15.14.00

Bundesrat Stefan Zaggl (SPÖ, Tirol)|: Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Liebe Zuschauerinnen und liebe Zuschauer! Das sogenannte Sicher­heitspaket beinhaltet eine breite Palette an Maßnahmen, die ein Angriff auf die Grund­rechte unserer Bürgerinnen und Bürger sind.

Man kann berechtigterweise von einem Überwachungspaket sprechen. Mit diesem Ge­setzentwurf holen Sie sich einen Freibrief, um auf Smartphones, Tablets und Computer zugreifen zu können. Wir reden über den Bundestrojaner. (Bundesrat Längle: Das ist ja gerade vom Minister erklärt worden!) – Ja, trotzdem! (Bundesrat Krusche: Die Rede hat er ja schon früher vorbereitet! – Ruf bei der SPÖ: Weiter, Stefan! – Weitere Zwi­schenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

Wir sprechen über Dinge, die Österreich nachhaltig verändern könnten. Ich glaube, dass vielen Menschen genau bewusst ist, was das alles bedeuten könnte. Mir kommt es so vor, als würde man auf jedes private Gerät, auf jedes Handy hier im Raum, zu­greifen wollen. Gleichzeitig will man darüber hinwegtäuschen, in was für einer katastro­phalen Situation sich unser Sicherheitsapparat derzeit befindet.

Vor Kurzem hatte ich bei uns in Tirol ein Gespräch mit einem Polizeibeamten, der mir erneut bestätigt hat, was wir in Wirklichkeit alle schon längst wissen, nämlich dass die Polizei in Österreich nicht über genügend Personal und auch nicht über die entspre­chende Ausstattung verfügt. (Bundesrätin Ecker: Das ist nichts Neues!) Das Geld, das für den Zukauf der Software verwendet wird, damit das Überwachungspaket überhaupt erst verwirklicht werden kann, wäre um so viel besser investiert, wenn man es in Plan­stellen, Schutzwesten und die Ausbildung von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten stecken würde.

Gerade in diesem Zusammenhang ist es besonders bedenklich, wenn bei den wich­tigsten Investitionen in der Justiz, nämlich bei der Digitalisierung, der EDV und der Technik, 40 Prozent eingespart werden. Diese Einsparungen treffen die Effizienz der Justiz und damit das Um und Auf der Kriminalitätsbekämpfung. Dass dies in derselben Woche beschlossen wurde wie Ihr sogenanntes Sicherheitspaket, ist nichts anderes als ein zynischer Widerspruch.

Wissen Sie überhaupt, was Sie mit dem Bundestrojaner beschließen? (Bundesrat Preineder: Wir beschließen keinen Bundestrojaner! – Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das Innenministerium ist nicht in der Lage, selbstständig einen Bundestrojaner herzustel­len, weswegen die Republik diese Software bei einem privaten Unternehmen kaufen muss. Woher will man die Sicherheit haben, dass wir mit dem Ankauf dieser Software nicht genau dieser Firma den Zugriff auf die Akten der Polizei gewähren? Woher wissen wir, wer die Funktionsweise dieser Software kennt? Das sind alles Fragen, die wir uns stellen sollten, bevor wir zustimmen.

Nun gibt es bei uns in Österreich folgende Besonderheit: Das Innenministerium ist für die Cybersicherheit zuständig, das heißt, es wäre verpflichtet, die Sicherheitslücken zu schließen, wenn sie erkannt werden. Dasselbe Ministerium sagt aber, dass es die Si­cherheitslücken zwar kennt, diese aber für den Bundestrojaner bewusst offenlässt, wo­mit in Kauf genommen wird, dass auch kriminelle Netzwerke diese nutzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten uns die Frage stellen, ob das wirklich der beste Weg ist. Wie wir feststellen können, ist der Bundestrojaner ausschließlich gegen die durch die Menschenrechte gewährleisteten Persönlichkeitsrechte gerichtet – und nicht gegen den Terrorismus, den Sie zu bekämpfen vorgeben.

Apropos Terrorismus: Wir haben alle von den Anschlägen gehört, die in den vergange­nen Monaten passiert sind. Die Dinge, die passiert sind, waren schrecklich. Jedes Mal nach einem solchen Anschlag erreicht uns aber nach zwei, drei oder vier Tagen die Nachricht, dass der Täter oder die Täter schon länger amtsbekannt waren und schon öfter aufgefallen sind. Da zeigt sich wieder deutlich, dass wir zur Bekämpfung des Terrorismus kein Überwachungspaket brauchen, sondern ausreichend Planstellen für unsere Polizistinnen und Polizisten und Geld für ihre Ausbildung und Ausrüstung.

Die Bewegung hin zu einem Überwachungsstaat halte ich für eine falsche Entwicklung, denn, meine geschätzten Damen und Herren, mit dem Vertrauen der Menschen spielt man wirklich nicht. Das Vertrauen in die Menschen, die um uns leben, ist eigentlich die grundsätzliche Voraussetzung für sozialen Frieden. Dieses Vertrauen ist aber in Ge­fahr, wenn man sich der eigenen Privatsphäre nicht mehr sicher sein kann.

Mit diesem Gesetz gefährden Sie die Privatsphäre und damit den sozialen Frieden in diesem Land. Die Privatsphäre ist ein Grundrecht und steht allen Bürgerinnen und Bür­gern zu. Daher: Nein zum Überwachungspaket! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

15.19

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Zu Wort hat sich Frau Staatssekretärin Mag. Karoline Edtstadler gemeldet. Ich erteile es ihr.