14.03.11

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Na ja, es fällt jetzt natürlich nicht leicht, nach der designierten Arbeiterkammerpräsidentin zu sprechen und auch so Dinge zu hören wie soziale Kälte et cetera und dass wir Menschen keine Perspektive bieten. (Zwischenrufe bei BundesrätInnen von SPÖ und FPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Sie ist ja noch nicht gewählt!) – Nein, nein, das hat Frau Posch-Gruska gesagt; aber ich habe das schon alles im Kopf, Frau Kollegin. Da packen wir jetzt wieder alte Stereotype aus, mit denen man irgendwie Kleingeld machen möchte. (Bundesrätin Posch-Gruska: Na geh, geh ...!) – Das ist für mich nicht stimmig, denn es geht hier auch um Menschen, Frau Kollegin Posch-Gruska! (Bundesrätin Posch-Gruska: Ja, genau!) Es geht um Menschen, und uns sind die Menschen draußen, die Probleme haben, nicht wurscht. Diese Aktion haben wir derzeit sistiert, ausgesetzt und evaluieren sie, und eine Evaluierung braucht halt Zeit. Das kann ich nicht innerhalb einer Woche oder in zwei Tagen machen, das geht einfach nicht. (Zwischenrufe der Bundesräte Novak und Schennach.)

Ich möchte einfach damit beginnen, jemanden zu zitieren, denn er hat schon recht gehabt: „Wir haben das Thema Arbeitsmarktpolitik ganz bewusst ausgewählt, weil wir in diesen Tagen erleben, dass Österreich wirtschaftlich floriert. Wir haben ein Rekord­wirtschaftswachstum, wir sehen, dass der Jobmarkt boomt – noch nie waren so viele Menschen in Österreich beschäftigt –, wir sehen, dass die Arbeitslosigkeit zurückgeht.“ (Bundesrat Schennach: Sebastian Kurz war das!) „Erfreulicherweise erleben wir auch, dass die Staatsverschuldung sinkt und die Prognosen der Wirtschaftsforscher so aussehen, dass wir bis 2020 sogar mit Budgetüberschüssen rechnen dürfen.“

Herr Kollege Schennach, nicht Kurz war das! Wer war das? – Zitat Bundeskanzler außer Dienst Christian Kern am 31.1.2018 im Nationalrat; noch nie hatte ein Alt-Bun­deskanzler so recht wie er, noch nie. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Ja, wir haben rückläufige Arbeitslosenquoten und, wofür wir sehr dankbar sind, eine hochkonjunkturelle Phase. Mehr als 3 Prozent Wirtschaftswachstum bedeutet, dass natürlich die Beschäftigung steigt. Die Wirtschaft boomt, und es wird wieder kräftig investiert. Die Arbeitsplätze werden von der Wirtschaft geschaffen und nicht von der Politik. Die ist aufgefordert, Rahmenbedingungen zu gestalten. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrat Schennach: Die Städte und Gemeinden schaffen Arbeitsplätze!) Ja, da kann man applaudieren. – Kollege Schennach, du bist vorher schon einmal schräg gelegen mit dem falschen Kanzler, jetzt einfach zuhören! Dann hast du die Möglichkeit, etwas dazu zu sagen. (Bundesrat Schennach: Und die Städte und Gemeinden schaffen keine Arbeitsplätze?)

Also noch einmal zum Mitschreiben: Wir von der Politik können bestenfalls Rahmen­bedingungen schaffen, aber der Dank gilt den österreichischen Unternehmerinnen und Unternehmern, die diese Arbeitsplätze schlussendlich auch schaffen. Danke dafür. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Deshalb haben wir uns auch zur Maßnahme entschlossen, die Aktion 20.000 auszu­setzen und zu evaluieren. Es ist ja keineswegs so – und da wiederhole ich mich gerne –, dass uns die Schicksale der Menschen 50 plus und der älteren Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmer, die nicht in Beschäftigung sind, egal sind – keinesfalls! Wir sind für Qualifizierung, für Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt, und das sollte im System auch nachhaltig sein. Das ist ein ganz entscheidender Punkt. Nur auf diese Weise können wir die Menschen wieder für den Arbeitsmarkt fit machen und diesen Menschen auch eine Perspektive geben. Wir kümmern uns um diese Menschen, weil es eben auch um Qualifikation geht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie, wir leben in dieser Bun­desregierung einfach einen neuen Zugang, eine neue Art zur sozialen Gerechtigkeit. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) Das hat auch mit dem Grundsatz zu tun: Wir versuchen, all jenen Menschen zu helfen, die Hilfe brauchen und diese Hilfe auch annehmen, aber nicht denen, die sich sozusagen mehr oder weniger nicht um das System kümmern und sich eigene Möglichkeiten und Wege suchen, das Ganze zu umgehen (Bundes­rätin Posch-Gruska: Edgar, das bist aber nicht mehr du, das tut wirklich weh!), also im Sinne von Hilfe zur Selbsthilfe. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt: Hilfe zur Selbst­hilfe.

Im Umkehrschluss wollen wir natürlich auch, dass dies nachhaltig ist, dass das sys­temisch ist, das habe ich Ihnen vorher schon gesagt. Ich kann dazu auch einige Experten zitieren. Ich habe heute von euch schon gehört, sämtliche Experten hätten sich dagegen ausgesprochen. – Ja, sämtliche Experten sind alle, aber es gibt auch andere, die sich sozusagen mit der Materie auseinandersetzen und sich nicht hier an einem Geheule beteiligen.

Martin Kocher, Chef des IHS: „Diese Aktion wollte ja ältere Arbeitnehmer über eine Stelle bei der öffentlichen Hand wieder fit machen für den privaten Arbeitsmarkt. Studien haben gezeigt, dass das nur sehr selten funktioniert. Da sind Qualifizie­rungs­maßnahmen oder die Senkung von Lohnnebenkosten für Ältere wahrscheinlich wirk­samer.“

Thomas Stelzer, Landeshauptmann von Oberösterreich: „Ich habe die Aktion 20.000 immer kritisch gesehen, weil man sie ausschließlich auf den öffentlichen Bereich kon­zentriert hat.“ – Ausschließlich öffentlicher Bereich! (Die Bundesräte Schennach und Stögmüller: Das ist kein Experte!) – Ein Herr Landeshauptmann ist genauso ein Experte wie ein Herr Bundesrat, Herr Kollege Schennach. – „Das war ein Konstruk­tionsfehler. Wir brauchen ein Modell, das diese Gruppe“ – 50 plus – „unterstützt und die Betriebe motiviert, diesen Menschen einen Job zu geben.“

Johannes Kopf, Vorstand des AMS, sagt – Zitat –: Ich habe mich in der Vergangenheit für eine Redimensionierung der Aktion 20.000 ausgesprochen, weil dieses Geld auf­grund der veränderten Konjunktur sinnvoller in anderen Bereichen eingesetzt werden könnte. – Zitatende. Das war im „Mittagsjournal“. In der APA ist zu lesen: „Wir wissen aus vielen internationalen Erfahrungen, dass eine solche Förderung zu 100 Prozent im öffentlichen Bereich nicht nachhaltig ist. Ist das Geld weg, ist“ auch „der Job weg.“ – Und das ist ein wesentlicher Punkt: ist auch der Job weg.

Wir haben heute schon gehört, dass wir uns nicht um Würde und Respekt kümmern würden. Immerhin hat die Frau Ministerin gesagt, 4 400 Personen sind insgesamt jetzt in dieser Aktion. Daher muss man auch klar sagen, für 4 400 Personen haben wir offensichtlich Würde und Respekt, obwohl wir dieses Projekt jetzt mehr oder weniger evaluieren. (Bundesrat Schennach: Aber nicht diese Regierung!) Wir haben auch nicht gesagt, dass diese Menschen selbst schuld sind. Das ist eine Unterstellung, und die nehmen wir so nicht zur Kenntnis! Das ist eine Unterstellung!

Wir wissen, was das Ganze kosten wird. Man darf bei solchen Themen nicht nur über Kosten reden, aber anmerken darf man es schon, dass das Ganze 120 Millionen Euro kosten wird. – Ja, zu dem steht man, aber noch einmal – wie hat Herr Kopf vom AMS gesagt? –: „Ist das Geld weg, ist der Job weg“, und dann haben diese Menschen auch weiterhin keine Perspektive. Wir wollen aber, dass es eine nachhaltige Perspektive gibt, dass sie nach einer Qualifizierungsmaßnahme in einen Job kommen und diesen Job so lange ausüben können, bis sie in Pension gehen. Das wäre das Ziel und nicht, für nur ein Jahr einen Job zu schaffen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wenn ich dann auch immer wieder höre, dass wir eine Ankündigungsregierung haben, dem Populismus frönen und sozusagen nicht arbeiten, dann kann man in diesem Zusammenhang schon darauf hinweisen, dass diese Regierung arbeitet. Machen Sie sich einfach schlau, was im Ministerrat schon alles beschlossen wurde, was inzwi­schen auch die Regierung auf den Weg gebracht hat, was in den Nationalrat ein­gebracht wird! Da kann man vielleicht ein paar gute Beispiele nennen: Familienbonus Plus. (Die BundesrätInnen Posch-Gruska und Stögmüller: Na, na, na!) – Ich weiß, das passt euch nicht. – 1 500 Euro pro Kind. (Ruf: Das waren die Gemeinden! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ja, das ist ein ausgezeichnetes Beispiel. Das habt ihr nie auf den Weg gebracht, wir schon, weil sich diese Regierung der Arbeit verpflichtet hat. Wir wollen arbeiten und für die Menschen da sein. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Oder die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge. Das haben Sie bisher auch nicht zur Kenntnis genommen. Das ergibt im Bereich von 1 350 Euro bis 1 950 Euro eine Entlastung von 300 Euro pro Person im Jahr. Und das ist gerade für die Niedrig­lohnverdiener wirklich ein wesentlicher Betrag: 300 Euro.

Ich darf jetzt noch einmal, bevor ich zum Ende komme, sagen: Dieser ganze Antrag von euch kommt zu früh, weil wir evaluieren, wir schauen uns an, wie die Zahlen sind. (Zwischenrufe bei BundesrätInnen der SPÖ.) Wir schauen uns an, wo Möglichkeiten sind, und dann kann man über dieses Projekt weiterdiskutieren. Meine Fraktion dankt auf jeden Fall der Sozialministerin für ihre Ausführungen. Wir wünschen ihr weiterhin alles Gute und viel Erfolg! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

14.12

Präsident Reinhard Todt: Danke, Herr Bundesrat.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Bernhard Rösch. Ich erteile es ihm.