17.24

Bundesrat René Pfister (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorweg möchte ich mich wirklich recht herzlich bedanken, Herr Minister! Wir hatten seit Amtsantritt der neuen Bundesregierung schon Dringliche Anfragen, bei denen Minister weder auskunftsfreudig waren noch so ruhig und gelas­sen den Fragen der Abgeordneten Rede und Antwort gestanden sind, und dazu möchte ich Ihnen wirklich gratulieren, dass Sie das heute hier so souverän gemacht haben.

Ich komme aber schon auch dazu – wenn wir über die Projekte sprechen, und Sie haben die Zahlen auch genannt –: Speziell in Niederösterreich heißt das, wenn man das runterrechnet, nicht, wie Sie Anfang März angekündigt haben, dass 200 Millionen Euro im Jahr eingespart werden. Wenn wir die 15,6 Milliarden Euro, die laut Regie­rungsprogramm bis Juni 2017 für den Ausbau festgeschrieben waren, mit den, wie Sie jetzt gesagt haben, 13,8 Milliarden Euro, die jetzt im neuen Regierungsprogramm bis 2023 festgeschrieben sind, vergleichen, bedeutet das für Niederösterreich runter­gerechnet über 400 Millionen Euro pro Jahr, die an Investitionen fehlen. Das wirft für mich, das wirft für uns schon auch die Frage auf, ob man sich in den Verhandlungen über den Tisch hat ziehen lassen.

Bei Einsparungen im Infrastrukturbereich, vor allem in Zeiten wie diesen, in denen wir einem Nulldefizit entgegenstreben, ein solches zu erreichen der Herr Finanzminister auch ausgegeben hat, in Zeiten wie diesen, in denen die Konjunktur sehr, sehr gut läuft, wir sinkende Arbeitslosenzahlen, steigende Beschäftigungszahlen haben, am Finanz­markt die Zinsen für Kredite sehr, sehr niedrig sind, stellt sich für uns schon die Frage, warum man dann nicht auch sehr ambitioniert investiert und versucht, gewisse Projekte auch etwas schneller voranzubringen. Es liegt vielleicht auch der Verdacht nahe, dass gewisse budgetäre Mittel in anderen Bereichen für Prestigedinge einge­setzt werden, etwa für Steuersenkungen, Familienboni, und, und, und. Dafür wird die Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit öffentlichen Verkehrsmitteln aufs Spiel gesetzt.

Herr Minister, auch ich bin – Sie haben das zu Recht gesagt – ein leidenschaftlicher Bahnfahrer, auch wenn ich natürlich auch mit der Flugindustrie sehr, sehr verbunden bin. Durch die Streichungen im Zusammenhang mit der Bahninfrastruktur wird es aber auch zu gravierenden Nachteilen für die Pendlerinnen und Pendler kommen. Für Nie­derösterreich, ein Flächenbundesland, heißt das, dass die Menschen, die in die Städte pendeln, Nachteile haben, wenn gewisse Projekte nicht rasch realisiert werden.

Ich darf nur einige Projekte herausgreifen, die davon betroffen sind. Beispiel: Wien Blumental–Wampersdorf, die Pottendorfer Linie, wo Einsparungen von knapp 17 Millio­nen Euro veranschlagt sind. Das Projekt wurde schon mehrfach verschoben, und Sie wissen ganz genau, dass genau entlang dieser Linie ein sehr, sehr starkes Wachstum vor allem auch mit Ansiedelungen, mit Schaffung von Wohnraum zu verzeichnen ist und dass nicht nur sehr, sehr viele Pendler über die Süd Autobahn – ich glaube, Sie werden die Einmündung in Guntramsdorf sehr, sehr gut kennen, Herr Minister – an den Tagesrandverbindungen für extreme Herausforderungen sorgen, sondern natürlich auch der Schwerverkehr.

Zweites Beispiel: Bestandsstrecke Süßenbrunn im Norden von Wien. Dort sollen 209 Millionen Euro eingespart werden. Der Plan wäre, die Geschwindigkeit auf der Schiene auf 160 km/h auszuweiten, um bei Süßenbrunn auch Richtung Slowakei eine attraktive Knotenoptimierung zu erreichen.

In weiterer Folge ist auch die Schleife Ebenfurth schon sehr, sehr lange geplant, wird aber immer wieder aufgeschoben, obwohl es eine wichtige Fahrtzeitverkürzung brin­gen würde, müssten die Züge im Bahnhof nicht immer gewendet werden. Auch dieses Projekt soll, so der derzeitige Plan, gestrichen werden.

Oder Nord-Süd-Achse in Niederösterreich, St. Pölten–Krems: Die Elektrifizierung zwischen Herzogenburg und Krems um 21,2 Millionen Euro wird eingespart. Dazu muss ich aber schon auch sagen, wenn von St. Pölten bis Herzogenburg elektrifiziert ist und dann für das kurze Stück zwischen Herzogenburg und Krems wieder auf Diesel umgestellt werden muss, dann hat das nichts mit Effektivität zu tun. Ich glaube auch, dass wir da ambitionierter herangehen müssen, weil, wie wir wissen, durch den mitt­lerweile dreistufigen Ausbau der S 33 parallel dazu – die Straßen wurden inzwischen dreimal verbreitert, inklusive neuer Donauquerung – auch massiv auf den Pkw-Verkehr und nicht auf die Schiene gesetzt wird.

Die Bahn ist die Zukunft, das haben Sie uns auch gesagt, Herr Minister! Ein Sparen dieser Bundesregierung bei der Bahn ist ein Rückschritt. Österreich ist ein Land mit einer wachsenden Bevölkerungszahl, und insbesondere Ballungsräume rund um Wien und rund um die Landeshauptstädte weisen ein sehr, sehr starkes Wachstum auf. Sparen bei den öffentlichen Verkehrsmitteln, Herr Minister, ist unserer Meinung nach der falsche Weg.

Ich möchte das jetzt nur noch mit einer Zahl unterstreichen – wenn wir diese 2 Milliar­den Euro runterrechnen, bedeutet das auch Folgendes: Die Investitionen in die Eisen­bahninfrastruktur steigern natürlich die Produktivität des Faktors Arbeit und senken die Kosten importierter Vorleistungen. Pro 68 300 Euro, die investiert werden, entsteht ein zusätzlicher Arbeitsplatz natürlich auch woanders, also nicht nur bei den Österreichi­schen Bundesbahnen. Investitionen in die Bahninfrastruktur setzen Nachfrage­im­pulse – das müsste auch der Wirtschaft, der Industriellenvereinigung und vor allem den Betrieben an einer Achse sehr, sehr wichtig sein –, schaffen beziehungsweise sichern – und das ist nicht eine Studie, die ich erfunden habe, sondern das ist die Studie „Der ökonomische Fußabdruck des Systems Bahn“ aus dem Jahr 2014 – somit jährlich 24 000 Arbeitsplätze bis 2020.

Lieber Herr Minister, ich würde Sie schon bitten, auch darauf zu schauen, dass wir Beschäftigung schaffen, dass wir eine gute Konjunktur nicht dadurch abwürgen, dass am falschen Ort gespart wird, und dafür zu sorgen, dass in die Schieneninfrastruktur, in die Bahninfrastruktur investiert wird, um diese Projekte schneller und rascher voran­zubringen. (Beifall bei der SPÖ.)

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