13.41.49

Bundesrätin Inge Posch-Gruska (SPÖ, Burgenland)|: Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Wir haben die Dringliche Anfrage betreffend die Abschaffung der Aktion 20.000 gestellt. Ich weiß, dass das ein Thema ist, über das schon sehr lange und sehr viel diskutiert wird, nicht nur in den Medien, auch im Nationalrat wurde schon darüber diskutiert. Ich bin aber überzeugt davon, dass das für uns in den Regionen, in den Ländern, draußen in den einzelnen Gemeinden trotzdem sehr starke Auswir­kungen hat. Deswegen haben wir diese Dringliche Anfrage hier noch einmal gestellt.

Ende Dezember 2017 hat sich gezeigt, dass mit dem Start der Aktion 20.000 die Zahlen der langzeitbeschäftigungslosen Personen ab 50 Jahren in allen elf Pilotre­gionen – es waren nur Pilotregionen im Jahr 2017 – zurückgegangen sind, nämlich insgesamt um 5,1 Prozent, während sie in allen anderen Regionen, wo diese Ak­tion 20.000 nicht durchgeführt wurde, in Summe weiter gestiegen sind. Dort sind diese Zahlen im Durchschnitt um 2,1 Prozent gestiegen. Beispielsweise reduzierte sich die Arbeitslosigkeit bei dieser Gruppe in der Pilotregion Baden um 101 Personen oder um 7,2 Prozent. Das sind Zahlen, die, glaube ich, sehr, sehr alarmierend stimmen sollten, wenn man diese Aktion abschafft. Insgesamt fanden in allen Pilotregionen zusam­men­gezählt 1 326 Langzeitbeschäftigungslose über 50 Jahre von Ende Juni bis Ende Dezember mit dieser Aktion eine Beschäftigung.

Wir haben im Bezirk Mattersburg im Burgenland, ich komme ja von dort, im No­vember 2017 auf Einladung der Bezirksgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Mat­ters­burg – aber das hat in allen Bezirksgeschäftsstellen stattgefunden – einen Info­workshop gehabt, zu dem wir eingeladen wurden, um Ideen darüber aus­zutauschen, welche Beschäftigungsmöglichkeiten es für Gemeinden beziehungsweise NGOs, die Leute beschäftigen wollen, die jetzt zu beschäftigen sind, gibt. Bei uns im Bezirk waren von den 19 Gemeinden, die wir im Bezirk haben, 14 vertreten, nämlich durch Bürger­meisterInnen beziehungsweise Amtmänner oder Amtfrauen. Es waren auch sehr viele NGO-VertreterInnen anwesend.

Da haben wir einen ganzen Tag gearbeitet, um zu schauen: Wo gibt es Möglichkeiten, diese Menschen einzusetzen? Wo können wir ihnen helfen? Wie können wir diesen Leuten wieder ein bisschen mehr Würde, wieder ein bisschen mehr Menschlichkeit und diese Sinnhaftigkeit der Arbeit – denn Arbeit ist ja nicht nur in finanzieller Hinsicht notwendig, sie ist auch für den Selbstwert des Menschen enorm wichtig – geben? (Bundesrätin Mühlwerth: Das alles ist euch erst 2017 eingefallen?)

Das Interesse war wirklich sehr groß. Die Aufforderung vom AMS, dazu Ideen ein­zubringen, die auch alle dokumentiert wurden – wir haben sie im Nachhinein zuge­sandt bekommen –, hat sehr gefruchtet. Es war eine sehr gute Arbeit.

Am 2. Jänner 2018 haben wir dann erlebt, dass über Nacht, meiner Meinung nach wirklich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion, diese Aktion 20.000 eingestellt wurde. Sie wurde abgedreht, sie wurde nicht mehr durchgeführt. Wir haben den Menschen teil­weise Hoffnungen gemacht, es wurden teilweise schon Gespräche mit betroffenen Menschen geführt. Unsere Regionalstelle – ich kann auch das wieder nur von meinem Bezirk sagen – hat gesagt, alles, was wir schon im Computer haben, wo es Gespräche gegeben hat, werden wir fortführen. Aber in den Fällen, wo vorerst nur in den Gemeinden gesprochen wurde, hatten die Menschen zwar Hoffnung, aber keine Chance mehr, wirklich in den Arbeitsprozess einzusteigen.

Wir haben Ihnen bei der Dringlichen Anfrage viele Fragen gestellt. Sie wurde aus­geteilt, ich werde jetzt nicht alle Fragen vorlesen, denn ihr habt sie. Was mich wirklich interessieren würde, wobei ich Sie bitte, es mir zu erklären, damit ich es verstehen und den Leuten draußen in irgendeiner Form eine Antwort geben kann, ist Folgendes: Am 30. Dezember war dieser Zirkulationsbeschluss vom Ministerrat, in dem es geheißen hat, diese Aktion gibt es nicht mehr. Am 2. Jänner ist den AMS-Geschäftsstellen gesagt worden, ab jetzt ist es aus, und es wurde von einem Tag auf den anderen abgedreht. (Bundesrat Schennach: Das ist keine soziale Gerechtigkeit!) Wir haben im Juni hier im Bundesrat noch diskutiert. Ich weiß noch, Kollege Hammerl hat vor mir gesprochen und eine sehr, sehr gute Rede gehalten. Ich habe auch in meinem Eingangsstatement anno dazumal gesagt, wie notwendig und wichtig es für diese Menschen ist, diese Würde wiederzubekommen. Ich weiß, dass die FPÖ von Anfang an gesagt hat: Nein, das ist für uns nicht tragbar! – Ich glaube, du hast sogar zu mir gesagt, ich sei eine Träumerin. Das Wort Lüge wolltest du nicht verwenden. (Bun­desrätin Mühlwerth: Weil es reine Augenauswischerei war! Das war doch ein reiner Wahlgag, Entschuldigung!) Es war aber so, dass es da schon sehr große Unterschiede gegeben hat.

Von heute auf morgen Menschen etwas zu nehmen, ist für mich wirklich soziale Kälte, ist für mich unmenschlich und ist für mich für eine Politik, die für die Menschen da sein sollte, nicht tragbar. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic. – Bun­desrätin Mühlwerth: Das hatten wir schon lange nicht mehr, das mit der sozialen Kälte!)

Ich meine, dass wir die Arbeitslosigkeit bekämpfen müssen und nicht die Arbeitslosen, denn dann können wir helfen, dann können wir für die Menschen draußen wirklich gute Politik machen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

13.47

Präsident Reinhard Todt: Zur Beantwortung hat sich Frau Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.