12.47.18

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien)|: Herr Vorsitzender! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es wird Sie nicht überraschen, dass wir anderer Mei­nung als meine Vorrednerin sind. (Bundesrätin Hackl: Nein!)

Aus unserer Sicht enthält das Materien-Datenschutz-Anpassungsgesetz eines gar nicht, nämlich den Datenschutz. Wir reden da über 128 Gesetze, über 143 Seiten und darüber, dass es keine Begutachtung des Gesamtpakets gab und nur unzureichende Begutachtungsfristen für die einzelnen Teile; dankenswerterweise sind sie in Begu­tachtung gewesen. Eigentlich sollten die Alarmglocken schon läuten, wenn der Daten­schutzrat – im Hinblick auf die kurze Zeit und auch die Menge der zur Begutachtung stehenden Materie – keine Stellungnahme abgeben kann.

Damit unterbinden Sie aus unserer Sicht nicht nur den parlamentarischen Prozess, sondern höhlen auch den Parlamentarismus – so wie wir ihn kennen – aus. Es ist auch eine Zumutung für die einzelnen Abgeordneten und Bundesräte – das brauche ich wohl nicht extra zu betonen –, diese 143 Seiten in dieser kurzen Zeit zu wälzen. Es geht dabei um nichts anderes als um sehr sensible Daten und deren Ausverkauf an die Industrie. Falls man zum Beispiel nach einer Erklärung sucht, wieso das so schnell von der Hand gehen kann oder konnte, wird man auf der Webseite der Industriellenvereini­gung fündig. Dort heißt es zum Beispiel: „Die Industrie hat mehrfach darauf hingewie­sen, dass [...] das Übererfüllen von EU-Vorschriften, in Österreich vermieden werden muss [...]“. (Zwischenruf der Bundesrätin Pfurtscheller.) Weiters bedankt sich die Wirtschaft dafür, dass sie auch hier in Bezug auf den Datenschutz – oder eben nicht Datenschutz – seitens der Regierung ernst genommen worden ist.

Ich finde, das spricht Bände. Schließlich wissen wir auch, dass es vonseiten der In­dustrie vor allem an die ÖVP – das war heute auch schon kurz Thema – Spenden im Wahlkampf gab.

Was ist das Ziel dieser EU-Datenschutz-Grundverordnung? – Nichts anderes, als den Nutzern und Nutzerinnen mehr Rechte einzuräumen und ihnen die Kontrolle über – ich betone – ihre eigenen personenbezogenen Daten zu ermöglichen – eigentlich eine Selbstverständlichkeit, möchte man meinen.

Für die Verarbeitung, die Nutzung und vor allem die Weitergabe dieser Daten muss es Regeln geben. Darauf könnten wir uns eigentlich einigen, aber die österreichische Re­gierung hat sich gedacht, wenn die Wirtschaft zahlt, finden wir sicher eine Möglichkeit, wie wir diese Daten trotzdem und ohne Regeln weitergeben können.

Ein heikler Punkt sind auch die Datensammlungen, die nicht diesem neuen Daten­schutzrecht entsprechen. Erleichterungen für Täter soll es insofern geben, als man sich hinsichtlich der Gesamtauswirkung auf das Gesetz von früher beziehen kann. Das be­deutet: Erleichterungen für Täter, Erschwernisse für Datenschützer. Aus unserer Sicht verwässert die Novelle den Grundgedanken der gesamten Verordnung und erschwert auch – das hat bereits ein Kollege angesprochen – Klagen gegenüber globalen Kon­zernen. Ich kann mir schwer vorstellen, dass das in Ihrem Interesse ist, aber es scheint so zu sein. Jedenfalls dürften Sie mit Ihren Scheuklappen auch übersehen haben, dass genau diese Klagen gegen globale Konzerne eigentlich in den internationalen Zustän­digkeitsbereich fallen, aber über den Tellerrand zu schauen ist ja keine Spezialität von Schwarz-Blau, das wissen wir seit mehr als hundert Tagen. (Zwischenruf des Bundes­rates Mayer.)

Einen Aspekt möchte ich besonders hervorheben, da dieser auch medial heftig disku­tiert worden ist, und da wird im Konkreten sichtbar, wie gefährlich die Weitergabe der Daten ist. Es geht nämlich nicht nur um den Entzug der Kontrolle, sondern eben auch um die Weitergabe ohne Kontrolle. Forschung, Innovation und wissenschaftliche Nut­zung von Daten sind zweifelsohne wichtig und notwendig, darin sind wir uns einig. Eine unmittelbare Weiterverarbeitung personenbezogener Daten für Forschungszwecke war aber oder ist bereits jetzt schon möglich, nur mit der Einschränkung, dass sie dem öf­fentlichen Interesse dienen soll.

Sie machen etwas anderes, Sie sagen: Wir definieren nicht, was eine wissenschaftli­che Einrichtung ist, wir definieren nicht, was öffentliches Interesse bedeutet, sondern sagen: Wir wollen die Bürokratie abschaffen, und es ist ja gut, wenn die Forschung das nutzen kann! Das wirkt vielleicht auf den ersten Blick gut, ist es aber auf den zweiten überhaupt nicht. Diese gesetzliche Ermächtigung, die Sie hier vollziehen, ist nämlich insofern zu einer unbegrenzten Speicherung von personenbezogenen Daten geeignet, als es überhaupt keine Nachweise geben muss, wozu diese gebraucht wird, und wir nehmen auch stark an, dass dies mit der Verordnung an sich gar nicht konform geht.

Es erscheint auch völlig unverhältnismäßig, wenn man in Betracht zieht, dass davon Elgadaten betroffen sind. Sie werden sagen, dass man das ein bisschen abge­schwächt hat – das stimmt, aber es betrifft noch immer das Bildungsstandregister, das Gesundheitsberuferegister und die Studierendenverzeichnisse, all das wird zusam­mengemischt und zum Ausverkauf bereitgestellt. Für die Bevölkerung gibt es bei dem Ganzen keinerlei Rechtsschutzgarantie, da können Sie mir schwer widersprechen.

Wir werden später noch über das Überwachungspaket reden, aber ich erinnere die FPÖ immer sehr gerne daran, dass sie sich bis November oder Dezember – wenn man das Angelobungsdatum hernehmen möchte – noch vehement gegen diese Überwa­chungsmaßnahmen gestellt hat, und sogar 2013, habe ich gesehen, ein Pressefrüh­stück zum Thema „EU-weiter Ausverkauf persönlicher Daten & Abbau von Bürger­rechten in Österreich“ gegeben hat. Da haben Sie recht ähnlich argumentiert wie ich heute.

Ihr Verständnis von Digitalisierung, Datenschutz und Bürgerrechten ist zum einen er­schreckend, zum anderen gerade so, wie der Wind sich dreht. Wir werden jedenfalls die Bevölkerung weiterhin sensibilisieren und darauf aufmerksam machen, dass der Ausverkauf der Daten an die internationale Industrie einfach so, ohne Rechtssicherheit für den Einzelnen, für die Einzelne, nicht im Sinne der österreichischen Bevölkerung ist. Vielen Dank. (Beifall der Bundesrätin Reiter sowie bei der SPÖ.)

12.55

Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Georg Schus­ter. Ich erteile ihm dieses.