13.01.36

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien)|: Hohes Präsidium! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns im Bundes­rat während der letzten Präsidentschaften viel mit der Frage der Digitalisierung be­schäftigt. Sie alle erinnern sich hoffentlich an die vielen Enqueten und Veranstaltungen dazu.

Ich erinnere mich daran, dass uns viele ExpertInnen bei diesen Veranstaltungen vor­hergesagt haben, dass in der digitalen Zukunft, die uns erwartet, hochspezialisierte Fachkräfte und ExpertInnen gebraucht werden und immens wichtig sein werden. Das heißt – so habe ich das immer verstanden –, wir müssen dafür sorgen, dass viele Kin­der und Jugendliche eine hohe Qualifizierung erreichen können und die Möglichkeit zu einem hohen Qualifizierungsgrad haben. Das war eines der Fazite, die ich daraus mit­genommen habe.

Das hat für Österreich eine besondere Bedeutung, weil wir in Österreich nicht sehr mit Bodenschätzen und Rohstoffen gesegnet sind. Das heißt, unser Rohstoff sollte die Bildung sein, denn das ist ein Rohstoff, der die Zukunft maßgeblich beeinflusst. Bildung ist der Rohstoff der Zukunft in unserem Land. Wir alle wissen – ich glaube, da sind wir uns einig –: Bildung ist ein Schlüssel zur Welt. Bildung ist der Schlüssel zur Selbstbe­stimmtheit. Bildung ist ein Schlüssel für Zukunftschancen. Wer bei der Bildung spart, spart somit an der Zukunft und auch am Potenzial der Gesellschaft. – Das sei nur vor­weg gesagt.

Was die Universitäten betrifft: Wir haben schon gehört, dass Österreich vergleichswei­se wenige StudienanfängerInnen hat. Wir sind diesbezüglich – wir haben es schon ge­hört – im EU-Ranking und auch im OECD-Schnitt auf relativ weit hinten gelegenen Plätzen. Wir haben da einiges zu verbessern und einiges zu tun. Außer Frage steht dabei, glaube ich, dass Bildung Qualität braucht. Vor allem das Betreuungsverhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden muss passen – da wird es sehr manifest für die einzelnen Menschen, da geht es um den Ausbau der Qualität.

Übrigens, Kollegin Anneliese Junker, ich möchte daran erinnern, dass es gerade meine Fraktion war, die sich in der letzten Legislaturperiode dafür eingesetzt und zum Glück auch PartnerInnen gefunden hat, dass die Dotierung der Unis vorangetrieben wird. Die­ses höhere Budget, auf das du recht stolz bist, haben wir in der letzten Legislaturperio­de auch gegen eure Stimmen durchsetzen können. (Zwischenruf der Bundesrätin Junker.)

Es gibt einige Vorschläge der Studierendenverbände selbst, wie man schlechte Betreu­ungsverhältnisse und Massenfächer vermeiden – darum geht es ja offensichtlich auch – beziehungsweise wie man eine bessere Verteilung der Studierenden auf die di­versen Studienfächer erreichen kann. Mein Kollege Stögmüller hat das auch bereits er­wähnt.

Man kann und muss schon im Vorfeld ansetzen, um diese Verteilung, diese Streuung zu erreichen, und zwar, indem man stärker auf die Studienorientierung setzt, begin­nend an den Schulen, in denen Schülerinnen und Schüler vorbereitet werden bezie­hungsweise sich überlegen, was sie in der Zukunft machen werden. Da ist, denke ich, Studienberatung in einer vertiefenden Form angesagt. Es gibt auch die Idee, zu Beginn des Studiums sogenannte Orientierungssemester einzuführen, um den Studierenden die Möglichkeit zu geben, tatsächlich zielgenau das Studium zu finden, das sie dann auch wirklich absolvieren wollen, für das sie dann ihre Energie verwenden.

Was ich noch kurz ansprechen möchte, ist diese negative Konnotation der Massenfä­cher. Ich wollte das Wort zuerst eigentlich gar nicht verwenden, denn aus meiner Sicht ist die eigentliche Frage vielmehr, wie man all jenen, die studieren wollen und das Potenzial dazu haben, auch die Möglichkeit dazu eröffnen kann. Das sollte meiner Meinung nach die zentrale Frage sein. Das muss man aber politisch wollen, man muss das möglichst vielen ermöglichen wollen, erst dann kann man sich mit dieser Frage beschäftigen.

Das, was aber nun vorliegt, bedeutet Zugangsbeschränkungen. Übrigens war auch die FPÖ noch in der letzten Legislaturperiode gegen diese Zugangsbeschränkungen. (Bun­desrat Stögmüller: Die fallen um bei so was!) Uns erwarten nun 6 230 weniger Stu­dienplätze pro Jahr. Für mich wirft das die Frage auf – und ich habe darauf noch keine Antworten gehört –, was denn die Alternativen für diejenigen Menschen und jungen Er­wachsenen sind, denen wir den Zugang zu einem Studium verwehren.

Wo gehen diese studieraffinen jungen Erwachsenen hin? Weichen sie auf andere Stu­dienrichtungen aus, die ihnen möglicherweise gar nicht so sehr am Herzen liegen? Wählen sie andere Bildungseinrichtungen? Sind andere Bildungseinrichtungen über­haupt vorbereitet auf die zusätzlichen Studierenden, die nun kommen? Was bedeutet das schlussendlich für den Arbeitsmarkt, wenn Menschen, die zurzeit planen, ein Stu­dium zu beginnen, dann auf andere Wege ausweichen müssen? – Diese Fragen müs­sen wir beantworten, denn sonst wird es spätestens im Herbst in manchen Bereichen zu großen Engpässen kommen.

Fakt jedenfalls ist aber, dass ab Herbst einige Tausende berufstätige Studierende – meiner Meinung nach, Frau Kollegin Ecker, ist das nichts Verwerfliches, wenn man studiert und arbeitet, das ist ein großer Kraftakt, den da viele Studierende bewältigen; also ich finde, und ich kann aus eigener Erfahrung sprechen, dass das nicht einfach ist, man macht das nicht, weil es so Spaß macht, sondern weil man es vielleicht muss – auch noch wieder Studiengebühren zahlen müssen. Wir wissen aufgrund der Studie­renden-Sozialerhebung, dass das immerhin 60 Prozent der Studierenden betrifft, die eben arbeiten müssen und gleichzeitig studieren.

2009 wurde beschlossen, dass jene Studierenden, die wegen Krankheit, Betreuung von Kindern, Berufsausübung oder Behinderung ihr Studium nicht in der Mindeststu­diendauer schaffen – was auf der Hand liegt –, diese Gebühren nicht zahlen müssen, und nun werden diese wieder eingeführt. Wir wissen, dass die Einführung der Studien­gebühren im Jahr 2001 eine massive Reduktion der Studierendenzahlen bewirkt hat, an manchen Universitäten gar bis zu minus 21 Prozent. Die Frage ist auch, ob man das will.

Zum Schluss: Wir wissen, dass Zugangsbeschränkungen immer zuerst benachteiligte Gruppen treffen. Wir wissen, dass Zugangsbeschränkungen immer sozial selektiv wir­ken, denn das liegt in der Natur der Sache und in allen strukturellen Selektionsmecha­nismen.

Ich erkenne in dieser Gesetzesvorlage nicht, ob man dieser Selektion wirklich entge­gentreten wird und wie man das machen will. Es steht zwar drinnen, dass soziale Maß­nahmen in den Leistungsvereinbarungen zu entwickeln sein werden, aber das ist mir zu wenig, ich hätte gern konkretere Ideen, wie man dem vorbeugen kann.

Wir wissen, dass unser Bildungssystem generell vom Kindergarten bis zur Universität den sozialen Status und den Bildungsgrad der Eltern vererbt – das ist keine Überra­schung. Es ist auch bekannt, dass bildungsnahe Gruppen an unseren Universitäten um den Faktor 3 überrepräsentiert sind. Das sind also alles eindeutige Informationen, die uns vorliegen.

Ich erinnere mich an die gestrige Enquete zum Thema Armutsbekämpfung und will auch Sie daran erinnern: Es war so eindeutig, dass Bildung ein Schlüssel ist, um Armut und soziale Ungerechtigkeit zu überwinden, und dass es darum geht, strukturelle Be­nachteiligungen aufzuheben und ihnen entgegenzuwirken. Mein Verdacht ist, dass die­se mit diesen Zugangsbeschränkungen eher zementiert als aufgelöst werden.

Darum möchte ich Sie, Herr Minister Faßmann, ersuchen, noch einmal einen guten Blick darauf zu werfen und zu versuchen, diese soziale Selektion nicht fortschreiten zu lassen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

13.10

Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort hat sich nun Herr Bundesminister Dr. Heinz Faßmann gemeldet. – Bitte.