13.09.44

Bundesrat René Pfister (SPÖ, Niederösterreich): Herr Minister! Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei diesen Tagesordnungspunkten geht es um das Thema Datenschutz. Es wird hier sehr ruhig diskutiert, Herr Justizminister. Ich glaube, die jüngste Vergangenheit hat uns aber auch schon bewiesen, was mit Daten so passieren kann oder was mit Daten passiert, wo wir heute noch alle im Dunkeln tappen, was die Zuständigkeiten betrifft – ich nenne nur das Stichwort BVT –, wie mit Daten umgegan­gen wird, wie Vorlagen in dieser Materie erstellt werden und was Sie diesbezüglich bis jetzt unternommen haben oder nicht unternommen haben.

Es zeigt nämlich schon auch auf, was das bedeutet und wie man in Zukunft und vor allem ab dem 25. Mai mit dieser Thematik umgehen will, dass man letzten Freitag noch in übertriebener Schnelligkeit dem Datenschutzgesetz auf österreichischer Ebene wirk­lich im sprichwörtlichen Sinne die Zähne gezogen hat, nämlich eine Lösung gebastelt hat, die meine Kollegin Elisabeth Grossmann schon angesprochen hat. Wenn es um Abschreckung geht, wenn es dann um Strafen geht – und wir kennen in diesem Zu­sammenhang ja die salbungsvollen Worte „Verwarnen statt Strafen“ –, dann ist es für mich schon sehr, sehr bedenklich, dass wir da in einer Husch-Pfusch-Geschichte am Freitagnachmittag noch mit Abänderungsanträgen im Nationalrat diese Entschärfung der Datenschutz-Grundverordnung zulassen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das fängt schon damit an, dass die Diskussionen in den Unternehmungen – ganz egal auf welcher Ebene, ob das auf der Belegschaftsver­treterebene oder auf Arbeitgeberseite ist – uns nicht erst seit gestern irgendwie belas­ten, sondern sehr, sehr viele UnternehmerInnen und Unternehmen haben schon sehr lange, nämlich im ganzen letzten Jahr, sehr intensiv an der Implementierung dieser Systeme gearbeitet, etwa im Personalbereich, wo es um Personalverwaltung und Per­sonalakten, um personenbezogene Daten geht, und, und, und.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir es jetzt zulassen, da wieder einen Schritt zurück zu machen, indem wir sagen, alle gehen da wieder den Weg des geringsten Widerstands, indem wir sie nur beraten, dann ersuche ich Sie schon, Herr Minister, wenn Sie schon immer von systemischer Reform sprechen, dass Sie dann auch das notwendige Personal dafür zur Verfügung stellen, dass Sie das notwendige Personal in der Datenschutzbehörde einstellen oder aufnehmen und es auch aufstocken, damit es diese Möglichkeiten, zu kontrollieren, auch tatsächlich gibt. Wir fürchten nämlich – fürchten ist nicht das richtige Wort, denn Angst habe ich keine (Bundesrat Samt: Ein bissl Angst hast du schon!), aber ich befürchte –, dass ab dem 26. Mai eine Lawine an Anfragen, an Aufträgen und Auskunftsbegehren auf uns zukommen wird, mit der wir heute noch gar nicht umgehen können, weil es erstens einmal die Infrastruktur dazu nicht gibt und in weiterer Folge ja keiner das Gesetz, das in einer Husch-Pfusch-Aktion gemacht wurde, interpretieren kann – ein Gesetz mit Absätzen, die darin frei stehen, die leer stehen, wo man nicht genau weiß, was darin enthalten ist, und zu denen es keine genaue Interpretation gibt.

Ich glaube nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Bundesrat, dass das der Zu­gang ist, den wir dazu haben, dass wir einfach irgendetwas durchwinken und sagen, es wird schon irgendwie funktionieren, und dann ziehen wir uns darauf zurück, zu sagen, dass irgendeine Behörde – wobei wir auch noch nicht genau wissen, wie das dann vonstattengehen wird – die Möglichkeiten haben wird, diese Dinge nicht nur zu unter­binden, sondern auch entsprechend zu sanktionieren.

Um da auch eines dieser plakativen Beispiele zu bringen: Wenn es auf der einen Seite Vorfälle im Zusammenhang mit einem Datenleck und mit 200 000 personenbezogenen Daten gibt, wie zum Beispiel im Nachbarbundesland, wo man genau solche Daten­schutzgeschichten einfach nur probiert hat, irgendetwas Neues einmal draufgespielt hat, und auf einmal ist man schon auf Seiten von Ministerien und konnte ein ganzes Wochenende teilweise Bundesländer, teilweise auch ganze Regionen, teilweise auch Spitäler lahmlegen, weil man dort eben ein Datenleck gehabt hat, oder es können in einem solchen Fall auch personenbezogene Daten an die Öffentlichkeit oder an Insti­tutionen, Vereine, Netzwerke gelangen – ich will hier nicht nur von terroristischen Orga­nisationen reden, aber jedenfalls an Personen, bei denen wir das, glaube ich, alle mit­einander, so wie wir hier sitzen, nicht wollen –, dann glaube ich nicht, dass es zuträg­lich ist, dass wir da heute ein Husch-Pfusch-Gesetz beschließen.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Antrag

der Bundesrätinnen Pfister, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 51 Abs. 1 GO-BR hin­sichtlich des Tagesordnungspunktes 8 zur Tagesordnung überzugehen

„Der vorliegende Beschluss des Nationalrates ist aus inhaltlichen wie formellen Grün­den der Würde des Hauses abträglich.“ (Bundesrat Samt: Das ist sehr weit hergeholt, Herr Kollege!) „Nicht nur, dass damit entgegen den Bestimmungen der Datenschutz­grundverordnung der Datenschutz in Österreich eingeschränkt wird, durch unzurei­chend formale Ausarbeitung von Abänderungsanträgen, die letztendlich angenommen wurde, wurde unter anderem eine Verfassungsbestimmung geschaffen, die nunmehr ohne Paragraphenbezeichnung lediglich als einzelner, nicht zuordenbarer Absatz be­steht. Die Zustimmung zu solch mangelhaften Gesetzen ist nicht im Interesse der RechtsanwenderInnen und der Rechtsunterworfenen und somit nicht im Interesse der gesamten österreichischen Bevölkerung.

Die unterfertigten BundesrätInnen beantragen daher, hinsichtlich des Tagesordnungs­punktes 8 zur Tagesordnung überzugehen.“

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(Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Wirtshauspopulismus!)

13.15

Vizepräsident Ewald Lindinger: Der gestellte Antrag ist somit Inhalt der Debatte.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Edgar Mayer. Ich erteile es.