11.39.57

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Eines steht fest, nämlich dass vor zehn Jahren weder die Lehman-Pleite noch der Hypo-Alpe-Adria-Skandal vordergründig durch ein Systemversagen entstanden sind. Es sind ganz einfach kriminelle Machen­schaften einiger Manager gewesen, die zu diesen Desastern geführt haben. (Bun­desrat Weber: ... aufgedeckt wurden!)

Natürlich musste in den letzten zehn Jahren eine ganze Reihe von Bestimmungen auf gesamteuropäischer Ebene gemacht werden, die selbstverständlich auch national umgesetzt wurden, aber bei allem Verständnis für die Reglementierung am Finanzsektor muss die Leistungsfähigkeit unserer Banken ganz einfach erhalten bleiben.

Konsumentenschützer in ganz Europa versuchen, jedes Detail zu reglementieren; das weiß ich nicht nur aus unserer Arbeit im EU-Ausschuss. (Bundesrätin Mühlwerth: Ja, genau!) Ob das aber letztendlich tatsächlich im Sinne der Konsumenten ist, ist mehr als fraglich. Beim Faktum, dass aber die Wirtschaft für den Wohlstand verantwortlich ist und wir daher die nationale und internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Unter­nehmen erhalten müssen, wird bewusst weggeschaut. Wir schauen jedoch nicht weg, sondern wir schauen darauf, dass EU-Bestimmungen nicht strenger als erforderlich umgesetzt werden, und mit uns wird es in Zukunft auch kein Gold Plating geben.

Durch die Änderungen im Bankwesengesetz und im Investmentfondsgesetz werden nun entsprechende Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde und der Euro­päischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde umgesetzt. Ziel dieses Gesetzes ist es, Rechtssicherheit für die Aufsichtsbehörden und auch für die betroffenen Kredit­institute zu schaffen. Dazu gibt es einige organisatorische Anforderungen an die Kre­ditinstitute, die nunmehr auch entsprechend festgelegt werden, beispielsweise hinsicht­lich der Zusammensetzung – du (in Richtung Bundesrat Weber) hast es schon ange­sprochen – des Prüfungsausschusses oder des Risikoausschusses.

Durch den beschlossenen Abänderungsantrag wurden die Regelungen hinsichtlich der Gestaltungsweise beziehungsweise der Beschickung des Vergütungsausschusses etwas zurückgenommen – konkret geht es dabei um ein Mitglied weniger, das diese sehr strengen Bestimmungen erfüllen muss (Zwischenruf des Bundesrates Weber), was dem Eigentümer in der Gestaltung des Aufsichtsrates beziehungsweise des Ver­gütungsausschusses etwas mehr Gestaltungsmöglichkeit lässt. Ich habe hier (Schrift­stücke in die Höhe haltend) eine Unterlage, da steht das ganz genau drin. Die gebe ich (in Richtung Bundesrat Weber) dir dann, damit du dich nicht mehr so echauf­fieren musst.

Sehr gut finde ich, dass die strengeren Kriterien nur mehr bei Banken über 5 Milliarden Euro Bilanzsumme wichtig sind, denn die regionale Verankerung der Banken ist wich­tig. Es geht ganz einfach darum, dass unsere Wirtschaft bei ihren Banken noch die Unterstützung, das Geld, die Kredite bekommt.

Warum ich so gegen Gold Plating bin, zeige ich anhand von einigen Beispielen von Belastung unserer Banken in Niederösterreich durch Bürokratie – da hat die Johannes Kepler Universität in Linz vor Kurzem eine Untersuchung fertiggestellt. Die Finanz­markt­regularien werden überwiegend auf europäischer Ebene beschlossen, und die Zahl der beteiligten Akteure ist natürlich groß: die Europäische Kommission, das Euro­päische Parlament, der Rat, die europäischen Aufsichtsbehörden, natürlich die natio­nalen Gesetzgeber, dann noch die Europäische Zentralbank sowie die nationalen Auf­sichtsbehörden. Regulierungsmaßnahmen, sinkende Zinserträge und ein stärkerer Wettbewerb zwingen unsere Banken zu massiven Kostensenkungsmaßnahmen. Seit 2010 gibt es in Österreich rund ein Viertel weniger Hauptanstalten und rund 10 Prozent weniger Zweiganstalten, und wenn man mit Bankenvertretern spricht, weiß man, dass dieser Prozess ganz einfach noch nicht abgeschlossen ist. Ohne diese fortschreitende Konzentration wäre es nämlich überhaupt nicht möglich, diese anfallende Bürokratie zu bewältigen.

Neben dem allgemeinen bürokratischen Aufwand, den jedes Unternehmen zu tragen hat, sind Kreditinstitute zusätzlich mit branchenspezifischen Kosten belastet. Wenn man sich von den sechs bedeutendsten branchenspezifischen Bürokratiekosten zum Beispiel die Geldwäscherichtlinie ansieht, so werden allein damit ungefähr 5 Prozent des Personalaufwandes der Kreditinstitute gebunden, und fast 7 Prozent des Betriebs­ergebnisses der niederösterreichischen Kreditinstitute werden zur Finanzierung dieser zusätzlichen Bürokratie benötigt.

Eine weiter gehende Untersuchung aus Deutschland kommt zu dem Schluss, dass die Banken für die branchenspezifische Bürokratie über 7 Prozent des Personalaufwandes und fast 10 Prozent des Jahresüberschusses aufwenden müssen.

Mir sind diese Hinweise wichtig, damit man ganz einfach ein bisschen mehr Verständ­nis für unsere Banken hat. Wir brauchen uns ja bei dieser überbordenden Bürokratie und bei den Kosten, die dadurch entstehen, nicht zu wundern, dass die Erträge so bescheiden sind.

Es gibt natürlich – und das ist auch wichtig – neue, ergänzende Finanzierungsmodelle wie Crowdfunding, aber gleichzeitig ist es schon wichtig, dass unsere Banken das, wofür sie eigentlich geschaffen wurden, auch noch machen können. Ich selbst musste den Fit-&-proper-Test machen, und da fragt man sich schon, wenn man die ganzen Schulungen durchläuft, wie es einer Bank mit all diesen Bestimmungen noch möglich ist, das zu machen, was eigentlich ihre grundsätzliche Aufgabe ist, nämlich unseren Betrieben seriös Kredite zu gewähren.

In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu diesem Gesetz, und dir (in Richtung Bun­desrat Weber) übergebe ich das (die zuvor erwähnten Schriftstücke in die Höhe hal­tend), damit du darin nachschauen kannst. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Nachhilfestunde!)

11.46

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster ist Bundesrat Mag. Rein­hard Pisec zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.