12.21.55

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA MA (FPÖ, Wien)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich wünsche al­len, die heute ihre Abschiedsrede gehalten haben, insbesondere der Tiroler Präsiden­tin Ledl, alles Gute für den weiteren Lebensweg, den alle sicher exzellent meistern werden.

Auch dem Herrn Finanzminister möchte ich zu diesem Bericht meine Gratulation aus­sprechen. Es zeigt sich hier auch schon die Qualität dieser neuen Bundesregierung: Der Bericht wurde im Februar 2018 fertiggestellt – und drei Wochen später ist er schon im Bundesrat. Meine Gratulation zu dieser Arbeit! Und auch der Experte im Finanz­ausschuss hat gezeigt, dass das Wissen wirklich transparent, ausführlich und inhalts­voll referiert und gestaltet wird. Meine Gratulation dazu! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich darf aber trotzdem auf zwei meiner Vorrednerinnen eingehen. Frau Kollegin Wink­ler, ich glaube, es herrscht ein kleiner Irrtum vor. Du glaubst in deiner Rede vermitteln zu müssen, dass ihr von der jetzigen Bundesregierung vertrieben worden seid. So war es aber nicht. Ihr wurdet von der österreichischen Bevölkerung abgewählt. Ihr wurdet buchstäblich abgewählt. Und die Ursache dieser Abwahl hat ihre Wirkung hinterlassen. Ihr habt eine Arbeitslosigkeit von 10 Prozent in Österreich hinterlassen, die höchste Staatsverschuldung, wie sie Österreich in seiner ganzen Geschichte nicht gehabt hat, und ihr habt ganz zum Schluss mit eurem berühmten – Gott sei Dank – Ex-Bundes­kanzler Kern noch die Maschinensteuer verlangt. (Zwischenrufe der Bundesrätinnen Winkler und Grimling.) Ihr habt ja mit den Steuer- und Abgabenbelastungen nie und nie aufgehört. Deshalb gilt mein Dank hier der österreichischen Bevölkerung, die end­lich die SPÖ auf die Oppositionsbänke gebracht hat. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Zur Frau Kollegin Reiter möchte ich etwas ergänzen: Ich schätze dich sehr als sachli­che Bundesrätin, die immer gute Argumente bringt, aber dieses Mal sind deine Argu­mente falsch, nämlich Österreich mit einer Abgaben- und Steuerquote von über 45 Pro­zent allen Ernstes als Steueroase zu bezeichnen. Wir haben die dritthöchste Abgaben­quote in ganz Europa, die vierthöchsten Lohnzusatzkosten in Europa, da kann man doch nicht allen Ernstes von einer Steueroase sprechen. Österreich ist auch kein Land der Konzerne, wir haben ganz wenige Konzerne, Österreich ist ein Land der KMU-Betriebe, der Klein- und Mittelbetriebe, und diese leiden unter dieser höchsten Steuer­belastung extrem. Deswegen ist dieser Finanzbericht auch so gut, da auf den Wirt­schaftsstandort Österreich explizit Rücksicht genommen wird.

Ich möchte kurz ein paar Anmerkungen zu diesem Bericht machen, die auch die öster­reichische Ratspräsidentschaft betreffen werden. Es geht um den im Jahr 2019 zur Wahl anstehenden Präsidenten der Europäischen Zentralbank, zu dem man sich schon jetzt positionieren muss. Der jetzige Präsident ist Mario Draghi. Ich möchte da­rauf verweisen, dass die Negativzinspolitik eine der wesentlichsten Ursachen dafür ist, dass wir in Europa große Verwerfungen haben. Die Zinsstruktur der Marktwirtschaft im Sinne von Angebot und Nachfrage wurde völlig außer Kraft gesetzt: Italien hat eine Höchstverschuldung von über 140 Prozent. Die Non-performing Loans wurden auch genannt, allein in Italien betragen diese – vereinfacht gesagt – faulen Kredite über 350 Milliarden Euro. Heute kostet eine Staatsanleihe in Italien allen Ernstes nicht mehr als 2 Prozent, in Österreich, in Deutschland 0,5 Prozent. Also der Spread ist nicht mehr als 1,5 Prozent. Würde man das Risiko dem Markt entsprechend richtig gewichten, lä­ge dieser Spread im besten Fall bei 6 bis 7 Prozent.

Daher wäre es wichtig, dass sich Österreich bei dieser Ratspräsidentschaft richtig posi­tioniert und den neuen Chef der Deutschen Bundesbank, Volkswirt Jens Weidmann, unterstützt, der jetzt schon eine klare Abkehr von dieser Minuszinspolitik verlangt. Es kann doch nicht sein, dass ein Kreditnehmer vom Kreditgeber Zinsen erhält. Das ist doch ein völliger Anachronismus, eine völlig verkehrte Welt der Wirtschaft. Deswegen funktioniert auch die Wirtschaft so nicht.

Die Kryptowährung, um es einmal kurz zu erwähnen, diese Bitcoins – denn ich glaube, das steht auch auf der Agenda der österreichischen Ratspräsidentschaft –, hat nur deshalb einen Höhenflug, weil das Geld ja irgendwohin wandern muss, wenn man nir­gendwo mehr Zinsen erhält. Jetzt kommt diese Bitcoin-und-Co-Gesellschaft, die auch nur eine Art von Geldschürfen à la Nationalbanken darstellt, und bringt gleichfalls gro­ße Verwerfungen. Ich möchte nicht mit jenen Konsumenten und Investoren sprechen, die in den letzten Monaten große Verluste erlitten haben und noch erleiden werden, denn man braucht kein großer Prophet zu sein, um sagen zu können, dass der Wert einmal gegen null tendiert. Es verdienen nur die Miner, die Schürfer an diesen techni­schen Neuerungen der zugegebenermaßen genialen Blockchain. Blockchain wird in der Industrie 4.0 zu Recht Einzug halten, aber sicher nicht mit einer Währung gekop­pelt. Das ist eigentlich nicht mehr als ein Glücksspiel, und als solches sollte es auch behandelt werden, aber nicht als Währung.

Eine gewisse Schuld an diesen gesamten Verwerfungen tragen natürlich auch die eu­ropäischen Nationalbanken, ausgehend von der Negativzinspolitik eines Mario Draghis und unterstützt von den Nationalbanken – ausgenommen Jens Weidmann aus Deutsch­land, der extrem dagegen auftritt –, denn die Nationalbanken schürfen ja auch noch Geld, und da haben sich halt ein paar Technikfreaks gedacht, dann schürfen wir auch Geld und machen uns zu reichen Männern und Frauen. – Nein, so geht das nicht!

Auch die KMU-Betriebe leiden darunter, weil sie für das Eigenkapital, das sie erwirt­schaften, kaum Rendite erhalten. Kredite erhält man sowieso nicht, denn die Kreditver­gaben werden durch Basel II und Basel III und Mifid II restriktiv gehandhabt, und die Ertragssituation der europäischen Bankenlandschaft ist wesentlich schlechter als jene der amerikanischen. Wir alle wissen, dass europäische und vor allem österreichische Unternehmen von Bankkrediten abhängig sind. Im Unterschied zu den USA, wo der Kapitalmarkt, die Börsen, die Handelsplattformen im Vordergrund stehen, ist es in Ös­terreich und in Europa der Bankkredit. Wenn man also die Ertragslandschaft der Ban­ken – deshalb gehören diese Minuszinsen unbedingt weg – im Sinne einer Zinsspan­ne, die die Banken zu Recht einfordern können, nicht endlich verbessert, wird sich die Kreditsituation auch nicht verbessern.

Daher sehen wir, wenn ich das so sagen darf, sehr geehrter Herr Minister, diese euro­päische Einlagensicherung etwas kritisch, denn wir sehen nicht ganz ein, dass österrei­chische Gelder zum Beispiel für italienische Banken verwendet werden könnten. Man muss schon einmal andenken, dass man sich, bevor man die Bankenunion vervollstän­digt, endlich von dieser Minuszinspolitik verabschiedet.

Ein weiterer Punkt ist die Verbesserung des Wirtschafts- und Industriestandortes Ös­terreich und damit auch Europa. Die angedachte Halbierung der KÖSt für nicht ent­nommene Gewinne ist eine exzellente Sache, unabhängig davon muss aber auch der Kapitalmarkt in Österreich auf Vordermann gebracht werden. Viele Unternehmen lei­den darunter, dass sie kein Eigenkapital – ich rede jetzt nicht von Krediten – aufneh­men können. Daher ist die Errichtung des Dritten Marktes nach dem Modell von Scale in Deutschland erforderlich, wo innerhalb von einem Jahr 48 Unternehmen notieren und sich etablieren konnten. Das ist auch für Österreich notwendig, damit auch bei uns junge, wachstumsorientierte Unternehmen am Markt reüssieren können.

Abschließend noch kurz zu Europas Stellung in der Welt – das ist auch interessant –: 1980 hatte die Europäische Union 30 Prozent Anteil am Weltbruttoinlandsprodukt, 2017 nur mehr 16,5 Prozent, die USA hatten zuerst 22 Prozent und dann 15 Prozent, und 1980 hatte China 2,33 Prozent und heute hat es 18 Prozent. Vergleicht man das mit dem Bericht des Europäischen Patentamts, der vor wenigen Tagen herausgekommen ist, zeigt sich ein ähnliches Bild: 2017 hatte ein chinesisches Unternehmen die meisten Patentanmeldungen in Europa, nämlich über 2 000, an zweiter Stelle stand Siemens, an dritter und vierter Stelle lagen wieder zwei asiatische Konzerne aus Korea. Gewich­tet man die gesamten Patentanmeldungen der Länder, liegen in Europa an erster Stel­le mit 40 000 Patenten jährlich die USA, es folgt Deutschland mit der Hälfte, und an dritter Stelle steht wieder ein asiatisches Land, nämlich Japan.

Es zeigt sich also doch, dass Europa auf dem Weltmarkt nach und nach seine Position, seine Stellung verliert. Deshalb ist es unheimlich wichtig, im Rahmen der österreichi­schen Präsidentschaft – so, wie es in Ihrem Programm steht – endlich den Wirtschafts­standort Österreich und Europa zu verbessern. Es gilt Verbündete dafür zu finden. In­teressant ist sicherlich das Konzept des niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rut­te: Allianz der Acht, das finde ich ganz toll, aber auch jenes von Frau Merkel. Es gilt, mit einem von den beiden Allianzen zu schließen und dann endlich den Wirtschafts­standort Europa und damit Österreich anzugehen und zu verbessern. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

12.32