14.24.44

Bundesrat René Pfister (SPÖ, Niederösterreich): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Frau Minister! Ich bin schon sehr erstaunt, wenn ich mir das heute so anhöre. Edgar Mayer, der große Sozialpartner aus Vorarlberg, seines Zeichen auch Arbeiter­kammervizepräsident, Arbeitnehmervertreter, ist jetzt vielleicht schon etwas zu lange in der türkis gefärbten Partie unterwegs und hat vielleicht das Problem, dass er viele Dinge, die er jahrelang auch als Arbeitnehmervertreter gefordert hat, jetzt einfach über Bord wirft (Bundesrat Mayer: Aber die Aktion 20.000 habe ich nicht gefordert!) und einfach nicht mehr weiß, worum es geht.

Denn: Schau dir die Zahlen wirklich an! Auch dein Kollege aus Vorarlberg (Bundesrat Mayer: Welcher?), der AK-Präsident, hat ebenfalls die Einstellung hier kritisiert. Da bin ich wirklich sehr verwundert, dass du letztes Jahr im Juni, als wir das auch hier diskutiert haben, es noch begrüßt hast und jetzt auf einmal der Sinneswandel ein­getreten ist. Aber wie gesagt, ich gehe davon aus (Zwischenruf des Bundesrates Mayer), dass es da durch die Farbenlehre in der ÖVP, durch die Veränderung bei dir auch einen Sinneswandel gegeben hat.

Liebe Frau Ministerin! Wenn Sie uns in Ihrer Anfragebeantwortung sagen, Sie haben mit Herrn Riedl gesprochen, dann gebe ich Ihnen die Presseaussendung auch gerne mit, in der Herr Riedl im September die Aktion noch begrüßt hat. Ich gehe aber davon aus – das hat man im ÖVP-Bereich schon gesehen –, dass man über Dinge, die man im September noch gutgeheißen hat, dann ein oder zwei Monate später auf einmal nicht mehr Bescheid weiß, man weiß nicht mehr, was man dazu gesagt hat. Das passiert in der Sozialdemokratie nicht! Wir stehen dazu. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit bei der FPÖ. – Bundesrat Krusche: Der war gut!)

Ich habe auch Bernhard Rösch zugehört, seines Zeichens auch Arbeitnehmer­inter­essenvertretungsexperte, weil er sich ja überall auskennt; er weiß auch genau, dass er auf der einen Seite sehr wohl in der Bundesarbeitskammer Funktionen hat und in der Arbeiterkammer immer salbungsvolle Worte für die Arbeitnehmer spricht, sich aber hier dann hinstellt und die Peitsche auspackt. Also, Bernhard, auch bei dir: Das zweite Gesicht ist eher nicht das, was die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sehen und sehen wollen, wenn es um ihre Interessen geht. (Bundesrätin Mühlwerth: Das übe­rlas­sen wir den Arbeitnehmern, das Beurteilen!) Da wird dann nämlich beinharte Parteipolitik in den Vordergrund gestellt, und da geht es dann aufs Hintreten. (Beifall bei der SPÖ.)

Du stellst dich dann hier hin und sprichst von Evaluierungen und, und, und. Das habe ich schon im Dezember einmal gesagt: Gut gedacht ist nicht gut gemacht. Am Ende des Tages der Evaluierung wird dann gesagt: Na ja, wir haben uns halt gedacht, es war schlecht gemacht, sodass wir es abgesetzt haben, denn wir haben Öster­reiche­rinnen und Österreichern, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die über längere Zeit keine Chance am Arbeitsmarkt gehabt haben, eine weitere Perspektive geraubt, wir haben ihnen die Chance gar nicht gegeben, in Beschäftigung zu kommen.

Um wieder auf Ihren Gemeindebundpräsidenten zurückzukommen: Wenn man sich die Listen anschaut, dann sind da durchwegs auch Gemeinden dabei – oder der über­wiegende Teil, vor allem auch in Niederösterreich –, von denen ich weiß, dass sie nicht sozialdemokratisch geführt sind, die diesem Beschluss heute auch noch nachtrauern. (Bundesrat Krusche: ... Arbeitsplätze nimmt jeder gern!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem meine Kollegen aus Niederösterreich, alle, die da im Jänner auch unterwegs waren im Zuge der Landtagswahl! Es tut euch allen sehr, sehr gut, auch beim Arbeitsmarktservice vorbeizuschauen. Ich kann euch garan­tieren, ich war quer durch Niederösterreich in ziemlich allen AMS-Bezirksstellen. Wenn man dort mit den Kolleginnen und Kollegen spricht, dann sind die nicht Feuer und Flamme, dass das eingestellt wurde.

Es wurden sehr, sehr viele Vorbereitungsmaßnahmen durchgeführt. Es wurde sehr, sehr viel Arbeit investiert. Es wurden dort verschiedenste Inforunden mit den Gemein­den, mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern durchgeführt. Es wurde sehr, sehr viel Arbeit investiert. Es wurden auch Plätze geschaffen, die es heute nicht gibt, womit man eine Chance, genau diese angespannte Situation bei über 50-Jährigen zu entlasten, wieder vertan hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schaut euch auch die Pressemeldungen an – ich zitiere wieder keinen Sozialdemokraten –, schaut euch an, was Herr Apfalter sagt, der das ebenfalls kritisiert! Da wundert mich der Aufschrei, ich wundere mich wirklich, dass ihr sagt, die Wirtschaft schafft Arbeitsplätze, wenn große Unternehmerinnen und Unter­nehmer (Bundesrat Rösch: Nur die Wirtschaft!) kritisieren, dass genau das passiert ist. (Bundesrat Rösch: Nur die Wirtschaft, das sind wir alle! Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind die Wirtschaft, die machen die Arbeit!)

Wir sprechen tagtäglich mit einer Kollegin oder mit einem Kollegen; ich kann das mit Fug und Recht behaupten, und ich weiß, was ich tue, wenn ich jeden Tag mit meinen KollegInnen spreche. Ich bin in einem kleinen Unternehmen beschäftigt, in dem es auch sehr viele KollegInnen gibt, die über 50 Jahre alt sind, die teilweise nach einem sehr, sehr intensiven Erwerbsleben mit vielleicht 52 oder 53 aufgrund der Tätigkeit, aufgrund der Belastung körperliche Probleme bekommen.

Da spreche ich vielleicht nur das Beispiel Herzinfarkt an, Schlaganfälle, alles, was da dazugehört. Schauen Sie sich das bitte wirklich genau an und zeigen Sie mir dann bitte ein Unternehmen, das hergeht und sagt: Ja, diesen Arbeitnehmer nehme ich dann so­fort wieder zurück oder den beschäftige ich wieder!

Was passiert heute in der Realität? – Die Unternehmerinnen und Unternehmer schau­en, dass man sich der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ganz dezent entledigt, damit man genau diese Problemstellungen nicht hat. (Zwischenruf der Bun­desrätin Mühlwerth.) Wir haben das Problem, dass massiver Druck genau auf diese Personengruppe ausgeübt wird. (Bundesrätin Mühlwerth: Aber es wird so nicht gelöst!)

Wenn hier eine Aktion kritisiert wird, genau von Edgar Mayer und Bernhard Rösch, die es meiner Meinung nach erfahrungstechnisch viel, viel besser wissen müssten als ich (Bundesrat Rösch: Wir reden nicht ...!), als ich überhaupt darf (Zwischenrufe bei der FPÖ), wenn die sich hierher stellen und genau solche Dinge kritisieren, dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, verstehe ich nicht ganz, warum ihr euch in einer Arbeitnehmerinteressenvertretung für Beschäftigte einsetzt, wenn ihr am Ende des Tages oder am Ende eurer Stellungnahmen den einen oder anderen Kollegen, die eine oder andere Kollegin hier vor den Kopf stoßt, der oder die diese Chance am Arbeitsmarkt nicht bekommt. (Beifall bei der SPÖ.)

David Stögmüller hat die Kosten bereits angesprochen. Ich gebe euch auch einen Tipp: Lest auf der Homepage dieser Institution, die ihr immer kritisiert und wo ihr selber Funktionen habt, nach! Die Arbeiterkammer Niederösterreich hat da ein wunder­schönes Berechnungsbeispiel mit verschiedenen Einkommenskategorien, worin genau aufgelistet ist, was sich der Staat an Zuschüssen erspart, welche Möglichkeiten es gibt, auch Kaufkraft zu schaffen, wenn man den Kolleginnen und Kollegen Würde gibt, wenn man den Kolleginnen und Kollegen eine Chance gibt, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. (Bundesrat Krusche: ... Methode, mit Steuergeld Kaufkraft zu kaufen!)

Dann schaut euch das bitte im Detail an! Schaut euch das bitte im Detail an und diskutiert nicht über irgendwelche Politideen, die man am 31. Dezember oder am 30. Dezem­ber in einem Telefonrundlauf beschlossen hat, ohne im Detail zu wissen, wie es beim Arbeitsmarktservice hier in Österreich zugeht und welche Möglichkeiten die KollegInnen in ihrer Tätigkeit davor schon hatten und was sie auf den Weg gebracht haben! Am Ende des Tages, nach den Feiertagen, dreht man ihnen dieses Projekt einfach ab, und sie haben keine Chance, weiterzutun. (Bundesrat Schennach: Sehr seriös ...!)

Edgar Mayer verändert sich da vom AK-Experten und Arbeitnehmerinteressenvertreter zum Steigbügelhalter der türkis-blauen Bundesregierung. (Bundesrat Mayer: Lasst euch einmal etwas Gescheiteres einfallen, bitte! Unglaublich, was für einen Topfen du daherredest ...!) Bernhard Rösch als Arbeitnehmervertreter, Bernhard Rösch als Arbeiterkammerexperte stellt sich hier auch hin und versucht ebenfalls nur, der Bundesregierung nach dem Mund zu reden. Dann, lieber Edgar, werden diese Ideen, die wir gemeinsam letztes Jahr noch vor dem Sommer umgesetzt haben, fünf Monate später als Humbug, Unfug und schlechte Maßnahme abgetan. Bitte nachdenken! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mayer: Das hat kein Mayer und kein Rösch gesagt!)

14.33

Präsident Reinhard Todt: Danke, Herr Bundesrat.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sandra Kern. Ich erteile es ihr.