BundesratStenographisches Protokoll875. Sitzung, 875. Sitzung des Bundesrates am 8. Februar 2018 / Seite 22

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Gerechtigkeit erfahren, und Sie genau, ich wiederhole es, hier mit dieser Emotion spielen.

Viertens: Juristische Experten und Expertinnen – auch das haben wir heute gehört – kritisieren diese Regierungspläne nicht umsonst. Sie sprechen sich dafür aus, dass evaluiert wird, sie sagen auch, dass es eine plakative Maßnahme ist. Der Präsident des Rechtsanwaltskammertages, Rupert Wolff hat zum Beispiel die Pläne als wenig sinnvoll definiert, weil er auch meint, dass die Opfer de facto gar nichts davon haben. (Bundesrätin Mühlwerth: ... einer eingesperrt ist, würde ich sagen, das Opfer hat schon was davon!)

Die Frage ist also: Was bringt eine weitere Strafrechtsreform ohne die Evaluierung der vorhergehenden und auch dann, wenn die Richter und Richterinnen den Strafrahmen aktuell nicht einmal annähernd ausschöpfen? (Bundesrat Längle: Sie kritisieren jetzt dauernd Richter! Unglaublich!) Deshalb frage ich mich schon, worum es hier geht, ob es hier wirklich um die Absage an Gewalttäter oder um etwas gänzlich anderes geht. Nicht nur Experten und Expertinnen, sondern zum Beispiel auch die Frauenhäuser und Frauenorganisationen – das Frauenvolksbegehren wurde heute erwähnt – sind der Meinung, dass man Täter besser therapieren und betreuen (Bundesrätin Mühlwerth: Ja mit 98 Prozent Rückfallquote!) und die Opfer stärken, sprich empowern sollte und entschädigen muss. Und genau das passiert gar nicht, und genau das sind nicht die Pläne dieser Regierung. (Bundesrätin Mühlwerth: Ja das hat aber noch nie was gebracht!) Wieso nicht? – Weil es Geld kostet. (Ruf bei der FPÖ: Das stimmt nicht! – Bundesrätin Mühlwerth: ... Täter 98 Prozent ...fallen!)

Wir brauchen aber dringend mehr Geld für echten Gewaltschutz, für die rechtliche Absicherung von Frauenhäusern und für Sensibilisierung in Schulen – auch das wurde heute schon erwähnt –, anstatt populistischer Aussagen, dass man da einen Straf-rahmen erhöht, was überhaupt nichts bringt, den Opfern genau nichts bringt. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Falls Sie sich doch überlegen wollen, was tatsächlich etwas bringen würde, kann ich es kurz zusammenfassen: Es bräuchte einen bundesweiten Ausbau von staatlich finan­zierten und rechtlich abgesicherten, leicht zugänglichen, kostenfreien Einrichtungen und Frauen- und Mädchenberatungsstellen für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder. Es bräuchte einen Ausbau der Kooperation zwischen Behörden, Gerichten und Gewaltschutzzentren. Es bräuchte verstärkte Sensibilisierungsmaßnahmen in Schulen, der Justiz und der Polizei sowie Präventionsprogramme und Antigewalttrainings für Gefährdende. Für die Täterarbeit war in diesem Staat immer zu wenig Geld da, dafür könnten Sie sich einsetzen. Und wenn Sie bei Geburtstagsfeiern von Journalisten sind – auch das ist ein wichtiger Punkt –, können Sie sie darauf hinweisen, dass die Verharmlosung in den Medien auch ein wichtiger Punkt ist. Wenn Frauen ermordet werden, dann heißt es nämlich in den Zeitungen, es war eine Familientragödie oder eine Beziehungstat. Das sollten wir uns anschauen!

Auch die Autonomen Frauenhäuser, das habe ich bereits erwähnt, halten das für keine sinnvolle Maßnahme. Ich würde meinen, das sollte Ihnen zu denken geben. (Bun­desrätin Mühlwerth: Weil Sie es nicht für sinnvoll halten, sollte es uns zu denken geben?) Jedenfalls hat die Verharmlosung sexualisierter Gewalt in Österreich wenig mit den niedrigen Strafsätzen zu tun, sondern, Sie haben es gesagt, mit patriarchalen Zuständen, durchaus auch in der Gerichtspraxis, und deshalb braucht es genau diese staatlich finanzierten und leicht zugänglichen Beratungsstellen für Betroffene.

Noch etwas beschäftigt ja die Republik in diesem Zusammenhang, auch das wurde erwähnt, nämlich wieso genau da eine weisungsgebundene Staatssekretärin des In­nen­ministeriums vorgeschickt wird und sich nicht der zuständige Minister mit der


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