9.14.00

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Ich beginne mit einer Pas­sage aus dem Regierungsprogramm, in der unter dem Titel „Moderne Streitkräfte und effektiver Schutz für Österreich“ eine klare Definition erfolgt: „Den Herausforderungen und den verfassungsmäßigen Aufträgen wurde in den letzten zehn Jahren nur man­gelhaft nachgekommen, wodurch das ÖBH“ – das österreichische Bundesheer – „nach­haltig geschwächt wurde.“ – Kollege Längle hat schon darauf hingewiesen, wie sich das alles dargestellt hat; das zu wiederholen, erspare ich mir jetzt.

Es hat meiner Meinung nach auch mit der Besetzung der Ministerposten zu tun, wobei ich, und das betone ich hier ausdrücklich, Bundesminister Hans Peter Doskozil, der sich wirklich bemüht hat, aus dem Bundesheer das zu machen, wofür es steht, und auch kluge Entscheidungen getroffen hat, davon ausnehmen möchte. Doskozil wurde zum Abschied aber nicht der Marsch geblasen, sondern er wurde mit einem eigens komponierten Marsch gebührend verabschiedet. – Das war standesgemäß, Herr Minis­ter.

Es ist höchst an der Zeit, einen Kurswechsel vorzunehmen. „Es bedarf einer durch­gän­gi­gen Attraktivierung des Dienstes im ÖBH. Wir bekennen uns zu unserem Wehr­system, daher muss auch die Einsatzfähigkeit der Miliz gewährleistet sein. Die Militär­kommanden sollen in ihrer Funktionsfähigkeit insbesondere bei Krisen und Katastro­phen sowie sicherheitspolizeilichen Assistenzmaßnahmen ausrüstungstechnisch und personell [...] gestärkt und ausgestattet werden.“

Basierend auf diesen Vorgaben hat Herr Verteidigungsminister Mario Kunasek den Generalstab beauftragt, die Heeresorganisation neu zu strukturieren. Dabei sollen die Truppe gestärkt, die Kommandostrukturen verschlankt und die Militärkommanden in den Ländern für ihre Aufgaben besser ausgerüstet werden. – Das klingt für einen Län­dervertreter sehr gut, weil eine Zentralisierung, die noch unter Minister Klug vorge­sehen war, überhaupt kein Thema ist. Die Militärmusik erwähne ich jetzt gar nicht mehr, die hat schon Minister Doskozil vor dem Untergang gerettet. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Was die Sache für die Länder bedeutet: In jedem Bundesland soll beim Militärkom­mando – das ist angedacht, und mich freut das auch – eine Pionierkompanie aufge­stellt und materiell ausgerüstet werden, um besser für regionale Assistenzeinsätze zur Katastrophenhilfe gewappnet zu sein. Wie Minister Kunasek ausdrücklich betont hat: Es ist wichtig, dass sich die Bevölkerung in Katastrophenfällen voll auf das Bundesheer verlassen kann, weil vor Ort Entscheidungen schneller umgesetzt werden können und sich damit das Sicherheitsgefühl in den Ländern erhöht; das hat auch Kollege Längle ausgeführt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) – Also schlanke, effiziente Strukturen, das macht durchaus Sinn.

Weil hier immer wieder auch kritisiert wurde, dass das Militärbudget verschlankt wird: Das ist – das hat Kollege Längle auch ausgeführt – ein Märchen, genau das Gegenteil ist der Fall; und Sondergerät, wie zum Beispiel Hubschrauber et cetera, muss auch sonderfinanziert werden. Da gibt es vom Minister eine ganz klare Vorgabe, einen Wunschkatalog, das wird in der Regierung auszuverhandeln sein, weil wir da natürlich auch entsprechend nachrüsten müssen. Das ist der Auftrag unserer Regierung, die auch in diesem Zusammenhang sehr gut zusammenarbeitet.

Unser Militärkommandant hat im Konjunktiv angedeutet, dass die in den Militärkom­manden angesiedelten regionalen Jägerbataillone wieder abgezogen und den vier Brigaden der Landstreitkräfte unterstellt werden, was die militärische Verteidigungs­komponente  stärken soll. Das regionale Prinzip, dass diese Bataillone im jeweiligen Bundesland verbleiben, bleibt trotzdem aufrecht. Für Vorarlberg bedeutet das zum Beispiel, dass das Jägerbataillon 23 in Bludesch – und wir haben vorarlbergweit partei­übergreifend für unser Bundesheer sehr gekämpft, Kollege Längle wird das unter­streichen –, dass die Bataillone in Landeck zusammengezogen werden; gleichzeitig wird Vorarlberg, wie erwähnt, eine Pionierkompanie – Spezialisten für den Katastro­pheneinsatz – erhalten, die avisierte Zahl, was Soldaten anbelangt, bleibt in Vorarlberg gleich.

Für Vorarlberg, und das betone ich schon noch einmal, hat die Katastrophenhilfe wirklich eine essenzielle Bedeutung, und das betrifft die anderen Bundesländer natür­lich auch im entsprechenden Umfang; für Österreich würde das insgesamt in etwa 1 500 zusätzliche Spezialisten, Pioniere bedeuten. Ich bin mir sicher, dass dieser Minister, wenn ein Katastrophenfall eintreten würde und wir nicht nur Pioniere, sondern auch Leute brauchen, die sozusagen mit Schaufel, Pickel und Gerät die Menschen vor Ort unterstützen, wenn die Feuerwehren nicht mehr können, relativ rasch einen entsprechenden Befehl ausarbeiten würde, um die Menschen vor Ort zu unterstützen, und das ist insbesondere in Katastrophenfällen sehr, sehr wichtig.

Es ist meiner Meinung nach auch sehr wichtig, dass wir jetzt einen Minister haben, der sozusagen aus der Truppe kommt, der die Sorgen und Nöte der Soldaten aus eigener Erfahrung kennt und deshalb den Fokus auf Personal und Ausrüstung legen wird – also ausrüsten, nicht aufrüsten.

Es gibt das klare Bekenntnis des Ministers, sich für eine Erhöhung des Heeresbudgets einzusetzen, das habe ich vorhin schon erwähnt. In diesem Zusammenhang ist auch ein modernes und attraktives Dienstrecht geplant, welches für das Bundesheer erfor­derlich ist, um entsprechend gut ausgebildetes Personal zu bekommen, zu rekrutieren, insbesondere auch im Bereich der Cyberkriminalität. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) – Ja, da kann man applaudieren.

Investitionen soll es außerdem auch in die Mobilität und in die Bereitstellung einer zeit­gemäßen Infrastruktur geben, auch bei der Sicherheit der Soldaten soll nicht gespart werden. Wie wichtig eine richtige Ausrüstung ist, hat gerade die Messerattacke vor der Residenz des iranischen Botschafters gezeigt.

Ein weiterer wichtiger Punkt im Gefüge des Bundesheers ist die Miliz. Wie der Minister auch betont hat, soll die Miliz gestärkt, ein entsprechender Personalaufbau forciert und keinesfalls bei den Übungen gespart werden, weil viele Aufgaben ohne die Miliz gar nicht erfüllt werden können – also ein klares Bekenntnis zur Miliz; das hat es in den letzten Jahren auch schon diametral anders gegeben. An dieser Stelle daher auch ein großes Dankeschön, dass es ein klares Bekenntnis zur Miliz gibt, Herr Minister, das ist wichtig und essenziell für das Bundesheer.

Abschließend: Ein weiterer wichtiger Punkt sind die Auslandseinsätze des österreichi­schen Bundesheers, die eine jahrzehntelange Tradition und Österreich ein hohes Ansehen eingebracht haben. Österreich hat sich der Wahrung seiner Interessen in der Welt und der Friedenserhaltung verschrieben und leistet deshalb auch international einen Beitrag zu Stabilität, Krisenbewältigung und Friedenserhaltung. Vor allem am Westbalkan haben wir einen langjährigen Schwerpunkt. Das spiegelt sich auch im Programm der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs ab 1. Juli wider. Minister Kunasek hat sich im Februar persönlich vor Ort ein Bild von der Lage gemacht und festgestellt, wie hochprofessionell die österreichischen Truppen im Rahmen der KFOR agieren und dass sie wertgeschätzt werden.

Nicht zuletzt hat die Flüchtlings- und Migrationskrise gezeigt, wie auch Österreich von internationalen Krisenherden betroffen werden kann; daher ist es auch wichtig, unse­ren Beitrag sowohl bei den Einsätzen der UN zu leisten, das Mandat der UN aus­zuüben, als auch in ausgewählten Fällen in unserer direkten Nachbarschaft bei Ka­tastro­phen oder zum Schutz der EU-Außengrenzen zu handeln. Ich sage das auch ganz bewusst als ehemaliger UNO-Soldat in Zypern, der Krisensituationen aus nächs­ter Nähe kennengelernt hat und beurteilen kann, wie wichtig friedenssichernde und friedenserhaltende Maßnahmen sind. – Ich bedanke mich, Herr Minister. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

9.22

Präsident Reinhard Todt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Martin Weber. Ich erteile dieses.