabsäumen, mich wirklich bei der Volksanwaltschaft zu bedanken, bei der Frau Volksanwältin, den Herren Volksanwälten, dem gesamten Team und allen Mitarbei­terInnen. Es ist wirklich eine sehr wichtige und großartige und sicher oft auch sehr intensive Arbeit, die da geleistet wird, aber ich denke, der Zuspruch gibt Ihnen recht – dass sich die Menschen auch trauen, sich zu melden oder Missstände aufzuzeigen.

Ich denke, für uns alle und gerade auch für meine Fraktion ist unumstritten: Wir sind dankbar, dass wir die Volksanwaltschaft haben. Wir wissen, wir brauchen sie, und damit darf ich mich nicht nur für die Arbeit bedanken, sondern auch für die kommende Arbeit alles Gute wünschen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Bun­desrates Zelina.)

10.58

Präsident Reinhard Todt: Danke, Frau Bundesrätin.

Ich darf in unserer Mitte die Frau Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek recht herzlich be­grüßen, und ich darf den Herrn Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer recht herzlich hier bei uns im Bundesrat begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat René Pfister. – Ich erteile es ihm.